GA 39

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Geleitwort von Marie Steiner zum zweiten Band der Briefe 1953

#G039-1985-SE010 - Briefe Band II / 1890 - 1925

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Die Erdenwege,

Sie einen sich,

Der Schein will sie trennen,

Vermag es nicht -

Im Seelengebiete,

Da finden sie sich,

Im Geiste geeinigt -

Durch Erdentreue.

Geleitwort von Marie Steiner zum zweiten Band der Briefe 1953

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253. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

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Weimar, 30. September 1890

Geschätzteste gnädige Frau

und verehrtester Herr Specht!

Eben bin ich so weit gekommen, daß ich diese als die ersten Zeilen an Sie richten kann. Es sind Gedanken ganz eigener Art, die den Menschen überkommen, wenn eine so durchgreifende Änderung in seinem äußeren Lebensgang vorgeht. Und die lange einsame Fahrt war wohl noch gehö­rig dazu geeignet, alles was dabei in Betracht kommt, mir vor die Seele zu bringen.

Wenn ich Ihnen allen sagen wollte, wie tief gewurzelt das Gefühl des Dankes ist, das sich während der sechs Jahre, die ich in Ihrer Mitte verbringen durfte, in mein Inneres eingepflanzt hat: ich fände nicht Worte. Sie haben mir stets alle das gegeben, was ich so sehr brauchte: Wohlwollen und freundschaftlichstes Entgegenkommen. Ihre gütige Gesin­nung verstand es, über manches hinwegzusehen, was der böse Geist der Laune und Mißstimmung bei mir oft anrich­tete. Ich weiß das zu schätzen und werde es immer zu schät­zen wissen. Nicht minderen Dank schulde ich Ihrer jeder­zeit hilfsbereiten Freundschaft, die dem unerfahrenen Bü­chermenschen oft so nottat. Und was müßte ich noch alles anführen, wenn ich aufzählen wollte, was ich Ihnen allen schulde, was mich an Sie und Ihre Familie wie ein Mitglied derselben kettet. Ich möchte nur eines noch sagen: bleiben Sie mir alle auch nach der räumlichen Trennung, was Sie mir immer in einem so hohen Maße gewesen!

In Weimar bin ich recht gut empfangen worden. Suphan bemerkte mir heute vormittags, «er hoffe nun endlich in mir nicht nur einen Helfer im Archivdienste, sondern eine geistige Stütze zu finden, wie er sie seit seiner Ankunft in Weimar sucht».

Es scheint mir auch, daß ich in bezug auf die Wohnungs­verhältnisse nicht gerade ungünstig daran bin. Ich habe ein

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Wohn- und ein Schlafzimmer zum Preise von fünfund­zwanzig Mark pro Monat. Anders und billiger läßt sich die Sache hier in Weimar kaum einrichten. Einzelne Zimmer sind nirgends zu finden.

Nun möchte ich, daß der Brief doch noch heute abgeht, und beschränke mich daher darauf, Sie zu bitten, mir an Ihre Frau Mutter und Schwester meinen Handkuß, an Richard und die Buben meine allerherzlichsten Grüße zu bestellen, Hans aber ja dabei nicht zu vergessen.

In immer gleicher Hochachtung

Ihr

Rudolf Steiner

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254. AN LADISLAUS SPECHT

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Weimar, 15. Oktober 1890

Verehrtester Herr Specht!

Seien Sie mir herzlichst bedankt für Ihren lieben, aus­führlichen Brief. Ich habe mich außerordentlich mit dem­selben gefreut. Denn ich habe Sie während der Zeit unseres Zusammenseins kennengelernt, um Ihre Worte voll schät­zen zu können. Ich weiß, wie Ihnen bloße Formen zuwider sind.

Wenn Sie mir ein «Einverstanden?» zurufen bei den Worten: «Wahre Freundschaft», dann wissen Sie wohl, daß niemand diesem Zuruf mit einem herzhafteren «Ja» entgeg­nen wird als ich. Lassen Sie uns die weiteren Blätter unter dieser Aufschrift denn zu meiner innersten Befriedigung weiterführen. Ich hoffe darauf und trage die Zuversicht da­von in der Brust. Es ist doch so trostvoll für mich, dem ja doch noch mancher Kampf bevorsteht, diesen Rest aus un­mittelbarer Vergangenheit in die Zukunft hinübernehmen zu können.

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Was nun mein Treiben hier anlangt, so kann ich nur sa­gen, daß ich mich recht vereinsamt fühle. Meine Arbeiten im Archiv wären bis auf kleine Reste schön und befriedi­gend. Es vergeht kein Tag, an dem mir nicht irgend etwas Neues aufstößt; und ich bin durch meine bisherigen Goethestudien so weit, diese Schätze aus dem Nachlaß dem Gesamtbilde Goethes einzufügen, so daß ich nicht der Un­bescheidenheit geziehen zu werden fürchte, wenn ich hoffe: die wissenschaftlichen Arbeiten Goethes werden durch meine hiesigen Arbeiten zu einer entsprechenden Einheit gestaltet werden. Ich habe da freilich viele Schwierigkeiten zu überwinden. Nach meiner Überzeugung müssen diese Teile des Nachlasses in ganz anderer Art verarbeitet wer­den, als das bisher bei den erschienenen zwanzig Bänden der Ausgabe der Fall war. Meine Sachen bringen also in gewisser Hinsicht eine Unebenheit in die Ausgabe. Nun untersteht die Herausgabe in «letzter Instanz» einem Komi­tee, bestehend aus: Exz[ellenz] von Loeper, Herman Grimm, Erich Schmidt, Suphan und Seuffert. Bei denen ist die Abän­derung durchzusetzen. Dazu muß zunächst Suphan, der Direktor des Archivs, gewonnen werden. Wenn ich Ihnen nun sage, daß dasselbe Komitee den ganzen Plan gemacht hat, so werden Sie einsehen, daß solch ein späterer Eingriff nicht ohne weiteres durchgesetzt werden kann. Ich sagte aber Suphan offen, daß ich niemals bezüglich meines Teiles mich dem Plane fügen werde. Nun ist Suphan kaum der Mensch, der die notwendige Energie hat, meine Ansichten, mit denen er sich einverstanden erklärt hat, auch gehörig zu vertreten.

Mein Verhältnis zu Suphan ist überhaupt ganz eigentüm­lich. Ich habe Ihnen schon geschrieben, daß er mich gleich in den ersten Tagen zu seinem besonderen Freund «er­nannt» hat. Mir fehlt aber, sozusagen, der rechte Glaube. Es bleibt so wenig übrig für den Menschen, wenn jemand Höfling wird. Dabei kommt aber wieder in Betracht, daß Suphan ein tief unglücklicher, im Leben viel geprüfter

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Mensch ist. Er hat zwei Frauen verloren, die Schwestern voneinander waren, und lebt mit seinen zwei Knaben (von sieben und dreizehn Jahren) nun allein, fortwährend von häuslichen Miseren geplagt. Er hat nun, da er nach Berlin zur Enthüllung des Lessingdenkmales gefahren ist, den älte­ren Jungen unter meinen Schutz gestellt. Sie sehen also, er behandelt mich mit ziemlichem Vertrauen.

Ich hoffe nun jedenfalls, in den allernächsten Wochen meine Diplomangelegenheit in Ordnung zu haben, obwohl es mir schwer wird - dermalen nach so kurzer Zeit -, einen wenn auch kurzen Urlaub zu bekommen. Ich werde aber froh sein, wenn auch diese Sache endlich überwunden sein wird. Dann werde ich an die Verwirklichung des Dozenten-planes schreiten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie bit­ten, von dem letzteren Plane zu niemandem zu reden. Denn es liegt viel daran, daß das Professoren-Kollegium von kei­ner Seite her eine Ahnung bekommt, bis die Geschichte eine vollendete «Tatsache» ist. Ich werde mir erlauben, Ihnen stets alle Fortschritte der Sache, zu der Sie ja so viel bei­getragen, vertrauensvoll mitzuteilen.

Heute habe ich endlich auch meine Sendung von Kürsch­ner erhalten, die durch einen Fehler in der Adressierung zweimal den Weg von Stuttgart nach Wien gemacht hat. Auch meine Kiste habe ich soeben ins Haus zugestellt er­halten und danke bestens für die Übersendung derselben. Das lange Ausbleiben derselben war mir schon verdrießlich, da ich meine Bücher zur Fertigstellung meiner Disputation darinnen habe.

Für alles, was Sie mir über Ihre Familie schreiben, sage ich Ihnen nochmals im besonderen besten Dank. Otto und Ernst werde ich in diesen Tagen auch antworten. Sie sagen, Ernst galomiert weiter. Ich habe mich über seinen Brief recht gefreut. Er kam mir ganz entgalomiert vor. Auch Ri­chards schnelles Hineinfinden in seinen Beruf, wovon ich durch Ihren Brief und seine direkten Nachrichten erfahre, ist sehr erfreulich. Am Ende macht er noch alle bösen Vorahnungen

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zuschanden. Es möge nur recht gut weitergehen! Daß Hansl wieder unwohl war, hat mich betrübt. Da Ri­chards Brief nichts über das Befinden des kleinen Kerls ent­hält, so darf ich wohl schließen, daß ihm wieder besser ist. Doch bitte ich Sie alle recht sehr, im nächsten Briefe - wer immer ihn schreibt - über Hansls Befinden mir Kunde zu­kommen zu lassen.

Dieser Brief trifft Sie am 16. Oktober, d. i. an Ihrem Ge­burtstage. Ich weiß, daß Sie Glückwünsche an diesem Tage perhorreszieren. Auch wissen Sie, daß ich keinen besonde­ren Anlaß brauche, um Ihnen zu sagen, was ich Ihnen von ganzer Seele wünsche. Aber schließlich wäre es doch wieder gar zu pedantisch, dies Schreiben deswegen einen Tag liegen zu lassen, damit es erst am 17. in Wien einträfe. Zum Schlusse habe ich nur noch zu sagen, daß es mich befriedigt, daß Ihre lästige und schmerzhafte Zungengeschichte wieder besser ist. Bitte empfehlen Sie mich Ihrer geschätzten Frau Gemahlin, der Großmama und allen anderen Mitgliedern der Familie auf das beste, und seien Sie bestens gegrüßt von

Ihrem aufrichtig ergebenen

Rudolf Steiner

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255. AN RICHARD SPECHT

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Weimar, 18. Oktober 1890

Mein lieber Freund!

Sie müssen sich nichts daraus machen, wenn ich Ihnen hiemit einen Brief während meiner offiziellen Archivzeit schreibe. Da er aber noch vormittags abgehen muß, wenn er Sie morgen als an Ihrem einzigen freien Wochentage tref­fen soll, so müssen Sie ihn schon - wenn auch gleich einem Goethe-Ausgabe-Manuskript honoriert - hinnehmen. Er entspringt deshalb nicht minder warmer inniger Freund­schaft.

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Vor allen Dingen bitte ich Sie um Entschuldigung, wenn ich irrtümlich den Brief an Grasberger das letzte Mal liegen ließ. Ich will ihn heute mitsenden. Sie treffen den Mann mal am ehesten um 10 Uhr vormittags im Café Griensteidl.

Sie werfen mir vor, ich befriedigte Ihre Neugierde bezüg­lich Persönlichem zu wenig. Ich glaube, ich habe das we­nige, was darüber zu sagen ist, nun auch schon in den Brie­fen an Ihre Angehörigen mitgeteilt, und es bleibt mir in dieser Beziehung nichts zu berichten als der Umstand, daß ich anfange, mich an «Seine» Luft zu gewöhnen, d.h. bloß an die physische. Aber auch die wollte mir anfänglich nicht taugen.

Nun muß mein dritter Goetheband bald erscheinen. Sie sollen ihn sofort haben, wenn ich ihn bekomme. Ich bin neugierig, was man im Reiche der Physiker dazu sagen wird. Mein vierter Band dürfte im November in Druck ge­hen. Das «Märchen» habe ich in Angriff genommen, und es geht unter günstigen Auspizien vorwärts. Wenn Sie mich niemandem gegenüber verraten - ich meine natürlich mit dem niemand nur Literaturmenschen - so will ich Ihnen sagen, daß ich ernstlich daran denke, eine «Goethe-Philoso­phie» - unter diesem Titel - zu schreiben. Es schließt sich mir jetzt alles zu einem schönen Bilde zusammen, und jeder Tag bringt mir Neues. Obwohl ich unzufrieden mit mei­nem dermaligen äußeren Sein bin, habe ich doch seit kur­zem Arbeitsdrang und Arbeitsmut, wie ich sie wohl vorher kaum je gehabt. Die Leute um mich herum mögen mich verstehen oder nicht, ich folge meinem eigenen Lichte. Goethe sagt so schön: «Das Leben des Menschen, so ge­mein es aussieht, so leicht es sich mit dem Gewöhnlichen, dem Alltäglichen zu begnügen scheint, hegt und pflegt doch immer gewisse höhere Forderungen im Stillen und muß sich nach Mitteln umsehen, sie zu befriedigen.»

Es wird Sie gewiß interessieren, wenn ich Ihnen mitteile, daß Goethe 1824 die «Bhagavadgita» gelesen hat. Nun ist es wohl erklärlich, woher manches im zweiten Teile des

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«Faust» kommt. Wir können uns denken, welchen Ein­druck das hohe Lied der Selbstlosigkeit und Liebe auf Goe­the gemacht haben mag. Wird uns ja so vieles aus diesem Vermächtnis des alten Indertums klar. Wer diese Lehren versteht, für den sieht das Leben anders aus als gewöhnlich, und er erst weiß, daß Unrecht nicht aus dem Geiste kommt.

Nun nur noch die Bitte, mir an Ihre Angehörigen die besten Empfehlungen zu bestellen. Ich schulde nun noch Ihrer werten Frau Mutter und Ernstl je einen Brief.

Schreiben Sie mir bald, wenn auch Weniges. Alles inter­essiert mich.

In Treue

Ihr Steiner

Grasberger-B rief sende besonders, weil ich ihn jetzt nicht hier habe.

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256. AN PAULINE SPECHT

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Weimar, 18. Oktober 1890

Geschätzteste gnädige Frau!

Vor allen anderen Dingen: haben Sie Dank für die Glück-wünsche, die Sie mir in Ihrem geschätzten Briefe nachsen­den. Wenn nur die Zukunft, der diese Glückwünsche gel­ten, auch so ausfällt, daß ich dasjenige zur Verwirklichung bringen kann, was von jeher mir als das Ziel meines Lebens vorschwebte! Wenn ich nur bald die Lage finden kann, wo Wollen und Können in Harmonie zu bringen sind. Ich hoffe, es wird nun endlich doch gelingen.

Wenn Sie mir sagen, Sie bedauern, daß ich meine Voraus­setzungen wegen des Mangels an anregendem Umgange eingetroffen finde, so muß ich gestehen, daß es nicht so

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sehr der Mangel an anregendem als der Überfluß an nicht anregendem Umgang ist, der mir Weimar wenig erfreulich erscheinen läßt.

Meine Goethe-Studien machen mir fortdauernd recht viel Freude. Sie werden aus Richards Briefen das Inhaltliche derselben erfahren haben. Das «Märchen» hoffe ich in Bälde heraus gehobelt zu haben. Ein Blatt in Goethes Nach­laß zeigte mir ganz klar, daß die Auslegung in meinem Sinne die einzig berechtigte ist. Ich will es mit der Darstellung diesmal so halten, daß die Sache für das größere Publikum verständlich wird.

Zuwider ist mir bei alledem, daß wir auch am Nachmittag Archivstunden haben. Doch hoffe ich von diesen späterhin dispensiert zu werden. Dies wird um so leichter gehen, wenn ich einmal meine Jenenser Pläne der Verwirklichung entgegenbringen kann. Der großherzogliche Hof ist aber vorderhand noch nicht in Weimar. Mein Diplom hoffe ich in vierzehn Tagen bis drei Wochen zu haben. Ich kann nur leider jetzt nach so kurzer Zeit nicht von hier weg. Ich lechze auch schon darum nach dieser Zeit, weil mich die Reise über Berlin führt, wo ich Eduard von Hartmann wieder sprechen kann.

Sie schrieben mir, Ernstls Brief sei durchaus aus eigener Initiative hervorgegangen. Ich habe mich über diese seine Zeilen sehr gefreut. Sie sind so durchaus vernünftig. Hoffentlich geht dem Jungen in Bälde vollständig der Knopf auf.

Und nun habe ich Ihnen für das Verschiedenste meinen besten Dank zu sagen. Einmal für die Besorgung der «Son­derlinge» an Frau Mayreder, die nun auch schon in meinen Händen sind. Darf ich Sie um ein Wort bitten, ob die May­reder auch schon die Rechnung an Sie beglichen hat. Ich will Sie nicht direkt darum fragen. Dann danke ich Ihnen vielmals für die Üb ers endung meiner Kiste, die seit dem 3. Oktober - bis vorgestern - auf der Reise war und bei ir­gendeiner Zollrevision jämmerlich zugerichtet worden ist.

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Sollten Sie endlich wirklich die Freundlichkeit haben, mir besagte acht Krägen zu schicken, dann bitte ich dies viel­leicht durch Brief besorgen zu wollen, da man mit Paketen, die als Zollstücke behandelt werden, die unglaublichsten Schwierigkeiten hat. Den Wohnungsschlüssel will ich Ih­nen auf demselben Wege zukommen lassen. Daß ich Kürschners Sendung erhalten habe, haben Sie wohl aus dem Briefe an Ihren Herrn Gemahl ersehen.

Nun obliegt mir nur noch, Sie, geschätzteste gnädige Frau, zu bitten, mich allen Ihren verehrten Angehörigen auf das beste zu empfehlen.

In aufrichtiger Hochachtung

Ihr

Rudolf Steiner

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257. AN ERNST SPECHT

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Weimar, 18. Oktober 1890

Mein lieber Ernst!

Hast Du auch etwas lange auf diese Antwort warten müs­sen, so wirst Du doch aus anderen Briefen, die an Deine lieben Angehörigen abgegangen sind, erfahren haben, wie erfreulich mir Deine Zeilen waren. Ich begrüßte es mit Be­friedigung, daß Du von dem Wechsel Deiner Profess6ren so angenehm berührt bist und daß Du mir über Deine Schulverhältnisse Gutes sagen kannst. Es soll nur auch immer so fortgehen!

Hast Du meinen Brief an Otto gelesen? Daraus wirst Du etwas jedenfalls auch Dich Interessierendes über die etwas andern Verhältnisse entnommen haben, wie sie an dem Gymnasium hier herrschen.

Du bist jetzt wohl fest im Cornelius Nepos. Der spielt hier an den Schulen eine geringere Rolle als in Österreich.

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Daß Du mir so schöne Worte über Deine Anhänglichkeit an mich schreibst, hat mir sehr wohlgetan. Ich habe so gerne das Bewußtsein, daß meine Schüler mich liebgewonnen ha­ben. Auch ich habe Dich ja sehr lieb und werde Dich immer im Herzen behalten. Immer wird es mir besondere Freude bereiten, wenn ich hören werde, daß Du Fortschritte ge­macht hast.

Bringe auch Foges, den ich Dich bitte, bestens von mir zu grüßen, recht viel Gehorsam und guten Willen entgegen. Er gibt sich ja alle Mühe mit Dir, und es wird Dir gewiß heuer besser gehen. Ich vermutete das ja schon aus dem, wie Du während der Ferien gearbeitet hast.

Hast Du Nelli, Risa und die Geschwister derselben schon gesehen? Wenn es wieder der Fall ist, dann grüße sie herz­lichst von mir und sage ihnen, daß ich auch ihnen schreiben werde. Haben sie schon einen neuen Lehrer?

Nochmals Glückauf auf ein gutes, erfolgreiches Jahr!

In Treuen

Dein

Steiner

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258. AN ROSA MAYREDER

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Weimar, 20. Oktober 1890

Geschätzteste gnädige Frau!

Ihre Sendung langte erst nach mannigfachen Umwegen bei mir an. Sie schrieben erstens auf die Adresse Goethe-­Schillerstiftung, statt Goethe- und Schiller-Archiv. Nun ist momentan auch die Schillerstiftung in Weimar, was natür­lich eine Kollision gab. Dann mache ich Sie aufmerksam, wenn Sie irgend etwas je wieder über die Grenze zu schik­ken haben, machen Sie, wenn irgend möglich, eine Briefsen­dung daraus, damit die Sache nicht als Zollstück behandelt wird. So sonderbar das Ihnen vorkommen wird, aber die

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guten «Sonderlinge» mußten sich einer sorgfältigen Revi­sion auf ihre Staatsungefährlichkeit unterziehen. Mich machte die Verspätung der Sendung besorgt, weil ich schließlich dachte, Sie seien am Ende krank geworden, um­somehr freute ich mich bei deren Eintreffen. Und nun kann ich den Tag nicht erwarten, wo ich Ihnen Günstiges über das weitere Schicksal Ihrer von mir so geschätzten Arbeiten werde mitteilen können. Sie können überzeugt sein, daß ich mir alle Mühe geben werde.

Für Ihre beiden lieben Briefe sage ich Ihnen herzlichen Dank. Ich habe Ihnen wohl zu verschiedenen Malen ge­dankt, wie hoch ich es anschlagen muß, gerade Sie kennen­gelernt zu haben. Es wird Ihnen erinnerlich sein, daß ich Ihnen sagte, wie durchaus kongenial mir das Gefüge Ihres Geistes gleich bei unserem Zusammentreffen in dem von mir so hochverehrten Hause Lang erschien. Und wie wir uns verstanden, das wissen Sie ja auch. Es berührt mich mit tiefster Wehmut, wenn ich aus meinem jetzigen Asyl zurückblicke auf all die schönen Stunden, die ich bei Ihnen und Ihrem Kreise verleben durfte. Hier stehe ich allein. Niemand ist hier, der auch nur im entferntesten ein Ver­ständnis für das hätte, was mich bewegt und was meinen Geist trägt.

Dabei freilich erlebe ich mit meinen hiesigen Goethearbeiten viel Freude. Jeder Tag bringt mir Neues aus den hinterlassenen Papieren dieses einzigen Geistes, und ich komme allmählich immer mehr dazu, das Bild zu einem totaleren zu machen, das ich von Goethe habe. Ich finde Gedanken und Ideen, von denen ich mir sagte, diese müsse Goethe gesagt haben, jetzt wirklich von ihm aufgezeichnet. Ich finde täglich eine neue Bestätigung dessen, was ich ge­ahnt, eine Verwirklichung, was mir nur als kühne Vermu­tung erscheinen mußte. Sie erinnern sich dessen, was ich Ihnen am Abend des mir so unvergeßlichen Tages in Waid­hofen über das « Marchen » sagte. Auch dies bestätigt sich mir aus Goethes Nachlaß. Ich habe durchaus in seinem

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Sinne gedeutet. Wie oft denke ich doch bei irgendeiner neuen Entdeckung: ach, könnte ich doch mit Ihnen über die Sache sprechen! So muß ich alles mit mir selber ausma­chen, meine Gespräche sind dermalen nur Gedankenmono­loge. Es ist ein starker Kontrast gegenüber einem so schön verlebten Winter im verflossenen Jahre.

Goethe erscheint mir immer mehr wie der Brennpunkt in dem sich die Strahlen der abendländischen Weltanschau­ung und Weitgestaltung vereinigen. Wir verstehen ihn frei­lich nur dann, wenn wir uns selbst zu ähnlichem Denken und Anschauen emporgearbeitet haben. Aber wenn uns dann aus dieser geistigen Unerschöpflichkeit dasselbe ent­gegenkommt, was wir selbst gedacht und erstrebt haben, dann fühlen wir es gleichsam geweiht und sanktioniert von einer Instanz, die uns als eine höchste gelten muß.

Was machen Ihre Lange-Studien? Ich kann nicht umhin, Ihnen bei dieser Gelegenheit einen schönen Satz aus der Feder von Gisela von Arnim, der vor einem Jahr verstorbe­nen Frau Herman Grimms, einer Tochter Bettina von Ar­nims, der Freundin Goethes, mitzuteilen. Sie schreibt: «In dem Augenblick, da ich die Feder niederlege und schließe, hat der Materialismus, vor dem ich, da ich zu schreiben begann, zurückschauderte und mich in diesen Traum ver­tiefte, noch viel mehr an unserem Volk verbrochen, als ich damals ahnte, und das Höchste ausgespielt, was man von seiner treibenden Kraft vermuten konnte.» - Ich hasse den Materialismus im Leben, in der Kunst und in der Wissen­schaft. Er ist der Hemmschuh aller Vertiefung und alles gei­stigen Aufschwunges. Der «Materialismus» Langes ist nun noch nebenbei eine geistige Verirrung auch in logischer Beziehung, ein nicht zu rechtfertigender Widerspruch.

Ich will nur hoffen, daß Sie dieser Brief bereits in Ihrem Winterheim antrifft und zwar bei voller Gesundheit. Grü­ßen Sie mir herzlichst Ihren lieben Gemahl und die anderen Freunde. Frau Marie Lang will ich demnächst schreiben. Was macht Eck? Hat das Familienfest in seinem Hause

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schon stattgefunden? Gerne würde ich auch etwas darüber hören, wie sich Ihr verehrter Herr Gemahl in seine «de­skriptiven» Vorträge hineingefunden hat. Und nun noch die besten Grüße von Ihrem Sie

aufrichtig hochschätzenden

Steiner

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259. ROSA MAYREDER AN RUDOLF STEINER

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Wien, 22. Oktober 1890

Lieber, verehrter Freund!

Jetzt kann ich Ihnen wohl gestehen, daß ich diese ganze Zeit her in mannigfachen Zweifeln verbracht habe. Ich konnte nicht dar­über schlüssig werden, ob ich Ihnen den Fehler in der Adresse meiner Sendung, der mir nicht unbekannt geblieben war, anzeigen sollte oder nicht; und ich unterließ es nur in dem Wunsche, nicht den Schein der Aufdringlichkeit auf mich zu laden. Es kommt mir aber fast vor, als hätte der «Zuschauer» mich wieder einmal mit überflüssigen Bedenken von einer vernünftigen Handlung zurück-gehalten. Jene falsche Adresse verdankt einem Zusammentreffen unglücklicher Umstände ihre Entstehung. Der Morgen, an wel­chem ich Ihnen die «Sonderlinge» sandte, war einer der wenigen sonnenhellen dieses Sommers; und in dem Bestreben, ein begon­nenes Aquarell zu vollenden, überließ ich die Verpackung und Adressierung der korrigierten Abschrift dem immer bereitwilligen Lino, vergaß aber, ihm eine nähere Adresse anzugeben. Auf der Post nun - wo man leider das Paket nicht als Briefsendung annahm - forderte man eine genauere Angabe des Bestimmungsortes, und so schrieb Lino, der sich nicht deutlich des Namens entsann, «Stif­tung» statt «Archiv». Dazu kommt, daß Linos Schrift nur von besonders Eingeweihten von der meinigen unterschieden werden kann - denken Sie sich also, wie bestürzt ich war, als ich durch den ahnungslosen Lino von dem nicht mehr gutzumachenden Irrtum erfuhr! Denn Sie hatten mir ja mündlich und schriftlich wiederholt das Archiv eingeschärft. Mein Trost in dieser Not war nur der Gedanke, daß ich, wiewohl der Schein so schlagend wider mich

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war, von Ihnen wenigstens keines jener vernichtenden Urteile über den Frauenzimmerverstand zu befürchten hatte, die ich so ungern auf mein Haupt herabbeschwöre. Aber im Ernst: es ist mir leid, daß ich Ihnen meine Sendung und den sie begleitenden Irrtum nicht brieflich angezeigt habe, um jede Ungewißheit und die Nachteile der Verspätung zu vermeiden.

Wir sind seit ungefähr zwölf Tagen von Waidhofen zurückge­kehrt. Diese Übersiedlung bedeutete für mich eine starke Unter­brechung aller ernsten Beschäftigung. Meine gänzlich verkümmer­ten hausfraulichen Instinkte zwar erwachen auch bei einem sol­chen Anlaß nicht; aber die Familienpflichten und die zu Hause herrschende Unordnung bildeten Hindernisse genug. Daher bin ich im zweiten Bande der «Geschichte des Materialismus« über die ersten Seiten noch nicht hinausgekommen. So fehlt mir noch jedes Urteil, ja jede deutliche Vorstellung von der eigentlichen Auffassung Langes. Ihre energische Verurteilung des Materialis­mus hat einen tiefen Eindruck auf mich gemacht, obwohl ich sie, das kann ich nicht verschweigen, nicht teile. Allerdings ist es mir vollständig unbegreiflich, wie jemals ein tiefer Geist in der Weltan­schauung des Materialismus Befriedigung finden, sich an einer Er­klärungsmethode genügen lassen konnte, die wie der Atomismus unter dem Vorgeben, über die Erscheinungswelt hinauszuführen, sich innerhalb dieser Welt im Kreise herumdreht. Aber wenn ich nun sehe, wie dieser Gedanke sich durch alle Jahrtausende menschlichen Denkens hindurch behauptet, von glänzenden Trä­gern immer wieder aufgegriffen, verteidigt, ausgebaut wird, so fühle ich mich geneigt, zwei grundverschiedene Organisationen des menschlichen Geistes anzunehmen, deren Erkenntnisgebiete strenge gesondert sind und die einander nichts beweisen noch wi­derlegen können: eine metaphysische und eine materialistische. Und da ich nun weiß, daß ich Partei bin, wage ich nicht zu urtei­len. Ich bin zu sehr verstrickt in jene objektive Betrachtungsweise, die Nietzsche aus einer verkehrten Anwendung historischer Stu­dien herleitet und die Paul Bourget, der Rivale Guy de Maupas­sants, mit dem Namen Dilettantismus kennzeichnet. Diese dilet­tantische Toleranz gegenüber allen Stil- und Gedankenrichtungen, wie heterogen sie auch seien, macht mir das Werk Langes zu einer Quelle des Vergnügens. Vielleicht kommt auch dazu, daß es mir so viele neue Gebiete des Wissens erschließt und daß ich mich

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noch in jenem ersten Stadium des philosophischen Denkens be­finde, welches das der Verwunderung ist. Aber selbst wenn der Materialismus ein Hemmschuh aller Vertiefung und alles geistigen Aufschwunges bildet, mein Freund, bedeutet es ein so trostloses Symptom, daß er «das Höchste ausspielt, was man von seiner trei­benden Kraft vermuten konnte» -? Wenn ein Prinzip, das im Stil­len lange fortgewirkt hat, endlich zur Herrschaft gelangt und sich auslebt bis in seine äußersten Konsequenzen, darf man nicht, wie man es im Leben des Einzelnen erwartet, auch von der Menschheit hoffen, daß sie es dadurch überwindet, darüber hinauskommt -? Wäre es zu gewagt, aus so vielen Analogien einer Fortentwicklung in Reaktionen zu schließen, daß auch die Menschheit einer neuen, .glänzenden Epoche geistigen Aufschwunges entgegengeht -? Ohne diese Überzeugung wäre ja das Leben in dieser Epoche des Niederganges nicht zu ertragen! Ich finde eine tröstliche Bestäti­gung meiner Hoffnung in jenem indischen Gedanken, daß die Bahn der Menschheit in einer Spirale um einen einseitig beleuchte­ten Kegel läuft, so daß sie ewig aus Licht in Finsternis, aus Finster­nis zum Lichte sich fortbewegt. Und ihr scheinbarer Niedergang ist nur eine Vorbereitung zu einer höheren Stufe der Entwicklung. Die Beschränktheit der materialistischen Lehrsätze erscheint mir wie die Orientierung eines im Dunklen nach den nächsten Gegen­ständen Tappenden, der sich auf die groben Wahrnehmungen des Tastsinnes beschränken muß, weil ihm das Licht fehlt, das dem höheren Sinn des Gesichtes erst einen Spielraum gewährt. Aber macht uns nicht die Gewißheit, daß es wieder Tag werden wird, auch die Nacht zur Freundin? Und liegt nicht ein geheimnisvolles Glück darin, die Morgenröte zu ahnen und zu erwarten? Sich im Widerspruch gegen die herrschende Weltanschauung selbständig zu entfalten, betrachte ich als einen Vorzug, den nur die edelsten Geister besitzen; und Ihr Haß gegen den Materialismus, mein Freund, ist nur eine Bürgschaft für meinen liebsten Glauben - den Glauben an die Zukunft der abendländischen Menschheit -, wie er mir eine Bürgschaft Ihrer eigenen großen Zukunft ist. So bestätige ich selbst, was ich doch gerne leugnen möchte: dort, wo man tätig, wirkend, mächtig sein will, darf man nicht objektiv sein. Ich komme immer mehr zur Einsicht, daß das Streben nach Objektivi­tät im Indifferentismus endigt und daß schließlich die Reflexion das Handeln unmöglich macht. Sie geben das nicht zu; und ich

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frage mich beständig: gibt es einen Zustand, in welchem die Im­pulse des Handelns aus einer tieferen Welteinsicht entspringen, oder ist jeder Handelnde gezwungen, in einer parteiischen Ver­blendung für die eigene Sache, die eigene Meinung befangen zu bleiben -? Führt uns der Wunsch nach höherem, intensiveren Be­wußtsein, der uns antreibt, uns in das Geheimnis des eigenen Ichs zu versenken, notwendigerweise aus der Welt des Handelns hin­weg in eine Welt der Betrachtung, zwischen welchen es keine Ver­mittlung gibt? Es kommt mir vor, als hätte ich auf diesem Wege alle ursprüngliche Tatkraft, alle Initiative eingebüßt. Aber viel­leicht suche ich den Fehler in der Methode, dessen Ursache in der individuellen Anlage liegt.

26. Oktober 1890

Nach unaufzählbaren Unterbrechungen, welche dieser Brief er­fahren hat, lieber Freund, möchte ich mit seiner Absendung nicht länger zögern. Lassen Sie mich Ihnen deshalb nur noch sagen, daß Sie mir mit Ihrem Briefe eine große, innige Freude bereitet haben. Allerdings hat mir die Schilderung Ihrer Einsamkeit eine ebenso große Trauer verursacht. Es ist ja trostlos, daß wir Sie hier so sehr vermissen und Sie in Weimar sich so allein fühlen! Deshalb hat mich Ihre Versicherung, daß Sie oft meiner gedächten, wenn ein Gedanke Sie beschäftigt, mit einer jener seltsamen Empfindungen erfüllt, von denen man nicht weiß, ob sie Glück oder Schmerz sind. Denn die Lücke, welche Ihr Scheiden in meinem Leben hin­terlassen hat, wird mir täglich, stündlich fühlbar, bei allen den zahllosen Punkten des Nachdenkens, wo Unsicherheit, Zweifel, Verwirrung, Unruhe den Wunsch nach dem unersetzlichen Glück der freundschaftlichen Mitteilung erwecken, das Sie mir geboten haben. Je länger Sie ferne sind, mein teurer Freund, desto undenk­barer wird es mir, daß Sie ferne bleiben sollen.

Über die darstellende Geometrie, der sich Lino in die Arme geworfen hat, kann ich Ihnen leider wenig Gutes berichten. Er wurde zum Suppleanten in diesem Gegenstande mit tausend Gul­den Gehalt ernannt und zwar vorläufig auf ein Jahr. Seine Ernen­nung wurde in der Inaugurationsrede des abtretenden Rektors, in welcher alle ähnlichen Änderungen erwähnt zu werden pflegen, verschwiegen, obwohl dieselbe schon herabgelangt war, wie ihm

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der Kanzleidiener nach der Inauguration mitteilte. Sie wurde erst einige Tage später ihm und den Studenten bekanntgegeben. Zu dieser Zeit hatten die Einschreibungen der Hörer bei den Profes­soren schon stattgefunden, so daß sich bei Lino nur zehn Hörer meldeten, während bei Professor Staudigl, zu dessen Entlastung angeblich diese Parallellehrkanzel geschaffen wurde, ihrer hun­dertsechzig sind. Dazu kommt, daß dieser früher zwei Assistenten hatte, während er jetzt einen derselben der neugeschaffenen Lehr­kanzel überließ. Zu allen diesen verkehrten und verfehlten Ein­richtungen, die sich als äußere Hindernisse entgegenstellen, gesellt sich eine innere Schwierigkeit, die ich selbst, wiewohl ich sie aus Erfahrung hätte kennen sollen, im voraus nicht genügend erwogen habe: Linos Gewissenhaftigkeit. Diese Gewissenhaftigkeit, die ihn beständig mit selbstquälerischen Zweifeln plagt, ist eine schwere Bürde, die er heimlich in allen Lebenslagen mit sich schleppt. «Das hätte ich viel besser machen sollen, andere hätten das weit besser gemacht als ich» - dieses lähmende Bedenken verläßt ihn nicht, weder bei der Arbeit, noch selbst im Verkehre mit seinen Freun­den. Ich allein weiß, wieviel schöne und wieviel verhängnisvolle Phänomene seines Wesens aus dieser Quelle herzuleiten sind. Und nun verbringt er schlaflose Nächte und peinvolle Tage in dem Ge­danken, daß er seine Vorträge nicht gut, nicht selbständig genug arbeitet, daß es eine Frivolität war, eine Lehrkanzel an einer Hoch­schule mit jemandem zu besetzen, der kein Fachmann ist, und so fort. Und alle meine Vorstellungen, daß man doch von einem Praktiker, von einem Architekten, dem man kaum zwei Monate Zeit gelassen hat, sich mit dem Gegenstande näher zu beschäfti­gen, unmöglich eine selbständige Leistung erwarten könne, daß seine Aufgabe doch nur darin bestehe, seine Vorträge leicht faßli­cher, praktischer zu gestalten als der Fachmann - alle diese Vor­stellungen bleiben wirkungslos.

Der mächtige Eck ist gegenwärtig als männliches Familienober­haupt stark in die Sphäre des bürgerlichen Familienlebens herab-gezogen worden. Die Hochzeit seiner Schwester findet übermor­gen statt. Er ist aus diesem Anlaß in die Notwendigkeit geraten, sich einen Frack anzuschaffen - eine Situation, die ihm neu ist, weil er den Hochzeiten seiner älteren Schwester noch in der Uni­form des Wagnervereins beiwohnte. Er ist im allgemeinen kein Enthusiast der Familienfreuden, wie Sie wissen, überdies ein

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Gegner der Orthodoxie, namentlich der jüdischen. Nun sind aber die künftigen Schwiegereltern seiner Schwester so streng koscher, daß sie das Hochzeitsmahl von eigens beigestellten, koscheren Vertrauensköchinnen zubereitet wünschen. Uber diese Zumutung geriet Eck in einen so mächtigen Zorn, daß er sich bis zu dem Ausspruch verstieg, er werde sich bei diesem Festmahl vom Vege­tarianismus emanzipieren und in eklatanter Weise einen Schinken verzehren .

Ich sende Ihnen eine leider nicht besonders geglückte Photogra­phie Mariens - welche morgen die Bellevue verläßt, um ihr Win­terquartier zu beziehen - und die versprochene meine. Und zwar hauptsächlich, um Sie an ein unerfüllt gebliebenes Versprechen von Ihrer Seite zu erinnern.

Vergönnen Sie bald wieder ein Stündchen Zeit

Ihrer Sie aufrichtig verehrenden

Rosa Mayreder

Herzlichste Grüße von allen Seiten, in erster Linie von Lino.

#TI

260. AN FRIEDRICH ECKSTEIN

#TX

Weimar, [Ende] Oktober 1890

Liebster Freund!

Ich hätte Ihnen vieles mitzuteilen. Dies soll in allernäch­ster Zeit geschehen. Heute aber verzeihen Sie mir, wenn ich mit einer Bitte komme. In Goethes «Braut von Korinth», fünfte Strophe vom Ende (Zeile 166-67) heißt es:

«Salz und Wasser kühlt

Nicht, wo Jugend fühlt.»

Sie kennen gewiß die symbolische Bedeutung von «Salz und Wasser». Ich bitte Sie nun, mir die Gefälligkeit zu er­weisen, mir möglichst rasch darüber Auskunft zu geben. Die Geschichte ist mir momentan sehr wichtig.

#SE039-029

Wie allein und unverstanden ich mich hier fühle, davon können Sie sich schwerlich einen Begriff machen. Seit ich von Wien fort bin, konnte ich noch mit niemanden ein ver­nünftiges Wort sprechen.

In Treuen

Ihr Steiner

#TI

261. AN JOSEPH KÜRSCHNER

#TX

Weimar, 2. November 1890

Hochgeschätzter Herr Professor!

Je mehr ich von dem wissenschaftlichen Nachlasse hier in Weimar kennenlerne, desto klarer bestätigt sich mir alles, was ich in meinen Einleitungen ausgeführt habe. Wenn die hinterlassenen Schriften von mir redigiert erscheinen wer­den, dann werden sie Stück für Stück schwerwiegende Be­weisgründe für meine Auffassung sein. Das gewagteste Stück innerhalb dieser Auffassung ist jedenfalls die Einlei­tung zum dritten Bande. Aber ich sehe allen Angriffen mit gutem Mute entgegen, denn ich glaube, die Gegner dieser Auffassung werden sonderbare Augen machen, wenn ihnen der Nachlaß vorliegen wird. Dieser kann nur in der aller-günstigsten Weise auf unsere Ausgabe zurückwirken. Ich werde mich ja auch sachlich durchaus immer auf meine Ein­leitungen in der National-Literatur beziehen müssen.* Ich bitte Sie nun aber dieses durchaus als Mitteilung vertrau­lichster Natur zu betrachten.

Zugleich nehme ich bei dieser Gelegenheit abermals An­laß Ihnen zu sagen, wie hoch ich den Umstand anschlage, daß Sie mir bei meinen Arbeiten und bei meiner Anschau­ung in solch unbefangener und wohlwollender Weise entge­genkommen. Haben Sie besten Dank dafür. Ich weiß diese

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* Dies werde ich gegen alle Einwände durchsetzen.

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Ihre Gesinnung mir gegenüber zu schätzen und werde sie immer zu schätzen wissen.

Den 4. Band erhalten Sie druckfertig unbedingt bis 12. November. Sie können darauf rechnen, denn ich bin jetzt doch in besserer, arbeitsmöglicher Lage. Verzeihen Sie die abermalige Verzögerung, aber rechnen Sie mit Bestimmt­heit für den 12. November darauf.

Ich hoffe demnächst einen Aufsatz erscheinen lassen zu können, der auf meinen 3. und 4. Band hinweist. Was auch von seiten der Naturforscher vorgebracht werden mag: ich bin meiner Sache gewiß und werde die Wahrheit vertei­digen.

In vollster Hochschätzung

Ihr treu ergebener

Rudolf Steiner

NB: Bitte zu berücksichtigen, daß meine Adresse ist:

Weimar, Junkerstraße 12, 2. Treppe

#TI

262. FRIEDRICH ECKSTEIN AN RUDOLF STEINER

#TX

Wien, 3. November 1890

Lieber Steiner!

Vielen, vielen Dank für Ihre beiden lieben Briefe, die mich und unseren Kreis ungemein gefreut und angeregt haben. Besonders die Gedichte aus dem West-Östlichen Divan, die Sie uns empfoh­len haben, sind von überraschender Tiefe.

Ich will gleich auf den Gegenstand Ihrer Frage übergehen.

«Salz und Wasser kühlt

Nicht, wo Jugend fühlt.«

Um die Stelle richtig zu verstehen, muß man sie im Zusammen­hang mit dem ganzen Gedicht betrachten. Der Inhalt des Gedich­tes scheint mir esoterisch gesehen der folgende: Die Braut ist der Geschlechtstrieb, das äußere Liebesbedürfnis zwischen Mann und

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Weib. Dieses war im klassischen Altertum ein ganz harmonisches und mit der antiken Religion tief verwachsenes, welches nicht als «unrein» bezeichnet worden war, zum Beispiel Phallizismus. Erst das Christentum mit seinen asketischen und unterdrückenden Prinzipien hat den freien sexuellen Verkehr gestört, aber es konnte dies nur ganz äußerlich tun. Bei Tag war der Mensch Christ, aber bei Nacht, das heißt im Unbewußten, wenn der Verstand ermüdet hinsinkt, dann kommen heimlich die Grundinstinkte wieder her­auf «aus dem Grabe» und verlangen ihr Recht. Salz und Wasser sind die beiden Hauptsymbole des Christentums, und eine ka­tholische Taufe ist eigentlich nicht vollständig, wenn dem Täuf­ling, nachdem er mit dem Taufwasser begossen worden, nicht noch einige Körner Salz auf die Zunge gelegt werden, während der Priester die liturgischen Worte spricht: «Acdpe salem sapientiae, ut habeas vitam aeternam.» Amen. - (Rituale Romanum).

Vergleichen Sie damit das 16. Kapitel aus dem Propheten Eze­chiel. Was die esoterische Bedeutung von Salz und Wasser bedeu­tet, ist sehr schwer mitzuteilen: Wasser reinigt den menschlichen Augiasstall. Herkules leitet den Eurotas durch den Augiasstall. Warum Heracles? Warum ev qwtag? Warum Augiasstall? Lesen Sie in der Bibel alle Stellen über die «Wasser des Lebens», Noah etc. und über den «Regen», ferner Goethes Gedicht «Legende»: «Wasser holen ging» etc., ein «Gedicht, welches die größten Ge­heimnisse des Daseins enthält». Ferner vergleichen Sie den Schluß des Märchens von der Schlange, wo es in die Kuppel des Tempels regnet.

Salz ist ein uraltes Symbol der geistigen Auferstehung und der Unsterblichkeit. Salz entsteht, wenn Holz verbrannt wird und die Asche ausgelaugt wird. Das Salz ist die Materie, die verklärt ist und nur mehr dem reinen mathematischen Gesetz der Sphären gehorcht; alles Unreine in der Mutterlauge zurücklassend. Außer­dem bewahrt es das Fleisch vor Fäulnis. - Gott hat mit den Aus­erwählten einen Salzbund geschlossen, heißt es in der Bibel. -Es wäre darüber noch sehr vieles zu sagen. Ich schreibe Ihnen bald wieder einmal. Vorläufig aber grüße ich Sie aufs herzlichste in meinem Namen und dem des ganzen Freundeskreises. Es grüßt Sie nochmals besonders

Ihr getreuer

Mächtiger Eck

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#TI

263. AN RICHARD SPECHT

#TX

Weimar, 5. November 1890

Mein lieber Freund!

Eben erinnere ich mich, daß ich das Heft der «Deutschen Dichtung», das das Datum «Oktober» trägt und um das ich Sie in meinem gestrigen Briefe bat, noch in Wien bei Ihnen gesehen habe, und ich kann mich nicht erinnern, daß das von mir Gesuchte drinnen war. Vermutlich ist es also in dem noch im Oktober erschienenen Novemberheft. Ich bitte Sie also, wenn möglich, mir die beiden letzten Hefte für einen Tag zu senden. Sie erhalten Sie gleich wieder zurück.

Ihr

Steiner

#TI

264. JOSEPH KÜRSCHNER AN RUDOLF STEINER

#TX

Stuttgart, 8. November 1890

Sehr geehrter Herr!

Empfangen Sie meinen besten Dank für Ihren so erfreulichen Brief. Ich bin vom ersten Augenblick an, als ich Ihr Manuskript zu Goethes naturwissenschaftlichen Schriften in die Hände bekam und die Korrektur mit der größten Aufmerksamkeit las, der Über­zeugung gewesen, daß Sie in der Beurteilung dieses Teiles der Goetheschen Tätigkeit entschieden eine Ziel gebende Bedeutung erlangen würden, und ich freue mich lebhaft, aus Ihrem Briefe zu vernehmen, daß Ihre Forschungen in Weimar Ihnen die Richtig­keit Ihrer Annahme bestätigen. Wenn Sie mir persönlich auch viel Gutes sagen, so wollen Sie es nicht als eine einfache Wiederholung, sondern als den Ausdruck der Überzeugung entgegennehmen, wenn ich Ihnen sage, daß es mir eine freudige Genugtuung gewe­sen ist, mit einem Manne zusammenarbeiten zu können, der den größten deutschen Dichter in so hervorragender Weise in einer am längsten im Schatten gebliebenen Seite erkannt hat.

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Daß ich den 4. Band der naturwissenschaftlichen Schriften bis 12. November erhalten soll, höre ich mit Freuden. Möchte Ihre Zusage in Erfüllung gehen. Ich werde dann den Druck unverzüg­lich beginnen lassen.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Kürschner

#TI

265. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 22. November 1890

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Sie haben mir über Ihre lieben Kinder sehr gute Mittei­lungen gemacht und mir damit eine große Freude gemacht. Haben Sie herzlichen Dank dafür. Sie haben es wohl oft sehen können, daß ich mit nicht gewöhnlichen Banden an Ihren Kindern, namentlich an Otto, hänge, und werden es mir daher gewiß nicht versagen, mich auch fernerhin auf dem laufenden in dieser Beziehung zu halten. Wenn man wirklich sagen kann, daß ich bei Otto etwas geleistet habe, dann - glauben Sie mir dies - zähle ich dies jedenfalls zu meinen besten Leistungen. Und der Mensch hat doch in seinen Leistungen seine Daseinsfreude.

Mit Ihren Mitteilungen über Ihre Kinder haben Sie wohl auch die Güte, mir sonstiges mitzuteilen, was Ihr von mir so geschätztes Haus bewegt. Richard hat Ihnen ja wohl aus seinen Briefen mitgeteilt, daß ich hier ganz von der Erinne­rung leben muß. Doch ich will nicht wieder in den alten Klageton verfallen, habe ich doch neuerdings wieder Anlaß genug zu Verdruß und Verstimmung. Jene böse Geschichte mit der «Kohlengasse» statt der «Kolingasse» hat tatsäch­lich verursacht, daß meine zweite Kiste erst am 16. Okto­ber, d. i. nach dem für mein Erscheinen bestimmten Tage an Ort und Stelle anlangte, so daß ich jetzt - was ich ganz

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und gar nicht voraussetzte - warten muß, bis mir neuer­dings ein Termin offiziell bestimmt wird. Ich sagte Ihnen bereits in Wien, wie gerne ich die ganze Geschichte abgetan und vom Halse hätte, und nun diese Verzögerung! Ich bin sehr verstimmt darüber. Den mir mittlerweile schon zu obi­gem Zweck erbetenen Urlaub benütze ich nun, um in Leip­zig Studien für meine «Ästhetik» zu machen. Die Arbeit ist es ja doch allein, die mich hier aufrecht erhält. Ich fahre heute abends nach Leipzig ab. Hier bin ich nämlich auch fast ganz ohne literarische Behelfe. Die Großherzogliche Bibliothek hat fast nur philologische und literargeschichtli­che Werke. Sie sehen also, daß ich möglichst viel entbehre.

Ich glaube, ich habe Richard bereits mitgeteilt, daß ich die Absicht habe, bald nach dem Erscheinen des ersten von mir bearbeiteten Goethebandes der Weimarer Ausgabe mit einem Buch «Goethe-Philosophie» aufzutreten, für das nun auch schon für einen Verleger gesorgt ist. Auch die Unter­stützung der Großherzogin ist halb und halb dafür gewon­nen. Sie glauben nur gar nicht, wie wenig Suphan, der Goethepapst, von all diesen Dingen versteht und wie das auch meine Arbeiten im Archiv erschwert. Dieser Mann ist gegen mich ganz eigentümlich. Er gibt mir alle seine Arbei­ten zum Durchlesen, gibt alles auf mein Urteil, sucht mich überall; und mir fehlt doch das Vertrauen zu ihm. Sollte ich sagen, wovon das abhängt, so würde mir das wohl schwer, denn diese Dinge sind zumeist ganz und gar eine Sache der unmittelbaren Empfindung. Ich ziehe mich hier so zurück, wie dies nur irgend angeht. Muß ich doch einmal in Gesell­schaft gehen, dann empfinde ich nachher einen unbe­schreiblichen Ekel vor den hölzernen Menschen ohne Kern und Seele. Man kann anklopfen, wo man will: man stößt überall nur auf nüchternen Verstand, kalte Berechnung. Die schönen Stunden, die ich mit Rudolf Schmidt, dem däni­schen Dichter, der vier Wochen hier war, verbrachte, sind nun auch vorbei! Das ist ein geistvoller, von hohen Interes­sen getragener Mann, der für mich hier eine wahre Erquik­kung

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war. Ich bekam durch ihn auch einen genauen Ein­blick in die geistigen Verhältnisse Dänemarks, die mich sehr interessierten.

Und nun nochmals meinen tiefsten, wärmsten Dank für Ihre Mitteilungen und die Bitte, mir die Freude auch ferner­hin zu machen, mich über Ihre Angehörigen zu unter­richten.

Ihrer Frau Mutter meinen Handkuß, Ihrer Frau Schwe­ster, Ihrem Manne, den Kindern (Hansl) meine herzlichst aufrichtigsten Grüße! Ich bitte jedermann, der mir schreibt, um Nachricht, wie es meinem geliebten Hans geht. Den Kindern antworte ich auf ihre Briefe alsbald. Arthur soll mir nicht böse sein, daß ich ihm noch gar nicht geschrieben. Richard bitte ich zu sagen, daß ich ihm, falls ich heute vor meiner Abreise nicht mehr zum Schreiben komme, entwe­der von Leipzig aus oder gleich nach meiner Rückkunft (Donnerstag früh) schreibe. Die Zeitungen, für die ich be­stens danke, sende ich aber noch heute zurück.

Damit in aufrichtiger Hochschätzung

Ihr

Steiner

#TI

266. AN RICHARD SPECHT

#TX

Weimar, 30. November 1890

Mein lieber Freund!

Vorerst einige Worte über die beiden Gedichte, die Sie mir zu meiner besonderen Freude einsandten. Ich finde das eine: «Endlich» formvollendeter, das andere: «Wir beide» tiefer und vielsagender. Dürfte ich Ihnen einen Rat geben, so wäre es der, in dem ersten die Zeile: «Ja, auch du kannst innig warm empfinden» etwas abzuändern. Diese Worte stören den Schwung des Ganzen. Der Satz hat seine psy­chologische

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Berechtigung, wenn man annimmt, daß der Empfindende (d.h. der Schreiber des Gedichtes, nicht der, an den es gerichtet ist) zu der glücklichen Überzeugung der ausgesprochenen Tatsache spontan kommt, mit der Vor-aussetzung, daß er an dieser Tatsache nie gezweifelt hat, ja daß er ein ausschließliches Glück in dieser Tatsache findet. Ein solches ausschließliches Glück wird aber wenig gut mit den Worten gekennzeichnet: «auch du». Das mir Anstößige liegt in dem Wörtchen: auch, das eben der Ausschließlich­keit entgegenstrebt. Ich habe Ihr sonst mir sehr sympathi­sches Gedicht in verschiedenen (voneinander entfernt lie­genden) Zeiten gelesen und wieder gelesen, und ich muß sagen: dieses auch war meiner Empfindung zuwider, ja für sie verletzend. Ich komme zu dem anderen Gedicht: «Wir beide». Nachdem ich mir die Sache wiederholt überlegt habe, komme ich zu dem Schlusse: ob es nicht am besten wäre, die erste (zweizeilige) Strophe überhaupt wegzulas­sen. Wozu diese unnötige Reflexion als Einleitung eines Empfindungsvorganges? Ich verstehe wenigstens auch ohne diese Zeilen alles.

Sie werden gewiß diese Ausstellungen nicht anders denn als Fortsetzung unserer manchmal so heftigen Debatten über Ihre dichterischen Schöpfungen nehmen und als Be­weis, daß mein Interesse an Ihren Arbeiten das gleiche ge­blieben ist.

Nun zu etwas anderem. Ich bin, einem alten Prinzipe

(d. i. Gewohnheit) getreu, etwas später von Leipzig zu­rückgekommen. Diesmal freilich ohne Schuld, weil die Ei­senbahnverbindung wegen Hochwassers völlig abgesperrt war. Mir war das eigentlich persönlich gar nicht unange­nehm, denn ich habe dadurch meine Arbeiten um ein we­sentliches vorwärtsgebracht. Meine «Ästhetik» geht, wie Sie sich denken können, nicht von Seite j bis . . . weiter, sondern ich arbeite, je nachdem mir dieses oder jenes nahe-liegt, ein oder das andere Kapitel aus, auf daß sich dann das Ganze zusammenschließe. Gegenwärtig beschäftigt mich

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die «Idee des Tragischen» und das «Prinzip des Naturalis­mus in der Kunst». Wenn Sie mir schreiben, daß und wann Ihnen das recht ist, schicke ich Ihnen dieses letztere Kapitel zum Durchlesen. Ich hoffe, es in etwa acht Tagen beendet zu haben.

Meine «Märchen»-Exegese habe ich vorläufig zurückle­gen müssen, weil mir in der Lektüre etwas sehr Wichtiges aufgestoßen ist, das ich noch gehörig durcharbeiten muß, bevor ich weiter kann. Darüber kann ich aber jetzt noch gar nichts weiteres sagen. Soviel ist sicher: Goethes ganzes Glaubensbekenntnis liegt in diesem Märchen, - und man kann es nicht erklären, ohne gewisse Dinge durchgemacht zu haben, die in der Zeit von 1790-1820 in Deutsch­land still und unsichtbar sich abspielten. Ich bin auf einer ganz besonderen Spur. Doch davon zu Ostern mündlich mehr.

Auf meinem Tische liegen wohl dreißig oder mehr Schrif­ten über Fichte. Ich möchte sehr gerne zu dem Schriftstel­ler-Jubiläum* dieses von mir immer höher geschätzten Gei­stes etwas Gründliches zustande bringen. Heute früh hat mich eine Stelle von ihm geradezu in Entzückung gebracht: «Denn das Leben ist Liebe, und die ganze Form und Kraft des Lebens besteht in der Liebe und entsteht aus der Liebe. -Ich habe durch das soeben Gesagte einen der tiefsten Sätze der Erkenntnis ausgesprochen, der jedoch, meines Erach­tens, jeder nur wahrhaft zusammengefaßten und ange­strengten Aufmerksamkeit auf der Stelle klar und einleuch­tend werden kann. Die Liebe teilet das an sich tote Sein gleichsam in ein zweimaliges Sein, dasselbe vor sich selbst hinstellend, und es vereiniget und verbindet innigst die Liebe das geteilte Ich, das ohne Liebe nur kalt und ohne alles Interesse die Welt anschauen würde.» Wer so etwas nicht tot mit dem Verstande versteht, sondern lebendig zu erfassen vermag, der lebt ein ganz eigenes Leben. Und nur,

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* Dezember 1891.

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wer das vermag, der versteht die Freiheit, die ich so gerne zum Angel- und Einheitspunkt meines ganzen Philosophie­rens machen möchte. Es ist mir ganz merkwürdig, wie Fichte und Goethe von zwei Seiten sich hinanarbeiten und auf der Höhe sich in Vollkommenheit begegnen. Ich glaube, meine Zeit ganz gut zu verstehen, wenn ich sage: Fichtes und Goethes Idealismus muß in einer Art Freiheits-philosophie seine letzte Frucht tragen. Denn das Korrelat jenes Begriffes bei beiden ist die «Freiheit».

Bei meinen obigen Worten «Vor mir liegen wohl dreißig Schriften über Fichte» höre ich Sie fast auflachen, denn nun denken Sie: das mag wohl heillos aussehen. Ich versichere Ihnen aber: es sieht bei mir jetzt zumeist so «gründlich ge­macht» aus, daß ich verdrießlich werden könnte. Mein Auf­wärtermädchen - oder wie so etwas heißt - räumt so «gründlich» zusammen, daß ich oft lange suchen muß, bis ich etwas finde. Die Bücher ordnet sie natürlich sorgfältig nach der Größe. Ich darf aber gegen diese Ordnung gar nichts haben, denn hier in Weimar geht alles in strengster Ordnung, und es wird mir «ordnungsgemäß» jeder Besuch erwidert, den ich mache. Und sollte ich denn auch hier «als der schlampigste Mensch» gelten, «den es gibt»!?

Neulich habe ich hier die Oper «Der Barbier von Bag­dad» gesehen, die außergewöhnlich interessant ist. Man ist jetzt auch hier gar nicht mehr so spröde wie damals, als die Oper zum ersten Male aufgeführt wurde.

Gegenwärtig gastiert Fräulein Haverland hier, deren künstlerische Leistungen für mich nicht ohne Interesse sind. Unter aller Kritik jedoch finde ich die Theater in Leip­zig. Das war zum Davonlaufen.

Daß Ihr Gedicht, von Wagner vorgetragen, gefallen hat, freut mich außerordentlich. Schicken Sie mir doch, wo möglich, das Gedicht.

Mein Urteil über Speidels Feuilleton müssen Sie nicht se­riös nehmen. Sie wissen ja, daß ich «Die Ehre» selbst nicht kenne, sondern nur Stoff und Inhalt, und daß daher meine

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Ansicht über eine Kritik darüber möglicherweise sehr schief sein kann. Die Geschichte, die Sie in Ihrem Briefe erzählen, ist immerhin bemerkenswert.

Über Bergers Vortrag schreibt mir auch Schröer Gutes. Bemerkenswert ist, was in dem Feuilleton der «Neuen Freien Presse» von gestern über das Stück gesagt ist. Daß Was ich Ihnen nun noch sagen will, ist, daß mir nun auch Eck geschrieben hat. Einen inhaltreichen, vielsagenden Brief. Haben Sie ihn noch nicht gesehen?

Schreiben Sie mir nun doch recht bald wieder. Ich lechze ja nach allem, was von Wien kommt. In diesen Tagen .schreibe ich auch Hansel und Ihren Brüdern. Mit diesem aber will ich abschließen und Ihnen nur noch die Bitte bei­fügen, mich Ihrer lieben Familie, vor allem aber auch Brülls, Schwarz', Strisowers usw., ferner nach Gelegenheit Bieder-mann, dem Fräulein Herzfeld, Christel, Heidt, Kitir be­stens zu empfehlen.

Mit esoterischem Händedruck

Ihr Steiner

Als ich neulich an Naumburg vorüberfuhr, kam mir leb-haft die Erinnerung an Nietzsche. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, daß das «klassischgebildete» Weimar den ganzen Nietzsche-Rummel verschlafen hat. Bitte, schreiben Sie mir doch auch, was von den furchtbaren Geschichten, die die Zeitungen über das Wiener Burgtheater bringen, wahr ist.

#SE039-040

#TI

267. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 30. November 1890

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Am liebsten schriebe ich Ihnen schon heute bündige Nachricht über das Schicksal Ihrer Schriften. Aber ich habe sie selbst noch nicht. Ich habe die Sachen mit den vorge­schriebenen kurzen Inhaltsangaben versehen und an Pro­fessor Kürschner geschickt, von dem ich gegründete Überzeugung habe, daß er auf meine Bitte alles für die Sache tut, was er bei seinen reichen Verbindungen und dem großen Verlage, dem er als literarischer Direktor vorsteht, tun kann. Ich habe aus einer sechsjährigen Verbindung mit die­sem Manne die obige Überzeugung gewonnen. Sie werden freilich bald zu der Ansicht kommen, daß kaum irgendwo mehr Geduld notwendig ist als in der literarischen Welt.

Und nun zur Beantwortung Ihres lieben Briefes, der lei­der nur schon zu lange unbeantwortet geblieben ist. Verzei­hen Sie diese Länge, ich werde nie mehr so lange auf eine Antwort warten lassen. Und nun gleich in mediam rem.

Dieses aber ist in unserem Falle Ihre Ansicht über den Materialismus. Sie werden mich gewiß immer auf Ihrer Seite finden, wenn Sie behaupten, es seien zwei grundver­schiedene Organisationen des menschlichen Geistes anzu­nehmen, «deren Erkenntnisgebiete streng gesondert sind». Nur verlange ich, daß man stets dieser Sonderung einge­denk bleibt und nicht mit der Organisation für die materia­listische Ansicht sich in jenes Gebiet begibt, das nur für die entgegengesetzte Organisation zugänglich ist. Der Materia­lismus hat gewiß eine eingeschränkte Berechtigung. Es ist ebenso wahr, daß es einen Materialismus geben muß, wie es wahr ist, daß es eine Materie gibt. Unrichtig und widersin­nig aber ist es, die materialistische Denkweise dahin zu tra­gen, wo - ich möchte sagen - der Geist greifbar wird. Der bornierteste der gegenwärtigen Physiologen, Emil Du Bois-Reymond, hat einmal gesagt, wenn wir erst wüßten, wie die

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Materie denkt, dann könnten wir alle Welträtsel lösen. Ich will diese allem gesunden Denken geradezu ins Gesicht schlagende Behauptung doch einmal hypothetisch voraus­setzen und zeigen, wie wir, selbst wenn wir jenes wüßten, erst recht nichts davon hätten. Nehmen wir an: die Materie denke, d. h. mit anderen Worten, die Materie spaltet sich, legt sich auseinander in sich und in ihr Produkt, den Gedan­ken. So haben wir das Subjekt Materie und das Objekt, den Gedanken. Nun entsteht die weitere Frage: Was ist der In­halt des Gedankens? Da es unter jener Voraussetzung ein Wirkliches außer der Materie nicht gibt, so kann der Ge­dankeninhalt nur wieder Materie sein. So wären wir denn dabei, die Materie bringt denkend wieder Materie hervor. Nun frage ich jemanden, wie er auf diesem Wege überhaupt zu einer Ansicht kommt. Ich habe oben die Spaltung in Subjekt und Objekt vorgenommen. Subjekt ist die Materie; Objekt der Gedanke, der aber sich nur wieder als Materie entpuppt. Wir haben also die Materie zum Subjekt und Ob­jekt zugleich, d. h. wir sind in ihr sitzengeblieben. Der Ma­terialismus ist eben eine ganz sterile Weltansicht, und wenn er doch zu einem Inhalt kommt, so rührt das davon her, daß er diesen aus anderen Auffassungsweisen entlehnt und in seinem Sinne umdeutet.

Wenn Sie nun sagen, Sie seien in «jene objektive Betrach­tungsweise verstrickt, die Nietzsche aus einer verkehrten Anwendung historischer Studien herleitet», so fände ich es gerade von dem Standpunkt dieser objektiven Betrach­tungsweise als ungerechtfertigt, einer so exklusiven An­schauung zuzustimmen, wie sie der Materialismus ist. Denn exklusiv ist der Materialismus jedenfalls, weil er die Welt des Geistes einfach verneint. Eine solche Einseitigkeit fällt dem Idealismus durchaus nicht bei. Dieser anerkennt die Materialität, weil er sehr wohl einsieht, daß es eine Form des Seins gibt, die den Geist raumzeitlich unter Negation der Ideenform widerspiegelt. Der Idealismus sieht in der Materialität das notwendige Korrelat des Geistes, das diesen

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begleiten muß wie der Schatten den Wanderer. Und wie es unmöglich ist, aus dem Schatten das schattenwerfende Ob­jekt zurückzukonstruieren, nämlich dem Inhalte, nicht der Form nach* - ebenso ist es unmöglich, aus der Materie den Geist aufzubauen. Und nun komme ich zum eigentlich Langeschen Theorem. Darnach soll unser Geist so organi­siert sein, daß er die Welt der Wirklichkeit notwendig mate­rialistisch, d. i. im Falle Langes atomistisch erklären muß. Nun bitte ich Sie, mit mir den Gedankengang Schritt für Schritt zu verfolgen. Lange sagt: Wir können die Welt nur so anschauen, wie es der Organisation unseres Geistes ge­mäß ist. Nun ist unser Geist so organisiert, daß er zuletzt auf das Reich der Atome verfällt. Folglich baut er sich die Weltordnung atomistisch auf. Er erklärt alle Erscheinungen und zuletzt sich selbst atomistisch. Wenn jemand einen Preis darauf aussetzte, die eklatantesten Widersprüche auf­zutürmen, die Anhänger Langes müßten diesen Preis unbe­dingt gewinnen. Der Geist ist so organisiert, daß er sich nur materialistisch erklären kann. Ja, woher rührt denn dann überhaupt das Bewußtsein von einem Geiste? Der Geist muß Ungeistiges sehen. Wo soll er denn in dieser Welt, zu der ihn nun einmal seine Organisation verurteilt, sich selbst, also auch seine eigene Organisation, finden? Woher soll der Geist wissen, daß er sich nur so erklären kann, wenn er gar nicht dazu organisiert ist, die Organisation eines Geistes, sondern nur die Konstitution der Materie einzusehen? Wer in aller Welt einen Geist begreifen kann, der von sich selbst einsieht, daß er vermöge seiner Organisation sein eigenes Gegenteil ist, der müßte wohl ein sonderbares Gehirn haben.

Ich bin ein Mensch, der nur dann einer Auffassung zu­stimmen kann, wenn sie vor dem Forum des strengen­

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* Ohne dieses Einschiebsel müßte mich ja Lino einer jämmerlichen Unkenntnis der Deskription zeihen.

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Gedankens sich legitimieren kann. Der Materialismus kann das nicht, weil er sich selbst nie verstehen kann.

Wenn Sie, verehrteste gnädige Frau, sagen, daß der Mate­rialismus lange im stillen fortgewirkt hat und sogar Früchte gezeitigt hat, so frage ich Sie, wo sind diese Früchte? Hat der auf sich selbst gestützte Materialismus wissenschaftliche oder künstlerische Epochen der Menschheit auf die Ober­fläche gebracht? Sind nicht die materialistischen Epochen in der Geschichte immer die unfruchtbarsten gewesen? Be­zeichnen Plato und Aristoteles oder bezeichnet Demokrit die Blüte griechischer Weisheit? Hat Goethe, der den Mate­rialismus haßte bis zum Exzeß, oder hat Holbach die altge­wordene Menschheit des achtzehnten Jahrhunderts neu verjüngt? Sie sagen: «Macht uns nicht die Gewißheit, daß es wieder Tag werden wird, auch die Nacht zur Freundin?» Ich bestreite die Richtigkeit dieses Vergleiches. Der Mate­rialismus verhält sich nicht zum Idealismus wie die Nacht zum Tag. Ich möchte die metaphorische Frage anders stel­len: Muß ich, um einzusehen, daß ein Winterrock vorteil­haft ist, mich eine Stunde einer eisigen Kälte aussetzen? Sie sagen im weiteren Verlaufe Ihres Briefes: «So bestätige ich selbst, was ich doch gerne leugnen möchte: dort, wo man tätig, wirkend, mächtig sein will, darf man nicht objektiv sein. Ich komme immer mehr zur Einsicht, daß das Streben nach Objektivität im Indifferentismus endigt und daß schließlich die Reflexion das Handeln unmöglich macht.» Ich kann das nicht zugeben, weil die Objektivität der Be­trachtung, die Handlung dem Willen angehört. Wenn ich in irgendeiner Weise handelnd in die Weltordnung ein­greife, so ist mein Handeln etwas ganz Bestimmtes, Indivi­dualisiertes, das von partiellen Bestimmungen des Weltpro­zesses abhängt und nicht von den allgemeinen, unbeding­ten, die der Betrachtung zur Grundlage dienen. Ich kann ganz gut einsehen, daß irgendeine Handlung - und es gilt dies von jeder Handlung - unvollkommen ist, wenn ich sie im Zusammenhang mit den höchsten Prinzipien des Daseins

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betrachte, dennoch aber kann mir klar sein, daß ich nach den individualisierten Voraussetzungen nur diese Handlung und diese nur so vollbringen kann. Dies beein­trächtigt meine Freiheit gar nicht. Wenn ich handle, gehen mich die allgemeinen Prinzipien des Wissens gar nichts an, sondern nur die Antezedenzien meines Handelns. Diese Prinzipien verhalten sich zu meinem Handeln so wie die Gesetze des Verdauungsprozesses zu diesem letzteren selbst. Niemand kann nach physiologischen Gesetzen ver­dauen, wenn er sie auch bis ins kleinste hinein kennte. Wir müssen die Bestimmungsgründe unseres Willens streng von den Prinzipien der Ethik trennen. Ich gebe zu - daß es sehr schwer ist, diese beiden Dinge auseinanderzuhalten.

Es muß aber doch geschehen, wenn Klarheit in die Sache kommen soll. In jedem anderen Gebiete ist dies Auseinan­derhalten leichter, weil der Schauplatz, auf dem die Gesetze walten, ein anderer ist als der, wo sie erscheinen. Wenn ich die Gesetze der Planetenbewegung betrachte, so weiß ich genau: die Sache, welche diesen Gesetzen unterliegt, ist au­ßer mir im Raume, die Gesetze aber kommen in meinem Geiste zur Erscheinung. Hier verwechselt niemand Sache und Begriff. Anders ist es bei meinem Handeln. Hier spielt sich Sache und Erkenntnisprozeß auf dem gleichen Schau­platz ab innerhalb meines Bewußtseins. Das menschliche Individuum, das handelt, ist zugleich der Betrachter dieser seiner Handlungen. Aber deshalb muß doch Sache und Be­griff auseinandergehalten werden. Ich bin eben nicht eine abstrakte Einheit, in der alles verschwimmt, sondern eine lebendige Einheit eines individuellen besonderen Ichs, das in einer gewissen Zeit- und Raumsphäre lebt und eines all­gemeinen, reflektierenden Ichs, das unbeschränkt, raum-und zeitlos ist. Wer wie Hamlet beide Ich konfundiert, der kommt erstens nicht zum Handeln, zweitens nicht zum Verständnis seiner selbst. Daß im Hamlet diese beiden Ich im Kampfe liegen, darinnen besteht das Tieftragische seines Charakters. Dabei aber bleibt die Freiheit doch voll bestehen.

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Denn ich wäre nur in dem Falle unfrei, wenn ich in einem besonderen Fall dazu käme, nach den allgemein-ethi­schen Prinzipien zu handeln und dieses nicht könnte. In dieser Lage bin ich aber nie, denn meine Aufgaben werden mir von der Zeit und dem Orte gestellt, in der und an dem ich lebe; nicht von der Ethik. Daß ich jetzt diesen Brief schreibe, ist eine Folge davon, daß wir uns kennengelernt, uns freundschaftlich zugetan sind, daß Sie den Austausch der Gedanken in dieser Richtung wünschen, daß Sie mir geschrieben usw. Und weil das alles vorhergegangen, ent­schließe ich mich aus freiem Willen, Ihnen diesen Brief zu schreiben. Nun kann doch diese Betrachtungsweise auf jede Handlung des Menschen angewendet werden. Dann löst sich aber doch der Sie quälende Widerspruch vollständig. Mir ist es ganz unmöglich, anders zu sehen. Ich bitte Sie dringend, schreiben Sie mir, was für Zweifel Ihnen nach diesen meinen etwas weitschichtigen Auseinandersetzun­gen noch bestehen bleiben. Ich werde sogleich antworten, denn bei dem Umstande, daß ich genau weiß, daß Ihre Geistesrichtung mit der meinigen auf das vollständigste übereinstimmt, beängstigt mich jede Meinungsverschie­denheit. Wenn Sie mit mir in irgendeiner Frage verschie­dener Ansicht sind, so rührt das nicht von einer verschie­denen geistigen Organisation, sondern nur von dem Um­stand her, daß wir uns über den fraglichen Punkt nicht bis zur vollen Verständigung klar genug ausgesprochen haben.

Sie haben sehr Unrecht getan, daß Sie in Ihren lieben Brief den Satz einfügten: «Und ich unterließ es nur in dem Wunsche, nicht den Schein der Aufdringlichkeit auf mich zu laden.» Da habe ich Sie einen Augenblick lang nicht verstanden. Wer mich kennt, dem sollte ein solcher Wunsch gar nicht kommen. Es gibt Beziehungen zwischen Men­schen, die solche Worte wie Aufdringlichkeit gar nicht mehr in ihrem Lexikon haben. Ich freue mich doch so innig über jedes neue Lebenszeichen. Vergelten Sie mir nur nicht

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Gleiches mit Gleichem und lassen Sie mich nicht vier Wo­chen auf eine Antwort warten.

Daß Ihr Gemahl mit der darstellenden Geometrie solche Mißhelligkeiten hat, ist recht bedauerlich. Nur glaube ich, geht er in der Gewissenhaftigkeit zu weit. Man muß sich in einem solchen Falle immer vor Augen halten, daß eigentlich doch von der größeren oder geringeren Vollendung eines fortlaufenden Vortrags wenig für die Zuhörerschaft folgt. Wenn sie mir nämlich schreiben, Lino habe Bedenken, daß «er nicht gut, nicht selbständig genug die Vorträge ausgear­beitet habe», so finde ich diese Bedenken hyperkasuistisch. Denn dies ist eine Forderung, die niemand erheben darf Unterlassen Sie doch nicht, mir auch zu schreiben, ob die peinvollen Stunden, die ihm diese neue Aufgabe gebracht hat, nun schon geschwunden sind. Grüßen Sie ihn von mir auf das allerherzlichste, und seien Sie selbst gegrüßt von

Ihrem

Rudolf Steiner

Meine Photographie - freilich eine Weimarer - erhalten Sie demnächst.

#TI

268. AN KARL JULIUS SCHRÖER

#TX

Weimar, 30. November 1890

Hochgeschätzter Herr Professor!

Es ist wohl durchaus nicht anzunehmen, daß Goethes Vater an seinen Sohn nicht geschrieben habe. Aber bei der sorgfältigen Art, mit der Goethe alles vernichtet hat, was an Briefen aus seiner vor-italienischen Zeit vorhanden war, ist es nur zu erklärlich, daß wir von dem Briefwechsel mit sei­nem Vater gar nichts haben. Hier wenigstens weiß niemand über Goethes Vater etwas. Das einzige sind die Briefstellen

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aus den bereits erschienenen Bänden der Briefausgabe, die ich Ihnen hiemit mitteile. (Die größeren Zahlen bedeuten immer die Seiten, die nebenstehenden kleinen die Zeilen von oben nach unten gezählt.)

I. Band: 722, 1224, 2016, 2212, 2624, 283,4,15, 313, 3216,17,21,

3423, 3516, 4323, 4717, 50 1f, 534,5,13,6816, 7321, 78,

7922, 81 18, 99 12f., 10724, 111 8f., 11721,1446,1604,

l8Oio, 18223, 20527, 22612, 2593, 2686.

II. Band: 312, 3020, 3513, 19f., 4216, 6319, 6514, 10128, 104 4f.,

135 6, 14, 1772, 22022, 26514, 27623, 27818, 280 22f.,

2965.

III. Band: 2 2f., 11,20f., 1418, 1520, 306, 37 13ff., 40 2f., 5023, 111 13, 118 16,144 9,161 13.

IV. Band: 50 3ff., 6017, 62 13f., 8818, 275 16f., 323 21.

V. Band: 181 2.

VI. Band: 56,9721.

Ich entnehme diese Angaben dem in Vorbereitung be­findlichen Register zu den sieben ersten Briefbänden. Da dieses Register erst in einiger Zeit erscheinen wird, so könn­ten Ihnen vielleicht diese Verweise einstweilen nützlich sein.

Ein Aufsatz von mir für die «Chronik» ist fertig. Da aber

der Goethe-Papst (Prof. Suphan) eben in Berlin ist und ich verpflichtet bin, ihm alles vorzuweisen, was ich wäh­rend meines Hierseins über Goethe schreibe, so dürfte er vielleicht erst in drei bis vier Tagen abgehen können. Wenn nicht in der Dezember-Nummer, so wird er aber gewiß in der Jänner-Nummer erscheinen können.

Ich arbeite intensiv an dem ersten Bande der morphologi­schen Schriften. Ich bin überzeugt, Sie werden viele Freude haben, wenn Sie dem neuen Material gegenübertreten wer­den. Wenn auch vieles fragmentarisch ist, so ist doch der große Zusammenhang durchaus kenntlich. Wenn ich nur den Plan, den ich für die Herausgabe habe, durchbringe,

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dann soll alles so übersichtlich als möglich sein. Allein Sie glauben wohl nicht, wie Goethe hier verbureaukratisiert (verzeihen Sie die barbarische Wortbildung für eine jeden-falls noch viel barbarischere Sache) wird. Zum Glück fand ich ein von Goethe selbst herrührendes Schema für die An­ordnung der morphologischen Sachen vor, und da darf ich wohl hoffen, daß ich mit diesem Dekret in der Hand den Widerstand der Redaktoren brechen kann. Ich denke, Sie, mein geschätzter Lehrer, stimmen mir wohl zu, wenn ich sage: wo Goethes eigene Intentionen irgendwie gewußt werden können, sind sie unbedingt zu beobachten.

Und nun will ich Ihnen im Vertrauen einiges Charakteri­stisches mitteilen. Zuerst eine Stelle, die uns unmittelbar dahin erhebt, was Goethe will: «Hier aber werden wir vor allen Dingen bekennen und aussprechen, daß wir mit Be­wußtsein uns in der Region befinden, wo Metaphysik und Naturgeschichte übereinandergreifen, also da, wo der ern­ste treue Forscher am liebsten verweilt. Denn hier wird er durch den Zudrang grenzenloser Einzelheiten nicht mehr geängstigt, weil er den hohen Einfluß der einfachsten Idee schätzen lernt, welche auf die verschiedenste Weise Klarheit und Ordnung dem Vielfältigen zu verleihen vermag.

Indem nun der Naturforscher sich in dieser Denkweise bestärkt, im höhern Sinne die Gegenstände betrachtet, so gewinnt er eine Zuversicht und kommt dadurch dem Erfah­renden entgegen, welcher nur mit gemessener Bescheiden­heit ein Allgemeines anzuerkennen sich bequemt. -Wir leben in einer Zeit, wo wir uns täglich mehr angeregt

fühlen, die beiden Welten, denen wir angehören, die obere und die untere, als verbunden zu betrachten, das Ideelle im Reellen anzuerkennen und unser jeweiliges Mißbehagen mit dem Endlichen durch Erhebung ins Unendliche zu be­schwichtigen. Die großen Vorteile, die dadurch zu gewin­nen sind, wissen wir unter den mannigfachsten Umständen zu schätzen, und sie besonders auch den Wissenschaften und Künsten mit kluger Tätigkeit zuzuwenden.

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Nachdem wir uns nun zu dieser Einsicht erhoben, so sind wir nicht mehr in dem Falle, bei Behandlung der Naturwis­senschaften die Erfahrung der Idee entgegenzusetzen; wir gewöhnen uns vielmehr, die Idee in der Erfahrung aufzusu­chen, überzeugt, daß die Natur nach Ideen verfahre, inglei­chen daß der Mensch in allem, was er beginnt, eine Idee verfolge.»

In unserem Verhalten zur Natur unterscheidet Goethe vier Arten von Menschen: die Nutzenden, die Wißbegieri­gen, die Anschauenden und die Umfassenden. Er charakte­risiert diese vier Arten des Verhaltens folgendermaßen:

«1. Die Nutzenden, Nutzen-Suchenden, Fordernden, sind die ersten, die das Feld der Wissenschaft gleichsam um­reißen, das Praktische ergreifen; das Bewußtsein durch Er­fahrung gibt ihnen Sicherheit, das Bedürfnis eine gewisse Breite.

2. Die Wißbegierigen bedürfen eines ruhigen, uneigen­nützigen Blickes, einer neugierigen Unruhe, eines klaren Verstandes und stehen immer im Verhältnis mit jenen; sie verarbeiten auch nur im wissenschaftlichen Sinne dasjenige, was sie vorfinden.

3. Die Anschauenden verhalten sich schon produktiv, und das Wissen, indem es sich selbst steigert, fordert, ohne es zu bemerken, das Anschauen und geht dahin über, und so sehr sich auch die Wissenden vor der Imagination kreu­zigen und segnen, so müssen sie doch, ehe sie sichs verse­hen, die produktive Einbildungskraft zu Hilfe rufen.

4. Die Umfassenden, die man in einem stolzern Sinne die Erschaffenden nennen könnte, verhalten sich im höchsten Grade produktiv, indem sie nämlich von Ideen ausgehen, sprechen sie die Einheit des Ganzen schon aus, und es ist gewissermaßen nachher die Sache der Natur, sich in diese Ideen zu fügen.»

Dieses vorläufig über Goethes Absichten bei seiner Na­turforschung.

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Eben komme ich von Leipzig zurück, wo ich einige Tage war, um einiges auf der Universitätsbibliothek einzusehen. Da finde ich denn Ihre Karte vor, die mir ein neues Übel in Ihrer Familie berichtet. Möchte doch ein gütiges Geschick Sie bald wieder dahin bringen, daß Sie alle Ihre Lieben ge­sund und Ihre Umgebung froh sehen!

Ich möchte sehr gerne während dieses Winters einen Vortrag im Goethe-Verein halten. Im Dezember wird es aber kaum gehen. Ich hätte es so gerne zustande gebracht, bin aber gegenwärtig so sehr in bezug auf meine Geldmittel in anderer Weise in Anspruch genommen, daß es mir wohl unmöglich sein wird, schon im Dezember die ja relativ doch immerhin kostspielige Reise nach Wien zu machen. Später aber wird es ganz gut gehen. Ich sage Ihnen dieses ganz offen, weil ich sonst ja sehr gerne nach Wien kommen möchte. Freilich kommt dazu der Grund, daß man es hier nicht gerne sehen würde, wenn ich längere Zeit meine Ar­beiten unterbräche. Jedenfalls teile ich Ihnen meine Reise nach Wien zur rechten Zeit mit.

Exz[ellenz] v. Loeper (auch Prof. Suphan) lassen Sie be­stens grüßen. Die Großherzogin ist gegenwärtig in Hol­land. Und nun mit den besten Wünschen für Ihre und Ihrer Angehörigen Gesundheit

in aller Treue

Ihr

Steiner

#TI

269. AN FRIEDRICH ECKSTEIN

#TX

Weimar, [Ende] November 1890

Lieber, verehrter Freund!

Wie sehr ich Ihnen für Ihre beiden Briefe dankbar bin, könnte ich im Augenblicke wohl schwer schildern. Ich möchte Ihnen aber doch einmal eines sagen, was mich

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drängt, Ihnen zu sagen: Es gibt zwei Ereignisse in meinem Leben, die ich so sehr zu den allerwichtigsten meines Da­seins zähle, daß ich überhaupt ein ganz anderer wäre, wenn sie nicht eingetreten wären. Über das eine muß ich schwei­gen; das andere aber ist der Umstand, daß ich Sie kennen­lernte. Was Sie mir sind, das wissen Sie wohl noch besser als ich selbst; daß ich Ihnen unbegrenzt zu danken habe, das aber weiß ich. Ihr lakonischer Brief «Lesen Sie Jung-Stil­lings Heimweh» wiegt wohl viele dickleibige Schreiben auf. Solch ein Buch lehrt uns den Weg zu dem «Stirb und Werde!» Wissen Sie, daß Jung-Stilling auch einen «Schlüssel zum Heimweh» geschrieben hat?

Merkwürdig ist die Art, wie Goethe Jung gegenüber­stand. Er spricht in seinen Briefen ganz merkwürdige Worte über diesen seinen Freund. Und von Jung getraue ich mir zu behaupten, daß ihm Goethe der sympathischste Mensch war, der ihm je gegenübergetreten.

Nun möchte ich Ihnen aber einige Aussprüche Goethes im Vertrauen mitteilen und Ihre Meinung darüber hören.

«Wir leben in einer Zeit, wo wir uns täglich mehr ange­regt fühlen, die beiden Welten, denen wir angehören, die obere und die untere, als verbunden zu betrachten.»

«In dem Geiste des Schauenden ereignet sich immerfort wechselweise eine sich im Gleichgewichte bewegende Sy­stole und Diastole.»

«Das Wesen der Menschen ist viererlei Art:

1. Die Nutzenden, Nutzen-Suchenden, -Fordernden, sind die ersten, die das Feld der Wissenschaft gleichsam um­reißen, das Praktische ergreifen; das Bewußtsein durch Er­fahrung gibt ihnen Sicherheit, das Bedürfnis eine gewisse Breite.

2. Die Wißbegierigen bedürfen eines ruhigen, uneigen­nützigen Blickes, einer neugierigen Unruhe, eines klaren Verstandes und stehen im Verhältnis mit jenen; sie verarbei­ten auch nur im wissenschaftlichen Sinne dasjenige, was sie vorfinden.

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3. Die Schauenden verhalten sich produktiv, und das

Wissen, indem es sich selbst steigert, fordert, ohne es zu bemerken, das Schauen und geht dahin über, und, so sehr sich auch die Wissenden vor der Imagination kreuzigen und segnen, so müssen sie doch, ehe sie sich's versehen, die pro­duktive Einbildungskraft zu Hilfe rufen.

4. Die Erleuchteten, die man in einem stolzen Sinne die

Erschaffenden nennen könnte, verhalten sich im höchsten Grade produktiv; indem sie nämlich von der Imagination ausgehen, wird ihr Wissen Schaffen, ist ihr ideeller Prozeß der Weltprozeß.»

Ich glaube, Goethe versteht nur der, welcher den Sinn dieser Worte versteht. Mir ist klar, daß Goethe mit seinem «Teilhaftigsein am Weltprozesse» unmittelbar die Selbst-auflösung des Individuums und dessen Wiederfinden im Weltall meinte, die Vergottung des Menschen. Charakteri­stisch für ihn ist in dieser Hinsicht, daß er einmal offen sagte: Ich habe etwas zu hüten als mein Geheimnis, und wer mich von außen sieht, der hat nichts von mir gesehen. Ich weiß von letzterer Stelle nicht genau den Wortlaut, der Sinn aber ist richtig zitiert. Merkwürdig ist, daß Fichte aus persönlichem Umgange mit Goethe die Ansicht gewann, daß letzterer das lebe, was er (Fichte) selbst denke. Daher das unerschütterliche Vertrauen, das Fichte in Goethe setzte, auch noch nach dem unseligen Atheismusstreit.

Kennen Sie Erasmus Francisci «Gegenstrahl der Morgen­röte». Wissen Sie, daß Faust bei Widmann «an hohen Fest­tagen, wann die Sonne zu morgens früh aufging, das crepus­culum matutinum gebrauchte?» Vergleichen Sie Faust (II. Teil) bei seiner Erblindung:

«Die Nacht scheint tiefer, tief hereinzudringen, Allein im Innern leuchtet helles Licht»

mit Hamanns Worten: «Je mehr die Nacht meines Lebens zunimmt, desto heller wird der Morgen im Herzen.»

Nicht ohne Interesse werden Sie das Lied im Divan (Hempel, Band IV, S. 160 ff.): «Wiederfinden» lesen.

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In einem nächsten Briefe hoffe ich Ihnen Interessantes über das «Märchen von der grünen Schlange» mitteilen zu können. Es sind Deutungen aus Goethes Umgebung da, die von ihm selbst zusammengestellt erhalten sind. Ich habe sie nur noch nicht sehen können.

Nun bitte ich Sie nur noch: grüßen Sie mir unseren lieben Kreis, zu dem in treuer Anhänglichkeit wie zu Ihnen selbst auch

verharrt

Ihr Steiner

NACHSCHRIFT

Es gibt eine Handschrift des Gedichtes «Wiederfinden» (im Westöstlichen Divan), welche zwischen der dritten und der tiefesoterischen vierten Strophe noch folgendes einge­schaltet enthält:

«Denn das Oben und das Unten

Ward zum ersten Mal geschaut,

Unter freiem Himmelsrunde

Tief der Erde Schoß erbaut.

Ach, da trennte sich für immer,

War doch der Befehl gescheh'n!

Feuerwasser in den Himmel,

Wellenwasser in die Seen.»

Es muß uns doch etwas ganz Besonderes bedeuten, wenn Goethe z. B. 13. Mai 1780 in sein Tagebuch schreibt: «Es offenbaren sich mir neue Geheimnisse.»

Unter dem 24. November 1807 lese ich im Tagebuch:

«Alchymie aus dem Gothaischen Bande: Artis auriferae Vol I.» Unter dem 25. November: «Nach Tische Roger Bacons . Nachher die anderen vorgedruckten alchymistischen Sachen.»

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Unter dem 17. Mai 1808: «Systole und Diastole des Welt­geistes.»*

Dies alles sind mir fortlaufende Beweise dafür, daß Goethe ein Esoteriker in des Wortes bester Bedeutung war.

In dem noch nicht veröffentlichten Tagebuche von 1812 findet sich aber auch direkt die Bemerkung: «Exoterisches und Esoterisches.»

Meine Ansicht ist die, daß für Goethe Systole und Dia­stole die fortwährende Auf- und Abbewegung war, in der er sich zwischen Oben und Unten befand. Gerne wüßte ich, wie Sie sich dazu stellen.

Herzlichen Dank für Ihre Erklärung der Stelle in der «Braut von Korinth», und herzliche Grüße an unseren gan­zen Kreis von Ihrem

treuen

Steiner

- - -

* Es ist dies dieselbe Systole und Diastole, von der Goethe sagt: sie regieren alles menschliche Wesen «wie die Pendelschläge die Zeit».

#TI

270. AN RUDOLF SCHMIDT

#TX

Weimar, 5. Dezember 1890

Hochgeschätzter, lieber Herr Dr. Schmidt!

Vor allen anderen Dingen sage ich Ihnen vielen Dank für Ihren lieben Brief; nicht weniger auch Ihrer verehrten Frau für die freundlich angefügten Grüße von ihr und von dem «vierbeinigen Goethe». Ich war über das Gedenken der ganzen Familie herzlich erfreut und dachte: wie schade es doch ist, daß Sie Ihre Gattin und den kleinen Olympier nicht mit nach Weimar gebracht haben.

Die Art, wie Sie Ihren großen Erfolg in Dresden auffas­sen, ist für diejenigen, die das Glück hatten, Sie kennen und

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schätzen zu lernen, gewiß die erhebendste. Aber - glauben Sie mir - für Deutschland hat dieser Erfolg nicht minder eine ganz besondere Bedeutung. Er ist ein lebendiger Beleg dafür, daß in einer Stadt wie Dresden sich i 500-1600 Men­schen noch genug Idealismus und Empfindung für wahr-hafte Poesie bewahrt haben aus dem Sumpfe der ästheti­schen Zerfahrenheit, in der wir - in Deutschland - stecken. Nur diese ästhetische Zerfahrenheit, die in einer furchtba­ren geistigen Indolenz wurzelt, hat es möglich gemacht, daß Ibsen jenen Anhang gewonnen hat, den er nun einmal eben hat. Man möchte aufjauchzen bei dem Gedanken, daß Ihr «Verwandelter König» mit seiner Tiefe und schönen poeti­schen Form solche 1500 bis 1600 «Mitwisser» hat heranzie­hen können. Denn hier Mitwisser zu sein, bedeutet viel und bedeutet vor allem die Fähigkeit der Erhebung in die edlen Regionen des Idealismus. Ich wünschte nur, daß das Gebiet dieser «Mitwisser» sich immer mehr und mehr erweitere. Dann wäre auch der Boden gewonnen, die herrlichen Ideen Rasmus Nielsens einem deutschen Publikum zugänglich zu machen. Soweit es mir bis jetzt möglich war, vorzudringen in den Werken dieses Geistes, habe ich es getan und dabei die Empfindung gewonnen, wie recht Sie haben, wenn Sie Rasmus Nielsen den «begabtesten Mann» nennen, «der in einer bestimmten Epoche auf der Erde lebte».

Sie können sich aber auch denken, wie brennend meine Begierde ist, unter solchen Umständen ganz und voll in alle Tiefen dieses Geistes einzudringen. Denn mir ist es -das darf ich wohl sagen - immer aufrichtig um die Wahrheit zu tun. Außerdem finde ich durch meine eigene Denkrichtung so viel auf dem Wege, der in Nielsens Anschauung führt, vorgezeichnet, daß auch daraus für mich reichliche Befrie­digung fließt. Daß zuletzt alle Philosophie der große Mono­log sein müsse, den das menschliche Selbstbewußtsein hält, um sich selbst, und damit die Welt, zu verstehen, schien mir von jeher klar. Daß man aber, von dieser Vorausset­zung ausgehend, vom Wissen und nicht vom Sein beginnen

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müsse, ist einleuchtend. Was uns die wissenschaftliche Ent­wicklung bringen soll, kann nur vom Wissen aus und nicht vom Sein aus erreicht werden.

Die mir aufgetragenen Grüße habe ich bestellt. Köhler hat sich über Ihren Dresdener Erfolg außerordentlich ge­freut. Der Arme liegt nun acht Wochen völlig unbeweglich im Bette. Daß ihm dieser Zustand manchmal unerträglich scheint, ist wohl leicht zu begreifen, besonders da ein Ende noch immer nicht abzusehen ist. Er trug mir die herzlich­sten Grüße und besten Glückwünsche an Sie auf. Die Zeilen an Bock habe ich bestellt, allein die guten Leute nicht zu Hause angetroffen. Auch an Wahle und Suphan habe ich Ihre Grüße überbracht, dem ersteren seine Teilnahmslosig­keit für Bajer arg vorgehalten. Er will das nun gutmachen und läßt sich Ihrem vierbeinigen Genossen besonders emp­fehlen.

Die Anzeige Ihres Dresdener Erfolges stand sofort in der «Weimarischen Zeitung». Wenn ich das Blatt noch bekom­men kann, will ich es Ihnen senden; ebenso die gestern abends erschienene Nummer, wo wieder eine Freudenbot­schaft steht. Diesmal die von Ihrem guten Erfolge mit Ih­rem Einakter. Ich habe mich herzlich gefreut, als ich die Nachricht las.

Rosenbergs Abhandlung über Sie mit dem Bilde habe ich leider bis jetzt noch nicht erhalten. Ich möchte sie aber so gerne haben. Vielleicht dürfte ich Sie bitten, die Liebens­würdigkeit zu haben und Rosenberg noch einmal daran zu erinnern. Auch bin ich gespannt auf die Bilder Ihrer ge­schätzten Frau und Ihres Arbeitsgenossen, die Sie mir so freundlichst in Aussicht stellen. Damit nehme ich für heute Abschied von Ihnen, bitte Sie recht sehr, mich Ihrer Frau Gemahlin bestens zu empfehlen und Bajer meinen Gruß zu übermitteln; Sie selbst aber empfangen herzlichsten Gruß von

Ihrem

Rudolf Steiner

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#TI

271. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

#TX

Weimar, 24. Dezember 1890

Hochgeschätzte gnädige Frau

und verehrtester Herr Specht!

Voran stelle ich mein dankbarstes Gedenken an die mich so erfreuende Überraschung, die Sie mir zum bevorstehen­den Weihnachtsfeste bereitet haben. Die schönen Dinge zieren seit diesem Morgen meinen Schreibtisch und werden mir immer, wenn ich mich zur häuslichen Arbeit setze, wie mich grüßend erscheinen von jenen lieben Menschen, in deren Gemeinschaft ich so viele Jahre verlebt habe.

Auch Ihre lieben Zeilen habe ich soeben erhalten, und zwar gerade in dem Augenblicke, da ich den Brief zur Post tragen wollte, in dem ich Ihnen mit einigen Sätzen frohe Weihnachtstage wünschte. Ich zerreiße ihn jetzt, da er ja doch durch diesen schnell überholt wird, freilich auf die Gefahr hin, daß sich dadurch meine Wünsche auf recht fröhliche Weihnachten etwas zu spät einfinden. Jedenfalls aber sind sie allerherzlichst gemeint, ebenso wie der Dank, den ich Ihnen hiemit aus tiefstem Innern für die Ihrigen sage.

Nicht minder dankbar bin ich Ihnen für den warmen An­teil, den Sie fortdauernd an mir und meinen Arbeiten neh­men. Zu Anfang der nächsten Woche werde ich mein an Richard versprochenes Kapitel über Naturalismus und Kunst senden. Es wird mir eine ganz besondere Freude sein, wenn dieser Aufsatz, der einen Teil meiner «Ästhetik» bildet, auch Sie interessiert; ich habe in denselben viel von den Ge­danken hineingelegt, die seit Jahren meine innerste Uber­zeugung über den Lebensnerv der Kunst geworden sind. Es ist aber nicht gerade leicht, hier vollständig klar zu werden, da ja die «Modernen» so viel Unklarheit geschaffen haben, daß vielfach die Begriffe nicht nur fehlen, sondern - was viel schlimmer ist - eine karikierte Gestalt bekommen haben.

Endlich danke ich Ihnen ganz besonders, daß Sie so lie­benswürdig waren, meine auf die Zensuren der Kinder so

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gespannten Erwartungen so bald, nachdem die Würfel ge­fallen waren, zu befriedigen. Ich ersehe aus Ihrem freundli­chen Berichte, daß der Stand der Erfolge sich im wesentli­chen nicht viel geändert hat. Ein paar Grade auf oder ab in der Notengebung machen ja schließlich nicht so viel aus, und auch Sie werden ja mit den Ausweisen nicht unzufrie­den sein. Wenn nur Ernstl es im Zeichnen wenigstens zu einem «Genügend» bringen könnte; da doch selbst ein für den Gesamtfortschritt nicht weiter in Betracht kommendes «Ungenügend» immerhin das Zeugnis entstellt. Bitte schön: sagen Sie doch den Kindern, daß ich jedem beson­ders im Laufe der Festtage schreibe. Einstweilen mögen sich alle von mir herzlichst gegrüßt halten und meine Wünsche auf frohe Weihnachten entgegennehmen.

Was Ihr Brief von Richard und seinem Stücke enthält, hat mich freudig interessiert. Es ist besonders befriedigend, daß er unbeirrt um das, was die jungen Talente um ihn her beginnen, seinen eigenen Weg wandert. Nur so kann wirk­lich etwas Gutes herauskommen. Mit den Schlagworten der Parteien, ob sie sich auf literarischem oder einem anderen Felde vernehmen lassen, ist ja doch nichts auszurichten. Ich lasse Richard sagen, ich wartete mit Verlangen auf sein Stück und freue mich recht sehr darauf. Er hat mir auch das Gedicht, das in der «Modernen Dichtung» gedruckt war, versprochen. Ist dasselbe schon erschienen?

Heute abends werden Sie wohl alle wie immer an diesem Tage bei Hansls Weihnachtsbaum sein; ich denke mit einer gewissen Wehmut daran, daß ich so viele Male an dieser schönen Freudestunde auch habe teilnehmen dürfen. Ich bin für den Abend zu Suphan gebeten, der zwei Knaben hat, von denen mir besonders Martin, der ältere, der in Un­tertertia ist, recht anhänglich ist. Ich habe mit den Buben oft gelernt oder sie sonst versorgt, wenn ihr Vater von hier abwesend war.

Die herzlichen Worte, die Sie mir auf meine Lebensstel­lung bezüglich senden, sind mir ein neuer Beweis Ihrer

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freundschaftlichen Teilnahme an mir. Glauben Sie mir: ich weiß dies zu schätzen und werde es immer. Erhalten Sie mir dieses Wohlwollen und diese gute Gesinnung immer! Wissen Sie aber auch von mir, daß ich Ihnen und Ihrem Hause stets in treuester Freundschaft anhänglich sein werde und daß mich nichts mehr freuen wird, als Gutes von da zu hören.

Mit dieser Versicherung will ich denn meinen heutigen Brief beschließen, nur noch bittend, Ihrer Frau Mutter mei­nen besten Weihnachtswunsch zu überbringen und mich doch baldigst wieder mit einigen Zeilen zu erfreuen.

Nochmals frohe Weihnachten allen

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

272. AN ARTHUR SPECHT

#TX

Weimar, 26. Dezember 1890

Mein lieber, guter Arthur!

Du hast am längsten auf einen Brief von mir warten müs­sen; ich will Dir also heute zuerst schreiben und Dich vor allem anderen bitten, mir wegen des langen Ausbleibens dieser Zeilen nicht böse zu sein und auch dasselbe nicht so aufzufassen, als wenn ich nicht mit allerwärmster Neigung Dir zugetan wäre; aber Du weißt: ich bin einmal ein fauler Briefschreiber, und diese Faulheit scheint zu den Krankhei­ten zu gehören, deren Kur am schwersten ist. Indem ich aber dies einfach damit abtue, daß ich meine Besserung auf diesem Gebiete dem Zukunfts-Koch, der sich darauf ver­legt, als dessen erster Versuchspatient überlasse,* gehe ich gleich darauf über, Dir für Deine lieben, guten Zeilen herz­lich zu danken. Ich ersehe zu meinem aufrichtigen Bedau­

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* Nimm mir den schlechten Witz nicht übel; ich werde in jedem Briefe einen machen, bis sie die Zahl derjenigen erreichen, die Du bei Tische gemacht hast.

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ern, daß Du mit Deinem Stande in der Schule nicht so recht zufrieden bist und daß Du auch in diesem Jahre recht ange­strengt arbeiten mußt. Ich erinnere mich recht wohl daran, wie Du im vorigen Schuljahre oft bis in die Nachmitter­nacht hinein saßest, um Deine Arbeiten zu vollenden, und dabei über Kopfschmerzen klagtest, wenn ich am Tische gegenüber war. Es tut mir sehr leid, daß diese große Menge von Arbeiten Dich auch dieses Jahr drückt. Aus dem Briefe Deiner lieben Mutter ersehe ich aber, daß nun doch Dein Fleiß im geometrischen Zeichnen es so weit gebracht hat, daß Deine Note sogar auf «Vorzüglich» gestiegen ist. Daß Du diese Note auch in Geschichte hast, legitimiert Dich ja auch als fleißigen Menschen, und ich glaube, Deine Ange­hörigen werden da mit mir einer Ansicht sein. Das «Lo­benswert» in Mathematik gefällt mir ganz besonders. Daß Du im Französischen mit einem bloßen «Genügend» da­vongekommen bist, ist wohl nur auf irgendeinen bösen Zu­fall zurückzuführen und wird sich ja wahrscheinlich nicht wiederholen. Also nur Mut, lieber Freund!

Wie geht es Dir gesundheitlich? Was treibst Du sonst? Ich bitte Dich, schreibe mir gelegentlich alles; mich interes­siert jedes Ding, das Dich oder Deine Angehörigen betrifft, und ich freue mich immer, wenn ich eines Eurer Briefe an­sichtig werde.

Hoffentlich verbringt Ihr alle die Weihnachtstage recht gut und verlebt angenehme Ferien bis zu Neujahr! Zum letzteren sende ich Dir von dem ganzen Herzen ein volles «Glückauf»; es möge Dir recht viel Gutes und Schönes bringen.

Ich habe die Weihnachten, so gut es für mich hier mög­lich ist, verlebt und wurde durch manches Zeichen herzli­cher Teilnahme von da und dort erfreut. Ich trug mich auch mit dem Plane, für ein paar Tage nach Berlin zu gehen, fand es aber zuletzt doch angemessener, die Ferien jetzt zu mei­ner Arbeit zu verwenden und bin dageblieben, trotzdem ich eine sehr freundliche Einladung bekommen hatte.

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Deinen Brüdern schreibe ich wohl auch noch heute; grüße sie vorläufig und tue desgleichen bei allen anderen

Angehörigen.

In herzlichster Treue

Dein

Steiner

#TI

273. AN RUDOLF SCHMIDT

#TX

Weimar, 27. Dezember 1890

Verehrtester Herr Doktor!

Voran die Bitte, mein Zögern mit diesem Schreiben gü­tigst entschuldigen zu wollen. Ich wollte Ihnen durchaus sogleich meine Photographie mitsenden; aber der Schlingel von Photographen wird ewig nicht fertig damit, und so kam es, daß ich sogar versäumt habe, Ihnen zum Weihnachtsfe­ste ein herzliches «Glückauf» und «Frohe Festtage» zuzu­rufen; ich will nun aber auch nicht mehr länger warten, sondern die Photographie ein folgendes Mal mitsenden und Ihnen heute ein inniges «Prosit Neujahr» senden. Daß ich dieses Prosit als Neujahrsgruß auch Ihrer geschätzten Frau und dem klugen, auf die solide Spitze einer in sich gegrün­deten Persönlichkeit gestellten Bajer zurufe, bitte ich in meinem Namen auszurichten. Bajers Bild finde ich unge­heuer charakteristisch. In seiner Physiognomie liegt so viel, daß wohl ein jeder, ob er Dichter oder Philosoph ist, etwas herauslesen kann. Ich finde, von meinem Standpunkte äus, das Bild als das eines Philosophen, und zwar möchte ich ihn unter den Deutschen entschieden Fichte am nächsten stellen. Es liegt etwas vom «absoluten Ich» in dieser Physio­gnomie. Diese Augen verraten eine Selbstheit, die nicht so einfach von und durch Natur gesetzt ist, sondern die nach­her durch «absolute Tätigkeit» Selbst gesetzt hat. Es spricht aus seinen Zügen in der behaglichen und klugen Ruhe ent­schieden das: «Ich bin, weil ich bin und bin, was ich bin, schlechthin, weil ich bin.»

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Der gute Erfolg Ihres Einakters macht mir eine unge­heure Freude. Hoffentlich bringt Ihnen das neue Jahr recht viele neue Erfolge und uns ein neues Stück aus Ihrer Feder. Wenn ich an Bajer direkt schreiben könnte, dann würde ich ihn aufhetzen, daß er seinem guten Herrn nicht Ruhe läßt, bis die letzte Szene auf dem Papiere steht. Aber Sie hatten ja die Güte, mir zu schreiben, daß das Stück bereits immer mehr Leben gewinnt, und ich, der ich mit solcher Erwar­tung jeder Ihrer Geistmanifestationen entgegens ehe, knüpfe an diese Stelle Ihres lieben Briefes meine Hoffnungen. Hier erlaube ich mir gleich meinen innigsten Dank für die Zusen­dung Ihres «Grundtvig» auszusprechen. Ich war vorgestern bei Bock und habe dort vorgeschlagen, das Buch in Gesell­schaft zu lesen. Ich werde so auch am besten in die nicht-philosophische Prosa hineinkommen. Bocks Frau hat Ihre Weihnachtskarte erhalten und will Ihnen demnächst schrei­ben. Meine Nielsen-Verehrung wächst mit jedem Kapitel, durch das ich mich hindurcharbeite. Ich komme immer mehr auf das zurück, was Sie mir über Nielsens Bedeutung gesagt haben. Dieser Mann bedeutet geradezu ein Kultur-programm, und ich darf wohl sagen, daß ich auch Sie, ver­ehrtester Herr, in dem Maße besser verstehen lerne, je tiefer ich in diese Philosophie eindringe. Den gewaltigen Ab­grund, der zwischen der Welt des Seins und der des Wissens gähnt, hat keiner so tief erfaßt und so glücklich zu über­brücken gesucht als Rasmus Nielsen. Ich hoffe, ich werde Ihnen in allerkürzester Zeit diese meine Ansicht in viel kon­kreterer Form vorlegen können, als ich dies heute schon vermag. Dazu muß ich freilich die «Grundideen der Logik» ganz durchgearbeitet haben. Bock ist sehr liebevoll und hilfsbereit. Er hat mir neuerlich ein Büchelchen von Nielsen gegeben: «Folkelige Foredrag». Ich bin noch nicht dazu gekommen, mich damit zu befassen; aber ich glaube, es handelt von den religionsphilosophischen Ansichten Ihres großen Landsmannes. Auch diese sind mir ja sehr inter­essant.

#SE039-063

Gestern sah ich Ihren «Engel» als Eboli und Ihren «Kö­nig» als Marquis Posa in Schillers «Don Carlos». Ich muß Ihnen aber Sagen, ich kann das in Weimar vielfach herr­schende abfällige Urteil über Fräulein Jenicke nicht teilen; mir hat sie auch als Eboli ganz gut gefallen. Wiecke, den Sie ja auch kennengelernt haben, spielte den Carlos recht befriedigend.

Gleichzeitig mit diesem Briefe erhalten Sie wohl die beiden Sie interessierenden Nummern der «Weimarischen Zeitung», die ich Ihnen unter Kreuzband schicke.

Herzlichen Gruß an Ihre verehrte Frau, an Bajer und an Sie selbst von

Ihrem Sie so schätzenden

R. Steiner

#TI

274. AN WALTER FEHR

#TX

Weimar, 31. Dezember 1890

Mein lieber, guter Walter!

Das Jahr soll nicht zu Ende gehen, ohne daß ich Dir und durch Dich auch Deinen lieben Angehörigen meinen herz­lichsten Gruß aus der Goethestadt hinübersende in jenes Wien, das ich so schwer entbehre und nach dem ich mich so heftig zurücksehne. Ist es doch vor allen andern Dingen der Umstand, daß ich während einer Reihe von Jahren in Wien mit lieben, guten Freunden verkehrte, die mir so viel sind und bleiben und deren lebendige Gegenwart ich leider nun entbehren muß. Du glaubst gar nicht, wie oft ich der schö­nen Stunden gedenke, die mir gegönnt waren in Deinem und Deiner lieben Angehörigen Beisein zuzubringen, wie ich der Stunden gedenke, wo unser Trifolium hinter einem Glase Bier vorkam, als ob wir außer uns selbst nichts mehr bedürfen. Man gewöhnt sich nicht leicht an neue Verhält­nisse; in keinem Falle, am wenigsten aber, wenn einem die

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alten so teuer waren. Daß mir in diesem Augenblicke, wo die Sonne eben ihre letzten Strahlen auf das Jahr 1890 her­aufsendet, ganz besonders klar vor Augen steht, was mir Ihr alle waret, wirst Du begreifen. Nimm daher aus vollem Freundesherzen meinen tiefgefühlten Neujahrsgruß entge­gen und überbringe ihn auch Deinen werten Schwestern Frl. Johanna u. Gundi. Ebenso Willi und Günther und dem Constant. Sage ihnen, daß ich allen ein recht frohes und zu­friedenes Jahr 1891 wünsche und daß ich mich freue, sie im Frühlinge zu sehen.

Dir und Köck aber will ich am z. Jänner abends, wenn Du also diesen Brief schon hast, punkt 8 Uhr mit einem Ganzen Kulmbacher zuvorkommen. Ja, es würde mich ganz beson­ders freuen, wenn dieser Brief das Zuvor- in ein Gleichkom­men verwandeln würde.

Wenn Du abrechnest, daß ich mich in die steife Hölzern­heit des norddeutschen Wesens eben durchaus nicht ge­wöhnen kann und wenn Du noch dies und jenes abrechnest, so geht es mir gut; wenigstens habe ich keinen Grund, mich zu beklagen.

Meine Arbeiten im Archive sind wohl ganz geeignet, einen Menschen für eine Zeitlang auszufüllen, der das Be­dürfnis hat, sich Geistigem ganz zu widmen. Ich stoße auf viel Neues und Interessantes, das nicht verfehlen wird, ein neues Licht gerade auf das von mir vertretene Gebiet Goetheschen Denkens zu werfen. Hoffentlich bringen diese Arbeiten auch meine Person in jene Geleise, die ich mir erhoffte, da ich im September von Wien schied. Durch die Erwerbung des Diploms ist ja auch der äußere «Firnis» gewonnen, den die Welt einmal will.

Und nun, mein lieber Freund, möchte ich Dich doch auch bitten, mir der alte zu bleiben, jener gute Walter, den ich immer so lieb gehabt um seines lieben Herzens und sei­ner zart-schönen Gesinnung willen, dessen Charakter mir immer ein Gegenstand der Achtung und Verehrung war. Jener Walter, der Du mir warst in den Tagen, da wir uns

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fanden, in jenen endlich, wo wir einen herrlich schönen Winter in liebem Kreise verbrachten, jener Walter, der im­mer so treu und brav verstand, Freund und Bruder zu sein. Wenn ich weiß, daß jenes Kämmerlein Deines Herzens, wo die Freundschaft für mich sitzt, intakt geblieben ist und im­mer noch in gleicher Art funktioniert, dann bin ichs zufrie­den, dann weiß ich, daß ich an einer Freundschaft, die mir so innig Bedürfnis ist, nicht zweifeln darf. Du sagtest ein­mal: wenn Du mich verlörest, so wäre es Dir schrecklich. Dies wird niemals der Fall sein. Ich bin nur manchmal etwas nachlässig in der Freundschaft, aber gewiß nie untreu. Und diese Nachlässigkeit: sie verfolgt mich wie ein böser Dä­mon, den ich nicht loswerden kann und um dessentwillen ich oftmals verkannt werde. Möge das bei Dir nicht der Fall sein. Unter diesem Zeichen wollen wir das neue Jahr begin­nen und immerdar will in treuer Freundschaft verharren

Dein alter

Steiner

#TI

275. AN LADISLAUS SPECHT

#TX

Weimar, 3. Januar 1891

Verehrtester Herr Specht!

Da in meinem Lebenslaufe das Wirken in Ihrer geschätz­ten Familie einen so integrierenden Bestandteil bildet, so sehe ich mich gezwungen, wieder einmal zu Ihrem Quäl­geist zu werden und Sie zu bitten, mir dieses Wirken in schriftlicher Form zu bestätigen, damit ich es «schwarz auf weiß», wenn nicht nach Hause, wohl aber zur Universität tragen kann. Es erscheint nämlich, wenn auch nicht uner­läßlich, so doch wichtig, daß ich über eine schon verbrachte pädagogische Wirksamkeit irgendeinen Schein beibringe. Seien Sie mir deshalb nicht böse, wenn ich Sie bitte, mir in Zeugnisform zu bestätigen, daß ich den Unterricht und die Erziehung Ihrer Kinder besorgt habe. Das Schriftstück sollte folgendes enthalten:

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a) daß ich in Kraljevec in Ungarn am 27. Februar 1861 ge­boren bin.

b) daß ich in Ihrem Hause vom 10.Juli 1884 bis 28. Septem­ber 1890 den Unterricht und die Erziehung von vier Kin­dern (Söhnen) besorgt habe, und zwar geführt habe ei­rien Ihrer Söhne bis zur Maturitätsprüfung der Oberreal­schule; den zweiten bis zur sechsten Gymnasial-, den dritten bis zu ebenderselben Realschulklasse, endlich den jüngsten bis zur dritten Gymnasialklasse.

c) ein Wort darüber, daß mein Wirken Erfolg hatte; end­lich,

d) daß mein moralisches Verhalten während der Zeit mei­nes Aufenthaltes in Ihrem Hause ein durchaus zufrie­denstellendes war.

Es mag Ihnen sonderbar erscheinen, aber ich muß auf den letzten Punkt auch Wert legen, da das Rostocker Uni­versitätsstatut einen Paragraphen hat, der da heißt: «Be­scheinigung des sittlichen Wohiverhaltens», und gegen Pe­danterie gibt es kein Mittel. Ich muß also zum letzten Ende den Ausweis über meine Bravheit in dieser Form auch noch mitbringen.

Wenn Sie ein gesetzlich beglaubigtes Amtssiegel führen, so genügt dies neben Ihrer Unterschrift unter dem Schrift­stück; im gegenteiligen Falle - verzeihen Sie meine Quälerei

- müßte ich Sie bitten, die Unterschrift von dem Notar lega­lisieren zu lassen und zwar so, daß aus der Legalisierungs-klausel ersichtlich ist, daß Ihr Name identisch ist mit dem Träger Ihrer Firma.

Ich kann wohl hoffen, daß die ganze schon so lange hän­gende Angelegenheit bereits ihre Erledigung gefunden ha­ben wird, wenn ich zu Ostern das Vergnügen und die Freude habe, Sie wiederzusehen. Wenn Sie in der Lage wä­ren, das Schriftstück so fertigzustellen, daß es am 10. dieses Monats in meinen Händen wäre, so wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Anschließend an diese meine Bitte will ich Ihnen im Vertrauen

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mitteilen, daß ich meine Stellung gegenüber dem Hofe wohl für eine gute halten darf. Ich habe als der einzige unter den Mitarbeitern des Archivs von der Großherzogin die Erlaubnis erhalten, die Resultate meiner Forschungen auch außerhalb der Goethe-Ausgabe, die in ihrem Auftrage erscheint, zu verwerten, «wegen der Wichtigkeit der mir zugefallenen Partien». Auch höre ich von vertrauenswürdi­ger Seite, daß sich der Großherzog zu einer ihm naheste­henden Person dahin ausgesprochen hat, daß er mich per­sönlich liebgewonnen hätte. Ich war darüber eigentlich überrascht, da ich im persönlichen Verkehre, wenn man von den üblichen Titulaturen und Höflichkeitsfloskeln ab­sieht, mit ihm so wie mit jedermann verkehre und ihm ge­genüber von meinem so oft gerügten rechthaberischen Ton nicht abweiche. Aber ich lege Wert darauf, ohne Rücken-beugen und Grundsatzverleugnung das zu erreichen, was eben ohne diese Mittel zu erreichen ist. Und ich bin der Ansicht, daß ich, wie die Dinge jetzt stehen, und wenn Su­phan - zu dem mir allerdings das Vertrauen fehlt - kein falsches Spiel spielt, zu dem von mir gewünschten Ziele binnen nicht allzulanger Zeit komme.

Richard schreibe ich in allernächster Zeit. Ihnen aber und Ihrer geschätzten Frau Gemahlin sende ich nochmals meine herzlichsten Glückwünsche zum neuen Jahre. Über mein äußeres Befinden zu schreiben, war eigentlich nie so recht nach meiner Art. Doch will ich mir diesmal nicht versagen, zu berichten, daß es mir gesundheitlich trotz der hier herr­schenden ganz greulichen Kälte gut geht. Wie mir sonst Weimar anschlägt, werden Sie aus einem meinem nächsten Briefe beizufügenden Konterfei entnehmen können.

Nun nochmals um Verzeihung gebeten ob meiner heuti­gen Bitte, mich Ihrer verehrten Frau und Ihrem Wohl­

wollen fernerhin empfehlend,

in alter Treue

Ihr

Rudolf Steiner

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#TI

276. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 4. Januar 1891

Geschätzteste gnädige Frau!

Kürschner schreibt mir, daß es ihm dringenderer älterer Verpflichtungen und der sich gegen Weihnachten zu immer mehrenden literarischen Arbeiten halber bei dem besten Willen bisher noch nicht möglich war, mit den ihm überge­benen Arbeiten sich eingehend zu befassen, daß er dies aber in der allernächsten Zeit tun werde. Wir können also in Bälde jetzt auf eine Entscheidung rechnen.

Der Erfolg, den Sie mittlerweile auf Ihrem anderen Schaf­fensgebiete gehabt haben, macht mir die innigste Freude. Sie glauben vielleicht noch immer nicht vollinhaltlich, wie hoch mir Ihre Begabung steht und wie ich in Ihnen die scharf erfassende Künstierin verehre und schätze. Die licht-volle Klarheit in der psychologischen Motivierung, die feine Zeichnung jener Punkte des Lebens, wo sich Probleme mit inhaltstrotzender Wirklichkeit berühren, ziehen mich an Jhren Schriften so an. Ihre Malereien kenne ich allerdings nicht aus eigener Anschauung, doch gedenke ich mit dem schmerzlichen Gefühl eines augenblicklich Entbehrenden Ihrer aus der Lebensfülle unmittelbaren Anschauungsstre­bens kommenden Kunsturteile, die mich immer so fessel­ten. Sie gehören zu jenen Geistern, von denen ich sagen möchte, «sie beruhigen mich, wenn sie mit mir übereinstim­men, und ich möchte von ihnen nicht grundsätzlich abwei­chende Ansichten haben». Wenn Sie zeigen, wie des Lebens Höchstes an dem Faden der Alltäglichkeit hängt und oft nur, weil die Möglichkeit fehlt, diesen Faden abzuschnei­den, in seinem Ringen nach Freiheit erliegt, so schreiben Sie mir immer aus der Seele. Ihre novellistischen Skizzen wer­den zeigen, wie man gefälligste Wirklichkeit mit Fragen nach dem «Warum des Lebens», ohne didaktisch zu wer­den, durchsetzen kann. Und hierinnen liegt Ihre künstleri­sche Aufgabe. Sie haben mir bewiesen, daß man seinen Stoff

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bis ins Kleinste zerzausen, zerfasern kann, ohne unkünstle­risch zu werden; Sie haben mir nicht weniger gezeigt, wie man in die Wirklichkeit mit all ihrer saftstrotzenden Leben­digkeit untertauchen kann, ohne das Selbst der freien Per­sönlichkeit, ohne die feste Stütze vernunftgemäßer Klarheit dabei zu verlieren. Ich habe meine Sympathie zu Ihrem gan­zen Wesen wachsen sehen in dem Maße, als ich das Lechzen nach Selbstbehauptung, nach voller uneingeschränkter Ent­faltung der menschlichen Totalität erkannte. Der Drang nach voller ganzer Menschlichkeit, die nicht Stand, nicht Geschlecht, gar nichts kennt, was uns zu Halb-, Viertel­und Achtelmenschen macht, dieser Drang war für mich et­was so Erhebendes, daß ich die Summe der Freuden, die mir daraus wuchsen, nicht ziehen kann.

Wenn ich untersinken soll mit meinem Selbst, verschwin­den im Objekte, ohne mich wiederzufinden, dann kann die Erkenntnis auch nicht mehr das sein, was sie sein muß, nämlich die Auseinandersetzung über meine Bestimmung. Ich fühle mich erst dann ganz voll in meiner Menschlich­keit, wenn ich den Punkt kenne, der mein «Ich», mein indi­viduelles Sein mit dem Sein des Universums verknüpft. Mir ist die Wissenschaft letzten Endes die Antwort auf die große Frage: was bedeutet mein «Ich» dem Universum ge­genüber? Ich will mich meines Selbstbewußtseins nur zu dem Zwecke entäußern, um es im Objekte wiederzufinden. Aber es hinzuwerfen, um in der unendlichen Objektivität unterzugehen, das kann nimmermehr zur Erkenntnis füh­ren. Das Individuum-Sein, das Absondern als «Ich» bedeu­tet mir die große Frage, bedeutet mir Schmerz und Qual des Daseins. Das Finden im Objekt, das Aufgehen im Uni­versum - die Erlösung und das heitere Genießen der höch­sten Welt-Harmonie. Es ist furchtbar, sich ausgeworfen zu sehen aus dem Gebiete des Weltgeistes, ein Punkt zu sein im Weltbau, es ist unerträglich, «Ich» zu sein; aber abzu­werfen diese Haut der Besonderung, hinauszutreten auf den Plan, da, wo der Weltgeist schafft, und zu sehen, wie im

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Wesen des Ganzen auch meine Individualität begründet ist, vom Standpunkt des zeitlosen Anschauens sein eigenes Zei­tendasein zu begreifen, das ist ein Augenblick des Entzük­kens, gegen den man alle Qual des Daseins eintauschen muß. Aber wer nie ein «Ich» war, kann auch das «Ich» nicht begreifen; wer nie gelitten hat, kann auch die Wonne nicht verstehen, die im Begreifen des Schmerzes liegt; wer nicht das Übel der Besonderung durchlebt, kann nicht der Freude der Selbstzersetzung teilhaftig werden. Um sterben zu können, muß man erst gelebt haben.

Hier bin ich aus der Sphäre allgemeiner Betrachtungen zu dem speziellen Thema Ihres lieben letzten Briefes ge­kommen. Sie wissen wohl, wo der Anknüpfungspunkt liegt. Ich war recht schmerzlich von diesem speziellen Thema berührt und hoffe, daß in der Zeit, die seit Ihrem Schreiben verflossen ist, das Befinden Ihres lieben Gemahls wieder völliger Gesundheit gewichen ist und daß die ja jetzt schwebende Ferialzeit sein ja doch nur von Überanstren­gung geschädigtes Wohisein wiederhergestellt hat. Jeden­falls stelle ich an Sie die freundschaftliche Bitte, mir recht bald über das Befinden des verehrten Lino Nachricht zu­kommen zu lassen. Sie würden mich durch ein momentanes Schweigen wirklich beunruhigen.

Die «Hesperischen Früchte» bildeten meine Festlektüre am ersten Weihnachtstag. Ich war über einzelnes aus dem Kapitel über Freundschaft ebenso erfreut, wie mir anderes den Magen umgedreht hat. Doch darüber kann ich wohl heute nicht mehr ausführlich werden.

Möge Ihnen das «Neue Jahr» nur Gutes bringen und Sie die Früchte Ihrer schönen Begabung bald sehen lassen; mit diesem Wunsche und den besten Grüßen an Lino bin ich in

treuer Freundschaft

Ihr

Rudolf Steiner

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277. AN RUDOLF SCHMIDT

#TX

Weimar, 21. Januar 1891

Verehrter Herr Dr. Schmidt!

Eine besondere Freude haben Sie mir durch die Übersen­dung Ihres Bildes gemacht, für die ich Ihnen herzlichst danke. Sie glauben gar nicht, wie oft ich Ihrer gedenke und wie sehr ich mich nach den Zeiten zurücksehne, die ich an Ihrer Seite habe verbringen dürfen. Jetzt fänden Sie es auch in meiner Behausung schon wohnlicher, und die Kälte würde Sie nicht mehr abschrecken, bei mir den Schwarzen zu nehmen. Denn allmählich habe ich doch alles eingerich­tet, was die Kürze der Zeit, die ich bei Ihrer Ankunft selbst erst in Weimar war, noch hat mangelhaft erscheinen lassen.

Ich hoffe, daß ich Ihnen in meinem nächsten Briefe auch über meine Rasmus Nielsen-Studien bereits etwas Sie Be­friedigendes werde mitteilen können. Heute will ich es lie­ber nicht tun, denn ich stehe mitten in den «Logischen Grundideen», und ich muß meine gewonnenen Einsichten erst ganz ausgären lassen, bevor sie sich vor Ihnen zeigen sollen. Es steht soviel jedenfalls fest, daß Sie durch Ihre mir nicht nur liebe, sondern so bedeutungsvolle Anwesenheit in Weimar eines der wichtigsten Bildungsfermente in mei­nem Lebenslauf gelegt haben.

Ich sende Ihnen die beiden Nummern der «Weimari­schen Zeitung» noch einmal, da ich annehmen muß, daß meine erste Sendung durch den brutalen Sinn der deutschen Post, die nicht genug frankierte Kreuzband-Sendungen ein­fach wegwirft, verlorengegangen ist. Und wahrscheinlich ist es mir passiert, daß ich das Ding ungenügend frankiert habe.

Ihren Lebensabriß mit dem Bilde habe ich leider bis jetzt noch immer nicht erhalten.

Ihre Grüße habe ich an Köhler, Suphan, Wahle, Gebrü­der Krause und auch an Frau Mechler bestellt. Die arme

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Frau hatte eine maßlose Freude darüber und fragte mich, ob sie sich erlauben dürfe, den Gruß durch mich erwidern zu lassen, welches ich denn hiermit tue.

Dr. Köhler ist seit einigen Tagen so weit, daß er täglich einige Stunden außerhalb des Bettes zubringen darf; auch Gehversuche im Zimmer konnte er einige anstellen. Sie sehen aber aus diesem Berichte, wie langsam der ganze Heilungprozeß vonstatten geht.

Haben Sie wohl etwas über Hoffory gehört? Es soll ihm doch nicht möglich gewesen sein, seine Vorlesungen wieder aufzunehmen: Ja, er soll sich in einem Sanatorium in Lich­terfelde befinden. Genaueres konnte ich hier nun freilich nicht erfahren.

Daß ich Bajer den Herren im Goethe-Archiv feierlichst vorgestellt habe, schrieb ich Ihnen wohl schon. Dr. von der Hellen mußte doch wissen, uber welches Wesen er sich bei der ersten Mitteilung über Bajer so im unklaren geblieben ist. Seine westpreußische Nüchternheit konnte sich freilich bis zu der Erkenntnis dessen, was er da auf dem «selbstge­wählten St. Helena» vor sich hatte, nicht aufschwingen. Das verdroß mich. Aber ich will Ihnen doch nicht verhehlen, daß ich Bajers Bild mit dem seiner Herrin knapp hinter meinem Tintenfasse auf dem Schreibtische postiert habe.

Für heute nur noch die besten Empfehlungen Ihrer ge­schätzten Frau Gemahlin und meinem «vierbeinigen Ich-Philosophen»; endlich auch Ihnen selbst besten Gruß von Ihrem

aufrichtig ergebenen

Rudolf Steiner

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#TI

278. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 23. Januar 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

In nicht geringes Erstaunen hat mich der Teil Ihres lieben Briefes versetzt, wo Sie von meinem Gesundheitszustande sprechen. Ich weiß nicht, auf welchem Wege Formey etwas über mich erfahren kann, denn ich habe seit meinem Ab-gange weder ihm noch einem uns gemeinsamen Bekannten eine Zeile geschrieben. Selbst wenn also das wahr wäre, was er sagte, so könnte er es kaum wissen. Ich kann Ihnen nun aber sagen, daß ich dermalen vollkommen gesund bin. Wenn ich auf Richards liebe, so willkommene Sendung noch nicht geantwortet habe, so bitte ich tausendmal des­willen um Entschuldigung. Ich mußte in diesen Tagen den ersten von mir hier zu bearbeitenden Band druckfertig ma­chen. Vor einer halben Stunde etwa habe ich den Schluß­punkt daruntergesetzt. Es war eine heillose Hetzarbeit, da der Setzer bereits seit acht Tagen wartet und nichts zu tun hat. Sie können sich wohl vorstellen, daß man unter sol­chem Drängen jeden Augenblick benützen muß. Außerdem hatte ich Korrekturen zu zwei Aufsätzen zu besorgen, die Ihnen nebst dem dritten Bande meiner Goethe-Werke dem­nächst zugehen werden. Der letztere ist nämlich schon er­schienen, nur fehlen mir noch die Freiexemplare. Weiß Gott, wo die wieder stecken! Außerdem muß mein vierter Kürschner-Band noch in diesem Monate fertig werden. Um an dem letzteren zu arbeiten, meldete ich mich neulich ein­mal krank. Ich erinnere mich dessen, weil wohl möglich wäre, daß Formey hier Bekannte hat, und der angeführte Umstand zu jener falschen Darstellung meiner gesundheit­lichen Verhältnisse Veranlassung gegeben haben kann.

Meiner Überbürdung mit Arbeit, die aber bald ein Ende haben wird, ist es denn auch zuzuschreiben, daß ich Ihrem lieben Herrn Gemahl für die liebenswürdige Ausfolgung des

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Testimonium morum noch nicht gedankt habe. Es soll demnächst geschehen, und ich bitte Sie, geschätzteste gnädige Frau, ihm vorläufig meinen herzlichsten Dank zu überbringen.

Richard erhält jedenfalls in den ersten Tagen der nächsten Woche ein Schreiben über sein Stück. Es kam gerade in eine etwas böse Zeit hinein, denn während man Hals über Kopf Texte vergleichen muß, läßt sich die Frische für ein richtiges Urteil über ein Kunstprodukt nicht gewinnen. Und ich möchte ihm doch voll gerecht werden. Nur der Umstand, daß ich nicht über das Stück schreiben konnte, hielt mich ab, an ihn zu schreiben. Hansels reizendes Briefchen rührt mich wirklich, ich werde ihm morgen einen Brief schreiben. Auf die Antworten Ihrer Kinder freue ich mich herzlich. Richards Gedicht in der «Modernen Dichtung» habe ich gelesen. Ich kannte es bereits. Es hat mir aber neuerdings sehr gut gefallen.

Serenissimus zeigt sehr viel Teilnahme und Interesse für mich. Er gewinnt unbedingt, wenn man ihn näher kennen-lernt. Ich möchte ihn einen Gefühlsidealisten nennen, auf den der Umstand doch nicht wirkungslos geblieben ist, daß er noch Goethe gekannt hat. Er sagte mir letzthin: «Es macht mir Freude, Sie hier zu haben.» Ich glaube, die Leute haben es doch nicht einmal so ungerne, wenn man ihnen nicht so ganz ohne Selbstbewußtsein entgegentritt, wie das leider in ihrer Umgebung in so ekelerregender Weise der Fall ist.

Nun nur noch Dank von ganzem Herzen für Ihren lieben Brief, der mir durch die Auffassung jenes ganz unbegründe­ten Geschwätzes Formeys die Anteilnahme neuerdings zeigt, die Sie mir bewahren. Bitte empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter und Schwester, Ihrem lieben Herrn Gemahl und grüßen Sie die Kinder herzlichst von

Ihrem dankbarsten

Rudolf Steiner

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279. AN PAULINE SPECHT

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Weimar, 4. Februar 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Erlauben Sie, daß ich Ihnen heute den dritten Band mei­ner Goethe-Ausgabe übersende mit denselben Widmungs­worten, die auch der zweite trägt. Bei lege ich demselben den Separatabzug eines Aufsatzes, der Ihnen Nachricht ge­ben kann, in welcher Richtung sich meine Arbeiten hier im Archiv bewegen. Diese Bewegung geschieht nun freilich nicht ohne alle Hemmnisse. Ich ging vom Anfange an hier meinen eigenen Weg und habe auf demselben vor kurzem -nach vieler Mühe und Arbeit - meinen ersten Band vollen­det. Die Druckerei wartete darauf. Da ging dann im letzten Augenblicke Direktor Suphan aller Mut aus; er getraute sich den Band nicht in die Druckerei zu geben. Ich erklärte, nicht ein Wort ändern zu können. Ich mußte ein Zirkular an die Redaktoren ausarbeiten, in dem ich mein selbständi­ges Vorgehen rechtfertigte; zum Glücke wurde schließlich die Berechtigung meines Standpunktes eingesehen, und ich konnte vorgestern endlich den Druck beginnen lassen. Nun ist freilich alles in Ordnung, denn da man mich einmal ge­währen ließ, wird man es wohl auch in Zukunft tun müssen. Aber genug geärgert habe ich mich doch. Ich hoffe aber, es wird mich dann auch intensiver freuen, wenn ich die Arbeit fertig vor mir sehe, die heraustritt aus der Schablone, in die bisher in wahrhaft bornierter Weise die Weimarer Ausgabe eingezwangt war. Sie glauben gar nicht, was für Mühe die Leute haben, um alle die Stimmen niederzuhalten, die aus aller Welt gegen diese Borniertheit sich erheben wollen. Doch genug davon. Man wird ja auch voll entschädigt durch all das Herrliche und Bedeutende, das Goethes Nachlaß birgt.

Meine Rostocker Reise fällt wohl noch in den Februar, gewiß aber in die erste Hälfte des März. Wenn ich zu

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Ostern nach Wien komme, hoffe ich Ihnen in dieser Hin­sicht ganz geordnete Verhältnisse mitbringen zu können.

Ich lege diesem Brief ein anderes Bild von mir bei, das ich Sie recht sehr bitte, meinen lieben Schülern Otto, Arthur und Ernst zu übergeben. Richard erhält zugleich mit diesem einen Brief von mir. Ich habe ihm da in aufrichtigster, unge­schminktester Weise meine Meinung über das Stück, das mir ganz außerordentlich gefallen hat, mitgeteilt. Wenn ich aber doch einiges anders gewünscht hätte, so möge er sich daraus doch nichts machen.

In dem Augenblicke, da ich dieses schreibe, erhalte ich wieder eine Todesanzeige aus dem Schröerschen Hause, die zweite, seit ich in Weimar bin. Révy, Schröers Schwieger­sohn, ist gestorben. Sie können sich nicht vorstellen, welche Sorgen ich in bezug auf die Widerstandskraft des guten al­ten Mannes gegen soviel Ungemach habe. Er hat in kurzer Zeit einen Sohn verloren und eine Tochter zur Witwe wer­den sehen, ganz abgesehen, daß vor kurzem sein Schwager und seine Schwägerin gestorben sind. Die letztere erst an­fangs Januar.

Bei uns hier ist es jetzt weniger winterlich. Während ich dies schreibe, scheint die Sonne ganz frühlingsmäßig auf die Schloßgärten und die Ilm erholt sich von dem Erstau­nen, das ihr der Umstand gemacht hat, daß sie dies Jahr seit langer Zeit wieder hat zufrieren mussen.

Nun muß ich den Brief abschließen, mein Archivfreund Wahle erscheint, um mit mir ein Manuskript durchzusehen, das heute noch erledigt werden muß.

Mit herzlichsten Grüßen an alle Familienglieder

in aufrichtigster Hochschätzung

Ihr

Rudolf Steiner

NB. Richard bekommt in kürzester Zeit ein besonderes Exemplar meines dritten Bandes.

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280 AN EDUARD VON HARTMANN

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Weimar, 5. Februar 1891

Hochgeschätzter Herr!

Gestatten Sie, daß ich mich Ihnen mit den mitfolgenden Arbeiten wieder in Erinnerung bringe. Das Januarheft der in Wien erscheinenden «Deutschen Worte» brachte von mir eine Abhandlung über Ihre Lehre. Diese Zeitschrift ist ge­rade in denjenigen Kreisen Österreichs verbreitet, von de­nen ich Verständnis für die von mir gelieferte Charakteri-stik Ihrer von mir so hochgestellten philosophischen Rich­tung erwarten darf. Sie haben mir durch die Art, wie Sie meine bisherigen Arbeiten, namentlich die in meinem zwei­ten Goethebande gegebene Auseinandersetzung der Grundgedanken Ihrer Philosophie, beurteilten, Mut ge­macht, einmal zusammenfassend den von Ihnen vertretenen Standpunkt zu kennzeichnen. Der Aufsatz wird Ihnen je­denfalls den Beweis liefern, daß ich ein treuer Anhänger Ihrer Richtung geblieben bin. Meine von Ihrer dualistischen Erkenntnistheorie etwas abweichende monistische ist nicht nur kein Hindernis für das Verständnis und die Vertretung Ihres wissenschaftlichen Monismus, sondern ich finde im­mer mehr, daß gerade der immanente Idealismus, dem ich in der Erkenntnistheorie huldige, mich zwingt, Anhänger Ihrer Naturphilosophie, Metaphysik, Ethik, Religionsphi­losophie und Politik zu sein. Wenn ich in der Ästhetik in der Weise etwas abweiche, daß ich zwar am «ästhetischen Schein» als der Grundlage aller ästhetischen Betrachtungs­weise festhalte, aber denselben anders begründe, als es in Ihrer Ästhetik geschieht, so ist das wohl auch nur eine Kon­sequenz meiner erkenntnistheoretischen Überzeugung. Wer, wie ich, in jedem Dinge eine Verbindung von Idee und «unmittelbar Gegebenem» sieht, dem obliegt es, in dem einzelnen Falle die besondere Art dieser Verbindung nach­zuweisen. Und so muß ich zeigen, in welchem Sinne beim

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Kunstobjekt Idee und Gegebenes verbunden sind, um den «ästhetischen Schein» zu erzeugen. Ich muß es daher in der Ästhetik so machen, wie Sie in der Naturphilosophie und Geschichte, nämlich den ästhetischen Schein als eine beson­dere Entwicklungsstufe der Idee darstellen. Der konkrete Idealismus scheint es mir zu fordern, daß man nicht von dem negativen Merkmal: «Ablösung des Scheins von der Realität» ausgeht, sondern die positiven Elemente, die das Schöne konstituieren, untersucht und dann zeigt, wie durch die so charakterisierte Natur der Kunst die Ablösung von der unmittelbar gegebenen Wirklichkeit gefordert wird. Doch das sind Dinge, die es nur mit den ersten sechzig Sei­ten Ihrer «Philosophie des Schönen» zu tun haben, wäh­rend ich in Ihre Ausführungen über die Formen des Scheins und die einzelnen Künste, gerade wieder von meinem Standpunkte aus, aus tiefster Überzeugung einstimme.

Zugleich mit diesem Aufsatze erlaube ich mir den dritten Band meiner Goethearbeit zu übersenden, dem der vierte bald nachfolgen soll. Die Einleitung zu den physikalischen Arbeiten Goethes kann wohl nur als ein Ganzes, das heißt das in diesem Bande Enthaltene zusammen mit den Ausfüh­rungen des vierten beurteilt werden. Ich kann Ihnen aber schon jetzt die Versicherung geben, daß es nur die aus mei­nem immanenten Idealismus fließende Überzeugung ist, die mich zu den in der Einleitung sich findenden Aufstellungen gebracht hat. Es war mir schwer, in dieser Sache schon jetzt das Wort zu ergreifen. Die Welt nimmt so etwas von einem jungen Manne sehr schlecht auf. Ich hoffe von niemandem Gerechtigkeit als von den Philosophen. Die Naturwissen­schaft der Gegenwart steht auf einem viel zu einseitigen Standpunkte dazu. Glücklich aber schätzte ich mich, wenn Sie, hochverehrter Herr, meinen Ausführungen die Folge­richtigkeit nicht ganz absprächen. Ich glaube, daß die von mir aufgestellten Sätze über das Wesen der Sinnesempfin-dung und deren Verhältnis zu der Naturgesetzlichkeit allein Klarheit über das Prinzip der Goetheschen Farbenlehre

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verbreiten kann. Die Zustimmung freilich ist wieder eine andere Sache. Ihnen wird auch der Anfang dieser meiner Einleitung zeigen, wie für mich Ihre Denkweise so recht eigentlich im Zentrum des wissenschaftlichen Treibens der Gegenwart liegt und wie ich immer danach trachte, mein eigenes Denken irgendwo an Ihre Schöpfungen anzu­schließen.

Ich lege noch einen kleinen Aufsatz bei, der die Art cha­rakterisieren soll, wie ich meine Aufgabe dem Goetheschen Nachlasse gegenüber auffasse. Die philologische Wortkrä­merei, mit der man jetzt einzig und allein in der sogenann­ten Goetheforschung operiert, ist mir ein Greuel. Dennoch wollte ich es nicht ablehnen, den wissenschaftlichen Nach­laß Goethes, insofern er sich auf Morphologie, Geologie und Naturphilosophie bezieht, zu redigieren und wissen­schaftlich auszubeuten, weil ich an der Hand des Materials gesehen habe, daß für die Totalauffassung Goethes, von dieser Seite her, noch etwas zu tun ist. In dieser Richtung Ihre Billigung zu finden, würde mich für manches trösten, was ich habe erdulden müssen, weil ich in der Art, wie man heute Literaturkritik und Goetheforschung treibt, durchaus keine Wissenschaft sehen kann.

In dem Augenblicke, da ich daran gehe, Gegenwärtiges an Sie, hochgeschätzter Herr Doktor, zu expedieren, bin ich damit beschäftigt, Ihre neueste Schrift über den Spiritis­mus zu studieren, aus der mir die tiefste Befriedigung fließt.

Sie bittend, das meinen ersten philosophischen Arbeiten geschenkte Wohlwollen mir auch fernerhin zu bewahren, bin ich in warmer Verehrung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

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281. AN ROSA MAYREDER

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Weimar, 12. März 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Haben Sie vielen herzlichsten Dank für Ihren lieben Brief, der mich eben in der denkbar verdrießlichsten Stim­mung angetroffen hat, aber auch viel zur Aufbesserung der­selben getan hat. Ich leide nämlich seit einigen Tagen wieder an einer vollständigen Aphonie, verursacht durch Lähmung der Stimmbänder, ein Ding, das außerordentlich lästig ist. Hoffentlich verhilft mir das Universalagens der Neuzeit, die Elektrizität, bald wieder zu meiner Stimme und damit auch zur besseren Stimmung. Um aber aus dieser körperli­chen und seelischen Verstimmung herauszukommen, be­merke ich Ihnen, daß Ihre Voraussetzung in bezug auf Ihre Schriften durchaus nicht richtig ist. Dieselben finden sogar in Kürschner einen verständnisvollen Schätzer. Ich darf Ih­nen aber wohl im Vertrauen mitteilen, daß er, der durchaus empfänglich für neue Richtungen und Bestrebungen ist, ei­nen harten Kampf mit dem Verlag zu kämpfen hat, dessen Direktor er ist, und der mit allen Kräften an den alten «Über Land und Meer»-Traditionen festhalten will. Doch das Zurückdrängen der letzteren und damit auch das Publi­zieren Ihrer Schriften ist wohl nur eine Frage der Zeit. Frei­lich muß ich Ihnen gestehen, daß ich mich auf eine lange Zeit nicht einlasse und, wenn wir mit Stuttgart nicht in den nächsten Monaten zum Ziel kommen, wir im Einverneh­men mit Kürschner ein anderes versuchen wollen. Denn Sie dürfen mir es glauben: ich betrachte Ihre Angelegenheiten in dieser Richtung wie die meinigen, und wir müssen zum Ziel kommen. Sie dürfen das nicht als vage Versicherung nehmen. Ich werde mich, wenn ich Sie gedruckt sehe, gewiß ebenso freuen wie Sie selbst. Denn ich habe mich noch nie so gut mit einer Richtung verstanden wie mit der Ihrigen. Der lebendige Verkehr mit dem Publikum wird Sie auch zu

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jener künstlerischen Ausgestaltung Ihrer Richtung bringen, die ich von Herzen wünsche und in welcher ich das künstle­risch ausgeführt sehen werde, was ich auf dem Wege des philosophischen Nachdenkens zuletzt auch suche. Sie wis­sen das schon, denn ich habe es Ihnen wohl schon mündlich gesagt, aber es gewährt mir eine solche Befriedigung, Ihre künstlerische Individualität auf meinen Wegen gefunden zu haben, daß ich es immer wieder gerne ausspreche. Also hin­weg mit der Mutlosigkeit Ihres letzten Briefes!

Ich habe in den letzten Tagen nur Arbeit gehabt und we­nig Freundliches erlebt. Sie würden erstaunen, wenn Sie Weimar kennenlernten, wie bald man gewahr wird, daß man auf den Gräbern deutscher Größe wandelt. Es ist un­bedingt richtig: in dem Augenblick, da Goethe starb, verfiel Weimar in einen Dornröschen-Schlaf, aus dem es nicht wie­der erwachen will. Ich versichere Sie, daß hier niemand meine Sprache versteht, daß ich mich nach gar keiner Seite hin verständigen kann. Wenn Sie nun erwägen, was ein un­mittelbarer, persönlicher Verkehr für uns alle bedeutet, so werden Sie meine Lage kaum anders als die eines Exilierten bezeichnen können. Und wie notwendig hätte ich gerade jetzt geistige Anregung. In dem Augenblick, als ich von Wien wegging, war ich eben im Begriffe, in meinem Den­ken jene wichtige Stufe zu erreichen, wo Idee, Form und Begriff (essentia, quidditas und universale) in ihrer richtigen gegenseitigen Beleuchtung erscheinen. Ich wollte damit den Nominalismus der neueren Naturwissenschaft überwinden und die Entität der Essenz wieder herstellen. Daß ich ge­rade dazu berufen bin, spricht auch Eduard von Hartmann in einem Schreiben aus, das ich soeben von ihm erhalte und in dem er mir in der denkbar freundschaftlichen Weise ent­gegenkommt. Er meint: ich wäre dazu ausersehen, durch eine Synthesis von Nominalismus und Realismus eine neue Form des philosophischen Realismus herbeizuführen. Diese Aufmunterung ist gewiß viel wert, da ich ja nie selbst meine Aufgabe in einer solchen Weise formuliert habe, also

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annehmen muß, daß Eduard von Hartmann durch Studium meiner Schriften zu der Formulierung gekommen ist. Hätte ich diesen Winter in Wien zubringen dürfen, dann wäre ich wohl heute weiter.

Was mein Nach-Wien-Kommen betrifft, so dürfen Sie mir glauben, daß ich sehnsüchtig auf den Tag meiner Ab-reise warte. Ich werde aber kaum gerade zu Ostern reisen können. Meine hiesigen Obliegenheiten zwingen mich nämlich, den Zeitpunkt von der Beendigung des ersten Ban­des der Weimarer Goethe-Ausgabe, den ich bearbeite und dessen Druck jetzt läuft, abhängig zu machen. Ich reise dann von hier nach Berlin, von da nach Wien und über Stuttgart wieder zurück. Den Zeitpunkt werde ich Ihnen demnächst angeben. Ich muß Sie also bitten, mich dann von dem Handschlage zu entbinden, wenn Sie denselben so auf­gefaßt haben sollten, daß damit die Osterwoche gemeint wäre. Denn ich kann wohl schon heute sagen, daß der Druck des Bandes wohl kaum vor dem 10. April fertig sein wird. Dann allerdings zögere ich keine Stunde, denn ich lechze nach - Menschen.

Daß es Ihrem lieben Gemahl wieder gut geht, freut mich außerordentlich. Grüßen sie ihn doch herzlichst von mir.

In den nächsten Tagen sende ich Ihnen den dritten Band meiner Goethe-Ausgabe, aus dessen Einleitung ich Ihnen in Waidhofen einige Stellen vorgelesen habe. Er ist endlich erschienen.

In treuer, unveränderlicher Freundschaft

Ihr

Steiner

#SE039-083

#TI

282. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 15. März 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Durch ein Schreiben Ihrer verehrten Frau Schwester er­fahre ich soeben, daß auch Otto an den Masern erkrankt ist. Hoffentlich aber bleibt es doch wenigstens dabei stehen; denn ich kann mir denken, wieviel Verdrießlichkeit Ihnen aus dieser bösen Geschichte wieder erwachsen ist. Wenn nur die Kinder in ihren Schulobliegenheiten nicht gar zu sehr gestört sind! Ich wünsche von ganzem Herzen, daß ich in Wien wieder alles gesund und froh auf den Beinen finde. Heute kann ich dies auch nicht einmal von mir sagen. Ich bin seit einer Reihe von Tagen wieder vollständig aphonisch und muß elektrisiert werden, worauf die Stimme wieder klingt, freilich - zu meinem Verdrusse - nur für anderthalb bis zwei Stunden. Ich bin neugierig, wann ich damit wieder ins Geleise komme. Den genauen Zeitpunkt meiner Reise kann ich heute noch nicht bestimmen. Vor der Hand liegt mir die Sehnsucht darnach in allen Gliedern. Ich werde nämlich von hier nach Rostock, dann über Berlin nach Wien und über Stuttgart wieder zurückreisen. Die Verhält­nisse hier machen es dringend notwendig, daß ich die bei­den Reisen verbinde. Vorher muß aber der erste von mir in Weimar zu bearbeitende Band ausgedruckt sein. Es geht dies aber bisher sehr rasch vorwärts, und ich kann wohl hoffen, daß ich Anfang oder längstens Mitte April in Wien bin. Nach dem Schlußpunkt des Bandes warte ich nur noch bis zum nächsten Eisenbahnzuge. Wie sehr ich wieder Tage der Erfrischung und des Zusammenseins mit Menschen notwendig habe, werden Sie so recht erst aus den mündli­chen Mitteilungen entnehmen können. Jene Art von Men­schen, die wir in Wien als besonders schätzenswert finden, gibt es hier gar nicht. Alles geht in den kleinlichsten, per­sönlichsten Interessen auf. Hier denkt niemand individuell,

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persönlich, alles standesgemäß. Anders ist die Denkart des Geheimen Regierungsrates, anders muß die des Geheimen Hofrates sein, denn beide sind verschieden wie Regierungs-rat und Hofrat.

Zu den Kleinlichsten der Kleinlichen gehört Suphan, der Direktor des Archivs. Eine echt philiströse Schulmeisterna tur ohne alle größeren Gesichtspunkte. Wo irgend etwas sich frei, selbständig und unbehindert entwickeln sollte, da hängt seine Gesinnung wie ein Bleigewicht daran. Er kann natürlich nichts dafür. Denn kein Mensch kann anders sein, als er geworden ist. Aber wer mit solchen Menschen zu tun hat, fühlt sich in allem gelähmt. Dabei ist er mit einer Art von neidischem Haß erfüllt gegen alle fremden Leistungen, und man erregt sein äußerstes Mißfallen, wenn man ein leb­haftes Interesse für das geistige Leben der Gegenwart hat. Mein nicht zu verleugnender, nur leider hier schwer zu be­friedigender Drang, die Strömungen im geistigen Leben der Gegenwart voll kennenzulernen, hat mir von Suphans Seite den Beinamen «Bildungsepikureer» eingebracht. Mir er­scheint es immer unbegreiflich, wie man mit diesem Worte überhaupt ein Gefühl des Vorwurfes verbinden kann. Sie werden aber aus dieser meiner Angabe entnehmen können, welches Leit-Gesinnungs-Motiv bei der Direktion des Goethe-Archivs herrschend ist.

Daß Richard sein Stück nicht doch umarbeitet, ärgert mich eigentlich. Denn ich bleibe dabei: es ließe sich aus dem Stoffe etwas recht Gutes machen. Auch halte ich das Sich-Selbst-Vertrösten auf eine spätere Zeit nicht für gut, denn man sollte eine solche Sache dann anfassen, wenn sie die Kräfte unserer Psyche noch voll in Spannung hält, nicht nachher, wenn das Gefühl unbedingt kälter geworden sein muß.

Die allseitige Verstimmung in Ihrer lieben Familie be­greife ich, also auch die Ihres lieben Gemahls. Daß auch noch die Wahlen zur Herabstimmung das ihrige beitragen, finde ich nicht minder verständlich. Ich muß aufrichtig ge­stehen,

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daß mein Begriffsvermögen aufhört gegenüber sol­chen Verhältnissen, wie sie sich in den letzten Wahlen aus-gelebt haben. Ich habe Leute wie Steinwender immer für verrannt und etwas borniert, nie aber für so brutal gehalten, daß sie einen Mann wie Carneri aus seinem Wahlbezirke verdrängen. Gerade dieser Fall ist symptomatisch. Er be­weist, daß Verdienst und Arbeit nicht mehr gilt und daß die Hohlheit alles zu beherrschen vermag, wenn sie sich einer beliebten Phrase bedient. Man hat heute kein Bewußtsein davon, daß der Mensch nach seinem Leistungsvermögen beurteilt werden muß.

Ob ich in der Lage bin, mein ästhetisches Kapitel voraus­zusenden oder ob ich es lieber mitbringe, weiß ich wirklich noch nicht. Eine Abschrift davon nehme ich auch nach Ber­lin mit, da ich gerne mit Eduard von Hartmann über die Hauptfragen sprechen möchte. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon geschrieben habe, daß ich gerade von diesem Manne neue Aufmunterung erhalten habe, rüstig fortzuarbeiten an der «Asthetik». Er sagt, er werde gerade mein Unterneh­men mit Freude begrüßen.

#SE039-0Und nun nur noch die Bitte, mich allen Gliedern der Fa­milie bestens zu empfehlen, und die Versicherung, daß ich mit Sehnsucht an meine Wiener Reise denke. Den Kindern wünsche ich baldige, volle Gesundheit.

In Hochschätzung

Ihr dankbarer

Rudolf Steiner

#TI

283. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 21. März 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Sie werden glauben, daß es tiefinnerlich empfunden ist, wenn ich Ihnen zu Ihrem Geburtstage die herzlichsten

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Grüße hiermit übersende. Hoffentlich sind die lieben Kin­der nun wieder hergestellt und der böse Gast, der sich in den letzten Wochen in Ihrem Hause eingestellt hat, trübt Ihnen wenigstens nicht die Freude des 23. März. Ich muß gestehen, daß ich bis vor ganz kurzer Zeit gehofft habe, schon am 23. oder 24. März in Wien sein zu können. Nun muß ich leider noch anderthalb bis zwei Wochen warten. In solchen Zeiten, die eigentlich ganz widerrechtlich sich in unser Leben einflechten, verdoppeln sich die Tage. Auch hat in den letzten Tagen der Zustand meines Kehlkopfes nicht gerade zur Erhöhung meiner allgemeinen Befriedi­gung beigetragen. Nachdem er schon ziemlich imstande war, macht er mir wieder Männchen. Ich kann mich dar­über freilich nicht wundern, da ich in den letzten zwei Ta­gen ein ziemlich bewegtes Leben führen mußte. Vorgestern nämlich war ich zum Diner beim Erbgroßherzog und ge­stern zum Souper bei der Großherzogin eingeladen. Es wird Sie vielleicht interessieren, wenn ich Ihnen mitteile, daß bei der Erbgroßherzogin recht flott über Yogi, Fakire und indische Philosophie gesprochen wurde. Sie können sich denken, daß ich da wieder recht gründlich unterge­taucht bin in das mystische Element, in dem ich eine Zeit­lang in Wien fast besorgniserregend geschwommen habe. Der Erbgroßherzog erklärte zwar, er halte «das alles für physiologisch unmöglich», da aber die Erbgroßherzogin sehr begeistert für die Sache ist, so kann es ja immerhin kommen, daß die Mystik hier noch ganz hoffähig wird. Da dies wohl das letzte Stadium vor ihrem Aussterben ist, so könnte man diese Erscheinung ja mit Freuden begrüßen. Mehr gefreut hat mich der Umstand, daß mir gestern die Erbgroßherzogin sagte, sie schwärme für Hamerling. Ich möchte wünschen, daß diese Schwärmerei auch in Deutsch­land allgemeiner würde, denn deutsche Professoren z. B. wissen von Hamerling selten mehr, als «daß er auf die Ner­ven wirkt». Wenn ich auch durchaus die Art mißbillige, wie in Österreich Hamerling im Parteiinteresse ausgebeutet und

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seine Sätze zu Parteischlagern verzerrt werden, so ist mir die mit vollkommener Unkenntnis gepaarte summarische Verdammung des guten Hamerling in Deutschland furcht­bar zuwider. Ich bin eben daran, «Die Atomistik des Wil­lens», Hamerlings hinterlassenes philosophisches Buch, zu lesen, von dem er in den letzten Wochen seines Lebens viel gesprochen hat. Ich hatte ja die Freude, direkt aus seinen Briefen Andeutungen über dieses nachgelassene Werk Hamerlings zu erhalten.

Ich werde heute auch noch an Richard schreiben und ihm auch die Hefte aus der «Modernen Dichtung» endlich zurücksenden.

Ob Sie an Ihrem Geburtstage wohl alle Familienmitglie­der schon wiedersehen, weiß ich wohl nicht. Wenn es aber der Fall ist, dann bitte ich recht sehr, mich Brülls, Schwarzs, Strisowers auf das beste zu empfehlen. Jedenfalls aber bitte ich schön, Ihrer Frau Mutter mich zu empfehlen, Ihren Gatten herzlichst zu grüßen sowie die Kinder, denen ich rasche und volle Gesundwerdung wünsche. Nochmals herzlichsten Glückwunsch zum Geburtsfeste

in voller Hochschätzung

Ihr dankbarer

Steiner

#TI

284. AN KARL JULIUS SCHRÖER

#TX

(Ausschnitt)

[Weimar, 20.] April 1891

. . . In Weimar ist leider kaum jemand, mit dem man sich über Goethe aussprechen könnte. Suphan hat weder Ver­ständnis noch Interesse für Goethe. Er wirft uns Wienern vor, daß wir Goethe «singen», weil ihm unsere Hingabe an die Sache eigentlich zuwider ist . . .

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#TI

285. AN RICHARD SPECHT

#TX

Weimar, 22. April 1891

Mein lieber Freund!

Dies ist wohl der letzte Brief, den ich Ihnen vor meiner Abreise schreibe, denn nun hoffe ich doch bald fortzukorn­men. Die Großherzogin wünscht durchaus, daß mein erster Band in ununterbrochener Folge fertiggestellt werde. Und so sei es denn! Was ich für Empfindungen gegenüber diesen fortwährenden Verzögerungen habe, will ich lieber ganz verschweigen.

