GA 283

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Das Wesen des Musikalischen ERSTER VORTRAG Köln, 3. Dezember 1906

#G283-1969-SE011 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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Das Wesen des Musikalischen

ERSTER VORTRAG

Köln, 3. Dezember 1906

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Das Musikalische hat für die, welche darüber nachgedacht haben, immer etwas Rätselvolles gehabt in bezug auf die ästhetische An­schauungsweise. Die Musik ist auf der einen Seite das Verständlichste für die Seele, für das unmittelbar empfindende Menschengemüt, auf der anderen Seite etwas Schwieriges für die, welche ihre Wirkung begreifen wollen. Wenn wir die Musik vergleichen wollen mit den anderen Künsten, so müssen wir sagen: Eigentlich haben die anderen Künste alle in der physischen Welt ein Vorbild. Wenn zum Beispiel der Bildhauer die Statue eines Apoll oder Zeus schafft, dann arbeitet er nach der idealisierten Wirklichkeit der menschlichen Welt. Ebenso ist es in der Malerei. Heute will man sogar in der Malerei nur das gelten lassen, was unmittelbar den Eindruck der Wirklichkeit gibt. Ebenso bemüht sich die Poesie, ein Abbild der Wirklichkeit zu schaf­fen. Wer diese Theorie auf die Musik anwenden wollte, würde wohl kaum zu irgendeinem Resultat kommen können. Der Mensch muß sich fragen: Woher kommt denn eigentlich der künstlerisch geformte Ton, worauf in der Welt hat er Bezug?

Ein Geist des 19. Jahrhunderts, der in bezug auf die Kunst klare und treffende Vorstellungen gebracht hat, ist Schopenhauer. Er weist der Musik eine ganz besondere Stellung zu unter den Künsten und der Kunst als solcher einen ganz besonderen Wert im Leben des Men­schen. Er hat im Grunde genommen als Leitmotiv seiner Philosophie den Satz: Das Leben ist eine mißliche Sache und ich suche es erträglich zu machen dadurch, daß ich darüber nachdenke. - In der ganzen Welt herrscht nach seiner Darstellung ein unbewußter, blinder Wille. Er bildet den Stein und dann aus dem Stein die Pflanze und so weiter, weil er immer unbefriedigt ist. So lebt in allem die Sehnsucht nach dem Höheren.

Der Mensch selbst spürt dies, doch bestehen da große Unterschiede:

Der im dumpfen Bewußtsein dahinlebende Wilde fühlt viel weniger das Unbefriedigtsein des Willens als der höherstehende Mensch, der

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viel klarer den Schmerz des Daseins empfinden kann. Da sagt Scho­penhauer: Es gibt noch ein zweites, das der Mensch kennt außer dem Willen, das ist die Vorstellung. Sie ist wie eine Fata Morgana, wie ein Nebelgebilde oder ein Gekräusel der Wellen, in dem die Gebilde des Willens, des dunkeln Dranges sich spiegeln. Im Menschen erhebt sich der Wille zu diesem Scheingebilde. Wenn er dadurch den Willen sieht, wird er noch unbefriedigter. Es gibt aber Mittel, durch die der Mensch zu einer Art Erlösung von dein blinden Drang des Willens kommen kann. Eines dieser Mittel ist die Kunst. Durch sie vermag der Mensch sich hinwegzuversetzen über das Unbefriedigtsein des Willens.

Wenn der Mensch ein Kunstwerk schafft, schafft er aus seiner Vorstellung heraus. Während aber andere Vorstellungen bloß Bilder sind, ist es bei der Kunst etwas anderes. Zum Beispiel der Zeus des Phidias ist nicht durch die Abbildung eines wirklichen Menschen zu­stande gekommen. Da hat der Künstler viele Eindrücke kombiniert, alle Vorzüge im Gedächtnis behalten und alle Mängel weggelassen. Aus vielen Menschen hat er sich ein Urbild geformt, das nirgends in der Natur verwirklicht ist, aber doch auf viele einzelne Individuali-täten verteilt ist. Schopenhauer sagt, daß der wahre Künstler die Ur­bilder wiedergibt, nicht die Vorstellungen, die sonst der Mensch hat, nicht die Abbilder, sondern die Urbilder. Dadurch, daß der Mensch sich so gleichsam in der schaffenden Natur zu ihren Tiefen begibt, schafft er sich eine Erlösung.

So ist es mit allen Künsten, außer der Musik. Die anderen Künste müssen durch die Vorstellung hindurchgehen, also Bilder des Willens geben. Aber der Ton ist ein unmittelbarer Ausdruck des Willens selbst, ohne Einschiebung der Vorstellung. Wenn der Mensch im Ton künst­lerisch tätig ist, ist er gleichsam mit seinem Ohr am Herzen der Natur selbst liegend; er vernimmt den Willen der Natur und gibt ihn in der Folge der Töne wieder. So - sagt Schopenhauer - steht der Mensch in einem vertrauten Verhältnis zu den Dingen an sich, so dringt er ein in das innerste Wesen der Dinge. Weil sich der Mensch dem Wesen nahe fühlt in der Musik, deshalb fühlt er in der Musik jene tiefe Be­friedigung.

So hat Schopenhauer aus einer instinktiven Erkenntnis heraus der

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Musik die Rolle zugewiesen, das Wesen des Kosmos unmittelbar dar­zustellen. Er hatte eine Art instinktiver Ahnung von dem wirklichen Sachverhalt. Warum das Musikalische zu allen sprechen kann, warum das Musikalische von der frühesten Kindheit an auf den Menschen wirkt, das wird uns erklärlich werden auf dein Gebiet des Daseins, wo die Musik ihre wirklichen Vorbilder hat.

Wenn der Musiker komponiert, kann er nichts nachahmen. Er muß aus seiner Seele herausholen die Motive des musikalischen Schaffens. Woher er sie holt, das wird sich uns ergeben, wenn wir hinweisen auf die Welten, die für die Sinne nicht wahrnehmbar sind. Wir müssen da nachsehen, wie die höheren Welten eigentlich beschaffen sind. Der Mensch ist in der Lage, sich höhere, in der Seele liegende Fähigkeiten zu erschließen, die sonst schlummern. Wie dem Blindgeborenen durch Operation die physische Welt sichtbar wird, so können auch dem Men­schen die inneren Organe erschlossen werden, um höhere geistige Wel­ten zu erkennen.

Wenn der Mensch solche Fähigkeiten entwickelt, die sonst in ihm schlummern, wenn er anfängt, durch Meditation und Konzentration und so weiter seine Seele zu entwickeln, da geht es stufenweise mit ihm aufwärts. Das erste, was er dann erlebt, ist eine besondere Umgestal­tung seiner Traumwelt. Wenn der Mensch vermag, bei der Meditation alle Erinnerungen an die äußere Sinneswelt und an sonstige Erlebnisse auszuschalten, und wenn er dann doch noch einen Seeleninhalt hat, dann fängt seine Traumwelt an, eine große Regelmäßigkeit zu be-kommen. Es ist dann, wenn er erwacht, als ob er sich aus einem fIu­tenden Weltenmeer erhöbe. Er weiß, er hat jetzt etwas Neues erlebt, er ist wie herausgekommen aus einem solchen Meer von Licht und Far­ben, wie er es noch nicht gekannt hat in der physischen Welt. Immer mehr gewinnen seine Traumerlebnisse an Deutlichkeit. Er erinnert sich, daß in dieser Licht- und Farbenwelt Dinge und Wesenheiten waren, die sich dadurch von den anderen Gegenständen unterscheiden, daß man durch sie hindurchgehen kann, daß sie keinen Widerstand entgegensetzen. Er lernt eine Summe von Wesenheiten kennen, deren Element, deren Körper die Farben sind. Es sind Wesenheiten, die in der Farbe sich offenbaren, sich verkörpern. Allmählich dehnt der

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Mensch sein Bewußtsein über diese Welt aus und erinnert sich beim Erwachen, daß er darin handelnd aufgetreten ist. Der nächste Schritt ist dann, daß er diese Welt mit hinübernimmt in die Tageswelt. Dann lernt der Mensch allmählich das zu sehen, was man den Astralleib des Menschen nennt. Er erlebt eine Welt, die viel realer ist als die gewöhnliche physische Welt. Die physische Welt ist eine Art Verdich­tung, herauskristallisiert aus der Astralwelt. Auf diese Weise hat der Mensch dann zwei Stufen des Bewußtseins: das alltägliche Wachbe­wußtsein und das Traumbewußtsein.