Sie haben die Güte gehabt, mir das Probeheft der «Mo­dernen Rundschau)> zusenden zu lassen. Ich habe mich über Ihr Gedicht «Endlich» sehr gefreut. Auch über die Rezen­sion von Bergers Gedichten, die wohl von Ihnen ist. Es ist noch manches Gute in dem Hefte, so «Im dunkelsten Erd­teil der Moderne» und «Der Roman vom Ubermenschen». Der letztere Aufsatz macht mich sehr neugierig auf «Am offenen Meer», wenn ich auch kaum glauben kann, daß der Dichter von «Fräulein Julie» und «Der Vater» etwas wirk­lich Künstlerisches schaffen kann. Vor kurzem wurde mir auch eine andere Zeitschrift, «Die Moderne», zugeschickt, worinnen mich manches interessiert, wenn auch weniges an­gesprochen hat. Doch werde ich bald aufhören, auf meinen Geschmack auch nur das allergeringste zu geben, denn wer es über sich bringt, hier in Weimar mit den Vampiren des Klassischen gemeinsame Sache zu machen, von dem ist we­nig zu halten. Wenn nicht aus dem eigenen Innern manch­mal noch etwas käme, das Trost in diese Öde brächte, dann müßte man davonlaufen. Aber ich wollte ja nicht schon wie­der klagen! Unbotmäßige Feder!

Zu Ostern hatten wir hier eine Vorstellung der Devrient­schen Faustbearbeitung mit der Musik des hiesigen Kapell­meisters Lassen. Die Darstellung war unter der Mittelmä­ßigkeit, bis auf das Gretchen, das von Frau Wiecke ganz ausgezeichnet gegeben wurde.

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Sie haben jetzt in Wien großartige Ibsen-Festlichkeiten gehabt. Daß Minor dabei die Festrede gehalten hat, wun­dert mich ganz besonders. Es würde mich ganz außeror­dentlich interessieren, Genaueres über aHe diese Vorgänge zu hören. Ich habe, seit ich von Wien wegging, außer der «Neuen Freien Presse», die ich täglich lese, keine Wiener Zeitung in der Hand gehabt. Denn Weimar liegt eben mit­ten in der Welt außerhalb derselben. Wollten Sie mir einiges schreiben, so wäre ich Ihnen wirklich ganz ungemein dank­bar. Besonders unterlassen Sie nicht, mir zu sagen, ob Sie denn selbst auch an den Festlichkeiten teilgenommen ha­ben. Wenn Sie mir nicht allzu spät schreiben, so trifft mich ein Brief jedenfalls in Weimar, sonst auf der Rückreise in Berlin, wo ich ja auch einige Tage bleiben werde. Also bitte:

schreiben Sie mir doch bald.

Sonnabend wird in Weimar die Kaiserin erwartet, und die ganze Stadt ist verrückt ob dieser Erwartung.

Daß Professor Bardeleben aus Jena, der an dem Tische neben mir ein Spezialkapitel der Osteologie sichtet, einen wichtigen anatomischen Aufsatz Goethes gefunden hat, werden Sie vielleicht aus den Zeitungen entnommen haben. Ich habe dabei den Triumph erlebt, durch diesen Fund ei­nen ganz «speziellen» Bundesgenossen in der wissenschaft­lichen «Goetheforschung» auf meine Seite zu bekommen. Bei dem Umstande, daß Bardeleben in Jena ist, hat das auch für mich persönlich eine große Bedeutung. Bardeleben war auch vor allen anderen deutschen Anatomen dazu berufen, gerade Goethes anatomischen Nachlaß zu ordnen, denn er ist ja der Entdecker des sechsten und siebenten Fingers bei den Säugetieren und dem Menschen; es handelt sich da um eine Entdeckung, die von großer wissenschaftlicher Bedeutung ist.

Was sagen Sie zu Speidels Feuilleton über die «Kronprä­tendenten». Jedenfalls scheint er Burckhard gegenüber die Waffen noch nicht gestreckt zu haben. In bezug auf diesen Burckhard haben Sie in der «Modernen Rundschau» allerdings

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einen bösen Artikel von Kulka, der wenig für die Kennerschaft seines Verfassers spricht, soviel ich heute noch als Außenstehender beurteilen kann. Vielleicht ist das nun aber überhaupt nichts.

Wie geht es Ihnen und allen Ihren lieben Familienmitglie­dern gesundheitlich? Grüßen Sie mir doch ja alle recht herz­lich und sagen Sie ihnen, daß ich es nicht mehr erwarten kann, sie alle zu sehen; Sie selbst aber seien in

treuer Freundschaft herzlichst gegrüßt

von Ihrem

Steiner

#TI

286. AN RUDOLF SCHMIDT

#TX

Weimar, 24. April 1891

Sehr geehrter Herr Doktor Schmidt!

Sie werden mich gewiß für den nachlässigsten Menschen der Welt halten, denn dieser Brief hätte ja schon vor vielen Wochen in Ihre Hände gelangen sollen. Aber ich bitte Sie inständigst, diese Verzögerung nicht auf ein Erkalten der Anhänglichkeit zurückzuführen, die ich von den ersten Stunden unserer Bekanntschaft zu Ihnen hege und die ge­wiß nie abnehmen wird. Allein das archivarische Arbeiten, das den Geist dumpf macht, erzeugt bei mir eine geistige Unbehaglichkeit, die mich fast jeder Schreiblust beraubt. Ich will darüber gar nicht weiter sprechen, denn man macht sich solche Dinge nur noch bitterer, wenn man darüber viel reflektiert. Glauben Sie mir: ich habe dringend nötig, die wenigen Stunden des Tages, die mir das Archiv übrigläßt, auf die Lektüre zu verwenden, um geistig nicht ganz zerfah­ren

#SE039-091

zu werden. Und da haben mir Nielsens Schriften gute, sehr schöne Stunden bereitet. Ich brenne vor Begierde, Sie wiederzusehen und Ihnen zu zeigen, daß gerade, was diesen nordischen Geist angeht, derselbe diesen Winter tief in mein Inneres eingegriffen hat. Hoffentlich findet sich inmit­ten der rauschenden Festlichkeiten, die Sie in Weimar mit­zumachen haben werden, doch ein Stündchen, in dem Sie meine Stube aufsuchen. Ich war glücklich über die Nach­richt, daß Sie nach Weimar kommen. Nicht weniger war ich erfreut über die Kunde von dem rüstigen Fortschreiten Ihres neuen Stückes, worüber ich zuletzt von Suphan ge­hört habe, bei der Gelegenheit, als er Ihre Beiträge zur Goetheforschung erhielt. Hoffentlich geht das Stück bald auch auf deutschen Bühnen in Szene.

«Der verwandelte König» ist leider in Weimar nicht mehr aufgeführt worden, ein Faktum, das mir allerdings unbe­greiflich ist. Denn ich rechnete mit Bestimmtheit darauf, daß er ein drittes Mal für die auswärtigen Abonnenten gege­ben wird. Dies hätte eigentlich geschehen müssen und auch sehr leicht geschehen können.

Reinhold Köhler habe ich Ihre Grüße stets überbracht; auch jene, die Sie an Bock schrieben, übernahm ich auszu­richten. Der gute Mann ist leider noch immer ans Zimmer gefesselt. Eine einzige Spazierfahrt, die er gewagt hat, mußte er damit bezahlen, daß sich die Schmerzen im Beine vermehrten. Hoffentlich treffen Sie ihn bei Ihrer Ankunft noch an. Denn er denkt, in der allernächsten Zeit nach Wiesbaden zu gehen.

Ich rechne mit Bestimmtheit darauf, daß Sie bei Ihrem diesmaligen Hierherkommen auch Ihre sehr geschätzte Frau Gemahlin mitbringen, der ich mich vorderhand wärm­stens zu empfehlen bitte. Ob wir freilich auch darauf rech­nen dürfen, daß der «vierbeinige Goethe» mitkommt, das weiß ich nicht. Jedenfalls möchte ich diesem Briefe auch an ihn meine besten Grüße einverleiben. Ich würde ihn doch gar zu gerne auch einmal bei mir empfangen.

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Ihr Hierherkommen war in diesen Tagen in der Zeitung «Deutschland» angekündigt. In der freudigen Erwartung, daß Sie recht bald in Weimar eintreffen, sage ich Ihnen

auf recht frohes Wiedersehen

Ihr ergebener

R. Steiner

Wenn Sie mir durch eine Korrespondenzkarte Ihre An­kunft anzeigen würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar; ich würde dann jedenfalls nicht versäumen, Sie auf dem Bahn­hofe zu erwarten.

#TI

287. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 20. Mai 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Wohl kann ich mir denken, daß Sie mir alle sehr, sehr zürnen ob meines beharrlichen Schweigens. Aber der Um­stand, daß sich meine Wiener Reise von Woche zu Woche hinausschiebt und daß ich hier bei meinem Bande (wir drucken jetzt am 26. Bogen) wie festgenagelt bin, dabei fortwährende Verdrießlichkeiten Suphan gegenüber (bei dem ich nur immer nach langem Kampfe etwas durchsetzen kann), hat mich in denkbar mißmutigste Stimmung ver­setzt, die nur durch das achttägige Theaterfest, wo hier alles aus den Fugen ging, mit etwas guter Laune wechselte. Da-für ist seither der Umschlag um so stärker. Doch ich will Sie damit nicht ermüden, sondern Ihnen sofort auch Besse­res sagen. Ich habe in aller Stille und ohne hier von dem unmittelbaren Inhalt meines auswärtigen Tuns etwas zu sa­gen, meine Reise nach Rostock (I.-3. Mai) gemacht; das Re­sultat wird nun offiziell nach Fertigstellung des Druckes

#SE039-093

meiner Dissertation, was ja nun in wenig Wochen der Fall sein wird. Nach Wien komme ich jedenfalls, nachdem mein Band abgeschlossen sein wird. Ich bin nun aber schon so skeptisch geworden, daß ich mit der Feststellung meines Reisedatums lieber warte, bis sie mit mehr Gewißheit ge­schehen kann. Daß ich unter oberwähnten Verhältnissen nicht daran denken konnte, mich in Berlin aufzuhalten, ist wohl ohne weiteres klar. Gut scheint es mit den auf Jena gesetzten Hoffnungen zu stehen. Nur will man an Literatur eher als an Philosophie denken, was ich niemals akzeptieren könnte. Ich liebe die Philosophie ebensosehr, wie ich mich der Literaturgeschichte gegenüber ganz gleichgültig ver­halte, und bin in der Philosophie ebenso tüchtig wie in der Literaturgeschichte untüchtig. Aber es liegt etwas Tragi­sches in dem Umstande, daß alle meine bisherigen Publika­tionen sich in irgendeiner Weise an Goethe anschließen. Ich will Ihnen diese Behauptung alsogleich durch ein Beispiel illustrieren. Eines der Kapitel in der «Atomistik des Wil­lens» von Robert Hamerling schließt sich direkt an meine «Erkenntnistheorie» an. Mir war alles so sympathisch, daß ich die Seiten durch meine fortwährenden Randstriche völ­lig verunzierte. Am bekanntesten dünkte mich ein wörtli­ches Zitat. Erst die Nennung meines Namens machte mir klar, daß dieses Zitat aus meiner «Erkenntnistheorie» ist; diese selbst aber ist, dem Titel nach, falsch zitiert, nämlich «Steiner, Goethes Erkenntnistheorie» statt «Erkenntnis­theorie der Goetheschen Weltanschauung». Beim Goethe-feste stellte sich mir ein Pfarrer aus Württemberg vor (Schwiegersohn des Bildhauers Donndorf), der sich gera­dezu als ein schwärmerischer Anhänger meiner Ideen ent­puppte, der aber nach kurzer Zeit die Tragik begriff, die für mich darinnen liegt, daß ich noch immer an die eigentliche Goetheforschung gefesselt bin. Er sagte: schon die Einlei­tung zum dritten Bande zeige, daß ich innerlich mit Goetheforschung gar nichts mehr zu tun habe. Ach! Wenn doch nur meine hiesige Tätigkeit der Puppen-Schlafzustand

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sein könnte, aus dem ich als Schmetterling heraus und in den heiteren Himmel der reinen, von aller Anhängerschaft freien, philosophischen Lehrtätigkeit fliegen könnte! Ich weiß sehr gut, daß man mir sagen wird, ich bewiese zu we­nig Energie, um das herbeizuführen. Ich möchte diesem Vorwurfe am liebsten nichts entgegensetzen, denn ich ma­che ihn mir seit Wochen selbst täglich mehrmals. Aber es ist doch auch so etwas wie ein altes Naturgesetz: der Mensch kann nicht aus seiner Haut heraus, und ich werde so schon auch in der meinen bleiben müssen. Vielleicht werden sich später, wenn der Erfolg auf meiner Seite ist, selbst meine und anderer jetzt vollberechtigte Zweifel ver­wischen.

Seit Ihrem letzten lieben Briefe habe ich nichts von den Schulerfolgen Ihrer Kinder vernommen. Richard erzählte mir nichts in seinem letzthin an mich gesandten Briefe. Ich hoffe aber von Woche zu Woche persönlich zu erfahren. Vielleicht schreibt mir aber doch Otto oder einer seiner jungen Brüder wieder einmal.

Sie selbst und Ihren lieben Herrn Gemahl aber bitte ich, mir mein langes Nichtschreiben zu verzeihen und mich nicht damit zu strafen, daß Sie diesen Brief unbeantwortet lassen. Sie könnten mich am ehesten ja wieder aufrichten, wenn Sie mir aus Ihrem Hause gute Nachrichten zukom­men ließen. Es wäre mir fürchterlich, zu denken, daß ich meine besten Freunde verletzte, da ich ja ohnedies hier in Weimar allem so fremd und kühl wie möglich gegenüber­stehe, am meisten dem Judas der Humanität, dem falschen Herder-Apostel Suphan.

Mit der Bitte, mich der ganzen Familie, insbesondere Ihrem lieben Gemahl, herzlichst zu empfehlen,

bin ich in aller Dankbarkeit

Ihr

Steiner

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#TI

288. AN RICHARD SPECHT

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Weimar, 20. Mai 189i

Mein lieber Freund!

Herzlichsten Dank für Ihre Ibsen-Nachrichten. Ich habe mich dabei am meisten über die Anerkennung gefreut, die Ihnen dabei geworden ist. Die Ibsen-Verehrung selbst zu teilen, ist mir, wie Sie ja wohl wissen, nicht möglich. Und ich kann eigentlich nicht begreifen, was Felix Dörmann will, wenn er in einer wüsten Weise die ältesten Dinge von der Welt sagt, die heute nur deshalb neu klingen, weil sie in einer besseren Zeit als selbstverständlich und banal nicht gesagt würden. Mein lieber Freund! Mir ist die ganze Ibsen­sche Richtung so fremdartig und unsympathisch wie die moderne Naturweisheit. Sie dürfen mir aber glauben, daß ich weit davon entfernt bin, alles Neue kurzweg abzuleh­nen. Ich sehe in Conrad Alberti einen Menschen, der sich vielleicht noch zu Bestem durchringen wird. Nur die bare Flachheit, die sich herausnimmt, das Dümmste, Selbstver­ständlichste für neu auszugeben, hasse ich. Ich dächte, man solle nur über das reden, was man versteht, aber ich habe beim Weimarer Theaterfeste gesehen, daß Leute wie Schlenther usw. über alles dasjenige die flachsten, äußer­lichsten Dinge sagen, über die sie aber schon gar nichts wissen.

Das Weimarer Theaterfest brachte etwas Leben in die Stadt und eine schöne Opernleistung: Gunlöd. Sonst haben wir - außer Sonnenthals Wallenstein - wohl wenig Gutes gesehen. Die Faustaufführung war - das einzige Gretchen der Frau Wiecke-Halberstedt abgerechnet - das Miserabel­ste, das sich ersinnen läßt. Wildenbruchs Epilog war gera­dezu albern. Goethe und Schiller von Schauspielern darge­stellt - das Monument vor dem Theater nachahmend - und sich Schmeicheleien, Schönheiten sagend, zuletzt Schiller bedauernd, daß er so früh gestorben ist, muß doch unwi­derstehlich

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komisch wirken. Das Stück von Heyse «Die schlimmen Brüder» wurde geradezu verlacht. Ich konnte mich, trotzdem ich auf einem Platze saß, wo ich zu expo­niert war, die ganze Zeit über des Lachens nicht enthalten. Das Stück ist aber auch zu Tode gelacht worden und wird hoffentlich nirgends mehr aufstehen. Wäre nicht der ge­samte Hof anwesend gewesen, so hätte es offenbar noch mehr abgesetzt. Es war ein wahres Glück, daß Heyse es vorzog, nicht zu erscheinen.

Was Sie mir über Ihre neuen Bekanntschaften schreiben, freut mich sehr. Ich hoffe, sie werden Ihnen noch manche schöne Stunde verschaffen. Insbesondere die mit delle Grazie. Was macht Ihnen der Roman für einen Eindruck? Wissen Sie nichts über seinen Weitergang?

Burckhard und Bezecny waren hier beim Feste. Der erste reiste aber nach zwei Tagen ab, den letzteren sprach ich einigemal beim Hofdiner am eigentlichen Festtage. Dort hoffte ich auch Burckhard zu finden, aber er war eben schon fort. Ich hätte ihn gerne über seine Meinung von dem Gretchen der Frau Wiecke gefragt, das ich selbst mit ihr durchgesprochen habe, und hätte ihn überhaupt gerne auf diese im höchsten Maße begabte Schauspielerin hingewie­sen. Freilich ist ihre Figur für ein größeres Theater zu klein. Bei dem Umstande aber, daß, wie mir Bezecny sagte, das Burgtheater dermalen keine Darstellerin des Gretchen hat, wäre an ein Gastspiel vielleicht doch zu denken.

Grüßen Sie alles von mir und schreiben Sie mir doch recht bald wieder. Meinen Goetheband haben Sie hoffent­lich erhalten, wohl auch die «Moderne Dichtung».

In Treuen

Ihr

Steiner

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289. AN ROSA MAYREDER

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Weimar, 20. Mai 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Ihre Briefe erst heute zu beantworten, ist gewiß eine un­erhörte Nachlässigkeit. Wenn Sie aber bei meiner Anwesen­heit in Wien mündlich hören werden, mit welchem Mißmut und mit welcher Niedergeschlagenheit meines Gemütes ich die ganzen Wochen hindurch zu kämpfen habe, dann wer­den Sie vielleicht selbst das Unverzeihliche verzeihlich fin­den. Ich war froh, als ich beim Goethefeste endlich - nach acht Monaten - einen Menschen fand, der meine ganze tra­gische Lage hier in Weimar begreift. Ein württembergischer Pfarrer, der aber noch durch das Tübinger Stift gegangen ist und sich daher die Entwicklung des hohen intellektuellen Vermögens mitgenommen hat, auf die die Deutschen einer besseren Zeit noch Wert legten, - stellte sich mir beim Goethediner vor und entpuppte sich nach und nach als ein verständnisvoller Anhänger meines Ideenkreises. Dieser be­griff nun auch, welche Tragik für mich darinnen liegt, daß ich äußerlich mit einem Wirkungskreise verwoben sein muß, dem ich innerlich bereits ganz fremd geworden bin. Er sagte: schon die Vorrede zu meinem dritten Goethe-bande beweise, daß ich in meinem Herzen von dieser An­hängerschaft zu einer ganz freien Behandlungsweise ge­kommen sei. Und so sehe ich mich denn den ganzen vollen Tag hindurch in einer Tätigkeit, die mein «Ich», wie es vor fünf bis vier Jahren war, mit großer Hingebung getan hätte. Indem ich sie heute vollbringe, tue ich sie nicht mehr. Unter solchen Umständen können Sie sich wohl denken, daß für mich die Reise nach Wien viel, sehr viel bedeutet. Dennoch kann ich vor Beendigung meines Bandes nicht abkommen. Wir drucken jetzt den 26. Bogen. Und dann habe ich noch einen Herzenswunsch. Ich möchte nicht früher nach Wien kommen, bis ich Ihnen volle und günstige Gewißheit über Ihre Schriften bringen kann. Und diese muß mir nun doch

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in kürzester Zeit werden. Kürschner ist wohl auch momen­tan etwas böse auf mich, da mein vierter Band nicht mit wünschenswerter Schnelligkeit vorrückt. Allein wenn der fertig ist, dann wird auch da wieder alles in Ordnung sein. Wie gesagt: bis auf den Umstand, daß ich die Haut endlich einmal abwerfen will, die, seit zwei Jahren organisch ge­trennt, mich nur noch wie eine anorganisch gewordene Schale umgibt. Sonst ist mein ganzes Dasein Lüge und Un­sinn; mein Wirken nicht meines, sondern das einer elenden Marionette, gezogen von den Fäden, die ich vor Jahren ge­sponnen habe, die ich aber jetzt nicht einmal berühren, ge­schweige denn selbst führen möchte. Ich glaube, Sie werden mich verstehen. Hier in Weimar, der Stadt der klassischen Mumien, stehe ich allem Leben und Treiben fremd und kühl gegenüber. Ich habe niemanden, demgegenüber ich mich aussprechen könnte, der mir auch nur im geringsten Verständnis entgegenbrächte. Bitte schönstens mir Ihren lieben Gemahl herzlichst zu grüßen.

In Treuen und in voller Freundschaft

Ihr

Steiner

#TI

290. AN ROSA MAYREDER

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Oberhof, Thüringen, 24. Mai 1891

Geschätzteste gnädige Frau!

Auf den Klageruf, den Sie in diesen Tagen von mir bekommen haben, will ich Ihnen heute einen Gruß aus froherer Stimmung senden. Ich sehe anderthalb Tage hin­durch endlich einmal statt der klassischen Mumien die herrlichste, entzückendste Natur.

Bitte: sagen Sie Ihrem lieben Gemahl und unserem gan­zen Kreise herzlichsten Gruß, den ich aus einem reizenden Thüringischen Orte sende.

St.

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291. AN HELENE RICHTER

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Weimar, 19. Juni 1891

Geschatztestes Fräulein!

Wohl fühle ich es wie ein Unrecht, daß ich Ihnen Ihren Shelley-Aufsatz bis heute noch nicht geschickt habe. Aber das Versäumte soll jetzt in wenigen Tagen nachgeholt wer­den. Die «Ausschreitungen» der Theater-Festwoche be­wirkten bei mir eine furchtbare Abspannung, und ich wollte während der Dauer derselben mich einer Arbeit nicht unterziehen, von der ich aufrichtig sagen kann, daß sie mir ganz außerordentlich viel Freude macht: der genaue­ren Durchsicht Ihres Manuskriptes. Sie werden nun das­selbe viel verunziert durch meine Randbemerkungen in kürzester Zeit erhalten. Wenn ich mir gegenüber Ihrer Ab­handlung eine Bitte erlauben darf, so ist es die: Bleiben Sie bei dem Thema. Sie haben es von einer Seite erfaßt, von der aus es einer ganz besonderen Vertiefung fähig ist. Sie wer­den auch nicht bald einen Stoff finden, an dem Sie die Ihnen eigene Behandlungsart in dem Maße betätigen können wie gerade Shelley gegenüber. Mir ist diese Behandlungsart sympathisch, die den einzelnen Geist auf dem breiten Un­tergrunde seiner Lebens- und Weltauffassung erscheinen läßt. Georg Brandes kann trotz vieler Schwächen hier viel­fach als Muster dienen. Ich glaube nur, daß Sie gerade in dieser Beziehung noch einmal tüchtig Hand an Ihre Arbeit legen müßten. Ich weiß ja recht gut, daß der Autor die stili­stische Architektonik oft als Fessel empfindet. Dem Leser aber ist sie unentbehrlich. Sie werden aus meinen Bemer­kungen ersehen, wie ich diese allgemeinen Sätze im einzel­nen gerne angewendet sehen möchte. Jedenfalls sollen Sie sich bald überzeugen, daß Ihr Manuskript nicht jenes ver­hängnisvolle Schicksal getroffen hat, das Sie vermuten. Schon deshalb nicht, weil ich seit ihrer Abreise überhaupt nicht in der «Künstlerkneipe» gewesen bin.

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Daß Ihnen die in meiner erkenntnistheoretischen Schrift vertretenen Ideen nicht ganz uninteressant waren, freut mich außerordentlich. Auch ich hoffe, einmal darüber mit Ihnen sprechen zu können. Auch ich erinnere mich mit vie­1er Freude an die Festwoche, die schönste, die ich bisher in Weimar zugebracht habe. Wenn ich dabei besonders daran denke, daß ich persönlich zwei wichtige Erlebnisse zu ver­zeichnen habe, so ist das vielleicht ein leicht begreiflicher Egoismus. Ich meine damit: erstens die Befriedigung, die ich davon habe, eine so genaue und ernste Kennerin des von mir hoch verehrten und den ersten Geistern beigezähl­ten Shelley kennengelernt zu haben, zweitens die Freude, die mir das Eintreten Max Christliebs, dieses verständnis­vollen Beurteilers meiner Weltanschauung, bereitet hat. Und nun will ich heute nur noch die Pflicht erfüllen, Wah­les Grüße an Sie und Fräulein Schwester zu bestellen und Sie bitten, sowohl selbst entgegenzunehmen wie auch an Ihr Fräulein Schwester gütigst zu bestellen die besten Emp­fehlungen

Ihres ganz ergebenen

Steiner

#TI

292. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 12. Juli 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Es war allerdings durchaus nicht meine Meinung, daß die Ferien herankommen würden, ehe ich Wien und meine so lieben Wiener Freunde wiedersehe. Wenn ich Ihnen dabei auch noch sagen könnte, wie an- und ausgeödet ich durch dieses erste Jahr in Weimar bin, dann würden Sie erst ganz begreifen, wie notwendig mir ein leider bisher unmöglicher Aufenthalt in Wien gewesen wäre. Nun hoffe ich aber bald hier loszukommen. Ich korrigiere gegenwärtig am 27. Bo­gen,

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und der erste Band ist im ganzen 29 Bogen stark. Ich lege diesem Briefe die bibliographische Einleitung, die ich zu dem Bande geschrieben habe, bei. Sie werden daraus er­sehen, welche Bedeutung der Sache zukommt, aber Sie wer­den vielleicht auch einigermaßen ermessen können, welche Arbeit die Sache gekostet hat. Wenn ich Ihnen dazu noch sage, daß ich mir für jede einzelne Neuerung erst den Boden erkämpfen mußte, wenn Sie daran denken, daß Suphans Mitarbeiterschaft darin bestand, mir alle möglichen Steine in den Weg zu werfen, die aus der stupiden Gesinnung eines alten preußischen Gymnasiallehrers hervorgehen, so haben Sie viele, aber nicht alle Schwierigkeiten, die ich hier zu überwinden gehabt habe. Zu diesem Kapitel wäre nämlich noch so manches zu sagen, das ich lieber unterdrücken will. Ich sende Ihnen auch hiemit meine Publikation aus dem Goethe-Jahrbuch, der ich eine gute Aufnahme bei Ihnen wünsche, weil ich ihr einigen Wert beilege. Ihr soll in Kürze der Abdruck meiner Dissertation über «Die Grundfrage der Erkenntnistheorie mit besonderer Rücksicht auf Fichtes Wissenschaftslehre. Prolegomena zu einer jeden künftigen Erkenntnistheorie» nachfolgen, mit welchem meine Pro­motionsangelegenheit ihren offiziellen Abschluß erhält. Sie werden aus derselben ersehen, daß ich seit meiner «Er­kenntnistheorie» über die einschlägigen Fragen doch man­ches gebrütet habe, was sich immerhin in der philosophi­schen Wissenschaft zeigen kann.

In den letzten Tagen habe ich von Richard und Otto mich erfreuende, liebe Briefe erhalten. Aus dem ersteren ersehe ich, daß Ihr verehrter Gemahl in der letzten Zeit wieder viel unwohl war. Hoffentlich tut die Unteracher Luft, in der Sie ja jedenfalls bald alle atmen, das ihre, um ihn wieder herzu­stellen. Jedenfalls bitte ich Sie, geschätzteste gnädige Frau, ihm zu sagen, daß ich ihm dies wünsche. Dasselbe nicht weniger Richard, der mit manchem Übel wieder zu kämp­fen gehabt hat. Hoffentlich finde ich in Unterach nur von Gesundheit strotzende Antlitze. Ich schreibe heute auch

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noch an Richard und Otto, welch letzteren ich sehr bitte, mir die Ergebnisse des Semesterabschlusses von sich und seinen lieben Brüdern mitzuteilen. Daß ich diese Bitte vor allem an Sie, verehrteste gnädige Frau, stelle, ist selbstver­ständlich, grenzt aber bei meiner Nachlässigkeit im Brief-schreiben sozusagen stark an Unverschämtheit. Ich möchte Sie aber doch ersuchen, mir nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten.

Hoffentlich hat sich der Schluß des Schuljahres in einer Sie befriedigenden Weise vollzogen und haben sich nament­lich auch Ihre Besorgnisse in bezug auf Ernstl als unbegrün­det erwiesen.

Sehr hat mich in letzterer Zeit gefreut, von Richards Be­suchen bei delle Grazie zu hören. Ich weiß ja, mit welcher Befriedigung ich an die Abende zurückdenke, die ich dort verlebt habe.

Noch eines: bei einer Revision der botanischen Objekte des hiesigen Goethehauses warf ich neulich auch einen Blick auf Goethes Schädelsammlung. Dabei ging mir so­gleich folgender Gedanke durch den Kopf. Als Goethe die für die damalige Zeit wichtige Entdeckung von der Wirbel-natur der Schädelknochen machte, wird er gewiß den Schöpsenschädel, an dem er den Fund tat, vom Lido in Ve­nedig mitgenommen und sich aufbewahrt haben. Ich stellte sofort die Hypothese auf: besagter Schöpsenkopf sei unter diesen Schädeln. Gleich schrieb ich Bardeleben nach Jena von meiner Vermutung. Bardeleben ist nämlich der Bear­beiter des Anatomischen. Und so machten wir uns denn auf die Suche nach besagtem Schöpsenkopf: Geheimer Hofrat Ruland, Professor Bardeleben aus Jena und ich. Nach län­gerem Forschen stellte sich uns denn auch besagter Kopf in seiner ganzen Herrlichkeit vor. Wir haben nun die Befriedi­gung, jenen Schafskopf gefunden zu haben, an dem Goethe eine seiner wichtigsten Ideen aufgegangen ist. Also gesche­hen zu Weimar Ende Juni 1891, hundertundein Jahr nach besagter Entdeckung.

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Nun bitte ich Sie noch, mich allen Ihren Angehörigen, Ihrem Herrn Gemahl und Ihrer Frau Mutter besonders, zu empfehlen und auch weiterhin in Wohlwollen zu gedenken

Ihres ganz ergebenen

Steiner

#TI

293. AN RICHARD SPECHT

#TX

Weimar, 18. Juli 1891

Mein lieber, guter Freund!

Aus Ihrem letzten lieben Briefe mußte ich ersehen, daß Sie in der letzten Zeit mit manchen Anfechtungen Ihrer Ge­sundheit zu kämpfen gehabt haben. Hoffentlich ist das nun alles behoben und Sie erholen sich in der guten Unteracher Luft aufs beste und schnellste. Wenn ich von dem Teile Ihres Briefes absehe, der sich mit dieser Mitteilung beschäf­tigt, so darf ich wohl sagen, daß mir der Inhalt desselben, soweit er sich auf Sie bezieht, große Freude gemacht hat, denn er berichtet mir von vielen schönen Erfolgen, die Sie in der letzteren Zeit zu verzeichnen haben und die vielleicht wenige mit solcher Befriedigung erfüllen wie gerade mich. Und ich freue mich ganz besonders, alle Einzelheiten von Ihnen mündlich zu vernehmen. Ich werde mich wahrhaftig daran erfrischen, und ich habe solches nötig. Eine ganz be­sondere Genugtuung ist es mir, daß Sie sich Ihre idealisti­sche Weltanschauung nicht rauben lassen, trotzdem Sie mit­ten drinnenstehen in dem Strudel der «Moderne», der alle jungen Geister mit solcher Macht mit sich fortreißt. Ich ge-höre so wenig zu den Menschen, die «schnell fertig mit dem Urteile» sind, daß ich Hermann Bahrs jüngstes Buch «Die Uberwindung des Naturalismus» von Anfang bis zu Ende gelesen habe. Aber ich bin in meinen Ansichten nicht erschüttert

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worden. Ja, ich muß gestehen, daß es für mich, der ich das Heil der Menschheit darinnen sehe, daß sie sich zur vollen geistigen Freiheit durchringt, etwas Ekelerregen­des hat, wenn ich bei Bahr das Bestreben vernehme, den Menschen vollständig in den ideen- und ideallosen Nerven-taumel untergehen zu lassen. Ich habe mich in dieser Zeit viel mit den neuesten Erscheinungen der russischen Litera­tur und des russischen Lebens beschäftigt und mir nament­lich einen Einblick in die Unter-Kulturströmungen dieses Landes zu verschaffen gesucht. Ich habe auch da nur den Eindruck gewonnen, daß aller Geistesprozeß ein Befrei­ungsprozeß ist, und so bleibe ich denn dabei, daß alle Bewe­gungen, die darauf abzielen, jenen Prozeß zu hemmen, der den Menschen immer mehr herauszieht aus der Bewußtlo­sigkeit, direkt schädlich sind. Es wäre doch ganz absonder­lich, wenn, während die Russen dahin streben, immer mehr und mehr die freie Persönlichkeit herauszuarbeiten und die volle Menschenwürde zu erreichen, wir in Europas Westen von dem Leben der Nerven den freien Geist vollständig übertönen lassen würden. Dort stehenbleiben wollen, wo Goethe stand, ist unsinnig, aber ohne ihn im Leibe zu haben und ohne mit den von ihm in die Welt gesetzten Triebfe­dern sich ganz durch und durch auszuspannen, ist kein Fortschritt möglich. Das ist ja nicht so schnell zu haben, wie unsere Zeitgenossen gerne möchten, aber der muß es sich schon gefallen lassen, der so unvorsichtig war, am Ende des 19. Jahrhunderts zu leben. Wir dürfen uns den Luxus einmal nicht gestatten, so einfach naiv in die Welt hineinzu­leben.

Haben Sie Hermann Bahr in Wien kennengelernt? Wie ich höre, ist er in der letzten Zeit dort gewesen.

Felix Dörmann hat mir sein neuestes Opus übersendet, über welches Faktum ich sehr erfreut bin. Ich habe es bis zu dieser Stunde aber erst zur Hälfte gelesen und so konnte ich ihm noch nicht meinen brieflichen Dank abstatten. was aber bald geschehen soll.

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Auch Ihnen habe ich zu danken für die Übersendung der «Modernen Dichtung» mit Ihrem Gedichte, das mir - be­sonders der Anfang - sehr gefallen hat. Es ist Ihnen dies Mal ganz besonders gut gelungen, eine Naturstimmung festzuhalten. Sie fragen mich über Ihr Ibsen-Gedicht. Ich sehe aus demselben, was die gute Begabung für die Form bei einem Menschen vermag gegenüber einem Sujet, mit dem er innerlich doch zu wenig in Harmonie steht, um ganz davon ergriffen zu werden. Ich halte Sie gerade nach diesem Gedichte nicht für einen Ibsenianer.

In diesen Tagen erhielt ich die Anzeige, daß sich in Wien eine literarische Gesellschaft unter dem Namen «Iduna» konstituiert hat, bei deren Eröffnungssitzung der alte Fer­cher eine Rede gehalten hat, die der Ankündigung beige-druckt ist. Sie ist gutgemeint, aber schwülstig, eigentlich die reine Limonade. Eine zweite Vereinigung scheint mir allerdings noch etwas bedenklicher, denn dieselbe soll den neuesten Ibsen-Apostel Jakob Minor zu ihrem Ehrenmit­glied gewählt haben. Auch eine Art, sich als «modern» zu bezeugen .

Weimar, 31. Juli. Endlich muß nun dieser Brief doch fer­tig werden. Mittlerweile sind Sie wohl gewiß schon in dem schönen Unterach angekommen, und ich gehe nicht fehl, wenn ich dahin adressiere. Bitte schön: sagen Sie dem lieben Otto, er möchte so gut sein und mir die Schlußresultate des Jahres von sich und seinen Brüdern mitteilen. Ich bin sehr gespannt darauf und warte mit Ungeduld.

In Treuen Ihr

Steiner

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#TI

294. AN HELENE RICHTER

#TX

Weimar, 29. August 1891

Geschätztestes Fräulein!

Ihr geehrtes Schreiben vom 20. dieses Monats hat mich von einer Sorge befreit, denn der Franzensbader Brief, dem­zufolge ich bis 25. Juli die Arbeit nach Franzensbad senden sollte, kam viel zu spät, um das Manuskript noch nach die­sem Orte zu befördern, und da Sie mir nicht schreiben, wo­hin Sie zunächst gehen, so wußte ich schlechterdings nicht, wohin mit der Sache. Dieselbe geht nun unverzüglich an Sie ab und Sie erhalten sie ja wohl gleichzeitig mit diesem Briefe. Ich habe sie wiederholt durchgelesen und bleibe bei meiner Meinung, daß die Arbeit nicht nur kein mißratenes Kind ist, sondern sogar ein ganz besonders gut veranlagtes, das nur noch ein wenig der Kultur bedarf, um als ganz vor­zügliches gelten zu können. Sie haben die Grundidee des Prometheus in ganz treffender Weise entwickelt; wenn mir an Ihrer Auffassung etwas bedenklich erscheint, so ist es die Opposition, die Sie der Gestalt entgegenbringen, die Goethe der Prometheussage gegeben hat. Bei Goethe er­scheint die in Prometheus verkörperte Menschheit ja doch durchaus nicht als die sich in unendlichem Hochmut gegen den Weltenschöpfer empörende, sondern als die, welche ge­wahr wird, daß sie das Höchste, was es für sie überhaupt in der Welt geben kann, aus ihrem eigenen Selbst sich schöp­fen muß und die deshalb jedes von außen auf sie einwir­kende göttliche Prinzip als solches ablehnt. In dem Mo­ment, wo der Mensch gewahr wird, daß die höchste Potenz des Daseins in unendlicher Liebe sich selbst aufgegeben hat, um in der menschlichen Seele wieder aufzuleben und hier die Taten der Freiheit zu verrichten, in demselben Momente muß er jeden Gott, der außer ihm steht, als einen Pseudo­gott ansehen, gegen dessen Tyrannei er sich auflehnen muß. Im Grunde stimmt damit auch Shelleys Prometheus über­ein, denn die Befreiung des Gefesselten durch Weisheit und

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Liebe bedeutet doch letzten Endes nur, daß die Fesselung in dem Momente aufhört, wo die im Innern schlummernde höchste Daseinspotenz, das ist eben Weisheit und Liebe, entbunden wird. Dann merkt der Mensch aber auch, daß die Fessel, die er getragen hat, nur die Fessel eines Pseudo­gottes war, die in dem Momente von seinen Gliedern fällt, in welchem Zeus, das ist der Gott des noch nicht zu vollem Selbstbewußtsein erwachten Menschen, in sein Nichts sich auflöst. Hätte Goethe seinen Prometheus zu Ende geführt, so wäre diese Grundidee ohne Zweifel von ihm verkörpert worden, zweifellos aber ist, daß Goethe bei zunehmendem Alter nicht mehr in demselben Sinne an die Macht jenes Selbstbewußtseins geglaubt hat, die ihn die Dichtung hätte zu Ende führen lassen. Es vollzog sich in seinem Innern mehr eine Annäherung an Jupiter, und damit geht unbe­dingt eine Entfernung von Prometheus Hand in Hand. Ob wir das zu bedauern haben, ich weiß es nicht. Mir scheint aber, daß die Vertiefung in die reale Welt der Erscheinun­gen, der wir die späteren Dichtungen Goethes verdanken, eine solche Vergöttlichung der Natur notwendig machte, daß daneben die Idee der absoluten Selbstbefreiung des Menschen unbequem wird. Ich möchte so sehr gar nichts von dem missen, was Goethe geschaffen hat, daß ich gar nicht bedauern kann, daß er dafür manches Unvollendete liegengelassen hat. Die Art, wie Sie die Analyse des Shelley­schen Geistes an den Prometheus anknüpfen, scheint mir ganz gut, und ich bewundere den weiten Blick, mit dein Sie so vieles leicht überblicken, was sonst unserer Zeit ein Buch mit sieben Siegeln ist. Schon darum möchte ich Sie noch­mals bitten, den Aufsatz doch auf jeden Fall druckreif zu machen und dann auch zu veröffentlichen. Manches scheint mir doch so, als wenn es sich in Ihre ganze Weltanschauung nicht harmonisch einfügte, so die ungeheure Verehrung, die Sie Du Bois-Reymond entgegenbringen. Ich schätze die Spezialarbeiten dieses Gelehrten, aber was er an allgemei­nen Ideen so von Zeit zu Zeit der Nation auftischt, das

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verrät einen philosophischen Dilettantismus, der mich ein­fach verhindert, diesen Mann in bezug auf diese Dinge ernst zu nehmen. Ein Mann, der solche Behauptungen in die Welt setzt, wie sie in den «Grenzen des Naturerkennens>< und in den «Sieben Welträtseln» stehen, der kann in philo­sophischer Beziehung einfach gar nicht in Betracht kom­men. Und auch da, wo Sie die Du Bois-Reymond [betref­fenden Erklärungen] geben, scheinen Sie mir durchaus nicht das Richtige zu treffen. Ich halte es für ganz unmöglich, daß ein Wesen, in dessen Innern die Ideenwelt gegenwärtig ist, unfrei sein kann. Und deshalb glaube ich, daß aller Streit über Freiheit oder Unfreiheit des menschlichen Willens nur davon herrührt, daß sich die Streitenden noch nicht klarge­macht haben, was Freiheit des Willens heißt. Ich halte da­für, daß die Verbreitung jener Ideen, die Du Bois-Reymond in den «Grenzen des Naturerkennens» vertritt, den Tod al­les gesunden und namentlich alles tieferen Denkens bedeu­tet. Ich würde mich außerordentlich freuen, wenn Sie mir in diesem Punkte Ihre Zustimmung nicht versagten.

Im Einzelnen habe ich mir erlaubt, kleine Bemerkungen auf die unbeschriebenen Seiten Ihres Heftes zu machen. Wenn es mir gestattet ist, Ihnen in bezug auf die Arbeit zu raten, so ware mein Rat der, daß Sie die Arbeit vor sich nehmen und Satz für Satz nochmal schreiben. Wenn sie nämlich Fehler enthält, so liegen sie wohl namentlich in ei­ner zum Teil eckigen, zum Teil flüchtigen, nicht gefeilten Ausdrucksweise. Das Große ist gut, das Einzelne läßt man­ches zu wünschen übrig. Das ist jedenfalls viel besser, als wenn das Gegenteil der Fall wäre. Aber eben deshalb glaube ich, daß die Sache durch ein weiteres Durcharbeiten ganz druckreif würde. Wir brauchen in der deutschen Literatur solche Essays, wie der Ihrige seiner ganzen Anlage nach ist, denn das, was wir an dieser Kost bekommen, das sind meist Arbeiten, die viel, sehr viel Gelehrsamkeit und gar keine Gedanken enthalten. Wahrhaftig entzückt hat mich an Ihrer Abhandlung der Schluß, der Ihre Ansichten über Kunst

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und Dichtung enthält. Ich habe mir erlaubt, Ihnen an der betreffenden Stelle meinen auf diese Frage bezüglichen Auf­satz über die Grundgedanken einer neuen Ästhetik einzule­gen, und es würde mir eine besondere Befriedigung gewäh­ren, wenn Sie sich auch mit den anderen von mir in bezug auf die Kunst geäußerten Ideen einverstanden erklärten, was ja nach dem, was Sie am Schluß Ihrer Arbeit sagen, notwendig der Fall sein muß.

Der Schlußsatz Ihres Briefes, «Ich verspreche feierlich, die Dame völlig unbehelligt und in Frieden zu lassen», tut mir eigentlich unrecht und verurteilt mich etwas zu streng. Ich muß Ihnen aber doch zugestehen, daß Sie ein Recht zu fluchen haben, da aus den wenigen Tagen, nach deren Ab­lauf ich Ihnen Ihre Arbeit schicken wollte, nun mehrere Monate geworden sind. Jedenfalls bitte ich Sie tausendmal zu entschuldigen, ich war ja nur um so mehr verpflichtet, mein Versprechen pünktlich zu erfüllen, als ich Ihnen die Arbeit förmlich abgerungen und Sie mir ja doch nur wider­willig Einblick in dieselbe gestattet haben. Aber wenn Sie das warme Interesse, das ich für die ganze Richtung Ihres Geistes habe, damit aussöhnen kann, dann lassen Sie mir immerhin mein unverantwortliches Versäumnis verziehen sein. Glauben Sie, daß sich wenige Menschen so freuen wer­den, wenn Ihre Arbeit einmal erscheinen wird, wie ich. Bitte empfehlen Sie mich Ihrem Fräulein Schwester aufs al­lerbeste und ebenso Herrn und Frau Dr. Friedländer, die, wie ich höre, auch in Aussee sein sollen, und seien Sie selbst bestens gegrüßt von Ihrem ganz ergebenen

Steiner

295. LUDWIG LAISTNER AN RUDOLF STEINER

#G039-1985-SE110 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

295. LUDWIG LAISTNER AN RUDOLF STEINER

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Stuttgart, 3. September 1891

Nachdem wir beide in den vier Juliwochen einander so nahe gekommen, wie andere, die aln selben Orte wohnen, in Jahren nicht, wäre es meine Schuldigkeit gewesen, lieber Freund, Ihnen Nachricht zukommen zu lassen. Allein Arbeit und Unwohlsein in Braunschweig, Arbeit über Arbeit hier in Stuttgart haben mich nicht zu meinem Urlaub, geschweige zu mir und Ihnen kommen lassen, und auch jetzt kann ich nicht die Zeit erschwingen, mehr als diese paar halbamtlichen Zeilen an Sie zu richten. Ich habe Kröner erzählt, daß Ihnen der Vorschlag zu einem Buche «Grundprobleme der Metaphysik» eingeleuchtet habe, und er sagte er­freut, das sei ein Buch, wie er sichs schon lange gewünscht habe, Somit lassen sich die Aussichten günstig an, und ich hoffe, wenn Sie versprochenermaßen hieher kommen, können Sie mir über Wachsen und Gedeihen eines Buches berichten, mit dem einer un­ter Umständen viel Glück haben kann. Daß ich nicht in der Lage bin, Ihnen geradezu einen Auftrag in dieser Hinsicht zu übermit­teln, wird Sie wohl nicht abhalten, die schöne Aufgabe in Angriff zu nehmen. Schlägt das Buch ein, so mögen spätere Auflagen den pekuniären Ertrag steigern, der vielleicht bei der ersten nicht allzu glänzend ausfallen dürfte (doch hab' ich über diesen Punkt mit Kröner gar nicht gesprochen).

In die «Bibliothek der Weltliteratur» soll eine Auswahl aus Jean Paul aufgenommen werden, und ich wäre sehr dafür, bei dieser Gelegenheit dem Publikum die «Vorschule» aufzunötigen. Hätten Sie vielleicht Lust, nicht bloß diese, sondern die ganze Jean Paul-Auswahl zu edieren und mit Einleitungen zu versehen? Bezahlung mäßig, da angeblich diese Bibliothek nicht viel Unkosten verträgt.

Dr. Hellen, der mir dieser Tage geschrieben hat, bitte ich, mir noch eine kurze Säumnis mit der Antwort zugute halten zu wol­len. Meine Frau grüßt sämtliche Freunde aus dem Archiv aufs schönste; indem ich mich dem anschließe, bin ich mit den freund­schaftlichsten Gesinnungen

Ihr

Ludwig Laistner

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#TI

296 AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 4. September 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Ware nicht das Gefühl der Freude größer als irgendein anderes mögliche, wenn eine Nachricht aus Ihrem Hause bei mir eintrifft, so hätte der Ärger über mein langes Schweigen wohl kaum ein Gegengewicht gefunden, als mir diesen Morgen Ihr lieber Brief diese meine unselige Schreib­unlust wieder so recht vor Augen brachte. Die Mitteilun­gen, die Sie mir machen, sind wahrhaftig nicht die besten. Sie scheinen wirklich den Berghof diesmal gefüllt mit Pa­tienten gehabt zu haben. Nun aber sagen Sie, daß alles wie­der gut ist oder wenigstens in entschiedener Besserung be­griffen, welch letzterer ich von ganzem Herzen den ent­schiedensten Fortgang wünsche.

Nun vor allen andern Dingen zu der Angelegenheit des lieben Hans. Vorausschicken muß ich da, daß ich mit kei­nem Mitgliede des Fehrschen Hauses seit Neujahr einen Brief gewechselt habe. Sie sehen: überall blickt die «Angst vor der Feder» bei mir durch, wenn auch gerade dem Fehrschen Hause gegenüber manches andere in Betracht kommt. Jedenfalls bin ich gegenwärtig ohne alle Kenntnis von dem, was dort im letzten Jahre vorgegangen ist, und ob an ein Stundengeben von Gundi Fehr zu denken ist. Ich möchte Ihnen daher vorschlagen, mit der Sache einige Tage zu warten, da ich zwischen dem 10. und 15. September von hier abreise, über Frankfurt gehe und jedenfalls vor dem

20. dieses Monats in Wien bin. Hoffentlich läßt sich die Sache doch so machen, daß ich, wenn auch nur ganz kurze Zeit, doch Unterach noch sehe. Bitte sagen Sie Ihrer verehr­ten Frau Schwester, daß ich unbedingt in der Lage sein werde, vor dem 20. dieses Monats in ihrer Angelegenheit mit Gundi Fehr zu sprechen. Sollte sie aber doch die Sache früher erledigt wünschen, so bitte ich um Nachricht. Ich schreibe dann sofort an die Fehr.

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Ich habe im vorigen Monate die Freude gehabt, meinen guten Schröer mit seiner Frau hier in Weimar begrüßen zu können und mit ihnen einige Tage zu verleben. Sie waren vom 12. bis 15. August hier. Der Mann hat wohl unter den Unglücksfällen, die ihn während des letzten Winters getrof­fen, schwer gelitten. Die Reise hieher hat ihn aber sichtlich erfrischt. In den letzten Tagen war auch Herman Grimm einige Tage hier, mit dem bekannt zu werden, mir sehr er­freulich war. Er ist ein Mann, der durchaus die Dinge von hohen Gesichtspunkten aus ansieht, und das zu vernehmen, ist eine Wohltat.

Mitte August überraschte mich eine Sendung von Ge­dichten von delle Grazie mit einem freundlichen Schreiben Professor Müllners, in dem auch Richards gedacht ist. Die Gedichte sind sehr bedeutend und für die eigenartige Begabung delle Grazies in hohem Maße charakteristisch.

Bitte, empfehlen Sie mich allen Gliedern Ihrer geschätz­ten lieben Familie. Richard und Otto danke ich herzlichst für ihre Briefe, die ich baldigst beantworten werde.

Also auf Wiedersehen, womöglich noch in Unterach! Geschrieben: Weimar, den 4. September 1891 im Goethe-und Schiller-Archiv, in immer gleicher Hochschätzung

Ihr


Steiner

#TI

297. AN EDUARD VON HARTMANN

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Weimar, 6. September 1891

Hochgeschätzter Herr Doktor!

Im August 1889 hatte ich die Ehre, Ihnen persönlich Mit­teilung zu machen über den Bestand des wissenschaftlichen Nachlasses Goethes. Dieser erscheint nun, soweit er sich auf die Morphologie bezieht, teilweise im ersten von mir

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für die Weimarer Ausgabe bearbeiteten Bande (dem ersten Bande der morphologischen Schriften). Fortsetzungen des­selben werden die folgenden Bände liefern. Sie werden aus dein Seite 279 bis 363 mitgeteilten, bisher unbekannten Ma­teriale ersehen, daß wir nun imstande sind, manche Lücke auszufüllen, die uns Goethes Weltanschauung bot, daß wir manche Behauptung über seine Grundansichten präziser zu fassen in der Lage sind, als dies bis jetzt der Fall gewesen ist. Für mich ist das Wichtigste, daß die neuen Funde Blatt für Blatt nur Bestätigungen meiner Ansichten über Goethe liefern, und daß jetzt wohl nicht mehr gezweifelt werden kann, daß die Interpretationen von O. Schmidt, Haeckel, Du Bois-Reymond und der Darwinisten überhaupt, soweit sie sich an Haeckel anschließen, falsch sind. Seite 401 bis 452 sollen Proben liefern von der echt empirischen Art, wie Goethe seine naturwissenschaftlichen Forschungen an­stellte.

Dem Buche erlaube ich mir einen Aufsatz beizulegen, der auf den Gewinn der Goethestudien durch den wissen­schaftlichen Nachlaß Goethes hinweist. Ich habe in diesem Aufsatze namentlich die Frage nach dem Verhältnis des Darwinismus und der Deszendenztheorie zur Goetheschen Weltanschauung auf Grund des bis jetzt unbekannten Materials nochmals behandelt und, wie ich hoffe, in bestimmter Weise formuliert.

Im Anschluß an diese Sendung möchte ich Ihnen meinen tiefgefühltesten Dank sagen für das Schreiben, mit dem Sie die Zusendung meines dritten Goethebandes in der «Natio­nal-Literatur» beantworteten. Ihr Brief brachte mir eine Reihe der wertvollsten Winke, die ich im vierten Bande, der demnächst erscheinen wird, dankbarst benutzt habe. Ich hoffe, daß die Art, wie dies geschehen ist, Sie befriedigen wird. Ich werde namentlich genau ausführen, in welchem Sinne ich die Entität der Essenz wiederherstellen will, wel­che die moderne Naturwissenschaft verflüchtigt hat. Ich sehe nämlich sehr wohl ein, daß ich in präziserer Weise, als

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dies bis jetzt geschehen ist, zeigen muß, meine philosophi­sche Ansicht sei keine Form des Realismus, die bereits durch die Geschichte der Philosophie aufgelöst ist, sondern eine Modifikation, welche die Fehler und Unzulänglich­keiten der Vergangenheit vermeidet.

Sehr gefreut hat mich die Stelle Ihres Briefes, in der Sie sagen, daß meine Definition des ästhetischen Scheins ganz in Ihrem Sinn sei und daß es Ihre volle Sympathie hat, wenn ich aus der Idee den ästhetischen Schein und die Notwen­digkeit seiner Ablösung von der Realität deduziere.

Auch für den Hinweis auf meine Darstellung der Goe­theschen Ästhetik in Ihrem Aufsatze «Oscar Linkes Dich­tungen» in der «Gegenwart» danke ich Ihnen bestens.

Für die überaus liebenswürdige Einladung, Ihr Gastzim­mer während einiger Tage benützen zu dürfen, sage ich Ih­nen vielen Dank. Ich werde mir erlauben, von derselben Gebrauch zu machen, wenn ich nach Berlin komme, was sich ja leider bis jetzt nicht hat bewerkstelligen lassen. Es wird aber, wie ich hoffe,,nun in kurzer Zeit geschehen.

Sie bittend, meine Sendung als einen Beweis meiner fort­dauernden Hochschätzung und Dankbarkeit aufzunehmen, bin ich

Ihr ganz ergebener

Rudolf Steiner

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298. AN ROSA MAYREDER

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Weimar, 10. September 1891

Geschätzteste gnädige Frau!

Sie werden von mir sagen: ein unverbesserlicher Mensch, und ich muß mir gestehen, daß, wenn ich mir die Schluß-stelle Ihres letzten lieben Briefes vorhalte: «nur lassen Sie mich nicht wieder wochenlang auf eine Antwort warten», so bangt mir vor dem Eindruck, den meine Nachlässigkeit

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im Schreiben auf Sie machen muß. Ich bitte Sie nun drin­gend, mir diese Saumseligkeit nicht nachzutragen und sie namentlich nicht wie einen Beweis des Erkaltens meiner freundschaftlichen Gefühle hinzunehmen und der Hoch­schätzung, die ich immer in gleicher Weise für Sie hege und hegen werde. Ich freue mich, wie selten auf etwas, auf den Tag, wo ich Sie wiedersehen werde. Und das soll jetzt in kürzester Zeit geschehen. Ich bitte Sie deshalb, mir Ihren augenblicklichen Aufenthaltsort anzugeben, damit ich meine Reise, die ich zwischen dem 16. und 20. September antrete, darnach einrichten kann. Meine Abwesenheit von Weimar kann nur ganz kurze Zeit dauern; das zwingt mich umsomehr, die Zeit derselben in der allerökonomischsten Weise auszunutzen. Ich habe unglaublich viel zu tun und reise mitten in der Arbeit ab, weil mein Gesundheitszustand solches unbedingt erfordert. Ich hoffe also bestimmt in den nächsten Tagen auf eine Mitteilung über Ihren augenblick­lichen Aufenthaltsort.

Von Ihren Novellen kann ich heute wohl bestimmt sa­gen, daß sie diesen Herbst erscheinen. Eine mündliche Rücksprache mit Kürschner, der in der Nähe von hier Som­meraufenthalt genommen hat, soll den Zweck haben, dies Erscheinen so schnell als möglich zu bewirken.

Ihr Brief, soweit er sich auf Eckstein bezieht, hat mich tief erschüttert. Ich weiß zwar seit langer Zeit, daß sich Friedrich Eckstein in einem verhängnisvollen Irrtum befin­det. Dieser besteht nämlich darinnen, daß er den Satz: der Mensch muß das Leben in seiner Fülle durchleben, ganz quantitativ nimmt, als wenn derselbe notwendig machte, daß man auch alle zufälligen, akzessorischen Erscheinungs­formen der Lebensführung durchlaufe. Dies ist insoferne ein Irrtum, als damit das Mißverständnis gegenüber der Qualität alles Seins verknüpft ist. Auch ich glaube, daß der wahrhafte Frkenntnismensch die Lebens- und Weltsub­stanz in allen ihren Formen in sich aufnehmen muß, aber dies muß qualitativ geschehen, durch immer stärkere Ver­tiefung,

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nicht durch ein Herumirren in allem möglichen, womit man ja auch nie selig werden könnte, weil es zu ei­nem regress[us] in infinitum führt. Der Erkenntnismensch muß alles erleben, aber es immer am rechten Orte suchen, nicht wo es ihm sich zufällig aufdrängt. Daß Friedrich Eck­stein dies nicht erkennt, darinnen liegt das tragische Ver­hängnis dieser doch so groß und bedeutend angelegten Na­tur. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich mich nach Ihrem Briefe fast fürchte auf das erste Zusammenkommen mit Eckstein. Worauf sollen wir in dieser Welt vertrauen, wenn es nicht die Menschen sind, die wir für auf sich selbst ge­stellte, innerlich volle und aus sich schöpfende Naturen hal­ten! Erschütternd muß Ecksteins Handlungsweise auf die gute Frau Lang gewirkt haben, die in ihm stets so viel sah. Auf all die Veränderungen, die mir da entgegentreten wer­den, fürchte ich mich - das kann ich offen gestehen. Wir leben eben in einer ganz unglaublichen Zeit. Jeder hastet von Lebensform zu Lebensform; es ist ein nervöses Trei­ben, eine Zeit, die kein Verständnis dafür hat, daß Janus zwei Gesichter haben muß und daß der Blick nach vorn nur dann richtungsbestimmend sein kann, wenn ihm der Blick nach rückwärts hilft, diese fortlaufende Richtung mit der durchlaufenen fortwährend in Einklang zu bringen.

Wenn wir uns sehen, werde ich Gelegenheit haben, Ihnen manches von meinen literarischen Plänen für die Zukunft zu erzählen. Also bitte, schreiben Sie mir baldigst, grüßen Sie mir herzlichst Ihren lieben Mann und seien Sie selbst bestens gegrüßt von

Ihrem ergebenen

Steiner

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299. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

#TX

Weimar, 21. SEPTEMBER 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau und

verehrtester Herr Specht!

Hierdurch teile ich Ihnen mit, daß ich erstens von Ro­stock meine Approbation erhalten habe, zweitens, daß Cot­tas Buchhandlung dafür gewonnen ist, von mir ein umfas­sendes Werk über das Gesamtgebiet der höheren Philoso­phie zu verlegen. Die letztere Mitteilung bitte ich vorläufig als streng vertraulich zu betrachten. Donnerstag bin ich in Wien. Hierbei hätte ich an Sie eine große Bitte. Mein Auf­enthalt in Wien kann, weil er mitten in fortlaufende Arbei­ten fällt, höchstens vier bis fünf Tage dauern. Wenn Sie mir während dieser Zeit gestatten wollten, bei Ihnen zu woh­nen, so würden Sie mich damit wahrhaftig glücklich ma­chen, denn damit würde ich mich wieder einige Tage das fühlen, was ich ein ganzes Jahr hindurch nicht konnte, hei­misch. Ein Schreiben trifft mich in Weimar nicht mehr, ich werde also Donnerstag Ihre Antwort persönlich entgegen­nehmen können.

Immer in gleicher Treue

Ihr

Steiner

#TI

300. AN BERNHARD SUPHAN

Persönlich! Wien, 30. September 1891

Geschätztester Herr Professor!

Während meiner Abwesenheit von Weimar ist mir eine Mitteilung geworden, bezüglich welcher ich nicht bis zu meiner Rückkunft warten möchte, um sie Ihnen, geschätz­tester Herr Professor, anzuvertrauen. Nach einer vertrauli­chen Nachricht Laistners werden Cottas wahrscheinlich zu

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gewinnen sein, um von mir eine philosophische Publikation in Verlag zu übernehmen. Ich freute mich sehr darüber und würde mich noch mehr freuen, wenn die Sache wahr wer­den sollte. Ich weiß nicht, ob von Seite der Cotta'schen Buchhandlung die Sache als vertraulich betrachtet wird; ich möchte aber jedenfalls, daß Sie, verehrtester Herr Profes­sor, vorläufig der einzige Mensch bleiben, dem ich von der Sache gesagt habe.

Korrektur habe ich zu meinem Erstaunen noch keine erhalten. Sollte Böhlau von seiner gewohnten Eilfertigkeit abgelassen haben?

An Martin und Ludwig schreibe ich noch heute.

In Treuen

Ihr

Steiner

NB. Ich treffe jedenfalls zum versprochenen Zeitpunkt in Weimar ein.

#TI

301. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

#TX

Weimar, 7. Oktober 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau und

verehrtester Herr Specht!

Heute morgen um 3 Uhr wieder hier angekommen, soll es zu meinen ersten Verrichtungen gehören, Ihnen von gan­zem Herzen zu danken, daß Sie mir die Möglichkeit ge­währten, eine Woche hindurch jenes Leben wieder auferste­hen zu machen, das mich durch so viele Jahre mit Ihrer mir so teuren Familie verband. Die Erinnerung an diese schö­nen Tage wird mich in einer weniger schönen Zeit aufrecht und, so gut es geht, frisch erhalten. Wenn irgendein Her­zenswunsch, den ich für meinen Wiener Aufenthalt gehabt habe, unerfüllt blieb, so ist es nur der, alle Glieder Ihres

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lieben Kreises in voller, frischer Gesundheit anzutreffen. Hoffentlich bessern sich aber diese Verhältnisse baldigst, und ich erlebe bei einem nächsten Besuche in Wien die Freude, alles in bestem Wohlsein zu finden.

Ich habe noch schöne Stunden in Stuttgart bei Dr. Laist­ner [und seiner Frau] verlebt, die mich mit ganz besonderer Liebenswürdigkeit aufnahmen und in gar nicht zu ahnender Weise Gastfreundschaft an mir übten. Endlich sah ich mir die Frankfurter Ausstellung an, die uns durch die Vorfüh­rung wahrhaft imponierender Erscheinungen ein ganz neues Zeitalter der Technik vorausahnen läßt. Und nun bin ich wieder da an der Leichenstätte deutscher Größe, erwar­tet von Arbeit, die um so mehr Eile jetzt hat, weil vieles vor dem Ausbruch des Setzerstreiks unter Dach und Fach ge­bracht werden muß. Trotz alledem aber hoffe ich, daß ich schon in allernächster Zeit mein philosophisches Buch för­dern kann. Das ist eine Arbeit, die wirklich geeignet ist, einen Menschen zu tragen, weil auch sie nur mit Aufwen­dung aller Geisteskraft zu einem gedeihlichen Abschlusse kommen kann. Ich werde jetzt Gelegenheit haben, vieles zu sagen, was ich zu sagen und zu vertreten habe. Ich fühle mich ja seit längerer Zeit der eigentlichen Goethe arbeit auch innerlich entfremdet, und es ist wohl erklärlich, daß es mich jetzt nicht gerade mit Freude erfüllt, äußerlich mit einer Sphäre wissenschaftlicher Tätigkeit verknüpft zu sein, mit der ich innerlich abgeschlossen habe.

Bei meiner Ankunft hier fand ich einen Brief Eduard von Hartmanns vor, worinnen er der Hoffnung Ausdruck gibt, mich doch einmal bei sich zu sehen, und eine Rezension meines Goetheartikels im Goethe-Jahrbuch aus der Feder Max Kochs, worinnen er sagt, daß diese Arbeit von neuem beweise, daß meine Publikationen «die bedeutendsten neueren Leistungen der Goetheforschung» seien.

Sehr froh war ich in Wien über das gute Aussehen Ottos, Arthurs und Ernstls. Die Vermännlichung des ersteren will mir noch immer nicht eingehen. Hoffentlich macht ihm die

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«Lugik» weniger nächtliche Spaziergänge notwendig, als dies nach seinen und Ihren Erzählungen bei der Mineralogie der Fall war. Richard schreibe ich ganz bestimmt in diesen Tagen; wie geht es ihm mit seiner Gesundheit?

Für heute möchte ich Sie nur noch bitten, mich Ihrer Frau Mutter bestens zu empfehlen und herzliche Grüße auszurichten an Ihre Frau Schwester, Richard, Otto, Ar­thur, Ernst, an den lieben guten Hans, die Familien Schwarz und Strisower, an die Frau Doktor Schwarz und an Foges. Wenn Sie ihn baldigst mit einigen Zeilen beschenken woll­ten, so würden Sie eine besondere Freude machen Ihrem

dankbarst ergebenen

Steiner

#TI

302. AN BERNHARD SUPHAN

#TX

Gemeinsam mit Dr. Wahle

Weimar, 28. Oktober 1891

Sehr geehrter Herr Professor!

. . . Außerdem gestatte ich mir, Ihnen von einer Privatsa­che Mitteilung zu machen. Der Buchhändler Thelemann hat nämlich den Plan, diesen Winter einen kleinen Zyklus von sechs Vorträgen über deutsche Literatur zu arrangieren, und mich und Steiner* dazu aufgefordert. Wir haben beide zugesagt. Außerdem sind noch Dr. Arthur Seidl, Pfarrer Bürkner in Berka und der dramatische Schriftsteller Hans Olden beteiligt. Das Programm dieser Vorlesungen wird in den nächsten Tagen festgesetzt, und wenn Sie bis dahin noch nicht zurück sind, werde ich mir erlauben, es Ihnen mitzuteilen . . .

Herzlichst grüßend

Ihr ergebener

Wahle

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* Verehrtester Herr Professor! Wollte eben dasselbe schreiben. Da aber Wahle die Sache schon so schön darge­stellt, so brauche ich Sie wohl nicht mit besonderem Ge­schreibsel zu beschweren.

Herzlichst grüßend

Steiner

#TI

303. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 19. November 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Haben Sie vielen, herzlichen Dank für Ihren Brief und verzeihen Sie, daß ich erst heute mich mit diesen Zeilen einstelle. Ich habe in diesem Monat zwei Vorträge zu hal­ten: einen hier über die Phantasie, womit ich einen Zyklus von Vorträgen über das deutsche Geistesleben eröffne, die in diesem Winter hier abgehalten werden, und jenen in Wien, von dem ich ja schon gesprochen habe, über «Das Geheimnis in Goethes Rätselmärchen». Hier habe ich am 25., in Wien am 27. November zu sprechen. Ich werde also nicht viel vor meinem Vortrage in Wien ankommen kön­nen. Ich freue mich ganz maßlos auf diese Reise. Richard darf ich wohl bei dieser Gelegenheit nochmals bitten, mir das Anhören seines Prologes möglich zu machen. Aus Richards letztem Briefe erfahre ich zu meiner besonderen Freude, daß sowohl Ihr Gemahl wie Richard selbst sich besser befinden. Hoffentlich finde ich diesmal Ihre liebe Familie mit einer besseren Gesundheits-Physiognomie als das letzte Mal.

Richard fragt mich in seinem Briefe, was mein verehrter Chef zu meinem Buche gesagt hat. Ich will Ihnen seine eige­nen Worte hieher setzen, damit Sie sehen, daß selbst dann,

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wenn man eine Sache von den verschiedensten Seiten anzu­sehen glaubt, es für manchen Menschen eine neue, völlig ungeahnte gibt. Sankt Bernhardus sagte: «Eigentlich haben Sie das Ganze mir zu verdanken, denn in Weimar haben Sie sich mit Laistner zusammengefunden.» Sie sehen, es fehlt nur noch, daß er behauptet, ich mache das Ganze unter Seiner gestrengen Oberaufsicht. Mit meiner Arbeit selbst geht es munter fort. Ich studiere die Philosophie des Mittel-alters, das Kapitel, in dem ich mein Wissen doch immer als lückenhaft bekannt habe. Wenn ich auch da ganz heimisch bin, dann schließen sich mir die beiden großen Massen des Wissens, das Altertum und die Neuzeit, in denen ich mich ganz fest glaube, in eins zusammen, und dann erst darf ich sagen, daß ich den Boden unter meinen Füßen ganz sicher fühle. Verzeihen Sie diese Abschweifung auf mein ganz in­dividuelles Ich. Aber man spricht doch zuweilen gerne von dem, was einen so Tag für Tag erfüllt und beschäftigt. Auch erlebe ich im Äußeren so wenig, daß ich mit dem Erzählen gar bald fertig würde.

In diesen Tagen wird hier mehr als sonst von Wien ge­sprochen. Die Vorgänge auf der Börse haben allenthalben eine solche Verwunderung hervorgerufen, daß man überall, wohin man kommt, als Wiener um die einschlägigen Per­sönlichkeiten gefragt wird.

Seit einigen Tagen ist auch der Hof wieder aus seinen verschiedenen Sommeraufenthaltsorten zurück. Die Groß-herzogin geht übrigens übermorgen wieder nach Holland, offenbar um als die einzige jetzt noch lebende Original­Oranierin mit dem Lande in Fühlung zu bleiben.

Hat Richard von dem Feuilleton über Felix Dörmann, das Georg Brandes im «Berliner Tageblatt» geschrieben hat, gehört? Es war in jeder Zeile vollkommen zutreffend.

Ich bin sehr gespannt darauf, wie ich alles in Ihrer lieben Familie treffen werde. Otto wird wohl schon ganz «lu­gisch» geworden sein. Sie bittend, mich Ihrer Frau Mutter, Ihrem lieben Herrn Gemahl und allen Gliedern der Familie

#Bild S. 122

Bildtext:

Doktor- Urkunde Rudolf Steiners

Ausgestellt: Rostock, 26. Oktober 1891,

signiert: E. Schwartz, decanus.

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auf das beste zu empfehlen, bin ich in immer gleicher Hoch -schätzung

Ihr dankbarer

Steiner

#TI

304 AN ROSA MAYREDEB

#TX

Weimar, 19. November 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Es sind nun leider mehrere Wochen seit meinem Wiener Aufenthalt verflossen, ohne daß ich Ihnen geschrieben hätte, obgleich dieses Mal neben dem immer und für immer gleichen Gefühle treuer Freundschaft auch noch das herzli­che Dankbärkeitsgefühl hinzukommt für die schönen Stun­den, die ich in Wien vor allem durch Ihre Bemühungen habe verleben können. Allein zwischen dem Willen zu schreiben und der die Feder führenden Hand schwebt so viel. Und so komme ich erst heute mit diesen Zeilen, die Ihnen erstens sagen sollen, daß ich von Wien mit einer - ich möchte sagen -vertieften Überzeugung weggegangen bin von der innigen Verwandtschaft unserer Anschauungen. Ich kann mich mit wenigen Menschen so wie mit Ihnen verständigen. Sie ha­ben jenes geistige Bedürfnis, das allen Seeleninhält zur vol­len Klarheit und zu scharfumrissenen Gebilden bringen will, ehe es ihn gelten läßt. Und diese Art des Denkens halte ich für die, die allein zur Erkenntnis und durch diese zur Freiheit führen kann. Nicht das dunkle, nebelhafte, magi­sche Motiv kann uns zum frei handelnden Menschen ma­chen, sondern nur das, welches in liebevoller Gestalt und deutlich in allen seinen Teilen vor uns steht. Erst wenn ich den Inhalt meines Geistes restlos durchdringe, so daß nichts als dunkles Gefühl, als mystische Macht in mir verborgen bleibt, kann ich sicher sein, daß auch dasjenige, was ich als

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mein Inneres nach außen hin därlebe, wirklich meine Tat sei: Und hierinnen sehe ich nur allein die wahre Freiheit und die volle Ausgestaltung der menschlichen Persönlich­keit. Und deshalb, weil ich in Ihrem Geistesgefühl dieses rastlose Ringen nicht nur nach Tiefe, sondern auch nach Klarheit in der Tiefe finde, deshalb berührt mich alles, was Sie sagen und was von Ihnen ausgeht, so tief sympathisch.

Ich habe in diesem Monate zwei Vorträge zu halten. Den einen hier in Weimar am 25. über die «Phantasie als Kultur­schöpferin» und den zweiten am 27. in Wien über «Das Geheimnis in Goethes Rätselmärchen». Sie können sich denken, daß ich mich innigst freuen würde, einige Tage in Wien zubringen zu können.

Daß Ihre Arbeiten noch immer nicht aus dem Häfen lau­fen, daran ist gegenwärtig wohl nur ein äußerer Umstand schuld, nämlich der Buchdruckerausstand. Ich bin gewiß, daß ich sie nach dem Aufhören des Streiks der Veröffentli­chung zuführen werde, und dann werde ich mich mehr freuen als über vieles, was ich selbst erreicht habe. Gegen­wärtig wird in Deutschland nur das Notwendigste ge­druckt. Ich bitte Sie nur noch einmal inständigst, nicht zu verzweifeln und die Geduld nicht zu verlieren. Fast komme ich mir komisch vor, indem ich dieses niederschreibe, weil ich die Geduld ja selbst schon verloren habe. Aber was schwer geht, muß erzwungen werden.

Mein Buch geht vorwärts. Ich studiere Mittelalter, das ist dasjenige Gebiet der Philosophie, in dem ich mein Wissen immer lückenhaft gefunden habe. Dabei gehen mir ganz ei­gentümliche Einsichten auf, über die ich in Wien mit Ihnen sprechen möchte. Es ist doch merkwürdig, wie sich eine Sache anders ausnimmt, wenn man sie unmittelbar an ihrer Wurzel erfaßt und von da aus weitertreibt, als wenn man sie von außen betrachtet, der Gestalt nach, die sie oft durch fremden Einfluß erhalten hat. Sie erinnern sich wohl, daß wir anläßlich eines Gespräches über die Hegelsche Philo­sophie darüber gesprochen haben.

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Ich hoffe, einige Tage in Wien sein zu können. Ankom­nien kann ich erst am 26. (Donnerstag) abends um 10 Uhr mit der Nordwestbahn, da ich am 25. abends 1/28 Uhr hier zu sprechen habe.

Und nun bitte ich Sie, Ihren lieben Gemahl ganz herzlich zu grüßen und ihm zu sagen, daß ich hocherfreut über seine Zustimmung zu meinen letzthin in Wien geäußerten Über­zeugungen bin. Mich freut nichts mehr, als wenn ich ähnli­che Gesinnung bei jemandem finde, der in einer ganz ande­ren Sphäre tätig ist als ich selbst. Und ganz besonders ist meine Befriedigung, wenn ich mich mit ausübenden Künst­lern verständigen kann.

Auf Wiedersehen, Ihr Sie stets gleichschätzender

Steiner

#TI

305. AN ROSA UND KARL MAYREDER

#TX

Wien, [Ende November 1891]

Verehrteste gnädige Frau und Herr Professor!

Zitter hatte bis zu diesem Augenblicke zu tun, und ich kann ihn erst jetzt sprechen. Deshalb sage ich Ihnen auf diesem Wege, daß die Zusammenkunft in einem Restaurant vis-ä-vis von Zitters Wohnung um 8 Uhr sein soll. Ich komme dann bald zu Ihnen, Sie abzuholen.

Herzlichste Grüße

Ihr

Steiner

#TI

306. AN ROSA MAYREDER

#TX

[Wien, Anfang Dezember 1891]

Geschätzteste gnädige Frau!

Ihr Unwohlsein macht mich nicht nur besorgt, sondern benimmt mir auch die Möglichkeit, Ihnen persönlich «Lebewohl»

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zu sagen. Sie können sich denken, daß es mich nun betrübt, so ziehen zu müssen. Ich weiß nicht, ob ich Ihren Herrn Gemahl noch sehen kann; mit einem aber wür-den Sie mir einen großen Dienst leisten: wenn Sie mir durch irgend jemanden im Laufe des Abends ins Café Griensteidl Nachricht zukommen ließen, wie es Ihnen geht. Sollte ich wirklich niemanden mehr sehen, so nehme ich auf diese Weise Abschied und danke Ihnen herzlichst für so vieles, was ich nicht im einzelnen anführen kann. In die Vorlesung kann ich natürlich nicht gehen, da ich die Abendeinteilung nicht ändern kann. Also Ihnen und Ihrem Herrn Gemahl herzlichst lebewohl

Ihr

Steiner

#TI

307. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 14. Dezember 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Schelten Sie mich nicht als den ewig Unzufriedenen, wenn ich meinen Brief wieder mit dem Sätze beginne, daß mir der Glaube schwer, sehr schwer wird, wieder für unbe­stimmte Zeit Weimars Jämmerlichkeiten ertragen zu kön­nen, da ich wieder mehr als eine Woche hindurch bessere Verhältnisse gesehen habe. Wenn die aus diesen Verhältnis­sen fließende Grundstimmung nicht gar so mächtig wäre, so würde ich sie schon aus dem Grunde verschweigen, da­mit meine Briefe nicht dem Vorwurf äußerster Langweilig­keit ausgesetzt wären. Denn es gibt wohl keine langweilige-ren Menschen als die, die ewig klagen. Aber bei mir kommt es wahrlich nicht auf diese oder jene kleine oder große Un­annehmlichkeit an. Diese möchte ich gerne ertragen. Sol­ches verstimmt für kurze Zeit, aber man kann doch wieder

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aufatmen, wenn bessere Augenblicke des Lebens kommen. Etwas anderes ist es aber, wenn uns Zustände umgeben, die uns fortwährend das Gefühl des Ekels einflößen. Und die­ses ist es, was ich nicht los werde, wenn ich all die Jämmer­lichkeit, die Kleinlichkeit, die Borniertheit sehe, die mich hier umgibt. Um so größer aber ist das Gefühl des Dankes, das ich Ihnen und Ihrem geschätzten Herrn Gemahl gegen­über empfinde und hiermit ausspreche dafür, daß Sie mich wieder einmal Ihrem lieben Kreise durch eine Reihe von Tagen angehören ließen. Ich sage wirklich nicht zu viel, wenn ich gestehe, daß mir die Wiener Tage wie ein schöner Traum erscheinen. Sie sind freilich darauf angewiesen, mir das zu glauben, denn nachfühlen könnten Sie mir es nur, wenn Sie von den beiden Gliedern des Gegensatzes, Wien und Weimar, auch das zweite kennten. Um vieles auszuglei­chen, habe ich jetzt freilich die Arbeit an meinem Buche, die mir Trost, Erhebung und auch Erholung ist. Vielleicht wird die geistige Öde Weimars auch das tun, was Richard so sehr gerne möchte, meinem Stile Breite und Ausführlich­keit geben. Ich weiß nicht, werde es auch kaum suchen. Bis Ostern hoffe ich auf jeden Fall, das Manuskript abgeschlos­sen zu haben. Versäumt habe ich durch mein nur ein paar Tage verlängertes Wegbleiben gar nichts, da an ein Ende des Setzerstreikes noch gar nicht zu denken ist. Es ist sogar fraglich, ob am 1. Januar die Arbeiten wieder aufgenommen werden. Und um die Direktion bei einem ihrer jämmerlich­sten Schritte zu sehen, bin ich gerade noch zurechtgekom­men. Soeben habe ich auch noch einen verspäteten Mozart-abend (Erste Nummer: das G-moll-Quintett) mitgemacht. Der zweite der Vorträge in der von mir mitarrangierten Se­rie wurde vom 7. auf den i 1. verschoben, so daß ich auch den noch mit anhören konnte. Also ist doch alles in bester Ordnung.

Nun möchte ich Ihnen aber noch sägen, daß ich mich diesmal ganz besonders gefreut habe, als ich Otto in seinem Nachdenken über seinen Hämletaufsatz beobachtete. Er

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faßt die Sache gründlich und selbständig auf, was die besten Vorblicke für ein gedeihliches Fortkommen während der Universitäts-Studienjahre gibt. Ich glaubte, entschieden wieder ein Wachsen seines Geistes wahrgenommen zu ha­ben. Sie wissen, daß mir das besondere Freude macht. Wäh­rend ich dieses hier schreibe, gedenke ich besonders lebhaft des mit Richard und Otto geführten Disputes über Shake­speare um ¼ i i Uhr nachts. Es stimmt das ganz genau, denn meine Uhr geht noch immer nach Wiener Zeit; ich habe sie noch nicht umgestellt.

Richard schreibe ich morgen ganz bestimmt. Hoffentlich geht es ihm wieder besser. Er hat mir eine große Freude damit gemacht, daß er mir die letzte Stunde vor der Abreise auf dem Bahnhofe Gesellschaft leistete.

Nun aber bitte ich Sie nur noch, mich Ihren lieben An­gehörigen bestens zu empfehlen, Ihre Frau Mutter, Ihren lieben Gemahl, und mir die Kinder herzlichst zu grüßen. Wenn Sie ihm bald einige Zeilen in sein Leid senden und dabei nicht vergessen zu bemerken, wie es den verschie­denen Patienten geht, dann werden Sie besonders erfreuen Ihren

in vorzüglichster Hochschätzung

ergebenen

Steiner

#TI

308. AN PAULINE SPECHT

#TX

WEIMAR, 22. Dezember 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Herzlichsten Dank für Ihre lieben Zeilen, die eben in meine Hände gelangen. Auch Ihrer Frau Schwester danke ich für die in Ihrem Brief eingeschlossenen Worte. Sie schei­nen wahrhaftig das Esoterische ins Exoterische übersetzen zu wollen, indem Sie mir ankündigen, daß ein Symbol für

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die im «Märchen» figurierende Lampe durch Ihre Liebens­würdigkeit in Zukunft mir selbst bei meinen Arbeiten leuchten soll. Ich wünschte nur, daß die Leuchtkraft auf recht viel anderes Licht in diesem Winter stoße, denn Sie wissen aus dem «Märchen», daß die Lampe im Finstern nicht leuchtet. Nur dann kann ja von dem Märchen gespro­chen werden, das Sie zur Lampe hinzugedichtet wünschen. Ich will Gold suchen so viel ich kann; hoffentlich treffe ich auf das rechte, und ich werde zuletzt als Schlange und nicht als Irrlicht befunden. Nun es sei, wie es komme. Wenn ich Ihnen neulich vom Ekel geschrieben habe, so glauben Sie nur ja nicht, daß mir derselbe den Mut nimmt, nicht einmal die Lebensfreude. Das wäre bei mir am allertörichtesten. Ich wäre wahrscheinlich auch ganz froh, wenn ich hier in Weimar von dem geistigen Dunstkreis meiner Umgebung absehen könnte. Aber man kann doch nicht immer mit zu-geh alten er Nase herumgehen! Doch jetzt abgesehen davon. Vor allem meinen herzlichsten Dank dafür, daß Sie gele­gentlich des Festes meiner gedachten. Ich werde die Tage ziemlich einsam zubringen, dafür aber um so mehr Gele­genheit haben, meine Arbeiten um ein gutes Stück vor­wärtszubringen. Wenn ich zu Ostern fertig sein will - und das soll auf jeden Fall geschehen -, so muß ich stark hinter­drein sein.

Von den Gesundheitsverhältnissen in Ihrem Hause hätte ich gerne Besseres gehört, als daß sie dieselben geblieben sind. Vielleicht bringt mir Ihr nächster Brief, mit dem ich Sie bitte, mich recht bald zu erfreuen, in dieser Beziehung Besseres. Zu Weihnachten haben die Kinder gewiß Zensu­ren nach Hause gebracht. Dürfte ich um Mitteilung dersel­ben bitten.

Mich hat gestern Speidels Feuilleton über die «Einsamen Menschen» recht interessiert. Sie wissen, daß ich kein be­sonderer Freund dieses Kritikers bin. Der Ernst aber und die Gründlichkeit, die er auf dieses Stück wendet, müssen anerkannt werden. Denn sie beweisen, daß Speidel der ihm

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gerade diesem Werke gegenüber gestellten Aufgabe voll­kommen und in schönster Weise gewachsen war. Ich hahe mich über manche Bemerkung des Feuilletons, namentlich über die Worte bezüglich der Monologie und des Szenen­wechsels, sowie über das in bezug auf den Realismus im allgemeinen Gesagte sehr gefreut. Mit dem Monolog glau­ben die Naturalisten gleichsam das letzte Bollwerk der idea­listischen Kunst überwunden zu haben. Als neulich Ema­nuel Reicher in Weimar war und mit Hans Olden zusam­mentraf, da sagte der letztere: «Haben Sie schon bemerkt, daß in meinem letzten Stücke keine Monologe mehr vor­kommen?» Fort also mit allem, was Seele bedeutet in der Kunst. Denn der Monolog ist ja doch nur ein Mittel, die seelische Tiefe, die im gewöhnlichen Leben oft verborgen bleibt, an die Oberfläche zu bringen. Die «Einsamen Men­schen» könnten nur gewinnen, wenn Johannes die Weis­heit, die er in seinem sorgfältig verschlossenen Manuskripte hat, wenigstens andeutungsweise in einem Monologe entwickelte.

Und nun nochmal frohe Feiertage Ihnen, Ihrer Frau Mutter, Ihrem lieben Herrn Gemahl, den Kindern und auch Ihrer Frau Schwester.

In fortdauernder Hochschätzung

und Dankbarkeit

Ihr

Steiner

#TI

309. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 22. Dezember 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Spät erst kommen diese Zeilen in Ihr Haus; zu spät, da ich Ihnen längst hätte sagen sollen, wie glücklich mich Ihre Freundlichkeiten während meines diesmaligen Wiener Aufenthältes

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wieder machten. Ich danke Ihnen und Ihrem lie­ben Gemahl herzlichst für die vielen Stunden, die Sie mir gewidmet haben; die Aussicht auf solche an den folgenden Tagen war es ja immer, was mich veranlaßte, die Abreise immer und immer wieder aufzuschieben, was ja hier eine Kalämität gegeben hätte, wenn nicht der unglückselige Set­zerstreik ins Endlose dauerte. Ja, die Hoffnung, daß am

1. Januar die Arbeiten wieder beginnen, ist bis heute keine große.

Ich war in diesen Tagen in fortwährender Besorgnis we­gen des Umstandes, daß ich Sie eigentlich recht unwohl ver­lassen habe. Hoffentlich ist dies Unwohlsein längst wieder behoben, und Sie sitzen wieder über Ihren Arbeiten. Die ganze Geschichte hätte dann keinen anderen Nachteil ge­habt als den, daß Sie die delle Gräzie diesmal noch nicht haben kennenlernen können, was mir eigentlich sehr leid gewesen ist. Ich hätte gerne gesehen, wie sich Ihre dem Le­ben zugewandte und zukunftsfreudige Anschauung an dem verzweifelnden und dem großen Sterben zugewandten der delle Grazie reibt. Das wäre ein rechtes Psychologen-Pro­blem geworden. Doch abgesehen von allem Egoismus mei­nerseits: Sie hätten Freude von der Bekanntschaft gehabt. Delle Grazie ist in ihrer ganzen Eigenart der entgegenge­setzte Pol solcher Anschauungen, wie sie unsere so sehr geschätzte Marie Lang hat. Ich glaube, delle Grazie könnte für Sie vielleicht zum Erlebnis werden. Sie werden an ihr erfahren, was Sie sich theoretisch durch das Studium Fried­rich Albert Langes vermitteln wollten, aber auf kürzerem Wege, weil ins Leben umgesetzt und zum scheinbar uner­schütterlichen Glaubensbekenntnis geworden. Er hat etwas Bestrickendes, dieser Materialismus! Er weiß alles so son­nenklar zu machen. Wer ihm verfallen ist, wird nur schwer wieder loskommen. Wie wenige haben doch begriffen, daß Langes «Geschichte des Materialismus» eigentlich eine Münchhauseniade ist. Der Geist schafft sich die atomisti­sche Materie, um sich dann selbst aus dieser seiner Schöp­fung

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zu erklären, allerdings dabei bekennend, daß diese Er­klärung eine solche nur für ihn ist. Das ist der Mensch, der sich an dem eigenen Zopfe in die Höhe hebt und - hierinnen ergänzt Länge den Münchhäusen - genau weiß, daß die Be­wegung nach oben nurfür ihn da ist. Schade, daß der gute Mann so gar nicht einsieht, daß bei dieser Prozedur so ver­flucht wenig geschieht. Eine Weltanschauung, die uns wahrhaft befriedigen soll, muß uns wirklich von der Stelle im Weltall, wo wir ohne sie stehen, wegbringen, sie muß uns in absolute Bewegung versetzen. Wir mussen durch sie nicht bloß Aufschluß darüber erhalten, was wir sind, son­dern wir mussen etwas durch sie werden. Da stellen sich freilich alle die Enthusiasten des Stehenbleibens ein und er-klären: wir wollen eine Wissenschaft dessen, was ist, nicht eine Vermittlung von etwas nicht Seiendem. Das sind die Schwachen, die sich durchaus nicht zugestehen wollen, daß ihnen als Menschen das Recht zusteht, zu schaffen und daß das durch sie gewordene Sein keinen niedereren Anspruch hat auf das Bestehen als alles ändere Sein. Dies namentlich ist es, was mich nie an die Gotteskindschaft hat glauben lassen. Sie ist nur ein Auskunftsmittel, um die Gebilde, die wir schaffen, als bloß nachgeschaffen auszugeben. Der Mensch in seiner Schwäche bat um Verzeihung für seine Ideenschöpfungen und erklärte: sie sind ja gar nicht von mir, sondern von dem himmlischen Vater gewollt. Er getraute sich nicht zu wollen, deshalb gab er vor zu sollen. Und nun wünsche ich Ihnen noch recht frohe Weih­nachtsfeiertage und bitte Sie, Ihrem lieben Gemahl zu sa­gen, daß ich ihm diese ebenfalls wünsche. Ich werde in mei­nem Exil denken, wie froh manche Stunde des Festes sein könnte, wenn wir sie zusammen durchleben könnten.

In der Hoffnung, daß diese Zeilen Sie gesund und froh antreffen,

Ihr

Rudolf Steiner

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#TI

310. AN RICHARD SPECHT

#TX

Weimar, 23. Dezember 1891

Mein lieber, guter Freund!

Vor allen andern Dingen danke ich Ihnen herzlichst für die vielen Liebenswürdigkeiten und Freundschaftsdienste, die Sie mir vor und während meines Wiener Aufenthaltes erwiesen haben. Insbesondere bin ich Ihnen dankbar dafür, daß Sie mir die letzte Stunde durch Ihre freundliche Beglei­tung zu einer leichteren machten, als sie mir diesmal durch die Aussicht auf ein längeres Fernbleiben von Wien sonst geworden wäre. Bei dieser Gelegenheit will ich Ihnen gleich sagen, ob Sie nicht die Güte haben wollten und mir noch etliche Prologe senden möchten. Ich gäbe sie gerne einigen Menschen, denen ich von Ihnen gesprochen habe. Hanslick hat die Prolog-Frage also prinzipiell genommen. Das ist freilich das Allereinfachste.

Eben bin ich mit Hermann Bährs «Russischer Reise» zu Ende gekommen. Ich wäre ungerecht, wenn ich nicht sagen wollte, daß ich sie eigentlich mit Vergnügen gelesen habe. Mein Geist braucht manchmal Futter, das nicht besonders tief ist, aber doch nicht in der Haut, sondern in den Nerven seinen Ursprung hat. Bei meiner übrigen Lektüre muß ich meistens denken; das strengt mich nicht an, aber es elektri­siert mich, es bringt Leben in meine Glieder; ich muß oft von meinem Sitze aufspringen. Bei Hermann Bahr kann ich behaglich auf dem Sofa liegen bleiben, und ich zapple ver­mutlich nur mit den Beinen. Einen Nachteil hat es für mich. Ich kann keine Zeile von Bahr lesen, ohne zu rauchen. Und die Kosten auf Zigaretten während eines Bahrschen Buches kommen denen des Buches selbst gleich, wenn sie nicht hö­her sind. Ohne die chaotisch blaugraue Rauchwolke vor mir kann ich mir keinen Satz von Bahr zum Bewußtsein bringen. Ich verstehe auch Bahr erst, seit ich rauche. Ich glaube, in der Gestalt der von mir und meiner Zigarette

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ausgehenden Rauchwirbel eine Objektivation der Bahr-schen Gedanken zu vernehmen.

Nun zum Inhalt Ihrer Karte. Ich möchte nach den Feier-tagen in der Arnauschen Angelegenheit ganz gerne mit dem Generalintendanten sprechen. Nur müßte ich dann aller­dings gleich die Rollen Arnaus wissen. Denn ich glaube nicht, daß andere Stücke als die auf dem Repertoire stehen­den einstudiert werden. Außerordentliche Proben sind hier ganz unmöglich, weil für Oper und Schauspiel ein gemein­sames Haus und einer der schwerfälligsten Bühnenapparate besteht. Ich mache Sie nur von vorneherein auf einige Be­denken aufmerksam. In der Karwoche wird nicht gespielt. Dann steht einem Gastspiel Arnaus entgegen, daß man hier als Gäste nur Anfänger und Kräfte allerersten Ranges spie­len läßt. Durch Schauspieler, die in der Mitte zwischen Sonnenthal, der Ellmenreich oder Haverland einerseits und einem eben aus der Schule Entlassenen andrerseits, fühlen sich die hiesigen, erbgesessenen Kräfte beeinträchtigt. Sie meinen, das können sie auch. Nur ganz junge Schauspieler, von deren Kunst sie noch nichts befürchten, und Größen, mit denen von vorneherein ein Vergleich ausgeschlossen ist, passen ihnen. Bisher haben nur solche Kräfte hier gastiert. Ich sage Ihnen das von vorneherein, weil hier die Theater-verhältnisse eben ganz andere als in jeder anderen deutschen Stadt sind. Dennoch möchte ich dem Intendanten die Sache vorlegen. Wir wollen eben sehen. Viel Aussichten sind aber nicht vorhanden.

Nun noch frohe, recht frohe Weihnachtstage und den Wunsch, Ihre Gesundheitsverhältnisse möchten bald die al­lerschönsten sein.

In Treuen

Ihr

Steiner

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311. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

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Weimar, 31. Dezember 1891

Hochgeschätzte gnädige Frau und Herr Specht!

Hiemit will ich Ihnen vor allen anderen Dingen von gan­zem Herzen die besten Grüße zum Neujahr senden. Ferner Ihnen vielen Dank sagen für das Weihnachtsgeschenk, das, nachdem es eine selbst für thüringische Verhältnisse lange Reise gemacht hat, heute morgens angekommen ist und abends zum ersten Male meinen Studien sein Licht spenden wird. Für Ihre Weihnachtswünsche danke ich herzlichst. Ich kann es nur immer wieder und wieder sagen, was ich eigentlich nicht intensiv genug sagen kann: wie sehr ich Ih­nen dankbar bin für Ihre fortdauernde freundschaftliche Gesinnung und wieviel sie mir wert ist.

In diesen Tagen wurde ich von einem Berliner Verleger aufgefordert, ein umfassendes Werk über «Goethes Ver­hältnis zur Wissenschaft» zu schreiben. Wie ich mich dazu stelle, weiß ich noch nicht. Mein ganzes Sinnen und Denken steht vorläufig bei meinem in Angriff genommenen philo­sophischen Werk. Dies muß vor allem fertig werden.

In den nächsten Tagen werde ich vielleicht mit dem drit­ten der hier von mir zu arbeitenden Bände fertig. Der zweite ist längst fertig, nur wegen des Buchdruckerstreikes noch nicht zu Ende gedruckt. Leider konnte ich meinen Vorsatz nicht ausführen und zu Weihnachten nach Berlin fahren. Da in diesen Tagen der Streik zu Ende gehen dürfte, so ist nämlich der Abschluß verschiedener Dinge nötig, und ich muß dableiben.

Dürfte ich Sie, geschätzteste gnädige Frau, bitten, mir Nachricht über die Weihnachtszensuren der Kinder zu­kommen zu lassen! Ich bin darauf immer sehr gespannt.

Nun nur noch die Bitte, allen Gliedern der Familie von mir den herzlichsten Neujahrsgruß zu sagen.

In Treuen und Dankbarkeit

Ihr

Steiner

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312. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 20. Januar 1892

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Zu dem Danke, den ich Ihnen für das schöne lichtspen­dende Weihnachtsgeschenk bereits ausgesprochen habe, darf ich wohl jetzt auch noch jenen für die Bilder hinzufü­gen, über die ich mich ganz besonders gefreut habe. Wenn ich mir hier ein Urteil über die Güte der Bilder erlauben darf, so muß ich sagen, daß nur drei derselben auf mich den Eindruck von guten Photographien machen. Welche das sind, betrachte ich als mein Amtsgeheimnis. Ich könnte mich sonst doch gar zu sehr in bezug auf mein Urteil expo­nieren, und für den, der sich mit Ästhetik beschäftigt, wäre das fatal. Besten Dank auch für die schönen Worte auf den Rückseiten der Bilder, und zwar jedem einzelnen Darge­stellten im besonderen. Nun noch ein Wort über das aus der Symbolik des Goetheschen Rätselmärchens ins Tat­sächliche umgesetzte Geschenk. Es hat während zwanzigtä­gigen Gebrauches seine Probe großartig bestanden. Vor­nehm - im Nietzscheschen Sinne - alles gleich behandelnd, wirft diese Lampe ihr Licht über «Tasso» und «Iphigenie», Ibsen und Tolstoi, über Windelbands «Geschichte der Philosophie» und über ein Buch über «Platonismus und Christentum», das ich in letzterer Zeit viel studiere.

Sehr interessant war mir in Ihrem letzten Briefe die Be­merkung über Gerhart Hauptmanns «Einsame Menschen». Daß Ihr lieber Gemahl nicht übel Lust verspürte, auf und davon zu laufen, begreife ich ganz gut. Die «Einsamen Menschen» sind von einem gewissen Punkte an so, daß nur dem sie noch gefallen können, der sich seines gesunden Menschenverstandes entledigt hat und dafür eine Sympa­thie für das Unwahr-Überspannte, Großmäulig-Nichtige eingetauscht hat, das in der Person des Johannes «schlecht und recht» verkörpert ist. Menschen, denen das Unnatürliche,

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Verlogene ein Greuel ist, die können keine Sympathie für die «Einsamen Menschen» haben.

In diesen Tagen gab hier Strakosch zwei Vortragsabende. Er erzählte mir, was ich bisher nicht wußte, daß er früher viel in Ihrer Familie verkehrt hat, daß die jetzige Frau Frey-tag eine Freundin Ihrer Frau Schwester war. Donnerwetter! Ist dieser Strakosch ein toller Kerl! Ein nachläufiger Ro­mantiker mit einem Bodensatz von wahrem Gefühle, ver­brämt, mit endlosem Wust von Phrase, von falschem Pa­thos. Ich meine nicht seine Deklamationskunst, sondern sein Verhalten im Leben. Er setzt jedes Wort auf eine Stelze. Da schreiten sie dann drolligst einher - diese übermäßig großen Massen von Stelzenworten.

Aus Richards liebem Briefe, den ich sehr bald beantwor­ten werde, kann ich nicht entnehmen, ob Ihr lieber Gemahl und Richard selbst wieder vollständig gesund sind. Ich bitte Sie, wenn Sie wieder die Güte haben, mir zu schreiben - ich bitte recht bald darum -, nicht zu versäumen, mich darüber genau zu unterrichten.

Für heute will ich Ihnen nur noch sagen, daß mein Buch gut vorwärtsrückt, namentlich stehen Disposition und Stoffverteilung fest.

Bitte grüßen Sie mir alle Familienglieder, im besonderen Ihre Frau Mutter, Herrn Specht und die Kinder herzlichst.

Ihr dankbarer

Steiner

#TI

313. J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER AN RUDOLF STEINER

#TX

Stuttgart, 25. Januar 1892

Hochgeehrter Herr!

In einer dritten Reihe unserer Bibliothek der Weltliteratur beab­sichtigen wir u. a. auch Schopenhauers sämtliche Werke und Jean Pauls Werke in Auswahl zu veröffentlichen und fragen hiemit ergebenst

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bei Ihnen an, ob Sie bereit sein würden, für jede der beiden Ausgaben eine biographisch-literarhistorische Einleitung zu schreiben? Jede dieser Einleitungen sollte etwa einen Bogen in Pe­tit stark sein und würde mit M. 100,- honoriert werden; der Ab­lieferung der Manuskripte würden wir bis zum 1. Juli ent­gegensehen.

Wir werden uns freuen, von Ihnen eine zusagende Antwort zu erhalten, und zeichnen uns, indem wir Ihrer geschätzten Erwide­rung gern entgegensehen, hochachtungsvoll als Ihre sehr ergebene

J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger

#TI

314. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 7. Februar 1892

Hochgeehrte Herren!

Besten Dank für Ihren Brief vom 25. Januar. Ich bin mit Vergnügen bereit, die literarhistorisch-biographischen Ein­leitungen zu Schopenhauers sämtlichen Werken sowie zu Jean Pauls Werken in Auswahl zu schreiben. Auch bin ich in der Lage, das Manuskript bis zum 1. Juli abzuliefern, wie Sie es verlangen.

Ich möchte Sie nur bitten, mir auch die Herstellung des Textes, also die Ausarbeitung des Druckinanuskriptes, gü­tigst überlassen zu wollen. In diesem Falle ersuche ich Sie um die Gefälligkeit, mir, wenn möglich, eine beliebige der bisherigen Schopenhauer-Ausgaben resp. Jean Paul-Aus­gaben als Druckmanuskript zur Verfügung stellen zu wol­len und mir den Umfang der «Auswahl» von Jean Pauls Werken anzugeben.

Ihnen noch meine Freude darüber aussprechend, durch diese Publikation mit Ihrem vielgeschätzten Verlage in Be­ziehung zu kommen, bin ich mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

#SE039-139

#TI

315. JOSEPH KÜRSCHNER AN RUDOLF STEINER

#TX

Stuttgart, 15. Februar 1892

Sehr geehrter Herr!

Sie werden wohl unschwer erraten, was mir heute wieder die Feder in die Hand zwingt und mich an Sie schreiben läßt. Es ist der in der Druckerei eingetretene Mangel an Manuskript zur Na­tionalliteratur. Sie können sich ja wohl leicht vorstellen, daß jetzt, wo das Unternehmen seinem Ende zugeht und die Zahl der der Druckerei zur Verfügung stehenden Manuskripte eine immer klei­nere wird, ich möglichst rasch alles noch Ausstehende erhalten muß, um die Druckerei immer so beschäftigen zu können, daß wöchentlich 2 Lieferungen zur Ausgabe gelangen. Weniger dürfen wir jetzt unter keinen Umständen mehr geben, denn die Abonnen­ten fangen an, in der unheimlichsten Weise ungeduldig zu werden. Ich kann Ihnen Dutzende von Briefen und Karten vorlegen, worin die Leute den Verlag in der denkbar vorwurfvollsten Weise über die ungeheure Verschleppung und Verzögerung des Abschlusses zur Rede stellen und sich beschweren, und jede solche Karte, jeder Brief bringt mich dem Verlag gegenüber in eine immer unangeneh­mere Lage.

Zwei Jahre sind es in der nächsten Zeit, daß ich auf meine wie-derholten Mabnungen das erste Telegramm von Ihnen erhielt

«Manuskript folgt bestimmt Sonnabend».

Es sind seither 87 Wochen vergangen und mindestens 4 ganz gleich lautende Telegramme auf meine Mahnungen an mich gekommen, von dem letzten Bande der Naturwissenschaftlichen Schriften aber noch kein einziges Blatt Manuskript. Lassen Sie es jetzt genug sein des grausamen Spiels und setzen Sie mich, bitte, endlich in den Besitz des Scblußbandes, jedenfalls im Lauf der nächsten beiden Wochen. Es wird Ihnen dafür sehr dankbar sein Ihr

hochachtungsvollst ergebener

Kürschner

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#TI

316.J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER AN RUDOLF STEINER

#TX

Stuttgart, 16. Februar 1892

Hochverehrter Herr!

In Besitz Ihres gefälligen Schreibens vom 7. cr. übersenden Wir Ihnen in der Anlage den Verlags-Vertrag über Ihre Einleitungen zu Schopenhauers und Jean Pauls Werken und bitten um gefällige Rücksendung des einen von Ihnen vollzogenen Exemplars mit wendender Post. Da wir das Programm in den nächsten Tagen veröffentlichen wollen, dürfen wir wohl dem Empfang in den nächsten Tagen entgegensehen!

Wir können es nur mit Freude begrüßen, wenn Sie den Text für beide Ausgaben selbst herstellen wollen und lassen Ihnen demge­mäß gleichzeitig Schopenhauers Werke zugehen, während Wir Jean Paul in den nächsten Tagen folgen lassen werden. Doch bitten wir darauf achten zu wollen, daß Schopenhauer in zwölf - nicht mehr und nicht weniger - möglichst gleichmäßige Bände einzutei­len ist, während wir für die Jean Paul-Auswahl acht Bände ä 16-18 Druckbogen bestimmten. Die von uns getroffene Auswahl setzt sich zusammen, wie umstehend folgt:

Band I. Einleitung. Vorschule der Ästhetik J.

Band II. Vorschule der Ästhetik II.

Band III. Flegeljahre I.

Band IV. Flegeljahre II.

Band V. Quintus Fixlein.

Band VI. Siebenkäs I.

Band VII. Siebenkäs II.

Band VIII. Katzenberger. Klagelied. Wunderbare Gesellschaft.

Wenn Sie also Ihren Plan s. Z. zusammengestellt haben, bitten wir, ihn uns mitteilen zu wollen, damit wir die neuen Bände auf ihren Umfang berechnen und das Ganze mit Ihnen vereinbaren können. Selbstverständlich setzen wir bei Ihrer Zusammenstellung voraus, daß Sie auf die Bedürfnisfrage des größeren Publikums, wie es sich in den Subskribenten auf die Bibliothek der Weltlitera­tur zusammensetzt, Rücksicht nehmen und annähernd wie wir nur

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auf die noch wirklich gelesenen und begehiten Werke des Dichters Augenmerk lenken werden.

Hochachtungsvoll

Ihre sehr ergebene

Mit Anlagen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger

#TI

317. J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER AN RUDOLF STEINER

#TX

Stuttgart, 20. Februar 1892

Hochverehrter Herr!

Hiemit ersuchen wir Sie freundlich, die Absendung des vollzo­genen Verlags-Vertrags nicht von Ihren Vorschlägen in betreff der Einteilung der Schopenhauer- und des Inhalts der Jean Paul-Aus­gabe abhängig zu machen, sondern sie so viel als moglich beschleu­nigen und die Vorschläge folgen lassen zu wollen.

Wir teilten Ihnen bereits unterm 16. cr. mit, daß uns am endgül­tigen Abschluß des Verhältnisses besonders viel gelegen sei, da wir das Programm des Unternehmens sogleich zu veröffentlichen ge­dächten, und vermissen nun doppelt Ihren Vertrag, mit dem die Vorbereitungen ihren Abschluß finden.

Indem wir uns der sichern Erwartung hingeben, daß wir mit Anfang der nächsten Woche das Gewünschte erhalten werden, zeichnen wir uns als Ihre hochachtungsvoll ergebenen

J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger

#TI

318. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 23. Februar 1892

Hochgeehrte Herren!

Anbei sende ich Ihnen den von mir unterzeichneten Ver­lags-Vertrag mit bestem Dank zurück. Zugleich danke ich

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Ihnen für die übersandte Schopenhauer-Ausgabe und im vorhinein für die versprochene Jean Paul-Ausgabe. Die Vorschläge in betreff der Einteilung der Schopenhauer- und des Inhalts der Jean Paul-Ausgabe lasse ich Ihnen in den nächsten Tagen zugehen. Es ist mir sehr erfreulich, daß Sie mit der Uberlassung der Textherstellung durch mich ein­verstanden sind, und ich werde nicht ermangeln, bei der Einteilung resp. Auswahl den Interessen des Leserkreises der «Bibliothek» vollauf Rechnung zu tragen.

In voller Hochachtung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

#TI

319. AN DIE J. G. COTTA'SCHE NUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 24. Februar 1892

Vertrag abgegangen. Steiner

#TI

320. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 25. Februar 1892

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Ihr letzter Brief enthält nun doch bessere Nachrichten über die Gesundheitsverhältnisse Ihrer lieben Familie. Ich bin sehr erfreut darüber gewesen und hoffe, daß sich diesel­ben in der nun leider doch wieder langen Zeitspanne zwischen jenem Briefe und diesem meinigen nicht zum Schlechteren verändert haben. Ich habe in den letzten Tagen manches abwickeln müssen. Gestern habe ich nun auch den Vertrag an Cotta geschickt, wonach ich nun doch eine Schopenhauer-Ausgabe und eine Jean Paul-Ausgabe mache.

#SE039-143

Die erstere bis I. Juli, die letztere bis i. Oktober. Sie werden mich fragen, warum ich mir so viele Pflichten aufer-lege. Ich kann Ihnen aber nur sagen, daß für mich jetzt viel und mannigfaltige Arbeit ein Bedürfnis ist. Ich muß neben meinem Hauptwerke, das zu Ostern fertig werden soll, noch etwas arbeiten, das nicht nur frei produziert wird, sondern bei dem fortwährend ernstes Studium im Hinter­grunde steht. Ich kann nicht bloß schreiben. Ich muß fort-während studieren, in mich aufnehmen. Das Werk über «Goethe als Naturforscher» muß ich natürlich auch ma­chen. Sie werden es begreifen, daß bei dem Umstande, daß man überall immer mehr anfängt, mich als den berechtigten Vertreter dieses Gebietes anzuerkennen, ich diese Sache doch nicht aus der Hand lassen darf.

Montag, den 22., hielt ich hier einen Vortrag über «Wei­mar im Mittelpunkt des deutschen Geisteslebens». Ich sende Ihnen die in den beiden Weimarischen Zeitungen er-schienenen Berichte, aus denen Sie entnehmen können, daß es mir doch gelungen ist, in intensiver Weise auf die Zuhö­rer zu wirken. Mir ist wichtig, daß allseitig rückhaltlos zu­gestanden wird, daß ich über das vielbesprochene Thema durchaus Neues vorbrachte.

Ich bemerke nur noch, daß der Schluß in dem Berichte der «Weimarischen Zeitung» richtig wiedergegeben ist. Ich sagte: «Wir wollen ohne Vorurteile der Vergangenheit, auch ohne die aus der klassischen Zeit fließenden, mit offe­nem Sinne und freier Stirne vorwärts in die Zukunft steu­ern, aber vergessen kann der Deutsche seine großen Vorbil­der nie, und erbärmlich wären die Angehörigen jener Gene­ration des deutschen Volkes, die nicht mit voller, aufrichti­ger Begeisterung und innigem Anteil von sich sagen wür­den: Und die Sonne Goethes, siehe, sie lächelt auch uns.» Mit Rücksicht darauf, daß der Großherzog dem Vortrage beiwohnte, halte ich dies und noch manches freie Wort, das ich gesprochen habe, gerade in diesem Zusammenhange nicht für bedeutungslos.

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Neben den beiden Berichten sende ich Ihnen eine kleine Tollheit «Ernste Zeichen der Zeit» gegen die Ernennung des Freiherrn zu Putlitz zum Intendanten des Stuttgarter Hoftheatersi Eben habe ich eine Erwiderung auf die Ent­gegnung weggeschickt, die ein Stuttgarter Theaterrezensent auf meinen Angriff gemacht hat. Auch eine Rezension über Hermann Bahrs «Russische Reise» lege ich bei.

Morgen schreibe ich ganz bestimmt auch an Richard.

Bitte mich Ihrer Frau Mutter, Ihrem lieben Gemahl, Frau Schwester bestens zu empfehlen und überhaupt alle Glieder der Familie aufs herzlichste von mir zu grüßen.

In immerwährender Hochschätzung

und Dankbarkeit

Ihr

Steiner

#TI

321. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 17. März 1892

Geschätzteste gnädige Frau!

Unwohlsein verhinderte mich, Ihnen bis jetzt zu schrei­ben. Auch heute bringe ich nicht mehr als diese flüchtige Karte zusammen. Doch will ich Sie nicht mehr länger war­ten lassen. In einigen Tagen schreibe ich Ihnen ausführlich Für heute nur noch dies: Ich bin trostlos über die ewigen Vertröstungen von Stuttgart in bezug auf Ihre Schriften Ich habe aber jetzt neue Aussichten. Deswegen habe ich in Stuttgart ein Ultimatum gestellt. Vier Wochen noch hahe ich als letzten Termin in einem Briefe gestellt, den ich ge-stern geschrieben habe. Ich habe nun aber in Berlin einen Verleger, der sich bereit erklärt hat, alles, was ich schreiben werde und was bis jetzt nicht placiert ist, zu verlegen. Die­sem gebe ich - wenn in Stuttgart in vier Wochen die Sache

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nicht vom Stapel geht - auch Ihre Schriften. Der Verleger ist ein sehr gebildeter und literarisch interessierter Mann, der sich um seine Verlagsartikel sehr kümmert.

Beste Grüße Ihrem Manne

Ihr

Steiner

#TI

322. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 20. März 1892

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Sehr lieb wäre es mir gewesen, wenn die beiliegende kleine Schrift Sie vollständig und fertig zu Ihrem Geburts­tage begrüßt hätte. Da ich aber doch möchte, daß sie gerade an diesem Tage bei Ihnen anlangt, so übersende ich Ihnen die Aushängebogen ohne das Vorwort, das erst in den näch­sten Tagen die Druckerei verlassen wird. Was auf Seite I bis 46 steht, war im wesentlichen die Arbeit, auf deren Grund meine Promotion erfolgt ist. Diese Ihnen übersandte Schrift wird den Titel führen: «Wahrheit und Wissenschaft. Vor­spiel einer Philosophie der Freiheit.» Daß das auf Seite 47 und 48 Befindliche nicht in meiner Doktorarbeit war, kön­nen Sie sich aus dem Inhalte wohl denken. Ich bitte Sie und Ihren lieben Gemahl, die Arbeit auch in ihrer noch unvoll­endeten Gestalt freundlich aufzunehmen; in wenigen Tagen wird sie sich ja auch in ihrem zierlichen Kleide einstellen. Ihr gebe ich mit auf den Weg die herzlichsten Grüße und freundschaftlichsten Wünsche zu Ihrem Geburtstage, den ich hier, im Geiste mit Ihrer lieben Familie vereint, mitfei­ern werde. Der Mangel unmittelbarer Gegenwart soll die volle Anteilnahme mit Ihrem und der Ihren Geschick nicht mindern, von der ich Sie bis vor zwei Jahren an diesem Tage persönlich versichern durfte.

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Wie mir Ihr letzter lieber Brief, für den ich Ihnen h e rz lichst danke, sagt, blieb auch dieser Winter nicht ohne ge sundheitliche Störungen der Kinder. Wie geht es Rich a d? Ich hoffe, von ihm auch selbst über seine Gesundheit zu hören. Was macht des guten Ernstls Gesundheit? Ist cr wieder hergestellt?

Sehr freute ich mich zu lesen, daß Dr. Schiff in Ihr em Hause eine überflüssige Person geworden ist. Es war auch Zeit. Hoffentlich überschreitet solcher Salbenschmierer nicht sobald wieder Ihre Schwelle, d. h. natürlich nur mit den Salben. Sonst habe ich ja nicht das geringste gegen Dr. Schiff, natürlich.

Sie schreiben von dem «Mysterium» Rudolf Lothars und fragen mich um meine Meinung darüber. Ich bekomme das Buch erst in einigen Tagen und werde dann nicht verfehlen, Ihnen meine Ansicht darüber zu berichten. Aus frühe i en Schriften kenne ich den Verfasser - der in Wien lebt und dort auch vor kurzem einen Vortrag über das Tarockspiel gehalten hat - als einen hochbegabten Mann. Ich halte seine Weltansicht, wie sie sich zum Beispiel in seinem «Verschlei­erten König» ausspricht, was das Negative betrifft, f ür durchaus richtig; was er an Stelle dessen setzen will, das er negiert, kann ich freilich weniger billigen. Wer dem Men­schen soviele Ideale raubt wie Lothar mit den Worten:

«Vom Himmel sagst Du, kommt Dir Recht und Macht -(gemeint ist der König). Wir sagen Dir, der Himmel, der ist leer! . . . Da rast das Volk: Sein Glaube war Betrug», der durfte doch nicht bloß mit den Worten schließen: «Dem Volke bin ich so wie Du entsprossen, und in der Wahrheit Dienst sind wir Genossen.»

Ich werde mich freuen, wenn der «Wert des Lebens» mich einen Fortschritt auch im Positiven bei Spitzer - dies ist der Name Lothars - erkennen läßt. Die Zeit fordert n mit sehnsüchtig ausgestreckten Armen nach einer Weltanschau-ung. Wer den Blick zu deuten weiß, jenen altersmüden und doch zukunftsbegierigen Blick des Zeitgeistes, der muß vor

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allen Dingen nach positivem Gehalt für Kopf und Herz su­chen Haben wir diesen, dann können wir gut zurückblik­ken aut jene Vorzeit, die jetzt Gegenwart ist.

Sie fragen mich, warum ich mir soviele Pläne vorgesetzt habe? Im Grunde weiß ich das nicht, sondern nur soviel, daß mich jeder einzelne interessiert, und daß ich jeden ein­zelnen, so bald als möglich, ausgeführt wissen möchte. Wenn man von allem, was man lieb hat, nur die Arbeit in unmittelbarer Gegenwart hat, dann kann dieser nichts zu-Viel sein. Auch brauche ich gegen die Archivarbeit ein mächtiges Gegengewicht, wenn ich mich aufrecht erhalten will. Da ich an einer Goethe-Ausgabe mitarbeite, mit deren Grundsätzen ich durchaus nicht einverstanden bin, so muß ich eine andere Ausgabe machen, um zu zeigen, wie eine Ausgabe nach meinen Begriffen sein soll. Nur dadurch lie­fere ich den Beweis, daß auch in der Goethe-Ausgabe das, was ich mache, nicht durch mich, sondern durch die unsin­nigen Grundsätze der Redaktoren verdorben erscheint. Das ist ja doch die beste Polemik. Sie vernichtet nicht, sondern schafft.

Sie haben mir, geschätzteste gnädige Frau, in Ihrem letz­ten Briefe meine Schreibfaulheit vorgeworfen. Ich verdiene diesen Vorwurf reichlich. Ich sehe an mir jetzt, wie wenig die Menschennatur geneigt ist, selbst ihre unseligsten Ge­wohnheiten abzulegen. Ich bitte Sie nur, mein Nicht-Schreiben nicht von einem Erkalten meiner Freundschaft herzu leiten, die die alte geblieben ist und die niemals anders werden wird. Wenn ich die Blätter überschaue, die ich Ih­nen gedruckt übersende, da muß ich ja gedenken, daß man­cher Gedanke in der schönen Zeit entstand, die ich im Kreise Ihrer Familie verbringen durfte; da muß ich mich erinnern, wie unsagbar viel ich der wohlwollenden Gesin­nung verdanke, die mich da umgab. Und wer weiß, daß solche wohlwollende Gesinnung gerade der Boden ist, auf dem Naturen am liebsten stehen, in deren Kopf das schein-bar Unpersönlichste, der Gedanke, nach Ausdruck ringt,

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der weiß, was mir Ihr Haus bedeutet. Nichts aber hat zu bedeuten meine Lässigkeit im Briefschreiben, unter der ich selbst so sehr leide.

Ganz außerordentliche Freude hatte ich über Ihr Tele­gramm zu meinem Geburtstage. Ich danke Ihnen herz­lichst, daß Sie meiner gedacht haben.

Bitte schönstens: Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter, grüßen Sie Ihren lieben Herrn Gemahl, die Kinder, Ihre Frau Schwester, deren Mann und meinen lieben Hans aufs herzlichste und erfreuen Sie mich baldigst wieder mit einem Schreiben.

In immer gleicher Hochschätzung und

Dankbarkeit

Ihr

Steiner

Gefreut hat mich die Nachricht, daß Ignaz Brülis Oper in München zur Aufführung gelangen wird.

#TI

323. AN EDUARD VON HARTMANN

#TX

Weimar, 20. März 1892

Hochgeschätzter Herr Doktor!

Verzeihen Sie, wenn ich mir erlaube, mich mit folgender Bitte an Sie zu wenden. In einigen Tagen wird von mir eine kleine Schrift erscheinen unter dem Titel «Wahrheit und Wissenschaft», welche die Aufgabe haben soll, die Frage zu beantworten: Inwieferne sind die durch die einzelnen Wis­senschaften erlangten Resultate Wahrheiten und wie verhal­ten sich dieselben zur Wirklichkeit? Das Heft wird somit mit der ersten erkenntnistheoretischen Hauptfrage sich be-schäftigen. Ich möchte Sie nun, hochverehrter Herr Dok­tor,

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um die Erlaubnis bitten, Ihnen das Buch widmen zu dürfen. Die tiefe Verehrung, die ich für Ihre Philosophie immer hatte, von der ersten Bekanntschaft mit derselben an, und die heute noch immer die gleiche ist, und die Dank­barkeit, die ich Ihnen gegenüber fühle, da sich viele meiner Ideen an dem Studium Ihrer Schriften entwickelten, drän­gen mich zu dieser Bitte, deren Erfüllung mir herzliche Freude machen würde.

Zwar ist das erkenntnistheoretische Gebiet dasjenige, in dem ich durch eine monistische Begründung von Ihrer dua­listischen abweiche; aber der Leser wird selbst da, wo ich von dieser Abweichung spreche, ersehen, wie ich Ihre er­kenntnistheoretischen Anschauungen durchaus als diejeni­gen betrachte, mit denen ich mich am liebsten beschäftige. Ich gestatte mir zugleich mit diesem Briefe, Ihnen die ersten Korrekturbogen des Heftchens zu übersenden.

Auch der Anfang eines Aufsatzes «Die Philosophie in der Gegenwart» geht Ihnen zu. Die Fortsetzung desselben ist noch nicht erschienen.

Daß Sie von meinem ersten Weimarischen Goethebande Kenntnis genommen haben, freut mich sehr. Der zweite, der sehr bald erscheinen wird, soll Ihnen dann sogleich zu­gehen. Ebenso die Fortsetzung meiner Goetheausgabe in der «National-Literatur», in der Sie bemerken werden, daß Ihre mir brieflich mitgeteilten Ideen über meine Einleitung zur Goetheschen Farbenlehre bei mir fruchtbar geworden sind

In der Hoffnung auf Erfüllung meiner Bitte bin ich Ihrer Antwort gewärtig in immer gleicher Hochschätzung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

#SE039-150

#TI

324. EDUARD VON HARTMANN AN RUDOLF STEINER [Postkarte]

#TX

Berlin-Lichterfelde, 22. März 1892

Ihre freundliche Absicht, mir Ihre neue Schrift widmen zu wol­len, nehme ich mit bestem Dank an. Ich möchte beiläufig bemer­ken, daß für den von allen Denkzutaten gereinigten Empfindungs-komplex wohl noch das Wort Bild, aber nicht mehr das Wort Weltbild passend scheint, weil dieses Bild weder selbst eine Welt heißen, noch auch Bild einer Welt sein kann. Ich möchte bezwei­feln, daß wir die von Ihnen gestellte Forderung einigermaßen an­nähernd auch nur überhaupt vollziehen können.

Mit freundlichem Gruß

Ihr ergebenster

E v. Hartmann

#TI

325. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, i. April 1892

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Anbei sende ich Ihnen die Vorrede zu meiner in den nächsten Tagen erscheinenden Schrift «Wahrheit und Wis­senschaft». Schreiben Sie es einem tiefen Bedürfnisse meiner Seele zu, wenn ich am Schlusse derselben auch der freundli­chen Art gedenke, mit der Sie stets meine Ideen aufgenom­men haben. Bitte: Sehen Sie sich die Stelle an und schreiben Sie mir, ob Sie etwa eine andere Formulierung gewünscht hätten. Dann bitte, senden Sie mir das Blatt baldigst zurück, da es in die Druckerei muß.

Verzeihen Sie auch für heute, wenn ich nur diese flüchti­gen Zeilen senden kann.

In freundschaftlicher Hochschätzung

Ihr

Steiner

#SE039-151

#TI

326. AUS EINEM BRIEF AN MORIZ ZITTER

#TX

Weimar, [18. April] 1892

Mein geliebter Herzensbruder!

Wieder einmal habe ich Dich länger, als nur irgend zu billigen, auf diesen Brief warten lassen. Nun soll aber diese Wartezeit nicht mehr länger dauern, und ich will, obwohl mir noch immer das Schreiben ein schwieriges Geschafi ist, Dir diese Zeilen senden, die Dir vor allen andern Dingen sagen sollen, daß Dein letzter Brief eine unbeschreiblich große Wohltat für mich war. Aus verschiedenen Gründen. Erstens, weil es mir gerade jetzt von Wichtigkeit war, diese Worte aus Deiner edlen Freundesbrust zu hören, jetzt, wo in einer Zeit der offenbaren Überreiztheit - deute mir das Wort nicht falsch - solche Worte aus einem Herzen, an dem ich nie gezweifelt habe und nie zweifeln werde - Dein Schreiben eine Notwendigkeit war, die ich bei meiner eige­nen Schreibunlust nur schwach als Wirklichkeit erhoffen konnte. Zweitens, weil ich daraus wieder ersehen habe, wie­viel neuen Mut und neue Kraft Du aus der nun eingeleiteten Freundschaft mit Frau Rosa Mayreder schöpfst . . .

#TI

327. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

#TX

Weimar, 19. Mai 1892

Hochgeschätzte gnädige Frau

und verehrtester Herr Specht!

Anbei meine Schrift «Wahrheit und Wissenschaft». Ich habe lange das Bedürfnis gehabt, die innigen Bande, die mich an Ihr Haus schließen, und die Gefühle des Dankes, die ich für Sie habe und immer haben werde, öffentlich dar­zulegen. In diesem Sinne bitte ich Sie, die herzlich gemein-ten, Ihnen gewidmeten Worte am Schlusse der Vorrede auf­zufassen.

#SE039-152

Von Woche zu Woche hoffte ich, Ihnen das Schriftchen - das übrigens eben fertig geworden ist - in mehr oder we­niger fertigem Zustande persönlich überreichen zu können. Jetzt aber, da dasselbe in die Welt hinauszieht, halte ich es nicht mehr zurück, trotzdem ich hoffe, in der allernächsten Zeit nach Wien zu kommen. Leider wird meine Anwesen­heit nicht zusammenfallen mit dem Gastspiel von Eleonora Duse, die ich gar zu gerne gesehen hätte. Ich fürchte fast, daß mir das überhaupt nicht mehr beschieden ist, da sich die Duse, wie ich in der «Genossenschafts-Zeitung» lese, von der Bühne zurückziehen will.

Neues habe ich in bezug auf die seit meinem letzten Briefe verflossene Zeit eigentlich gar nichts zu sagen. Ich ar­beite in mir an der Fortbildung der begonnenen Sachen und werde Ihnen davon in Wien manches zu erzählen haben.

Richard überraschte mich in diesen Tagen mit seinem «Sündentraum». Ich habe mich sehr gefreut darüber. Uber das Meritorische, die Richtung und die Grundidee schreibe ich an Richard selbst. Einstweilen sage ich ihm meinen be­sten Dank. Wenn er so rüstig am Werke ist, muß er doch wohl auch gesundheitlich dermalen besser beisammen sein.

Die wenige Zeit, die ich gerade jetzt habe, gestattet mir kaum, die Berichte über die Theater-Ausstellung ordentlich zu lesen. Ich lechze nach einer Zeit, in der ich wieder etwas aufatmen kann. Es muß doch manches Interessante jetzt in Wien zu sehen sein. Auch Wahle, der auf einige Tage - zur Zeit der Eröffnung der Ausstellung - in Wien war, wußte vieles Schöne zu berichten.

Ich möchte, daß meine Schrift noch Samstag bei Ihnen eintrifft, daher schließe ich hier und setze den Brief fort, im Anschluß an einen Artikel über Nietzsche, den ich Ihnen morgen übersenden will.

Hoffentlich treffen Sie meine Zeilen in voller Gesundheit.

Allen sich bestens empfehlend

Ihr

Steiner

#SE039-153

#TI

328. AN MAX CHRISTLIEB

#TX

[Weimar, 11.Juni] 1892

Verehrter Freund!

Schade, daß wir uns heute nicht treffen können. Wenn es geht, bitte ich Sie, heute im Laufe des Tages wenigstens Ihre Karte bei Professor Suphan abzugeben, wenn Sie ihn nicht treffen sollten. Morgen sehen wir uns dann im Archiv. Der Einladung von Frau Geheimrat Schöll, für die ich be­stens danke, werde ich mit Freude folgen.

Dr. Rudolf Steiner

#TI

329. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 29. Juni 1892

Hochgeehrte Herren!

Ein Unwohlsein während der zweiten Hälfte des Juni zwingt mich, Sie zu bitten, mir die Frist bis zur Ablieferung meines Schopenhauer-Manuskriptes um acht bis zehn Tage zu verlängern. Ich sende Ihnen bis spätestens 10. Juli die Vorrede und die Druckvorlage für den ganzen Text. Sollte aber die Sache Eile haben, so bitte ich um gütige Verständi­gung, worauf ich sogleich vorläufig den Text für den ersten Band einsenden werde und das übrige am 10. Juli folgen lassen werde. Ich bitte viele Male um Entschuldigung we­gen dieser Verzögerung, die ich durchaus nicht voraussehen konnte. Ich werde mich bemühen, die Sache so schnell als möglich fertigzustellen, denn ich weiß sehr wohl, daß im Drucke periodisch erscheinender Schriften keine Verzöge­rung eintreten darf.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-154

#TI

330. JOSEPH KÜRSCHNER

AN RUDOLF STEINER [Telegramm]

#TX

Stuttgart, 16. Juli 1892

Erhalte ich Goethe-Band bestimmt bis Montag. Längeres War­ten nicht möglich.

Kürschner

#TI

331. AN JOSEPH KÜRSCHNER [Telegramm]

#TX

Weimar, 19. Juli 1892

Manuskript geht nun heute als Eilsendung ab

Steiner

#TI

332. AN JOSEPH KÜRSCHNER [Telegramm]

#TX

Weimar, 20. Juli 1892

Eilsendung abgegangen.

Steiner

#TI

333. AN EDUARD VON HARTMANN

#TX

Weimar, 22. Juli 1892

Hochgeschätzter Herr Doktor!

Vor allen anderen Dingen meinen herzlichsten Dank für Ihre Bereitwilligkeit, die Widmung meiner Schrift «Wahr­heit und Wissenschaft» anzunehmen. Ich freue mich ganz außerordentlich darüber, daß das Werkchen auf seiner zweiten Seite mit Ihrem Namen geschmückt ist.

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Leider war es mir nicht mehr möglich, den Ausdruck «Weltbild», der Ihnen nicht passend erschien, zu ändern. Der Bogen, auf dem der Ausdruck zuerst vorkommt, war bereits gedruckt, als ich Ihre Postkarte mit jenem Einwande erhielt. Ich habe den Ausdruck aus dem Grunde gebraucht, weil ich der Ansicht war, daß durch das Wort «Bild» genug­sam angedeutet wird, daß der von mir gemeinte Inhalt we­sentliche Teile des allgemeinen Weltinhaltes nicht mit ein­schließt, und daß ferner durch das Beiwort «gegebenes» die Sache vollends klar wird. Ich glaubte sowohl den Inhalt der Erfahrung vor wie nach der denkenden Bearbeitung dersel­ben als «Weltbild» bezeichnen zu dürfen; vor der denkenden Bearbeitung der Erfahrung als gegebenes, nach derselben als begriffenes, das mir mit der Wirklichkeit identisch ist.

Es würde mir zur besonderen Befriedigung gereichen, wenn Sie fänden, daß ich die Art, wie ich das Erkenntnis-problem schon in meiner «Erkenntnistheorie der Goethe­schen Weltanschauung» [dar]gestellt, in dieser Schrift etwas vertieft habe. Von welcher Seite ich die Sache auch ansehe: immer mehr befestigt sich in mir der Glaube an meinen erkenntnistheoretischen objektiven Idealismus und immer mehr glaube ich einzusehen, daß dieser erkenntnistheoreti­sche Standpunkt in widerspruchsloser Weise zu Ihrer Art, die gegebene Wirklichkeit anzusehen, führt. Jeder Schritt, den ich in erkenntnistheoretischer Beziehung weiter mache, zeigt mir deutlicher, wie durchaus berechtigt Ihre Natur-philosophie, dann Ihre Betrachtung der ethischen, religiö­sen, und überhaupt der Kulturentwicklung ist. Ich habe Ih­nen öfters geschrieben, wie ich in dieser Beziehung durch­aus Ihr Anhänger bin und wie gerade meine erkenntnis­theoretische Grundüberzeugung mich dazu gemacht hat. Wie ich mich mit Ihrer Erkenntnistheorie abfinde, das glaube ich in «Wahrheit und Wissenschaft» ziemlich genau angegeben zu haben. Sie werden aus meinen Ausführungen ersehen, daß ich mir alle Fragen, die auf dem Wege meiner Ideenentwicklung lagen, sorgfältig vorgelegt habe.

#SE039-156

In den nächsten Tagen werde ich mir auch erlauben, Ihnen, hochgeschätzter Herr Doktor, den zweiten Band der von mir besorgten Ausgabe der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes (innerhalb der Weimarischen Goethe­Ausgabe) vorzulegen. Der zweite Band der Farbenlehre in Kürschners «Deutscher National-Literatur», zu dessen Einleitung mir Ihre zum ersten Bande gemachten Winke große Dienste geleistet haben, soll bald nachfolgen.

In der Hoffnung, daß Sie meine Sendung mit demselben gütigen Wohlwollen aufnehmen, das Sie mir bisher zuteil werden ließen, bin ich

mit aufrichtiger Hochschätzung

Ihr dankbarer

Rudolf Steiner

#TI

334. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 11. August 1892

Geschätzteste gnädige Frau!

Ganz außerordentlich freue ich mich über die Nachricht von Ihrem Hierherkommen. Ich bitte Sie nur, mir genau die Zeit Ihrer Ankunft noch mitzuteilen. Mittwoch ist nicht der 18., sondern der 17. Auch um die Stunde Ihres Kom­mens bitte ich, wenn es Ihnen irgend möglich ist, diese vorherzubestimmen.

Es ist doch zu schön, daß wir uns nun in Weimar treffen werden. Haben Sie irgendeinen Wunsch bezüglich einer «Besorgung» vor Ihrer Ankunft, dann, bitte, schreiben Sie ihn mir. Ich kann den Tag kaum erwarten.

Herzliche Freude hatte ich über Ihre letzten Briefe. Ich sehe, daß Sie immer mehr die Überzeugung gewinnen, daß der Grundton meiner Anschauungsweise ein durchaus mo­derner ist. Das erfüllt mich mit hoher Befriedigung, denn ich weiß, daß Sie zu jenen Menschen gehören, die zu befrie­digen

#SE039-157

meine allernächste Absicht und mein tiefstes geistiges Bedürfnis ist. Ich war auch als Goetheaner modern, aber es war eine Modernität, die noch rang, sich losarbeitete von der Vergangenheit, die nun einmal, trotz ihrer Schönheit, eine abgelebte ist. Wir haben dieser Vergangenheit gegen­über die Aufgabe der Erkenntnis, unserer Gegenwart ge­genüber jene des Lebens, jene wollen wir reproduzieren, diese produzieren.

Doch über dies und manches andere sprechen wir bei Ihrer Anwesenheit. Bis dahin behalte ich mir auch die Mit­teilung über den Druck Ihrer Schriften resp. deren nächste Aussichten vor. Verzweifeln Sie mir nur wegen der Länge der Wartezeit nicht, Sie haben unglaublich viele Genossen.

Herzlichsten Gruß an Ihren lieben Gemahl, den wieder­zusehen ich mich ebenfalls freue, ebenso wie an Sie selbst, gegenüber der ich in fortdauernd

treufreundschaftlicher Gesinnung bin

Ihr

Steiner

Weimar, Prellerstraße 2, Parterre bei Frau Eunike.

#TI

335. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, I . September 1892

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Von Tag zu Tag dachte ich abfahren zu können und Euch wieder zu sehen; allein ich bin immer mitten in der Arbeit und eine Unterbrechung war bisher nicht möglich. Nun würde es aber doch in ungefähr einer Woche der Fall sein. Ob aber die gesundheitlichen Verhältnisse dann freilich sol­che sind in Deutschland, daß man mit einigem Behagen rei­sen kann, das kann heute niemand sagen. Wenn ich mich

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einer mehrtägigen Quarantaine an der Grenze unterziehen müßte, dann würde der Urlaub jetzt in einer solchen Weise unnütz verteuert und abgekürzt, daß es nicht mehr anginge. überhaupt zu fahren, zumal ich am i. Oktober wegen der goldenen Hochzeit des Großherzogs wieder in Weimar sein muß. Kann ich reisen, so reise ich so bald als möglich, denn ich möchte meine Anstellung in Wien persönlich betreiben. Ihr schreibt mir, daß Ihr Euch sorgtet, ich sei in Weimar nicht zufrieden. Ich sage das gar nicht. Aber ich möchte in Euerer Nähe sein. Ich möchte es so bald als möglich. Daß ich von hier nicht fortgehe, bis ich eine sichere Stellung habe, ist selbstverständlich. Aber ich fühle immer mehr, wie sehr ich mich sehne, wieder in Euerer Nähe zu sein. Das ist es, was ich mit meiner Sehnsucht nach Österreich sagen wollte. Also keine Sorge: ich werde hier aushalten, bis ich in Wien etwas habe. Aber ich werde auch mit allen Kräften darnach streben, daß es nun bald einmal werde.

Wegen der Cholera sorge ich mich gar nicht. Ich glaube nicht, daß Weimar ernstlich davon betroffen werden kann. Weimar ist nach den Ausweisen der letzten Jahre die gesün­deste Stadt in Deutschland. Wenn auch einige Fälle hier vorkommen - bis jetzt ist nicht einmal ein leichter Fall vor­gekommen, nicht einmal Brechruhr -, so kann doch nie­mand befallen werden, der vernünftig lebt.

In Hamburg wütet die Krankheit allerdings in der schrecklichsten Art. Täglich sterben 200-300 Personen. In Berlin sind bis jetzt wenige Fälle von Cholera asiatica vor­gekommen. Und nur diese ist ansteckend. Die Cholera no­stras ist zwar ebenso gefährlich wie die andere, aber sie ist nicht ansteckend. In den Zeitungen aus Osterreich finde ich bis jetzt nur Fälle in Lemberg. Hoffentlich geht die Seu­che aus Galizien nicht heraus.

Hoffentlich geht es Euch gut. Unter der Hitze im August hat man hier ungeheuer gelitten. Jetzt hat es sich abgekühlt, und es läßt sich wieder leben. Das ist auch ein Vorschub gegen die tückische Krankheit.

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In der Hoffnung, Euch bald zu sehen und noch bälder einige Zeilen von Euch zu erhalten

mit tausend Grüßen und Küssen

Euer

Rudolf

#TI

336. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 10. September 1892

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Hoffentlich habt Ihr meinen ersten Brief bekommen. Ich weiß auch heute leider noch nichts über meine Abreise zu sagen. Denn ich bin hier noch immer mit allen möglichen Sachen angestrengt. Trotzdem der Monat September ei-gentlich Ferienmonat sein soll, muß ich den Direktor Su­phan, der selbst nicht da ist, fortwährend vertreten, was bei den vielen Fremdenbesuchen, die jetzt Weimar durch-schwärmen, nicht leicht ist. Ich bringe manchmal den gan­zen Tag auf den Füßen zu und komme todmüde nach Hause.

Ich sehne mich wirklich nach Euch und hoffe, es nun auch bald durchzusetzen, eine entsprechende Stellung in Euerer Nähe zu bekommen. Ich kann Euch nur versichern, daß ich tief durchdrungen bin von den Pflichten, die ich Euch gegenüber zu erfüllen habe, und daß ich mit allen Kräften darnach streben werde, sie zu erfüllen. Daß ich hier nicht so kann, wie ich will, daß mir meine Lage Pflichten auferlegt, die ich bei den Anforderungen, [die sie] in gesell­schaftlicher Beziehung an mich stellt, nur mit großer An­strengung erfüllen kann, das dürft Ihr mir glauben. Man verlangt hier viel und gibt wenig.

Bei dem Umstande, daß die Cholera in Hamburg noch immer arg ist und das übrige Deutschland so gut wie verschont

#SE039-160

ist, kann nur von den allerbesten Gesundheitsver­hältnissen in Deutschland gesprochen werden.

Ich selbst bin wohl und hoffe auch, daß bei Euch dasselbe der Fall ist, obwohl mir das lange Ausbleiben von Nach-richten fast Sorge macht. Hoffentlich sind dieselben unbe­gründet und diese Zeilen treffen Euch alle gesund und frisch, was herzlichst wünscht

Euer

Rudolf

#TI

337. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 11 . September 1892

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Leider war ich in diesen Tagen so unwohl, daß an eine Abreise nicht zu denken war. Wenn ich mir nun vergegen­wärtige, daß das erste Drittel des September bereits herum ist und ich jetzt, wo ich wieder ein bißchen frisch bin, noch drei bis vier Korrekturbogen fix und fertig stellen muß, be­vor ich reise - man nennt das Ferien! -, dann kommt es mir fast vor, daß sich auch diesmal die bösen Mächte gegen mich verschworen haben. Ich hätte so gern Unterach gesehen. Ob's nun noch möglich sein wird? Wohl kaum. Ich ärgere mich ganz entsetzlich darüber. Darum erzähle ich Ihnen alle Details, die meine Zögerung mitbedingen, lieber in Wien. Wenn die Sachen überwunden sind, dann sagen sie sich leichter, als so lange man noch mitten drinnen steckt.

Ich weiß nur, daß ich in diesem Monate wegreisen kann. Wann, das läßt sich augenblicklich nicht absehen. Hof­fentlich verschlechtern sich die Gesundheitsverhältnisse Deutschlands in den nächsten Tagen nicht derart, daß der Ubergang nach Österreich noch unbehaglicher wird, als er schon ist. Im Grunde haben sich die Seuchenverhältnisse -wenigstens bis jetzt - in den denkbar günstigsten Verhältnissen

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gestaltet. Bei dem rapiden Umsichgreifen der Krank­heit in Hamburg konnte man im übrigen Deutschland auf alles gefaßt sein.

Im vorigen Monate haben mich Mayreders hier besucht. Auch sonst ist Weimar momentan von literarischen und nichtliterarischen Persönlichkeiten viel besucht, was durch­aus nicht dazu beiträgt, mich zur Ruhe kommen zu lassen und mir die Zeit zu gewinnen, um meine Abreise zu beschleunigen.

Ich sehne mich doch so sehr, Sie alle wiederzusehen. Nehmen Sie die Seltenheit meiner Briefe nicht übel. Sie ken­nen diese bis ans Krankhafte gehende «Schreibunlust» von Wien aus! Daß ich mir in der letzten Zeit auch noch die rechte Hand verletzt habe und am Schreiben auch physisch verhindert war, trug auch nicht gerade bei, meine «Schreib-faulheit» in ihr Gegenteil zu verwandeln.

Was machen doch alle lieben Familienglieder? Ich hoffe, noch frische, erholte Menschen in Wien zu treffen. Ich kann es kaum erwarten.

Richard wird mir wohl recht böse sein! Diesmal soll es aber wahr sein: auf alle Fälle schreibe ich ihm noch heute. Er wird wohl auch noch in Unterach sein.

Der kalte Spätsommer, der auf die gehirndurchwei­chende Sonnenglut folgte, wird kaum beigetragen haben, Ihnen die Unteracher Badezeit ganz angenehm zu machen. Hier haben die Augusttage förmliche Menschenbraten zu machen beabsichtigt, und ich glaube, man merkt es allen unseren diesjährigen Sommerarbeiten an, daß sie mit einem geschmorten Gehirn gemacht sind.

Mit herzlichsten Grüßen an Ihre Frau Mutter, Frau Schwester, an Ihren lieben Mann, Hansl und alle andern bin ich in immer gleicher

Hochachtung und Dankbarkeit Ihr

Steiner

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#TI

338. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 28. Oktober 1892

Meine lieben, lieben Eltern und Geschwister!

Statt dieses Briefes sollte von Tag zu Tag ich selbst kom­men. Und deshalb trifft er so spät erst ein. Hoffentlich er­scheine ich nun doch auch bald wieder bei Euch. Erst eine dringende Arbeit, dann die Festtage zur goldenen Hochzeit hielten mich fest. Im Laufe des November aber glaube ich ganz bestimmt zu kommen. Hier ist nun alles wieder in Ordnung; die greuliche Choleragefahr ist vorüber; die gol­dene Hochzeit mit ihren Vorbereitungen und Nachwehen ist auch vorbei. Uns hat das nicht wenig Arbeit gemacht. Das Goethe- und Schiller-Archiv ist für gewöhnlich im großherzoglichen Schlosse. In die Zimmer, in denen es sich befindet, wurden während des Festes die jungen Prinzen Reuß einquartiert. Da mußte das ganze Archiv mit seinen Handschriftenschätzen ausgeräumt werden, und nun ist es wieder an dem Einpacken, um in das Schloß zurückzukom­men. Wenn das geschehen ist, hoffe ich abreisen zu können. Bitte verzeiht mir in Anbetracht von alle dem, daß ich so lange wieder nicht geschrieben habe. Ich habe seit Mitte September überhaupt keinen Brief geschrieben. Ich hatte mir auch die rechte Hand verstaucht und konnte längere Zeit nicht selbst schreiben. Jetzt ist alles wieder ganz gut. Der Großherzog hat mir als Anerkennung für den Aufsatz, den ich zur goldenen Hochzeit habe drucken lassen, eine goldene Medaille geschickt. Ich werde sie mitbringen, wenn ich komme. Hoffentlich geht es Euch gut. Glaubt mir: ich kann die Zeit nicht erwarten, wann ich in Osterreich und in Eurer Nähe ankomme. Der Tag, der mir da einen Posten bringt, wird auch der glücklichste meines Lebens sein. Ich werde, wenn ich jetzt nach Wien komme, alles tun, um das so bald als möglich zu erreichen. Ihr dürft durchaus nicht glauben, daß es mir hier nicht gefällt. Aber ich muß wieder

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in Euere Nähe kommen. Das ist meine Pflicht, und das will ich. Daß es bis jetzt nicht gegangen ist, das ist nicht meine Schuld. Ich konnte nicht mehr tun.

Bitte schreibet mir recht bald, seid nicht böse auf mich und seid tausendmal herzlichst gegrüßt und geküßt

von Euerem

Rudolf

#TI

339. AN EINEN REDAKTEUR

#TX

Weimar, 21. November 1892

Sehr geehrter Herr Redakteur!

Beifolgende Schrift erlaube ich mir, einer verehrlichen Redaktion mit der Bitte zu übersenden, dieselbe in Ihrem geschätzten Blatte einer Besprechung zu unterziehen. Ich glaube darinnen eine für unsere Zeit sehr wichtige Frage im Sinne des modernen Bewußtseins beleuchtet zu haben und damit die Grundlage für eine unseren Gegenwartsbedürf­nissen entsprechende Welt- und Lebensanschauung gelie­fert zu haben.

In vorzüglicher Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

340 AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 3. Dezember 1892

Hoch geschätzte gnädige Frau!

Sie schließen Ihren letzten lieben Brief, für den ich Ihnen aus vollem Herzen danke, mit einem bedenklichen Wenn, das sich auf mein Wieder-Schreiben bezieht. Ich muß diesem Wenn um so eher entsprechen, als die konditionale Bedeutung dieses Wortes in Österreich dem damit ausgesprochenen

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Vorwurf eine Schattierung um einen Grad tiefer gibt.

Was meine Reise nach Wien betrifft, so will ich hoffen, daß Sie diesmal doch zu pessimistisch sehen, denn ich glaube, Sie recht bald begrüßen zu können. Zunächst habe ich freilich noch keine kleine Ärgerlichkeit abzuwickeln. Sie schreiben, daß Sie meinen Artikel in der «Zukunft» gele­sen haben. Sie sagen auch, daß Sie meine Weltanschauung darinnen wiedererkennen. Was sagen Sie nun aber, wenn ich Ihnen erzähle, was dieser Artikel alles erregt hat. Die Erwiderung in der «Zukunft» selber von Paul Barth ist ja wohl das Harmloseste. Harden hat eine Sturmflut von fran­kierter Entrüstung ins Haus bekommen. Eine brieflustige Ethikerin klagt mich selbst unmoralischer Gesinnung an. Den ärgsten Trumpf aber spielt Professor Ferdinand Tön­nies in Kiel aus, der eine besondere Broschüre gegen mich soeben hat erscheinen lassen. Auf zweiundzwanzig Seiten wird mir da alles, nur nichts Gutes, nachgesagt. Daß ich der «Dreistigkeit und Gewissenlosigkeit» geziehen werde, das ist noch das wenigste. Aber der Herr Professor sagt mir auch Artigkeiten wie etwa:

«Herr Steiner geht mit grober Unwissenheit spazieren» oder: «Herr Steiner kennt nicht einmal das ABC der Welt­geschichte.»

Ein Gesamturteil, das der streitbare Herr gegen mich fällt, besteht in den Worten: «Dieses Maß von Unwissenheit und Unklarheit ist nicht bloß ein Mangel des Verstandes. Es ist einem moralischen Richterspruch verfallen.»

Die Medaille hat auch eine komische Kehrseite: Der Bro­schürenschreiber fragt in allem Ernste, ob ich nicht etwa dem orthodoxen Judentume angehöre. Doch das ist nicht alles. Auch die Sozialdemokraten fal­len über mich her. Die Herren schildern mich in folgender

Weise:

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«Daß Herr Steiner nur eine allgemeine Moral predigt, nämlich die Klassenmoral des Großkapitalismus, dessen üppig wucherndes Fleisch die zarten Bande der bürgerli­chen Respektabilität zu sprengen bemüht ist, um seine Plünderungs- und Raubinstinkte schrankenlos walten zu lassen, weiß er natürlich nicht . . . »

Ich muß gestehen, das wußte ich wahrhaftig nicht; dar­über mußte mich erst einer der Führer der Sozialdemokratie belehren.

Sie sehen: Ich habe mich in den nächsten Tagen gegen mancherlei zu wehren.

Haben Sie herzlichsten Dank für die Mitteilungen über die gesundheitlichen und Schulverhältnisse in Ihrer lieben Familie. Sie wissen, daß ich darauf immer mit innig-teil­nahmsvoller Spannung warte. Ich bitte Sie recht sehr, mich auch künftig darüber auf dem laufenden zu halten.

An Richard geht zu gleicher Zeit ein Brief ab.

Bitte Sie, mich allen Familiengliedern bestens zu empfeh­len, besonders Ihrer Frau Mutter und Schwester und Ihrem lieben Gemahl.

In immer gleicher Freundschaft

Ihr

Rudolf Steiner

Den Kindern und Hansl herzlichste Grüße

#TI

341. AN ERNST HAECKEL

#TX

Weimar, 4. Dezember 1892

Hochgeschätzter Herr Professor!

.. Empfangen Sie meinen besten Dank für die freundliche Ubersendung Ihrer beiden Aufsätze «Ethik und Weltan­schauung» und «Die Weltanschauung der monistischen

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Wissenschaft». Ihre Zustimmung zu meinen Ausführungen in Nr.5 der «Zukunft» ist für mich im höchsten Maße wert­voll; und ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür, daß Sie dieselbe ausgesprochen haben in einem Augenblicke, wo ich in so gehässiger Weise wegen meiner Weltanschauung angegriffen werde. Professor Tönnies in Kiel behauptet in seiner eben erschienenen Broschüre, in der er mich auf zweiundzwanzig Seiten abkanzelt, zum Schluß von meinen Darlegungen, «sie seien nicht bloß ein Mangel des Verstan­des», sondern ich sei «einem moralischen Richterspruch verfallen». Und in der «Neuen Zeit» werde ich zugleich mit Ihnen geradezu öffentlich verleumdet.

Ich kämpfe, seitdem ich schriftstellerisch tätig bin, gegen allen Dualismus und sehe es als die Aufgabe der Philosophie an, durch eine streng positivistische Analyse unseres Er­kenntnisvermögens den Monismus wissenschaftlich zu rechtfertigen, also den Nachweis zu führen, daß die in der Naturwissenschaft gewonnenen Ergebnisse wirkliche Wahrheiten sind. Deshalb mußte ich mich ebenso gegen den Kantianismus mit seinen zweierlei Wahrheiten wie ge­gen das moderne «Ignorabimus» wenden. Mir gelten die Resultate der Wissenschaft als die einzig berechtigten Be­standteile einer Weltanschauung. Neben ihnen kann ich keine andere Religion anerkennen. Ich bin deshalb auch ein entschiedener Anhänger Ihrer Behauptung: «daß . . . eine vernünftige Weltanschauung bereits sicher gewonnen ist» und bin auch überzeugt, daß es keine prinzipiell unlösbaren «Welträtsel» gibt, sondern daß der Kulturprozeß, insofern er ein wissenschaftlicher ist, darinnen besteht: den Zustand des Nichtwissens immer mehr und mehr in den des Wissens zu verwandeln.

Nochmals bestens dankend

in aufrichtiger Hochschätzung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

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#TI

342. AN ANNA EUNIKE

#TX

Wien, 29. Dezember 1892

Meine liebe gute Anna!

Nach einer etwas langweiligen Fahrt bin ich gestern abends 1/211 Uhr von meinem Freunde Zitter in Empfang genommen worden. Das Kerlchen hat sich fast kaputt über mein Herkommen gefreut. Ich verplauderte mit ihm die Nacht bis 1/2 5 Uhr morgens. Um 8 war ich aber doch heute wieder auf den Beinen. In Wien muß ich eben die paar Tage ausnützen. Den heutigen Tag verbrachte ich abwechselnd mit Spechts, der Frau Mayreder und Zitter zusammen. Die Frau Mayreder erkundigte sich recht eingehend nach Dir.

Hoffentlich hat meiner guten Anna die Strapaze der Nacht vor meiner Abreise nicht zu sehr geschadet. Ich war eigentlich recht besorgt um Dich, und es war mir recht bange, als ich Dich am Bahnhofe verließ. Die drei ange­strengten Abende, Freitag, Sonnabend und Sonntag haben Dich doch auch ein bißchen kaputt gemacht. Ich bitte Dich dringend, Dich in diesen Tagen recht sehr zu schonen. Ich möchte gerne in recht befriedigendem Zustande mein gutes Kerlchen wiederfinden.

Den Prof. Mayreder ziehe ich flott mit Minni rauf, mit der er sich in Weimar so viel unterhalten hat. Das hat aller­dings deswegen keinen allzugroßen Reiz, weil die gute Frau Mayreder so gar nicht eifersüchtig zu kriegen ist. In dem Punkte ist sie jedenfalls gar nicht aufgeregt und nervös. Morgen Freitag bin ich bei Mayreders wieder.

Leider ist in den Wiener Theatern jetzt blutwenig los. Ich werde kaum ein einziges Stück sehen. Das ist eine Hunde-geschichte für jemanden, der so gerne ins Tlieater geht. Fast möchte ich noch Montag abends bleiben, um die große Sa­rah zu sehen. Aber ich getraue mich das nicht recht. Jeden­falls schreibe ich Dir darüber noch. Das Wetter ist hier nicht sonderlich gut, aber auch nicht so verteufelt schlecht, daß man fluchen müßte. Es geht an.

#SE039-168

Briefe, die sonnabends bis i Uhr abgesendet werden, treffen mich auf alle Fälle noch. Späteres kaum mehr. Darum bitte ich Dich, alles Spätere zurückzuhalten und mir aufzuheben.

Wenn ich von meinem lieben Kerichen ein paar Zeilen in diesen Tagen bekäme, so freute mich das ganz außerordent­lich.

In Treuen

Dein

Rudolf

#TI

343. AN ANNA EUNIKE

#TX

Wien, 1.Januar 1893

Herzlichsten Neujahrsgruß zuvor. Dann will ich Dir an­zeigen, daß ich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch um i Uhr 22 Min. in Weimar eintreffe. Sollte vorher eine Kor­rektur von Harden da sein, dann, aber nur in diesem Falle, möchte ich Dich bitten, sie mir zum Bahnhofe zu besorgen, da ich sie am Bahnhofe noch besorgen und um 2 Uhr 38 Min. fortschicken möchte. Im andern Falle bitte ich meine gute liebe Anna recht sehr, Dich zu schonen und nicht zum Bahnhofe zu kommen, wie sehr ich auch Verlangen trage, Dich so früh als möglich zu sehen. Ich telegrafiere noch die Zeit meiner Ankunft für den Fall, daß dieser Brief zu spät in Deine Hände gelangen sollte.

Mit herzlichsten Grüßen

Dein

Rudolf

#SE039-169

#TI

344 AN ERNST HAECKEL

#TX

Weimar, 13. Januar 1893

Hochgeschätzter Herr Professor!

Mit meinem besten Danke für die liebenswürdige Über-sendung Ihrer Schrift «Der Monismus» erlaube ich mir hiermit, Ihnen meinen in der «Zukunft» eben erschienenen Aufsatz «Alte und neue Moralbegriffe» vorzulegen. Ich bitte Sie, sich an der Art, wie ich den Ausdruck «Normwis­senschaft» gebrauche, nicht zu stoßen. Ich hätte denselben ganz vermieden, wenn ich zur Zeit, als ich den Aufsatz schrieb, Ihre Schrift schon in Händen gehabt hätte. Der Sa­che nach stehen meine Äußerungen im vollen Einklange mit Ihrer Bemerkung auf Seite 45 des «Monismus».

Zugleich erlaube ich mir, Ihnen die drei ersten von mir für die Weimarer Goethe-Ausgabe bearbeiteten Bände von Goethes naturwissenschaftlichen Schriften zu übersenden. Die Band 6, Seite 279-362 und namentlich Band 7, Seite 217-224 zum ersten Male gedruckten Aufsätze sind jeden­falls ein sehr wichtiges Material zur Würdigung Goethes als Naturforscher.

In aufrichtiger Hochschätzung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

345. ERNST HAECKEL AN RUDOLF STEINER

#TX

Jena, 14. Januar 1893

Hochgeehrter Herr Doktor!

Für Ihr schönes und sehr willkommenes, heute erhaltenes Ge-schenk, die drei ersten Bände Ihrer wertvollen Bearbeitung von Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, beeile ich mich, Ihnen herzlich zu danken; nicht minder für Ihren interessanten Aufsatz über «Alte und neue Moralbegriffe».

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Gestatten Sie mir, Ihnen als Gegengabe die letzte (8.) Auflage meiner «Natürlichen Schöpfungsgeschichte» (1889) zu senden. Oder ziehen Sie die neue Auflage (4.) der «Anthropogenie» (1891) vor? Meine Eisenacher Rede (1882) darf ich wohl beilegen? -

Mein «Monismus» wird in Weimar, wie ich höre, sehr abfällig (zum Teil mit Entsetzen!) besprochen; und die Dunkelmänner be­nützen diese willkommene Gelegenheit, meine Stellung möglichst zu erschüttern. Sollten Sie Gelegenheit haben, darüber zu spre­chen, so könnten Sie vielleicht darauf hinweisen, daß die panthe­istischen Grundanschauungen den Goetheschen entsprechen. -Von anderen Seiten habe ich viele Zustimmungsbriefe (zum Teil sehr enthusiastische) erhalten.

Es wird mich sehr freuen, Sie im Sommer einmal hier zu spre­chen Jetzt bin ich in Vorbereitung zu einer dreimonatlichen (Plankton- )Reise nach Sizilien, die ich am i . Februar antrete.

Mit wiederholtem Dank

hochachtungsvoll

Ihr ergebener

Ernst Haeckel

#TI

346. AN ERNST HAECKEL

#TX

Weimar, 28. Januar 1893

Hochgeschätzter Herr Professor!

Vorerst meinen besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen vom 14. Januar. Ich werde mich sehr freuen, Ihre «Anthro­pogenie» zu erhalten, die Sie mir in Ihrem Briefe gütigst in Aussicht stellen.

Daß es in Weimar Dunkelmänner gibt, die Ihren «Monis­mus» für arge Ketzerei halten, wundert mich bei der Eigen­tümlichkeit des hiesigen Geisteslebens, das ich in den zwei Jahren meines Hierseins genugsam kennengelernt habe, gar nicht.

Ich werde im nächsten Monat in Wien einen Vortrag über «Einheitliche Naturauffassung und Erkenntnisgrenzen»

#SE039-171

halten, in dem ich bemüht sein werde, Ihren «Monismus» zu charakterisieren. Denselben Vortrag hoffe ich dann bald darauf auch in Weimar halten zu können.

Die Eisenacher Rede «Die Naturanschauung von Dar­win, Goethe und Lamarck», die Sie mir freundlichst in Aussicht stellten, besitze ich bereits.

In warmer Verehrung

Ihr ganz ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

347. AN FELIX KARRER

#TX

Weimar, 15. Februar 1893

Hochgeehrter Herr!

Hierdurch danke ich Ihnen bestens für die Übersendung des Februar-Vorlesungsprogrammes des «Wissenschaftli­chen Klubs», in dem auch mein Vortrag verzeichnet ist. Gleichzeitig bitte ich Sie, mir, wenn möglich, zwanzig Gastkarten für meinen Vortrag bewilligen zu wollen. Ich werde mir dieselben Montag, den 20. Februar, vormittags in der Kanzlei des «Wissenschaftlichen Klubs» abholen.

Für den Fall, daß ich nicht früher das Vergnügen haben sollte, Sie zu sehen, zeige ich Ihnen hiermit an, daß ich Montag, den 20., mich zum Vortrage einfinden werde, und daß es mich freuen wird, Sie dann wieder begrüßen zu können

Mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-172

#TI

348. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 18. Februar 1893

Meine lieben Eltern und Geschwister!

Mein Vortrag ist Montag abends 7 Uhr im Saale des Wis­senschaftlichen Klubs

[Wien] I Eschenbachgasse 9 (1. Stock).

Offizielle Karten habe ich nicht, doch bitte ich Poldi und Mitzl mit diesen Visitkarten hinzukommen und sich auf mich zu berufen, respektive um mich zu fragen. Ich komme erst Montag spät nachmittags nach Wien. Abends nach dem Vortrage werde ich wohl ein Bankett mitmachen mussen. Dienstag früh bin ich bei Euch.

Euer treuer

Rudolf

#TI

349. AN ANNA EUNIKE

#TX

Wien, 22. Februar 1893

Meine liebste Anna!

Immerfort gehetzt, ist es mir erst heute möglich, diese paar Zeilen Dir, meine liebste Anna, zu schreiben. Mein Vortrag ist sehr gut ausgefallen. Ich werde Dir noch davon erzählen. Ich bin gesund, aber müde und schreibe Dir noch, wann ich komme.

In Treuen

Dein

Rudolf

#SE039-173

#TI

350. FELIX KARRER AN RUDOLF STEINER

#TX

Wien, 3. März 1893

Hochgeehrter Herr Doktor!

Sie haben die besondere Freundlichkeit gehabt, im vorigen Monate einen mit vielem Beifalle aufgenommenen Vortrag über «Einheitliche Naturauffassung und Erkenntnisgrenzen» bei uns zu halten und haben damit die zahlreich versammelten Zuhörer ganz besonders angeregt.

Dadurch haben Sie uns sehr verpflichtet und gestatten Sie mir, daß ich nachträglich auch im Namen des Ausschusses des Wissen­schaftlichen Klub unseren verbindlichsten Dank ausspreche.

Genehmigen Sie, hochgeehrter Herr Doktor, bei diesem An-lasse den Ausdruck vorzüglicher Hochachtung, mit welchem zeichnet

Felix Karrer

i. Sekretär

P. S. Von vielen Seiten wurden wir über die etwaige Publikation Ihres geehrten Vortrages interpelliert. Wäre es unbescheiden, anzufragen, ob Sie uns denselben für unsere «Monatsblätter» überlassen möchten? Bitte um gütige Antwort.

#TI

351. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 7. März 1893

Meine vielgeliebten Eltern und Geschwister!

Vor allen andern Dingen meinen herzlichsten aufrichti­gen Glückwunsch zu Deinem Namensfeste, liebe Mutter! Möget Ihr den Tag freudig begehen. Daß ich ihn in Gedan­ken mit Euch feiere, kann ich Euch versichern. Nachdem ich Dienstag von Euch schied, blieb ich noch Mittwoch vormittags in Wien, weil ich nicht versäumen wollte, viel­leicht noch eine Audienz zu bekommen. Es war diesmal nicht möglich. Vielleicht war es auch so gut, denn es ist

#SE039-174

nicht von Vorteil, die Leute zu überlaufen. Mein nächster Schritt wird nun sein, dem Ministerium zu Ostern mein Buch vorzulegen. Dann werde ich die Sache ohne Aufhören energisch betreiben, bis ich am Ziele, d.h. in Wien bin.

Vom Wissenschaftlichen Klub erhalte ich soeben ein Schreiben, daß nach meinem Vortrag viel gefragt wird und daß man ihn ganz abdrucken will. Ich habe ihn, wie Poldi gesehen hat, noch nicht aufgeschrieben und muß das nun tun. Dann, wenn er gedruckt ist, bekommt Ihr sogleich das betreffende Blatt, in dem er erscheint.

Hier wird wieder Winter und kalt. Ich bin wohl und wünsche bei Euch das gleiche.

Nochmals herzlichsten Glückwunsch und viele Grüße und Küsse

in Treuen

Euer

Rudolf

Wenn Poldi Mitzl besucht, so lasse ich sie bestens grüßen und der Tante einen Handkuß sagen.

#TI

352. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 17. März 1893

Geschätzteste gnädige Frau!

Ihr lieber Brief ruft in mir recht zwiespältige Empfindun­gen hervor. Einmal freue ich mich ganz außerordentlich über die verdiente Anerkennung Ihrer Skizzen, über deren Bedeutung ich mir von dem Tage an klar war, an dem ich sie kennenlernte. Dann aber ist es mir recht schmerzlich, daß ich am Ende noch zum bösen Geiste Ihres Wirkens werden sollte. Ich kann Ihnen aber die Versicherung geben: bei mir geht, trotz der Unordnung, die in meinen Papieren

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herrscht, absolut nichts verloren. Ich habe nun alle Manu­skripte, die bei mir liegen, vorgenommen. Alles fand sich, sogar der Rest des Manuskriptmateriales für die «Deutsche Wochenschrift». Auch Ihre Schriften müßten sich finden, wenn sie in meinem Besitz geblieben wären. Ich habe nun trotzdem Frau Eunike gebeten, meine sämtlichen Sachen -auch alles Gedruckte - zu durchstöbern. Sie wird Ihnen das Ergebnis dann noch mitteilen.

Ich bemerke nur, daß die beiden Schlüsse, die ich Ihnen überbrachte, nicht integrierende Teile der fraglichen Skiz­zen sind, sondern aus gesonderte Teile derselben, die wohl nur als ausgesondert unter meinen Sachen zurückgeblieben sind. Daß sich auch diese beiden Blätter wiedergefunden haben, mag Ihnen ein Beweis dafür sein, daß seit der Zeit, seit ich Ihre Schriften in die Hände bekam, bei mir nichts weggeworfen oder zerstört worden ist. Außerdem habe ich noch in Erinnerung, daß ich Ihnen außer dem «Tagebuch» die von Ihrer eigenen Hand geschriebenen Sachen zurück-gegeben habe. So unverständlich es mir ist, wie die Sachen verlorengegangen sein sollen, so muß ich doch annehmen, daß es durch meine Schuld nicht geschehen sein kann. Hof­fentlich finden Sie sie doch noch unter Ihren eigenen Sa­chen. Erinnern Sie sich nicht, ob Sie sie jemandem andern geliehen haben?

Sie werden begreifen, daß mir die Sache sehr peinlich ist, obwohl ich an meiner Schuldlosigkeit nicht zweifle. Es wäre ja zu traurig, wenn Sie in dem Augenblicke, wo Ihnen ein unerwarteter Erfolg winkt, durch eine solche mißliche Geschichte ein neues Hindernis finden sollten.

Seien Sie überzeugt, daß bei mir alles geschehen wird, was zur Auffindung der Handschriften führen könnte, wenn sie doch noch bei mir sein sollten. Ich will nichts unversucht lassen.

Die freundlichen Worte, die Sie mir über mein zukünfti­ges Buch schreiben, freuen mich ganz ungemein, wie jede Zustimmung von Ihnen. Ich habe Ihnen bei meiner letzten

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Anwesenheit in Wien gesagt, daß ich Sie zu den wenigen Menschen zähle, die mich in meinen ureigensten Ideen ver­stehen können und zu denen ich mich daher am allerlieb­sten ausspreche. Zum Verstehen eines Menschen gehört nämlich vor allen anderen Dingen eine ähnlich geartete Konstitution des Geistes. Ihr Geist scheint mir ähnlich dem meinigen zu wirken. Das habe ich Ihnen bald, nachdem ich Sie kennengelernt habe, gesagt.

Was macht doch Zitter? Er scheint es übelzunehmen, daß ich ihm jetzt nicht schreibe. Ich bin diesmal aus Mangel an Kenntnis seiner Adresse dazu nicht imstande. Ich bitte Sie, mir dieselbe selbst zukommen zu lassen oder doch Zitter zu sagen, daß er es tun soll. War er denn das letzte Mal mit mir noch unzufriedener als das vorletzte? Sie erwähnen sei­ner in Ihrem Briefe mit keinem Worte. Daraus möchte ich wenigstens den Schluß ziehen, daß er gesund ist, denn im anderen Falle hätten Sie mir doch wohl ein Wort mitgeteilt.

Mit den besten Grüßen an Ihren lieben Gemahl und an Sie selbst in immer gleicher Hochschätzung

Ihr

Steiner

#TI

353. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 14. APRIL 1893

Meine vielgeliebten Eltern und Geschwister!

Verzeiht, wenn ich wieder einmal lange Zeit nicht ge­schrieben habe. Ich habe jetzt so viele Arbeit und muß alle mir erübrigende freie Zeit auf die Fertigstellung des Druk­kes meines Buches verwenden, damit ich baldmöglichst in die Lage versetzt werde, dasselbe dem Osterreichischen Ministerium vorzulegen, wovon ich mir doch soviel ver­spreche.

#SE039-177

Meinen Vortrag habe ich aus Wien noch nicht erhalten; sobald es der Fall sein wird, bekommt Ihr ein Exemplar.

Sonst habe ich eigentlich so gut wie gar nichts zu vermel­den. Mein Leben verläuft mit der denkbar größten Regel­mäßigkeit. Von einigem öffentlichen Auftreten mögen Euch die Zeitungen melden, die ich Euch mitsende.

Wir haben seit Wochen hier den schönsten Frühling, nur jetzt wieder etwas kältere Witterung. Für die mir über­sandte Drucksache danke ich Euch bestens. Wenn sich doch die Leute, die einem so etwas schicken wollen, besser um die Adresse kümmerten.

In der Hoffnung, daß Euch meine Zeilen so gesund an­treffen, wie sie mich verlassen, bin ich

mit tausend Küssen und Grüßen

Euer

Rudolf

#TI

354. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 19. Juni 1893

Hochgeehrte Herren!

Verzeihen Sie, daß ich Ihre Briefe vom 4. März und 30. Mai noch immer nicht beantwortet habe. Sie können nun aber mit Bestimmtheit darauf rechnen, daß ich nunmehr, wo ich die in der letzten Zeit mich erdrückende Arbeitslast bewältigt habe, Ihre Wünsche schnellstens befriedigen werde. In den allernächsten Tagen werden Sie über die Aus­wahl aus Jean Pauls Werken und über die Bandeinteilung von Schopenhauers Werken meine Vorschläge erhalten. Gleichzeitig werde ich Ihnen dann meine Uberzeugung über den wahrscheinlichen Wert der Bremerschen Hand-exemplare, über die Ihr Brief vom 4. März handelt, schreiben.

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Jedenfalls aber können Sie sowohl in bezug auf Schopen­hauer als auch auf Jean Paul darauf rechnen, daß die Manu­skripte bis i. Oktober dieses Jahres in Ihren Händen sind.

Mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

355. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 22. Juli 1893

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Sie werden mich am Ende für den undankbarsten und gefühllosesten Menschen der Welt halten, denn wieder sind Monate verflossen, seit ich das letzte Mal etwas von mir habe hören lassen. Ich kann Ihnen aber - zum wievielten Male freilich? - die Versicherung geben, daß es nur meine alte, Ihnen wohl genugsam bekannte Schreibfaulheit ist, die mich immer wieder und wieder verleitet, Pausen von solch unverantwortlicher Länge zu machen. Jetzt gibt es aber et­was, was mir die Feder mit zwingendster Notwendigkeit in die Hand treibt: das Ende des Schuljahres. Ich bitte Sie recht sehr, selbst wenn Sie mir sonst wegen meiner Nach­lässigkeit zürnen sollten, mir ja in diesem Falle nicht zu versagen, was ich so neugierig zu wissen begehrte: die Re­sultate des Schuljahres. Der gute Otto - dem ich noch nach­träglich zum Geburtstage gratuliere - hat maturiert. Ich brenne auf das Resultat. Wie steht es mit Ernst und Arthur. Hoffentlich ist es bei allen gut und nach Ihrem und Ihres lieben Herrn Gemahls Wunsch gegangen.

Sie werden wohl bereits im schönen Unterach sein. Ich schreibe diesen Namen nicht nieder, ohne mich vergange­ner Tage zu erinnern, die in manchem anders waren, als die heutigen sind. Ich will aber über nichts klagen als über das eine: Daß wegen Überlast von Arbeit heute am 22. Juli

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mein Buch noch nicht ausgedruckt sein kann. Mir schwebt das Erscheinen dieses Buches wie ein Ideal vor, dem ich -Sie können gar nicht glauben, mit welcher Intensität - zustrebe.

Außer dem Umstande, daß ich die letzten Monate viel gearbeitet habe, wüßte ich trotz der Länge der Zeit meines Nichtschreibens nichts zu berichten, als daß ich zu Goethes Geburtstag (28. August) in Frankfurt am Main die Festrede halten werde. Ich bin vom «Freien Deutschen Hochstift» mit dieser Aufgabe betraut.

An Richard schreibe ich gleichzeitig. Ich habe in meinem Merkur-Artikel «Bildung und Überbildung» auch von sei­nem «Sündentraum» gesprochen. Hoffentlich ist ihm das da Ausgesprochene nicht zuwider. Ich schicke ihm Num­mern, lege aber auch Ihnen eine bei, für den Fall, daß Richard augenblicklich nicht in Ihrer Mitte weilen sollte.

In Weimars einförmige Ruhe brachte die Reichstagswahl einige Aufregung. Wir haben zwar hier keine Ahlwardts und Försters, aber gerade viel Intelligenz ist auch hier nicht gelegentlich des Wahlfeldzugs entwickelt worden. Im Gan­zen muß man wohl sagen, wenn man diese Sache im Heili­gen Römischen Reiche von innen mitangesehen hat: Durch die letzte Wahl hat sich eine Zunahme an Roheit und Un-verstand in den Massen gezeigt, die ich wahrhaft erschrek­kend finde. Daß ein - von allem übrigen abgesehen - maß­los alberner Mensch, der alle Luegers an Lügen « genie» turmhoch überragt, zwei Parlamentssitze erobert und zahl­lose Anhänger hat, zeugt doch von einer Verkommenheit des öffentlichen Geistes, die man nicht genug beklagen kann.

Wie geht es Ihnen allen? Wie Ihrer Frau Mutter, Schwe­ster, Ihrem Herrn Gemahl und dem guten Hans? Ich bitte Sie recht sehr: Lassen Sie mich in keiner dieser Fragen unaufgeklärt.

Wann ich in diesem Sommer meine Ferien halten kann, weiß ich noch nicht zu sagen. Bis jetzt habe ich vor, sie an

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die Frankfurter Rede anzuschließen und dann auch Ihre liebe Familie wieder zu besuchen. Hoffentlich zürnen Sie mir nicht so stark, daß Sie mir das nicht gestatteten. Neh­men Sie trotz meines Nichtschreibens die Versicherung meiner unveränderlichen Anhänglichkeit an Ihr Haus hin, grüßen Sie bitte alle Angehörigen - besonders Ihren lieben Herrn Gemahl und Ihre Frau Mutter und Schwester -bestens von

Ihrem

immer gleich dankbaren

Steiner

#TI

356. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 23. August 1893

Hochgeehrte Herren!

Erst heute, wo ich mich mit meiner Kritik des Schopen­hauerschen Textes in einem vorgerückten Stadium befinde, kann ich Ihnen in bezug auf die Bremersche Zuschrift eine bündige Auskunft geben. Was sich im Bremerschen Besitz befindet, sind die durchschossenen Handexemplare der letzten zu Schopenhauers Lebzeiten erschienenen Auflagen seiner Werke, in die er Bemerkungen zum Gebrauche für künftige Auflagen eingetragen hat. Ich kann Ihnen nun auf Grund einer sorgfältigen Prüfung der Texte versichern, daß uns aus der Unzugänglichkeit des Bremerschen Besitzes für unsere Ausgabe keinerlei Schaden erwachsen kann. Frauen­städt hat allerdings einen korrupten Text auf Grund dieser Handexemplare und der Manuskriptbücher hergestellt, al­lein die Fehler, die er gemacht hat, sind zum Teil so grober Natur, daß eine Vergleichung seiner Texte mit den Origi­nalausgaben in den meisten Fällen eine sichere Handhabe für die Kritik abgibt. Außerdem befinden sich ja die Manu­skriptbücher

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Schopenhauers auf der Kgl. Universitätsbi­bliothek in Berlin. Was aus diesen für den Text zu gewinnen ist, haben die sorgfältigen Studien Eduard Grisebachs gelie­fert. Die Zahl der Frauenstädtschen Fehler, die auf Grund dieser Studien verbessert werden können, ist kaum nen­nenswert kleiner als diejenige, welche Bremer statuiert. Ich werde Ihnen nun auf Grund aller dieser Hilfsmittel einen Text liefern, der durch die Bremerschen Besitztümer kaum erheblich wird verbessert werden können und der jedenfalls den Ansprüchen aller in Betracht kommenden Leser genü­gen wird.

Ich kann Ihnen nur die Versicherung geben, daß kein ge­wissenhafter Gelehrter zu einer Schopenhauer-Ausgabe seine Kräfte zur Verfügung stellte, wenn es um den Text so stünde, wie Bremer das schildert. Wir könnten froh sein, on unseren besseren Schriftstellern durchwegs wenn wir v so gute Textausgaben hätten, wie wir sie von Schopenhauer machen können.

Ich werde in das mir von Ihnen freundlichst übersandte Schopenhauer-Exemplar alle nötigen Korrekturen eintra­gen und es Ihnen dann am I . Oktober mit der Einleitung übersenden und erkläre mich für den Text dann vollständig verantwortlich.

Was nun die Anordnung der Schriften betrifft, so bin ich dafür, daß sie in jener Reihenfolge erscheinen sollen, in der sie gelesen werden sollen, d.h. in der sie Schopenhauer nach seiner letztwilligen Verfügung gelesen wissen wollte.

Ich lege Ihnen das diesbezügliche Schema hiermit vor und bitte, mir mitzuteilen, ob es Ihren Beifall hat.

1. Band: Einleitung und Satz vom Grunde.

2. Band: Welt als Wille und Vorstellung, 1.-3. Buch.

3. Band: Welt als Wille und Vorstellung, 4. Buch und An­hang.

4. Band: Welt als Wille und Vorstellung, Ergänzungen zum i. und 2. Buch.

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5. Band: Welt als Wille und Vorstellung, Ergänzungen zum 3. und 4. Buch.

6. Band: Wille in der Natur. Die beiden Grundprobleme der Ethik.

7. Band: Parerga i. Teil (Skizze einer Geschichte der Phi­losophie, Fragmente dazu. Über die Universi­täts-Philosophie. Anscheinende Absichtlichkeit der Schicksale. Geistersehen).

8. Band: Parerga 2. Teil (Aphorismen der Lebensweisheit etc.).

9. Band: Parerga 3. Teil.

10. Band: Farbenlehre.

11. Band: Alles, was an Briefen und sonstigen Ergänzun­

12. [Band]] gen beigebracht werden kann.

In bezug auf Jean Pauls ausgewählte Werke sende ich Ih­nen meine Vorschläge in wenigen Tagen.

In besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

357. AN ANNA EUNIKE

#TX

Frankfurt [a.M.], an Goethes

Geburtstag 1893 [28. August]

Meine liebste Anna!

Ich hätte Dir gestern gerne ein Wort geschrieben. Allein ich war den ganzen Tag über mit dem Hochstiftmann bei­sammen. Die Festsache ist recht gut abgelaufen. Heute vor­mittags gehe ich ins Goethehaus und nachmittags möchte ich mir auch sonst in Frankfurt etwas ansehen, was bis zu diesem Augenblicke noch nicht möglich war. Es wäre

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schön, wenn Du, meine gute Anna, nun auch da sein könn­test. Ich möchte am liebsten Dich überall hin mitnehmen.

Morgen auf Wiedersehen

Dein

Rudolf

#TI

358. AN JOSEPH KÜRSCHNER

#TX

Weimar, 4. September 1893

Hochgeschätzter Herr Professor!

Endlich bin ich in der Lage, Ihnen Manuskript zu senden. Sie werden aus demselben sehen, daß die Bearbeitung ge­rade dieser Kapitel von Goethes wissenschaftlichen Schrif­ten mit sehr großen Schwierigkeiten verknüpft war. Die Sa­che machte durchaus an einzelnen Stellen etwas längere An­merkungen notwendig; aber wir haben ja solche auch an anderen Stellen der naturwissenschaftlichen Schriften ge­habt. Jetzt habe ich Ihnen nur noch einige kleine Nachträge zu liefern und die Einleitungen zu den beiden Halbbänden, die keine Schwierigkeiten mehr machen und die Sie ganz bestimmt noch in dieser Woche erhalten werden. Sie kön­nen mit Sicherheit darauf rechnen, daß ich den Druck nun nicht mehr weiter verzögern werde. Und nun zu Ihrer Frage bezüglich der Durchsicht der Goethebände und des Registers. Ich übernehme beides sehr gerne. Daß ich die Sache schnell erledigen werde, kann ich Ihnen mit Be­stimmtheit versprechen. Ich habe mich bereits darauf einge­richtet und kann sogleich mit der Arbeit beginnen. Ich bitte Sie nur, mir recht bald ein Exemplar der Ausgabe zusenden zu lassen und mir besondere Wünsche, die Sie in bezug auf die Sache haben, gütigst mitzuteilen.

Zugleich gestatte ich mir die Frage bezüglich des Quart­lexikons zu beantworten. Ich habe mir allerdings Notizen

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über Nachträge gemacht. Dieselben müssen nur gesichtet werden. Ich sende sie Ihnen baldmöglichst. Auch die bio­graphischen Notizen, die Sie von mir wünschen, sende ich in diesen Tagen ab.

In der Hoffnung einer baldigen Antwort

Ihr dankbarst ergebener

Rudolf Steiner

#TI

359.VINCENZ KNAUER AN RUDOLF STEINER

#TX

Wien, 16. September 1893

Hochgeehrter Herr Doktor!

Durch einen glücklichen Zufall erfuhr ich gestern von Ihrer so überaus freundlichen Besprechung meines jüngst verbrochenen Buches in Nr.12 des «Literarischen Merkur», und ich beeile mich, obwohl ein abgesagter Feind des Briefeschreibens, meinen ver­bindlichsten Dank zu sagen. Derselbe ist um so aufrichtiger, als Herr Doktor auf einem scheinbar von meinem dualistischen (oder pluralistischen? ich weiss selbst noch nicht recht, wie er adäquat definiert werden könnte) verschiedenen Boden stehen. Ich sage scheinbar verschiedenen, weil ich meine, daß dasjenige, was Herr Doktor konkreten Monismus nennen, mit dem Pluralismus des Seienden nicht notwendig im Widerspruch steht, und ich gebe ohne weiteres zu, daß jeder abstrakte Pluralismus zur Erklärung des Organischen, wenn er nicht zum Deus ex machina, d.h. zu einem mechanischen, die Welt nur von aussen stoßenden und wir­belnden Gott seine Zuflucht nimmt, ganz unzureichend ist. Da liegt eben eines der «Hauptprobleme» vor, das des Schweißes der Edlen wert ist; doch nützt das Schwitzen sehr wenig. Herr Doktor werden ohnehin bemerkt haben, daß ich selbst vom abstrakten Monismus, der meine metaphysische Jugendliebe war, mich nur schmerzlich losgemacht habe. Meine Promotionsschrift war noch ein «Votum für Hegel», und in der Güntherschen Philosophie war es vor allem die immanente substantielle Einheit des Naturprin­zips, die mich anzog und festhielt; gegen Herbart hatte ich eine solche Aversion, daß mir das famose «Vaterland» in Wien noch vor kurzer Zeit auf Grund dessen den Vorwurf des Übergelaufenseins

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ins feindliche Lager machte, dabei aber nicht begreifen konnte, daß ich trotzdem und ganz abgesehen von meinem Stande ein offen erklärter Anhänger der Deszendenzlehre sei. Ich kann es leider den Herren auch nicht begreiflich machen, so wenig als mir aus Lotze und Hamerling klargeworden, daß sie trotz ihres mona­distischen Standpunktes immer wieder, fast ohne es selbst zu mer­ken, möchte ich sagen, einem Monismus fast mystischer Form Konzessionen machen, wie dieser sich am ausgesprochensten und i n konsequentester Entwicklung bei Spinoza findet. Diesen als ei­nen der größten philosophischen Denker zu behandeln, werde ich mir weder durch den Pluralismus, noch durch das Hopphoppge­schrei der Zeloten verleiden lassen. Überhaupt halte ich es für die größte Torheit, mit einer Formel oder wohl gar einem Schlagwort die Rätsel des Daseins lösen zu wollen; und da Herr Doktor von unserm guten Vater Kant nicht so hoch denken wie ich, so will ich Ihnen auch offen gestehen, was mich am meisten in seine Gedan­kenkreise bannt. Es ist das Resultat seines gesamten Denkens, die Lehre, daß wir Menschen weder in moralischer noch in intellektu­eller Beziehung je die Vollendung und mit dieser die starre Ruhe erreichen können, sondern daß wir bestimmt sind, das Ideal der Güte und Wahrheit anzustreben im unendlichen Prozeß. Unsere Seligkeit ist die Entwicklung.

Das glaubte ich meinem Dank für Ihre so große Freundlichkeit beifügen zu müssen, möchte aber um Erdballschätze damit zu kei­ner Antwort verpflichten, jedenfalls zu keiner brieflichen. Mir sagte vorjahren ein Historiker, dem ich dafür zu Dank verpflich­tet bin: «Sie korrespondieren zu viel; das Briefschreiben aber gehört zu den Motten der Zeit.» -

Hochachtungsvollst und ergebenst

Vincenz Knauer

#TI

360. AN EMIL FELBER

#TX

Weimar, 14. Oktober 1893

Verehrter Herr!

Der Schluß des Manuskriptes ist schon gestern an die Druckerei abgegangen. Auch die ersten Bogen

Korrektur

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sind bereits gestern angekommen. Ich korrigiere schnell, und Sie erhalten bestimmt Montag früh, was bis jetzt bei mir eingetroffen ist. Der Änderungen sind sehr wenige.

Meinen besten Dank dafür, daß Sie das Buch nun doch noch diesen Herbst bringen.

Mit besten Grüßen

Ihr

Steiner

#TI

361. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 24. Oktober 1893

Hochgeehrte Herren!

Ich muß Sie vielmals um Entschuldigung bitten, daß ich Ihnen Text und Einleitung zu Schopenhauers Werken noch immer nicht zugeschickt habe. Sie können aber sicher auf die Zusendung bis spätestens 5 . November rechnen. Ich habe den ganzen Text kritisch geprüft, wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, und ersuche Sie, die Verzögerung dafür mit in Kauf zu nehmen, daß Sie dann einen durchaus verläßli-chen Text bekommen, für den man gegen solche Angriffe, wie der Bremersche einer ist, einstehen kann. Wenige Tage nach dem Schopenhauer sende ich Ihnen dann auch den Jean Paul. Hoffentlich ist in der Sache noch nichts versäumt und die Manuskripte kommen noch zur rechten Zeit in Ihre Hände. Zu meinem Schreck sehe ich, daß ich Ihnen den Bremerschen Brief noch nicht geschickt habe, was ich denn hiermit tue.

Sollte mein Manuskript früher notwendig sein, so bitte ich um gefällige Mitteilung.

Mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

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#TI

362. AN VINCENZ KNAUER

#TX

Weimar, den i 5. November 1893

Hochgeschätzter Herr Doktor!

Gestatten Sie, hochgeschätzter Herr Doktor, daß ich Ihnen heute meinen herzlichsten Dank für Ihren mich sehr erfreuenden Brief vom 16. September 1893 dadurch aus­spreche, daß ich Ihnen durch meinen Verleger, Emil Felber in Berlin, meine eben erschienene «Philosophie der Frei­heit» übersenden lasse. Es würde mir zur innigsten Befrie­digung gereichen, wenn Sie meinem Versuch, die Weltan­schauung, besonders die Ethik des Individualismus neu zu begründen, einiges Interesse abgewinnen könnten. Ich habe in der letzten Zeit zu meinem Schmerze erfahren müssen, daß man meine individualistische Weltanschauung als eine Folge meiner Nietzsche-Lektüre hinstellt, und Prof. Tön­nies in Kiel hat eine besondere Broschüre geschrieben, als Antwort auf einen Journal-Artikel von mir, worin er mich als «Nietzsche-Narren» verspottet. Ich kann Ihnen die Ver-sicherung geben, daß ich die Keime zu meinem Individua­lismus schon 1887 im 2. Bande meines Kommentars zu Goethes wissenschaftlichen Schriften ausgesprochen habe, und zwar ohne damals ein einziges Wort von Nietzsche gelesen zu haben. Mein eben erscheinendes Buch ist von Nietzscheanismus völlig unbeeinflußt. Mein Standpunkt ist der Monismus und mein Individualismus nur eine notwen­dige Folge meiner monistisch-naturwissenschaftlichen Be­obachtungsweise der Welt. Ich stehe in dem denkbar schärfsten Gegensatze zu Ed. von Hartmann, und suche diesen Gegensatz schon auf dem Titeiblatte durch die Worte «Beobachtungs-Resultate nach naturwissenschaftli­cher Methode» auszudrucken, während die «Philosophie des Unbewußten» an derselben Stelle die Worte trägt: «Spe­kulative Resultate nach induktiv-naturwissenschaftlicher Methode». Ich kann mich aber von dem Gedanken nicht trennen, daß der menschliche Geist durch Beobachtung und

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Denken - im weitesten Sinne - zu einer befriedigenden Weltauffassung kommen muß, wenn er erst durch eine er­kenntnis-theorethische Grundlegung zu einer vollen Ver­ständigung mit sich selbst gekommen ist. Diese Verständi­gung des menschlichen Bewußtseins mit sich selbst habe ich in einem besonderen Schriftchen: «Wahrheit und Wis­senschaft» (1892) versucht, das ich diesem Briefe beizufü­gen mir erlaube. Ich habe mich in Ihrem Briefe besonders über die Stelle gefreut, in der Sie sagen, daß Sie es für «Tor­heit» halten, mit einer Formel oder gar mit einem Sclllag­wort die Rätsel des Daseins lösen zu wollen. Auch ich halte es mit der Ansicht, daß weder in intellektueller, noch in ethischer Beziehung je ein letztes Wort gesprochen werden kann, und daß alles wissenschaftliche Streben ein Entwick­lungsprozeß ist. Ich glaube aber gerade durch meinen Mo­nismus die Bahn für jede Entwicklungsmöglichkeit frei zu erhalten und durch meine Methode jede starre wissen­schaftliche Ruhe auszuschließen.

Mein Gegensatz zu Kant ist ein durchaus prinzipieller, und ich bin weit entfernt davon, die geistige Bedeutung die­ses unsterblichen Philosophen zu unterschätzen. Ich glaube vielmehr in ihm den größten Vertreter des Dualismus zu erkennen und bin der Ansicht, daß jede Bekämpfung des Dualismus da einsetzen muß, wo mit den schärfsten Waffen für diese Weltanschauung gekämpft worden ist: bei Kant.

Wieviel ich gerade aus Ihrem letzten Buche, hochge­schätzter Herr Doktor, gelernt habe, und wie ich Ihre An­schauungsweise und namentlich Ihre historische Beurtei­lung der Erscheinungen schätze, haben Sie aus meiner Be­sprechung gesehen. Ich gestehe Ihnen, daß ich oft wieder zu Ihrer Schrift zurückkehre, und daß ich Ihnen für Ihre Darstellung der aristotelischen Philosophie ganz besonders dankbar bin. Ich schulde gerade diesem Teile Ihres Buches sehr viel.

Nehmen Sie mir es nicht übel, verehrtester Herr Doktor, wenn ich am Schlusse hier die Bitte an Sie anfüge, sich ir­gendwo

#SE039-189

über mein Buch*, dessen Schicksal mir sehr am Herzen liegt, öffentlich auszusprechen. Sie haben derlei Be­sprechungen ja öfters in der «Presse» veröffentlicht. Bei der gegenwärtigen Strömung in der Philosophie würden Sie mir mit einer, wenn auch kurzen Besprechung einen großen Dienst erweisen. Ich bitte Sie aber dieses Ansuchen ja nicht als den Grund meiner Sendung anzusehen, die vielmehr in der warmen Verehrung begründet ist, die Ihnen stets entgegengebracht hat

Ihr

aufrichtig ergebener

Rudolf Steiner

Das Buch «Philosophie der Freiheit» sendet der Verleger.

#TI

363. AN ROBERT SAITSCHICK

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Weimar, 21. November 1893

Hochgeschätzter Herr Professor!

Mein Verleger Emil Felber in Berlin wird Ihnen mein eben erschienenes Buch: «Philosophie der Freiheit» über-sendet haben. Gestatten Sie mir, daß ich zu dieser Sendung folgende Worte hinzufüge.

Die ganz besondere Befriedigung, die mir Ihre bisherigen Publikationen gewährt haben, mögen Sie aus den mitfol­genden beiden Rezensionen ersehen, die ich über Ihre Schriften: «Zur Psychologie unserer Zeit» und: «Die Welt­anschauung Dostojewskis und Tolstois» geschrieben habe. Auch Ihren Aufsatz über Ibsen in der «Neuen Zeit» habe ich mit größtem Interesse gelesen. Dieser Umstand mag mich bei Ihnen entschuldigen, wenn ich Ihnen sage, daß mir an Ihrem Urteil über meine «Philosophie der Freiheit» sehr viel gelegen ist. Ich suche auf monistischer Grundlage

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eine Weltanschauung, namentlich eine Ethik des Indivi­dualismus zu begründen Und finde, daß diese in vollem Einklange mit den Grundansichten ist, die ich in Ihren Schriften zu erkennen glaube.

Ich erlaube mir nur zu bemerken, daß ich ganz unabhän­gig von Nietzsche zu meinen Uberzeugungen gekommen bin und daß ich dieselben schon 1887 in meinem Kommen­tar zu Goethes wissenschaftlichen Schriften (in Kürschners «Deutscher National-Literatur») angedeutet habe zu einer Zeit, als ich noch keine Zeile von Nietzsche gelesen hatte.

Sie würden mir, hochgeehrter Herr Professor, einen gro­ßen Dienst erweisen, wenn Sie die Güte hätten, sich ir­gendwo öffentlich über meine Schrift «Philosophie der Freiheit» auszusprechen. Doch bitte ich Sie darum, in dieser Bitte nicht den alleinigen Grund zu sehen, aus dem ich Ih­nen mein Buch übersenden ließ, sondern in der Schätzung, die ich Ihrem öffentlichen Wirken entgegenbringe, den­selben zu suchen.

Mit besonderer Hochschätzung

Ihr

ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

364. EDUARD VON HARTMANN AN RUDOLF STEINER

#TX

Gr[oß-] Lichterfelde, 21. November 1893

Sehr geehrter Herr!

Ich habe nun Ihr Buch durchgelesen. Mit wie lebhaftem Inter­esse ich dies getan habe, mögen Sie daraus entnehmen, wieviel ich dabei notiert habe. Ich erlaube mir, Ihnen die Randnoten im Ori­ginal zu übersenden mit der Bitte um gefällige Rücksendung. Die Abschrift würde zu lange aufgehalten haben. Diese Glossierung des Textes scheint mir an Lebhaftigkeit der mündlichen Bespre­chung am nächsten zu kommen, wenn sie auch wegen ihrer Form-losigkeit um Entschuldigung bitten muß.

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Sie werden von mir kaum etwas anderes erwarten als die Angabe der Gründe, warum ich Ihren abweichenden Standpunkt bekämp­I fen muß. Wenn ich Ihnen irgendwie dienen kann, so ist es am

besten durch eingehende Polemik. Manche Bemerkungen bezie­hen sich bloß auf Ihre Ausdrucksweise und können Ihnen viel­leicht nützen bei einer späteren Überarbeitung oder stellenweiser Neubearbeitung verwandter Probleme. Die Darstellung und der Stil ist anziehend und gewandt, wie ich das von Ihnen gewohnt bin; es war aber zu konstatieren, daß Ihnen Ihre Darstellungsgabe auch hier bei diesen zum Teil recht abstrakten Dingen nicht versagt hat.

Ich bilde mir nicht ein, durch meine Bemerkungen Ihren einmal gewählten Standpunkt ändern zu können. Aber ich hoffe, Ihnen einerseits die Aporien desselben klargelegt und gezeigt zu haben, wo Sie Hand anlegen müssen, um ihn zu begründen und gegen An­griffe zu sichern, eventuell wo ein weiterer Ausbau desselben erfor­derlich ist. Andererseits hoffe ich, manche Mißverständnisse aufge­klärt zu haben in betreff meines Standpunktes, so daß Sie in man­chen Punkten die Differenz zwischen uns anders beurteilen dürften.

Mit den besten Grüßen verbleibe ich Ihr

hochachtungsvoll

ergebener

E v. Hartmann

Es ist schade, daß Sie meine kritische Darstellung Humes und Fichtes nicht lesen können.

#TI

365. VINCENZ KNAUER AN RUDOLF STEINER

#TX

Wien, 22. November 1893

Verehrtester Herr Doktor!

Eben von sehr vielseitigen Plackereien in Anspruch genommen, wollte ich die Lesung Ihrer freundlichst gesendeten höchst interes­santen Abhandlung auf eine ruhigere Zeit aufsparen. Indessen fes­selte mich beim beabsichtigten vorläufigen Durchblicken des «Vorspiels» bald der Inhalt so, daß ich es vom Anfang bis zu Ende las und nach meiner Gepflogenheit glossierte. Solche Glossen sind nur für mich, und sie sollen durchaus keine Kritik sein, daher ich auch beim Einschreiben derselben nicht im entferntesten daran dachte, sie Ihnen, verehrter Herr, zur Verfügung zu stellen. Wenn

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ich es nun dennoch wage, so geschieht es im Vertrauen auf Ihre gütige Nachsicht gegen etwaige Mißverständnisse. «So oft man spricht, beginnt man schon zu irren», sagt einmal Goethe. Sobald man schreibt, wiid der Irrtum oft nur größer, weil der Leser ge­wöhnlich das über ihn Geschriebene als Polemik auffaßt. Von die­ser ist in meinen Marginalien, nach meiner Absicht wenigstens, keine Spur. Ich wollte nur das von Ihnen Gesagte für mich zu­rechtlegen. Daß ich ein «hartgesottener» Altkantianer bin, wissen Herr Doktor, und darum sage ich mit dem alten Kant: «Sie müssen Geduld mit mir haben.» -

Sehr gern werde ich Ihrem Wunsche, ein Referat zu bringen, entsprechen. In der alten «Presse» aber wäre es ein Streich ins Wasser, und die «neue Freie» bringt solche Referate höchstens in der Sauregurkenzeit, wo alles in die Sommerfrischen eilt und we­nig, am wenigsten solche Referate, liest, im Abendblatt. Es ist überhaupt mit dem Rezensieren ein Jammer und ich habe dasselbe schon hundertmal verschworen und unter die Rubrik «Motten der Zeit» gesetzt. Indessen will ich sehen, was sich da ausnahmsweise tun läßt; aber: «Sie müssen Geduld mit mir haben.» Jedenfalls halte ich es für das beste, wenn es mit der «Philosophie der Frei­heit» unter einem geschieht. Zur Lesung dieser komme ich aber vor Neujahr nicht. Es ist ganz unmöglich, und darum redet hier sogar mein kategorischer Imperativ umsonst.

Clara pacta, firmae amicitiae! und darum will ich nur noch ehr­lich gestehen, daß ich in bezug auf Kant mich so ziemlich mit aller Welt im Gegensatz und selbst im Widerspruch befinde. Ich be­stehe nämlich darauf, daß man die «Kritik der reinen Vernunft» nicht als Kants Hauptwerk getrennt von den zwei andern Kritiken behandeln dürfe, daß man den ganzen Kant würdigen müsse, wie er selbst den Menschen als Ganzes, also nicht bloß als theoretisch denkendes, sondern als gleichzeitig wollendes und fühlendes We­sen behandelt hat. Man behandelt die Kritiken der praktischen Vernunft und der Urteilskraft immer als bloße Zubauten, wo nicht gar als leere Tändeleien, mit denen der Weise von Königsberg seine unschätzbare Zeit vertrödelt habe. Goethe und Schiller waren anderer Meinung. -

Mit ausgezeichneter Hochachtung und

dankbarst verpflichtet

Vincenz Knauer

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#TI

366. AN JOHN HENRY MACKAY

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Weimar, 5. Dezember 1893

Hochgeschätzter Herr!

Mein Verleger Emil Felber in Berlin wird Ihnen im Laufe der letzten Tage mein eben erschienenes Buch «Philosophie der Freiheit» übersendet haben. Ich habe mir erlaubt, Ihnen diese Schrift, in der ich die Weltanschauung des Individua­lismus in wissenschaftlicher Weise zu begründen versuche, vorzulegen. Meiner Meinung nach bildet der erste Teil mei­nes Buches den philosophischen Unterbau für die Stirner­sche Lebensauffassung. Was ich in der zweiten Hälfte der «Freiheitsphilosophie» als ethische Konsequenz meiner Voraussetzungen entwickle, ist, wie ich glaube, in vollkom­mener Ubereinstimmung mit den Ausführungen des Bu­ches «Der Einzige und sein Eigentum». Ich hoffe auch über das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft am Schlusse des Kapitels «Die Idee der Freiheit» etwas der mo­dernen Naturwissenschaft wie der Stirnerschen Ansicht in gleichem Maße Entsprechendes gesagt zu haben. Auf Stir­ner ausdrücklich zu verweisen, hatte ich keine Veranlas­sung, da sich mein ethischer Individualismus mit Notwen­digkeit aus meinen Prinzipien ergibt. Sollte ich das Glück haben, eine zweite Auflage meines Buches erscheinen lassen zu können, so möchte ich dann in einem neu hinzukom­menden Schlußkapitel die Ubereinstimmung meiner An­sichten mit den Stirnerschen ausführlich zeigen. Auch ar­beite ich gegenwärtig an einer kleinen Arbeit über «Max Stirner und Eduard von Hartmann», in der ich die zwei entgegengesetzten Pole des modernen Denkens kritisch kennzeichnen will.

Ich erlaube mir, diesen Zeilen nur noch die Bemerkung anzufügen, daß es mir zur ganz besonderen Befriedigung gereichen würde, wenn Sie, hochgeehrter Herr, in der Lage wären, meinen Bestrebungen einiges Interesse abzugewinnen.

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Ich gestehe, daß mir an einem Urteile von Ihnen sehr viel gelegen ware.

Mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

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367. AN KURT EISNER

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Weimar, 8. Dezember 1893

Hochgeschätzter Herr!

Mein Verleger Emil Felber in Berlin wird Ihnen in diesen Tagen mein eben erschienenes Buch «Philosophie der Frei­heit» übersendet haben. Ich habe mir erlaubt, es Ihnen, ver­ehrter Herr, vorlegen zu lassen.

Welches Interesse ich an Ihren literarischen Arbeiten nehme, mögen Sie aus meiner Besprechung Ihrer «Psycho­pathia spiritualis» vom 28. Januar d. J. entnehmen, die ich mir erlaube, diesem Briefe beizulegen. Diese Besprechung wird es Ihnen begreiflich erscheinen lassen, wenn ich Ihnen sage, daß mir an Ihrem Urteile über meine «Philosophie der Freiheit» sehr viel gelegen ist. Ich versuche den ethischen Individualismus wissenschaftlich zu begründen, und zwar ganz unabhängig von Nietzsche. Ich habe die Grundgedan­ken meiner Weltanschauung ausgesprochen, als ich noch kein Wort von Nietzsche gelesen hatte, nämlich 1886 in meiner «Erkenntnistheorie». Die Art der Begründung, die ich dem Individualismus gebe, beseitigt, wie ich glaube, die auch von Ihnen gerügten Einseitigkeiten desselben und läßt dadurch das Berechtigte dieser Lebensansicht um so mehr zur Geltung kommen.

Ich wäre Ihnen, hochverehrter Herr, sehr dankbar, wenn Sie an einem Ihnen geeignet erscheinenden Orte sich öffent­lich über mein Buch aussprechen wollten. Doch betrachten Sie diese Bitte nicht als den einzigen Grund meiner Sendung,

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sondern sehen Sie denselben in dem Interesse, das ich an Ihrem öffentlichen Wirken habe.

in aufrichtiger Hochschätzung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

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368. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

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Weimar, 9. Dezember 1893

Hochgeschätzte gnädige Frau,

verehrtester Herr Specht!

Lassen Sie bitte die gleichzeitig an Sie abgehende «Frei­heitsphilosophie» für mich Fürsprecher sein wegen meines vielmonatlichen Nichtschreibens. Ich mußte sozusagen jede Minute ausnutzen, wenn das Buch noch in diesem Jahre die Öffentlichkeit erblicken sollte. Sie sehen es den 242 Seiten kaum an, welche Summen von Vorarbeiten in ihnen stek-ken Wie die Sache jetzt vorliegt, macht mir besonders die zweite Hälfte Freude. Wie die «Männer vom Fache» mit dem Buche verfahren werden, macht mir viele Sorge. Es scheint mir aber so viel von dem modernen Bewußtseins-inhalte in dem Dinge zu stecken, daß es mit dem sonst so beliebten Totschweigen vielleicht nicht gehen wird.

Mich würde es ganz besonders freuen, wenn Sie das Interesse, das Sie an meinen frühern Schriften genommen haben, auch dieser neuen abgewinnen könnten.

Daß ich mir Sie, hochgeschätzte gnädige Frau und ver­ehrtester Herr Specht, in Erinnerung an unendliche Beweise freundschaftlichen Entgegenkommens am liebsten mit als Leser denke, werden Sie nicht bezweifeln. Mit ganz beson­derer Befriedigung würde es mich erfüllen, wenn Sie mir einen Fortschritt in meinen Ideen zuerkennen wollten ge­genüber meinen frühern Schriften. Philosophische Bücher

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haben immer ein doppeltes Gesicht. Sie sind erstlich ein Spiegel der wissenschaftlichen Denkweise ihrer Zeit, zwei­tens aber auch ein solcher der allgemeinen Bildung. In je­dem anderen Fach hat man weniger Anlaß, die allgemein­sten Zeitideen zu berühren als in der Philosophie. Deshalb kann eine Philosophie in demselben Sinne konservativ, so­gar reaktionär sein wie eine Politik. Ich würde mich freuen, wenn Sie meiner Denkrichtung das Prädikat einer «eminent fortschrittlichen und freisinnigen» nicht versagen wollen. Ich bin in dem Sinne fortschrittlicher Philosoph zu nennen, in dem Eduard von Hartmann konservativ genannt werden muß.

Nun aber vom Allgemeinen zum Individuellen. Wie geht es Ihnen allen? Was machen Otto, Arthur und Ernst? An Richard schreibe ich besonders und sende besonders die «Philosophie der Freiheit». Ich muß für meine Schreibfaul­heit die verdiente und selbstverständliche Strafe erleiden, daß ich monatelang aus Ihrem mir so teuren Hause nichts erfahre, was mich sehr oft bitter quält. Ich bitte Sie nun, mich nicht weiter harren zu lassen und mir recht bald das von mir sehnlichst gewünschte Wissen um Ihrer aller Wohl­ergehen zuteil werden zu lassen.

Ich bin nun über drei Jahre in Weimar, und in drei Som­mern wurde mir so schlimm mitgespielt, daß ich auch nicht vierzehn Tage finden konnte, in denen ich, arbeitsfrei, Er­holung gehabt hätte. Ich habe ja in diesen drei Jahren ein gutes Stück Arbeit getan, aber eine Erfrischung - wenn auch für wenige Tage - hätte mir doch gutgetan. Besonders diesen Sommer dachte ich bestimmt nach Unterach kom­men zu können. Es hat auch diesmal nicht sein sollen! Daß ich aber im Laufe dieses Winters nach Wien komme, glaube ich unter allen Umständen. Wann? Das weiß ich aber nicht. Mitte Januar habe ich wieder hier einen Vortrag zu halten. Anerbietungen der gleichen Art von auswärts habe ich lei­der ablehnen müssen, weil ich nicht auf längere Zeit von hier weg kann. Meinen Frankfurter Vortrag - gehalten gelegentlich

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der Geburtstagsfeier Goethes - lege ich diesem Briefe bei. In Weimar will ich über das «Verbrechen vom psychologischen Standpunkt» sprechen. Ich hatte bezüglich dieses Vortrags die Freude, daß schon Anfang November, gleich nach der Ankündigung, der Saal (300 Personen) aus­verkauft war. Ich hoffe aber noch eins. Das weiß aber hier fast noch niemand. Mit diesem Vortrag hoffe ich, auch in Jena anfangs oder Mitte Februar aufzutreten. Das wird mich meinem lang ersehnten Ziel ein gut Stück näherbrin­gen. Der Vortrag, auf viele Studien gestützt, wird eine radi­kale Kritik der Lombrososchen Verbrechertheorie bringen.

Haben Sie die Schrift von Richard Horn über den Kausa­litätsbegriff im Strafrechte zu Gesicht bekommen? Ich nehme an, der Verfasser derselben ist Ihr Verwandter Dr. Richard Horn. Ich erhalte eben eine Anzeige von dem Er­scheinen der Schrift und vermute nach dem Titel, daß ich mich noch in diesem Monate - in bezug auf mein Thema -damit werde zu befassen haben.

Zum Schlusse nur noch die aufrichtige Versicherung, daß ich diesen Brief, wenn auch nach monatelangem Schweigen, doch mit der immer gleichen herzlichen Gesinnung schreibe, die ich nicht aufhören werde stets gegen Sie alle zu haben. Bitte, empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter und Schwester, deren Mann, und grüßen Sie Ihre Kinder und Hans herzlichst.

In treuer Dankbarkeit

Ihr

Steiner

Sobald der Buchbinder die «Philosophie der Freiheit» entläßt, folgt sie. - Herr Emil Brüll hatte die Freundlich­keit, mir seine Vermählungsanzeige zu schicken. Ich kenne seine Adresse nicht und bitte Sie recht sehr, ihm meinen beigelegten Dank zu übergeben.

369. AN ROSA MAYREDER

#G039-1985-SE198 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

369. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 14. Dezember 1893

Geschätzteste gnädige Frau!

Lassen Sie bitte die mitfolgende «Philosophie der Frei-hei t» für mich Fürsprecherin sein, wenn ich Sie bitte, wegen meines abermals monatelangen Schweigens mich zu ent­schuldigen. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen mit dem Buche eine arge Enttäuschung ins Haus sende. Ich weiß nur, daß Sie mein liebster Kritiker sind und daß ich auf Ihr Urteil mit größter Spannung warte. Würde es sich herausstellen, daß wir in den Hauptpunkten übereinstimmen, dann müßte ich das bei der Bewertung meiner Arbeit ganz besonders in die Waagschale werfen. Ich gestehe Ihnen ganz offen, daß ich an vielen Stellen meines Buches mit dem Gedanken schrieb: Was werden Sie dazu sagen?

Sie wissen es vielleicht, daß ich keineswegs die Negation berufsmäßig betreibe. Dessenungeachtet kommen an den verschiedensten - fast an allen - Stellen meines Buches An­sichten zutage, die dem gerade entgegengesetzt sind, was gegenwärtig Überzeugung der Menschen ist. Wenn man so allein steht, dann weiß man eine Gesinnungsähnlichkeit wie die mit der Ihrigen erst recht zu schätzen. Das Zusammen­wirken aller Ihrer Seelenkräfte gibt eine Resultierende, die kennengelernt zu haben ich als einen der größten Glücks­fälle meines Lebens betrachten muß.

Der erste Teil meines Buches enthält die Begründung einer radikalen Diesseitsiehre und als Stütze derselben eine Widerlegung des größten Unsinns, der je in der Welt die Geister beherrscht hat: Der modern-physiologischen Lehre von der subjektiven Natur der Sinnesempfindung. Der zweite Teil begründet und entwickelt den ethischen Indivi­dualismus in dem Sinne einer Freiheitsanschauung und der Emanzipation des höheren Menschheitsbewußtseins von den Fesseln jeglicher Autorität. Ich hoffe, daß Sie mit den

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Ausführungen auf Seite 225 und 226 über das Weib einver­standen sein werden. Was die Darstellungsart betrifft, so habe ich mich bemüht, mich selbst von jeder Art von Schule zu emanzipieren.

Nun aber zu Ihnen. Ich bin wegen Ihrer Arbeiten mit Professor Kürschner hart aneinandergeraten. Ich bin trost­los, daß Sie immer so vergebens warten. Überall klopfte ich an, jede Verbindung suche ich auszunutzen: Ich weiß fast schon keinen Rat mehr. Wie steht es mit den Aussichten in Wien, von denen Sie mir Mitteilung machten? Sie bestehen hartnäckig darauf, daß ich die fraglichen Arbeiten doch noch haben müsse. Frau Eunike hat mit einer wahrhaft rüh­renden Sorgfalt jedes Stück meiner Papiere durchspäht, je-des Buch um und um gekehrt. Was ich ganz sicher wußte, hat sich gezeigt, die Arbeiten sind nicht bei mir. Und Sie können sicher sein, sie können ganz unmöglich bei mir ver­lorengegangen sein. Ich habe bei meiner Abreise von Wien jedes Stück selbst in Händen gehabt. Sonst aber als in mei­ner Wohnung in Wien habe ich Ihre Arbeiten nirgends gehabt.

Ich bin noch nicht einmal dazu gekommen, Ihren verehr­ten Herrn Gemahl zu seiner Professur zu beglückwün­schen. Ich tue es hiermit nachträglich und sende ihm zu­gleich die herzlichsten Grüße.

Was macht Zitter? Zugleich mit dem Ihrigen geht auch ein Exemplar der «Freiheitsphilosop an ihn ab (mit Brief). Ich bedaure es jeden Tag, daß ich solange nichts von Ihnen allen höre. Allein kaum ist jetzt die «Freiheits-philosophie» fertig, da drängen Cottas mit Macht zur Schopenhauer-Ausgabe. Ich bin neugierig, was Sie zu meiner Einleitung zu Schopenhauers Werken sagen. Ich glaube trotz des immerhin ausgezeichneten Schopen­hauer-Buches von Kuno Fischer noch Neues bringen zu können.

Wenn Sie mir eine besondere Freude machen wollen, dann, bitte, schreiben Sie mir recht bald. Ein Brief von Ih­nen

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bedeutet viel für mich. Sie können das wissen. Ich habe es Ihnen schon oft gesagt.

In immer gleicher Hochschätzung

Ihr ergebenster

Steiner

#TI

370. JOHN HENRY MACKAY AN RUDOLF STEINER

#TX

Saarbrücken, 20. Dezember 1893

Sehr geehrter Herr!

Schon vor 3 Wochen habe ich mir, angezogen durch den Titel, Ihr Buch zu lesen vorgenommen.

Nun habe ich Ihnen für seine Zusendung meinen besten Dank auszusprechen. Seien Sie überzeugt, daß ich Ihr Buch mit dem höchsten Interesse lesen werde.

Aber Sie mussen mir Zeit geben. Niedergedrückt durch einen großen Verlust an meinen Handschriften quälen mich Entwürfe zu neuen ästhetischen Arbeiten und es ist mir fast unmöglich, mich in einer solchen Zeit mit anderen Fragen mündlich zu beschäftigen.

Auch eine Besprechung in der «Freien Bühne» kann ich Ihnen nicht fest versprechen. Fräulein Reuter hätte Ihnen sagen sollen, daß ich seit Jahren nichts anderes als meine Bücher geschrieben habe.

Aber ich werde dafür sorgen, daß Ihr Buch in dieser Zeitschrift nur von kompetenter Seite aus besprochen wird. Senden Sie ein Exemplar an

George Schumm, 38 Thornton Street, Roxburv, Mass., U.S.A.

G. Schumm versteht mehr von Freiheit als alle anderen Deut­schen zusammengenommen. Er war eine Zeitlang der Redakteur der deutschen Ausgabe von «Liberty» und wenn er sich entschlie­ßen sollte, über Ihr Buch zu schreiben, dürfen Sie sich glücklich schätzen.

Bis auf weiteres mit freundlicher Empfehlung

der Ihre

John Henry Mackay

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#TI

371. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 24. Dezember 1893

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Ich weiß nicht, welches Gesicht die vollberechtigten Weihnachtsgaben gemacht haben, als sie den ketzerischen Eindringling erblickten, der sich herausnimmt, gerade in den Festtagen anzukommen, in denen sie nach altehrwürdi-gern Brauch doch ganz allein berechtigt sind, die Tische ein­zunehmen. Hoffentlich rechtfertigt sich der Keckling da­mit, daß er an Geistigkeit nur einigermaßen sich vergleichen läßt mit dem köstlichen Getränke, das mir Ihre Freund­schaft beschert hat und mit dem er sich auf dem Wege ge­kreuzt hat. Er wird dabei wohl neidisch auf die wunder­schönen, zierlichen Gläschen geblickt haben, in dem nie­derdrückenden Bewußtsein, daß er sich nicht in solch an­mutigen Gefäßchen darreichen läßt wie sein Namensvetter im materiellen Gebiet. Haben Sie meinen herzlichsten Dank für das schöne Geschenk, über das ich mich sehr gefreut habe. Die vielen Erinnerungszeichen an Ihre Güte und Freundschaft, die mein Blick fast überall trifft, wohin er sich im Zimmer auch wendet, sind eine Wohltat für den, der so gerne an die Zeiten denkt, die er im Kreise Ihrer Familie verleben durfte.

Im vorigen Jahre, um diese Zeit, war ich auf dem Wege nach Wien. Diesmal mußte ich mir ein gleiches versagen. Ob es dem Schopenhauer so sehr darum zu tun ist, von mir eilig herausgegeben zu werden, weiß ich nicht. Die Cotta­sche Buchhandlung aber hat Eile. Daneben habe ich noch manches andere zu tun, wovon ich Ihnen ja schon erzählt habe.

Zu meinem Leidwesen muß ich aus Ihrem lieben Briefe ersehen, daß auch in diesem Winter Ihr Haus nicht ohne das lazarettartige Gepräge war, das Ihnen so vielmal die gleiche Zeit versauert hat. Daß wieder alles auf dem Wege

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der Besserung ist, ist tröstlich. Möge es auf diesem Wege nur ja flott weitergehen!

Richard wird wohl sehr erbost sein über mich. Er be­kommt aber ganz gewiß ein Exemplar der «Freiheitsphi­losophie». Ich habe mich auf den Schlingel von Verleger verlassen und glaubte, noch einige Exemplare - meine Frei-exemplare waren nur sehr wenige, und ich habe noch wel­che zu bekommen - längst zu erhalten. Und nun sitz' ich da, ohne Exemplar, und der Verleger schreibt mir, daß er momentan auch keins hat. Man kann als Autor leider nicht Miteigentümer seines Buches sein. Ich konnte mir nicht viele Freiexemplare erringen.

Verzeihen Sie eines. Ich konnte, um der - für Sie noch größeren als für mich - Umständlichkeit* bei Postpaketsen­dungen zu entgehen, nur als Kreuzbandsendung expedieren und konnte in eine solche keine Widmung einschreiben. Ich hole es gerne nach, wenn ich nach Wien komme.

Sehr gefreut hat mich die Meldung von der guten Ge­sundheit Ihres Herrn Gemahl. Bitte sagen Sie ihm, daß es mich ganz besonders freuen würde, wenn er mir, falls es seine Zeit einmal erlaubt, auch ein paar Worte über mein Buch sagen wollte.

Teilen Sie mir bitte Ihr Urteil unverhohlen mit. Ich bin für den Tadel ebenso dankbar wie für das Lob. Sie werden mir eine wahre Freude machen, wenn Sie mir den Eindruck mitteilen, den das Buch auf Sie macht. Ich hätte so gerne auch Ignaz Brüll ein Exemplar verehrt, aber ich habe eben keines.

Ich strebe mit aller Macht darnach, gegenüber dem deut­schen Philisterstil auch in der Darstellung menschlich und individuell zu sein. Die Deutschen schreiben überhaupt kei­nen Stil. Das sehe ich jetzt am besten, wo ich die englischen Essayisten, namentlich Emerson, lese. Einen Satz, wie

- - -

* Wenn das in Österreich ebenso wie hier ist.

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Emerson in einem Essay über Goethe, bringt kein Deut­scher zusammen, zum Beispiel: «I find a provision, in the constitution of the world, for the writer or secretary, who is tO report the doings of the miraculous spirit of life that everywhere throbs and works. His office is a reception of the facts into the mind, and then a selection of the eminent and characteristic experiences.» Wenn Sie sich ein wahres Vergnügen machen wollen, dann lesen Sie «Representative men» von R[alph] W[aldo] Emerson. Ich bin überzeugt, Sie werden die größte Befriedigung davon haben. Auch Richard wird entzückt davon sein.

Bitte empfehlen Sie mich allen Ihren Angehörigen. Uber die Nachrichten, Otto betreffend, habe ich mich maßlos gefreut. Ich sage damit nicht zu viel. Und ich bin auch sehr gespannt, ihn wieder einmal zu sehen.

In spannender Erwartung Ihres Urteils über mein Buch bin ich

Ihr

unveränderlicher

Steiner

#TI

372. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, den 4. Januar 1894

Hochgeehrte Herren!

Verzeihen Sie, wenn die Einleitung und der Text von Schopenhauers Werken, die ich wiederholt versprochen, noch immer nicht in Ihren Händen ist. Ich bin aber nun so weit, daß ich in wenigen Tagen die Arbeit absenden werde. Sie können überzeugt sein, daß es diesmal nicht bei dem bloßen Versprechen bleiben wird. Unvorhergesehene Zwi­schenfälle

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haben die Fertigstellung so lange verzögert. Jean Paul wird dann bestimmt noch im Februar nachfolgen.

In besonderer Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

373. PAULINE SPECHT AN RUDOLF STEINER

#TX

Wien, 5. Januar 1894

Mein lieber und verehrter Freund!

Was denken Sie wohl von mir, daß ich so lange nicht geschrie­ben und Ihnen für Ihr Buch bis heute nicht gedankt habe? Aber die schändliche Influenza ist an allem Bösen schuld. Ich kann gar nicht wieder mit mir zurechtkommen und ich wollte doch Ihr Buch gelesen haben, bevor ich Ihnen schrieb und wollte dies nicht in einem Zustande tun, in dem ich kaum ein halber Mensch war. Nun bin ich ja wieder so weit, um mein Dasein mit erträglicher Würde tragen zu können. Ich habe Ihr mir ganz vortrefflich schei­nendes Buch mit der größten Befriedigung, gegen sein Ende hin mit wirklicher Begeisterung gelesen. Es wäre mehr als töricht von mir, irgendein Urteil abzugeben, aber von dem Eindrucke, den das Werk auf mich gemacht, darf ich wohl reden. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch so mancher Unterredung erinnern, die gerade die individuelle Freiheitsidee zum Gegenstande hatte. Sie hatten ein­mal, durch die Bestreitung dieser meiner innerlichen Freiheit, mir eine schlechte Nacht bereitet, über die Sie sich dann am hellen Morgen, als ich Sie deren anklagte, recht von Herzen freuten. Meine Bedürfnisse nach Freiheit sind dieselben geblieben und nun können Sie sich denken, was mir Ihr Buch bedeutete! Dieses mit so vieler Klarheit, unbedingter Folgerichtigkeit, in einfacher, durchsichtiger Form uns zu dem ersehnten Ziele führende Buch ist für mich ein Geschenk von so großem Wert, daß ich den Dank dafür schwer in Worte kleiden kann. Ich kann Ihnen nur sagen, Sie haben mir viel gegeben und ich danke Ihnen von ganzem Herzen dafür!

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Richard, der infolge der Influenza an einem neuralgischen Ge­sichtsschmerz leidet, liest jetzt Ihr Buch und wird Ihnen, sobald er es beendet, schreiben. Mein Mann, der Sie herzlichst grüßt, hat noch nicht die nötige Muße gefunden, um dasselbe zu lesen, hofft aber bald die nötige Ruhe dazu zu finden.

Wann kommen Sie zu uns? Wie gerne würde ich Sie wieder, wenn auch nur für eine kurze Zeit, bei mir haben, Ihnen die Hände drücken, Ihnen in die Augen sehen, um zu wissen, was von unsern alten Beziehungen übrig geblieben. Ihr Buch hat Sie mir wieder so ganz nahe gebracht, und wenn ich auch einen weit fortgeschritte­nen, so habe ich doch auch wieder meinen alten Steiner gefunden und mich mit ihm so recht von ganzem Herzen gefreut.

Schreiben Sie mir doch in absehbarer Zeit, seien Sie in herzlich­ster und freundschaftlichster Weise gegrüßt. Ebenso grüßt Sie die ganze Familie.

Ich bleibe wie immer Ihre alte Freundin

Pauline Specht

#TI

374. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 30. Januar 1894

Hochgeehrte Herren!

Um den Druck der Schopenhauer-Ausgabe nicht zu ver­zögern, sende ich die drei ersten Bände Text voraus. Die Einleitung und der Rest des Textes folgen in drei bis vier Tagen bestimmt nach.

Trotz der Sorgfalt, die Grisebach auf die Reclanische Ausgabe verwendet hat, glaube ich doch, daß der von mir gelieferte Text wesentliche Verbesserungen enthält. Ich habe alles getan, was nach dem vorhandenen Materiale möglich ist. Der von mir an Sie abgehende Text ist vollstän­dig druckfertig. Ich möchte Sie aber sehr bitten, mir die Korrekturbogen auch des Textes zugehen zu lassen, die je­desmal umgehend zurückgesandt werden. Ich bitte Sie, mir

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über diesen letzteren Umstand baldmöglichst Auskunft zu­gehen zu lassen, da es mir wichtig scheint, die Korrektur mitzulesen.

Ferner bitte ich um gutige Beantwortung folgender

Fragen:

I . Wünschen Sie am Ende jedes Bandes eine Textrevi­

sion oder am Ende der ganzen Ausgabe, oder soll

eine solche ganz wegbleiben?

2. Soll ich am Ende meiner Einleitung eine Rechtferti­

gung der Anordnung der Schriften geben oder an

der Spitze der Textrevision am Schlusse des Textes?

Ich wäre Ihnen sehr verbunden für eine Beantwor­

tung dieser Frage vor dem Einsenden meiner Ein­

leitung.

3. Könnte man nicht auf dem Titelblatte jedes Bandes

anmerken, welche Stelle der betreffende Band un­

serer Ausgabe in der von Frauenstädt herausgege­

benen Original-Ausgabe einnimmt?

In Erwartung ihrer freundlichen Zeilen und mit der be­stimmten Zusage, daß alles noch Fehlende zu dem oben angegebenen Zeitpunkt abgeht, bin ich

mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

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* Im Falle die Textrevision wegbleibt, müßte die Einleitung etwas über Textbehandlung (wenn auch nur ein paar Worte) enthalten.

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#TI

375. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 3. März 1894

Schopenhauer Einleitung und Textschluß geht morgen, spätestens Montag ab.

Dr. Steiner

#TI

376. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 19. März 1894

Unvorhergesehene Hindernisse. Manuskriptabsendung verzögert. Unwiderruflich übermorgen früh abgehend.

Dr. Steiner

#TI

377.AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 21. März 1894

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Stets habe ich geglaubt, daß ich doch noch einmal ein ganz artiger Briefschreiber werden könnte. Ich selbst hoffe es auch noch heute. Aber ich fürchte, daß ich mit diesem Glauben allein dastehe. Ihnen habe ich wieder einen Beweis von Schreibfaulheit gegeben. Der 23. März soll aber nicht

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vorübergehen, ohne daß von Weimar aus die herzlichsten Geburtstagsgrüße an Sie abgehen. Daß ich diese mit densel­ben Empfindungen sende, wie ich sie darbrachte, als ich noch dergleichen Tage in Ihrem Hause miterleben durfte, wissen Sie.

Besonderen Dank muß ich Ihnen für Ihren letzten Brief, den Sie mir nach Erhalt meiner «Freiheitsphilosophie» schrieben, sagen. Ich war so froh über Ihr Urteil und über die Schilderung des Eindrucks, den dieses Buch auf Sie ge­macht hat. Denn bei diesem Buche kommt es nicht nur dar­auf an, daß es einiges Neue dem Inhalte der Wissenschaft einverleibt, sondern vor allen Dingen darauf, daß Gemüter, die modern empfinden und fühlen, für dieses ihr Empfin­den und Fühlen das entsprechende begriffliche Spiegelbild wiederfinden, das sie ja doch suchen müssen. Dem Ver-ständnis meiner Bestrebungen steht natürlich manches im Wege. Die Gelehrten, auf die man in erster Linie rechnen müßte, sind heute durch ein ins Nichts gehendes Detailstu­dium dümmer als je. Alles Selbstdenken wird vermieden und die wertlosesten Gedanken längst begrabener Knöpfe werden sorgfältig herausgegeben. Die offizielle Anerken­nung von seiten der maßgebenden Kreise wird gegenwärtig dem Wissenschafter um so mehr zuteil, je weniger Gedan­ken er hat. Hat man früher auf die Kirche schwören müs­sen, so muß man jetzt durch Nichtdenken seine Gediegen­heit dokumentieren, denn in irgendeiner Form wird es im­mer gelten: «Geist ist Teufel.» In diesen Tagen kam mir eine Weimarische Regierungsverordnung aus dem Jahre ,737, die aber heute offiziell noch nicht aufgehoben ist, zu Gesichte: «Das Räsonieren der Untertanen wird hierdurch bei halbjähriger oder längerer Zuchthausstrafe verboten, maßen das Regiment von uns und nicht von Bauern abhängt und wir keine zu Untertanen haben wollen.» Ganz in der gleichen Weise werden auch die «Räsonars» in der Wissenschaft behandelt. Die Schulhäupter mögen sie nicht.

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Wollen Sie mir eine rechte Freude machen, so schreiben Sie mir baldigst etwas über Ihr Haus und Ihre Kinder. Es ist ja wieder einmal Semesterabschluß gewesen. Ihre letzten Mitteilungen über Otto haben mich ganz außerordentlich gefreut. Hoffentlich erhalten dieselben eine Fortsetzung, die nicht minder gut ist.

Am 17. Februar war in Jena eine herrliche Feier zu Haek­kels 60. Geburtstag. Bemerkenswert ist gewesen, daß ich Nicht-Weimarer der einzige Weimarer unter den Anwesen­den war. Solche Tage lassen aber doch bleibende Erinne­rungen fürs Leben zurück, und ich bin froh, bei diesem schönen Feste der monistischen Naturwissenschaft anwe­send gewesen zu sein. Hoffentlich erfreut sich die spätere Schwester, die monistische Philosophie, bald der Möglich­keit, in gemeinsamem Kampfe mit der früheren Seit an Seit die volksverdummenden religiösen Vorurteile besiegen zu können. Es war eine wahre Freude, zu sehen, wie Haeckel, trotzdem er an diesem Tage nur versöhnliche Worte spre­chen wollte, doch immer wieder durchleuchten ließ, wie haßerfüllt sein Herz gegen Zelotismus jeder Art ist. Ich rechne mit meinen eigenen Bestrebungen sehr auf Haeckel.

Zu einem Vortrage in Jena kam es vor Ostern nicht mehr. In Weimar sprach ich Ende Januar vor großem Publikum allerdings so, daß man mir, bevor ich nach Jena zur Haek­kelfeier ging, bedeutete, nur ja keine aufrührerischen Worte als Toast anzubringen, denn das «Goethe- und. Schiller Ar­chiv» wäre nicht in der Lage, sich mit meiner Uberzeugung einverstanden zu erklären.

Bitte empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter, Ihrem lieben Gemahl, Ihrer Frau Schwester und grüßen Sie herzlichst die Kinder.

In immer gleich dankbarer Gesinnung

Ihr

Steiner

#SE039-210

#TI

378. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 5. April 1894

Hochgeehrte Herren!

Endlich bin ich in der Lage, Ihnen das Manuskript der Einleitung zu Schopenhauers Werken übersenden zu kön­nen. Verzeihen Sie das schlechte äußere Aussehen, aber ich konnte die Sache nicht abschreiben lassen, ohne neuerliche Verzögerung herbeizuführen. Ich hoffe, daß die Länge die­ser Einleitung den ihr von Ihnen zubemessenen Raum nicht überschreitet.

Die Druckvorlagen zu den letzten Bänden liefere ich be­stimmt in zwei bis drei Tagen nach.

In der Hoffnung, daß nun der Druck des ersten Bandes beginnen kann und nochmals um Entschuldigung bittend wegen des langen Ausbleibens des Manuskriptes, bin ich

mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

379. ROSA MAYREDER AN RUDOLF STEINER

#TX

Wien, 5. April 1894

Lieber Freund!

Allzulange, scheint mir, habe ich gezögert, Ihnen meine Gedan­ken über Ihr Buch mitzuteilen. Der Grund dieser Saumseligkeit aber ist ein rein äußerlicher. Ich war während des letzten Viertel­jahres durch Pflichten, die ich mir unbedachter Weise aufgeladen habe - aber durchaus keine Familienpflichten -, und durch eine Reihe von Erlebnissen nicht immer angenehmer Art so sehr in Anspruch genommen und der geistigen Sammlung beraubt, daß ich nicht früher dazu gelangen konnte, einen einheitlichen Ein­druck von Ihrem Werke zu gewinnen. Denn dieses Werk setzt vor allem geistige Sammlung voraus, und zwar wegen der lapidaren Kürze der Ausdrucksweise und der Darstellung. Es ist eigentlich

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eine Quintessenz; jedes Wort ist unerläßlich, jeder Satz ein wichti­ges Konstruktionsglied des ganzen Gebäudes. Diese kompendiöse Knappheit macht das Buch, das, meinem Ermessen nach, an Klar­heit und Schärfe des Gedankens in der ganzen philosophischen Literatur nicht seinesgleichen hat, zu einer schwierigen Lektüre, obwohl es gerade vermöge jener Klarheit, vermöge der spielenden Leichtigkeit, mit welcher Sie die verwickeltsten Probleme des Denkens in durchsichtige Gewebe auflösen, eine leichtverständli­che ist. Diese Methode Ihres Denkens bereitet mir beim Lesen einen so großen Genuß, daß ich wünschte, Sie wären ausführli­cher. Ja für mich könnten Sie gar nicht ausführlich genug sein. Das mag wohl in erster Linie daher kommen, daß ich auf dem Gebiete der Philosophie ein dürftig unterrichteter Laie bin, dem erst durch Sie alles Dunkle hell und alles Verworrene klar gemacht wird. Des­halb kann ich mir nicht eigentlich ein Urteil über Ihre Philosophie anmaßen. Im zweiten Teile Ihres Werkes, in dem Sie zu prakti­schen Resultaten kommen, ich meine, zu Resultaten, die sich auf unser Handeln beziehen, habe ich alles Große und Bedeutende verwirklicht gefunden, das ich von Ihrem Geist erwartete. Sie wis­sen, ich bin geneigt, Ihre Auffassung des Menschen und seiner Freiheit nicht für etwas unbedingt Neues zu halten - aber gerade darin liegt für mich ihre hohe Bedeutsamkeit. Denn es scheint mir, daß Sie dasjenige, was der Geist des Menschen jahrtausendelang in geheimnisvollen, phantastischen, abstrusen Bildern und Zeremo­nien auszudrücken strebte, zum ersten Mal in das Gebiet der Ver­nunft erhoben und ihm eine klare, begriffliche Formulierung ver­liehen haben. Und ich betrachte Ihren Geist als die Frucht einer langen Entwicklungsreihe und Ihr philosophisches System als das endliche Gelingen eines oftmals und in den mannigfaltigsten For­men angestellten Versuches. Aber ich glaube fast, Ihr Werk wird erst eine allgemeinere Wirkung üben, wenn Sie aus jedem Kapitel desselben ein ganzes Buch machen.

Ist denn durchaus keine Aussicht vorhanden, daß ich persönlich mit Ihnen darüber reden könnte? Ich wäre auch herzlich begierig, über Ihre gegenwärtigen Pläne und Beschäftigungen etwas zu hö­ren. In meinem Leben hat sich während des letzten Jahres viel verändert, nicht aber die unveränderliche Freundschaft

Ihrer ergebenen

Rosa Mayreder

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#TI

380. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 8. April 1894

Hochgeehrte Herren!

In einem Ihrer letzten Briefe haben Sie die Güte gehabt, auf eine Anfrage von mir zu erwidern, daß Sie keine textkri­tischen oder bibliographischen Angaben zu den einzelnen Bänden der Schopenhauer-Ausgabe wünschen. Ich habe mich daher entschlossen, einige Bemerkungen, die Anord­nung und Textbehandlung betreffend, zur Einleitung hin­zuzufügen, und erlaube mir, dieselben hier zu übersenden. Ich bin der Meinung, daß dieselben unmittelbar nach der Einleitung, als zu derselben gehörig, gedruckt werden soll­ten. Ohne diese wenigen Angaben kann gegenwärtig nicht gut eine Ausgabe gedruckt werden.

Mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

P.S. Meiner Meinung nach muß die Bezeichnung:

1. Band auf dem Titelblatt stehenbleiben. «Die Welt als Wille und Vorstellung» zerfällt für sich in zwei Bände, die bei uns Band 2 bis 6 füllen. Es würde schwer werden, auf dem Titelblatt von Band 4, 5, 6 (2. Band der «Welt als Wille und Vorstellung») den Inhalt anzugeben, wenn wir hier die

Bezeichnung: 1. Band weglassen wollten. Sollten Sie aber diesen meinen Vorschlag durchaus nicht billigen, so wäre ich dafür, folgendes zu setzen:

Inhalt:

Die Welt als Wille und Vorstellung J. 1. und 2. Buch

oder:

Inhalt:

Die Welt als Wille und Vorstellung A. 1. und 2. Buch.

#SE039-213

#TI

381. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 29. April 1894

Hochgeehrte Herren!

Bogen 2 geht noch heute ab; ebenso Bogen 4, alles übrige bis Bogen 10 morgen. Den Text habe ich noch einmal mit den Originalausgaben sorgfältig verglichen. Der Text von Band 4 bis 12 folgt auch morgen; sollte es mir dann noch nicht möglich sein, alles zu senden, so gehen Band 4 bis 7 voraus, und das übrige folgt in wenigen Tagen nach.

In vorzüglicher Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

382. AN MILA UND OTTO BOCK

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Weimar, 7. Mai 1894

Verehrteste gnädige Frau und verehrtester Herr Bock!

Vor allen Dingen meinen aufrichtigsten Dank für die lie­benswürdige Einladung zur Hochzeit des Fräulein Winka. Wenn ich erst heute Ihnen Antwort sage, so schreiben Sie es bitte einzig dem Umstande zu, daß ich es doch noch möglich machen wollte, wenigstens an einem Teile der Feier teilzunehmen, bei der ich so gerne gewesen wäre. Leider aber fällt die Hochzeit mit dem Tage zusammen, der für uns Weimarische Goetheleute der angestrengteste des gan­zen Jahres ist, mit dem Vortage des Goethefestes, Erst jetzt ist es mir klar geworden, daß ich an diesem Tage über keine Stunde frei verfügen kann. Eine Anmeldung, die besonders mich angeht, ist noch dazu eingetroffen. Ich kann bei be­stem Willen mir das Vergnügen nicht bereiten, an Ihrem schönen Feste teilzunehmen. Ich bedaure das unendlich und hoffe, daß Sie dem Fernbleibenden nicht anrechnen

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werden, was er durch das zufällige Zusammentreffen zweier Ereignisse zu tun gezwungen ist.

In immer gleicher Freundschaft

Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#TI

383. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 10. Mai 1894

Hochgeehrte Herren!

Ich möchte Sie doch bitten, mir, wenn irgend möglich, doch auch Revisionen zu Schopenhauer zu senden. Insbe­sondere rechne ich darauf, daß Sie die Güte haben werden, mir Bogen 2 des 1. Bandes, der die zweite Hälfte meiner Einleitung enthält, noch in Revision zu senden. In Zukunft können Sie bestimmt auf eine schnellere Erledigung der Bo­gen rechnen, da ich in wenigen Tagen nicht mehr so mit Arbeit überlastet sein werde wie bisher.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

384. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 28. Mai 1894

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Vor allen anderen Dingen erlaube ich mir, Ihnen meinen innigsten Dank auszudrücken für die herrlichen Stunden am Sonnabend. Durch Ihre Güte ist mir ein Wunsch, den ich seit langer Zeit gehabt habe, erfüllt worden: einen Blick in die Papiere des unvergleichlichen Mannes zu tun. Auch Ihrer Frau Mutter gestatte ich mir herzlichst zu danken für den gütigen Empfang. Ich habe für Sie, gnädige Frau, vorläufig

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einen Platz zur Aufführung des «Falstaff» bestellt, die am 5. Juni stattfindet. Für 31. Mai ist «Hänsel und Gre­tel», für 1. Juni, «Guntram», für 3. Juni ein Konzert ange­setzt. Ein vollständiges Programm der gelegentlich der Tonkünstler-Versammlung stattfindenden Aufführungen konnte ich bis zur Stunde nicht auftreiben. Sobald ich es bekomme, sende ich es. Ich bitte Sie, mir recht bald Nach­richt zu geben, ob ich für Sie auch noch zu den anderen Theateraufführungen und zum Konzert Plätze bestellen soll. Die Billetts sollen nämlich bis 29. abends bestellt werden.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

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385. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

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Weimar, 28. Mai 1894

Anbei das versprochene Programm, das vorläufig nur in Form dieses Zeitungsausschnittes Zu haben ist. Zu meinem Briefe von heute morgen muß ich berichtigend noch hinzu­fügen, daß die Auffuhrung des «Falstaff» am 6. Juni, nicht, wie ich geschrieben zu haben glaube, am 5. stattfindet.

In vorzüglicher Hochachtung

Rudolf Steiner

#TI

386. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 28. Mai 1894

Hochgeehrte Herren!

Hierdurch bitte ich um Entschuldigung wegen der Ver­spätung des 5. Bogens, der hoffentlich nun längst in Ihren

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Händen ist. Ich sandte denselben Freitag sofort nach Erhalt Ihres Telegramms ab. Ich war der Meinung, daß derselbe längst abgegangen wäre. Heute gehen Bogen i bis 4 des 2. Bandes Schopenhauer ab; morgen die übrigen in meinen Händen befindlichen Korrekturbogen. Das Manuskript zu den folgenden Bänden geht ganz bestimmt übermorgen oder Donnerstag ab.

Mit besonderer Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

387. ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE AN RUDOLF STEINER

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Naumburg an der Saale, 28. Mai 1894

Sehr geehrter Herr Doktor!

Herzlichen Dank für Ihre freundlichen Benachrichtigungen! Herr Dr. Koegel wird Ihnen wohl schon geschrieben hahen, daß ich zu Verdi kommen will, um die von meinem Bruder so geliebte «südliche Musik» zu hören.

Sie schicken ein Programm mit allerhand schönen und verführe­rischen Dingen, aber ich darf Musik nur in bescheidenen Dosen zu mir nehmen. Ich habe in den letzten fünf Jahren so unbe­schreibliches Herzeleid durchlebt, ich habe mich so mit allen Kräf­ten wehren müssen, um nicht unter dem Schweren zu erliegen; nur in der Arbeit, erst für das Werk meines Mannes und jetzt für meinen Bruder, gelang es mir zu Selbstbeherrschung und heiterer Festigkeit durchzudringen und die Tür hinter all dem Schweren und Furchtbaren zu schließen - - wenn ich aber zuviel Musik höre, so vergißt sich der Wächter: es tut sich unbemerkt die Türe auf und plötzlich steht all der Janamer der Vergangenheit, all der herzzerreißende Schmerz der Gegenwart vor mir! Das übernimmt mich und Sie wissen, mein Bruder und ich, wir hassen die schwer­mutsvolle Attitüde, den tränenreichen Schmerz, wenigstens an uns - selbst wenn er nicht Attitüde, sondern Wahrheit ist.

Bitte grüßen Sie all die lieben Besucher vom Sonnabend! Der Besuch war mir eine außerordentliche Freude, gewissermaßen die gute Zensur nach einem arbeitsreichen Jahr. Sie machen sich keine

#SE039-217

Vorstellung, welche Mühe es mich gekostet hat, ehe ich all die Manuskripte meines Bruders glücklich beieinander hatte. Welche Genugtuung nun für mich, diese so schön geordnet, gesichtet in den Schränken zu sehen und dabei den Glauben wachsen zu füh­len, daß wir wohl so ziemlich mit unserem Scharfsinn alles Auf­findbare aufgestöbert haben. Indessen muß ich doch gestehen, daß ich noch von Einigem weiß, daß es existiert; nur muß ich es den Betreffenden bei einer recht passenden Gelegenheit herausholen.

Mit bestem Dank für Ihre gütige Besorgung und herzlichen Grüßen

Elisabeth Förster-Nietzsche

#TI

388. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 27. Juni 1894

Hochgeehrte Herren!

Anbei den 4. Band des Schopenhauer. Da sich im 5. Band noch eine kleine Schwierigkeit ergeben hat, muß ich das folgende Manuskript morgen nachsenden. Revisionen des 2. Bandes gehen noch heute ab.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Rudolf Steiner

#TI

389. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 28. Juni 1894

Hochgeehrte Herren!

Damit keine Verwirrung entstehe, ist es allerdings gut, wenn wir statt «Band 2 der (bezugnehmend auf Ihre gütige Notiz auf Seite 115, Bogen 8 der Revision unseres 2. Bandes) auf das entspre­chende Buch des «Ergänzun gsban des», (der «Welt als Wille und Vorstellung») verweisen. Ich wähle den Ausdruck Kapitel

#SE039-218

7 (etc.) des 1. (etc.) Buches der Ergänzungen, weil Scho­penhauer selbst Seite 66 (unseres 2. Bandes) die entsprechen-den Ver'z'eise in derselben Art zu bezeichnen begonnen hat. Bei Bogen 7 und 8, die eben abgehen, habe ich dies durch ge-führt. Da aber ähnliche Verweise auch schon auf Bogen 5 und 6 vorkommen (auf vorhergehenden Bogen nicht), so sende ich Ihnen die Seiten, auf denen die Verweise zu verän­dern wären (vier Blätter, die zu ändernden Verweise rot angestrichen), mit der Bitte, sie mir mit einer der nächsten

Korrektursendungen gütigst zurücksenden zu wollen.

In vollkommener Hochachtung

Rudolf Steiner

#TI

390. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 3. Juli 1894

Hochgeehrte Herren!

Anbei den letzten Bogen Revision des 2. Schopenhauer-bandes, der hoffentlich noch rechtzeitig kommt. Es steht ein böser Druckfehler auf S.208. Korrekturen von Band 3 folgen von morgen ab schnellstens nach.

Mit besonderer Hochachtung

Rudolf Steiner

#TI

391. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 23. Juli 1894

Korrekturen zum dritten Schopenhauerband [folgen] heute und morgen vollständig.

Steiner

#SE039-219

#TI

392. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 23. Juli 1894

Sehr geehrte Herren!

Beiliegend die ersten Bogen der Korrektur zum 3. Bande. Ich hoffe, Ihnen, gemäß meinem heutigen Telegramme, schon morgen die ganze Korrektur des Bandes vollständig senden zu können. Wenn nicht morgen, so ganz gewiß übermorgen. Jedenfalls bitte ich, wenn es nicht durchaus unmöglich sein sollte, auch von den folgenden Bänden mir Revision zu senden. Manuskript zu Band 5 bis 7 geht morgen ab.

In besonderer Hochachtung

Rudolf Steiner

#TI

393. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 27. Juli 1894

Sehr geehrte Herren!

Mitfolgend Band 5 der Schopenhauerschen Werke. Die folgenden Bände sollen schneller besorgt werden als die vorhergehenden.

Zu Band 3 gehörige weitere Korrekturen besorge ich noch heute.

In vollkommener Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

394. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 16. August 1894

Bitte wenn irgend möglich doch ja nicht ohne Revision drucken. Ich sende den Rest der Korrektur heute, die Revi­sion

#SE039-220

soweit ich sie habe unter allen Umständen morgen früh, wenn nicht noch heute ab.

Steiner

#TI

395. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 16. August 1894

Sehr geehrte Herren!

Anliegend die letzten Korrekturbogen des 3. Schopen­hauerbandes. Gleichzeitig möchte ich meine in meinem Te­legramm ausgesprochene Bitte wiederholen: wenn irgend möglich, doch mit dem Druck bis zum Einlangen der Revi­sionsbogen warten zu wollen. Die bei mir liegenden Revi­sionsbogen gehen sämtlich morgen früh ab.

In voller Hochachtung

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

396. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 11. September 1894

Hochgeehrte Herren!

Mitfolgend übersende ich das Manuskript des 6. Scho­penhauerbandes. Ich will mich wirklich bemühen, die ganze Sache jetzt in schnelleren Fluß zu bringen. Eine größere Anzahl Korrekturbogen geht noch heute ab.

In besonderer Hochachtung

Rudolf Steiner

#SE039-221

#TI

397 AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 24. September 1894

Hochgeehrte Herren!

Auf Ihr geehrtes Schreiben vom 13. September erlaube ich mir, folgendes zu antworten. Es ist wohl kaum möglich, von den «Ergänzungen zur Welt als Wille und Vorstellung» irgend etwas wegzulassen. Es ist aber auch keineswegs not­wendig. Ich habe die Sache noch einmal genau überlegt. Wir kommen mit Zwölf Bänden ganz gut aus, auch wenn die Bände 7 bis 12 den durchschnittlichen Umfang von ,8 Bogen nicht überschreiten. Daß aber dieser Umfang beim

5. Bande um sehr vieles überschritten würde, wenn wir «Die beiden Grundprobleme der Ethik» noch im 6. Bande unterbringen wollten, hat mich eben veranlaßt, teilweise von dem ursprünglichen Plane abzugehen. Es wird dann der 7. Band «Die beiden Grundprobleme der Ethik» umfas­sen; Band 8 bis t i (vier Bände) die «Parerga und Paralipo­mena» und Band 12 die Schrift über «Das Sehen und die Farben» und die wenigen Kleinigkeiten, die noch in die Ge­samtausgabe kommen müssen. Ich lege Ihnen eine Berech­nung des Umfanges der Bände 7 bis 12 bei und beziehe mich darinnen auf die Seitenzahlen der Grisebachschen Ausgabe, die ja unsere Druckvorlage ist. Sie werden daraus ersehen, daß für diesen Plan der durchschnittliche Umfang eines Bandes ca. i8 Bogen ist.

Ist das nicht zulässig, dann schlage ich vor, daß die latei­nische Übersetzung des «Sehen und Farben» wegbleibe. Dadurch ersparen wir 3'/3 Bogen. In diesem Falle würde ein Teil der «Parerga und Paralipomena» in den 12. Band kommen. Doch möchte ich Sie bitten, wenn irgend mög­lich, von dieser Auslassung abzusehen, da in der «Einlei­tung» davon gesprochen wird, daß die lateinische Uberset­zung

#SE039-222

der Schrift über «Das Sehen und die Farben» in unsere Gesamtausgabe aufgenommen wird.

In Erwartung Ihrer freundlichen Entscheidung

bin ich Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

#TI

398. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 3. Oktober 1894

Da ich auf meinen Brief wegen Einteilung von Schopen­hauer ohne Antwort, bin ich in Sorge, ob Sie ihn erhalten und bitte [um] Nachricht. Korrekturen gehen jetzt rasch ab.

Steiner

#TI

399. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 23. Oktober 1894

Sämtliche bei mir befindliche Revisionen und Korrek­turen zu Band 4 Schopenhauer gehen heute ab. Bitte wo möglich auf Eintreffen warten.

Steiner

#TI

400. AN EDUARD VON HARTMANN

#TX

Weimar, 1. November 1894

Hochgeschätzter Herr Doktor!

Vor allen Dingen bitte ich viele Male um Entschuldigung, wenn ich bis heute, also über alles Maß lange, mit dem Zurücksenden

#SE039-223

der «Philosophie der Freiheit» gezögert habe. Ich habe in diesem Jahre unter fortwäh ren dem Drängen der Verlagsbuchhandlung den größten Teil der Schopenhauer-Ausgabe für die «Cottasche Bibliothek der Weltliteratur» fertiggestellt und auch bereits zu vier Bänden die Korrek­turen gelesen. Das alles neben meinen Arbeiten für die Weimarische und die Kürschnersche Goethe-Ausgabe. Das alles ist mühevoll und zeitraubend.

Für die eingehende Berücksichtigung meines Buches bin ich Ihnen vielen Dank schuldig. Ihre Einwürfe haben mich im höchsten Maße gefördert. Sie dürfen mir es glauben, hochgeschätzter Herr Doktor, daß es mir schmerzliche Stunden bereitet hat und immerfort bereitet, in den er­kenntnistheoretischen Grundfragen von Ihren Anschauun­gen abweichen zu müssen. Ich kann mich aber von der Richtigkeit der für den transzendentalen Realismus vorge­brachten Gründe nicht überzeugen. Ich glaube nämlich, auf Seite 115 bis 121 meiner «Philosophie der Freiheit» gezeigt zu haben, wie der transzendentale Realismus sich im Be­wußtsein aus dem naiven Realismus entwickelt, aber auch zugleich, daß der erstere, wenn er seine in sich wider­spruchsvollen Elemente abstreift, in den immanenten Mo­nismus einmünden muß. Ich zweifelte keinen Augenblick daran, daß der transzendentale Realismus die einzige an­nehmbare Weltanschauung sei, wenn ich die Erwägungen für richtig halten könnte, die dazu führen, den Satz aufzu­stellen: «Die Welt ist meine Vorstellung.» Ich bin der Mei­nung, daß man, um den transzendentalen Realismus zu be­gründen, auch probeweise nicht vom naiven Realismus aus­gehen darf. Wenn man dies tut und dann zeigt, daß bei kon­sequentem Fortschreiten vom naiven Realismus sich her­ausstellt, daß dessen Voraussetzung, die Vorstellungsob­jekte seien Dinge an sich, nicht gelten könne, so beweist man, wie ich glaube, nur, daß der naive Realismus kein Aus­gangspunkt für die Philosophie ist. Man beweist, daß er einen «Widerspruch in sich» enthält und daß man mit seinen

#SE039-224

Voraussetzungen philosophisch nichts anfangen kann. Man kann den naiven Realismus deshalb mit seinen eigenen Anschauungen weder beweisen noch widerlegen. Drews gesteht dies in seiner Besprechung meines Buches bis zu einem gewissen Grade auch zu, indem er behauptet, «es ist nur als eine argumentatio ad hominem anzusehen, wenn der transzendentale Realismus, um den naiven Realismus zu widerlegen, sich scheinbar auf dessen Standpunkt stellt». Drews gesteht weit zu, daß der transzendentale Realismus seine eigentliche Uberzeugungskraft gar nicht aus dieser Widerlegung des naiven Realismus zieht, sondern aus der Anerkennung des fundamentalen Satzes: «Kein Objekt ohne Subjekt.» Ich kann diesem Satz nun aber keine andere als eine bloß logische Bedeutung zuerkennen. Er besagt für mich nichts weiter, als daß «das Gegebene» in bezug auf das «Ich» (diese beiden als Wahrnehmungsinhalt genom­men) die logische Eigenschaft des Objektseins> das Ich die des Subjektseins erhält. Nicht aber wird über den In halt des als Objekt Auftretenden dadurch etwas ausgemacht, also auch nicht dieses: daß er meine Vorstellung ist. Es ist klar, daß, sobald das Axiom anerkannt wird: die Welt ist meine Vorstellung, meine philosophische Anschauungsweise un­bedingt zum Phänomenalismus und subjektiven Idealismus führt. Nimmt man einmal die ganze empirische Welt in das Bewußtsein herein, dann kann man auch mit meinen Mit­teln nicht wieder aus dem Bewußtsein heraus. Dann gilt für mich Ihre Bemerkung auf der letzten Seite meines Buches:

«daß der Phänomenalismus mit unausweichlicher Konse­quenz zum Solipsismus, absoluten Illusionismus und Agnostizismus führt und nichts getan ist, um diesem Rutsch in den Abgrund der Unphilosophie vorzubeugen, weil die Gefahr gar nicht erkannt ist». Ich kann nur den Schritt nicht mitmachen, durch den die empirisch gegebene Welt in das Bewußtsein hereingenommen wird. Deshalb bin ich auch nicht Phänomenalist. Der empirisch gegebene Weltinhalt ist für mich nicht Bewußtseinsinhalt. Bewußtseinsinhalt

#SE039-225

ist für mich nicht die Feder, mit der ich schreibe (ich meine den empirisch gegebenen Inhalt), sondern dasje­nige Bild der Feder, das zurückbleibt, wenn ich die Feder weglege und den Blick von ihr abwende, d.i. aber identisch mit der Erinnerungsvorstellung. Aber auch im Augenblicke des Wahrnehmens rechne ich nur soviel zum Bewußtseins-Inhalt, als dann als Erinnerungsvorstellung zurückbleibt. Ich glaube nun nicht, daß die Erinnerung an eine Wahrneh­mung bloß eine abgeblaßte Wiederholung der letzteren ist. Mir scheint die Erinnerungsvorstellung von dem Inhalte der Wahrnehmung numerisch verschieden zu sein. Denn wenn innerhalb meines Bewußtseins, ohne Zuhilfenahme der Wahrnehmung, eine Vorstellung zustande kommt, so kann ich den Inhalt derselben keineswegs als gleichwertig mit ei­nem mir durch die Wahrnehmung gegebenen Inhalt anse­hen. Wenn ich zum Beispiel aus einer Reisebeschreibung [mir] eine Vorstellung von einer Kirche mache (von der ich nie ein Bild gesehen habe), so kann dieses ebenso gut mit der später gesehenen Kirche kongruieren wie das Erinne­rungsbild, das ich von der erst gesehenen Kirche mitnehme. Beide Bilder: die Erinnerungsvorstellung und die aus mei­nem Bewußtseinsinhalte kombinierte Vorstellung eines nicht wahrgenommenen Gegenstandes stehen für mich in gleichem Sinne dem Inhalte gegenüber, der mir im Akte des Wahrnehmens gegeben ist und den ich vom Bewußtseinsin­halt unterscheiden kann. Diesen letzteren Inhalt kann ich nicht ins Bewußtsein hereinnehmen. Er kann mir deshalb auch nicht Bewußtseinsphänomen sein. Hier liegt für mich die Schwierigkeit und die Unmöglichkeit, mich zum trans­zendentalen Realismus zu bekennen. Eine andere ist dann die, daß ich in der gesamten mir bekannten philosophischen Literatur für das Transzendente keinen Inhalt finden kann. Alle dem Transzendenten beigelegten Qualitäten sind nur Entlehnungen aus der Sphäre des immanenten Weltinhaltes. Ich finde das Tor nicht, das uns aus dem Immanenten in das Transzendente führt. Deshalb suche ich die Elemente der

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Welterklärung bloß im Gebiete des Immanenten. Und mit dieser erkenntnistheoretischen Ansicht verträgt sich nur der ethische Standpunkt, der auch die sittlichen Ideale im Ge-biete des Immanenten, das heißt innerhalb des menschli­chen Bewußtseins entspringen läßt. Diese Anschauung führt aber notwendig zum ethischen Individualismus. Denn innerhalb des Immanenten kann von sittlichen Ideen nur als von Gedanken des individuellen Bewußtseins gespro­chen werden. Deshalb muß ich an die Stelle der sittlichen Einsicht die moralische Phantasie setzen. Die Frage: warum die in verschiedenen Köpfen entstehenden sittlichen Ideale nicht ganz verschieden, sondern im wesentlichen zusam­menstimmend sind, scheint mir eine unberechtigte zu sein, da die Vereinzelung in verschiedene individuelle Bewußt-seine mir vor dem zusammenfassenden Blicke zu ver­schwinden scheint. Ich glaube sogar, daß die Individualisie­rung des Einzelbewußtseins ein bloß logischer Prozeß ist, der innerhalb des Immanenten vollzogen wird und auch innerhalb des Immanenten wieder aufgelöst werden kann. Das sittliche Ideal, das ich denke, ist numerisch identisch mit dem, das ein anderer denkt. Es scheint dies nur deshalb nicht zu sein, weil es verknüpft ist mit gewissen Wahrneh­mungsinhalten der Welt, die nicht numerisch identisch sind, nämlich mit den organischen Individuen. Diese sind aber nur nicht numerisch identisch, weil sie räumlich-zeitliche Wesenheiten sind. Wo aber die Begriffe Raum und Zeit auf­hören Bedeutung zu haben, wie in der Sphäre des Ethi­schen, da hört auch die Möglichkeit auf, von Numerisch-Verschiedenem zu sprechen. Deshalb hat auch der Aus­druck ethischer Individualismus nur Sinn, solange ich da­von spreche, daß das ethische Ideal zunächst verknüpft mit einem individuellen organischen Wesen erscheint, nicht aber, wenn ich von seiner Verknüpfung mit dem Weltin­halte spreche. Ich empfinde es auch als einen Mangel meines Buches, daß es mir nicht hat gelingen wollen, die Frage ganz klar zu beantworten, inwiefern das Individuelle doch nur

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ein Allgemeines, das Viele ein Eines ist. Aber dies ist viel­leicht die schwierigste Aufgabe einer Philosophie der Im­manenz. Ich arbeite fortwährend daran, den Ausgleich zwi­schen den zwei Dingen zu finden, auf die Sie in Ihrer Be­merkung zu Seite 242 meines Buches hindeuten: Dem Pan­logismus Hegels und dem Goetheschen Individualismus. Nur bin ich mit dem Ausdruck: «transzendenten» Panlo­gismus in bezug auf Hegel nicht einverstanden. Ich glaube, daß Hegels Panlogismus durchaus immanent ist. Hegels Logik scheint mir nichts zu sein, auch im Sinne ihres Urhe­bers nichts sein zu wollen als Darstellung des der Welt im­manenten Ideengehaltes. Ich glaube mich von Hegel in gar nichts zu unterscheiden, sondern nur einzelne Konsequen­zen seiner Lehre zu ziehen. Soll die Idee Wirklichkeit ha­ben, dann muß der Erkenntnisprozeß ein realer und kein bloß logischer sein, das heißt Wahrnehmung und subjekti­ver Begriff können nur (einseitige) Momente der Wirklich­keit sein; diese selbst ist erst in der vom Erkenntnisprozeß herbeigeführten Durchdringung (in der von der Idee aufge­saugten Einzelwahrnehmung) gegeben. Die sittliche Idee aber ist auch nur eine einzelne, ihrer Erscheinungsweise im Individuum nach, eine allgemeine aber im logischen Zusam­menhange betrachtet. Die ganze Schwierigkeit scheint mir darin zu liegen, daß unser Leben ein individuelles, unsere Betrachtung als denkende eine ins Allgemeine gehende ist; beide Standpunkte scheinen mir aber im höheren Sinne wie­der einer Vereinigung fähig zu sein, indem wir - zwar nicht in mystischer, wohl aber in logisch-ideeller Weise - das In­dividuelle des Bewußtseins abstreifen und erkennen, daß wir im Denken eigentlich gar nicht mehr Einzelne sind, sondern lediglich ein allgemeines Weltleben mitleben. Ob­wohl ich ein Feind aller Mystik bin, scheint mir hier der logische Kern der mystischen Lehren zu liegen.

Glauben Sie nicht, hochgeschätzter Herr Doktor, daß ich aus irgendeiner Art von Eigensinn auf meiner zum trans­zendentalen Realismus gegnerischen Anschauung verharre.

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Ich würde diesen sogleich akzeptieren, trotz allem, was ich in anderem Sinne geschrieben habe, wenn ich seine Beweise für stichhaltig ansehen könnte. Daß ich die zum Subjekti­vismus führenden Gedankengänge durchaus nachdenken kann, werden Sie aus beiliegender Einleitung zu Schopen­hauers Werken ersehen.

Ihre Notizen zu meinem Buche, die ich mir abgeschrie­ben habe, werden mir bei einer irgendwie gearteten neuen Darstellung meiner Gedanken sehr zustatten kommen. Für ein öffentliches Aussprechen Ihrer Einwendungen wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Ihr Sie hochschätzender

Rudolf Steiner

#TI

401. AN KARL JULIUS SCHRÖER

#TX

Weimar, 3. November 1894

Hochgeschätzter Herr Professor!

Durch mein monatelanges Schweigen Ihnen gegenüber, verehrtester Herr Professor, habe ich eine schwere Schuld auf mich geladen. Ich bitte Sie nun, dieses Schweigen nicht so auszulegen, als wenn es auch nur im entferntesten hin­deuten könnte auf eine Erkältung meiner herzlichen Zunei­gung und Dankbarkeit. Diese sind festgewurzelt bei mir und werden es in unverminderter Stärke immer bleiben. Ich wollte Ihnen mit meinem Briefe zugleich einen Aufsatz ge­druckt vorlegen, der die Art Ihrer Goethe-Forschung in das rechte Licht stellt und zeigt, daß Sie der Einzige sind, der das Verhältnis Goethes zu der deutschen Philosophie (mit ihrem Idealismus) zu würdigen versteht. Sie selbst sagten mir in Ihrem letzten Briefe, daß Ihnen ein solcher Aufsatz willkommen wäre. Aber Sie glauben nicht, wie schwer es heute ist, Goethe-Studien unterzubringen, die in diesem Sinne des echten Idealismus gehalten sind. Ich konnte bis

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jetzt mit meinem Aufsatz nirgends ankommen. Die Hoff­nung aber, Ihnen gleichzeitig mit diesem Briefe auch die Abhandlung doch vorlegen zu können, verzögerte auch den Brief selbst in - wie ich gerne zugebe - unverantwortlicher Weise von meiner Seite. Aber ich bitte Sie: rechnen Sie mei­ner Treue nicht an, was nur in meiner Saumseligkeit seinen Grund hat!

Mit größter Freude höre ich von Wahle, daß Ihr Faust (2. Teil) nun auch in dritter Auflage erscheinen soll. Die Freunde, die sich diese Ausgabe erworben hat, können ihr durch das müßige Geschwätz geistloser Kritiker (wie der im «Euphorion» einer ist) nicht entzogen werden. Man hat bei Goetheversammlungen hier genugsam Gelegenheit, die Sorte von Philologen, die jetzt sich in der Literaturwissen­schaft breitmacht, kennenzulernen. Diese Leute sind mit Scheuklappen gegen alles, was «Idee» heißt, ausgerüstet; sie sehen nur den Buchstaben, den geistentblößten Buchsta­ben, den sie «Lesart», «Variante» und sonstwie nennen und von dem sie sich mehr versprechen als von jeder in den Geist Goethes eindringenden Betrachtung. Man kann Wunder erleben, wenn man beobachtet, wie jedes gegen Goethe gesprochene Wort heute mit Gier aufgeschnappt wird. Ich habe dazu Gelegenheit gehabt bei der diesjährigen Goetheversammlung.

Schmerzlich hat mich das Verhalten des Wiener Goethe-vereins gegen Sie berührt. Wenn man die Art bedenkt, mit der in Deutschland gegenwärtig Goethe betrachtet Wird, dann denkt man daran, daß es wohl möglich wäre, daß sich die wahre Goetheverehrung einstmals zu den Deutschen außer dem Reiche flüchtete. Was soll aber aus dieser tröst­lichen Hoffnung werden, wenn in Österreich gegen ein Goethes würdiges Denkmal eine solche Stellung eingenom­men wird!

Wie betrübend ist es, zu hören, daß der Wiener Goethe-verein gar nicht einmal ahnt, wie ein Goethe würdiges Standbild aussehen muß. Von einer in der Sache liegenden

#SE039-230

Notwendigkeit, gegen die nicht im geringsten gestritten werden sollte, empfindet man also dort nichts.

Daß Dr. Eduard von der Hellen aus dem Verbande des Goethe-Archivs geschieden ist, werden Sie gehört haben. Er gibt jetzt mit demselben innigen Anteil an der Sache, der nämlich keiner ist, Nietzsche heraus, mit der er bis zum 1. Oktober dieses Jahres Goethe herausgegeben hat. Es fällt mir natürlich nicht ein, Hellen die Herausgabe Nietzsches übelzunehmen. Ich bin, wie Sie seit lange wissen, von einer Verkennung Nietzsches weit entfernt. Warum soll man Größe nicht schätzen, wenn sie vorhanden ist, auch wenn sie in der Nietzscheschen Form auftritt. Aber Hellen kennt Nietzsche so wenig, wie er Goethe kennt. Und dieses äu­ßere Verhältnis zu dem Gegenstande, das der gegenwärti­gen Philologie anhaftet, dieses lieblose Ausschroten jegli­chen Autors kann ich nicht vertragen. Man nennt das jetzt objektive Betrachtungsweise. Ich mag solche Objektivität gar nicht.

Zum zweiten Teile des Faust habe ich mir manches no­tiert. Ich werde es Ihnen in den nächsten Tagen mitteilen.

Meine Arbeit ist, wie Sie aus der Ausgabe ersehen haben werden, bis zum 12. Bande der Naturwissenschaftlichen Schriften gediehen. Dies ist der letzte. Daß ich weiter von Weimar nichts zu erhoffen habe, liegt in der Natur der Ver­hältnisse. Ich habe hier auch nie etwas erstrebt. Die Reak­tion, die ganz Mittel- und Westdeutschland überflutet, ist natürlich auch in Thüringen bemerklich. Es weht ein Wind, der in den nächsten Jahren schwerlich offene Ohren für freie Wissenschaft wird gedeihen lassen. Es gibt nicht we­nige, die Goethes erhabene Anschauungen in ein orthodo­xes Luthertum umdeuten möchten. Es erscheint nicht mehr paradox, wenn man sagt: von gewissen Leuten wird Goethe nur insoweit gelten gelassen, als er - mit völligem Mißver-stehen seiner Ansichten natürlich - in den Dienst einer ver­logenen Muckerei gestellt werden kann. Ich sage solches nicht ins Blaue hinein, sondern mit Bezug auf ganz bestimmte

#SE039-231

Erlebnisse der allerjüngsten Zeit, die ich hier in Weimar in eigener Person gemacht habe.

Damit will ich für heute schließen. Ihrer Frau Gemahlin bitte ich mich bestens zu empfehlen und Sie bitte ich, vieles zu verzeihen Ihrem

Sie immer gleich dankbar verehrenden

Rudolf Steiner

Haben Sie denn, verehrtester Herr Professor, meine «philosophie der Freiheit», die vor einigen Monaten er-schienen ist, nicht erhalten?

#TI

402. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 4. November 1894

Geschätzteste gnädige Frau!

Unser Briefwechsel hat leider wieder eine lange Unter­brechung erfahren. Sie glauben nicht, wie mir Ihre Briefe fehlen. Ich habe seit ich Sie kenne, das Bedürfnis, über ge­wisse Dinge gerade mit Ihnen mich zu besprechen Nur die hart mich druckende Arbeitslast hindert mich, dem tief gefühlten Bedurfnisse, Ihnen recht oft zu schreiben, entgegenzukommen.

Was Sie mir über meine «Philosophie der Freiheit» ge­schrieben, waren fur mich wichtige Worte Ich schatze in Ihnen, neben vielem anderen, das modern-künstlerische Empfinden. Sie haben die Fähigkeit, das Leben so anzuse­hen, wie es gegenwärtig allein angeschaut werden kann. Sie gehören eben zu der Gemeinde der «freien Geister», von der wir träumen. Ihnen möchte ich ein Buch geliefert haben mit meiner Freiheitsphilosophie. Daß Sie es einigermaßen diesem Ziel entsprechend gefunden haben, ist mir eine Beruhigung, eine Befriedigung, wie mir eine bessere

#SE039-232

nicht hätte werden können. Ich weiß genau, wohin mein Buch im Strome gegenwärtiger Geistesentwicklung gehört; ich kann mit Fingern darauf zeigen, wo es sich an Nietz­sches Gedankenrichtung anreiht; ich kann es mit Ruhe aus­sprechen, daß ich Ideen ausgesprochen habe, die bei Nietz­sche fehlen. Ich darf es meinen Freunden - aber nur diesen -gestehen, daß ich es mit Schmerz empfinde, daß Nietzsche mein Buch nicht mehr hat lesen können. Er hätte es genom­men als das, was es ist: in jeder Zeile als persönliches Erleb­nis. Ihnen aber muß ich es sagen: hätten Sie mein Buch abgelehnt, es wäre für mich ein Schmerz gewesen, den ich kaum mit einem anderen vergleichen kann. Sie sagen mir: das Buch ist zu kurz; es hätte aus jedem Kapitel ein Buch gemacht werden sollen. Ich kann dieser Bemerkung, sofern sie objektiv gemeint ist, nicht widersprechen. Die Erklä­rung dafür ist aber in meiner Subjektivität gegeben. Ich lehre nicht; ich erzähle, was ich innerlich durchlebt habe. Ich erzähle es so, wie ich es gelebt habe. Es ist alles in mei­nem Buche persönlich gemeint. Auch die Form der Gedan­ken. Eine lehrhafte Natur könnte die Sache erweitern. Ich vielleicht auch zu seiner Zeit. Zunächst wollte ich die Bio­graphie einer sich zur Freiheit emporringenden Seele zei­gen. Man kann da nichts tun für jene, welche mit einem über Klippen und Ab gründe wollen. Man muß selbst sehen, darüberzukommen. Stehenzubleiben und erst anderen klar­machen: wie sie am leichtesten darüberkommen, dazu brennt im Innern zu sehr die Sehnsucht nach dem Ziele. Ich glaube auch, ich wäre gestürzt: hätte ich versucht, die geeig­neten Wege sogleich für andere zu suchen. Ich bin meinen gegangen, so gut ich konnte; hinterher habe ich diesen Weg beschrieben. Wie andere gehen sollen, dafür könnte ich vielleicht hinterher hundert Weisen finden. Zunächst wollte ich von diesen keine zu Papier bringen. Willkürlich, ganz individuell ist bei mir manche Klippe übersprungen, durch Dickicht habe ich mich in meiner nur mir eigenen Weise durchgearbeitet. Wenn man ans Ziel kommt, weiß man

#SE039-233

erst, daß man da ist. Vielleicht ist aber überhaupt die Zeit des Lehrens in Dingen, wie das meine, vorüber. Mich in­teressiert die Philosophie fast nur noch als Erlebnis des Einzelnen.

Viel hätte ich Ihnen noch zu sagen. Nächstens komme ich nach Wien, ganz bestimmt. Ende dieses oder anfangs des nächsten Monats: Das soll mich aber nicht abhalten, Sie zu bitten, mir brieflich mitzuteilen, was Sie treiben, wie es Ihnen und Ihrem lieben Gemahl, den ich bestens zu grüßen bitte, geht. Ich freue mich sehr auf eine mündliche Unter­haltung mit Ihnen und bin

in immer gleicher Hochschätzung

Ihr

Rudolf Steiner

Beifolgend meine Schopenhauer-Abhandlung. Durch ei­nen Irrtum der Verlagshandlung bin ich nicht im Besitz von Freiexemplaren und muß Sie bitten, mir dieses eine, wenn ich nach Wien komme, wiederzugeben!

Frau Eunike bittet mich, Sie bestens zu grüßen.

#TI

403. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Postkarte]

#TX

Weimar, 6. November 1894

Verehrteste Herren!

Sie können nun darauf rechnen, daß die Revisionen zu Band 5 der Schopenhauer-Ausgabe noch in dieser Woche von mir erledigt werden, so daß die letzten Bogen spätestens Montag früh in Ihren Händen sein werden. Auch Manu­skript zu den folgenden Bänden sende ich noch diese Woche ab.

Mit besonderer Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-234

#TI

404. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 13. November 1894

Sie erhalten bestimmt sämtliche Korrekturen zu Band 5 sowie neues Manuskript zu Schopenhauer im Lauf der nächsten drei Tage.

Steiner

#TI

405. AN LUDWIG LAISTNER

#TX

Weimar, 30. November 1894

Hochgeschätzter Herr Doktor!

Beifolgend gestatte ich mir, Ihnen den 11. Band der 2. Abteilung der Goethe-Ausgabe zu übersenden. Die von Harnack besprochenen Sprüche sind auf Seite 103 bis 169 enthalten (ferner 259 ff.). Ungedruckt war bisher das auf Seite 160 bis 169 Enthaltene. Auch vieles andere in dem Bande Enthaltene ist darinnen zum ersten Male gedruckt. Ich habe auf Seite 323 ff. angegeben, was gedruckt und was ungedruckt ist. Und nun bitte ich Sie um Verzeihung, wenn ich die übrigen Fragen erst morgen - aber dann ganz be­stimmt - beantworte. Ich möchte, daß der Band noch heute an Sie abgeht.

Mit den besten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin

in immer gleicher Zuneigung

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

406. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 12. Dezember 1894

Revision zu Band 5 Schopenhauer und weiteres Manu­skript jetzt bestimmt im Lauf von zwei Tagen.

Steiner

#SE039-235

#TI

407. ROSA MAYREDER AN RUDOLF STEINER

#TX

Wien, 22. Dezember 1894

Lieber Freund!

Sie haben mir durch Ihren lieben Brief eine große und aufrich­tige Freude bereitet. Denn daß ich es Ihnen nur gleich gestehe: so ganz sicher war ich diese Zeit her nicht darüber, daß es nur Uber­bürdung sei, die diesmal die Ursache Ihres langen Schweigens bil­dete. Es ist in mir eine unselige Neigung zum Mißtrauen, die über­dies durch Erlebnisse der letzten zwei Jahre verhängnisvolle Nah­rung erhalten hat; und dieses Mißtrauen verleitet mich bei jedem Anlaß, an der Treue, an der Anhänglichkeit, an der Aufrichtigkeit meiner Freunde zu zweifeln. Ein unerfreuliches Geständnis, das ich Ihnen da mache - aber daß ich es Ihnen mache, ist der beste Beweis dafür, daß Ihr Brief diese schmerzlichen und niederdrük­kenden Vorstellungen, so weit sie sich in mein Verhältnis zu Ihnen eingeschlichen hatten, vollständig verscheucht hat. Und dafür danke ich Ihnen von Herzen.

Ja, es sind keine Jahre der Freude, die über mich hinweggegan­gen sind, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben. Der alte Kreis von Menschen, dem ich als wertvollstes Vermächtnis Ihre Freundschaft verdanke, ist zerfallen und hat sich mir - nicht ohne die bittersten Enttäuschungen - entfremdet; ich bin in neue Bezie­hungen zum Leben, zur Öffentlichkeit getreten, in denen ich aber nicht als ganze Persönlichkeit, sondern nur unter mancherlei Vor­behalten und Rücksichten mich äußern kann, so daß diese ganze Seite meines gegenwärtigen Treibens ohne Kommentar auch mei­nen Freunden nicht nach seinen wirltlichen Motiven verständlich sein mag. In all diesen innerlichen und äußerlichen Wirren ist mir Ihre »Philosophie der Freiheit» ein wahrer Lichtblick gewesen. Ihr verdanke ich begriffliche Klarheit über das, was ich in der Dunkelheit einer bloßen individuellen Richtung des Empfindens von früher Jugend an als den höchsten Inhalt des geistigen Lebens geahnt habe. Und so, wie Ihnen selbst Ihr Buch «ein persönliches Erlebnis in jeder Zeile» ist, so ist es auch mir ein persönliches Erlebnis von eingreifendster Bedeutung, das auf meine künftigen inneren Schicksale dauernd fortwirken wird. So, wie Sie die Frei­heit des Handelns auffassen, als eine spezifische Begabung einzel­ner Individuen, die auf dem Wege der Entwicklung erreicht wor­den

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ist, scheint sie mir ein neues Licht über die ganze Geschichte der Menschheit zu verbreiten; und daß Sie das schwierigste Pro-blem der menschlichen Erkenntnis in einer so lichtvollen und klar-verständlichen Form zugunsten der Freiheit gelöst haben, scheint mir von einer unabsehbaren Bedeutung auf die künftige Gestal­tung des modernen Geisteslebens zu sein. Ich freue mich schon sehr, mit Ihnen über diejenigen Punkte Ihres Werkes, die mir am meisten nahegehen, mündlich sprechen zu können; nach den neuesten Nachrichten, die mir Zitter zukommen ließ, darf ich ja annehmen, daß der Termin Ihres Kommens kein allzuferner ist. Ich glaube in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich die Biographie Schopenhauers an Zitter gelangen lasse. Ich habe sie mit Vergnü­gen gelesen; sie scheint mir mit außerordentlichem Takt und sou­veräner Sachkenntnis geschrieben. Und die Aufgabe war nicht leicht, namentlich für jemanden, der wie Sie diese unsympathische Persönlichkeit von Grund aus durchschaut und verabscheut. Am meisten überrascht hat mich der Nachweis über die Quellen der Schopenhauerschen Grundgedanken bei Fichte; sind Sie nicht der erste, der diesen Zusammenhang der Dinge enthüllt?

Von meinem Mann soll ich Ihre Grüße herzlichst erwidern. Er ist indessen in eine ganz neue Laufbahn, und zwar erst vor vier Wochen, eingetreten. Nachdem er gemeinsam mit seinen Brüdern bei der großen Konkurrenz für die General-Regulierungspläne der Stadt einen 2. Preis bekommen hatte, bewarb er sich um die Stelle eines Chefs der diesbezüglichen Ausführungsarbeiten, die von der Gemeinde neu kreiert wurde, und erhielt sie auch. Zugleich behält er aber seine Stelle an der Technik, wo er seit länger als einem Jahr glücklich das Extraordinariat erlangte. Auf diese Weise ist er ein wenig mehr belastet, als mir lieb ist; da aber seine neue Stellung seiner individuellen Begabung entspricht, bin ich dennoch glück­lich darüber.

Auf baldiges Wiedersehen also! Grüßen Sie auch von uns Ihre liebe Hausfrau auf das Beste, und seien Sie selbst herzlichst gegrüßt

von Ihrer ergebenen

Rosa Mayreder

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#TI

408. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 23. Dezember 1894

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Empfangen Sie, Ihr verehrter Gemahl und Ihre übrigen lieben Familienglieder, meinen herzlichsten Weihnachts-gruß. Er ist eingegeben von der Erinnerung an die schönen Weihnachtsabende, die ich so oft im Kreise der Ihrigen zu­gebracht habe. Ich zehre noch immer, zu dieser Zeit ganz besonders, von dieser Erinnerung, denn das Fest hat sich für mich seither nicht mehr in der gleichen Weise wieder-holt.

Ich bin auch sonst gerade nicht in Weihnachtsstimmung. Wie wenig Grund ich dazu habe, trat mir gestern durch die Frage eines hiesigen Redakteurs vor Augen. Es spricht diese Frage mehr, als ich es selbst ausdrücken will, hier für meine Lage. Der Mann sagte: «Sagen Sie mir, wäre es denn nicht endlich an der Zeit, daß man für Sie etwas täte; man hat doch» - so sagte der Mann, dem ich persönlich ganz gleich­gültig bin - «alle Ursache, Sie hier zu halten.» Ich mußte ihm sagen, daß ich mich seit der «Freiheitsphilosophie» und seit meinem vorjährigen Wintervortrag noch mehr als frü­her vollständig kaltgestellt fühle. Dieser Wintervortrag hat das Urteil hervorgerufen, daß ich ein Zerstörer der «Ideale» bin. Er hat nicht nur den Pastoren mißfallen. Unter «Idea­len» verstehen die Leute ihre muckerhaften Schrullen. Mein Chef hat mich - ich weiß nicht, ob ich es Ihnen schon ge­schrieben habe - mit Sokrates verglichen, der die Menschen verführt, weil er ihnen Dinge sagt, für die ihre Ohren angeblich nicht reif sind.

Um Ihnen meine Stimmung zu illustrieren, will ich Ihnen noch eine Tatsache mitteilen. Es handelte sich in diesem Herbste um einen zweiten Herausgeber der Nietzsche-Ausgabe. Man hat mich zweimal nach Naumburg ein­geladen. Man hat aber dann den ehemaligen Archivar des Goethe-Archivs Dr. von der Hellen berufen, und mir wurde

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gesagt, daß ich ein zu selbständiger Mensch sei, um mit dem schon von früher hier funktionierenden Herausgeber zu­sammenarbeiten Zu können. Die Sache hat nicht bloß auf mich, sondern auf noch andere Personen, die Einblick in die Sache hatten, einen höchst peinlichen Eindruck ge-macht. Ich wurde von Anfang an als der prädestinierte Nietzsche-Herausgeber bezeichnet. Doch bitte ich Sie, von der Sache nicht weiter zu sprechen, da sie doch als Vertrau­ensangelegenheit behandelt werden muß, bei all ihrer Schrecklichkeit.

Was mich obenhält, ist meine Arbeit, von deren jetzigem Ergebnis Sie bald hören sollen. Januar oder Februar hoffe ich mit Bestimmtheit, nach Wien auf ein paar Tage zu kom­men. Ich freue mich sehr darauf.

Richard schreibe ich ganz bestimmt den versprochenen Brief in diesen Tagen.

Ist Ihnen Nietzsches «Antichrist» vor Augen gekom­men? Eines der bedeutsamsten Bücher, die seitjahrhunder­ten geschrieben worden sind! Ich habe meine eigenen Emp­findungen in jedem Satze wiedergefunden. Ich kann vorläu­fig kein Wort für den Grad der Befriedigung finden, die dieses Werk in mir hervorgerufen hat. Ich kenne es schon seit dem Sommer, wo es mir mit andern in Naumburg aus dem Manuskript vorgelesen worden ist. Wie schade, daß Nietzsche, der unheilbar ist, die anderen drei Teile seines Buches «Der Wille zur Macht», das ein Versuch einer Um-wertung aller Werte hat werden sollen, nicht mehr hat fer­tigstellen können. Ich rechne die Erkrankung Nietzsches zu den schlimmsten Übeln, die die Pflege der Wissenschaft der Gegenwart hat erfahren können. Wäre Nietzsche geistig gesund geblieben, so gäbe es das Nietzsche-Gigerltum nicht, das jetzt uns so ekelhaft von allen Seiten her anglotzt. Er hätte dann zweifelsohne eine kleine Zahl von Lesern, die ihn verstehen, während er jetzt eine große Zahl hat, die aber sein wahres Verstehen eher hemmen als fördern. Ich emp­finde Nietzsches Erkrankung besonders schmerzlich. Denn

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ich habe die feste Überzeugung, daß meine «Freiheitsphi­losophie» an Nietzsche nicht spurlos vorübergegangen wäre. Er hätte eine Menge von Fragen, die er offengelassen hat, bei mir weitergeführt gefunden und hätte mir gewiß in der Ansicht recht gegeben, daß seine Moralansicht, sein Im­moralismus, seine Krönung erst in meiner «Freiheitsphi­losophie» findet, daß seine «moralischen Instinkte» gehörig sublimiert und auf ihren Ursprung verfolgt das geben, was bei mir als «moralische Phantasie» figuriert. Dieses Kapitel «Moralische Phantasie» meiner «Freiheitsphilosophie» fehlt geradezu in Nietzsches «Genealogie der Moral», trotzdem alles, was in derselben steht, darauf hinweist. Und der «An­tichrist» ist nur eine besondere Bestätigung dieser meiner Ansicht.

In der Hoffnung, daß Sie bald die Güte haben werden, mir über sich und die Ihrigen Nachricht zu geben,

bin ich Ihr stets gleicher

Steiner

#TI

409. ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE AN RUDOLF STEINER

#TX

Naumhurg a.d. Saale, 31. Januar 1895

Sehr geehrter Herr Doktor!

Zu meinem Bedauern höre ich, daß Sie bald die Gegend verlas­sen werden, und ich hatte immer gehofft, Sie noch einmal längere Zeit hier in Naumburg zu sehen!

Es wird wohl schon zu Ihnen gedrungen sein, daß Hellens leider auch so bald hier wieder fortgehen. Nun hätte ich so gern vorher noch einmal, wie im Sommer, die lieben Gäste aus Weimar hier im Nietzsche-Archiv vereinigt und richte deshalb die herzliche Bitte an Sie, Herrn Dr. Fresenius, Herrn Dr. Wahle und Herrn Dr.

Heitmüller, mir doch noch einen Nachmittag und Abend zu schenken. Wie wäre es nächsten Dienstag? Doch paßt es auch

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Montag oder Mittwoch, wenn es Ihnen angenehm wäre, doch Dienstag am besten und Mittwoch am wenigsten gut.

Bitte bitte machen Sie mir die Freude zu kommen und reden Sie auch den andern Herren zu, daß sie sich entschließen. Es ist dies­mal kein unbequemes Hin- und Herlaufen zwischen Hotel und Wohnung, sondern wir sitzen ganz traulich immer im Nietzsche-Archiv. Sobald Sie mir Antwort geben, schreibe ich auch Fräulein Reuter. Deshalb bitte ich, mir recht bald Ihre freundliche Antwort zukommen zu lassen.

Ich freue mich sehr darauf, Sie wiederzusehen!

Mit den besten Grüßen an Sie und all die geehrten Herren vom Archiv

Elisabeth Förster-Nietzsche

#TI

410. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 1. Februar 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Nehmen Sie bitte den Ausdruck meines besonderen Dan­kes für Ihre liebenswürdige Einladung entgegen, der ich mit großer Freude folgen werde. Auch mit Frl. Reuter und den übrigen eingeladenen Herren habe ich bereits gesprochen. Frl. Reuter, Dr. Wahle und Dr. Heitmüller werden Ihrer freundlichen Aufforderung entsprechen. Nur Dr. Fresenius wird kaum in der Lage sein mitzukommen. Er ist seit 14 Tagen durch eine Erkältung ans Zimmer gefesselt und wird Dienstag vielleicht überhaupt noch nicht ausgehen dürfen, jedenfalls aber die Fahrt nach Naumburg nicht mitmachen können. Er sowie alle übrigen Eingeladenen lassen sich Ih­nen, gnädige Frau, bestens empfehlen. Ich bin der Ansicht, daß wir den Dienstag als den Tag festhalten, an dem wir uns erlauben hinüberzukommen, da er Ihnen als der geeig­netste erscheint. Wir können nicht früher als 31/2 von hier abfahren, da jetzt die Arbeitszeit des Archivs die von 3/49 - 3/42 ist. Auch Frl. Reuter hat für diese Zeit bereits zugesagt.

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Nochmals vielen Dank für Ihre Liebenswürdigkeit und die Versicherung, daß es mich mit wahrer Befriedigung er-füllt, wieder einige Stunden im Nietzsche-Archiv verleben zu können.

In aufrichtiger Verehrung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

#TI

411. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 21. März 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Vorerst bitte ich Sie viele Male um Entschuldigung wegen der Verspätung der Antwort auf Ihren liebenswürdigen Brief. Ich bin aber wirklich erst in dieser Stunde in der Lage, diese Antwort zu schreiben und Ihnen zu sagen, daß ich mich herzlich freue, Ihrer freundlichen Einladung für Sonn­tag, den 24. dieses Monats folgen zu können. Ich stehe näm­lich vor einer Reise nach Wien, die ich am 21., also heute, antreten wollte und die ich nun um etwa eine Woche ver­schieben muß. Ich war durch die Umstände gezwungen, erst heute in dieser Angelegenheit meinen endgültigen Ent­schluß zu fassen und kann Ihnen nur die aufrichtige Versi­cherung geben, daß ich froh bin, durch diese Reise von dem sonntägigen Besuch in Naumburg nicht abgehalten zu sein. Frl. Reuter, die ich gesprochen habe, wird wahrscheinlich in der Lage sein, auch mitzukommen.

Ich werde nun die Sache so einrichten, daß ich Sonntag morgens erst nach Leipzig fahre, um die Bilder zu sehen, die ja von 10 - 3 [Uhr] dort zu sehen sind. Es wird dann ja wohl möglich sein, mit dem Zug, der um 2 Uhr z6 Minuten in Naumburg ankommt, von Leipzig wieder zurückzufah-ren. Ob Frl. Reuter diese ganze Fahrt mitzumachen geneigt wäre, weiß ich noch nicht. Ich werde es ihr aber vorschlagen.

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Ich bitte Sie nun, hochgeschätzte gnädige Frau, mir, fal1s Ihnen das von mir angegebene Arrangement nicht ange­nehm sein sollte, dies mit ein paar Worten zu sagen. Ich würde dann trachten, die Sache so einzurichten, daß ich zu der Ihnen angenehmen Stunde nach Naumburg käme, und, so schwer dies auch sein würde, die Bilder in Leipzig Sonn­abend ansehen.

Ich sage Ihnen noch meinen besten Dank für die Mittei­lung der Zeit, wann die Bilder in Leipzig ausgestellt sind und bin

in dankbarer Hochschätzung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

#TI

412. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE [Telegramm]

#TX

Weimar, 27. März 1895

Ich komme morgen 8 Uhr früh, Fräulein Reuter Mittag.

Steiner

#TI

413. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 10. April 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Verzeihen Sie, daß ich heute erst an Sie schreibe. Ich habe eine große, wahre Freude gehabt über die Mitteilungen des Frl. Reuter und bin Ihnen, hochgeschätzte gnädige Frau, aufrichtig dankbar für das Vertrauen, das Sie mir entgegen­bringen. Daß der Gedanke, einige Wochen in Naumburg zu verbringen, für mich den größten Reiz hat, können Sie wohl als selbstverständlich voraussetzen. Und ich bitte Sie, diesen meinen Brief für eine in der Hauptsache gegebene

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Zusage zu betrachten und mir ein paar Tage noch Zeit zu lassen, um einige Schwierigkeiten zu überwinden. Ich möchte am liebsten über diese Schwierigkeiten, die sich na­mentlich auf die Zeit, wann ich kommen kann, beziehen, mit Ihnen, gnädige Frau, selbst sprechen. Ich kann Ihnen dann sagen: was alles zu bedenken ist. Wenn Sie die Lie­benswürdigkeit hätten und mir gestatteten, daß ich Sie in den nächsten Tagen - am besten nach Freitag - gegen Abend besuchte, so wäre mir das sehr lieb. Ich bitte nur den Tag ganz nach Ihrem Belieben zu bestimmen. Ich komme dann und wir können alles abmachen. Ich werde glücklich sein, wenn ich Ihrer großen Sache, die zugleich eine eminent wichtige Sache für unsere Gegenwart ist, in irgend etwas dienen kann.

In Erwartung Ihrer liebenswürdigen Antwort bin ich in immer gleicher Hochschätzung

Ihr ergebenster


Rudolf Steiner

#TI

414. ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE AN RUDOLF STEINER

#TX

Naumburg a.d. Saale, 11. April 1895

Sehr geehrter Herr Doktor!

Warmen Dank für Ihre große Güte, daß Sie mir in all den augen­blicklichen Schwierigkeiten beistehen wollen! Sie können sich nicht vorstellen, wie wohl mir das tut; denn manchmal werde ich so müde, wenn ich so allein gegen den ganzen Strom, der mich umgibt, schwimmen muß. Ihre ganze Auffassung von Nietzsche ist mir besonders sympathisch, sie stärkt mich ordentlich.

Alles Weitere wollen wir mündlich besprechen; mir paßt Sonn­abend Nachmittag ebensogut als Sonntag. Bitte bestimmen Sie.

Damit ja kein Irrtum entsteht, möchte ich nochmals betonen, daß Ihr Hierherkommen oder vielmehr meine Bitte, daß Sie so gütig sind hierherzukommen, nicht irgendwie im Gegensatz zu

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Dr. Koegels Wünschen steht. Er hat dies immer sehr gewünscht und ich hoffe auch, daß er Ihr Hiersein noch mitgenießt. Irgend-wann wird er schon einmal aus seinem Kompositionseifer auftau­chen und sich erinnern, daß es irgendwo auf der Welt ein Nietz­sche-Archiv gibt. Und wenn ich mich überzeugt habe, daß seine Kompositionen mehr wert sind als seine Arbeiten an der Heraus­gabe, so soll es ihm verziehen sein. Denn was lehrt mein Bruder: folge dir nach. Eigentlich ist Dr. K[oegel], summa summarum wie er ist, ein prachtvoller Nietzscheaner, und wenn er meinen sollte, sein Ziel läge woanders, vielleicht in einer großen Oper oder irgendeinem selbsteignen Werk, so werde ich ihm gewiß kein Hin­dernis in den Weg legen. Nur schätzte ich seine Arbeit an der Nietzsche-Ausgabe so hoch, so daß ich noch bezweifle, ob das, was er jetzt tut, ebenso wertvoll ist.

Es kann aber auch alles so bleiben wie es ist und da möchte ich Ihnen noch ganz besonders sagen, daß, wenn Dr. Koegel eines Tages kommt, Sie gewiß nicht die geringste Unfreundlichkeit zu befürchten haben. Unter allen Umständen können Sie sicher sein, daß einen Monat lang seine Liebenswürdigkeit vorhält.

Bitte teilen Sie mir mit, welchen Tag Sie kommen wollen! Inzwischen sage ich nochmals meinen allerinnigsten Dank!

Ihre

Elisabeth Förster-Nietzsche

#TI

415. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE [Telegramm]

#TX

Weimar, 13. April 1895

Werde mir erlauben, Sie Sonntag ,/25 besuchen.

Steiner

#SE039-245

#TI

416 AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 27. April 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Den Korb habe ich erhalten. Ich werde alles auf das schnellste besorgen. Bitte schön: ist es Ihnen recht, wenn ich mit dem Zuge 3 Uhr 40 Min. Nachm. morgen in Naum­burg ankomme? Ich denke: wir können dann alles vorläufig Nötige ausführlich noch besprechen. Früher kann ich mor­gen allerdings nicht kommen. Im Laufe der nächsten Wo­che wird sich dann wohl der Zeitpunkt finden, von dem an ich eine Weile von Weimar abwesend sein kann.

Mit den herzlichsten Grüßen an Dr. Koegel

bin ich in immer gleicher Hochschätzung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

#TI

417. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 5. MAI 1895

Hochgeehrte Herren!

Anbei den Anfang der Korrektur. Noch heute geht be­stimmt weiteres ab und Dienstag, den 7., ist alles in Ihren Händen. Ich bitte Sie recht sehr, diesen einen Tag noch zu warten.

In voller Hochachtung

Ihr

Steiner

#SE039-246

#TI

418. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 27. Mai 1895

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Sehr schmerzlich ist es mir, daß ich den Namenstag des geliebten Vaters versäumt habe. Ich bitte Euch, verzeiht mir diese Nachlässigkeit. Ich war in den letzten 14 Tagen von einer hartnäckigen Erkältung befallen, und so ging der Tag vorüber. Ich mache mir deswegen die schwersten Vor-würfe. Aber ich kann nun nichts anderes tun, als Dich, lie­ber Vater, bitten, auch noch nachträglich meine aufrichtigen und herzlichen Glückwünsche entgegenzunehmen, so be­schämt ich auch durch meine Vergeßlichkeit bin. Für mein Nach-Wien-Kommen habe ich jetzt ganz bestimmte Aus­sicht. Prof. Müllner hat mir mitgeteilt, daß er für die Errich­tung einer Lehrkanzel für Philosophie an der Wiener Tech­nischen Hochschule wirkt und meine Berufung an dieselbe durchsetzen will. Wenn das so ist, dann geht alles gut. Ich bitte Euch, verzweifelt nicht; ich habe augenblicklich die besten Hoffnungen. Sicher ist, daß ich in der nächsten Zeit nach Wien komme, um mit Prof. Müllner persönlich zu sprechen. Er ist, wie Ihr wißt, jetzt Rektor der Wiener Uni­versität. Ich bitte Euch aber, die Sache vorläufig geheim zu halten, denn es ist mir aufgetragen, vorläufig stille zu schweigen. Wenn die Sache bekannt wird, dann melden sich alle möglichen anderen Bewerber. Und es ist am allerbesten, wenn die Sache im Stillen abgemacht wird. Mir wäre das liebste, schon mit 1. Oktober in Wien sein zu können. Je­denfalls komme ich zunächst im Juni nach Wien und zu Euch. Wenn nicht früher, so gewiß nach der Goethe-Ver­sammlung, die am 8. Juni hier stattfindet und bei der ich hier sein muß. Geht es früher, so wäre ich schon Anfang Juni in Wien. Nun bitte ich Euch nochmals, mein langes Nichtschreiben mir zu verzeihen. Es soll dergleichen von jetzt ab auf keinen Fall wieder vorkommen. Meine Erkältung

#SE039-247

ist seit heute besser, und wir haben jetzt warrne Witte­rung, so daß bald alles ganz gut sein wird.

Auch habe ich wirklich so viel zu tun, so daß ich mir die Zeit zu jedem Brief abringen muß.

Wenn Ihr mir nur nicht Gleiches mit Gleichem vergelten wolltet und mir recht bald von Eurem Befinden Nachricht gebt. Darum bitte ich Euch sehr. Sobald ich über die Wiener Stelle weiteres höre, teile ich Euch es mit.

Alle herzlichst grüßend und küssend,

Euer

Rudolf

#TI

419.ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE AN RUDOLF STEINER

#TX

Naumburg a.d. Saale, 3. Juni 1895

Sehr geehrter Herr Doktor!

Eigentlich mache ich mir Gedanken, daß ich so gar nichts von Ihnen höre und sehe. Sie sind doch nicht krank? - Trotzdem daß wir Sie hier nicht sehen, habe ich mich aber die letzten Tage fast nur mit Ihnen unterhalten. Ihr ausgezeichnetes Buch hat mir diese Pfingstzeit außerordentlich verschönt, ich bin wirklich entzückt davon! Was ich schon immer an Ihren Auseinandersetzungen so hoch schätzte, finde ich in Ihrem Buche wieder: die Klarheit des Gedankens mit der Wärme des Ausdrucks vereint. Ich freue mich über das schöne klare Bild, was Sie von meinem Bruder zeichnen, auch der Linien, welche Sie selbst hinzufügen, um das Gedanken-bild zu vervollständigen. Sehr glücklich scheint mir die Gegen­überstellung von meinem Bruder und Fichte; es macht die ganze Position meines Bruders so besonders deutlich.

Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte über das Nietz­sche-Archiv. Wenn es solche gute Bücher fördert, so ist es das geworden, was ich so sehnlich wünschte, mit dieser Begründung zu erreichen. -Da Sie so gar nichts mehr von Ihrem Kommen sagen, so meine ich fast, Sie haben für jetzt diesen Gedanken aufgegeben. Ich ver­suchte Ihre Meinung zu erraten und Ihren Empfindungen nachzu­gehen; schließlich glaube ich fast, Sie haben recht, jetzt nicht zu kommen und es lieber auf eine spätere Zeit zu verschieben. Die

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Arbeiten, die ich speziell für Sie bestimmt hatte, übernahm Dr. Koegel sogleich bei seiner Ankunft. Dagegen kommt später eine Zeit, wo ich meine, es wird ihm außerordentlich wertvoll sein, Sie hier zu haben und Ihres Beistands und Rats zu genießen. Ich bin überzeugt, daß Sie dies eher als ich bedacht haben und dies der Grund ist, weshalb ich nichts von Ihnen höre. Denn, nicht wahr, Sie haben mir doch nichts übelgenommen? Ich wüßte beim eifrig-sten Nachsuchen nichts zu finden, was falsch verstanden werden könnte.

Aber nein, Ihre lieben Worte im Büchlein zeigen mir ja schon Ihre freundliche Gesinnung.

Bitte bitte kommen Sie bald mal nach Naumburg! Diese Woche, die Goethe-Woche, wird Ihnen viel Arbeit und Besuche bringen, aber nächste Woche hoffe ich sehr auf Ihr Kommen.

Dr. Koegel ist nicht verreist, hat aber trotzdem Ihr herrliches Buch noch nicht gelesen, denn der Arme war so krank! Er hatte ein so dickgeschwollenes Gesicht und solche heftigen Schmerzen, daß an eine Pfingstreise nicht zu denken war. Heute ist er aber auf dem Weg der Besserung und wird sich nun wohl in den nächsten Tagen den Künsten eines Zahnarztes anvertrauen.

Ich freue mich so sehr, wenn Sie kommen, Ihnen die neuen Druckbogen zu zeigen. Es sind doch höchst merkwürdige Sachen, die Dr. Koegel in den alten Heften findet. Ich bin ganz trium­phant, sie vor der Vernichtung gerettet zu haben.

Mit den allerbesten Grüßen und Glückwünschen zu Ihrem vor­züglichen Buch

Ihre Freundin

Elisabeth Förster-Nietzsche

#TI

420. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE [Telegramm]

#TX

Weimar, 12. Juni 1895

Sonnabend allen unmöglich. Die andern Herren ersuchen mich zu fragen, ob Besuch bis Sonntag Zu verschieben. Wenn unmöglich, hoffe ich die Herren für Freitag noch veranlassen Zu können. Ich kann auch Freitag. Bitte ein paar Worte.

Steiner

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#TI

411. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE [Telegramm]

#TX

Weimar, 15. Juni 1895

Komme gegen 12. Wahle noch ungewiß. Gauerstädt be­nachrichtigt, aber noch ohne Antwort.

Steiner

#TI

422. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE [Telegramm]

#TX

Weimar, 15. Juni 1895

Dr. Pniower, den Sie bei Meyers einluden, möchte mor­gen mitkommen; er wäre sonst den ganzen Tag allein. Gau­erstädts Töchter, Heitmüller, Fresenius und ich bestimmt! Wahle wahrscheinlich.

Steiner

#TI

423. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 18. Juni 1895

Hochgeehrte Herren!

Endlich bin ich in der Lage, Ihnen das Manuskript zum 8. Bande der Schopenhauer-Ausgabe zugehen zu lassen. Ich bitte viele Male um Entschuldigung wegen der Verspätung. Die folgenden Bände werden unter allen Umständen in den nächsten Tagen abgehen. Trotz der späten Absendung bitte ich Sie dringend, mir die Korrekturen des 8. Bandes wieder zugehen zu lassen. Ich werde dieselben nach dem Eintreffen sofort erledigen, so daß durch das Lesen der Korrekturen eine Verzögerung ganz sicher nicht mehr eintreten wird.

Mit besonderer Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-250

#TI

424. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 9. Juli 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Seien Sie mir bitte nicht böse wegen des langen Zögerns mit der Beantwortung Ihrer freundlichen Briefe. Ich wollte Ihnen durchaus etwas ganz Bestimmtes schreiben und war­tete von Tag zu Tag, ob sich nicht doch die Möglichkeit hierzu ergebe. Nun steht die Sache so: der Band, den ich hier für die Weimarer Goethe-Ausgabe fertigzustellen habe, wird, wie ich bestimmt hoffe, bis Mitte Juli fertig. Wenigstens will ich alles daran setzen, um bis dahin fertig zu werden. Ich glaube nun, daß Suphan, wenn er den Band fertig vor sich sieht, doch darauf eingeht, mir zu bewilligen, daß ich die Erledigung der Ordnung der wissenschaftlichen Archivmaterialien bis Zu einem späteren Zeitpunkt ver­schiebe. In diesem Falle könnte ich also um die Mitte des Monats abkommen. Ich kann aber S. den Vorschlag nicht vor Fertigstellung des Bandes machen. Denn als ich vor kurzem von dem angeführten Arrangement sprach, sagte er: er könne sich nicht vorstellen, daß eine Unterbrechung der Arbeit eintrete. Ich glaube aber, wie gesagt, doch, daß er nach Vollendung des Bandes einwilligt.

Wie sehr ich nach den Wochen Naumburger Aufenthal­tes lechze, geschätzteste gnädige Frau, kann ich Ihnen gar nicht sagen. Schon daraus können Sie entnehmen, daß mir jede Zeit recht ist, die sich mit Ihren Reiseplänen und den Weimarer Arbeiten verträgt. Und ich bedaure wirklich sehr, selbst heute noch keine bestimmten Angaben machen zu können. Sind solche möglich, dann schreibe ich sie Ihnen sogleich.

Das nochmalige Lesen der Biographie macht mir ganz außerordentliche Freude. Ich hoffe in kürzester Zeit einen Aufsatz darüber liefern Zu können.

Karl Knortz aus Amerika schreibt mir eben und beruft sich auf seinen «Schreibverkehr» mit Nietzsche.

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Nochmals bitte ich Sie, mir wegen des langen Wartens mit diesen Zeilen nicht böse zu sein.

In aufrichtigster Hochachtung stets

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

425. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 16. Juli 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Heute ist der 16. Juli, und noch immer sind meine Wei­marer Arbeiten nicht abgeschlossen. Der von Ihnen, ge­schätzteste gnädige Frau, ausgesprochene Vorschlag ist der beste. Wir fassen demnach den 1. September oder den Zeit­punkt Ihrer Zurückkunft ins Auge. Ich bitte Sie dann, den genauen Zeitpunkt ganz in dem Sinne zu bestimmen, der Ihnen der angenehmste ist.

Sehr gerne, gnädige Frau, entspreche ich Ihrer freund­lichen Aufforderung, Sie vor Ihrer Abreise noch zu besu­chen. Bitte haben Sie die Güte, einen Ihnen bequemen Nachmittag zu bestimmen.

Schade, daß aus Ihrer Fahrt nach Weimar nichts wurde. Oder ist doch noch Hoffnung vorhanden? Frl. Reuter würde sich darüber gewiß ebenso freuen wie ich.

Auch ich bedaure es sehr, daß ich am 1. Juli nicht abkom­men konnte. Ich habe mich ja stets so sehr auf diesen Naumburger Aufenthalt gefreut.

Wenn Dr. Koegel bereits zurück ist, bitte ich Sie, verehr­teste gnädige Frau, ihn bestens von mir zu grüßen.

In immer gleicher Hochschätzung

Ihr

Rudolf Steiner

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#TI

426. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 22. Juli 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Erst heute war es mir möglich mit Fräulein Reuter zu sprechen. Sie ist damit einverstanden, daß wir Mittwoch Ih­rer freundlichen Einladung folgen. Haben Sie herzlichsten Dank für die Einladung. Ich bin Ihnen, hoch gesch ätzte gnä­dige Frau, sehr dankbar für jede Stunde, die ich im Nietz­sche-Archiv zubringen darf.

Wahrhaft beglückt haben Sie mich durch Ihr Urteil über mein Buch. Daß es tief aus der Empfindung heraus ge­schrieben ist, das dürfen Sie mir glauben; daß Sie dies ausge­sprochen haben, gereicht mir zur ganz besonderen Befriedi­gung. Ich bin durch meine ganze Denk- und Empfindungs-weise gedrängt worden, dieses Schriftchen zu schreiben.

In wahrer aufrichtiger Hochschätzung

Ihr

Rudolf Steiner

Naumann hat mir einen sehr lieben Brief geschrieben.

#TI

427. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 26. Juli 1895

Hochgeehrte Herren!

Hiermit übersende ich die Druckvorlage zum 9. Bande der Schopenhauer-Ausgabe. Ich bitte Sie, mir von diesem Bande die Korrekturbogen doch zu senden, trotzdem es mir beim vorigen durch Überbürdung unmöglich war, die­selben zur rechten Zeit zurückzusenden. Ich bedaure es heute sehr, daß ich nicht imstande war, die Korrektur von Band 8 mitzulesen, denn in demselben sind, wie ich aus

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dem mir eben zugegangenen Freiexemplar ersehe, wirklich sinnstörende Druckfehler stehengeblieben. (So fehlt zum Beispiel Seite 28 ein ganzer Zwischensatz, Seite 30 steht «dennoch» statt «demnach».) Mit Rücksicht darauf bitte ich recht sehr, mir die Korrekturbogen der nächsten Bände gü­tigst zugehen lassen zu wollen. Ich verpflichte mich, diesel­ben nunmehr sofort jedesmal zu erledigen.

Ich erlaube mir zu bemerken, daß es nicht nötig ist, mir auch die Druckvorlage mit den Korrekturbogen zu senden, da ich ein Nebenexemplar aufbewahre.

In vorzüglicher Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

428. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 20. August 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Ihr Brief bringt mir eine Erlösung. Zwar habe ich nicht geglaubt, daß Sie mit den Worten «offenbare Feindin» ge­troffen sein können; doch sah es aus, als ob Zitter Sie ge­meint haben könnte. Ich habe bestimmte Aufklärung über diesen Satz wiederholt von ihm verlangt. Seine Briefe ent­halten darüber und über viele andere Fragen kein Wort. Ich hänge mit solcher Sympathie an der Lebens- und nament­lich Kunstanschauung, zu der Sie sich auch bekennen, daß ich Ihnen den Schmerz nicht beschreiben kann, der mich überfallen müßte, wenn Sie sich als meine Gegnerin be­kennten. Von Ihnen mißverstanden werden, ist mir ein ganz unerträglicher Gedanke. Eine Stelle Ihres Briefes macht es mir möglich, die Sache sogleich genauer zu bestimmen. Sie schreiben: «Ich stimme Ihnen vollkommen bei, wenn Sie Stirner an logischer Schärfe und Konsequenz des Denkens weit über Nietzsche stellen; dennoch haben die Stirner­schen Gedanken in der Stirnerschen Formulierung nicht

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jene Lebenskraft wie in der Nietzscheschen.» Was rnir schon oft aufgefallen ist in Ihren Gesprächen, verrät auch dieser Satz: Sie meinen, ich leide an einer Überschätzung der logischen Schärfe und Konsequenz des Denkens. Ich kann Ihnen die Versicherung geben, daß ich «logische Schärfe und Konsequenz» an sich gar nicht besonders hoch-schätze. Durch bloße Logik kann nie eine Produktion zu-stande kommen. Sollen die logischen Begriffshülsen nicht leer bleiben, so muß die Phantasie sie ausfüllen. Ich habe dies in meiner «Philosophie der Freiheit» (S. 7) mit den Worten gesagt: «Im Komponieren (in der Musik) dienen die Gesetze der Kompositionslehre dem Leben, der realen Wirklichkeit. Genau in demselben Sinne ist die Philosophie eine Kunst. Alle wirklichen Philosophen waren Begriffs-künstler. Für Sie wurden die menschlichen Ideen zum Kunstmateriale und die wissenschaftliche Methode zur künstlerischen Technik. Das abstrakte Denken gewinnt da­durch konkretes, individuelles Leben.» Stellen Sie neben diesen meinen Satz den folgenden Nietzsches: die «Geburt der Tragödie» hat die Aufgabe, «die Wissenschaft unter der Optik des Künstlers zu sehen, die Kunst aber unter der des Lebens». Ich sehe unter dieser Optik, wenn ich sage: «Stir­ner hat bereits in den vierziger Jahren Nietzsches Weltan­schauung ausgesprochen; allerdings nicht in solch gesättig­ten Herzenstönen wie Nietzsche, aber dafür in kristallkla­ren Gedanken, neben denen sich Nietzsches Aphorismen allerdings oft wie ein bloßes Stammeln ausnehmen.» Mit dem «kristallklar» ist keineswegs «logische Schärfe und Konsequenz» gemeint, sondern es ist auf jenes Erleben hin-gedeutet, von dem Nietzsche spricht mit den Worten: «Se­hen wir uns ins Gesicht. Wir sind Hyperboräer, - wir wis­sen gut genug, wie abseits wir leben. : das hat schon Pindar von uns gewußt. Jenseits des Nordens, des Eises, des Todes - unser Leben, unser Glück.» «Man muß geübt sein, auf Bergen zu leben.» «Die Ehrfurcht vor

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sich; die Liebe zu sich; die unbedingte Freiheit gegen sich . . . » Alles das hätte Nietzsche bei Max Stirner finden müssen, wenn er ihn gekannt hätte. Stirner verstand es, auf dem höchsten Berge im Eise zu leben. Wer ihm folgt, ge­winnt jene «Erfahrung aus sieben Einsamkeiten», von der Nietzsche spricht. Nietzsche träumt von der «Stärke für Fragen, zu denen niemand heute den Mut hat, den Mut zum Verbotenen, die Vorherbestimmung zum Labyrinth. Neue Ohren für neue Musik». Ich glaube, man mißdeutet Nietzsche nicht, wenn man sagt: er hätte bei Stirner die Vorliebe für Stärke, den Mut zum Verbotenen, die Vorbe-stimmung für das Labyrinth und die neuen Ohren für die neue Musik gefunden, wenn er ihn gekannt hätte. Ich finde bei Stirner etwas, was mir bei Nietzsche fehlt: die allseitig entwickelten Lebenskräfte, die ungehemmt ihrer Naturten­denz folgen. Ich finde bei Stirner eine Energie des Lebens, eine Fülle und Verwandlungsfähigkeit der Persönlichkeit, eine Artisten-Heiterkeit und Artisten-Freiheit, die mir bei Nietzsche doch nicht vorhanden zu sein scheinen. Bei Stir­ner atmet man in noch reinerer Luft als bei Nietzsche. Ge­heimnisse werden für Stirnersche Ohren offenbar, die wirk­lich jenseits des Todes, jenseits des Eises liegen. Es ist die Optik des Lebens, nach der Nietzsche strebt, bei Stirner verwirklicht. Mit der Stimmung, in die mich Stirner ver­setzt, hat die logische Schärfe und Konsequenz nichts zu tun. Ein Wesen, das das Walten der Gesamtnatur mitemp-fände, müßte einen gewaltigen Unterschied verspüren zwi­schen der Empfindung beim Entstehen eines vollkommen reinen Quarzkristalls und der anderen beim Entstehen einer Druse von Kristallen, die nur teilweise entwickelt sind, weil die Naturtendenzen sich nicht allseitig entwickeln konnten. Ist nicht zu leugnen, daß die zweite Empfindung die grö­ßere Mannigfaltigkeit hat, so ist doch die erste die reichere, vollere. Dieses und ähnliches wollte ich mit dem Worte kri­stallkiar sagen; nichts aber von logischer Schärfe und Kon­sequenz. Die freieste Stimmung, Lebensfülle, Wirklichkeit

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finde ich bei Stirner. Was hat damit logische Schärfe und Konsequenz viel zu schaffen. Sie spielen die Rolle von klei­nen technischen Handgriffen, wie sie jede Kunst braucht. Ihr Satz: «Nietzsche hat jenes plastische Sprachvermögen besessen, durch welches Gedanken, die keineswegs neu und originell sind, erst so geprägt werden, daß sie im geistigen Verkehr Leben gewinnen», kann natürlich von mir nicht angefochten werden. Ich höre jede Nuance der Nietzsche-Sprache. Ich empfinde wie einer das Formgewaltige jedes «Zarathustra»-Satzes. Ich habe den «Zarathustra» von jeher in Nietzsches Sinn empfunden und weiß dies, seit ich Nietzsches größtes, noch ungedrucktes Werk «Ecce homo» kenne. Das ist etwas, worüber ich Ihnen nur mündlich Mit­teilung machen kann. Doch erinnert mich Ihr Satz an etwas, was R.M. Meyer jüngst schrieb: «Wie alle Bücher, die in abstrakter Entfernung von der lebendigen Fülle der Dinge ein Prinzip totreiten, ist das Buch Stirners unfruchtbar, und (im Sinne höherer Wahrhaftigkeit) unwahr.» Es fällt mir natürlich nicht im entferntesten ein, Ihre Ansicht, verehrte­ste gnädige Frau, mit der R.M. Meyers zu vergleichen. Aber Sie sprechen vom «geistigen Verkehr». Sie können doch unmöglich viel Respekt vor dem geistigen Verkehr zum Beispiel des heutigen Deutschland (Europens Flach-land, wie Nietzsche so trefflich sagt) haben. Ich möchte Sie doch fragen, wieviel lebt im «geistigen Verkehr» von Böck­lin, von Goethe, von Nietzsche. Sagen Sie nicht, die Leute fühlen deren Bedeutung, aber sie bringen sich ihr Gefühl nicht zum Bewußtsein. Die Beobachtung lehrt das Gegen­teil. Wir haben Künstler, wir haben phantasievolle Denker; aber wir haben keinen geistigen Verkehr. Kommt ein sol­cher vor, so ist es ein Glücksfall.

Nun möchte ich hier abbrechen, vieles auf ein mündli­ches Gespräch aufsparend. Denn ich möchte noch auf den Punkt: Lou-Förster-Nietzsche zu sprechen kommen. Ich möchte erst über das «Leben Nietzsches» von E[lisabeth]

Förster-Nietzsche sprechen. Sie sagen: «Das Bild, das Frau

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Andreas-Salomé von Nietzsches Seelenleben gibt, erinnert mich an die Porträts großer Maier, die sich weniger durch sprechende Ähnlichkeit als durch eine bedeutende Auffas­sung auszeichnen, während die Darstellung der Frau För­ster an jene schlechten Maler gemahnt, die mühselig und gewissenhaft alle Details zusammentragen, ohne auch nur einen Zug der Persönlichkeit wiederzugeben.» Dieser Ihr Ausspruch versetzt mich in Erstaunen, aber er erklärt mir Ihr Urteil über das Buch der Frau Förster. Ich würde diesen Satz unterschreiben, wenn ich seine Voraussetzungen mit Ihnen empfinden könnte. Für mich ist das Buch der Frau Förster keinem Porträt vergleichbar; sondern, wenn ich in Ihrem Sinn vergleichen will, höchstens mit einer Palette, auf der die Farben völlig ungemischt sind. Ich habe im Ge­spräche mit Frau Förster sie gerade in diesem Sinne beschei­den über ihr Buch sprechen hören. Ihr oblag es, die Mate­rialien zum Leben Nietzsches zu liefern. Das war nur ihr möglich. Das äußere Leben Nietzsches kennt eben niemand besser als sie. Mit keinem Menschen hat er mehr zusam­mengelebt als mit ihr. Und da nur sie uns die Materialien liefern kann, müssen wir sie so hinnehmen, wie sie sie geben kann und will. Diese Frau ist sehr bedeutend, nur auf einem anderen Gebiete als auf dem, wo man eine Persönlichkeit psychologisch-biographisch schildert. Ich bin dieser Frau dankbar. Es entspricht völlig der Wahrheit, was ich in der Vorrede meines Buches gesagt habe. Sie hat mir - nebst vielem andern, das ich ihr danke - Einblick gewährt in Nietzsches intimstes Werk: «Ecce homo». Und aus der Stunde, in der ich dieses Werk las, auch aus vielen andern Stunden stammt die Stimmung, von der ich spreche. Sie dürfen nicht vergessen, daß ich täglich fünf bis sechs Stun­den in der «Goethe-Werkstätte» zubringe, wo unter ande­ren geistreichen Arbeiten auch darüber geforscht wird, was sich aus dem bei Armbruster in Wien erschienenen Nach­druck von Goethes Werk «Die guten Weiber» in bezug auf Druckfehler schließen läßt, die in dem gleichzeitig in Augs­burg

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rechtlich gedruckten Werk vorhanden sind. Verglei­chen Sie die geistige Atmosphäre dieser wissenschaftlich-kritischen «Goethe-Werkstätte» mit der geistigen Atmo-sphäre des Nietzsche-Archivs, so werden Sie mich verste­hen. Zudem ja doch in der Welt alles nur relativ genommen und geschätzt werden kann. Und die Menschen können doch unmöglich bloß nach ihrer Geistigkeit beurteilt wer­den. Zu Ihrem Urteil über das Buch der Förster kann ich mich deshalb nicht bekennen, weil ich den Standpunkt nicht einnehmen kann, von dem aus ein Urteil dieser litera­rischen Art über die Schrift abgegeben werden kann.