Eine noch höhere Stufe erreicht der Mensch, wenn er den völlig bewußtlosen Zustand umzuwandeln vermag in einen bewußten Zu­stand. Der Chela oder Schüler lernt die Kontinuität des Bewußtseins für einen Teil der Nacht zu erlangen, für die Teile der Nacht, die nicht dem Traumleben angehören, sondern die noch ganz bewußtlos sind. Er lernt dann, bewußt zu werden in einer Welt, von der er sonst nichts weiß. Diese neue Welt ist nicht eine Licht- und Farbenwelt, sondern kündet sich zuerst an als eine Tonwelt. In diesem Bewußtseinszustand erlangt der Mensch die Fähigkeit geistig zu hören, Tonkombinationen, Tonmannigfaltigkeiten zu vernehmen, die dem physischen Ohre un­hörbar sind. Diese Welt nennt man die Devachanwelt.

Nun darf man nicht glauben, daß, wenn der Mensch die geistige, tönende Welt aufsteigen hört, er nicht auch behält die Licht- und Farbenwelt. Auch die Tonwelt ist durchsetzt von Licht und Farbe, die aber der astralen Welt angehören. Aber das ureigenste Element der Devachanwelt ist das flutende Meer der Töne. Auch aus dieser Welt der Bewußtseinskontinuität kann der Mensch das Tönende her-überbringen und dadurch auch das Tönende in der physischen Welt hören. Allem in der physischen Welt liegt ein Ton zugrunde. Ein jedes Gesicht repräsentiert bestimmte devachanische Töne. Alle Gegenstände haben auf dem Grunde ihres Wesens einen geistigen Ton, und der Mensch selbst ist in seiner tiefsten Wesenheit ein solch geistiger Ton. Aus diesem Grunde hat Paracelsus gesagt: Die Reiche der Natur sind die Buchstaben und der Mensch ist das Wort, welches sich aus diesen Buchstaben zusammensetzt. - Jedesmal, wenn der Mensch einschläft, bewußtlos wird, tritt sein Astralleib heraus aus dem physischen Leib.

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Dann ist der Mensch zwar unbewußt, aber doch lebend in der geistigen Welt. Auf seine Seele machen die geistigen Klänge einen Eindruck. Jeden Morgen wacht der Mensch auf aus einer Welt der Sphärenmusik, und aus einem Gebiet des Wohllauts zieht er ein in die physische Welt. Wenn es wahr ist, daß die Seele des Menschen zwischen zwei Verkör­perungen ein Devachan hat, so dürfen wir auch sagen, daß die Seele während der Nacht schwelgt und lebt in dem flutenden Ton, als dem Element, aus dem sie eigentlich gewoben ist, das eigentlich ihre Hei­mat ist.

Der schaffende Tonkünstler nun setzt den Rhythmus, die Harmonien und Melodien, die sich während der Nacht seinem Atherkörper ein­prägen, um in einen physischen Ton. Unbewußt hat der Musiker das Vor­bild der geistigen Welt, das er umsetzt in die physischen Klänge. Das ist der geheimnisvolle Zusammenhang zwischen der Musik, die hier im Physischen erklingt, und dem Hören der geistigen Musik in der Nacht.

Wenn ein Mensch beleuchtet ist vom Lichte, dann bildet sich von ihm ein Schatten an der Wand. Das ist nicht der wirkliche Mensch. So ist die Musik, die im Physischen erzeugt wird, ein Schatten, ein wirklicher Schatten von einer viel höheren Musik des Devachans. Das Urbild, die Vorlage der Musik ist im Devachan, die physische Musik ist nur ein Abbild der geistigen Wirklichkeit.

Nachdem wir uns dies klargemacht haben, wollen wir die Wirkung der Musik auf den Menschen zu begreifen suchen. Die Einteilung des Menschen, die der okkulten Untersuchung zugrunde liegt, ist diese:

Physischer Leib, Atherleib, Astralleib und Ich. Der Atherleib ist ein ätherisches Urbild des physischen Leibes. Ein noch feinerer Leib, der dem Atherleib verwandt ist und zu dem Astralen hinneigt, ist der Empfindungsleib. Innerhalb dieser drei Stufen des Leibes sehen wir die Seele. Die hängt zunächst mit dem Empfindungsleib zusammen. Dem Empfindungsleib ist wie eingegliedert die Empfindungsseele. Die steckt im Empfindungsleib darinnen. Wie ein Schwert mit der Scheide, in der es steckt, ein Ganzes bildet, so sind auch der Empfindungsleib und die Empfindungsseele ein Ganzes. Außerdem hat der Mensch noch die Gemüts- oder Verstandesseele und als noch höheres Glied die Bewußtseinsseele,

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und diese ist verknüpft mit dem Geistselbst oder Ma­nas. Wenn der Mensch schläft, liegt im Bett mit dem physischen und Atherleib der Empfindungsleib; die höheren Glieder, also auch die Empfindungsseele, sind in der Welt des Devachans. Im physischen Raum fühlen wir alle anderen Wesen außer uns. Im Devachan fühlen wir uns nicht außerhalb der Wesen, sondern da durchdringen sie uns, da sind wir in den Wesen darinnen. Darum hat man in allen okkulten Schulen die Sphäre des Devachans und auch des Astralen die Welt der Durchlässigkeit genannt.

Indem der Mensch so lebt und webt in der Welt der flutenden Töne, wird er selbst durchflutet von diesen Tönen. Wenn er nun aus dieser devachanischen Welt zurückkehrt, dann sind seine eigene Be­wußtseinsseele, Verstandes- und Empfindungsseele von den Schwin­gungen der devachanischen Welt durchsetzt; er hat sie selbst in sich. Mit ihnen dringt er in die physische Welt ein. Wenn er diese Schwin­gungen aufgenommen hat, dann sind die Schwingungen so, daß er aus der Empfindungsseele heraus zurückwirken kann auf den Empfin­dungsleib und den Ätherleib. Dadurch, daß er die Schwingungen mit­bringt aus dem Devachan, kann er die Schwingungen auf seinen Ather­leib übertragen. Dann schwingt der eigene Atherleib mit. Das Wesen des Ather- und Empfindungsleibes beruht im Grunde genommen auf denselben Elementen, auf dem geistigen Ton und auf geistigen Schwin­gungen. Der Ätherleib ist niedriger als der Astralleib, aber die Tätig­keit, die im Ätherleib ausgeübt wird, steht höher als die Tätigkeit des Astralleibes. Die Entwickelung des Menschen besteht darin, daß er das, was er hat, vom Ich aus umformt, zuerst den Astralleib in Manas, dann den Ätherleib in Buddhi, dann den physischen Leib in Atma. Weil der Astralleib der dünuste ist, braucht man die wenigste Kraft, um in ihn hineinzuarbeiten. Die Kraft, die man braucht, um in den Ätherleib hineinzuarbeiten, die braucht man aus der Devachanwelt, die Kraft der Umwandlung des physischen Leibes braucht man aus der höheren Devachanwelt. Auf den Astralleib kann man wirken mit den Kräften der astralen Welt selbst, auf den Ätherleib aber nur mit den Kräften der Devachanwelt. Auf den physischen Leib kann man nur wirken mit den Kräften der oberen Devachanwelt.

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Während der Nacht holt sich der Mensch die Kraft aus der Welt der flutenden Töne, die Kraft, dies auf den Empfindungsleib und Ätherleib zu übertragen. Wenn der Mensch musikalisch schafft oder wahrnimmt, so liegt das daran, daß er diese Klänge in dem Empfin­dungsleib schon hat. Während der Mensch beim Aufwachen des mor­gens sich nicht bewußt wird, daß er nachts Töne aufgenommen hat, spürt er doch, wenn er Musik anhört, daß diese Abdrücke der gei­stigen Welt in ihm sind. Wenn er Musik hört, kann der Hellseher sehen, wie die Töne fluten, die festere Materie des Ätherleibes ergrei­fen und diesen mitschwingen lassen, daher hat der Mensch dann das Wohlgefühl. Das kommt daher, daß der Mensch sich dann als Sieger fühlt über den Atherleib durch seinen Astralleib. Dies ist am stärksten, wenn der Mensch es erreicht, das zu überwinden, was im Ätherleib schon ist. Immer tönt der Ätherleib herauf in den Astral­leib. Wenn er Musik hört, ist der Eindruck zuerst im Astralleib. Dann schickt er die Töne bewußt in den Ätherleib und überwindet die Töne, die im Ätherleib schon sind. Das ist das Wohlgefühl des musikalischen Zuhörens und auch des musikalischen Schaffens. Bei gewissen musika­lischen Klängen geht aus dem Astralleib etwas hinein in den Empfin­dungsleib. Der hat nun neue Töne erhalten. Es entsteht eine Art von Kampf zwischen dem Empfindungsleib und dem Ätherleib. Sind diese Töne so stark, daß sie die eigenen Töne des Atherleibes überwinden, dann entsteht heitere Musik, in der Dur-Tonart. Wenn ein Musikali­sches in der Dur-Tonart wirkt, dann kann man verfolgen, wie der Empfindungsleib Sieger ist über den Ätherleib. Bei der Moll-Tonart ist der Ätherleib Sieger über den Empfindungsleib. Der Ätherleib widersetzt sich den Schwingungen des Empfindungsleibes.

Wenn der Mensch im Musikalischen lebt, so lebt er in einem Ab­bild seiner geistigen Heimat. In dem Schattenbild des Geistigen findet die Seele die höchste Erhebung, die intimste Beziehung zum Urelement des Menschen. Daher ist es, daß die Musik so tief auch auf die schlich-teste Seele wirkt. Die schlichteste Seele fühlt in der Musik den Nach-klang dessen, was sie im Devachan erlebt hat. Sie fühlt sich da in ihrer Heimat. Jedesmal fühlt der Mensch dann: Ja, du bist aus einer anderen Welt!

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Aus dieser intuitiven Erkenntnis heraus hat Schopenhauer der Mu­sik jene zentrale Stellung unter den Künsten angewiesen und gesagt, daß der Mensch in der Musik den Herzschlag des Willens der Welt wahrnimmt.

Der Mensch fühlt in der Musik die Nachklänge dessen, was im Innersten der Dinge webt und lebt, was mit ihm so verwandt ist. Weil die Gefühle das innerste Element der Seele sind, verwandt mit der geistigen Welt, und weil die Seele im Ton ihr Element hat, in dem sie sich eigentlich bewegt, so lebt sie da in einer Welt, wo die körperlichen Vermittler der Gefühle nicht mehr vorhanden sind, wo aber die Ge­fühle noch leben. Das Urbild der Musik ist im Geistigen, während die Urbilder für die übrigen Künste in der physischen Welt selbst liegen. Wenn der Mensch Musik hört, fühlt er sich wohl, weil diese Töne übereinstimmen mit dem, was er in der Welt seiner geistigen Heimat erlebt hat.

ZWEITER VORTRAG Berlin, 12. November 1906

#G283-1969-SE019 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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ZWEITER VORTRAG

Berlin, 12. November 1906

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Wir sehen, wie uns die Welt, die ganze Natur um uns herum, durch die geisteswissenschaftliche Betrachtungsweise verständlich wird, und es wird uns mehr und mehr klar, wie äußere Tatsachen unserer Um­gebung eine mehr oder weniger tiefgehende Bedeutung für die innere Wesenheit des Menschen haben können. Wir werden heute einiges entwickeln über das Thema: Warum wirkt die Musik in einer ganz be-stimmten, eigenartigen Weise auf die menschliche Seele? - Dabei wol­len wir tief hineinleuchten in die Gründe der Seele.

An den Ausgangspunkt stellen wir die Frage, wie es sich denn er­klären läßt, daß eine so merkwürdige Vererbung stattfinden kann, wie wir sie zum Beispiel in der Familie Bach sehen, in der innerhalb eines Zeitraümes von zweihundertfünfzig Jahren eine Anzahl von beinahe dreißig Mitgliedern eminente musikalische Begabung zeigten. Oder eine andere Tatsache: daß in der Familie Bernoulli die mathema­tische Begabung in ähnlicher Weise sich vererbte und acht ihrer Mit­glieder mehr oder weniger große Mathematiker waren. Das sind zwei Erscheinungen, die sich unter Vererbung begreifen lassen; doch sind sie total verschiedene Dinge.

Die Musik erschien von jeher den Geistern, die versuchten, etwas tiefer in das Wesen der Dinge einzudringen, als etwas ganz Beson­deres. Stets nahm die Musik eine besondere Stellung innerhalb der Kunst ein. Stellen wir uns einmal auf den Standpunkt Schopenhauers. In seinem Werke «Die Welt als Wille und Vorstellung» spricht er von den Künsten als von einer Art Erkenntnis, die unmittelbarer ins Gött­liche führe, als es der Verstandeserkenntnis möglich sein könne. Diese Ansicht Schopenhauers hängt damit zusammen, daß er über die Welt die Anschauung hatte, alles, was uns umgibt, sei nur ein Spiegelbild menschlicher Vorstellung. Dieses Spiegelbild kommt nur dadurch zu­stande, daß äußere Dinge in den menschlichen Sinnen Vorstellungen hervorrufen und daß der Mensch dadurch zu ihnen in Beziehung tritt. Von dem, was keinen Eindruck machen kann auf die Sinne, kann der

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Mensch nichts wissen. Physiologisch spricht er von spezifischen Sin­nesempfindungen. Das Auge kann nur Lichtempfindungen in sich auf­nehmen, allen anderen Eindrücken gegenüber verhält es sich unemp­findlich; nur das, was Licht ist, kann es empfinden, und gleichermaßen das Gehör nur Tonempfindungen und so weiter. Alles was der Mensch so als seine Welt ringsum betrachtet, spiegelt sich, nach der Anschauung Schopenhauers, als eine Art Fata Morgana in ihm wieder, ist eine Art Spiegelung, hervorgerufen durch die menschliche Seele selbst.

Nun sagt Schopenhauer, es gibt doch eine Möglichkeit, hinter die Vorstellung zu kommen. Ein Ding gibt es, zu dessen Wahrnehmung der Mensch keiner äußeren Einwirkung bedarf, und das ist der Mensch selber. Alles Äußere ist ihm eine ewig wechselnde, ewig sich verschie­bende Fata Morgana. Nur eines spüren wir unabänderlich und immer in derselben Weise in uns, das sind wir selber. Unser Wille ist es, in dem wir uns spüren, und es ist kein Umweg von außen nötig, um seine Einwirkungen auf uns wahrzunehmen. Wenn wir irgendeine Wirkung auf die Außenwelt vollziehen, dann spüren wir den Willen, wir sind selbst dieser Wille, daher wissen wir, was der Wille ist. Wir wissen es aus eigener, innerer Erfahrung, und aus der Analogie können wir schlie­ßen, daß dieser in uns wirkende Wille auch außer uns vorhanden und tätig sein muß, daß Kräfte außer uns vorhanden sein müssen, gleich wie die Kraft, die innerhalb unser als Wille tätig ist. Und diese Kräfte nennt er den Weltwillen.

Stellen wir uns nun die Frage: Wie entsteht Kunst? - Die Antwort auf diese Frage, immer noch im Sinne Schopenhauers, lautet: Durch ein Kombinieren der Fata Morgana außer uns und in uns, durch ein Zusammenfassen beider. Wenn der Künstler, zum Beispiel als Bild­hauer, eine Idealgestalt, sagen wir, von Zeus schaffen will, und er sich nach einem Urbilde umschaut, dann sieht er sich nicht einen ein­zelnen Menschen an, um in ihm das Urbild zu finden, sondern hält Umschau unter vielen Menschen. Er nimmt von dem einen Menschen ein wenig, von dem anderen wieder ein wenig und so weiter. Er prägt sich alles ein, was Stärke, was edel, was hervorragend ist, und daraus formt er sich ein typisches Bild von Zeus, so wie er den Zeusgedan­ken in sich trägt. Das ist die Idee im Menschen, die nur dadurch zu

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gewinnen ist, daß man das, was die Welt uns bietet, was in Einzel­heiten an uns herantritt, in sich kombiniert.