Und nun möchte ich auf das Buch der Frau Lou kom­men. Nietzsche lernte das Fräulein Salomé im Mai 1882 in Rom kennen, verlebte dann mit ihr einige Monate am Lago Maggiore, in Basel und in Tautenburg in Thüringen, später einige Wochen in Leipzig. Im November desselben Jahres verschwindet Fräulein Salomé für immer aus dem Hori­zonte Nietzsches. Die Trennung ist darauf zurückzufüh­ren, daß Nietzsche zwar fand, daß «Lou, ganz in religions­geschichtliche Betrachtungen versenkt, ein kleines Genie ist, dem hie und da ein wenig zuzusehen und förderlich zu sein, ein Glück für ihn ist» (Nietzsches eigene Worte), daß er aber für seine eigenen Sphären nicht das geringste Ver­ständnis bei ihr fand. Und diese Frau schreibt ein Buch über Nietzsche, das allerdings ganz anders das Urteil erregt als die Materialiensammlung der Frau Förster. Sie begeht keine kleinen Taktlosigkeiten, das ist wahr; aber sie setzt das voll­endete Verbrecherantlitz an die Spitze ihres Buches, ein Antlitz, von dem Nietzsche selbst sagt, daß er es seinem schlimmsten Feinde nicht wünsche. Sie wärmt die unrich­tige Tatsache wieder auf, daß Nietzsches Leiden erblicher Natur war, und wagt es zu sagen, daß ihr das Nietzsche selbst erzählt habe. Das wirkliche Lügengewebe - und zwar was die Tatsachen betrifft - hat ja Koegel im «Magazin» genügend dargelegt. Gleich Ihnen lege ich aber darauf nicht den Hauptwert. Ich gehe noch weiter: selbst wenn Frau

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Lou sich in der psychologischen Nietzsche-Charakteristik vollständig vergriffen hätte - sie hat das zur Genüge getan -, so könnte ihr Buch Wert und Interesse beanspruchen. Es würde dann eben nicht Nietzsche, sondern eine interessante persönlichkeit (als Fiktion) darstellen. Aber der hysterische Schwächling, mit den beiden voreinander schaudernden Ichs, der eine Philosophie aus seiner Krankhaftigkeit her­ausdestilliert, die endlich ideell in Mystik, psychisch in Wahnsinn auslaufen muß, ist ein psychologisches Wahnge­bilde, das aus christlich-mystisch-theistischen Instinkten heraus geschaffen ist. Jede Seite schmeckt nach Christen­tum; jede Seite verrät die Ohnmacht, wahre Nietzsche-Luft zu atmen. Wie sich Nietzsche instinktiv von dem Fräulein Salomé abgewendet hat, so widerstrebt dieses aus der Sphäre «deutscher» Bildung entsprungene Buch meinen in­nersten Instinkten. Ich fühle mich abgestoßen davon wie von dem heiligen Augustin. Das ist es, was mich gegen das Werk «von dieser hohen literarischen Qualität» so ein­nimmt. Die «literarische Qualität» leugne ich nicht; sie ist es eben, was meine Empfindung herausfordert. Und nun noch eines: Sie sagen, daß es Ihnen scheine, «daß in der Mystik ein psychologisches Element eine Rolle spiele» und daß «die Gottesanschauung der Mystiker nur ein verkapp­ter und mit dem Ausdruck ringender Individualismus sei». Ich habe nie daran gezweifelt. Weil alles, was der Men­schengeist produziert, in Wirklichkeit Individualismus ist, der sich als Idealismus, Realismus, Mystizismus usw. ver­kappt. Die Zarathustra-Phantasien als Mystik darstellen, heißt aber, sie zu einem Zerrbilde machen. Wenn man durchaus einen Terminus haben will, der Nietzsche be­zeichnet, so finde ich doch noch Ich habe nun große Sorge, daß wir uns nicht treffen. Bis 21. September kann ich nicht in Wien bleiben. Vor dem 28. zu kommen, wird mir wohl auch kaum möglich sein.

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Könnten wir uns nicht irgendwo begegnen? Schreiben Sie mir noch darüber, bitte schön. Ich fühle das dringendste Bedürfnis, Sie zu sprechen, und scheue einen kleinen Um­weg nicht, wenn sich eine Begegnung ermöglichen läßt. Be­stimmtes kann ich nicht sagen, weil ich Ihre Reisepläne nicht kenne.

Noch ein Wort über Zitter, weil Sie auf ihn in Ihrem Briefe ausführlich zu sprechen kommen. Sie finden mein Verhältnis zu ihm nicht geklärt. Sie selbst aber, verehrteste gnädige Frau, sprechen darüber so klar und deutlich, daß ich nicht wüßte, wie man die Sache besser charakterisieren wollte. Aber nun frage ich Sie: was soll ich tun? Ich habe ihn gerne. Er mißversteht mich im großen und ganzen und in jeder Kleinigkeit. Er hat wenig Ahnung von meinem In­nenleben, sonst würde er mich nicht als Dialektiker be­trachten. Er strebt fortwährend darnach, seine und meine Freundschaftsempfindung auf eine abstrakte Formel zu bringen. Ich liebe die abstrakten Formeln innerhalb kon­kreter Lebensverhältnisse nicht. Statt unsere Freundschaft den natürlichen, konkreten Verlauf nehmen zu lassen, ver­sucht er es von Zeit zu Zeit, sie in eine bestimmte Kategorie zu zwängen. Seine tiefverletzende Karte, die er mir vor kur­zem schrieb, enthält u. a. auch die Aufforderung: ich solle ihm sagen, wie es genau mit unserer Freundschaft stehe. Wozu so verstandesmäßig in konkrete Verhältnisse eingrei­fen? Sie glauben, daß der Ton, den ich Zitter gegenüber festhalte, nicht mehr aus meinem Innern, aus meiner «Wahrheit» komme. Wir - ich und Sie - haben darüber einmal uns ausgesprochen. Ich meine, daß Sie diesen Ton mit Ihren Worten zu abstrakt, zu einfach fassen. Doch glaube ich, daß darauf gar nichts ankommt. Die Hauptsache ist doch, daß wir - Zitter und ich - ein Verhältnis zueinan­der haben und daß ich kein Bedürfnis habe, dieses Verhält­nis zu ändern. Der Ton, der dabei angeschlagen wird, ergibt sich aus dem Wesen der beiden Persönlichkeiten. Insoferne ist er doch «wahr», denn er entspricht den wirklichen Verhältnissen.

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«Menschen, die lieben, bemerken Züge an dem geliebten Wesen, die auch der durchdringendsten Men­schenkenntnis eines kalten Beobachters entgehen», schrei­ben Sie, verehrteste gnädige Frau! Dies trifft aber bei Zitters Empfindungen mir gegenüber nicht zu. Ich würde mir sein Verhalten mir gegenüber sonst gewiß in diesem Sinne erklä­ren, denn Ihr Gedanke ist ja auch von mir auf Seite 21 mei­ner «Freiheitsphilosophie» ausgesprochen. Ich spreche dort von der augenöffnenden Kraft der Liebe. Und ich kenne diese Kraft. Aber Zitters Empfindung ist eine andere. Sie entspringt aus dem seiner Natur eigenen Mißtrauen, das im­mer bewirkte, daß sich in seine Freundschaft zu mir eine starke Dosis Gereiztheit mischt, die dann in einzelnen Ex­plosionen sich entlädt. Ich beobachte das seit dem Beginn unserer Freundschaft.

Nun noch die herzlichsten Grüße Ihrem lieben Gemahl, den zu sehen ich mich sehr freuen werde, und Ihnen selbst

von Ihrem

Rudolf Steiner

#TI

429. ROSA MAYREDER AN RUDOLF STEINER

#TX

Lofer, 25. August 1895

Lieber Freund!

Vor allem danke ich Ihnen für Ihre rasche und eingehende Ant­wort. Ich finde darin vieles erklärt und geklärt, was mir vorher nicht verständlich war. Und das ist es ja, was ich einzig wünsche. Nicht eine D iskussion zu eröffnen, war meine Absicht: Denn ich bin fast zu glauben geneigt, daß Diskussionen im eigendichen Sinne nur unter Menschen möglich sind, die an ein objektives Rechthaben glauben und deren Meinungen nicht aus ihrer Indivi­dualität, sondern bloß aus ihrem Verstande fließen. Zwischen Menschen von entwickeiter Individualität können keine Diskus-sionen, sondern nur Mitteilungen stattfinden. Daher scheint mir

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das Wesentliche eines freundschaftlichen Verkehres in der Ge­neigtheit zu liegen, solche Mitteilung zu geben und zu empfangen. Überdies würde ja ich, eine Dilettantin, bei einem solchen intellek­tuellen Wettrennen mit Ihnen allzusehr im Nachteil sein. Was ich Ihnen also sagen werde, soll weder eine Kritik, noch ein Tadel, weder ein Lob, noch eine Bemängelung sein, sondern bloß eine Mitteilung aus dem Bereich meines individuellen Denkens; und ich mache sie Ihnen, weil ich glaube, daß Sie meinem Wesen jenes freundschaftliche Interesse entgegenbringen, durch welches allein solche Mitteilungen wertvoll werden. - Es scheint auch, daß wir für diesmal auf den brieflichen Verkehr - der noch mehr guten Willen, den andern zu verstehen, voraussetzt, als der persönliche, denn briefliche Mißverständnisse sind so umständlich aufzuklä­ren! - angewiesen bleiben werden. Denn ich habe keine Hoffnung, daß unsere Reiseroute Ihrem lieben Vorhaben, uns zu treffen, ir­gendwie entsprechen könnte. Wir sind durch äußere Verhältnisse strikte an Termine gebunden; denn wie Sie wissen, ist Lino seit dreiviertel Jahren Chef des Regulierungsbureaus der Stadt Wien, und die Reise, die wir planen, ist eine Studienreise in deutsche Städte, während welcher Lino mit Stübben in Köln, Fischer in München etc. zusammentreffen will. Wir werden vom 1-7. Sep­tember in Zürich, Basel, Straßburg sein; am 8. in Köln, am 10 oder 12. in Frankfurt, dann in Mainz, Würzburg, Augsburg, Mün­chen bis zum 21. Sollte Ihnen eine dieser Städte gelegen sein, so bitte ich ,Sie um freundliche Mitteilung; - bis 29. hierher, sonst nach Wien, von wo aus uns die Briefe nachgeschickt werden - ich würde Ihnen dann den genauen Termin unserer Anwesenheit daselbst so bald als möglich schreiben. Gegenwärtig steht unser Programm nur bis Köln fest.

Nun, lieber Freund: ich meine ganz und gar nicht, daß Sie an einer Uberschätzung der logischen Schärfe und Konsequenz des Denkens leiden. Wenn jemand daran leidet, so bin ich es. Sie haben in früheren Zeiten öfter meine Äußerungen in dieser Hinsicht nie­dergedämpft - zu meinem heimlichen Erstaunen. Denn es war mir eine Zeitlang schlechtweg undenkbar, daß Konsequenz des Den­kens nicht das höchste in allen philosophischen Problemen bedeu­ten sollte. Ich meine zwar durchaus nicht, daß Konsequenz des Denkens und sonst nichts schon einen Philosophen ausmacht; aber da einmal das begriffliche Denken die europäische Methode

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des Erkennens ist, so scheint mir dasjenige, was dem begrifflichen Denken seinen Hauptwert, seine Zuverlässigkeit, seine Präzision verleiht, nämlich eben die Logik und Konsequenz, als geistige Qualität in allererster Linie zu stehen. Nur diejenigen, welche die indische Methode der «innerlichen Versenkung» für den probate­ren Weg des Erkennens halten, können die genannten Qualitäten unterschätzen. Sie, lieber Freund, gehören keineswegs darunter -und wenn ich auch vollkommen Ihrem Ausspruch über die Mit­wirkung der Phantasie zustimme, so bleibt es mir doch nicht ver­ständlich, warum Sie von Stirner nicht gelten lassen wollen, daß sein größter Vorzug gegenüber Nietzsche Logik und Konsequenz ist. Denn vor allem «Der Einzige und sein Eigentum» ist, respekt­los ausgedrückt, konsequent bis zur Absurdität. Was aber nicht hindert, daß es ein ganz großes Werk ist - von dem man, mit einer Modifikation eines bekannten Wortes, wohl sagen darf: vereor, quia absurdum est. Ich finde den hauptsächlichen Unterschied zwischen Stirner und Nietzsche - auf eine knappe Formel ge­bracht - darin, daß Stirner von einem Begriff, Nietzsche von einer intellektuellen Anschauung ausging. Sie, lieber Freund, sind aller­dings anderer Meinung. Aber mir fehlt offenbar die Kenntnis jener Daten, durch welche Ihr Urteil über Stirner - für mich so überra­schend - bestimmt wird; denn aus dem «Einzigen» allein haben Sie wohl den ,Eindruck, den Sie in Ihrem Briefe so bestechend formulieren, nicht geschöpft?

Was ich mit meinen Äußerungen über Nietzsche sagen wollte, war eigentlich nur, daß ich Nietzsche mehr als Künstler, denn als Philosophen schätze. Wenn ich sagen sollte, worin ich uneinge­schränkt mit ihm übereinstimme, so finde ich einen einzigen Punkt. Und das ist seine unbedingte Ablehnung aller «Hinter­Welts-Gedanken, aller Interpretation der Welt durch Metaphy­sik». Und daß ich es nur gleich sage: für mich liegt Ihre wahre Bedeutung nicht dort, wo Sie mit Nietzsche übereinstimmen, son­dern wo Sie sein Gegner sind. Daß Sie mit Nietzsche oder mit irgendeinem anderen ruhmreichen Geist übereinstimmen, scheint mir in Ansehung Ihrer spezifischen Geistesleistung ganz irrele­vant; vielleicht hat mich auch deshalb Ihre Schrift über Nietzsche nicht so unbedingt angesprochen wie Ihre anderen Schriften. Für Ihre spezifische Geistesleistung, für dasjenige, wodurch Sie sich vor allen andern Denkern der naturwissenschaftlichen Ara auszeichnen,

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halte ich Ihre Betonung der menschlichen Freiheit und das neue Fundament, welches Sie derselben gegeben haben. Nichts aber ist mir unerträglicher als die Lehre von der Unfreiheit des menschlichen Willens nach Schopenhauerscher Beweisführung, die Nietzsche kritiklos in seine Weltanschauung hinübergenom­men hat. Nicht Gott - wie Sie in Ihrem vorletzten Briefe sagen ist mir der Gegenpol des in sich gefestigten Menschen; denn der immanente Gott nach mystischer Auffassung scheint mir nur eine andere Ausdrucksform des individualistischen Weltgedankens . Dasjenige Prinzip aber, das gänzlich unvereinbar ist mit der Be­deutung der Persönlichkeit, das die Persönlichkeit unrettbar ver­nichtet, das ist das Prinzip der Notwendigkeit alles Geschehens. Die bewußte Persönlichkeit herabgewürdigt zu der Bedeutung ei­nes beliebigen Steines, der von einem unberechenbaren und uner­bittlichen Kausalgesetz hin- und hergewälzt wird - überbietet denn diese Meisterleistung des Denkens nicht alles, was die christ­liche Auffassung über die Hinfälligkeit und Nichtigkeit des Men­schen aussagt? Und diese, auf die Notwendigkeit alles Geschehens basierte, völlige Unverantwortlichkeit nimmt Nietzsche zum Aus­gangspunkt für die neue Zukunft des Menschen! Sich vom blinden Wollen zum bewußten Wollen erhoben zu haben, das allein er­scheint mir als das Kriterium der Persönlichkeit; und ich kann mir unmöglich ein bewußtes Wollen ohne den Willen zur Verantwort­lichkeit vorstellen. Wenn ich in meinem Tun nichts sein soll als das blinde Werkzeug eines allgemeinen Weltgeschehens, das durch mich hindurch wirkt, «hinter dem Rücken meines Bewußtseins», dann allerdings gäbe es nur einen Weg - die Aufgabe der Persön­lichkeit nach indischem Rezepte. Und deshalb halte ich es für Ihre große Geistestat, daß Sie die «Konsequenz des Denkens» hatten, zu erkennen, daß es keinen wirklichen Individualismus geben kann ohne die Voraussetzung der Freiheit.

Lieber Freund, erfreuen Sie mich bald wieder durch Nachrich­ten. Besonders dankbar wäre ich Ihnen, wenn Sie dabei auf jene Punkte zu sprechen kämen, in denen Sie mit Nietzsche nicht über­einstimmen!

Immer Ihre ergebene

Rosa Mayreder

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#TI

430. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 13. September 1895

Hochge schätzte gnädige Frau!

Noch als ich Ihren lieben Brief aus Stresa erhielt, dachte ich Ihrem Wunsche, am 14. in Naumburg ein Zutreffen, ganz genau entsprechen zu können. Heute sehe ich mich genötigt, Sie, hochgeschätZte gnädige Frau, doch noch um ein paar Tage Aufschub ZU bitten. Ich bitte Sie sehr, mir die nochmalige Verzögerung nicht übel zu nehmen. Es handelt sich aber jetzt wirklich nur mehr um ganz kurze Zeit. Es haben sich meine Weimarer Arbeiten eben doch in einer Weise ausgedehnt, die ich gar nicht ahnen konnte; es ist mir manches unvorhergesehen zugewachsen. Und trotzdem ich seit Ihrer Abreise keinen Tag von Weimar abwesend war, konnte ich nicht fertig werden. Ich bin sehr besorgt, daß Sie, geschätzteste gnädige Frau, doch ungeduldig werden könnten. Jedenfalls bitte ich Sie, falls meine Anwesenheit in Naumburg gerade im Augenblicke Ihnen wünschenswert sein sollte, um gütige Nachricht. Ich will dann sehen, was sich tun läßt.

Sie, verehrteste gnädige Frau, sind nun wohl von Ihrer Reise zurückgekehrt und denken mit Freude an die erlebten Tage, wie ich nach der Schilderung, die Sie in Ihrem lieben Briefe geben, annehmen darf. Ich freue mich, Sie in den nächsten Tagen wieder zu sehen.

Den Plan der N[ietzsche]-Gesellsch[aft] habe ich nach allen Seiten durchgedacht und finde ihn doch sehr gut. Wir müssen bald Hand anlegen. Von den Resultaten meines An­klopfens wegen Weimar werde ich Ihnen nach meiner An­kunft in Naumburg wohl auch Mitteilung machen können. Ich werde in den nächsten paar Tagen in aller Vorsicht die Sache machen und dann hören - . . .

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Nochmals um Entschuldigung bittend, wenn heute statt mir nur dieser Brief ankommt.

Ihr dankbar ergebener

Rudolf Steiner

Dr. Koegel ist wohl wieder angekommen. Ich bitte, ihn herzlich von mir zu grüßen.. Schade, daß ich ihn in den letz­ten Wochen nicht sprechen konnte.

#TI

431. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 30. September 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Zu allem Vorangegangenen ist nun bei mir noch eine achttägige Krankheit gekommen. Ich bin letzthin aus Naumburg mit Fieber zurückgekommen und war die ganze abgelaufene Woche sehr elend und arbeitsunfähig. Sie kön­nen sich denken, verehrteste gnädige Frau, daß ich durch diesen Zwischenfall wieder Sehr zurückgeworfen bin und nun selbst den äußersten Termin, den ich mir für Naum­burg gestellt habe, noch hinausschieben muß. Ich habe nun die größte Angst, daß Sie doch nun ungeduldig werden und jeden Glauben an die Versprechungen eines so unzuverläs­sigen Menschen, wie ich Ihnen nach alle dem scheinen muß, verlieren. Auch ängstige ich mich deswegen, weil gerade jetzt notwendig zu Besorgendes durch mich verspätet wer­den könnte.

Da ich mich aber doch seit gestern wieder einigermaßen arbeitsfähig fühle, so werde ich baldigst bei Ihnen antreten können. Der Grund meines Unwohlseins ist eine Erkäl-tung*; ich werde also, sobald deren Folgen behoben sind, schnell alles besorgen können.

- - -

* Gewiß nicht Überarbeitung oder sonst etwas, was sich länger hinausziehen könnte.

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Haben Sie vielen Dank für die Bände 9 und 10. Die bei­den letzthin mitgenömmenen Zeitungs ausschnitte sende ich noch heute. Besten Gruß an Dr. Koegel.

In wahrer Hochschätzung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

#TI

432 AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 14. Oktober 1895

Sehr geehrte Herren!

Beifolgend den 10. Band der Schopenhauer-Ausgabe. Sie werden aus der Druckvorlage ersehen, daß dieser Band ziemlich schwierig herzustellen war. Verzeihen Sie, im Hin­blick darauf, bitte, die Verzögerung. Bei der Korrektur soll keine Verzögerung mehr eintreten. Ich bitte, mir die Kor­rektur zuzusenden. Ich werde alles tun, um das Erscheinen des Bandes mit Ende des Monats möglich zu machen.

In besonderer Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

433. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 24. Oktober 1895

.Hochgeschätzte gnädige Frau!

Empfangen Sie meinen besten Dank für die Körrekturbo­gen der beiden Bände der zweiten Abteilung von «Nietz­sches Werken». Ich habe mit der größten Spannung auf de­ren Veröffentlichung gewartet. Durch den Inhalt dieser Bände ist ein neuer Zugang zu der reichen Gedanken- und

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Empfindungswelt Ihres Bruders eröffnet. Wie erhebend ist es doch, mit Hilfe dieses Inhalts die Wege Zu verfolgen, die NietZsche gegangen ist, um unserer Kultur völlig neue Ziele Zu geben. Mir scheint, als sähen wir jetzt erst die Quellen, aus denen der herrliche Gehalt geflossen ist, den NietZsches frühere Schriften gebracht haben. Ich könnte vieles anfüh­ren, um diesen meinen Eindruck zu rechtfertigen. Ich möchte nur einiges herausheben. Wir lesen in «Schopen­hauer als Erzieher»: «Wer erlöst zum Beispiel die Ge­schichte der griechischen Philosophie wieder von dem ein­schläfernden Dunste, welchen die gelehrten, doch nicht all­Zuwissenschaftlichen und leider gar Zu langweiligen Arbei­ten . . . - darüber ausgebreitet haben?» Der Zweite der ge­nannten Bände gibt Antwort auf diese Frage. Nietzsche hat diese Erlösung vollbracht. Er hat die Gestalten der griechi­schen Philosophie von Thales bis Sokrates in wahrhaft hel­lenischem Geiste nachgeschaffen. Als ich seine Darstellung las, war mir, als ob ich mit diesen einzigen Persönlichkeiten in unmittelbarem Verkehr wäre.

Oder, um ein anderes Beispiel Zu erwähnen: in welch eine geistige Welt läßt uns der Aufsatz: «Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne» hineinblicken! All den bangen Zweifeln, die die wahrheitssuchende Men­schenseele quälen, hat Nietzsche hier Ausdruck gegeben. Ein neues Licht strömt von hier aus auf seine anderen Werke aus. Nicht weniger ist dies der Fall bei den im ersten Bande enthaltenen Ergänzungen Zur «Geburt der Tragö­die». Mit Erstaunen betrachte ich die Aufschlüsse, die Nietzsche über das Wesen der Kunst und ihren Zusammen­hang mit Kultur und Leben gibt. Ich kann nicht alles sagen, was ich nach dem Lesen der beiden Bände sagen möchte, wenn ich diesen Brief nicht ins Endlose ausdehnen will. Nicht unerwähnt möchte ich aber lassen, welche Befriedi­gung ich empfinde gegenüber dem hohen freien Gesichts­punkte, von dem aus Nietzsche die Kultur der Gegenwart betrachtet. Ich habe dabei besonders die Ergänzungen zu

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den «Unzeitgemäßen Betrachtungen» im Auge. Hier liegt mancher Keim, der, wenn er in einen empfänglichen Geist der Gegenwart fiele, noch schöne Früchte für unsere Kultur

tragen könnte.

Aus diesen Zeilen werden Sie, hochgeschätzte gnädige frau, ersehen, welche Bedeutung ich den beiden neuen Bänden zuspreche. Meiner Meinung nach haben Sie sich ein nicht hoch genug Zu schätzendes Verdienst um die Er­kenntnis Ihres Bruders dadurch erworben, daß Sie die Ver­öffentlichung alles dessen, was er geschaffen, in dieser Weise möglich gemacht haben. Das NietZsche-Archiv ist Ihr Werk. 5ie haben den rechten Weg eingeschlagen, um Nietzsches Schöpfungen denjenigen Platz im Geistesleben der Gegenwart zu erobern, der ihnen zukommt. Wenn heute die Erkenntnis von der Bedeutung dieses außeror­dentlichen Geistes sich stetig ausbreitet, so ist das in erster Linie Ihrer tätigen Fürsorge für seine Werke zuzuschreiben. Selbst bei den wenigen, die diese Bedeutung vor Ihrer Rückkehr nach Europa erkannt hatten, herrschte damals eine wenig erfreuliche Unklarheit. Die absonderlichsten Behauptungen über die Persönlichkeit, das Leben und die Leistungen Nietzsches konnte man hören und lesen. Mit der Begründung des Nietzsche-Archivs war erst die Mög­lichkeit gegeben, das Bild Ihres Bruders in seiner wahren Gestalt kennen zu lernen.

Zu den Beweisen dafür, daß Sie, geschätzteste gnädige Frau, die besten Wege zu dem von Ihnen angestrebten Ziele eingeschlagen haben, rechne ich es, daß Sie als Herausgeber der Werke Nietzsches Dr. Koegel wählten. Die beiden Bände bestärken mich in dieser meiner, schon früher ge­wonnenen Überzeugung. Nur dem tiefdringenden Nietz­sche-Verständnis und einer besonderen Umsicht und Be­herrschung des Stoffes war es möglich, eine Ausgabe zu schaffen, die in solchem Maße alle berechtigten Ansprüche befriedigt. Ich darf ein solches Urteil wohl aussprechen, weil ich selbst mit ähnlichen Arbeiten lange zu tun gehabt

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habe und die in Betracht kommenden Schwierigkeiten kenne.

Wieviel Sie, gnädige Frau, durch die Biographie Ihres Bruders zu dem Verständnis seiner Persönlichkeit und Ent­wicklung beigetragen haben, werde ich nächstens in einetn AufsatZe öffentlich aussprechen.

Nochmals meinen herzlichsten Dank für die Übersen­dung der Korrekturbogen der neuen Bände, durch die ich ZU meiner Freude deren Inhalt mehrere Wochen vor deren Erscheinen kennengelernt habe.

In dankbarer Verehrung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

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434. AN ROBERT SAITSCHICK

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Weimar, 24. Oktober 1895

Sehr geehrter Herr!

Vor allen andern Dingen bitte ich Sie vielmals um Ent­schuldigung, wenn ich Ihnen erst heute meinen Dank aus­spreche für Ihren liebenswürdigen Brief, mit dem Sie mir Ihr Buch: «Meister der schweizerischen Dichtung» Zusand­ten. Fortwährende Kränklichkeit und widrige Umstände hinderten mich bisher daran. Diese hinderten mich auch bis jetzt daran, eine Abhandlung über Ihr ausgezeichnetes Buch zu schreiben. Dies wird aber nun in nächster Zeit ge­schehen. Mir hat dieses Buch wirklich eine ganz besondere Freude gemacht. Der psychologische Blick, der Ihnen eig­net und den ich in meinen Rezensionen Ihrer «Psychologie der Gegenwart» und «Tolstoj und Dostojewskij» hervorge­hoben habe, bildet auch für mich das Anziehende Ihres Bu­ches über die schweizerischen Dichter. Was Nietzsche das psychologische Bild einer Persönlichkeit nennt, das finde ich in Ihren Darstellungen vortrefflich verwirklicht. Mit

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dem größten Interesse habe ich auch Ihre Aufsätze in der «Neuen deutschen Rundschau» gelesen.

Sie sprachen in Ihrem Briefe den Wunsch aus, meine Ein­führungen in Goethes «wissenschaftliche Schriften» zu er­halten, weil Sie hoffen, daraus «Anregung zu einer einge­henden Besprechung», «möglicherweise auch zu einer Ab­handlung in russischer Sprache» zu erhalten. Ich erlaube mir deshalb, Ihnen diese Schriften gleichzeitig mit diesem Briefe zu senden. Auch meine «Philosophie der Freiheit» lege ich bei, die seinerzeit an Sie nach Bern ging, aber als unbestellbar wieder zurückkam. Eine Besprechung meiner Sachen aus Ihrer Feder würde mir ganz besondere Freude machen, und ich wäre Ihnen dafür sehr dankbar. Zur be­sonderen Befriedigung gereichen mir auch die Worte, die Ihr Brief über Nietzsche enthielt. Gerade im Hinblick dar­auf würde ich Sie bitten, meiner diesem Briefe beigelegten Schrift «Friedrich Nietzsche. Ein Kämpfer gegen seine Zeit» gütigst Ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Sie schrie­ben mir: «Die Art, wie Nietzsche bekämpft wird, wird wohl auch Ihnen nicht ganz gefallen haben. Alle diese klei­nen Leute vergessen, daß Nietzsches Philosophie eine tief­wurzelnde Erscheinung unserer Zeit ist, deren Bekämpfung bloß durch ein selbständig ausgeführtes System unternom­men werden kann. Nietzsche war es allzu ernst mit seinem Denken, als daß er durch eklektische Brocken aus der Ge­schichte der Philosophie sich bekämpfen ließe.» Sie werden, sehr geehrter Herr Doktor, sowohl aus meiner «Phil6so-phie der Freiheit» wie auch aus meiner Schrift über «Nietz­sche» sehen, daß meine philosophischen Bemühungen durchaus im Sinne Ihrer obigen Sätze sind. Wenn Sie auch meine Nietzsche-Schrift zu einer Besprechung reizte, so wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Genehmigen Sie, verehrtester Herr, den Ausdruck

meiner besonderen Hochschätzung

Rudolf Steiner

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Die Bücher als Post-Paket.

P.S. Da ich Ihre Adresse nicht hatte, ging dieser Brief erst nach Paris, von wo er als unbestellbar zurückkam. Das Paket ist auch dahin abgegangen; entweder erhalten Sie dies über Paris oder es kommt auch noch zurück. Ich sende es dann sofort an Sie. Ihre gegenwärtige Adresse habe ich durch die Güte des Herrn Dr. Bie, Redakteur der «Neuen deutschen Rundschau», erfahren.

#TI

435. AN PAULINE UND LADISLAUS SPECHT

#TX

Weimar 23. Dezember 1895

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Verehrtester Herr Specht!

Mit einem Gefühle der Bangigkeit beginne ich diesen Brief zu schreiben. Ich möchte die Monate am liebsten nicht zählen, die verflossen sind, seit ich Ihnen nicht geschrieben habe. Ich erschrecke bei dem Gedanken: Sie könnten mir meine Saumseligkeit am Ende nimmermehr vergeben. Und doch . . . wenn ich mir vergegenwärtige, wie groß Ihre Lie­benswürdigkeit und Güte stets gegen mich war, so muß ich an diese Vergebung glauben. Ich muß es auch noch aus dem Grunde, weil es für mich ein unerträglicher Gedanke wäre, wenn Sie mich für das hielten, was ich nach meiner Hand­lungsweise scheine. Ich kann Ihnen die Versicherung geben: die Gesinnung, die sich in mir Ihnen und Ihrer lieben Fami­lie gegenüber festgesetzt hat in den Jahren, in denen ich das Glück hatte, in Ihrem Hause zu leben - sie wird nie schwin­den oder auch nur um ein kleines kälter werden. Mein Schweigen in diesem Jahre werden Sie erst im rechten Lichte sehen, wenn ich Ihnen von den unsäglichen Wider­wärtigkeiten mündlich Mitteilung machen werde, die ich gerade in diesem Jahre hier erlebt habe. Jetzt wird dies hof­fentlich doch in allerkürzester Zeit geschehen. Sie waren im

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Frühling so liebenswürdig, mir von den durch Professor Müllner sich eröffnenden Aussichten Andeutungen zu ma­chen. Ich will kurz sein für heute. Nach Maßgabe der Ver­hältnisse müßte ich natürlich gerade in Jena die Privatdo­zentur anstreben. Nun ist zweifellos, daß nach dem, was ich geleistet, diese Privatdozentur ein Pappenstiel sein müßte von seiten derer, die sie mir zu gewähren haben. Nun aber steht dem entgegen, daß ich hier einen Mann zum Vor­stand (Direktor des Archivs) habe, der seit Jahren bemüht ist, mich als Null erscheinen zu lassen. Empörend ist die Sache, wenn ich bedenke, daß ich auf das bestimmteste weiß, daß dieser Mann dies nur deshalb tut, weil er von einem unschätzbaren Neid erfüllt ist. Jetzt, wo die Erbitte­rung seiner Beamten einen Kulminationspunkt erreicht hat, sagen mir diese, was dieser Mann hinter meinem Rücken gegen mich sagt. Ich weiß jetzt, daß ich in dem Augen­blicke, als ich hierherging, verraten und verkauft war. Ich muß die Weimarer Jahre einfach für verloren geben. Nur wer die Dinge in der Nähe gesehen hat, weiß, welche ekel-erregende Atmosphäre ein kleiner Fürstenhof um sich verbreitet. Die Affäre d'Albert-Stavenhagen ist nicht das einzige, was aus der letzten Zeit von hier zu erzählen ist.

Ich möchte nur nicht, daß Sie mich für energielos halten. Ich werde mein Ziel doch erreichen. Ich muß es eben ohne Weimar. Wie, das wird sich finden.

Die Widerwärtigkeiten dieses Jahres sind auch schuld, warum ich noch nicht dazu gekommen, über den «Robes­pierre» von delle Grazie zu schreiben. Ich werde es gewißtun. Ich halte den « Robespierre» fur das bedeute Werk auf seinem Gebiete seit langer Zeit.

Verzeihen Sie, daß Sie meinen «Nietzsche» noch nicht erhalten haben. Er geht morgen an Sie ab. Er ist die einzige Freude, die mir dieses Jahr brachte. Verstanden ist diese Schrift bisher wenig worden. Es gibt überhaupt wenige Menschen, die Nietzsche verstehen. Dazu ist auch jetzt nicht die Zeit. Ich werde Ihnen manches erzählen, wenn ich

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nach Wien komme, von den Gründen der Ansichten der guten Lou Salomé, die NietZsche ins Mystische übersetzt hat und die ein Herr A. G. gegen mich in der «Zeit» ausge-spielt hat. Ich weiß nicht recht, wer der Herr ist. Ich kann nicht jedem lumpigen Anonymus nachlaufen. Ich weiß nur das eine: bei den Leuten, die Nietzsche genau kennen, hat mein Buch die beste Zufriedenheit hervorgerufen.

Für heute schließe ich mit den besten Wünschen für ein frohes Fest und bitte Sie, mich doch auch - wenn auch unverdient - mit einer Nachricht über Sie und Ihre lieben Angehörigen ZU erfreuen, indem ich Sie der alten treuen Anhänglichkeit an Sie und Ihre Familie versichere als

Ihr unveränderlicher

Steiner

An Richard geht morgen ganz gewiß auch Brief und mein «Nietzsche» ab.

#TI

436. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 23. Dezember 1895

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Wieder habe ich Euch lange nicht geschrieben. Ich dachte aber wirklich nicht, noch einen Brief abgehen lassen zu müssen, ohne daß ich Euch auf das bestimmteste, bis auf den Tag, meine Ankunft bei Euch anzeige. Jetzt kann ich aber sagen: bestimmt im Januar komme ich. Und dann wird es auch nicht mehr lange dauern, bis ich ganz in Wien bin. Die Sache hat große Schwierigkeiten. Ich werde sie aber überwinden. Man verlangt von mir, ich solle ein halbes Jahr Probezeit durchlaufen, ohne etwas dafür zu haben. Darauf kann ich niemals eingehen. Aber die Sache wird auch ohne diese Probezeit abgehen. Ich bin ja gerne bereit, drei Probe-Vorlesungen zu halten. Ein halbes Jahr kann ich nicht umsonst

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dienen, denn hier habe ich mir nichts ersparen kön­nen. Ohne gleich vom Anfang ein Gehalt zu bekommen, von dem sich anständig leben läßt, kann ich nirgends hin­gehen. Doch auch dies muß sich erzwingen lassen.

Ich habe mir Skrupel gemacht, weil ich Poldi erst zwei Tage nach dem Namenstage begrüßt habe. Doch müßt Ihr be­denken, daß ich hier in einem stockprotestantischen Lande lebe, in dem man von Namenstagen überhaupt nichts weiß.

Wie geht es Euch allen! Hoffentlich berichtet Ihr mir bald das Beste. Von mir kann ich sagen, daß es mir soweit gut geht. Ich habe eben nur Sehnsucht nach Euch. Doch wird diese mir jetzt doch hoffentlich bald erfüllt werden.

Da ich diese Weihnachten leider wieder nicht mit Euch verleben kann, so bleibt mir nur, Euch zu wünschen, Ihr moget sie so froh als irgend möglich ist, verbringen. Ich tröste mich mit dem Gedanken, daß nun keine 4 Wochen mehr vergehen, ehe ich Euch sehe.

Hier ist Winter. Und der ist hier recht strenge. Weimar liegt rauh. Allseitig ist es der Luft ausgesetzt. Und man muß sich sehr in acht nehmen, wenn man nicht den ganzen Win­ter mit einem Katarrh herumlaufen will. Schon das 5/4 Stun­den entfernte Jena hat es besser. Das hat auf allen Seiten Berge, die es schützen. Ich habe mich nach und nach an das Klima gewöhnt, und wenn ich auch bis jetzt jedes Jahr meine Heiserkeit hatte, so bin ich doch abgehärtet; und ich glaube, wenn ich wieder nach Österreich komme, wird mir gerade diese Abhärtung gut tun.

Nun noch eines: Seid herzlichst gegrüßt und geküßt von mir, der ich mich sehne, bald bei Euch zu sein und nun doch einmal in die Lage zu kommen, Euch zu Zeigen, daß ich stets der Pflichten eingedenk sein werde, die ich gegen Euch, meine lieben Eltern und Geschwister, habe.

In kindlicher Treue Euer

Rudolf

#SE039-276

#TI

437. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 8. Januar 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Da es Ihr Wunsch ist, daß ich die Zeit vom 13-22. Januar in Naumburg zubringe, werde ich nun unter allen Umstän­den mir die Möglichkeit dazu schaffen. Ich werde also je­denfalls Montag früh eintreffen. Auch mir ist sehr leid, daß ich diesen Herbst nicht abkommen konnte.

Hoffentlich nehmen die Dinge, die Sie, verehrteste gnä­dige Frau, jetzt so sehr beschäftigen, einen recht günstigen Verlauf. Namentlich hege ich auch den Wunsch, daß die Folgen Ihres so bedauerlichen Unfalls recht bald in der besten Weise behoben sein mögen.

In der aufrichtigsten Hochschätzung

Ihr ergebenster

Herzlichen Gruß an Dr. Koegel. Rudolf Steiner

#TI

438. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 15. Januar 1896

Hochgeehrte Herren!

Um die Drucklegung des 11. Schopenhauerbandes nicht noch mehr zu verzögern, sende ich Ihnen die ersten drei Kapitel voraus. Ich gebe Ihnen aber die Versicherung, daß das übrige auch heute abend oder spätestens morgen früh abgehen wird. Nur weil ich aufs äußerste in Anspruch ge­nommen bin, trat die Verzögerung ein. Bitte mir die Kor­rekturen gütigst zusenden zu wollen, die ich stets auf das schnellste erledigen werde. In besonderer Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-277

439. AN ANNA EUNIKE

#TX

Naumburg a.d. Saale [, ca. 20. Januar 1896]

Meine gute Anna!

Habe herzlichsten Dank für Deinen lieben Brief. Ich sehe daraus zu meinem Bedauern, daß es Dir noch immer nicht ganz gut geht. Ich bin deshalb recht besorgt und bitte Dich, Dich so weit zu schonen, als es in diesen schwierigen Zeiten geht. Ich schreibe Dir, meine liebe Anna, diese Zeilen früh 9 Uhr. Ich kann Dir die Versicherung geben, daß ich mich jeden Tag erst besinnen muß, wenn ich erwache, daß Du nun nicht bald herantreten wirst, um Kaffee zu machen und ein wenig mit mir zu plaudern.

Der eingeschriebene Brief aus Wien enthielt die neue Ge­dichtausgabe von delle Grazie. Ich bin sehr erfreut darüber. Denn diese Sendung beweist mir, daß es mir delle Grazie nicht besonders übelgenommen hat, daß ich nach Erhalt des «Robespierre» und seither nichts habe von mir hören lassen. Jetzt will ich ihr schreiben, daß das verflossene Jahr für mich ein recht schweres war und mich aus aller Stim­mung gebracht hat. Ich glaube, in diesem Jahr hätte ich es ohne Deine immer so liebevolle Pflege und Teilnahme gar nicht aushalten können, was ich gerade in diesem Jahre zu arbeiten hatte - nicht die Menge, aber die Art, hätte mich ohne Dich erdrückt, weil es so schwer auf meiner Seele lag. Das ist der Grund, warum ich in der letzten Zeit immer recht ungenießbar war.

Hier hat es noch manche Aufregung nach meiner Zu­rückkunft aus Weimar gegeben.

Seit einigen Tagen geht es wieder besser, für mich war es aber gar nicht leicht, das alles mitzumachen. Denn man spielt doch eine sonderbare Rolle, wenn man eine Angele­genheit mit durchmachen muß, in die hineinzureden man sich nicht berufen fühlt. Wie muß man doch die Worte ab­wägen, wenn man z.B. etwas antworten soll auf eine Klage, die aus einer Stimmung kommt, die am nächsten Tage nicht

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nur ganz verflogen ist, sondern sich sogar in das Gegenteil verwandelt hat. Man fühlt sich da in einer Unsicherheit, die einem jedes Wort sauer macht. Wenn dazu noch kommt, daß das alles sich abspielt an und um einen Ort, wo die hinterlassenen Schriften des größten Geistes unserer Zeit liegen, so wird einem das Herz recht beschwert.

Ich bitte Dich nur, meine liebe Anna, sprich zu niemand von dieser Sache. Man weiß niemals, wohin ein Wort fliegt. Und um Nietzsches willen darf von alledem gar nichts bekannt werden.

Die Art, wie Du mir jetZt die Postsachen zukommen läßt, ist sehr gut. Ich kann den Briefträger des Morgens noch in meiner Wohnung erwarten. Das Absenden des Abends ist also ganz gut. Wenn ich einmal unerwartet gegen Abend hinüb erfahren sollte, dann telegraphiere ich vor meiner Ab-reise bloß: Heute Briefe nicht nachsenden. Dann wird alles in Ordnung sein.

Bis dahin sei herzlichst gegrüßt, meine liebe Anna, von Deinem immer treuen

Rudolf

#TI

440. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 22. Januar 1896

Sehr geehrte Herren!

Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung wegen meines Zögerns mit dem i 1. Schopenhauerbande. Heute sende ich Fortsetzung. Das wenige noch Fehlende geht auch heute noch ab.

In besonderer Hochachtung

Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-279

#TI

441. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar [, Ende Januar 1896]

Sehr geehrte Herren !

Beifolgend sende ich den Schluß des 11. Schopenhauer-bandes und bitte nochmals um Entschuldigung wegen der Verzögerung.

Mit besonderer Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

442. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 15. Februar 1896

Bitte wenn möglich [mit dem] Druck von Schopenhauer Band II warten. Korrekturen heute abgehend.

Steiner

#TI

443 AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER [Telegramm]

#TX

Weimar, 24. Februar 1896

Bitte wenn irgend möglich mit Schopenhauer Band II noch warten, da Rest Korrekturen gewiß heute und morgen abgehen .

Steiner

#SE039-280

#TI

444. AN PAULINE SPECHT

#TX

Weimar, 21. März 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Aus der unveränderten Empfindung dankbarer Freund-schaft, aus der ich Sie immer zu Ihrem Geburtstag begrüßt habe, tue ich das auch heute. Jedenfalls haben Zeit und Ent­fernung meine freundschaftlichen Gefühle nicht gemindert, und ich kann Sie nur immer wieder bitten, die Seltenheit meiner Briefe nicht als einen Beweis von solcher Verminde­rung anzusehen. Sehr gefreut habe ich mich über Ihre Ant­wort auf meinen Weihnachtsbrief. Sie tadeln mit Recht, daß Sie meine Schrift über Nietzsche nicht von mir selbst erhal­ten haben. Sie erfreuten mich aber durch Ihr mir sehr wert­volles günstiges Urteil. Ich glaube mit Recht aus Ihren Worten schließen zu können, daß Sie nicht wie andere aus dieser Schrift die Meinung gewonnen haben: ich sei mir sel­ber untreu geworden. Ich glaube nur, daß ich seit meiner «Philosophie der Freiheit» die mir selbst entsprechende Form, mich auszusprechen, gefunden habe. Früher habe ich, wie eben viele, meine Empfindungen hinter manchem gangbaren Schlagwort verborgen. Ich erinnere Sie nur daran, daß ich mich oft «Idealist» genannt habe. Ich bin aber nie in dem Sinne Idealist gewesen, den man in der deut­schen Literatur damit verbindet. Nennt man doch in Deutschland etwas Idealismus, was nichts weiter als eine schlimme Art von Verlogenheit und Unaufrichtigkeit gegen sich selbst ist. Und die Deutschen haben wahrlich Talent zu dieser Art von Verlogenheit, besonders die protestantischen Deutschen. Wer diese Art von Verlogenheit nicht erfahren und an ihr gelitten hat, der kann Nietzsches wahres Wort im «Antichrist» nicht voll nachempfinden: «Gegen das Ver­gangene bin ich, gleich allen Erkennenden, von einer gro­ßen Toleranz . . . Aber mein Gefühl schlägt um, sobald ich in unsere Zeit eintrete . . . Selbst bei dem bescheidensten Anspruch auf Rechtschaffenheit muß heute jeder Theologe,

#SE039-281

jeder Priester mit jedem Satz, den er spricht, wissen, daß er nicht nur irrt, sondern lügt.» Und hier in Deutschland sind nicht nur diejenigen Theologen, die auf der Kanzel stehen.

Ich dachte schon im Januar, einmal auf ein paar Tage nach Wien kommen zu können. Es hat sich leider bis jetzt nicht niachen lassen. Ich denke aber, daß ich jedenfalls im Laufe des Monats April dazu kommen kann.

Ist Richard noch immer in England? Wie geht es Ihnen, Ihrem lieben Gemahl und allen anderen Mitgliedern Ihrer lieben Familie?

Bitte alle herzlichst zu grüßen von

Ihrem

immer gleichgesinnten

Steiner

#TI

445. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 31. März 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Viel Arbeit und mancherlei Sorgen haben es bewirkt, daß ich Ihnen erst heute meinen herzlichsten Dank ausspreche für die Freundlichkeiten, die ich in den Tagen meines Naumburger Aufenthaltes von Ihnen erfahren habe. Schöne Erinnerungen habe ich mitgenommen. Ich bitte Sie, hochgeschätzte gnädige Frau, es nicht einer geringen Leb­haftigkeit meines Dankesgefühles zuzuschreiben, wenn ich es so spät zum Ausdrucke bringe.

Sehr freute ich mich über die guten Nachrichten, die Sie mir über sich und Ihre Berliner Reise vor einiger Zeit zu-kommen ließen. Schmerzlich dagegen ist es mir, daß Fräu­lein von Salis nicht mehr in München ist. Ich habe es Ihren Erzählungen, hochgeschätzte gnädige Frau, entnommen, daß es ein wirklicher Gewinn ist, diese Persönlichkeit zu

#SE039-282

kennen. Leider hat sich meine Wiener Reise nun doch ver­schoben. Ich bin durch die unglückselige Register-Arbeit, die viel Mühe und keine Freude macht, in Weimar wie ange­schmiedet gewesen. Dazu kommt, daß ich viel Aufregendes in den letzten Wochen erfahren habe. Es war sehr gut für mich, daß ich wirklich gestärkt und mit frohen Erinnerun­gen durch den Naumburger Besuch in den Monaten Fe­bruar und März mehr ertragen konnte, als der Fall gewesen wäre, wenn diese schöne Unterbrechung meines Weimarer Treibens nicht stattgefunden hätte. Ich danke Ihnen noch­mals herzlichst.

In diesen Tagen wird nun doch mein letzter Registerbo­gen in die Druckerei abgehen und ich noch in diesem Mo­nate (April) nach Wien reisen können. Wenn es Ihnen, hochgeschätzte gnädige Frau, recht ist, werde ich mir erlau­ben, Sie in der nächsten Zeit zu besuchen. Über einen geeig­neten Tag darf ich wohl Ihre Weisung abwarten. Ich freue mich sehr darauf.

Bitte, mich Ihrer Frau Mutter bestens zu empfehlen. Dr. Koegel ist wohl noch nicht in Naumburg; sonst bitte ich Sie, auch ihn bestens zu grüßen.

In immer gleicher Hochschätzung

Ihr dankbar ergebener

Rudolf Steiner

#TI

446. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE [Telegramm]

#TX

Weimar, 6. April 1896

Leider kann ich gerade morgen nicht abkommen und bitte, an einem anderen Ihnen angenehmen Tage kommen zu dürfen.

Steiner

#SE039-283

#TI

447. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE [Telegramm]

#TX

Weimar, 7. April 1896

Werde mir erlauben, morgen Zu kommen, kann aber lei­der erst mit dem Nachmittagszug.

Steiner

#TI

448. AN JOHN HENRY MACKAY

#TX

Weimar, 7. April 1896

Verehrtester Herr Mackay!

Sehr freue ich mich, Herrn Bölsche hier begrüßen zu können. Wenn es noch möglich ist, mich durch eine Post­karte von dem genaueren Datum seiner Ankunft Zu benach­richtigen, so wäre ich Ihnen sehr dankbar. Auf jeden Fall wird mich Herr Bölsche aber antreffen. Daß Sie so gar nichts von mir hören, schreiben Sie bitte nicht einer Ab­nahme meiner freundschaftlichen Neigung und herzlichen Verehrung, die ich für Sie habe, zu. Ich hoffe aber in den nächsten Wochen nach Berlin Zu kommen und freue mich sehr darauf, mit Ihnen wieder einige Stunden Zu verleben.

Also auf Wiedersehen!

Stets Ihr

Rudolf Steiner

#TI

449. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 21. April 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Sehr freuen wird es mich, Sie in dieser Woche wiederzu­sehen. Darf ich um Nachricht wegen des Tages bitten. Daß die Damen in unserem Mittagslokale speisen, geht wohl nicht an. Es ist kein Gasthof, in dem Damen gut verkehren

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können. Am besten ist es, wieder den «Elephanten» zu wählen. Ich würde dann hinkommen. Letzthin wollte ich Ihnen, geschätzteste gnädige Frau, noch adieu sagen.

In dankbarer Hochschätzung

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

450. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 11. Mai 1896

Sehr geehrte Herren!

Leider war ich trotz meines Versprechens nicht in der Lage, mit der Absendung des Manuskriptes zum 12. Bande der Schopenhauer-Ausgabe zu beginnen. Ich verspreche Ih­nen aber nunmehr, daß Sie in zwei bis drei Tagen den Rest des Bandes erhalten werden. Ich bitte, mir wie bisher die Korrektur zuzusenden, die ich immer schnell besorgen werde.

In besonderer Hochachtung

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

451. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 13. Mai 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Meinen besten Dank für Ihre liebenswürdige Einladung. Ich werde derselben mit großer Freude folgen.

In aufrichtiger Hochschätzung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

#SE039-285

#TI

452 AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 14. Mai 1896

Meine vielgeliebten Eltern und Geschwister!

Vor allen andern Dingen Dir, mein lieber Vater, meinen herzlichsten Glückwunsch. Leider immer noch aus der Ferne. Aber jetzt, hoffe ich, wird es ganz bestimmt der letzte aus solcher Ferne sein. Denn im Herbste, denke ich, werden sich ganz gewiß meine Wünsche bezüglich einer Wiener Position erfüllen. 0, es ist hart, immer und immer warten zu müssen. Was nützen die schönsten Versprechun­gen und Verheißungen, die einem gemacht werden, wenn sich ewig nichts erfüllt und man sich immer wieder für ein paar Monate vertrösten muß. Jedenfalls komme ich nun doch endlich noch im Mai nach Wien und zu Euch und werde Euch dann etwas Bestimmtes und hoffentlich auch Zufriedenstellendes sagen können.

Möget Ihr den 16. Mai gut verleben und denken, daß ich im Geiste in Eurer Mitte bin.

Sonstiges habe ich nichts Sonderliches zu berichten. Ge­sund bin ich und hoffe, daß Ihr das gleiche seid.

Frühling will es hier ewig nicht werden - daß wir bereits den Monat Mai haben, daran erinnert hier gar nichts. Ich weiß nicht, ob es auch in Österreich so ist, aber hier wech­seln fortwährend die frostigsten und kältesten Tage mit ein­zelnen Sonnentagen ab, die aber auch nicht besonders warm sind. Heute ist Himmelfahrtstag. Einer der wenigen prote­stantischen Festtage. Sonst werden in protestantischen Län­dern viel weniger Feiertage gehalten als in katholischen. Namenstage aber kennt man hier überhaupt nicht. Die Leute feiern die Geburtstage.

Und nun nur noch die Bitte: verliert die Geduld nicht; die Zeit, die noch hinfließen wird bis zur Erfüllung meiner Wünsche, muß doch immer kleiner werden.

Also harren wir aus!

Euer Euch grüßender und küssender Rudolf

#SE039-286

#TI

453. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 10. Juni 1896

Sehr geehrte Herren!

Mitfolgend sende ich die Fortsetzung des 12. Schopen­hauerbandes. Ich bitte Sie viele Male um Entschuldigung, daß dies nicht früher geschehen ist. Ganz gewiß aber geht der Schluß noch heute ab. Auch die Korrekturen sende ich schnellstens.

In besonderer Hochachtung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

#TI

454. AN ELISABETH RÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 20. Juni 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Außerordentlich leid ist mir, daß ich morgen Sonntag Ih­rer freundlichen Einladung nicht folgen kann. Es läßt sich aber durchaus nicht ermöglichen. Dürfte ich Sie, hochge­schätzte gnädige Frau, bitten, mir zu gestatten, an einem andern Tage zu kommen. Sie wissen, wie sehr ich mich freute, Frl. Dr. von Salis kennenzulernen. Es wäre mir sehr schmerzlich, wenn die ungünstige Konstellation der Um­stände, die mich hindert, morgen Ihrer Aufforderung zu folgen, mich um diese Freude bringen würde.

In aufrichtiger Hochschätzung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

#SE039-287

#TI

455. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 22. Juni 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Vielen Dank für Ihren Brief. Ich werde mir erlauben, morgen mit dem Mittagszug zu kommen. Ich freue mich sehr darauf.

In besonderer Hochschätzung

Ihr ergebenster

Rudolf Steiner

#TI

456. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 25. Juni 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Beifolgend die Mitgliedskarte der Goethe-Gesellschaft. Die Postkarte zur Erklärung der Teilnahme bitte ich Sie unbeschrieben* einzusenden. Daß Frl. Dr. von Salis einen Platz neben dem Ihren (im Theater) erhält, dafür werde ich noch sorgen. Ich freue mich sehr darauf, Sie Dienstag hier zu sehen. Mit den besten Grüßen an Frl. Dr. von Salis und Dr. Koegel

in besonderer Hochschätzung

Ihr ergebener

* Nur der Form halber Dr. Rudolf Steiner

#TI

457 AN ANNA EUNIKE

#TX

Leipzig, 2. Juli 1896

Meine gute Anna!

Noch bin ich kaum aus Weimar heraus, und schon muß ich mit einer ganz verzwickten Bitte kommen. In dem

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Schrank mit der Glastür neben dem Ofen in meinem Ar­beitszimmer befindet sich ein geschriebenes (nicht gedruck­tes) Drama in ziemlich unleserlicher Handschrift. Wo? Ja, in einem der Fächer. Alles übrige muß ich Deinem Spürsinn überlassen. Dieses aber wird das Suchen erleichtern: Es ist in derselben Handschrift geschrieben wie das beiliegende Stück Brief, das von dem Schreiber des Dramas, Josef Köck, herrührt. Ich habe den Brief, mit dem er mir die Arbeit übersandte, mitgenommen, die Sache selbst aber vergessen.

Nun noch eines: Das Drama dürfte, wenn ich nicht irre, in einem Couvert aus dickem Papier liegen, das mit Fäden durchzogen ist. Ich soll, wenn ich nach Wien komme, ein Urteil über das Stück abgeben und muß es so schnell wie möglich haben. Also bitte ich Dich, meine liebe Anna, so­gleich nach Empfang dieses Briefes das Ding aufzusuchen und es mir zu schicken (eingeschrieben, doch nicht Eil­brief).

Im übrigen aber bitte ich Dich, den Kopf oben zu halten und überzeugt zu sein, daß ich immer Deiner gedenke und auch bald wieder zurück sein werde. Hoffentlich nehmen Dich die nächsten Tage nicht zu sehr mit.

Noch eins: wenn es Dir möglich ist, einen Brief Dr. Koe­gels, der auf meinem Schreibtisch liegen muß, aufzufinden, so bitte ich Dich, ihn mir zu schicken. Ein besonderes Kennzeichen dieses Briefes ist es, daß er nicht aus Naum­burg, sondern aus einem Orte ist, den ich vergessen habe. Doch bitte ich Dich, nach diesem Briefe nicht lange zu su­chen und jedenfalls die Absendung des Dramas dadurch nicht zu verzögern, da ich schließlich das Drama notwendi­ger brauche als den Brief.

Damit genug. Bald geht der Zug weiter nach Dresden. Sei gegrüßt und geküßt

von Deinem

Rudolf

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#TI

458. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX .

Weimar, 4. Juli 1896.

Sehr geehrte Herren!

Sehr leid ist mir, daß ich Ihnen das Manuskript des letz­ten Teiles (des 12. Schopenhauerbandes) noch immer nicht habe senden können, trotzdem ich es Ihnen wiederholt ver­sprochen habe. Ich bitte Sie nun, mir noch zwei bis drei Tage Zeit zu lassen. Es sind Schwierigkeiten vorhanden, die mich zu dieser Bitte drängen. Nach dieser kurzen Zeit er­halten Sie die Sache ganz gewiß. Auch die Korrekturen sende ich nun in allerkürzester Zeit ab, und ich bitte Sie, wenn irgend möglich, nicht zu drucken, bevor Sie dieselben erhalten haben.

Vielmals um Entschuldigung bittend

mit besonderer Hochachtung

Ihr ganz ergebener

Rudolf Steiner

#TI

459. AN ROSA MAYREDER [Postkarte]

#TX

Berlin, 5. Juli 1896

Geschätzteste gnädige Frau!

Empfangen Sie und Ihr Herr Gemahl von mir die besten Grüße. Ich komme vor Mitte Juli nach Wien und hoffe, Sie dann noch zu treffen.

Mit immer gleicher Hochschätzung

Ihr

Steiner

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#TX

460. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 15. Juli I 896

Sehr geehrte Herren!

Endlich ist es mir möglich, Ihnen die Fortsetzung des Manuskriptes zum 12. Bande der Schopenhauer-Ausgabe zu senden. Sie werden aus der Beschaffenheit der Druck-vorlage ersehen, daß die Zusammenstellung dieses Bandes große Schwierigkeiten macht. Ich bitte Sie, damit mein Zö­gern zu entschuldigen. Der kleine Rest folgt noch heute.

In besonderer Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

461. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 15. Juli 1896

Mitfolgend sende ich Ihnen den Schluß des 12. Schopen­hauerbandes. Ich bitte Sie um gefällige Zusendung der Kor­rekturen, da besonders dieser Band sorgfältig korrigiert werden muß. Ich werde die Korrektur schnell besorgen. Die noch bei mir liegenden Korrekturen folgen nun in kürzester Zeit.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

462. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 20. Juli 1896

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Über den Inhalt Ihrer Postkarte freue ich mich außeror­dentlich. Denn ich erfahre, daß Sie bis anfangs August in

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Wien sein werden. Ich werde also die Freude haben, Sie in der allernächsten Zeit zu sprechen. Ich komme bestimmt im Laufe dieses Monats nach Wien. Durch die mannigfal­tigsten Abhaltungen ist es gekommen, daß bei mir ein ange­fangener Brief an Sie, verehrteste gnädige Frau, seit dem Januar liegt. Ich wollte Ihnen, nachdem ich Ihren «Klub der Übermenschen» gelesen hatte, schreiben. Seither habe ich Ihr «Aus meiner Jugend» gelesen und aufrichtige Freude gehabt. Bitte, entschuldigen Sie die Kürze meines heutigen Briefes mit dem Umstande, daß ich die Hoffnung habe, Sie in den nächsten Tagen zu sprechen.

Ihrem verehrten Gemahl bitte ich mich bestens zu emp­fehlen.

Auf Wiedersehen

Ihr ganz ergebener

Rudolf Steiner

#TI

463. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 30. Juli 1896

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Ihr seid mir gewiß sehr böse, denn Ihr habt mir auf mei­nen letzten Brief nicht geantwortet. Ich hätte trotzdem längst geschrieben, wenn ich nicht fortwährend, von Woche zu Woche, gedacht hätte, abreisen zu können. Ich wollte immer selbst statt eines Briefes kommen. Dies wird jetzt auch in der allernächsten Zeit der Fall sein. Wir werden uns jetzt sehr bald sehen, und dann werde ich endlich, endlich auch meine Angelegenheiten in Wien in Ordnung bringen können. Ich muß im Herbst dahin, um dann in Eurer Nähe zu sein. Es ist mir sehr schwer geworden, solange in der Ferne zu sein. Hoffentlich trifft Euch dieser Brief gesund und ich finde Euch auch alle gesund, wenn ich nächstens zu Euch komme.

#SE039-292

Diesmal sende ich Euch meine Photographie mit. Ich glaube, sie ist nicht gerade schlecht geworden. Nun aber bitte ich Euch, mir doch mit ein paar Zeilen zu schreiben, wie es Euch geht, meine Lieben. Zwar denke ich in kürze­ster Zeit bei Euch zu sein. Da ich aber heute noch nicht bestimmt sagen kann, ob ich in acht oder in vierzehn Tagen kommen kann, so werde ich einen Brief auf jeden Fall noch erhalten.

Ich freue mich herzlichst auf ein Wiedersehen und bin in

Treuen mit Küssen und Grüßen

Euer

Rudolf

NB. Leider kann ich nur ein paar Tage fortbleiben; nur solange es durchaus notwendig ist.

#TI

464. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 4. September 1896

Sehr geehrte Herren!

Zu meinem aufrichtigen Bedauern sind auf den letzten Bogen der Schopenhauer-Ausgabe eine Reihe von größeren Korrekturen notwendig. Ich bitte dieses damit zu entschul­digen, daß ich während der Ausarbeitung des Druckmanu­skriptes sehr überbürdet war. Die Korrekturen sind nun unerläßlich. Auch einige §§ müssen anders eingeordnet werden. Ich lege der Deutlichkeit halber hier noch ein Blatt bei, das die richtige Reihenfolge der §§ enthält.

Wenn es möglich wäre, so wäre das Beste, mir noch eine Revision zu schicken.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-293

#TI

465. AN DIE REDAKTION DES «HAMBURGER FREMDEN-BLATTES»

#TX

Weimar, [20.] September 1896

In der Nummer vom 15. September Ihres Blattes sind im Anschlusse an die Meldung, daß das «Nietzsche-Archiv» von Naumburg nach Weimar übergesiedelt ist, Angaben über meine Person enthalten, die auf einem Irrtum beruhen und um deren Berichtigung ich höflichst ersuche. Ich habe nie eine «Assistentenstellung» beim «Goethe- und Schillerarchiv» innegehabt, sondern als Herausgeber einer Anzahl von naturwissenschaftlichen Bänden der Weimarischen Goethe-Ausgabe eine Reihe von Jahren in diesem Archiv gearbeitet. Meine Interpretation Nietzsches, die ich in der Schrift «Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit» geliefert habe, steht in keinem Zusammenhang mit den Pu­blikationen des «Nietzsche-Archivs » . Die Biographie Nietzsches wird von dessen Schwester, Frau Dr. Elisabeth Förster-Nietzsche, besorgt; alleiniger Herausgeber von Nietzsches Werken ist Dr. Fritz Koegel. Ich stehe in kei­nem offiziellen Verhältnisse zum «Nietzsche-Archiv». Auch ist ein solches für die Zukunft nicht in Aussicht genommen.

Dr. Rudolf Steiner

#TI

466. AN DIE REDAKTION DER «ALLGEMEINEN ZEITUNG», MÜNCHEN

#TX

Weimar, [21.] September 1896

Sehr geehrte Redaktion!

Im Anschluß an die Meldung Ihres geschätzten Blattes vom 17. September 1896, daß das «Nietzsche-Archiv» von Naumburg nach Weimar übergesiedelt ist, wird berichtet, daß Frau Dr. Elisabeth Förster-Nietzsche, die Schwester

#SE039-294

Nietzsches, im Verein mit Dr. Fritz Koegel und mir die Herausgabe der Werke ihres Bruders besorgt. Die Nennung meines Namens in diesem Zusammenhang beruht auf einem Irrtum. Ich habe keinen Anteil an der Herausgabe von Nietzsches Werken.

Dr. Rudolf Steiner

#TI

467. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 28. Oktober 1896

Hochgeehrte Herren!

Hierdurch erlaube ich mir, Ihnen mitzuteilen, daß die Einleitung zu Jean Pauls «Ausgewählten Werken» in den nächsten Tagen fertig wird. Sie können mit Sicherheit dar­auf rechnen, daß Ihnen das Manuskript der Einleitung und die Druckvorlage des Textes in den ersten Tagen des No­vember zugehen wird. Daß Sich die Arbeit verzögert hat, bitte ich zu entschuldigen. Ich habe mit der Schopenhauer-Ausgabe allerdings viel zu tun gehabt.

In vollkommener Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

468. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Weimar, 9. November 1896

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Ihr werdet sehr, sehr böse auf mich sein. Und Ihr habt allen Grund dazu. Denn ich habe wieder unverantwortlich lange nicht geschrieben. Ich hoffte von Tag zu Tag, nach

#SE039-295

Wien zu reisen. Endlich muß es ja doch einmal werden. Ihr könnt nun endlich doch ganz sicher sein, daß ich nun sehr bald komme. Es ist entsetzlich, daß ich immer und immer wieder auf den Wartestandpunkt gestellt werde. All mein Bemühen kann, wie es scheint, die Sache nicht beschleuni­gen. Aber, meine lieben Eltern und Geschwister: wir wol­len uns damit trösten, daß es jetzt doch nicht mehr lange dauern kann. Höchstens um ein paar Monate kann es sich handeln. Jedenfalls komme ich Spätestens Anfang Dezem­ber endlich nach Wien. Bisher wäre es vergeblich gewesen, persönlich einzugreifen. Ich habe seit Jahren die sichersten Anhaltspunkte, daß ich eine Berufung bekomme. Ihr könnt nicht glauben, wie sehr ich mich sehne nach der endlichen Verwirklichung meiner Pläne. In der letzten Zeit war ich hier sehr angestrengt. Ich hoffte, auch hier endlich zu etwas zu kommen, was mir den Weg nach Wien besser ebnete. Aber hier tut man aus reinem Neid nichts für mich. Alle Leute, die etwas von mir verstehen, sind sich darüber klar und sind auch entsetzt darüber. Man tut nur für Dumm­köpfe etwas. Aber ich werde meinen Weg machen. Und ich versichere es Euch bei allem, was mir heilig ist, daß ich meine Pflichten gegen meine guten Eltern und Geschwister in Zukunft besser erfüllen werde, als es in der Vergangen­heit möglich war. Es ist mir ein wirklich großer Schmerz, daß ich durch die ungünstigen Verhältnisse meiner Lebens-lage bisher gezwungen war, so ferne von Euch zu sein und nicht Leiden und Freuden in unmittelbarer Gegenwart mit Euch teilen zu können. Doch dies muß jetzt kommen.

Daß Herr Hahn gestorben ist, tut mir aufrichtig leid. Er war eine gute Natur und hatte ein wohlwollendes Wesen, das sehr für ihn einnahm. Auch glaube ich, daß man im Ernstfalle immer auf ihn hätte zählen können. Wißt Ihr nicht, was aus seiner Frau geworden ist?

Wie geht es Euch allen? Was macht Ihr? Wir werden uns viel zu erzählen haben, wenn wir uns wiedersehen. Ich hoffe, daß ich nun endlich auch von mir werde bald schreiben

#SE039-296

oder sagen können, was Euch und mich befriedigt. Hoffentlich treffe ich Euch in allerbester Gesundheit. Die meinige ist gut, trotzdem ich in diesen Jahren furchtbar viel gearbeitet habe.

Vor Schwester Poldis Geburtstag schreibe ich noch.

Demnach erhaltet Ihr bald wieder einen Brief. Ich bitte Euch nur ja recht sehr: verlieret die Geduld nicht mit mir. Meine Absichten waren die besten. Daß sie sich bis jetzt nicht in einer einigermaßen vernünftigen Weise verwirk­licht haben, liegt wahrhaftig nicht an mir, sondern nur an der Ungunst der Verhältnisse. Aber es wird schon noch alles gut werden.

Hier war dies Jahr ein schlechter, kalter, nasser Sommer und nun beginnt ein greulicher, ekelhafter Winter. Das Klima in Thüringen ist eben ungünstig. Und es ist mir ein Beweis dafür, daß ich eine gute Gesundheit habe, wenn ich dieses Klima so ausgezeichnet viele Jahre hindurch ertragen habe. Ich habe mich hier sogar sehr gekräftigt trotz aller Anstrengungen. Also auf baldiges Wiedersehen.

Mit tausend Grüßen und Küssen

Euer

Rudolf

#TI

469. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 20. November 1896

Meine vielgeliebte Anna!

Warum schreibst Du nicht, meine gute Anna? Ich sorge mich wirklich sehr um Dich. Ich bin diese Woche grenzen­los aufgehalten worden. Zu allem übrigen Schlimmen kam auch noch, daß Ansorge zwei Tage in Weimar war. Könn­ten wir uns in diesen Tagen sehen? Ich möchte Dir vor­schlagen, morgen nachmittag herüberzukommen. Alles

#SE039-297

Weitere können wir ja dann überlegen. Ich muß gerade in diesen Tagen stark arbeiten, wenn ich fertig werden will. Da ich vormittags bei Frau Förster die Stunde von i 1-1 Uhr habe, so scheint es mir das Beste zu sein: Du kommst nachmittags. Vielleicht fährst Du 2.54 von Sulza ab, so daß Du 3.34 Uhr da bist. Du tust am best en, wenn Du dann bestimmst, daß man Dich nicht erwartet. Ist Dir ein anderer Tag lieber, so schreibe mir das gleich. Diese Zeilen erhältst Du wohl noch heute, und ich kann morgen Antwort haben. Ich sehne mich so sehr, Dich zu sehen und Dir zu erzählen.

Meine Erkältung scheint jetzt besser zu werden. Ich bin nur von den letzten Tagen abscheulich müde geworden.

Also auf Wiedersehen, meine vielgeliebte Anna,

Dein

Rudolf

#TI

470 AN ANNA EUNIKE

#TX

[Weimar, Ende November 1896]

[Anfang des Briefes fehlt]

Ich muß jetzt meine ganze Zeit für mich haben. Sonst komme ich auf keinen grünen Zweig. Dazu kommt nun noch, daß ich allerdings einen Krach mit Koegel vermeiden möchte. Er kann natürlich nichts dagegen einwenden, daß ich auf die Stunden eingegangen bin. Aber es wurmt ihn doch. Das ist gewiß. Das Pulverfaß ist dadurch voll. Ein Funke braucht nur zu kommen und die schönste Ge­schichte kann losgehen. Ich sage Dir: der Ekel über all das ist bei mir manchmal grenzenlos. Heute morgen traf ich auch noch Suphan auf der Straße. Ich tat anfangs so, als ob ich ihn nicht sehe. Er aber blieb stehen und wir mußten uns begegnen. Er sagte verschiedenes. Unter anderem, daß ihm die Erbgroßherzogin gesagt hätte, es täte ihr so leid, daß ich

#SE039-298

von Weimar wegginge. Ich sagte darauf, es schiene mir, daß ich hier doch so vergessen worden bin, daß ich mich wun­dere, daß Sich die Erbgroßherzogin gerade jetzt an mich erinnere!!! Darauf sagte er, warum ich denn gar nicht zu ihm komme. Ich antwortete darauf mit einem abweisenden Murmeln. Zuletzt sagte er: Wollen Sie denn nicht einmal meiner Schwiegermutter Adieu sagen? Das war einmal eine Frage, auf die ich gut antworten konnte. Jawohl, sagte ich, der guten alten Frau möchte ich allerdings Adieu sagen. Er müßte rein auf den Kopf gefallen sein, wenn er auch bei dieser Rede gar nichts gemerkt hätte. Ich habe doch damit klar gesagt: Ihnen will ich nicht Adieu sagen, sondern bloß Ihrer Schwiegermutter. Sollte er doch noch einmal eine Aussprache mit mir suchen, dann wird er Dinge zu hören bekommen, die ihm lange in den Ohren klingen werden.

Schreibe mir ja recht bald. Wann kommst Du herüber?

Mit lieben Grüßen

Dein

Rudolf

#TI

471. AN ANNA EUNIKE

#TX

[Weimar,] 2. Dezember 1896

Meine vielgeliebte Anna!

Von Stunde zu Stunde erwarte ich von Dir einen Brief. Ich bitte Dich, schreibe mir, was Du machst, wie Du Dich befindest und welches Deine Stimmung ist. Ich machte mir Letzthin bei Deiner Anwesenheit, meine liebe gute Anna, Gedanken darüber, daß Dich eine Verstimmung, die Du an mir bemerkt zu haben glaubst, selbst verstimmt hat. Aber dazu ist wirklich kein Grund. Wenn ich etwas still und viel­leicht verstimmt war, so rührt dies daher, daß die Arbeit, die ich nun einmal in Weimar fertigmachen muß, doch nicht so schnell vorwärtsgeht, als ich es wünsche. Aber es wird

#SE039-299

gewiß in den nächsten Tagen damit besser gehen, und ich hoffe nun bestimmt in acht bis zehn Tagen fertig zu sein. Und dann, meine vielgeliebte Anna, werde ich alles aufbie­ten, um so schnell wie möglich mich in eine Lebenslage zu bringen, die uns beide befriedigt. Ich bin mir bewußt, daß ich die Kraft dazu habe, und es wird gelingen, wenn auch meine gute Anna den Kopf obenbehält und sich zunächst nicht von Sorgen quälen läßt.

Als Ihr neulich abgefahren wart, kam mir vom Bahnhof aus noch Koegel nach und erzählte noch einiges von seiner Verlobung. Seine Braut ist die Tochter des Jenenser Profes­sors Gelzer, ein neunzehnjähriges Mädchen. Mir macht diese ganze Geschichte einen recht deutsch-bürgerlich-bra­yen Eindruck, und ich fühle mich bei dem, was ich darüber hore, nicht gerade von dem «freien Geiste» Nietzsches an­I geweht

Abends desselben Freitags kam Böhler an. Er war auf der Durchreise zum Begräbnis seiner in Hildburghausen ver­storbenen Braut. Er schickte abends, gleich nachdem er an­gekommen war, um 10 Uhr zu Crompton. Wir gingen beide nach dem Russischen Hof und suchten ihm die Stun­den des Abends zu erleichtern. Der arme Kerl ist wirkllich in einer recht bedauernswerten Lage.

Da der Othello Sonntags erst um 1/2 I i Uhr aus war und ich mir gar nichts Besonderes versprach, habe ich Dich nicht aufgefordert, herüberzukommen. Ich hatte recht, denn er war wirklich so schlecht, wie ich vorausgesetzt hatte. Für mich ist Wüllner ein uninteressanter Schauspie­ler. Dagegen war Montag ein recht ansprechender Lieder­abend, den Gmür und seine Frau zusammen in der «Erho­lung» gaben. Als das Konzert zu Ende war, war auch Böh­ler wieder zurück, und Cromptons, Fresenius, Francke und ich verbrachten den Abend mit ihm zusammen. Gestern ist er auch bei Crompton zu Tisch eingeladen gewesen.

Bübchen Crompton ist schon wieder einmal im Bette. Er hat einen geröteten Hals, aber kein Fieber.

#SE039-300

Sonst weiß ich wenig zu berichten. Ich sehe, daß ich mit meiner Arbeit fertig werde und lasse die Unbequemlichkei­ten meiner jetzigen Lage an mir vorübergehen. Wenn ich nur die Gewißheit hätte, daß Du Dir, meine liebe Anna, keine Sorgen machst wegen mir. Ich bitte Dich, halte Dir immer gegenwärtig, was ich Dir neulich geschrieben habe. Wir wollen fest zusammenhalten.

Ich schreibe recht bald wieder und wir sehen uns in kür­zester Zeit.

In Treuen

Dein

Rudolf

#TI

472. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 3. Dezember 1896

Meine vielgeliebte Anna!

Ich bitte Dich nur um das eine: lasse Dich durch meine jetzige Lage nicht beunruhigen. Es ist ja wahr, ich muß jetzt vieles ertragen und durchmachen. Aber ich habe Dir, meine geliebte Anna, doch manchmal von meiner schweren Zeit in den Jahren erzählt, wo ich elf bis siebzehn Jahre alt war. Das gab reichlich Gelegenheit, gerade meine Gesundheit abzuhärten. Und ich glaube, ich kann manches ertragen in dieser Hinsicht. Hier liegt es auch gar nicht. Du kannst darin ganz sicher sein. Meine Verstimmungen sind immer seelisch. Ich leide viel weniger körperlich als geistig. Und was mich ganz allein seelisch beruhigen kann, meine gelieb-teste Anna, das bist Du. Und nur Du allein. Ich glaube, das weißt Du nicht, und daran, daß Du das nicht weißt, hast Du oft gelitten. Ich kann Dir aber nur sagen: Wenn Du oft meintest, ich wäre mit Dir unzufrieden, das war für mich so schmerzlich, daß ich recht gräßlich wurde, weil ich in mir fühlte: Du solltest nicht dergleichen glauben. Ich fühle solche

#SE039-301

Ausgleichung in meinem ganzen Wesen, wenn Du in meiner Nähe bist, daß ich weiß, Du gehörst zu mir.

Wenn ich arbeite und Du trittst ins Zimmer, so fühle ich: jetzt kommt der einzige Mensch, der mir Freude macht, den ich sehen will. Meine geliebte Anna: das ist ein anderes Gefühl, als wenn meinetwegen Koegel ein neunzehnjähri­ges Mädchen liebt und sich mit ihr verlobt. Wie tief steht alles solches bürgerliches Empfinden unter dem, was uns verbindet.

Darum: wir wollen den Kopf oben behalten.

Und nun erzähle ich Dir, daß hier Dinge vorgehen, die mich in neue Unruhe versetzen. Mache Dir aber ja keine Sorgen. Wir wollen, wenn die Sachen wirklich so weit sein sollen, daß sie einen entscheidenden Schritt nötig machten, ruhig die Sache gemeinsam besprechen.

Koegel und Frau Förster kommen immer mehr auseinan­der. Sie arbeitet jetzt ganz klar darauf hin, ihm den Stuhl vor die Tür zu setzen. ES sind fürchterliche Szenen vor­gefallen.

Auch ist es augenblicklich ganz klar, sie will haben, daß ich die Nietzsche-Ausgabe weitermache. Wir müssen, ich meine Du und ich, uns vielleicht einmal die Sache noch überlegen. Ich will Dir sagen, wie die Sache ist. Meiner An­sicht nach kann die ganze Nietzsche-Herausgabe in drei bis vier Monaten zu Ende geführt werden, ja sie muß es sogar. Es handelt sich also bloß darum, ob ich diese drei bis vier Monate darauf verwenden soll. Wenn sich die Sache in den nächsten acht Tagen entscheiden wird, so muß ich eigent­lich die Sache übernehmen. Denn es gibt einfach außer mir niemanden, der die Sache machen könnte, wenn Koegel herausexpediert wird. Es bedeutete für mich also nicht mehr, als daß ich in meinen Zukunftsplänen . . .

[Schluß des Briefes fehlt.]

#SE039-302

#TI

473. ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE AN RUDOLF STEINER

#TX

Weimar, 8. Dezember 1896

Lieber Freund!

Also ich war heute aus bestimmten Gründen genötigt, Frl. K[oegel] zu sagen, daß ich Sie gefragt hätte, ob Sie in dem Fall, daß ich Sie darum bäte, mit Dr. K[oegel] die «Umwertung» herauszu-geben, geneigt wären es zu tun, und ob Sie glaubten, daß Sie beide in einem Jahr damit fertig würden - Sie hätten darauf mit Ja geant­wortet. Auch hätten Sie davon gesprochen, daß Dr. KFoegel] Ihnen schon von dergleichen Absichten von meiner Seite gesagt habe. Dies war alles am Sonnabend. Ich teile es Ihnen schnell mit, damit Sie unterrichtet sind.

Herzliche Grüße, morgen auf Wiedersehen,

Frl. K[oegel] ist in Jena

Ihre

E[lisabeth] F[örster]-N[ietzsche]

#TI

474. FRITZ KOEGEL AN RUDOLF STEINER

#TX

Jena, 8. Dezember 1896

Herrn Dr. Rudolf Steiner, Weimar

Sie erklärten mir am Sonntagabend im «Russischen Hof» und wiederholten diese Erklärungen heute mittag in Gegenwart Dr. Heitmüllers, daß Frau Förster-Nietzsche bisher nicht mit Ihnen über ihre Absicht, Sie als Herausgeber neben mir oder an meiner Stelle anzunehmen, gesprochen habe. Sie erklärten ferner, daß Sie nicht in die Sache eingreifen könnten, wenn Frau Förster nicht die Initiative nehme, daß Sie aber, wenn das geschähe, tun würden, was in Ihren Kräften steht, um den Bruch zu verhindern, d.h. Sie würden Frau Förster aufs dringlichste abraten, einen Wechsel ein­treten zu lassen. Sie erklärten ferner beide Male, daß ein Kompro­miß, nach dem Sie neben mir als Herausgeber fungieren sollten, sachlich und persönlich unmöglich wäre.

Demgegenüber stelle ich fest: Frau Förster hat heute vormittag meiner Schwester Ida (deren sie sich als offizieller Vermittlerin

#SE039-303

bedient) gesagt, daß sie neulich schon (am Sonnabend also) mit Ihnen über die ganze Angelegenheit gesprochen habe. Sie hätten erklärt: ein Kompromiß, nach dem wir gemeinsam die Ausgabe tnachten, ginge ausgezeichnet und Sie seien mit Freuden bereit, ihn einzugehen. Frau Förster hat meiner Schwester ferner gesagt:

ich hätte ja zuerst mit Ihnen von der ganzen Sache gesprochen. (Eine Mitteilung, die sie nur von Ihnen haben kann.)

Meine Schwester hat mir diese Mitteilung erst vorhin nach 4 Uhr während der Fahrt von Weimar nach Jena gemacht; ich bin daher gezwungen, schriftlich hierüber mit Ihnen zu verkehren und erwarte Ihre umgehenden schriftlichen Erklärun gen über diesen Punkt, durch den entweder Sie oder Frau Förster der Lüge über­führt werden. Ich bin bis morgen (Mittwoch) abend für Briefe in Jena erreichbar (d.h. ein Brief, der morgen nachmittag 4 Uhr 9 Minuten in Weimar abgeht, erreicht mich noch in Jena, Adresse Geheimrat Gelzer, Kahlaerstr. 4).

Bleiben Ihre schriftlichen Erklärungen aus, so halte ich Frau Försters Aussagen für erwiesen und werde dann sofort Ihnen ge­genuber alle Konsequenzen ziehen, die Ihr Verhalten fordert.

Fritz Koegel

#TI

475. AN FRITZ KOEGEL

#TX

Weimar, 9. Dezember 1896

Herrn Dr Fritz Koegel, Jena

Ich bin entrüstet darüber, daß Sie auch nur an die Mög-lichkeit von solchen mich anschuldigenden Tatsachen glau­ben, wie sie Ihr Brief bespricht. Abgesehen von allem übri­gen, muten Sie mir wirklich die Dummheit zu, zu Sagen: ich halte einen Kompromiß für möglich? Ich werde erst durch Ihren Brief in der unstatthaftesten Weise in die ganze Sache hineingezogen. Ich habe mir alle Mühe gegeben, es bisher nicht zu werden. Ihr Brief hat mich gezwungen, von Frau Förster-Nietzsche heute morgen die bestimmteste Er­klärung zu verlangen, daß das Gespräch, von dem Ihr Frl. Schwester erzählt, nicht stattgefunden hat. Ich habe Frau

#SE039-304

Dr. Förster gegenüber immer betont, daß ich Sie, nach mei­ner vollsten Uberzeugung, für einen ausgezeichneten Her­ausgeber halte. Sie mussen sich erinnern, daß ich dies auch schriftlich in einem Briefe an Frau Dr. Förster-Nietzsche nach dem Erscheinen der beiden Nachlaßbände ausgespro­chen habe. Wenn darüber etwas anderes gesagt wird: ist es einfach unwahr. Ich habe keine Sehnsucht, Ihr Nachfolger zu werden. Sie beschuldigen mich geradezu: ich spielte hin­ter Ihrem Rücken ein falsches Spiel. Es wird Frau Dr. För­sters Sache sein: Ihnen zu erklären, daß diese Anschuldi­gung nach allen Richtungen hin eine völlig aus der Luft gegriffene ist. Nachdem ich in dieser Weise angeschuldigt werde, wie es durch Ihren Brief geschieht, habe ich alle Ur­sache auch meinerseits alles zu tun, was mich von dem Ver­dacht befreit: ich könnte in dieser Sache etwas Inkorrektes getan haben. Was seit Sonntag zwischen Ihnen und mir vor­gegangen ist, mußte ich heute Frau Dr. Förster vorhalten, um ihr zu zeigen: in welche Lage ich gebracht werde, wenn derlei Dinge in die Welt gesetzt werden, wie Sie sie mir in Ihrem Briefe mitteilen. Ich lasse mit meiner Person nicht spielen. Als ich Frau Dr. Förster in bestimmtester Weise um Erklärung der ganzen mir rätselhaften und unerklärli­chen Sache bat, sagte sie: Frl. Koegel müsse geradezu Dinge, die sie von sich aus gesagt hat, als von mir herrüh­rend bezeichnet haben. Das alles ist mir gleich: wenn Un­wahrheiten von mir behauptet werden, so muß ich die be­stimmteste Klarstellung der Sache fordern. Und es ist ein-fach nicht wahr, daß das in Rede stehende Gespräch oder ein anderes stattgefunden hat. Frau Dr. Förster muß mir das in Ihrer Gegenwart bestätigen. Tut sie es nicht, so werde ich zu wissen haben, was ich zu tun habe. Im übrigen stehe ich auf dem Standpunkt, daß bei schriftlichen Auseinander­setzungen nichts herauskommt und ich die mündliche Unterredung vorziehe.

Rudolf Steiner

#SE039-305

#TI

476. AN FRITZ KOEGEL [Telegramm]

#TX

Weimar, 9. Dezember 1896

Ihre Beschuldigungen entbehren jeder tatsächlichen Grundlage. Ich verwahre mich dagegen, daß mit meiner Person in dieser Weise umgegangen wird.

Steiner

#TI

477. FRITZ KOEGEL AN RUDOLF STEINER

#TX

Weimar, 10. Dezember 1896

Herrn Dr. Rudolf Steiner, Weimar

Ich darf Sie wohl darauf aufmerksam machen, daß Sie nicht durch meinen Brief' sondern durch die Mitteilungen, die Frau Förster meiner Schwester gemacht hat, in die Angelegenheit hin-eingezogen worden sind. Es wäre durchaus «unstatthaft» gewesen, wenn ich daraufhin nicht die Erklärung eines so eklatanten Wider-spruchs gefordert hätte.

Die bestimmte Erklärung Ihres gestrigen Briefs, daß das in Rede stehende Gespräch oder ein ähnliches nicht stattgefunden habe, widerspricht durchaus der von Frau Förster in Briefen an meine Schwiegermutter und mich gemachten Mitteilung, nach der am Sonnabend allerdings ein Gespräch stattgefunden hätte, dessen In­halt sich mit Ihren bestimmten mir am Sonntag und Dienstag gege­benen Versicherungen nicht vereinbaren läßt. Ich muß ferner daran festhalten und habe das in einem Briefe an Frau Förster konstatiert, daß meine Schwester mir den Inhalt ihres Gesprächs mit Frau Förster über den streitigen Punkt korrekt und genau berichtet hat.

Auch ich sehe keine Möglichkeit, diese Widersprüche auf schriftlichem Wege zu lösen und bin daher bereit, Ihrem Vor­schlage folgend, diese Fragen in Gegenwart von Frau Förster zu einer Ihnen genehmen Stunde mit Ihnen zu erörtern.

Fritz Koegel

#SE039-306

#TI

478. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 10. Dezember 1896

Meine liebe gute Anna!

Die Dinge, die Frau Förster macht, sind einfach uner­hört. Sie will mit den Menschen Spielen, wie es ihr beliebt. Weil sie nicht den Mut hat, Koegel direkt zu sagen, was sie mit ihm vorhat, läßt sie ihm durch seine Schwester sagen, ich hätte gesagt, ich wäre bereit, mit ihm zusammen die Ausgabe zu machen. Dies ist nicht wahr. Außerdem redet sie zu allen Leuten so, daß diese die Vorstellung bekommen müssen, ich wolle Koegel verdrängen und betriebe die Dinge hinter seinem Rücken. Koegel hat mir darüber einen impertinenten Brief geschrieben.

Ich mußte sie gestern morgen zur Rede stellen. Sie hatte die Stirne, mir die unglaublichsten Dinge vorzumachen. Kurz, es ist alles unerhört. Du kannst Dir denken, daß einem das nicht gut bekommt.

Alles treibt zu den schärfsten Konflikten. Womit das enden soll, ist gar nicht abzusehen.

Ich bitte Dich, meine liebe gute Anna, rege Dich aber um meinetwillen nicht weiter auf. Die Sache muß eben durchgemacht werden. Wenn wir treu zusammenhalten, so wird uns beiden alles leichter zu ertragen sein. Es wird nicht leicht soviel Verlogenheit zusammenkommen, wie diese Frau in diesen Tagen zusammengetragen hat.

Ich möchte Dir diese Zeilen gleich senden. Morgen schreibe ich mehr. Körperlich geht es mir gut. Ich hoffe, daß dies auch bei Dir der Fall sein wird. Bitte schreibe mir alles, was Du erlebst, und auch genau, wie Du Dich befindest.

In Treuen

Dein

Rudolf

#SE039-307

#TI

479. AN ANNA EUNIKE

#TX

[Weimar, vermutlich 14. Dezember 1896]

Meine gute Anna!

Ich habe in diesen Tagen so viel durchzumachen gehabt, daß ich wahrhaftig nur wenig an das Schreiben kommen konnte. Oh, diese Frau kann Dinge anrichten. Sie sagte der Schwester Koegels, daß ich meine Einwilligung dazu gege­ben habe, mit Koegel zusammen die Nietzsche-Ausgabe zu machen. So etwas ist mir natürlich nie eingefallen. Es wäre die größte Dummheit gewesen, das zu sagen. Koegel mußte darüber natürlich aufgebracht werden. Ich war zunächst in seinen Augen der Intrigant, der ihn aus seiner Stellung ver­drängen will. Ich war genötigt, diese Frau zu zwingen, zu sagen, daß ich dergleichen niemals gesagt habe. Dies mußte sie vor Koegel, Dr. Hecker aus München, der eigens zu diesem Zwecke hergerufen worden ist, vor Dr. Heitmüller, der sich in der ganzen Angelegenheit ausgezeichnet benom­men hat, und vor mir gestehen.

Sie gestand und schloß mit dem Knalleffekt: Nun ja, ich log, aber ich log aus Liebe. Das heißt, wie sie behauptet, nämlich das Glück Koegels und seiner Braut erreichen. Aus Liebe zu ihnen hätte sie das getan. Es ist unsagbar verlogen. Aber nun weiter. Dies war Freitag abends aus. Am nächsten Sonnabend morgens schrieb sie mir einen Brief, in dem sie wieder alles zurücknahm und behauptete, ich hätte das in Rede Stehende doch gesagt, und sie hätte es nur zurückgenommen, weil sie sich vor einem Duell zwischen Koegel und mir fürchtete. Ich ging natürlich zu ihr, weil ich mich vor ihr nicht zu fürchten hatte. Ich komme hin. Das Dienst­mädchen empfängt mich mit den Worten: «Die gnädige Frau ist schwer krank. Ich will aber fragen, ob sie Sie spre­chen will.» Sie empfängt mich und zwar mit den Worten:

«Ich sterbe, ich sterbe», «Das ist mein Tod». «Sie müssen sagen, daß diese Unterredung stattgefunden habe.» Ich sagte ihr natürlich: Dies sei lächerlich. Sie wisse wohl, daß

#SE039-308

dies nicht der Fall sei. Sie sagte, ich hätte sie als Lügnerin hingestellt und müsse das zurücknehmen. Ich sagte, daß ich ihr nicht helfen könne. Sie solle eben nicht mit Menschenle­ben spielen. Nun ging Sie wieder in sich. Am nächsten Tag (Sonntag) hatte sie wieder eine andere Ausrede. Sonnabend vormittag hat sie außerdem an Koegel geschrieben: Kom­men Sie schnell, ich bin schwer krank, es sind noch einige Sachen zu ordnen. Mir schreibt sie gestern: «Um die Wahr­heit zu sagen: ich haßte Sie in diesen Tagen fast ebenso wie Dr. Koegel und nur der Gedanke an Emily Gelzer (das ist Koegels Braut) hat mich in den schlimmsten Stunden getrö­stet und gestärkt, ich wollte deren Glück nicht opfern!» Und an einer anderen Stelle: «Was wäre nun geworden, wenn ich gestern gestorben wäre!! »

Ich kann Dir, meine liebe gute Anna, wirklich nur einige Hauptpunkte schreiben; alles andere werde ich Dir näch­stens mündlich mitteilen. Wie gut man in Zeiten, in denen solches passiert, arbeiten kann, das kannst Du Dir denken. Diese Frau ist imstande, das frivolste Spiel mit Menschenle­ben zu treiben, das auszudenken ist. Dabei dreht sie die Worte im Munde herum, sagt in einem Satze fünf Unwahr­heiten, verletzt die Leute, maskiert ihre eigentlichen Absichten immer und spielt stets das unschuldig verfolgte Opfertier.

Nächstens mehr!

Dein

Rudolf

#TI

480. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 19. Dezember 1896

Meine vielgeliebte Anna!

Also die Förster setzt ihr sonderbares Spiel fort. Zu­nächst wollte sie mich für die Vorlesungen weiter, ferner zur Ordnung ihrer Privatangelegenheiten (das heißt natürlich,

#SE039-309

insoweit sie sich auf Nietzsche beziehen), und dann sollte ich ihr ein vollständiges Manuskript der «Umwertung aller Werte» (Du weißt, daß dies Nietzsches letztes Werk ist) machen. Dies wäre ein Plan gewesen, auf den ich hätte im Interesse der großen Nietzsche-Sache eingehen müssen, wenn ich nicht wollte, daß man mir bei jeder Gelegenheit den Vorwurf machte, ich tue nichts im Interesse Nietz­sches. Ich mußte aber eine Bedingung daran knüpfen. Und diese war, daß von meinem Manuskript nichts gedruckt wird, bevor die von Koegel besorgte Ausgabe erschienen ist. Hätte ich diese Bedingung nicht gestellt, so wäre das durch eine Hintertüre wieder erreicht worden, was unter allen Umständen abgelehnt werden muß: daß Koegel ohne

seine Schuld von der Herausgabe verdrängt wird.

Die Förster hätte ohne diese Bedingung einfach mein Ma­nuskript an einem ihr geeignet erscheinenden Orte drucken lassen. Ich habe ihr aber begreiflich zu machen gesucht, daß ich dazu in keinem Falle meine Hand bieten würde. Nun scheint es ihr aber nicht genügend, was ich ihr zugestehe. Deshalb hat sie gestern mir wieder brieflich erklärt, sie könne sich zu diesem Arrangement doch nicht entschlie­ßen. Gleichzeitig hat sie Heitmüller und mir erklärt, daß sie nun nicht mehr weiter könne, nachdem sie von den Män­nern, die mit der Sache zu tun haben, in so schmählicher Weise im Stich gelassen und für alle ihre pflichteifrigkeit nur Hohn und Spott geerntet habe. Du siehst: sie weiß Worte zu drechseln. Deshalb wolle sie nun das Archiv yer­kaufen. Dies ist nun das Allerschlimmste. Denn nun ist gar nicht abzusehen in welche Hande die ganze Nietzsche Sa che kommt Ich versuchte sie auf alle Weise von diesem gräßlichen Plane abzubringen Es ist aber nichts zu wollen Sie tobt im Zimmer herum und gebardet sich als die verfolgte Unschuld. Naumann, der Verleger der Nietzsche Ausgabe, teilt außerdem Koegel mit, daß diesem für den 1 Oktober nächsten Jahres definitiv gekündigt werden soll. Du siehst, die Sache wird immer verwickelter.

#SE039-310

Mir, glaube ich, wird sie nun doch weitere Vorschläge nicht machen. Denn sie sieht, daß sie von mir doch nichts erreicht, als was ich ihr im Interesse der großen Sache Zuge­stehen muß, und das ist ihr eben zu wenig. Ich glaube also, sie wird es nun aufgeben, mich in ihre Pläne zu verwickeln. Du kannst gar nicht glauben, wie froh ich darüber bin. Ich will persönlich ja doch mit ihr nichts zu tun haben.

Wie hat mich doch diese Sache in meinen eigenen Arbei­ten, die ja doch endlich fertig werden müssen, aufgehalten. Fortwährend Aufregung auf Aufregung. Ich kam nie zur Ruhe, wie sie zu einer ordentlichen Arbeit notwendig ist. Ich hoffe nun, jetzt wird es besser gehen. Und dann bin ich in wenigen Tagen fertig. Der Goethe-Band für die Kürsch­nersche National-Literatur ist fertig bis auf ein paar letzte Korrekturen, die noch zu lesen sind. Die Einleitung zur Jean Paul-Ausgabe, die ich für Cottas Buchhandlung ma­che, wird zu Weihnachten abgeliefert, und auch an Felber hoffe ich das Manuskript meines neuen Buches «Goethes Naturanschauung» in spätestens 4 - 5 Tagen abliefern zu können. Dann bin ich frei von alten Sorgen und Verpflich­tungen, die nun einmal abgemacht werden mußten. Ich kann dann an anderes denken und werde es. Hoffentlich gelingt mir alles so gut, daß auch meine geliebte gute Anna damit zufrieden ist.

Bei Crompton kann ich von heute ab nicht weiter woh­nen. Hanni Wegelin ist da, Frau von Cromptons Schwester. Und für diese brauchen sie das Zimmer, das sie mir einge­räumt hatten. Crompton hat mir für ein paar Tage eine Wohnung im «Russischen Hof» besorgt. Ich genieße die Vergünstigung, für die Zimmer selbst nichts zu bezahlen. Nur Beheizung und Beleuchtung muß ich bezahlen. Diesen Brief, meine gute Anna, schreibe ich Dir bereits im «Russi­schen Hof». Ich bitte Dich, mir für die nächsten Tage zu adressieren: Weimar, Hotel Russischer Hof Also Du siehst, ich bin ein rechter Zigeuner geworden. Hoffentlich sehe ich Dich recht bald wieder. Ich habe solche Sehnsucht danach.

#SE039-311

Ich möchte Dir noch mancherlei erzählen. Wann kommen die Kinder?

Meine Zeit muß ich jetzt sehr zusammenhalten, wenn ich an ein Ziel kommen soll. Gestern war ich zu einem großen Diner (18 Personen) beim alten Stavenhagen eingeladen. Es waren da: der junge Stavenhagen mit Frau, Kapellmeister Wolfram und Frau, die alte Frau von Milde und deren Schwester, Gmür, der Maler Heil, Fräulein Natalie von Milde, der alte Lassen und Fräulein Joachim, Dr. Moritz und seine Frau. Es dauerte von ,/2 6 abends bis um Mitter­nacht.

Wie geht es nun meiner lieben Anna? Warum schreibst Du so wenig? Ich schriebe Dir wahrhaftig öfter und mehr, wenn nicht über den ewigen Besprechungen mit Koegel und der Förster die Zeit so gräßlich hinginge und ich die wenigen Stunden, die bleiben, nicht zum Korrekturenlesen sorgsam verwenden müßte. Ich hoffe nun bald auch von Dir einen Brief zu bekommen.

Sei herzlich gegrüßt, meine liebe Anna,

von Deinem

Rudolf

Also Adresse: Dr. Rudolf Steiner, Weimar, Hotel Russi­scher Hof

#TI

481. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 25. Dezember 1896

Sehr geehrte Herren!

Leider ist es mir im Augenblicke noch unmöglich, Ihnen das Manuskript der Einleitung zur Auswahl vonjean Pauls Werken abzuliefern. Da aber dieses Manuskript so weit vorgeschritten ist, daß ich es in wenigen Tagen bestimmt

#SE039-312

abliefern kann, und ich viele Mühe und Zeit auf dessen Her­stellung verwendet habe, so möchte ich Sie bitten, sich jetzt nicht an jemand andern ZU wenden, sondern mir noch we­nige Tage Zeit zu geben. Ich ersuche Sie, als spätesten Ablie­ferungstermin den 6. Januar zu bestimmen. Ich glaube in­deß, daß das Manuskript viel früher in Ihren Händen sein wird. Wenn Sie mir diesen Termin nicht bewilligen wollen, hätte ich eine jetzt für mich außerordentlich kostbare Zeit rein verloren.

In der Hoffnung, bald von Ihnen eine zusagende Ant­wort zu erhalten, bin ich

mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

482. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 6. Januar 1897

Meine vielgeliebte Anna!

Du warst vorgestern so versorgt, meine liebe gute Anna! Mich betrübt das recht. Fasse Dich. Wir wollen zusammen­halten und in diesem herzlichen Zusammenhalten den Mut finden, alles zu tragen, was uns in der nächsten Zeit noch Schlimmes begegnen wird. Wenn ich nur erst diese Arbei­ten fertig habe, dann will ich sehen, daß für uns beide alles gut wird. Bis dahin, meine liebe Anna, wollen wir den Kopf obenbehalten. Es wird ja jetzt doch auf keinen Fall mehr lange dauern. Wir wollen kämpfen und werden, hoffentlich, unserer Kampfesfrüchte doch auch einmal froh. Wenn nur nicht immer wieder Dinge kämen, die verstimmend wirken müssen. Ich möchte ruhig arbeiten und habe alle Hände voll zu tun.

Also siehe: Eben hatte ich diesen Brief bis zu diesem Punkte geschrieben, da kommt wieder Dr. Koegel. Diese

#SE039-313

Angelegenheit will nicht zu Ende kommen. Frau Förster sitzt nun in Magdeburg bei ihrem Vetter, dem Stadtrat Dr. Oehler, und schmiedet, wie es scheint, von dort aus weiter ihre Pläne. Vorderhand scheint sie den Stadtrat Oehler recht gut eingewickelt zu haben. Denn der hat an Koegel einen Brief geschrieben, in dem er mächtig rasselt. Doch wird sich ja auch da der Sturm legen, wenn Oehler erst erfährt, wie die Sachen wirklich liegen. Uber mich sagt sie vorläufig zu allen Leuten, daß ich zu schwächlich sei und nicht den Mut gehabt hätte, den Kampf mit Dr. Koegel aufzunehmen. Es ist eben einfach unglaublich, was diese Frau sich an Begriffsverdrehungen leistet. Ich wäre schwächlich dann gewesen, wenn ich auf ihre törichten Ma­chinationen eingegangen wäre. Aber das hätte sie dann stark genannt, weil es ihr in den Kram gepaßt hätte. Ich hätte, nach ihrer Meinung, den Mut zu den unsinnigsten Sachen haben sollen. Das wäre aber nur der traurige Mut gewesen, sich zu blamieren und zu kompromittieren. Was sie eigent­lich will, das scheint sie jetzt selbst nicht zu wissen. Wenn sie redet, dann widerspricht gemeiniglich das Ende der Mitte und die Mitte dem Anfang.

Meine liebe Anna, ich muß zum Ende eilen, sonst kommt der Brief vor acht Uhr nicht mehr weg. Koegel hat mich so lange aufgehalten. Ich möchte Dich nur noch um eines bit-ten: schreibe mir alles Deine Angelegenheiten Betreffende, auch die geringfügigste Kleinigkeit; teile mir immer mit, wenn etwas zu ordnen ist.

Für heute nur noch herzlichsten Kuß und Gruß

von Deinem

Rudolf

#SE039-314

#TI

483. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 11.Januar 1897

Meine geliebte gute Anna!

Deinem letzten Briefe glaube ich entnehmen zu können, daß Deine Stimmung wieder eine bessere geworden ist. Meine liebe gute Anna, halte jetzt den Mut zusammen. Wenn Du den Kopf oben behältst, so wird schon alles gut werden. Ich werde nun wohl ganz bestimmt in dieser Wo­che mit den alten Sachen fertig und wohl auch mit meinem Buche «Goethes Naturanschauung», für das jetzt die höch­ste Zeit ist. Doch bin ich gewissermaßen froh, daß ich nicht schon vor Wochen, etwa noch als ich bei Crompton wohnte, an dieses Buch die letzte Hand angelegt habe. Ich bin nämlich in den letzten Tagen erst zu einer solchen Aus­gestaltung meiner Ideen für dieses Buch gekommen, daß ich glaube, erst jetzt wird die Sache so, daß ich selbst damit zufrieden sein werde. Hätte ich früher abgeschlossen, so wäre das wahrhaftig nicht der Fall gewesen. Deine Gegen­wart fehlt mir, meine geliebte Anna. Ich fühle eine solche Ausgleichung meines Wesens, wenn Du in meiner Nähe bist, daß ich weiß: Du gehörst zu mir. Da es jetzt schon einmal nicht sein kann, so bin ich wenigstens zufrieden, daß ich allein bin. Meine Gedanken sind oft bei Dir, meine geliebte Anna.

Eigentlich war das ganze Wohnen bei Crompton für mich nicht gut. Ich hätte mich gleich anfangs völlig zurück­ziehen müssen. Ich sehe jetzt viel weniger Leute. Und das ist gut für mich. Nur wenn Du um mich bist, kann ich die notwendige Selbstbesinnung zum Arbeiten haben. Alle an­dern Menschen sind ein störendes Element. Wir wollen hoffen, daß sich für unser Zusammensein die Sachen recht gut gestalten.

Störend ist jetzt eigentlich nur Koegel. Heute morgen kam er, bevor ich mich noch ganz angezogen hatte. Der Förster ist in den letzten Tagen ganz ordentlich zugesetzt

#SE039-315

worden. Und es scheint, daß ihr ihr Vetter, der Stadtrat Dr. Oehler, den Rat gegeben hat, den Rückzug anzutreten. Durch Koegel höre ich heute, daß sie in den letzten Tagen auch in Berlin war. Wahrscheinlich hat sie dort mit allen möglichen Leuten Rücksprache genommen. Es ist nun sehr leicht möglich, daß sie da auch über mich kräftig geschimpft hat. Denn wie aus einem Briefe von ihr an Koegels Vater, den Pastor Koegel, hervorgeht, redet sie über mich jetzt das tollste Zeug. Solange sie das in einer Weise macht, die unge­fährlich ist, ist es mir gleich. Wenn aber die Sache weiter­geht und sie ebensolche Dinge zu Leuten redet, an denen mir wegen meines literarischen Rufes etwas liegen muß, so könnte sich doch die Notwendigkeit für mich herausstellen, etwas gegen diese Wühlereien zu unternehmen. Denn ich werde ja in der nächsten Zeit meinen literarischen Ruf sehr nötig haben. Was sie nun in ihrer Wut in der nächsten Zeit tun wird, ist gar nicht abzusehen, denn soviel scheint au­genblicklich festzustehen, daß sie gegen Koegel und Nau­mann machtlos ist. Gegen diese beiden ist sie in der letzten Zeit zu töricht vorgegangen. Da hat sie sich in der eigenen Schlinge gefangen. Koegel muß sie jetzt unter allen Um­ständen als Herausgeber weiterbehalten. Ob sich nun nicht ihr ganzer Groll gegen mich entlädt, das weiß ich noch gar nicht. Denn ihr Ärger darüber, daß ich mich auf ihre Wün­sche nicht eingelassen habe, ist doch sehr groß. Gerade des­halb findet sie mich so «schwächlich», wie sie sich aus­drückt. Man muß von ihr auf alles gefaßt sein. Wie kurz­sichtig sie ist, geht aus einer Tatsache hervor, die ich Dir noch erzählen werde. Es ist nämlich alles so weitläufig, daß man Bogen voll schreiben müßte, wenn man die Sache brieflich auseinandersetzen wollte. Abscheulich ist nur, daß ich mich von der Sache doch nicht fernhalten kann. Denn erstens kommt Koegel mit jeder Kleinigkeit Zu mir, und dann bin ich doch einmal, wenn auch ohne mein Zutun und ohne meine Schuld, in die Sache verwickelt und muß sie deshalb in ihrem weiteren Verlaufe verfolgen. In diesen Tagen

#SE039-316

kommt Frau Förster wieder nach Weimar zurück. Und dann wird sich ja wohl manches zeigen. Ich glaube nicht, daß sie mit neuen Vorschlägen an mich herantritt. Denn sie hat dann doch wohl gesehen, daß ich für ihre sonderbaren Pläne nicht zu haben bin; und die Bedingungen, die ich stelle, passen ihr nun eben gar nicht. Sie wird außerdem ja Leute genug finden, die sich bedingungslos bereit erklären, alles zu tun, was sie haben will. Und dann braucht sie solch unbequeme Leute wie mich nicht mehr. Aber haben muß sie einen persönlichen Ratgeber. Früher hat ja Koegel eine Menge solcher persönlicher Angelegenheiten erledigt, die er künftig wegen des gestörten Verhältnisses nicht erledigen wird. Dazu braucht sie eine Persönlichkeit, solange es ihr nicht gelungen ist, das Archiv Zu verkaufen. Und weil sie es aufgeben wird müssen, mich zu solchem persönlichen Ratgeber zu haben, wird sich - dies ist nur zu leicht möglich - ihr ganzer Groll gegen mich wenden. Wir wollen sehen!!

Sonnabend abend war ich bei Lindners eingeladen. Es war sonst niemand dort. Frau Lindners Schwester war eben aus Rußland angekommen; und da wurden eine Reihe mit­gebrachter russischer Handarbeiten gezeigt, die mich viel­fach an die deinigen erinnerten. Eine Gesellschaft bei dem Gymnasiallehrer Francke hätte ich neulich mitmachen sol­len. Ich habe aber abgeschrieben, denn ich will jetzt ruhig arbeiten. Vor einigen Tagen begegnete mir Frau Erber. Sie war freundlich und bedauerte, daß sie so gar nicht gewußt hätte, daß ich von Crompton weggezogen sei. Ich hätte ja bei ihnen so gut wohnen können--!!! Na, darüber braucht man doch weiter nicht zu reden.

Frau Mayreders Buch und den «Lebenskünstler» erhältst Du bald. Ich konnte bisher noch nicht zum . . .

[Schluß fehlt]

#SE039-317

#TI

484. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 16. Januar 1897

Meine vielgeliebte beste Anna!

Ich habe mir nachträglich Vorwürfe gemacht, daß ich vorgestern zu schroff zu Dir gesprochen haben könnte. Aber Du hast Dir die Sache gewiß selbst schon in der gehö­rigen Weise zurechtgelegt. Ich werde nämlich immer aufge­regt, wenn ich von den Maßnahmen irgendwelcher Behör­den höre, die ich für vollkommenen Unsinn halte. Und ich halte es für unzukömmlich, daß man die Sache an jemand andern übertragen hat, ohne Dich dabei zu fragen. Es ist ja möglich, daß solch ein Ding gesetzlich möglich ist. Aber was für Dinge sind nicht Gesetz? Das bringt mich immer in Aufregung. Überall hapert's in den gesetzlichen Bestim­mungen. Wo man am strengsten sein sollte, da ist man am lässigsten. Man fragt Dich gar nicht, ob Du denn überhaupt damit einverstanden bist, Gläubiger eines Schankwirtes in der Ettersburgerstraße zu sein! Ich finde so etwas einfach unerhört. Deshalb halte ich es für das Beste, Du kündigst die Hypothek. Ich habe nachträglich noch nachgesehen und gefunden, daß der betreffende biedere Schankwirt Eigentü­mer des Hauses ist, in dem der Ausschank ist. Aber wenn das auch eine Garantie gibt, daß Du nichts verlieren wirst, so finde ich doch die Kündigung und die anderweitige sichere Anlegung am besten. Denn es ist doch geschmacklos, Gläubiger eines Schankwirts in der Ettersburgerstraße zu sein.

Schreibe mir, meine liebe Anna, zu welchem Prozentsatz die Hypothek verzinslich ist. Ich will Dir dann den Brief an den wackeren Alkoholverschleißer aufsetzen. Ich möchte aber gleich die Höhe der Zinsen entsprechend dem Pro­zentsatz einsetzen. Denn nur wenn man den Leuten zeigt, daß man vollauf Bescheid in den Dingen weiß, kann man hoffen, zu einem anständigen Ziel zu gelangen. Ich werde mir in diesen Tagen auch noch das Hypothekenrecht ver­schaffen.

#SE039-318

Dann können wir vielleicht auch die Sache noch­mals mündlich verhandeln. Ich hoffe, in diesen Tagen mit meinen Sachen hier fertig zu werden. Dann wollen wir wie-der einmal recht gut beisammen sein. Das teilen wir uns noch mit. Also nicht wahr: Du nimmst mir meine Schroff­heit nicht übel; aber Du weißt, das Wort Behörde und Jurist hat einen entsetzlichen Klang in meinem Ohre. Ich habe dazu meine Gründe.

Heute habe ich wieder einmal keine Stunde bei Förster­-Nietzsche gehabt. Da sie mir nicht hat absagen lassen, bin ich hingegangen. Sie war auch da, behauptete aber, entsetz­liche Influenza zu haben und kümmerlich zu sein. Von den Sachen sprach sie gar nichts. Wann ich wieder zur Stunde kommen soll, will sie mir schreiben. Ich hoffe - da sie in nächster Woche keine Stunden zu wollen scheint -, dann werde ich über alle Berge sein. Gewiß hat sie von der Sache heute nicht gesprochen, weil sie nicht wagt, vor dem morgi­gen Sturm etwas zu sagen. Morgen kommt ihr Vetter, der Stadtrat Dr. Oehler aus Magdeburg, hierher, um mit Naumann und Koegel zu verhandeln. Ich habe dabei nichts zu tun. Vielleicht ist ihr heutiges Schweigen nur die Ruhe vor dem Sturm. Man muß auf alles gefaßt sein. Die Bücher, die ich aus dem Nietzsche-Archiv gehabt habe, hat sie heute zurückverlangt. Ich habe sie ihr eben geschickt. Mein Ent­schluß steht ganz fest: solange sie bloß über mich schimpft, ohne mir zu schaden, berührt mich das nicht. Denn es ist mir vollkommen einerlei, was sie für eine Meinung von mir hat. Sobald sie aber versuchen sollte, mir zu schaden, werde ich ihr die Zähne zeigen und schonungslos vorgehen.

Nun bitte ich Dich noch einmal, meine vielgeliebte Anna, schreibe mir alles, was Dich und die Angelegenheiten be­trifft. Auch wenn es Kleinigkeiten sind. Wir wollen alles miteinander beraten. Ich hoffe nun auch, Dich recht bald wiederzusehen und zu sprechen. Schreibe mir recht bald. Deinen Brief mit Hals- und Taschentuch habe ich erhalten und danke Dir für Deine Vorsorglichkeit.

#SE039-319

Ich schicke Dir die letzte Nummer der «Zukunft» mit. Sie enthält einen Aufsatz der guten Laura, der Dich gewiß interessieren wird. Wenn auch manches darinnen übertrie­ben und forciert ist, so ist vieles Richtige darinnen. Na­mentlich hat mir die Schilderung des Einflusses des Prote­stantismus auf die Entwickelung des Weibes sehr gefallen. Es ist nicht zu leugnen, daß die wackere Marholm doch große und gesunde Gesichtskreise hat, wenn sie auch bis­weilen über das Ziel hinausschießt. Wenn ich aber diese ihre Betrachtungsweise mit den törichten Ausführungen der geistig bleichsüchtigen Natalie von Milde, dieser typischen geistreichelnden alten Jungfer, vergleiche, so scheint mir die in ihrer Weiblichkeit schwelgende Laura unglaublich ge­sund und die andere krankhaft überspannt, betört durch die Sucht nach Vermännlichung des Weiblichen. Recht an-sprechend zum Beispiel scheint mir Lauras Ausführung über die Entwickelung der Frauenbildnisse im Laufe der letzten Jahrhunderte. Lies den Aufsatz, und Du wirst ge­rade über diesen Punkt der Frauenmalerei manchen recht interessanten Aufschluß erlangen. Ich lese die Sachen der Marholm immer gern. Sie zeugen alle von einer gesunden Beobachtungsgabe und einem weiten Blick. Es ist Seelen­kunde und Erfahrung in ihren Sachen. Sie geht mit unglaub­lich offenen Augen durch die Welt. Auch was sie über Frauenemanzipation schreibt, hat immer Hand und Fuß. Man braucht ja nicht mit allem einverstanden zu sein. Aber alles ist immer anregend, und das ist bei dem wenigsten rder Fall, was jetzt geschrieben wird. Mir ist es nämlich so ziem­lich gleichgültig, ob ich mit dem, was jemand schreibt, ein­verstanden bin oder nicht. Wenn es nur anregend ist. Man muß alles Lesen so betrachten, daß man danach fragt, ob man dabei eigene Gedanken bekommen kann. Dann scha­det es, meiner Ansicht nach, gar nicht, ob diese eigenen Gedanken mit dem Gelesenen übereinstimmen oder nicht. Die eigenen Gedanken können sogar die entgegengesetzten von denen sein, die man liest. Wenn Dir, meine geliebte

#SE039-320

Anna, bei dem Aufsatze etwas einfallen sollte, dann schreibe es mir. Bitte lies den Aufsatz gleich und schicke ihn mir auch gleich wieder zurück. Ich muß ihn dann Felber geben.

Der «Naturarzt» wurde heute bei mir für Dich abgege­ben. Ich schicke ihn Dir, weil Dich vielleicht darinnen man­ches interessiert. Auch die Quittung über das letzte Viertel­jahr lege ich bei.

Also bitte, schreibe bald Deinem Dir

treulich zur Seite stehenden

Rudolf

#TI

485. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 18. Januar 1897

Meine vielgeliebte beste Anna!

Es ist wirklich abscheulich, wie der Kerl fortgesetzt ver­sucht, Dich zu peinigen und zu quälen. Ich bitte Dich, lasse Dir aber eines solchen Menschen Frechheiten nicht zu nahe gehen. Du mußt festbleiben und darfst nicht dulden, daß er in Deine persönliche Freiheit eingreift. Das Einzige, was er rechtmäßigerweise von Dir verlangen kann, ist, daß Du ihm ein genaues Verzeichnis ablieferst über die aus dem Vermö­gen der Kinder bezogenen Zinsen. Dies alles solltest Du immer auf den Pfennig genau in einem Buche aufschreiben und ihm dann eine Abschrift machen. Sonst kann er von Dir nichts verlangen. Wenn Du Dich doch entschließen könntest, meine geliebte Anna, ihm das einmal mündlich klarzumachen. Ich will Dich ja zu nichts bewegen, was Dir so sehr widerstrebt. Aber mit einem so dummen Menschen, wie dieser ist, kommt man brieflich nicht zurecht. Das Subalterne seiner Gesinnungslumpenhaftigkeit tritt ja am deutlichsten in seiner Bemerkung über die Göppfartsche Angelegenheit hervor. So verhält sich nur eine dreckige Unterbeamtenseele.

#SE039-321

Es ist eine Gesinnung, über die man nur ausspucken kann.

Meine vielgeliebte Anna! Ich möchte jetzt von Dir nur hören, ob Du in den nächsten Tagen etwas in der Angelegenheit zu tun gedenkst. Ob Du es absolut nicht über Dich bringen kannst, mit dem Wirt einmal zu reden? Wenn nicht, soll ich Dir einen energischen Brief aufsetzen? Es ist eben dabei immer zu bedenken, daß die Dreckseele es ab­lehnt, sich mit Göppfart zu beschäftigen, wenn Du ihn ab­laufen läßt. Willst Du mit mir mündlich die Sache durch­sprechen? Schreibe mir bitte gleich. Ich habe leider Deinen letzten Brief so spät erhalten, daß ich Dir erst in diesem Augenblicke antworten kann. Die Weimarische Postbesor­gung wird jetzt in einer Weise bummelig, daß man alles zu spät bekommt.

Ich wünschte nur, wir wären einige Monate weiter und pfiffen auf die Unannehmlichkeiten in Weimar. Auch Su­phan hat sich wieder gemeldet. Durch jeden einzelnen der Archivherren läßt er mich grüßen. Jetzt hat er mich sogar durch Wahle auffordern lassen, einen Archivbeitrag für das Goethe-Jahrbuch zu liefern. Ich verhalte mich allen seinen Versuchen gegenüber, als wäre er nicht da. Sollte ich doch einmal mit ihm zusammentreffen, so wird er Dinge zu hören kriegen, die er sich nicht hinter den Spiegel steckt.

Also, meine geliebte Anna, ich bitte Dich, gräme Dich über den Kranig nicht zu sehr. Das Argste, was passieren kann, ist, daß er Dir einige Grobheiten sagt. Aber was solch ein Mensch sagt, kann Dich nicht weiter berühren. Be­trachte es, wie wenn ein Spatz Dich beschmutzt.

Auf baldiges Wiedersehen und mit den herzlichsten Grüßen

treulichst

Dein Rudolf

Aus seinem Briefe scheint hervorzugehen, daß von der Privatbank noch Zinsen abgeholt werden können.

#SE039-322

#TI

486. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 21. Januar 1897

Meine vielgeliebte beste Anna!

Wenn es Dir morgen bequem ist, so komm herüber. Ich werde bei dem Zug um 10 Uhr nachsehen, ob Du an-kommst. Wenn es Dir bequemer ist zu einer andern Zeit, so richte Dich nach Dir. Wenn Ihr Sonnabend nach Berlin fah­ren wollt, so ist ja Freitag vorher nur noch der einzige Tag. Aber jedenfalls möchte ich raten, nichts mit Berlin zu übereilen. Darüber aber werden wir morgen sprechen. Auch mir hat es sehr leid getan, Euch nicht getroffen zu haben. Aber warum auch vorher kein Wort? Ich war zufällig an jenem Nachmittag beim alten Stavenhagen eingeladen.

Also auf Wiedersehen

treulichst

Dein

Rudolf

#TI

487. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 28. Januar 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Habe herzlichsten Dank für Deinen Brief und die Schil­derung der Berliner Erlebnisse. Ich bin froh, daß Du gesund zurückgekommen bist. Denn es waren recht unfreundliche Wintertage, und ich habe oft Sorge gehabt, es könnte Dir die Reise irgendeinen Schaden bringen.

Ich lebte in diesen Tagen so still für mich hin und arbei­tete, soviel ich konnte. Es geht nur leider alles langsamer, als es gehen sollte. Und die Ungeduld der Leute, die meine Arbeit drucken und verlegen, wächst natürlich mit jedem Tage. Wenn ich nur diesen Monat noch mit allem zu Ende käme! Hoffentlich.

#SE039-323

Kommst Du nicht in diesen Tagen herüber? Ist Minni schon bei Erber? Benütze doch die Zeit, während Minni noch da ist, wenn Du den elenden Menschen persönlich aufsuchen willst. Doch wie ich Dir schon oft gesagt habe:

ich will Dich nicht zu etwas drängen, was Dir ganz und gar widerstrebt.

Koegel hat mir eben im Vertrauen die Streitschrift gege­ben, die Gustav Naumann gegen die Förster abgefaßt hat. Darin findet sich folgende artige Briefstelle aus einem Briefe der Frau Förster vom 20. Dezember an die Firma Nau­mann: «Aber dem Himmel oder wem sonst Dank, daß ich die Charaktere dieser beiden Herren erkannt habe» (sie meint Koegel und mich). «Dr. Koegel» (hier hat Naumann irgendeine starke Stelle weggelassen) «und den guten Stei­ner in seiner Schwäche. . . . Und diese beiden hatte ich mir als meine Söhne und Erben des Archivs ausgesucht. So kann sich der Mensch irren.» Möchte man darüber nicht Lach­krämpfe bekommen, oder soll man sich ärgern. Immer weiß sich diese Frau als der große Charakter hinzustellen, der stets das Allerbeste gewollt hat und dem seine Pläne durch die schlechten Menschen zerstört werden. Die Streitschrift hätte ich eigentlich nicht lesen sollen. Ich bitte Dich des­halb, niemals irgend jemand gegenüber über die Sache die geringste Bemerkung zu machen. Ich mußte sie doch lesen, weil Frau Förster behauptete, ihr Vetter hätte gesagt, ich erschiene in der Schrift in einem sehr zweifelhaften Lichte. Ich hätte für die Gegenpartei gewirkt. Diese Behauptung ist natürlich unrichtig. Es kommt in der ganzen Streitschrift nichts dergleichen vor. Dies ist ein neuer Beweis für die eigentümliche Wahrhaftigkeit dieser Frau.

Wenn man Dir in Berlin gesagt hat, ich wollte dahin zie­hen, so geht diese Bemerkung auf Heitmüller zurück. Du weißt ja, daß ich darüber gar nichts bestimmen kann. Das muß sich alles erst aus den Verhältnissen entwickeln. Hof­fentlich wird es sich das recht bald. Wenn ich aber gefragt werde, so muß ich doch irgendwelche Absichten aussprechen,

#SE039-324

die wahrscheinlich sind. Also mache Dir, meine liebe gute Anna, keine Gedanken, wenn Du solche Dinge von Dritten hörst. Wenn etwas vorliegt, ist es doch selbstver­ständlich, daß Du die erste bist, die alles ganz genau von mir hört. Heitmüller hat mir auch geschrieben, daß er bei Bock war, um Fröhlichs neue Bilder anzusehen. Ob es für Fröhlich günstig ist, wenn er wieder zu Bock zieht? Oder beabsichtigt er, allein in Berlin zu wohnen?

Gesundheitlich geht es mir in dieser Woche besser. Wenn nur das ewige Essen im Wirtshaus nicht wäre. Ich glaube, ich habe Dir einmal vorgelesen, was Nietzsche darüber sagt: «Ich habe bis zu meinen reifsten Jahren immer nur schlecht gegessen - moralisch ausgedrückt , , , zum Heil der Köche und andrer Mitchristen. Sich zum Zweck unzureichender Ernährung auch noch den Magen verderben - dies Problem schien mir die deutsche Küche Zum Verwundern glücklich zu lösen. Aber die deutsche Küche überhaupt - was hat sie nicht alles auf dem Gewissen!» Die Wahrheit dieser Nietzscheschen Worte fühlt man, wenn man immer im Gasthaus essen muß.

Doch es ist ,/2 8, und ich muß den Brief zur Post tragen. Also auf Wiedersehen.

Herzlichst

Dein

Rudolf

#TI

488. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 2. Februar 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Ich hoffe in diesen Tagen, jedenfalls noch in dieser Wo­che, so weit zu kommen, daß ich freie Hand habe, um mit Dir Zusammen wieder irgendwo - wir wollen uns das dann

#SE039-325

aussuchen - einige Zeit zuzubringen. Wir wollen uns dann in der kurzen Zeit dafür trösten, daß wir jetzt uns so selten sehen. Meine liebe Anna, schreibe mir, wie es Dir geht in Deiner Einsamkeit und wann Du wieder nach Weimar kommst. Die Steuergeschichten sende ich mit dem nächsten Briefe. Es ist heute schon so spät. Wenn es Dir schwer ums Herz wird, so denke daran, meine gute Anna, daß wir im­mer fest aneinanderhalten wollen; wir werden schon an ein Ziel kommen. Ich möchte: Du solltest in diesem Gedanken schwerere Stunden ertragen. Schreibe mir alles, was Dich bewegt und was Dir begegnet. Ich muß mich heute kurz fassen, damit der Brief noch wegkommt.

Ist Minni schon nach Berlin abgereist? Hoffentlich fühlst Du Dich nicht zu unbehaglich in der Einsamkeit. Wie gerne wäre ich bei Dir. Aber das wird schon wieder bald werden.

Ich habe neulich in einer späten Stunde der Ermüdung den «Lebenskünstler» von G[abriele] Reuter gelesen. Hof­fentlich komme ich auch zu den andern Erzählungen bald. Ich kann nicht sagen, daß mir der Lebenskünstler sehr ge­fällt. Das Interesse ist an diesen Menschen doch ein gerin­ges. Sie sind in ihren Gefühlen zu flach und oberflächlich. Und ich habe sogar die Empfindung, die Dichterin sei in dieser Erzählung der Wirklichkeit nicht gewachsen. Wenn ein Mensch wie dieser Lebenskünstler sich in ein Wesen wie diese Lullu verliebt, dann müssen Dinge mitspielen, die hier fehlen. Es ist sonst zu unglaublich. Auch das Verhältnis zu Viola, um das sich doch alles dreht, ist viel zu skizzen-haft, als daß man ein tieferes Interesse daran nehmen könnte. Es fehlen eben überall Charakterzüge, die da sein müßten, wenn man an die Sache glauben soll. Wenn, wie Du sagst, der Erzählung eine wirkliche Begebenheit zum Grunde liegt, dann hat, meiner Ansicht nach, die Verfas­serin schlecht beobachtet und gewisse Züge übersehen, die in der Wirklichkeit gewiß da gewesen sind und die alles erst verständlich machen würden. Kurz, ich finde an dieser Sache nicht viel.

#SE039-326

Für Deine Blumen- und Kerzensendung habe allerschön­sten herzlichen Dank.

Baldigstes Wiedersehen hoffend

treulichst Dein

Rudolf

#TI

489. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 8. Februar 1897

Meine geliebte gute Anna!

Ich weiß nicht, ob ich Dir heute viel Schreiben kann, denn jeden Moment kann Dr. Koegel die Türe aufmachen, um mir die Mitteilung zu bringen von dem Resultat einer Un­terredung, die heute stattfindet zwischen Frau Förster, Naumann und Koegel. Was dabei wieder herauskommen wird? Ich habe Dir erzählt, daß Sonnabend Wahle und Fre­senius zu Mittag eingeladen waren. Die beiden erzählen haarsträubende Dinge, die ihnen Frau Förster erzählt hat. Es ist alles unglaublich. Wie sie wieder z.B. die Geschichte erzählt, warum ich jetzt mit ihr ganz auseinandergekom­men bin! Nun, darüber ein andermal mehr.

Den Brief für Günther werde ich wohl heute nicht mehr fertigbringen. Morgen aber erhältst Du ihn sicher.

Von allen Seiten drängt man mich jetzt um meine Manu­skripte. In Stuttgart will man in drei Tagen die Jean Paul-Einleitung haben, und Felber hat mir heute ganz aufgeregt geschrieben wegen des Buches «Goethes Weltanschauung». Man müßte vier Hände und zwei Köpfe haben, wenn man alle diese Leute befriedigen wollte.

Ich sorge mich sehr um Dich. Aber, meine geliebte Anna, Du weißt, ich habe Dich so lieb und bitte Dich, bleibe stark. Wir wollen jetzt in Gedanken recht fest beisammenbleiben. Und bald sehen wir uns ja auch wieder. Vielleicht kommst Du ja auch in diesen Tagen, wenn die Günthersche Sache an Dich gelangt.

#SE039-327

Schreibe mir alles, wie es Dir geht und wie Deine Stim-mung ist. Wenn Du herüberkommst, so zeige es mir so­gleich oder, es eht vorher an Ich muß ja jetzt viel arbeiten; aber es wäre mir schrecklich, wenn du etwa das wirklich ausführen wolltest, was Du das letztemal andeute­test, einmal zu kommen, ohne daß wir uns sehen. Das darf nicht sein. Heute fragte der Briefträger wegen einer an Emmy adres­sierten Postkarte. Ich sagte, er solle sie nach Stadtsulza senden, da ich Emmys Adresse nicht weiß.

Und nun hoffe ich bald entweder auf einen Brief oder darauf, Dich zu sehen.

Indessen herzlichst

Dein

Rudolf

#TI

490. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 11. Februar 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Ich warte mit Schmerzen auf einen Brief von Dir, denn ich bin wirklich recht sehr besorgt, wie Dir das Alleinsein bekommt. Schreibe mir alles, meine beste Anna, was Dich bewegt und drückt Auch sehne ich mich sehr, Dich recht bald wiederzusehen . Ich glaube, in diesen Tagen werden nun meine Arbeiten endlich zum Abschluß kommen. Und dann kann ich mich der Sorge um die Zukunft widmen. Hoffentlich geht dann alles gut.

Ich möchte mich in den nächsten Tagen um das «Maga­zin» bemühen Ich fürchte nur, Neumann-Hofer wird schon andere Bewerber haben, und ich werde am Ende zu spät kommen Felber hat die Geneigtheit ausgesprochen, die Sache - wenn sie Aussichten hat - zu kaufen und unter meiner Leitung weitererscheinen zu lassen. Übertriebene Hoffnungen habe ich natürlich nicht. Wir wollen die Sache

#SE039-328

vorderhand für uns behalten und zu niemand davon sprechen.

Zwischen Frau Förster und Dr. Koegel ist wieder eine Einigung zustande gekommen. Ich bin neugierig, wie langees diesmal hält.

Ich lebe still arbeitend. Nur vorgestern kriegte mich Zel­ler wieder dran. Er lud mich zu einem Herrenabend. Ich konnte nicht gut absagen. Und da wurde es denn wieder einmal recht spät. Für mich taugt das jetzt gar nicht.

Morgen Sonnabend kommt Max Koch hierher, um einen Vortrag hier zu halten. Du erinnerst Dich wohl noch an ihn. Er war im Frühling bei uns gelegentlich des Shake-speare-Tages. Leider wird das auch wieder Zeit kosten.

Meinen in Sangerhausen gehaltenen Nietzsche-Vortrag möchte ich später gerne noch an anderen Orten halten, wenn sich Aussicht bietet, einiges damit zu verdienen. Da er dort guten Eindruck gemacht hat, so hoffe ich, doch auch anderwärts damit Glück zu haben.

Beifolgend den Brief an Günther. Die Dokumente ver­wahre ich gut. Es ist nicht empfehlenswert, sie im Briefe zu senden. Ich werde sie Dir deshalb nächstens selbst geben. Die Steuersache schreibe ich Dir aber morgen ganz gewiß auf.

In Treuen

Dein

Rudolf

#TI

491. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 15. Februar 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

In den letzten beiden Tagen gab es mancherlei. Als Du vorgestern eingestiegen warst, traf ich den Gymnasiallehrer Francke und Felber auf dem Bahnhofe, die auf Max Koch

#SE039-329

warteten. Ich wartete nun auch noch die paar Minuten, bis Koch kam. Um 1/2 8 Uhr war dann der Vortrag. Nach dem­selben waren wir noch etwas beisammen. Der Vortrag hat niich sehr enttäuscht. Ich habe immer sehr viel von Koch gehalten. Dieser Vortrag aber war sehr schwach. Gestern vormittag war ich dann mit Koch zusammen zum Früh­stück bei Felber, mittags bei Francke, der mit Koch be­freundet ist und bei dem er auch gewohnt hat. Abends hatte ich dann mit Koch ein Gespräch über das Buch, das ich schreibe. Ich entwickelte ihm meine Ideen, und da sagte er dann: Man wird recht kleinlaut, wenn man solche Ideen hört. Wie wenig, meinte er, könne er dagegen bieten. Wenn man solches hört, möchte man bitter darüber werden, daß man gelobt wird, daß aber niemand Mut und Neigung hat, einem Gelegenheit zu verschaffen, das, was man kann, in entsprechender Weise zu verwerten, und [daß] einem das Leben gar so schwer gemacht wird.

Meine geliebte Anna, Du hast mich vorgestern recht be­sorgt gemacht. Ich bitte Dich recht sehr, auf das Verspre­chen zu achten, das Du mir gegeben hast. Du mußt es tun, um Deine Gesundheit zu erhalten und zu stärken. Wenn wir die Schwierigkeiten der nächsten Zeit überwinden wol­len, müssen wir fest zusammenhalten, und dazu gehört auch, daß Du recht gesund bleibst.

Ich sende Dir eine Ankündigung meiner Schrift «Goethes Weltanschauung» mit und bitte Dich, sie mir sofort zurück­zusenden. Ich hoffe, daß mein Buch das h4ten wird, was der Buchhändler in dieser Anzeige verspricht.

Wenn es Dir gar zu schwer ums Herz wird, komme. Wir werden uns jetzt auch sonst bald sehen. Ich sehne mich sehr danach. Aber schreibe mir auch alles: wie Du lebst und gestimmt bist.

In Treuen

Dein

Rudolf

492. AN ANNA EUNIKE

#G039-1985-SE330 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

492. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 18. Februar 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Ich sende Dir also beifolgend die von mir abgeschriebene Fassion. Schreibe sie gleich noch einmal ab und bringe sie nach Apolda. Ich glaube, Du wirst Dich auskennen in der Art, wie ich sie geschrieben habe.

Viel kann ich Dir heute nicht schreiben, denn meine Jean Paul-Einleitung geht zu langsam vorwärts. Ich fahre jeden falls erst morgen. Ich muß diese Einleitung noch absenden. Ich habe bereits Neumann-Hofer mitgeteilt, daß ich dann komme. Ich bleibe nur so lange in Berlin, als es unbedingt nötig ist. Dann hoffe ich Dich recht bald wiederzusehen. Ich bitte Dich, meine gute Anna, sorge für Deine Gesund-heit und hüte Dich, so gut es geht, vor Aufregungen. Ich schreibe Dir jedenfalls von Berlin aus, was dort für Aussichten sind.

Treulichst

Dein

Rudolf

#TI

493. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 19. Februar 1897

Sehr geehrte Herren!

Mitfolgend der erste Teil des Manuskriptes der Einlei­tung zu Jean Pauls «Ausgewählten Werken». Der Rest kann jedenfalls heute noch nachfolgen. Ich bitte Sie, die Verzöge­rung zu entschuldigen. Ich konnte die Ablieferung nicht schneller bewirken. Die Korrektur werde ich auf das aller-schnellste besorgen.

Mit besonderer Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-331

#TI

494 AN ANNA EUNIKE

#TX

Berlin, 21. Februar 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Gestern, Sonnabend, morgens bin ich hier angekommen. Der Tag verging mit Verhandlungen. Soviel ich beurteilen kann, wird die Sache mit dem «Magazin» sich machen las­sen. Ich habe mit N[eumann] H[ofer] eine Form verein bart, die sich verwirklichen laßt wenn Felber standhalt Danach pachte ich das Blatt fur jahrliche 500 Mark von Neumann Hofer und Felber pachtet das Blatt von mir fur jährliche 3500 Mark Dafur ginge das Blatt in seinen Verlag über. Da die Abonnentenzahl wenn auch nicht gerade glan zend, so doch derart ist daß bei rechtem Betrieb ein kleiner Verdienst fur den Verlag moglich ist so scheint mir die Sa che augenblicklich nicht ungunstig zu liegen

Morgen vormittag werde ich nun mit Felber weiter verhan­deln. Ich fahre also heute nachmittag bereits wieder zurück.

Meine vielgeliebte gute Anna! Wenn es Dir paßt, so könntest Du morgen Montag nach Weimar herüberkom­men. Ich werde zwar gerade morgen, da ich eben auch mit Felber zu verhandeln habe, sehr beschäftigt sein, allein ein Stündchen wird sich schon finden, in dem ich Dir die ganze Magazin-Angelegenheit genau erzählen kann.

Von Bekannten habe ich bis jetzt nur gesehen die «Ver­brecher», an deren Tisch ich war, als ich um 12 Uhr von Char­lottenburg zurückgekehrt war, wo Neumann-Hofer wohnt.

Heitmüller muß ich wohl aufsuchen; das Gegenteil würde er sehr übelnehmen. Sonst, glaube ich wohl, werde ich niemand aufsuchen, da die Zeit viel zu kurz ist.

Halte Dich in guter Stimmung, meine geliebte Anna, so gut es geht. Hoffentlich wird bald alles besser für uns.

Also vielleicht morgen auf Wiedersehen!

Treulichst

Dein Rudolf

#SE039-332

#TI

495. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 5. März 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Nun wollen wir hoffen, daß Du die Zeit, die Du noch allein zubringen mußt, in Jena zufriedener und besser ver­lebst, als es Dir in Sulza gelungen ist. Wenn ich nur ein wenig dazu beitragen könnte! Aber hoffentlich wird bald alles besser. Schreibe mir nur ja, wie Du lebst und in wel­cher Stimmung Du bist. Und wenn es Dir schwer ums Herz wird, dann komme.

In diesen Tagen müssen nun endlich auch meine Arbeiten zu Ende gehen.

Von Neumann-Hofer habe ich eine weitere Nachricht noch nicht, hoffe aber jeden Tag auf eine solche. Mittwoch, als ich vom Bahnhof, wohin ich Dich begleitet hatte, nach Hause kam, fand ich ein Telegramm Koegels vor, in dem er folgendes drahtete: «Elisabeth proponiert mir Übernahme Magazin: Erbitte Drahtantwort, ob ich Sie morgen früh Weimar sprechen kann». Ich telegraphierte sofort zurück, daß ich ihn erwarte. Schon Donnerstag früh aber kam ein Eilbrief Koegels, in dem er mir sagte, daß Frau Elisabeth F[örster]-N[ietzsche] ihn wieder einmal entlassen wolle, dafür aber Naumann bewegen wolle, das «Magazin» zu kaufen und Koegel zum Redakteur zu machen. Das wäre ja schlau über die Maßen. Koegel wollte mit mir sprechen, um zu erfahren, wie weit die Verhandlungen wegen des «Maga­zins» mit mir gediehen seien, denn er sollte Donnerstag nachmittag den jungen Naumann nach Erfurt zu Neu­mann-Hofer begleiten. Ich konnte Koegel den Stand meiner Verhandlungen nicht mitteilen, da ich nicht wußte, ob Neu­mann-Hofer mit einer solchen Mitteilung einverstanden ist. Ich darf ja von der Sache noch nicht reden. Abends kamen Naumann und Koegel zurück und blieben einige Stunden in Weimar, um mit mir zu sprechen. Ich halte aber die ganze Sache mit Naumann vorläufig für ungefährlich. Denn zwi­schen

#SE039-333

mir und Neumann-Hofer und mir und Felber liegen ja die Verträge vor. Hoffentlich pantscht nicht im letzten Augenblicke noch jemand in die Sache hinein.

Heute kam ein neues Buch von Paul Scheerbart an. «Ich liebe Dich». Ein Eisenbahnroman. Darinnen ist auch das von mir öfter erwähnte Gedicht

Putz! Putz!

Ein Kronenlied

Putz mir meine Krone,

Denn ich will spazierengehn!

Sei mein Leibhurone!

Aller Welt zum Hohne

Gehn wir auf den kleinen Zehn.

Putz mir meine Krone!

Putz sie mir recht blank!

Kriegst auch eine Feder

Und ein Ei zum Dank. -

Und auch das andere:

Es ist doch sehr wunderbar,

Daß die Nacht so dunkel ist,

Alle Sterne schliefen ein -

Auch der schöne Mondenschein,

Und ich finde nicht nach Haus,

Tappe, taste so mich weiter.

Stolpre, falle, liege, denke -

Doch die Nacht bleibt dunkel -

All das viele Glanzgefunkel

Ist total verschwunden.

Das ist doch sehr wunderbar,

Daß die Nacht so dunkel ist.

Warum ist sie dunkel?

O du Rätsel der Nacht!

#SE039-334

Schön ist doch auch die folgende

«Logische Vignette»

Horch! Draußen im sonnigen Äther brausen

Neunhundertneunundneunzig Tausend neun-

­hundertneunundneunzig Myriaden großer

Riesenorgeln mit Pauken und Posaunen!!

Und die Ziegen meckern

Und die lilablauen Blumen wachsen...

denn es ist alles eitel.

Von Scheerbarts Hand ist auf das Buch geschrieben: S[ei­nem] l[ieben] Rudolf Steiner mit den tollsten Sturmgrüßen P[aul] S[cheerbart]. Ernst soll der Mensch die Welt nehmen (Aristipp). Ho! Hei! Ha! -

Also auf Wiedersehen

treulichst Dein

Rudolf

#TI

496. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Weimar, 11. März 1897

Sehr geehrte Herren!

Endlich bin ich in der Lage, Ihnen den Schluß der Einlei­tung zu Jean Pauls «Ausgewählten Werken» zu übersenden. Ich hoffe, daß dieselbe den Raum von einem Bogen, den Sie mir zugemessen haben, nicht zu sehr übersteigt. Nochmals bitte ich viele Male um Entschuldigung wegen der Verzöge­rung. Die Korrektur und Revision, deren Eingang ich ent­gegensehe, werde ich allerschnellstens besorgen.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

#SE039-335

#TI

497. AN ANNA EUNiKE

#TX

Weimar, 16. März 1897

Meine vielgeliebte Anna!

Ich muß mich heute kurz fassen und Dir nur das Resultat der gestrigen Verhandlungen mitteilen: Ich übernehme also am 1. Juli Herausgabe und Redaktion des «Magazins». Für den 1. April ließ es sich nicht mehr bewerkstelligen. Heute mittag ist Neumann-Hofer wieder abgefah ren. Alles andere erzähle ich Dir, wenn Du kommst, oder ich schreibe es Dir noch. Es ist höchste Zeit, wenn diese Zeilen noch zur Post kommen sollen.

Mit herzlichsten Grüßen

treulichst

Dein Rudolf

#TI

498. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 24. März 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Oft betrübt mich der Gedanke, daß ich Dir die Zeit des Alleinseins nicht erträglicher machen kann. Aber habe Ge­duld, meine beste Anna, das wird ja alles anders werden. Du warst zeitweilig so traurig, als Du das letzte Mal hier warst. Ich hätte gerne bessere Worte gefunden, Dich zu trö­sten und Dich zu beruhigen. Aber mir liegt jetzt mein Buch so schwer auf der Seele. Ich brenne auf den Tag, an dem es in den Druck endlich gehen kann. Dann erst werde ich auf­atmen können. Es muß in den allernächsten Tagen dazu kommen. Ich bin mit ganzem Herzen bei der Sache, und gerade deshalb wird sie wohl so langsam vorschreiten.

Vielleicht interessiert Dich das eine oder das andere in den beifolgenden Kritik-Heften. Es sind nicht alle, die ich habe. Die andern sende ich später.

#SE039-336

Heute wehen hier von allen Häusern die Trauerfahnen. Gestern abend ist ganz plötzlich die Großherzogin gestor­ben.

Schreibe mir doch recht bald, wie Du Dich fühlst und was Du machst. Und wenn es Dir schwer wird, dann komme. Vielleicht interessiert es Dich auch, den Trauerzug zu sehen. Ich weiß noch nicht, wann das Begräbnis stattfin­det. Vor Montag wohl kaum.

Die neue Wildenbruchiade «Willehalm» habe ich noch nicht gesehen. Hast Du den Artikel von Maximilian dem Großen darüber gelesen? Er gibt auch dem Stück «1812» eins ab, von dem Du mir gesagt hast, daß es auch Genis Gemüt zu erheben ausersehen war. Vielleicht schreibt Dir auch Geni über das Stück. Und es ware immerhin interes­sant, zu hören, wie es auf die Kinder gewirkt hat.

Also auf recht baldiges Wiedersehen

treulichst Dein

Rudolf

#TI

499. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 11. April 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Es war mir gestern und heute nicht möglich, ein Konzept des bewußten Briefes zu machen. Aber sicher morgen in aller Frühe. Du erhältst es dann wohl auch noch morgens. Für heute nur die paar Worte, daß ich leidlich wohl bin. Hoffentlich ist das auch bei Dir der Fall. Wenn ich nur schon mit meiner Arbeit fertig und nicht mehr so gedrängt wäre! Du solltest Dir aber, meine liebe Anna, ja nicht solche Gedanken machen, wie Du sie in Deinem letzten Briefe ge­schrieben hast. Du weißt gar nicht, wie unbegründet das alles ist.

Auf baldigstes Wiedersehen Dein

Rudolf

#SE039-337

#TI

500. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 14. April 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Verzeihe, daß ich Dir erst jetzt das versprochene Kon­zept schicke. Aber ich muß in diesen Tagen mit dem Buche fertig werden . Es ist die höchste Zeit. Ich bin auch jetzt über alle Schwierigkeiten der Arbeit hinweg, und ich glaube, es wird jetzt nur noch die allerkürzeste Zeit ver­gehen, bis ich Dir schreiben kann: Es ist fertig.

Der Brief an Fr. B. ist meiner Ansicht lang genug. Er braucht nicht mehr zu enthalten, als was ich geschrieben habe. In den Worten liegen alle Vorbehalte angedeutet, die Du machen mußt Mehr brauchst Du nicht zu sagen. Wie geht es Dir? Wann kommst Du wieder nach Weimar?

Schreibe mir recht bald wie es Dir geht und wie Du ge­stimmt bist. Nur mache Dir, meine liebe gute Anna, nicht weiter solche Gedanken, w'ie Du sie in Deinem letzten Briefe geschrieben hast.

In Treuen

Dein

Rudolf

#TI

501. AN ROSA MAYREDER

#TX

Weimar, 18. April 1897

Geschätzteste gnädige Frau!

Bevor ich selbst nach Wien komme, muß ich eine Bitte an Sie richten Arn 22 April trifft mein Freund, Dr Otto

Neumann-Hofer der zukunftige Direktor des Berliner

Lessing-Theaters in Wien ein Sie wurden mir einen großen Dienst erweisen, wenn Sie es ubernehmen wollten, fur ihn im Matschakerhof ein Zimmer vorauszubestellen Er möchte gern ein Zimmer mit einem gutbeleuchteten

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Schreibtisch. Ich selbst komme am 22. oder spätestens 23. nach Wien. Ich habe diesmal viel mit Ihnen zu besprechen.

Im Vertrauen teile ich Ihnen mit, daß ich am 1. Juli die Herausgabe und Redaktion des «Magazins für Literatur» übernehme. Ich bitte Sie, mit niemandem über, die Sache zu sprechen. Ich rechne sehr auf Ihre Beiträge und möchte manches mit Ihnen besprechen.

Daß ich noch nicht dazu gekommen bin, über Ihr letztes Buch etwas zu schreiben, wie ich mir vorgenommen, tut mir sehr leid und ist dem Umstande zuzuschreiben, daß ich diesen Winter böse Zeiten zugebracht habe.

Mit den herzlichsten Grüßen an Ihren lieben Gemahl

und auf Wiedersehen

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

502. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 24. April 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Ich habe meine Abreise noch verschieben müssen. Heute oder morgen werde ich aber sicher fertig. Ich habe an Neu­mann-Hofer telegraphiert. Ganz bestimmt kann ich noch nicht sagen, wann ich reise. Spätestens wohl Montag. Ich will es jedenfalls so einrichten, daß wir, uns, wenn auch kurz, vorher noch sehen. Wie, das werde ich schon einrich­ten. In Wien versäume ich ja vorläufig noch nichts, und das Buch muß jetzt fertig werden.

Also auf Wiedersehen

Dein

Rudolf

#SE039-339

#TI

503. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 27. April 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Endlich heute nacht oder morgen vormittag werde ich Schlußpunkt machen können. Da ich in Wien noch nichts versäume, macht es nichts, wenn ich noch nicht dort bin. Wenn ich es irgendwie einrichten kann, daß wir uns vor der Reise noch sehen, so tue ich es. Es wäre übrigens auch hübsch, wenn Du morgen auf ein paar Stunden herüberkä­mest. Denn ich glaube bestimmt, wenigstens bis 12 oder i [Uhr] sicher fertig zu sein.

In Treuen

Dein

Rudolf

#TI

504 AN ROSA UND KARL

#TX

Wien [, Ende April 1897]

Geschätzteste gnädige Frau und lieber Herr Professor!

Als ich im Hotel ankam, fand ich Karte von N[eumann]­Hofer vor mit Weisung, ihn im Volkstheater aufzusuchen. Ich komme nun aber doch nach Schluß hieher in den Mat­schakerhof. Falls N[eumann]-H[ofer] bereits eine andere Verabredung getroffen hat, können wir ja nachkommen.

Also auf Wiedersehen nach dem Theater

Ihr

Steiner

#SE039-340

#TI

505. AN ANNA EUNIKE

#TX

Wien, 4. Mai 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Sei mir nicht böse, daß ich erst heute schreibe. Es geht hier von einem Dinge zum andern. Alle Wege sind weit und überall muß man ewig warten. Daß ich gesund ange­kommen bin, hast Du wohl aus meinem Telegramm ent­nommen. Die Geschichte mit dem «Magazin» geht vor­wärts, aber langsam, und ich kann augenblicklich noch nicht sagen, wann ich zurückreise. Deine Sendungen habe ich erhalten; bitte schicke mir vorläufig alles sogleich, wie wir es besprochen haben. Ich denke immerzu an Dich. Hof­fentlich gefällt es Dir in den Stuben am Museumsplatz! Daß Du mir einen langen Brief in Aussicht stellst, freut mich sehr. Wenig Erfreuliches habe ich im Spechtschen Hause gefunden. Der älteste Sohn Richard ist schwer krank und mit seiner Mutter in Italien. Bisher habe ich von Spechts nur den Herrn Specht, meinen guten Schüler Otto, der eben sein Freiwilligenjahr, abdient, Frau Helene Specht, die Mut­ter des vielbesprochenen Hans, und diesen selbst gesehen. Hans ist groß geworden und sieht recht mäßig aus.

Die Suche nach Mitarbeitern für, das «Magazin» ist nicht leicht. Einen Theater- und einen Musikkritiker zu finden, die passen, ist eine elende Aufgabe. Der eine schreibt schlecht, der andere hat ein großes Maul, na und so weiter.

Zitter habe ich noch nicht gesehen, weil er zur Erholung in der Nähe von Wien ist und ich keinen Schritt noch von Wien hinaus habe machen können. Frau Mayreder habe ich mehrmals gesehen. Sie hat sich sehr liebevoll nach Dir er­kundigt und läßt schönstens grüßen. Im Matschakerhof wohnt man recht bequem. Es ist ein altes nettes Hotel ohne modernen Prunk und Luxus und in der Mitte der Stadt. Für morgen muß ich bei Stavenhagen, der eine Art Abschieds-feier für mich veranstaltet, absagen. Das muß ich sehr diplo­matisch machen. Doch wird der Alte genug murren. Ich

#SE039-341

kann aber noch nicht fort. Also schreibe mir bald, recht bald, wie es geht. Ich will jetzt auch öfter schreiben.

Auf Wiedersehen

treulichst Dein

Rudolf

#TI

506. AN ANNA EUNIKE

#TX

Wien, 7. Mai 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Morgen ist Dein Geburtstag. Ich sende Dir zu demselben die herzlichsten Grüße. Ich werde ihn hier im Stillen feiern und in Gedanken bei Dir sein. Gestern abend habe ich Strindbergs «Vater» gesehen. Es war sehr interessant. Gehe doch zu Heuss und kaufe Dir das Büchelchen aus der Uni­versalbibliothek und lese es. Die «Magazin»-Sache mit dem Bühnenverein hat sich bis jetzt gut abgespielt. Wir werden die hundert Abonnenten wohl bekommen. Musik- und Theaterreferenten habe ich aber noch nicht gefunden. Hier in Wien ist alles, was jung ist, noch sehr jung, das heißt grün. Das andere ist alt und schreibt nur ausgeleiertes Zeug. Frau Mayreder fühlt sich nicht stark genug, um über Thea­tererscheinungen zu schreiben. Sie will nur über Malerei schreiben, weil sie in dieser sich bewandert fühlt. Ich muß also weitersuchen. Heute oder morgen gehe ich zu Her­mann Bahr, den ich bis jetzt nur gestern flüchtig im Theater gesprochen habe. Falls die «Zeit» eingetroffen ist, so lese doch, meine gute Anna, Bahrs Artikel über Emanuel Reicher. Dieser spielte gestern hier Strindbergs «Vater». Wir waren nach dem Theater mit Reicher auch ein Stünd­chen noch zusammen, allerdings ohne Hermann Bahr. Denn Neumann-Hofer und Bahr stehen miteinander schlecht.

#SE039-342

Sonst ist es in Wien jetzt gar nicht besonders angenehm. Ewig schlechtes Wetter. Regen und Kälte zum Entsetzen. Ekelhafter Mai.

Wann ich reise, kann ich noch immer nicht sagen.

Auf Wiedersehen

treulichst Dein

Rudolf

#TI

507. AN ANNA EUNIKE

#TX

Wien, 9. Mai 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Habe herzlichsten Dank für, Deinen lieben Brief. Der­selbe ist eben erst in meine Hände gelangt, da ich gestern nachmittag viel zu laufen hatte und vom Briefträger nicht angetroffen werden konnte. Gestern habe ich auch mit Her­mann Bahr gesprochen, der sehr liebenswürdig auf meine Wünsche eingegangen ist. Abends war ich im Raimund-Theater bei der Erstaufführung von Emil Marriots «Hei­ratsmarkt». Du weißt: es ist dieselbe Dame, von der wir neulich anknüpfend an «Gretes Glück» gesprochen haben. Das Stück fiel ab. Es ist recht schwach und enttäuscht dieje­nigen, die Marriot aus ihren besseren Werken kennen. Schade, daß sie sich auf ein Gebiet einläßt, auf dem, wie es scheint, ihr Talent vollständig versagt. Sie bringt nur alte Ableger der Wiener Frauenbewegung aus der Zeit der sieb­ziger Jahre. Man bekommt einen Eindruck, als ob sie die letzten zwanzig Jahre vollständig verschlafen hätte.

Ich hoffte, delle Grazie in der Vorstellung zu treffen. Sie war aber nicht da. Ich werde wohl heute nachmittag hinge­hen. Heute abend will ich mit Max Halbe, dem Verfasser der «Jugend», zusammen sein.

Leid ist mir, daß ich vor Mittwoch doch wohl kaum werde zurückkommen können. Ich muß noch eine Zusammenkunft

#SE039-343

Hermann Bahrs mit Neumann-Hofer in einer wichtigen Angelegenheit herbeiführen und weiß nicht, wann diese möglich sein wird.

Auf den Weimaraner Quatsch möchte ich keine zwei Worte wenden, wenn Du Dich, meine vielgeliebte Anna, nicht so beunruhigtest. Ich weiß tatsächlich gar nicht, wo­her er kommen kann. Ich glaube, ich bin in letzter Zeit in Weimar überhaupt recht wenig auf der Straße gesehen wor­den. Mit einer zweideutigen Person! Es ist nach jeder Rich­tung hin zum Lachen. Von allem übrigen abgesehen, ich würde mich doch sehr hüten, in Weimar mit irgendeiner zweideutigen Person auf der Straße herumzugehen. Kurz, ich weiß die tatsächliche Grundlage des ganzen Quatsches nicht zu finden.

Wann sehen wir uns, meine geliebte Anna, wenn Du schon Mittwoch abreisest? Ich komme jedenfalls auch bal­digst nach Berlin.

Wiener Theater mußte ich einige sehen als Vorbereitung für die Theaterkritik. Leider ist eigentlich nicht viel zu sehen. Wien ist entschieden in jeder Beziehung zurück­gegangen.

Nun noch ein paar Worte. Beunruhige Dich doch ja nicht, meine liebe Anna. Du solltest mich besser kennen. Lasse Dir doch keine Dummheiten in den Kopf setzen.

Was macht man in Weimar sonst? Nicht wahr, Du schreibst mir, bevor Du abreisest, noch? Ich hätte in den ersten Tagen meines Hierseins gewiß geschrieben, aber da kostete mich das ewige Warten auf die Entscheidung des Bühnenvereins endlose Zeit.

In Treuen

Dein

Rudolf

#SE039-344

#TI

508. AN ROSA MAYREDER

#TX

Wien, 13. Mai 1897

Geschätzteste gnädige Frau!

Es tut mir sehr leid, gestern zur verabredeten Stunde ver­hindert gewesen zu sein. Heute bin ich sehr beschäftigt. Morgen aber werde ich gewiß bei Ihnen vorsprechen.

Also auf Wiedersehen

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

509. AN DIE J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER

#TX

Wien, 16. Mai 1897

Sehr geehrte Herren!

Verzeihen Sie, daß ich Ihnen erst heute die Korrektur der Einleitung zu Jean Paul nebst meinen Vorschlägen sende.

Meiner Ansicht nach ist die beste Auswahl und Ver­teilung für die acht Bände die folgende:

Band 1

Band2 Vorschule der Ästhetik

Band 3

Band 4

Band 5 } Titan

Band 6

Band 7 Flegeljahre

Band 8 Des Rektors Fälbeis und seiner Primaner Reise nach dem Fichtelberg; Leben des Quintus Fix­lein aus fünfzehn Zettelkästen gezogen; Leben des vergnügten Schulmeisterleins Maria Wuz in Auenthal.

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Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Ihnen mit diesen meinen so verspäteten Vorschlägen noch dienen könnte.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

Vom 19. ab wieder: Weimar, Museumsplatz 6

#TI

510. AN ROSA MAYREDER

#TX

Wien, 16. Mai 1897

Geschätzteste gnädige Frau!

Gestern konnte ich nicht Wort halten. Ein gräßlicher Kopfschmerz hinderte mich daran. Morgen möchte ich Sie auf jeden Fall noch sehen, da ich länger kaum bleiben kann. Ich bitte Sie, wann ist es Ihnen am liebsten?