Stellen wir diesen Gedanken Schopenhauers mit dem Goetheschen Gedanken zusammen, der seinen Ausdruck findet in den Worten: In der Natur sind mehr die Absichten bedeutsam. - Da finden wir, daß Schopenhauer und Goethe vollkommen miteinander einverstanden sind. Beide nehmen an, daß es Absichten in der Natur gibt, die sie in ihren Werken nicht ganz erreicht, nicht ganz zum Ausdruck brin­gen kann, wenigstens im einzelnen nicht voll erreicht. Der schaffende Künstler nun versucht, diese Absichten in der Natur zu erkennen, sie zusammenzufassen und im Bilde darzustellen. So versteht man, daß Goethe sagt, die Kunst sei Offenbarung geheimer Naturabsichten, daß der schaffende Künstler die Fortsetzung der Natur offenbare. Der Künstler nimmt die Natur in sich auf; er läßt sie wieder in sich er­stehen und aus sich herausgehen. Es ist, als ob die Natur nicht fertig würde und in den Menschen die Möglichkeit hineingießen würde, ihr Werk zu Ende zu führen. Die Natur findet in ihm ihre Vollendung, ihre Krönung, sie jauchzt gewissermaßen auf in ihm und in seinem Werke.

Im menschlichen Herzen liegt so die Befähigung, zu Ende zu den­ken, und das, was die Absicht der Natur war, hinauszugießen. Goethe sieht in der Natur die große, schaffende Künstlerin, die nur ihre Ab­sichten nicht voll erreichen kann, die uns gewissermaßen vor ein Rät­sel stellt. Der Künstler jedoch löst diese Rätsel; er ist der große Rätsel­löser, indem er die Absichten der Natur zu Ende denkt und aus sich heraussetzt in seinen Werken.

Das trifft bei allen Künsten zu, sagt Schopenhauer, nur nicht bei der Musik. Sie steht auf einer höheren Stufe als alle anderen Künste. Warum? - Schopenhauer findet die Antwort, indem er sagt: Alle an­deren schaffenden Künste, die Bildhauerei, die Malerei, sie müssen die Vorstellungen zusammenfassen, ehe sie die geheimen Absichten der Natur erraten; die Musik dagegen, die Melodien, die Harmonien der Töne, sie sind die unmittelbare Äußerung der Natur selber. Der Mu­siker hört unmittelbar den Pulsschlag göttlichen Willens durch die Welt fluten, er vernimmt es, wie sich dieser Wille ausdrückt in Tönen.

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So steht er näher dem Herzen der Welt als alle anderen Künstler; in ihm lebt die Fähigkeit, den Willen, den Weltenwillen darzustellen. Die Musik ist der Ausdruck des Willens der Natur, während alle an­deren Künste der Ausdruck der Idee der Natur sind. Darum, weil die Musik näher dem Herzen der Welt flutet, weil sie so unmittelbar der Ausdruck seines Wogens und Wallens ist, darum wirkt sie auch un­mittelbarer auf die menschliche Seele. Sie strömt ein in die Seele als das Göttliche in seinen verschiedenen Gestaltungen. Und so ist es erklär­bar, daß die Musik so unmittelbar, so gewaltig, so elementar in ihren Wirkungen auf die menschliche Seele ist.

Wenden wir uns nun von diesem Standpunkt, den bedeutende Gei­ster, wie Schopenhauer und Goethe, der erhabenen Kunst der Musik gegenüber einnehmen, zu dem Standpunkte, von dem aus der Okkul­tismus diese Frage beleuchtet, so finden wir merkwürdigerweise, daß aus dem, was der Mensch ist, uns verständlich und begreiflich wird, weshalb die Töne, die Harmonien und Melodien so auf ihn einwirken. Wir gehen da wieder zurück auf die bekannten drei Bewußtseinszu­stände, die dem Menschen möglich sind, und auf sein Verhältnis zu den drei Welten, zu denen er während dieser drei Bewußtseinszustände ge­hört.

Drei Bewußtseinszustände gibt es, doch nur einer von diesen ist dem gewöhnlichen Menschen voll bekannt, da er während der anderen beiden nichts von sich weiß, sie durchlebt, ohne eine Erinnerung, eine bewußte Einwirkung davon in den einen, ihm bekannten Bewußtseins­zustand durchzubringen. Dieser letztere ist der Bewußtseinszustand, den wir als das gewöhnliche, wache Tagesbewußtsein bezeichnen. Der zweite Bewußtseinszustand ist dem gewöhnlichen Menschen teilweise bekannt; es ist der traumerfüllte Schlaf, dieser Symboliker, der dem Menschen in Symbolen oft einfache Alltagserlebnisse vorführt. Der dritte Bewußtseinszustand ist der traumlose Schlaf, der für den ge­wöhnlichen Menschen den Zustand einer gewissen Leere bedeutet.

Nun gibt aber die Initiation eine Verwandlung der drei Bewußtseins-zustände. Zunächst verändert sich sein Traumleben. Es ist nicht mehr chaotisch, nicht mehr eine Reproduktion der Alltagserlebnisse in oft wirren Symbolen; sondern eine neue Welt tut sich dem Menschen auf

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im Traumschlaf, eine Welt voll flutender Farben, voll schimmernder Lichtwesen umgibt ihn da, die astrale Welt. Das ist keine neu er­schaffene Welt, sie ist nur neu für den Menschen, der bisher über den niederen Bewußtseinszustand, den des Alltagsbewußtseins, nicht hin­ausgekommen ist. Diese Welt ist vielmehr immer da, sie umgibt fort­während den Menschen. Sie ist eine wirkliche Welt, ebenso wirklich, wie die uns umgebende Welt, die uns als Wirklichkeit erscheint. So­bald der Mensch eingeweiht ist, die Initiation empfangen hat, lernt er diese wunderbare Welt kennen. Er lernt bewußt in ihr sein, mit einem ebenso klaren, nein klareren Bewußtsein, als es sein Tagesbewußt­sein ist. Er lernt auch seinen eigenen Astralleib kennen und lernt be­wußt in ihm zu leben. Was er nun in dieser neuen Welt, die sich vor ihm auftut, erlebt, ist ein Leben und Weben in einer Farben- und Lichtwelt im wesentlichen. Der Mensch beginnt nach der Einweihung, aus dem gewöhnlichen Traumschlaf heraus zu erwachen; es ist, als ob er sich erhoben fühlte aus einem wogenden Meer von flutendem Licht und Farben. Und lebendige Wesenheiten sind diese flutenden Farben, dieses schimmernde Licht. Dies Erleben im bewußten Traumschlaf über­trägt sich dann auch auf das ganze Leben im Tages-Wachbewußt­sein; diese Wesenheiten lernt er auch im Alltagsleben sehen.

Den dritten Bewußtseinszustand erreicht der Mensch dann, wenn er den traumlosen Schlaf in einen bewußten Zustand zu verwandeln vermag. Auch die Welt, in die der Mensch dadurch eintreten lernt, zeigt sich ihm zunächst nur teilweise, dann immer mehr und mehr. Immer länger und länger lebt er in ihr, ist bewußt in ihr und erlebt in ihr ein sehr Bedeutsames.

Nun kann der Mensch zur Wahrnehmung der zweiten, der astra­len Welt nur kommen, wenn er durch die sogenannte «Große Stille» hindurchgeht. Er muß still, ganz still in sich werden. Die große Ruhe muß vorausgehen dem Aufwachen in der astralen Welt. Und diese tiefste Stille wird immer größer und größer, wenn er anfängt, sich dem dritten Bewußtseinszustande zu nähern, dem Zustand, wo er im traumlosen Schlaf empfindet. Die Farben der Astralwelt werden im­mer durchsichtiger, das Licht immer klarer, gleichsam durchgeistigter. Der Mensch hat dann die Empfindung, als ob er selbst in dieser Farbe,

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in diesem Lichte lebe, als ob nicht sie ihn umgebe, sondern er selbst Farbe und Licht sei. Er fühlt sich selbst als astralisch innerhalb dieser astralischen Welt, wie schwimmend in großer, tiefer Ruhe. Dann beginnt diese tiefe Stille nach und nach aufzutönen, es fängt an, leise und immer lauter geistig zu klingen; wie durchzogen wird die Welt des Lichtes und der Farben von klingenden Tönen. Dieser dritte Be­wußtseinszustand, in den der Mensch nun nach und nach eintritt, be-steht darin, daß die farbige Welt, in der er im Astralen lebte, durch­klungen wird. Und das ist Devachan, das ist die sogenannte mentale Welt, die sich nun vor ihm auftut. Und hinein tritt er in diese wun­derbare Welt durch das Tor der Großen Stille; aus der Großen Stille klingt der Ton von der anderen Welt zu ihm herüber. So verhält es sich wirklich mit der devachanischen Welt.

Manche theosophischen Bücher bringen andere Beschreibungen von ihr; doch beruhen diese nicht auf eigener Erfahrung der Wirklichkeit dieser Welt. Leadbeater zum Beispiel bringt eine zutreffende Beschrei­bung des Astralplanes und des Erlebens auf diesem, doch seine Be­schreibung des Devachanplans ist nicht zutreffend. Sie ist lediglich eine Konstruktion, zusammengestellt nach dem Muster des astralen Planes, sie ist nicht von ihm selbst erlebt. Alle Beschreibungen, die Ihnen nicht schildern, wie von der anderen Seite der Ton herüber-klingt, die sind nicht richtig, sind nicht aus der Anschauung heraus. Dem Devachanischen ist besonders eigen, daß es eine tönende Welt ist, wenigstens im wesentlichen. Man darf sich selbstverständlich nicht denken, daß die Devachanwelt nicht auch eine in Farben erstrahlende sei. Sie ist selbstverständlich auch durchleuchtet von der astralen Welt, denn sie ist ja nicht getrennt von ihr, das Astralische durchdringt auch das Devachanische. Doch das eigentlich Devachanische liegt im Tönen. Das, was das Licht in der Großen Stille war, fängt jetzt an zu tönen.

Auf einem noch höheren Plan des Devachans wird aus dem Ton etwas Wortähnliches. Von da kommt alle wirkliche Inspiration, und in diesem Gebiete bewegen sich die Autoren, die inspiriert waren. Sie erleben dort ein wirkliches Einklingen der Wahrheiten der höheren Welten. Dieses Phänomen ist durchaus möglich.

Nun müssen wir uns vorstellen, daß nicht nur der Eingeweihte in

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diesen Welten lebt. Der Unterschied ist nur, daß der Eingeweihte in Bewußtheit diese verschiedenen modifizierten Zustände durchlebt. In ihm ist nur ins Bewußte umgeändert, was der gewöhnliche Mensch wieder und wieder unbewußt durchmacht. Denn auch der gewöhnliche Mensch geht tatsächlich durch diese drei Welten immer wieder hin­durch, nur weiß er nichts davon, weil er sich seiner selbst und seiner Erlebnisse dort nicht bewußt wird. Doch bringt er sich trotzdem von den Wirkungen, die dieses Erleben in ihm hervorruft, etwas mit. Wenn er morgens aus dem Schlafe erwacht, bringt er mit sich nicht nur die körperliche Erquickung durch den Schlaf, sondern er bringt mit sich aus jenen Welten auch die Kunst. Denn nichts anderes ist es, als ein, wenn auch unbewußtes Sich-Erinnern an die Erlebnisse der astralen Welt, wenn zum Beispiel der Maler in seinen Farbentönen, Farben­harmonien, die er auf seine Leinwand hinsetzt, weit über die Wirklich­keit der Farben der physischen Welt hinausgeht. Wo hat er diese Töne, diese schimmernden Farben gesehen, wo sie erlebt? Das sind die Nach­wirkungen der astralen Erlebnisse seiner Nächte. Nur dieses flutende Meer von Licht und Farben, von einer Schönheit, einer strahlenden, schimmernden Tiefe, in dem er während seines Schlafes gelebt, gibt ihm die Möglichkeit, jene Farben, in denen er gelebt, so wieder zu verwerten, wenn er auch in den schweren, erdigen Farben unserer physischen Welt nicht annähernd das Ideal, das in ihm lebt, das er­lebt worden ist, wiedergeben kann.

So sehen wir in der Malerei ein Schattenbild, einen Niederschlag der astralischen Welt auf die physische Welt, und wir sehen ihre Wir­kungen sich so großartig, so wunderbar im Menschen ausleben.

In der großen Kunst gibt es wunderbare Dinge, die für den Okkul­tisten ganz anders verständlich sind, weil er ihren Ursprung durch­schaut. Ich denke da zum Beispiel an zwei Bilder von Leonardo da Vinci, die im Louvre in Paris hängen. Das eine stellt den Bacchus, das andere den Johannes dar. Beide Bilder zeigen dasselbe Gesicht; es ist also für beide dasselbe Modell benutzt worden. Sie sind mithin nicht durch ihre äußere novellistische Wirkung so total voneinander verschie­den; die malerischen Lichtmysterien, die sie enthalten, beruhen vielmehr lediglich auf ihrer Farben- und Lichtwirkung. Das Bacchusbild zeigt

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ein eigentümliches, ins Rötliche schimmerndes Licht, das über die Körperfläche ausgegossen ist. Es ist, als ob der Körper dies Licht in sich eingesogen habe, es spricht von einer unter der Haut verborgenen Uppigkeit und kennzeichnet so die Bacchusnatur. Es ist, als ob er das Licht aufsauge, und es mit dem Eigenen, eben jener Uppigkeit durch­setzt, wieder von sich gebe. Das Johannes-Bild dagegen zeigt eine keusche, gelbliche Tönung. Es scheint, als ob die Farbe den Körper nur umspiele, ab ob derselbe das Licht nicht aufnehme, nur seine Formen von dem Licht umgeben lasse, aber nichts von außen in sich hineinnehmen wolle. Es ist eine völlig selbstlose Körperlichkeit, völlig rein, völlig keusch, die in diesem Bilde zum Beschauer spricht.

Alles das versteht der Okkultist. Nur muß man nicht glauben, daß sich ein Künstler immer verstandesmäßig klar ist über das, was in seine Werke hineingeheimnißt ist. Die Niederschläge seiner astralen Visionen brauchen nicht bis in das physische Bewußtsein zu dringen, um in seinen Werken zu leben. Leonardo da Vinci hat die okkulten Gesetze, nach denen er seine Bilder geschaffen, vielleicht nicht ge­kannt - darauf kommt es nicht an -, aber aus seinem instinktiven Empfinden heraus hat er sie befolgt.

So sehen wir in der Malerei den Schatten, den Niederschlag der astralischen Welt auf unsere physische Welt. Der Musiker hingegen zaubert eine noch höhere Welt, er zaubert die devachanische Welt in die physische hinein. Tatsächlich sind die Melodien, die Harmonien, die zu uns aus den Werken unserer großen Meister sprechen, richtige Abbilder der devachanischen Welt. Wenn irgendwo wir einen Schat­ten, einen Vorgeschmack der devachanischen Welt zu empfangen ver­mögen, so ist es in den Melodien und Harmonien der Musik, in ihren Wirkungen auf die menschliche Seele.

Wir kehren noch einmal zur Wesenheit des Menschen zurück. Wir finden da zunächst den physischen Leib, dann den Ätherleib, dann den Astralleib, dann das Ich, das zuerst dem Menschen bewußt ward am Ende der atlantischen Zeit.

Wenn der Mensch schläft, löst sich der Astralleib und die Empfin­dungsseele von der niederen Wesenheit des Menschen los. Im Bette liegt der physische Mensch, verbunden mit seinem Ätherleib. Alle

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seine anderen Teile lösen sich los und leben in der astralischen und der devachanischen Welt. Und in diesen Welten, und zwar in der De­vachanwelt, nimmt die Seele in sich auf die Welt der Töne. Der Mensch ist tatsächlich beim Erwachen jeden Morgen durchgegangen durch ein Musikalisches, durch ein Meer von Tönen. Und der Mensch, der seine physische Natur so gegliedert hat, daß sie diesen Eindrücken folgt -er braucht es nicht zu wissen -, der ist eine musikalische Natur. Das musikalische Wohlgefühl beruht in nichts anderem als in dem rich­tigen Zusammenstimmen der Harmonien, die er von drüben gebracht, mit den Tönen und Melodien von hier. Entsprechen die Töne von außen diesen Tönen des Inneren, so haben wir das musikalische Wohl­gefühl.