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

511. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 23. Mai 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Aber, aber wer wird sich denn so schwere und drüc­kende Vorstellungen in den Kopf setzen! Ich mache mir jetzt die bittersten Vorwürfe, so lange nicht geschrieben zu haben, aber daß Du dadurch in solche Angst versetzt wirst, meine gute Anna, das hätte ich mir nie und nimmer vorge­stellt. Ich meine, Du solltest mich doch besser kennen. Erst wußte ich wirklich Deine Berliner Adresse nicht, denn ich konnte mich an die Bocks durchaus nicht erinnern und Du hast sie mir in Deinem letzten Weimarer Briefe nicht ge­schrieben. Dann wollte ich von Zug zu Zug abreisen und

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hastete sehr. Wenn ich eine Ahnung von Deiner Beängsti­gung gehabt hätte, dann hätte ich Dir, aber, lieber jeden Tag geschrieben. Ich bitte Dich aber, suche so schnell als nur möglich alle diese Gedanken aus Deinem Kopfe zu entfer­nen. Es hat sich mir, alles jetzt so zusammengedrängt. Zwi­schen allen Laufereien mußte ich die Korrekturbogen mei­nes Buches lesen, das inzwischen fer,tig geworden ist. Wenn sich alles so schnell abgespielt hätte, wie ich es gewollt habe, dann wäre ich jetzt bereits in Berlin und könnte Dir, man­ches erzählen. Es ist zwar alles gegangen, aber langsam. Auf der Rückreise mußte ich mich in Dresden aufhalten, um mit Wiecke im Auftrage Neumann-Hofer,s zu sprechen. Doch bitte ich Dich, nichts davon zu sagen, daß ich bei Wiecke gewesen bin, denn es muß strengstes Geheimnis bleiben, da der Zweck zu durchsichtig ist.

Heute 1/2 2 bin ich nun endlich angekommen. Aus einem vorgefundenen Briefe von Dir, ersehe ich Deine Aufregung, diese ganz unbegründete Aufregung. Ich habe deshalb so­gleich an Dich telegraphiert. In Wien war alles schwer zu machen. Die Wege sind entsetzlich weit und das Wetter war dauernd geradezu entsetzlich.

Ich habe doch keine Zeit gefunden, alte Freunde viel auf­zusuchen. Denke Dir, sogar Zitter, habe ich erst Freitag abends das erste und einzige Mal gesehen. Ich konnte ihn nicht aufsuchen. Er wohnt in einem Dorfe, das man von Wien aus in einer Stunde mit der Eisenbahn erreicht. Ich habe ihn deshalb gebeten, nach Wien zu kommen, und wir haben dann den letzten Abend zusammen zugebracht. Der Ärmste fühlt sich sehr krank und ist recht ängstlich über seine Krankheit; ich glaube, zu ängstlich, obwohl ich den Ernst dieser Krankheit gar nicht gering veranschlagen möchte.

Delle Grazie konnte ich nicht sprechen. Professor Müll­ner, ihr, Gönner,, ist in der letzten Zeit schwer an einer Herzbeutelentzündung erkrankt gewesen und mußte zu seiner Erholung nach Italien gehen. Dahin hat ihn delle

#SE039-347

Grazie begleitet. Auch Frau Specht mit ihrem Sohne sind während meiner Wiener Anwesenheit nicht aus Italien nach Wien zurückgekommen. Ich konnte nur die andern Mit­glieder der Familie sehen. Hans, von dem wir oft gespro­chen haben, ist ein zwölfjähriger hochaufgeschossener Junge geworden, der gar nicht gut aussieht.

Mit Hermann Bahr war ich noch öfter beisammen. Er ist der alte liebe Mensch geblieben. Seine Frau ist eine Wiener Schönheit. Für mein Blatt zu schreiben, hat er mir zugesagt.

Wiederholt war ich noch in einzelnen Wiener Theatern. Eine vorzügliche Vorstellung im Volkstheater des Haupt­mannschen «Biberpelzes» mit Frau Schmittlein in der Hauptrolle war ausgezeichnet. Was ich sonst noch an Thea­tervorstellungen gesehen habe, ist kaum der Rede wert. Eine Menge Leute habe ich kennengelernt. Ich werde Dir noch manches erzählen. Wann ich von hier abreise, kann ich nun noch nicht ganz genau sagen. Doch viele Tage halte ich mich sicher nicht auf. Ich freue mich, daß wir uns bald sehen und sehne mich sehr danach.

Fresenius hat oft in der Wohnung nach mir gefragt. Er und Heitmüller sind die einzigen, die ich bis jetzt gesehen habe. Fresenius hat mich sogar gestern abends am Bahnhofe erwartet. Weil ich an Felber telegraphiert hatte, daß ich Sonnabend abends käme. Durch den notwendigen Dresde­ner Aufenthalt hat sich das alles wieder verzögert.

Ich finde hier einen ganzen Pack von Akten vor, die sich auf den Fall Koegel-Förster beziehen. Ich sah sie flüchtig durch. Was die Frau wieder von neuem will, weiß ich noch nicht. Es scheint als ob sie neue Beziehungen zwischen mir und der Nietzsche-Ausgabe knüpfen will. Unglaublich! Deshalb auch das Telegramm von Koegel. Übrigens hat ir­gend jemand das einsame Haus in der Nähe des Felsenkel­lers für Nietzsche angekauft. Dahin soll er nun gebracht werden, und Frau Förster will ihn dort pflegen. Ich weiß nicht, ob Du Dich an dieses einsame Haus, das die Leute hier «Villa Silberblick» nennen, erinnerst.

#SE039-348

Ich danke Dir,, meine vielgeliebte gute Anna, für die Mühe, die Du auf meine Sachen gewandt hast. Hoffentlich hat es Dir, die Tage, die Du in meiner, Wohnung hier ver­bracht hast, gut gefallen. Die Bleistiftchen und Schokoläd­chen begrüßten mich. Heute abend will ich hier die «Mei­stersinger» ansehen. Stavenhagen hat vor meiner Abreise nach Wien viel von dieser, Vorstellung, auf die er viel Zeit und Mühe verwandt hat, gesprochen. Es wird wohl das letzte Theaterereignis sein, das ich in Weimar mitmachen werde. In Dresden habe ich die vier, letzten Akte der «Ver­sunkenen Glocke» gesehen. Für den ersten traf mein Zug zu spät ein. Wiecke war als Heinrich ganz vorzüglich. Sonst war an der Vorstellung nicht sonderlich viel. Hast Du den «Vater,» gelesen?

Also, meine liebe Anna, mache Dir keine bösen Gedan­ken mehr, und die Du Dir gemacht hast, schlage Dir so schnell wie möglich aus dem Kopfe. Sage immerhin, ich sei schreibfaul, aber suche doch ja nicht nach Dingen, die nicht da sind und nie da sein können. Wie kommst Du nur zu solchen Vorstellungen? Du solltest das nicht, da Du mich doch kennst.

Fresenius sagt mir, daß er Dienstag seinen lang projek­tierten Abend geben will. Crompton möchte ich noch heute aufsuchen. Mit Felber habe ich notwendig zu sprechen. Der ist unglücklich darüber, daß das Buch noch immer, nicht erschienen ist. Die Leute glauben alle, man könne zaubern.

Hoffentlich denkst Du nach Empfang dieses Briefes nichts Schlimmes mehr. Wir sehen uns bald in Berlin, und ich hoffe meine gute Anna wieder, frei von aller Ängstlich­keit, die sie gar nicht hätte befallen sollen, zu finden.

Oldens und Otto Erich zusammen haben mir von Rom aus eine Karte geschrieben, die ich hier, vorfinde. Hier, liegt auch eine Nummer, der «Zeit», in welcher, Bahr, über die Vorstellung des «Vater» geschrieben hat. Hast Du den lesenswerten Aufsatz noch gelesen?

Daß Fräulein Reuter sich verlobt haben soll, habe ich

#SE039-349

auch in Wien durch Max Halbe und seine Frau gehört. Der Mann soll Professor Rüttenauer sein. Fresenius erzählt mir aber, daß die Verlobung wieder aufgehoben sein soll. Da er dies aber von Frau Erber gehört hat, wird es wohl nicht wahr sein. Hat Dir Fresenius übrigens erzählt, daß er zu einem Abend bei Erbers eingeladen war? Da scheint es nämlich sehr komisch gewesen zu sein.

Also wann reisen Bocks ab? Du hast mich hoffentlich wegen meines Nichtschreibens an Bock entschuldigt. Wenn sie noch da sind, grüßest Du sie wohl von mir. Ich schreibe baldigst wieder.

Treulichst

Dein

Rudolf

#TI

512. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 26. Mai 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Aus Deinem Briefe, meine vielgeliebte Anna, ersehe ich, wie groß Dein Schmerz in den letzten Tagen war. Ich mache mir jetzt die bittersten Vorwürfe darüber, daß ich Dich so lange auf einen Brief habe warten lassen. Die Hast dieser Tage hat die Schuld daran. Indes kannst Du versichert sein: hätte ich geahnt, daß ich Dich so beunruhige, hätte ich lie­ber manches aufgeschoben, um Dir zu schreiben. Nun aber bitte ich Dich, doch die schmerzlichen Empfindungen zu vergessen. Wahrscheinlich sehen wir uns schon Montag, wenn es irgend angeht. Vier Wochen möchte ich ja ohnedies in Berlin haben, um mich einzuleben. Wenn ich überdenke, wie Du Dich, meine liebe Anna, abgequält hast, möchte ich aber am liebsten im Augenblicke nach Berlin fahren, um Dich persönlich zu beruhigen. Du hättest aber das Ver­trauen zu mir haben sollen, um ein Nichtschreiben nicht sogleich auf allerlei böse Dinge zu deuten. Ich habe Dich so oft gebeten, Dir doch ja in der Richtung, die Du in Deinen

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Briefen angibst, keine bösen Gedanken zu machen. Warum sagst Du z.B., ich sei an «großartige Worte» jetzt gewöhnt ? Wie sollen mir Solche Dinge einen besonderen Eindruck machen? Wenn ich nur einmal erreichen könnte, daß Du weißt, wie grundlos es ist, wenn Du Dich mit solchen Gedanken abquälst. Kein Mißtrauen, meine gute Anna! Solange Du nicht dieses unglückselige Mißtrauen aus Dir verbannst, wird Dich jede Kleinigkeit ängstigen. Du wirst beständig Dinge, an denen nichts ist, falsch deuten. Du ge-brauchst solch aufgeregte Wendungen in Deinen Briefen und noch Montag, nachdem Du schon mein Telegramni vom Sonntag haben mußtest, schreibst Du noch so ängstlich. Suche, meine Gute, alles schnell aus Deinem ängstlichen Köpfchen zu vertreiben. Betrachte alles als ungeschehen!

Morgen schreibe ich Dir ausführlicher. Über verschiede­nes, was Du in Deinen Briefen fragst und so weiter. Ich werde schon wieder durch die unglückselige Angelegenheit der Förster um Stunden, ja Tage gebracht, da ich doch alles als abgetan angesehen habe.

Ich möchte, daß Du diesen kurzen Brief morgen früh erhältst. Deshalb sage ich Dir nur noch tausend herzliche

Grüße.

Auf Wiedersehen

Dein

Rudolf

#TI

513. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar [, 29. Mai 1897]

Meine vielgeliebte gute Anna!

Wenn ich doch annehmen dürfte, daß Du den Schmerz der letzten Tage verwunden hast! Ich mache mir die bitter­sten Vorwürfe, Dich so unnötig gequält zu haben. Ich sehne mich auch sehr danach, Dir, persönlich Deine bösen Gedan­ken zu verscheuchen. Ich dachte bestimmt, schon Montag

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in Berlin sein zu können. Aber ich glaube nun nicht, daß es an diesem Tage schon möglich sein wird. Die Abschiedsbe­suche, die notwendig sind, werde ich zwar morgen Sonntag erledigen können, aber ich habe noch verschiedene Dinge wegen des «Magazins» hier zu ordnen.

Heute abend dürfte mein Buch endlich erscheinen. Ich bringe es Dir nach Berlin mit. Wegen Deiner Hyp[othek] müssen wir ernstlich sprechen. Es wird wohl ein gerichtli­ches Vorgehen gegen den Mann nötig sein. Wegen der fal­schen Angabe bezüglich der Union brauchst Du Dir freilich noch keine Skrupel zu machen. Menschen wie dieser Wirt können ja vielleicht auch sich bloß falsch ausdrücken. Er braucht Dir deshalb nicht absichtlich etwas vorgemacht zu haben. Wir werden alles besprechen. Es ist nur schade, daß wir das nicht noch vor meiner Abreise von hier können.

Wegen des neuerlichen Herantretens der Frau Förster an mich muß ich in Leipzig mit Professor Heinze, dem Gegen-vormund Nietzsches, sprechen. Ich weiß noch nicht, ob ich besonders nach Leipzig fahre oder diese Fahrt mit der nach Berlin gleich verbinde. Es ist nämlich notwendig, daß ge­rade dieser Herr die Sache auch einmal von der Gegenseite dargestellt bekommt. Alles Genauere in dieser Sache kann ich wirklich nicht in Kürze schreiben. Ich muß es Dir er­zählen. Frau Förster hat mir ein ganzes Bündel Akten ge­schickt, die beweisen sollen, daß Koegel ohne mich die wichtigsten Sachen der Nietzsche-Ausgabe nicht hätte ma­chen können, daß er ganz unfähig sei, die Herausgabe allein zu besorgen, und daß ich unbedingt dazu notwendig sei. Auch schreibt sie mir jetzt, nachdem ich sie viele Monate nicht gesehen habe, einen acht Seiten langen Brief, der die sonderbarsten Dinge über die letzten Stunden ihrer Mutter enthält und der darauf abzielt, mich günstig für sie zu stim­men. Ich weiß noch nicht, was ich antworte und will jeden­falls meine Antwort von der Unterredung mit Heinze ab­hängig machen.

Hast Du während Deiner Anwesenheit in Weimar nichts

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von den die ganze Stadt erfüllenden Skandalgeschichten der Frau Wiecke und des Schauspielers Ludwig gehört? Ich bin «baff» über, diese Geschichte. Sie ist einfach unglaublich. Als mir in Wien Frau Schmittlein die ersten Andeutungen machte, hielt ich sie für ein böses Gerücht und sagte zur Schmittlein, sie solle doch derlei Dinge nicht glauben. Ich habe darauf die ganze Sache wieder vergessen, namentlich, als ich Wiecke in Dresden [in] so guter Laune fand. Der Ärmste hatte damals von den Streichen seiner Frau noch nicht die geringste Ahnung. Wer hätte ihr auch dergleichen zugetraut! ?

Wie geht es Dir in Deinem provisorischen Heim? Ob ich einige Zeit bei Bock wohnen kann, weiß ich wirklich im Augenblick nicht zu sagen. Die Lage wäre ja günstig, denn ich habe im Monat Juni in der Carmerstraße, Charlotten­burg, zu tun, die man von Bellevue aus mit der Stadtbahn in ein paar Minuten erreicht. Bis Ende Juni ist die Redak­tion des «Magazins» in der Wohnung N[eumann]-H[ofers] in Charlottenburg.

Gestern abend war ich hier in der «Versunkenen Glocke». Die Vorstellung war nicht gerade schlecht. Ich wünschte übrigens sehr, das Stück mit Dir zusammen im Deutschen Theater in Berlin nächstens zu sehen. Das Stück macht von der Bühne herab einen ungeheuren Eindruck. Ich habe das sowohl bei der Dresdner wie bei der hiesigen Aufführung empfunden. Soviel Poesie, soviel wirklich reine dichterische Gestaltung hätte man wohl Hauptmann gar nicht zugetraut, nachdem er im «Biberpelz» und «Kollege Crampton» solch rein Menschliches, man möchte sagen, Undichterisches geleistet hat.

Heute abend muß ich zu Lindners, morgen mittag zu Francke, morgen abend zu Crompton. Schreibe mir nur ja recht bald, meine gute Anna, und sei allerherzlichst gegrüßt

von Deinem

Rudolf

#SE039-353

#TI

514. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 4. Juni 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Dinge, die ich Dir erzählen werde, machen es notwendig, daß ich mich rasch entschließe, morgen nach Berlin zu fah­ren. Ich fahre von hier mit dem Zuge ab, der von Weimar 12 Uhr 47 Minuten mittag abgeht. Ich glaube, er kommt gegen 5 Uhr in Berlin an. Wenn es Dir nicht ganz bequem ist, bitte ich Dich, mich nicht abzuholen. Ich kann mir leicht denken, daß Du vielleicht nicht abkommen kannst.

Auf Wiedersehen

Dein

Rudolf

#TI

515. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Weimar, 4. Juni 1897

Hochgeehrte gnädige Frau!

Durch die Firma C. G. Naumann ist mir die in Ihrem Briefe vom 23. Mai angekündigte Abschrift eines von Herrn Stadtrat Dr. Oehler an die genannte Firma gerichte­ten Briefes zugegangen, der den Vorschlag enthält, die Fort­setzung der Gesamtausgabe von Friedrich Nietzsches Wer­ken durch Dr. Koegel und mich gemeinschaftlich besorgen zu lassen. Nach diesem Briefe hat sich für diesen Vorschlag auch Herr Geheimrat Prof. Heinze ausgesprochen. Deshalb schien es mir geboten, bevor ich einen Entschluß faßte, mich vertrauensvoll an Herrn Geheimrat Heinze zu wen­den. Nach einer Aussprache mit ihm und nach Rücksprache mit Dr. Koegel erlaube ich mir, die folgenden Zeilen an Sie, hochgeehrte gnädige Frau, zu richten.

Bevor ich auf die Sache selbst eingehe, möchte ich meine Ansicht über einige wichtige Punkte der mir übersandten

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Aktenstücke aussprechen. Ich habe diese Aktenstücke durch Mitteilung Dr. Koegels bereits gekannt bis auf dieje­nigen, die aus der Zeit meines mehrwöchentlichen Wiener Aufenthaltes von Ende April bis Ende Mai stammen, und auch diese hat mir Dr. Koegel nach meiner Rückkehr, aus Wien mitgeteilt. In diesen Aktenstücken ist viel die Rede von einer Anteilnahme meiner Person an der Nietzsche­Ausgabe und dem Anhange zum ersten Bande der Bio­graphie.

Der erste Punkt, der in Betracht kommt, ist die Frage der an Kant sich anlehnenden Ausführungen Nietzsches im Anhange zur Biographie. Soweit ich mich an den Naum­burger Besuch erinnere, bei dem mir Dr. Koegel die Aus­führungen Nietzsches vorlas, steht die Sache so, daß Dr. Koegel darüber vollständig orientiert war, ob es sich um eigene Arbeit Nietzsches oder um Auszüge aus Kantschen Schriften handele. Gezweifelt an der Originalität dieser Ideen hatte nur Dr. von der Hellen. Und mein Zutun bezog sich lediglich darauf, bei Ihnen, hochgeehrte gnädige Frau, die durch Dr. von der Hellen erregten, aber von Dr. Koegel nicht geteilten Zweifel zu zerstreuen. Ich habe die volle Uberzeugung, daß ohne dieses mein Zutun diese Ausfüh­rungen heute in der Nietzsche-Biographie stünden und daß ich nichts zu ihrem Abdrucke beigetragen habe.

Ein zweiter Punkt sind die zwischen Dr. Koegel und mir gepflogenen Besprechungen während der Vorbereitung und Drucklegung der beiden Bände 11 und 12. Ich kann Ihnen in bezug darauf nur die Versicherung geben, daß diese Be­sprechungen durchaus keinen Charakter trugen, der im ent­ferntesten als eine Mitarbeit von mir bezeichnet werden kann. Dr,. Koegel teilte mir die in Betracht kommenden Dinge erst mit, wenn er feste Entschlüsse darüber, gefaßt hatte, was aufzunehmen und in welche Ordnung das Auf-zunehmende zu bringen ist. Wenn bei einem Hefte zu den Nachträgen der Morgenröte Dr. Koegel mit mir die Sache vor Vollendung des Druckmanuskripts besprach, so war

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diese Ausnahme eine rein zufällige und ging in keiner Weise über den Charakter einer vorläufigen Besprechung unter Freunden hinaus. Auch in diesem Falle hat Dr. Koegel -erst später - selbständig die Entscheidung vorgenommen ohne irgendeinen Einfluß von meiner Seite. Dr. Koegel hatte bei seinen Mitteilungen den Zweck, sich sachlich mit jemand, der ein Interesse und Verständnis für Nietzsche hat, zu besprechen. Unsere Besprechungen betrafen stets das Inhaltliche, nie das auf die Herausgebertätigkeit Bezüg­liche. Nichts in diesen Bänden, was dem Herausgeber oblag, ist auf eine Einflußnahme von mir zurückzuführen. Auch die Gespräche, die ich im vorigen Herbste mit Ihnen, sehr geschätzte gnädige Frau, zum Beispiel über die Wie­derkunft des Gleichen und andere in diesen Bänden vor­kommende Ideen hatte, bezogen sich auf das Inhaltliche, auf die Bedeutung, den Wert, die Interpretation, nicht aber auf das, was den Inhalt der Nachberichte zum 11. und 12. Band ausmacht. Der Inhalt dieser Nachberichte war mir damals völlig unbekannt, und ich muß jeden Einfluß auf denselben entschieden ablehnen.

Und nun möchte ich mit ein paar Worten auf mein Ver­hältnis zu Dr. Koegel als Herausgeber der Nietzsche-Aus­gabe im allgemeinen zurückkommen. Als Sie, verehrte gnä­dige Frau, vor einigen Jahren einen Besuch im Goethe- und Schiller-Archiv machten, nannten Sie Dr. Koegel und Dr. Zerbst als die beiden Herausgeber der Nietzsche-Ausgabe Ich kannte die beiden Herren aus den von ihnen vorliegen­den literarischen Arbeiten; Dr. Zerbst auch flüchtig persön­lich. Zu Dr. Koegel hatte ich nicht die geringsten persönli­chen Beziehungen. Sie werden sich erinnern, daß ich damals Dr. Koegel sofort als geeignet für die Herausgabe bezeich­nete. In dieser Überzeugung wurde ich immer mehr be­stärkt durch die Kenntnisnahme seiner Tätigkeit für die Nietzsche-Ausgabe Und Sie wissen, daß ich auf eine An­frage von Ihnen nach Abschluß der Bände 9 und 10, brief­lich an Sie ihn as ausgezeichneten Herausgeber, nach jeder

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Richtung hin, bezeichnete. Diese aus eingehender Betrach­tung der, vorliegenden Bände geschöpfte Uber,zeugung und nicht, wie Sie, sehr geschätzte gnädige Frau, in Ihrem Briefe sagen, eine Nachsicht Dr. Koegel gegenüber, hat meine Stellung zu ihm bedingt. Ich kann nicht anders, als ihn heute wie früher für den geeignetsten Herausgeber zu hal­ten und bin der Ansicht, daß es im Interesse der Ausgabe liegt, sie von ihm allein zu Ende führen zu lassen. Er hat historische Rechte auf die Ausgabe, ich keine. Ich könnte von diesem Standpunkte nur abgebracht werden, wenn ich mich durch irgend etwas überzeugen würde, daß wirklich Fehler in den bisherigen Bänden gemacht worden sind, die seine Tüchtigkeit als Herausgeber in Frage stellen. Ich kann aber keine solchen finden.

Prinzipiell stehe ich daher heute genau auf demselben Standpunkte, den ich im Dezember und Januar eingenom­men habe: ich kann nur in eine Position bei der Nietzsche­Aus gabe eintreten, die durch eine Abmachung zwischen Ih­nen, hochgeehrte gnädige Frau, und Dr. Koegel geschaffen worden ist. Unter dieser Voraussetzung würde ich bereit sein, meine Kräfte der Nietzsche-Ausgabe zur Verfügung zu stellen, soweit es unter den heutigen Verhältnissen durchführbar ist. Ich würde der von Dr. Oehler und Ge­heimrat Heinze vorgeschlagenen Proposition keine Schwie­rigkeiten bereiten, im Falle Sie sich entschließen könnten, das Imprimatur Dr. Koegel und mir als den wissenschaftli­chen Herausgebern zu übertragen und in Differenzfällen uns anheimgäben, die Entscheidung herbeizuführen.

Außerdem halte ich es für unerläßlich, daß Sie, sehr ge­ehrte gnädige Frau, uns die kontr,aktliche Garantie böten, alle weiteren Bände der Ausgabe herauszugeben.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Rudolf Steiner

z. Zt. Berlin, Mohrenstr., Hotel Norddeutscher, Hof

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#TI

516. AN ROSA MAYREDER

#TX

Berlin-Charlottenburg, 10. Juni 1897

Geschätzteste gnädige Frau!

Sehr dankbar würde ich Ihnen sein, wenn ich schon in den allernächsten Tagen (vor, 15. Juli) von Ihnen etwas erhalten könnte. Sollten Sie augenblicklich nichts anderes haben, so bitte ich Sie doch um die drei Fabeleien, die ich in Wien gelesen habe. Eine aufrichtige Freude würden Sie mir auch machen, wenn Sie mir recht bald einen Artikel senden wollten, in dem Sie Ihren Standpunkt über die «Frauen-frage» darlegten. Ich sende Ihnen zu diesem Zwecke einige Bücher unter Kreuzband, an die Sie anknüpfen können. Nicht wahr, Sie vergessen auch die kunstkritischen Beiträge nicht, wenn in Wien etwas los ist!

Ich denke mit vieler Freude an die schönen Stunden, die ich in Wien mit Ihnen zusammen verlebt habe, an die Nietzsche-Debatten. Zitter habe ich noch am letzten Tage gesprochen.

In der Hoffnung, recht bald etwas von Ihnen zu erhalten,

mit besten Grüßen an Ihren Gemahl.

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

Bis 20. Juni bitte adressieren: Weimar, Museumsplatz 6. Spätere Adresse schreibe ich noch.

#TI

517. EDUARD VON HARTMANN AN RUDOLF STEINER

#TX

Groß-Lichterfelde, 13. Juni 1897

Hochgeehrter Herr Doktor!

Als ich Ihr geschätztes Schreiben vom 1. November 1894 er­hielt, hatte ich mehrere Arbeiten unter der Feder, deren Druckle­gung sich wider Vermuten lange verzögert hat. Einen Teil der Auf-sätze habe ich Ihnen in der Zwischenzeit zugehen lassen; die unter Streifband beifolgende Schellingschrift wird mit jenen zusammen

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Ihnen zugleich in den meisten Punkten die Antwort auf Ihre brief­lichen Bemerkungen übermitteln.

Der Satz «kein Objekt ohne Subjekt» hat zunächst allerdings eine rein logische Bedeutung, insofern beides korrelative Begriffe sind. Erkenntnistheoretisch ist er insofern bedeutungslos, als Sub­jekt und Objekt völlig problematisch sind. Ich betone vielmehr:

«Was Inhalt dieses Bewußtseins ist, kann nicht gleichzeitig als nu­merisch Identisches ein Sein außerhalb (praeter) oder neben oder jenseits dieses Bewußtseins weder in der Realität noch in einem anderen Bewußtsein haben», oder: «Das subjektiv-ideale Sein als Bewußtseinsinhalt und das bewußtseinstranszendente Sein sind an einem und demselben grammatischen Subjekt zu derselben Zeit einander ausschließende Prädikate.» Wer den Satz in dieser Form nicht gelten läßt, den muß ich, soweit er ihn nicht gelten läßt, unter den Standpunkt des naiven Realismus subsumieren.

Die Erinnerung und die Wahrnehmung, auf die sie sich bezieht, halte auch ich für numerisch verschiedene Vorstellungen, trotzdem dem Inhalt nach die eine eine abgeblaßte Wiederholung des In­halts der anderen ist. Wenn die Wahrnehmung ein Plus zeigt ge­genüber der Phantasievorstellung (z. B. einer von mir nie gesehe­nen, aber aus einer Beschreibung rekonstruierten Kirche), so ist dieses Plus, abgesehen von der größeren inhaltlichen und qualitati­ven Lebendigkeit, doch nur der instinktive Glaube an ihre objek­tive Realität, d.h. ihre unwillkürliche transzendentale Beziehung auf eine bewußtseins-transzendente Realität. Wer dieses Plus als tatsächlich in der Wahrnehmung gegebenes anerkennt, den subsu­miere ich, wenn er diesem instinktiven Glauben Wahrheit zu-spricht, unter den Standpunkt des transzendentalen Realismus, wenn er ihn für eine psychologisch unvermeidliche Illusion er-klärt, unter den des transzendentalen Idealismus. Es kommt dabei also niemals zu der Möglichkeit eines vierten Standpunktes; dar­auf kommt es mir vor allem an, daß diese drei Standpunkte und ihre Übergänge und Mischungsformen alle möglichen Stand­punkte schlechthin erschöpfen. Wie ein jeder zwischen ihnen wäh­len oder kombinieren will, kommt erst in zweiter Reihe in Be tracht.

Mit hochachtungsvollem Gruß verbleibe ich

Ihr ergebener

E.v. Hartmann

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#TI

518. AN ANNA EUNIKE

#TX

Weimar, 20. Juni 1897

Meine vielgeliebte gute Anna!

Für heute nur die Nachricht, daß ich gut - gestern mittag - angekommen bin. Ich hoffe, mit allem bis Montag abends fertig zu sein, so daß ich Dienstag früh wieder in Berlin sein kann. Eben lese ich in der Zeitung «Deutschland», daß dem Redakteur Lorenz und seiner Frau Liese ein strammer Junge geboren worden ist. Hoffentlich werde ich mit den nun einmal notwendigen Abschiedsbesuchen, die ich in al-1er Eile machen will, fertig. Fresenius ist noch immer in Wiesbaden. Ich werde ihn also jetzt nicht in Weimar sehen. Von Bekannten habe ich nur, Lindner und Rolletschek bis jetzt auf der Straße gesehen, denn ich hatte gestern und heute vormittag alle Hände voll zu tun. Ich muß jetzt viel Manuskript für das «M[agazin]» schaffen. Sehnsüchtig warte ich auf mehrere Artikel, die mir schon versprochen sind. Auch Frau Mayreder ließ so lange auf sich warten. Doch kündigt sie mir eben telegraphisch an, daß sie etwas abgeschickt hat. Ob ich einen Artikel über die Wolter be­komme, ist noch ungewiß. Ich möchte nicht gerne selbst einen schreiben, wenn es nicht sein muß.

Ich kenne zwar die Wolter aus meiner Wiener Zeit sehr genau, habe sie aber doch sieben Jahre lang nicht gesehen. Wer sie in den letzten Jahren gesehen hat, scheint mir doch berufener, etwas über sie zu schreiben. Wahrscheinlich muß ich aber doch am Ende noch selbst etwas schreiben.

Ich hoffte auch auf einen Artikel von meinem Freunde Zitter. Aber nun, da er ihn geschickt hat, macht dieser mir doppelt Sorgen. Er ist absolut nicht zu brauchen. Kindlich unreif geschrieben. Und ich bin in der unangenehmen Lage, den Artikel eines Freundes durchaus nicht verwenden zu können.

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Hier, habe ich das scheußlichste Wetter von der Welt ge-funden. Kalt, regnerisch wie an einem Oktobertage. Man fr,iert doppelt nach den Gluttagen von Berlin.

Auf Wiedersehen, auf das sich sehr freut

Dein

Rudolf

#TI

519. AN ROSA MAYREDER

#TX

Berlin, 24. Juli 1897

Geschätzteste gnädige Frau!

Verzeihen Sie bitte, daß Sie die Antwort auf Ihre Sendung und Ihre Briefe erst heute erhalten. Ich hatte wirklich alle Hände voll zu tun. Für Ihren Beitrag zu meiner, ersten Nummer bin ich Ihnen ganz besonders dankbar. Ich halte ihn für ausgezeichnet und betrachte ihn geradezu als Schmuck meiner ersten Nummer. Ihre weiteren Beiträge werden recht bald erscheinen. Soviel ich habe erfahren kön­nen, hat Ihre Arbeit in Berlin sehr gut gefallen, und ich glaube, sie wird Ihnen auch in manchem Leser des «Maga­zins» einen literarischen Freund erwerben. Freiexemplare sind Ihnen wohl durch den Verlag zugegangen; ich habe den Auftrag erteilt, Ihnen zehn zu schicken.

Sehr dankbar wäre ich Ihnen, wenn Sie mir den in Ihrem Briefe angeregten Kampfartikel möglichst bald sendeten. Er wird mir sehr willkommen sein. Die Bücher über, die Frau­enfrage, die ich Ihnen zugedacht, sende ich morgen ab. Ich bitte Sie, diese Schriften einfach als Anknüpfung irgendwie zu benützen, um Ihre eigene Ansicht in dieser, Sache so rückhaltlos als möglich zu sagen.

Noch eine Bitte: wäre es Ihnen recht, wenn ich meinem Verleger den Vorschlag machte, aus den im «Magazin» er­scheinenden Sachen von Ihnen nach und nach ein Bändchen zusammenzustellen? Wenn Sie das wünschten, so bitte ich

#Bild S. 360a

#Bild S. 360b

#SE039-361

Sie um eine umgehende Nachricht, damit der, Verleger weiß, ob er den Satz Ihres ersten Beitrages ablegen lassen soll oder nicht.

Bitte Ihren Gemahl schönstens von mir zu grüßen und seien Sie selbst herzlichst gegrüßt von Ihrem

Rudolf Steiner

#TI

520. AN JOHN HENRY MACKAY

#TX

Berlin, 20. März 1898

Lieber Herr Mackay,

Ihr Brief hat sich leider verspätet, weil er an meine alte Weimarer Wohnung gerichtet war. Sehr gerne nehme ich Ihre Polemik gegen die «Frankfurter Zeitung» in das «Magazin» auf. Ich habe mich, als ich das Verhalten dieses Organs Ihnen gegenüber bemerkte, sehr geärgert.

Mit größter Spannung warte ich auf die Stirner-Bücher. Sie können sich denken, welches Interesse ich - meiner Weltanschauung nach - gerade an dieser Publikation neh­men muß.

Wann kommen Sie wieder nach Berlin? Ich fühle gar oft das Bedürfnis, mich mit diesem oder jenem Worte an Sie zu wenden.

Verzeihen Sie die Kürze, allein ich schreibe unmittelbar vor einer Reise.

In freund schaftlichster

Ergebenheit ganz Ihr

Rudolf Steiner

Berlin W., Karlsbad 33 III

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#TI

521. AN ROSA MAYREDER [Postkarte]

#TX

Berlin, 27. März 1898

Wir sind also wieder einmal beisammen und grüßen Sie und Ihren Gemahl herzlichst. Warum schicken Sie mir nichts mehr? Also auf Wiedersehn.

Ihr

Rudolf Steiner

«Warum schicken Sie ihm nichts?» Ist es glaublich? Er sagt, er habe nichts! Welches Riesengedächtnis! Sollte er nicht einige Arti­kel, die Sie bei ihm liegen haben, vergessen haben? - Indessen bald mehr - viel mehr!

Ihr stets dankbarer

Zitter

Besten Gruß A. Eunike Lucy Zitter

#TI

522. AN ELISABETH FÖRSTER-NIETZSCHE

#TX

Berlin, 27. Juni 1898

Hoch geschätzte gnädige Frau!

Die Wochen, die verflossen sind, seit ich - nach langer Zeit - wieder einmal im Nietzsche-Archiv weilen durfte, haben mir viele Sorgen und Aufregungen gebracht; und mit diesen bitte ich Sie, hochgeschätzte gnädige Frau, zu ent­schuldigen, daß ich erst heute imstande bin, an die damalige Besprechung anzuknüpfen. Aus Mitteilungen, die mir mein lieber Freund Dr. Heitmüller macht, ersehe ich, wie Sie, gnädige Frau, gegenwärtig über die Sache denken.

An meine Begeisterung für die große Sache Friedrich Nietzsches werden Sie, hochgeschätzte gnädige Frau, gewiß glauben, und über mein Verständnis seiner Kunst und sei­ner Lehre haben Sie mir selbst oft so schöne Worte gesagt,

#SE039-363

daß ich tief ergriffen war. Ich habe nun seit jenen unglück­seligen Tagen, die allen Beteiligten in Erinnerung bleiben werden, tief gelitten. Sie dürfen mir glauben, gnädige Frau, daß es ganz und gar nicht in meinem Wesen liegt, meine persönlichen Interessen in die große Angelegenheit hinein­zubringen, die Ihnen durch die Führung der Sache Ihres Bruders geworden ist. Sie wissen, gnädige Frau, wie sehr -ich zufrieden war mit der nebensächlichen Rolle, die mir eine Zeitlang beschieden war. Ich fühlte mich damals nicht berufen, abweichende Ansichten geltend zu machen, weil ich gegen bestehende Rechte nichts tun zu dürfen als meine Pflicht ansah. Sie, hochgeschätzte gnädige Frau, wissen es aber auch am allerbesten, daß ich selbst nichts beigetragen habe zu der Rolle, die mir die Verhältnisse dann aufge­drängt haben. Der Schmerz, von dem ich sprach, wurde noch durch einen besonderen Umstand vermehrt. Gewiß erinnern Sie sich an unser Gespräch - ich glaube es war im Spätsommer 96 - über die «ewige Wiederkunft». Wir haben damals eine Vorstellung über diese Lehre zustande ge­bracht, die ich hätte ausbilden und vertreten müssen; dann wäre heute diese Lehre ein Diskussionsgegenstand in weite­sten Kreisen geworden. Es ist mir unendlich leid, daß solche Dinge, die, wie ich glaube, in der Richtung meines Talentes liegen, die ich aber nur mit Ihrem steten Beistand hätte ma­chen können und dürfen, nicht von mir gemacht worden sind. Der Band, in dem die Wiederkunit des Gleichen steht, hätte müssen zu einem Ereignis in der Nietzsche-Literatur werden. Sie dürfen mir glauben, gnädige Frau, daß es mir unendlich schwer ist, der Sache Friedrich Nietzsches jetzt so fernzustehen. Ich habe den Schmerz erneuert gefühlt bei Ihrem letzten schönen Briefe in der «Zukunft».

Ich möchte noch einmal auf Mitteilungen zurückkom­men, die mir mein lieber und von mir hochgeschätzter Freund Heitmüller gemacht hat. Sie scheinen, hochge-schätzte gnädige Frau, an meinem Mut zu zweifeln. Ich gebe Ihnen die Versicherung, daß ich es nicht an Mut fehlen

#SE039-364

lassen werde in einer Angelegenheit, die mir so auf dein Herzen liegt. Und aus der rückhaltlosen Offenheit, mit der ich hier spreche, mögen Sie gnädige Frau, den Beweis schöpfen, wie sehr ernst mir diese Sache ist, wie verknüpft sie mit meinem innersten Denken, Fühlen und Wollen ist

Gleichviel, wie man über meine Begabung urteilen möge: ich bin innig verwachsen mit der Vorstellungsart, die durch Friedrich Nietzsche einen so grandiosen Ausdruck gefun-den hat und fühle mich deshalb imstande, zur Ausbreitung seiner Kunst und Lehre mein Scherflein beizutragen. Ich habe dies selbst erst kürzlich gelegentlich eines Vortrags ge­tan, den ich in der Stadt Kants, in Königsberg gehalten habe. Die Königsberger haben dabei zwar einen leisen Unwillen nicht unterdrücken können; nachher aber haben mir doch ein paar Gescheitere gestanden, daß die guten Königsberger für ihren Kant nur mehr das Verständnis haben, jedes Jahr an seinem Geburtstage sich zu versammeln und ihre - in Königsberg beliebten - Mittagsgerichte zu essen. Ein Toast wird dabei nicht gehalten, weil die Königsberger nicht wissen, was sie über Kant sagen sollen.

Möchten Ihnen, gnädige Frau, diese meine Worte zeigen, daß sich in meinem Wesen nichts geändert hat und daß ich jederzeit werde die Worte aufrecht erhalten können, die ich Ihnen oft in den guten, schönen Stunden vor den unglück­seligen Ereignissen gesagt habe. Wie können wir Friedrich Nietzsche besser ehren und verstehen, als daß wir, die wir glauben, dazu die Talente zu haben, zur Ausbreitung seiner Ideen das unsrige tun? Ich würde es als ein Aufgeben mei­ner selbst betrachten, wenn ich anders handelte. Ich bin und werde immer für seine Sache einzustehen Kraft und Mut haben.

In herzlicher Hochachtung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

Berlin W., Habsburgerstr. 11 I.

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#TI

523. AN ROSA MAYREDER [Postkarte]

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Wien, 14. Juli 1898

Hochgeschätzte gnädige Frau,

darf ich Sie morgen Freitag nachmittag 4 Uhr aufsuchen?

Herzlichen Gruß

Herzliche Empfehlungen von Rudolf Steiner

M. Zitter

#TI

524. AN ROSA MAYREDER

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Mauer bei Wien, 16. Juli 1898 Hochgeschätzte gnädige Frau!

Ich möchte Sie gerne über die Manuskriptangelegenheit beruhigen, bevor ich abreise. Dadurch, daß Fontane & Co. schnell entschieden haben, ist keine Zeit verloren worden und auch Fischer wird die Sache schnellstens erledigen. Zit­ter wird Ihnen, bevor er von der besorgten Abschrift Ge­brauch macht, dieselbe vorlegen. Ich habe den Eindruck, daß er sich der Angelegenheit sehr gewissenhaft annimmt. Er wollte das Manuskript nicht aus der Hand geben, ohne für alle Fälle eine Abschrift zu haben. Ich glaube, Sie kön­nen ihm in dieser Sache das vollste Vertrauen schenken und ihm in deren Führung freie Hand lassen.

Verzeihen Sie, verehrteste gnädige Frau, in Anbetracht der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht, die Kürze dieses Briefes. Auf Wiedersehen nächste Woche.

Herzlichen Gruß an Sie und Ihren Gemahl

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

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#TI

525. AN ROSA MAYREDER [Postkarte]

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Mauer bei Wien, 21. Juli 1898

Verehrteste gnädige Frau,

darf ich mir erlauben, Sie morgen 6 Uhr aufzusuchen?

Einstweilen herzliche Grüße an Sie und Gemahl

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

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526. AN ANNA EUNIKE

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Mauer bei Wien [, 22. Juli 1898]

Meine vielgeliebte gute Anna,

so schön es auch hier ist und so viel Zitter auch Zeit hat, das Verhandeln geht schneckenschrittlich. Das liegt in den Verhältnissen. Ich habe aber doch Hoffnung, daß man's zu einem guten Ende bringen kann. Ich sehne mich sehr nach Dir, meine liebe gute Anna, und hoffe, daß Du die Tage, die Du allein zubringen mußt, nicht allzu schlimm verlebst. Ich hoffe und freue mich, meine gute Anna Sonntag 1 Uhr wiederzusehen. Zu anderem als den Verhandlungen mit Zitter komme ich allerdings gar nicht. Heute will ich wenig­stens Frau Mayreder einen kurzen Besuch machen.

Während ich dieses schreibe, sitze ich hier im Garten von Zitters Wohnung. Zitter ist noch nicht aufgestanden. Frau Zitter ist nicht wohl und liegt die Tage über im Bette. Dein Telegramm habe ich erhalten und danke Dir herzlichst. Ich habe von hier aus noch einen Artikel für das «Magazin» geschrieben. Sonst hätte ich Dir schon geschrieben. Der aber hat mir Zeit weggenommen. Den Artikel habe ich von hier aus direkt an die Druckerei nach Weimar geschickt, so daß jetzt alles in Ordnung ist.

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Frau Zitter hat sich über Deine Büchse mit Inhalt kin­disch gefreut, und ich sehe, ihre Krankheit hindert sie nicht, Deinen Bonbons zuzusetzen. Sie will Dich durchaus für den Herbst einladen.

Die ersten Tage meines hiesigen Aufenthaltes waren kalt und regnerisch; jetzt läßt es sich schöner an.

Also, meine liebe gute Anna, auf Wiedersehn Sonntag.

Herzlichst

Dein

Rudolf

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527. MORIZ ZITTER AN RUDOLF STEINER

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Mauer bei Wien, 26. August 1898

Mein lieber Freund!

Dein Schreiben setzt mich in Erstaunen. Es ist ja im Grunde genommen gleichgültig für das «Magazin», ob Du mit Fr[au] Förster was abmachst oder nicht. Wir haben besprochen, daß es weitererscheinen soll - und ich denke gleich Dir, daß es dabei bleibt. Deine literarische Tätigkeit aufzugeben, halte ich einfach für Unsinn. Das ist Dein eigentliches Gebiet! Also frisch vorwärts! Was für praktische Tätigkeit willst Du denn ergreifen? Willst Du Hans Sachsen ins Handwerk pfuschen? Ich weiß, Du wärest ein vorzüglicher Schuster; aber ich halte Dich doch für einen noch viel besseren Literaten.

Am 1. Oktober zahle ich an den Pedanten den Pacht, und weiter wird auch der Einzige helfen, dessen Eigentum Du besitzest. Das «Magazin» werden wir wohl über den Winter halten können. Wir werden ja dann im Januar-Februar weitersprechen. Nur keinen Optimismus! Den halte ich im Rechnen für gefährlich. Man erhält zu große Ziffern. Dafür wollen wir es genial anfassen - selbst wenn es schiefgeht. -Allerdings muß ich mich schon darüber beklagen, daß Du un­sere Verabredungen nicht gehalten hast und daß darüber ein Mo­nat unnütz verstrich. Du hättest ja damals gleich gegen Felber äußerste Maßregeln ergreifen und mir eine Abschrift Deines Ulti­matums

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an ihn senden sollen - Du hast es nicht getan. Bitte doch halte mir Deine Zusagen - anderen kannst Du sie nach Belieben brechen. Zwar gehört dies zusammen. Aber ich hoffe, ich werde wieder einmal in die Ausnahmestellung eines bevorrechteten Freundes bei Dir einrücken. Wenn du mich vier Wochen lang ohne Nachricht läßt, so verliere ich wieder den Faden - wie ich ihn jetzt schon fast verloren habe. Übrigens stimme ich Dir bei: Wir wollen Rücken an Rücken kämpfen! Wollen sehen, ob's geht.

Herzlichste Grüße von uns an Dich und Frau Eunike. In der zweiten Septemberhälfte hoffe ich wie verabredet in Berlin zu sein. Am 4. d. M. verreise ich nach der Schweiz. Hoffe aber früher betreffs Felber von Dir Genauestes zu erfahren: Genauestes über alle Deine Forderungen an ihn in Ziffern.

Stets Dein treuester Paladin

M. Zitter

#TI

528. JOHN HENRY MACKAY AN RUDOLF STEINER

#TX

Saarbrücken, 15. September 1898

Lieber Herr Dr. Steiner!

Dringender als je in den letzten Jahren tritt in diesen Tagen die Bitte meiner Freunde an mich heran, gegen die «Taktik der Ge­walt» von neuem Stellung zu nehmen, um meinen Namen nicht zusammengeworfen zu sehen mit jenen «Anarchisten», die - keine Anarchisten, sondern samt und sonders revolutionäre Kommuni­sten sind. Man macht mich darauf aufmerksam, daß ich Gefahr laufe, im Falle der internationalen Maßregel einer Internierung der «Anarchisten» als Ausländer aus Deutschland verwiesen zu werden.

Ich lehne es ab, dem Rate meiner Freunde zu folgen. Keine Re­gierung ist so blind und so töricht, gegen einen Menschen vorzu­gehen, der sich einzig und allein durch seine Schriften, und zwar im Sinne einer unblutigen Umgestaltung der Verhältnisse, am öf­fentlichen Leben beteiligt. Zudem habe ich seit Jahren leider auch fast jede äußerliche Fühlung mit der sozialen Bewegung in Europa verloren, deren äußere Entwicklung mein Interesse - nebenbei ge­sagt - heute nicht mehr in dem Grade in Anspruch nimmt, wie der

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geistige Fortschritt der Idee gleicher Freiheit in den Köpfen der einzelnen, auf dem allein noch alle Hoffnung der Zukunft beruht.

Ich habe 1891 in meinem Werke «Die Anarchisten» (in beiden Ausgaben jetzt im Verlage von K. Henckell & Co. in Zürich und Leipzig) im achten Kapitel, das sich «Die Propaganda des Korn­munismus» betitelt, so scharf und unzweideutig mit Auban gegen die «Propaganda der Tat» Stellung genommen, daß auch nicht der leiseste Zweifel darüber bestehen kann, wie ich über sie denke. Ich habe das Kapitel eben zum ersten Male seit fünf Jahren wieder gelesen und habe ihm nichts hinzuzufügen; besser und klarer könnte ich auch heute nicht sagen, was ich über die Taktik der Kommunisten und ihre Gefährlichkeit in jeder Beziehung denke. Wenn ein Teil der deutschen Kommunisten sich seitdem von der Schädlichkeit und der Zwecklosigkeit jeden gewaltsamen Vorge­hens überzeugt hat, so beanspruche ich einen wesentlichen Anteil an diesem Verdienste der Aufklärung.

Im übrigen pflege ich mich nicht zu wiederholen und bin über­dies seit Jahren mit einer umfangreichen Arbeit beschäftigt, in der ich allen das Individuum und seine Stellung zum Staate betreffen-den Fragen psychologisch näherzutreten suche.

Endlich hat sich in den sieben Jahren seit dem Erscheinen mei­nes Werkes die Situation denn doch gewaltig geändert, und man weiß heute, wo man es wissen will, und nicht nur in den Kreisen der Einsichtigen allein, daß nicht nur hinsichtlich der Taktik, son­dem auch in allen Grundfragen der Weltanschauung zwischen den Anarchisten, die es sind, und denen, die sich fälschlich so nennen und genannt werden, unüberbrückbare Gegensätze bestehen, und daß beide außer dem Wunsch einer Verbesserung und Umgestal­tung der sozialen Verhältnisse nichts, aber auch gar nichts mitein­ander gemein haben.

Wer das aber immer noch nicht weiß, kann es aus der Broschüre von Benj[amin] R. Tucker «Staatssozialismus und Anarchismus» erfahren, die er für 20 Pfennig von dem Verleger B. Zack, Berlin SO, Oppelnerstraße 45, beziehen kann, und in der er obendrein noch ein Verzeichnis aller Schriften des individuellen Anarchismus findet - eine unvergleichliche Gelegenheit, sein Wissen um den Preis eines Glases Bier in unschätzbarem Weise zu vermehren.

Wohl gibt es eine Schmutzpresse (sie nennt sich merkwürdiger-weise mit Vorliebe selbst die anständige), die fortfährt, selbst feststehende,

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historisch gewordene Tatsachen immer von neuem zu fälschen. Aber gegen sie ist jeder Kampf nicht nur eine Zwecklo­sigkeit, sondern eine Entwürdigung. Sie lügt, weil sie lügen will.

Mit freundschaftlichem Gmuße Ihm ergebener

John Henry Mackay

z.Zt. Saarbrücken, Rheinprovinz, Pesterstr. 4

#TI

529. AN JOHN HENRY MACKAY

#TX

[Berlin, September 1898]

Lieber Herr Mackay!

Vor vier Jahren, nach dem Erscheinen meiner «Philoso­phie der Freiheit», haben Sie mir Ihre Zustimmung zu mei­ner Ideenrichtung ausgesprochen. Ich gestehe offen, daß mir dies innige Freude gemacht hat. Denn ich habe die Überzeugung, daß wir in bezug auf unsere Anschauungen so weit übereinstimmen, wie zwei voneinander völlig unab­hängige Naturen nur übereinstimmen können. Wir haben gleiche Ziele, obwohl wir uns auf ganz verschiedenen We­gen zu unserer Gedankenwelt durchgearbeitet haben. Auch Sie fühlen dies. Ein Beweis dafür ist die Tatsache, daß Sie den vorstehenden Brief gerade an mich gerichtet haben. Ich lege Wert darauf, von Ihnen als Gesinnungsgenosse an­gesprochen zu werden.

Ich habe es bisher immer vermieden, selbst das Wort «in­dividualistischer» oder «theoretischer Anarchismus» auf meine Weltanschauung anzuwenden. Denn ich halte sehr wenig von solchen Bezeichnungen. Wenn man in seinen Schriften klar und positiv seine Ansichten ausspricht: wozu ist es dann noch nötig, diese Ansichten mit einem gangba­ren Worte zu bezeichnen? Mit einem solchen Worte verbin­det jedermann doch ganz bestimmte traditionelle Vorstel­lungen, die dasjenige nur ungenau wiedergeben, was die

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einzelne Persönlichkeit zu sagen hat. Ich spreche meine Ge­danken aus; ich bezeichne meine Ziele. Ich selbst habe kein Bedürfnis, meine Denkungsart mit einem gebräuchlichen Worte zu benennen.

Wenn ich aber in dem Sinne, in dem solche Dinge ent­schieden werden können, sagen sollte, ob das Wort «indivi­dualistischer Anarchist» auf mich anwendbar ist, so müßte ich mit einem bedingungslosen «Ja» antworten. Und weil ich diese Bezeichnung für mich in Anspruch nehme, möchte auch ich gerade in diesem Augenblicke mit wenigen Worten genau sagen, wodurch «wir», die «individualisti-schen Anarchisten», uns unterscheiden von denjenigen, welche der sogenannten «Propaganda der Tat» huldigen. Ich weiß zwar, daß ich für verständige Menschen nichts Neues sagen werde. Aber ich bin nicht so optimistisch wie Sie, lieber Herr Mackay, der Sie einfach sagen: «Keine Re­gierung ist so blind und töricht, gegen einen Menschen vor­zugehen, der sich einzig und allein durch seine Schriften, und zwar im Sinne einer unblutigen Umgestaltung der Ver­hältnisse, am öffentlichen Leben beteiligt.» Sie haben, neh­men Sie mir diese meine einzige Einwendung nicht übel, nicht bedacht, mit wie wenig Verstand die Welt regiert wird.

Ich möchte also doch einmal deutlich reden. Der «indivi­dualistische Anarchist» will, daß kein Mensch durch irgend etwas gehindert werde, die Fähigkeiten und Kräfte zur Ent­faltung bringen zu können, die in ihm liegen. Die Indivi­duen sollen in völlig freiem Konkurrenzkampfe sich zur Geltung bringen. Der gegenwärtige Staat hat keinen Sinn für diesen Konkurrenzkampf. Er hindert das Individuum auf Schritt und Tritt an der Entfaltung seiner Fähigkeiten. Er haßt das Individuum. Er sagt: Ich kann nur einen Men­schen gebrauchen, der sich so und so verhält. Wer anders ist, den zwinge ich, daß er werde, wie ich will. Nun glaubt der Staat, die Menschen können sich nur vertragen, wenn man ihnen sagt: so müßt ihr sein. Und seid ihr nicht so,

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dann müßt ihr eben - doch so sein. Der individualistische Anarchist dagegen meint, der beste Zustand käme dann her­aus, wenn man den Menschen freie Bahn ließe. Er hat das Vertrauen, daß sie sich selbst zurechtfänden. Er glaubt na­türlich nicht, daß es übermorgen keine Taschendiebe mehr gäbe, wenn man morgen den Staat abschaffen würde. Aber er weiß, daß man nicht durch Autorität und Gewalt die Menschen zur Freiheit erziehen kann. Er weiß dies eine: man macht den unabhängigsten Menschen dadurch den Weg frei, daß man jegliche Gewalt und Autorität aufhebt.

Auf die Gewalt und die Autorität aber sind die gegenwär­tigen Staaten gegründet. Der individualistische Anarchist steht ihnen feindlich gegenüber, weil sie die Freiheit unter­drücken. Er will nichts als die freie, ungehinderte Entfal­tung der Kräfte. Er will die Gewalt, welche die freie Entfal­tung niederdrückt, beseitigen. Er weiß, daß der Staat im letzten Augenblicke, wenn die Sozialdemokratie ihre Kon­sequenzen ziehen wird, seine Kanonen wirken lassen wird. Der individualistische Anarchist weiß, daß die Autoritats­vertreter immer zuletzt zu Gewaltmaßregeln greifen wer­den. Aber er ist der Uberzeugung, daß alles Gewaltsame die Freiheit unterdrückt. Deshalb bekämpft er den Staat, der auf der Gewalt beruht - und deshalb bekämpft er ebenso energisch die «Propaganda der Tat», die nicht min­der auf Gewaltmaßregeln beruht. Wenn ein Staat einen Menschen wegen seiner Überzeugung köpfen oder einsper-ren läßt - man kann das nennen, wie man will -, so erscheint das dem individualistischen Anarchisten als verwerflich. Es erscheint ihm natürlich nicht minder verwerflich, wenn ein Luccheni eine Frau ersticht, die zufällig die Kaiserin von Österreich ist. Es gehört zu den allerersten Grundsätzen des individualistischen Anarchismus, derlei Dinge zu be­kämpfen. Wollte er dergleichen billigen, so müßte er zuge­ben, daß er nicht wisse, warum er den Staat bekämpft. Er bekämpft die Gewalt, welche die Freiheit unterdrückt, und er bekämpft sie ebenso, wenn der Staat einen Idealisten der

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Freiheitsidee vergewaltigt, wie wenn ein blödsinniger eitler 1Bursche die sympathische Schwärmerin auf dem öster-reichischen Kaiserthrone meuchlings hinmordet.

Unsern Gegnern kann es nicht deutlich genug gesagt werden, daß die «individualistischen Anarchisten» ener­gisch die sogenannte «Propaganda der Tat» bekämpfen. Es gibt außer den Gewaltmaßregefn der Staaten vielleicht nichts, was diesen Anarchisten so ekelhaft ist wie diese Caserios und Lucchenis. Aber ich bin doch nicht so opti­mistisch wie Sie, lieber Herr Mackay. Denn ich kann das Teilchen Verstand, das zu so groben Unterscheidungen wie zwischen «Individualistischem Anarchismus» und «Pro-paganda der Tat» nun doch einmal gehört, meist nicht finden, wo ich es suchen möchte.

In freundschaftlicher Neigung

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

530. AN ALWINE WIECKE-HALBERSTEDT

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Berlin, 14. Dezember 1898

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Gerne hätte ich Ihnen noch gestern die beiliegenden Bücher übermittelt; es ging aber so gar nicht.

Fräulein Reuter wird Ihnen selbst schreiben, wann sie Sie in diesen Tagen zu besuchen gedenkt.

Zum Vorlesen schlägt Fräulein Reuter vor:

Der Hätschel-Sünder (Seite 165 des «Lebenskünstler») und Das Opernglas (Jugend. Lesezeichen ist eingelegt).

Alles weitere teile ich Ihnen noch mit.

In herzlicher Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

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#TI

531. AN ERNST HAECKEL

#TX

Berlin, 10. Mai 1899

Hochgeschätzter Herr Professor!

Durch Übersendung des ersten Heftes «Kunstformen der Natur» haben Sie, hochigeschätzter Herr Professor, mir große Freude bereitet. Ich danke Ihnen viele Male für das interessante Werk, das mir eine schöne Erinnerung an den 16. Februar 1894 sein wird, den ich damals als Bearbeiter und Interpret von Goethes naturwissenschaftlichen Schrif­ten am Weimarer Goethe-Archiv habe mitfeiern dürfen. Ih­rer aufmunternden Worte von damals gedenke ich oft. Ich habe nun seit längerer Zeit das «Magazin für Literatur» in Berlin zu leiten. Meine Tätigkeit in Weimar habe ich vor nahezu drei Jahren beendet. Gestatten Sie, hochverehrter Herr Professor, daß ich Ihnen ein paar Nummern des «Ma­gazins» übersende, aus denen Sie ersehen mögen, daß ich in diesem Organ den «Monismus» vertrete. Die eben erschei­nende Nummer enthält einen Artikel über «Ludwig Büch­ner», in dem ich mich über den «Monismus» ausspreche. Ihr erlaube ich mir die Nr.10 anzuschließen mit einer Notiz über die «Kunstformen der Natur» und die ältere Nummer mit einem Aufsatz über Charles Lyell. Jetzt gehe ich eben daran, eine kleine Schrift zu verfassen über «Monismus», in der ich an Ihre für mich so anregende Schrift «Über unsere gegenwärtige Kenntnis vom Ursprung des Menschen» anknüpfe.

Ihrem Wohlwollen mich empfehlend, bin ich in aufrich­tigster Hochschätzung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

Berlin W., Habsburgersraße 11 I.

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#TI

532. ERNST HAECKEL AN RUDOLF STEINER

#TX

Jena, 27. Mai 1899

Hochgeehrter Herr Doktor!

Für Ihre freundlichen Zeilen und die übersandten Nummern des von Ihnen redigierten «Magazin für Literatur» danke ich Ih­nen bestens; ebenso dafür, daß Sie den Monismus so tapfer unter­stützen. Er bedarf dessen sehr inmitten der reaktionären Strömung des vielgerühmten «Neuen Kurses».

Von meinen «Kunstformen der Natur» erscheint in den nach­sten Tagen das II. Heft (im August das III.). Sie werden auch alle folgenden Hefte durch das Bibliographische Institut zugesandt er­halten. Die kostspielige Herausgabe dieses Werkes, welches vielen Beifall findet, wurde dadurch möglich, daß ich den Überschuß der Summe dazu verwendete, welche meine Freunde und Schüler zur Herstellung der Büste für den 60. Geburtstag gesammelt hatten. Auch die «Ritter-Stiftung» trägt dazu bei.

Ich bin jetzt ganz durch eine größere philosophische Arbeit in Anspruch genommen, welche ich Ihnen im Oktober zusenden werde.

Mit freundlichem Gruße hochachtungsvoll

Ihr ergebener

Ernst Haeckel

P.S. Ich würde Ihnen dankbar sein, wenn Sie das Interesse an den «Kunstformen» von Zeit zu Zeit durch eine kurze Anzeige der neu erschienenen Hefte fördern wollten.

#TI

533. AN ERNST HAECKEL

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Berlin, 10. Juli 1899

Hochgeschätzter Herr Professor!

In meinem letzten Briefe an Sie, hochverehrter Herr Pro­fessor, erwähnte ich eines Essays, den ich zur Verteidigung

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Ihres monistischen Standpunktes in der Halbmonatschrift «Die Gesellschaft» veröffentlichen werde, und der dann auch als besondere Schrift zur Ausgabe gelangen wird. Der Essay trägt den Titel «Haeckel und seine Gegner» und wird durch drei Nummern der «Gesellschaft» laufen. Im Namen des Herausgebers und in meinem eigenen möchte ich nun an Sie, Herr Professor, die Bitte richten, uns eine Photogra­phie von Ihnen zur Verfügung zu stellen, damit wir die Nummer mit dem ersten Teil des Essays auch mit Ihrem Bilde erscheinen lassen können. Mir wäre es persönlich be­sonders lieb, ein Bild aus der letzten Zeit bringen zu kön­nen. Für die Gewährung meiner Bitte wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Nehmen Sie mir nicht übel, hochgeschätzter Herr Professor, wenn ich um rasche Gewährung meiner Bitte ersuche, da der Aufsatz schon im Drucke ist.

Gleichzeitig danke ich bestens für die freundliche Über-sendung des zweiten Heftes der «Kunstformen der Natur», das ich in dem von mir herausgegebenen «Magazin für Lite­ratur» anzeigen werde, wie ich dies bereits mit dem ersten getan habe.

In Ihrem liebenswürdigen Briefe an mich sprechen Sie von Ihrer im Herbst erscheinenden philosophischen Grundlegung des Monismus. Sie können sich denken, mit welcher Spannung ich, als philosophischer Anhänger des Monismus, dieser Publikation entgegensehe.

In aufrichtiger Hochschätzung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

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#TI

534 AN JOHN HENRY MACKAY

#TX

Berlin, 13. August 1899

Lieber Herr Mackay!

Es ist mir außerordentlich lieb, den Artikel Tuckers jetzt für das «Magazin» zu erhalten. Ich mußte wegen der Bro­schüre nur erst mit dem Verleger verhandeln, der verreist war. Deshalb hat sich dieser Brief etwas verzögert. Die von Ihnen vorgeschlagenen Bedingungen nimmt nun der Verle­ger an. Deshalb bitte ich Sie, mir das Manuskript zu senden. Ich werde es sofort in die Druckerei befördern. Es ist näm­lich aus Gründen des Geschäftsverkehrs notwendig, daß al­les, was im «Magazin» kommt, von mir an die Druckerei geschickt wird.

Die Abfertigung von R. M. Meyer, Ludwig Stein kommt in einer der nächsten Nummern. Ich habe nämlich eine ganze Reihe von dergleichen Helden aufs Korn zu nehmen und muß pro domo des individuellen Anarchismus einmal ganz ausführlich werden. Deshalb habe ich mir R. M. Meyer, für den übrigens W. Bölsche eben auch noch neues Material geliefert hat, und den Berner Schwätzer auch noch aufgespart.

Wann sehen wir Sie wieder in Berlin? Frau und Fräulein Eunike lassen bestens grüßen, desgleichen

grüßt herzlich Ihr

Rudolf Steiner

#TI

535. AN HERMANN LAMMÉ

#TX

[Berlin, etwa 20. August 1899]

Verehrtester Herr Lammé!

Verzeihen Sie bitte, daß Sie die Mitteilung wegen des Goethespruches erst heute erhalten; ich habe in den letzten

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Tagen wirklich sehr viel zu tun gehabt. Geeigneteres als etwa die beiden folgenden Sprüche, glaube ich, wird sich wohl kaum unter Goethes Aussprüchen finden:

«Solch ein Gewimmel möcht ich sehn,

Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.»

«Bald, es kenne nur jeder den eigenen, gönne dem andern Seinen Vorteil, so ist ewiger Friede gemacht.»

«Diesem Amboß vergleich ich das Land, den Hammer dem Herrscher, Und dem Volke das Blech, das in der Mitte sich krümmt. Wehe dem armen Blech! wenn nur willkürliche Schläge Ungewiß treffen, und nie fertig der Kessel erscheint.»

Am geeignetsten halte ich den letzten Spruch, wenn er nicht zu lang für eine Schleife ist.

Auf Wiedersehen

Ihr

Steiner

#TI

536. AN ERNST HAECKEL

#TX

Berlin, 1. September 1899

Hochgeschätzter Herr Professor!

Hierdurch bitte ich viele Male um Entschuldigung, daß ich erst heute meinen innigsten Dank für Ihre so liebens-würdige Übersendung der Bildnisse ausspreche. Ich habe im Einverständnis mit der Redaktion der «Gesellschaft» das Bild mit dem kath[olischen] Gebetbuch für meinen Aufsatz gewählt. Zugleich gestatte ich mir, die beiden ersten Teile des Aufsatzes zu übersenden. Glücklich wäre ich, wenn die Sache zu Ihrer Zufriedenheit geraten wäre. Der dritte Teil, der bald erscheinen wird, behandelt Virchow und andere Gegner des Monismus. Das Ganze erscheint dann Anfang Oktober als Broschüre.

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In einem der nächsten Hefte des «Magazins» bringe ich eine ausführliche Besprechung der «Kunstformen». Mit Spannung erwarte ich Ihr neues Werk, über das ich zunächst in der «Gesellschaft» und im «Magazin» längere Essays bringen möchte.

Zum Schluß darf ich wohl den aufrichtig gemeinten Wunsch aussprechen, daß Ihnen, hochverehrter Herr Pro­fessor, Ihre Erholungsreise die notwendige Erfrischung bringen möge.

In wahrer Hochachtung

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

#TI

537. AN ROSA MAYREDER

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Mauer bei Wien, 6. September 1899

Hochgeehrte gnädige Frau!

Unsere für Freitag signalisierten Berliner - sind Montag pünkt­lich eingetroffen. Ich hatte es so schön eingeleitet, Steiner in Sal­zerbad eine mindestens zehntägige Ruhe genießen zu lassen. Al­lein er erklärte sofort, ohne mich nicht dort bleiben zu wollen. Da ich aber so lange jetzt nicht vom Geschäft fortbleiben kann - muß­ten wir uns entschließen, in Mauer «séjour» zu nehmen. So sind wir denn hier fröhlich beisammen, wovon wir Sie hiermit ergebenst verständigen.

Beste Empfehlungen von Haus zu Haus

Ihr ergebener

M. Zitter

Geschätzteste gnädige Frau!

Zitter sagt mir, daß Sie uns die große Freude machen wol­len, während unserer Anwesenheit auch hierherzukommen, bzw. uns in Wien ein Rendezvous zu geben. Wenn es Ihnen möglich sein sollte, hierher nach Mauer zu kommen, worum Sie Zitter herzlich bitten läßt, so wäre das besonders

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schön. Sie können sich denken, wie sehr ich mich freue, Sie und Ihren Herrn Gemahl wiederzusehen.

In der Hoffnung, daß dies bald der Fall sein wird, ver­spare ich mir alle Mitteilungen bis zum persönlichen Bei­sammensein. Am 15. muß ich wieder abreisen. Wenn Sic also am 13. schon in Wien oder in Mauer sein könnten, so wäre das sehr schön.

Herzlichste Grüße Ihnen und Ihrem Gemahl

Ihr

Rudolf Steiner

p. Adr. Moriz Zitter, Mauer bei Wien, Bad Sans-Souci.

#TI

538. AN ROSA MAYREDER

#TX

Friedenau-Berlin, Kaiserallee 95, 24. Oktober 1899

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Gern hätte ich Ihnen schon heute ausführlich geschrie­ben. Sie können aber versichert sein - ganz bestimmt erhal­ten Sie noch diese Woche einen Brief.

Also vorläufig kurz, daß ich natürlich bitte, Frau Lang die Arbeit zu geben, und daß Ihr «Prophet» eine herrliche Arbeit ist. Besten Dank für alles und im voraus für die So­nette. Auch über die Reproduktion des Bildes schreibe ich im nächsten Briefe. Ich weiß augenblicklich nicht, wo mir der Kopf steht vor Arbeit. Die «Weltanschauungsge­schichte des neunzehnten Jahrhunderts in Deutschland» muß in diesen Tagen fertig werden und wird es auch. Nächsten Dienstag, 31. Okt., ist unsere Trauung.

Herzlichste Grüße an Ihren Gemahl und Sie

Ihr ergebener

Rudolf Steiner

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#TI

539 ERNST HAECKEL AN RUDOLF STEINER

#TX

Jena, 9. November 1899

Hochgeehrter Herr Doktor!

Von einer dreimonatlichen Forschungsreise nach Korsika (die zugleich Erholung von den starken Arbeitsstrapazen des letzten Jahres brachte -) bin ich wohlbehalten nach Jena zurückgekehrt. Ich fand hier die beiden Hefte der «Gesellschaft» vor, in denen Sie mein Wirken für die Entwicklungslehre gegenüber meinen Geg­nern so klar beleuchten und verteidigen. Ich sage Ihnen dafür mei­nen herzlichen Dank. Inzwischen werden Sie das III. Heft der «Kunstformen der Natur» sowie meine «Welträtsel» erhalten ha­ben. Obgleich bis jetzt die «Weiträtsel» noch sehr wenig bespro­chen sind, scheinen sie doch stark zu wirken. Die 1. Auflage (3000 Exemplare) ist innerhalb eines Monats abgesetzt worden; die II. erscheint jetzt unverändert.

Ich hoffe, daß Sie sowohl mit den meisten Grundgedanken als mit der Form der Darstellung zufrieden sein werden.

Mit freundlichen Grüßen hochachtungsvoll

Ihr ergebener

Ernst Haeckel

#TI

540. AN LUDWIG JACOBOWSKI [Postkarte]

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Berlin, 23. November 1899

Lieber Freund!

Ich habe die Nacht vom Sonntag auf den Montag und ebenso die vom Montag auf den Dienstag ganz durchgear­beitet. Daraus siehst Du, daß ich wahrhaftig sagen kann: ich arbeite mich halbtot. Ich ertrage unter solchen Umstän­den schwer die Vorwürfe, die ich stets bekomme. Lyrik V hast du spätestens morgen früh, Lyrik VI spätestens Sonn­abend abends. Von Mackay muß ich es erleben, daß er Dienstag, als ich aufgerieben von aller Arbeit war, 1/2 10 Uhr

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abends zu mir kommt und in geradezu donnerndem Ton von dem Programm spricht. Ich hatte natürlich gedacht, daß das Programm mit ihm besprochen wird. Ich hätte das selbst getan, wenn ich nicht damals nach Wien hätte abrei­sen müssen. Bruns hat mich wochenlang auf den Abzug warten lassen, ohne den ich die Anmerkungen habe nicht machen können. Ich hatte mit diesen Anmerkungen 2 Tage zu tun in einer Zeit, in der sich bei mir alles zusammen-drängt. Ich habe die Sache so schnell geliefert als ich nur konnte. Vielleicht treffe ich Dich heute abends zu Hause.

Dein

Steiner

#TI

541. AN ROSA MAYREDER

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Friedenau-Berlin, 31. Dezember 1899

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Das Säkulum soll doch nicht zu Ende gehen, ohne daß ich Ihnen meinen besten Dank für Ihre Sendungen sage. «Magazin» Nr. 52 werden Sie erhalten und ebenso Nr. 1. Beide Nummern bringen Ihre Sonette und Ihren «Ersten Versuch». Ich habe Wert darauf gelegt, daß Ihre mir so wertvollen Arbeiten in den Nummern um die Jahreswende erscheinen.

Der Essay für die «Gesellschaft» ist lange fertig. Jaco­bowski bringt ihn mit Ihren Sonetten und dem «Stiefvater» und dem Bilde. Ich habe es sehr bedauert, daß es nicht frü­her geschehen konnte; allein J. hat über die Nummern bis Januar, was Essays mit Bildern anlangt, schon lange dispo­niert gehabt. Wegen des Bildes hat sich Jacobowski mit Zitter in Verbindung gesetzt.

Den Aufsatz über Goethe habe ich leider noch immer nicht fertig. Nächste Woche aber wird er fertig. Erstens war die Arbeit doch eine große und zweitens mußte der erste

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Band meiner Weltanschauungsgeschichte so fertig werden, daß er Ende Januar erscheinen kann.

Für heute nur noch herzlichsten Neujahrsgruß an Sie und Ihren Gemahl von

Ihrem ergebenen Rudolf Steiner

#TI

542. AN ERNST HAECKEL

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Friedenau-Berlin, 10. Februar 1900

Hochgeschätzter Herr Professor!

Von Tag zu Tag warte ich auf die ersten Exemplare der Broschüren-Ausgabe meines Essays «Ernst Haeckel und seine Gegner», um sie Ihnen zu übersenden. Leider sind sie noch immer nicht eingetroffen. Eben bemerke ich, daß ich Ihnen den dritten (Schluß-)Teil des Essays noch nicht zuge-sendet habe. Ich bitte dies zu entschuldigen. Ich trage es hiermit nach.

Über die «Weltratsel » habe ich im «Magazin » einen län­geren Aufsatz schon vor Wochen drucken lassen. Ich werde mir erlauben, ihn morgen an Sie abzusenden. Einen beson-deren Essay über das Buch von mir wird auch «Die Gesell­schaft» in einem ihrer allernächsten Hefte bringen.

Nun komme ich wieder mit einer großen Bitte. Ich habe soeben den ersten Band eines Buches vollendet (d.h. er ist bereits im Druck), das die «Welt- und Lebensanschauungen des neunzehnten Jahrhunderts» behandelt. Das Buch soll die philosophischen Probleme in ihrer Entwickelung von Kant bis zur Gegenwart behandeln. Mein Ziel ist, zu zei­gen, wie im Darwinismus und in der Ausbildung, die Sie, hochgeschätzter Herr Professor, demselben gegeben haben, die philosophische Entwickelung des neunzehnten Jahr­hunderts gipfelt.

Ich gestatte mir, Ihnen den ersten Aushängebogen zu übersenden. Ich möchte Sie nun bitten, hochverehrter Herr

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Professor, die Widmung dieses Werkes anzunehmen. Ich glaube, das erste derartige Buch zu liefern, das historisch die naturwissenschaftliche Weltanschauung begründet und ihr Verhältnis zu der Philosophie zeigt.

Sollten Sie, hochgeehrter Herr Professor, mir die große Freude machen, die Widmung anzunehmen, so bitte ich es nicht als unbescheiden zu betrachten, wenn ich das Ersu­chen stelle, mir dies bald mitzuteilen. Das Buch muß bal­digst erscheinen. Es ist bereits im Buchhandel angezeigt.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ganz ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

543. AN ERNST HAECKEL

#TX

Friedenau-Berlin, 14. März 1900

Hochgeschätzter Herr Professor!

Erst sage ich Ihnen, hochgeschätzter Herr Professor, meinen allerherzlichsten Dank für die Annahme der Wid­mung meiner «Welt- und Lebensanschauungen im neun­zehnten Jahrhundert». Ich rechne es mir zur größten Ehre an, daß ich dies Buch mit Ihrem Namen schmücken durfte. Der erste Band, den ich eben erhalte und von dem ich mir Ihnen das erste Exemplar hiermit zu übersenden erlaube, behandelt die idealistischen Weltanschauungen; der zweite wird die naturwissenschaftliche behandeln. Sie werden se­hen, daß es in diesem ersten Bande mein Haupt[be]streben war, den teleologisch-idealistischen Anschauungen voll ge­recht zu werden. Ich gewinne dadurch gerade die Möglich­keit, für die kausal-monistische Weltanschauung rückhalt-los einzutreten. Ich wollte den Gegnern zeigen, daß ein ent­schiedener Vertreter des Monismus und ein Bekenner der Alleingültigkeit des Kausalgesetzes Kant und Hegel, ja sogar

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Schelling besser würdigen kann als selbst die Dualisten und Teleologen.

Der zweite Band wird in Bälde erscheinen. Sie, hochge­ehrter Herr Professor, waren so liebenswürdig, mir eine Ih­rer früheren Schriften anzubieten. Ich wäre Ihnen für die neueste Auflage der «Nat[ürlichen] Schöpf[un]gsg[eschich­te]» sehr dankbar, da mir nur die älteren zur Verfügung stehen und ich demnächst an die Ausarbeitung eines Essays gehe,. der sich an Ihre «Weiträtsel» anschließt, und in dem ich die neueren Angriffe auf Sie auch einmal in der ganzen Haltlosigkeit kennzeichnen will; ganz besonders möchte .ich Loofs zurückweisen, der meines Erachtens unter dem Schein kirchenhistorischer Gelehrsamkeit die schlimmste Heuchelei treibt.

Ich lege meinen Aufsatz über die «Welträtsel» bei und zwei Nummern des «Mag[azin]», in denen ich die mir gü­tigst zugesandten Notizen (Bressa-Preis und Preisaus­schreiben) abgedruckt habe.

In aufrichtigster Hochschätzung

Ihr ganz ergebener

Dr. Rudolf Steiner

Von meiner Broschüre «Ernst Haeckel und seine Geg­ner» habe ich leider noch immer kein Exemplar; sie soll aber in diesen Tagen erscheinen. Ich werde mir dann gestat­ten, sie sofort zu senden.

#TI

544. AN ERNST HAECKEL

#TX

Friedenau-Berlin, 4. April 1900

Hochgeschätzter Herr Professor!

Für die freundlich-anerkennenden Worte über den ersten Band meiner «Welt- und Lebensanschauungen im neun­zehnten Jahrhundert» sage ich Ihnen meinen herzlichsten

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Dank. Erst jetzt habe ich Exemplare meiner Schrift «Haek­kel und seine Gegner» erhalten. Ich gestatte mir, dieselbe beizulegen. Da die erst jetzt erscheinende Arbeit bereits im Oktober gedruckt war, ist der ganze heuchlerische Kampf gegen den Monismus, wie er sich in den letzten Wochen abgespielt hat, nicht mehr zur Sprache gekommen. Ich habe aber bereits einen Essay in Arbeit, der die ganze Rotte Loofs, Troeltsch etc. in gebührender Art beleuchten wird. Es scheint mir überaus charakteristisch, daß gegen die mo­nistische Philosophie solche abgebrauchte philosophische Phrasen ins Feld geführt werden, wie es Hönigswald tut.

Sie hatten die Liebenswürdigkeit, hochgeehrter Herr Professor, mir die Erfüllung meiner Bitte wegen der «Na­türlichen Schöpfungsgeschichte» in Aussicht zu stellen, und sind gleichzeitig so freundlich, zu fragen, ob ich die «Arabi­schen Korallen» und die letzte (vierte) Auflage der «An­thropogenie» besitze. Die letztere besitze ich bereits. Sie selbst waren so gütig, sie mir noch während meiner Arbei­ten im Weimarischen Goethe- und Schiller-Archiv zu schenken. Für die «Arabischen Korallen» werde ich Ihnen sehr dankbar sein. Ist es nicht zu unbescheiden, wenn ich um die für mich bei Ausarbeitung meines zweiten Bandes der Weltanschauungen wichtige «Gastraea-Theorie» bitte?

In vorzüglicher Hochschätzung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

545. ERNST HAECKEL AN RUDOLF STEINER

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Jena, 8. April 1900

Hochgeehrter Herr Doktor!

Beifolgend sende ich Ihnen die gewünschten Bücher, die letzte (IX.) Auflage der «Natürlichen Schöpfungsgeschichte», die «Ara­bischen Korallen» und die «Gastraea-Theorie». Zugleich lege ich

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noch zwei Schriften bei von denen ich mehrere Exemplare be sitze: mein «Lebensbild von Bolsche und Saladin Jehovahs Ge sammelte Werke» da letztere hauptsachlich die Ursache der wutschnaubenden Angriffe von Loofs etc auf meine Weltratsel sind, können Sie sich selbst uberzeugen daß der englische Theo loge «Saladin» ein sehr «gelehrter» Kollege seine Sache ver steht.

Von den «Welträtseln» erscheint demnachst die IV. (unveran derte) Auflage (8.-10. Tausend). Das Buch hat mir eine große Zahl merkwürdiger Briefe eingetragen. Eine Sammlung von Rezensio­nen will E. Strauß gleichzeitig verschicken.

Für die wertvolle Unterstützung, welche Sie der guten Sache der Wahrheit und Aufklärung durch Ihr «Magazin für Literatur» leihen, und besonders durch Ihr mannhaftes Eintreten für den Monismus, sage ich Ihnen meinen besonderen Dank.

In aufrichtiger Hochschätzung

Ihr ergebener

Ernst Haeckel

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546. AN MAXIMILIAN HARDEN

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Friedenau-Berlin, 23. April 1900

Sehr geehrter Herr Harden!

So sehr es Sie in Erstaunen setzen wird, muß ich Ihnen doch mitteilen, daß alles, was Frau Elisabeth Förster-Nietz­sche in dem Artikel «Der Kampf um die Nietzsche-Aus­gabe» in bezug auf mich sagt, sich zu der objektiven Wahr­heit wie Schwarz zu Weiß verhält. Eine Ausnahme macht nicht einmal die Tatsache, daß Herr Otto Erich Hartleben seinen definitiven Rücktritt von der Herausgabe des «Ma­gazin» wegen meines Artikels über Frau Förster-Nietzsche und das Nietzsche-Archiv erklärt habe. Mir gegenüber hat er niemals auch nur eine Andeutung darüber gemacht, daß sein übrigens lange vor dem Erscheinen dieses Artikels be­schlossener Rücktritt mit dieser Sache zusammenhänge. Ich

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habe nun durchaus keine Veranlassung, mir in einer Zeit-schrift von der Bedeutung und Verbreitung der «Zukunft» die Behauptungen der Frau Förster-Nietzsche sagen zu las­sen. Deshalb bitte ich Sie, mir gütigst mitzuteilen, ob Sie geneigt sind, eine wenn auch kurze Berichtigung von mir aufzunehmen, und wann Ihnen dies möglich ist?

Mit vorzüglicher Hoch achtung

Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

547. AN FRITZ KOEGEL

#TX

Friedenau-Berlin, 23. April 1 900

Sehr geehrter Herr Doktor!

Vergebens warte ich auf den von Ihnen angekündigten Artikel. Wie Sie vielleicht bemerkt haben, hat mittlerweile Frau Förster den Fehdehandschuh aufgenommen. Horn­effer und Seidl sind mobilisiert. Sie selbst hat in der «Zu­kunft» gegen Sie, Gustav Naumann und mich die tollsten Dinge in die Welt gesetzt. Seidis Angriff erscheint im ersten Maiheft der «Gesellschaft», wie eine Notiz zu einer Con­radschen Anhimmelung im 2. Aprilheft verkündet. Wie ich vorausgesagt habe, ist's eingetroffen: man konnte es sich nicht versagen, zu behaupten, ich stecke mit Ihnen unter einer Decke.

Durch Horneffer läßt die Förster eine Briefstelle von mir ankündigen, durch die bewiesen werden soll, daß ich Ihre «Fehler» frühzeitig gesehen haben soll. In der «Zukunft» erscheint nun diese pomphaft angekündigte Briefstelle, die nichts beweist, weil sie sich überhaupt gar nicht einmal auf die Ausgabe bezieht und mißgedeutet werden kann, nur weil sie Frau Förster aus einem Zusammenhange reißt, der klar ist. Ich werde auch diesen Unfug öffentlich aufdecken.

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#SE039-389

Nun aber brauche ich von Ihnen eine Auskunft: Ich werde nämlich Frau Förster öffentlich auffordern, zu erklären:

1. Wann ich irgend einmal den Wunsch geäußert habe, Nietzsche-Herausgeber zu werden?

2. Zu bestreiten: daß ich ihr in der kritischen Zeit wieder­holt eindringlich geraten habe, Sie als alleinigen Heraus-geber zu halten.

Beide Fragen fangen sie wie in einer Mausefalle.

In bezug auf die zweite Frage brauche ich von Ihnen ein Datum. Sie erinnern sich vielleicht, daß an dem Sonntag nach Ihrer Verlobung Ihre Frau Schwiegermutter von Jena herüber zu Frau Förster gekommen ist, daß Frau Förster damals Ihrer Schwiegermutter eine Szene gemacht hat und daß, als Sie die letztere zum Bahnhof geleiteten, mich Frau Förster aufforderte, noch zu bleiben. Damals ist auch Frau Förster mir gegenüber mit allerlei Klagen über Sie herausge­rückt, und ich habe damals ihr mit aller Bestimmtheit er­klärt, daß sie Sie halten müsse. Ich habe das dann noch öfter getan. Ich möchte nun das Datum dieses Sonntags wissen, der eben der Sonntag nach Ihrer Verlobung war. Ist es nicht der 30. November gewesen?

Beste Grüße an Ihre Frau Gemahlin und an Sie

Ihr

Rudolf Steiner

Friedenau-Berlin, Kaiserallee 95

Anbei Nr.15 u. 16 des «Magazin». Nr.17 bringe ich eine vollständige Entlarvung der wahren Gründe des ganzen Geschreis, zu dem Ihre Lesefehler nur den Vorwand bilden.

#SE039-390

#TI

548. AN MAXIMILIAN HARDEN

#TX

Friedenau-Berlin, 4. Mai 1900

Sehr geehrter Herr Harden!

Durch Unwohlsein war ich leider verhindert, die beilie­gende Berichtigung früher an Sie abzusenden. Sie werden sehen, sie ist so gemäßigt abgefaßt, als sie nur irgend sein kann. Wenn Sie die Erfahrungen, die ich mit Frau Förster gemacht habe, kennen würden, Sie würden aus dem Erstau­nen nicht herauskommen. Für die Art, wie sie mich im Herbst 1896 in ihren Konflikt mit Dr. Koegel, der mich gar nichts anging, hineinzog, gibt es keinen Ausdruck, der scharf genug ist.

An einer Berichtigung der Hartleben betreffenden Stelle liegt mir gar nichts. Was dieser Herr darüber sagt, wie er das Verhältnis mit dem «Magazin» gelöst hat, ist mir ganz gleichgültig. Sie, der Sie selbst genug Erfahrungen über Ber­liner Literatenverhältnisse haben, werden mich verstehen, wenn ich sage, daß ich heute diese Verhältnisse eben besser kenne als vor ein paar Jahren, da ich zwar nicht mehr jung, aber doch noch unerfahren in diese Berliner Literatur hin­einkam .

Was Frau Förster erwidert, kann mir nicht minder gleich­gültig sein. Ich habe in der ganzen Angelegenheit mir nicht das geringste vergeben. Bitte schön um einen Korrekturab­zug meiner «Berichtigung».

In voller Hochachtung

Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-391

#TI

549 AN JOHN HENRY MACKAY

#TX

Friedenau-Berlin, 10. Mai 1900

Lieber Herr Mackay!

Seien Sie mir nicht böse, daß ich Ihren lieben Brief erst heute beantworte. Ich dachte von Tag zu Tag, Sie um einen bestimmten Abend in dieser Woche bitten zu können. Es müssen aber bis Sonntag eine ganze Reihe von Arbeiten un­bedingt fertig werden.* Bis dahin habe ich - sozusagen -gebundene Hände. Ich bitte Sie nun, mir zu sagen, ob ich Montag abends zu Ihnen kommen darf. Ich würde mich ganz außerordentlich freuen.

Herzlichst Ihr

Rudolf Steiner

- - -

* Bis dahin muß mein «Winter-Programm» erledigt sein!!!

#TI

550. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Friedenau-Berlin, 14. Mai 1900

Geliebteste Eltern und Geschwister!

Zu Deinem Namenstag senden Anna und ich, Dir, lieb­ster Vater, die allerherzlichsten Wünsche. Könnten wir doch diese Wünsche mündlich bringen, nicht immer noch so bloß aus der Ferne. Sie kommen aber aus tiefstem Her­zen. In diesen Tagen hatte ich schon die Hoffnung, daß ich etwa am 16. Mai Euch würde besuchen können. Denn jetzt war es nahe daran, daß ich bald nach Wien gekommen wäre. Seit einigen Wochen haben Verhandlungen wegen einer dortigen Anstellung für mich geschwebt. Ich wäre nun bald in diesen Tagen persönlich dahin gekommen. Heute be­komme ich aber eben Nachricht, daß die Sache wieder unsi­cher geworden ist. Für den Herbst scheine ich aber sichere

#SE039-392

Hoffnungen zu haben. Hoffentlich können wir diesen Som­mer die Reise nach Osterreich machen. Auch hoffe ich, daß unser Herzenswunsch bald in Erfüllung gehe, Poldi hierher einzuladen. Bis jetzt war es deshalb nicht zu bewerkstelli­gen, weil ich erst ganz bestimmte Arbeiten zum Abschluß bringen muß.

Uns geht es soweit gut. Wir haben einen recht strengen Winter hinter uns. Und auch jetzt haben wir kaum einzelne schöne Tage. Für mich war der Winter außerdem arbeits­reich.

Wie geht es Euch allen? Lasset recht bald von Euch hören.

Am 17. Juni ist hier in Berlin ein großes Fest, das fünf­hundertjährige Erinnerungsfest an die Geburt Gutenbergs, des Erfinders der Buchdruckerkunst. Ich bin dazu auserse­hen, vor sämtlichen Berliner Buchdruckern (viertausend bis fünftausend Menschen) die Festrede zu halten. Ich bin neu­gierig, wie ich mit meiner Stimme auskomme. Es ist eine große Kunst, vor einer so großen Menschenmenge zu spre­chen. Ich freue mich natürlich aber ungeheuer, zu diesem Feste, das nur alle hundert Jahre einmal stattfindet, spre­chen zu können.

Auf recht baldiges Wiedersehen.

Herzlichste Küsse und Grüße

von Eurem

Rudolf

#SE039-393

#TI

551. AN DEN SEKRETÄR DES VERBANDES DER TAPEZIERER

#TX

Friedenau-Berlin, 21. Mai 1900

Sehr geehrter Herr!

Mit größtem Vergnügen übernehme ich Dienstag am 29. dieses Monats einen Vortrag in der Mitgliederversammlung des Verbandes der Tapezierer Das Thema «Gerhart Haupt-mann» wäre mir ganz recht. Vielleicht wird es die Zuhörer aber noch mehr interessieren, wenn ich etwas weiter aus-greife und sage: «Gerhard Hauptmann und das Geistesle­ben der Gegenwart». Ich könnte da manches berühren, was sich interessant machen ließe. Vielleicht sind Sie so liebens­würdig und schreiben mir, ob Ihnen das erste oder das zweite Thema besser paßt, sowie auch, wann und wo der Vortrag sein soll.

Mit besten Grüßen Ihr

Rudolf Steiner

#TI

552. ERNST HAECKEL AN RUDOLF STEINER

#TX

Jena, 3. Juli 1900

Verehrtester Herr Doktor!

Von Nummer 25 und 26 Ihres «Magazin», enthaltend die beiden trefflichen Artikel von Heinrich Schmidt über die «Wekrätsel», bitte ich mir je fünf Exemplare senden zu lassen (gegen Postnach­nahme). -Haben Sie mein Bücher-Paket bekommen?

- Mitte August trete ich meine Reise nach Java und Celebes an.

Mit freundlichem Gruß

Ihr ergebener

Ernst Haeckel

#SE039-394

#TI

553. AN ERNST HAECKEL

#TX

Friedenau-Berlin, 4. Juli 1900

Hochgeschätzter Herr Professor!

Mitfolgend - unter Kreuzhand - gestatte ich mir, sechs Exemplare der Nummern 25 und 26 des «Magazins» zu übersenden, die den vortrefflichen Aufsatz des Herrn Hein­rich Schmidt enthalten. Gleichzeitig erlaube ich mir, Zwei Exemplare von Nr.24 beizulegen, die einen Aufsatz von mir über das «Neue Jahrhundert» von O. Borngräber ent­hält, in dem ich auch über Loofs und Ross spreche.

Viele Male bitte ich um Entschuldigung, daß ich erst heute für Ihre mir so wertvolle Büchersendung danke. Ich war die Zeit über in der verschiedensten Weise überbürdet, und ich möchte in diesen Tagen auch mein zweites Bänd­chen «Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert» beenden. ES wird mir zur besonderen Freude gereichen, wenn ich durch die Art, wie ich den Monismus in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts be­handle, mir Ihre Zustimmung erwerbe. Ich hoffe, diese Weltanschauung dadurch in ihrer Bedeutung geschildert zu haben, daß ich ihre Zukunftssicherheit dem aussichtslosen Ringen entgegenstehender veralteter Gedankengebäude ge­genübergestellt habe; und besonders auch dadurch, daß ich gezeigt habe, daß unter dem Einflusse der monistischen Ideen der Begriff von Weltanschauung und Philosophie eine vollständige Reformation erfahren hat.

Vielleicht interessiert es Sie, hochgeschätzter Herr Pro­fessor, daß ich vor einigen Wochen in einer Berliner literari­schen Gesellschaft über Ihre «Welträtsel» gesprochen habe und, wie ich glaube, bei den Zuhörern viel Verständnis ge­funden habe. Darf ich mir gestatten, Ihnen drei Postkarten beizulegen, auf denen meine Zuhörer, unter denen auch manche bekanntere Persönlichkeit ist, sich nach dem Vor-trage unterschrieben haben.

#SE039-395

In allernächster Zeit veröffentliche ich in der «Gesell­schaft» einen Aufsatz «Ernst Haeckels Weiträtsel und die Gegner des Monismus».

Daß Sie, hochverehrter Herr Professor, auf Ihrer For­schungsreise die aufrichtigsten Glückwünsche wie so vieler Verehrer Ihrer Anschauungen und Forschungsergebnisse auch die meinigen begleiten, seien Sie versichert. Welche Perspektive eröffnet uns die Tatsache, daß Sie sich neuer­dings im Dienste des Wissens und der Erkenntnis der mühevollen Reise unterziehen!

In aufrichtiger Hochschätzung Ihr ergebenster

Dr. Rudolf Steiner

#TI

554. AN CÄSAR FLAISCHLEN

#TX

Berlin, 30. Juli 1900

Um eine wünschenswerte Tätigkeit der «Freien Literari­schen Gesellschaft» im nächsten Winter vorzubereiten, ist eine Vorbesprechung notwendig. Hierdurch möchte ich Sie bitten, zu einer solchen [am] Dienstag, den 31. Juli, ,/2 9 Uhr im Rheinisch-Westfälischen Restaurant (Kommandan­tenstraße - Ecke Lindenstraße) zu erscheinen.

Der 2. Vorsitzende

Dr. Rudolf Steiner

#TI

555. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Berlin SW [, 4. Dezember 1900]

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Vielen Dank für Ihren Brief. Aus meiner Reise ist aller­dings augenblicklich wegen des traurigen Ereignisses nichts

#SE039-396

geworden. Ich werde wohl erst Sonnabend abends fahren können. Freitag kann ich also noch bestimmt den Vortrag halten. Dagegen muß ich von dem liebenswürdigen Antrag des Vorstandes für Donnerstag Gebrauch machen. Ich kann mich einer Trauerfeier, die an diesem Tage für Jacobowski veranstaltet wird - bei den Kommenden - und der Trauer­rede, die ich dabei halten muß, nicht entziehen. Ich bitte Sie daher, mich für diesen (Donnerstag) Abend zu entschuldi­gen. Wir können dann am nächsten Donnerstag darauf ver­kündigen, wann die ausgefallene Stunde nachgeholt wird. Herrn Lammés jetzige Adresse fehlt mir augenblicklich.

Besten Gruß

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

556. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 11. April 1901

Hochverehrte gnädige Frau!

Seien Sie mir nicht böse, ich will gewiß noch in dieser Woche an Sie schreiben und den «Loki»-Artikel zur rech­ten Zeit senden. Reuters Adresse ist: Köln am Rhein (Ap­pelhofstraße). Er erhält aber einen Brief auch, wenn Sie bloß schreiben: O. Reuter, Köln am Rhein. Also wie gesagt, noch diese Woche einen ausführlichen Brief.

Schönsten Gruß von meiner Frau!

Herzlichst Ihr

Rudolf Steiner

#SE039-397

#TI

557 AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 29. Juli 1901

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Nun müssen Sie durch meine Lässigkeit im Schreiben noch gar auf dem Umweg durch Fräulein Reuter erfahren, daß ich auf meiner Reise nach Österreich die Absicht habe, Sie aufzusuchen. Haben Sie Dank für Ihre Nachrichten. Ich möchte allerdings auf meiner Rückreise zu Ihnen kommen. Darf ich? Ich möchte Sie so gerne wieder sprechen. Ich denke, nächsten Donnerstag abzureisen und zwischen dem 10. und 15. August zurückzufahren. Ich gedenke, ein paar Tage irgendwo in Ober- oder Niederösterreich zu bleiben und dann über Schönbrunn nach Hause zu fahren. Meine Frau wird wohl früher als ich nach Hause fahren müssen. Sonst hätte Sie auch gerne ein paar Stunden auf Ihrem Schlosse verlebt.

Vielen Dank für «Im Spiel der Sinne». Ich habe die «Briefe an einen Toten» sehr, sehr lieb. Wenn wir uns se­hen, möchte ich Ihnen viel darüber sagen. «Ich Spinne dem heimlichsten Sinn des Lebens nach!» Was macht das doch für einen Eindruck, wenn es so aus der Tiefe herauftönt. Aber wie gesagt, mündlich alles andere. Ich danke Ihnen auch herzlich für die guten Worte in bezug auf den endlich zustand gebrachten «Loki»-Artikel. Bruns hat begonnen, den Nachlaß zu drucken.

Herzliche Grüße von meiner Frau und Ihrem Rudolf Steiner

#TI

558. AN MARIA STONA

#TX

Salzburg, 11. August 1901

Hochge schätzte gnädige Frau!

Vielen Dank für Ihre freundlichen Zeilen. Wir werden nun doch wohl erst am 16. oder 17. bei Ihnen sein können,

#SE039-398

da wir von hier aus einen Umweg machen müssen, um einen Freund zu treffen, der eigentlich hier hätte Sein sollen, nun aber ganz wo anders uns hinzitiert. Ich freue mich sehr, zu Ihnen zu kommen, desgleichen meine Frau. Aus dieser Freude heraus herzlichste Gr üße von

Herzliche Grüße Ihrem ganz ergebenen

Anna Steiner Rudolf Steiner

#TI

559. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 2. September 1901

Ges chätzteste gnädige Frau!

Auch ich glaube, daß, nachdem die Sache mit Schottlaen­der so weit ist, es am besten ist, bei ihm zu bleiben. Ich habe mir die Sache reiflich überlegt. Günstig finde ich Schott­laenders Anerbieten nicht. Dennoch scheint es mir gewagt, jetzt noch weiter zu suchen. Es dürfte nämlich für den Ab­satz des Buches gut sein, wenn es bald erschiene. Dann würde es fast gleichzeitig mit den beiden Nachlaßbänden erscheinen. Und das wäre zweifellos sehr gut. Wenn See­mann es auch nähme, könnte sich doch eine der Sache schädliche Verzögerung ergeben. Wenn Sie sich mit Schott­laender auf fünfhundert Exemplare einigten, so wäre - wenn ich nicht ein ganz schlechter Prophet bin - das Risiko nicht allzu groß. Denn ich rechne mit Bestimmtheit auf einen Ab­satz, der die Zahl fünfhundert weit übersteigt. Ich würde mir aber an Ihrer Stelle nicht einen Spielraum von eznem, sondern mindestens von zwei Jahren ausbedingen. Denn es müßte doch mindestens die zweite Ostermesse nach dem Erscheinen abgewartet werden, d.i. die Ostermesse 1903.

Den Brief Schottlaender lege ich wieder bei. Zugleich ergreife ich die Gelegenheit, um Ihnen, verehr­teste gnädige Frau, für den so lieben Empfang, den Sie mir bereitet haben, herzlichst zu danken. Es waren sehr schöne

#SE039-399

Tage, die wir auf Schloß Strzebowitz verleben durften. Die Bücher von Konegen sind auch schon angekommen. Auch dafür danke ich. Ich will doch nächstens einen kleinen [Aufsatz] über Sie zusammenbringen.

Wolzogen ist noch nicht da. Sobald er kommt, werde ich ihn aufsuchen. Denn ich möchte zu gerne, daß Sie auf sei­nem [«Uberbrettl»] auftreten. Das wäre jedenfalls besser als etwa auf dem Brausewetterschen, das jetzt schon spielt. Das Wolzogensche dürfte doch das bessere bleiben.

Bitte empfehlen Sie uns bei Ihren lieben Angehörigen und seien Sie selbst von Anna und mir herzlichst gegrüßt.

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

560. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 12. September 1901

Verehrteste gnädige Frau!

Eben sagt mir Albert Jacobowski, daß er sowohl das Buchzeichen wie auch die Grabschrift bereits besorgt hat. Es fehlt also, soviel ich sehe, nur noch das Klischee für das Bild, wie es im «Kommenden»-Album ist . Ich habe nun auch dieses mir soeben verschafft. Es ist doch wohl das Be­ste, ich sende dieses direkt an Schottlaender mit einem er­klärenden Begleitbrief. Denn wozu sollte das erst den Um­weg über Strzebowitz machen, der noch dazu über die Grenze, d. i. über das Zollamt, führt, das nun das Ding doch am Ende noch verderben könnte. Also ich sende gleichzei­tig mit diesem Briefe das Klischee an Schottlaender und schreibe, daß er es durch mich in Ihrem Auftrage erhält. Für alles weitere, was etwa noch zu tun wäre, stehe ich natürlich immer sogleich zur Verfügung. Ich kann leider die Adresse von R.M. Werner jetzt auch nicht angeben, da ich, seit er vor acht oder zehn Wochen in Berlin war, nichts weiter von ihm gehört habe.

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Wir werden also das Jacobowski-Buch in kurzer Zeit ha­ben! Bald wird ja auch der Nachlaß erscheinen, der eben ausgedruckt ist. Ach, es ist doch jammervoll! Ich muß daran denken, wie schmerzliche Stunden er vor jetzt gerade einem Jahr gehabt hat.

Herzliche Grüße von meiner Frau und von

Ihrem

Rudolf Steiner

#TI

561. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin 15. September 1901

Verehrteste gnädige Frau!

Hierbei sende ich alles bisher von dem schönen Buch Er­haltene ab. Das «Vorwort» ist sehr schön, und ich kann nur raten, es so zu lassen, wie es ist; das Einzige, was ich zu sagen hätte, wäre, in der zweiten Zeile statt «mein erster Gedanke» zu sagen «einer meiner ersten Gedanken». Was Friedrich mit der «Dankbarkeit» will, verstehe ich nicht recht. Meiner Empfindung nach haben Ihnen die Mitarbei­ter zu danken. Denn Sie haben die Führung übernommen bei dem Werke, das allen Mitarbeitern aus der Seele kom men muß.

Friedrichs Arbeit habe ich mir noch schwächer vorge-stellt. Ich habe mit roter Tinte angemerkt, was ich anzumer­ken habe. Seite 14 das «wunderbös» ist für einen Menschen mit Stilgefühl greulich. Das Satzungetüm auf Seite ,7 müßte durch die von mir angemerkte Interpunktion verbessert werden. Entsetzlich ist aber, und deshalb telegraphierte ich Ihnen «Abwarten», auf Seite 21 die «geistige Athletenna­tur». - Zum Davonlaufen - und - zu noch mehr. Bitte schön, diesen zu Jacobowski wie die Faust zum Auge pas­senden Ausdruck zu ersetzen durch einen andern, etwa:

Seine allseitige Natur oder: Sein nach Allseitigkeit streben-des Wesen. Das Gedicht: «Ich hab einen Brief . . .» habe ich korrigiert.

#SE039-401

Sehr froh machte es mich, daß Sie mit meinem Aufsatz zufrieden sind. Eigentlich mag ich ihn, wie ich ihn jetzt wieder gelesen habe, auch ganz gerne. Bezüglich der Sphinx am Schluß möchte ich allerdings, nach Ihrer lieben Karte bezüglich Werners, eine Änderung. Sie werden, verehrteste gnädige Frau, bemerkt haben, daß es mir bei dem letzten Satze auf zwei Worte ankommt, nämlich auf «drohend» und «Leben». Sie müssen bleiben. Die alte ägyptische Frau hat für mich weiter keinen Wert. Sie ist übrigens nachgerade in der Weltliteratur gar zu rätselschwatzhaft geworden. Deshalb bitte ich den letzten Satz so zu gestalten: «Man muß den drohenden Abgrund des Lebens furchtbar vor sich gesehen haben, wenn man einen Rettungsversuch wie den vollbracht hat.»

Die Namen am Schluß der Beiträge müssen wegbleiben, wenn sie am Anfang stehen.

Alle rherzlichste Grüße von meiner Frau und Ihrem

Rudolf Steiner

#TI

562. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 18. September 1901

Verehrteste gnädige Frau!

Ihre tiefe Betruhnis uber Ettlingers Brief fühle ich mit. Es ist wirklich recht hart, wenn man für eine schöne und gerechte Tat, wie es die Herausgabe des Jacobowski-Buches durch Sie ist, eine solch - ich habe keinen anderen Aus-druck - brutale Beurteilung erfährt wie Sie von diesem Herrn. Trotzdem ich ein Lied über ähnliche Dinge aus mei­nem Leben singen kann, kann ich nur in einer gewissen Wut an diesen Ettlinger denken. Und doch möchte ich Sie bitten, den Mann nicht zu ernst zu nehmen. Das einzig Schlimme ist, daß man diesen Dingen von solchen Leuten immer wie­der ausgesetzt ist. - Ich habe diesen Ettlinger nie überschätzt.

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Ich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, was mir natürlich auch mißdeutet worden ist. Also er zählt auf, was alles über Jacobowski erschienen ist und erscheint. Es ist ungeheuerlich. Also Ihr Buch soll Grund zum Vorwurf und zu Befürchtungen sein. Das gegnerische Lager soll mo­bil gemacht werden! Ich kenne für diese Befürchtungen und ihren Ausdruck nur die eine Bezeichnung: welch feiges Phi­listertum. Wir tun, was wir für richtig halten, was wir vor uns rechtfertigen können, tun es allerdings mit Liebe für unseren verstorbenen Freund. Aber nur diese Liebe geht uns allein an; was aus ihr fließt, ist eine Notwendigkeit, der wir so weit dienen, als sie - nach unserer Auffassung - eine solche ist. Um das Mobilwerden im andern Lager kümmern wir uns nicht. Wer überhaupt nur an dieses Mobilwerden denken kann, ist eben, in meinen Augen, ein feiger Philister. Die Ettlingers werden eben nie den Mut finden, rein aus sich heraus, aus der unmittelbarsten Initiative, zu einer Sa­che «Ja» zu sagen. Solche Literaturkritiker taugen nur dazu, die ihnen vorgekauten literarischen Bissen noch einmal in Büchern und Artikeln wiederzukauen. Ich, für meinen Teil, fand solches Geschäft sogar immer unappetitlich, wenn es von den «geistvollen» Literaturkritikern mit den vor Jahr­hunderten verstorbenen Größen gemacht wird. Von der Gegenwart sollten die Wiederkäuer eigentlich ganz schwei­gen. Jedenfalls gebührt es sich für sie, daß sie nicht kläffen, wenn andere reden. Was mich persönlich angeht, so bin ich durch reichliche Erfahrung schon ein wenig «hart» gewor­den und habe mir den Spruch zurechtgezimmert: «Wenn ich mir auch nicht einbilde, ein Mond zu sein, so lasse ich die Hunde doch bellen.»

Was er über Ihre «Briefe an einen Toten» schreibt, kenn­zeichnet so recht diesen Ettlinger. Künstlerische Inferiori­tät, sonst nichts, kann ihn zu solchem Urteil führen und -im höhern, feinern Sinne - gesellschaftliche Inferiorität. Daß er vom «Dichten» soviel versteht wie der Ackergaul vom Pegasus, kann einem ja leid tun. Er verdiente dafür

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eine Professur der Ästhetik oder Literaturgeschichte an ei­ner deutschen Hochschule. Da könnte er statt eines leben­digen Lessing, Schiller, Goethe u.s. f. ebensolche ausge­stopfte Puppen den wissensdurstigen Zuhörern vorführen, wie es viele andere Hochschulzierden tun. Daß er es aber wagt, Ihnen sein plumpes, blindes Urteil auch noch zu schreiben, dafür habe ich nur den Ausdruck: dummdreiste Brutalität.

Und noch gar das «Kommenden»-Buch und der Nach­laß! Im «Kommenden»-Buch sind ganz wenige Seiten von Jacobowski Dies Buch war noch von J. projektiert, sogar zum Teil von ihm noch zusammengestellt. Gegen dies Buch und den Nachlaß etwas zu haben, dafür endlich weiß ich nur noch ein Wort: Trottelosis in völlig gelungener Rein­kultur. Verehrteste gnädige Frau, ich denke, Sie betrüben sich über diesen Ettlinger-Brief nicht weiter. Das Beste ist, Sie pulverisieren ihn und versenden das Pulver als Trottelo­sis-Bäzillus gegen Unverstand und Urteilslosigkeit. - Im ubrigen arbeiten wir weiter, wie es uns richtig und pietät-voll erscheint. Die Ettlingers wollen wir auf keinen Fall als unsere Richter anerkennen. Traurig ist ja, daß auch von sei­ner Seite zwölf auf ein Dutzend gehen und daß in unserm deutschen Schrifttum diese Dutzende unzähligemal voll sind. Meinetwegen kann sogar jeder solcher Dutzendmann ein «Literarisches Echo» redigieren. Man sollte ihn höch­stens verurteilen, nichts weiter als «Echo» zu sein. Bis jetzt unterscheidet sich ein literarisches aber, wie es Scheint, von einem natürlichen, daß ersteres jedesmal, was man auch hineinschreit - eine Dummheit zurückruft. Also lassen Sie sich, verehrte gnädige Frau, nicht vergällen, was Sie in gu­ter, ehrlicher und - rechter Weise tun.

Damit will ich die Antwort auf Ihren Brief Schließen und nur noch von meiner Frau die herzlichsten Grüße anfügen

wie auch von Ihrem getreuen

Rudolf Steiner

#SE039-404

#TI

563 AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 22. September 1901

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Bitte, bitte tausendmal um Verzeihung, daß ich die Kor­rekturen erst morgen früh (ganz gewzß) absende. Ihr Auf­satz - Erinnerungen - gefällt mir ganz außerordentlich. Ich konnte früher nicht absenden, weil ich heut abend einen mich furchtbar in Anspruch nehmenden Vortrag zu halten habe.

Herzlichste Grüße

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

564. AN WOLFGANG KIRCHBACH

#TX

Friedenau-Berlin, 9. Oktober 1901

Verehrtester Herr Kirchb ach!

Besten Dank für Ihre liebenswürdige Karte, aus der ich ersehe, daß wir Sie bei den «Kommenden» begrüßen dür­fen. Ich möchte nun schon heute im Auftrag der «Kom­menden» mit der Bitte zu Ihnen kommen, aus Ihren Wer­ken etwas vorzutragen. Meine Bitte geht dahin, daß Sie schon morgen die Liebenswürdigkeit haben möchten. Ich hatte mir vorgenommen, in diesen Tagen persönlich wegen dieser Sache bei Ihnen vorzusprechen. Nun war ich aber gerade in diesen Tagen gräßlich überbürdet. Vielleicht darf ich mir morgen vormittag erlauben, mir Ihre eventuelle, sehr erhoffte Zusage persönlich zu holen.

In herzlicher Hochachtung

Ihr

Rudolf Steiner

#SE039-405

#TI

565. AN WOLFGANG KIRCHBACH

#TX

Friedenau-Berlin, 30. Oktober 1901

Verehrtester Herr!

Sie haben die große Liebenswürdigkeit gehabt, den «Kommenden» an einem der nächsten Donnerstage eine Vorlesung aus Ihren Schöpfungen zuzusagen. Es wäre mir nun eine große Freude, wenn wir morgen schon dieses Ver­gnügen haben könnten. Unsere Abende beginnen offiziell um neun Uhr. Es wird allerdings gewöhnlich eine halbe Stunde später. Hoffentlich haben wir die Freude, Sie oft bei uns zu sehen. Ich wäre sehr froh darüber. Selbstverständlich ist bei uns die Redezeit ganz unbeschränkt. Es ist üblich, daß der Einzelne einviertel bis dreiviertel Stunden vorträgt. Es wird uns von Ihnen alles willkommen sein.

In herzlicher Hochachtung Ihr ergebener

Dr. Rudolf Steiner

#TI

566. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Friedenau-Berlin, 14. November 1901

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Bitte erfüllen Sie mir folgende Bitte. Ich kann nämlich G. Lammés [Adresse] nicht auffinden und kann deshalb nicht an ihn schreiben. Ich muß nämlich um Aufschieben der Rede-Übung-Stunde vom Freitag, den 22. November (also morgen über acht Tage) bitten aus einem Grunde, den ich Ihnen morgen persönlich mitteilen werde. Ich bitte Sie also, an Gen. Lammé zu schreiben, damit wir das morgen abend schon mitteilen können. Ich lege Marken bei, damit Sie den Brief an Lammé als Eilbrief schicken können.

Auf Wiedersehen morgen. Gruß auch von meiner Frau.

Herzlichst

Rudolf Steiner

#SE039-406

#TI

567. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 15. November 1901

Geschätzte gnädige Frau!

Es macht mir große Gewissensbisse, daß ich Ihnen nicht längst geschrieben habe. Ich tue es nun ganz gewiß morgen. Für heute möchte ich Ihnen nur herzlichsten Dank sagen für das Buch. Grämen Sie sich, verehrteste Frau, doch nicht zu sehr über die allerdings nicht ganz befriedigende Aus­stattung. Ich sage Ihnen aus vollstem Herzen: alles, was von Ihnen an diesem Buche ist, erweckt so sehr die Befriedi­gung, daß es unbillig wäre, diese Ihre nicht hoch genug zu schätzende Tat wegen der Ausstattung nur um etwas ge­ringer anzuschlagen. Morgen mehr. Ich bin wieder einmal gehetzt.

Herzliche Grüße

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

568. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Friedenau-Berlin, 21. November 1901

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Mein morgiger Hegel-Vortrag ist also: Charlottenburger Casino: Charlottenburg, Berlinerstraße 121. Beginn pünktlich 8 1 /2.

Herzlichen Gruß

Ihr

Rudolf Steiner

#SE039-407

#TI

569. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 2. Dezember 1901

Geschätzteste gnädige Frau!

Es ist mir heute sehr schwer ums Herz. Es ist nun schon ein Jahr: da ging ich in tiefer Betrübnis vom Krankenhaus «Urban» nach Hause, mehr betäubt als klar denkend. Und die Wunde, die ich damals erhalten, blutet noch heute Schwer. Ich möchte in diesen wenigen Worten von meinem Leid zu Ihnen sprechen, weil Sie mich verstehen.

Sie haben unserem Freunde ein schönes Denkmal gesetzt. Es war ein großer Gedanke von Ihnen, Ludwig Jacobowski in der Zeit als Lebenden festzuhalten. Heute, wenn ich das Buch so vor mir liegen habe, ist mir's, als wenn Sie gerettet hätten, was für das unmittelbare Leben die andern - die

Freunde - retten können.

Ich schreibe Ihnen morgen - diesmal ganz gewiß - ein paar Adressen, an die ich gerne das Buch gesandt hätte.

Dieser Brief von heute soll Ihnen zeigen, daß ich an diesem Trauertage mit meinen Gedanken bei Ihnen bin.

Von meiner Frau herzlichste Grüße und ebenso von

Ihrem

Rudolf Steiner

#TI

570. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 24. Dezember 1901

Geschätzteste gnädige Frau!

Erst jetzt kann ich etwas aufatmen, da die Feiertage be­ginnen. Ich benütze den Vortag derselben, Ihnen und Ihren lieben Angehörigen ein frohes Fest zu wünschen. Wenn ich jetzt an Ihr Heim denke und die Bilder, die ich den Sommer mitnehmen durfte, mir ins Winterliche übersetze, so könnte

#SE039-408

mir fast der - natürlich unerfüllbare - Wunsch entstehen, Ihnen persönlich frohe Weihnachten zu wünschen.

Haben Sie Dank für die Zeilen, die Sie mir auf meinen Brief vom i. Dezember sandten. Sie waren es, der ich sagen konnte, was ich an diesem Tage empfand. Ich lese Ihre Erin­nerungen in unserem Buche immer wieder. Und sie werden mir immer lieber, trotzdem sie mir vom Anfang an einen schon großen Eindruck machten. Welch ein Trost ist es doch, daß dieses Buch existiert. Ich habe am Jahrestage des Begräbnisses unseres lieben Freundes im Anschluß an «Ja­cobowski im Lichte des Lebens» eine Gedächtnisrede im Kreise der «Kommenden» gehalten.

Wenn es Ihnen passend erscheint, so bitte ich Sie durch den Verleger noch Rezensionsexemplare senden zu lassen an: Alfred Gold (Redaktion der Wiener «Zeit», mit Beru­fung auf mich. Adresse: Wien IX/3, Günthergasse 1) - Dr. Hans Landsberg, Berlin, Lützowstraße 75. - Curt Holm, Friedenau-Berlin, Cranachstraße 59. - Frau Dr. Ida LuX­Häny, Friedenau-Berlin, Hauffstraße 8. - Dr. Bruno Wille, Friedrichshagen bei Berlin. (Überall bitte ich hinzufügen zu lassen, daß um Besprechung ersucht wird und daß die Zusendung auf meine Veranlassung geschieht.)

Nun auch noch vielen Dank für die Weihnachtsüberra­schung aus Ihren Wäldern. Das Festmahl versetzt uns so selbst zu Ihnen. An Ihren Herrn Vater, Fräulein Helene, Ihren Sohn und die liebe Hausgenossin, die in Ihren «Men­schen und Paragraphen» geschildert wird, herzlichste Grüße

Sie selbst empfangen von uns beiden herzlichste Grüße.

Immer ganz Ihr

Rudolf Steiner

#SE039-409

#TI

571. AN MARIA STONA

#TX

Friedenau-Berlin, 21. Januar 1902

Hochverehrte gnädige Frau!

Wie sehr freuen wir uns, Sie zu sehen! Ich bin morgen und Donnerstag von vier Uhr nachmittags ab beruflich an­gehängt. Am besten fragt meine Anna morgen, 10 Uhr mor­gens in Ihrer Pension an, wann wir Sie begrüßen dürfen. Ich rechne darauf, daß Sie Donnerstagabend bei den «Kom­menden» etwas - was Ihnen beliebt - von sich vorlesen.

Herzlichste Grüße von uns beiden an Sie beide

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

572. AN MORIZ ZITTER

#TX

Friedenau-Berlin, 10. Juni 1902

Lieber Freund!

Nun war Dr. Kanner hier. Aber ich kann Dir leider nicht von sonderlich guten Hoffnungen berichten. Er hat mich zu sich ins Hotel gerufen; dann noch einmal bestellt. Er hat sich von mir stundenlang erzählen lassen. Was er mir zu­letzt gesagt hat, hätte er mir auch sagen können, bevor er mich angehört hat. Zuletzt sagte er mir: ich solle ihm schriftlich ausarbeiten, wie ich mir vorstelle, daß ein moder­nes Feuilleton geleitet werden müsse, und was ich, im Falle einer Anstellung dazu, alles tun wolle. Ich mache das natür­lich alles. Es schien mir aber doch nur ein Mittel, um mich loszuwerden, ohne direkt «nein» zu sagen. Alles, was er mir sagte, hat er auch schon zu Dir gesagt. Es ist dasselbe, was Du mir schriebst, das er Dir sagte. Ich konnte zuletzt aber wirklich nicht verstehen, was er eigentlich von mir wollte. Ich habe auch alles Äußere getan, was Du mir aufge­tragen hast, d.h. einen solchen Anzug erstanden, wie Du

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sagtest, einen steifen Hut, Handschuhe. Es schien mir, daß Du damit ganz recht hattest. (Es hat die Taschen völlig geleert.)

Ich habe ihm das Verschiedenste vorgestellt, was gerade einen Menschen zum Leiter eines modernen Feuilletons prädestiniert, der sich auf den allerverschiedensten Gebie­ten umgesehen hat. Das ist ein Punkt, von dem er sagte, daß er ihm unbedingt «einleuchtet». Vorgebracht hat er über­haupt nichts gegen mich als die Anschauung, daß es «für mich» doch besser wäre, mich nicht dadurch von aller freien Schriftstellerei abzuschneiden, daß ich der bureauartigen Arbeit mich zuwende. Ich sagte natürlich, daß ich doch seit langem eine solche Stellung wollte und daß es gar nicht dar­auf ankäme, was für mich besser sei. Es war überhaupt alles zuletzt von ihm so vorgebracht, als ob er mein Bestes dann wollte, wenn er mich nicht anstellte. Irgend etwas Bestimm­tes war aus ihm nicht herauszubringen. Ich wußte zuletzt gar nicht mehr, was ich zu seiner ganz unklaren Ausdrucks-art sagen sollte. - Ich hatte ihm übrigens vor einiger Zeit, auf seine Aufforderung hin, einen Lebenslauf geschickt. Aus dem Gespräche ging hervor, daß er ihn höchstens flüchtig gelesen hat. Ich bin nun der Meinung, daß die Mühe, die Du Dir für diese Angelegenheit gegeben hast, bei anderen, wohl hauptsächlich bei Burckhard, auf fruchtba­ren Boden gefallen ist, daß ich also Kanner gut empfohlen bin, daß es aber auf ihn hauptsächlich ankommt. Er scheint aber einen andern zu wollen. Ob er sich nun verpflichtet fühlte, für seine Ablehnung nach Gründen zu suchen? Das alles frage ich mich vergebens. Fast scheint mir das so.

Nun muß ich aber doch auf die Einsendung des Elaborats über meine Auffassung eines Feuilleton-Redakteurs eine Antwort erhalten. Vielleicht ist daraus etwas zu ersehen. Es könnte ja übrigens doch noch nicht alles verloren sein; viel­leicht wird doch noch etwas daraus. Denn, wie schon ge­sagt, mit einem «Nein» hat er mich ja nicht entlassen. Und daß es ihm etwas darauf ankam, mich seine Herrlichkeit als

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Herausgeber einer großen Zeitung, die nicht auf «ökonomi­sche Beschrankung» zu sehen braucht, fuhlen zu lassen. das habe ich genügend bemerkt. Vor allen Dingen wollte er mir klarmachen, daß der Feuilletonredakteur nur ein unterge­ordnetes Glied in einem «großen» Apparat ist und daß die Signatur der Zeitung von ganz anders woher käme. Ich ging selbstverständlich auf alle diese Dinge mit heiligem Ernst ein, obwohl ich innerlich lächeln mußte. Wir wollen also sehen!! -

Ich meine, daß ich nun ganz gewiß am 15. mit dem Buche fertig bin. Du wirst es also bald haben. Anmerken wirst Du der Sache, daß ein großes Studium dahintersteht, trotzdem alles, was darinnensteht, völlig frei ist. Ich wollte, daß Du und Frau Mayreder zu dem Buche «Ja» sagen könnten. Vor mir selbst glaube ich diesmal sicher zu sein. Es kam darauf an, mir Zeit zu lassen.

Was macht Ihr? Du hörst bald wieder von mir. Indessen sei herzlich mit Deiner lieben Frau von uns beiden gegrüßt.

Dein alter

Rudolf Steiner

#TI

573. AN ANNA STEINER

#TX

Hannover [, 30. Juni 1902] Montag Nachmittag

Meine vielgeliebte Anna!

Vom Bahnhof Hannover sende ich Dir den ersten herzli­chen Gruß. Ich komme eben von Dr. Hübbe-Schleiden, bei dem auch dessen Münchner Freund Deinhard war. Ich habe nun doch die Überzeugung gewonnen, daß das Recht auf Hübbe-Schleidens Seite ist und daß der Bresch ein minder­wertiger Fanatiker ist. Ich will nun sehen, wie's weitergeht. In einer Viertelstunde fahre ich weiter. Morgen vormittag hoffe ich in London zu sein. Ich will Dir aller Vorsicht halber nochmals die Adresse schreiben:

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Adr. Mr. Bertram Keightley 30 Linden Gardens

Bayswater

[London] W

Bitte stecke beifolgenden Brief in den Briefkasten und behalte lieb Deinen Dich herzlich küssenden

Grüß Geni.

Rudolf

#TI

574. AN ANNA STEINER

#TX

London, 1. Juli 1902

Meine innigstgeliebte Anna!

Heute morgen also bin ich hier angekommen. Gestern abend 12 Uhr ungefähr kam der Zug in Vlissingen an. In Vlissingen steigt man ins Schiff. Bei der Überfülltheit der Züge ist es tatsächlich recht wenig erfreulich, jetzt lange Strecken zu reisen. - Also das Schiff bestieg ich mitten in der Nacht. Man kriegte was zu essen. Alles sündhaft teuer. Dann bekam man Schlafkabine angewiesen. Kabine 33 Bett 4. Als ich da hineinkam, waren schon drei Kerls drinnen. Und was für welche. Einer schnarchte so, daß an Schlafen auf keinen Fall zu denken war. Bevor ich in die Kajüte ging, schrieb ich eine Ansichtspostkarte an Dich. Also von Schla­fen war keine Rede. Ich stand auf, sobald es hell wurde. Und nun: ein herrlicher Morgen. Wenn auch das Wetter nicht gerade herrlich war. Es gibt außer dem Gebirge doch nichts Schöneres in der Natur als rings um sich Wasser und Himmel. Höchstens hie und da ein Schiff. Das war recht schön. Und ich habe immer denken müssen: wenn Du doch jetzt da wärest. Denn die Nacht hätte ich Dir nicht ge­wünscht, mitzumachen.

Dann Ankommen auf englischem Boden um ungefähr 6 Uhr. Man hat dann noch 2'/4 Stunden per Eisenbahn nach London zu fahren. - Auf dem Wege sind Weiden, dann

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taucht London auf. - 1/4 9 Uhr steig ich aus. Mit dem volu­minösen Koffer ist das doch alles recht umständlich. End­lich hab ich mein «cab», das ist eine Droschke, bei welcher der Kutscher obenauf, der Passagier innen sitzt. Das ist eng­lische Spezialität. Also ich hab mein «cab». Da tauchen plötzlich Frau von Holten und Fräulein von Sivers auf. Ge­rade noch zur rechten Zeit, bevor ich abgefahren. Dann fährt Frau von Holten zu ihrer Tochter nach Brighton. Frl. von Sivers führt mich zu Mr. Keightley. Ein reiner Segen: in England muß man in solchen Häusern jeden Morgen ba­den. Also erste Londoner Erfahrung: ein Bad. Dann Früh-stück bei Mr. Keightley. Das ist ein recht sympathischer, durchaus liebenswürdiger Mensch. Mittag wollte ich heute nicht mitessen. Denn es scheint mir doch das Beste, wenn ich mich nicht so an Zeiten binde. Also sitze ich denn da mittags 2 Uhr - da ist es aber in Berlin schon 3 Uhr - und habe eben gegessen: Stewed kidney Lyonais. Du würdest das Ding geröstete Niere nennen. Heute abend für 7 Uhr habe ich mit Keightley dann eine Konferenz, wo er einmal hören soll, wie es sich mit den deutschen Theosophen verhält.

Ich will also heute einmal den Tag benutzen, um mich überall allein durchzufinden. Ich denke nämlich, so findet man sich am leichtesten zurecht in einer fremden Stadt.

London macht übrigens von vornherein einen Eindruck, der sich von dem aller anderen Städte, die ich gesehen habe, wesentlich unterscheidet. Ich bin z. B. schon durch viele Straßen gekommen, aber ich habe bisher noch keine elektri­sche Bahn gesehen. Dafür stürmt an Droschken und Omni­bussen alles durcheinander. Aber selbst da ist mehr Ord­nung als am Potsdamer Platz in Berlin. Aber ich hab, wie gesagt, doch noch wenig gesehen. Vielleicht kommt das dicke Ende erst noch.

Sei allerherzlichst gegrüßt und geküßt von Deinem

Rudolf

#SE039-414

#TI

575. AN ANNA STEINER

#TX

London, 4. Juli 1902

Meine liebe gute Anna!

Sehr bin ich beunruhigt, heute Freitag nachmittag noch immer keinen Brief von Dir zu haben. Ich hoffe nun ganz bestimmt, heute nachmittag werde einer ankommen. Mr. Keightley, bei dem ich wohne, ist eine hervorragend lie­benswürdige Persönlichkeit. Dienstag abend und Mittwoch abend haben wir uns über sehr wichtige Fragen mehrere Stunden unterhalten. Ich habe viel Freude davon. Gestern abend hielt Mr. Keightley einen Vortrag, der sehr interes­sant war. Sonst laufe ich in London die freie Zeit herum, die allerdings von heute ab schon sehr beschränkt ist. Denn heute war großer Empfang im Hauptquartier der Gesell­schaft hier. Ich komme eben davon. In ein paar Minuten werde ich hinuntergerufen zu Keightleys Abendessen; dann ,/2 9 ist Vortrag von Mrs. Besant. Übrigens habe ich Mrs. Besant gestern persönlich kennengelernt.

Morgen beginnt ganz früh die Versammlung. Nachmit­tag bin ich zu einem «Tea» geladen; abends sind Vorträge.

Das geht dann bis Dienstag so fort. Ich schreibe Dir öfter, meine liebe gute Anna, wenn es auch manchmal nur ein paar Worte sind, zwischen den Gängen, die übrigens in London alle Reisen sind. Die Entfernungen sind einfach entsetzlich. Ich denke immer an Dich. Du kannst gar nicht glauben, wie gerne ich Dich da haben möchte. Ich sehne mich sehr nach Dir.

Bitte schreibe mir doch recht viel. Vorläufig sei herzlichst geküßt und gegrüßt

von Deinem

Rudolf

#SE039-415

#TI

576. AN ANNA STEINER

#TX

London, 10. Juli 1902

Meine liebe gute Anna!

Also ich reise mit Frau von Holten morgen Donnerstag 10 Uhr von hier ab, nachdem ich mich in diesen Tagen be­müht habe, aufs Menschenmöglichste herumzulaufen, um soviel als möglich von London zu haben. Morgen also geht's nach Brüssel, wohl nur für einen Tag, so daß ich Sonntag in Paris sein werde. Ich bitte Dich, sende nichts ab, sondern wenn etwas ganz Wichtiges ist, so schreibe es mir kurz und schicke es nach Paris poste restante, Poste cen­trale. Ich möchte aber nicht, daß dahin Briefe gesandt wer­den, denn das ist mir doch zu unsicher. Also schreibe nur Du mir dorthin oder, wenn Du etwas für ganz besonders wichtig hältst, so telegraphiere dorthin. Aber wie gesagt: ich werde erst Sonntag dort sein. Ist etwas von ganz beson­derer Wichtigkeit, so telegraphiere nach Brüssel poste restante, Poste centrale. Ich werde auch dort nachfragen.

Ich schreibe also nochmals beide Adressen:

Monsieur Dr. Rudolf Steiner

und dann entweder

Brüssel (Bruxelles), poste restante, Poste centrale, Belgien (Belgique)

oder

Paris, poste restante, Poste centrale, France.

Ich werde Dir nun morgen oder übermorgen schreiben, ob, wann und wo wir uns unterwegs treffen könnten. Ich hätte eine große Freude davon.

Herzlichsten Gruß und Kuß für heute Dein

Rudolf

#SE039-416

#TI

577. AN ANNA STEINER [Postkarte]

#TX

Paris, 14 juillet 1902 Montag vormittag

Meine liebe gute Anna!

Einen herzlichsten Gruß von hier. Augenblicklich ist's hier wie auf einem großen Jahrmarkt, denn heute ist das Erinnerungsfest der Republik. Alles ist auf den Beinen. Die ganze Stadt geschmückt. Wenn Du diese Karte noch mor­gen Dienstag oder Mittwoch vor 11 Uhr erhältst und es ist eine Korrektur da, so nimm diese Korrektur, mache sie auf, laß von jedem Bogen das eine Exemplar zur Vorsorge zu Hause und schicke nur ein gedrucktes Exemplar jedes Bo­gens hierher (poste restante, Poste centrale). Ebenso behalte das Manuskript zu Hause. Aber sende nichts mehr Mitt­woch nach 12 Uhr ab. Ich schreibe Dir über alles andere noch heute einen Brief.

Alles Herzlichste

Dein

Rudolf

Wenn wir uns in Köln treffen könnten, führest Du wohl am besten früh morgens von Berlin ab und wärest abends dort. Alles Genauere schreibe ich Dir noch.

#TI

578. AN ANNA STEINER [Postkarte]

#TX

Paris, ,4 juillet 1902

Meine liebe gute Anna!

Eben werde ich ängstlich: ich könnte die Korrektursen­dung an die Druckerei Bernh. Buchbinder in Neu-Ruppin nicht genügend frankiert haben. In diesem Falle würde sie

#SE039-417

an Dich kommen, da ich unsere Friedenauer Adresse ange­geben habe. - Ich bitte Dich, zahle das Strafporto in diesem Falle und gebe einen neuen Umschlag um die Sache und sende sie an die Adresse (Bernh. Buchbinder, Buchdrucke­rei in Neu-Ruppin).

Ich schreibe Dir heute noch einen Brief.

Alles Herzliche Dein

Rudolf

#TI

579. AN ANNA STEINER

#TX

Paris, 15. Juli 1902

Meine liebe gute Anna!

Sonntag abend bin ich mit Frau von Holten hier ange­kommen. Du kannst nicht glauben, wie wenig leicht es mit dieser Frau von Holten zusammen zu sein ist. Sie kann in allen Sprachen schwätzen, aber im übrigen ist sie grenzenlos beschränkt und stellt die kindischsten Fragen. Sie ist so recht ein Beispiel dafür, daß man viel gelernt haben und doch strohdumm sein kann. Wenn ich sie nur bald los hätte.

Ich freute mich ungeheuer, wenn wir uns auf dem Wege sehen könnten. Da das Geld von Rohrbeck, oder wie der Bursche heißt, gekommen ist, so wird es doch gehen, daß Du mir nach Köln entgegenkommst. Aber ich muß vorher nach Düsseldorf. Und dann muß ich nach Kassel. Ich soll dort die theosophischen Logen besuchen. Also überlege Dir, meine liebe gute Anna, ob Du lieber nach Köln kommst oder nach Kassel. Kommst Du nach Köln, so müs­sen wir dann zusammen über Kassel zurückreisen. Also auch in dem Falle, wenn Du nach Köln kommst, mußt Du die Rückreise über Kassel nehmen. In diesem Falle müßtest Du Dir eine Rundreisekarte von jemand zusammenstellen lassen. Den Weg von Berlin nach Köln kannst Du nehmen,

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wie es Dir besser ist. Zurück muß dann die Karte über Kassel gehen.

Ist es Dir lieber, bloß bis Kassel zu kommen, so brauchst Du nur eine Tour- und Retourkarte von Berlin bis Kassel und zurück. Also, liebe Anna, was Dir lieber ist; wir fahren dann doch 3. Klasse. Aber nur bei Tage. So richten wir es ein. In Deutschland geht das ganz gut. Aber nun bitte ich Dich eines. Diesen Brief erhältst Du jedenfalls Donnerstag. Telegraphiere mir dann sofort, ob Du nach Köln oder nach Kassel kommst. Ich schreibe Dir dann umgehend, wann ich Dich da oder dort abhole und wie Du fahren sollst. Und wenn sonst was Wichtiges ist, so telegraphiere es mit. -Aber nur Wichtiges. Da ich weder Sonntag noch gestern, noch heute am Zentral-Postamt etwas gefunden habe, nehme ich an, daß nichts Wichtiges vorgefallen ist. Wenn Du nach Empfang dieses Briefes telegraphierst, so telegra-phiere: Docteur Rudolf Steiner, Paris, Hotel Slave, Rue Baudin 16. Also Du telegraphierst jedenfalls, ob Du irgend­wohin kommst, und wohin. Ich erwarte Donnerstag Dein Telegramm. Donnerstag bin ich nämlich unter allen Um­ständen noch hier. Ich war heute bis ,/43 Uhr im Louvre. Da gehen einem ganz neue Dinge auf. Ich habe die Holten allein im Louvre herumbummeln lassen, und ich gehe mit dem Buche in der Hand von Bild zu Bild. Aber ich habe bis jetzt nur einen kleinen Teil gesehen. - Im übrigen ent­täuscht eigentlich Leute wie mich Paris etwas. Es ist alles hier laut und jahrmarktmäßig. Ich dachte gestern, das käme alles vom Feste der Republik. Aber es ist heute auch so. Gestern habe ich mir natürlich die Truppenrevue nicht an­gesehen. Frau v. Holten war sehr betrübt, als sie hörte, daß ich dazu keine Lust habe. Ich habe aber eine List gebraucht. Ich habe sie schon vormittag so müde werden lassen, daß sie nachmittag nicht «Mau» sagen konnte und zu Hause blieb. Ich bin dafür in die Stadtviertel gegangen, von denen Zola geschrieben hat. Das ist mir interessanter, als hunderte und aberhunderte von roten Hosen zu sehen. Eben komme

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ich vom Place de la Bastille. Das war doch ein besonderes Gefühl für mich, auf dem Platz zu stehen, wo vor mehr als hundert Jahren die Freiheit mit dem Blute erkauft worden ist. Auch da habe ich Frau v. H. nicht mitzunehmen ge­braucht. Sie ist heute, Gottseidank, Stoffe kaufen gegangen. Sie ist lieber in den «Louvre» gegangen. Das ist aber nicht die Bildergalerie, sondern das «Magazin du Louvre», in Pa­ris das, was in Berlin der Wertheim ist. Sie fragte mich ge­stern, ob ich dahin mitgehen wolle. Ich habe gedankt. Da hat sie dann rasch Bekanntschaft mit ihrer Zimmernach­barin im Hotel geschlossen und mit der ist sie nun heute nachmittag losgezogen. Abends ,/28 Uhr beim Abendbrot soll ich sie wieder treffen. Jetzt ist's 3/47 und ich sende Dir, meine liebe gute Anna, noch die allerherzlichsten Grüße und Küsse.

Auf Wiedersehn Dein

Rudolf

Dienstag: Nicht wahr, Du erzählst nichts von meiner Reise, wo es nicht notwendig ist. Die Leute schwätzen zu viel.

#TI

580. AN ANNA STEINER [Postkarte]

#TX

Paris, 15 juillet 1902

Meine liebe gute Anna!

Ich habe vergessen, in dem Briefe Dir zu schreiben, daß Du von Donnerstag ab mir Wichtiges nicht schicken, son­dern schreiben sollst: Köln a. Rhein, postlagernd, Haupt­postamt. Wenn Du Korrekturen hast, so sende von jedem Bogen ein Exemplar dorthin, jedoch ohne Manuskript.

Dieses behalte. Herzlichst

Dein

Rudolf

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#TI

581. AN JOHANNA MÜCKE

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Paris, 21. Juli 1902

Place de la Bastille

Von dieser Stelle aus möchte ich Ihnen einen ganz herzli­chen Gruß senden.

Stets Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#TI

582. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Friedenau-Berlin [, 26. September 1902]

Verehrtes Fräulein Mücke!

Ich finde wieder einmal Herrn Lammés Adresse nicht; deshalb muß ich Sie bitten, ihm mitzuteilen, daß es sonntags nicht geht, die Lehrer zusammenzurufen, und daß ich es am Sonntag den 5. Oktober tue und ihn davon benachrich­tigen werde.

Wir sehen uns also am Sonntag abends, nicht wahr? Wir erwarten Sie von 6 Uhr ab.

Herzlichen Gruß Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#TI

583. AN WOLFGANG KIRCHBACH

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Friedenau-Berlin, 2. Oktober 1902

Sehr verehrter Herr Kirchbach

Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für Ihren Brief. «Was lehrte Jesus?» werde ich gewiß besprechen. Zugleich mit diesem Briefe sende ich Ihnen mein «Christentum» und lege ihm meine vor einem Jahr erschienene «Mystik im Auf-gange» bei. Sie werden besonders aus dem ersten Kapitel der letzteren Schrift ersehen, worauf es mir ankommt. Ich

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brauchte, um das zu bezeichnen, was ich unter der «höhe­ren Erkenntnis» verstehe, ein Wort und griff zu «Mystik». Ich weiß, daß in solcher Anwendung eines heute geradezu kompromittierten Wortes eine Gefahr liegt. Aber wir leiden doch alle darunter, daß wir für Vorstellungen, die wir neu prägen, schon geprägte Worte anwenden müssen. Der kon­servative Sinn der Menschen kritisiert unsere Vorstellungen nach der historischen Wortbedeutung. Dem aber können wir nicht entgehen.

Montag war es mir nachher unangenehm, daß ich meinen Widerspruch gegen Ihre Ausführungen zu sehr zugespitzt hatte. Aber glauben Sie nicht, daß es sich mir dabei um die Verstandeskategorien «wahr» und «falsch» handelte. Ich habe nur die Empfindung, daß es gerade jetzt für den «Denkpädagogen» eine gefährliche Sache ist, wenn er die Menschen auf der Leiter des Denkens nach den mechani­schen Kategorien herunterführt. Das hängt mit einer histo­rischen Perspektive zusammen, die ich vor mir sehe. Mir scheint in der Geschichte des abendländischen Denkens ge­genwärtig ein Moment zu sein, wie wir einen solchen seit etwa Galilei noch nicht gehabt haben. Vorher war wieder einer zur Zeit Augustins. Von Augustin bis - etwa - Galilei haben wir eine Zeit der nach innen gehenden menschlichen Geisteskräfte. Seither eine Verbreiterung über die äußere Erfahrungswelt. Beide Entwicklungsströmungen müssen zuletzt bei toten Punkten anlangen. Die Denkgesinnung Augustins hat zuletzt alle Fähigkeit verloren, über die Außenwelt mitzusprechen; sie konnte nur noch un-, ja anti-wissenschaftlich sein.

Unsere moderne naturwissenschaftliche Denkweise ist zwar im eminentesten Sinne wissenschaftlich - oder könnte es wenigstens sein, wenn die Naturforscher alle auch lo­gisch geschulte Köpfe wären -, aber sie hat so, wie sie ist, alle Möglichkeit verloren, über das Innenleben, über den Geist mitzusprechen. - Und wir müssen, meine ich, wenn wir die «Zeichen der Zeit» richtig deuten, vor einer Epoche

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einer Vertiefung in den Geist stehen. Das nächste Zeitalter wird Augustinismus und Haeckelismus als «aufgehobene Momente» in sich enthalten. Ich halte nun für notwendig, daß heute ein Weltanschauungsbund die Empfindung weckt, von der Goethe sprach, als er sagte, die Kunst ent-halte eine Manifestation geheimer Naturgesetze, die ohne sie ewig wären verborgen geblieben. Ich möchte darauf hal­ten, das Gefühl zu erzeugen, daß nicht die tote wissen­schaftliche, sondern die lebendige, im Geiste wiedergebo­rene Erkenntnis die Wahrheit bringe. Deshalb wäre es mir letzten Montag lieber gewesen, wenn Sie statt von der «Ver­erbung» hinunter in die Mechanik hinauf gedeutet hätten in das, was Goethe den «Typus» nennt. Ich mag den Begriff der Vererbung auch nicht, aber ich mag ihn deshalb nicht, weil er ein trivialer Begriff ist. Er ist, meiner Meinung nach, eine Eselsbrücke für tölpische Naturforscher, aber eine von den Hypothesen, die Goethe damit charakterisiert, daß er sagt, sie seien Gerüste, solange gut, bis das Gebäude aufge­führt ist, um dann abgebrochen zu werden. Das meinte ich auch, als ich sagte: Wir verdanken dem Begriffe der Verer­bung viel. Gerade das auf der einen Seite Flache, auf der an­deren Seite Unbestimmte des Vererbungsbegriffes bewirkt es, daß ihn die Naturforscher als regulatives Prinzip benut­zen. Noch mehr Metaphysik (aristotelisch gesprochen) ver­tragen heute unsere Naturgelehrten nicht; und noch weni­ger (reine Mechanik) verträgt das Zeitalter nicht mehr.

Mein «Christentum» nehmen Sie bitte für nicht mehr, als es sein will. Ich kenne seine Fehler, namentlich die histori­schen, ganz genau. Der Zusatz «als mystische Tatsache» will ganz ernst genommen werden. Und ich wollte mir den Ein­druck nicht dadurch verderben, daß ich an gewissen Punk­ten auf andere, zum Beispiel auf Strauß hinwies. Ich lege den Wert auf die Erkenntnis-Gesinnung, die ich zum Aus­druck bringe. Ich weiß, daß ich etwas Ähnliches wage wie einst Fritz Schultze, von dessen positiven Aufstellungen heute nichts mehr als richtig gilt, während das biogenetische

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Gesetz - vielleicht noch korrigiert - in alle Zukunft weiter­leben wird.

Ich bin mit allen Ausführungen Ihres Briefes einverstan­den. Ich bemühe mich nur, neben der Vorstellung, daß die reale Christus-Einheitsgestalt, die Sie und ich sehen, die an­dere durchzubringen - dies psychologisch im höheren Sinne genommen -, daß das «Eine» nicht bloß fertiges at-man, sondern lebendiges Tun, Karman, ist. Eine ganze Lichtfülle fällt für mich auf den Erkenntnisbegriff, wenn ich ihn sehe in der Perspektive, die Brihadâranyaka-Upani­shad 3, 2, 13 eröffnet: Der Sohn des Ritabhäga fragt den Yâjnavalkya: «Wenn nach dem Tode eines Menschen seine Seele verfließt in dem Feuer, wenn sein Auge mit der Sonne verschmilzt, sein Intellekt zur achten (8.) Sphäre geht, sein Körper zu Staub wird, seine Seele sich mit der Allseele ei­nigt . . . wo ist dann der Mensch?» Da sagt Yâjnavalkya: «Nimm mich an der Hand, mein Schüler, darüber müssen unsere Seelen sich verständigen» - und sie gingen hinweg von den Menschen, dahin, wo nur Seele die Seele hört, und unterredeten sich. Und das, wovon sie sprachen, war die Evolution, und das, was sie priesen, war die Evolution (Karman).

Ich werde immer unterbrochen und muß den Brief un­vollendet absenden, damit er nicht gar zu lange auf sich warten läßt. Ein andermal weiter.

In herzlicher Hochachtung

Ihr

Bücher folgen. Rudolf Steiner

#TI

584. AN ANNA STEINER

#TX

Weimar, 16. April 1903

Meine liebste Anna!

Gestern habe ich also den ersten Vortrag hier gehalten. Ich war erstaunt über den guten Besuch. Auch viele bekannte

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Gesichter waren da. Fräulein Streichhan ist die alte geblieben. Sie war recht liebenswürdig und erkundigte sich eingehend nach Dir. Sie sagte: schade, daß Du nicht mitge­kommen seist, Du hättest bei ihr logieren können. Auch Wahle war da und Rasch. Dagegen konnte ich Fröhlich und Rolletschek nicht entdecken, habe sie auch bis jetzt nicht gesehen. Gewundert hat mich das. Von Erbers scheint auch niemand da gewesen zu sein. Angekommen bin ich ziemlich erkältet. Doch geht das langsam fort. Abends nach dem Vortrage war ich mit Herrn von Henning, der Mitglied der Theos[ophischen] Ges[ellschaft] ist, in der Schlaraffia, in der ich früher nie war. Ich hatte keine besondere Lust na­türlich, dahin zu gehen. Allein es war der Redakteur der Zeitung «Deutschland», der Dir bekannte Lorenz, dort und lud mich ein. Und da ich nicht will, daß sich die Zeitung «Deutschland» etwa von vornherein ablehnend gegen die theosoph[ische] Sache verhält, so brachte ich das Opfer, das mir gestern bei meiner Müdigkeit wahrlich nicht leicht geworden ist.

Heute ging ich einmal durch den Park, am lieben Goethe­-Gartenhäuschen vorbei. Ich dachte einen Augenblick, als ich an Erbers Haus vorbeikam, nach, ob ich Frau Erber Guten Morgen sagen solle. Da es aber erst 3/4 10 Uhr mor­gens war, unterließ ich es. Beinahe hätte ich vergessen, Dir zu sagen, daß auch Neuffer, der gegenwärtig in Weimar Ferien hält, im Vortrage war. Nicht da war, wie wohl selbstverständlich, der Direktor des Goethe- und Schiller-Archivs, Geheimrat Prof. Dr. Bernhard Suphan. So kom­promittieren wird sich der doch nicht. Ich erwäge nun hin und her, ob ich ihn aufsuchen soll oder nicht. Da meine Vorträge hier auf allen Anschlagsäulen und in den Zeitun­gen stehen, weiß er natürlich, daß ich da bin. Es kommt aber sogar in Betracht, daß es ihm vielleicht lieber ist, wenn er mich nicht sieht. Denn daß Theosophie etwas so viel Hö­heres ist, als was alle Archivwissenschaft sich träumen läßt, davon hat er natürlich keine Ahnung, und so denkt er wohl,

#SE039-425

daß etwas von einer kompromittierenden Sache auf seinen Ruf abfärben könnte. Wir wollen sehen!

Die Briefe habe ich heute morgen erhalten. Jetzt, da ich dieses schreibe, ist es 12 Uhr. Ich sitze auf meinem Zimmer im «Russischen Hof», wo ich mir habe warm einheizen las-sen. Denn draußen scheint zwar die Sonne, aber warm ist's wirklich nicht.

Heute abend wird ein kleiner theos[ophischer] Zirkel bei Frau Lübke sein, der sich über Verschiedenes belehren las­sen will. Morgen ist der zweite Vortrag. Ich gebe Dir, meine liebe gute Anna, noch Nachricht, wann ich komme. Nur schicke morgen, Freitag, keine Briefe ab, wenn ich Dir nicht Gegenteiliges schreibe.

Und nun, meine liebe gute Anna, wünsche ich Besserung für Deine Erkältung. Es ist schade, daß Du nicht hier mit sein kannst. Du hättest Dich gefreut, heute den Gang durch den Goethe-Garten mitzumachen. Ob Du, außer Fräulein Streichhan, gestern Bekannte gefunden hättest, über die Du Dich gefreut hättest, weiß ich gar nicht.

Mit herzlichstem Gruß und Kuß Dein

Rudolf

#TI

585. AN ANNA STEINER

#TX

Weimar, 18. April 1903

Liebste Anna!

Der zweite Vortrag ist also auch gehalten. Er war noch besser besucht als der erste. Gestern habe ich Frau Erber besucht. Sie war dann auch im Vortrag. Auch Frau Dr. Mitzschke war da. Sie erkundigte sich eingehend nach Dir und allen Kindern und trug mir an alle die allerschönsten Grüße auf. Heute vormittag besuchte ich das Goethe- und Schiller-Archiv. Suphan war im höchsten Grade freundlich,

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zeigte mir sein neues Heim ganz eingehend und begleitete mich sogar ganz weil. Alles andere erzähle ich Dir. Ich muß jetzt Deinhard erwarten, der hierher als Störenfried zu

kommen scheint. Allerherzlichste Grüße und Küsse

Dein

Rudolf

#TI

586. AN ANNA STEINER [Postkarte]

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Weimar, 21. April 1903 7 Uhr abends

Liebste Anna!

Eben werde ich zum Bahnhof gehen, um nach Leipzig zu fahren - zu Bresch -, und morgen abends hoffe ich zu Hause zu sein. Sonntag war ich bei Frl. Streichhan. Gestern bei Otto Francke und bei der alten Frau Stavenhagen. Heute sagte ich noch Frau Erber Adieu.

Herzlichste Grüße und auf Wiedersehn

Rudolf

#TI

587. AN WOLFGANG KIRCHBACH

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Schlachtensee bei Berlin, 30. Juni 1903

Verehrtester Herr Kirchbach!

In der Annahme, daß Sie von Ihrer Reise wieder zurück­gekehrt sind, sende ich Ihnen die beiden ersten Nummern des «Luzifer». Vielleicht können Sie bald mir die Freude machen, Ihre versprochene Mitarbeiterschaft zu realisieren.

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Der «Luzifer» zahlt für die Seite allerdings nur 6 Mark. Vielleicht wird's später besser. Auf baldiges Wiedersehen herzlichst grüßend

ganz Ihr

Schlachtensee bei Berlin, Seestr. 40 Rudolf Steiner

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588. AN MARIA STONA

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Schlachtensee bei Berlin, 30. Juni 1903

Hochgeschätzte gnädige Frau!

Die beifolgende I. Nummer meines «Luzifer» wird Ih­nen die Ungezogenheit meines Schweigens erklären. Ich bitte tausendmal um Entschuldigung. Herzlich freue ich mich über die Gedichtsammlung, über die ich Ihnen aus­führlich schreibe, wenn ich von London zurückkomme. Heute kann ich nicht, ich muß in zwei Stunden abreisen.

Alles drängt. Ihr immer gleich zugetaner

Dr. Rudolf Steiner

#TI

589. AN ANNA STEINER [Postkarte]

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London, 2. Juli 1903

Liebe gute Anna,

ich wollte Dir heute einen Brief schreiben; es wird aber zu spät. Eben habe ich eine Konferenz mit Olcott gehabt. Abends ist Versammlung. Die Fahrt war im übrigen an­strengend, aber die Seefahrt wunderschön. Spiegelglatte See durch sieben Stunden. Esher liegt von London so weit weg wie Schlachtensee von Berlin. Gestern abend 10 Uhr kamen

#SE039-428

wir an; heute morgen fuhr ich schon wieder um 9 Uhr her­ein nach London. Abends komme ich erst nach der Ver-sammlung wieder hinaus. Frl. v. Sivers ist kaputt angekom­men und konnte heute überhaupt nicht nach London her-einkommen. Wenn Geni noch nach London kommt, wäh­rend ich da bin, soll sie sich doch mit mir ein Rendezvous geben.

Allerherzlichste Grüße von Deinem

Rudolf

#TI

590. AN ANNA STEINER

#TX

London, 7. Juli 1903

Meine liebe gute Anna!

Erst heute sind die ersten anstrengenden Tage der Kon­vention etwas zu Ende, und es geht hier ruhiger zu. - Ich habe in dieser Zeit Versammlung nach Versammlung ge­habt. Dazwischen, meine liebe gute Anna, mache ich mir Sorge um Dich. Ich weiß, daß Du allerlei siehst, was gar nicht vorhanden ist. Und ich weiß auch, daß es mir jetzt nicht viel hilft, wenn ich Dich zu beruhigen versuche. Das wird gewiß in kurzer Zeit wieder anders werden. Du wirst einsehen, daß ich Dich lieb, sehr lieb habe, wie früher. - Ich bitte Dich, erhole Dich in diesen Tagen ein wenig. Du hast es so schwer gehabt. Ich sehe ja alles das ein. - Ich denke gleich nach dem 20. zu Hause zu sein; doch läßt sich das heute, nach den hiesigen Verhältnissen, nicht ganz gewiß sagen. - Gegenwärtig ist es in London noch lebhafter als sonst. Denn es ist Loubet, der Präsident der französischen Republik, hier, und die Straßen sind nicht nur beflaggt, son­dern auch so voll von Wagen und Menschen, daß zuweilen ein ganzer Menschenknäuel sich ansammelt und man halbstundenlang nicht weiterkommt.

Vielleicht hast Du mir mittlerweile schon geschrieben. Und wenn Du vielleicht Geni schreibst, kannst Du ihr sa­gen,

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sie solle sich mit mir, falls ich noch in London bin, wenn sie kommt, ein Rendezvous geben im Café Verrey, Regent Street.

Hoffentlich geht es Dir recht viel besser als in der Stunde, in der wir uns getrennt haben.

Habe herzlichste Küsse und Grüße von

Adresse: Dr. Rudolf Steiner Deinem

per Adr. Mrs. Bright Rudolf

Esher bei London

The Lodge

England

#TI

591. AN WOLFGANG KIRCHBACH

#TX

London, 12. Juli 1903

Verehrtester Herr Kirchbach!

Empfangen Sie meinen besten Dank für Ihre Postkarte. Sehr erfreut es mich, daß Sie über Hegels Geistphilosophie schreiben wollen. Selbstverständlich empfangen Sie das Honorar sofort nach Empfang des Artikels. Ich darf Sie aber wohl bitten, den Raum von 10 Seiten nicht zu über­schreiten. Nicht weil ich Ihnen nicht auch für einen längeren Artikel sehr dankbar wäre, sondern weil ich gerade die­sen Artikel in einer Nummer bringen möchte. Ich bin erst am 23. Juli frühestens wieder zu Hause und bitte Sie, zu berücksichtigen, daß der Artikel erst dann eintrifft. Es ist vorher niemand bei mir zu Hause, und es könnte leicht Ver­wirrung mit Dingen eintreten, die vorher eintreffen. Sehr freut es mich, daß Ihr Sohn etwas an meiner Tegeler Rede gefunden hat. Es lag damals alles im Intentionellen; und ich wollte manches «zwischen den Zeilen» sagen.

Herzlichste Grüße aus Ihrer Vaterstadt

ganz Ihr ergebener

Rudolf Steiner

592. AN ANNA STEINER

#G039-1985-SE430 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

592. AN ANNA STEINER

#TX

Esher bei London, 13. Juli 1903

Meine liebe gute Anna!

Diesen Brief schreibe ich Dir hier in Esher am Montag Vormittag. Esher ist ein Örtchen in der Nähe von London, in dem Brights während des Sommers hier wohnen. Es War sehr schade, daß diesmal in London alles ohne Mrs. Besant abgehen mußte. Sie ist in Indien. Ich selbst bewohne das Zimmer, in dem sie immer war, wenn sie in Esher sich von ihren vielen Strapazen erholt hat. Brights sind in London wohl die besten Freunde von Mrs. Besant. Sie stellen ihr immer, wenn sie in London ist, entweder ihre Stadtwoh­nung oder ihre Landwohnung hier in Esher zur Disposi­tion. [Die] Bright-Familie besteht aus der alten Mutter, die 68 Jahre alt ist, und der Tochter, die hier gegenwärtig bei ihr wohnt. Ein Sohn der alten Frau wohnt das ganze Jahr mit seiner Familie hier im Nachbarhause. Die alte Frau Bright ist die Witwe eines berühmten Parlamentmitgliedes, Jacob Bright. Sie hat sich früher selbst sehr viel mit Politik beschäftigt. Seit vielen Jahren aber widmet sie sich der theo­sophischen Bewegung. Sie ist eine ungemein lebhafte Frau, die viel erzählt und die sehr energisch ist. - Das schöne Landhaus (The Lodge) bewohnen jetzt die zwei Damen.

Ich freue mich nun sehr darüber, daß Du nach Weimar gefahren bist. Hoffentlich erholst Du Dich ein wenig von Deinen Ermüdungen. Um den 21. sehen wir uns wieder. Ich schreibe Dir noch das Nähere.

Die Konventions-Tage waren sehr anstrengend, nament­lich auch deshalb, weil von Esher nach London fast 3/4 Stunden zu fahren ist, und weil es in diesen Tagen in Lon­don sehr heiß war. Auch kam noch dazu der Besuch des französischen Präsidenten, wodurch man oft stundenlang nicht die Straßen passieren konnte.

Auch Deine zweite Briefsendung habe ich erhalten und danke Dir sehr dafür. Von jetzt ab soll alles liegen bleiben.

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Daß Du mir Kirchbachs Karte geschickt hast, war mir be­sonders lieb, denn ich konnte ihm von hier aus antworten. Kirchbach ist nämlich in London geboren.

Zwischen den verschiedenen geschäftlichen Dingen habe ich doch auch wieder manches hier gesehen, was mich sehr interessiert, z.B. die alte Stadt Oxford mit ihrem wunderba­ren Charakter und ihrer ganz merkwürdigen Universität.

Dann war ich gestern in der National-Galerie, um Tur­ners Landschaften wieder zu sehen, jenes herrlichen Malers, der mich im vorigen Jahr so sehr begeistert hat und der mir noch bedeutungsvoller scheint als Böcklin.

Auf Wiedersehen, meine liebe gute Anna, und viele Kusse und Grüße von

Deinem

Rudolf

#TI

593 AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Schlachtensee [, 23. September 1903]

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Vielleicht interessiert Sie, daß ich heute abends für den Giordano Bruno-Bund im Rathause spreche über:

Weltmythen in Anknüpfung an Kirchbachs

«Letzte Menschen».

Ich werde allerdings soeben damit überfallen und muß ganz unvorbereitet sprechen.

Herzlichen Gruß Ihr

Rudolf Steiner

#SE039-432

#TI

594. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Schlachtensee bei Berlin, 2. Oktober 1903

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Die Lektüre der heutigen «Vorwärts»-Bemerkung Lede­bours über Bernhards Verhältnis zur Arbeiter-Bildungs-schule zwingt mich doch, den Brief Geithners zu beantwor­ten. Glauben Sie deshalb nicht, daß ich deshalb in etwas von dem abweiche, was wir Sonntag besprochen haben. Aber die Polemiken werden jetzt so geführt, daß im Inter­esse der guten Sache jeder vor allem auf Klarheit der Situa­tion halten muß. Ich werde der Schule dienen, bis man mich nicht mehr haben will, aber Geithner und, wenn noch an­dere dahinterstecken, auch diese andern sollen wissen: wie ich denke. Deshalb sende ich ihm auch die vier ersten «Lu­zifer»-Nummern. Man könnte leicht sonst einmal kommen und sagen: ich hätte meine Meinung der Bild[ungs]sch[ule] gegenüber «gefälscht». Denn solche Bezeichnungen schei­nen gar nicht bloß «Würze» der Polemik, sondern gang und gäbe Charakterdefinitionen werden zu wollen. - Ich freue mich, Sie morgen wieder zu sehen.