Für das Musikalische ist das Zusammenwirken von Empfindungs­seele und Empfindungsleib von besonderer Bedeutung. Man muß wis­sen, daß das ganze Bewußtsein entsteht aus einer Art Überwindung der äußeren Welt. Was dem Menschen als Lust, als Freude zum Be­wußtsein kommt, bedeutet den Sieg des Geistigen über das bloß Kör­perlich-Lebendige, der Empfindungsseele über den Empfindungsleib. Für den aus dem Schlafe mit den inneren Schwingungen zurückkeh­renden Menschen gibt es eine Möglichkeit, die Töne stärker zu stim­men und den Sieg der Empfindungsseele über den Empfindungsleib wahrnehmen zu können, so daß die Seele imstande ist, sich stärker zu fühlen als der Leib. Der Mensch kann immer bei der Wirkung von Moll wahrnehmen, wie die Schwingungen des Empfindungsleibes stär­ker sind, während bei der Dur-Tonart die Empfindungsseele stärker schwingt und den Empfindungsleib überwältigt. Sobald die kleine Terz eintritt, fühlt man den Schmerz der Seele, das Überwiegen des Emp­findungsleibes; erklingt aber die große Terz, so verkündet sie den Sieg der Seele.

Wir können jetzt auch begreifen, worauf die tiefe Bedeutung der Musik beruht, warum ihr von allen, die den Zusammenhang der in­neren Dinge kennen, von jeher die höchste Stelle unter den Künsten eingeräumt wurde, warum ihr auch von Nichtwissenden eine beson­dere Stellung zugewiesen wurde, und warum sie in unserer Seele die tiefsten Saiten anrührt und erklingen läßt.

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Wenn der Mensch im Wechsel zwischen Schlafen und Wachen fort­während einen Übergang von der physischen zur astralischen und von dieser zur devachanischen Welt vollführt, sehen wir darin ein Abbild seiner Inkarnationen. Wenn er im Tode seinen physischen Leib verläßt, steigt er durch die astrale Welt hinauf zur devachanischen. Dort findet er seine eigentliche Heimat; dort ist seine Ruhestätte. Der feierlichen Ruhezeit dort folgt sein Wiederhinabsteigen in die phy­sische Welt, und er vollführt so einen fortwährenden Übergang von einer Welt zur anderen.

Aber als sein Ureigenstes, weil Heimatlichstes, empfindet der Mensch das, was der devachanischen Welt angehört. Die Vibrationen, die diese durchfluten, werden durch sein tiefinnerstes Wesen gefühlt. Das Astrale und Physische empfindet er gewissermaßen nur als Hülle. Im Devachanischen ist seine Urheimat, und die Nachklänge aus dieser Heimatwelt, der geistigen Welt, ertönen ihm in den Harmonien und Melodien der physischen Welt. Sie durchziehen diese niedere Welt mit den Ahnungen eines herrlichen, wunderbaren Daseins; sie durch­wühlen sein tiefinnerstes Wesen und durchzittern es mit Schwingun­gen von reinster Freude, erhabenster Geistigkeit, die ihm diese Welt nicht geben kann. Die Malerei spricht zur astralen Leiblichkeit, doch die Tonwelt spricht zum Innersten des Menschen. Und solange der Mensch noch kein Eingeweihter ist, ist ihm zunächst die Devachan­welt, seine Heimatwelt, im Musikalischen gegeben. Daher die hohe Schätzung der Musik von allen, die solchen Zusammenhang ahnen. Auch Schopenhauer ahnt ihn in einer Art instinktiver Intuition, die er in seinen philosophischen Formeln ausspricht.

So wird uns die Welt, so werden uns vor allem die Künste begreif­lich, vermöge des Okkultismus. Es ist oben alles wie unten und unten alles so wie oben. Wer im höheren Sinne diesen Ausspruch versteht, der lernt in den Dingen der Welt Wertvolles und wieder Wertvolleres zu erkennen, und nach und nach in dem von ihm als wertvoll Erkann­ten den Abdruck immer höherer und höherer Welten zu empfinden; der empfindet auch im Musikalischen das Bild einer höheren Welt.

Das Werk des Architekten, aus Stein gefügt, der den Jahrhunderten widersteht, es ist aus ihm herausgesetzt, in Materie umgesetzt, und so

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auch die Werke der Bildhauerei und Malerei. Sie sind äußerlich da, sie haben Form angenommen.

Doch die Werke der Musik müssen sich immer wieder von neuem erzeugen. Sie fluten dahin im Wogen und Wallen ihrer Harmonien und Melodien, ein Abbild der Seele, die in ihren Inkarnationen sich auch immer wieder von neuem erleben muß im Dahinfluten der Zeiten. Wie die menschliche Seele ein Werdendes ist, so ist ihr Abbild hier auf Erden ein Fließendes. Die tiefe Wirkung der Musik beruht auf dieser Verwandtschaft. Die menschliche Seele flutet abwärts aus ihrer Hei­mat, dem Devachan; sie flutet hinauf zu ihm, und ebenso ihre Schat­ten, die Töne, die Harmonien. Daher die intime Wirkung der Musik auf die Seele. Aus ihr spricht zur Seele die ureigenste Verwandtschaft, aus ihr klingen in sie hinein Heimatklänge im tiefinnersten Sinne. Aus ihrer Urheimat, aus der geistigen Welt, aus der Heimatwelt, da tönen zu uns herüber die Klänge der Musik und sprechen tröstend und erhe­bend zu uns in den wogenden Melodien und Harmonien.

DRITTER VORTRAG Berlin, 26. November 1906

#G283-1969-SE030 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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DRITTER VORTRAG

Berlin, 26. November 1906

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Um das Thema unseres heutigen Vortrages zu charakterisieren, wollen wir ausgehen von einer Tatsache, die wir bereits im vorigen Vortrag erwähnt haben. Wir haben dargelegt, daß in demselben Verhältnis, wie sein Schattenbild an der Wand zum Menschen steht, ebenso ein Schat­tenbild des Devachanlebens sich uns gibt im Musikalischen, überhaupt im Tonleben auf dem physischen Plan. Wir haben erwähnt, daß in der Familie Bach im Laufe von zweihundertfünfzig Jahren neunund­zwanzig Musiker von mehr oder weniger großer Begabung geboren worden sind, daß also das musikalische Talent sich durch Generatio­nen vererbt hat, ebenso wie in der Familie Bernoulli das mathematische Talent. Wir wollen heute diese Tatsachen vom okkulten Standpunkt aus beleuchten, und wir werden von diesem Standpunkte aus mannig­faltige Antworten erhalten auf wichtige karmische Fragen. Etwas, das manchem als Frage auf der Seele liegt, ist dieses: Wie verhält sich die physische Vererbung zu dem, was wir durchgehendes Karma nennen?

In der Familie Bach ist der Ururgroßvater eine bestimmte Indivi­dualität, die vor tausendfünfhundert oder tausendsechshundert Jahren auf der Erde gelebt hat und einer anderen Form angehörte. Im Groß­vater ist eine andere Individualität verkörpert gewesen. Gegen den Großvater ist der Vater wieder eine andere Individualität; im Sohn verkörperte sich wieder eine andere Individualität. Diese drei Indivi­dualitäten haben mit der Vererbung des musikalischen Talentes un­mittelbar gar nichts zu tun. Rein innerhalb der physischen Vererbung ist die Übertragung des musikalischen Talentes. Diese Frage der phy­sischen Vererbung beantwortet sich oberflächlich, wenn wir uns klar­machen, daß des Menschen Begabung für die Musik abhängig ist von einer Einrichtung des Ohres. Alle musikalische Begabung würde nichts bedeuten, wenn der Betreffende nicht ein musikalisches Ohr hätte; das Ohr muß für diese Begabung besonders eingerichtet sein. Und diese rein körperliche Grundlage für das musikalische Talent ist es, die sich vererbt von Generation zu Generation. Wir haben so einen musikalischen

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Sohn und Vater und Großvater, die alle musikalische Ohren hatten. Wie sich die physischen Formen des Körpers, zum Beispiel die der Nase, von einer Generation zur anderen vererben, so auch die Strukturverhältnisse des Ohres.

Nehmen wir an, wir hätten es mit einer Reihe von Individualitäten zu tun, die sich eben in der geistigen Welt befinden und die mit sich bringen aus der vorhergehenden Inkarnation die Anlage zur Musik, die sich nun auf dem physischen Plane ausleben will. Was würde die Anlage bedeuten, wenn die Individualitäten sich nicht in Körpern in­karnieren könnten, die ein musikalisches Ohr haben? Es würden dann diese Individualitäten durch das Leben hindurchgehen, und diese Fä­higkeit müßte stumm, unausgebildet bleiben. Es ist also selbstverständ­lich, daß diese Individualitäten sich hingezogen fühlen werden zu ei­ner Familie mit musikalischem Ohr, mit einer körperlichen Anlage, die es der Individualität ermöglicht, sich auszuleben. Die Familie unten auf dem physischen Plane übt eine Anziehungskraft aus für die Individualität oben im Devachan. Vielleicht würde die Individualität noch zweihundert Jahre oder länger im Devachan verbleiben; viel­leicht ist ihre Devachanzeit noch nicht ganz abgelaufen. Aber weil auf dem physischen Plan ein geeigneter physischer Leib ist, wird sich die Individualität jetzt verkörpern, wo sie noch hätte zweihundert Jahre im Devachan bleiben können, und sie wird vielleicht bei der nächsten Devachanzeit diese Zeit nachholen und dann um so viel län­ger in der geistigen Welt verweilen. Solche Regeln liegen der Verkör­perung zugrunde. Sie hängt nicht allein davon ab, ob die Individuali­tät oben zur Verkörperung drängt, sondern auch davon, was für eine Anziehungskraft von unten ausgeübt wird. Als das deutsche Land einen Bismarck nötig hatte, mußte sich eine passende Individualität verkörpern, weil die Verhältnisse sie auf den physischen Plan herab-zogen.

So kann die Zeit oben in der geistigen Welt verkürzt oder ver­längert werden, je nach den Verhältnissen, die unten auf der Erde sind, und die zur Wiederverkörperung drängen oder nicht.

Wir müssen uns nun klarmachen, wie dieser Mensch gegliedert ist und wollen daher intimer auf die Natur des Menschen eingehen. Einen

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physischen, einen Äther- und einen Astralleib hat der Mensch. Der physische Leib ist ihm gemeinsam mit allen Wesen, die man leblose nennt, der Ätherleib gemeinsam mit allen Pflanzen. Dann kommt der Astralleib, der ist schon an sich eine sehr komplizierte Wesenheit; dann das Ich.

Wenn wir uns den Astralleib genauer ansehen, haben wir zuerst den sogenannten Empfindungsleib. Diesen hat der Mensch gemein­schaftlich mit der ganzen Tierwelt, so daß alle höheren Tiere ebenso wie der Mensch einen physischen Leib, einen Ätherleib und einen Emp­findungsleib hier unten auf dem physischen Plan besitzen.

Dagegen hat der Mensch hier unten eine individuelle Seele, das Tier aber eine Gruppenseele. Viele Tiere haben zusammen eine Grup­penseele, so daß wir, wenn wir die Seele der Tiere betrachten wollen, hinaufsteigen müssen auf den astralen Plan. Beim Menschen aber ist die Seele hier unten auf dem physischen Plane. Beim Menschen ist der Empfindungsleib nur ein Teil des astralischen Leibes. Der vierte Teil des Menschen, das Ich, ist dasjenige, was von innen heraus arbeitet.

Versetzen wir uns nun einen längeren Zeitraum zurück, in die le­murische Zeit. Es ist damals ein ganz Bedeutsames eingetreten. Jene Vorfahren, die vor Millionen und Millionen von Jahren auf der Erde ihr Dasein hatten, waren ganz anders als die Menschen jetzt. Es gab damals auf dem physischen Erdenplan eine Art höherer Tiere, Tiere, von denen heute nichts mehr auf der Erde vorhanden ist, die längst ausgestorben sind. Sie waren ganz eigenartig gestaltet. Das, was heute hier die höheren Tiere sind, sind Nachkommen dieser ganz anders ge­stalteten Wesen, aber verkommene Nachkommen. Diese Wesen sind die Vorfahren der heutigen physischen Menschennatur. Sie hatten nur einen physischen Leib, einen Ätherleib und einen Empfindungsleib. Und damals verband sich nach und nach das Ich mit diesen Wesen; es senkte sich von der höheren Welt herab. Die Tierheit also wuchs der Seele des Menschen entgegen, die Seele begab sich von oben her­unter. Von unten herauf entwickelte sich die Tierheit, von oben senkte sich die Seele herab.

Wie eine Wirbelwolke von Staub unten auf der Erde aufwirbelt und von oben eine Wasserwolke ihr entgegenkommt, so verbanden

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sich Tierleib und Menschenseele. Der Empfindungsleib des unten auf der Erde lebenden Tieres, jenes Vorfahren des Menschen, hatte sich so weit entwickelt, daß er das Ich aufnehmen konnte.

Dieses Ich bestand nun auch aus Gliedern, und zwar aus Empfin­dungsseele, Verstandesseele und Bewußtseinsseele. Dieser für die äuße­ren Sinne unwahrnehmbare Leib, der Ich-Leib, sank herab. Hinauf entwickelte sich ihm entgegen ein physischer, ein Ätherleib und ein Empfindungsleib.

Hätte es eine Million Jahre früher auch Wesen gegeben, die den physischen Leib, den Ätherleib und den Empfindungsleib besaßen, sie hätten diese oben schwebenden Iche fühlen können. Aber sie hätten sagen müssen, eine Verbindung ist unmöglich, denn diese oben schwe­benden Empfindungsseelen sind noch so fein geistig, daß sie sich mit dem groben Leibe nicht vereinigen können. Nun aber hat sich die Seele oben vergröbert, der Empfindungsleib unten verfeinert. Es ist jetzt eine Verwandtschaft dadurch zwischen beiden eingetreten, und nun senkt sich die Seele herab. Tatsächlich, wie der Säbel in einer Scheide steckt, so steckt die Empfindungsseele im Empfindungsleibe. In diesem Sinne ist das Wort der Bibel zu verstehen: «Gott blies dem Menschen den Odem ein, und er ward eine lebendige Seele.»

Wenn man aber dieses Wort ganz verstehen will, muß man sich klar sein über die verschiedenen Stoffgattungen, die es auf der Erde gibt. Wir haben da zuerst das Feste. Okkult wird das «Erde» genannt. Doch was der Okkultist damit bezeichnet, ist nicht Ackererde, sondern der Zustand des Festen überhaupt. Alle festen Bestandteile des physi­schen Körpers werden auch Erde genannt, zum Beispiel die Knochen, die Muskeln und so weiter. Dann kommt zweitens das Flüssige; okkult nennt man das «Wasser». Wasser wird alles genannt, was flüssig ist, zum Beispiel auch das Blut. Drittens haben wir den luftförmigen Zu­stand, okkult «Luft» genannt.

Dann geht der Okkultist zu höheren, feineren Körpern hinauf; über die Luft steigt er zu feineren Zuständen hinauf. Wollen wir uns das klarmachen, dann müssen wir zum Beispiel irgendein Erz, sagen wir das Blei, betrachten. Das ist okkult Erde. Wird es stark erhitzt, also ge­schmolzen, dann wird es okkult zu Wasser; verdunstet es jetzt, so wird

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es im okkulten Sinne Luft. Luft ist das, was zuletzt auf diese Art aus jedem Körper entstehen kann. Dehnt sich die Luft immer weiter aus, wird sie immer feiner, dann tritt ein neuer Zustand ein. Den nennt der Okkultist «Feuer». Das ist der erste Ätherzustand. Feuer ist, was sich zu Luft verhält wie Wasser zum Festen. Was noch feiner ist als Feuer, nennt der Okkultist «Lichtäther». Noch höher hinauf kommen wir zu demjenigen, was im Okkultismus «Chemischer Äther» genannt wird. Die Kraft, die bewirkt, daß zum Beispiel der Sauerstoff an Was­serstoff sich ketten kann, ist der Chemische Äther. Noch feiner als der Chemische Äther ist der «Lebensäther».