Alles Herzliche

ganz Ihr

Rudolf Steiner

#TI

595. AN ANNA STEINER

#TX

Berlin, 6. Februar 1904

Liebe Anna!

Beiliegend schicke ich Dir, was in diesen Tagen an Dich angekommen ist. - Ich bin besorgt um Dich und hoffe nur, daß es Dir jetzt in einer etwas andern Umgebung etwas besser geht als hier, wo Du Dich in den letzten Wochen so wenig wohl fühltest. Deine Hand wird ja gewiß besser werden,

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wenn Du ein wenig innerlich ruhig bist. Ich glaube doch, das Auflegen des Senfpapiers musse gut tun Ich mußte viel Deiner Worte, letzten Montag, vor Deiner Abreise, gedenken Glaube doch wirklich nicht liebe Anna, daß ich nach dem strebe was man Gluck nennt Auf Gluck verzichte ich gern Das Streben nach Gluck bei mir voraus setzen, ist ein Mißverstandnis Ich will wirken und arbeiten was ich kann Und sonst will ich nichts

Nächstens mehr Herzlichst Dein

Rudolf

#TI

596. AN ANNA STEINER

#TX

Berlin, 14. Februar 1904

Liebe Anna!

Herzlichen Dank für Deinen Brief, der mich wenigstens wegen Deiner Hand etwas beruhigt, die ja ein wenig besser zu sein scheint Daß Du bei Frau Erber nicht lange würdest bleiben kö nnen, sah ich ja wohl voraus Aber es ist doch die Art recht häßlich wie der ewige Klatsch gemacht wird. Ha­ben denn die Leute wirklich gar nichts zu tun, als über ihre Mitmenschen derlei Dinge auszuhecken? Ich möchte am liebsten mit derlei Sachen gar nichts zu tun haben. Aber das scheint ja gerade mein Verderb zu sein, daß ich mich um diese häßlichen Sachen nie gekümmert habe. Daß Frau Lübke irgend etwas derartiges, wie Du schreibst, gesagt hat, glaube ich übrigens einfach nicht. Woher sollte sie auf so etwas kommen? Das können sich, wenigstens so weit ich in Betracht komme, die edlen Menschen nur aus den. Fingern gesogen haben. Und dann behaupten sie naturlich, Frau

Lubke hätte es gesagt. Ab er das kann einfach nicht wahr sein. Ich weiß natürhch nicht was sich die Menschen alles erzahlen Doch weiß ich wirklich nicht, was ich gegen die

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Klatschsucht machen soll. Hätten die Menschen nur ein We­nig die Neigung, sich mit etwas Vernünftigem und Er­sprießlichem zu beschäftigen, so würden sie gar nicht dar­auf verfallen, in jedes Mauseloch hineinzuriechen und um die persönlichen Verhältnisse ihrer Mitmenschen sich zu bekümmern.

Du selbst aber, liebe Anna, hast alles in der letzten Zeit schief angesehen. Sonst hättest Du nicht sagen können: Du wünschest, daß ich glücklich werde. Mißverstehe mich nicht. Ich weiß, daß Du es so meinst. Aber ich strebe wirk-lich nicht danach, persönlich glücklich zu werden. Ich will nur verstanden werden. Mich selbst aber - als Person - sol­len die Leute links liegen lassen. Ich habe mich der Theoso­phie zugewandt, weil sie mir immer in der Seele und im Blute steckte. Und ich weiß, daß ich erst in ihr an den rech­ten Platz gestellt werden könnte. Aber nun hast Du alles so mißverstanden; und dadurch hat sich, wie es scheint, über­all so viel Klatsch aufgehäuft. Du mußt mich auch darin nicht mißverstehen. Ich gebe Dir überhaupt nicht die ge­ringste Schuld; und ich würde den Tag mit inniger Freude begrüßen, an dem Du zufrieden sein könntest. Aber was soll ich machen? Es ist jetzt alles auf das Persönliche zuge­schnitten worden. Du meinst: es handle sich mir um ich weiß nicht was für persönliche Beziehungen. Soll ich denn aber ein in einen Philister-Vogelkäfig eingesperrter Philister sein, der mit Philistern über Philister spricht? Wenn das je in mir gelegen hätte, dann kämpfte ich nicht heute noch um jedes Stückchen Brot, sondern ich hätte irgendein philiströ­ses Amt und könnte glücklich sein. Ich will mich nicht überheben, aber um eine Eisenbahn zu bauen, oder eine Fabrik zu leiten, oder einen Hofratsposten auszufüllen, hätte mein Verstand doch wohl dreimal gereicht. Liebe Anna: dazu war ich doch nicht dumm genug. Wie gesagt, das ist keine Überhebung. Ich habe mich nie um die persön­lichen Verhältnisse der Leute gekümmert. Ich habe davon gesprochen, wenn Amtsherrn nicht klug oder fleißig genug

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waren, um ihre Amtssachen zu führen; aber es ist mir ganz gleich gewesen, was sie in den Dingen getan haben, die andre nichts angehen. Ich erkenne über mich keinen Rich­ter, denn ich weiß, was ich tue. Ich habe mich nie für etwas anderes interessiert, als was geistiger Art ist. Und wenn es In der Zeit, da ich zuerst in Berlin war, anders schien, so ist das doch auch ein Irrtum. Ich wollte damals die Literatur der jungen Leute ehrlich kennenlernen. Ich hätte deshalb mich allerdings nicht auf den Dreck dieser jungen Leute einlassen sollen. Aber das war ein ehrlicher Irrtum. Und ich habe es mit recht dreckigem Klatsch büßen müssen. - Nun, liebe Anna, auch jetzt soll nichts anderes geschehen, als was Du willst, nur darf es nicht der Aufgabe widersprechen, die mir das Leben stellt. Aber wolle doch selbst etwas. Warum willst Du denn durchaus den Rat von Leuten einholen, die kein Fünkchen Verständnis für mich haben? Von Leuten, die doch nur alles schief ansehen, und die glauben, andere Menschen sind so schlecht, wie sie selbst sein würden, wenn sie nicht zu feige wären. Vielfach sind sie sogar so schlecht und wissen es nur gut zu verbergen. Soll ich denn dadurch, daß Du Dir den Rat von Dummköpfen einholst, von der Dummheit abhängig werden? Wenn Du nur wolltest, so brauchtest Du keinen solchen Rat. Aber Du müßtest nur selbst etwas wollen. Das kannst Du doch wissen, daß ich alles tun werde, was Dir gut sein kann, sofern ich es selbst kann. Wenn ich Dir eine Zufriedenheit aus der Erde bohren könnte, so möchte ich es tun. Aber wie? Das hängt doch ein wenig auch von Dir ab. Das geht doch nicht, daß Du Dich nach der philisterhaften Einflüsterung richtest. Wann Du kommst, schreibe bitte vorher. Ich muß jetzt endigen, denn ich muß gleich jetzt ins Rathaus, um dort zu reden.

Sei herzlichst gegrüßt von Deinem

Rudolf

#SE039-436

#TI

597. AN ANNA STEINER

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München, 11. April 1904

Liebe Anna!

Nach drei Stuttgarter, ganz mit Arbeit aus gefüllten Tagen bin ich jetzt in München, wo ich auch schon gestern vorgetragen habe, heute und morgen vortrage, vielleicht auch noch Mittwoch. Von Donnerstag oder Freitag an muß ich dann in Lugano sein.

Wieder habe ich in Stuttgart und gestern auch hier gese­hen, wie tief notwendig meine jetzige Art von Betätigung ist. Ich kann eben nicht anders. Es macht mir nur eines Sorgen: daß Du Dich kränkst, daß es Dir nicht gut geht. Ich hatte in Berlin so viel in den letzten Tagen zu tun, daß ich Dir nur kurz alles sagen konnte, was zu sagen war. Im Hinblick auf Deinen nach Weimar geschriebenen Brief, kann ich Dir nur sagen, daß ich alles, alles tun werde, was Dir das von Dir gewünschte Leben erleichtert, möglich macht. Ich weiß, daß es die wahrlich nicht von mir gewähl­ten jetzigen Verhältnisse sind, die alles so herbeigeführt haben. Aber alles das war notwendig und kann nicht abgewendet werden.

Nur leiden sollst Du nicht, liebe Anna. Suche zu verste­hen, daß ich eine Lebensaufgabe habe, daß keine persönli­chen Beweggründe mich leiten. Ich kann nur immer wieder sagen: ich will nichts haben, am wenigsten, was so viele Menschen Glück nennen. Solches Glück ist mir nichts. Ich will bloß wirken.

Also bis Dienstag oder Mittwoch abends bin ich in Mün­chen, Hotel Deutscher Kaiser. Dann (am Mittwoch) würde ich evtl. erreicht werden durch einen Brief in Zürich, Hotel Augustinerhof, Peterstraße 8. Jedenfalls aber vom Freitag an: per Adr. Günther Wagner, Lugano-Castagnola,

Schweiz. Mit herzlichen Grüßen

Dein

Rudolf

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#TI

598. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Lugano, 15. April 1904

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Vielen Dank für Ihren Brief. Lassen Sie sich, liebes Fräu­lein Mücke, niemals den Gedanken beikommen, daß Sie mir etwas nicht sagen sollen, weil es mich irgendwie treffen könnte. Derlei Rücksichten sollen Sie auf mich nicht neh­men. Ich möchte gleich an Ihren Satz anknüpfen vom «Nie­derlegen der Waffen». Ich kämpfe nach der in Frage stehen-den Richtung nicht, habe nie gekämpft. Ich habe - aus ge­wissen Gründen - die sogenannten Waffen rings herum in der Luft herumfuchteln gesehen. Ich selbst verteidige mich am liebsten gar nicht. Alles soll nur geschehen, wenn es die Sache nötig macht, der ich diene. Aber es ist natürlich nicht immer gerade leicht, eine Sache in der rechten Weise zu schützen. Die Menschen, die ihre Person schützen wollen, können viel leichter Mittel an die Hand bekommen. Was aber zum Schutze der Person richtig ist, ist zuweilen, wenn es sich um die Behütung einer Sache handelt, die denkbar schlechteste Waffe. An sich ist es schon eine üble Sache, mit Klatsch zu tun zu haben. Und um Klatsch handelt es sich ja doch. Es war aber immer meine Aufgabe, gegen Klatsch so unempfänglich wie möglich zu sein. Es kann recht Finsteres kommen, recht Schlimmes. Es kann sein, daß es für eine Zeitlang scheinen wird, als wenn alles von mir abfiele. Aber in der Wirklichkeit handelt es sich nicht um den Schein; nur die Absichten dürfen als Befehler der Waffen gelten, nicht Sympathie und Antipathie, und am wenigsten äußere Be­denken. Aber ich muß alles hören, was ich nur hören kann. Ich weiß, daß solche Dinge wie das, was Sie mit der wacke­ren Gubalke erlebt haben, viele kommen werden - auf jeden Fall kommen werden. Und vergessen Sie das eine nicht:

meine Frau hat, von ihrem Standpunkt, recht; Frl. Edela Rust, Frl. Maneke, sie haben ebenfalls von ihrem Stand-punkt recht. Niemals haben diese sonst doch kreuzbraven

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Leute was anderes kennengelernt als das, was sich in ihren Klatschereien auslebt. Sie wissen doch nicht, daß sie eigent­lich verleumden; sie glauben, die heiligsten Güter der Völ­ker Europas zu vertreten und zu verteidigen. Es wäre aber doch nicht richtig, in die Wogen, die sich da kräuseln in krausen Gebilden, hineinzupeitschen. Denn sonst hätte auch der gute Xerxes recht gehabt, als er einst den Helles­pont peitschen ließ. Mißverstehen nur Sie mich nicht.

Daß es auf die Dauer mit den Leuten doch nicht gehen wird, die durchaus glauben wollen, materialistische Gedan­ken verdichten sich zu Brot, das sehe ich voraus. Lassen Sie ruhig herankommen, was die Generalversammlung bringt. Bleiben Sie, solange Ihnen Ihre Uberzeugung sagt, daß Sie bleiben können.

Ich füge Ihnen einen Bericht über das letzte Quartal bei. Bitte davon den Ihnen geeignet scheinenden Gebrauch zu machen.

Ich dachte Ihnen eine Ansichtspostkarte schon heute zu senden; allein es ist draußen ganz trübe und ich kann die Umrisse der schönen Landschaft gerade heute nicht skizzie­ren. Aber Sie erhalten Sie noch.

Alles Herzliche von Ihrem

Dr. Rudolf Steiner

#TI

599. AN ANNA STEINER

#TX

Berlin, 7. Mai 1904

Liebe Anna!

Die paar Tage, die ich hier in Berlin war, habe ich sehr viel zu tun gehabt. Ich reise nun in 1 1/2 Stunden nach Lon­don ab. Von dort schreibe ich Dir. Von hier aus geht es nicht mehr. Nur noch, daß ich erst am 17. Mai zurück-komme.

Herzl[ichen] Gruß

Rudolf

#SE039-439

#TI

600. AN EUGEN DIEDERICHS

#TX

London, ,4. Mai 1904

W. Portsdown Road 77, Maida Vale Sehr geehrter Herr!

Sie hatten vor einiger Zeit die Liebenswürdigkeit, an mich zu schreiben, ob ich nicht ein Werk über «Mystik» bei Ihnen erscheinen lassen wolle. Ich möchte heute auf diese Ihre Anfrage zurückkommen, da jetzt die Sache spruchreif ist. Ich werde in 11/2 bis 2 Monaten ein etwa 14 -15 Druckbogen umfassendes Werk über «Mystik» vollen­det haben. Dasselbe wird keine historische, sondern eine durchaus Originale Arbeit sein und trotz des mystischen Standpunktes allen wissenschaftlichen Anforderungen der Gegenwart entsprechen. Es läge mir nun sehr viel daran, daß das Buch in Ihrem von mir sehr geschätzten Verlage er­schiene. Wäre das nicht möglich? Ein Absatz wäre ja schon dadurch gesichert, daß ich Generalsekretär der deutschen Sektion der «Theosophical Society» bin und von den Mit­gliedern meine Bücher gelesen werden. - Dies Buch würde zugleich einen allgemeinverständlichen Charakter tragen.

Die Arbeit von Eug[en] Heinr[ich] Schmitt über die «Gnosis» habe ich seinerzeit in dem von mir herausgegebe­nen «Luzifer» besprochen. Sollte Ihnen keine Belegnum­mer zugekommen sein, so würde ich eine solche sogleich senden. In Nr. 1 1 des mittlerweile mit der Wiener Zeit-schrift «Gnosis» vereinigten «Luzifer» habe ich den Essay aufgenommen, der Ihrer von Brieger-Wasservogel besorgten Swedenborg-Ausgabe vorangeht. Gerne möchte ich in die­ser meiner Zeitschrift auch Ihre anderen mystischen Bücher besprechen, und ich erbitte mir daher Rezensionsexemplare.

In der Hoffnung auf obige Anfrage bald von Ihnen Ant­wort zu erhalten, bin ich in vorzügl. Hochachtung

Vom ,7. Mai ab bin ergebenst Ihr

ich wieder zu Hause Dr. Rudolf Steiner

Berlin W., Motzstraße 17

#SE039-440

#TI

601. AN WOLFGANG KIRCHBACH

#TX

Berlin, ,5. August 1904

Verehrter lieber Herr Kirchbach!

In den letzten Monaten mußte ich viele Vortragsreisen machen. Und wenn ich in Berlin war, lastete sehr viel Arbeit auf mir. Daher kommt es, daß dieser Brief erst heute an Sie abgeht.

Sie dürfen mir glauben, daß ich Ihren Aufsatz «Zur Beur­teilung Giordano Brunos» gerne im «Luzifer» gebracht hätte, da er doch aus Ihrer Feder stammt. Ich habe auch lange geschwankt. Aber die Ausführungen sind so diametral entgegengesetzt allem, was ich mir vorgesetzt habe, im «Lu­zifer» zu bringen, daß sie ganz und gar aus dem Rahmen herausfallen würden. Sie wissen: ich schätze jede persönliche Anschauung; aber die Stellung, in die Sie Kant zu allen ande­ren Philosophen bringen, geht im «Luzifer» nicht an. Da kann eine solche Auseinandersetzung über die Metaphysi­ker nicht stehen Über Kant haben wir ja so oft disputiert. Aber diese meine gegensätzliche Stellung zum Kantproblem leitet mich nicht.

Bitte seien Sie mir nicht böse. Ich bin Ihnen für jede Ein-sendung dankbar; aber diesmal kann ich nicht anders als sie

zurückgeben. In herzlicher Hochachtung

ganz Ihr

Dr. Rudolf Steiner

Berlin W, Motzstraße 17

#TI

602. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Graal in Mecklenburg, 16. August 1904

Wald-Hotel

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Endlich sind wir nun vor einer Stunde hier gelandet, und ich bitte Sie, mir ja ganz bestimmt den Tag der Generalversammlung

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zu schreiben. Sie wissen, es ist mir sehr darum zu tun, dabei zu sein. In diesen Tagen schreibe ich Ihnen auch noch. Frl. v. Sivers kam mit starken Kopfschmerzen an und mußte sich niederlegen, sonst ließe sie Sie gewiß grüßen.

Herzlichen Gruß ganz Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#TI

603. AN JOHANNA MÜCKE

#TX

Berlin W [, 26. August 1904]

Motzstr. 17

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Paßte es Ihnen, mit mir heute abends 9 Uhr im Café Ho­henzollern zusammenzutreffen? (Sie wissen, das Café Pots­damerstraße, nahe dem Bülow-Bahnhof der Hochbahn, wo wir schon einmal waren.) Ich bin jedenfalls 9 Uhr pünktlich dort. Ich denke, daß Sie vielleicht nichts vorhaben, weil Freitag doch sonst Bildungsschule war. Aber, wenn es nicht geht, so bitte ohne Zwang. Schönen Dank für das Gestrige.

Gruß

Dr. Rudolf Steiner

#TI

604. AN WILHELM VON MEGERLE [Postkarte]

#TX

Berlin W, 14. September 1904 Motzstr. 17

Sehr verehrter Herr Megerle!

Schönen Dank für Ihre Karte und auch für die Photogra­phien. Frl. v. Sivers wird Ihnen mein Buch senden. Hoffent­lich ist es für Sie von Interesse. Grüßen Sie herzlich die Ihren und seien Sie selbst herzlichst gegrüßt von

Ihrem

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-442

#TI

605. AN JOHANNA MÜCKE

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Berlin, 1. Oktober 1904

Verehrtestes Fräulein Mücke!

Ihren Brief habe ich erst hier in Berlin erhalten. Ich würde gern ausführlich antworten, allein wir werden uns doch ge­wiß in diesen Tagen sprechen. Das möchte ich nämlich sehr gerne. Für heute nur: wie können Sie denn nur glauben, daß etwas an unserer Freundschaft geändert werde? Daran kann sich doch nichts ändern, wie auch die Affaire der Bildungs-schule sich entscheidet. Lammé war bei mir. Ich denke, am besten wird es sein, bei der Generalversammlung ein ganz klares Wort zu reden, und dann wird wohl - Schluß sein.

Herzlichst

Ihr

Rudolf Steiner

#TI

606. AN WOLFGANG KIRCHBACH

#TX

Berlin, 3. Januar 1905

Sehr verehrter Herr Kirchbach!

Schnell vor meiner Abreise teile ich Ihnen noch mit, daß ich mich entschlossen habe, den besprochenen Vortrag zu halten.

Leider kann ich heute abends zu Willes Vortrag nicht kommen, da ich schon um 8.20 abreise.

Herzlichen Neujahrsgruß

ganz Ihr

Dr. Rudolf Steiner

Berlin W., Motzstr. 17

#SE039-443

#TI

607. AN WOLFGANG KIRCHBACH

#TI

Berlin, 29. März 1905

Sehr verehrter Herr Kirchbach!

Von dritter Seite höre ich soeben, daß der Vortrag über den Decamerone für den 5. April angekündigt ist. Woher sollte ich das nur wissen? Ich kann nun unmöglich an diesem Tage in Berlin sein. Hätte ich es geahnt, so hätte ich mich danach eingerichtet. Jetzt kann ich gar nichts mehr ändern an einer wichtigen, unaufschiebbaren Reise. Es ist mir im höchsten Grade peinlich, daß ich Ihnen, sehr verehrter Herr Kirchbach, diese Unannehmlichkeiten mache. Aber ich kann mir jetzt nicht mehr anders helfen als für den 5. absa­gen. Ich kann vom 2. April bis 19. nicht in Berlin sein.

Wenn der Vortrag nicht aufgeschoben werden kann, so bin ich außerstande, ihn zu halten.

Hochachtungsvollen Gruß

Dr. Rudolf Steiner

#TI

608. AN OTTO LEHMANN-RUSSBÜLDT

#TX

Berlin, 29. März 1905

Verehrtester Herr Lehmann-Russbüldt!

Soeben höre ich von dritter Seite, daß der Vortrag «Der Decamerone etc.» für den 5. April angekündigt ist. Es ist mir nun ganz unmöglich, an diesem Tage in Berlin zu sein. Mir ist die Sache im allerhöchsten Grade peinlich, aber ich kann jetzt nichts ändern an einem Reiseplane, den ich dann entsprechend anders eingerichtet hätte, wenn ich eine Ah­nung davon gehabt hätte, daß der genannte Vortrag auf den 5. April fallen soll. Ich kann auf keinen Fall zwischen dem

3. und 19. in Berlin sein. Wenn der Vortrag also nicht auf­geschoben werden kann, so ist es mir unmöglich, ihn zu halten.

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Es ist mir sehr mißlich, diese Unannehmlichkeiten machen zu müssen, kann mir aber nicht helfen.

Herzl. Gruß

Dr. Rudolf Steiner

#TI

609. AN WOLFGANG KIRCHBACH

#TX

Berlin, 3. April 1905

Hochverehrter Herr Kirchb ach!

Besten Dank für Ihre Karte. Ich werde froh sein, wenn Sie die Sache in diesem Sinne ordnen können. Am 3. Mai (Mittwoch) werde ich dann für den Vortrag zur Stelle sein. Es ist mir sehr leid, daß ich Ihnen Unbequemlichkeiten mache. Aber ich muß heute abreisen.

Hochachtungsvollen Gruß

Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#TI

610. AN EMIL SCHLEGEL

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Berlin, 14. Dezember 1905

Sehr verehrter Herr Doktor!

Vorerst lassen Sie mich Ihnen herzlichsten Dank für die mir willkommene Buchsendung sagen und nicht minder für Ihren lieben Empfang in Tübingen. Es war mir lange ein Bedürfnis, den Mann auch persönlich kennenzulernen, den ich aus seinem Wirken so hoch habe schätzen gelernt.

Die Schrift über Blum werde ich gewiß lesen; ich hoffe, daß es schon in den Weihnachttagen wird geschehen können. Ihre «Reform der Heilkunde» begleitet mich auf meinen Reisen, und ich hoffe, daß ich demnächst in einem kurzen Aufsatze von unserem Standpunkte aus darüber werde etwas sagen können.

Sie erinnern sich, verehrtester Herr Doktor, daß ich Ih­nen bei meiner Anwesenheit von einem unglückseligen

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Theosophen, Bernhard Hubo, in Hamburg erzählt habe. Ich habe damals vergessen, Ihnen die Zeilen zu geben, die er mir ein gehändigt hat. Ich hole das nach. Er wird Ihnen in diesen Tagen schreiben und Ihren ärztlichen Rat aufsuchen. Dabei setzt er vielleicht voraus, daß diese anliegenden Zei­len in Ihren Händen sind.

Bitte mich den Ihren, die ich kennenlernen durfte, auf das herzlichste zu empfehlen und seien Sie selbst

hochachtungsvoll begrüßt

von Ihrem ergebenen

Dr. Rudolf Steiner

#TI

611. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Amsterdam, 7. März 1908

Meine vielgeliebten Eltern und Geschwister!

Zum Namensfeste der lieben Mutter sende ich alle herz­lichsten Glückwünsche. Es geschieht dies hier von Holland aus. Ich bin hier zu Vorträgen und werde erst in einigen Tagen wieder in Berlin sein. Doch werde ich auch in der Ferne den Namenstag der lieben Mutter mit Euch im Geiste feiern und an diesem Tage in Liebe mit Euch im Geiste ver­eint sein.

So lange habe ich Euch nicht geschrieben. Aber ich bin so viel auf Reisen. Jetzt habe ich Vorträge in Amsterdam, [Den] Haag, Rotterdam, Nymwegen und anderen holländischen Orten. Ubrigens ist hier ganz abscheuliches Wetter. Es ist kalt und regnerisch. Und in Holland ist es gleich sehr un­freundlich, wenn so schlechtes Wetter ist.

Die Zeitschrift wird jetzt in kurzer Zeit wieder erschei­nen. Sie erscheint nicht regelmäßig, da ich sie nur erscheinen lassen kann, wenn ich dazu genügend Zeit habe. Die letzte war diejenige, welche ich Euch geschickt habe, und in etwa zwei Wochen wird die weitere erscheinen, welche ich Euch sogleich senden werde.

#SE039-446

Von mir kann ich melden, daß ich vollkommen gesund bin, und ich hoffe, daß diese Zeilen auch Euch in der voll­kommensten Gesundheit antreffen mögen.

Für Eure Briefe, die ich erhalten habe, sage ich Euch den allerherzlichsten Dank. Es ist mir daraus ersichtlich, daß Ihr gesund seid.

Ich selbst habe eine Veränderung sonst nicht erlebt. Meine Arbeit und alles ist immer das gleiche.

Ich werde Euch doch wohl auch in nicht zu ferner Zeit wieder besuchen können. Für heute nochmals herzlichsten Namenstagsgruß und Grüße und Küsse an alle, Vater, Mut­ter, Poldi und Gustav

von Eurem

Euch herzlich liebenden

Rudolf

#TI

612. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Berlin, 29. Dezember 1909

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Zum Neujahrfest sende ich Euch die allerherzlichsten Grüße und Wünsche. Es möge Gutes und Befriedigendes bringen. Euer letztes Schreiben habe ich zu meiner großen Freude erhalten; nur ist mir leid, daß Du, lieber Vater, etwas Magenbeschwerden hast. Hoffentlich bessern sich diese recht bald. Und auch Gustavs Aufgeregtheit möge sich wie­der bald bessern, damit Ihr nicht Unruhe habt jetzt in den Winterzeiten, die man in den vier Wänden zubringen muß.

Ich hoffe nun ganz bestimmt, im Jänner auf einen Tag zu Euch kommen zu können. Es ging leider in diesem Jahre nicht. Daß ich zu Weihnachten nicht fahren konnte, ist ja wie eine Himmelsfügung, denn da geschah ja gerade an dem Berlin-Wiener Schnellzuge das furchtbare Eisenbahnun­glück. Das war in der Tat wieder furchtbar. Für den jetzigen großen Verkehr genügen auf vielen Strecken wirklich die

#SE039-447

Finrichtungen nicht mehr. Bei dem jetzigen Unglück scheint die Schuld daran zu liegen, daß der Frachtenzug nicht auf ein besonderes Ausweichegeleise geschoben wer­den konnte, weil auf der kleinen Station ein solches nicht vorhanden war. Die Schnellzugsgeschwindigkeiten sind jetzt so groß, daß es kein Wunder ist, wenn auf kleinen Sta­tionen beim Mangel von gehörigen Ausweichegeleisen Ver­sehen vorkommen. Bei solchen Einrichtungen, wie sie auf der Unglücksstation zu herrschen scheinen, kann man ein solches Versehen, wie es dem diensthabenden Verkehrsbe­amten in diesem Falle passiert ist, wohl entschuldigen.

Ich habe so viel zu tun, daß das versprochene Buch und Zeitschriften-Heft erst in ein oder zwei Wochen wird fertig werden. Dann sende ich es sogleich.

Und nun nochmals herzlichste Neujahrswünsche allen, Vater, Mutter. Poldi und Gustav von Eurem

Euch herzlich liebenden

Morgen geht wieder eine Reise an. Rudolf

#TI

613. AN DIE ELTERN UND GESCHWISTER

#TX

Berlin, 21. Januar 1910

Meine geliebten Eltern und Geschwister!

Mit diesen Zeilen möchte ich Euch vor meiner Abreise nach Straßburg nur sagen, daß ich in Gedanken bei Euch bin. Hoffentlich geht es dem lieben Vater so, daß er wieder etwas essen kann. Ich wäre ja so gerne bei Euch; doch ist es auf längere Zeit so unmöglich. Alles werde ich daransetzen, daß ich am Montag, den 31. Januar, wie ich gesagt habe, Euch wieder besuchen kann.

Behaltet Mut und Zuversicht und seid alle herzlich geküßt

und gegrüßt von

Eurem

Rudolf

#SE039-448

#TI

614. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

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[Berlin, ca. 17. oder 18. Februar 1910]

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Die von Poldi gewünschten Zeilen für die Lebensversi­cherung lege ich bei. Ich hoffe, daß die Sache damit erledigt werden kann. Wenn man mit solchen Gesellschaften etc. zu tun hat, dann hat man nichts weiter als Scherereien und Umstände. Das ist aber überall so.

Als ich von Euch nach Hause kam, fand ich die Rechnung des Arztes. Ich hätte sie sehr gerne bezahlt; da aber Du, liebe Mutter, das nicht haben wolltest, so habe ich es unter-lassen. Schreibt mir gleich, wenn Ihr dieses oder jenes braucht oder wissen wollt. Ich besuche Euch also wieder Mitte März. Hoffentlich geht bis dahin alles gut. Ich kann heute nur diese paar Zeilen schreiben, weil ich eben erst von einer Reise gekommen bin und eben wieder abreisen muß.

Seid herzlich gegrüßt und geküßt von

Eurem

Rudolf

#TI

615. AN FEDERIGO ENRIQUES

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Berlin, 30. Dezember 1910

Sehr geehrter Herr Professor!

Prof. Dr. O. Penzig in Genua hat mir den Vorschlag ge­macht, an dem vierten internationalen Kongreß für Philoso­phie in Bologna teilzunehmen und mich für einen Vortrag innerhalb dieser Versammlung zu melden, welcher das We­sen derjenigen Weltansicht behandelt, die man gegenwärtig in gewissen Kreisen als Theosophie bezeichnet. Ich erlaube mir nun auf diesen Rat hin, mich für den Kongreß anzumel­den und den beifolgenden Vortrag: «Über die psychologi­schen Grundlagen und die erkenntnistheoretische Stellung

#Bild S. 448a

#Bild S. 448b

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der Theosophie» in deutscher Sprache auf dem Kongresse halten zu dürfen.

Es liegt in der Natur der Sache, daß in dem Vortrag nur skizzenhaft das Wesen des in Frage kommenden Gegen­standes behandelt werden kann. Ich habe mich bemüht, trotz der Kürze die Sache so zu fassen, daß namentlich die Beziehung der Theosophie zur Philosophie wenigstens einigermaßen hervorgeht. Daß dies innerhalb eines kurzen Vortrages Schwierigkeiten macht gerade in Anbetracht des Themas, das behandelt wird, kann vielleicht die Art der Behandlung entschuldigen. Ich bin mir bewußt, daß ich manches Wichtige nur habe streifen und flüchtig andeuten können.

Hoffentlich erreicht Sie der Vortrag noch zur rechten in den Kongreßbestimmungen vorgesehenen Zeit.

Im Anschlusse an dieses gestatte ich mir zur Teilnahme an dem Kongreß Frl. Marie v. Sivers aus Berlin anzumel­den. Es ist dies diejenige Persönlichkeit, welche neben mir die Arbeit der deutschen Sektion der Theosophischen Ge­sellschaft leitet.

In vorzüglicher Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

616. AN FEDERIGO ENRIQUES

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[Briefentwurf] Berlin, 20. Januar 1911

Sehr geehrter Herr Professor!

Hierdurch sage ich Ihnen besten Dank für Ihr liebens­würdiges Schreiben, welches mir die Annahme meines Vor­trages für den vierten internationalen Kongreß für Philoso­phie ankündigt. Es ist mir begreiflich, daß der Abdruck den einem Vortragenden zugemessenen Raum übersteigt. Des­halb werde ich Ihren Vorschlag annehmen, die Mehrkosten für den Druck zu übernehmen. Wenn allerdings die Zeit

nicht gar [Hier bricht der Entwurf ab.]

#SE039-450

#TI

617. AN FEDERIGO ENRIQUES

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Berlin, 1.März 1911

Sehr geehrter Herr Doktor!

Beifolgend übersende ich die von mir durchgesehene Korrektur meiner Abhandlung «Die psychologischen Grundlagen und die erkenntnistheoretische Stellung der Theosophie» für die Mitteilungen des 4. internat. Kongres­ses für Philosophie.

Dürfte ich um eine Anzahl Separatabzüge der Abhand­lung bitten? (Darf ich wohl voraussetzen, daß nach der Publikation in den Kongreßakten die Abhandlung von mir später als Broschüre veröffentlicht werden kann?)

In vorzügl. Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

618. AN FERDINAND FREIHERRN VON PAUNGARTEN

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Berlin [, Februar 1913]

Verehrter Herr Baron!

In Ihrem Rundschreiben geht die erste Frage dahin, ob man die Meinung haben könne, daß eine Krise in der Ehe-frage bestehe, die nach Reformen drängt. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, welche Vorstellungen man über die Bedingungen hat, unter welchen von der Ehefrage über­haupt gesprochen werden kann. Diese Bedingungen sind dadurch gegeben, daß der Mensch sich durch die Ehe nach zwei Richtungen hin in ein Ganzes der Menschheit hinein-stellt. Deshalb kann er sich keineswegs das volle Recht zu­sprechen, über die Ehefrage nach persönlichen Gesichts­punkten Forderungen zu stellen. Das eine Ganze, in das sich der Mensch durch die Ehe hineinstellt, ist der soziale Zusammenhang, in dem er lebt: Religionsgemeinschaft,

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Staat usw. Nicht allein der Mensch, welcher die Ehe schließt, hat ein Interesse, daß die Ehe zu seinem Gedeihen sei, sondern auch dieser Zusammenhang. Indem der Mensch diesem Zusammenhange dienen will, muß er in der Lage sein, mit Institutionen, welche er eingeht, dem Gan-zen Opfer zu bringen. Daher ist jede Diskussion über die Ehefrage unmöglich, wenn nur die individuellen Interessen der Eheschließenden in diese Frage einbezogen werden. Die sozialen Zusammenhänge aber werden z. B. ein Interesse daran haben müssen, daß die Ehe, die ihrem Wesen nach so eng mit der Aufrechterhaltung dieser Zusammenhänge verbunden ist, als ein stabiles Verhältnis gelten könne, mit dem gerechnet werden kann, wenn es einmal besteht. Gewiß können die individuellen Interessen mit den allge­meinen in Konflikt kommen; die Lösung der Frage liegt aber dann doch darinnen, daß der einzelne seine Interes­sen nicht über diejenigen seines sozialen Zusammenhanges stellt.

Das zweite Ganze, in das sich der Mensch durch die Ehe hineinstellt, ist die Familie, und damit in die ganze Ent-wicklung der Menschheit. Das Normale ist doch, daß die Ehe mit den Kindern zur Familie führt. Deshalb ist das Ver­hältnis des Mannes zur Frau nur ein Teil dessen, was für die Ehefrage in Betracht kommt; der wesentlichere ist, norma­lerweise, die Sorge um die Familie, also um folgende Gene­rationen. Damit aber wird die Ehefrage zur Familienfrage. Wer nun die Kräfte richtig beurteilt, welche in dieser Bezie­hung in der Gegenwart walten und wohl auch für eine ferne Zukunft walten werden, dem wird klar, daß mit dem Kinde, an dem des Mannes und der Frau Herzen in gleicher Weise hängen sollten, ein Band gegeben ist, das zurückwirkt auf die Stabilität der Ehe; und diese zweifellos fordert. Etwas anderes aber kann ich in der modernen Ehefrage überhaupt nicht sehen, als die Frage nach größerer oder geringerer Fe­stigkeit und Unauflöslichkeit des Bandes. Alle anderen Fra­gen gehen doch immer auf diese zurück, wenn man sich

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auch dessen nicht in allen Fällen bewußt ist. Und sobald die Ehe in ihren notwendigen Zusammenhang hineingestellt wird, zeigt sich, daß sowohl der soziale wie der Familien zu­sammenhang immer dazu zwingt, die Stabilität anzuerken­nen, wie auch die persönlichen Interessen zu anderem nei­gen mögen. In solchen Dingen kann der Mensch nicht nach individuellen Bedürfnissen Institutionen gestalten; er muß diese Institutionen dem Bestande des Ganzen anpassen.

Wer so denkt, dem kann die «Krise in der Ehefrage» gar nicht als eine solche erscheinen, die für sich aus sozialen, historischen Gründen usw. beurteilt werden kann. Die Sa­che ist vielmehr so, daß die Gegenwart den Menschen auf vielen Gebieten in einen gewissen Gegensatz bringt Zwi­schen dem Ganzen eines Zusammenhangs und seinem indi­viduellen Erleben. Dieser Gegensatz wirkt in viele Verhält­nisse der Gegenwart hinein, und nur eines dieser Verhält­nisse ist die Ehe-Institution. Was nun aus dieser Tatsache für viele Ehen folgt, hängt gar nicht von dem Wesen der Ehe ab, sondern von Dingen, welche außerhalb dieses We­sens liegen. Es können z.B. Ehen unglücklich verlaufen; aber dieses Unglück braucht gar nicht von der Ehe abzu­hängen, sondern davon, daß der eine oder beide Gatten überhaupt nicht zur Verträglichkeit erzogen sind. Hier er­gibt sich der Blick von einer einzelnen Institution auf die großen Geistes- und Kulturfragen der Gegenwart. Und so­lange diese in einem solchen Flusse sind wie gegenwärtig, führt die Erörterung einer Einzelfrage zu nichts Erhebli­chem. Eine Welt- und Lebensanschauung, welche den Men­schen innere Ruhe und Harmonie gibt, wird ihre Wirkung auch auf die Ehe haben; und die Form der Ehe wird dann auf diese Wirkung gar nicht von Einfluß sein.

Aus dem Gesagten ergibt sich aber, daß die «Ehefrage» mit der modernen Frauenbewegung im tieferen Sinne gar nichts zu tun haben sollte. Beide sollten ganz getrennt von­einander gehalten werden. Was auch mit der Frauenbewe­gung gewollt und erreicht wird: auf die Familienfrage hat

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dies unmittelbar keine Wirkung. Denn es gehört z.B. auf ein ganz anderes Gebiet, ob durch die Hebung der sozialen Lage der Frau auch die Erziehung günstig beeinflußt wer­den kann. Das kann sie gewiß. Aber alle Forderungen, die durch das Wesen der Familie gegeben sind, bleiben für sich bestehen, wie auch die Forderungen des einen Teiles, der zur Ehe schreitet, im übrigen sozialen und Geistesleben sich gestalten.

Aus allen diesen Gründen muß ich Ihnen, verehrter Herr Baron, über Ihren Haupt-Fragepunkt und zugleich zu dem vierten Punkt meine Meinung dahin aussprechen, daß die «Form der Ehe», wie sie sich bei den gesitteten Völkern des Abendlandes herausgebildet hat, durch ihr eigenes Wesen niemals zu irgendeinem Kulturrückgang, auch zu keinem solchen in ethischer, ästhetischer oder in rassenhygienischer Beziehung beitragen könnte; ein solcher müßte von ganz anderen Dingen, z. B. Fragen der Weltanschauung, der in­neren Seelenharmonie usw. herrühren. Es könnte sich in der Ehe äußern, aber niemals durch die «Form der Ehe» bewirkt sein.

Hochachtungsvollst

Dr. Rudolf Steiner

#TI

619. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

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Berlin, 17. März 1913

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Vielen Dank sage ich Euch für den lieben Brief, den mir Poldi geschrieben hat, und welchen ich eben vorgefunden habe, da ich von meiner Reise nach München zurückge­kommen bin. Ich sehe daraus, daß Ihr gesund seid; das be­ruhigt und erfreut mich herzlich.

Ich hätte Euch gerne längst geschrieben; allein ich hatte im Laufe der letzten Monate ganz außerordentlich viel zu

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tun. Ich will die Stunde jetzt vor meiner Abreise nach HoI­land nützen, um Euch doch noch einige Zeilen wenigstens zu schreiben. Diese sollen Euch anzeigen, daß ich gesund bin und nur eben viel zu tun habe; heute fahre ich nach [Den] Haag in Holland für etwa 10 Tage. Es kommen dann noch viele Reisen, die schon in Aussicht genommen sind; doch hoffe ich, daß ich Euch in nicht zu ferner Zeit wieder einmal besuchen kann. Ich werde unter allen Umständen danach trachten, daß es recht bald sein kann. Vor kurzer Zeit war ich zwar in Österreich; allein die Zeit war da so knapp bemessen, daß sich gar nicht ein paar Stunden hätten erübrigen lassen.

Inzwischen hoffe ich, daß Ihr mir gesund bleibt und daß auch die übrigen Umstände Euch nicht zu stark angreifen und ermüden. Ich denke viel an Euch und sende Euch Wün sche für alles Gute.

Gustav lasse ich sagen, er solle recht brav sein, so daß Mutter und Poldi nur Gutes von ihm sagen können, wenn ich wiederkomme. Von anderen Dingen schreibe ich Euch recht bald.

In treuen herzlichen Grüßen und Küssen

an Mutter, Poldi und Gustav

Euer

Rudolf

Hoffentlich ist mein Namenstagstelegramm angekom­men, durch das ich die herzlichsten Namenstagsgrüße für die liebe Mutter sandte.

Ich werde Euch ganz sicher bald wieder schreiben, denn ich kann heute nicht mehr die Zeit finden, Weiteres zu be­richten.

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#TI

620. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

#TX

Düsseldorf, 28. April 1913 Geschwister!

Meine liebe Mutter und

Vor allem danke ich Euch für Eure lieben Briefe, die mich innig gefreut haben. Es ist immer so beruhigend, wenn man in der Ferne hören kann, daß Ihr Euch gesund befindet. Dann bitte ich Euch, es nicht übel zu vermerken, daß ich so lange nicht geschrieben habe. Ich war gerade in diesen Mo­naten von Reisen und Arbeit auf das äußerste in Anspruch genommen. Es ist viel von einem Orte zum anderen gegan­gen. Jetzt reise ich von hier nach London, von da nach Paris und werde Mitte Mai erst wieder in Berlin sein können. Ich habe in London und Paris vorzutragen.

Mir geht es gut, trotzdem der strenge Winter fast bis jetzt andauerte und das Reisen ja nicht ganz leicht machte. Dieser Winter scheint ja jetzt vorbei zu sein, denn es ist draußen heute das beste Wetter.

Da in diesem Winter so viel zu tun war, so ist auch der Plan mit Fräulein von Sivers, von dem ich Euch sprach, als ich in Eurer Mitte sein konnte, noch nicht weiter gekom­men; doch denken wir daran für die Zukunft. Sie war sehr erfreut, als ich ihr sagte, daß ich mit Euch davon gesprochen habe.

Gleichzeitig mit diesem Briefe sende ich wieder etwas für Euch ab; ich sende 200 Mark, weil ich sie gerade so habe und ich denke, daß es bei Euch jetzt furchtbar teuer sein muß. Wir gehen überhaupt jetzt teuren Zeiten entgegen, und der Krieg droht fortwährend zu kommen. Ich hoffe Euch in recht naher Zeit wieder zu sehen. Ich werde mich bestreben, Euch bald besuchen zu können.

Mit allerherzlichsten Küssen und Grüßen

an Poldi, Gustav und liebe Mutter

Euer

Alles wird gleich nachgeschickt. Rudolf

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#TI

621. AN DIE MUTTER [Telegramm]

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München, 1. Juli 1913

Herzlichen Gruß von der Reise. Sendung und Brief sicher morgen.

Rudolf

#TI

622. AN DIE MUTTER [Telegramm]

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München, 11. August 1913

Alles gut, habe nur gerade jetzt sehr viel Arbeit. Schreibe baldigst.

Herzlichst

Rudolf

#TI

623. AN DIE MUTTER [Telegramm]

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Nürnberg, 11. November 1913

Hoffe Donnerstag gegen i i mit Zug von Wien bei Euch anzukommen.

Herzlichst

Rudolf

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624. AN FRIEDRICH LIENHARD

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Dornach bei Basel, 31.Juli 1914

Verehrter lieber Herr Professor Lienhard!

Herr Walther schickt mir den Bürsten abzug Ihres «Ahas­ver am Rhein» mit der Anfrage wegen der Signatur des R[o­sen]kr[euzes]. Ich glaube, daß gegen die Veröffentlichung der Stellen auf S. 15 und 16 nichts einzuwenden ist. Mir selbst machen Sie an den erwähnten Stellen Ihrer neuen Dichtung aufrichtige Freude. Und diese Dichtung selbst erscheint

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mir wieder als eine bedeutsame Gabe Ihrer Kunst, welcher die Welt so vieles verdankt. -Es ist lange her, seit wir uns gesehen haben. Gerne hätte ich Ihnen in der Zwischenzeit geschrieben. Doch liegen vor mir Berge unerledigter Arbeiten. Und der Bau nimmt alle Zeit jetzt in Anspruch.

Für Ihre Gesundheit habe ich die beste Hoffnung. Was ich Ihnen in Stuttgart bei unserem letzten Zusammensein gesagt habe, gilt für mich auch heute. Eine Geistigkeit wie die Ihrige siegt über körperliche Affektionen.

Verzeihen Sie, daß ich es bei diesen wenigen Zeilen be­wenden lassen muß und Ihnen nur noch die herzlichsten Grüße senden kann. Zu allem übrigen kommt ja jetzt noch der bewegende Ernst der Zeit.

Ihr ganz ergebener

Dr. Rudolf Steiner

z. Zt. Dornach bei Basel

Villa Hansi

#TI

625. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

#TX

Dornach bei Basel, 23. August 1914

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Ob Ihr meinen Brief und meine Karte erhalten habt, weiß ich nicht. Ich möchte Euch nochmals schreiben, daß ich gesund und wohl bin und die Hoffnung hege, daß dies trotz der ernsten Zeiten auch bei Euch der Fall sein möge. Be­sorgt macht mich jetzt nur, wie ich die Sendung an Euch am 1. September Euch schicken soll. Hier sagt man mir auf dem Post amte, daß außer Briefen und Postkarten keine Sen­dungen nach Österreich befördert werden. Ich werde alle Anstrengungen machen, daß auf irgendwelche Art das Geld abgehen kann.

Ich werde in den nächsten Tagen eine notwendige Reise machen müssen. Ich bitte Euch, wenn Ihr mir etwas mitteilt,

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die Adresse nach Dornach bei Basel (Schweiz), Haus Hansi, zu wählen. Es ist aber wohl möglich, daß ich in den nächsten Tagen auf ein paar Tage nach Berlin komme.

Ich wäre so froh, wenn Euch der Brief treffen könnte, damit Ihr nicht Unruhe habt.

Mit allerherzlichsten Grüßen

an Mutter, Poldi u. Gustav

Euer

Rudolf Steiner

#TI

626. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER [Postkarte]

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Dornach bei Basel, 27. Oktober 1914

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Vielen Dank für Eure lieben Nachrichten; ich will Euch heute nur mitteilen, daß ich gesund bin und daß es mir auch sonst gut geht. Denken muß ich viel an meinen letzten Besuch bei Euch, der mir die große Freude machte, Euch wiederzusehen. Hoffentlich kann es in nicht ferner Zeit wieder sein.

Herzliche Grüße und Küsse von

Eurem

Rudolf Steiner

#TI

627. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

#TX

Dornach bei Basel [, November 1914]

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Vorerst sende ich Dir, liebe Poldi, meine herzlichsten Namenstagsgrüße. Ich werde den Tag, wenn ich auch ferne von Euch bin, doch in Gedanken mit Euch feiern. Ich will hoffen, daß er Euch in voller Gesundheit trifft. Ich danke Euch für die Zeilen, die ich vor einiger Zeit von Euch erhielt;

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es ist in dieser schweren Zeit doppelt wichtig, von Euch zu hören. Von mir kann ich sagen, daß ich gesund bin und daß es gut geht.

In diesen Tagen ist von der hiesigen Amtmannschaft ein Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft in Horn abge­gangen, in dem gebeten wird, in Geras die Verkündigung unserer Ehe vorzunehmen. Dieses verlangt hier die Behörde nach schweizerischen Gesetzen. Es muß die Verkündigung in der Heimatgemeinde des Mannes angeschlagen werden. Vorher kann die Sache nicht stattfinden. Ich möchte Euch mit der Sache nicht plagen. Deshalb bitte ich Poldi nur, wenn es keine besonderen Umständlichkeiten macht, ein­mal bei der Bezirkshauptmannschaft in Horn anzufragen, ob etwa für die Sache eine Kleinigkeit zu bezahlen ist. Es kann sich ja nicht um viel handeln. Doch ist das Schicken schwierig; und es wäre unangenehm, wenn die Sache etwa durch das Fehlen der Gebühren verzögert würde. Wir muß­ten hier ohnedies schon so lange auf die Erledigung warten. Es hängt wohl jetzt nur noch davon ab, daß von der Horner Bezirkshauptmannschaft die Nachricht kommt, daß die Verkündigung dort stattgefunden hat. Wenn also Poldi ein­mal dort nachfragen möchte, ob die Zuschrift des Dorn­acher Amtmanns dort eingetroffen ist und ob etwas dafür zu bezahlen ist, so wäre dies vielleicht eine Hilfe. Poldi könnte dann dort auch ansuchen darum, daß man die Nach­richt bald an das Amt in Dornach schreibe.

Doch, wie gesagt, ich möchte Euch damit nicht gerne plagen. Und wenn es Euch nicht tunlich erscheint hinzuge­hen, so will ich in Geduld warten, bis man die Antwort von Horn auch ohne weitere Anfrage hierher schickt.

Unser hiesiger Bau schreitet trotz der schweren Zeiten, wenn auch langsam, fort.

Fräulein von Sivers läßt Euch herzlich grüßen.

Du, liebe Mutter, Poldi und Gustav, empfanget herzliche Grüße und Küsse

Eures Rudolf Steiner

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#TI

628. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER [Telegramm]

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Dornach [, Dezember 1914]

Euch allen herzlichsten Weihnachtsgruß von hier. Brief folgt. Erledigung von Horn eben angekommen. Vielen Dank für Bemühung.

Rudolf Steiner

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629. AN DIE K. K. BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT IN HORN

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Horn, 11. Mai 1915

An die hochlöbliche k. k. Bezirkshauptmannschaft in Horn

Der ergebenst Unterzeichnete, Rudolf Steiner, Dr. phil., Schriftsteller, geboren am 27. Februar 1861, zuständig nach Geras in Nieder-Osterreich, bittet um gütige Ausfolgung eines Heimat-Scheines für sich und seine Ehefrau Marie, geb. v. Sivers.

Der Unterzeichnete ist der Sohn des nach Geras zustän­digen Johann Steiner. Der Unterzeichnete erhielt seinen Heimat-Schein zuletzt von Geras am 4. September 1897. Da er sich am 24. Dezember 1914 in Dornach im Kanton Solothurn in der Schweiz verheiratet hat, bedarf er nunmehr eines neuen Heimat-Scheines, auf dem als Stand «verheiratet» angegeben ist und auf dem der Name seiner obengenannten Ehefrau verzeichnet ist.

Die Verehelichung des Unterzeichneten ist von der Kan­tonalen Regierung Solothurn seiner Heimat-Gemeinde an­gezeigt worden. Für die Eheschließung hat der Unterzeich­nete das vorschriftmäßige «Ehefähigkeitszeugnis» der k.k. Bezirkshauptmannschaft in Horn erhalten. Auch ist die Verkündigungs-Anzeige gesetzmäßig vor der Vereheli­chung in Geras im vorigen Jahre gütigst von der Gemeinde ausgehängt worden.

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Der neue Heimat-Schein wird von dem Schweizer Wohnort des Unterzeichneten, Dornach im Kanton Solo­thurn (Schweiz) verlangt. Der Unterzeichnete bittet um Übersendung des Heimat-Scheines nach Dornach bei Basel,

Schweiz, Kanton Solothurn.

Rudolf Steiner

Dr. phil.

#TI

630 AN WILLY SCHLÜTER

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Berlin, 12. Juli 1915

W., Motzstraße 17

Sehr geehrter Herr!


Es erscheint mir vorläufig nicht wahrscheinlich, daß in der abendlälnndischen mystischen Literatur gerade mit der Hinordnung auf Krüppelfürsorge besonders Bedeutsames gefunden werden kann Doch werde ich mich noch weiter in der von Ihnen angedeuteten Richtung umtun und Ihnen von etwa Gefundenem berichten. - Im ganzen trägt ja diese Literatur einen beschaulichen Charakter, der von dem Menschlich Allgemeinen aus nur wenig den Weg sucht zu dem, was sich aus dem Speziell-Menschlichen (besonderen Anlagen und Gebrechen etc.) ergibt.Und auch der vom Gebrechen Heimgesuchte wird mehr - ohne Rucksicht auf sein Gebrechen - im Allgemein-Menschlichen aufgehen.

Ganz anders stellt sich allerdings die Sache, wenn man auf das sieht, was die von mir gemeinte anthroposophische Fortbildung der abendländischen Geistesforschung er-strebt. Doch diese ist eben erst in den Anfängen. Da sie im Einklange mit der naturwissenschaftlichen Weltanschauung steht, so wird ihr die Erweiterung der geistigen Betrachtung auch für die Gebiete möglich sein, in denen das Seelisc -Geistige s eine Betätigungsart und sein Erleiden von seiten des Physischen her empfängt. Die bisherige abendländische Mystik erstreckte sich nicht auf solche Gebiete. Davon

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wurde sie durch ihre ganze Stellung gegenüber dem natür­lichen Dasein abgehalten.

Nun müßte ich auf mancherlei hier eingehen, was ich in meinen Schriften über das Wesen des Menschen gesagt habe, wenn ich mich darüber aussprechen sollte, wie «An­throposophie» für das Krüppelfürsorgewesen fruchtbar ge­macht werden könnte. Doch zeigt mir, sehr geehrter Herr, Ihr Brief, daß wir uns auch gut verstehen werden, wenn ich einiges bemerke, das für jemand, der so nah wie Sie einer geistgemäßen Weltanschauung steht, gewiß nicht als in der Luft hängend (unbewiesen) wird angesehen werden.

Es erscheint mir wichtig, daß derjenige, welcher mit Krüppeln zu tun hat, vor allem das eigene Bewußtsein rich­tig einzustellen weiß. Ich habe stets bemerkt, daß ich sofort das Vertrauen eines irgendwie gebrechlichen oder verkrüp­pelten Menschen hatte, wenn ich das Augenmerk darauf richtete, daß ja nur der physische Körper das Gebrechen hat, daß aber die dem physischen Körper zugrunde liegende Geistgestalt voll intakt ist. Für mich ist diese Geistgestalt eben eine Realität, geisteswissenschaftlich so nachweisbar, wie für den Chemiker im Wasser der Wasserstoff. Der Krüppel hat ein feines Fühlen dafür, ob man ihm gegenüber im Bewußtsein seine physischen Mängel oder seine leiblich-physische Ganzheit hat. Sein Fühlen reagiert fein auf das Gedankenbild, das der ihm Gegenüberstehende von ihm hat. Nun liegt aber gerade darin eine ganz bestimmte Schwierigkeit. Ich habe diese sehr genau beobachten kön­nen, wenn ich mit Blinden zu tun hatte. Mit Blinden muß man in der Unterredung jede Anspielung auf Erlebnisse, die nur dem Sehenden zugänglich sind, vermeiden. Dies ist aus dem Grunde schwierig, weil es bei dem Vermeiden ge­rade auf die feineren Nuancen in der Wortprägung an­kommt. Man muß ganz auf einem Boden bleiben, der auf sich die Wahrnehmefähigkeit und -Welt des Blinden trägt. Nun muß man dies aber so zustande bringen, daß man in sich nicht selbst immer mit dem Gedanken arbeitet, dies

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oder jenes mußt du vermeiden, denn dabei taucht der Ge­danke an die Blindheit des Blinden auf, und das eben soll ja nicht sein. Man muß daher im Verkehr mit Blinden eine besondere Art, sich auszusprechen, haben, auf die man sich ganz wie von selbst - wie auf eine Gewohnheit - im Ver­kehr mit dem Blinden einstellt. In bezug auf alles dieses ist kein beträchtlicher Unterschied zwischen Blind-Geborenen und Blind-Gewordenen. Die letzteren verstehen einen ja, auch wenn man Sehvorstellungen zugrunde legt; allein es wirkt auf sie eben ungemein seelisch-heilsam, wenn man es unterläßt. Nur darf man dabei auch nicht den Gedanken eines Sich-über-den-Blinden-Stellens haben.

Mit Bezug auf Verkrüppelte im allgemeinen ergibt sich, daß mit der Verkrüppelung eine Anlage für eine geistige Auffassung der Welt eintritt. Gewiß: diese kann unbemerkt bleiben für die Umgebung des Krüppels; sie kann durch seine - der Verkrüppelung vorangehenden - Erziehung oder Lebensverhältnisse übertönt werden; aber sie ist da. Mehr als irgend andre Menschen-Anlagen begründen die Gebrechlichkeit und Verkrüppelung das Verständnis für eine geistgemäße Empfindungsweise. Der Mensch nimmt eben durchaus nicht bloß durch Sinne und Gehirn die Welt-vorstellungen auf, sondern durch seine ganze Menschen-form. Wenn nun ein solcher Einfluß auf die Menschenform ausgeübt wird, wie dies durch die Verkrüppelung geschieht, so ändert sich auch die Aufnahmefähigkeit des Menschen. Nun habe ich gefunden, daß alles dasjenige auf die Vorstel­lungswelt des Krüppels besonders heilsam wirkt, was nicht von dem Bildhaften, Imaginativen durchsetzt ist, sondern was das Gestaltlose, Formlose in sich trägt. - Sie machen die ganz richtige Bemerkung, daß Musik für den Krüppel bedeutsam ist. Aber auch in bezug auf alle Vorstellungen, die an den Krüppel herankommen, ist so viel besonders für ihn heilsam, als in dem Vorstellungsmäßigen Musikalisches ist, d.h. Gestaltloses, durch Rhythmus - namentlich Ge­dankenrhythmus, Gedankenparallelismus, Gedankensymmetrie

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Wirksames. Ich glaube dies um so mehr mit einiger Berechtigung aussprechen zu dürfen, als ich die zugrunde liegenden psychologisch-physiologischen Tatsachen auch von der Gegenseite her studieren konnte. Ich habe vor vie­len Jahren auch Taubstummen-Unterricht erteilt und dabei gesehen, was das Fehlen des Musikalisch-Wirksamen im dem Vorstellungsleben auf die Psyche für einen Einfluß hat Und man bekommt einen Begriff von der Wirksamkeit ei nes Psychischen oft auch dadurch, daß man sich Einsicht verschafft, welche Wirkung das Nicht-Vorhandensein des betreffenden psychischen etc. Elementes hat.

Bitte, mißverstehen Sie mich nicht, wenn ich sage: man stellt sich zu einem Menschen mit einem Gebrechen am be­sten ein, wenn man auf ganz selbstverständliche Art eine mit Ehrfurcht gepaarte Liebe haben kann. So gesprochen ist der Satz nur anwendbar auf Menschen, die eben rein körperliche Gebrechen haben. Denn, was so oft dem Krüp­pel fehlt, ist ein Ausfluß der Umgebung, ist begründet in dem Mangel der menschlichen Herzen, die sich wohl «ein-fühlen» konnen in Menschen-Erlebnisse, die ihnen gleich oder ähnlich sind, und nicht in solche, die ganz anders sind.

Man kann kaum einem Menschen seelisch etwas sein, in dessen Innenlage man sich nicht versetzen kann. Doch hilft bei diesem Sich-Versetzen keine Reflexion, sondern das wie selbstverständliche Sich-Finden im andern Menschen. Ge­rade dies, glaube ich, ist das Unterscheidende der «anthro­posophischen Weltanschauung», wie ich sie meine, von an­dern, daß sie zwar ein Gedankengebäude ist, aber ein sol­ches, das durch seine Art sofort den Gedanken überwindet, wenn es gilt, sich dem Leben gegenüberzustellen. Der je­bendige Gedanke ist nicht wie der tote; jener individuali­siert sich in der Empfindung, im Erlebnis, während der tote Gedanke sich dem Erlebnis gegenüber aufdringlich verhält.

Ich glaube nicht, sehr geehrter Herr, daß Sie, würden Sie die Art der anthroposophischen Richtung besser kennen, ihr den Willen für die Caritas absprechen würden. Sie ist, wo

#Bild S. 464a

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#SE039-465

sie nicht zu finden ist, dies nicht deshalb nicht, weil sie nicht will, sondern weil man sie nicht will. Wenn die unsäglichen Leiden dieser unsrer Gegenwart nach dieser Richtung hin uns auch dies bringen, daß man überall die besten Wege des Helfens sucht, dann wird auch dies eine Hilfe sein.

Wie gesagt, ich werde versuchen, ob ich in der von Ihnen angedeuteten Richtung etwas finde. Für diesmal

mit hochachtungsvoller Begrüßung

Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#TI

631. AN HERMANN OLPP

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Berlin, 24. Juli 1916

Sehr geehrter Herr!

Es ist schwierig, in solchen Angelegenheiten wie der Ihri­gen zu raten. Wenn Sie in der Stellung, in der Sie jetzt sind, einige Zeit verbleiben, so stellen Sie sich auf die eigenen Füße und können dadurch gerade später so umsatteln, wie es Ihren Neigungen und Talenten entspricht. Daß man sich in einer solchen Stellung durchaus unbefriedigt fühlen müsse: diese Meinung kann ich nicht teilen. Gerade auf der Basis einer solchen Stellung kann man sich weiterbilden. Wenn Sie die gegenwärtige Stellung in ihrer weiteren Be­deutung nehmen, so können Sie sagen, Sie tun nicht bloß etwas zu Ihrer Ausbildung, sondern verrichten etwas, was anderen Menschen zugute kommt. Und gerade dieses gibt ein schönes Bewußtsein. Gar manche Arbeit befriedigt nicht unmittelbar durch ihren Inhalt; allein im Dienste der Menschheit will sie getan sein. Haben Sie sich in dieser Stel­lung später einiges erspart, dann werden Sie bei den Zeiten, die da kommen, wohl sicher Gelegenheit finden, in Bahnen einzulaufen, die Ihnen liegen. Jetzt in diesen schweren Zei­ten scheint es mir nicht richtig, auf aufgenommene Gelder hin sich für die Zukunft vorzubereiten. Ich hoffe, daß Sie

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mir dies offene Wort nicht übelnehmen werden. Mir scheint die Empfindung, die Ihr Herr Vater von der Sache hat, doch das Richtige zu treffen. Ich darf aus der Erfahrung heraus urteilen. Ich selbst war früh auf die eigenen Füße gestellt; und wenn ich auch durch lange Zeit als Hauslehrer dies habe zu erreichen gesucht, so darf ich sagen, daß mir damals Ihre gegenwärtige Stellung nicht weniger angenehm gewe­sen wäre als eine solche, wie die meinige war, bei der schließlich doch stets die Sorge bleibt, ob man jeweilig wieder etwas finden werde.

Ich muß heute abreisen; daher kann ich nur mein Urteil in diese wenigen Zeilen zusammenfassen.

Mit herzl. Gruß

Dr. Rudolf Steiner

#TI

632. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

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Dornach bei Basel, 12. November 1916

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Empfange von uns, liebe Poldi, zu Deinem Namenstage die allerherzlichsten Grüße. Wir senden sie Dir in gutem Gedenken. Hoffentlich treffen sie Euch in guter Gesund­heit. Wir hätten sehr den Wunsch, Euch wiederzusehen. Aber es ist jetzt Reisen schwierig; wir hoffen, daß es doch wieder in nicht allzuferner Zeit sein kann. Von uns ist nur zu melden, daß wir gesund sind und noch hier; wann eine Veränderung eintritt, werden wir Euch schreiben.

Seid allerherzlichst alle gegrüßt von uns und empfanget die besten Wünsche für Euer Wohlbefinden von

Allerherzlichsten Namenstagswunsch Eurem

u. herzlichste Grüße von Rudolf Steiner

Marie Steiner

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#TI

633. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER [Telegramm]

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Dornach, 29. Dezember 1916

Allerherzlichsten Neujahrsgruß. Brief gleichzeitig abge­hend.

Marie und Rudolf Steiner

#TI

634. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

#TX

Dornach bei Basel, 29. Dezember 1916

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Zu dem bevorstehenden Neujahre senden wir Euch beide die herzlichsten Grüße und guten Wünsche. Wir hoffen, daß dieses Jahr doch bald die Zeit bringt, in der wir Euch wieder besuchen können. Hoffentlich seid Ihr gesund; dies darf ich auch von uns melden. Gleichzeitig sende ich ab die Geldsendung für den ersten Januar.

Also bis auf Wiedersehen Euch allen herzlichste

Grüße und Küsse

Allerherzlichsten Neujahrsgruß von von Eurem

Marie St. Rudolf Steiner

#TI

635. AN JOST TRIER

#TX

Dornach bei Basel, 31. Januar 1917

Sehr geehrter Herr!

Die Texte der in Dornach aufgeführten Weihnachtspiele hat Karl Julius Schröer in der Oberuferergegend bei Preß-burg gesammelt und in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts veröffentlicht. Ich bin mit der Sache bekannt

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geworden durch Schröer selbst, der in Wien mein Lehrer und später Freund war. Seine auf die Spiele bezügliche Schrift heißt: «Deutsche Weihnachtspiele aus Ungarn» . Man bekommt das Büchlein heute wohl nur noch antiqua-risch. Doch ist es jedenfalls in den größeren Bibliotheken vorhanden. Schröer hat in der Einleitung, die er dem Buch beigefügt hat, auch über das Leben der Spiele im Volke und über die Beziehung der Oberuferer Spiele zu denen in ande-ren Gegenden zu findenden eine, wie ich glaube, auch heute

- wo so vieles auf diesem Gebiete veröffentlicht ist - nochi aufschlußreiche Auseinandersetzung gegeben.

Hoffentlich dient Ihnen dieser Hinweis in der Richtung die Sie in Ihrer Anfrage andeuten.

Hochachtungsvoll


Dr. Rudolf Steiner

#TI

636. AN C. NOORDUYN

#TX

Berlin, 27. September 1917

Verehrter Herr!

Auf Ihren Brief vom 4. September lassen Sie mich ant­worten, daß der Weg, den Sie als den Ihrigen zur Geistes­wissenschaft andeuten, ein guter ist. Es kann gar nicht stark genug betont werden, daß man durch das Intellektuelle am sichersten auch in das Wesen des geistigen Schauens ein­dringt. Daneben wird es aber gewiß gut sein, wenn Sie im Sinne meines Buches «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» vorwärts zu kommen suchen. Man kann recht weit kommen, wenn man sich an die in diesem Buche gegebenen Ratschläge wirklich hält. Immer ist aber zu be­rücksichtigen: gefunden können die Wahrheiten der An­throposophie nur durch schauendes Erkennen werden; lie­gen sie aber als gefundene vor, dann kann die Intellektuali­tät alles durchdringen, wenn diese nur wirklich in freier, innerer Logik weit genug gehen will. Wenn so viele unserer

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Gegner meinen, die Intellektualität widerstrebe der Gei­steswissenschaft, so ist dies ein Irrtum, der nur davon kommt, daß viele unserer Zeitgenossen eine verstümmelte Intellektualität gebrauchen, die sich durch die an den äuße­ren Naturerscheinungen gewonnenen Halb-Begriffe gän­geln läßt. Die Art, wie Sie sich zu der Frage Intellektualität und Geisteswissenschaft stellen, ist frei von diesem Mangel. Daher wird Sie Ihr Weg zielvoll führen.

Leider werden die von Ihnen als vergriffen erwähnten meiner Bücher erst wieder nach einiger Zeit zu haben sein. Dagegen empfehle ich Ihnen mein im Vorjahre erschienenes Buch «Vom Menschenrätsel» und mein demnächst erschei­nendes «Von Seelenrätseln». Auch ist vor kurzem eine kleine Schrift erschienen: «Das menschliche Leben und die Geisteswissenschaft». Ebenso hat die Vierteljahrsschrift «Das Reich» von mir Aufsätze gebracht. Sie können dies alles erhalten durch unseren philosophisch-anthroposophi­schen Verlag Berlin W, Motzstraße 17.

Mit den besten Grüßen Ihr

Dr. Rudolf Steiner

#TI

637. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

#TX

Dornach bei Basel, 29. Dezember 1917

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Gleichzeitig mit der für Januar bestimmten mitfolgenden Geldsumme senden wir die allerherzlichsten Neujahrs-grüße für dieses kommende Jahr, im Laufe dessen wir uns hoffentlich wieder werden sehen können, was wir recht innig wünschen. Diese Zeilen verlassen uns gesund und mit dem herzlichsten Wunsche, daß sie auch Euch gesund antreffen mögen.

#SE039-470

In herzlichstem Gedenken mit Grüßen und Küssen

Euer

Die allerherzlichsten Neujahrsgrüße Rudolf Steiner

von

Marie Steiner

637 a. Siehe Nachtrag auf Seite 486.

637 b. Siehe Nachtrag auf Seite 487.

#TI

638. AN MARIA STONA

#TX

Berlin, 24. Mai 1918

Sehr verehrte gnädige Frau!

Mitfolgend gestatte ich mir, Ihnen mein Buch «Vom Menschenrätsel» zu übersenden. Im zweiten Teile ist B[ar­tholomäus] Carneri unter den Österreichern behandelt. Es würde mich freuen, wenn die Art, wie ich den verehrten Denker und so edlen Menschen behandle, Ihnen nicht wi­derstreben würde. Herzlichsten Dank sage ich Ihnen für die Übersendung Ihres so schönen Gedichtbuches. Ich bin recht erfreut gewesen, eine Gabe von Ihnen wieder zu emp­fangen, in der all die schöne Dichterkraft lebt, die ich bei Ihnen kenne. Wir werden in der Zeit vom 26. Mai an zu Vorträgen in Wien sein und dort VI Köstlergasse 6 wohnen (bei Breitenstein). Ob wir, wonach wir uns sehnen, nach Strzebowitz kommen können, weiß ich noch nicht, da wir über Tetschen fahren müssen und man jetzt an derselben Stelle zurück muß, wo man hineingekommen ist.

Die herzlichsten Empfehlungen von meiner Frau und mir an Ihren Herrn Gemahl, ebenso diejenigen meiner Frau an

Sie und auch von Ihrem herzlich ergebenen

Dr. Rudolf Steiner

#SE039-471

#TI

639. AN ALFRED JEREMIAS

#TX

Berlin, 25. Mai 1918

Sehr geehrter Herr Doktor!

Empfangen Sie vorläufig, bitte, meine herzlichste Dank­sagung für Ihre liebenswürdige Sendung. Zugleich bitte ich mit meiner Antwort im einzelnen auf Ihre «Altorientalische Weltanschauung» noch etwas warten zu dürfen. Ich hatte in den wenigen Tagen, die mir hier in Berlin blieben zwi­schen Reisen, diesmal einen Berg von Neuauflage-Korrek­turen zu bewältigen. Und muß nun heute nach Wien abrei­sen. Nur die paar Worte: Soviel ich bis jetzt habe sehen können, stehe ich mit Ihren Prinzipien nirgends im Wider­spruch. Doch, wie gesagt, darüber später ausführlich. Eben bin ich auch daran gegangen, Ihre «Allgemeine Religionsge­schichte» zu studieren. Leider muß ich mir auch dies bis nach der Reise nun aufsparen.

Einstweilen in vollster Hochachtung

Dr. Rudolf Steiner

#TI

640. AN MARIA STONA

#TX

Wien, 7. Juni 1918

Sehr verehrte gnädige Frau!

Glauben Sie mir, sehr verehrte gnädige Frau, wir wären so gerne zu Ihnen gekommen; wir haben bis gestern über­legt, wie wir mit einer Reise nach Strzebowitz zurecht kom­men; allein es ergibt sich für diesmal keine irgendwie gear­tete Möglichkeit. Wir wollten zu Ihnen fahren und wieder nach Wien zurück, aber auch dies geht wieder mit unserer Zeiteinteilung nicht zusammen. Die Reise über Oderberg nach Deutschland läßt sich aus dem Grunde nicht machen, weil meine Prager Vorträge sich nicht anders als vom 13. und 14. Juni ansetzen ließen. Wir müssen nun nach einer

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sehr alten Abmachung vorher nach Oberösterreich fahren. Und bis zu dieser Stunde hatten wir in Wien alle Zeit ausge-füllt. Da ich drei Jahre lang nicht in Wien sein konnte, hat­ten sich meine Verpflichtungen für hier gehäuft. So müssen wir es uns denn dieses Mal versagen, Sie auf Ihrem so schö­nen Stück Erde zu besuchen, und können nur hoffen, daß Sie uns erlauben werden, das nächste Mal bei unserer An­wesenheit in Österreich Sie aufzusuchen. Uns wäre es lieb, wenn dies recht bald sein könnte.

Noch allerherzlichsten Dank von meiner Frau, die sich auf den Strzebowitzer Besuch so gefreut hatte, und von mir für Ihre liebe Einladung und von uns beiden herzlichste Grüße an Sie, verehrte gnädige Frau, Ihren Gemahl und

Frl. Tochter. In herzlicher Hochachtung

Ihr

Dr. Rudolf Steiner

Auch wenn wir die Reiseroute ändern ließen, die uns an­weist, dort zurückzufahren, wo wir hereingekommen sind, könnten wir dies nicht, da die Prager Vorträge sich vor den Wienern nicht ansetzen ließen.

#TI

641. AN ALFRED JEREMIAS

#TX

Berlin, 11. August 1918

Sehr geehrter Herr Professor!

Noch einmal möchte ich Ihnen danken für die liebens­würdige Übersendung Ihrer «Leitsätze». Ich muß gestehen, daß ich in denselben nichts finde, was meinen Anschauun­gen widerstrebte. Ebensowenig in Ihrer Schrift «Hat Jesus Christus gelebt?». Nur glaube ich, daß wir in der Entwick­lung der Menschheit an einem Punkt stehen, in dem sich Naturanschauung und Geistesanschauung harmonisieren müssen, wenn wir nicht in eine Art Kulturchaos hineinkommen

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sollen: Die Geistesanschauung, die sich als die heute anerkannte aus der Entwicklung der Menschheit er-geben hat, besitzt nicht die Kraft, ihre Ideen und Ideale bis zu dem Punkte zu führen, an dem sie der gegenwärtigen Naturanschauung als Wirklichkeiten gelten könnten - als solche Wirklichkeiten, welche in dem Weltgeschehen gleich Naturkräften wirken. Und die Naturanschauung der Ge­genwart mit ihrem Prinzip von der Erhaltung der - rein natürlichen - Energie und des Stoffes wird notwendiger­weise zur Verderberin der Geistesanschauung werden müs­sen. Die Anthroposophische Geisteswissenschaft vermag die Brücke zu bauen. Durch die wirkliche Anschauung der geistigen Vorgänge wird mit dem Geiste zugleich das Na­turgeschehen geschaut; und da erweist sich denn, daß in diesem Geschehen rückläufige Prozesse sind, die in ihrer Ausmündung nicht bloß zur Null kommen, sondern in das Negative hinein. An diesen Ausmündungsstellen geschieht nun das Eingreifen des Geistes. Da ich leider keinen wissen­schaftlich vorgebildeten Zuhörerkreis habe, kann ich die streng wissenschaftliche Darstellung der Sache in meinen Vorträgen nicht geben. Und auch das Niederschreiben würde mir bisher wenig geholfen haben, da die wissen­schaftliche Welt auf meine Darlegungen ja nicht eingegan­gen ist. Rückläufige Prozesse sind nun schon in der menschlichen Organisation. Schon mit den gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Mitteln läßt sich belegen, was die geistige Anschauung von sich aus ergibt: daß der Nerven-prozeß ein gegenüber dem andern organischen Prozeß rückläufiger ist, daß in ihm die organische Entwicklung sich hemmt, sich in sich zurücknimmt und daß in dem Wechsel-verhältnis der fortschreitenden und rückläufigen Entwick­lung die Beziehung liegt zwischen dem Wahrnehmen, Den­ken auf der einen Seite und dem Fühlen, Wollen auf der anderen Seite. Die bloße Sinnesbeobachtung und die natur-wissenschaftlichen Methoden können dieses Wechselver­hältnis allerdings nicht im rechten Lichte sehen. - Mir weisen

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die in Punkt 7 und 8 Ihrer Leitsätze gegebenen alten Ahnungen auf diese von anthroposophischer Forschung streng wissenschaftlich zu verfolgenden Tatbestände hin.

Erst wenn man eingehen wird auf die wahren Entwick­lungsprozesse, die eben über sich hinaus, in die Rück-Ent-wicklung gehen, wird man Aussicht haben, solche tastenden Versuche wie die Freudschen oder die anderer Psychoanaly­tiker auf einen festen Boden zu stellen. Heute sind sie natur-wissenschaftliche Zerrbilder, Versuche in das Seelische hin­ein mit völlig unzulänglichen Mitteln, die deswegen zu höchst bedenklichen Resultaten führen. Solches habe ich in Vorträ­gen hie und da gesagt; doch habe ich darüber noch nichts öffentlich drucken lassen. Ich sehe in den Freudschen Be­mühungen nur, daß die Gegenwart nach dem Geiste drängt, die Naturwissenschaft aber nicht zum Geiste hin kann.

Ihre zweite Frage, sehr geehrter Herr Professor, bezüg­lich der deutschen Tingley-Gruppe kann ich nur dahin be­antworten, daß ich mit dieser theosophischen Richtung gar nichts Gemeinsames habe. Ich bin auch, so lange ich Mit­glied der Theos[ophischen] Gesellschaft war, durchaus mei­nen abgesonderten Weg gegangen. Kritisch über Tingley selbst habe ich mich nur, wenn ich gefragt wurde, dahin ausgesprochen, daß mir die sozial-sich-absondernde Gesin­nung, die dort zu finden ist, auf einem bedenklichen Irrtum gegenüber dem allgemein-menschlich Notwendigen be­ruht. Im übrigen halte ich diese Bemühungen auch für unfruchtbar gegenüber den Forderungen unserer Zeit.

Seit ich von Wien zurück bin, habe ich immer wieder zu Ihrer «Religionsgeschichte» gegriffen; ich muß nur leider die Lektüre wieder unterbrechen, da ich jetzt zur Arbeit an unserem Bau nach Dornach gehen muß.

Mit hoch ach tun gsvoller Empfehlung

bin ich Ihr ergebener

Rudolf Steiner

Bis November: Dornach bei Basel, Schweiz; Haus Hansi.

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#TI

642. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

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Dornach bei Basel, 4. September 1918

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Zunächst habe ich Euch mitzuteilen, daß wir wieder für einige Zeit hier in Dornach sind. Gleichzeitig übersenden wir die für September gehörige Geldsendung. Wir denken noch in guter Erinnerung an die Stunden, die wir bei Euch verbringen durften und hoffen, daß sich dieselben in nicht ferner Zeit wiederholen können. Für jetzt senden wir aller-herzlichste Grüße und die besten Wünsche für Euere Gesundheit. Möge diese eine gute sein.

Mit herzlichen Grüßen und Küssen

Herzlichsten Gruß von Euer

Marie Steiner Rudolf Steiner

#TI

643. AN DIE MUTTER UND GESCHWISTER

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Dornach bei Basel, 1. November 1918

Meine liebe Mutter und Geschwister!

Mit den allerherzlichsten Grüßen senden wir das für No­vember fällige Geld; hoffentlich trifft Euch unsere Nach­richt bei guter Gesundheit an; wir sind gesund. Möge doch bald die Zeit kommen, in der wir Euch wiedersehen kön­nen. Wir denken in diesen schweren Zeiten mit besonders herzlichen Gedanken an Euch und erinnern uns oft an die schönen Tage in Horn, die sich doch hoffentlich bald wiederholen werden.

Allerherzlichste Grüße und Küsse von Eurem Sohne und

Bruder Dr. Rudolf Steiner

Allerherzlichste Grüße von Marie Steiner

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644. AN LEOPOLDINE STEINER [Telegramm]

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Dornach [, ca. 25. Dezember 1918]

Mit Erschütterung die traurige Nachricht vernommen. Eine Reise ist augenblicklich wegen unüberwindlicher Paß-schwierigkeiten und andrer Hindernisse nicht zu ermögli-chen. Hoffentlich gelingt Dir, mit allem allein zustande zu kommen, bis wieder Reisen möglich. Geldsendung werde ich rechtzeitig veranlassen. Wenn Du Schwierigkeiten hast, benachrichtige uns. Herzlichstes von Marie und

r. Rudolf Steiner

#TI

645. AN RICHARD TESCHNER

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Dornach, 27. Februar 1920

Sehr verehrter Herr Teschner!

Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für die drei Rassenbilder, die wirklich eine ganze Welt offenbaren. Ich bewundere die Absicht und empfinde tief befriedigend die schöne Ausführung.

Beifolgend sende ich Ihnen die Impression, die ich für das weiße Rassenbild hatte. Als Ansichtskarten werden die Bilder beste Dienste tun.

Leider hat sich Ihre liebe Sendung sehr verspätet; und diese Zeilen werden wieder lange unterwegs sein.

Von meiner Frau die besten Grüße, ebenso

von Ihrem

Rudolf Steiner

#TI

646. WALTHER KÖHLER AN RUDOLF STEINER

#TX

Zürich, 10. Juli 1921

Sehr verehrter Herr Doktor!

Durch die gütige Vermittlung von Frau Dr. Hilde Boos erfuhr ich zu meiner Freude, daß Sie die große Liebenswürdigkeit haben

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wollen, Dienstag, den 19. Juli Nachmittags 3 1/4-4 Uhr, vor mei­nen Studenten über die Stellung der Anthroposophie zur Religion im Allgemeinen und zum Christentum im Besonderen zu spre­chen. Indem ich Ihnen für Ihr liebenswürdiges Entgegenkommen meinen herzlichsten Dank ausspreche, bemerke ich ausdrücklich, daß dieser Vortrag nicht etwa im Rahmen meiner Vorlesung über die protestantischen Sekten sich vollzieht, vielmehr eine Extra-Zugabe bedeutet, lediglich von dem Gesichtspunkte aus, daß es für die Studenten von höchstem Werte sein muß, über die Anthro­posophie unterrichtet zu werden. Sie brauchen also in keiner Weise zu befürchten, daß etwa die Anthroposophie als protestan­tische Sekte von den Studenten gewertet werden würde. Das Au-ßergewöhnliche Ihres Vortrages tritt schon darin zutage, daß ich für denselben nicht meine gewohnte Kollegstunde, sondern eine besondere Stunde angesetzt habe: eine Stunde, die aber für sämtli­che Theologiestudenten sehr günstig liegt.

Meine Frau und ich würden uns außerordentlich freuen, wenn Sie an dem genannten Dienstag Mittag 1/2 1 Uhr unser Gast am einfachen Familientische sein wollten. Ich wäre Ihnen sehr ver­bunden, wenn Sie mir bald antworten könnten, damit ich die Stu­denten, womöglich auch Nichttheologen, nachdrücklich auf Ihren Vortrag aufmerksam machen könnte.

Mit höflichster Begrüßung

Ihr sehr ergebener

W. Köhler

#TI

647. AN WALTHER KÖHL ER

#TX

Dornach, 12. Juli 1921

Sehr verehrter Herr Professor!

Empfangen Sie meinen besten Dank für Ihre liebenswür-di gen Zeilen und Ihre freundliche Einladung. Ich #erde den Vortrag am 19. Juli gern halten unter den von Ihnen angege­benen Umständen.

Ich werde mir erlauben, am 19. Juli 1/2 I Uhr bei Ihnen zu sein; aber dabei gibt es eine Schwierigkeit. Ich bin seit 20 Jahren Vegetarier, und obwohl ich nicht dogmatisch veran­lagt bin, kann ich doch nichts vom Fleisch essen, weil ich es

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nach so langer Zeit nicht mehr vertragen kann. Das bitte ich Sie herzlich zu entschuldigen, aber mir zugleich die andre Bitte zu erfüllen, auf mich beim Mittag keine Rücksicht zu nehmen, denn ich bin der Ansicht, daß solche Käuze sich einfach begnügen müssen mit dem, was es dazwischen gibt

[Schluß fehlt]

#TI

648. AN WALTER SCHWAGENSCHEIDT

#TX

Dornach, 18juli 1922

Sehr geehrter Herr!

Vor allem bitte ich Sie viele Male um Entschuldigung we­gen der so verspäteten Rücksendung Ihrer Zeichnungen etc. Ich war in den letzten Monaten viel verreist und mit Arbeit überlastet. Es liegen bei mir z.B. schon seit einem Jahre Bücherkorrekturen, die ich aus Zeitmangel nicht erledigen kann.

Ihre «Raumstadt» interessiert mich ganz außerordent­lich. Mit einer ganzen Reihe von Gesichtspunkten kann ich mich ziemlich restlos einverstanden erklären, z.B. auch mit der Ansicht über Architektur als Raumkunst. Ich habe ja für diesen Grundsatz seit 1913 bei dem Bau des Goethe­anums in Dornach viel kämpfen müssen.

Nur scheint es mir, daß, wenn man allgemein-richtige Grundsätze im Besonderen anwendet, manches sich durch die naturgegebenen Bedingungen modifizieren muß. Ich habe z. B. den Dornacher Bau zuerst für München gedacht. Man hat mich gehetzt, so daß mein Baugedanke - für Mün­chen - zu schnell auf den Dornacher freien Hügel übertra­gen worden ist, und ich die Anpassung an die naturgegebe­nen Bedingungen erst während des Baues vollziehen mußte. Dadurch empfinde ich, was nun entstanden ist, nach vielen Richtungen hin als ein Unvollkommenes.

Nun muß ich Ihnen auch offen gestehen, daß ich mit mei­nem Denken über den Rahmen dessen, was in Dornach entstanden

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ist, oder wenigstens hätte entstehen sollen, hinaus bis zu der Raumordnung der einzelnen Bauobjekte zu Dorf und Stadt eigentlich noch nicht versucht habe, vor­zudringen. Daher fuße ich, indem ich Ihren großangelegten Stadtplan überlege, noch nicht auf einem allzusicheren Urteile.

Es hätte anschließend an das Goetheanum eine kleine Kolonie zustande kommen sollen. Der Krieg hat das ver­hindert. Ich habe, als das Denken darüber noch aktuell war, vor allem an die Architektur des Terrains gedacht und wollte die Einzelbauformen daraus entstehen lassen. Aber später hat dann der eine oder andere sein Hauschen nach seiner Spezialidee und seinen Spezialbedurfnissen gebaut und das gibt naturlich die Scheußlichkeiten die nur ver schwinden konnen wenn Gedanken wie die von Ihnen ge hegten Verbreitung im allgemeinen Bewußtsein finden

Sie werden gerade aus diesem ersehen, daß ich ein Herz für Ihre Idee habe. Doch wie soll der Wille, oder vielmehr wie sollen die Willensatome derjenigen unter einen Hut ge­bracht werden, die bauen wollen oder müssen?

Ihre Ideen der «Wohn-Industrie-Geschäftsstadt» sind gewiß begründet; ebenso die Gartenverteilungen, der schöne Gedanke des Sackgassensystems usw.; aber alles dies muß erst in den sozialen Willen aufgenommen werden. Wer gesehen hat, wie schwer es ist, dies zu erreichen in einem Kreis von Menschen, die wenigstens durch eine ge­meinsame Weltanschauung harmonieren, der sieht auch die Schwierigkeiten, die für die Verwirklichung eines so ausge­zeichneten Grundsatzes bestehen, wie der ist: «Der geistige Inhalt ist das Erste, die materielle Form das Zweite». Der Kampf um diesen Satz mit dem «Bauherrn» ist ja wirklich ein aufreibender. Und ich habe ihn nur in einzelnen Fällen durchzukämpfen gehabt.

Daher scheint mir vorläufig das Allerwichtigste, daß an der Popularisierung von Weltanschauungen gearbeitet werde, die die Grundlagen enthalten, von denen Sie bei Ihren

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Ideen ausgegangen sind. Ich würde es daher mit großer Freude begrüßen, wenn es Ihnen möglich wäre, baldigst diese Ideen zu publizieren.

Ich habe es oft bei der öffentlichen Besprechung von Weltanschauungsfragen vermißt, daß wir keine sachgemäße

Literatur nach der Richtung der Utilitäts-Architektur in Ihrem Sinne haben.

Besten Dank für Ihre Sendung, gegenüber der ich Ihnen nochmals mein weitgehendstes Interesse ausspreche.

In vollster Hochachtung

Rudolf Steiner

#TI

649. AN DIE GESCHWISTER

#TX

Dornach [, 12. November 1924]

Meine liebe Schwester und Bruder!

Vor allen Dingen, meine liebe Schwester, die allerherz­lichsten und allerschönsten Gedanken zu Deinem Namens-tage. Ich werde an dem Tage, trotzdem ich weit von Dir sein muß, viel an Dich denken. Möge es doch auch mit Deiner Gesundheit bald besser gehen.

Gestern war der Graf Polzer da; wir sprachen von Dir. Er nimmt die Medikamente für Dich mit.

Es war in diesem Jahr ein arbeitsreiches Jahr für mich. Viele Reisen mußten gemacht werden. Nach Paris, nach

Holland, nach England. Dazwischen immer die Reisen nach Stuttgart. Dann eine lange Reise nach Breslau.

Oh, meine lieben Geschwister, es ist mir so leid, daß ich Euch solange nicht besuchen kann, doch ich gebe mich der Hoffnung hin, daß dies in nicht allzuferner Zeit wieder wird geschehen können.

Jetzt denke ich nur viel an Euch, meine Lieben, und bin im Geiste bei Euch.

Jetzt nach den Reisen habe ich hier ungeheuer viel mit

#Bild S. 480a

#Bild S. 480b

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dem Neuaufbau des Goetheanums zu tun. Ja, das gibt sehr viel zu tun.

Marie ist, während ich dieses schreibe, auf einer Vor­tragsreise; sie kommt erst in den nächsten Tagen zurück. Deshalb kann sie nicht persönlich ihren Gruß diesem Briefe beifügen. Allein Du kannst sicher sein, sie schickt Dir im Herzen die besten Glückwünsche.

Mit den allerherzlichsten Grüßen und Küssen

Dir und Gustav von Eurem

Rudolf

#TI

650. AN LUDWIG GRAF VON POLZER-HODITZ

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Dornach, Goetheanum, 25. März 1925

Mein lieber Freund Graf Polzer,

es tut mir leid, daß ich nicht, als Sie das letzte Mal bei mir waren, von dem Zustand meiner Schwester zu Ihnen sprach. Ich war ja immer in Gedanken, daß jetzt die Zeit ist, in der so etwas, wie [es] gekommen ist, bei meiner Schwester eintreten muß. Die Sache ist eben bei ihr beson­ders hartnäckig und war daher, was bei minderer Hart­näckigkeit geht, nicht zu bekämpfen.

Ich danke Ihnen ganz herzlich für die liebevolle und energische Art, in der Sie die Sache, in der Eile nötig war, in die Hand genommen haben. Mit der Wahl der Frau Barth, die ich gut kenne, bin ich einverstanden. Für alles, was Sie, mein Lieber, in der Sache noch tun werden, werde ich Ihnen vom tiefsten Herzen dankbar sein. Ich bitte Sie darum, zu tun, was Sie für notwendig halten.

Die Honorierung für Frau Barth ordnen Sie ja wohl; ich bitte mir zu sagen, wann weitere Geldmittel nötig sind.

Herzlichsten Dank für alles ganz

Ihr

Rudolf Steiner

#SE039-482

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651. AN HERRN TRÄXLER

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Dornach, 27. März 1925

Sehr geehrter Herr Träxler!

Recht unglücklich war ich, als ich von dem Augenzu-stand meiner lieben Schwester erfuhr. Leider bin ich selbst so krank, daß ich an ein Hinreisen nicht denken kann. Ich möchte nur nicht, daß meine Schwester durch die Nach­richt von meinem Kranksein beunruhigt werde.

Ich bin Ihnen, sehr geehrter Herr Träxier, so herzlich dankbar, daß Sie sich so liebevoll der Geschwister ange­nommen haben. Ich glaube, daß in Frau Barth, die ich ja gut kenne, eine gute Wahl getroffen ist. Ich lasse die gute Frau herzlich grüßen. Die Entschädigung an Frau Barth wird in ordentlicher Art ja durch meinen Freund, den Gra­fen Polzer, in meinem Auftrage besorgt werden. Ob noch eine Untersuchung des linken Auges angeordnet werden soll, das muß ich Freund Dr. Glas überlassen. Er schreibt mir von dem, was er gefunden hat, nachdem er in Horn war. Ich werde auch an ihn schreiben.

Nochmals Dank und hochachtungsvoll

Dr. Rudolf Steiner

NACHTRAG ZU DEN BRIEFEN

#G039-1985-SE483 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

NACHTRAG ZU DEN BRIEFEN

#TI

74a. AUS EINEM BRIEF MORIZ ZITTERS AN RUDOLF STEINER

#TX

[Hermannstadt, Jahreswechsel 1884/85]

Redaktion der

«Deutschen Lesehalle»

in Hermannstadt

... ersuche ich Sie, mir bis Freitag inklusive (den 2. 1. i885) Ihre Meinung telegraphisch mitzuteilen, d.h. mir nur kurz zu tele­graphieren: «Moriz Zitter Hermannstadt. Zeitung erhalten.» Ich werde dann sofort eine Doppelnummer (Nr.7 und 8) drucken lassen, und bis nächste Woche sind wir im reinen. Ich lege alles vertrauensvoll in Ihre Hand, denn Sie sind ja mein einziger, bester Freund; Sie liebe ich, wie niemanden sonst auf dieser Erde. Ich befinde mich in tränenweicher Stimmung, indem ich das schreibe. Sollten Sie aber meinen, die «D. L.» wäre zu erhalten, so seien Sie dessen gewiß, daß ich energisch für deren Bestand einstehen werde, denn es wäre mir ja eigentlich sehr lieb, das von Ihnen zu hören. Aber ich bitte Sie inständigst, lassen Sie ja nicht Ihre Freundschaft für mich dareinreden in Ihre Entschließung. Wer sich zu solchen Geständnissen überwunden hat, wie ich sie Ihnen jetzt mache, der wird auch einzusehen imstande sein, daß es nütz­lich sei, die «D. L.» eingehen zu lassen, um die Idee einmal gesi­cherter, energischer und begründeter wiederaufzunehmen. Das ist die Frucht meiner Kämpfe: Nun will ich noch meines Seelenrates Urteil hören. Erhalte ich darum bis Freitag kein Telegramm, so warte ich noch bis Sonntag, den 4. Jänner 1885, bis wann Ihre Antwort jedenfalls hier sein kann, und dann werde ich mich nach derselben entschließen; ich bitte Sie aber, Ihr Urteil in einem kur­zen Schlußsatze zusammenzufassen, d.h. am besten Ihr «Ja!» oder «Nein!» auszusprechen. Ich fürchte, Sie sonst mißzuverstehen. Es ist natürlich und selbstverständlich, daß ich alle Folgen selbst tra­gen werde, da ich ja in letzter Reihe Ihren Rat noch in Erwägung ziehe, also mich selbständig entscheide. Ihren Rat aber würde ich ungern entbehren, ja diese Entbehrung würde mich schmerzen . . .

#SE039-484

#TI

74b. AN MORIZ ZITTER

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[Brannam Gebirge, Anfang Januar 188 51

Geliebter Freund!

Mit Ihrem diesmaligen Brief legen Sie, geliebter Freund, mir eine Frage vor, die auch in dem Falle, wenn ihre Beant­wortung bloß einen Rat bedeutet, einen gewissen Grad von Verantwortlichkeit in sich schließt. Jedoch teile ich Ihnen meine Meinung ohne Rückhalt gerne mit. Ich sehe Sie mit der «Deutschen Lesehalle» vor Schwierigkeiten, die Sie nicht überwinden werden können. Ich sehe diese Unüber­windlichkeiten vorzüglich darinnen, daß bei der Gründung in einer ganz ungenügenden Weise vorgegangen worden ist und dann auch in dem Umstande, daß Sie keinen Verleger haben. Bei der Gründung eines solchen Unternehmens hat man zu bedenken, daß vor dem Erscheinen der ersten Nummer die Haupttätigkeit fällt. Ich kenne Zeitungen, von denen ich weiß, daß bevor eine Seite erschienen ist, bereits 20 000 - 30 000 Kr. nur darauf verwendet worden sind, dem Publikum zu sagen: ich werde kommen. Ein vergebli­ches Ringen ist es auch, irgendein literarisches Unterneh­men ohne einen Verleger, der die Arbeit des Vertriebes, auf technische Kenntnisse gestützt, besorgen kann, ins Werk setzen zu wollen. Sie haben, ganz von der Schönheit der Idee eingenommen, frisch darauf losgeschlagen, ohne auf die entgegentretenden Schwierigkeiten Rücksicht zu neh­men. Das sind Überlegungen, die mir den Glauben aufnöti­gen, die «Deutsche Lesehalle» hätte neben ihren inhaltli­chen Schwächen auch gar kein Fundament. Dazu kommt noch ein bedeutsamer Umstand. Selbst unter der Vorausset­zung, diese Schwierigkeiten ließen sich, bei gehöriger Aus­dauer und idealer Selbstaufopferung, wie ich sie bei Ihnen im höchsten Maße für möglich halte, überwinden Lund] Sie gewännen den nötigen Leserkreis - was ich bei dem jetzigen Inhalt aber bezweifle -, so könnten Sie, ohne auswärtige Mitarbeiter zu gewinnen, doch nichts Gutes zustandebrin­gen

#SE039-485

und mit Schwachen ist ja. doch den Sachsen nicht ge­dient. Somit: Folgen Sie dem Beispiel derer, die einen Ver­such gemacht haben und sich dann ruhig gesagt haben: er ist mißlungen. Lassen Sie die jetzige «Deutsche Lesehalle» ruhig entschlafen.* Dann aber rate ich noch Eines. Lassen Sie noch eine kurze Nummer erscheinen als Abschiedsnum­mer mit etwa folgenden Worten an der Spitze: «Zum Ab­schied. Mit tiefem Schmerze müssen wir mit der heutigen Nummer von unseren verehrten Lesern Abschied nehmen. Wer die ideale Höhe unseres Planes zu würdigen weiß, wird auch diesen Schmerz verstehen. Nicht weil wir etwa. von der Vortrefflichkeit der Ideen, die uns zur Gründung dieses Blattes geführt, heute weniger überzeugt sind als vor 2 Mo­naten, auch nicht weil wir an dem endlichen Siege dieser Ideen verzweifeln, sondern einzig und allein, weil uns die äußeren Schwierigkeiten zwingen, müssen wir die Sache vorläufig fallen lassen. Wir bemühten uns Gutes zu bieten, aber gingen, von der Güte unserer Sache verführt, zu rasch an die Ausführung und haben versäumt, dem Unternehmen zuerst die Wege zu ebnen, die es zu wandern hat. Das Miß­lingen von heute bedeutet kein Aufgeben der Sache. Was diesmal unmöglich erschien, wird vielleicht einmal glän­zende Erfolge haben.

Mit der betrübenden Überzeugung, uns waren sie nicht beschieden, nehmen wir hiemit von unseren Lesern Ab­schied und sagen Ihnen herzlichst Dank und Lebewohl.»

Ich komme nun zu dem erwähnten Punkte (oben bei *):

Es ist jetzt notwendig, zu überlegen, ob das Aufgeben der Sache nicht für Sie selbst die übelste Folge haben könne. Ich meine keine rein persönliche üble Folge - die lassen sich ja. schließlich immer wieder auswetzen -, sondern eine sach­liche. Es handelt sich um Beantwortung der Frage: Wird

- - -

* Wenn nämlich nicht ein von mir noch später anzugeben-der Grund dies geradezu unmöglich macht.

#SE039-486

das Publikum die Scharte, die Sie sich damit geschlagen, sobald vergessen oder wird nicht am Ende das Eingehenlassen der «Deutschen Lesehalle» ein nie mehr schwindendes Mißtrauen Ihnen gegenüber in allen Ihren etwaigen literari­schen Unternehmungen begründen? Das> ist, was mir so heiß macht, wenn ich sagen soll: «Ja» oder «Nein», wie Sie strikte verlangen. Ich sagte «Ja» ohne Überwindung, wenn dieser Punkt nicht in Anbetracht gezogen wird. Nehmen Sie also diesen vorläufigen Ratschlag hin und überlegen Sie den letzten Punkt. Ich mache Sie nur noch darauf aufmerk­sam, daß bei dem ersten Unternehmen diese Erwägung doppelt in die Waagschale fällt. Bestimmt kann ich daher nur folgendes sagen: Ich glaube, Sie sollten die übrigen Gründe ganz außer Betracht lassen; Sie sollten einfach als zwingend betrachten, die «Lesehalle» aufzugeben und nur den letzten Punkt noch einmal in Erwägung ziehen. Aber auch in dem Falle, wenn Sie sich durch diese nicht bewogen fühlen sollten, die Sache weiterzuführen, so scheint mir ein Ausweg möglich. Sie gehen von Hermannstadt fort und rechtfertigen das Aufgeben des Blattes mit der Notwendig­keit dieses Fortgehens, das dann in entsprechender Weise motiviert werden könnte.

[Schluß fehlt]

#TI

637a. K. AUGUST MÜLLER AN RUDOLF STEINER

#TX

Basel, 29. Dezember 1917

Sehr geehrter Herr!

Von verschiedenen Seiten bin ich gebeten worden Sie anzufragen, ob Sie geneigt wären, vor der Basler Studentenschaft über das Wesen der Theosophie zu sprechen. Indem ich hiemit diesen Wunsch an Sie richte, gestatte ich mir, ihn etwas genauer zu formulieren. Dem besonderen Bedürfnisse des Studenten kann nur dadurch gedient

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werden, daß ihm, dem kritisch suchenden, in möglichst klarer Weise die Grundsätze des unbekannten Stoffes auseinandergesetzt wer­den. Der prinzipielle Unterschied zu den bestehenden philo­sophischen Systemen sollte deutlich gemacht werden. Nur in der Beschränkung auf die unbedingt wesentlichen Ideen liegt die Mög­lichkeit, in einem einzigen Vortrage dem Studenten einen klaren Begriff vom Wesen der Theosophie und eine Grundlage zu ihrer Beurteilung zu geben.

Es wäre mir sehr erwünscht, wenn der Vortrag schon Anfang Februar stattfinden könnte. Im übrigen halten wir es bei den im Bernoullianum stattfindenden Vorträgen so, daß die Studenten die Karten gratis beziehen können, während das weitere Publikum für die übrigbleibenden Plätze einen Franken bezahlen muß zur Dek­kung der Unkosten.

Ich bitte Sie höflich, mich Ihren Entschluß so bald als möglich wissen zu lassen und zugleich Ihre Wünsche betreffend der Zeit, des Wochentags usw. mir mitzuteilen, damit die Vorbereitungen sorg­fältig getroffen werden können.

Mit vollkommener Hochachtung!

der Präsident [der «Studentenschaft Basel»]

K. Aug. Müller, cand. iur.

Hebelstr. 2

#TI

637b. AN K. AUGUST MÜLLER

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Dornach bei Basel, 19. Januar 1918

Sehr geehrter Herr!

Die vielen Verpflichtungen gegenüber dem Dornacher Bau, die alle Zeit vor meiner unmittelbar bevorstehenden Abreise in Anspruch nahmen, haben die Beantwortung Ihres mich sehr erfreuenden Schreibens vom 29. Dezem­ber 1917 verzögert. Bitte entschuldigen Sie dieses.

Die Notwendigkeit, jetzt nach Deutschland zu reisen, macht es mir denn auch unmöglich, im Augenblick den von

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Ihnen beabsichtigten Vortrag zu übernehmen. Indessen bin ich gerne bereit, Sobald ich wieder in der Schweiz sein kann, Ihnen zu schreiben und Sie dann zu ersuchen, mich den Vortrag halten zu lassen. Ich werde dann die Wege und Ziele der Anthroposophie ganz in der von Ihnen gewünsch­ten Weise auseinanderzusetzen versuchen .

Entschuldigen Sie, daß diese Zusage zunächst etwas Un­bestimmtes ist. Denn zunächst kann ich nicht sagen, wann es die gegenwärtigen Zeitverhältnisse mir wieder möglich machen werden, nach der Schweiz zu kommen.

Hochachtungs voll

Dr. Rudolf Steiner

HINWEISE

#G039-1985-SE489 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

HINWEISE

#TX

Die vorangestellten Zahlen sind die Brief-Nummern

Brief

253. Pauline und Ladislaus Specht: Siehe Hinweis zu Brief 62 und «Mein

Lebensgang», Kap. VI u. XIII.

die lange und einsame Fahrt: Die Fahrt von Wien nach Weimar,

während der sechs Jahre: Rudolf Steiner war vom 10. Juli 1884 bis zum 28. Sept. 1890 als Erzieher im Hause Specht tätig. S. Hinweis zu Brief 62.

Bernhard Suphan: S. Hinweis zu Brief 200 und «Lebensgang«, Kap.XIV.

Über Rudolf Steiners Eintritt in das Goethe- und Schiller-Archiv ist im »Sechsten Jahresbericht der Goethe-Gesellschaft« das Folgende zu lesen (S.12): «Den ständigen Arbeitern hat sich seit dem Herbst 1890 Rudolf Steiner aus Wien zugesellt. Ihm ist (mit Ausnahme der osteologischen Partie) das gesamte Gebiet der «Morphologie» zugeteilt, fünf oder voraussichtlich sechs Bände der «zweiten Abteilung», denen aus dem handschriftlichen Nachlaß ein hochwichtiges Material zufließt.«

Ihre Frau Mutter und Schwester: Über die Mutter ist nichts näher bekannt. Die Schwester heißt Helene Specht (sie heiratete den Bruder von Ladislaus Specht und ist die Mutter von Hans Specht).

Richard und die Buben: Die vier Söhne von Pauline und Ladislaus Specht: Richard, Otto, Arthur und Ernst.

Hans Specht (geb. Wien 1885), der Vetter der Specht-Söhne. Seine Mutter hielt sich, bedingt durch die häufigen Berufsreisen ihres Mannes, der wie Ladislaus Specht im Wollhandel tätig war, viel bei ihrer Schwester Pauline auf, und so wuchs Hans mit den vier Spechtbuben auf und gehörte dadurch mit zur Familie von Pauline und Ladislaus Specht.Siehe die Ausführungen über ihn in der 8. Seminarbesprechung vom 29. August 1919, veröffentlicht in «Erziehungskunst. Seminarbesprechun­gen und Lehrplanvorträge», GA Bibl.-Nr. 295, Domach 1984, S. 92 u. 93; von ihm war auch schon in den Briefen 147 und 195 die Rede.

254. für Ihren ... Brief: Brief vom 9. Oktober 1890.

Komitee» bestehend aus: Gustav von Loeper (Wedderwill, Pommern

1822-1891 Berlin>, Her"sn Grimm (Kassel 1828-1901 Berlin), Erich

Schmidt Jena 1853-1913 Berlin), Bernhard Suphan (Nordhausen

1845-1911 Weimar) und Bernhard Seuffert (Würzburg 1853-1938

Graz).

Gustav von Loeper: Siehe Hinweis zu Brief 18. Herman Grimm: Siehe Hinweis zu Brief 200.

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Erich Schmidt: Siehe Hinwess zu Brief 13.

Bernhard Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Bernhard Seuffert (Orte und Daten siehe oben), Literarhistoriker 1886-1924 Prof. in Graz. Er schrieb: »Maler Müller», Berlin 1877; «Die Legende von der Pfalzgräfin Genoveva», Würzburg 1877; «Der Dichter des Oberon», Prag 1900; »Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe», Berlin, 1904-21, 7 Tle.; »Goethes Theaterroman», Graz 1924 u.a.; er ist der Herausgeber der »Deutschen Literaturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts», Stuttgart 1881-90, der »Deutschen Vierteljahresschrift für Literaturgeschichte», Weimar 1888-93 (6 Bde.) und von «Ch. M. Wielands Sämtlichen Schriften» (historisch-kritische Ausgabe), Berlin 1909 ff. In der Weimarer Ausgahe von Goethes Werken gab er in der 1. Abt., Bd. 19 »Die Leiden des jungen Werther» (1894) heraus.

Enthüllung des Lessingdenkmales: Unter überaus zahlreicher Beteih­gung wurde am 14. Oktober 1890 in Berlin das Lessing-Denkmal enthüllt, bei der Prof. Erich Schmidt die Festrede hielt.

meine Diplomangelegenheit: Die Erwerbung des Doktordiploms. Siehe hierzu die im Hinweis zu Brief 237 erwähnte Arbeit von Dietrich Germann. Die Promotionsangelegenheit ist trotz der Germannschen Arbeit stellenweise noch recht unklar und soll später, nach Einholung und Erschließung weiterer Unterlagen, in den «Beiträgen zur Rudolf Steiner-Gesamtausgabe» ausführlich behandelt worden.

Verwirklichung des Dozentenplanea: Rudolf Steiner wollte sich dann um eine Dozentur für Philosophie an der Universität Jena bemühen.

Sendung von Kürschner: Vesmutlich handelt es sich um die erwartete Geldsendung Prof. Kürschners bzw. des Union-Verlages, von der Pauline Specht in ihrem Brief vom 13. Oktober 1890 wie folgt berichtet:

«Sie haben in Ihren Briefen bis jetzt noch nichts über Ihr Doktordiplom geschrieben. Wie sieht es damit aus? Ich hoffe, daß die verspätete Geldsendung keinen Aufschub verursacht hat. Ich setze voraus, daß Sie nun schon im Besitze des Geldes sind, das man Ihnen Samstag den 11. hier auszahlen wollte. Die geldanweisende Depesche von Kürschner vom 23.9. war fälschlich «Kohlengasse 19» adressiert gewesen und die Leute brauchen so lange, um die richtige Adresse zu finden. Der Mann, dem ich Ihre genaue Adresse gab, versprach sofortige Zusendung.«

Ihre Familie: Siehe Hinweis zu Brief 62.

galomiert. Gebildet nach Galomir, einer Gestalt aus dem Lustspiel «Weh' dem, der lügt» von Franz Griliparzer (die Gestalt eines einfälti gen Menschen).

Hansl: Siehe Hinweis zum vorangehenden Brief.

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255. hiemit: Kein Druckfehler, sondern in Österreich gebräuchliche Form für hiermit.

Karl Grasherger (Obdach, Steiermark 1836-1898 Wien), Redakteur von Wiener Zeitungen, Kunstkritiker, Freund Roseggers; Lyriker und Er­zähler, steirischer Mundartdichter.

Cafei Griensteidl: Siehe Hinweis zu Brief 113.

mein dritter Goetheband: Der dritte Band von Goethes »Naturwissen­schaftlichen Schriften« in der Ausgabe von Kürschner erschien 1890, der vierte Band hingegen, verzögert durch die Arbeit an der Weimarer oder Sophien-Ausgabe, erst im Jahre 1897 (siehe das Schema am Schluß des Bandes).

Das «Märchen Uber Goethes Marchen von der «Grunen Schlange und der schonen Lilie« siehe «Lebensgang Kap XII

eine «Goethe Philosophie Diese «Goethe Philosophie erschien 1897

unter dem Titel Goethes Weltanschauung» (GA Bibl Nr 6) Siehe

auch Brief 311

»Das Leben des Menschen. . . . «Spruche in Prosa«, in Goethes «Natur wissenschafthchen Schriften«, 4. Bd., 2. Abt., S. 444, in freier Wiederga be; wörtlich: »Das Leben, so gemein es aussieht, so leicht es sich mit dem Gewöhnlichen, Alltäglichen zu befriedigen scheint, hegt und pflegt doch immer gewisse höhere Forderungen im Stillen fort und sieht sich nach Mitteln um» sie zu befriedigen.«

Bhagavadgita: «Der Gesang des Erhabenen«, Lehrgedicht im 6. Buch des großen indischen Volksepos «Mahabharata», Verfasser unbekannt, entstanden etwa im 2. Jahrhundert n. Chr.; gehört zu den meistgelesen­sten Schriften der Hindus aller religiösen Richtungen. Siehe auch die beiden Vortragszyklen Rudolf Steiners: »Die Bhagavad Gita und die Paulus . « (GA Bibl.-Nr. 142) und »Die olakulten Grundlagen der Bhagavad Gita« (GA Bibl.-Nr. 146).

256. in Ihrem geschätzten Brief: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Das «Märchen»: Siehe Hinweis zum vorangehenden Brief.

Ein Blatt in Goethes Nachlaß: Von Goethe vermutlich 1795 zusammen­gestellte Tabelle mit drei Auslegungen (Goethe?, Schiller, Charlotte von Kalb), am 24.6.1816 von ihm mit der Bemerkung versehen: «Das «Märchen«, welches die «Unterhaltungen der Ausgewanderten» schloß, ladet zu Deutungen ein, indem es Bilder, Ideen und Begriffe durcheinan­derschlingt. Zur Zeit seiner Erscheinung versuchten sich mehrere Freun­de daran. Drei solcher Auslegungen, wovon die letzte einem Frauenzim­mer gehört, habe ich in nachstehender Tabelle zu erhalten gesucht.» (Abgedruckt in Theodor Friedrich, «Goethes Märchen. Mit einer Ein­führung und einer Stoffsammlung zur Geschichte und Nachgeschichte

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des «Märchens», Leipzig o. J., S. 162 f.). Die Tabelle wurde von Rudolf Steiner am Ende seines Vortrags vom 27. November 1891 im «Wiener Goethe-Verein»: «Über das Geheimnis in Goethes Rätselmärchen in «Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten»« mitgeteilt. Siehe das Refe­rat K.J. Schröers in «Rudolf Steiner / Veröffentlichungen aus dem Ftühwerk», Heft XV, S. 18 (Dornach 1942) bzw. Bd. III (Dornach 1944)» S. 118.

meine Jenenser Plane: Siehe Hinweis zu Brief 254.

Eduard von Hartmann: Siehe Hinweis zu Brief 64.

Besorgung der «Sonderlinge»: Siehe Hinweis zu Brief 252

Frau Mayreder: Siehe Hinweis zu Brief 228.

Kürschners Sendung: Siehe Hinweis zu Brief 254.

257. Cornelius Nepos (geb. um 90 v.Chr., starb 29 oder 28 unter Augustus), römischer Historiker, mit Cicero, Atticus und Catullus befreundet; er schrieb: «Annales» (Bruchstücke vorhanden), «Chronica«», «Exempla» in 5 Büchern, «De viris illustribus» in ca. 16 Büchern und «De historicis latinis».

Artur Foges (Prag 1868-1919 Wien) übernahm als Medizinstudent die «Hofmeister»-Stelle in der Familie Specht nach Rudolf Steiners Weg­gang. Er wurde später Dozent für Geburtshilfe an der Universität Wien und Primarius am dortigen Rudolfinerhaus und starb an Erschöpfung aus »rückhaltloser Selbstaufopferung» (Felix Salten). In einem Brief vom 6. Februar 1891 schrieb Arthur Foges an Rudolf Steiner u.a.: «Jetzt erst, wo wir voneinander getrennt sind, wird es mir ganz bewußt, wie nahe Sie mir gestanden und welche Fülle geistiger Anregung ich dem Verkehre mit Ihnen verdanke.« Rudolf Steiner lernte Arthur Foges bei dem gemeinsamen Aufenthalt in Unterach am Attersee (siehe Hinweis zu Brief 147) im August 1890 näher kennen.

Nelli: Nelly Schwarz, Tochter der Hermine Schwarz, geb. Brüll, einer Schwester des Wiener Musikers Ignaz Brüll. Über Ignaz Brüll siehe »Lebensgang«, Kap. XIII, und Hinweis zu Brief 322.

Risä: Risa Strisower« Tochter von Bernhard Strisower und dessen

Ehefrau Friederike Strisower, geb. Brüll, einer weiteren Schwester Ignaz

Brülls.

die Geschwister derselhen: Nelly Schwarz hatte noch zwei jüngere Schwestern.

meinen Brief an Otto: Ist nicht erhalten.

258. Rosa Mayreder: Siehe Hinweis zu Brief 228.

das weitere Schicksal Ihrer von mir so geschätzten Arbeiten: Rudolf Steiner suchte nach einem Verleger für diese Arbeiten.

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Ihre beiden liehen Briefe: Nur der Brief vom 3. Oktober 1890 ist erhalten.

Haus Lang: Das Haus des Wiener Rechtsgelehrten Edmund Lang

(1860-1918) und der Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Marie Lang

(1858-1934). Siehe «Lebensgaug», Kap. IX und Hinweis zu Brief 228.

Waidhofen: Waidhofen a.d. Ybbs, Niederösterreich. «Märchen»: Siehe Hinweis zu Brief 255.

Ihre Lange-Studien: Diese Studien betreffen Friedrich Albert Lange, «Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart», 2 Bde., Iserlohn 1866; 2. verbess. u. endgültige Fassung

1873-75.

Friedrich Albert Lange (Wald bei Solingen 1828 1875 Marburg) Philn soph und Nationalokonom 1852 55 Gymnasiallehrer in Koln 1858 in Duisburg Sekretar der Handelskammer Buchhandler und Redakteur 1866 in Winterthur dann in Zurich 1870 ordentl Professor der Philo-sophie daselbst seit 1872 in Marburg Sein Hauptwerk Geschichte des Materialismus» war eine der meistgelesenen philosophischen Abhand lungen des 19 Jahrhunderts

Gisela von Arnim (Berlin 1827-1889 Florenz), die jüngste Tochter

Bettina von Arnims. Mit dem «Traum» ist - nach den Worten der

Dichterin - ihr Drama «Alt Schoulaud», o. O. 1889, gemeint.

Herman Grimm: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Was macht Eck: Damit ist Friedrich Eckstein gemeint; siehe Hinweis i u Brief 169.

Familienfest: Die Hochzeit der Schwester Friedrich Ecksteins.

259. «Sonderlinge»: Siehe Hinweis zu Brief 252.

Aquarell: Rosa Mayreder war auch bedeutend als Malerin.

Lino: Karl Mayreder; siehe Hinweis zu Brief 228.

im zweiten Bande der «Geschichte des Materialismus»: Der zweite Band des Langeschen Werkes (siehe Hinweis zum vorangehenden Brief) behandelt die «Geschichte des Materialismus seit Kant«.

Ihre energische Verurteilung des Materialismus: Siehe den vorangehen­den Brief.

Paul Bourget (Amiens 1852-1935 Paris), französischer Erzähler.

Guy de Maupassant (Schloß Miromesnil, Seine-Inférieure 18501893 Passy bei Paris), französischer Erzähler.

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Profrssor Sfaudigl: RudolfStaudigl (Wien 1838-1891 ebd.), Professor für

Darstellende Geometrie au der k.k. Technischen Hochschule in Wien

Nach Staudigls Tod (22. Februar 1891) wurde Karl Mayreder, der

dazumal Honorardozent an der Wiener Architektenschule war, und Dr.

R. Schüßler mit der Supplierung der Vorlesungen an der Lehekanzel für

Darstellende Geometrie der Technischen Hochschule in Wien betraut.

Der mächtige Eck: Friedrich Eckstein. Siehe Brief 169.

Photographie Mariens: Marie Lang; siehe die Hinweise zu Brief 228 und

258.

Bellevue: Siehe Hinweis zu Brief 247.

260. Friedrich Eckstein: Siehe Hinweis zu Brief 169.

261. Joseph Kürschner: Siehe Hinweis zu Brief 14.

In meinen Einleitungen: In den Einleitungen zu Goethes «Naturwisssen­schaftlichen Schriften» in der Kürschnerschen »Deutschen National-Literatur».

die Einleitung zum dritten Bande: Der dritte Band von Goethes «Natur­wsssenschaftlichen Schriften» bringt die «Beiträge zur Optik», den «Entwurf einer Farbenlehre» und die «Enthüllung der Theorie New­tons«. Darauf beziehen sich die Kap. XV und XVI der Einleitungen Rudolf Steiners (in GA Bibl.-Nr. 1, Dornach 1987, S. 252-301).

Den 4. Band: Der 4. Band erschien, verzögert durch die Arbeit an der Weimarer oder Sophien-Ausgabe, erst 1897 (siehe das Schema am Schluß des Bandes).

einen Aufsatz.. ., der auf meinen 3. und 4. Band hinweist: Ein solcher Aufsatz konnte bis heute nicht aufgefunden werden; es muß bezweifelt werden, daß er geschrieben wurde.

262. Ihre beiden lieben Briefe: Von den beiden Briefen ist nur der unter Nr

260 abgedruckte Brief erhalten.

die Gedichte aus dem West-Östlichen Divan: Aus dem Gedichtzyklus von Johann Wolfgang von Goethe, erschienen 1819, erweitert 1827.

«Salz und Wasser kühlt ... »,: Aus Goethes Ballade «Die Braut von Korinth».

des Märchens von der Schlange: Damit ist Goethes Märchen von der «Grünen Schlange und der schönen Lilie« gemeint.

Salzbund: Bezeichnung eines festen, dauernden Bundes, nach 2 Chron

13,5.

263. «Deutsche Dichtung», Berliner belletristisch-literarische Halbmonats schrift (1886-1904).

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264. für Ihren so erfreulichen Brief: Siehe Brief 261.

265. Sie haben mir über Ihre lieben Kinder sehr gute Mitteilungen gemacht! Im Brief vom 13. Oktober 1890.

zähle ich dies jedenfalls zu meinen besten Leistungen: «Sie haben durch Ihr Können und Wollen mir ein geliebtes Kind zu geistigem Leben erweckt und wenn er nun einem ihn und mich befriedigendem Beruf entgegengeht, sogar schon heute selbständig entgegengeht, so ist dies Ihr Werk und ich danke Ihnen von ganzem Herzen dafür.» (Pauline Specht in ihrem Brief vom 13. Oktober 1890)

Jene böse Geschichte mit der «Kohlen gasse» statt der «Kolin gasse»: Siehe Hinweis zu Brief 254 (Sendung von Kürschner).

nach dem für mein Erscheinen bestimmten Tage! Offensichtlich hatte Rudolf Steiner schon im November 1890 einen Termin bekommen, um sich bei seinem Doktorvater Heinrich von Stein bzw. bei Dekan Prof. Falckenberg in Rostock zu vorfühlenden Verhandlungen einzufinden. Diesen Termin konnte er aber durch die im Brief geschilderten widrigen Umstände nicht einhalten. Zu der bezeichneten Reise kommt es erst vom 1.-3. Mai 1891.


Studien für meine «Ästhetik«. Die Arbeit an der « Asthetik«, die auch noch in späteren Briefen erwähnt wird, ist nicht bis zur Buchform gelangt. Der einzige aus dieser Zeit (1890/91) erhaltene Teil dieses Werkes dürfte die Abhandlung »Über das Komische und seinen Zusam­menhang mit Kunst und Leben» sein (wiederabgedruckt in «Kunst und Kunsterkenntnis. Grundlagen einer neuen Ästhetik», GA Bibl.-Nr. 271).

«Goethe-Philosophie»: Siehe Hinweis zu Brief 255.

Großherzogin: Wilhelmine Marie Luise Sophie von Sachsen-Weimar (1824-1897), Tochter des Königs Wilhelin 11.der Niederlande; durch ihr wohltätiges und gemeinnütziges Wirken bekannt und von den Enkeln Goethes zur Erbin des Goetheschen Familienarchivs ernannt, stiftete sie das Goethe-Archiv, das unter ihrem Protektorat zum Goethe- und Schiller-Archiv wurde.

Suphan: Siehe Brief 254 und den Hinweis zu Brief 200.

RudolfSchmidt (1836-1899), dänischer Dichter. Siehe über ihn »Lebens­gang», Kap. XXI.

266. die beiden Gedichte: Dem Brief Richard Spechts vom 16. November

1890 lagen die beiden Gedichte bei, die hier folgen:

Endlich !

Meines Liedes Ton hat dich getroffen,

Und in tiefster Seele dich bewegt,

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Und Erinn'rung an getiiuschts Hoffen

Und getäuschtes Sehnen wachgeregt.

Deine blassen Lippen sah ich beben,

Und die Brust in leisem Weh sich heben,

Tränentrüb des Auges Sonnenlicht; -

Doch - mein Lied, mein Lied, es reut mich nicht

Denn ich sah zum erstenmal den Schimmer

Eines Fühlens, tief und recht und wahr,

Und zum erstenmale Tränenflimmer

Feuchten deine Augen wunderbar.

Ja, auch du kannst innig warm empfinden,

Mächtig lieben, mächtig überwinden!

Laß dein Weh verzittern und vergehn!

Endlich hab ich dir ins Herz gesehn! !

Wir beide

Sind wir denn wirklich Menschen erdgeboren,

Zu Menschenglück und Menschenweh erkoren?

Ich sah so fremd dem farbgen Treiben zu,

Und fühle mich allein, - allein wie du.

Mir ist's, als käme ich aus andrer Welt,

Von einem Stern, der einst in Nacht zerschellt.

Wenn Schmerz und Weh in meine Brust sich senken,

Dann muß ich deiner, tote Welt, gedenken.

Dann schwingt im Traum die Seele sich empor

Zu seiner Heimat, die ich längst verlor.

Zu jener Heimat, licht und eisnachtklar,

Zu jener Heimat, die auch dich gebar . . .

Auch dich, auch dich! Denn du entsprangst dem Licht,

Die dunkle Erde ist dir Heimat nicht.

Drum haben wir uns ja so bald verstanden,

Weil sich im Aetherraum die Seelen fanden,

Weil uns das gleiche Heimweh tief bewegt,

Weil gleiche Sehnsucht unsre Brust gehegt,

Weil gleiche Träume seltsam uns umschweben,

Die keinem, keinem außer uns gegeben.

Meine «Ästhetik»: Siehe Hinweis zu Brief 265.

«Märchen»-Exegese: Siehe hierzu «Lebentgang», Kap. XII.

Johann Gottlieb Fichte (Ramt'nenau, Oberlautitz 1762-1814 Berlin); siehe über ihn auch die Ausführungen im Kap. »Das Zeitalter Kants und Goethes« in »Die Rätsel der Philosophie» (GA Bibl.-Nr. 18, Dornach 1985, S. 176-188) und den Vortrag «Fichtes Geist mitten unter uns» in «Aus dem mitteleuropäischen Geistesleben» (GA Bibl.-Nr. 65).

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«Denn das Leben ist Liebe . . .»: In »Die Anweisung zt"'n seligen Leben» (1806), am Anfang der «Ersten Vorlesung».

Die komische Oper »Der Barbier von Bagdad» von Peter Cornelius

(Mainz 1824-1874 ebd.) wurde 1858 von Liszt in Weimar ohne Erfolg

uraufgeführt. Sie fiel den Intrigen gegen den Wagner-Liszt-Kreis zum

Opfer, was Liszt veranlaßte, 1861 Weimar zu verlassen.

Anna Haverland (Berlin 1851-1908 Blasewitz bei Dresden), Schauspie­lerin. Ihre besten Rollen waren Antigone, Iphigenie, Sappho und Medea, Maria Stuart, Isabella («Braut von Messina«) und Phädra.

Ihr Gedicht: In seinem Brief vom 10. Dezember 1890 schreibt Richard Specht an Rudolf Steiner: «Das Gedicht «Wie damals«, das Sie verlangen, bekommen Sie in einigen Tagen gedruckt, mit dem neuen Hefte der «Modernen Dichtung«.« Die «Moderne Dichtung« ist eine «Monats­schrift für Literatur und Kritik«, die von E.M. Kafka im Verlag R.M. Rohrer, Brünn, herausgegeben wurde; sie ist das älteste Organ der österreichischen «Moderne« und erschien ab 1. Januar 1890. Der zweite Jahrgang erschien in Wien mit dem geänderten Titel «Moderne Rund­schau. Halbmonattschrift für Literatur und Kritik«. Mit dem 12. Heft (15. November) 1891 endete die Zeitschrift.

von Wagner vorgetragen: Es handelt sich wahrscheinlich um Carl Wagner (geb. Wien 1865), 1888-1891 Schauspieler am Burgtheater, dann in Hamburg, jugendlicher Held und Liebhaber.

Ludwig Speidel (Ulm 1830-1906 Wien), Schriftsteller und Theaterltriti­ker, seit 1872 an der «Neuen Freien Presse«, schrieb ein Werk über «Das Wiener Burgtheater». Rudolf Steiner schreibt über ihn in seinem Aufsatz «Zur Burgtheater-Krisis« (1890) (siehe »Gesam'nelte Aufsätze zur Dra­maturgie 18891900«, GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1%O, S. 28): «Speidels Einfluß auf die maßgebenden Kreise des Butgtheaters ist groß, und auf sein Wort wird gehört. Wir wissen nicht, wodurch dieser Kritiker einen solchen Einfluß gewonnen hat. Es Itlingt das für die hiesigen Ohren geradezu ketzerisch, aber es muß doch einmal gesagt werden: Speidels Ruf ist ein großenteils gemachter. Er schreibt so, wie das einem gewissen Teile des Wiener Publikums gefällt, geistreichelnd, witzig, aber er ist ohne alle Gründlichkeit; er hat weder Kunstprinzipien, noch einen geläuterten, gefestigten Geschmack. Man bewundert den Stil Ludwig Speidels. Im Grunde ist das aber doch nur ein etwas besserer Zeitungsatil, der oft die Wahrheit dreht und wendet, ,am einen Absatz mit einer witzigen Wendung abzuschließen; das gefällt dann, und man frägt nicht weiter, ob das Behauptete auch wahr ist . . »

»Die Ehre», Schauspiel in vier Akten (Berlin 1890) von Hermann Sudermann, wurde in Wien zum ersten Mal am 19. Oktober 1890 im «Theater an der Wien« aufgeführt. Siehe auch den Aufsatz «Bildung und Überbildung» in «Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 18891900«, GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 190 ff.

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Alfred Freiherr von Berger (Wien 1853-1912 ebd.), Dr. jur. et phil., Dozent für Philosophie an der Wiener Universität, später Professor für Ästhetik. Vom 1. November 1887 bis 3. Januar 1890 war er artistischer Sekretär am Burgtheater (seit 1889 verheiratet mit der Burgschauspielerin Stella Hohenfels), 1900 Theaterdirektor in Hamburg und von 1910 bis zu seinem Tod Direktor des Wiener Burgtheaters. 1890 gab er «Drarnaturgi­sche Vorträge» heraus. Von großem psychologischen Interesse ist seine Novelle «Hofrat Eysenhardt» (Wien 1911), die den Selbstmord des gefürchteten Staatsanwalts Holzer betrifft und auf die Rudolf Steiner in dem Berliner Vortrag vom 14. Dezember 1915 (in «Schicksalsbildung und Leben nach desn Tode«, GA Bibl.-Nr. 157a, 5. Vortrag) hinweist.

Bergers Vortrag: Dieser Vortrag, gehalten am 14. November 1890 im

Saale des Wiener Ingenieur- und Architekten-Vereines, behandelte

Ibsens Schauspiel «Die Gespenster«.

«Danae»: Eine Dichtung Richard Spechts, über die den Herausgebern nichts Näheres bekannt ist.

«Der veraandelte König»: Siehe Hinweis zu Brief 270.

daß mir nun auch Eck geschrieben hat: Dieser Brief ist nicht erhalten. Der Brief 262 ist aber darnit nicht gemeint. Rudolf Steiner dankt ja im Brief 269 für zwei erhaltene Briefe und der hier in Rede stehende Brief ist vermutlich der nach dem Brief 262 geschriebene.

Hansel: Siehe Hinweis zu Brief 253.

Brülls Schwarz' Strisowers usw.: »Mannigfache Anregung bot ihm [Rudolf Steiner] schon der Kreis, in dem er lebte. Es waren Menschen, deren Interessen nicht bloß dem Geschäft, sondern auch dem Wissen, der Kunst, der Kultur zugewandt waren, denen es selbstverständliche Pflicht schien, Begabungen zu pflegen, junge Talente zu unterstützen, Meister-leistungen zu bewundern. Vor allem Begeistetung für Musik einte die Familien Specht, Schwarz, Strisower, Brüll (später im Sommer auch räumlich einander nahe auf dem schönen «Berghof> bei Unterach am Attersee), bei denen Brahms und Goldmark als Hausfreunde verkehrten . . .» (zitiert nach Hermine Schwarz, «Ignaz Brüll und sein Freundes­kreis. Mit einem Vorwort von Felix SaIten», Wien 1922).

Felix Biedermann (Wien 1870-l928 ebd.), Schriftsteller, schrieb unter dem Pseudonym Felix Dörmann, erregte durch seine Gedichte «Neuro­tica«, Dresden 1891, und «Sensationen«, Wien 1892, Aufsehen, schrieb ferner die Komödie «Ledige Leute«, Leipzig 1898, die Rudolf Steiner kurz besprochen hat (siehe «Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900«, GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S.244 f.), das Versdrania »Der Herr von Abadessa«, Wien 1902, und andere Bühnenstücke, auch Novellen.

Fräulein Herzfeld: Siehe Hinweis zu Brief 141

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Christel: Siehe Hinweis zu Brief 145.

Karl Maria Heidt (Genf l866-190l Wien), Finanzsekretär und Lyriker.

Schrieb «Das Buch Kassandra«, Großenhain 1887 (Sonette); «Zwei

Seelen«, Großenhain 1889; «Gedichte«, Großenhain 1897 und das

Schauspiel «Die Blutrache«, Großenhain 1885.

Joseph Kitir (Aspang am Wechsel, Niederösterreich 1867-1923 Wien), Lyriker. Schrieb «Ausgewählte Gedichte«, Wien 1889; «Leben und Stimmung«, Leipzig 1891; «Blätter der Freundschaft«>, 1892; «Die Weihe des Alltags«, 1894; «Lyrische Radierungen««, Wien 1898; «Phönix«, 1910; «Im lyrischen Spiegel», Wien 1914; «Das neue Reich, eine Zeit­dichtung», Wien 1914; «Aldebaran», 1915, und «Mond am Tag», Wien 1920. Siehe über ihn «Lebenagang«, VII. Kapitel.

von den furchtbaren Geschichten, die die Zeitungen über das Wiener Burgtheater bringen: «Zur Burgtheater-Krisis>« hatte Rudolf Steiner bereits in den Wiener «Nationalen Blättern» geschrieben; wiederabge­druckt in «Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 18891900», GA Bibl.-Nr. 29, Domach 1960, S. 27 ff.

267. Professor Kürschner: Siehe Hinweis zu Brief 14.

Und nun zur Beantwortung Ihres lieben Briefes: Des Briefes vom 22./26. Oktober 1890 (Brief 259).

Emil Du Bois-Reymond: Siehe Hinweis zu Brief 17.

wenn wir erst wüßten, wie die Materie denkt . Siehe hierzu Emil Du Bois-Reymond «Über die Grenzen des Naturerkennens», Vortrag, gehalten in der 2. allgem. Sitzung der 45. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte zu Leipzig am 14. August 1872, und «Die sieben Welträtsel«, Vortrag, gehalten in der öffentl. Sitzung der Königli­chen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zur Feier des Leihnizischen Jahrestages am 8.Juli 1880.

Lange: Siehe die Hinweise zu Brief 258.

Demokrit (uns 460 - um 371 v. Chr.), griechischer Philosoph; siehe

Rudolf Steiner, «Die Rätsel der Philosophie«, GA Bibl.-Nr. 18, Dornach

1985, S. 61/62.

Dietrich Baron von Holbach (Edesheim, Pfalz 1723-1789 Paris), franzö­sischer Philosoph deutscher Abstammung; sein 1770 erschienenes Hauptwerk «Le Systéme de la nature» wurde zum Hauptwerk des Materialismus. Siehe über ihn «Die Rätsel der Philosophie», S. 355/356.

byperkasuistisch: Übertriebene Genauigkeit, Haarspalterei.

268. Karl Julius Schröer: Siehe Hinweis zu Brief 1.

Goethes Vater: Johann Kaspar Goethe (Frankfurt a. M. 1710-1782 ebd.),

Dr. jur. und Kaiserlicher Rat in Frankfurt a. M.

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die Briefitellen aus den bereits erschienenen Bänden der Briefaus gabe:

Wiedergabe aus dem damals in Vorbereitung befindlichen «Register zu Band I-VII» der Briefausgabe. Der 7. Band der 5obändigen Ausgabe von «Goethes Briefen« - diese Ausgabe bildet die IV. Abteilung der sog. Weimarer oder Sophien-Ausgabe von Goethes Werken - erschien 1891 und enthält besagtes Register auf den Seiten 383-478.

Aufiatz für die «Chronik»: «Gedanken zu dem handschriftlichen Nach-lasse Goethes» (1. Teil, 2. Teil nicht erschienen), in «Chronik des Wiener Goethe-Vereins», 5. Bd., 6. Jahrg., Nr.2v. 13. Febr. 1891; wiederabge-druckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie. Gesammelte Aufsätze 1884-1901», GA Bibl.-Nr. 30, S. 302 ff.

der Goethe-Papst (Prof Suphan): Siehe Hinweis zu Brief 200.

Ich arbeite intensiv an dem ersten Bande der morphologischen Schriften:

«Goethes Naturwissenschaftliche Schriften, 6. Band: Zur Morphologie 1. Teil». Dieser Band erschien 1891. - «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften» sind in 13 Bänden erschienen und bilden zusammen die II. Abteilung der sog. Weimarer Ausgabe oder Sophien-Ausgabe. Der Herausgeber der Bände zur Farbenlehre (1.-5. Bd.) ist Salomon Kali­scher. Rudolf Steiner ist der Herausgeber des 6., 7. und 9.-12. Bandes (6.-8. Bd.: »Zur Morphologie I.-III. Teil»; 9. u. 10. Bd.: «Zur Naturwis­senschaft überhaupt. Mineralogie und Geologie I. und II. Teil»; 11. u. 12.

Bd.: »Zur Naturwissenschaft. Allgemeine Naturlehre I. und II. Teil»). Herausgeber des 8. Bandes ist Karl von Bardeleben, der bei Herstellung des Textes und der Lesarten durch Rudolf Steiner unterstützt wurde. Der erst 1904 erschienene 13. Band ist ein Supplement zu Band 6-12; der Herausgeber ist Max Morris.

ein von Goethe berrührendes Schema für die Anordnung der morphologi­schen Sachen: Siehe hierzu den «Entwurf einer Morphologie» (Weimarer Ausgabe, II. Abt., Bd. 6, S. 321), die Notizen zum morphologischen Gesamtwerk (Bd. 13, S. 3 u. 4) und »Allgemeines Schema zur ganzen Abhandlung der Morphologie» (Bd. 6, S. 319).

»Hier aber werden wir vor allen Dingen bekennen . . . »: Siehe Goethes «Naturwissenschaftliche Schriften» (Kürschner-Ausgabe), herausgege­ben von Rudolf Steiner, 4. Bd., 2. Abt., S. 426.

«wir leben in einer Zeit . . »: Wie oben S. 425 f.

In unserem Verhalten zur Natur unterscheidet Goethe vier Arten von

Menschen: In «Vorarbeiten zu einer Physiologie der Pflanzen», wie oben

S. 563. Siehe auch «Lebensgang», IX. Kap. und den nachfolgenden Brief

an Friedrich Eckstein.

Ihre Karte: Diese Karte ist nicht erhalten.

Vortrag im Goethe-Verein: Siehe Hinweis zu Brief 303 (zwei Vorträge).

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Exz[ellenz] v. Loeper: Siehe Hinweis zu Brief 18. die Großberzogin: Siehe Hinweis zu Brief 265.

269. Ihre beiden Briefe: Von beiden Briefen ist nur der unter Nr. 262 abgedruckte vom 3. November 1890 erhalten.

Johann Heinrich Jung, genannt Stilling (Grund, Westfalen 1740-1817 Karlsruhe), pietistisch-mystischer Schriftsteller; schrieb unter dem Na­men Heinrich Stilling «Das Heimweh», Marburg 1794-96, 4 Bde., «Der Schlüssel zum Heimweh», Marburg 1796, u. a.

einige Aussprüche Goethes: Diese finden sich in seinen »Naturwissen­schaftlichen Schriften» (Kürschner-Ausgabe), herausgegeben von Ru­dolf Steiner, 4. Bd., 2. Abt., S. 425, 434, 563 (zu letzterem Ausspruch siehe auch »Lebensgang», IX. Kap.). Bei der Einteilung der Menschen in vier verschiedene Arten hat Rudolf Steiner unter 3., besonders aber unter 4. den Goetheschen Wortlaut (siehe Kürschner-Ausgabe, Bd. IV, 2, S.

563) entweder aus dem Gedächtnis wiedergegeben oder Eckstein ver­deutlichen bzw. dessen innerer Haltung anpassen wollen.

Atheismusstreit: Fichte war 1798 im Zusammenhang mit einem Aufsatz

seines Schülers Forberg des Atheismus beschuldigt worden und lehnte «ahnungslos, wie gut man diesseits in Weimar für ihn gesinnt sei» (Goethe), jedes Entgegenkommen ab, so daß er 1799 Jena verlassen mußte. Goethes persönliche Haltung gegenüber Fichte blieb davon unberührt.

Erasmus Frandsd, «Gegen-Stral der Morgenröte . wider das . . .

Irrlicht der Absonderung von den Kirchen und den Sacramenten... und

Schein-Sätze heutiger Böhmisten...», Nürnberg MDCLXXXV (1685).

Georg Rudolif Widman, »Warhafftige Historie von den grewlichen und abschewlichen Sünden und Lastern...: So D. Johannes Faustus . . . hat getrieben», Hamburg 1599, 3 Teile (abgedruckt in Scheibles Kloster, Stuttgart 1846, Bd. II, S. 273-804).

«Die Nacht scheint tiefer . . . »: Goethe, «Faust II», S. Akt, Verse 11 49911 500 in der Szene Mitternacht .

mit Hamanns Worten In «Johann Georg Hamanns Schriften und Briefe in vier Teilen zu leichterem Verstandnis im Zusammenhange seines Lebens erlautert und herausgegeben von Moritz Petri» Hannover 1872-74 D Zitat findet sich im 4 Bd 5 474 in einem Brief an 5 M Courtan geb Toussaint in Konigsberg vom 24 November 1787 Dort heißt es wordich «Je mehr die Nacht meines Lebens zunittimt, desto heller wird der Morgenstern im Herzen . . .»

»Wiederfinden»: Der üblicherweise gedruckte Text des Gedichtes «Wie­derfinden» lautet:

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Ist es möglich! Stern der Sterne,

Dtück ich wieder dich ans Herz!

Ach, was ist die Nacht der Ferne

Für ein Abgrund, für ein Schmerz!

Ja, du bist es, meiner Freuden

Süßer, lieber Widerpart;

Eingedenk vergangner Leiden,

Schaudr ich vor der Gegenwart.

Als die Welt im tiefsten Grunde

Lag an Gottes ewger Brust,

Ordnet' er die erste Stunde

Mit erhabner Schöpfungslust,

Und er sprach das Wort: Es werde!

Da erklang ein schmerzlich Ach!

Als das All mit Machtgebärde

In die Wirklichkeiten brach.

Auf tat sich das Licht: so trennte

Scheu sich Finsternis von ihm,

Und sogleich die Elemente

Scheidend auseinanderfliehn.

Rasch, in wilden, wüsten Träumen

Jedes nach der Weite rang,

Starr, in ungemessnen Räumen,

Ohne Sehnsucht, ohne Klang.

Stumm war alles, still und öde,

Einsam Gott zum erstenmal!

Da erschuf er Morgenröte,

Die erbarmte sich der Qual;

Sie entwickelte dem Trüben

Ein erklingend Farbenspiel,

Und nun konnte wieder lieben,

Was erst auseinanderfiel.

Und mit eiligem Bestreben

Sucht sich, was sich angehört;

Und zu ungemessnem Leben

Ist Gefühl und Blick gekehrt.

Seis Ergreifen, sei es Raffen,

Wenn es nur sich faßt und hält!

Allah braucht nicht mehr zu schaffen,

Wir erschaffen seine Welt.

So, mit morgenroten Flügeln,

Riß es mich an deinen Mund,

Und die Nacht mit tausend Siegeln

Kräftigt sternenhell den Bund.

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Beide sind wir auf der Erde

Musterhaft in Freud und Qual,

Und ein zweites Wort: Es werde!

Trennt uns nicht zum zweitenmal.

Deutungen

Goethes Tagebuch vom 13. Mai 1780: Siehe Goethes Werke (Sophien­Ausgabe), III. Abt., I. Bd. (Weimar 1887), S. 117.

Goethes Tagebuch vom 24. November 1807: Siehe wie oben III. Abt., 3. Bd. (Weimar 1889), S. 299.

Goethes Tagebuch vom 25. November 1807: Siehe wie oben III. Abt., 3. Bd., S. 300.

Gothaischer Band: Es handelt sich um den Band aus der Herzoglichen Bibliothek Gotha: «ARTIS AURIFERAE QUAM CHIMIAM VO­CANT, Volumen primum: quod enntinet turbam philosophorum alios­que antiquiss. autores. Volumen secundum: quod continet Morieni Romani scripta de re metallica, atque de occulta summaque antiquorum medicina. Bernard. Trev. responsionem ad Thomam de Bononia de Mineralibus etc. Librum de arte chimia. Scalam Philosophorum. Ludum puerorum. Rosarium. Arnaldi Rosarium c. figuris, novum lumen etc. Rogi Bachi Angli de mirabili potestate artis et naturae, Basileae, Anno Sal. MDXCIII (1593)». - Goethe hat also am 25. Nov. in Vol. II erst den letzten Autor (Bacon) und dann »die andern vorgedruckten alchymisti­sehen Sachen« gelesen. Aus Vol. H las er am Tage vorher (24. Nov. 1807).

Roger Bacon (Ilchester, um 1214 - um 1294 Oxford), englischer Schola­stiker, Mönch.

Goethes Tagebuch vom 17. Mai 1808: Siehe Goethes Werke (Sophien­Ausgabe), III. Abt., 3. Bd. (Weimar 1889), S. 336.

»Leben und Wissenschaft, esoterisches exoterisches« schreibt Goethe in sein Tagebuch am 2. November 1811: Siehe wie oben III. Abt., 4. Bd. (Weimar 1891), S. 241.

Erklärung der Stelle in der «Braut von Korsnth» Siehe Brief 262.

270. Peter Carl Rudolf Schmidt (Kopenhagen 1836-1899 Frederiksborg/ Kopenhagen) danischer Dichter Rudolf Steiner schreibt uber ihn im «Lebrusgang», XXI Kap »So waren damals wirklich die Verhaltnisse in Weimar noch in der Art daß die Seelen die an andern Orten sich wenig befriedigt fuhlten sich da einfanden So war es mit denen, die dauernd da ein Heim bauten, so aber auch mit solchen, die immer wieder gerne zum Besuch kamen. Man fühlte vielen an: Weimarische Besuche sind ihnen etwas anderes als solche an anderen Orten. - Ich habe das ganz besonders empfunden bei dem dänischen Dichter Rudolf Schmidt. Er kam zuerst zu

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der Aufführung seines Dramas >Der verwandelte König>. Schon bei diesem Besuche wurde ich mit ihm bekannt. Dann aber stellte er sich bei vielen Gelegenheiten ein, bei denen Weimar auswärtige Besucher sah. Der schöngebaute Mann mit dem wallenden Lockenkopf war oft unter diesen Besuchern. Die Art, wie man in Weimar >ist>, hatte etwas Anziehendes für seine Seele. Er war eine Persönlichkeit von schärfster Prägung. In der Philosophie war er ein Anhänger Rasmus Nielsens... Ich gewann schließlich Rudolf Schmidt im tiefsten Herzen lieb; ich freute mich der Tage, an denen er nach Weimar kam. Es war interessant, ihn reden zu hören von seiner nordischen Heimat, und zu sehen, welch bedeutende Fähigkeiten in ihm gerade aus dem Grundquell nordischen Empfindens erwachsen waren.»

für Ihren lieben Brief Für den Brief vom 26. November 1890.

Der «vierbeinige Goethe», an anderer Stelle wieder »Bajer« genannt, war ein kleiner Hund, an dem Rudolf Schmidt mit einer etwas schrullenhaf­ten Neigung hing, auf die Rudolf Steiner aber in seiner liebenswürdigen Art einging.

Ihr » Veraandelter König»: Rudolf Schmidts Schauspiel «Der verwan­delte König» (deutsch von Hermann Varnhagen, Erlangen 1889) war zuerst 1876 in Kopenhagen und im Herbst 1890 in Weimar mit Erfolg aufgeführt worden. Der Verfasser war nach Weimar gekommen, um der Erstaufführung seines Stückes beizuwohnen. Bei dieser Gelegenheit lernte er Rudolf Steiner kennen. Nach Weimar wurde das Schauspiel im gleichen Jahr noch in Dresden aufgeführt.

Rasmus Nielsen (Roerslev bei Middelfart, Fänen 1809-1884 Kopenha­gen), dänischer Philosoph. Seit 1841 Professor der Philosophie in Kopenhagen, zuerst Hegelianer, schloß er sich heim Auftreten Kierke­gaards diesem an; schrieb: »Grundideernes Logik«, 1864-66, 2 Bde., «Religionsphilosophie«, 1869, und »Natur og Aand», 1873.

Reinhold Köhler (Weimar 1830-1892 ebd.), Literarhistoriker, Ober-bibliothekar an der großherzoglichen Bibliothek in Weimar. Bedeutend als Erforscher von Märchen und der erzählenden Dichtung des Mittel­alters. Hauptwerke: «Über die europäischen Volksmärchen«, 1865; «Aufsätze über Märchen und Volkslieder«, 1894; »Alte Bergmannslie-der», 1858; «Kleine Schriften«, 3 Bde., 1898-1900. Er zog sich durch einen Sturz von der Leiter (am 11. Oktober 1890) einen Oberschenkel-bruch zu, als er für Rudolf Steiner ein Buch heraussuchte. An den Folgen dieses Unfalls starb er (siehe «Lebensgang», Kap. XIV).

In der Familie von Mila und Otto Bock in Weimar verkehrte Rudolf

Steiner freundschaftlich. Bock war Ziegelei-Ingenieur; er schrieb: »Die

Ziegelei als landwirtschaftliches und selbständiges Gewerbe», Leipzig

1893 (für dieses Buch leistete ihm Rudolf Steiner wesentliche Hilfe!).

Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

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Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Einakter: Der «Einakter» von Rudolf Schmidt ist ein kleines Stück «Unter dem Schreckensregiment», das gegen Ende 1890 im Daamarthea­ter in Kopenhagten aufgeführt wurde.

Rosenbergs Abhandlung: Die Abhandlung des dänischen Schriftstellers P.A. Rosenberg war in der Zeitschrift «Litteratur og Kritik» enthalten.

271. Ihre lieben Zeilen: Vom 21. Dezember 1890

Kapitel über Naturalismus und Kunst: Siehe Hinweis zu Brief 265.

sein Stück: Bei dem «Stück» Richard Spechts handelt es sich vermutlich um die dramatische Dichtung «Sündentraum», die erst 1892 im Druck erschien.

das Gedicht, das in der «Modernen Dichtung» gedruckt war: Siehe Hinweis zu Brief 266.

Hansl: Siehe Hinweis zu Brief 253.

Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

272. Arthur Specht: Siehe Hinweis zu Brief 62.

273. Rudolf Schmidt: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Bajer: Siehe Hinweis zu Brief 270 (Der «vierbeinige Goethe»).

Einakter: Siehe Hinweis zu Brief 270.

für die Zusendung Ihres «Grundtvig» . . Rudolf Schmidt, «Grundivig uiid die deutsche Orthodoxie», Kopenhagen 1883.

Bock: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Nielsen: Siehe Hinweis zu Brief 270. Ein Aufsatz Rudolf Steiners über Rasmus Nielsen ist nicht bekannt.

»Grundideen der Logik»: Rasmus Nielsens Hauptwerk. Siehe auch Hinweis zu Brief 270.

Rasmus Nielsen, «Folkelige Foredrag«, Kopenhagen 1875.

Der »Engel» und der «Konig« sind Gestalten in Rudolf Schmidts Schauspiel »Der verwandelte König» (siehe Hinweis zu Brief 270).

Fräulein Jenicke: Hildegard Obrist-Jenicke (geb. 1856 in Öttern bei Weimar) Hofschauspielerin und später Ehrenmitglied des Großherzogl. Hoftheaters in Weimar. Durch Hofschauspielerin Luise Hettstedt, Weimar, für die Bühne ausgebildet, kam sie nach mehrjähriger Tätigkeit an den Bühnen zu Sondershausen, Magdeburg und Straßburg 1878 als erste Heroine und Liebhaberin an das Hoftheater Weimar, das sie trotz

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lebenslänglichen Kontraktes bei ihrer Verheiratung 1893 verließ; sie heiratete den kgl. württ. Holkapellmeister Dr. phil. Aloys Obrist.

Paul Wiecke (Elberfeld 1864-1944 Dresden), Schauspieler, kam 1895 über Weimar, wo er seit 1885 wirkte, als Heldenspieler an das Hof-(Staats-)Theater in Dresden und ging 1927 zum dortigen Alberttheater über, war seit 1928 Spielleiter an der Komödie. Siehe über ihn «Lebens-gang«, Kap. XIX.

274. Walter Febr (Wien 1862-1928), Pianist und Versicherungsmathematiker, später bei der »Österreichischen Bundesbahn« tätig; Jugendfreund Ru­dolf Steiners (siehe «Lebensgang«, Beginn des VII. Kapitels). Durch ihn wurde Rudolf Steiner in das Fehrsche Haus eingeführt. Siehe auch Hinweis zu Brief 146.

Deinen werten Schwestern FrL Johanna und Gundi: Johanna Fehr (1858-1927) und Radegunde Fehr (1868-1903).

Willy und Günther: Wilhelm Fehr (1873-1940) und Günther Fchr (1877-1947), Walter Fehrs Brüder.

Constant: Konstantin Bukowsky (1857-1902), war verlobt mit Johanna Fehr, die er am 10. April 1894 heiratete.

Eraerbung des Diploms: Damit ist die beabsichtigte Erwerbung des Doktordiploms an der Universität Rostock gemeint.

275. daß ich über eine schon verbrachte pädagogische Wirksamkeit irgendei­nen Schein beibringe: Zur Vorlige beim Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock.

daß ich... am 27. Februar 1861 geboren hin: Siehe dazu «Rudolf Steiner über seine Kindheit. Ein autobiographisches Dokument», in »Beiträge zur Rudolf Steiner-Gesamtausgabe» Nr.49/50, Ostern 1975, S. 4 ff.

Großherzog: Karl A leza n der August Johann von Sachsen-Weimar (Weimar 1818-1901 ebd.), folgte seinem Vater Karl Friedrich 1853 in der Regierung, die er in liberalem Geiste führte. Er nahm regen Anteil an Wissenschaft und Kunst, besonders an den bildenden Künsten, ließ unter anderem die Wartburg restaurieren und gründete in Weimar das Goethe-Museum, das Museum und die Kunstschule. Politisch förderte er die Einigung Deutschlands. Seit 8. Oktober 1842 war er mit Sophie Luise, Prinzessin der Niederlande (siehe oben), vermählt.

Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

276. Kürschner schreibt mir: Dieser Brief iat nicht erhalten.

ihre novellistischen Skizzen: Vergleiche hierzu auch die Briefe 258 und

267.

Ihres lieben letzten Briefes: Vom 21. Dezember 1890.

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das Befinden Ihres lieben Gemahls: Vergleiche dazu den Schluß des Briefes 267.

Robert Hamerling, «Hesperische Früchte. Verse und Prosa aus dem modernen Italien», Teschen 1884.

277. Rudolf Schmidt: Siehe Hinweis zu Brief 270.

meine Rasmus-Nielsen-Studien: Siehe die Hinweise zu den Briefen 270 und 273.

die beiden Nummern der »Weimarischen Zeitung»: Die Nummern mit den Berichten über die Dresdner Aufführungen. Siehe auch die Briefe 270 und 273.

Köhler: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Die Gebrüder Krause und Frau Mechler sind nicht festzustellen.

Julius Hoffory (Aarhus, Jütland 1855-1897 Berlin), Skandinavist, stu­dierte in Kopenhagen, Berlin und Straßburg, habilitierte sich 1883 in Berlin und wurde 1887 zum a.o. Professor befördert. Seine ersten Schriften waren grammatischen und phonetischen Studien gewidmet. Später wandte er sich literarhistorischen und mythologischen Studien zu (»Eddastudien», Berlin 1889). Zugleich war er bemüht, die moderne skandinavische Dichtung, besonders Ibsen, in Deutschland einzubür-gern. Diesem Zwecke diente die von ihm begründete »Nor4ische Bibliothek» (eine Sammlung nordischer Dichtungen in deutschen Uber­setzungen, Berlin 1889-91, 17 Bde.), für die er selbst Ibsens «Frau vom Meere» und E. Brandes' «Besuch» beisteuerte.

Bajer: Siehe Hinweis zu Brief 270 (Der «vierbeinige Goethe«).

Dr. von der Hellen: Siehe Hinweis zu Brief 200.

278. Ihres lieben Briefes: Dieser Brief ist vorhanden, aber nicht datiert.

Formey: Alfred Formey; siehe Hinweis zu Brief 154.

den ersten von mir hier zu bearbeitenden Band: Siehe Hinweis zu Brief

268.

Bei den zwei Aufsätzen handelt es sich wahrscheinlich um a) «Über den

Gewinn unserer Anschauungen von Goethes Naturwissenschaftlichen

Arbeiten durch die Publikationen des Goethe-Archivs», im »Goethe-

Jahrbuch» 1891, S. 190 ff. und b) «Gedanken zu dem handschriftlichen

Nachlasse Goethes (1 . Teil)» (2. Teil nicht erschienen), in «Chronik des

Wiener . 5 Bd 6 Jahrg., Nr. 2vom 13. Febr. 1891. Die

beiden Aufsätze sind wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen

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der Anthroposophie. Gesammelte Aufsätze 1884-1901», GA Bibl.-Nr. 30, S. 265 ff. und 302 ff.

dem dritte>i Bande meiner Goethe-Werke: Dem 3. Bande von Goethes «Naturwissenschaftlichen Schriften« in der Kürschner-Ausgabe, der die Farbenlehre behandelt.

mein vierter Kürschner-Band: Der 4. Band der Kürschner-Ausgabe, die Geschichte der Farbenlehre betreffend.

Teatimonium morum: Das im Brief 275 erbetene Zeugnis. sein Stück: Seine Dichtang «Danae».

Hansels reizendes Briefehei: War dem Brief von Frau Specht vorange-stellt.

Serenissimus: Großherzog Karl Alexander von Sachsen-Weimar.

279. den dritten Band meiner Goethe-Ausgabe: Siehe Hinweis zu Brief 278.

Separatabzug eines Aufsatzes: Siehe Hinweis zu Brief 278.

meinen ersten Band: In der Weimarer Ausgabe oder Sophien-Ausgabe Siehe Hinweis zu Brief 268.

Redaktoren: Siehe hierzu Brief 254.

Rostocker Reise: Im Zusammenhang mit der Erwerbung des Doktor-

Diploms an der Universität Rostock. Diese Reise fand erst vom 1-3. Mai

1891 statt. Siehe Brief 287.

Karl Rifvy war mit K. J. Schröers Tochter Ida verheiratet. mein Archivfteund Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

280. Abhandlung über Ihre Lehre: «Eduard von Hartmann. Seine Lehre und seine Bedeutung«; veröffentlicht in der Wiener Monatsschrift «Deutsche Worte«, XI. Jahrg. 1891, i. Heft, S. 22ff.; wiederabgedruckt in «Metho­dische Grundlagen der Anthroposophie. Gesammelte Aufsätze 1884-1901», GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 288 ff.

die Art> wie Sie . . . namentlich die in meinem zweiten Goethebande gegebene Auseinandersetzung der Grundgedanken Ihrer Philosophie beurteilten: Dieser Brief ist nicht erhalten.

die ersten sechzig Seiten Ihrer »Philosophie des Schönen»: Das Kapitel «Der ästhetische Schein und seine Ingredienzien» in Eduard von Hart­mann, «Philosophie des Schönen», Leipzig 1887 (= Eduard von Hart-manns Ausgewählte Werke, 2. Ausg., Bd. W: Ästhetik, Zweiter systema­tischer Teil).

Ihre Ausführungen über die Formen des Scheins und die einzelnen Künste: Die weiteren Kapitel des obigen Bandes: «Die Konkretionsstu­fen

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des Schönen«, «Die Gegensätze des Schönen», «Die Modifikationen des Schönen« etc.

den dritten Band meiner Goetbearbeit: Betrifft den 3. Band von Goethes «Naturwissenschaftlichen Schriften» in der Kürschner-Ausgabe.

Ich lege einen kleinen Aufiatz bei: «Gedanken zu dem handschriftlichen Nachlasse Goethes (1. Teil)«, in «Chronik des Wiener Goethe-Vereins», 5. Bd., 6. Jahrg., Nr.2 vom 13. Febr. 1891; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie . . .«, S. 302 ff.

Ihre neueste Schrsft über den Spiritismus: Eduard von Hartmann, «Die Geisterhypothese des Spiritismus und seine Phantome«, Leipzig 1891.

281. Ihren lieben Brief' Brief vom 10. März 1891.

Ihre Voraussetzung in bezug auf ihre Schrsften: Rosa Mayreder schreibt in Ihrem Brief: ... . Lieber, verehrter Freund, wenn die Antwort Kürschners ungünstig für mich ausgefallen sein sollte, so fürchten Sie nicht, ich bitte Sie inständig, mir durch eine solche Mitteilung einen schweren Schlag zu bereiten. Ich bin durch mein vieljähriges Hinwarten so zäh in diesem Punkte geworden, daß ich durch nichts, durch nichts in der Welt eingeschüchtert oder abgeschreckt werden könnte. Es ist wahr, Ihre Anerkennung war eine große Seligkeit für mich, sie hat mich neu belebt - aber auch wenn Sie ein anderer gewesen wären und Ihr Urteil anders gelautet hätte, ich hätte in meiner Dunkelheit wie ein Maulwurf fortgewühlt, unbeirrt und ungebeugt. Nein, fürchten Sie sich nicht, mir eventuell üble Nachrichten mitzubringen, wenn Sie nun nach Wien kommen - Sie bringen ja sich selbst mit! . . .» Siehe auch die Briefe 258, 267 und 276.

Daß ich gerade dazu berufen bin> spricht auch Eduard von Hartm£nn in einem Schreiben aus: Dieser Brief ist nicht erhalten.

des ersten Bandes der Weimarer Goethe-Ausgabe: Des 6. Bandes von «Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften« in der Weimarer Ausgabe. Siehe auch Hinweis zu Brief 268.

282. Ein Schreiben Ihrer verehrten Frau Schwester: Helene Spechts Brief vom

13. März 1891.

der erste von mir in Weimar zu bearbeitende Band: Der 6. Band von «Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» in der Weimarer Ausgabe.

Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

sein Stück: Siehe Hinweis zu Brief 271.

Otto Steinwender (Klagenfurt 1847-1921), österreichischer Gymnasial­professor und Politiker, seit 1885 Reichsratsabgeordneter, gehörte der deutsch-nationalen Partei an, betätigte sich stark im «Deutschen Schul­verein».

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Carneri: Siehe Hinweis zu Brief 12.

ästhetisches Kapitel: Siehe Hinweis zu Brief 265.

283. Erbgroßherzog: Karl August von Sachsen-Weimar (1844-1894), war vermählt mit Prinzessin Pauline von Sachsen-Weimar (Stuttgart 1852-1904 auf der Eisenbahnfahrt von Rom nach Venedig), Tochter des Prinzen Hermann.

Großherzogin: Sophie Luise von Sachsen-Weimar, die Mutter von Karl

August von Sachsen-Weimar. Siehe auch die Hinweise zu den Briefen

193 und 265.

das mystische Element, in dem ich eine Zeitlang in Wien . . . geschwom men habe: Darüber vergleiche man die Darstellung im IX. Kapitel des «Lebensganges».

Robert Hamerling, eigentlich Rupert Hammerling (Kirchberg am Wal­de, Niederösterreich 1830-1889 im Stiftinghaus bei Graz), österreichi­scher Dichter, Gymnasiallehrer in Wien, Graz und Triest, lebte im Ruhestand in Graz, war ein naher Jugendfreund Anton Bruckners; von der späteren Freundschaft mit Peter Rosegger zeugen dessen 1893 in Wien erschienenen «Persönlichen Erinnerungen an Robert Hamerling» und ein in Roseggers «Heimgarten» veröffentlichter Briefwechsel. Ha­merlings «Stationen meiner Lebenspilgerschaft», Hamburg 1889, gehört zu den besten selbitbiographischen Darstellungen in deutscher Sprache. Siehe über ihn auch die Ausführungen Rudolf Steiners in «Vom Men­schenrätsel»,, GA Bibl.-Nr. 20 und im «Lebensgang», VIII. Kap. und besonders den Berliner Vortrag vom 26. April 1914: «Robert Hamerling, ein Dichter und ein Denker und ein Mensch» in GA Bibl.-Nr. 154, sowie die Schilderung seines Lebens und Werkes durch Anton Schlossar in der »Allgemeinen Deutschen Biographie», 49. Bd., Leipzig 1914.

»Die Atomistik des Willens. Beiträge zur Kritik der modernen Erkennt­nis», 2 Bde., Hamburg 1891.

284. Karl Julius Schröer: Siehe Hinweis zu Brief 1

285. Großherzogin: Siehe die Hinweise zu den Briefen 193 und 275.

«Moderne Rundschau»: Siehe Hinweis zu Brief 266 (Ihr Gedicht).

Ihr Gedicht »Endlich»: Siehe die Wiedergabe in den Hinweisen zu Brief

266.

Rezension von Bergers Gedichten: Alfred Freiherr von Berger, »Gesam­melte Gedichte», vermehrte Neuausgabe Stuttgart 1891.

August Strindherg (Stockholm 1849-1912 ebd.), «Aln offenen Meer»,

Roman, Stockholm 1890; «Fräulein Julie«, Einakter, Stockholm 1888;

»Der Vater», Drama, Helsingborg 1887.

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«Die Moderne»> Halbmonatsschrift für Kunst, Literatur, Wissenschaft und soziales Leben; Herausgeber Leo Berg, Redaktion J. G. Sallis. Verlag Ringer & Sohn, Berlin. Von der Zeitschrift ist nur ein Jahrgang erschie­nen - der Jahrgang 1891 mit insgesamt 580 Seiten.

Devrientsche Faustbearbeitung: Otto Devrient (Berlin 1838-1894 Stet­tin), Schauspieler, ging 1873 an das Weimarer Hoftheater und inszenierte dort 1876 beide Teile des «Faust» als «Mysterium in zwei Tagewerken»; siehe hierzu: «Goethes Faust. Für die Aufführung als Mysterium in zwei Tagewerken eingerichtet von O. Devrient. Musik von Ed. Lassen», Karlsruhe 1877 (u. 1881), XLII u. 288 S.

Alwine Wiecke-Halberstedt (geb. Hannover 1869), seit 1889 Schauspie­lerin am Weimarer Hoftheater, später in Berlin am Deutschen und Schiller-Theater, betätigte sich als Vortragskünstlerin. Rudolf Steiner schrieb über ihre Darstellung als Gretchen unter dem Titel «Frau Wiecke-Halberstedt als Gretchen» eine Besprechung, die sich hand­schriftlich unter den Nachlaßpapieren von Frau Wiecke-Halberstedt fand; diese Besprechung wurde erstmals in «Briefe II 1892-1902«, Dornach 1953, S. 315 ff. abgedruckt und wird künftig in den Band »Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900», GA Bibl.-Nr. 29, aufgenommen.

Ibsen-Festlichkeiten: Bei der ersten Aufführung seines Dramas »Die Kronprätendenten» im Burgtheater am 11. April 1891 war Ibsen selbst anwesend. »Die >Moderne Dichtung> war 1891 nach Wien übersiedelt und ihre Herausgeber Kafka, Dr. Joachim und Dr. Julius Kulka veran­stalteten am 11. April 1891 nach der ersten Aufführung der >Kronpräten­denten> das Bankett zu Ehren Ibsens, bei dem der Dichter zwischen Max Burckhard und Richard Voss saß, Reimers ein Gedicht Dörmanns sprach, die Pospischil eins von [Richard] Specht, Jakob Minor die Fest­rede hielt und Pernerstorfer auf Ibsen als Politiker toastierte. >Ein Glück> nannte Ibsen diesen Abend, >als etwas Schönes, Helles, Freudiges> empfand er ihn. Bei dieser Gelegenheit ist Jung-Wien zum erstenmal vor die Öffentlichkeit getreten.» (Hermann Bahr)

Jakob Minor (Wien 1855-1912 ebd.) Literarhistoriker; 1882 Professor an der Accademia scientifico letteraria in Mailand 1884 a 0 Professor der deutschen Sprache und Literatur an der Universitat Prag folgte 1885 einem Ruf an die Universitat Wien wo er 1888 zum ordentl Professor ernannt wurde er schrieb u a Die Schicksalstragodie in ihren Haupt vertretern Frankfurt 1883 Die deutsche Literatur in Wien und Niederosterreich (im 1 Bd des Sammelwerks Die osterreichisch ungarische Monarchie in Wort und Bild« Wien 1886) «Schiller Sein Leben und seine Werke , 2 Bde., Berlin 1890, Goethes Faust. Entste hungsgeschichte und Erklärung», 2 Bde., Stuttgart 1901 und gab auch Werke von Friedrich und A.W. Schlegel, Arnim, Brentano, Tieck etc. sowie mehrere Bände in Kürschners «Deutscher National-Literatur» heraus.

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die Kaiserin: Auguste Viktoria (Dotzig 1858-1921 Haus Doorn, Nieder-lande), deutsche Kaiserin und Königin von Preussen, Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg; 1881 verheiratet mit dem späteren Kaiser Wilhelm II. förderte sie besonders karitative und kirchliche Bestrebungen sowie die Vetwundetenfürsorge im 1 . Welt­krieg.

Karlvon Bardeleben (Gießen 1849-l9l8 Jena), Anatom, gab den 8. Band der »Naturwissenschaftlichen Schriften» Goethes in der Sophien-Ausga­be (Zur Osteologie und Anatomie) heraus. Er schreibt dazu im «Goethe-Jahrbuch 1894», S. 317 u.a.: »Die Herausgabe von Band 8 wurde dem Unterzeichneten nur durch die stetige Mitwirkung des Goethe- und Schiller-Archivs, zumal seines Direktors Suphan und Rudolf Steiners, welcher in dankenswerter Weise die >Lesarten> besorgte und auch sonst mit Rat und Tat half, ermöglicht.»

er ist ja der Entdecker des sechsten und siebenten Fingers bei den Säugetieren und dem Menschen: Karl von Bardeleben arbeitete über dic Persistenz von rudimentären Fingern oder Strahlen an beiden Rändern von Hand und Fuß der höheren Tiere und des Menschen.

Speidel: Siehe Hinweis zu Brief 266. In dem Aufsatz «Wiener Theater 1892-1898» (Besprechung von Hermann Bahrs Schrift »Wiener Theater

1892-1898», Wien 1899) führt Rudolf Steiner über Speidel das Folgende aus: «Ludwig Speidel ist der Vertreter einer durchaus veralteten ästheti­schen Auffassung. Den Forderungen, die uns die moderne Weltanschau­ung in den Sinn legt, steht er ganz fremd gegenüber. Veteran der Gedanken, die in der Zeit Gustav Freytags tonangebend waren, ist er. Kritiken, wie er sie heute schreibt, könnten auch um die Mitte unseres Jahrhunderts geschrieben worden sein. Seiner Ideenrichtung schwebt eine Kunst vor, die einem abstrakten Schönheitsideal nachjagt.» (»Dra­maturgische Blätter», 2. Jahrg., Nr. 15 v. 15. April 1899, Sp. 113; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900«, GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 169).

Speidels Feuilleton über die «Kronprätendenten»: Ludwig Speidels

Feuilleton in der Wiener «Neuen Freien Presse», Nr.9571 v. 19. April

1891, S. 1 f.

Max Burckhard (Korneu burg, Niederösterreich 1854-1912 Wien), Schriftsteller, Privatdozent für Privatrecht in Wien, dann Beamter im Kultusministerium, 1890-98 Direktor des Burgtheaters, ab 1898 Rat des Verwaltungsgerichtshofes. Er schrieb: «System des österreichischen Privatrechts», 3 Bde., Wien 1883-89; «Leitfaden der Verfassungskunde der österreichischen Monarchie», Wien 1893; «Ästhetik und Sozialwis­senschaft», Stuttgart 1895; »Das Recht des Schauspielers», Stuttgart 1896. Von poetischen Werken veröffentlichte er zuerst das romantische «Lied vom Tannbäuser», Leipzig 1885, dann den Roman «Simon Thums«, Stuttgart 1897, die Komödie «Die Bürgermeisterwahl», Wien

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1898, und das Volksstück «,s Katherl», Wien 1898, denen später weitere Romane, Komödien, Essays und Aufsätze folgten. Siehe Rudolf Steiner, «Max Burckhard«, «Das Magazin für Literatur», 67. Jahrg., Nr.8 v. 26. Febr. 1898; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Dramatur­gie», GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 70 ff.

einen bösen Artikel von Kulka: Julius Kulka, «Die Wiener Theater-Clique«, in der Halbmonatsschrift »Moderne Rundschau», III. Bd., 1 . Heft v. 1. April 1891, S. 31 ff.

286. Nielsens Schriften: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Festlichkeiten: Die Festlichkeiten in Weimar fanden statt als Hundert­jahrfeier des Weimarischen Hoftheaters, wozu Rudolf Schmidt vom Großherzog eingeladen war.

Ihres neuen Stückes: Das neue Stück Rudolf Schmidts «Erlöst» (ins Deutsche übertragen von Hermann Varnhagen) ist deshalb von besonde­rem Interesse, weil der Dichter für die Hauptperson Rudolf Steiner als Modell verwendet hat, und zwar unter dem Namen Bruno Steiner. Er hatte die Idee des Stücks lange in sich getragen, als er nach der Rückkehr von Weimar die Niederschrift begann, und so stark lebten die Eindrücke von der Reise in ihm, daß er außer dem Namen Rudolf Steiners auch andere Weimarer Namen verwendet hat« (Hohlenberg).

Ihre Beiträge zur Goetheforschung: Rudolf Schmidt, «Riemer og Ecker­mann, Goethes to Hjälpere», 1890.

»Der veraandelte König»: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Reinhold Köhler: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Bock: Siehe Hinweis zu Brief 270.

287. das achttägige Theaterfest: Siehe den vorangehenden Brief.

Reise nach Rostock: Im Zusammenhang mit der Erwerbung des Doktor-diploms.

Dissertation: «Die Grundfrage der Erkenntnistheorie mit besonderer Rücksicht auf Fichtes Wissenschaftslehre. Prolegomena zur Verständi­gung des philosophierenden Bewußtseins mit sich selbst.»

aufJena gesetzte Hoffnungen: Rudolf Steiner bemühte sich damals um eine Dozentur für Philosophie an der Universität Jena, für die das Doktordiplom Voraussetzung war. Wie diese Bemühungen im einzelnen verlaufen sind, konnte bis jetzt wegen des Fehlens der entsprechenden Unterlagen trotz der Arbeit von Dietrich Germann »Die Promotion Rudolf Steiners in Rostock am 26. X. 1891 und seine Bemühungen um die Venis legendi für Philosophie an der Universität Jena (1890/91)« nicht genügend aufgeklärt werden.

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Eines der Kapitel in der «Atomistik des Willens« von Robert Hamerling:

Es handelt sich um das Kapitel «Analyse und Synthese« des 1 . Bandes der

«Atomistik des Willens» (Hamburg 1891). Dort wird auf Seite 63 Rudolf

Steiners Schrift »Die Grundlinien einer Erkenntnistheorie der

Goetheschen Weltanschauung . . .» mit «Steiner, Erkenntnislehre

Goethes» zitiert.

ein Pfarrer aus Württemberg: Max Christlieh (Wiblingen, Württemberg 1862-1916 Berlin), Pfarrer, zuerst im württembergischen, dann im badischen Kirchenamt, ging 1892 für einige Jahre als Dozent an die theologische Akademie nach Tokio, trat später aus dem Kirchendienst aus und übersetzte viele Werke von Ralph Waldo Trine und Werke von Orison Swett Marden ins Deutsche. Siehe über ihn die Ausführungen im «Lebensgang«, Schluß des XX. Kapitels.

Herder-Apostel Suphan: Bernhard Suphan ist der Herausgeber einer 32bändigen Ausgabe der Werke Herders (Berlin 1877-1899).

288. Ibsen-Nachrichten: Im Brief vom 27. April 1891. Siehe auch Hinweis zu Brief 285.

Felix Dörmann: Pseudonym für Felix Biedermann; siehe Hinweis zu Brief 266.

Conrad Alberti (Breslau 1862-1918 Berlin), Kritiker, Roman- und Bühnendichter, gab 1891 die Schrift «Natur und Kunst. Beiträge zur Untersuchung ihres gegenseitigen Verhaltnisses» heraus. Siehe die Be­sprechung Rudolf Steiners in dem Aufsatz «Auch ein Kapitel zur >Kritik der Modeine>«, in «Literarischer Merkur«, XI. Jahrg., Nr.30 v. 25. Juli 1891; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposo­phie 1884-1901. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwissen-schaft, Ästhetik und Seelenkunde«, GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 495 ff.

Paul Schlenther (Insterburg 1854-1916 Berlin), Schriftsteller und Thea. terleiter, trat für moderne Bestrebungen, vor allem für Ibsen und Gerhart Hauptmann, ein; 1898-1910 Direktor des Wiener Burgtheaters. Siehe den Aufsatz «Die Direktion Schlenther« in «Dramaturgische Blätter« (Berlin und Weimar), 2. Jahrg., Nr.3v. 21. Jan. 1899; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900«. GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 158 ff.

Gunlöd: Oper von Peter Cornelius, ergänzt und instrumentiert von C. Hoffnauer, von E. Lassen uminstrumentiert und 1890 in Weimar aufgeführt.

Adolf Ritter von Sonnenthal (Pest 1834-1909 Prag), Schauspieler, seit 1856 am Wiener Burgtheater als jugendlicher Held, dann als Bonvivant und in Heldenrollen, schließlich Charakterdarsteller und Heldenvater, seit 1884 Oberregisseur.

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Frau Wiecke-Halberstedt: Siehe Hinweis zu Brief 285.

Ernst von Wildenbruch (Beirut 1845-1909 Berlin), Dramatiker und Erzähler; seine vaterländischen Geschichtsdramen wurden seinerzeit viel gespielt.

Paul Heyse, «Die schliminen Brüder», Schauspiel, München 1891. Siehe hierzu den Aufsatz »Theaterskandal» in »Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900», GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 157.

delle Grazie: Siehe Hinweis zu Brief 77.

Burckhard: Siehe Hinweis zu Brief 285.

Joseph Freiherr von Bezecny (Tabor, Böhmen 1829-1904 Wien), war 1885-1897 Generalintendant der kaiserlichen Hoftheater.

Meinen Goetheband: Betrifft den 3. Band von Goethes «Naturwissen­schaftlichen Schriften« in der Kürschner-Ausgabe.

«Moderne Dichtung»: Siehe Hinweis zu Brief 266 (Ihr Gedicht).

289. Ihre Briefe: Vom 26. März, 22. April und 10. Mai 1891.

Ein württembergischer Pfarrer: Siehe Hinweis zu Brief 287.

die Vorrede zu meinem dritten Goethebande: Im 3; Band von Goethes «Naturwissenschaftlichen Schriften« in der Kürschner-Ausgabe.

Beendigung meines Bandes: Des i. Bandes der morphologischen Schrif­ten in der Sophien-Ausgabe. Siehe auch den Hinweis zu Brief 268.

mein vierter Band: Der 4. Band von Goethes «Naturwissenschaftichen Schriften» .

290. Oberhof- Höhenkurort im Thüringer Wald.

291. Helene Richter (Wien 1861-1943 Theresienstadt (im KZ)), Anglistin und

Theaterhistorikerin, übersetzte Shelleys «Entfesselten Prometheus«,

Stuttgart 1887, und schrieb «P. B. Shelley«, Weimar 1898; «William

Blake«, Straßburg 1906; «Geschichte der englischen Romantik», Halle

1911-16, 2 Bde.; «Schauspielercharakteristiken», Leipzig 1912; «Unser

Burgtheater», Zürich 1918, u.a.

Ihren Shelley-Aufsatz: Dieser Aufsatz läßt sich nicht mehr nachweisen.

Nach Brief 294 steht er in Zusanamenhang mit Shelleys «Entfesselten

Prometheus». Möglicherweise ist er in seinem Inhalt in die 640 Seiten

umfassende Biographie «P. B. Shelley», Weimar 1898, eingeflossen.

Percy Bysshe Shelley (Field Place, Sussex 1792-1822 auf einer Segelfahrt in der Bucht von Spezia ertrunken), englischer Dichter, Freund Byrons, schrieb romantische Lyrik und Dramen: am bekanntesten ist das Drama «Der entfesselte Prometheus« (Prometheus unbound).

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Theater-Festwoche: Die Feierlichkeiten, die zur Hundertjahrfeier des Weimarischen Hoftheaters stattfanden.

Georg Brandes (Kopenhagen 1842-1931 ebda.), dänischer Literaturkriti­ker und Schriftsteller. «Ein kühner, begeisternder Freisinn verschafft ihm weiteste Wirkung. Sein geistiger Horizont ist von seltener Größe. Er war imstande, mit feinem Sit'n in die verschiedenen Kulturen Europas sich einzuleben und hat sich dadurch eine Weite des Gesichtskreises angeeig­net, die ihn befähigt, die geistigen Strömungen aller Länder in ihren wesentlichen Charakterzügen zu verfolgen. Dadurch, daß er die frucht-baren Ideen überall suchte und sie der Bildung Dänemarks einimpfte, wurde er der Reforniator der gesamten Weltanschauung seines Vaterlan­des.» (Rudolf Steiner in «Das XIX. Jahrhundert in Wort und Bild. Politische und Kultur-Geschichte», hg. von Hans Krämer, 3; Bd. (Berlin, Leipzig etc., oj.): «1871-1899«, Kap. «Das geistige Leben», S. 78; wiederabgedruckt in «Biographien und biographische Skizzen 1894-1905«, GA Bibl.-Nr. 33, Dornach 1967, S. 108.

in meiner erkenntnistheoretischen Schrift: «Grundlinien einer Erkennt­nistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller», Berlin u. Stuttgart 1886.

Maz Christlieb: Siehe Hinweis zu Brief 287.

Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

292. der erste Band: Der 1 . Band der morphologischen Schriften in der Sophien-Ausgabe. Siehe auch den Hinweis zu Brief 268.

Einleitung: Seite 367 ff. des oben angegebenen Bandes.

meine Publikation aus dem Goethe-Jahrbuch: «Über den Gewinn unserer Anschauungen von Goethes Naturwissenschaftlichen Arbeiten durch die Publikationen des Goethe-Archivs», im «Goethe-Jahrbuch» 1891, S. 190 ff.; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwissen­schaft, Ästhetik und Seelenkunde«, GA Bibl.-Nr. 30, S. 265 ff.

Dissertation: Der Untertitel weicht von der endgültigen Fassung ab. Statt «Prolegomena zu einer jeden künftigen Erkenntnistheorie» heißt es dort:

«Prolegomena zur Verständigung des philosophierenden Bewußtseins mit sich selbst«.

«Erkenntnistheorie»: »Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goc­theschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller«, Berlin u. Stuttgart 1886; jetzt GA Bibl.-Nr. 2.

In den letzten Tagen habe ich von Richard und Otto mich erfreuende>

liebe Briefe erhalten: Von Richard Specht ist ein Brief vom 17. Juni 1891

erhalten und von Otto Specht ein solcher vom 26. Juni 1891.

Unteracher Luft: Siehe Hinweis zu Brief 147

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Besuche bei delle Grazw: Siehe Hinweis zu Brief 77 und «Lebensgang«, VII. Kapitel.

Wirbelnatur der Schädelknochen: Siehe hierzu «Das Schädelgerüst aus

Wirbelknochen auferbaut» in «Goethes Naturwissenschaftliche Schrif­ten«, 8. Bd., S. 167 ff., sowie Job. Künder (= Johannes Rohen), «Goethes

Wirbeltheorie und die Naturwissenschaft» in der Wochenschrift «Das

Goetheanum», 29. Jahrg., Nr.8 v. 19. Febr. 1950, S.60 ff.

Bardeleben: Siehe Hinweis zu Brief 285.

Karl Ruland (Frankfurt a.M. 1834-1907 Weimar), Kunsthistoriker, 1876-1896 Direktor des Goethe-Nationalmuseums in Weimar.

293. Aus Ihrem letzten lieben Briefe: Brief vom 17. Juni 1891.

Hermann Bahrs jüngstes Buch «Die Überaindung des Naturalismus« erschien 1891 in Dresden. Siehe die Besprechung Rudolf Steiners in dem Aufsatz «Auch ein Kapitel zur >Kritik der Moderne>«, in «Literarischer Merkur«, XI. Jahrg., Nr . 30 v. 25. Juli 1891; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884-1901. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwissenschaft, Ästhetik und Seelenkun­de«, GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 495 ff.

Felix Dörmann: Unter diesem Pseudonym schrieb der Schriftsteller Felix Biedermann; siehe Hinweis zu Brief 266.

sein neuestes Opus: Vermutlich handelt es sich um die Gedichtsammlung «Neurotica«, die 1891 erschien.

die Übersendung der «Modernen Dichtung» mit Ihrem Gedichte: Aus Richard Spechts Brief vom 17. Juni 1891 geht hervor, daß es sich um das Gedicht «Irrlicht» handelt, das im letzten Heft (vor dem 17. Juni) der «Modernen Rundschau« (früher «Moderne Dichtung») abgedruckt war.

Ihr Ibsen-Gedicht: Damit ist das bei der Ibsen-Feier vorgetragene Gedicht Richard Spechts gemeint.

die Anzeige> daß sich in Wien eine literarische Gesellschaft unter dem Namen «Iduna» konstituiert hat: Im Mai 1891 wurde in Wien durch eine Anzahl Wiener Schriftsteller in Ablehnung der neuesten Literaturent­wicklung eine «Freie deutsche Gesellschaft für Literatur, Iduna« (bis 1893) begründet. In dem von Fercher von Steinwand (der den Vorsitz der Gesellschaft einnahm) verfaßten Aufruf heißt es: «Wir sind keine Partei, befassen uns als Gesellschaft mit keinem Parteikrieg und haben gelernt, jede Nationalität, jede Religionsform zu achten. Als unsre Aufgabe setzten wir fest: die Hut und Pflege des edlen deutschen Ausdtucks ohne irgendwelchen Beigeschmack von Leichtsinn und Selbsterniedrigung. Was uns auch durch Menschen und Verhaltnisse beschieden sei: stets reell auch ohne Realismus - oder zu deutsch: stets wesenhaft ohne Wesens- und Verwesungsprunk -, das sei der Stern unsrer innerlichen Wanderung!«.

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Eine zweite Vereinigung: Mit der Vereinigung, die Jakob Minor zu ihrem Ehrenmitglied wählte, ist möglicherweise die Wiener «Schiller-Stiftung gemeint. Jakob Minor hatte 1890 in Berlin zwei Bände seines auf vier Bände berechneten Werkes «Schiller. Sein Leben und Seine Werke» herausgebracht.

Jakob Minor: Siehe Hinweis zu Brief 285

294. Ihr geehrtes Schreiben vom 20. des Monats: Dieser Brief ist erhalten.

der Franzensbacher Brief Ist nicht erhalten.

Manuskript: Siehe hierzu den Brief 291.

Goethes Prometheus: Siehe hierzu Goethes dramatisches Fragment «Prometheus« (1773) und das Gedicht «Prometheus« (1773).

Emil Du Bois-Reymond: Siehe Hinweis zu Brief 17.

in den «Grenzen des Naturerkennens« und in den «Sieben Welträtseln»:

Siehe Hinweis zu Brief 267.

meinen . . . Aufsatz über die Grundgedanken einer neuen Ästhetik: Siehc den Hinweis zu Brief 181.

295. Ludwig Laistner (Esslingen 1845-1896 Stuttgart), Pfarrer, Hauslehrer, seit 1880 freier Schriftsteller, literarischer Beirat der Cottaschen Verlags­buchhandlung in Stuttgart. Durch Laistner wurde Rudolf Steiner Her­ausgeber der Werke Schopenhauers und Jean Pauls, die in der Cottaschen Verlagsbuchhandlung (1894/95 und 1897/98) erschienen. Siehe über ihn auch den »Lebensgang«, XV. Kapitel.

Adolfvon Kröner (5tuttgart 1836-1911 ebd.), Verlagsbuchhändler, grün­dete 1859 in Stuttgart ein Verlagsgeschaft, nahm seinen Bruder Paul (1839-1900) als Teilhaber auf, erwarb 1883 den Verlag Ernst Keil in Leipzig mit der «Gartenlaube« und 1889 die Couasche Buchhandlung. 1890 ging Gebr. Kröner in der »Union, Deutsche Verlagsgesellschaft« in Stuttgart auf. 1882-87 und 1889-91 war Adolf Kröner Erster Vorsteher des Börsenvereins der deutschen Buchhändler.

der Vorschlag zu einem Buche »Grundprobleme der Metaphysik>: Es liegt nahe, daß es sich bei diesem Vorschlag um die «Philosophie der Freiheit» handelt. Siehe hierzu auch die Briefe 300 und 301.

die ganze Jean-Paul-Auswahl zu edieren und mit Einleitungen zu versehen: Diese Aufgabe hat Rudolf Steiner übernommen. 1897 erschei­nen «Jean Paul ausgewählte Werke in acht Bänden« mit einer Einleitung von Rudolf Steiner im Verlag der J.G. Cotta'schen Buchhandlung Nachf.

Dr. Hellen: Siehe Hinweis zu Brief 200 und zu Brief 401.

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296. Ihr lieber Brief Vom 2. September 1891.

Berghof Siehe Hinweis zu Brief 147.

zu der Angelegenheit des lieben Hans: Betrifft Hans Specht, den Sohn der Schwester von Pauline Specht. Im Brief von Frau Pauline Specht heißt es:

.... Ich will nämlich etwas von Ihnen und zwar eine Gefälligkeit für meine Schwester Diese würde außerordentlich gerne die jüngere Fehr für die Nachmittage als Lehrerin und Gesellschaftersn fur Hans gewin nen und sich, wenn ei mcht anders geht, damit begnugen, wenn das Fräulein r bis sieben Uhr Nachm bleiben wollte Helene glaubt daß, wen 5 e d e Sache befurworten dieselbe mehr Chance hatte und bittet Sie darum, Ihre Fursprache derselben zu leihen » Wie die Angelegenheit ausgegangen ist daruber ist mchts bekannt

Gundi Fehr: Siehe Hinweis zu Brief 146.

Ihrer verehrten Frau Schwester: Helene Specht; siehe Hinweis zu Brief

253.

meinen guten Schröer: Siehe Hinweis zu Brief 1 . Herman Grimm: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Marit E genw delle Grazie (Weißkirchen Ungarn 1864 1931 Wien) Tochter eines Bergwerkdirektors aus venetianischer Familie und einer deutsch Mutter seit 1872 in Wien ist sie hervorgetreten als Lyrikerin Epikeri E zahierin und Dramatikerin Vergleiche hierzu B Munz «Marie Eugenie delle Grazie« 1902 und F Milleker, «Marie Eugenie delle Grazie, ihr Leben und ihre Werke«, 1922 Siehe auch Rudolf Steiner, Mein Lebenigang> VII Kapitel

Schreiben Professor Mullners Ist nicht erhalten Siehe uber ihn den Hinweis zu Brief 129

297. Über seinen Besuch bei Eduard von Hartmann im August 1889 hat Rudolf Steiner in dem Dornacher Vortrag vom 22 Marz 1923 das Folgende ausgefuhrt »Ich besuchte einmal es war im Jahre 1889 in Berlin - den jetzt schon lange verstorbenen Philosophen Eduard von Hartmann und wir sprachen uber erkenntnistheoretische Fragen Im Verlauf des Gespraches sagte er Erkenntnistheoretische Fragen sollte man nicht d ck n 1 ssen die sollte man uberhaupt nur hochstens mit der Maschine vervielfaltigen oder auf irgendeine andere Weise vervielfälti-gen. Denn es gibt in Deutschland hochstens sechzig Menschen die mit erkenntnistheoretischen Fragen sich sachgemall beschaftigen konnen »(«Die Impulsierung des weltgeschichtlichen Geschehens durch geistige Mächte GA Bibl -Nr 222 Dornäch 1976, S. 93). Siehe uber diese Begegnung auch die Darstellung im «Lebensgang», IX. Kapitel.

aus dem Seite 279 bis 363 mitgeteilten, bisher unbekannten Materiale:

Dieses Material beinhaltet das Fragment «Metarnorphose der Pflanzen.

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Zweiter Versuch. Einleitung» und die «Vorarbeiten zu einer Physiologie der Pflanzen».

die Interpretationen von O. Schmidt, Haeckel> Du Bois-Reymond.. .:

Siehe hierzu Oscar Schmidt, «Goethes Verhältnis zu den organischen Naturwissenschaften», Berlin 1853 und «War Goethe ein Darwinia­ner?», Graz 1871; Ernst Haeckel, «Die Naturanschauung von Darwin, Goethe und Lamarck», Jena 1882, sowie Emil Du Bois-Reymond, «Voltaire als Naturforscher» (enthält den Vergleich zwischen Goethe und Voltaire als Naturforscher), Berlin 1869, und «Goethe und kein Ende», Leipzig 1883.

Seite 401 bis 452: Diese Seiten beinhalten die Kapitel «Paralipomena« und «Paralipomena II». Die «Paralipomena» bringen «Goethes 179698 gemachte Vorarbeiten zu einer >Metamorphose der Insekten>, die er . . , wenn sie fertig geworden wäre, als einen integrierenden Teil der Meta­morphosenlehre betrachtet hätte« (Rudolf Steiner S. 70 des gleichen Bandes). Das Kapitel «Paralipomena II» bringt eine Definition der Morphologie als organische Universalwissenschaft und besondere Be­merkungen, die Goethe zu den einzelnen Paragraphen der Schrift «Die Metamorphose der Pflanzen« nachträglich machte.

Dem Buche erlaube ich mir einen Aufsatz beizulegen: Siehe Hinweis zu Brief 292 (meine Publikation aus dem Goethe-Jahrbuch).

das Schreiben> mit dem Sie die Zusendung meines dritten Goethebandes in der «National-Literatur» beantworten: Dieser Brief ist nicht erhalten.

im vierten Bande> der demnächst erscheinen wird: Der vierte Band in der Kürschnerschen «National-Literatur» erschien erst 1897.

Hinweis auf meine Darstellung der Goetheschen Ästhetik in Ihrem Aufsatz «Oscar Linkes Dichtungen»: Eduard von Hartmann, «Oscar Linkes Dichtungen«, in «Die Gegenwart/Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben» (Berlin), 39. Bd. 1891. Die angezogene Stelle (S.214) lautet: «Oscar Linke veröffentlicht soeben zwei Bände dramatischer und lyrischer Dichtungen, welche geeignet sind, das Bild seiner dichterischen Individualität zu vervoUständigen und schärfer als seine früheren Publikationen zu modellieren. Der im Jahre 1854 gebore­ne Linke promovierte 1877 mit einer Abhandlung >Grundzüge einer Kunstwissenschaft im Sinne Goethes>, welches ohne Zweifel eine bessere Zusammenstellung der ästhetischen Grundansichten Goethes bietet als der bezügliche Abschnitt in Schaslers >Kritischer Geschichte der Ästhe­tik>, der bis dahin so ziemlich der einzige erwähnenswerte Versuch dieser Art gewesen ist. Bis die von Rudolf Steiner in Aussicht gestellte ausführliche Darstellung der Goetheschen Ästhetik erschienen sein wird, bleibt die Linkesche Dissertation die beste Einführung in den ästheti­schen Gedankenkreis Goethes.»

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298. die Schlußstelle Ihres letzten lieben Briefes: Von Rudolf Steiner frei wiedergegeben. Diese Stelle aus Rosa Mayreders Brief vom 8. Juli 1891 lautet wörtlich: «...Aber lieber Freund, wie immer auch Ihre Stimmung gegenwärtig sei, lassen Sie mich nicht so lange auf Antwort warten, ich bitte Sie inständig. . . .»

Bei den Novellen handelt es sich wahrscheinlich um den Novelienband »Aus meiner Jugend«, der erst 1896 erschienen ist.

Eckstein: Siehe Hinweis zu Brief 169.

Frau Lang: Siehe Hinweis zu Brief 228 (Rosa Mayreder).

299. meine Approbation: Die nach vorgängiger Prüfung erlangte Zulassung zur Promotion. Das mündliche Doktorexamen fand am 23. Oktober 1891, 18 Uhr in Rostock statt. Die Promotionsurkunde wurde am 26. Oktober ausgestellt.

ein umfassendes Werk über das Gesamtgebiet der höheren Philosophie:

Es kann sich hier nur um «Die Philosophie der Freiheit» handeln. Siehe auch die Briefe 295, 300 und 301.

300. eine philosophische Publikation: Siehe den vorangehenden Brief.

Böhiau: Im Verlag Hermann Böhlau, Weimar, kamen die Bände der Sophien-Ausgabe heraus.

Martin und Ludwig sind Suphans Söhne, an deren Erziehung Rudolf Steiner Anteil genommen hat. Siehe hierzu auch die Briefe 254 und 271.

301. schöne Stunden... bei Dr. Laistner [und seiner Frau]: Siehe Hinweis zu Brief 295.

Frankfurter Ausstellung: In Frankfurt am Main fand im Jahre 1891 eine internationale elektrische Ausstellung statt.

mein philosophisches Buch: »Die Philosophie der Freiheit».

einen Brief Eduard von Hartmanns: Dieser Brief ist nicht erhalten.

eine Rezension meines Goetheartikels im Goethe-Jahrbuch aus der Feder Max Kochs Die Rezension von Rudolf Steiners Aufsatz im «Goethe-Jahrbuch« 1891 («Über den Gewinn unserer Anschauungen ...») findet sich in den «Berichten des Freien Deutschen Hochstiftes zu Frankfurt am Main«, Neue Folge, 7. Bd., Jahrg. 1891, unter «Neuere Goethe- und Schillerliteratur III.«, S. 431 f. Nachstehend der Wortlaut:

Dazu kommen aber als kaum minder wichtige Weiterführung die neuen Mitteilungen in R Steiners Aufsatz «Über den Gewinn unserer An­schauungen von Geothes naturwissenschaftlichen Arbeiten durch die Publikationen des Goethe-Archivs». Auf die von Ferdinand Cohn, dem

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wir zwei so hervorragende Arbeiten über Goethes botanische Studien verdanken, mündlich aufgeworfene Frage, ob Goethe für den Gebrauch der Worte «Morphologie» und «vergleichende Anatomie« Vorgänger habe oder, wie Cohn vermutet, als der erste sie gebraucht habe, gibt freilich auch diese neueste von den vielen Untersuchungen über Goethes naturwissenschaftliche Arbeiten keine Antwort. Steiner sucht aus den ihm vorliegenden Studienblättern vor allem zwei Fragen zu beantwor­ten: Was versteht Goethe unter Urpflanze und wie verhält er sich zur Deszendenztheorie? Bei der Metamorphosenlehre wie bei allen seinen naturwissenschaftlichen Äußerungen handelte es sich nicht um glückli­che Einfälle, sondern um langsam reifende Erfahrungen. Eine Anzahl von Zetteln aus den italienischen Reisejahren zeigt den vorsichtigen Beobachter. Er konnte sich aber mit dem der Sinneswahrnehmung Erreichbaren nicht begnügen, sie sollte ihm einen geistigen Inhalt geben, und den nannte er Idee. Steiner weist dabei nicht eigens auf Kant hin, aber man denkt von selbst an Kants Lehre, daß unsere Erkenntnis wohl mit der Erfahrung anhebe, aber nicht alle aus der Erfahrung entspringe. Der Gegensatz Erfahrung und Idee hat ja bekanntlich in dem ersten großen Gespräche zwischen Schiller und Goethe über die Urpflanze eine Rolle gespielt. Nach Steiner stellte sich Goethe >,unter der Urpflanze eine Wesenheit vor, die in unserem Geiste nicht gegenwärtig werden kann, wenn sich derselbe bloß passiv der Außenwelt gegenüber verhält.» Eingehend behandelt Steiner dann Goethes Auffassung von dem Ver­hältnisse des Organischen zum Unorganischen. Goethes Streben sei dahin gegangen, alle dunklen und unklaren Vorstellungen wie Lebens­kraft, Bildungstrieb u.s.w. aus der Wissenschaft zu verbannen und für sie Naturgesetze aufzufinden. «Morphologie wurde ihm der Inbegriff alles dessen, was zu einer befriedigenden Erlilärung der Lebenserscheinungen aufgebracht werden muß.« Er war sich bewußt, die Idee einer neuen Wissenschaft nach «Ansicht und Methode» in den Dienst einer Gesamt-erfassung der organischen Welt gestellt zu haben. Einschränkender spricht sich Steiner über Goethes Darwinismus aus. Nur eine Ableitung der Möglichkeit der Umwandlung bestehender Formen konnte Goethe geben ohne die entscheidenden empirischen Beobachtungen; allein seine Anschauung ist als Deszendenztheorie auf tiefer theoretischer Anschau­ung zu bezeichnen. Ein begrifflich strenges Korrelat zur modernen Vererbungstheorie ist in der Goetheschen Anschauungsweise bereits vorhanden. Er «hatte schon die Ansicht, daß die Zeugung nur ein Wachstum des Organismus über das Individuum hinaus sei». Alle Lebewesen erkennt er als tatsächlich, nicht etwa bloß ideell verwandt. Daß Steiner, auf dessen Studien ich seit der ersten Veröffentlichung in Kürschners Nationallitteratur (1884) stets als auf die bedeutendsten neueren Leistungen der Goetheforichung rühmend hingewiesen habe, Goethes Andeutungen überall richtig erfaßt hat, wird durch einen wichtigen Fund im Archive bestätigt. In der Einleitung zum zweiten Bande der naturwissenschaftlichen Schriften (Kürschner Bd. 115) hatte Steiner versucht, den im Goethe-Schillerschen Briefwechsel (17. Januar 1798) erwähnten Aufsatz über grundsätzliche Fragen der Naturfor­schung

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inhaltlich herzustellen; das Schriftstück selbst fand sich nun im Archiv genau in der von Steiner konstruierten Form vor.

Maz Koch: Siehe über ihn den Hinweis zu Brief 98. Rudolf Steiner hatte Prof. Dr. Maz Koch den 1 . Band der Morphologischen Schriften zur Besprechung zugesandt und erhielt von ihm mit Brief vom 5. Oktober 1891 die vorstehend abgedruckte Rezension des Artikels, den er im «Goethe-Jahrbuch» 1891 veröffentlicht hatte; wiederabgedruckt (mit weiteren Rezensionen Max Kochs) in «Beiträge zur Rudolf Steiner­Gesamtausgabe», Nr.95/96 (Ostern 1987), S. 36ff.

sie »Lugik«: Die «Logik«.

Familien Schwarz und Strisower: Siehe Hinweis zu Brief 266.

Foges: Arthur Foges war der Nachfolger Rudolf Steiners als Hauslehrer im Hause Specht. Siehe Hinweis zu Brief 257.

302. Zyklus von sechs Vorträgen über deutsche Literatur: Der Vortragszyklus hatte den Titel «Die Hauptströmungen des deutschen Geisteslebens».

Arthur Seidl (München 1863-1928 Dessau), Musikichriftiteller und Dramaturg, lebte seit 1888 in Weimar.

Hans Olden (Frankfurt am Main 1859-1932 Wiesbaden), Schriftsteller, schrieb Theaterstücke und Novellen. Siehe über ihn den «Lebensgang», XV. Kapitel.

Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

303. Ihren Briefe Vom 18. Oktober 1891.

zwei Vorträge: Der erste Vortrag: «Die Phantasie als Kulturschöpferin» wurde am 25. November 1891 in Weimar gehalten in dem Vortragszy­klus »Die Hauptströmungen des deutschen Geisteslebens« (mit verschie­denen Rednern veranstaltet von L. Thelemann); der zweite Vortrag, am 27. November 1891 im Wiener Goethe-Verein gehalten, behandelte «Das Geheimnis in Goethes Rätselmärchen in den >Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter». Bezüglich des zweiten Vortrages siehe das Referat K.J. Schröers in «Rudolf Steiner/Veröffentlichungen aus dem Früh-werk», Heft XV, S.17 f. (Dornach 1942) bzw. Bd. III (Doruach 1944), S. 117 f.

das Anhören seines Prologes: Was der Prolog beinhaltet, konnte bis jetzt nicht festgestellt werden. In dem schon oben genannten Brief vom 18. Oktober 1891 schreibt Frau Pauline Specht lediglich: «Sein Prolog ist schon an allen Straßenecken affichiert und wird nun wirklich am 1 . Dezember von der Pospischill, die sehr gerne zugesagt hat, gesprochen werden.» Und Richard Specht schreibt am 31. Oktober 1891 an Rudolf Steiner: «Das ist schön, daß Sie so bald wieder kommen! Wenn Sie bei meinem ersten öffentlichen Debut dabei sein werden, freut's mich sehr. . . »

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Aus Richards letztem Briefe Vom 31. Oktober 1891

meinem Buche: Damit ist auf die geplante philosophische Publikation hingewiesen; siehe die Briefe 295, 299, 300 und 301

Sankt Bernhardus: Bernhard Suphan.

Vorgänge auf der Börse: Am 14. November 1891 brach an der Wiener Börse eine Panik aus, die durch eine Verkettung von an und für sich kaum hochpolitischen Umständen verursacht wurde. Der Polenklub hatte in der Frage der Dezentralisation der galizischen Bahnen, einer für die Monarchie strategisch wichtigen Frage, Wünsche über die Schaffung einer Kreisdirektion in Lemberg geäußert. Diesen Wünschen trat en das Kabinett und der Kaiser selber entgegen. Es entstanden Gerüchte, wonach die Stellung des Handelsministers und des Finanzministers im damaligen Kabinett Taaffe erschüttert sei. Die Börse machte eine Panik durch wegen der Gerüchte über ungünstige Äußerungen des Kaisers, doch war zu jener Zeit eine besonders gespannte Atmosphäre infolge der starken Rüstungen einerseits und den Friedensbeteuerungen anderer­seits. Die Börsenpanik hatte anscheinend keine weiteren Folgen und flaute bald wieder ab.

Die Großherzogin: Siehe Hinweis zu Brief 265.

«lugisch«: «logisch«.

304. zwei Vorträge: Siehe Hinweis zum vorangehenden Brief.

Mein Buch: Siehe ebenfalls Hinweis zum vorangehenden Brief.

305. Zitter: Siehe Hinweis zu Brief 77.

306. Café Griensteidl: Siehe Hinweis zu Brief 113.

307. die Arbeit an meinem Buche: Siehe Hinweis zu Brief 303.

308. Ihre lieben Zeilen: Brief vom 19. Dezember 1891.

«Märchen«: Goethes «Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie«.

Speidels Feuilleton über die «Einsamen Menschen»: Ludwig Speidels

(siehe Hinweis zu Brief 266) Feuilleton erschien in der Wiener «Neuen

Freien Presse» Nr.9813 vom 20. Dezember 1891. Die Uraufführung des

Hauptmannschen Dramas in fünf Akten «Einsame Menschen« fand am

11. Januar 1891 in Berlin (Freie Bühne) statt, die Wiener Premiere am 6.

Dezember 1891 im Burgtheater.

Emanuel Reicher (Bochnia, Galizien 1849-1924 Berlin), Charakterspit­ler des Brahmschen Ensembles, Bahnbrecher des naturalistischen Stils, war u.a. in Wien, München, Hamburg und Berlin tätig. Rezitator von Bedeutung, gründete die Reichersche Hochschule für dramatische Kunst in Berlin-Charlottenburg.

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Hans Olden lebte zu Rudolf Steiners Zeit bis 1895 in Weimar (siehe auch

Hinweis zu Brief 302). Sein damals letztes Stück war das Drama «Der

Glücksstifter», Leipzig 1891.

309. delle Grazie: Siehe Hinweis zu Brief 296.

Marie Lang: Siehe Hinweis zu Brief 228 (Rosa Mayreder).

Friedrich Albert Lange, «Geschichte des Materialismus»; siehe die Hinweise zu Brief 258.

310. Prologe: Siehe Hinweis zu Brief 303.

Eduard Hanslick (Prag 1825-1904 Wien), Musikschriftsteller, 1861-95

Professor in Wien. Bedeutend ist seine Schrift «Vom Musikalisch-

Schönen«, Leipzig 1854. Seine Feuilletons erschienen in neun Bänden

unter verschiedenen Titeln.

Hermann Bahr (Linz 1863-1934 München), österreichischer Schriftstel­ler von ungewöhnlicher Empfänglichkeit und großer Wandlungsfähig­keit; Rudolf Steiner kannte Hermann Bahr, «seit er ein ganz junger Student war« und er hat seinen Lebensweg aufmerksam verfolgt. Siehe hierzu die Ausführungen Rudolf Steiners in den beiden Vorträgen vom 6. Juni1916 in dem Zyklus «Weltwesen und Ichheit«, GA Bibl.-Nr. 169 und vom 10. Dezember 1916 in «Zeitgeschichtliche Betrachtungen, Erster Teil«, CA Bibl.-Nr. 173.

Hermann Bahr> «Russische Reise«> Dresden 1891. Siehe Rudolf Steiners

Besprechung in «Literarischer Merkur«, XII. Jahrg., Nr.4 v. 23. Jan.

1892; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Literatur

1884-1902», CA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S. 158 ff.

KarlArnau (geb. Szobotist, Ungarn, 1842), von 1879-96 Schauspieler am Burgtheater zu Wien.

Arnausche Angelegenheit: Karl Arnau wollte in einem Gastspiel in Weimar auftreten.

Sonnenthal: Siehe Hinweis zu Brief 288.

Franziska Ellmenreich (Schwerin 1847-1931 Hersching, Bayern), Schau­spielerin, 1865 an der Hofbühne in Hannover, 1875-81 in Leipzig, Hamburg und Dresden, dann auf Gastspielreisen, 1893 Wien, 1898 Berlin, seit 1900 Hamburg, spielte hauptsächlich tragische Rollen des klassischen und modernen Dramas.

Haverland: Siehe Hinweis zu Brief 266.

311. ein umfassendes Werk über «Goethes Verhältnis zur Wissenschaft»: Bei diesem Werk handelt es sich um das 1897 dann im Verlag Emil Felber (der von Berlin nach Weimar übergesiedelt war) erschienene Buch «Goethes Weltanschauung». Siehe hierzu auch den Brief 255.

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bei meinem in Angriff genommenen philosophischen Werk: «Die Philo--sophie der Freiheit».

dem dritten der hier von mir zu arbeitenden Bände:Das ist der 9. Band der II. Abteilung der Sophien-Ausgabe - der Herausgeber des 8. Bande>:

ist Karl von Bardeleben; siehe hierzu den Hinweis zu Brief 268 (Ich arbeite intensiv).

Der zweite ist längst fertig: Der 2. Band der Morphologischen Schriften bzw. der 7. Band der II. Abteilung.

312. Wilhelm Windelband, «Geschichte der Philosophie«, Freiburg i.Br. 1892

ein Buch über «Platonismus und Christentum»: Ferdinand Christian Baur, «Das Christliche des Platonismus oder Sokrates und Christus», Tübingen 1837.

Gerhart Hauptmann, «Einsame Menschen»> Drama in fünf Aufzügen, Berlin 1891. Siehe auch den Hinweis zu Brief 308.

Alezander Strakosch (Sebes 1846-1909 Berlin), dramatischer Lehrer und

Rezitator, unter Heinrich Laube Vortragsmeister am Leipziger und

Wiener Stadttheater, seit 1905 an der Schauspielschule Reinhardts in

Berlin.

Ricbards liebem Briefe: Vom 16. Januar 1892.

daß mein Buch gut voraärtsrückt: Es handelt sieh um «Die Philosophie der Freiheit», deren erste Exemplare im Dezember 1893 herauskarnen.

313. Über die Schopenhauer- und Jean Paul-Ausgabe schreibt Rudolf Steiner im «Lebensgang«, XV. Kapitel: »Ludwig Laistner hatte damals in die

>Cottasche Bibliothek der Weltliteratur> eine vollständige Schopenhauer­Ausgabe und eine Ausgabe von ausgewählten Werken Jean Pauls aufzu­nehmen. Er übertrug mir diese beiden. Und so hatte ich in meine damaligen Weimarischen Aufgaben die vollständige Durcharbeitung des pessimistischen Philosophen und des genial-paradoxen Jean Paul einzu­gliedern. Beiden Arbeiten unterzog ich mich mit dem tiefsten Interesse, weil ich es liebte, mich in Geistesverfassungen zu versetzen, die der meinigen stark entgegengesetzt sind. Es waren bei Ludwig Laistner nicht äußerliche Motive, durch die er mich zum Schopenhauer- und Jean Paul-Herausgeber machte; der Auftrag entsprang durchaus den Gesprächen, die wir über die beiden Persönlichkeiten geführt hatten. Er kam auch zu dem Gedanken, mir diese Aufgaben zu übertragen, mitten in einem Gespräche.« .

315. von dem letzten Bande der Naturaissenschaftlichen Schriften: Der 4. Band von Goethes «Naturwissenschaftlichen Schriften» in der Kürsch­ner-Ausgabe, der vor allem die «Materialien zur Geschichte der Farben­lehre» zum Gegenstand hat und des Umfanges wegen später in zwei Teilbände aufgeteilt wurde.

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316. Ihres . . . Schreibens vom 7. er.. Siehe Brief 314 7 cr 7 currentis, das ist .

7. des Monats.

den Verlags-Vertrag: Dieser Vertrag ist nicht erhalten.

Wenn Sie also Ihren Plan . . . zusammengestellt haben: Bezüglich des

Planes für die Schopenhauer-Ausgabe siehe Brief 356(23. Aug. 1893) und

wegen der Vorschläge zur Auswahl und Verteilung der Bände der Jean

Paul-Ausgabe siehe Brief 509(16. Mai 1897).

318. Die Vorschläge in betreif der Einteilung der Schopenhauer- und des Inhalts der Jean Paul-Ausgabe: Siehe den Hinweis zum vorangehenden Brief.

320. Ihr letzter Brief Dieser Brief ist nicht erhalten.

.Die erstere bis l. Juli> die letztere bis l. Oktober: Wohl infolge des Übermaßes an Arbeit, das sich Rudolf Steiner aufgebürdet hatte, erschie­nen Schopenhauers Werke (in 12 Bänden) erst 1894 und Jean Pauls ausgewählte Werke (in 8 Bänden) sogar erst 1897.

Das Werk über «Goethe als Natufforscher»: Hierbei handelt es sich zweifellos um die in den Briefen 255, 265 und 311 erwähnten Titel «Goethe-Philosophie« und «Goethes Verhältnis zur Wissenschaft«, was dann schließlich zu dem Werk «Goethes Weltanschauung« (1897) wur­de.

« Weimar im Mittelpunkt des deutschen Geisteslebens»: Vortrag, gehalten am 22. Februar 1892 im Rahmen des Zyltlus «Hauptströmungen des deutschen Geisteslebens«, veranstaltet von der Buchhandlung L. Thele­mann, Weimar. Bericht (kein Autorreferat!) in der «Weimarischen Zeitung« vom 26. Februar 1892 (Nr.48); wiederabgedruckt in «Rudoll Steiner/Veröffentlichungen aus dem literarischen Frühwerk», Bd. III, Dornach 1944, S. 124 ff.; zur Veröffentlichung in den «Beiträgen zur Rudolf Steiner-Gesamtausgabe« vorgesehen.

Großherzog: Siehe Hinweis zu Brief 275.

«Ernste Zeichen der Zeit»: In «Literarischer Merkur«, Weimar, XII. Jahrg., Nr.4v. 23. Jan. 1892. Die Erwiderung von Rudolf Steiner auf die Entgegnung ebenda in Nr.7 v. 13. Febr. 1892; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884-1902», GA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S. 161ff.

Rezension über Hermann Bahrs «Russische Reise»: Siehe Hinweis zu Brief 310.

321. einen Verleger> der sich bereit erklärt hat, alles, was ich schreiben werde und was bis jetzt nicht placiert ist, zu verlegen: Bei diesem Verleger handelt es sich vermutlich um Emil Felber, Berlin, später Weimar, bei dem dann «Die Philosophie der Freiheit» (Dezember 1893), «Friedrich

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Nietzsche, ein Käm pfer gegen seine Zeit» (Mai 1895) und «Goethes Weltanschauung» (1897) herauskamen.

322. die beiliegende kleine Schrift: Rudolf Steiner, «Wahrheit und Wissen-schaft. Vorspiel einer >Philosophie der Freiheit»> (beinhaltet im wesentli­chen den Text der Dissertation, ergänzt durch eine «Vorrede» und die «Praktische Schlußfolgerung»); jetzt GA Bibl.-Nr. 3.

diss auf Seite 47 und 48 Befindliche: Das auf diesen Seiten Befindliche ist die «Praktische Schiußfolgetung», die mit den Worten endet: «Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, feeie Persönlichkeit zu begreifen. »

Ihr letzter Brief Vom 14. März 1892 (nicht vollständig erhalten).

Rudolf Lothar, eigentlich R. L. Spitzer (Budapest 1865, gestorben nach 1933 in der Emigration), Schriftsteller, Journalist und Theaterleiter; schrieb viele Unterhaltungsstücke und Textbücher («Tiefland« von d'Albert), auch Romane und Essays.

Sie schreiben von dem «Mysterium» Rudolf Lothars: Rudolf Lothar,

»Der Wert des Lebens. Ein Mysterium in einem Vorspiel und 4

Aufzügen», Dresden 1892.

in seinem » Verschleierten König«: Rudolf Lothar, «Der verschleierte König. Ein Bühnenmärchen in 3 Aufzügen», Dresden 1891.

Ignaz Brüll (Proßnitz, Mähren 1846-1907 Wien), Komponist, Schüler von Epstein, Rufinatscha und Dessoff, trat 1861 mit einem Klavierkon­zert als Komponist und Pianist in die Öffentlichkeit und war 1872-78 Lehrer an der Horakschen Klavierschule in Wien. In starkem Maße erregte er Aufmerksamkeit durch seine komische Oper »Das goldene Kreuz» (Berlin 1875), hinter deren Erfolg die weiter nachfolgenden:

»Der Lsndfriede« (Wien 1877), »Bianka« (Dresden 1879), «Königin Mariette« (München 1883), «Das steinerne Herz« (Prag 1888), »Gringoi­re» (München 1892), «Schach dem König« (München 1893), «Gloria« (Hamburg 1896) und »Der Husar» (Wien 1898) zurückblieben. Außer den Bühnenwerken schrieb Brüll viele Orchesterwerke, Kammermusik-werke und Suiten für das Klavier. Siehe auch «Lebensgang«, XIII. Kapitel und den Hinweis zu Brief 266 (Brülls, Schwarz', Strisowers usw.).

daß Ignaz Brülls Oper in München zur Aufführung gelangen wird: Die Oper «Gringoire« gelangte 1892 in München zur Erstaufführung.

323. «Die Schätzung, die ich Eduard von Hartmann entgegenbrachte, hatte zur Folge, daß ich ihn 1891 bat, die Widmung meiner kleinen Schrift

>Wahrheit und Wissenschaft. Vorspiel einer >Philosophie der Freiheit» anzunehmen. Er erklärte sich dazu bereit (siehe Brief 324). Und so konnte ich denn auf die zweite Seite dieser Schrift in voller Aufrichtigkeit die Worte drucken lassen: >Dr. Eduard von Hartmann in warmer

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Verehrung zugeeignet von dem Verfasser>. Dies geschah, obwohl Eduard von Hartmann den Inhalt der Schrift vom Gesichtspunkte seiner Weltan­schauung resdos ablehnen mußte.« (Zitiert nach Rudolf Steiner, »Die Geisteswissenschaft als Anthroposophie und die zeitgenössische Er­kenntnistheorie. Persönlich-Unpersönliches», in «Philosophie und An­throposophie. Gesammelte Aufsätze 1904-1923», GA Bibl.-Nr. 35, Dornach 1984, S. 308.)

»Die Philosophie in der Gegenwart und ihre Aussichten für die Zukunft» (1. Teil) (betr. Eduard von Hartmann, Richard Wagner, Friedrich Albert Lange, Ludwig Büchner, Nietzsche, Falckenberg, Volkelt, Rehmke; (2. Teil und Schluß) (betr. Friedrich Theodor Vischer und das Buch «Rembrandt als Erzieher» von Langbehn). Zuerst veröffentlicht in «Literarischer Merkur», Weimar, XII. Jahrg., Nr.1 u. 11 v. 2. Jan. u. 12. März 1892; wiederabgedruckt in »Methodische Grundlagen der Anthro­posophic 1884-1901. Gesarnmelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwis­senschaft, Ästhetik und Seelenkunde», GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 308 ff.

von meinem ersten Weimarischen Goethebande: Der 6. Band der II. Abteilung der Sophien-Ausgabe bzw. der erste Band der Morphologi­schen Schriften.

die Fortsetzung meiner Goetheausgabe in der «National-Literatur»:

Gemeint ist der erst 1897 erschienene zweiteilige 4. Band von Goethes «Naturwissenschaftlichen Schriften».

324. Ihre neue Schrift: Rudolf Steiner, «Wahrheit und Wissenschaft. «

327. meine Schrift «Wahrheit und Wissenschaft»: Siehe Hinweis zu Brief 322.

Gastspiel von Eleonora Duse: Rudolf Steiner hat Eleonora Duse später noch in Berlin gesehen. Siehe dazu seinen Aufsatz «Gastspiele» in den «Dramaturgischen Blättern», Berlin, l. Jahrg., Nr.16 v. 23. April 1898; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie

1889-1900», GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 406 f.

Richard Specht, «Sündentraum. Dramatische Skizze», Wien 1892. Siehe dazu die Besprechung von Rudolf Steiner in dem Aufsatz «Bildung und Überbildung» in »Literarischer Merkur«, Weimar, XIII. Jahrg. ,Nr.24v. 27. Juni 1893; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Drama­turgie 1889-1900», S. 193 f.

Theater-Ausstellung: Die Internationale Ausstellung für Musik- und Theaterwesen in Wien fand vom 7. Mai bis 9. Oktober 1892 statt, und zwar in der zur Weltausstellung 1873 errichteten Rotunde im Wiener Prater und den anstoßenden Gartenanlagen. - Die Duse entschloß sich, da kein italienisches Ensemble eingeladen war, mit eigner Truppe zu erscheinen und spielte im jenseits der Donau im Prater gelegenen Carl­Theater die «Kameliendame».

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Artikel über Nietzsche: Rudolf Steiner, «Nietzscheanismus« (zugleich Besprechung der Bücher: Hermann Türck, «Nietzsche und seine philo­sophischen Irrwege»' Dresden 1891; Hugo Kaatz, «Die Weltanschauung Friedrich Nietzsches. I. Teil: Kultur und Moral», Dresden 1892; F.N. Finck' »Die Grundlage für eine neue Rangordnung der Werte«, Mün­chen 1891), in «Literarischer Merkur», Weimar, XII. Jahrg., Nr.14 v. 2. April 1892; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887-1901», GA Bibl.-Nr. 31, Dornach 1966, S. 453 ff.

328. Maz Chrstlieb: Siehe Hinweis zu Brief 287.

Frau Geheimrat Schöll: Die Gattin von Adolf Schöll, dem Archäologen, Kunstschriftsteller und Direktor der Kunstanstalten in Weimar.

330. Goethe-Band: Der 4. Band von Goethes «Naturwissenschaftlichen Schriften» in der Kürschnerschen «National-Literatur».

333. Ihre Postkarte: Siehe Nr.324.

in meiner «Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung»: Ru­dolf Steiner, «Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goethcschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller«, Berlin u. Stuttgart 1886.

Der zweite Band der Farbenlehre: Der 4. Band von Goethes «Naturwis­senschaftlichen Schriften».

In einem Ende Juli oder Anfang August 1892 geschriebenen Brief hat Eduard von Hartmann für die Übersendung der ihm gewidmeten Schrift gedankt und einige aufschlußreiche Äußerungen zu dieser Schrift ge­macht; erstmals veröffentlicht in «Beiträge zur Rudolf Steiner-Gesamt-ausgabe« Nr.87 (Ostern 1985), S. 21 u. 22.

334. Ihre letzten Briefe: Die Briefe vom 10. Mai und 7. August 1892.

335. Eltern und Geschwister: Die Eltern Rudolf Steiners Johann Steiner

(Geras 1829-1910 Horn) und Franziska Steiner geb. Blie (Horn 1834 bis

1918 ebd.). Sie heirateten am 8. Mai 1860. Die Geschwister Rudolf

Steiners: Leopoldine Steiner (Pottschach 1864-1927 Horn) und Gustav

Steiner (Pottschach 1866-1941 Scheibbs' Niederösterreich).

meine Anstellung in Wien: Rudolf Steiner strebte, nachdem die Bemü­hungen dafür in Jena fehlgeschlagen waren, eine philosophische Lehrtä­tigkeit in Wien an. Siehe hierzu die Briefe 336, 338.351, 353, 435, 436, 452, 463 und 468, besonders aber den Brief 418.

Cholera: Die Choleraseuche in Hamburg ist 1892 von Rußland her eingeschleppt worden.

336. meinen ersten Brief Siehe den vorangehenden Brief.

eine entsprechende Stellung in Euerer Nähe: Siehe den Hinweis zum vorangehenden Brief.

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337. Unterach: Siehe Hinweis zu Brief 147.

338. die Feattage zur goldenen Hochzeit: Zur Goldenen Hochzeit Ihrer Königlichen Hoheiten, dem Großherzog Karl Alexander und der Groß-herzogin Sophie von Sachsen am 8. Oktober 1892 - nicht, wie es im Brief 335 heißt, am l. Oktober 1892.

den Aufsatz, den ich zur goldenen Hochzeit habe drucken lassen: Der Aufsatz Rudolf Steiners «Zu dem >Fragment> über die Natur«, in »Das Journal von Tiefurt» («Schriften der Goethe-Gesellschaft«, 7. Bd.), Weimar 1892.

339. Beifolgende Schrift: «Wahrheit und Wissenschaft«. Siehe Hinweis zu Brief 322.

340. Ihren letzten lieben Brief Dieser Brief ist nicht erhalten.

meinen Artikel in der «Zukunft«: «Eine Gesellschaft für ethische Kul­tur«, in «Die Zukunft», Berlin, l. Bd., Nr. 5 v. 29. Okt. 1892; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitge­schichte 1887-1901», GA Bibl.-Nr. 31, Dornach 1966, S. 169ff.

Eraiderung in der >Zukunfs»: Paul Barth, «Nochmals die ethische Kultur«, in «Die Zukunft», l. Bd., Nr.6v. S. Nov. 1892.

Maximilian Harden> eigentl. M. Witkowski (Berlin 1861-1927 Montana, Wallis), Publizist; zuerst Schauspieler, dann Kritiker und Herausgeber der Wochenschrift «Die Zukunft« (1892-1923), bekämpfte er die wilhel­minische Politik und wurde später Pazifist.

Harden hat eine Sturmflut von frankierter Entrüstung ins Haus bekom­men: In seinem Brief vom 3. Nov. 1892 schreibt Maximilian Harden an Rudolf Steiner: « . ich bringe eine Entgegnung [von Paul Barth, siehe obenl auf Ihren Artikel, der mir eine ganze Sturmflut von frankierter Entrüstung eingetragen hat.«

Eine brieflustige Ethikerin: Lily von Kretschman (Halberstadt 1865-1916 Zehlendorf b. Berlin), Schriftstellerin und Vorkämpferin der sozialistischen Frauenbewegung; heiratete 1893 den Philosophen Georg von Gizicky, der 1895 starb, dann 1896 den Sozialistenführer Georg Braun; sie ist die Herausgeberin des Werkes «Aus Goethes Freundes­kreis. Erinnerungen der Baronin Jenny von Gustedt«, Braunschweig 1892; sie schrieb: «Die Frauenfrage», Leipzig 1901; «Memoiren einer Sozialistin«, 2 Bde.' München 1909-11; »Im Schatten der Titanen«, Stuttgart 1908, u.a.

Ferdinand Tönnies (Riep bei Oldenwort 1855-1936 Kiel), Soziologe, lehrte vor allem in Kiel.

eine besondere Broschüre: Über die Broschüre von Ferdinand Tönnies, »Ethische Kultur und ihr Geleite. Nietzsche-Narren in >Gegenwart> und

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>Zukunft»> (Berlin 1893) sagt Rudolf Steiner u.a. in dem Aufsatz »Moral und Christennam»' in«Magazin für Literatur», 69. Jahrg., Nr.31, 32, 33 u. 34 (4., 11., 18. u. 25.Aug.1900), wiederabgedruckt in »Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884-1901. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie, Naturwissenschaft, Ästhetik und Seelenkunde«, GA Bibl.­Nr.30, Dornach 1961, S. 207 ff.: «Wie wenig Verständnis für die ethischen Anschauungen Goethes sowohl, wie für eine Ethik der Freiheit und des Individualismus im allgemeinen in der Gegenwart vorhanden ist, zeigt folgender Umstand. Ich habe im Jahre 1892 in einem Aufsatz der «Zukunft» (Nr.5) mich für eine antiteleologische monistische Auffas­sung der Moral ausgesprochen. Auf diesen Aufsatz hat Herr Ferdinand Tönnies in Kiel in einer Broschüre >Ethische Kultur und ihr Geleite. Nietzsche-Narren in Zukunft und Gegenwart> (Berlin 1893) geantwor­tet. Er hat nichts vorgebracht als die Hauptsätze der in philosophische Formeln gebrachten Philistermoral. Von mir aber sagt er, daß ich >auf dem Wege zum Hades keinen schlimmeren Hermes> hätte finden können als Friedrich Nietzsche. Wahrhaft komisch wirkt es auf mich, daß Herr Tönnies, um mich zu verurteilen, einige von Goethes >Sprlchen in Prosa> vorbringt. Er ahnt nicht, daß, wenn es für mich einen Hermes gegeben hat, es nicht Nietzsche' sondern Goethe war. Ich habe die Beziehungen der Ethik der Freiheit zur Ethik Goethes bereits in der Einleitung zum 34. Bande meiner Ausgabe von Goethes Naturwissenschaftlichen Wer­ken dargelegt. Ich hätte die wertlose Broschüre Tönnies' nicht erwähnt, wenn sie nicht symptomatisch wäre für das in manchen Kreisen herr­schende Mißverständnis der Weltanschauung Goethes. - Nicht alles menschliche Handeln trägt diesen freien Charakter. In vielen Fällen besitzen wir die Gesetze für unser Handeln nicht als Wissen. Dieser Teil unseres Handelns ist der unfreie Teil unseres Wirkens. Ihm gegenüber steht derjenige, wo wir uns in diese Gesetze vollkommen einleben. Das ist das freie Gebiet. Sofern unser Leben ihm angehört, ist es allein als sittliches zu bezeichnen. Die Verwandlung des ersten Gebietes in ein solches mit dem Charakter des zweiten ist die Aufgabe jeder individuel­len Entwicklung, wie auch jener der ganzen Menschheit. - Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.«

Auch die Sozialdemokraten fallen über mich her: Siehe dazu «Die neue

Zeit», Stuttgart, XI. Jahrg. 1892/93, l. Bd., Nr.9 v. 16. Nov. 1892:

(Anonym). «Allerlei Ethik».

341. Zu der Korrespondenz zwischen Rudolf Steiner und Ernst Haeckel siehe «Lebensgang», XV. Kapitel. Über seine Einstellung zum Monismus überhaupt äußerte sich Rudolf Steiner später in einem Vortrag (Stuttgart, 1.Sept.1921) wie folgt: «Aus dem Duktus Haeckelschen Denkens, wie es sich äußerte in seiner Altenburger Monismusrede [siehe Hinweis zu Brief 344] ging mir hervor, wie man alle Forschung im monistischen Sinne zu gestalten habe. Man kann ja selbstverständlich viel diskutieren über die Einzelheiten, die von diesem Monismus vorgebracht werden. Da wird

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man gewiß in vielem vieles einzuwenden haben, aber gegenüber dem Grundnerv monistischer Denkungsweise habe ich im Grunde genom­men gerade von meinem anthroposophischen Standpunkt aus nichts einzuwenden. Insofern der Monismus aus einer richtigen Anschauung richtiger Forschungsergebnisse hervorgeht, führe ich keine Polemik gegen ihn. Ich kann nichts dafür, daß ich vom anthroposophischen Standpunkt aus den Inhalt des Monismus bejahen muß, daß ich aber auf der andern Seite, trotzdem ich zu allem ja sage, was der berechtigte Monismus zu sagen hat, noch anderes hinzuzufügen habe. Daß dieses andere gerade von Monisten bekämpft wird, ist, indem ich von den eben charakterisierten Voraussetzungen ausgehe, nicht meine Sache, sondern ihre Sache. « («Anthroposophie, ihre Erkenntniswurzeln und Lebens-früchte», CA Bibl.-Nr. 78, Dornach 1968, S. 72 f.)

«Ethik und Weltanschauung», in «Die Zukunft«, l. Bd., Nr.7 v. 12. Nov. 1892, S. 309ff. Die Zustimmung (S.315) lautet: «Insbesondere stimme ich den Einwürfen zu, welche u.a. Herr Rudolf Steiner (Weimar) im 5. Hefte der >Zukunft> (vom 29. Oktober) geäußert hat.»

«Die Weltanschauung der monistischen Wissenschaft», in der Monats-schrift «Freie Bühne für den Entwicklungskampf der Zeit», 3. Jahrg., Heft 11 v. Nov. 1892, S. 155 ff. (betrifft auch die «Gesellschaft für ethische Kultur»).

wegen meiner Weltanschauung Man beachte, daß hier Rudolf Steiner von «meine Weltanschauung» spricht was durchaus im Sinne seiner eigenen selbstandigen Weltanschauung zu verstehen ist die im zweiten Absatz des Briefes naher charakterisiert wird Sie war in aller Deutlich keit von Rudolf Steiner schon ausgesprochen in den «Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» (Kurschner) 1883 ff und tritt, gerade bezuglich ihres Hinausgehens uber Haeckel besonders scharf präzisiert in Erscheinung in dem Vortrag «Einheitliche Naturan­

schauung und gehalten in Wien im Wissenschaftli­

chen Klub am 21. Februar 1893 (wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie » 5 47 ff.), dann in seiner «Philo­sophie der Freiheit».

Professor Tönnies: Siehe Hinweis zu Brief 340.

in der «Neuen Zeit«: Siehe Hinweis zu Brief 340 (Auch die Sozialdemo­kraten . . .).

wie gegen das moderne Ignorabimus: Siehe Emil Du Bois-Reymond, «Über die Grenzen des Naturerkennens», Leipzig 1872 (hierin ist das oft zitierte «Ignorabimus» enthalten).

342. Anna Eunike (Beelitz b. Potsdam 8.5.1853-19.3.1911 Lankwitz b. Berlin). Seit 31. Oktober 1899 Anna Steiner. Siehe die nachfolgend wiedergegebenen Ausführungen aus dem «Lebensgang», XX. Kapitel:

«In der Familie, die der weimarische >unbekannte Bekannte> [Eugen Friedrich Eunike] zurückgelassen hatte, wohnte ich den weitaus größten Teil der Zeit, die ich in Weimar verlebt habe. Ich haue einen Teil der

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Wohnung für mich; Frau Anna Eunike' mit der ich bald innig befreundet wurde, besorgte für mich in aufopferndster Weise, was zu besorgen war. Sie legte einen großen Wert darauf, daß ich ihr in ihren schweren Aufgaben bei der Erziehung der Kinder zur Seite stand. Sie war als ,Witwe mit vier Töchtern und einem Sohne nach Eunjkes Tod [29. Juni 18821 zurückgeblieben.

Die Kinder sah ich nur, wenn eine Gelegenheit dazu herbeigeführt wurde. Das geschah oft, denn ich wurde ja ganz als zur Familie gehörig betrachtet. Die Mahlzeiten, mit Ausnahme der am Morgen und der am Abend, nahm ich aber auswärts ein.

Da, wo ich solch schönen Familienanschluß gefunden hatte, fühlte ich mich wahrlich nicht allein nur wohl. Wenn die jüngeren Besucher der Goethegesellschaftsversammlungen aus Berlin, die sich enger an mich angeschlossen hatten, einmal ganz gemütlich >unter sich> sein wollten, da kamen sie zu mir in das Eunikesche Haus. Und ich habe, nach der Art, wie sie sich verhalten haben, allen Grund, anzunehmen, daß sie sich da recht wohl fühlten.

Gerne fand sich auch Otto Erich Hartleben, wenn er in Weimar war, da ein. Das Goethe-Brevier, das er herausgegeben hat, ist da in wenigen Tagen von uns beiden zusammengestellt worden.

Von meinen eigenen größeren Schriften sind dort die >Philosophie der Freiheit> und >Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit> entstanden.

Und ich denke, auch mancher weimarische Freund verlebte ganz gerne ein - oder auch mehrere - Stündchen bei mir im Eunikeschen Hause.«

Anschließend sei noch eine Stelle aus dem «Lebensgang«, XXVII. Kapitel, zitiert: «Mein äußeres Privatleben [nach der 1897 erfolgten Übersiedlung nach Berlin] wurde mir dadurch zu einem äußerst befriedi­genden gemacht, daß die Familie Eunike nach Berlin gezogen ist, und ich bei ihr unter bester Pflege wohnen konnte, nachdem ich kurze Zeit das ganze Elend des Wohnens in einer eigenen Wohnung durchgemacht hatte. Die Freundschaft zu Frau Eunike wurde bald darauf in eine bürgerliche Ehe umgewandelt.» Anna Steiner äußerte sich noch kurz vor ihrem Tode zu ihrer Tochter Wilhelmine (Minni): «Die Zeit mit Rudolf Steiner ist doch die schönste meines Lebens gewesen.«

An dieser Stelle sei noch vermerkt, daß keine Briefe von Anna Eunike an Rudolf Steiner erhalten sind.

von meinem Freunde Zitter: Siehe Hinweis zu Brief 77.

die große Sarah: Die berühmte französische Tragödin Sarah Bernhardt (Paris 1844-1923 ebd.), die in klassischen und modernen Rollen an der «Comédie Francaise«, am «Theätre des Nations« und auf weltweiten Gastspielreisen auftrat und Lustspiele, Romane, Novellen und Memoi­ren schrieb.

343. Korrektur von Harden: Betrifft Korrektur des Aufsatzes «Alte und neue Moralbegriffe«, der in «Die Zukunft«, 2. Bd., Nr.16 v. 14. Jan. 1893 erschien; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887-1901«, GA Bibl.-Nr. 31, Dornach 1966, S. 180ff.

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344. Ernst Haeckel, «Der Monismus als Band zwischen Religion und Wissen­schaft. Glaubensbekenntnis eines Naturforschers, vorgetragen am 9.

Oktober 1892 in Altenburg beim 75jährigen Jubiläum der Naturfor­schenden Gesellschaft des Osterlandes«, Bonn 1892.

Aufsatx «Alte und neue Moralbegriffe»: Siehe Hinweii zu Brief 343.

wie ich den Ausdruck »Normwissenschaft» gebrauche: Die betreffende Stelle lautet: «Die Ethik als >Normwissenschaft> hinstellen, zeugt von einem vollständigen Verkennen des Charakters einer Wissenschaft. Die Naturwissenschaft sieht ihren Fortschritt darin, daß sie die Ansicht überwunden hat, wonach in den Einzelerscheinungen sich allgemeine Normen, Typen, gemäß dem Prinzip der Zweckmäßigkeit realisieren. Sie forscht nach den realen Grundlagen der Erscheinung. Erst wenn die Ethik eben so weit ist daß sie nicht nach allgemein sittlichen Idealen, sondern nach den wirklichen Tatbestanden des Handelns fragt die in der konkreten Individualitat des Menschen liegen erst dann darf sie als eine der Naturlehre ebenburtige Wissenschaft angesehen werden Diese Ausführungen zeigen daß Rudolf Steiner die Ethik nach denselben Grundsätzen gestalten will die fur die neuere Naturwissenschaft gelten Dies ist auch die Intention Ernst Haeckels der sagt (vgl Der Monismus (s.o.), S. 45 Anmerkung 19) «Ebenso wie ich fur die gesamte Wissen schaft die monistische Basis allein als vernunftige anerkenne ebenso verlange ich dieselbe auch fur die Ethik « Obwohl Haeckel hiermit die Ethik auf eine neue wissenschaftliche Grundlage stellen will bezeichnet er in derselben Anmerkung die Ethik doch noch im althergebrachten Sinne als «Normwissenschaft« Nach dem strengen philosophischen Sprachgebrauch ist aber fur eine solche Ethik die Bezeichnung Norm wissenschaft« eigentlich nicht mehr ganz entsprechend Deswegen hatte Rudolf Steiner in seinem Aufsatz «Alte und neue Moralbegriffe« (s o)

- ehe er die Haeckelsche Anmerkung zu Gesicht bekam geschrieben «Die Ethik als >Normwissenschaft> hinstellen zeugt von einem vollstan digen Verkennen des Charakters einer Wissenschaft « Da nun Haeckel zwar den Ausdruck Normwissenschaft« fur die Ethik gebraucht dabei aber tatsachlich nicht mehr die alte zu uberwindende normative Ethik im Sinne hat macht Dr Steiner die Bemerkung «ich hatte [den Ausdruck] gerne vermieden « Er verzichtet also hier Haeckel gegenuber auf eine Terminologie, um für diesen die sachliche Ubereinstimmung deutlicher hervortreten zu lassen.

die drei ersten von mir für die Weimarer Goethe-Ausgabe bearbeiteten Bände von Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften: Der 6., 7. und 9. Band der II. Abteilung der Weimarer Ausgabe.

zum ersten Male gedruckte Aufsätze: «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften« (Weimarer Ausgabe), 6. Band, S. 279-362: «Metamorphose der Pflanzen. Zweiter Versuch. Einleitung» und «Vorarbeiten zu einer Physiologie der Pflanzen« - 7. Band, S. 217-224: «Einleitung zu einer allgemeinen Vergleichungslehre».

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345. die drei ersten Bände Ihrer wertvollen Bearbeitung von Goethes Natur-wissenschaftlichen Schriften: Siehe Hinweis zu Brief 344.

Aufsatz über «Alte und neue Moralbegriffe»: Siehe Hinweis zu Brief 343.

Meine Eisenacher Rede: Ernst Haeckel' «Die Nawranschauung von Darwin, Goethe und Lamarck. Vortrag in der ersten öffentlichen Sitzung der 55. Versamnlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Eisenach am 18. September 1882», Jena 1882.

346. Ihre «Anthropogenie»: Ernst Haeckel' «Anthropogenie oder Entwick­lungsgeschichte des Menschen», 4. Aufl., Teil 1 u. 2, Leipzig 1891.

Vortrag über «Einheitliche Naturauffassung und Erkenntnisgrenzen »:

Siehe Hinweis zu Brief 347.

Denselben Vortrag hoffe ich dann bald daraufauch in Weimar halten zu können: Die Wiederholung des Vortrages in Weimar ist nicht nachweis­bar.

Eisenacher Rede: Siehe Hinweis zu Brief 345.

347. Felix Karrer war der l. Sekretär des Wissenschaftlichen Klubs in Wien.

mein Vortrag: Der Vortrag »Einheitliche Naturanschauung und Er­kenntnisgrenzen», gehalten am 20. Februar 1893 in Wien (siehe dazu den folgenden Brief); erste Publikation in »Monatsblätter des Wissenschaftli­chen Klubs in Wien», XIV. Jahrg., Nr. 10 v. 15. Juli 1893, S. 89 ff.; wiederabgedruckt in »Methodische Grundlagen der Anthroposophie . . .«, GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 47 ff.

348. Mein Vortrag: Siehe den vorstehenden Hinweis.

Montag abends: Am 20. Februar 1893.

349. Mein Vortrag: Siehe Hinweis zu Brief 347.

350. ob Sie uns denselben für unsere «Monatsblätter» überlassen möchten:

Dieser Bitte wurde von Rudolf Steiner entsprochen. Siehe den Hinweis zu Brief 347.

Antwort: Der Antwortbrief Rudolf Steiners ist nicht erhalten.

351. zu Deinem Namensfeste, liebe Mutter: 9. März (Franziska).

eine Audienz: Im Zusammenhang mit den Bemühungen um eine Anstel­lung als Dozent für Philosophie an der Technischen Hochschule in Wien. Siehe hierzu Brief 418 und auch die Briefe 335 und 336 sowie den Hinweis zu Brief 335.

dem Ministerium zu Ostern mein Buch vorzulegen: Dem Erziehungs­und Unterrichts-Ministerium »Die Philosophie der Freiheit» vorzule­gen. Rudolf Steiner war zu dieser Zeit mit dem Abschluß der Erstellung

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des Manuskriptes beschäftigt und hoffte, daß bis Ostern das Buch vorliegen würde. Siehe hierzu auch Brief 353.

Vom Wissenschaftlichen Klub erhalte ich soeben ein Schreiben: Siehe den vorangehenden Brief.

Poldi: Leopoldine, Rudolf Steiners Schwester.

352. Ihr lieber Brief Vom 13. März 1893.

Frau Eunike: Siehe Hinweis zu Brief 342.

ein unerwarteter E'folg: Im oben genannten Brief schreibt Frau Mayre­der: »Ich bemerke eben, daß ich vergessen habe, Ihnen zu sagen, daß es der eben gegründete Allgem. Österr. Frauen-Verein ist, dem ich eine so unerwartete Förderung und so viele umfassende Versprechen verdanke; zu seinen männlichen Vertretern gehören u.a. die Abgeordneten Per-nerstorfer und Prof. Masaryk. Ich bin so erstaunt über die enthusiasti­sche Aufnahme meiner Schriften in diesem Kreise, daß ich noch kaum daran zu glauben wage.»

mein zukünftiges Buch: »Die Philosophie der Freiheit».

Zitter: Siehe Hinweis zu Brief 77.

353. die Fertigstellung des Druckes meines Buches: Die Fertigstellung des Druckes der »Philosophie der Freiheit».

Meinen Vortrag: Der Vortrag «Einheitliche Naturanschauung und Er­kenntnisgrenzen» erschien erst am 15. Juli. Siehe Hinweis zu Brief 347.

354. Ihre Briefe vom 4. März und 30. Mai: Von den beiden Briefen ist nur der vom 30. Mai 1893 erhalten, daneben noch ein weiterer vom 8. April 1893, in welchem der Brief vom 4. März erwähnt ist.

Bandeinteilung von Schopenhauers Werken: Siehe Brief 356.

meine Überzeugung über den Wert der Bremerschen Handexemplare:

Aus dem oben genannten Brief vom 8. April 1893 geht hervor, daß dem Brief der J.G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger vom 4. März ein Brief des Herrn Friedrich Bremer aus Leipzig beigelegt war, den Rudolf Steiner beantworten sollte. Die Antwort erfolgt in Brief 356. Die Bremerschen Handexemplare sind die mit Papieren durchsehossenen Werke Schopenhauers, 1852 testamentarisch an den Privatgelehrten Dr. Franz Frauenstädt vermacht. Im Jahre 1879 nach dem Tode Frauenstädts an dessen Bruder übergegangen, alsbald an ein Leipziger Antiquariat verkauft, wurden sie von dort durch den Handeissehullehrer Friedrich Bremer erworben, der sie einer eigenen Ausgabe der Werke Schopenhau­ers zugrundezulegen gedachte und sie deshalb anderen vorenthielt. Doch konnte Grisebach sie für die von ihm vorgesehene Ausgabe «während einiger Stunden« durchsehen, ohne jedoch ihren Inhalt verwerten zu können. Für die von Deussen in Angriff genommene Ausgabe hatte man

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die Hoffnung auf die Handexemplare aufgegeben. Aber 1902 gingen sie nach dem Tode Bremers (1901) in den Besitz des Referendars a. D. Albert Graeber, Leipzig, über, der die Auswertung Deussen zur Verfügung stellte (siehe Schopenhauer, Sämtliche Werke, herausgegeben von Arthur Hübscher, Leipzig 1937, 1. Bd., S. VII u. S.14 ff.).

355. Unterach: Siehe Hinweis zu Brief 147.

Mein Buch: «Die Philosophie der Freiheit», die im Dezember 1893 erschien.

daß ich zu Goethes Gehurtstag in Frankfurt am Main die Festrede halten werde: «Goethes Naturanschauung gemäß den neuesten Veröffent­lichungen des Goethe-Archivs», Festvortrag, gehalten am 27. August 1893 im Freien Deutschen Hochstift zu Frankfurt am Main, Autorreferat in »Berichte des Freien Deutschen Hochstiftes zu Frankfurt a.M.» 1894, Heft 1; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthropo­sophie...», GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 69 ff.

,n meinem Merkur-Antikel «Bildung und Üherbil dung»: Siehe den Hinweis zu Brief 327 (Richard Specht, »Sündentraum . . .»).

Ahlwardts und Försters: Her»nann Ahlwardt (Anklam 18461914 Leip­zig), antisemitischer Agitator und Schriftsteller, Urheber des sogen. »Judenflintenprozesses» 1892. - Bernhard und Paul Förster (Brüder, Schwäger Nietzsches), Antisemiten, der erstere Urheber der 1881 dem Reichskanzler überreichten «Antisemitenpetition». Bernhard Förster war verheiratet mit Elisabeth Förster-Nietzsche.

ein maßlos alberner Mensch: Der im Mai 1893 wegen Ablehnung der Militärvorlage aufgelöste Reichstag wurde am 4. Juli nach erfolgten Neuwahlen wieder eröffnet. Am 15. Juli war die Militärvorlage mit geringen Abstreichungen angenommen worden. Diese Vorgänge hatten schon die Gemüter erregt. Auffallen mußte aber auch bei den Wahlen die Zunahme des Antisemitismus durch das Aufgehen der »Antisemitischen Volkspartei» in die «Deutsche Reformpartei« unter Führung des antsse­mitischen Agitators Otto Böckel (Frankfurt a.M. 1859-1923 Michen­dorf/Mark), des Redakteurs des antisemitischen «Reichsherold». Die Partei hatte nunmehr 16 Sitze inne gegen 5(1890). -Die Erwähnung von zwes Sitzen im Briefe dürfte sich auf den Zusammenschluß der beiden Parteien beziehen.

Karl Lueger (Wien 18441910 ebd.), österreichischer Politiker, seit 1885

Mitglied des Abgeordnetenhauses, früher Demokrat, dann Führer des

schwarz-gelben Flügels der Antisemiten. Nach langen Kämpfen 1897

Bürgermeister von Wien.

356. die Bremersche Zuschrift: Siehe Hinweis zu Brief 354.

Frauenstädt: «Arthur Schopenhauers sämdiche Werke. Herausgegeben von Julius Frauenstädt«, 6 Bde., Leipzig 1873-1874; 2. verbesserte Aufl. 1878.

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die sorgfältigen Studien Eduard Grsebacbs: «Arthur Schopenhauers sämtliche Werke in sechs Bänden. Herausgegeben von Eduard Grise­bach», Leipzig 1891-1893.

Eduard Grisebacb (Göttingen 1845-1906 Charlottenburg), Schriftsteller, 1872-89 im deutschen diplomatischen Dienst, erregte zuerst Aufsehen durch seine anonym erschienen Dichtungen «Der neue Tannhauser Berlin o J (1869) und «Tannhauser in Rom«, Wien 1857, ihnen folgten die Studien Die deutsche Literatur seit 1770» Wien 1876 und Das Goethische Zeitalter der deutschen Dichtung», Leipzig 1891, G C Lichtenbergs Gedanken und Mazimen« Lespzig 1871 sowie neue Ausgaben von H v Kleists Werken Leipzig 1884 von G A Burgers Werken Berlin 1889 E T A Hoffmanns «Sämtlichen Werken« Leipzig 1900, 15 Bde, und Grabbes «Samtlichen Werken», Berlin 1902, 4 Bde Große Verdienste erwarb er sich durch seine Textrevision der Werke Schopenhauers nach den in Berlin liegenden Handschriften Ergebnisse dieser Arbeit sind: Edita und Inedita Schopenhaueriana« Leipzig 1888 die obengenannte Schopenhauer Ausgabe, der «Handschriftliche Nach laß Schopenhauers« in 4 Banden Leipzig 1892, außerdem schrieb er »Schopenhauers Leben« Berlin 1897 und gab des Philosophen »Gespra che», Berlin 1898 heraus

357. Goethehaus: Das Eltern- und Geburtshäus des Dichters am Großen Hirschgraben in Frankfurt a.M., heute Goethe-Museum und zugleich Sitz des Freien Deutschen Hochstihs; 1944 kriegszerstört, 1952 neu errichtet.

358. einige kleine Nachträg: Siehe den 4 Band Schluß des 2. Halbbandes.

die Einleitungen zu den beiden Halbbanden Der erste Haibband bringt die Einleitung zu den «Materialien zur Geschichte der Farbenlehre» Diese Einleitung bildet das Kapitel XVII der unter dem Titel «Einleitun gen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften« erschienenen g melten Einleitungen Rudolf Steiners (GA Bibl Nr 1) Der zweite Halbband hat zwei Einleitungen eine zu den «Spruchen in Prosa»» (Kap XVIII der «Einleitungen.. .») und die andere zu dem Dramenfragment »Das Mädchen von Oberkirch».

die Frage bezüglich des Quart-Lexikons: 1894 erschien eine Neubearbei­tung von «Kürschners Quart-Lexikon». Hier geht es um die Vorarbeiten dazu, soweit sie Mineralogie und Bergbau betreffen. Siehe Hinweis zu Brief 203.

359. Vincenz Knauer (1828-1894), Privatdozent für Philosophie in Wien; schrieb «Geschichte der Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Neuzeit», Wien 1882, und «Die Hauptprobleme der Philosophie in

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ihrer Entwicklung und teilweisen Lösung von Thales bis Robert Hamer­ling», Wien und Leipzig 1892.

von Ihrer . . . Besprechung meines jüngst verbrochenen Buches: »Zur Geschichte der Philosophie», in «Literarischer Merkur«, XIII. Jahrg., Nr.12v. 25. März 1893; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie . . .», GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 327 ff

Meine Promotionsschrifi: »Ein Votum für Hegel», Wien 1867.

in der Güntherschen Philosophie: Anton Günther (Lindenau, Böhmen 1783-1863 Wien), katholischcr Theologe und Philosoph; in seinem Hauptwerk «Vorschule zur spekulativen Theologie des positiven Chri­stentums», Wien 1828-1829,2 Bde. (2. Aufl. 1846-1848) erneuerte er den Dualismus und Theismus Descartes'. 1857 kamen seine Schriften auf den Index.

Johann Friedrich Herbärt (Oldenburg l776-1841 Göttingen), Philosoph und Pädägoge; siehe über ihn Rudolf Steiner, »Die Rätsel der Philo­sophie», GA Bibl.-Nr. 18, Dornach 1985, S. 256 ff.

Hermann Lotze (Bautzen 1817-1881 Berlin); siehe »Die Rätsel der Philosophie», S. 503 ff.

Hämerling: Siehe »Die Rätsel der Philosophie», S. 524 ff. und Hinweis zu Brief 283.

Benedirtus de Spinoza (Amsterdam 1632-1677 im Haag); siehe über ihn «Die Rätsel der Philosophie», bes. 113 ff.

Väter Kant: Siehe das Kapitel «Das Zeitalter Känts und Goethes» in »Die Rätsel der Philosophie», S. 137 ff.

360. Emil Felber: Der Verleger der «Philosophie der Freiheit«. Siehe auch die Hinweise zu Brief 311 und 321.

Der Schluß des Manuskriptes: Das Manuskript der «Philosophie der Freiheit».

361. solche Angriffe, wie der Bremersche einer ist: Siehe Hinweis zu Brief 354.

362. Ihren. . . Brief vom 16. September 1893: Siehe Brief 359.

Prof Tönnies in Kiel hat eine besondere Broschüre geschrieben, als

Antwort aufeinen Journal-Artikel von mir: Siehe die beiden Hinweise zu

Brief 340 (eine besondere Broschüre . und: meinen Artikel in der

»Zukunft»).

im 2. Bände meines Kommentars zu Goethes wissenschaftlichen Schrif­ten: Im 2. Bande von Goethes »Näturwissenschäftlichen Schriften» in der Kürschner-Ausgabe.

Eduard von Hartmann: Siehe Hinweis zu Brief 64.

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die «Philosophie des Unbewußten»: Eines der Hauptwerke Eduard von Härtmänns; es erschien 1869 in Berlin.

lhrem letzten Buche: Vincenz Knäuer, »Die Hauptprobleme der Philo­sophie in ihrer Entwicklung und teilweisen Lösung von Thales bis Robert Hamerling», Wien 1892.

aus meiner Besprechung Siehe Hinweis zu Brief 359

die Bitte . sich irgendwo uber mein Buch offentlirh auszusprechen Siehe den Brief 365

363. Robert Saitschick (Mistilave Litauen 1867 1965 Horgen am Zurichsee)

Literärhistoriker und Philosoph 1895 1914 Professor in Zurich

19141923 in Koln schrieb »Die Weltanschauung Dostojewskis und

Tolstois», Neuwied 1893, »Meister der Schweizer Dichtung im 19.

Jahrhundert», Frauenfeld 1894, «Goethes Charakter», Stuttgart 1898,

«Genie und Charakter«, Berlin 1900, u.a.

aus den . . . heiden Rezensionen: In «Literarischer Merkur», XIII. Jahrg., Nr.5 v. 4. Febr. u. Nr.32 v. 19. Aug. 1893; wiederäbgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Literatur 18841902», GA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S. 169 f. u. 170 ff.

in der »Neuen eit . ,

Ihren Aufiatz über Ibsen . Z . »: Robert Saitschick »Die

Weltanschauung Henrik Ibsens», in »Die Neue Zeit» (Stuttgart), XI.

Jahrg. 1892-93, II. Bd., Nr.38, S. 334 ff.

in meinem Kommentar zu Goethes wissenschaftlichen Schriften: Im 2. Band von Goethes »Naturwissenschaftlichen Schriften» in der Kür­schner-Ausgabe.

Wenn Sie die Güte hätten, sich irgendwo öffentlich über meine Schrift «Philosophie der Freiheit« auszusprechen: Es konnte bis jetzt nicht in Erfahrung gebracht werden, ob eine Besprechung durch Robert Sait­schick erfolgt ist.

364. Ich habe nun Ihr Buch durch gelesen: Rudolf Steiner äußert sich dazu wie folgt: »Als 1894 meine «Philosophie der Freiheit» gedruckt wär, übergab ich das Buch persönlich Eduard von Hartmann... Mit meinen Erwar­tungen bezüglich einer Auseinandersetzung über die «Philosophie der Freiheit» hatte ich mich nicht getäuscht. Denn Eduard von Hartmann beehrte mich wenige Wochen nach der Überreichung des Buches nicht nur mit einem freundlichen Schreiben [siehe den vorliegenden Brief], sondern er sandte mir auch das ihm übergebene Exemplar des Buches mit seinen zum Teil sehr ins einzelne gehenden Bemerkungen und Einwen­dungen, die er fast Seite für Seite in das Buch eingetragen hatte. Am Schlusse hatte er den Gesamteindruck in zusammenfassenden Sätzen verzeichnet. Er hätte sein Urteil so scharf gestaltet, daß mir in seinen Worten das Schicksal vor die Seele treten konnte, das meine Weltan­schauung innerhalb des zeitgenössischen Denkens finden mußte.» («Die

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Geisteswissenschaft als Anthroposophie und die zeitgenössische Er-kenntnistheorie. Persönlich-Unpersönliches», in «Philosophie und An­throposophie. Gesammelte Aufsätze 1904-1923», GA Bibl.-Nr. 35, Dornäch 1984, S. 308/309.)

Ich erlaube mir, Ihnen die Randnotizen im Original zu übersenden:

Siehe hierzu die «Beiträge zur Rudolf Steiner-Gesamtausgabe» Nr.85!

86, Michaeli 1984: »Zur »Philosophie der Freiheit». Kommentäre und

Rändbemerkungen von Eduard von Hartmann».

die Aporien: Die logischen Zweifel; hier im Sinne von: die strittigen Punkte, die gedanklichen Schwierigkeiten oder: die fraglichen Stellen.

365. heim . . . vorläufigen Durchblicken des «Vorspiels»: Beim Durchblicken der Schrift «Wahrheit und Wissenschaft. Vorspiel einer »Philosophie der Freiheit» .

fesselte mich . . . bald der Inhalt so, daß ich es vom Anfang bis zu Ende las und nach meiner Gepflogenheit glossierte: Das von Vincenz Knauer glossierte Exemplar befindet sich im Archiv der Rudolf Steiner-Nachlaß-verwaltung.

Sehr gern werde ich Ihrem Wunsche, ein Referat zu bringen, entsprechen:

Es ist bis jetzt weder ein Referat von «Wahrheit und Wissenschaft» noch von der «Philosophie der Freiheit« bekanntgeworden. Auch muß be­dacht werden, daß Vincenz Knauer am 20. Juli 1894 verstarb.

366. John Henry Mackäy (Greenock, Schottland 1864-1933 Berlin), deut­scher Dichter und Schriftsteller schottischer Herkunft, vertrat unter dem Einfluß von Max Stirner einen individualistischen Anarchismus, wär Herausgeber von Stirners Werken und Biograph Stirners; sein Haupt­werk ist der Roman »Die Anarchisten», Zürich 1891. Siehe über ihn Rudolf Steiner, «Mein Lebensgang«, XXVII. Kapitel, den Aufsatz «John Henry Mackäys Entwickelung» in »Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884-1902«, GA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S. 258, und die Briefe 528 und 529.

Max Stirner, eigentlich Kaspär Schmidt (Bayreuth 1806-1856 Berlin), Philosoph, Junghegelianer, radikaler Individualist, Ubersetzer von Adam Smith und Kritiker Feuerbachs. Sein Hauptwerk ist «Der Einzige und sein Eigentum», Leipzig 1845. Gegen ihn vornehmlich richtete sich die «Deutsche Ideologie« von Marx und Engels. Siehe über ihn auch die Ausführungen Rudolf Steiners in »Der Individualismus in der Philo­sophie», erstmals veröffentlicht in dem Sammelwerk «Der Egoismus«, herausgegeben von Arthur Dix, Leipzig 1899; wiederäbgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie . . .», GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 99ff. Siehe auch das Kapitel »Nietzsches Entwicke­lungsgang», in Rudolf Steiner, «Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit«, GA Bibl.-Nr. 5, Dornach 1963, bes. S. 96 ff., und die beiden Aufsätze Rudolf Steiners: «Max Stirner» und »Voilä un homme», in »Das

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Magazin für Literatur», 67. Jahrg., Nr.26 v. 2. Juli und Nr.27v. 9. Juli

1898; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884-

1902«, GA Bibl.-Nr. 32, Dornäch 1971, S. 211 ff. u. 219ff.

in einem neu hinzukommenden Schlußkäpitel: Das hier beabsichtigte Schlußkapitel hat Rudolf Steiner bei der Neuauflage 1918 nicht aufgegrif­fen.

Arbeit über »Max Stirner und Eduard von Hartmann»: Über diese Arbeit ist nichts Näheres bekannt.

367. Kurt Eisner (Berlin 1867-1919 München), linkssozialistischer Literat

und Politiker; war führend beteiligt an der Revolution in München

November 1918 und war bayerischer Ministerpräsident bis zu seiner

Ermordung durch den Grafen Arco, durch die die Räterevolution in

München ausgelöst wurde.

aus meiner Besprechung Ihrer «Psychopathia spiritualis»: Besprechung der Schrift Kurt Eisners «Psychopathia spiritualis. Friedrich Nietzsche und die Apostel der Zukunft«, Leipzig 1892, in »Literarischer Merkur«, XIII. Jahrg., Nr.4 v. 28. Jan. 1893; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887-1901», GA Bibl.-Nr. 31, Dornach 1966, S. 467 ff.

in meiner Erkenntnistheorie: «Grundlinien einer Erkenntnistheorie der

Goetheschen Weltanschauung , GA Bibl.-Nr. 2.

wenn Sie . . . sich öffentlich über mein Buch aussprechen wollten: Eine Besprechung der «Philosophie der Freiheit» von Kurt Eisner war bisher nicht aufzufinden.

368. Mein Frankfurter Vortrag: Siehe den Hinweis zu Brief 355.

In Weimar will ich über das «Verbrechen vom psychologischen Stand­punkt» sprechen: Es handelt sich hier um den am 19. Januar 1894 in Weimar gehaltenen Vortrag «Genie, Irrsinn und Verbrechernim«, Be­richt (kein Autorreferat!) in »Weimarische Zeitung«, Nr.25 v. 31. Jan. 1894; wiederabgedruckt in «Rudolf Steiner/Veröffentlichungen aus dem literarischen Frühwerk« Bd. IV (-Heft 19), Dornach 1941, S. 184 ff.; zur Veröffentlichung in den «Beiträgen zur Rudolf Steiner-Gesamtausgabe» vorgesehen.

die Schrift von Richard Horn: «Der Kausälbegriff in der Philosophie und im Strafrechte. Rechtsphilosophische Untersuchung«, Leipzig 1893.

Emil Brüll: Der Bruder des Komponisten Ignaz Brüll.

369. Der auf die Zusendung der «Philosophie der Freiheit« antwortende Brief von Rosa Mayreder ist unter dem Datum vom S. April 1894 (siehe Brief 379) abgedruckt.

#SE039-544

Ausführung aufleite 225 und 226 über das Weib: Im Kapitel «Individua-lität und Gattung«.

Professur: Karl Mayreder war ab 1893 a.o. Professor für Baukunst der Antike an der Technischen Hochschule in Wien.

Schopenhauer-Buch von Kuno Fischer: In Kuno Fischers «Geschichte

der neuern Philosophie« behandelt der 8. Band (Heidelberg 1893) im

1. Buch «Schopenhauers Leben und Lehre« und im 2. Buch gibt Kuno

Fischer eine «Darstellung und Kritik der Lehre» Schopenhauers.

370. John Henry Mackay: Siehe den Hinweis zu Brief 366.

Besprechung in der «Freien Bühne»: Eine Besprechung in dieser Zeit­schrift ist nicht erfolgt.

Fräulein Reuter: Vermutlich ist damit Gabriele Reuter gemeint; siehe Hinweis zu Brief 409.

George Schumm, der Sohn deutscher Ausgewanderten, propagierte die

Schriften des deutschen individualistischen Anarchisten John M. Mackay

und übersetzte die Schriften des amerikanischen individualistischen

Anarchisten Benjamin Tucker ins Deutsche; er war ein enger Freund von

Tucker und von Mackay.

371. Die Cotta'sche Buchhandlung: Die Werke Schopenhauers, deren Her­ausgabe und Einleitung Rudolf Steiner übernommen hatte, wurden im Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger verlegt.

aus Ihrem lieben Briefe: Dieser Brief ist nicht erhalten.

ein Exemplar der »Freiheitsphilosophie»: Ein Exemplar der «Philosophie der Freiheit».

Ignaz Brüll: Siehe Hinweis zu Brief 322.

Ralph Waldo Emerson (Boston, Mass. 1803-1882 Concord, Mass.), amerikanischer Denker, Dichter und Essayist; bekannt durch sein Werk

«Essays on Representative Men«, London 1849, Boston 1850 («Reprä­sentanten der Menschheit«, deutsche Übersetzung 1895). Die hier zitierten Sätze sind die ersten im Kapitel «Goethe, or The Writer».

373. Ihr Buch: «Die Philosophie der Freiheit«.

374. Grisebach: Siehe Hinweis zu Brief 356.

Frauenstädt: Siehe Hinweis zu Brief 356.

375. Außer diesem und dem nachfolgenden Telegramm gibt es noch weitere

- wenig aussagende - Telegramme an die J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger, die die Herausgeber nicht aufgenommen haben. Es ist jedoch alles aufgenommen worden, was wesentliche Aussagen beinhal­tet.

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377. für Ihren letzten Brief Vom S. Januar 1894.

«Geist ist Teufel»: Goethe, «Faust II«, 1. Akt. (Worte des Kanzlers).

maßen: Veraltet für weil.

Feier zu Haeckeli 60. Geburtstag: Siehe den «Bericht über die Feier des sechzigsten Geburtstages von Ernst Haeckel am 17. Februar 1894 in Jena«, o.O. u.J. (1ena 1894). - Rudolf Steiner ist darin als «Beitragender» und als von auswärts erschienener «Freund Haeckels« genannt.

In Weimar sprach ich Ende Januar: Siehe Hinweis zu Brief 368.

379. Ihr Buch: «Die Philosophie der Freiheit«.

380. einige Bemerkungen, die Anordnung und Textbehandlung betreffend:

Siehe die Seiten 3032: «Bibliographisches und Textbehandlung» des 1.

Bandes der Schopenhauer-Ausgabe; wiederabgedruckt in «Biographien

und biographische Skizzen 1894-1905«, GA Bibl.-Nr. 33, Dornach

1967, S. 265 ff.

Das P.S.-Blatt fand sich zwischen den Briefen an den Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger, ohne daß die Zugehörigkeit zu einem der Briefe dem Datum nach feststellbar gewesen wäre. Die Herausgeber haben das Blatt an eine ihnen geeignet scheinende Stelle eingetügt.

382. Mila und Otto Bock: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Fräulein Winka: Die Schwester von Mila Bock.

dem Vortage des Goethefestes: Am 17. Mai 1894 fand in Weimar die 9. Generalversammlung der Goethe-Gesellschaft statt.

384. Elisabeth Förster-Nietzache (Röcken b. Lützen 1846-1935 Weimar), Schriftstellerin, Schwester Friedrich Nietzsches; schrieb eine Biographie ihres Bruders («Das Leben Friedrich Nietzsches», 1. Bd. Leipzig 1895,2. Bd. 1. Teil 1897,2. Bd. 2. Teil 1904), gab seine Werke heraus («Nietzsches Werke», Taschenbuch-Ausgabe, Bd. 1-10, Leipzig 1906, und «Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen«, Leipzig 1922) und gründete das Nietzsche-Archiv in Weimar. Das Verhältnis zu ihrem Bruder war nicht ohne Probleme und Spannungen - und Auseinander­setzungen. Ihre wissenschaftliche Tätigkeit ist umstritten. Siehe hierzu Rudolf Steiner, «Das Nietzsche-Archiv und seine Anklagen gegen den bisherigen Herausgeber. Eine Enthüllung» (I. Die Herausgabe von Nietztehes Werken, II. Zur Charakteristik der Frau Elisabeth Förster­Nietzsche), in «Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887-1901«, GA . -Nr.31, Dornach 1966, S. 505 ff. Karl Schlechta, «Der Fall Nietzsche», München 1959, und Heinz F. Peters, «Zarathu­stras Schwester», München 1983. Betont muß aber werden, daß das Verhältnis Rudolf Steiners zu Frau Förster-Nietzsche in den ersten

#SE039-546

Jahren ihrer Begegnung durchaus ein herzliches war. Siehe auch «Le­bensgang«, XVIII. Kap.

einen Blick in die Papiere des unvergleichlichen Mannes zu tun: Einen Blick in die Papiere Friedrich Nietzsches.

Ihrer Frau Mutter: Franziska Nietzsche, geb. Oehler (Pobles bei Wei­ßenfels 1826-1897 Naumburg), Friedrich Nietzsches und Elisabeth

Förster-Nietzsches Mutter. Siehe das Kapitel «Die Mutter« in Erich F.

Podach, «Gestalten um Nietzsche«, Weimar 1932, S. 7-33, und die

Schrift von Adalbert Oehler, «Nietzsches Mutter«, München 1940.

«Falstaff»: Oper von Guiseppe Verdi (Mailand 1893).

»Hänsel und Gretel»: Märchenoper von Engelbert Humperdinck, 1894 in Weimar zuerst aufgeführt.

«Guntram,: Oper von Richard Strauss (Weimar 1894)

386. wegen der Verspätung des 5. Bogens: Des S. Korrekturbogens des 1 . Bandes der Schopenhauer-Ausgabe.

Bogen 1 bis 4 des 2. Bandes: Ebenfalls Korrekturbogen.

387. Dr. Koegel: Siehe Hinweis zu Brief 101 und Hinweis zu Brief 414. daß ich zu Verdi kommen will: Zu Verdis Oper «Falstaff».

erstfür das Werk meines Mannes: Bernhard Förster gründete in Paraguay 1886 die deutsche Ansiedlung «Neu-Germanien» - eine Unternehmung, die fehlschlug und zum Selbstmord Försters führte.

388. den 4. Band des Schopenhauer: Das Manuskript zum 4. Band der Schopenhauer-Ausgabe.

393. Mitfolgend Band 5 der Schopenhauerschen Werke: Das Manuskript des S. Bandes.

397. Ihr geehrtes Schreiben vom 13. September: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Wir kommen mit zwölf Bänden ganz gut aus: In dem endgültigen Druck war die Einteilung der Schopenhauer-Ausgabe dann die folgende:

Band 1: Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden

Grunde.

Band 2: Die Welt als Wille und Vorstellung. - Erstes und zweites

Buch.

Erstes Buch: Der Welt als Vorstellung erste Betrachtung:

Die Vorstellung unterworfen dem Satze vom

Grunde: das Objekt der Erfahrung und Wis­

senschaft.

Zweites Buch: Der Welt als Wille erste Betrachtung: Die

Objektivation des Willens.

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Band 3: Die Welt als Wille und Vorstellung. - Drittes und viertes

Buch.

Drittes Buch: Der Welt als Vorstellung zweite Betrachtung:

Die Vorstellung, unabhängig vom Satze des

Grundes: Die Platonische Idee: das Objekt

der Kunst.

Viertes Buch: Der Welt als Wille zweite Betrachtung: Bei

erreichter Selbsterkenntnis, Bejahung und

Verneinung des Willens zum Leben.

Band 4: Kritik der Kantischen Philosophie.

Ergänzungen zum ersten Buch der «Welt als Wille und

Vorstellung» (Erste Hälfte: Die Lehre von der anschaulichen

Vorstellung. Zweite Hälfte: Die Lehre von der abstrakten

Vorstellung oder dem Denken).

Band 5: Ergänzungen zum zweiten und dritten Buch der «Welt als Wille und Vorstellung».

Band 6: Ergänzungen zum vierten Buch der «Welt als Wille und Vorstellung«. - Über den Willen in der Natur.

Band 7: Die beiden Grundprobleme der Ethik.

I. Über die Freiheit des menschlichen Willens.

II. Über das Fundament der Moral.

Band 8: Parerga und Paralipomena. Erster Teil.

Skizze einer Geschichte der Lehre vom Idealen und Rea­

len.

Fragmente zur Geschichte der Philosophie.

Über die Universitätsphilosophie.

Transcendente Spekulation über die anscheinende Ab­

sichtlichkeit im Schicksal des Einzelnen.

Band 9: Parerga und Paralipomena. Zweiter Teil.

Versuch über Geistersehen und was damit zusammen­

hängt.

Aphorismen zur Lebensweisheit.

Band 10: Parerga und Paralipomena. Dritter Teil.

Vereinzelte, jedoch systematisch geordnete Gedanken über

vielerlei Gegenstände.

Über Philosophie und ihre Methode.

Zur Logik und Dialektik.

Den Intellekt überhaupt und in jeder Beziehung betreffen­

de Gedanken.

Einige Betrachtungen über den Gegensatz des Dinges an

sich und der Erscheinung.

Einige Worte über den Pantheismus.

Zur Philosophie und Wissenschaft der Natur.

Zur Farbenlehre.

Zur Ethik.

Zur Rechtslehre und Politik.

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Zur Lehre von der Unzerstörbarkeit unseres wahren We­sens durch den Tod.

Nachträge zur Lehre von der Nichtigkeit des Daseins. Nachträge zur Lehre vom Leiden der Welt. Über den Selbstmord.

Nachträge zur Lehre von der Bejahung und Verneinung des Willens zum Leben.

Band 11: Parerga und Paralipomena. Vierter Teil.

Vereinzelte, jedoch systematisch geordnete Gedanken über

vielerlei Gegenstände.

Über Religion.

Einiges zur Sanskritliteratur.

Einige archäologische Betrachtungen.

Einige mythologische Betrachtungen.

Zur Metaphysik des Schönen und Ästhetik.

Über Urteil, Kritik, Beifall und Ruhm.

Über Gelehrsamkeit und Gelehrte.

Selbstdenken.

Über Schriftstellerei und Stil.

Über Lesen und Bücher.

Über Sprache und Worte.

Psychologische Bemerkungen.

Über die Weiber.

Über Erziehung.

Zur Physiognomik.

Über Lärm und Geräusch.

Gleichnisse, Parabeln und Fabeln.

Einige Verse.

Band 12: Über das Sehen und die Farben.

Vom Sehen.

Von den Farben.

Das Wesentliche aus dem Nachlaß.

Aus Schopenhauers Berliner Vorlesungen.

Aphorismen.

Lebensabriß.

Vitze curriculum Arthurii Schopenhaueri.

Notizen über mein Leben.

Über das Interessante.

Materialien zu einer Abhandlung: Über die seit einigen

Jahren methodisch betriebene Verhunzung der deutschen

Sprache.

398. auf meinen Brief Siehe den vorangehenden Brief.

400. wenn ich bis heute . . . mit dem Zurücksenden der »Philosophie der Freiheit» gezögert habe: Siehe hierzu den Hinweis zu Brief 364 (Ich habe nun Ihr Buch durchgelesen).

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auf Seite 115 bis 121: Die Seiten 115-121 in der i. Auflage der «Philosophie der Freiheit« sind im 8. Kapitel «Gibt es Grenzen der Erkenntnis?« enthalten.

Arthur Drews (Ütersen, Holstein 1865-1935 Achern), Philosoph; seit 1898 Professor in Karlsruhe. Drews ist Schüler Eduard von Hartmanns und vertritt eine pantheistische Metaphysik, die von ihm als »konkreter Monismus« bezeichnet wird Auf der Grundlage des »konkreten Monis mus» versuchte er eine «freie Reisgion» zu stiften Die geschichtliche Existenz Jesu wird von ihm bestritten Er schrieb Kants Naturphiloso phie als Grundlage seines Systems» Berlin 1891 »Die deutsche Spekula tion seit Kant mit Rucksicht auf das Wesen des Absoluten und die Persönlichkeit Gottes« 2 Bde Berlin 1893 «Das Ich als Grundproblem der Metaphysik» Freiburg i Br 1897 »Eduard von Hartmanns philo sophisches System im Grundriß», Heidelberg 1902; «Nietzsches Philo­sophie», Heidelberg 1904; »Die Religion als Selbstbewußtsein Gottes», Jena 1906, 2. Aufl. 1925, u.a.

Drews . . . in seiner Besprechung meines Buches: Die Besprechung von Arthur Drews »Eine Philosophie der Freiheit» erschien in der Wochen-schrift »Die Gegenwart«, Berlin, Bd. XLV, Nr.17v. 28. April 1894, S. 264 ff. und wurde in der 1 . Auflage dieses Bandes auf S. 322 ff. wiederabgedruckt.

Ihre Notizen xu meinem Buche: Siehe Hinweis zu Brief 364 (Ich erlaube mir . . .).

ein öffentliches Aussprechen Ihrer Einwendungen: Dies erfolgte von Eduard von Hartmann erst 1896 in einem Aufsatz »Die letzten Fragen der Erkenntnistheorie und Metaphysik» («Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Neue Folge», 108. Bd., Leipzig 1896, S. 54 ff. u. 211ff.), in welchem Rudolf Steiner unter Erwähnung seiner »Philo­sophie der Freiheit» in jene philosophische Gedankenrichtung eingereiht wird, die sich auf einen »erkenntnistheoretischen Monismus» stützen will. Siehe auch die 2. Auflage der «Philosophie der Freiheit» von 1918, S. 272 ff.

Die Antwort auf diesen Brief vom 1 . November 1894 schrieb Eduard von Hartmann erst am 13. Juni 1897 (siehe Brief 517).

401. KanJuhus Schröer: Siehe Hinweis zu Brief 1.

Ich wollte Ihnen mit meinem Briefe zugleich einen Aufsatz gedruckt vorhe gen: «Goethes Naturanschauung gemäß den neuesten Veröffent­lichungen des Goethe-Archivs»; Festvortrag, gehalten am 27. August 1893 im Freien Deutschen Hochstift zu Frankfurt am Main. Erstmals veröffentlicht in «Berichte des Freien Deutschen Hochstiftes, Neue Folge«, 10. Bd., Jg. 1894, H. 1; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884-1901 . . .», GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 69 ff.

Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

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daß Ihn Faust (2. Teil) nun auch in dritter Auflage erscheinen soll: «Faust von Goethe. Mit Einleitung und fortlaufender Erklärung herausgegeben von K.J. Schröer. Zweiter Teil«, 3. Auflage, Leipzig 1896. Der erste Teil war 1892 in 3. Auflage erschienen.

Schmerzlich hat mich das Verhalten des Wiener Goethe- Vereins gegen Sie berührt: Unmittelbar gemeint dürfte die sich verzögernde Entscheidung der Stadt Wien (Gemeinderat) über den Platz für das Goethe-Denkmal sein (siehe «Chronik des Wiener Goethe-Vereins«, IV. Bd. = s. Jahrg., Nr.11 v. 15. Nov. 1890, S. 45: Aus dem Wiener Goethe-Verein). Doch stieß Schröer mehr und mehr auch in anderen, das Denkmal betreffenden Fragen innerhalb des Vereins auf Schwierigkeiten, die ihn schließlich veranlaßten, seinen Austritt zu erklären (siehe «Chronik des Wiener Goethe-Vereins», VIII. Bd. - 9. Jahrg., Nr.6-12 v. 10. Okt. 1894, S. 22 ff.: Abschiedswort des Redakteurs).

Eduard von der Hellen: Siehe Hinweis zu Brief 200. Eduard von der Hellen war vom September 1894 bis i. April 1895 Mitarbeiter und

-herausgeber im Nietzsche-Archiv. Innerhalb der von Fritz Koegel 1894-97 herausgegebenen, nicht abgeschlossenen und später abgelösten Gesamtausgabe von Nietzsches Werken gab er die Bände III («Menschli­ches, Allzumenschliches II») und VII (»Jenseits von Gut und Böse») heraus. Über seine Mitarbeit im Nietzsche-Archiv siehe auch Heinz F. Peters, »Zarathustras Schwester«, München 1983, S. 195 f. - Das Nietz­sche-Archiv wurde im Jahre 1894 von Frau Elisabeth Förster-Nietzsche begründet. Über die wechselvolle Herausgebertätigkeit, die zeitweilig zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Frau Förster-Nietzsche und einzelnen Herausgebern führte, soll hier nicht berichtet werden. Jeden­falls lösten die Herausgeber verhältnismäßig schnell einander ab. Wir geben sie hier lediglich chronologisch wieder: 1894-97 Fritz Koegel, zu dem im September 1894 Eduard von der Hellen hinzutrat, nach einer Pause: Arthur Seidl und Hans von Müller (Oktober 1898 bis August 1899), August 1899 bis Herbst 1901 Ernst Horneffer, der bis zum Frühjahr 1903 Herausgeber blieb. Als Mitarbeiter und herausgeberische Berater wirkten später: Ernst Holzer, Raoul Richter, Otto Weiß, Otto Crusius, Wilhelm Nestle, Erwin Rohde, Max Heinze, Alois Riehl, Kurt Wachsmuth, Hans Vaihinger.

bis zum 12. Bande den Natunwissenschaftlichen Schriften: Dem 12. Bande von »Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» in der Weimarer Ausgabe.

402. Was Sie min üben meine «Philosophie der Freiheit» geschrieben: Siehe Brief 379.

Zu der angekündigten Reise nach Wien ist es nicht gekommen.

meine Schopenhauer-Abhandlung: Hiermit ist die Einleitung zu Scho­penhauers Werken gemeint; siehe den Wiederabdruck in »Biographien und biographische Skizzen 1894-1905». GA Bibl.-Nr. 33, Dornach 1967, S. 230 ff.

551

405. Ludwig Laistner: Siehe Hinweis zu Brief 295.

den 11. Band der 2. Abteilung der Goethe-Ausgabe: Der 11. Band der 2. Abteilung der Weimarer Ausgabe trägt den Titel: «Zur Naturwissen­schaft. Allgemeine Naturlehre I. Teil». Siehe auch Hinweis zu Brief 268 (Ich arbeite intensiv . . .).

Otto Harnack (Erlangen 1857-1914 durch Selbsnnord im Neckar), Literarhistoriker, Herausgeber von Goethes Schriften über bildende Kunst in der Weimarer Ausgabe.

Die von Hannack besprochenen Sprüche: Siehe Otto Harnack, «Goethe in der Epoche seiner Vollendung (1805-1832). Versuch einer Darstellung seiner Denkweise und Weltbetrachtung», Leipzig 1887 (2. Aufl. 1901).

407. Ihnen lieben Brief Vom 4. November 1894.

Ihre Philosophie den Freiheit: Siehe auch Brief 379.

Zitter: Siehe Hinweis zu Brief 77.

die Biographie Schopenhauers: Siehe Hinweis zu Brief 402.

Von meinem Mann: Karl Mayreder. Siehe Hinweis zu Brief 228, zu Brief 259 (Professor Staudigl) und zu Brief 369 (Professur).

an den Technik: An der Technischen Hochschule in Wien.

408. seit meinem vorjährigen Wintenvortrag: Siehe Hinweis zu Brief 368. Mein Chef: Bernhard Suphan. Siehe Hinweis zu Brief 200.

Dr. von den Hellen: Siehe Hinweis zu Brief 200 und zu Brief 401.

Was mich obenhält, ist meine Arbeit, von denen jetzigem Ergebnis Sie bald hören sollen: »Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit», Weimar 1895; jetzt GA Bibl.-Nr. S.

Die angekündigte Reise nach Wien im Januar oder Februar ist nicht zustandegekommen.

Nietzsches »Antichrist»: Im Jahre 1888 geschrieben, erschien «Der Antichrist. Versuch einer Kritik des Christentums« zuerst im Band VIII der i. Abteilung der Gesamtausgabe (Großoktav-Ausgabe) von Nietz­sches Werken 1895 in Leipzig (Beendigung des Druckes: Ende Oktober 1894).

Wie schade, daß Nietzsche... die anderen drei Teile seines Buches «Der Wille zur Macht»... nicht hat fertigstellen können: Im Nachbericht zu obenerwähntem Band führt der Herausgeber Fritz Koegel folgende Disposition Nietzsches an, auf die sich Rudolf Steiner hier offenbar bezieht:

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«Der Wille zur Macht

Versuch einer Umwertung aller Werte

Erstes Buch

Den Antichrist. Versuch einer Kritik des Christentums.

Zweites Buch

Denfreie Geist. Kritik der Philosophie als einer nihilistischen Bewegung.

Drittes Buch

Der Immoralist. Kritik der verhängnisvollsten Art von Unwissenheit, der Moral.

Viertes Buch

Dionysos. Philosophie der ewigen Wiederkunft.»

Mittlerweile hat die Nietzsche-Forschung nachgewiesen, daß das Werk »Der Antichrist» durch Fritz Koegel in falscher Weise in den Zusammen­hang des »Willens zur Macht» gestellt worden ist und daß Nietzsche während Jahren ein Werk dieses Namens zwar geplant, aber nie ausge­führt und zuletzt verworfen hat. - Das später veröffentlichte «philo­sophische Hauptwerk» Nietzsches »Der Wille zur Macht. Versuch einer Umwertung aller Werte» ist eine willkürliche Zusammenstellung aus Nachlaßfragmenten durch Elisabeth Förster-Nietzsche und Peter Gast.

Nietzsches «Genealogie den Moral«: «Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift», Leipzig 1887.

409. daß Hellens leiden auch so bald hier wieder fortgehen: Siehe Hinweis zu Brief 401.

Herrn Dr. Fresenius, Herrn Dr. Wahle und Herrn Dr. Heitmüller:

Kollegen Rudolf Steiners vom Goethe- und Schiller-Archiv: August Fresenius (Wiesbaden 18501924 ebd.), Literaturwissenschaftler, Dr. phil., redigierte von 1886-91 die «Deutsche Literatur-Zeitung» und lebte seit 1893 in Weimar als Mitarbeiter an der Weimarer Oder Sophien-Ausgabe von Goethes Werken;Julius Wahle, siehe Hinweis zu Brief 200; Franz Ferdinand Heitmüller (Hamburg 1864-1919 Berlin), Literatut­wissenschaftler, Herausgeber von Goethes Tagebüchern 1817/26 und 1829/32 (Goethes Werke, Weimarer Ausgabe, Abt. III, Bd. 6-10, 12 u.

13, 1894-1903) und der »Reise in die Schweiz 1797» (Weimarer Ausg., Abt. I, Bd. 34, 1 u. 2 mit Suphan u. Wahle, 1904). Siehe hierzu auch »Lebensgang», XX. Kap.

Enäulein Reuter: Gahriele Reuter (Alexandria, Ägypten 18591941

Weimar), deutsche Schriftstellerin; Tochter eines Kaufmanns, wurde in

Deutschland erzogen, wo sie ah 1872 ständig lebte (vor allem in Weimar),

nahm 1895-99 in München aktiv an der Frauenbewegung teil. In ihren

Romanen («Aus guter Familie«, 1895; «Frau Bürgelin und ihre Söhne»,

1899; »Das Frauenhaus», 1919) behandelt sie die Stellung der Frau in der

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modernen Gesellschaft. Neben ihrer Autobiographie «Vom Kinde zum Menschen» (Berlin 1921) schrieb sie auch Biographien bedeutender Frauen. Sie war mit Elisabeth Förster-Nietzsche befreundet. Siehe auch «Lebentgang«, XV. Kap.

410. Ihre Einladung: Siehe den vorangehenden Brief.

411. auf Ihren liebenswürdigen Briefi Vom 15. März 1895.

Reise nach Wien: Darüber ist nichts Näheres bekannt.

daß ich Samstag morgens erst nach Leipzig fahre, um die Bilder zu sehen:

Die Bilder des Malers (Bildhauers und Architekten) Curt Stoeving

(Leipzig 1863-1939 Berlin), darunter ein Porträt des kranken Nietzsche

(siehe die Abbildung in H.F. Peters, «Zarathustras Schwester«, München

1983, gegenüber S. 165).

412. Dieses Telegramm ist die Antwort auf die Briefe Elisabeth Förster­Nietzsches vom 21. und 26. März 1895. Am 26. März schreibt sie: »Sie haben mir so außerordentlich freundlich angeboten, wenn ich in Not sei, daß Sie mir gütigst helfen wollten, da erlaube ich mir nun die große Bitte an Sie zu richten: könnten Sie nicht von Donnerstag [28. März] Mittag bis Freitag Abend hierherkommen? Es sind nämlich einige Archivarbeiten zu erledigen welche sehr dringend sind u da man von Dr Koegel nichts hört u. sieht so komme ich eben in der Not zu Ihnen Auch ware es mir recht, wenn Sie schon mit dem Fruhzug kamen da ich aber doch nicht weiß, ob es nicht fur einen Tag zuviel Arbeit ist und wir doch Ecce homo lesen u. mit unserm lieben Fraulein Reuter zu Dreien schone Gedanken austauschen wollen auch s Thema» vielleicht nicht ganz unberuhrt lassen, so denke ich es ist besser Sie kommen fur zwei Tage Ein Logierstubchen in der Nahe meiner Wohnung besorge ich Wollen Sie aber lieber von froh 8 Uhr bis Nachts um 12 Uhr so ist mir das auch recht, ich bitte es ganz u gar nach Ihren Wunichen einzurichten Natürlich sind zwei Tage hubscher als einer »

414. Fritz Koegel War von 1894 97 Herausgeber der 2 Gesamtausgabe von Nietzsches Werken Siehe den Hinweis zu Brief 101 und das 15 und 17 Kapitel in H F Peters »Zarathustras Schwester» und die Ausfuhrungen in Lie. Emil Bocks Vortrag «Rudolf Steiner und das Nietziche Schicksal Klarheit über das Christentum«, in E. Bock: «Rudolf Steiner. Studien zu seinem Lebenigang und Lebenswerk. Vorträge vor Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft», Stuttgart 1967, bes. S. 117ff. Siehe auch «Lebensgang«, XVIII. Kap.

415. Sonntag: 17. April 1895.

416. Den Korb habe ich erhalten: Frau Elisabeth Förster-Nietziche schreibt am 25. April: «Anbei folgt ein Korb mit einer Fülle von Kritik, ein schreckliches Durcheinander! Ich meine, Sie müßten all die Sachen (und noch viel mehr) finden, die auf den hier beigefügten Blättern verzeichnet stehen. . . .

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418. Namenstag des geliebten Vaters: 16. Mai (Johann).

Professor Müllner: Launenz Müllnen (Groß-Grillowitz, Mähren 1848-191 1 Meran), katholischer Theologe und Philosoph. Als katholi­scher Theologe war er ein freiheitlicher Denker und wurde wegen seiner Freidenkerei angeklagt und nach Rom zitiert. Dort haue ihm Papst Leo XIII. geraten, an der Wiener Universität eine Professur anzunehmen. Hier wirkte er dann an der katholisch-theologischen Fakultät als Profes­sor für christliche Philosophie. Im Jahre 1894 wurde er Rektor. Seine damals gehaltene Inaugurationsrede »Die Bedeutung Galileis für die Philosophie» erwähnt Rudolf Steiner vielfach in seinen Vorträgen. Siehe auch «Lehensgang», VII. Kap.

Professor Müllner hat mir mitgeteilt: Dieser Brief ist nicht erhalten.

meine Berufung: Siehe die Briefe 435, 436, 452, 463 und 468 und den Hinweis zu Brief 335.

419. Ihn ausgezeichnetes Buch: «Friedrich Nietzsche. ein Kämpfer gegen seine Zeit»; GA Bibl.-Nr. S.

420. Sonntag: 16. Juni 1895.

Bitte ein paar Worte: Frau Elisabeth Förster-Nietzsche schreibt am 14. Juli 1895 an Rudolf Steiner: »Nun möchte ich Sie u. die andern Herren herzlich bitten doch Sonntag Mittag zu kommen, denn der späte Zug ist wirklich kein Vergnügen u. außerdem ist Dr. Koegel mit dem acht-Uhr-Zug Abends fort nach Tirol u. hätte somit sehr wenig von Ihnen.»

424. Beantwortung Ihnen freundlichen Briefe: Vom 19. und 30. Juni und vom

7. und 8. Juli 1895.

den Band, den ich hierfür die Weimarer Goethe-Ausgabe fentigzustellen habe: Der 12. Band von «Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften». Siehe auch Hinweis zu Brief 268 (Ich arbeite intensiv . . .).

Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Biographie: Elisabeth Förster-Nietzsche, »Das Leben Friedrich Nietz­sches, Band I: Der junge Nietzsche», Leipzig 1894.

einen Aufsatz darüber: Ein solcher Aufsatz ist nicht zustandegekommen.

Karl Knoriz (Garbenheim bei Wetzlar 1841-1918 North Tarrytown bei

New York), deutsch-amerikanischer Schriftsteller; wanderte 1863 nach

Amerika aus und schrieb u.a. eine «Geschichte der nordamerikanischen

Literatur», Berlin 1891, 2 Bde. und «Friedrich Nietzsche und sein

Übermensch», Zürich 1898.

425. Den von Ihnen . . . ausgesprochene Vorschlag: Im Brief vom 13.Juli 1895.

426. Ihn Urteil üben mein Buch: Siehe Brief 419.

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428. Ihn Brief Vom 13. August 1895.

die «Geburt den Tragödie» hat die Aufgabe: Siehe Friedrich Nietzsche, «Die Geburt der Tragödie, Oder: Griechentum und Pessimismus. Neue Ausgabe mit dem Versuch einer Selbstkritik», Leipzig 1886. Das Zitat stammt aus dem «Versuch einer Selbstkritik«.

«Stirnen hat bereits in den vierziger Jahren . . . »: Siehe Rudolf Steiner, «Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit», Dornach 1963, S.

96.

»Sehen wir uns ins Gesicht . »: Anfang des i. Kapitels von Nietzsches «Antichrist«. Über den «Antichrist» siehe auch Hinweis zu Brief 408.

»Man muß geübt sein . »: Zitat aus dem Vorwort des «Antichrist«.

»Die Ehrfurcht vor sich . . »: Ebenfalls aus dem Vorwort des «Anti-christ«.

Nietzsches. . . «Ecce homo«: «Ecce homo. Wie man wird, was man ist«. 1888 geschrieben, erste allgemein zugängliche Publikation in der Ge­samtausgabe in Großoktav, Bd. XV, Leipzig 1911.

Richard Moritz Meyer (Berlin 1860-1914 ebd.), Literarhistoriker, habili­tierte sich 1886 an der Universität Berlin, Schüler Wilhelm Scherers.

das »Leben Nietzsches«: Siehe Hinweis zu Brief 424 (Biographie).

Goethes Werk «Die guten Weiber«: Der Aufsatz «Die Guten Weiber» ist eine 1800 geschriebene Gelegenheitsarbeit Goethes für Cottas «Taschen­buch für Damen auf das Jahr 1801«.

Lou Andreas-Salomé (Petersburg 1861-1937 Göttingen), Schriftstel­lerin; Tochter eines russischen Generals französischer Abkunft, verhei­ratet mit dem Orientalisten A. G. Andreas; befreundet mit Nietzsche, Rilke und Freud. Zur Freundschaft mit Nietzsche siehe Erich F. Podach, «Friedrich Nietzsche und Lou Salomé. Ihre Begegnung 1882«, Zürich und Leipzig o.J. (1938). Sie schrieb: «Henrik Ibsens Frauengestalten», Jena 1892; das unten genannte Nietzsche-Buch; die Erzählungen «Ruth«, Stuttgart 1896; «Fenitschka«, Stuttgart 1898; «Ma. Ein Porträt», Stuttgart/Berlin 1901; «Im Zwischenland«, Stuttgart/Berlin 1902; «Das Haus«, Berlin 1919; «Rodinka. Eine russische Erinnerung«, Jena 1923; und die Erinnerungen «Rainer Maria Rilke. Buch des Gedenkens«, Leipzig 1928; «Mein Dank an Freud. Offener Brief«, Wien 1931, und «Lebensrückblick. Grundriß einiger Lebenserinnerungen«, Zürich/ Wiesbaden 1951, u. a.

das Buch den Frau Lou: Lou Andreas-Salomé, «Friedrich Nietzsche in seinen Werken», Wien 1894.

Das wirkliche Lügengewebe ... hat ja Koegel im «Magazin» genügend dargelegt: Fritz Koegel, «Friedrich Nietzsche und Frau Lou Andreas- Salomé»,

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in «Das Magazin für Literatur«, 64. Jahrg., Nr.8 v. 23. Febr. 1895.

Jede Seite schmeckt nach Christentum: Siehe dazu den «Lebensgang», XXVI. Kapitel: «In Widerspruch mit den Darstellungen, die ich später vom Christentum gegeben habe, scheinen einzelne Behauptungen zu stehen, die ich damals niedergeschrieben und in Vorträgen ausgespro­chen habe. Dabei kommt das Folgende in Betracht. Ich hatte, wenn ich in dieser Zeit das Wort «Christentum» schrieb, die Jenseitslehre im Sinne, die in den christlichen Bekenntnissen wirkte. Aller Inhalt des religiösen Erlebens verwies auf eine Geistwelt, die für den Menschen in der Entfaltung seiner Geisteskräfte nicht zu erreichen sein soll. Was Religion zu sagen habe, was sie als sittliche Gebote zu geben habe, stammt aus Offenbarungen, die von außen zum Menschen kommen. Dagegen wendete sich meine Geistanschanung, die die Geistwelt genau wie die sinnenfällige im Wahrnehmbaren am Menschen und in der Natur erleben wolllte. Dagegen wendete sich auch mein ethischer Individualismus, der das sittliche Leben nicht von außen durch Gebote gehalten, sondern aus der Entfaltung des seelisch-geistigen Menschenwesens, in dem das Göttliche lebt, hervorgehen lassen wollte.»

Zitter: Siehe Hinweis zu Brief 77.

auf Seite 21 meiner «Freiheitsphilosophie«: Schluß des Kapitels «Das bewußte menschliche Handeln».

429. Stirner: Siehe Hinweis zu Brief 366.

in Ihrem vorletzten Briefe: Dieser Brief ist nicht erhalten.

430. Brief aus Stnesa: Brief vom 2. September 1895.

Plan den Nietzsche-Gesellschafi: Dieser vermutlich von Elisabeth För­ster-Nietzsche gehegte Plan kam damals nicht zur Ausführung.

Von den Resultaten meines Anklopfens wegen Weimar: Im August 1896 übersiedelte Nietzsches Schwester mit dem Archiv von Naumburg nach Weimar. Möglicherweise handelt es sich hier um eine erste Fühlungnah­me wegen der Übersiedlung.

431. fün die Bände 9 und 10: Für die Korrekturbogen der ersten beiden Bände der zweiten Abteilung von «Nietzsches Werken«. Siehe Brief 433 und den Hinweis zu diesem Brief.

433. die Kornektunbogen der beiden Bände den zweiten Abteilung von «Nietzsches Werken«.' Die Korrekturbogen der Bände IX und X der von Fritz Koegel im Auftrage von Elisabeth Förster-Nietzsche veröffentlich­ten und nicht abgeschlossenen Gesamtausgabe» deren zweite Abteilung Schriften und Entwürfe aus dem Nachlaß beinhaltet. Band IX (Erster Band der zweiten Abteilung) bringt «Schriften und Entwürfe 1869 bis

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1872«, Leipzig 1896 und Band X (Zweiter Band der zweiten Abteilung> «Schriften und Entwürfe 1872 bis 1876», Leipzig 1896.

«Schopenhauer als Erziehen«: Friedrich Nietzsche, «Unzeitgemäße Be­trachtungen, Drittes Stück: Schopenhauer als Erzieher», Leipzig 1874.

Den zweite der genannten Bände gibt Antwort aufdiese Frage: Der Band

X der obengenannten Ausgabe in der 1873 entstandenen Schrift «Die

Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen».

den Aufiatz «Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne»: Bd. X, S. 159-198 der Koegelschen Ausgabe.

Ergänzungen zur «Geburt der Tragödie»: «Nachträge und Vorarbeiten zur Geburt der Tragödie (1869-1871)«, in Bd. IX, S. 25-1 82.

die Ergänzungen zu den «Unzeitgemaßen Betrachtungen«: »Unzeitge­mäße Betrachtungen (1873-1876)», in Bd. X, S. 253-425.

Nietzsche-Archiv: Anfang Februar 1894 wird das erste «Nietzsche­Archiv» im Hause der Mutter in Naumburg gegründet. Am 1 . September

1894 zieht die Schwester mit dem Archiv in ein anderes, nahe gelegenes

Haus und am i. August 1896 übersiedelt sie mit dem Archiv nach

Weimar, zunächst in die Wörth-Straße.

die Biographie Ihres Bruders: Siehe Hinweis zu Brief 424 (Biographie).

434. Robert Saitschick: Siehe Hinweis zu Brief 363.

für Ihnen liebenswürdigen Brief: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Ihn Buch: «Meister den schweizerischen Dichtung [des neunzehnten Jahrhunderts)», Frauenfeld 1894.

eine Abhandlung üben Ihn ausgezeichnetes Buch: Diese Abhandlung kam nicht zustande.

in meinen Rezensionen Ihnen «Psychologie den Gegenwart» und » Tolstoj und Dostojewskij»: Siehe «Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884-1912», GA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S. 169 f. u. 170 ff.; siehe auch Hinweis zu Brief 363.

Ihre Aufsätze in den «Neuen Deutschen Rundschau».' Die Aufsätze über «Gabriele d»Annunzio«, «Von ausländischer Literatur» (über Herrieu, Prévost, Duchosal, Coppée, Sienkiewicz und Gawalewicz) und über «J. K. Huysmans« im VI. Jahrgang (1895) der Berliner Monatsschrift «Neue Deutsche Rundschau» (früher »Freie Bühne»), S. 277 ff., S. 901ff. u. S. 1113ff.

meine Einführungen in Goethes «wissenschafiliche Schrifien»: Siehe Rudolf Steiner, «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften«, GA Bibl.­Nr.1.

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«Anregung zu einer eingehenden Bespnechung»: Bisher konnte weder eine Besprechung der von Rudolf Steiner herausgegebenen «Naturwis­senschattlichen Schriften» Goethes, noch der «Philosophie der Freiheit« oder des Nietasche-Buches durch Robert Saitschick gefunden werden.

435. von den durch Frofessor Mu"llner sich eröffnenden Aussichten: Siehe hierzu auch den Brief 418.

daß ich hier einen Mann zum Vorstand (Direktor des Archivs) habe:

Bernhard Suphan; siehe Hinweis zu Brief 200.

Die Affäre d'Albert-Stas'enhagen: « ... und ganz neuerdings hatte man für Lassen, der sich zurückzog, d'Albert gewonnen, und er schien berufen, neuen Ruhmesglanz über die verwaiste Stätte auszuströmen.. . Wie aber sein naives Genie, dessen Reich nicht etwa von dieser Welt ist, hämischen Intrigen weichen mußte, ist unvergessen und wird unverges­sen bleiben. Die Welt hat das eiternde Geschwür gesehen und mit Fingern darauf gewiesen: So schimmernd auch der Glanz ist, der auf Weimars Musikleben fällt, er wird nicht hinreichen, solchen Schandfleck zu überstrahlen ... Der Fall d'Albert hat in erschreckender Weise gezeigt, daß in Weimars Kunstieben Faktoren mächtig und ausschlagge­bend sind, die, werden sie nicht beseitigt, einen weiteren Niedergang weimarischer Kunst auch auf diesem Gebiet sicher verbürgen. Jetzt herrscht Bernhard Stavenhagen über die Hofkapelle; er hat einen schwe­ren Stand, indessen Zöllners «Überfall«, den er einstudiert hatte, war -schon wegen des modernen Stoffes - eine tüchtige Talentprobe . . . »(zitiert nach Homo [Franz Ferdinand Heitmüller], «Neu-Vineta» in «Neue Deutsche Rundschau», Berlin 1895, VI/12). - D'Albert kam durch Hofintrigen zu Fall.

«Robespierne» von delle Gnazie: Rudolf Steiner hat das Epos «Robes­pierre», Wien 1894, ausführlich besprochen in der Weimarer Tageszei­ning «Deutschland», 48. Jahrg., Nr.11 v. 12. Januar 1896 (Zweites Blatt) und dann 1900 unter Verwendung des größten Teils dieser Ausführun­gen im «Magazin für Literatur», 60. Jahrg., Nr.37 u. 38v. 15. u. 22. Sept. 1900; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze zur Literatur

1884-1902», GA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S. 178 f. u. S.69 ff. (siehe bes. S. 83 ff.).

meinen «Nietzsche»: «Friedrich Nietzsche. Ein Kämpfer gegen seine Zeit», Weimar 1895.

Lou Salomé: Siehe Brief 428.

A.G. in den «Zeit»: Ein gewisser Gd. (das ist Alfred Gold) bespricht

Rudolf Steiners Nietzsche-Buch in «Die Zeit. Wiener Wochenschrift für

Politik, Volkswirtschaft, Wissenschaft und Kunst», IV. Bd. Nr.45v. 10.

August 1895, S. 94.

436. Die Sache hat große Schwierigkeiten: Siehe auch die Briefe 418 und 435.

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437. die Dinge, die Sie . . . jetzt wieder beschäftigen: In ihrem an Rudolf Steiner gerichteten Brief vom 5. Januar 1896 schreibt Elisabeth Förster­Nietzsche: «Wir wollen nämlich wenn irgend möglich schon am 20.-21. Januar den Kauf abschließen und es sind auch alle Chancen vorhanden, daß wir bis dahin im klaren sind.» Hierzu ist folgendes zu bemerken: Am 18. Dezember 1895 unterzeichnete Nietzsches Mutter widerwillig das Ermächtigungsdokument, in welchem sie alle Rechte an den Werken ihres Sohnes an Elisabeth Förster-Nietzsche übereignete. Damit war ihre Tochter die alleinige Herrin des Nietzsche-Archivs. Dem Dokument entsprechend mußte sie aber «bis zum 1 . Februar 1896 30 000 Mark auf das Konto ihrer Mutter einzahlen, ansonsten war der Vertrag null und nichtig» (Peters). Siehe auch H. F. Peters, «Zarathustras Schwester», S. 203-212, und Adalbert Oehler, «Nietzsches Mutter», München 1940, S. 155-158.

die Folgen Ihres so bedauerlichen Unfalls: Auf einer im August 1896 unternommenen Reise nach Italien, wo Elisabeth Förster-Nietzsche gewissermaßen den Fußstapfen ihres Bruders folgen wollte (Sils-Maria, Venedig, Genua und Turin), entgleiste ihr Zug in der Nähe von München. Abgesehen von dem Schock und einigen Hautabschürfungen kam sie unbeschadet davon.

438. des 11. Schopenhauer-Bandes: Bezüglich des Inhaltes siehe Hinweis zu Brief 397

439. die neue Gedichtausgabe von delle Gnazie: Die «3. sehr vermehrte Auflage« der 1882 erstmals erschienenen «Gedichte», die 1895 heraus­kam. Über Marie Eugenie delle Grazie siehe Hinweis zu Brief 296.

«Robespierre»: Über das Epos «Robespierre» von delle Grazie siehe Hinweis zu Brief 435.

440. 22. Januar 1896: An diesem Tage - «nachmittags, etwa um zwei Uhr» -begegnete Rudolf Steiner dem auf einem Ruhebett liegenden l,'ranken Nietzsche. Siehe die Schilderung dieser Begegnung im «Lebensgang», XVIII. Kap.

444. Ihre Antwort: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Nietzsches wahres Wort im «Antichrist»: Das Zitat lautet wörtlich:

»Gegen das Vergangne bin ich, gleich allen Erkennenden, von einer großen Toleranz . . . Aber mein Gefühl schlägt um, bricht heraus, sobald ich in die neuere Zeit, in unsre Zeit eintrete . . . Selbst bei dem bescheidensten Anspruch auf Rechtschaffenheit muß man heute wissen, daß ein Theologe, ein Priester, ein Papst mit jedem Satz, den er spricht, nicht nur irrt, sondern lügt ... » (»Der Antichrist«, 38).

445. die guten Nachrichten, die Sie min über sich und Ihre Berliner Reise vor einigen Zeit zukommen ließen: Brief vom 16. Februar 1896.

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Fräulem von Salis: Meta von Salis (Schloß Marschlins, Graubünden 1855-1929 Basel), schweizerische Schriftstellerin Erst Erzieherin und Gesellschafterin, bereiste sie verschiedene europäische Länder und stu­dierte 1883-87 in Zürich Geschichte und promovierte 1887 zum Dr. phil. (Dissertation: «Agnes von Poitou»). Seit 1904 auf Capri, seit 1910 in Basel ansässig. Lyrikerin, Erzählerin und Essayistin von großer Form-kraft. Schrieb «Gedichte», Zürich 1881; «Die Zukunft der Frau. Dich­tungen», Zürich 1886; «Die Schutzengel», Roman, 3 Bde., München 1889-91; «Philosoph und Edelmensch. Beitrag zur Philosophie Nietz­sches», Leipzig 1897; «Auserwählte Frauen unserer Zeit», Marschlins­Graubünden 1900; «Erinnerungen» (als Manuskript gedruckt um 1916)

u.a.

Ihre Weisung: Auf einer Postltarte (gestempelt: Naumburg, 4. April 1896) schrieb Elisabeth Förster-Nietzsche: «Wollen Sie mir die Freude machen und Dienstag zu mir kommen? Ich erwarte Sie mit dem Zug gegen ein Uhr, den Sie in der letzten Zeit gern wählten.»

446. Mit Postkarte vom 6. April 1896 frägt Elisabeth Förster-Nietzsche:

»Würde Ihnen vielleicht Mittwoch passen? die andern Tage weiß ich nicht recht, ob es geht, da sich verschiedenartiger Besuch angemeldet hat, Mittwoch paßt mir aber sehr gut.»

447. morgen: Mittwoch, den 8. April 1896.

448. Wilhelm Bölsche (Köln 1861-1939 Oberschreiberhau, Riesengebirge), naturwissenschaftlicher Schriftsteller, besonders von Ernst Haeckel be­einflußt; schrieb «Entwicklungsgeschichte der Natur«, Berlin 1894-95,2 Bde., das «Liebesleben in der Natur«, Jena 1898-1902, u.a. Im XXIX. Kapitel des »Lebeosganges« heißt es: «Wilhelm Böliche ist ja bekannt durch zahlreiche populär-naturwissenschaftliche Schriften, die in weite­sten Kreisen sehr beliebt sind.»

449. die Damen: Elisabeth Förster-Nietzsche und ihr Gast Frl. Meta von Salis.

451. für Ihre liebenswürdige Einladung: In ihrem Brief vom 11. Mai 1896 schreibt Elisabeth Förster-Nietzsche: «Himmelfahrt kommen Graf Kesslers [Graf Harry Kessler und Fraul und die beiden Richters [Prof. Raoul Richter und Frau Cornelia]. Da Sie im Winter von diesen Herren so viel gehört haben, so macht es Ihnen vielleicht Spaß, sie kennenzuler­nen. Sie würden mir das größte Vergnügen machen, wenn Sie kämen.»

452. meine Wünsche bezüglich einer Wiener Position: Siehe die Briefe 418 und

435.

den 16. Mai: Der Namenstag seines Vaters.

454. Ihrerfreundlichen Einladung: Briefiche Einladung vom 19. Juni 1896. Frl, Dr, von Salis: Meta von Salis. Siehe Hinweis zu Brief 445.

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455. für Ihren Brief Vom 22. Juni 1896.

456. einen Platz neben dem Ihren 1896 (28./29. Juni) wurden am Nachmittag des 29. Juni mit der Auffüh­rung von Goethes «Erwachen des Epimenides« mit B. A. Webers Musik beschlossen. Am Vortage erfolgte die feierliche Eröffnung des »von Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin erbauten» Goethe- und Schiller-Archivs.

457: Josef Köck: Siehe Hinweis zu Brief 1 .

462. Über den Inhalt Ihrer Postkarte: Vom 9. Juli 1896.

Ihren »Klub der Übermenschen»: In Rosa Mayreder, «Übergänge. Novellen», Dresden 1897.

Ihr »Aus meiner Jugend»: Rosa Mayreder, «Aus meiner Jugend. Eine Novellensammlung», Dresden 1896.

463. meinen letzten Brief' Siehe Brief 452 vom 14. Mai 1896.

meme Angelegenheiten in Wien: Siehe die Briefe 418, 435 und 452.

467. die Einleitung zu Jean Pauls »Ausgewählten Werken»: Siehe «Biogra­phien und biographische Skizzen 1894-1905«, GA Bibl.-Nr. 33, Dorn-ach 1967, S. 269ff.

468. Verwirklichung meiner Pläne: Siehe die Briefe 418, 435, 452 und 463.

Aber hier tut man aus reinem Neid nichts für mich: Vergleiche hierzu den Brief 435: An dieser Stelle sei noch vermerkt, daß Rudolf Steiner seine Tätigkeit am Goethe- und Schiller-Archiv Ende Juni 1896 abgeschlossen hat. Im «Zwölften Jahresbericht der Goethe-Gesellschaft» (im «Goethe-Jahrbuch» 18. Bd., Frankfurt 1897) wird darüber wie folgt berichtet (S.13): »Um dieselbe Zeit [Mitte 1896] beschloß Dr. Rudolf Steiner seine Tätigkeit, der seit dem Herbst 1890 als ständiger Mitarbeiter in freier Zugehörigkeit mit uns verbunden war. Er hatte sich der schwierigen Aufgabe unterzogen, die Hauptmasse der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes (ausgeschlossen diejenigen zur Farbenlehre und Op­tik) herauszugeben, und ein weitschichtiges, anfangs kaum übersehbares Handschriftenmaterial war zu diesem Behufe zu sichten und auszuwir­ken. Was er hierbei in glücklichem Zusammenwirken kritischer und produktiver Fähigkeit geleistet hat, hat den Beifall aller Kenner gefun­den. Es ist seinem selbstlosen, unablässigen Bemühen zu danken, daß in wohlgeordneter Folge und einheitlichem Aufbau eine Fülle von Urkun­den vorliegt, die dem Naturforscher Goethe eine vollere und höhere Würdigung sichert. Den ideellen Ertrag der sechs bei uns verlebten Jahre zu Tage zu fördern bleibt ihm vorbehalten in der Periode freier Produk­tion, der er sich nun ganz wieder zugewandt hat; die Zeit jenes Zusammenwirkens hat den Arbeiten der Anstalt überhaupt mannigfalti­gen Gewinn gebracht.«

Schwester Poldis Geburtstag: 15. November (1864).

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469. Conrad Ansorge (Buchwald, Schlesien 1862-1930 Berlin), Pianist und Komponist, Schüler Liszts. Siehe auch »Lebensgang», XXI. Kap.

bei Frau Förster die Stunde von 11-1 Uhr: Rudolf Steiner gab damals Frau Förster-Nietzsche in jeder Woche zweimal Privatstunden über die Philosophie ihres Bruders.

470. daß ich auf die Stunden eingegangen bin: Siehe Hinweis zum vorange­henden Brief.

Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

die Erbgroßberzogin: Pauline zu Sachsen-Weimar. Siehe Hinweis zu Brief 283.

471. Seine Braut: Emilie (Emily) Gelzer, die Tochter des Jenenser Kirchenhi­storikers Geheimrat Heinrich Gelzer. eines ehemaligen Basler Kollegen Nietzsches.

Paul Böhler, Redakteur der Weimarer Zeitung «Deutschland». Siehe «Lebensgang», XXI. Kap.

C. von Crompton, Mitarbeiter des Goethe- und Schiller-Archivs, Schwa­ger des Komponisten Conrad Ansorge. Siehe «Lebensgang», XXI. Kap.

Othello: Trauerspiel von Shakespeare.

Ludwig Wüllner (München 1858-1938 Kiel), Schauspieler, Sänger und Rezitator. Siehe Rudolf Steiners Aufsatz «Dr. Wüllner als Othello», in »Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900«, GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 399 f.

Gmür und seine Frau: Rudolf Gmür (geb. Tübach, Kt. St. Gallen 1857), Hofopern- und Kammersänger am Großherzoglichen Hoftheater Wei­mar, seit 1892 mit der Sängerin Amalia Harloff verheiratet.

August Fresenius: Siehe Hinweis zu Brief 409.

Karl Otto Francke (geb. Weimar 1855), Gymnasial-Oberlehrer in Wei­mar, Dr. phil.

472. Koegel und Frau Förster kommen immer mehr auseinander: Siehe hierzu die folgenden Briefe, sowie Rudolf Steiners Aufsatz «Zur Charakteristik der Frau Elisabeth Förster-Nietzsche« (in »Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887-1901», GA Bibl.-Nr. 31, Dornach 1966, S. 519ff.) und H. F. Peters «Zarathustras Schwester», 17. Kap.:

«Der Fall Elisabeth», sowie den Vortrag von Emil Bock «Rudolf Steiner und das Nietzsche-Schicksal . . » (siehe Hinweis zu Brief 414).

473. Frl. Koegel: Ida Koegel, die Schwester Fritz Koegels, spätere Frau Dupré. die »Umwertung«: Siehe Hinweis zu Brief 408 (Wie schade . . .).

am Sonnabend: Am S. Dezember 1896.

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474. am Sonntagabend: Am 6. Dezember 1896. im »Russischen Hof»: Weimarer Hotel.

Frau Förster bat meiner Schwester ferner gesagt, ich hätte ja zuerst mit Ihnen von der ganzen Sache gesprochen: Siehe hierzu die folgende Stelle aus dem Brief Emilie Gelzers an Fritz Koegel vom 11. Dezember 1896:

«Eben fällt Ia [Ida Koegel] ein, daß Frau Förster sagte, daß Steiner die Kompromißidee zuerst von Dir erfahren hätte. Du hättest zuerst mit Steiner darüber gesprochen. Folglich muß Steiner das am Sonnabend Frau Förster erzählt haben. Was sagst Du dazu? Ist es auch von ihr erlogen wie alles?»

475. daß ich dies auch schriftlich in einem Briefe an Frau Dr. Förster-Nietzsche nach dem Erscheinen der beiden Nachlaßbände ausgesprochen habe:

Siehe Brief 433.

Frau Dr. Förster muß mir das in Ihrer Gegenwart bestätigen: Diese

Zusammenkunft fand Freitag, den 11. Dezember 1896, am späten

Nachmittag oder am Abend statt.

477. durch meinen Brief' Siehe Brief 474.

die Mitteilungen, die Frau Förster meiner Schwester gemacht hat: Siehe ebenfalls Brief 474.

widerspricht.. . der von Frau Förster in Briefen an meine Schwiegermut­ter und mich gemachten Mitteilung: Brief vom 9. Dezember 1896 an Clara Gelzer und Brief an Fritz Koegel, ebenfalls vom 9. Dezember.

in einem Brief an Frau Förster: Im Brief vom 10. Dezember 1896.

478. Koegel hat mir darüber einen impertinenten Brief geschrieben: Siehe Brief 474.

479. Schwester Koegels: Ida Koegel.

Dr. Hecker: Rechtsanwalt, mit Elisabeth Förster-Nietzsche und Fritz Koegel befreundet.

Am nächsten Sonnabend morgens schrieb sie mir einen Brief: Dieser Brief ist noch am Freitagabend, am 11. Dezember 1896, geschrieben worden.

Mir schreibt sie gestern: Undatierter Brief, unvollständig (Schluß fehlt) vorhanden.

480. dann sollte ich ihr ein vollständiges Manuskrsp't der » Umwertung aller Werte« . . . machen: Siehe Hinweis zu Brief 408 (Wie schade . . .).

Deshalb hat sie gestern mir wieder brieflich erklärt: Brief vom 17. Dezember 1896.

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Naumann, der Verleger der Nietzsche-Ausgabe: Constantin G. Nau­mann.

Der Goethe-Band für die Kürschnersche National-Literatur: Der zwei­teilige 4. Band, der die »Materialien zur Geschichte der Farbenlehre», sodann «Die entoptischen Farben», die «Paralipomena zur Chromatik» und die «Sprüche in Prosa» beinhaltet.

Die Einleitung zur Jean Paul-Ausgabe: «Jean Paul», in «Jean Pauls ausgewählte Werke» in acht Bänden in der «Cotta'schen Bibliothek der Weltliteratur«, Stuttgart 1897; wie'derabgedruckt in Rudolf Steiner, «Biographien und biographische Skizzen 1894-1905», GA Bibl.-Nr. 33, Dornach 1967, S. 269 ff.

«Goethes Naturanschauung«: Dieses Buch erschien 1897 unter dem endgültigen Titel «Goethes Weltanschauung«.

Crompton: Siehe Hinweis zu Brief 471.

beim alten Stavenhagen: Bernhard Stavenhagen; siehe «Lebensgang», XXI. Kap.

481. Einleitung zur Auswahl von Jean Pauls Werken: Siehe Hinweis zum vorangehenden Brief.

482. Wenn ich nur erst diese Arbeiten fertig habe: Die im Brief 480 genannten Arbeiten.

Stadtrat Dr. Oehler: Adalbert Oebler wurde 1891 nach dem Tode von Pastor Edmund Oehler Gegenvormund Friedrich Nietzsches und nach dem Tode von Nietzsches Mutter (Ostern 1897) Vormund Nietzsches; er ist der Verfasser der Schrift: «Nietzsches Mutter«, München 1940.

483. «Goethes Naturanschauung«: Siehe Hinweis zu Brief 480.

Crompton: Siehe Hinweis zu Brief 471.

Lindners: Bekannte von Anna Eunike.

Gymnasiallehrer Francke: Siehe Hinweis zu Brief 471.

Frau Erber: Frühere Quartiergeherin von Rudolf Steiner.

-Frau Mayreders Buch: Vermutlich die Novellen «Aus meiner Jugend», Dresden 1896.

den «Lebenskünstler»: Gabriele Reuter, «Der Lebenskünstler«, Berlin 1896.

484. Stadtrat Dr. Oehler: Siehe Hinweis zu Brief 482.

die letzte Nummer der «Zukunft»: «Die Zukunft» (Berlin), 18. Bd., Nr.3 v. 16. Jan. 1897 mit dem Aufsatz von Laura Marholm, «Aus der Krankheitsgeschichte des Weibes«.

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Laura Marholm: Laura Hansson (Riga 1854-1928 ebd.), Schrijltstellerin, verheiratet (seit 1889) mit dem schwedischen Dichter Ola Hansson, schrieb als Laura Marholm Dramen, Novellen («Der Weg nach Altöt­ting«, 1900) und Schriften zur Frauenfrage, die seinerzeit großes Aufse­hen erregten («Wir Frauen und unsere Dichter«, Wien 1895; «Das Buch der Frauen. Zeitpsychologische Porträts», S. Aufl., Wien 1899; «Zur Psychologie der Frau«, 2. Aufl., Wien 1903).

485. Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Kranig: Der Name des «biederen Schankwirts« (Brief 484).

486. heim alten Stavenhagen: Siehe Hinweis zu Brief 480.

487. Minni: Eine der Töchter der Frau Eunike.

den elenden Menschen: Den Schankwirt Kranig.

die Streitschrift..., die Gustav Naumann gegen die Förster abgefaßt hat:

«Der Fall Elisabeth«, unveröffentlichtes Manuskript. In einem ebenfalls unveröffentlichten Manuskript «Peter Gast und Nietzsches Schwester« sagt Gustav Naumann auf Seite 3 das Folgende: «Dezember 1896 verfaßte ich jenen Notruf, der hektographiert einigen an Nietzsche und der Archivarbeit besonderes Interesse nehmenden Personen zugesandt wurde. In der Vorrede zum Kommentar des 2. Zarathustrateils ist er nachmals größtenteils veröffentlicht worden.«

Heitmüller: Siehe Hinweis zu Brief 409.

Bock: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Otto Fröhlich, geb. Schleiz 1869. Siehe «Lebensgang», XIX. Kap.

«Ich habe bis zu meinen reifsten Jahren . . »: Friedrich Nietzsche in «Ecce homo. Wie man wird, was man ist», Kap. «Warnm ich so klug bin, 1«.

488. Gabriele Reuter, «Der Lebenskünstler«, Berlin 1896.

489. Sonnabend: 6. Februar 1897.

Wahle und Fresenius: Mitarbeiter im Goethe- und Schiller-Archiv. Siehe Hinweis zu Brief 200 und zu Brief 409.

Brieffür Günther: Vermutlich der Rechtsanwalt, der die Hypotheken-Angelegenheit für Frau Eunike vertreten hat.

Felber hat mir heute ganz aufgeregt geschrieben wegen des Buches «Goethes Weltanschauung»: Der Verleger Emil Felber, Weimar. Siehe Hinweis zu Brief 311 und zu Brief 321. Der genannte Brief ist nicht erhalten.

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Emmy: Eine weitere Tochter der Frau Eunike.

Stadtsulza: Vorübergehender Wohnort von Frau Eunike.

490. um das «Magazin» bemühen: Um das «Magazin für Literatur», Berlin

Otto Neumann-Hofer, geb. Lappienen, Ostpreußen 1857, Schriftsteller und Theaterleiter, bisheriger Herausgeber des «Magazins für Literatur».

Zeller: Der Sänger Heinrich Zeller (Voitswinkel, Oberbayern 1856 bis 1934 Weimar).

Maz Koch: Siehe Hinweis zu Brief 98.

Meinen in San gerhausen gehaltenen Nietzsche-Vortrag: Von diesem Vortrag ist keine Nachschrift bekannt,

Günther: Siehe den vorangehenden Brief.

491. Maz Koch: Siehe Hinweis zu Brief 98.

das Buch, das ich schreibe: »Goethes Weltanschauung».

492. meine Jean Paul-Einleitung: Siehe Hinweis zu Brief 480.

494. die «Verbrecher», an deren Tisch ich war: Der «Verbrechertisch», eine

Berliner literarische Runde, zu der Otto Erich Hartleben, Walter Harlan

und andere gehörten. Stammlokal war der »Stramme Hund» in der

Dorotheenstraße. Siehe auch «Die Erkenntnis-Aufgabe der Jugend», GA

Bibl.-Nr. 217a, Dornach 1981, S.64.

Heitmüller: Siehe Hinweis zu Brief 409.

495. in Sulza: In Stadtsulza, heute Bad Sulza, Stadt und Solbad im nordöstli­chen Thüringen (Bez. Erfurt), an der unteren Ilm.

Neumann-Hofer: Siehe Hinweis zu Brief 490.

ein Telegramm Koegels: Dieses Telegramm ist nicht erhalten.

EilhriefKoegels: Brief vom 3. März 1897. In diesem heißt es u.a.:«Heute mittag in Leipzig stellte sich nun heraus, daß ihr [Frau Försters] Projekt dahin geht, die Firma Naumann solle Neumann-Hofer das «Magazin für Literatur abpachten oder abkaufen, ich solle Herausgeber des «Maga­zins» werden und sie wolle das «Magazin« gewissermaßen zum Nietzsche-Organ machen, indem sie ihm den Hauptinhalt der noch kommenden Bände der Ausgabe zur Veröffendichung gebe.»

Paul Scheerbart (Danzig 1863-1915 Berlin), Schriftsteller, phantastisch-grotesker Erzähler und Denkspieler, Mitarbeiter an der Zeitschrift »Sturm». Siehe auch »Lebensgang», XXIV. Kap.

Paul Scheerbart, »Ich liebe Dich! Ein Eisenbahn-Roman mit 66 Inter­mezzos», Berlin 1897.

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497. ich übernehme also am 1. Juli Herausgabe und Redaktion des «Maga­zins»: Mit der No. 26 vom 1. Juli 1897 übernahm Rudolf Steiner die Herausgabe und Redakdon der Wochenschrift «Das Magazin für Litera­tur» (Berlin und Weimar), die damals im 66. Jahrgang stand.

498. mein Buch: «Goethes Weltanschauung».

in den bezfolgenden Kritik-Heften: Hefte der Zeitschrift »Die Kritik. Wochenschau des öffentlichen Lebens» (Herausgeber: Richard Wrede), die seit 1894 im Kritik-Verlag, Berlin, erschien.

die Großherzogin: Siehe Hinweis zu Brief 265.

Ernst von Wildenbruch (Beirut 1845-1909 Berlin), Dramatiker und Erzähler, schrieb seinerzeit vielgespielte Geschichtsdramen.

Die neue Wildenbruchiade «Willehalm»: «Willehalm. Dramatische Le­gende», 1897.

den Artikel von Maximilian dem Großen darüber: M[azimilian] H[ar­den], «Willehalin», in »Die Zukunft», 18. Bd., Nr.12 v. 20. März 1897.

Geni: Eine andere Tochter von Frau Eunike.

500. ich muß in diesen Tagen mit dem Buche fertig werden: Mit »Goethes Weltanschauung».

Brief an Fr. B.: Es ist nicht mit Sicherheit auszumachen, wer Fr. B. ist.

501. Ich rechne sehr auf Ihre Beiträge: Diese trafen dann auch ein. Siehe Brief

519.

Ihr letztes Buch: «Übergänge. Novellen», Wien u. Leipzig 1897.

502. Spätestens wohl Montag: 26. April 1897.

das Buch: «Goethes Weltanschauung».

505. Stavenha gen, der eine Art Ahschiedsfeier für mich veranstaltet: Rudolf Steiner konnte noch nicht nach Weimar zurückkehren und mußte deshalb absagen.

506. Strindbergs «Vater»: »Der Vater (schwed. Fadren), Trauerspiel in drei

Akten» von August Strindberg; Erstausgabe: Helsingborg 1887, deut­sche Übersetzung von R. Brausewetter, Leipzig o.J. [ca. 1888] (Reclams

Universal-Bibliothek 2489); Uraufführung: Kopenhagen, 14. Nov. 1887,

Casinotheatret; deutsche Erstaufführung: Berlin, 12. Okt. 1890, Freie

Bühne.

Die »Magazin«-Sache mit dem Bühnenverein: Das Beiblatt zum «Maga­zin für Literatur», die «Dramaturgischen Blätter», wurde zum «Organ des deutschen Bühnen-Vereins».

Hermann Bahr: Siehe Hinweis zu Brief 310.

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Bahrs Artikel über Emanuel Reicher: In der Wiener Wochensehrift »Die Zeit», XL Bd. Nr.135 v. 1. Mai 1897, S.75 f.

Emanuel Reicher (Bochnia, Galizien 1 849-1 924 Berlin), Schauspieler,

Darsteller moderner Charakterrollen, kam 1888 nach Berlin an das

Königl. Schauspielhaus, 1890 an das Residenztheater, 1892 an das

Lessingtheater, 1894 an das Deutsche Theater und 1904 wieder an das

Lessingtheater.

507. Emil Marriot: Pseudonym für Emilie Mataja (Wien 1855-1938 ebd.), Schriftstellerin, schrieb Erzählungen und Romane, meist aus dem Leben des Wiener Bürgertums: »Die Unzufriedenen», Berlin 1888; «Der geistliche Tod», Wien 1884; »Moderne Menschen», Berlin 1893; »An-ständige Frauen», Berlin 1906; «Der abgesetzte Mann», Berlin 1916; «Das Sündengesetz», Heilbronn 1920, u.a. Siehe auch die Besprechung des Romans »Die Unzufriedenen» in «Gesammelte Aufsätze zur Litera­tur 18841902», GA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S.155 ff.

«Gretes» Glück»: Ein 1897 publiziertes Schauspiel von Emilie Mataja. delle Grazie: Siehe Hinweis zu Brief 296.

Max Halbe (Güttland bei Danzig 1865-1944, Burg bei Neuötting, Oberbayern), Dramatiker und Erzähler, lebte seit 1895 meist in Mün­chen; großen Erfolg hatte er mit seinem 1893 erschienenen Liebesdrama »Jugend» und dem Drama »Der Strom», Berlin 1903.

die Entscheidung des» Bühnenvereins: Siehe Hinweis zu Brief 506

509. Die Jean Paul-Ausgabe hatte dann endgültig folgende Einteilung:

Band 1 und 2: Vorschule der Ästhetik

nebst einigen Vorlesungen in Leipzig über die Parteien der Zeit.

Band 3 und 4: Flegeljahre.

Band 5: Leben des Quintus Fixlein.

Band 6 und 7: Siehenkäs I und II.

Band 8: Doktor Katzenbergers Badereise. - Das heimliche Klaglied der jetzigen Männer und die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht.

511. Bock: Siehe Hinweis zu Brief 270.

Paul Wiecke: Siehe Hinweis zu Brief 273.

Delle Grazie: Siehe Hinweis zu Brief 296.

Professor Müliner: Siehe Hinweis zu Brief 129.

Hermann Bahr: Siehe Hinweis zu Brief 310.

Gerhart Hauptmann (Obersalzbtunn, Schlesien 1862-1946 Agneten-dorf, Riesengebirge), Dramatiker, Erzähler und Versepiker, führende

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Gestalt des deutschen Naturalismus; war zuerst Bildhauer, begann 1889 mit dem sozialen Drama «Vor Sonnenaufgang», Berlin (wo auch alle nachfolgend angeführten Werke Hauptmanns erschienen) 1889, dessen Aufführung auf der Berliner Freien Bühne einen ungeheuren Skandal entfesselte; es folgen die Familiendramen »Das Friedensfest», 1890, und »Einsame Menschen», 1891, und sein erfolgreichstes Werk «Die Weber», 1892, das Lustspiel «Kollege Crampton», 1892, und die Diebskomödie »Der Biberpelz», 1893, die Traumdichtung »Hanneles Himmelfahrt», 1894, »Florian Geyer», 1895, das Märchendrama »Die versunkene Glocke», 1896, »Fuhrmann Henschel«, 1898, u.a.

Vorstellung des» Hauptmannschen «Bibespelzes»: »Der Biberpelz. Eine Diebskomodse in vier Akten», Urauffuhrung: Berlin, 21. 9. 1893, Deut­sches Theater.

Ferdinande Schmittlein (gest. 1903), von 1882 bis 1893 Schauspielerin am Weimarer Hoftheater, später in Berlin und Wien.

Fresenius . . und Heitmüller: Mitarbeiter am Goethe- und Schiller-Archiv. Siehe Hinweis zu Brief 409.

Fall Koegel-Förster: Siehe die Briefe vom Dezember 18% bis Mitte Januar 1897 (Brief 472484).

Übrigens» hat irgend jemand das einsame Haus» in der Nähe des» Felsenkel­lers für Nietzs»che angekauft: Am 20. Mai 1897 kauft Meta von Salis für 39000 Mark das Haus »Zum Silberblick» in Weimar und stellt es als Archiv zur Verfügung. Siehe auch H. F. Peters, »Zarathustras Schwe­ster» , 18. Kap.: »Villa Silberblick».

«Meistersinger»: »Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in drei Aufzü­gen» von Richard Wagner. Erstausgabe Mainz 1862, Musik Mainz 1867; Uraufführung 21. Juni 1868 in der Münchner Hofoper.

Stavenhagen: Bernhard Stavenhagen, damals Kapellmeister am Theater in Weimar. Siehe auch »Lebensgang«, XIX. Kap.

Gerhard Hauptmann: »Die versunkene Glocke. Ein deutsches Märchen-drama in fünf Akten«; Erstausgabe Berlin 1897; Uraufführung 2. Dezember 1896 Berlin, Deutsches Theater.

Hast Du den «Vater» gelesen: Strindbergs »Vater»; siehe Hinweis zu Brief 506.

Felber: Siehe Hinweis zu Brief 311 und zu Brief 321.

Oldens» und Otto Erich Hartleben zusammen haben mir von Rom aus eine Karte geschrieben: Diese Karte ist nicht erhalten.

Oldens»: Hans und Grete Olden; siehe «Lebensgang», Kap. XV, und Hinweis zu Brief 302.

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Otto Erich Hartleben (Clausthal 18641905 Salö am Gardasee), Lyriker, Dramatiker tind Erzähler; studierte zuerst Jura und war als Referendar tätig, ging 1890 als Schriftsteller nach Berlin, wo er bis 1901 lebte; einen seiner stärksten Erfolge hatte er mit der Offizierstragödie «Rosenmon­tag» (Berlin 1900), Mitherausgeber des «Magazins für Literatur»; siehe «Lebensgang», Kap. XVI u. XXIV.

eine Nummer der «Zeit», in welcher Bahr über die Vorstellung des «Vater» geschrieben hat: Hermann Bahr, «Der Vater» (Trauerspiel in drei Aufzügen von August Strindberg Zum ersten Mal aufgeführt im CarI-Theater am 6. Mai 1897), in der Wiener Wochensehrift «Die Zeit«, XI. Bd., Nr.136v. 8. Mai 1897,S. 91 f. Siehe auch Hinweis zu Brief 506.

Fräulein Reuter: Gabriele Reuter; siehe Hinweis zu Brief 409.

Bocks: Siehe Hinweis zu Brief 270

513. schon Montag in Berlin: Am 31. Mai 1897.

Die Abscbiedsbes»uche: Wegen Übernahme der Herausgabe und der Redaktion des «Magazins für Literatur« verläßt Rudolf Steiner Weimar und geht nach Berlin.

mein Buch: «Goethes Weltanschauung«.

Professor Heinze: Max Heinze (Prießnitz 1835-1909 Leipzig), Philo­sophiehistoriker, studierte Theologie und Philosophie auf verschiedenen Universitäten und wendete sieh schließlich unter Trendelenburgs Lei­tung dem Studium der Philosophie zu. Nach mehtjähriger Lehrtätigkeit in Schulpforta - dort war er auch Lehrer Nietzsches - und als Erzieher des oldenburgisehen Prinzen habilitierte er sich 1872 als Dozent der Philosophie in Leipzig, ging 1874 als ordentlicher Professor der Philo­sophie an die Universität Basel, 1875 an die Universität Königsberg, von wo er schon nach einem halben Jahr an die Universität Leipzig in gleicher Eigenschaft zurückgerufen wurde. Er schrieb neben Itleineren Abhand­lungen: «Die Lehre vom Logos in der griechischen Philosophie», Oldenburg 1872; »Der Eudämonismus in der griechischen Philosophie», Leipzig 1883; «Vorlesungen Kants über Metaphysik aus drei Semestern», Leipzig 1894, und gab seit 1876 (5. Aufl.) Ueberwegs «Grundriß der Geschichte der Philosphie« (erst 3, dann 4 Bde.) neu bearbeitet heraus (9. Aufl., Berlin 1901-04). Gegenvormund Nietzsches wurde er nach dem Tode von Nietzsches Mutter (Ostern 1897>; damals wurde Adalbert Oehler, der vorher Gegenvormund war, zum Vormund Nietzsches gewählt.

Auch schreibt sie mir jetzt . . . einen acht Seiten langen Brief: Vom 29. Mai 1897.

Frau Wiecke: Siehe Hinweis zu Brief 285.

Maximilian Ludwig (Breslau 1847-1906 Berlin).

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in der «Versunkenen Glocke»: Siehe Hinweis zu Brief 511.

«Bibespelz» und «Kollege Crampton»: Siehe die Hinweise zu Brief 511.

Lindners»: Siehe Hinweis zu Brief 483.

Francke: Siehe Hinweis zu Brief 471.

Crompton: Siehe ebenfalls Hinweis zu Brief 471.

515. Firma C.G. Naumann: Die Firma, die die Werke Friedrich Nietzsches druckte und verlegte.

in Ihrem Brief vom 23. Mai: Dieser Brief ist vorhanden.

Abschrsft eines von Herrn Stadtrat Dr. Oehler an die genannte Firma gerichteten Briefes: Diese Abschrift liegt nicht vor.

die Frage der an Kant sich anlehnenden Ausführungen Nietzsches im Anhange zur Biographie: Friedrich Nietzsches Entwurf «Die Teleologie seit Kant« (Frühjahr 1868), in Elisabeth Förster-Nietzsche, «Das Leben Friedrich Nietzsches«, 1. Bd., Leipzig 1895, S.352 ff.

Dr. von der Hellen: Siehe Hinweis zu Brief 401 und zu Brief 200.

Sie wissen, daß ich . . . brieflich an Sie ihn als ausgezeichneten Herausge­ber . . . bezeichnete: Siehe Brief 433.

nicht, wie Sie . . . in Ihrem Briefe sagen, eine Nachsicht Dr. Koegel gegenüber: Im Brief vom 29. Mai 1897.

516. Mit dem 1. Juli 1897 übernalsm Rudolf Steiner die Herausgabe und Redaktion des «Magazins für Literatur« und er war schon von Weimar aus bemüht, Beiträge dafür zu erhalten. Auch seine Reise nach Wien im Mai 1897 diente diesem Zweck, besonders aber um einen Theater- und Musikkritiker zu finden, weswegen Rudolf Steiner u.a. mit Hermann Bahr verhandelte. Über die Arbeit mit dem «Magazin» siehe auch den «Lebensgang», XXIV. Kapitel. In der Nr.27 v. 10. Juli 1897 war von Rosa Mayreder eine Novelle »In der Nacht« enthalten, später im gleichen Jahrgang «Drachentöter, eine Fabelei«, «Richard Wagner, der Heide« und «Richard Wagner, der Christ«.

517. Ihr . . . Schreiben vom 1. November 1894: Siehe Brief 400.

die... . beifolgende Schellingschrift: Eduard von Hartmann, «Sehellings philosophisches System», Leipzig 1897.

518. in der Zeitung «Deutschland»: Eine in Weimar erscheinende Tageszei­

tung.

Fresenius: Siehe Hinweis zu Brief 409.

Lindner: Siehe Hinweis zu Brief 483.

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Jossph Rolletschek (Giessaus, Böhmen 1859-1934 Weimar), Maler; siehe «Lebensgang», XX. Kap.

Artikel über die. Wolter: Alfred Gold, »Charlotte Wolter und die neue Epoche», in «Magazin für Literatur», 66. Jahrg., Nr.27v. 10.Juli 1897.

Charlotte Wolter (Köln l834-1897 Hietzing bei Wien), Schauspielerin; kam über das Berliner Viktoria- und Hamburger Thaliatheater 1862 an das Holburgtheater in Wien, zu dessen größten Zierden sie im Fach der tragischen Liebhaberinnen und Heldinnen (Phädta, Maria Stuart, Orsi-na, Lady Milford, Iphigenie, Adelheid im »Götz», Lady Macbeth, Klara in «Maria Magdalena», Grillparzers «Hero», «Sappho», «Medea», Wil­brandts »Messalina») gehörte.

Zitter: Siehe Hinweis zu Brief 77.

519. Ihre Sendung und Ihre Briefe: Bei der Sendung handelt es sich um zugesagte Artikel für das «Magazin für Literatur»; die genannten Briefe liegen nicht vor.

Ihren Beitrag zu meiner e'sten Nummer: Siehe Hinweis zu Brief 516.

den in Ihrem Briefe angeregten Kampfartikel: In ihrem Brief vom 21. Juni 1897 schreibt Rosa Mayreder: «Da fällt mir noch etwas ein: Wäre Ihnen vielleicht ein Beitrag über die Bestrebungen der «Leo-Gesell-schaft», einer literarisch-künstlerischen Vereinigung mit katholischen Tendenzen in Wien, etwünscht? Ich würde gerne mein Mütchen an dem unverschämten Dilettantismus dieser Leute kühlen, die sich unter der Agide der österreichischen Klerikalen einer gewissen Macht erfreuen; man könnte ja anknüpfen an das eben erschienene erste Bändchen einer «Allgemeinen Bücherei», welche die Gesellschaft herausgibt. Inhalt dieses Bändchens: Calderons »Großes Welttheater»; es diente als Textbuch für die Aufführung dieses Autors, die vorigen Sonntag im Rathaushofe stattfand.» Dieser Artikel ist, zumindest im Zusammenhang mit dem «Magazin für Literatur», nicht zustandegekommen.

520. Ihre Polemik gegen die «Frankfurter Zeitung»: Siehe Brief 528.

Stirner-Bücher: John Henry Mackay, «Max Stirner. Sein Lehen und sein

Werk», Berlin 1898 und »Max Stirners kleinere Schriften und seine

Entgegnungen auf die Kritik seines Werkes: »Der Einzige und sein

Eigentum». Aus» den Jahren 1842-1847«, herausgegeben von John Henry

Mackay, Berlin 1898. Diese Schriften hat Rudolf Steiner in den beiden

Aufsätzen »Max Stirner» (»Magazin für Literatur», 67. Jahrg., Nr.26 v.

2. Juli 1898) und »»Voilä un homme» (»Mag. f. Lit.«, Nr.27 v. 9. Juli 1898)

besprochen; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zur Literatur

1884-1902», GA Bibl.-Nr. 32, Dornach 1971, S. 211 ff. u. S. 219 ff.

521. Lucy Zitter: Luise Zitter, Moriz Zitters Frau.

522. Dr. Heitmüller: Siehe Hinweis zu Brief 409.

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Der Band, in dem die Wiederkunft des» Gleichen steht: Der zurückgezo­gene Band XII (Leipzig 1897) der von Fritz Koegel besorgten 2. Gesamtausgabe der Werke Friedrich Nietzsches beginnt mit »Die Wie­derkunft des Gleichen. Entwurf. (Sommer 1881)» in fünf Büchern (zus. 130 Seiten).

bei Ihrem letzten schönen Briefe in der «Zukunft»: «Nietzsches Ahnen», ein Brief von Elisabeth Förster-Nietzsche an Maximilian Harden, in »Die Zukunft», VI. Jahrg. (23. Bd.), Nr.39v. 25. Juni 1898.

gelegentlich eines» Vortrags . . . in Königsberg: Von diesem Vortrag, der vermutlich das Thema «Von Kant zu Nietzsche» behandelte, konnten bis jetzt keine Unterlagen gefunden werden.

524. die Manuskriptangelegenheit: Es handelt sich hier um Bemühungen, für Manuskripte Rosa Mayreders Verleger zu finden, bei denen außer Rudolf Steiner u.a. auch Moriz Zitter behilflich war.

Fontane & Co.: Im Verlag von F. Fontane & Co., Berlin W 35, erschien »Das literarische Echo. Halbmonatsschrift für Literaturfreunde», Her­ausgeber: Dr. Josef Ettlinger.

Fischer: S. Fischer Verlag, Berlin, bedeutsam für die Entwicklung der modernen Literatur.

527. Dein Schreihen: Dieser Brief ist nicht erhalten.

ob Du mit Fr[au] Förster was» abmachst oder nicht: Elisabeth Förster­Nietzsche hatte Rudolf Steiner aufgefordert, am 1. September 1898 eine

Stellung im Nietzsche-Archiv anzunehmen. Sie schrieb am Schluß Ihres

Briefes vom 15. August 1898: »Es würde mir aHßerordentlich leidtun auf

Sie verzichten zu müssen!»

an den Pedanten: Damit ist Otto Neumann-Hofer gemeint, von dem Rudolf Steiner das «Magazin für Literatur» gepachtet hatte.

der Finzige: Möglicherweise ist hier John Henry Mackay gemeint.

Du hättest ja damals gleich gegen Felber äußerite Maßregeln esgreifen . . . sollen: Der Verleger des »Magazins für Literatur», Emil Felber, machte Rudolf Steiner von Anfang an größte Schwierigkeiten, insbeson­dere dadurch, daß er die vertraglichen Vereinbarungen nicht einhielt und sowohl Autoren wie Herausgeber unpünktlich oder gar nicht bezahlte. Die Differenzen führten schließlich zur Lösung des Vertragsverhaltnis­ses zum 30. September 1898. Ab 1. Oktober 1898 wurde das «Magazin für Literatur» vom Verlag Cronbach übernommen.

528. Offener Brief, veranlaßt durch Angriffe der »Frankfurter Zeitung». Erste Veröffentlichung unter dem Titel »Der individualistische Anarchismus:

ein Gegner der «Propaganda der Tat«» in «Magazin für Literatur», 67.

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Jahrg., Nr.39v. 30. Sept. 1898, Sp. 913 ff.; wiederabgedruckt in Rudolf

Steiner, «Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte

1887-1901», GA Bibl.-Nr. 31., Donnach 1966, S. 281 ff.

Mackay: Siehe Hinweis zu Brief 366.

Auban: Gestalt aus Mackays Roman «Die Anarchisten».

Benjamin Ricketson Tucker (South Dartmouth bei New Bedford, Mass., U.S.A. 1854-1939 Monaco), amerikanischer Anarchist; Gründer und Herausgeber der Zeitschriften »The Radical Review» (1877) und »Liber­ty» (1881-1908); er bekannte sich xur individualistischen Richtung des Anarchismus und war als solcher Gegner der Gewaltanwendung; er übersetzte die Werke Proudhons und schrieb »Instead of a book» (1893).

529. Dieser Brief ist die Antwort Rudolf Steiners auf den vorstehenden »Offenen Brief» John Henry Mackays; erste Veröffentlichung in «Maga­zin für Literatur», 67. Jahrg., Nr.39 v. 30. Sept. 1898, Sp. 915 ff.; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze (siehe oben) ...», S. 283 ff.

Ihre Zustimmung xu meiner Ideenrichtung: Siehe Brief 370.

mit wie wenig Verstand die. Welt regiert wird: Nach einem dem Papst Julius III. zugeschriebenen Ausspruch. Wörtlich: »Weißt du denn nicht, mein Sohn, mit wie wenig Verstand die Welt regiert wird?».

wenn ein Luccheni eine Frau ersticht, die zufällig die Kaiserin von Österreich ist: Einige Tage vor dem Briefdatum, am 10. September 1898, wurde Elisabeth, Kaiserin von Österreich, von einem »Propagandisten der Tat» namens Luccheni erdolcht. Siehe hierzu auch den von Rudolf Steiner am 6. November 1917 in Zürich gehaltenen Vortrag, in »Indivi­duelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen«, GA Bibl.-Nr.178, Dornach 1980, S. 77 ff.

diese Caserios: Caserio ermordete 1894 den französischen Präsidenten Carnot.

530. Alwine Wiecke-Halberstedt: Siehe Hinweis zu Brief 285. Fräulein Reuter: Siehe Hinweis zu Brief 409.

Gabriele Reuter, «Der Lebenskünstler«, Berlin 1897.

Jugend: Es konnte bisher nicht festgestellt werden, ob diese Sammlung von Erzählungen veröffentlicht wurde.

531. des ersten Heftes «Kunstformen der Natur»: Ernst Haeckel, »Kunsrfor­men der Natur», Wien und Leipzig 1899 ff. Besprechung der ersten

Lieferung der Sammlung in «Magazin für Literatur», 68. Jahrg., Nr.10v.

11. März 1899; wiederabgedruckt in »Methodische Grundlagen der

Anthroposophie 1884-1901. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie,

Naturwissenschaft, Ästhetik und Seelenkunde», GA Bibl.-Nr. 30,

Dornach 1961, S. 571 f.

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eine schöne Erinnerung an den 16. Februar 1894: Siehe den «Bericht über die Feier des sechzigsten Geburtstages von Ernst Haeckel am 17. Februar 1894 in Jena», o.O. u. J. Uena 1894]. - Rudolf Steiner ist darin als »Beitragender» und als von auswärts erschienener »Freund Haeckels» genannt.

Artikel über »Ludwig Bücbner»: Rudolf Steiner, «Ludwig Büchner.

Gestorben am 30. April 1899»,in «Magazin fur Literatur»,68. Jahrg.,Nr.

19v. 13. Mai 1899; wiederabgedrucktin »Methodische Grundlagen...»,

S. 383ff.

Aufiatz über Charles Lyell: Rudolf Steiner, «Charles Lyell. Zur hundert-jährigen Wiederkehr seines Geburtstages», in «Magazin ...», 66. Jahrg., Nr.47 v. 27. Nov. 1897; wiederabgedruckt in »Methodische Grundlagen ...», S. 359 ff.

eine kleine Schrift her «Monismus»: Rudolf Steiner, »Haeckel und seine Gegner», erschien zuerst in »Die Gesellschaft», Dresden und Leipzig, XV. Jahrg. 1899, Bd. III, Heft 4, 5, 6, dann in »Freie Warte. Sammlung moderner Flugschriften», Minden i.W. und als selbständige Broschüre, Minden 1900; wiederabgedruckte in »Methodische Grundla­gen ...», S. 152ff.

Ihre . . . Schrift «Über unsere gegenwärtige Kenntnis» vom Ursprung des Menschen»: Vortrag, gehalten auf dem vierten Internationalen Zoolo­gen-Kongreß in Cambridge, am 26. August 1898, mit erläuternden Anmerkungen und Tabellen, 3. Aufl., Bonn 1899.

532. Ritter-Stiftung: Die von Paul von Ritter (1825-1915) im Jahre 1886 begründete Stiftung, welche Jahrzehnte hindurch für die Jenaer Zoologie und zum Teil für die Zoologie überhaupt eine außerordentliche Förde­rung bedeutete. Ritter war ein begeisterter Anhänger und Bewunderer der Anschauungen Haeckels.

eine größere philosophische Arbeit: «Die Welträtsel. Gemeinverständli-ehe Studien über monistische Philosophie», Bonn 1899.

533. «Haeckel und seine Gegner»: Siehe Hinweis zu Brief 531 (eine kleine Schrift ber Monismus).

die Bitte . . ., uns eine Photographie von Ihnen zur Ve'fügung zu stellen:

Dieser Bitte wurde entsprochen.

von Ihrer im Herbste erscheinenden philosophischen Grundlegung des Monismiss: »Die Welträtsel«.

534. den Artikel Tuckers: Benjamin R. Tucker, »Der Staat in seiner Beziehung

zum Individuum«, in «Magazin . . »,68. Jahrg., Nr.38 u. 39v. 23. u. 30.

Sept. 1899.

die. Abf . . . . .

ertigung von R.M. Meyer, Ludwig Stein kommt in einer der nächsten Nummern: Diese Abfertigung fand nicht statt. Richard Moritz

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Meyer (Berlin 1860»1914 ebd.) ist der Berliner Literarhistoriker, Schüler Wilhelm Scherers; und über Ludwig Stein (Erdö-Ben-ye, Ungarn 1859-1930 Salzburg), seit 1890-191 i Professor an der Universität Bern, siehe den Aufsatz Rudoll Steiners, «Freiheit und Gesellschaft», in «Magazin . . .», 67. Jahrg., Nr. 29 u. 30 v. 23. u. 30. Juli 1898; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitge­schichte 1887-1901», GA Bibl.-Nr. 31, Dornach 1966, S. 251 ff.

535. Hermann Lammé war in den Jahren um 1900 herum sechs bis sieben Jahre hindurch 1. Vorsitzender im Vorstand der Arbeiter-Bildungsschule in Berlin.

die Mitteilung wegen des Goethespruches: Johanna Mücke schrieb hierzu in ihren »Erinnerungen an Rudolf Steiner» («Das Goetheanum»' 4. Jahrgang, Nr.47 und 48, November 1925): «Dazwischen führte er [Rudolf Steiner] uns in der Schilderung neuerer Dichtung immer wieder auf Goethe zurück, und so kam es, daß am 28. August 1899 an Goethes Denkinal im Berliner Tiergarten ziemlich einsam neben der offiziellen Kranzspende der Goethe-Gesellschaft zum 150. Geburtstag auch ein Kranz der Arbeiter-Bildungsschule lag, für den Herr Doktor [Steiner] uns den Schleifenspruch vorgeschlagen hatte:

«Solch ein Gewimmel möcht ich sehn,

Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.»

Am Abend des 28. August hielt er dann im Osten Berlins einen von hunderten von Menschen besuchten Vortrag über »Goethe, in besonde­rer Betonung seiner Bedeutung für die Naturwissenschaft.»

«Solch ein Gewimmel ... .»: Goethe, «Faust II«», S. Akt, Großer Vorhof des Palasts (Worte Fausts).

«Bald, es kenne nurjeder . . .»: Goethe in dem Gedicht »Vierjahreszei­ten. Herbst».

«Diesen Amhoß vergleich ich . . .»: Goethe in den »Venezianischen Epigrammen» .

536. die heiden ersten Teile des Auftatzes: Siehe Hinweis zu Brief 531 (eine kleine Schrift her «Monismus»).

Der dritte Teil: Im dritten Teil sind Haeckcls Gegner behandelt: Rudolf

Virchow (Die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staat, Berlin 1877),

His, Goette, Weismann' Reinke, Du Bois-Reymond («Ignorabimus»

Vortrag).

eine ausführliche Besprechung der «Kunstformen»: Eine ausfübrliche Würdigung der «Kunstformen» ist nicht erfolgt; siehe Hinweis zu Brief

531.

Ihr neues» Werk: »Die Welträtsel».

Ihre Frholungsreise: Es handelt sich um eine Reise Haeckels nach Savoyen, Korsika, Rom, Sabina, vom 12. August bis 25. Oktober 1899.

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537. Unsere für Freitiig signalisierten Berliner: Frau Anna Eunike und ihre Tochter Minni.

538. einen Brief: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Frau Lang: Marie Lang gehörte wie auch u.a. Franz Hartmann und

Friedrich Eckstein dem Wiener Theosophenzirkel an, mit dem Rudulf

Steiner 1888 in Berührung kam. Durch Marie Lang lernte Rudolf Steiner

Rosa Mayreder kennen. Siehe auch den Hinweis zu Brief 228 (Rosa

Mayreder).

Ihr «Prophet»: Eine Arbeit, die noch nicht aufgefunden werden konnte.

die Sonette: Zwei Sonette von Rosa Mayreder, «Kosmosophie» und »Glaubens»bekenntnis», erschienen im «Magazin . . .», 68. Jahrg., Nr.52 v. 30. Dezember 1899.

Das Bild Rosa Mayreders erschien in »Die Gesellschaft», XVI. Jahrg. 1900, Zweites April-Heft.

Die «Weltanschauungs»geschichte des» neunzehnten Jahrhunderts in Deutschland» erschien (Vorrede gez.: Berlin, im Februar 1900) unter dem Titel «Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhun­dert», Band 1, 1900. Der II. Band erschien (Vorrede gez.: Berlin, im Oktober 1900)1901.

unsere Trauung.. Die Trauung mit Anna Eunike, geb. Schultz, fand auf dem Standesamt Friedenau (-Berlin) statt. Trauzeugen waren John Henry Mackay und Otto Bock.

539. die heiden Hefte der «Gesellschaft»: Siehe Hinweis zu Brief 531 (eine lileine Schrift her «Monismus»).

das» III. Heft der «Kunstformen der Natur»: Siehe Hinweis zu Brief 531. meine «Welträtsel»: Siehe Hinweis zu Brief 532.

540. LudwigJacohows»ki (Strelno 1868-1900 Berlin), Schriftsteller und Dich­ter, Freund Rudolf Steiners. In seinen letzten Lebensjahren - bis zu seinem Tode am 2 Dezember 1900 hat Jacobowski mit M G Conrad zusammen die Zeitschrift «Die Gesellschaft« herausgegeben Ein aus führliches Lebens und Charakterbild des Dichters das auch eine Würdigung des literarischen Werkes Jacobowslus enthalt hat Rudulf Steiner in dem von ihm herausgegebenen Gedichtband Ausklang (Minden i W 1901) gegeben Siehe den Wiederabdruck in «Biographien und biographische Skizzen 1894-1905 GA Bibl Nr 33 Dornach 1967, S. 179 ff. Die Freundschaft Rudolf Steiners mit LudwigJacobowski ist im «Lebensgang», Kap. XXIX, geschildert.

die Nacht vom Sonntag auf den Montag: Die Nacht vom 19. auf den 20. November 1899.

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Lyrik V hast Du spätestens mosgen früh, Lyrik VI spätestens» Sonnabend abends: Die beiden letzten Teile der Schrift «Lyrik der Gegenwart. Ein Überblick» erschienen zuerst in «Die Gesellschaft», XV. Jahrg. 1899, Bd . IV, Heft 6 (Zweites Dezember-Heft), S. 377 ff.; wiederabgedruckt in »Biographien und biographische Skizzen 1894-1905», S. 162 ff.

Mackay: Siehe Hinweis zu Brief 366.

Bruns: J.C.C. Bruns, Minden i W., der Verlag der Halbmonatsschrift »Die Gesellschaft».

541. Ihre Sonette: Siehe Hinweis zu Brief 538.

Ihren «Ersten Versuch»: »Das Magazin für Literatur», 69. Jahrg., Nr.1 v. 6. Januar 1900 enthielt: «Erster Versuch. Eine Fabelei».

Der Essay für die »Gesellschaft»: Rudolf Steiner, »Rosa Mayreder«, in »Die Gesellschaft», XVI. Jahrg. 1900, Bd. II, Heft 2 (Zweites April-Heft), S. 79 ff.

mit Ihren Sonetten und dem »Stiefvater» und dem Bilde: Nach dem Essay folgt «Der Stiefvater. Eine Fabelei« und anschließend folgen acht «Sonette von Rosa Mayreder».

Auftatx über Goethe: Ein »Aufsatz über Goethe« von Rudolf Steiner ist im Jahre 1900 nicht erschienen. Erst 1901 brachte die «Wiener Klinische Rundschau«, 15. Jahrg., Nr.2 v. 13. Januar den Beitrag Rudolf Steiners» «Goethe und die Medizin»; wiederabgedruckt in «Methodische Grund­lagen der Anthroposophie 1884-1901», GA Bibl.-Nr. 30, Dornach 1961, S. 580 ff.

der erste Band meiner Weltans»chauungs»ges»cbichte: «Welt- und Lebens-anschauungen im neunzehnten Jahrhundert», Band I (Bd. XIV von «Am Ende des Jahrhunderts. Rückblick auf 100 Jahre geistiger Entwicke­lung»), Berlin 1900; fortgeführt in »Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt», 2 Bde.' Berlin o.J. (1914).

542. «Haeckel und seine Gegner» erschien xuerst in «Die Gesellschaft«, XV. Jahrg. 1899, Bd. III, Heft 4 (Zweites August-Heft), S. 222 ff.' Heft 5 (Erstes September-Heft), S. 291ff. und Heft 6 (Zweites September­Heft), S. 361 ff., dann in »Freie Warte«, Sammlung moderner Flugschrif­ten, Minden 1900 und als selbständige Broschüre Minden 1900; wieder-abgedruckt in »Methodische Grundlagen . . .», S. 152 ff.

Über die «Welträtsel» habe ich im «Magazin» einen längeren Auftatz schon vor Wochen drucken lassen: «Ernst Haeckel und die «Welträtsel» (Besprechung), in «Das Magazin für Literatur«, 68. Jahrg., Nr.42v. 21. Okt., Nr.43 v. 28. Okt. u. Nr.44 v. 4. Nov. 1899; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen . . .» , S. 391ff.

Einen besonderen Essay über das» Buch: Der «besondere Essay» erschien unter dem Titel «Die Kämpfe um Haeckels «Welträtsel»», in »Die

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Gesellschaft», XVI. Jahrg. 1900, Bd. IV, H. i (Erstes Oktober-Heft), S. 1ff.; wiederabgedruckt in »Methodische Grundlagen . . .», S. 441 ff.

«Welt- und Lebensanschauun gen im neunzehnten Jahrhundert»: Siehe die Hinweise zu den Briefen 538 und 541.

die Widmung: Die Widmung lautet: »Prof. Dr. Ernst Haeckel widmet dieses Buch in herzlicher Hochschätzung der Verfasser».

543.Der zweite Band: Der II. Band der «Welt- und Lebensanschauungen im

neunzehnten Jahrhundert« erschien 1901.

die neueste Auflage der »Natürlichen Schöpfungs»ges»chichte«: «Natürli­che Schöpfungsgeschichte. Gemeinverständliche Vorträge über die Ent­wickelungslehre . . .», Berlin 1868. - 1900 war die 9. Auflage, Berlin 1898, die neueste.

die Ausarbeitung eines» Essays» der sich an Ihre «Welträtsel» an­

schließt: Siehe Hinweis zum vorangehenden Brief (Einen besonderen Essay . . .).

ganz besonders möchte ich Looft zurückweisen: Friedrich Loofs, «Anti­Haeckel», Halle 1900.

meinen Aufiatz über die «Welträtsel»: Siehe Hinweis zum vorangehen­den Brief (Über die «Welträtsel» . . .).

Bres»s»a-Preis: «Der Bressa-Preis» (Notiz) . .

in »Das Magazin ...», 69.

Jahrg., Nr.10 v. 10. März 1900, Spalte 260.

Preisaus»schreiben: »Preisausschreiben» (Thema: Was lernen wir aus den

Prinzipien der Deszendenztheorie in Beziehung auf die innerpolitische

Entwickelung und Gesetzgebung der Staaten?), Anzeige, unterzeichnet:

Haeckel, Vonrad, Frass, in »Das Magazin . . .», 69. Jahrg., Nr.11 v. 17.

März 1900, Sp. 284/85.

544. die freundlich-anerkennenden Worte: Dieser Brief ist nicht erhalten. «E'ns»t Haeckel und seine Gegner»: Siehe Hinweis zu Brief 542.

Ich habe aber bereits» einen Essay in Arbeit: Siehe Hinweis zu Brief 542 (Einen besonderen Essay . . .).

Richard Hönigs»wald (Ungsrisch-Altenburg 1875-1947 New York).

die «Arabischen Korallen»: Ernst Haeckel, «Arabische Korallen. Ein Ausflug nach den Korallenbänken des Roten Meeres ...», Berlin 1875.

die letzte (4.) Auflage der «Anthropogenie»: Siehe Hinweis zu Brief 346.

«Gas»traea- Theorie»: Ernst Haeckel, »Studien zur Gastraea-Theorie»' in «Biologische Studien», Zweites Heft, Jens 1877.

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545. mein «Lebensbild» von Bölsche: Wilhelm Bölsche, «Ernst Haeckel. Ein Lebensbild», Dresden u. Leipzig 1900.

Saladin (Pseudonym für den englischen Theologen Stewart Ross), «Jeho­vas Gesammelte Werke. Eine kritische Untersuchung des jüdisch­christlichen Religionsgebäudes auf Grund der Bibelforschung», deutsch von W. Thundeistruck, Leipzig 1896.

F. Strauß: Emil Strauß, der Verleger der «Welträtsel» in Bonn.

546. Elisabeth Förster-Nietzsche, «Der Kampf um die Nietzsche-Ausgabe«' in »Die Zukunft», VIII. Jahrg., Nr.29 v. 21. April 1900, S. 110 ff.

mir . . . mitzuteilen, ob Sie geneigt sind, eine wenn auch kurze Berichti­gung von mir aufzunehmen: In seinem Brief vom 24. April 1900 teilt Maximilian Harden mit, daß er bereit ist, eine Berichtigung zu bringen. Siehe dazu auch Brief 548.

547. Vergebens warte ich auf den ,von Ihnen angekündigten Artikel: Der angekündigte Artikel von Fritz Koegel kam nicht zustande.

Horneffer und Seidl: Ernst Horneffer (Stettin 1871-1954 Iserlohn), Philosoph; Arthur Seidl (München l863-l928 Dessau), Musikschrift­steIler und Dramaturg.

Sie. selbst hat in der «Zukunft« gegen Sie, Gustav Naumann und mich die tollsten Dinge in die Welt gesetzt: Siehe Hinweis zum vorangehenden Brief.

wie eine Notiz . . . im 2. Aprilbeft verkündet: Die Notiz (zu einer Buchbesprechung, auf S. 129 dieses Heftes) lautet: «Wir verweisen auf die beiden Maihefte der «Ges[ellschaft]». Dr. Artbur Seidl und Dr. Rudolf Steiner werden ihre Klingen kreuzen. D[ie] Red[aktion].» (Der Redak­teur ist Ludwig Jacobowski). - Die beiden klingenkreuzenden Artikel:

Arthur Seidl, «Rudolf Steinersche Masken und Mummenschänze. Eine Demaskierung», in »Die Gesellschaft«, XVI. Jahrg., Bd. II, H. 3 (Erstes Mai-Heft), S. 133 ff.; Rudolf Steiner, «Frau Elisabeth Förster-Nietasche und ihr Ritter von komischer Gestalt. Eine Antwort auf Dr. Seidis »Demaskierung»», in »Die Gesellschaft», w.o., H. 4 (Zweites Mai-Heft), S. 197 ff.; Wiederabdruck des letzteren Artikels in Rudolf Steiner, «Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887-1901», GA Bibl.-Nr. 31, Dornach 1966, S. 571 ff.

Durch Horneffer laßt die. Förster eine Briefttelle von mir ankündigen:

Am Schluß des Aufsatzes von E. Horneffer, «Eine Verteidigung der sogenannten »Wiederkunft des Gleichen» von Nietzsche», in »Das Magazin für Literatur», 69. Jahrg., Nr.15v. 14. April1900, Sp. 383. Siehe dazu Rudolf Steiners «Erwiderung auf die obigen Ausführungen» (Hor­neffers) im gleichen «Magazin»-Heft, besonders Sp. 384/85. Wiederab-druck der beiden Artikel in »Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und

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Zeitgeschichte 1887-1901», S. 529ff. (siehe bes. S. 537) und S. 538 ff. (s bes. S. 539/40).

In der «Zukunft» erscheint nun diese pomphaft angekündigte Briefstelle:

Siehe den in den Hinweisen zu Brief 546 genannten Aufsatz von

Elisabeth Förster-Nietzsche, besonders die Ausführungen auf den Seiten

117 und 118. Dort wird aus dem Brief 522 zitiert.

Sonntag nach Ihrer Verlobung: Sonntag, 29. November 18% (nicht 30.

November!). Die Verlobung fand am 26. November statt. In einem an

Kathinka Travers gerichteten Brief vom 27. Nov. 1896 schrieb Fritz

Koegel: «Heute aber muß ich Dir schreiben, um Dir zu sagen, daß ich

mich gestern mit Emily Gelzer verlobt habe.»

Anbei Nr. 15 u. 16 des» «Magazin«: Die Nr. 15 bringt den oben angefuhrten Artikel E Horneffers und die Erwiderung Rudolf Steiners die Nr 16 (v 21 April 1900) die Fortsetzung der Erwiderung unter dem

Titel: Die sogenannte» Wiederkunft des Gleichen von Nietzsche Sp 401 ff , Wiederabdruck der Erwiderung Rudolf Steiners sn »Gesammelte Aufsätze zur Kultur und Zeitgeschichte 1887 1901 5 549ff

Nr.17 bringe ich eine vollstandige Entlarvung der wahren Grunde des ganzen Geschreis» Fortsetzung (zugleich Schluß) der Erwiderung auf E. Horneffers Aufsatz; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze . . .», S. 554 ff

548. die beiliegende Berichtigung: Die Berichtigung erschien in »Die Zu­kunft», VIII. Jahrg., Nr.33v. 19. Mai 1900, S. 314/15; wiederabgedruckt in «Gesammelte Aufsätze ...», S. 594 ff.

An einer Berichtigung der Hartleben betreffenden Stelle liegt mir gar

nichts»: Die betreffende Stelle in dem Artikel von Elisabeth Förster-

Nietzsche (siehe Hinweis zu Brief 546) lautet: »Herr Otto Erich

Hartleben ließ mir offiziell mitteilen, daß ihn dieser »inferiore Klatsch»

veranlaßt habe . . . . . .

, »seinen definitiven Rucktritt von der Herausgabe des «Magazin» zu erklären.»» Siehe hierzu den Brief 546.

549. John Henry Mackay: Siehe Hinweis zu Brief 366.

Ihren lieben Brief: Vom 4. Mai 1900

550. Namenstag des Vaters»: 16. Mai.

Verhandlungen wegen einer dortigen Anstellung: Siehe hierzu Brief 418.

Johannes Gutenberg (Mainz um 1400-1468 ebd.), Erfinder der Buch-druckerkunst.

Ich bin dazu ausersehen, . . . die Festrede zu halten: Festrede im «Verein der Berliner Buchdrucker und Schriftgießer» zum 500 jährigen Guten­berg-Jubiläum: «Gutenbergs Tat als Markstein der Kulturentwicklung«; Autorreferat in «Deutscher Buch- und Steindrucker», VI. Jahrg. 1900,

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Nr. 9 (Juni-Heft); wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zu! Kultur-und Zeitgeschichte 1887-1901», S. 341 ff.

551. «Gerhart Hauptmann und d»i Getitesleben der Gegenwart»: Von diesem Vortrag ist keine Nachschrift bekannt. Einen Vortrag über Gerhart Hauptmann hatte Rudolf Steiner bereits am 25. Februar 1900 bei den Sonntags-Versmmlungen der Arbeiter-Bildungsschule in Berlin gehalten.

552. Heinrich Schmidt (Heubach, Thür. 1874-1935 Jena), Dr. phil. 1904, Prof.

1919, 1920-1935 Direktor des Haeckel-Arcbivs in Jena; schrieb: »Der Kampf um die «Welträtsel>. Ernst Haeckel, die und die Kritik», Bonn 1900; «Geschichte der Entwicklungslehre«, 2 Bde., Leip­zig 1918; «Ernst Haeckel. Leben und Werke», Berlin o. J. (1926) und »Ernst Haeckel. Denkmal eines großen Lebens», Jena o. J. (1934), u. a.

die. beiden trefflichen Artikel von Heinrich Schmidt über die «Welt­rätsel»: Heinrich Schmidt, »Im Kampf um die , in »Magazin für Literatur», 69. Jahrg., Nr.25v. 23. Juni 1900, Sp. 621ff. und Nr.26v. 30.Juni 1900, Sp. 645 ff.

Reise nach Java und Celebes»: Haeckels zweite Tropenreise.

553. den vortrefflichen Aufsatz des Herrn Heinrich Schmidt: Siehe Hinweis» zum vorangehenden Brief.

Aufsatz von mir über das» «Neue Jahrhundert» von O. Born gräber: In dem Aufsatz «Das neue Jahrhundert (Giordano Bruno)«, in «Das Magazin für Literatur», 69. Jahrg., Nr.24 v. 16. Juni 1900, Sp. 593 ff., bespricht Rudolf Steiner die Giordano Bruno-Tragödie Otto Borngrä­bers, zu der Ernst Haeckel ein Vorwort schrieb; wiederabgedruckt in »Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900«, GA Bibl.-Nr. 29, Dornach 1960, S. 385 ff.

Looft und Ros»s»: Bezüglich Loofs siehe den Hinweis zu Brief 543 und wegen Ross den Hinweis zu Brief 545.

daß ich vor einigen Wochen in einer Berliner literarischen Gesellschaft über Ihre «Welträtsel» gesprochen habe: Über diesen Vortrag ist nichts Näheres bekannt.

«Ernst Haeckels Welträtsel und die. Gegner des Monismus«: Rudolf Steiner, »Die Kämpfe um Haeckels , in «Die Gesellschaft», XVI. Jahrg., Bd. IV, H. i (Erstes Oktober-Heft), S. 1 ff.

554. »Freie. Literarische Gesellschaft»: Berliner literarische Gesellschaft unter dem Vorsitz von Otto Erich Hartleben. Rudolf Steiner war Vorstands­mitglied dieser Gesellschaft, die ein «Sammelpunkt für Meinungsaus­tausch auf dem Gebiete der Literatur und des Geisteslebens» sein wollte. Diesem Zweck dienten Vorträge und Vortragszyklen mit anschließender Diskussion. Rudolf Steiner hielt in dieser Gesellschaft u.a. die Vorträge

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über die Hauptströmungen der deutschen Literatur von der Mitte des vorigen Jahrhunderts bis zur Gegenwart (1897). Diese Vorträge wurden in Zeitabständen von 14 Tagen immer an einem Dienstag gehalten.

555. wegen des traurigen Ereigntises: Am 2. Dezember 1900 war Ludwig Jacobowski gestorben.

Trauerrede: Die Trauerrede im Kreis der «Kommenden», einer von Ludwig Jacobowski gegründeten Gesellschaft, die aus Literaten, Künst­lern, Wissenschaftlern und künstlerisch interessierten Persönlichkeiten bestand, fand am 6. Dezember 1900 in Berlin statt. Eine Nachsehrift ist nicht bekannt. Dieser literarische Kreis, der von 1900-1903 bestand, wird von Rudolf Steiner in «Ludwig Jacobowski. Ein Lebens- und Charakter­bild des Dichters« (veröffentlicht in «Ausklang. Neue Gedichte aus dem Nachlaß«, wiederabgedruckt in «Biographien und biographische Skiz­zen 1894-1905», GA Bibl.-Nr. 33, Dornach 1967, S. 179ff.) wie folgt dargestellt (S. 211): «Die Eigenschaften Jacobowskis, durch die er unmittelbar von Mensch zu Mensch wirkte, die Anregungen, die so von ihm ausgehen konnten, kamen zur Geltung in einer literarischen Gesell­schaft, die er in der letzten Zeit seines Lebens mit einigen Freunden gegründet hatte. Jeden Donnerstag versammelte er im >Nollendorf­Kaiino» in der Kleiitstraße einen künstlerisch und literarisch angeregten Kreis unter dem Namen

Lammé Siehe Hinweis zu Brief 535.

556. Maria Stona, Deckname der Dichterin Maria Scholz, geb. Stonäwski (Schloß Strzebowitz bei Troppau 1861-1944 ebd.), war vor allem als Lyrikerin und Erzählerin tätig; schrieb die Gedichtsammlung «Buch der Liebe«, 1888, «Erzählt und gesungen« (mit Novellen), 1890, «Lieder einer jungen Frau«, 1899, «Klingende Tiefen», 1903; die Romane »Der Rabenschrei«, 1906, «Rahel», 1909; die Novellen »Menschen und Para­graphen», 1896, «Im Spiel der Sinne«,1901, u. a.

Maria Stona gab (mit Beiträgen von Rudolf Steiner u.a.) das Erinnerungs­buch «Ludwig Jacobowski im Lichte des Lebens» heraus (Breslau o.J. 1901). Rudolf Steiners Beitrag - im Brief »Loki»-Artikel genannt -behandelt Jacobowskis «Loki. Roman eines Gottes» (Minden i Westf. 1898).

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Otto Reuter gab die Schrift: «Ludwig Jacobowski. Werk, Entwicklung und Verhältnis zur Moderne», Berlin 1900, heraus.

557. Fräulein Reuter: Gabriele Reuter. Siehe Hinweis zu Brief 409.

für Ihre Nachrichten: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Maria Stona, »Im Spiel der Sinne», Berlin 1902.

Ich habe diese «Briefe an einen Toten» sehr, sehr lieb: Diese «Briefe an einen Toten» bilden ein Kapitel der vorgenannten Schrift und sind an den verstorbenen Freund Ludwig Jacobowski gerichtet.

Bruns hat begonnen, den Nachlaß zu drucken: Rudolf Steiner gab aus» dem Nachlaß Jacobowskis im J.C.C. Brun's Verlag, Minden i Wesrf., 1901 einen Band Gedichte: «Ausklang» und einen Band Skizzen:

«Stumme Welt. Symbole» heraus.

558. Ihre freundlichen Zeilen: Dieser Brief ist nicht erhalten.

um einen Freund zu treffen: Der Freund in Salzburg war möglicherweise Franz Köck. Siehe über ihn Hinweis zu Brief 1.

559. Mit diesem Brief beantwortet Rudolf Steiner Maria Stonas Brief vom 31. August 1901.

die Sache mit Schottlaender: In der «Schlesischen Verlags-Anstalt von S. Schottlaender, Breslau« erschien das von Maria Stona herausgegebene Erinnerungswerk «Ludwig Jacobowski im Lichte des Lebens«. Siehe auch Hinweis zu Brief 556.

den beiden Nachlaßbänden: Siehe Hinweis zu Brief 557. Seemann: Verlag von Hermann Seemann in Leipzig.

Brief Schottlaender: Eine Abschrift dieses Briefes vom 30. August 1901 ist vorhanden.

Bücher von Konegen: Die beiden im Verlag Carl Konegen erschienenen Bücher von Marie Stona: «Die Provinz unterhalt sich. Federzeichnun gen«, Wien 1898, und «Lieder einer jungen Frau« (Gedichte), Wien 1899.

einen kleinen Aufsatz: Darüber ist nichts bekannt.

Wolzo gen: Erns»t L. Freiherr von Wolzogen (Breslau 1855-1934 Pupp­ling, Oberbayern), Erzähler und Lustspieldichter, begründete in Berlin das literarische Kabarett »Überbrettl», welches vom Januar 1901 bis zum Mai 1902 bestand.

560. Albert Jacobowski: Bruder von Ludwig Jacobowski

das» Bild, wie es im «Kommenden«-Alhum tit: In «Die. Kommenden. Erste Veröffentlichung aus den Darbietungen der >Kommenden> an den

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Donnerstag-Abenden im Nollendorf-Casino» (Berlin 1901) wurde eine Photographie Ludwig Jacobowskis nach einem Relief von G. Lehinann­Wienbrack wiedergegeben.

R.M. Werner: Richard Maria Werner (Iglau, Mähren 1854-1913 Wien), Literarhistoriker, war mit Ludwig Jacobowski befreundet.

der Nachlaß: Die beiden Nachlaßbände. Siehe Hinweis zu Brief 557.

561. Friedrichs Arbeit: Hermann Friedrich, «Ludwig Jacobowskis Leben«. Er verfaßte auch: «Ludwig Jacobowski Ein modernes Dichterbild«, Berlin

1901.

alles bisher von dem schönen Buch Erhaltene: Die Beiträge zu dem Erinnerungsbuch «Ludwig Jacobowski im Lichte des Lebens«.

«Vorwort»: Von Maria Stona

mit meinem Aufsatz: Rudolf Steiner, «Loki«.

562. Ettlingers» Brief: Dieser Brief liegt nicht vor.

Jos»epb Ettlinger (Karlsruhe 1869-1912 Frankfurt a.M.) begründete 1898 »Das literarische Echo. Halbmonatsschrift für Literaturfreunde« (,,,erlag Fr. Fontane, Berlin).

das «Kommenden»-Buch: Siehe Hinweis zu Brief 560.

563. Ihr Aufsatz: Maria Stonas Beitrag zu dem Erinnerungsbuch an Ludwig Jacobowski

Rudolf Steiner hielt am 22. September 1901 in Berlin einen Vortrag mit dem Thema «Wie ist wissenschaftlicher Sozialismus möglich?».

564. Wolfgang Kirchhach (London 1857-1906 Bad Nauheim), Schriftsteller und Dichter. 1908 ff. erschienen seine «Gesammelten poetischen Wer­ke«. Siehe auch seinen Aufsatz «Hegels Phänomenologie des Geistes und die Theosophie« in «Lucifer, Zeitschrift für Seelenleben und Geisteskul­tur« (herausgegeben von Rudolf Steiner), i . Jahrg. (1903), Heft S. -Rudolf Steiner wirkte mit ihm zusammen im Giordano Bruno-Bund. Siehe hierzu die Diskussionen im «Giordano Bruno-Bund für einheitli­che Weltanschauung«, Berlin, an denen Rudolf Steiner und Wolfgang Kirchbach als Referenten und Diskussionsredner teilnahmen; wiederab-gedruckt in Rudolf Steiner, «Über Philosophie, Geschichte und Litera­tur. Darstellungen an der Arbeiter-Bildungsschule und der Freien Hoch­schule in Berlin. . . . Mit Berichten über Rudolf Steiners Wirken im

>Giordano Bruno-Bund> 1902«, GA Bibl.-Nr. 51, Dornach 1983, S. 287ff.

Ihre liebenswürdige Karte: Diese Karte ist nicht erhalten. bei den «Kommenden»: Siehe Hinweis zu Brief 555.

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565. eine Vorlesung aus Ihren Schöpfungen: Die letzten «Schöpfungen» Kirchbachs waren das Schauspiel «Wein», Berlin i 899, und «Die Lieder vom Zweirad. Badlerleben und Liebe», Berlin 1900. Vermutlich hat Kirchbach vor allem daraus vorgelesen.

566. Johann<» Mücke (Berlin 1864-1949 Dornach bei Basel) gehörte der sozialistischen gewerkschaftlichen Bewegung an und war Mitglied des Vorstandes der von Wilhelm Liebknecht begründeten Arbeiter-Bil­dungsschule in Berlin, als sie Rudolf Steiner während dessen Tätigkeit als Lehrer an dieser Schule (1899-1904) kennenlernte. Als der damals noch «Philosophisch-theosophische Verlag» im Jahre 1908 in Berlin gegründet wurde, wurde ihr von Marie von Siverws (Marie Steiner) die Stellung einer Geschäftsleiterin im Verlag angetragen, die sie annahm und bis zum Jahre 1935 innehatte. Siehe auch Hinweis zu Brief 535.

G. Lammé: Damit ist vermutlich Hermann Lammé gemeint. Siehe

Hinweis zu Brief 535. «G. Lammé» könnte möglicherweise «Genosse

Lammé« heißen.

Rede-Übungs-Stunde: Rudolf Steiner hielt durch Jahre hindurch mit

seinen Zuhörern in der Arbeiter-Bildungsschule Rede-Übungen ab.

Siehe auch Johanna MückelAlwin Alfred Rudolph: «Erinnerungen an

Rudolf Steiner und seine Wirksamkeit an der Arbeiter-Bildungsschule in

Berlin 1899-1904«, Basel 1979.

567. für das» Buch: Für das von Maria Stona herausgegebene Erwinnerungsbuch an Ludwig Jacobowski

568. Hegel-Vortrag: Vortrag vor Studenten der Technischen Hochschule Berlin über Hegel.

569. Es» tit nun schon ein Jahr: Vor einem Jahr, am 2. Dezember 1900, starb Ludwig Jacobowski

Sie haben unserem Freunde ein schönes» Denkmal gesetzt: Das von Maria Stona herausgegebene Erinnerungsbuch.

570. die. Zeilen, die Sie mir auf meinen Briefvom 2. Dezember sandten: Dieser Brief ist nicht erhalten.

amJahres»tage des» Begräbntis»es»: Am S. Dezember 1901.

in Ihren «Menschen und Paragraphen»: Siehe Hinweis zu Brief 559 (Bücher von Konegen).

572. Dr. Kanner: Heinrich Kanner (Galatz, Rumänien 1864-1930 Wien),

Publizist, gründete 1894 mit Isidor Singer und Hermann Bahr die Wiener

Wochenschrift «Die Zeit». Der Versuch, Rudolf Steiner eine Stellung als

Feuilleton-Redakteur zu verschaffen, ist offenbar auf Veranlassung von

Morwiz Zitter geschehen.

Burckhard: Max Burwckhard. Siehe Hinweis zu Brief 285.

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Ich meine, daß ich nun ganz gewiß am 15. mit dem Buche fertig bin: Mit dem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache», Berlin 1902 («Graf und Gräfin Brockdorff, sowie meinen lieben Wiener Freunden, Rosa Mayreder und Moriz Zitter, zugeeignet»).

573. Wilhelm Hübbe-Schleiden (Hamburg 1846-1916 Göttingen), Rechtsan­walt und führender deutscher Kolonialpolitiker, lernte im Juli 1884 bei der Familie Gebhardt in Elberfeld H.P. Blavatsky und Oberst Olcott kennen und gab 18861896 die okkultistische Zeitschrift «Sphlnx» heraus. Hübbe-Schleiden ist der Begründer der deutschen theosophi­schen Bewegung.

Ludwig Deinharil (Deidesheim, Rheinpfalz 1847-1917 München), Inge­nieurw und Industrieller, gehörte anfänglich dem Kreis um Karl du Prel an, später Beziehung und Freundschaft mit Hübbe-Schleiden, Mitarbeiter an dessen Zeitschrift «Sphinx«, schloß sich dann ganz an Rudolf Steiner an. Er verfaßte «Das Mysterium des Menschen im Lichte der psychischen Forschung. Eine Einführung in den Okkultismus», Berlin 1910.

Richard Bresch, Leipzig: 1899-1906 Herausgeber des »Vähan«, Organ der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland. Leiter eines zur deut­schen Sektion gehörigen Zweiges in Leipzig, bis er 1905 aus der Gesellschaft austrat. Rudolf Steiner erwähnt ihn im Vortrag Berlin, 14. Dezember 1911 als «eine Persönlichkeit, die mittlerweile ausgetreten ist aus der Gesellschaft, die auch Vermittler des Karma war - in welcher Weise, darüber könnte viel erzählt werden in okkultem Zusammen­hang-, es ergab sich, daß Herr Richard Bresch, der damalige Vorsitzende des Leipziger Zweiges, nachdem er sich besprochen hatte mit verschiede­nen Persönlichkeiten, eines Tages zum Grafen Brockdorff kam und sagte: Wenn Dr. Steiner nun schon Vorsitzender der Berliner Gesell­schaft ist, kann er auch Generalsekretär der deutschen Sektion sein. - Es ergaben sich nun alle möglichen Notwendigkeiten, diesen Antrag, Vorsitzender der deutschen Sektion zu werden, anzunehmen.» Zitierwt nach Rudolf Steiner, »Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904-1914. Briefe, Rundbriefe, Dokumente und Vorträge», GA Bibl.-Nr. 264, Dornach 1984, S. 407 f.

Bertram Keightley (1860-1949), Mitarbeiter Blavatskys und später Be­sants, 1901-05 Generalsekretär der europäischen Sektion der Theosophi-sehen Gesellschaft, Sitz London. Keightley brachte im Januar 1902 in der von Annie Besant und G.R.S. Mead herausgegebenen »Theosophical Review» ein Referat mit auszugswciser Übersetzung von Rudolf Steiners »Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens . . .», was für Rudolf Steiner mit ein Anlaß war, der Theosophischen Gesellschaft beizutreten.

Geni: Die im Brief 498 schon genannte Tochter von Frau Eunike.

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574. Frau von Holten: Henrie.tte von Holten, Berliner Logen-Mitglied, von

1902-04 Schatzmeister der Deutschen Sektion der Theosophiscl

575. Gestern abend hielt Mr. Keighdey einen Vortrag: Über diesen Vortrag konnten bis jetzt keine näheren Einzelheiten in Erfahrung gebracht werden.

Vortrag von Mrs. Besant: Annle Besant. »Theosophy and Imperialism», London 1902.

Übrigens habe ich Mrs. Bes»ant gestern persönlich kennengelernt: Annie Besant (London 1847-l933 Adyarw, Indien), Nachfolgerin von H.P. Blavatsky und ab 1907 bis zu ihrem Tode Präsidentin der Theosophi­schen Gesellschaft, Hauptquartier Adyar, Indien.

576. 10.Juli 1902: Dieses Datum muß korrigiert werden auf den 9. Juli, denn gleich im ersten Satz des Brirfes heißt es: «Also ich reise . . . morgen Donnerstag . . . von hier ab« und Donnerstag war der 10.Juli 1902.

577. Frinnerungsfest der Republik: Die Erstürmung der Bastille am 14. Juli

1789.

579. Frau von Holten: Siehe Hinweis zu Brief 574.

Donnerstag: 17. Juli 1902.

Emile Zola (Paris 1840-1902 ebd.), Schriftsteller; Hauptwerk ist der 2obändige Romanzyltlus «Les Rougon-Macquart».

581. Place de la Bastille: Rudolf Steiner steht hier auf historischem Boden. Die Erstürmung der Bastille ist das historische Symbol des Volkssieges über die alten Gewalten.

582. daß es sonntags» nicht gebt: Mit diesem Sonntag war der 28. September

1902 gemeint.

583. Wolfgang Kirehbach: Siehe Hinweis zu Brief 564.

für Ihren Brief: Dieser Brief ist nicht erhalten.

»Was» lehrte Jesus»?» werde ich gewiß besprechen: Wolfgang Kirchbach, »Was lehrte Jesus? Zwei Urevangelien», Berlin 1897, 2. Aufl. 1902. Eine Besprechung dieser Schrift ist bis heute nicht bekannt geworden.

sende ich Ihnen mein «Christentum»: Rudolf Steiner, «Das Christentum als mystische Tatsache», Berlin 1902; GA Bibl.-Nr. 8.

meine ... . «Mystik im Aufgange»: »Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zu modernen Weltan­schauungen», Berlin 1901; GA Bibl.-Nr. 7.

Montag: Am 29. September 1902.

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die. Empfindung von der Goethe sprach, al< er sagte, die. Kunst enthalte eine Manifestation geheimer Naturgesetze, die ohne sie ewig wären verborgen geblieben: Wörtlich: «Das Schöne ist eine Manifesta­tion geheimer Naturgesetze, die uns ohne dessen Erscheinung ewig wären verborgen geblieben.» «Sprüche in Prosa», in Goethes «Natuiwis­senschaftliche Schriften», herausg. von Rudolf Steiner (Kürschner-Ausgabe), 4. Bd., 2. Abt., Berlin u. Stuttgart o.J. (1897), S. 194.

was Goethe den Typus nennt: Siehe hierzu «Die Metamorphosc der Pflanzen« von Goethe und die Ausführungen Rudolf Steiners in den Einleitungen zu Goethes «Naturwissenschaftlichen Schriften» (Kürsch­ner-Ausgabe), 1.-Bd., Berlin u. Stuttgart o.J. (1884), S. LX.

eine von den Hypothesen, die Goethe damit charakterisierte: Siehe Goehes «Naturwissenschaftliche Schriften» (Kürschner-Ausgabe), 4. Bd., 2. Abt., S. 358: «Hypothesen sind Gerüste, die man vor dem Gebäude aufführt, und die man abträgt, wenn das Gebäude fertig ist; sie sind dem Arbeiter unentbehrlich; nur muß er das Gerüste nicht für das Gebäude ansehen.» («Sprüche in Prosa»).

David Friedrich Strauß (Ludwigsburg 1808-1874 ebda.), prwotestanti­scher Theologe und Schriftsteller; Hauptwerke: «Das Leben Jesu, kri­tisch bearbeitet», Tübingen 1835, durch das er ein fast beispielloses Aufsehen erregte; «Die christliche Glaubenslehre, in ihrer geschichtli­chen Entwicklung und im Kampf mit der modernen Wissenschaft dargestellt». 2 Bde., Tübingen 184041, und «Der alte und der neue Glaube. Ein Bekenntnis«, Leipzig 1872.

Fritz Schultze (Celle, Hannover 1846-1908 Plauen bei Dresden), Profes­sor der Philosophie an der Technischen Hochschule in Dresden. Natur­wissenschaftlich gebildeter Philosoph, der den Darwinismus antimate­rialistisch fortzubilden und metaphysisch zu erweitern bestrebt war; er verfaßte u.a. «Die Tierseele», Leipzig 1868; «Kant und Darwin», Jena 1875; «Philosophie der Naturwissenschaft», 2 Bde., Leipzig 1881-82.

das biogenetische [Grund-]Gesetz: Von Haeckel aufgestelltei Gesetz der Entwicklung lebender Wesen.

dtman: Rudolf Steiner sagt in dem am 28. Januar 1907 in Berlin gehaltenen Vortrag »Das Vaterunser» (Berlin 1907 jetzt in GA Bihl Nr 96) u.a. Der Mensch so wie er heute ist stellt dar den Zusammenklang aus den zwei Wesenheiten den drei Anlagen fur die Zukunft Manas Budhi, Atma den oberen drei Gliedern und den unteren vier Gliedern physischer Leib Aetherleib Astralleib und Ich Innerhalb des Ich hat der Mensch die Anlage fur die Zukunft Manas Budhi Atina oder das Geistielbit den Lebensgeist und den Geistesmenschen

karman: das Tun, das Werk, die schicksalshafte Verkiiüpfung des Tuns. -Mit unseren Taten in diesem physischen Leben hängt unser äußeres Schicksal im späteren Leben zusammen. - Siehe auch Rudolf Steiner, «Reinkarnation und Karma vom Standpunkt der modernen Naturwis-

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senschaft notwendige Vorstellungen«, Berlln 1909 (viele Neuauflagen). -Das Zitat im Brief ist der grundlegenden Stelle über Wiedeiverkörperung im «Veda« entnommen.

Brihadaranyaka-Upanishad: Zum Yajurveda (Veda der Opfersprüche) gehörig, behandelt in Versform die Natur des ätman und das Leben nach dem Tod. Die Upanishaden sind an den Veda sich anschließende heilige Tezte; sie haben für die Hindus eine größere Bedeutung noch als der Veda.

584. den ersten Vortrag: »Die Theosophie und die Fortbildung der Religionen (mit Berücksichtigung der Babel-Bibel-Frage)«.

Fräulein Streichhan: Bekannte von Anna Steiner aus der Weimarer Zeit.

Wahle: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Rasch: Vermutlich Mitarbeiter am Goethe- und Schiller-Archiv.

Fröhlich: Der Maler Otto Fröhlich. Siehe auch Hinweis zu Brief 487.

Rollets»chek: Siehe Hinweis zu Brief 518.

Erbers»: Frau Erber. Siehe Hinweis zu Brief 483.

Horst von Henning: Seit 1895 Mitglied der Theosophischcn Gesellschaft, später der Deutschen Sektion der T.G.; Mitbegründer des 1903 begrün­deten Zweiges Weimar.

Schlaraffia: Eine 1859 in Prag gegründete internationale Organisatson zur Pflege der Geselligkeit und zur gegenseitigen Unterstützung. Siehe hierzu: O.R. Zwilling, «Schlaraffia», 1926.

Lorenz: Paul Lorenz war der verantwortliche Redakteur der Weimari­schen Landeszeitung «Deutschland».

Neuffer: Dagohert Neuffer (Groß-Bescherek, Ungarn 1851 - nach 1926), Schauspieler. Siehe «Lebensgang», XXI. Kap.

Suphan: Siehe Hinweis zu Brief 200.

Frau Lübke: Helene Lübke, Mitglied der Deutschen Sektion der Theoso­phischen Gesellschaft, leitete den Weimarer Zweig, der durch ihre Arbeit 1903 begründet werden konnte. Von 1903-1908 gehörte sie dem Vor-stand der Deutschen Sektion an.

585. Der zweite Vortrag: «Die theosophischen Hauptleh ren (Wiederverkör­perung und Karma»).

Frau Dr. Mitzschke: Ellen Mitzs»chke (geb. 1857 in London), Feuilletoni­stin und Übersetzerin für Englisch, Französisch und Italienisch, wohnte damals in Weimar.

Deinhard: Siehe Hinweis zu Brief 573.

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586. Bresch: Siehe Hinweis zu Brief 573.

Otto Francke: Siehe Hinweis zu Brief 471.

587. die beiden ersten Nummern des «Luzifer»: Die Nummern i (Juni 1903) und 2 (Juli 1903) der Monatszeitschrift «Luzifer. Zeitschrift für Seelenle­ben und Geisteskultur, Theosophie». Weiteres über diese Zeitschrift siehe in «Die anthroposophischen Zeitschriften von 1903 bis 1985. Bibliographie und Lebensbilder«, herausg. von Götz Deimann, Stuttgart 1987, S.55 ff.

588. Die Gedichts»ammlung: Maria Stons, »Klingende Tiefen. Neue Gedich­te«, Berlin 1903.

589. Olcott: Henry Steel Olcott (Orange, New Jersey 1832 - 1907 Adyar, Indien), Präsident-Gründer der Theosophischen Gesellschaft Siehe Rudolf Steiners Aufsatz «Henry Steel Oleott» (Nachruf) in der Zeit schrift »Lucifer Gnosis», No 33 (vom Marx oder April 1907), wiederab gedruckt in «Luzifer Gnosis 1903 1908 Grundlegende Aufsatze zur Anthroposophie und Berichte aus der Zeitschrift Luzifer und Lucifer Gnosis' GA Bibl Nr 34 Dornach 1960 5 585 ff Die Theosophische Gesellschaft wurde am 17 November 1875 von Helena Petrowna Blavats»ky (Jekaterinoslav Sudrußland 1831 1891 London) zusammen mit Colonel Henry Steel Olcott in New York begründet. Sie verlegte ihr Zentrum bald darauf nach Indien. Vergl. »Die Geschichte und die Bedingungen der anthroposophischen Bewegung im Verhältnis zur Anthroposophischen Gesellschaft. Eine Anregung zur Selbstbesin­nung», acht Vorträge in Dornach, Juni 1923, GA Bibl.-Nr. 258.

Frl. von Sivers: Marie von Sivers» (Wlotzlawek, Gouvernement War­schau, damals zu Rußland gehörig 1867 - 1948 Beatenberg, Berner Oberland) wird später Rudolf Steiners engste Mitarbeiterin, die er 1914 heiratet. Siehe hierzu Hella Wiesberger, «Aus dem Leben von Marie Steiner-von Sivers. Biographische Beiträge und eine Bibliographie«, Dornach 1956 (vergriffen, Neuauflage in Vorbereitung).

Geni: Tochter von Anna Steiner verw. Eunike; siehe auch Hinweis zu Brief 342.

590. die ersten . . . Tage der Konvention: Erste Versammlung der Föderation Europäischer Sektionen der Theosophischen Gesellschaft.

Lauhet: Fmile Louhet (Marsanne, Dép. Dröme 1838 - 1929 Montéli­mar), war von 1899 - 1906 Präsident der Republik.

591. Ihre Postkarte: Ist nicht erhalten.

daß Sie über Hegels Getitphilos»ophie schreiben wollen: Wolfgang Kirch­bach, «Hegels Phänomenologie des Geistes und die Theosophie», veröf­fentlicht in «Luzifer. Zeitschrift für Seelenleben und Geisteskultur, Theosophie», No. 5, Oktober 1903, S. 183 ff.

592

Tegeler Rede: Ansprache bei den Humboldt-Gräbern anläßlich der Sonnwendfeier des «Giordano Bruno-Bundes für einheitliche Weltan­schauung».

592. Turners Landschaften: Joseph Mallord William Turner (London 1775 -1851 Chelsea), englischer Maler, neben Constable Hauptmeister der englischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts. Eine reiche Samm­lung seiner Bilder vermachte er der National-Galerie.

593. Weltmythen in Anknüpfung an Kirchbachs

594. Bemerkung Ledebours: Die Bemerkung betrifft die Mitarbeiterschaft Georg Bernhards (Lehrer an der Arbeiter-Bildungsschule Berlin) bei der Berliner

Brief Geithners: Dieser Brief ist nicht erhalten. 596. Frau Erber: Siehe Hinweis zu Brief 483.

Frau Lühke: Siehe Hinweis zu Brief 583.

ich muß gleich jetzt ins» Rathaus», um dort zureden: Vermutlich handelt es sich um Redeübungen der Arbeiter-Bildungsschule.

597. hin ich jetzt in München, wo ich auch schon gestern vorgetragen habe, heute und morgen vortrage, vielleicht auch noch Mittwoch: Der Brief ist montags geschrieben (11. April 1904). Ans Sonntag hielt Rudolf Steiner einen Vortrag <über die Entwicklung der deutschen Mystik<, von dem aber keine Nachschrift bekannt ist. Die Themen der weiteren Vorträge sind nicht bekannt.

Günther Wagner (Hamburg 1842 - 1930 Herrenalb/Württ.), Gründer

der Fabrik der Pelikan-Erzeugnisse in Hannover. Seit 1885 Mitglied der

Theosophischen Gesellschaft und aktiv beteiligt an der Gründung der

Deutschen Sektion im Jahre 1902.

598. Ihren Brief: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Bericht über das» letzte Quartal: Dieser Bericht ist nicht erhalten

599. Anna Steisner hielt sich damals bei ihrem Bruder Fritz Schultz in Erbach im Odenwald auf, wo dieser an der Großherzoglichen Fachschule wirkte.

600. Fugen Diederichs» (Löbitz bei Naumburg 1867 - 1930 Jena), Verlags-buchhändler, gründete 1896 den Verlag Eugen Diederichs.

Ihre Anfrage: Brief vom 6. Oktober 1902. Eugen Diederichs schrieb damals: ... . Außerdem wird auch Ende des Monats eine Neuausgabe

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von Meister Eckehart erscheinen, die Sie wohl auch im Hinblick auf eine Besprechung interessieren wird. Soviel mir erinnerlich ist, haben Sie wohl auch auf dem Gebiet der Mystik gearbeitet und möchte ich Ihnen

anheimstellen falls Sie . . . . . .

, eine Arbeit auf diesem Gebiete fertig haben, mir dieselbe zum Verlag anzubieten. Es soll noch eine ganze Reihe Mystiker bei mir in Neuausgabe kommen und können Sie sich auch ev. eine Aufgabe aussuchen....»

Werk über nicht etwas näher informieren? Ich muß Ihnen gestehen, daß ich Ihnen damals meinen Brief auf Ihr Büchlein über die Mystik hin schrieb, das bei Schwetichke und Sohn erschienen ist und das sehr gut in meinen Verlag gepaßt hätte. Nun habe ich aber gehört, daß Sie inzwischen wohl eine bedeutende Schwen­kung nach der Theosophie zu gemacht haben, die nicht ganz in meinen Verlag passen würde. Aber ich bin vielleicht zu einseitig orientiert. Gehen Sie mir daher ein kurzes Resumé, wie weit Ihr Buch über die Mystik über neuplatonische und mittelalterlich mystische Ideenkreise hinausgeht und ich werde Ihnen dann sagen, ob Sie mir das Manuskript einsenden sollen. . . . <

Die Arbeit von Eu gen Heinrich Schmitt über die Gnosis . Die Gnosis

Grundlagen der Weltanschauung esner edleren Kultur< I Bd Die

Gnosis des Altertums<, Lespzsg 1903, besprochen in (Juli 1903) S 86 f wiederabgedruckt in GA Bibl Nr 34 Dornach 1960 S 411ff

Essay , der Ihrer von Brieger Wasser'vogel besorgten Swedenbosg Ausgabe vorangeht Lothar Brieger Wasservogel »Swedenborgs Welt anschauung Ein Versuch<, in Immanuel Swedenborg, Ausgewählte Werke, i . Bd. . Theologische Schriften, ubersetzt u. eingeleitet von L Brieger Wasservogel Jena u Leipzig 1904 abgedruckt in Lucifer Gnosis< (Berlin) Nr 11 (April 1904) S 111 ff u Nr 12 (Mai 1904) S. 153ff , aufS 160 des letzteren Heftes auch Rudolf Steiners Bemerkun gen zu diesem Essay

601. im

602. Tag der Generatversammlung: Die zweite Generalversammlung der Deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft fand am 29. und 30. Oktober 1904 in Berlin W., Motzstr. 17, statt.

604. Wilhelm von Megerle (München 1863 - 1935 München-Oberföhring), genial begabter Künstler, der damals, als Rudolf Steiner und Marie von Sivers ihn besuchten, in Schirmensee bei Feldbach am Zürichsee lebte und der vor allem Kirchenfenster (Wilhelm von Megerle bezeichnete diese als

Ihre Karte: Vom 12. Juli 1904.

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Photographien: Laut der obengenannten Postkarte Villa am Zürichsee».

mein Buch: Die 1904 erschienene «Theosophie>. 605. IhTen Brief: Vom 22. September 1904.

wie auch die Affaire der Bildungsachule sich entscheidet: Wie die Affaire der Arbeiter-Bildungsschule sich entschieden hat, darüber vergleiche man die Darstellung Johanna Mückes in ihren «Erinnerungen an Rudolf Steiner aus den Jahren 1899 - 1904», in Johanna Mücke/Alwin Alfred Rudolph, «Erinnerungen an Rudolf Steiner und seine Wirksamkeit an der Arbeiter-Bildungsschule in Berlin 1899 - 1904», 2. Aufl., Basel 1979, S. 26 ff.

Lammé: Siehe Hinweis zu Brief 535.

606. den besprochenen Vortrag: Gemeint ist der Vortrag über den Decamero-ne. Siehe die beiden folgenden Briefe.

607. der Vortrag über den Decamerone: Siehe Hinweis zum folgenden Brief.

608. Otto Lehmann-Rußhüldt (geb. 1873 in Berlin), Schriftsteller, war damals der zweite Vorsitzende des , später Pazifist, Mitgründer der «Deutschen Liga für Menschenrechte<, lebte von 1933 bis 1952 in England, schrieb:

1929.

der Vortrag , gehalten am 3. Mai 1905: «Der Decamerone des Bocaccio als Kritik der Priesterkultur>. Von diesem Vortrag sind keine Nachsehriften bekannt.

609. Ihre Karte: Diese Karte ist nicht erhalten.

610. Emil Schlegel (Karlsruhe 1852 - 1934 Lindau/Bodensee), bekannter homöopathischer Arzt, der in Tübingen, später in Lindau am Bodensee wirkte.

Die Schrift üher Blum: Jakob Lorber, Jenseits>, 2 Bde., Bietigheim/Württ. 1898. Wie es zur Zusendung dieser

Schrift kam, schildert Rudolf Steiner in dem Dornacher Vortrag vom 12.

April 1924 (2. Bd., GA Bibl.-Nr. 236, Dornach 1977, S. 35 f.).

Ihre >Reform der Heilkunde»: Emil Schlegel, «Reform der Heilkunde durch die Homöopathie Hähnemanns>, Brugg (Schweiz) o. J. (1903). Eine Besprechung dieser Schrift durch Rudolf Steiner iSt nicht erfolgt.

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611. Namenafeste der lieben Mutter: 9. März (Franziska).

Ich bin hierzu Vorträgen: Vom 4. bis zum 11. März 1908 hielt Rudolf Steiner in Holland Vorträge.

werde erst in einigen Tagen wieder in Berlin sein: Ans 12. März 1908 sprach Rudolf Steiner in Berlin.

Die Zeitschrift: Hier handelt es sich um «Lucifer-Gnosis» Nr.35 - das letzte im Mai 1908 ausgegebene Heft.

Eure Briefe: Vom 28. Dezember 1907 und vom 24. Februar 1908.

612. Euer letztes» Schreiben: Vom 14. Dezember 1909.

613. vor meiner Abreise nach Straßburg: Am 23. Januar 1910 hielt Rudolf Steiner in Straßburg einen Vortrag zur Einweihung des Novalis-Zweiges. Am gleichen Tag hielt er in Straßburg auch einen öffentlichen Vortrag über Faust> vom geisteswissenschaftlichen Standpunkt>. Siehe Rudolf Steiner (GA Bibl.-Nr. 125) und (GA Bibl.-Nr. 272).

615. Federico Enriques» (Livorno 1871 - 1946 Rom), Professor der Mathema­tik in Rom; Logiker, Erkenntnistheoretiker und Historiker der Logik, präsidierte den vierten internationalen Kongreß für Philosophie in Bologna. Er schrieb: , Bologna 1906, 2. Aufl. 1910, deutsch in 2 Bänden, Leipzig 1910; , Bologna 1911; , Bologna 1913; , Paris 1913 u.a.

Otto Penzig (1856 - 1929), Professor der Botanik an der Universität Genua, leitete damals die Italienische Sektion der Theosophischen Gesellschaft; er ist der Verfasser eines großen Werkes über Mißbildun­gen der Pflanzen (, 2. Aufl., 3 Bde., Berlin 1921).

Der vierte internationale Kongreß für Philosophie in Bologna fand vom 5-11. April 1911 statt.

«Über die psychologischen Grundlagen ...>: Rudolf Steiners Kongreß-vortrag erschien zuerst in den

618. Ferdinand Freiherr von Paungarten (geb. Grax 1874), Lyriker und Schriftsteller; schrieb Auf den Zinnen der Zeit. Ein Versbuch», Leipzig 1906, und «Werdende Wissenschaft. Eine kritische Einführung in esoterische For­schung<, Leipzig 1913.

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Dieser Brief ist die Antwort Rudolf Steiners auf ein Rundschreiben bezw. eine Rundfrage Ferdinand Freiheir von Paungartens zum Ehepro­blem. Er wurde erssnnals veröffentlicht in , München 1913, S. 104ff.

619. für den lieben Brief: Dieser Brief ist nicht erhalten.

Abreise nach Holland: Nach Den Haag, wo Rudolf Steiner vom 20.-29.

März 1913 den Vortragszyklus «Welche Bedeutung hat die olikulte

Entwicklung des Menschen für seine Hüllen (physischen Leib, Äther-

leib, Astralleib) und sein Selbst?» (GA Bibl.-Nr. 145) hielt.

Vor kurzer Zeit war ich zwar in Österreich: Reise Rudolf Steiners vom 18.-29. Januar 1913 Berlin-Wien-Graz-Klagenfurt-Linz-Prag-Berlin.

Namenstagstelegramm: Für den 9. März.

620. für Eure lieben Briefe: Diese Briefe sind nicht erhalten.

der Plan mit Fräulein von Sivers: Der Plan der Verheiratung.

624. Friedrich Lienhard (Rothbach, Elsaß 1865 - 1929 Weimar), Schriftsteller, mit Rudolf Steiner befreundet, Ehrenmitglied der Anthroposophischen Gesellschaft; studierte in Straßburg und Berlin Theologie und Philologie, war mehrere Jahre Hauslehrer, machte Reisen durch Norwegen, Schott­land, Frankreich und Italien, war Journalist in Berlin und geriet in literarische Fehden, seit 1917 in Weimar, 1920 - 1929 Herausgeber der Zeitschrift »Der Türmer»; er veröffentlichte Gedichtbücher, gesammelt unter dem Titel

Herr Walther: Vermutlich Angestellter des Verlages Greiner & Pfeiffer in Stuttgart, in welchem die meisten Werke Lienhards erschienen sind.

«Ahasver am Rhein»: Zweiter Teil der von Friedrich Lienhard privat als» »theosophische Tragödie» bezeichneten Tragödie »Ahasver», Stuttgart 1903. Die

der Bau: Der Dornacher Bau. Siehe hierzu den zum Bildband erweiterten einleitenden Vortrag Rudolf Steiners >Der Baugedanke des Goethe­anum«, gehalten in Bern am 29. Juni 1921, mit Frklärungen zu den Lichtbildern des Goetheanuin-Baues; veröffentlicht unter dem Hauptti­tel: «Das Goetheanum als Gesamtkunstwerk», Dornach 1986.

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625. mein Brief und meine Karte: Weder Brief noch Karte sind erhalten.

eine notwendige Reise: Nach Berlin und München.

626. für Eure lieben Nachrichten: Dieser Brief ist nicht erhalten.

627. Namenstagsgrüße: Zum 15. November.

die Verkündigung unserer Ehe: Die Ehe Rudolf Steiners mit Marie von Sivers.

628. Erledigung von Horn eben angekommen: Siehe den vorangehenden Brief.

630. Willy Schlüter (geb. 1873 Hamburg), Redakteur der (1916). In seinem Brief vom l. Juli 1915 bezeichnet er sich selbst »als Religionsphilosoph, der sich für Krippel Interessiert»; er war befreundet mit dem Philosophen Eugen Heinrich Schmitt und dem bekannten Arzt August Heisler, Königsfeld.

und Ihnen von etwa Gefundenem berichten: Von einem weiteren Brief an Willy Schlüter ist nichts bekannt.

631. Hermann Olpp (Stuttgart 1897 - 1955 ebd.), Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater in Stuttgart, wurde 1916 Mitglied des dortigen Kerning­Zweiges der Anthroposophischen Gesellschaft. Siehe den Nachruf in «Mitteilungen aus der Anthroposophischen Arbeit in Deutschland», 9. Jahrg., Heft 3 (lfde. Nr.33), September 1955.

632. zu Deinem Namenstage: Zum 15. November.

635. Jost Trier (Schlitz, Hessen 1894 - 1970 Bad Salzuflen), Germanist, seit

1932 Professor in Münster i.W., studierte damals Philologie in Basel, wandte sich an Rudolf Steiner mit der Bitte um nähere Angaben über die Herkunft der Oberuferer Spiele (sein Brief ist nicht erhalten); er schrieb:

«Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes>, Heidelberg 1931 (2. Aufl. 1973), «Lehm. Ftymologie zum Fachwerk», Köln 1951, «Holz. Etymologien aus dem Niederwald», Köln 1952, und «Venus. Etymologien um das Futterlaub<, Köln l963.

KarlJulius Schröer: Siehe Hinweis zu Brief l.

«Deutsche Weihnachtspiele aus Ungarn, geschildert und mitgeteilt von Karl Julius Schröer>, Wien 1858 und 1862. Siehe hierzu die «Weihnacht-spiele aus altem Volkstum. Die Oberuferer Spiele. Mitgeteilt von Karl Julius Schröer, szenisch eingerichtet von Rudolf Steiner<, letzte Auflage Dornach 1981, sowie die «Ansprachen Rudolf Steiners zu den Weih­nachtspielen aus altem Volkstum», GA Bibl.-Nr. 274, und »Die Ober­ufererer Weihnachtsspiele im Urtext. Karl Julius Schröers Fassung von 1858 in Verbindung mit der Andauer Handschrift und dem anonymen Erstdruck von 1693, herausgegeben von Helmut Sembdner«, Stuttgart

1977.

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636. C. Noorduy>' (1893 - 1969), studierte in Genf Philosophie und Geschich­te, war befreundet mit bedeutenden Künstlern und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Leiter der Versicherungsabteilung einer Bank. Dane­ben hat er sich lebenslang mit den verschiedensten philosophischen Richtungen auseinandergesetzt.

Brief vom 4. September: Dieser Brief ist nicht erhalten.

>Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?<, GA Bibl.-Nr. 10.

>Vom MenschenrätseL Ausgesprochenes und Unausgesprochenes im Denken, Schauen, Sinnen einer Reihe deutscher und österreichischer Persönlichkeiten>, GA Bibl.-Nr. 20.

, Dornach o. J. (1917) und weitere Auflagen; wieder-abgedruckt in , GA Bibl.-Nr. 35, Dornach 1984, S. 225 ff.

Ebenso hat die Vierteljahrischrift >Das Reich» von mir Aufsätze ge­bracht: Siehe die beiden Aufsätze >Die Erkenntnis vom Zustand zwi­schen dem Tode und einer neuen GeburtDas Reich>, l. Jahr, Buch i [April 1916] u. Buch 4 [1anuar 1917]) und (2. Jahr, Buch 2 [1uli 1917]); wiederabgedruckt in

637b. vor meiner unmittelbar bevorstehenden Reise: Am 17. Januar 1918 hielt Rudolf Steiner in Dornach den letzten Vortrag vor der Reise, und am 22. Januar hielt er in Berlin den ersten Vortrag (im Vortrags»zyklus» ).

Ich werde dann die Wege und Ziele der Anthroposophie ganz in der von Ihnen gewünschten Weise auseinanderzusetzen versuchen: Dieser Vor­trag ist in der von den Studenten gewünschten Weise nicht zustandege kommen. Rudolf Steiner hielt am 9. April 1919, veranstaltet von der Basler Studentenschaft, im Bernoullianum einen öffentlichen Vortrag:

Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus>, GA Bibl.-Nr. 334.

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nach der Schweiz zu kommen: Das war erst im August 1918 wieder möglich. Ani 17. August1918 hielt Rudolf Steiner in Dornach den ersten Vortrag nach der Reise.

638. Maria Stona Siehe Hinweis zu Brief 556.

«Vom Menschenrätsel>: Siehe Hinweis zu Brief 636.

Bartholomäus Carneri: Siehe Hinweis zu Brief 12.

Ihres . . . Gedichtbandes: Maria Stona, >Flammen und Fluten. Neue Gedichte<, Dresden 1912.

Wir werden in der Zeit vom 26. Mai an zu Vorträgen in Wien sein: Rudolf Steiner hielt in der Zeit vom 26. Mai bis zum 2. Juni 1918 in Wien drei Zweigvorträge, zwei öffentliche Vorträge, einen halböffentlichen Vor­trag und eine Ansprache.

639. AlfredJeremias (Markersdorf/ Chemnitz 1864 - 1935 Leipzig), deutscher Theologe, Professor an der Universität Leipzig.

Ihre

Ihre «Allgemeine Religionsgeschichte»: Diese erschien 1918 in München.

640. meine Prager Vorträge: In Prag hielt Rudolf Steiner zwei öffentliche Vorträge.

Wir müssen... vorher nach Oberösterreich fahren: Vom 7.-10.Juni 1918 weilten Herr und Frau Dr. Steiner als Gäste von Graf Ludwig Polzer­Hoditz und seiner Gattin auf deren Gut Tannbach bei Gutau.

641. die . . . Ühersendung Ihrer (A. Jeremias an R. Karrstz, Brief vom 12.Jan.1934)

solche tastenden Versuche wie die. Freudschen oder die anderer Psycho­analytiker: Siehe hierzu die beiden Dornacher «Vorträge über Psycho­analyse, GA Bibl.-Nr. 178.

Ihre . . . Frage . . . bezüglich der deutschen Tingley-Gruppe: Bezieht sich auf Anhänger von Katherine Tingley, der Nachfolgerin von W. Q. Judge als Präsident der Theosophical Society of America.

Seit ich von Wien zurück bin: Am 25. Juni 1918 hielt Rudolf Steiner in Berlin den ersten Mitglieder-Vortrag nach der Österreich-Reise

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habe ich immer wieder zu Ihrer >Religionsgeschicht» gegriffen: Siehe Hinweis zu Brief 639.

zur Arbeit an unserem Bau: Siehe Hinweis zu Brief 624.

642. die. Stunden, die wir bei Euch verbringen durften: Vom 4. bis zum 7. Juni

1918 im Haus der Eltern Rudolf Steiners in Horn, Niederösterreich, im Anschluß an die Wiener Vorträge.

644. Leopoldine Steiner: Rudolf Steiners Schwester.

die traurige Nachricht: Die Mutter Rudolf Steiners starb am 24. Dezem­ber 1918 in Horn.

645. Richard Teschner (Karlsbad 1879-1948 Wien), Maler und Bildhauer, seit

1909 in Wien; einer der bedeutendsten Puppenspieler der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts; er schuf Figurenbühnen nach javanischem Vorbild sowie zweiseitig spielbare Schemen- und Schauenfiguren und gestaltete auch die Handlung der Spiele selbst.

die drei Rassenbilder: Die Bilderserie von Richard Teschner.

die Impression, die. ich für das weiße Rassenbild hatte: «Der weißen Rasse neues Morgenrot . . . < Siehe Rudolf Steiner,

646. Walther Köhler (Elberfeld 1870 - 1946 Heidelberg), deutscher evangeli­scher Kirchenhistoriker; 1904 Professor in Gießen, von 1909-1929 Ordinarius für Kirchengeschichte an der Universität Zürich, anschlie­ßend in Heidelberg tätig. Bedeutend als Luther- und Zwingliforscher, war er Herausgeber der Weimarer Luther-Ausgabe und der Werke Zwinglis und der Verfasser zahlreicher Schriften zum Reformationszeit­alter.

Hilde Boos-Hamburger (Lindendorf, Niederösterreich 1887 - 1969

Basel), Malerin und Mitarbeiterin am ersten Goetheanum. Siehe hierzu

ihre Schrift «Aus Gesprächen mit Rudolf Steiner über Malerei und einige

Erinnerungen an die Zeit des ersten Goetheanum<, Basel 1954.

daß Sie die große Liebenswürdigkeit haben wollen,...über die Stellung der Anthroposophie zur Religion im Allgemeinen und zum Christentum im Besonderen zu sprechen: Von diesem Vortrag liegt keine Nachsehrift vor.

648. Eine kurze Darstellung der näheren Umstände, die zu diesem Briefe führten, hat der Empfänger dieses Briefes selbst in dem Aufsatz #SE039-601

Walter Schwagenscheidt (Elberfeld 1886-1968 Kronberg/Taunus), be-deutender Architekt; er lernte und arbeitete bei Paul Bonatz und Theodor Fischer, bei Wilhelm Kreis und Richard Riemerschmid. Mit Ernst May versuchte er, moderne Projekte des modernen Massenwoh­nungsbaues zu verwirklichen. 1959 gewann er mit Tassilo Sittmann den Wettbewerb für die Frankfurter Nordweststadt.

Ihre >Raumstadt>: Siehe hierzu Walter Schwagenscheidt, «Die Raum-

stadt. Hausbau und Städtebau für jung und alt, für Laien und was sich

Fachleute nennt. Skizze mit Randbemerkungen zu einem verworrenen

Thema>, Heidelberg 1949, und E. Hopmann u. T. Sittmann, «Walter

Schwagenscheidt. Die Raumstadt und was daraus wurde<, Stuttgart

1971.

Architektur als Raumkunst: Siehe Rudolf Steiner, «Wege zu einem neuen

Baustil. <, acht Vorträge, Berlin und Dornach

1911 und 1913/14, GA Bibl.-Nr. 286.

eine kleine Kolonie: Siehe den Vortrag

649. Graf Polzer: Ludwig Graf von Polzer-Hoditz (Prag 1869 - 1945 Wien), der Bruder des Kabinettchefs des letzten österreichischen Kaisers; 1917 verwendete er sich für Rudolf Steiners Dreigliederungsbestrebung bei der österreichischen Regierung und von 1919 bis 1921 war er für die Dreigliederungsbewegung in Österreich tätig. Mit der Gründung der österreichischen Landesgesellschaft der Anthroposopbischen Gesell­schaft wurde er in deren Vorstand gewählt. Siehe seine «Erinnerungen an Rudolf Steiner<, Dornach 1985.

Neuaufbau des Goetheanums: In der Silvesternacht 1922 fiel der erste Goetheanumbau einer Brandkatastrophe zum Opfer. Ausführungen Rudolf Steiners zum Wiederaufbau des Goetheanums sind im Anhang zu den Vorträgen «Wege zu einem neuen Baustil ...> (siebe Hinweis zum vorangehenden Brief) wiedergegeben.

Marie ist . . . auf einer Vortragsreise: Von Beginn Oktober bis zum 17.

November 1924 war Marie Steiner auf einer Eurythmie-Gastspielreise in

Deutschland.

650. als Sie das letzte Mal bei mir waren: Am 3. März 1925 fand Graf Polzers letzter Besuch bei Rudolf Steiner in Dornach statt.

Frau Barth, eine weitläufige Verwandte, war bis Herbst 1926 die

Pflegerin der Geschwister Rudolf Steiners. Dann übernahm Margarete

Karner die Pflege.

#SE039-602

651. Der Kaufmann J. C. Träxler, Horn No. 179, hatte die Geschwister Steiner in sein Haus aufgenommen.

Dr. Glas: Dr. med. Norbert Glas (Wien 1897 - 1986 Wynstones, England), praktischer Arzt, Schularzt und Schriftsteller, wirkte in Gna­denwald bei Innsbruck (als Leiter der Klinik), in Gloucester (als prakti­zierender Arzt) und gleichzeitig in Wynstones (als Schularzt an der dortigen Rudolf Steiner-Schule). Siehe über ihn die Nachrufe von Rita Leroi in , 39. Jahrg. , Heft 5, Sept./Okt. 1986, und Wolfgang Schuchhardt in den «Mitteilun­gen aus der Anthroposophischen Arbeit in Deutschland>, 40. Jahrg., Heft 4 (lfde. Nr.158), Weihnachten 1986.


#TI

NACHTRAG ZU BRIEFE I

#TX

74 a. Moriz Zitter: Siehe Hinweis zu Brief 77.

, das in Hermannstadt, Siebenbürgen, erschien und es nur auf acht Nummern brachte. Die Nummern i und 2 vom 6. und vom 15. November enthalten Rudolf Steiners Aufsatz ; wiederabgedruckt in «Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884 - 1901...<, GA Bibl.-Nr. 30. Dornach 1961, S. 232 ff.

74b. mit Schwachen ist ja doch den Sachsen nicht gedient: den Deutschen in Siebenbürgen.

VERZEICHNIS DER BRIEFE

#G039-1985-SE603 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

VERZEICHNIS DER BRIEFE

#TX

Die in Klammern [ ] gesetzten Ortsnamen und Daten sind Ergänzungen der Herausgeber

Brief Seite

1890

253. An Pauline und Ladislaus

Specht 11

Weimar, 30. September

254. An Ladislaus Specht 12

Weimar, 15. Oktober

255. An Richard Specht 15

Weimar, 18. Oktober

256. An Pauline Specht 17

Weimar, 18. Oktober

257. An Ernst Specht 19

Weimar, 18. Oktober

258. An Rosa Mayreder 20

Weimar, 20. Oktober

259. Von Rosa Mayreder 23

Wien, 22./26. Oktober

260. An Friedrich Eckstein 28

Weimar, Ende Oktober

261. AnJoseph Kürschner 29

Weimar, 2. November

262. Von Friedrich Eckstein 30

Wien, 3. November

263. An Richard Specht 32

Weimar, 5. November

264. Von Joseph Kürschner 32

Stuttgart, 8. November

265. An Pauline Specht 33

Weimar, 22. November

266. An Richard Specht 35

Weimar, 30. November

267. An Rosa Mayreder 40

Weimar, 30. November

268. An KarlJulius Schröer 46

Weimar, 30. November

269. An Friedrich Eckstein 50

Weimar, [Ende] November

Brief Seite

270. An Rudolf Schmidt 54

Weimar, 5. Dezember

271. An Pauline und Ladislaus

Specht 56

Weimar, 24. Dezember

272. An Arthur Specht 59

Weimar, 26. Dezember

273. An Rudolf Schmidt 61

Weimar, 27. Dezember

274. An Walter Fehr 63

Weimar, 31. Dezember

1891

275. An Ladislaus Specht 65

Weimar, 3. Januar

276. An Rosa Mayreder 68

Weimar, 4. Januar

277. An Rudolf Schmidt 71

Weimar, 21. Januar

278. An Pauline Specht 73

Weimar, 23. Januar

279. An Pauline Specht 75

Weimar, 4. Februar

280. An Eduard von Hartmann 77

Weimar, 5. Februar

281. An Rosa Mayreder 80

Weimar, 12. März

282. An Pauline Specht 83

Weimar, 15. März

283. An Pauline Specht 85

Weimar, 21. März

284. An Karl Julius Schröer 87

[Weimar, 20.] April

285. An Richard Specht 88

Weimar, 22. April

#SE039-604

Brief Seite

286. An Rudolf Schmidt 90 Weimar, 24. April

287. An Pauline Specht 92 Weimar, 20. Mai

288. An Richard Specht 95 Weimar, 20. Mai

289. An Rosa Mayreder 97 Weimar, 20. Mai

290. An Rosa Mayreder 98 Oberhof, 24. Mai

291. An Helene Richter 99 Weimar, 19. Juni

292. An Pauline Specht 100 Weimar, 18. Juli

293. An Richard Specht 103 Weimar, 18. Juli

294. An Helene Richter 106 Weimar, 29. August

295. Von Ludwig Laistner 110 Stuttgart, 3. September

296. An Pauline Specht 111 Weimar, 4. September

297. An Eduard von Hartmann 112 Weimar, 6. September

298. AnRosaMayreder 114 Weimar, 10. September

299. An Pauline und Ladislaus

Specht 117

Weimar, 21. September

300. An Bernhard Suphan 117 Wien, 30. September

301. An Pauline und Ladislaus

Specht 118

Weimar, 7. Oktober

302. An Bernhard Suphan 120 Weimar, 28. Oktober

303. An Pauline Specht 121 Weimar, 19. November

304. An Rosa Mayreder 123 Weimar, 19. November

305. An Rosa und Karl Mayreder 125 Wien, [Ende November]

Brief Seite

306. An Rosa Mayreder 125 [Wien, Ende November]

307. AnPauline Specht 126 Weimar, 14. Dezember

308. An Pauline Specht 128 Weimar, 22. Dezember

309. An Rosa Mayreder 130 Weimar, 22. Dezember

310. An Richard Specht 133 Weimar, 23. Dezember

311. An Pauline und Ladislaus Specht 135 Weimar, 31. Dezember

1892

312. An Pauline Specht 136 Weimar, 20. Januar

313. Von der J.G. Cottasehen Buchhandlung Nachfolger 137 Stuttgart, 25. Januar

314. An dieJ. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 138 Weimar, 7. Februar

315. Von Joseph Kürschner 139 Stuttgart, 15. Februar

316. Von der J.G. Cottaschen Buchhandlung Nachfolger 140 Stuttgart, 16. Februar

317. Von der J.G. Cottaschen Buchhandlung Nachfolger 141 Stuttgart, 20. Februar

318. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 141 Weimar, 23. Februar

319. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 142 Weimar, 24. Februar

320. An Pauline Specht 142 Weimar, 25. Februar

321. An Rosa Mayreder 144 Weimar, 17. März

#SE039-605

Brief Seite

322. An Pauline Specht 145

Weimar, 20. März

323. An Eduard von Hartmann 148

Weimar, 20. März

324. VonEduardvonHartmann 150

Berlin-Lichterfelde, 22. März

325. An Rosa Mayreder 150 Weimar, 1. April

326. An Moriz Zitter 151 Weimar [, 18. April]

327. An Pauline und Ladislaus Specht 151 Weimar, 19. Mai

328. An Max Christlieb 153 [Weimar, 11. Juni]

329. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 153 Weimar, 29. Juni

330. Von Joseph Kürschner 154 Stuttgart, 16. Juli

331. An]oseph Kürschner 154 Weimar, 19. Juli

332. An]oseph Kürschner 154 Weimar, 20. Juli

333. An Eduard von Hartmann 154 Weimar, 22. Juli

334. An Rosa Mayreder 156 Weimar, 11. August

335. An die Eltern

und Geschwister 157 Weimar, 1. September

336. An die Eltern

und Geschwister 159 Weimar, 10. September

337. An Pauline Specht 160 Weimar, 11. September

338. An die Eltern

und Geschwister 162 Weimar, 28. Oktober

339. An einen Redakteur 163 Weimar, 21. November

Brief Seite

340. An Pauline Specht 163 Weimar, 3. Dezember

341. An Ernst Haeckel 165 Weimar, 4. Dezember

342. An Anna Eunike 167 Wien, 29. Dezember


1893

343. An Anna Eunikc 168 Wien, 1. Januar

344. An Ernst Haeckel 169 Weimar, 13. Januar

345. Von Ernst Harekel 169 Jena, 14. Januar

346. An Ernst Haeckel 170 Weimar, 28. Januar

347. An Felix Karrer 171 Weimar, 15. Februar

348. An die Eltern

und Geschwister 172 Weimar, 18. Februar

349. An Anna Eunike 172 Wien, 22. Februar

350. Von Felix Karrer 173 Wien, 3. März

351. An die Eltern

und Geschwister 173 Weimar, 7. März

352. An Rosa Mayreder 174 Weimar, 17. März

353. An die Eltern

und Geschwister 176 Weimar, 14. April

354. An dieJ. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 177 Weimar, 19. Juni

355. AnPauline Specht 178 Weimar, 22. Juli

356. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 180 Weimar, 23. August

#SE039-606

Brief Seite

357. An Anna Eunike 182

Frankfurt [aM.], 28. August

358. AnJoseph Kürschner 183

Weimar, 4. September

359. Von Vincenz Knauer 184

Wien, 16. September

360. An Emil Felber 185

Weimar, 14. Oktober

361. An dief. G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 186

Weimar, 24. Oktober

362. An VincenzKnauer 187

Weimar, 15. November

363. An Robert Saitschick 189

Weimar, 21. November

364. Von Eduard von Hartmann 190

Gr[oß-]Lichterfelde,

21. November

365. Von Vincenz Knauer 191

Wien, 22. November

366. An]ohn Henry Mackay 193 Weimar, 5. Dezember

367. An Kurt Eisner 194 Weimar, 8. Dezember

368. An Pauline und Ladislaus Specht 195 Weimar, 9. Dezember

369. An Rosa Mayreder 198 Weimar, 14. Dezember

370. Von John Henry Mackay 200 Saarbrücken, 20. Dezember

371. An Pauline Specht 201 Weimar, 24. Dezember


1894

372. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 203 Weimar, 4. Januar

373. Von Pauline Specht 204 Wien, 5. Januar

Brief Seite

374. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 205 Weimar, 30. Januar

375. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 207 Weimar, 3. März

376. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 207 Weimar, 19. März

377. An Pauline Specht 207 Weimar, 21. März

378. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 210 Weimar, 5. April

379. Von Rosa Mayreder 210 Wien, 5. April

380. An die]. G. Coteasche Buchhandlung Nachfolger 212 Weimar, 8. April

381. An die iG. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 213 Weimar, 29. April

382. An Mila und Otto Bock 213 Weimar, 7. Mai

383. An die]. G. Cotrasche Buchhandlung Nachfolger 214 Weimar, 10. Mai

384. An Elisabeth

Förseer-Nietzsche 214 Weimar, 28. Mai

385. An Elisabeth

Forsrer-Nietzsche 215 Weimar, 28. Mai

386. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 215 Weimar, 28. Mai

387. Von Elisabeth

Fürster-Nietzsche 216

Naumhurg an der Saale, 28. Mai 388. An die J.G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 217 Weimar, 27. Juni

#SE039-607

Brief Seite

389. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 217 Weimar, 28. Juni

390. An die]. G. Corrasche Buchhandlung Nachfolger 218 Weimar, 3. Juli

391. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 218 Weimar, 23. Juli

392. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 219 Weimar, 23. Juli

393. An die]. G. Cotrasche Buchhandlung Nachfolger 219 Weimar, 27. Juli

394. An die]. G. Cotrasche Buchhandlung Nachfolger 219 Weimar, 16. August

395. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 220 Weimar, 16. August

396. An die].G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 220 Weimar, 11. September

397. An die]. G. Gottasche Buchhandlung Nachfolger 221 Weimar, 24. September

398. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 222 Weimar, 3. Oktober

399. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 222 Weimar, 23. Oktober

400. An Eduard von Hartmann 222 Weimar, 1. November

401. AnKarl]uliusSchröer 228 Weimar, 3. November

402. An Rosa Mayreder 231 Weimar, 4. November

403. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 233 Weimar, 6. November

Brief Seite

404. An die]. G. Gottasche

Buchhandlung Nachfolger 234

Weimar, 13. November

405. An Ludwig Laistner 234

Weimar, 30. November

4C6. An die]. G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 234

Weimar, 12. Dezember

407. Von Rosa Mayreder 235

Wien, 22. Dezember

408. An Pauline Specht 237

Weimar, 23. Dezember

1895

409. Von Elisabeth Fürster-Nietzsche 239 Naumburg an der Saale, 31. Januar

410. An Elisabeth

Förseer-Nietzsche 240 Weimar, 1. Februar

411. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 241 Weimar, 21. März

412. An Elisabeth

Forster-Nietzsche 242 Weimar, 27. März

413. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 242 Weimar, 10. April

414. Von Elisabeth Fürster-Nietzsche 243 Naumburg an der Saale, 11. April

415. An Elisabeth

Forster-Nierzsche 244 Weimar, 13. April

416. An Elisabeth

Förster-Nieezsche 245 Weimar, 27. April

417. An die].G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 245 Weimar, 5. Mai

#SE039-608

Brief Seite

418. An die Eltern

und Geschwister 246

Weimar, 27. Mai

419. Von Elisabeth

Fürster-Nietzsche 247

Nsumburg an der Saale, 3. Juni 420. An Elisabeth

Forster-Nietzsche 248

Weimar, 12. Juni

421. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 249 Weimar, 15. Juni

422. An Elisabeth

Forster-Nietzsche 249 Weimar, 15. Juni

423. An die]. G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 249 Weimar, 18. Juni

424. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 250 Weimar, 9. Juli

425. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 251 Weimar, 16. Juli

426. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 252 Weimar, 22. Juli

427. An die]. G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 252 Weimar, 26. Juli

428. An Rosa Mayreder 253 Weimar, 20. August

429. Von Rosa Mayreder 261 Lofer, 25. August

430. An Elisabeth

Forster-Nietzsche 265

Weimar, 13. September

431. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 266

Weimar, 30. September

432. An die]. G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 267

Weimar, 14. Oktober

Brief Seite

433. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 267

Weimar, 24. Oktober

434. An Robert Sairschick 270

Weimar, 24. Oktober

435. An Pauline und Ladislaus

Specht 272

Weimar, 23. Dezember

436. An die Eltern

und Geschwister 274

Weimar, 23. Dezember

1896

437. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 276 Weimar, 8. Januar

438. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 276 Weimar, 15. Januar

439. An Anna Eunike 277 Naumburg an der Saale,

[ca. 20. Januar]

440. An die]. G. Cotrasche Buchhandlung Nachfolger 278 Weimar, 22. Januar

441. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 279 Weimar [, Ende Januar]

442. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 279 Weimar, 15. Februar

443. An die]. G. Cortasche Buchhandlung Nachfolger 279 Weimar, 24. Februar

444. An Pauline Specht 280 Weimar, 21. März

445. An Elisabeth

Försrer-Nietzsche 281 Weimar, 31. März

446. An Elisabeth

Försrer-Nietzsche 282 Weimar, 6. April

#SE039-609

Brief Seite

447. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 283 Weimar, 7. April

448. An]ohn Henry Mackay 283 Weimar, 7. April

449. An Elisabeth

Förster-Nietz sehe 283

Weimar, 21. April

450. An die]. G. Gottasche Buchhandlung Nachfolger 284 Weimar, 11. Mai

451. An Elisabeth

Förster-Nierzsche 284 Weimar, 13. Mai

452. An die Eltern

und Geschwister 285 Weimar, 14. Mai

453. An die ].G. Cotrasche Buchhandlung Nachfolger 286 Weimar, 10. Juni

454. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 286 Weimar, 20. Juni

455. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 287 Weimar, 22. Juni

456. An Elisabeth

Förster-Nierzsche 287 Weimar, 25. Juni

457. An Anna Eunike 287 Leipzig, 2. Juli

458. An die ].G. Corrasche Buchhandlung Nachfolger 289 Weimar, 4. Juli

459. An Rosa Mayreder 289 Berlin, 5. juli

460. An die]. G. Cotta sehe Buchhandlung Nachfolger 290 Weimar, 15. Juli

461. An die].G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 290 Weimar, 15. Juli

Brief Seite

462. An Rosa Mayreder 290 Weimar, 20. Juli

463. An die Eltern

und Geschwister 291

Weimar, 30. Juli

464. An die]. G. Cortasche Buchhandlung Nachfolger 292 Weimar, 4. September

465. An die Redaktion des ~Ham­hurger Fremdenhlarres~ 293 Weimar, [20.] September

466. An die Redaktion der i~Allgemeinen Zeitungi~ München 293 Weimar, [21.] September

467. An die]. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 294 Weimar, 28. Oktober

468. An die Eltern

und Geschwister 294 Weimar, 9. November

469. An Anna Eunike 296 Weimar, 20. November

470. An Anna Eunike 297 [Weimar, Ende November]

471. An Anna Eunike 298 [Weimar,] 2. Dezember

472. An Anna Eunike 300 Weimar, 3. Dezember

473. Von Elisabeth

Förster-Nietzsche 302 Weimar, 8. Dezember

474. Von Fritz Koegel 302 Jena, 8. Dezember

475. An Fritz Knegel 303 Weimar, 9. Dezember

476. An Fritz Koegel 305 Weimar, 9. Dezember

477. Von Fritz Koegel 305 Weimar, 10. Dezember

478. An Anna Eunike 306 Weimar, 10. Dezember

#SE039-610

Brief Seite

479. An Anna Eunike 307 [Weimar,

vermutlich 14. Dezember]

480. An Anna Eunike 308 Weimar, 19. Dezember

481. An die].G. Cotrasche Buchhandlung Nachfolger 311 Weimar, 25. Dezember

1897

482. An Anna Eunike 312

Weimar, 6. Januar

483. An Anna Eunike 314

Weimar, 11. Januar

484. An Anna Eunike 317

Weimar, 16. Januar

485. An Anna Eunike 320

Weimar, 18. Januar

486. An Anna Eunike 322

Weimar, 21. Januar

487. An Anna Eunike 322

Weimar, 28. Januar

488. An Anna Eunike 324

Weimar, 2. Februar

489. An Anna Eunike 326

Weimar, 8. Februar

490. An Anna Eunike 327

Weimar, 11. Februar

491. An Anna Eunike 328

Weimar, 15. Februar

492. An Anna Eunike 330

Weimar, 18. Februar

493. An die]. G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 330

Weimar, 19. Februar

494. An Anna Eunike 331

Berlin, 21. Februar

495. An Anna Eunike 332

Weimar, 5. März

496. An die]. G. Cottasche

Buchhandlung Nachfolger 334

Weimar, ii. März

Brief Seite

497. An Anna Eunike 335 Weimar, 16. März

498. An Anna Eunike 335 Weimar, 24. März

499. An Anna Eunike 336 Weimar, ii. April

500. An Anna Eunike 337 Weimar, 14. April

501. An Rosa Mayreder 337 Weimar, 18. April

502. An Anna Eunike 338 Weimar, 24. April

503. An Anna Eunike 339 Weimar, 27. April

504. An Rosa und Karl Mayreder 339 Wien [, Ende April]

505. An Anna Eunike 340 Wien, 4. Mai

506. An Anna Funike 341 Wien, 7. Mai

507. An Anna Eunike 342 Wien, 9. Mai

508. An Rosa Mayreder 344 Wien, 13. Mai

509. An die].G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger 344 Wien, 16. Mai

510. An Rosa Mayreder 345 Wien, 16. Mai

511. An Anna Eunike 345 Weimar, 23. Mai

512. An Anna Eunike 349 Weimar, 26. Mai

513. An Anna Eunike 350 Weimar [, 29. Mai]

514. An Anna Eunike 353 Weimar, 4. Juni

515. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 353 Weimar, 4. Juni

516. An Rosa Mayreder 357 Berlin-Charlottenburg, 10. Juni

#SE039-611

Brief Seite

517. VonEduardvon Hartmann 357 Groß-Lichterfelde, 13. Juni

518. An Anna Eunike 359 Weimar, 20. Juni

519. An Rosa Mayreder 360 Berlin, 24. Juli

1898

520. An]ohn Henry Mackay 361

Berlin, 20. März

521. An Rosa Mayreder 362

Berlin, 27. März

522. An Elisabeth

Förster-Nietzsche 362

Berlin, 27. Juni

523. An Rosa Mayreder 365

Wien, 14. Juli

524. An Rosa Mayreder 365

Mauer bei Wien, 16. Juli

525. An Rosa Mayreder 366

Mauer bei Wien, 21. Juli

526. An Anna Eunike 366

Mauer bei Wien [, 22. Juli]

527. Von Moriz Zitter 367 Mauer bei Wien, 26. August

528. Von John Henry Mackay 368 Saarbrücken, 15. September

529. An]ohn Henry Mackay 370 [Berlin, September]

530. An Alwine

Wiecke-Halhersredr 373 Berlin, 14. Dezember

1899

531. An Ernst Haeckel 374

Berlin, 10. Mai

532. Von Ernst Haeckel 375

Jena, 27. Mai

533. An Ernst Haeckel 375

Berlin, iO. Juli

534. An]ohn Henry Mackay 377

Berlin, 13. August

Brief Seite

535. An Hermann Lamm~ 377 [Berlin, etwa 20. August]

536. An Ernst Haeckel 378 Berlin, 1. September

537. An Rosa Mayreder 379 Mauer bei Wien, 6. September

538. An Rosa Mayreder 380

Eriedenau-Berlin, 24. Oktober

539. Von Ernst Haeckel 381

Jena, 9. November

540. An Ludwig]acobowski 381

Berlin, 23. November

541. An Rosa Mayreder 382

Friedenau-Berlin, 31. Dezember

1900

542. An Ernst Haeckel 383

Friedenau-Berlin, 10. Februar

543. An Ernst Haeckel 384

Friedenau-Berlin, 14. März

544. An Ernst Haeckel 385

Friedenau-Berlin, 4. April

545. Von Ernst Haeckel 386

Jena, 8. April

546. An Maximilian Harden 387

Friedenau-Berlin, 23. April

547. An Fritz Koegel 388

Friedenau-Berlin, 23. April

548. An Maximilian Harden 390

Friedenau-Berlin, 4. Mai

549. An]ohnHenryMackay 391

Friedenau-Berlin, 10. Mai

550. An die Eltern

und Geschwister 391

Friedenau-Berlin, 14. Mai

551. An den Sekretar des

Verbandes der Tapezierer 393

Friedenau-Berlin, 21. Mai

552. Von Ernst Haeckel 393

Jena, 3. Juli

553. An Ernst Hueckel 394

Friedenau-Berlin, 4. Juli

#SE039-612

Brief Seite

554. An Ciisar Flaischlen 395 Berlin, 30. Juli

555. An]ohanna Macke 395 Berlin SW, 4. Dezember

1901

556. An Maria Srona 396 Friedenau-Berlin, 11. April

557. An Maria Srona 397 Friedenau-Berlin, 29. Juli

558. An Maria Stona 397 Salzburg, 11. August

559. An Maria Stona 398 Friedenau-Berlin, 2. September

560. An Maria Stona 399 Friedenau-Berlin, 12. September

561. An Maria Stona 400 Friedenau-Berlin, 15. September

562. An Maria Stona 401 Friedenau-Berlin, 18. September

563. An Maria Stona 404 Friedenau-Berlin, 22. September

564. An Wolfgang Kirchhach 404 Friedenau-Berlin, 9. Oktober

565. An Wolfgang Kirchhach 405 Friedenau-Berlin, 30. Oktober

566. An]ohanna Mücke 405 Friedenau-Berlin, 14. November

567. An Maria Srona 406 Friedenau-Berlin, 15. November

568. An]ohanna Mücke 406 Friedenau-Berlin, 21. November

569. An Maria Stona 407 Friedenau-Berlin, 2. Dezember

570. An Maria Stona 407 Friedenau-Berlin, 24. Dezember

1902

571. An Maria Srona 409 Friedenau-Bcrlin, 21. Januar

572. An Moriz Zirrer 409 Friedenau-Berlin, 10. Juni

Brief Seite

573. An Anna Steiner 411 Hannover, 30. juni

574. An Anna Steiner 412 London, 1. Juli

575. An Anna Steiner 414 London, 4. Juli

576. An Anna Steiner 415 London, 10. Juli

577. An Anna Steiner 416 Paris, 14. Juli

578. An Anna Steiner 416 Paris, 14. Juli

579. An Anna Steiner 417 Paris, 15. Juli

580. An Anna Steiner 419 Paris, 15. Juli

581. An]ohannaMücke 420 Paris, 21. Juli

582. An]ohanna Mücke 420 Friedenau-Berlin, 26. September

583. An Wolfgang Kirehbach 420 Friedenau-Berlin, 2. Oktober

1903

584. An Anna Steiner 425

Weimar, 16. April

585. An Anna Steiner 425

Weimar, 18. April

586. An Anna Steiner 426

Weimar, 21. April

587. An Wolfgang Kirchhach 426

Schlachtensee bei Berlin, 30.

Juni

588. An Maria Srona 427

Scblachtensee bei Berlin, 30.

Juni

589. An Anna Steiner 427

London, 2. Juli

590. An Anna Steiner 428

London, 7. Juli

591. An Wolfgang Kirchhach 429

London, 12. Juli

#SE039-613

Brief Seite

592. An Anna Steiner 430 Esher bei London, 13. Juli

593. An]ohannaMücke 431 Schlachtensee [, 23. September]

594. An]ohannaMücke 432 Schlachtensee bei Berlin,

2. Oktober

1904

595. An Anna Steiner 432

Berlin, 6. Februar

596. An Anna Steiner 433

Berlin, 14. Februar

597. An Anna Steiner 436

München, 11. April

598. An]ohannaMücke 437

Lugano, 15. April

599. An Anna Steiner 438

Berlin, 7. Mai

600. An Eugen Diederichs 439

London, 14. Mai

601. An Wolfgang Kirchhach 440

Berlin, 15. August

602. An]ohanna Mücke 440

Graal in Mecklenburg,

603. Ast tu/sauna ,,iliicke 441 Berlin W [, 26. August]

604. An Wilhelm von Megerle 441 Berlin W, 14. September

605. An]ohanna Mücke 442 Berlin, 1. Oktober

1905

606. An Wolfgang Kirchhach 442

Berlin, 3. Januar

607. An Wolfgang Kirchbach 443

Berlin, 29. März

608. An Otto

Lehmann-Russhüldt 443

Berlin, 29. März

Brief Seite

609. An Wolfgang Kirchhach 444 Berlin, 3. April

610. An Emil Schlegel 444 Berlin, 14. Dezember

1908

611. An die Eltern

und Geschwister 445

Amsterdam, 7. März

1909

612. An die Eltern

und Geschwister 446

Berlin, 29. Dezember

1910

613. An die Eltern

und Geschwister 447

Berlin, 21. Januar

614. An die Mutter

und Geschwister 448

[Berlin, ca. 17. oder 18. Februar]

615. An Federigo Enriques 448 Berlin, 30. Dezember

1911

616. An Federigo Enriques 449 Berlin, 20. Januar

617. An Federigo Enriques 450 Berlin, 1. März

1913

618. An Ferdinand Freiherr

von Paungarten 450

Berlin [, Februar]

619. An die Mutter

und Geschwister 453

Berlin, 17. März

620. An die Mutter

und Geschwister 455

Düsseldorf, 28. April

#SE039-614

urief Seite

621. An die Mutter 456 München, 1. Juli

622. An die Mutter 456 München, Ii. August

623. An die Mutter 456 Nürnberg, Ii. November

1914

624. An Friedrich Lienhard 456 Dornach bei Basel, 31. Juli

625. An die Mutter

und Geschwister 457

Dornach bei Basel, 23. August 626. An die Mutter

und Geschwister 458

Dornach bei Basel, 27. Oktober 627. An die Mutter

und Geschwister 458

Dornach bei Basel [, November] 628. An die Mutter

und Geschwister 460 Dornach [, Dezember]

1915

629. An die k.k. Bezirkshaupc­

mannschaft in Horn 460

Horn, 11. Mai

630. An Willy Schlüter 461 Berlin, 12. Juli

1916

631. An Hermann Olpp 465 Berlin, 24. Juli

632. An die Mutter

und Geschwister 466

Dornach bei Basel,

12. November

633. An die Mutter

und Geschwister 467

Dornach, 29. Dezember

urief Seite

634. An die Mutter

und Geschwister 467

Dornach bei Basel,

29. Dezember

1917

635. An]ost Trier 467 Dornach bei Basel, 31. Januar

636. An C. Noorduyn 468 Berlin, 27. September

637. An die Mutter

und Geschwister 469

Dornach bei Basel,

29. Dezember

637a. Von K. August Müller 486 Basel, 29. Dezember

1918

637b.An K. August Müller 487 Dornach, 19. Januar

638. An Maria Stona 470 Berlin, 24. Mai

639. An Alfred]eremias 471 Berlin, 25. Mai

640. An Maria Stona 471 Wien, 7. Juni

641. An Alfred]eremias 472 Berlin, 11. August

642. An die Mutter

und Geschwister 475 Dornach bei Basel, 4. September

643. An die Mutter

und Geschwister 475

Dornach bei Basel,

1. November

644. An Leopoldine Steiner 476 Dornach [, ca. 25. Dezember]

1920

645. An Richard Teschner 476 Dornach, 27. Februar

#SE039-615

Brief Seite

1921

646. Von Walther Kühler 476 Zürich, 10. Juli

647. An Walther Köhler 477 Dornach, 12. Juli

1922

648. An Walther

Schwagenscheidt 478 Dornach, 18. Juli

1924

649. An die Geschwister 480 Dornach [, 12. November]

Brief Seite

1925

650. An Ludwig Graf

von Polzer-Hoditz 481 Dornach, 25. März

651. An Herrn Triixler 482 Dornach, 27. März

Nachtrag zu den Briefen

74a. Von Moriz Zitter 483 [Hermannstadt,

Jahreswechsel 1884/85]

74b. An Moriz Zitter 484 [Bruno am Gebirge,

Anfang Januar 1885]

ALPHABETISCHES VERZEICHNIS DER BRIEFEMPFANGER

#G039-1985-SE616 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

ALPHABETISCHES VERZEICHNIS DER BRIEFEMPFANGER

#TX

Die angegebenen Zahlen sind die Brief-Nummern

k.k. Bezirkshauptmannschaft in Horn, An die 629

Bock, Mila und Otto 382

Christlieb, Max 328

J. G. Cottasche Buchhandlung Nach­folger 314, 318, 319, 329, 354,

356, 361, 372, 374376, 378, 380,

381, 383, 386, 388399, 403, 404,

406, 417, 423, 427, 432, 438,

440443, 450, 453, 458, 460, 461,

464, 467, 481, 493, 496, 509

Diederichs, Eugen 600

Eckstein, Friedrich 260, 269

Eisner, Kurt 367

Eltern und Geschwister, An die 335,

336, 338, 348, 351, 353, 418, 436,

452, 463, 468, 550, 611613 (siehe

auch ~Mutter und Geschwister, An

die~~, ~Geschwister, An die~ und

·Steiner, Leopoldine~) Enriques, Federigo 615617 Eunike, Anna 342, 343, 349, 357,

439, 457, 469472, 478480,

482492, 494, 495, 497500, 502,

503, 505507, 511514, 518, 526

(siehe auch Steiner, Anna)

Fehr, Walter 274

Felber, Emil 360

Flaischlen, Cäsar 554

Förster-Nietzsche, Elisabeth 384,

385, 410413, 415, 416, 420422,

424426, 430, 431, 433, 437,

44547, 449, 451, 454456, 515,

522

Geschwister, An die 649 Haeckel, Ernst 341, 344, 346, 531,

533, 536, 542544, 553

Harden, Maximilian 546, 548 Hartmann, Eduard von 280, 297,

323, 333, 400

Jacobowski, Ludwig 540 Jeremias, Alfred 639, 641

Karrer, Felix 347

Kirchbach, Wolfgang 564, 565, 583, 587, 591, 601, 606, 607, 609

Knauer, Vincenz 362

Koegel, Fritz 475, 476, 547

Kühler, Walter 647

Kürschner, Joseph 261, 331, 332, 358

Laistner, Ludwig 405

Lamm~, Hermann 535

Lehmann-Russbüldt, Otto 608

Lienhard, Friedrich 624

Mackay, John Henry 366, 448, 520, 529, 534, 549

Mayreder, Karl und Rosa 305, 504 Mayreder, Rosa 258, 267, 276, 281,

289, 290, 298, 304, 306, 309, 321,

325, 334, 352, 369, 402, 428, 459,

462, 501, 508, 510, 516, 519, 521,

523525, 537, 538, 541 Megerle, Wilhelm von 604 Mücke, Johanna 555, 566, 568, 581,

582, 593, 594, 598, 602, 603, 605

Müller, K. August 637 b

Mutter, An die 621623

Mutter und Geschwister, An die

614, 619, 620, 625628, 632634,

637, 642, 643

Noorduyn, C. 636

Olpp, Hermann 631

Paungarten, Ferdinand Freiherr von

618

Polzer-Hoditz, Ludwig Graf von 650

Redakteur, An einen 339 Redaktion der ~Allgemeinen Zei­tung~~, München, An die 466

Redaktion des ~Hamburger Frem­denhlattes~, An die 465

Richter, Helene 291, 294

Saitschick, Robert 363, 434

Schlegel, Emil 610

#SE039-617

Schlüter, Willy 630

Schmidt, Rudolf 270, 273, 277, 286

Schröer, KarlJulius 268, 284, 401

Schwagenscheidt, Walter 648

Specht, Arthur 272

Specht, Ernst 257

Specht, Ladislaus 254, 275

Specht, Pauline 256, 265, 278, 279,

282, 283, 287, 292, 296, 303, 307,

308, 312, 320, 322, 337, 340, 355,

371, 377, 408, 444

Specht, Pauline und Ladislaus 253, 271, 299, 301, 311, 327, 368, 435

Specht, Richard 255, 263, 266, 285, 288, 293, 310

Steiner, Anna 573580, 584586, 589, 590, 592, 595597, 599

Steiner, Leopoldine 644

Stona, Maria 556563, 567, 569 bis

571, 588, 638, 640

Suphan, Bernhard 300, 302

Tapezierer, An den Sekretär des Ver­bandes der 551

Teschner, Richard 645

Träxler, An Herrn 651

Trier, Jost 635

Wiecke-Halberstedt, Alwine 530

Zitter, Moriz 326, 572, 74b

VERZEICHNIS DER VERFASSER DER AN RUDOLF STEINER GERICHTETEN BRIEFE

#G039-1985-SE618 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

VERZEICHNIS DER VERFASSER DER AN RUDOLF STEINER GERICHTETEN BRIEFE

#TX

(Band 1: Brief 1252, Band II: Brief 253651)

Cottasche Buchhandlung Nachfol­ger, J. G. 313, 316, 317

Eckstein, Friedrich 169, 262

Förster-Nietzsche, Elisabeth 387, 409, 414, 419, 473

Haeckel, Ernst 345, 532, 539, 545, 552

Hartmann, Eduard von 65, 324, 364, 517

Karrer, Felix 350

Knauer, Vincenz 359, 365

Koch, Max 101

Köck, Josef 23a

Knegel, Fritz 474, 477

Köhler, Walter 646

Kürschner, Joseph 15, 21, 26, 33, 36, 37, 39, 45, 48 - 50, 52, 54, 56, 58, 59, 68, 69, 72, 73, 79, 82, 84, 85, 89, 91, 92, 94, 96, 99, 104, 106, 112, 114, 115, 117, 125, 127, 130, 134, 135, 137, 140, 149, 160, 162, 167, 180, 181, 183, 187, 189, 196, 202, 203, 206, 209, 211, 215, 225, 230 - 232, 235, 238 - 240, 243, 245, 264, 315, 330

Laistner, Ludwig 295

Müller, K. August 637a

Mayreder, Rosa 259, 379, 407, 429

Specht, Pauline 62, 373

Spicker, Gideon 123

Vischer, Friedrich Theodor 12a

Zirter, Moriz 74a, 527

#G039-1985-SE619 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

VERZEICHNIS DER IN DEN BRIEFEN ERWÄHNTEN

PERSONEN

#TX

Die angegebenen Zahlen sind die Brief-Nummern

dAlbert: 435

Alberti, Conrad: 288

Andreas-Salom~, Lou: 428, 435

Ansorge, Conrad: 469

Aristoteles: 267

Arnau, Karl: 310

Arnim, Bettina von: 258

Arnim, Gisela von: 258

Auguste Viktoria, Kaiserin: 285

Augustinus: 583

Bacon, Roger: 269

Bahr, Hermann: 293, 310, 320, 506, 507, 511

Bardeleben, Karl von: 285, 292

Barth, Paul: 340

Berger, Alfred Freiherr von: 266, 285

Bernhardt, Sarah: 342

Besant, Annie: 574, 592

Bezecny, Joseph Freiherr von: 288

Bie, Dr.: 434

Biedermann, Felix: 287, 293, 303

Blum, Robert: 610

Bock, Mila: 273, 511

Bock, Otto: 270, 273, 286, 487, 511, 513

Bock, Winka: 382

Böcklin, Arnold: 592

Böhlau, Hermann: 300

Bühler, Paul: 471

Bölsche, Wilhelm: 448, 534, 545

Boos-Hamburger, Hilde: 646

Borngräber, Otto: 553

Bourget, Paul: 259

Brandes, Georg: 291, 303

Brausewetter: 559

Breitenstein: 638

Bremer, Friedrich: 354, 356, 361

Bresch, Richard: 573, 586

Bressa: 543

Brieger-Wasservogel, Lothar: 600

Bright, Familie: 592

Bright, Mrs.: 590, 592

Brüll, Emil: 368

Brüll, Ignaz: 322, 371

Bruno, Giordano: 601

Bruns,J.C.C.: 540

Buchbinder, Bernhard: 578

Bukowsky, Konstantin: 274

Burckhard, Max: 285, 288, 572

Bürkner, Pfarrer: 302

Carneri, Bartholomäus von: 282, 638

Caserio: 529

Christlieb, Max: 287, 289, 291

Conrad, Michael Georg: 547

Cottasche Buchhandlung Nachfol­ger, J. G.: 299, 300, 320, 369, 371, 480

Crompton, C. von: 471, 480, 483, 511, 513

Deinhard, Ludwig: 573, 585

Demokrit: 267

Devrient, Otto: 285

Dörmann, Felix (siehe Biedermann, Felix)

Drews, Arthur: 400

Du Bois-Reymond, Emil: 267

Duse, Eleonora: 327

Eck (siehe Eckstein, Friedrich)

Eckstein, Friedrich: 258, 259, 266, 298

Elisabeth, Kaiserin von Osterreich: 529

Ellmenreich, Franziska: 310

Emerson, Ralph Waldo: 371

Erber, Frau: 483, 511, 584 - 586, 596

Erbgroßherzog (siehe Karl August von Sachsen-Weimar, Erbgroßher­zog)

Erbgroßherzogin (siehe Pauline von Sachsen-Weimar, Erbgroßherzo­gin)

#SE039-620

Emstl (siehe Specht, Ernst)

Ettlinger, Joseph: 562

Eunike, Anna (siehe auch Steiner, Anna): 352, 369, 527

Eunike, Emmy: 489

Eunike, Geni: 498, 589, 590

Eunike, Minni: 487, 488

Fehr, Günther: 274

Fehr, Johanna: 274

Fehr, Radegunde: 274, 296

Fehr, Willy: 274

Felber, Emil: 366, 367, 480, 489491, 511, 527

Fichte, Johann Gottlieb: 266, 269, 364, 419

Fischer: 429

Fischer, Kuno: 369

Fischer, 5.: 524

Foges, Arthur: 257

Fontane & Co.: 524

Formey, Alfred: 278

Förster-Nietzsche, Elisabeth: 428, 439, 465, 466, 469, 472, 474, 475, 477 - 480, 482 - 484, 487, 489, 490, 495, 511 - 513, 527, 546 - 548

Franeisei, Erasmus: 269

Franeke, Karl Otto: 471, 483, 512, 586

Frauenstädt, Julius: 356, 374

Fresenius, August: 409, 410, 422, 471, 489, 511, 518

Freud, Sigmund: 641

Freytag, Frau: 312

Friedrich, Hermann: 561

Fröhlich, Otto: 487, 584

Gauerstädts Töchter: 422

Geithner: 594

Gelzer, Emilie: 471, 472, 479

Gelzer, Heinrich: 471

Glas, Norbert: 651

Gmür, Rudolf: 471, 480

Goethe, Johann Kaspar: 268

Goethe, Johann Wolfgang von: 254 - 256, 258, 260, 267 - 269, 280, 281, 284, 287, 292, 294, 297, 320, 365, 525, 541, 583

Braut von Korinth: 260, 269

Faust: 255, 269, 535

Die guten Weiber (Aufsatz): 428

Legende (Gedicht): 262

Märchen von der grünen Schlange

und der schönen Lilie (siehe auch Steiner, Rudolf: Das Märchen): 262, 308

Naturwissenschaftliche Schriften

(Kürschner-Ausgabe): 254, 255, 264, 278280, 289, 297, 315, 323, 330, 333, 358, 362, 363, 434, 480

Naturwissenschaftliche Schriften (Weimarer Ausgabe oder Sophien­Ausgabe): 268, 269, 275, 278, 279, 281, 282, 289, 292, 297, 311, 322, 323, 333, 344, 345, 405, 424, 445, 531

Prometheus: 294

Venezianische Epigramme: 535

Vier Jahreszeiten (Gedicht): 535

Wiederfinden (Gedicht): 269

Gold, Alfred: 435, 570

Göppfart: 485

Grasberger, Karl: 255

Grazie, Marie Eugenie delle: 292, 296, 309, 435, 439, 507, 511

Grimm, Herman: 254, 258, 296

Grisebach, Eduard: 356, 374

Großherzog (siehe Karl Alexander von Sachsen-Weimar, Großherzog)

Großherzogin (siehe Sophie Luise von Sachsen-Weimar, Großherzo­gin)

Günther: 489, 490

Günther, Anton: 359

Gutenberg, Johannes: 550

Haeckel, Ernst: 377

Hahn, Frau: 468

Hahn, Herr: 468

Halbe, Max: 507, 511

Hamann, Johann Georg: 269

Hamerling, Robert: 276, 283, 287, 359

Hamlet: 267

Hansl (siehe Specht, Hans)

Hanslick, Eduard: 310

Hansson, Laura: 484

Harden, Maximilian: 340, 343, 498

#SE039-621

Harnack, Otto: 405

Hartleben, Otto Erich: 511, 546, 548

Hartmann, Eduard von: 256, 281,282, 301, 362

Hauptmann, Gerhart: 308, 312, 511, 513, 550, 551

Haverland, Anna: 266, 310

Hecker, Dr.: 479

Hegel: 304, 359, 400, 543, 568, 591

Heil, Maler: 480

Heinze, Max: 513, 515

Heitmüller, Franz Ferdinand: 409, 410, 422, 474, 479, 480, 487, 494, 511, 522

Hellen, Eduard von der: 295, 401, 408, 515

Henning, Horst von: 584

Heracles: 262

Herbart, Johann Friedrich: 359

Herkules: 262

Heuß, Buchhändler: 506

Heyse, Paul: 288

Hoffory, Julius: 277

Holbach, Dietrich Baron von: 267

Holm, Gurt: 570

Holten, Henriette von: 574, 576, 579

Hönigswald, Richard: 544

Horn, Richard: 368

Horneffer, Ernst: 547

Hübbe-Schleiden, Wilhelm: 573

Hume, David: 364

Ibsen, Henrik: 285, 288, 293

Jacobowski, Albert: 560

Jacobowski, Ludwig: 541, 555 - 557, 560 - 562, 569

Jean Paul (siehe Richter, Jean Paul Friedrich)

Jenicke, Frl. (siehe Obrist-Jenicke, Hildegard)

Joachim, Frl.: 480

Jung, Johann Heinrich: 269

Jung-Stilling (siehe Jung, Johann Heinrich)

Kaiserin (siehe Auguste Viktoria) Kanner, Heinrich: 572

Kant, Immanuel: 359, 362, 365, 515, 522, 543, 601

Karl Alexander von Sachsen-Weimar, Großherzog: 275, 278, 320, 335, 338

Karl August von Sachsen-Weimar, Erbgroßherzog: 283

Keightley, Bertram: 573575

Kirehbach, Wolfgang: 592, 593

Kirehbach jun.: 591

Knortz, Karl: 424

Köck, Josef: 457

Koch, Max: 301, 490, 491

Knegel, Fritz: 387, 414, 419, 425, 428, 430, 431, 433, 445, 457, 465, 466, 470 - 473, 478 - 480, 482, 483, 487, 489, 490, 495, 511, 515, 548

Köhler, Reinhold: 270, 277, 286

Konegen, Carl: 559

Kranig: 484, 485, 487

Krause, Gebrüder: 277

Kretschmann, Lily von: 340

Kröner, Adolf von: 295

Kulka, Julius: 285

Laistner, Frau: 295, 301

Laistner, Ludwig: 300, 301

Lammé, Hermann: 555, 556, 582, 605

Landsberg, Hans: 570

Lang, Marie: 258, 259, 298, 309, 536

Lange, Friedrich Albert: 258, 259, 267, 309

Lassen: 480

Ledebour: 594

Lindner: 518

Lindners: 483, 513

Linke, Osear: 297

Lino (siehe Mayreder, Karl)

Loeper, Gustav von: 254

Lombroso, Cesare: 368

Loofs, Friedrich: 543545, 553

Lorenz, Paul: 518, 584

Lorenz, Liese: 518

Lothar, Rudolf: 322

Lotze, Hermann: 359

Loubet, Emile: 590, 592

Lübke, Helene: 584, 594

Luccheni: 529

#SE039-622

Ludwig, Maximilian: 513 Lux-Häny, Ida: 570

Mackay, John Henry: 540

Maneke, Frl.: 598

Marholm, Laura (siehe Hansson, Laura)

Marriot, Emil (siehe Mataja, Emilie)

Mataja, Emilie: 507

Maupassant, Guy dc: 259

Mayreder, Karl: 258, 259, 267, 276, 304, 309, 342, 369, 407, 429

Mayreder, Rosa: 256, 326, 342, 483, 505, 506, 518, 526, 572

Mechler, Frau: 277

Meyer, Richard Maria: 534

Milde, Natalie von: 480, 484

Minor, Jakob: 285, 293

Mitzschke, Ellen: 585

Müllner, Laurenz: 296, 418, 435, 511

Naumann, Constantin G.: 480, 489, 495, 515

Naumann, Gustav: 487

Nelli (siehe Strisower, Nelly)

Nepos, Cornelius: 257

Neuffer, Dagobert: 584

Neumann-Hofer, Otto: 490, 492, 494, 495, 497, 501, 502, 504, 506, 507,

511, 513, 526

Nielsen, Rasmus: 270, 273, 277, 286

Nietzsche, Friedrich: 259, 266, 267, 327, 362, 363, 367, 384, 401, 402, 408, 428, 429, 433, 434, 435, 465, 472, 480, 487, 511, 513, 515, 516, 522

Also sprach Zarathustra: 428

Antichrist: 444

Ecce homo: 428

Ergänzung zu Geburt der Tragö­die: 433

Ergänzung zu den Unzeitgemä­ßen Betrachtungen: 433

Nietzsches Werke, 2. Abt., Bd. 9 u. 10: 431, 433

Schopenhauer als Erzieher: 433

Die Teleologie seit Kant (Entwurf): 515

Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne: 433

Die Wiederkunft des Gleichen: 515, 522

Noah: 262

Obrist-Jenicke, Hildegard: 273

Ochler, Adalbert: 482, 484, 515

Olcott, Henry Steel: 589

Olden, Hans: 302, 308

Oldens: 511

Pauline von Sachsen-Weimar, Erb­großherzogin: 283, 470

Penzig, Otto: 615

Plato: 267

Pniower, Dr.: 422

Polzer-Hoditz, Ludwig Graf von: 649, 651

Putlitz, Gans Edler zu: 320

Rasch: 584

Reicher, Emanuel: 308, 506

Reuß, die Prinzen: 338

Reuter, Gabriele: 370, 409 - 413, 425, 426, 483, 488, 511, 530, 557

Reuter, Otto: 556

Révy, Karl: 279

Richter, Jean Paul Friedrich: 295, 313, 314, 316 - 318

Risa (siehe Strisower, Risa)

Ritter, Paul von: 532

Rohrbeck: 579

Rolletschek, Joseph: 518, 584

Rosenberg, P. A.: 270

Ross, Stewart: 545, 553

Ruland, Karl: 292

Rust, Edela: 598

Rüttenauer, Prof.: 511

Saitschick, Robert: 434

Saladin (siehe Ross, Stewart)

Salis, Meta von: 445, 454, 456

Scheerbart, Paul: 495

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: 517, 543

Schiff, Dr.: 322

Schiller, Friedrich von: 365

#SE039-623

Schlenther, Paul: 288

Schmidt, Erich: 254

Schmidt, Heinrich: 552, 553

Schmidt, Rudolf: 265

Schmidt, Frau Rudolf: 270, 273

Schmitt, Eugen Heinrich: 600

Schmittlein, Ferdinande: 511, 513

Schöll, Frau Geheimrat: 328

Schopenhauer, Arthur: 313, 314, 316318, 371

Schottlaender, 5.: 559, 560

Schröer, Karl Julius: 279, 296, 635

Schultze, Fritz: 583

Schumm, Georg: 370

Schwarz, Nelly: 257

Seidl, Arthur: 302, 547

Serenissimus (siehe Karl Alexander von Sachsen-Weimar, Großherzog)

Seuffert, Bernhard: 254

Shelley, Percy Bysshe: 291

Sivers, Marie von (siehe auch Steiner, Marie): 574, 589, 602, 604, 615, 620, 629

Sonnenthal, Adolf Ritter von: 288, 310

Sophie Luise von Sachsen-Weimar,

Großherzogin: 265, 275, 285, 498

Specht, Arthur: 265

Specht, Ernst: 254256, 271, 322

Specht, Hans: 254, 265, 271, 278, 296, 505, 511

Specht, Helene: 505

Specht, Ladislaus: 256, 278, 292, 307, 371, 373, 505

Specht, Ladislaus, Mutter von: 253

Specht, Ladislaus, Schwester von: 253

Specht, Otto: 254, 265, 282, 292, 293, 301, 303, 307, 355, 371, 377, 505

Specht, Pauline: 254, 255, 265, 511

Specht, Richard: 253, 254, 265, 271, 278, 279, 282, 292, 303, 307, 322, 327, 337, 355, 368, 371, 373, 505

Speidel, Ludwig: 266, 285, 308

Spinoza, Benedictus de: 359

Staudigl, Rudolf: 257

Stavenhagen, Agnes: 586

Stavenhagen, Bernhard: 480, 486, 505, 511

Stavenhagen, der junge: 480

Stein, Ludwig: 534

Steiner, Anna: 557, 571, 640

Steiner, Johann: 629

Steiner, Leopoldine: 650, 651

Steiner, Marie: 649

Steiner, Rudolf Schriften:

Aesrhetik, Arbeit an der: 265, 266, 271, 282, 294, 297

Das Christentum als mystische Tat­sache: 583

Goethes Naturwissenschaftliche Schriften (Kürschner-Ausgabe) sie­he unter Goethe

Goethes Naturwissenschaftliche Schriften (Weimarer Ausgabe oder Sophien-Ausgabe) siehe unter Goethe

Goethes Weltanschauung: 255, 265, 311, 320, 480, 483, 489, 491

Die Grundfrage der Erkenntnis­theorie mit besonderer Rücksicht auf Fichtes Wissenschaftslehre: 292 Grundlinien einer Erkenntnistheo­rie der Goetheschen Weltanschau­ung: 333, 367

Haeckel und seine Gegner: 531, 533, 535, 539, 543

Kürschners Quart-Lexikon: 358 Lyrik der Gegenwart: 540

Das menschliche Leben vom Ge­sichtspunkte der Geisteswissen­schaft (Anthroposophie): 636

Die Mystik im Aufgange des neu­zeitlichen Geisteslebens: 583

Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit: 419, 426, 434, 435, 444, 465

Jean Paul (in: Jean Pauls ausgewähl­te Werke in acht Bänden): 354, 356, 361, 372, 480, 481, 489, 492, 493

Philosophie der Freiheit: 295, 299, 300, 301, 304, 312, 351 - 353, 355, 360, 362 - 371, 373, 377, 379, 400 - 402, 407, 408, 428, 434, 444, 529

Arthur Schopenhauer (in: Arthur Schopenhauers Werke in zwölf Bänden): 329, 354, 356, 361, 369, 372, 375, 376, 378, 380, 383, 386, 388400, 402404, 406, 423, 427, 432

#SE039-624

Vom Menschenrätsel: 636, 638 Von Seelenrätseln: 636

Wahrheit und Wissenschaft: 322325, 327, 333, 339, 362, 365

Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert: 538, 541544, 553

Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?: 636

Aufsätze u.a.:

Alte und neue Moralbegriffe: 344, 345

Bildung und Überbildung: 355

Ludwig Büchner: 531

Einheitliche Naturanschauung und Erkenntnisgrenzen (Vortrag): 346352

Erwiderung (Antwort auf den Arti­kel Der Kampf um die Nietzsche­Ausgabe von E. Förster-Nietz­sehe): 546, 548

Gedanken zu dem handschriftli­chen Nachlasse Goethes: 280

Zur Geschichte der Philosophie (Besprechung): 359

Eine Gesellschaft für ethische Kul­tur: 340, 341

Über den Gewinn unserer An­schauungen von Goethes Natur­wissenschaftlichen Arbeiten durch die Publikationen des Goethe-Archivs: 278, 292, 297, 301

Goethes Naturanschauung gemäß den neuesten Veröffentlichungen des Goethe-Archivs (Festvortrag):

355, 368, 401

Ernst Haeckel und die .Welträtseh (Besprechung): 542

Eduard von Hartmann. Seine Lehre und seine Bedeutung: 280

Die Kämpfe um Haeckels ~Welt­rätseh: 553

Loki (Beitrag für das Erinnerungs­buch Ludwig Jacobowski im Lichte des Lebens): 556, 557 Charles Lyell: 531

Das Märchen (Studien zu Goethes Märchen von der Grünen Schlange und der schönen Lilie):

255, 256, 258, 266, 269

Das neue Jahrhundert (Giordano Bruno) (Besprechung): 553 Die Philosophie in der Gegenwart und ihre Aussichten für die Zu­kunft: 323

Zur Psychologie unserer Zeit (Be­sprechung): 363 Psychopathia spiritualis. Friedrich Nietzsche und die Apostel der Zu­kunft (Besprechung): 367 Die Weltanschauung Dostojewskis und Tolstois (Besprechung): 363 Lucifer-Gnosis: 600, 601 Luzifer: 587, 588, 594, 599 Magazin für Literatur: 490, 494, 495, 497, 501, 505, 506, 513, 518, 519, 527, 531, 532, 534, 541, 542, 546, 548, 552

Das Reich, Aufsätze in: 636

Steinwender, Otto: 282

Stirner, Max: 366, 428, 429, 520

Strakosch, Alexander: 312

Strauß, David Friedrich: 583

Strauß, Emil: 545

Streichhan, Frl.: 584, 586

Strindberg, August: 285, 506

Strisower, Risa: 257

Stübben: 429

Suphan, Bernhard: 253, 254, 265, 268, 271, 275, 279, 282, 284, 286, 287, 292, 303, 328, 336, 408, 424, 435, 470, 584, 585

Suphan, Ludwig: 300

Suphan, Martin: 271, 300

Suphans Schwiegermutter: 470

Swedenborg: 600

Thelemann, Buchhändler: 302

Tingley, Katherine: 641

Tönnies, Ferdinand: 340, 341, 362

Troeltsch, Ernst: 544

#SE039-625

Tucker, Beojamin R.: 528, 534

Turner, Joseph Mallord William: 592

Verbrecher, die: 494

Virchow, Rudolf: 536

Wagner, Carl: 266

Wagner, Günther: 597

Wahle,Julius: 279, 302, 401, 409, 410, 421, 422, 485, 489, 584

Wegelin, Hanni: 480

Werner, Richard Maria: 560, 561

Widmann, Georg Rudolff: 269

Wiecke, Paul: 273, 511, 513

Wiecke-Halberstedt, Alwine: 285, 288, 513

Wildenbruch, Ernst von: 288, 498

Wille, Bruno: 570, 606

Wolfram, Kapellmeister: 480

Wolter, Charlotte: 518

Wolzogen, Ernst L. Freiherr von: 559

Wüllner, Ludwig: 471

Xerxes: 598

Zack, B.: 528

Zeller, Heinrich: 490

Zerbst, Dr.: 515

Zitter, Frau: 526

Zitter, Moriz: 305, 342, 352, 369, 428, 505, 511, 516, 518, 524, 526, 537

Zola, Emile: 579

KORRIGENDA

#G039-1985-SE626 - Briefe Band II / 1890 - 1925

#TI

KORRIGENDA

#TX

BRIEFE I

Seite Zeile

von oben

45 20 muß es heißen: Philosophie statt Philosopie

147 1 242 statt 241

203 16 sie statt Sie

215 i4 Unannehmlichkeiten statt Unanehmlichkeiten

277 18 An ? statt An Heinrich von Stein (Neu erschlosse­-

ne Unterlagen haben gezeigt, daß der Brief 237 an

einen unbekannten Empfänger gerichtet ist und

nicht an Heinrich von Stein.)

283 6 9. Prolog (Der Hinweis Prolog gehört zu Brief

9, nicht zu Brief 8.)

298 2 147 (15Juli 1888) statt 150 (27. Juli 1888)

313 17 wichtigen statt wichtigsten

322 4 einzige statt einzigste

BRIEFE II

4 Abbildung ist zu ergänzen: 0. Rietmann. Alle Rechte beim

Phil.- Anthr. Verlag am Goetheanum

32 1 [Postkarte]

144 16 [Postkarte]

161 5 von unten muß es heißen: alle alle statt alle

384 10 Hochschätzung statt Hochachtung

391 1 ist zu ergänzen: [Postkarte]

417 13 muß es heißen: ahends statt abend

496 1 getäuschtes statt getäuschts

18 seh statt sah

25 jener statt seiner

579 6 v. u. ist zu ergänzen (im Hinweis Hönigswald): war

Philosophieprofessor in Breslau und München

585 13 v. u. muß es heißen: Luzifer statt Lucifer

604 rechte Spalte Anfang Dezemher statt Ende November

Zeile 2

#SE039-627

Daten zur Herausgabe von Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften durch Rudolf Steiner und Daten zur Herausgabe der Lexi­konbände, an denen Rudolf Steiner Mitarbeiter war. (Außer dem Pierer ist jeweils nur die Erstausgabe verzeichnet.)

Kürschners Deutsche National-Literatur: Goethes Werke Weimarer oder Sophien-Ausgabe II. Abteilung

Ergänzend zu Goethes

Naturwissenschaftlichen Schriften Lexikalische Werke

1884 1. (33.) Band 1884 Kürschners Taschen­- Konversations- Lexikon

1886 Grundlinien einer Erkenntnis­theorie der Goetheschen Welt­anschauung, mit besonderer

Rücksicht auf Schiller Zugleich eine Zugabe zu Goethes

,,Naturwissenschafslichen

Schriften in Kürschners

Deutscher National­-Literasur

1887 II. (34.) Band

1888 Kürschners Quart-Lexikon Pierers Kon­versations- Lexikon

7. Auflage, 1. Band

1889 2., 3., 4. Band

1890 III. (35.) Band 1890 5., 6. Band

1891 VI. Band

1892 VII., IX. Band

1893 (VIII.), XI. Band

1894 X. Band 1894 Universal-Konversa­tions­-Lexikon*

1896 XII. Band

1897 IV. (36.) Band, 1. Abt.

IV. (36.) Band, 2. Abt..

1897 Goethes Weltanschauung

* Neubearbeitung desQuart.-Lexikons

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.