Wir haben so sieben verschiedene Zustände im Okkultismus. Daß in irgendeiner Substanz Leben ist, ist zurückzuführen auf den Lebens-äther. Das, was im physischen Leibe lebt, besteht aus Erde, Wasser und Luft, in okkulter Sprache. Das was im Ätherleibe lebt, besteht aus Feuer, Lichtäther, Chemischem Äther und Lebensäther. Wir haben so zu gleicher Zeit den physischen und den Ätherleib geeint und getrennt. Der ganze Ätherleib durchdringt den physischen Leib; ebenso durch­dringt der Astralleib den Ätherleib. Das Astrale kann gerade bis zum Feuer heruntersteigen, es kann nicht mehr durchsetzen Wasser, Erde, Luft. Das Physische dagegen kann nur bis zum Feuer hinauf. Machen wir uns klar, wie das Physische bis zum Feuer hinaufgeht im Dampf, also okkult Luft. Im Dampf spüren wir das auseinandertreibende Feuer. Das Physische geht hinauf zum Feuer, das Astrale hinunter bis zum Feuer, in der Mitte steht der Ätherleib.

In der lemurischen Zeit nun, zu einem Zeitpunkt, lange ehe sich die sieben Glieder des Menschen vereinigt hatten, haben wir Wesen, die unten waren und die noch nicht den physischen Leib bis zum Feuer hinauf gebracht hatten. Sie waren noch nicht imstande, warmes Blut zu entwickeln. Und erst ein physischer Leib, der imstande ist, warmes Blut zu entwickeln, kettet an sich die Seele. Sobald jene Wesen so weit waren, daß sie sich zum Feueräther hinanentwickelt hatten, war die Ich-Seele bereit, sich mit dem physischen Leibe zu verbinden. Alle jene Tiere, die als die Nachzügler zurückgeblieben sind, die Amphibien, haben wechselwarmes Blut.

Wir müssen diesen Zeitpunkt in der lemurischen Zeit festhalten. Es

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war das ein Moment von höchster Wichtigkeit, als das Wesen, welches aus physischem Leib, Ätherleib und Empfindungsleib bestand, durch das warme Blut befruchtet werden konnte mit der Menschenseele.

Nun geht die weitere Entwickelung von der lemurischen Zeit zur atlantischen über. Innerhalb der lemurischen Zeit war es nur das Element der Wärme, in dem sich Seele und Leib berührten. Zu An­fang der atlantischen Zeit trat etwas Neues ein. Das seelische Element drang nun tiefer in den physischen Leib ein, und zwar bis zur Luft hinunter. In der lemurischen Zeit war es nur bis zum Feuer gekommen; jetzt konnte es bis zur Luft vordringen. Dies ist für die Menschenent­wickelung sehr wichtig, denn es ist der Beginn für die Fähigkeit, im Elemente der Luft leben zu können. Ebenso wie es in der lemurischen Zeit zuerst nur Kaltblüter gegeben hat, so gab es bis hierhin nur stumme, tonlose Geschöpfe. Sie mußten sich der Luft bemächtigen, bevor sie tönen konnten. Die ersten, elementarsten Anfänge des Sin­gens und Sprechens finden jetzt statt.

Die nächste Stufe wird es mit sich bringen, daß die Seele hinunter-steigt ins Flüssige. Dann kann sie bewußt zum Beispiel das Blut in den Adern leiten. Diese Stufe der Entwickelung steht uns in einer noch fernen Zeit bevor.

Man könnte einwerfen, daß das kaltblütige Insekt auch tönt; doch ist dies nicht der Fall in dem Sinne, wie hier vom Tönen der Seele von innen nach außen die Rede ist. Die Töne, die das Insekt hervor­bringt, sind physikalischer Natur. Das Zirpen der Grille, das Schwir­ren der Flügel sind äußerliche Töne, es ist nicht die Seele, die tönt. Es handelt sich für uns um den tönenden Ausdruck der Seele.

Der Mensch war zu dem eben beschriebenen Zeitpunkt imstande, die Seele tönend nach außen zu ergießen. Er konnte jetzt von innen heraus dasselbe schicken, was von außen zu ihm hineingeht. Den Ton empfängt der Mensch von außen durch das Ohr und gibt ihn als sol­chen der Umwelt zurück. Das Ohr ist als solches eines der ältesten Organe und der Kehlkopf eines der jüngsten. Ohr und Kehlkopf ste­hen ganz anders zueinander als alle anderen Organe. Das Ohr schwingt selber mit, es ist wie eine Art Klavier. In ihm sind eine Anzahl Fäser­chen, von denen jedes auf einen gewissen Ton stimmt. Es verändert

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das, was draußen vorgeht, was zu ihm von außen hereinkommt, nicht oder doch nur sehr wenig. Alle anderen Sinnesorgane, zum Beispiel das Auge, verändern die Eindrücke der Umwelt. Und alle anderen Sinne müssen sich zu der Stufe des Ohres erst in der Zukunft entwickeln, denn wir haben im Ohr ein physisches Organ, das auf der höchsten Stufe der Entwickelung steht.

Das Ohr steht im Zusammenhang mit einem Sinn, der noch älter ist. Das ist der Sinn für die Raumorientierung, das heißt für die Fä­higkeit, die drei Richtungen des Raumes zu spüren. Der Mensch hat nicht mehr das Bewußtsein, daß dieser Sinn in ihm steckt. Dieser Sinn steht in inniger Verbindung mit dem Ohr. Wir finden tief im Inneren des Ohres merkwürdige Bögen, drei halbzirkelförmige Kanäle, die senkrecht aufeinander stehen. Die Wissenschaft weiß nichts mit ihnen anzufangen. Doch wenn diese verletzt sind, hört bei den Menschen das Orientierungsvermögen auf. Dies sind Überbleibsel des Raum-sinnes, der viel älter ist als der Gehörsinn. Früher nahm der Mensch den Raum so wahr, wie heute den Ton. Jetzt ist der Raumsinn ganz in ihn übergegangen und unbewußt geworden. Der Raumsinn nahm den Raum wahr, das Ohr nimmt den Ton wahr, das heißt das, was übergeht vom Raum in die Zeit.

Man wird jetzt verstehen, daß eine gewisse Verwandtschaft be­stehen kann in bezug auf den musikalischen und den mathematischen Sinn. Der letztere ist gebunden an diese drei Halbbögen. Die musi­kalische Familie zeigt als Merkmal das musikalische Ohr, die mathe­matische Familie eine besondere Ausbildung der drei Halbbögen im Ohr, an die das Raumtalent gebunden ist. Und diese waren bei der Familie Bernoulli besonders ausgebildet und vererbten sich von einem Mitglied zum anderen wie das musikalische Ohr in der Familie Bach. Und die zur Verkörperung herabsteigenden Individualitäten mußten sich, um ihre Anlagen ausleben zu können, die Familie suchen, wo diese Erbschaft bestand.

Dies sind die intimen Zusammenhänge zwischen physischer Ver­erbung und der Seele, die nach Hunderten und aber Hunderten von Jahren sich aufsuchen, und wir sehen, wie in dieser Weise das Äußere des Menschen mit seinem Inneren zusammenhängt.

VIERTER VORTRAG Leipzig, 10. November 1906

#G283-1969-SE037 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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VIERTER VORTRAG

Leipzig, 10. November 1906

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Man kann über Musik in verschiedenen Richtungen sprechen, wir be­treten damit ein weites Gebiet. Heute will ich mich darauf beschrän­ken, zu sagen, welche Rolle die Musik in der menschlichen Entwicke­lung spielt, vom geistigen Standpunkt aus, welche Stellung sie in der Welt einnimmt und wo sie ihren Ursprung hat.

Es gibt die mannigfaltigsten Anschauungen über Musik, und manche haben eine ganz bestimmte Bedeutung. So sieht Schopenhauer in den Künsten etwas, wodurch der Mensch von dem Vergänglichen zu dem Ewigen geführt wird. Urbilder verwirklichen sich nach seiner An­schauung in den Künsten, aber die Musik sagt dem Menschen etwas ganz Besonderes. Schopenhauer sah in der Welt zweierlei: Vorstellung und Wille. Den Willen bezeichnete er als das «Ding an sich», die Vor­stellung als Spiegelung des Willens. Der Mensch kann nicht den Willen wahrnehmen, nur das Bild dahinter. Aber Bilder sind nicht gleich­wertig. Manche sagen viel, manche wenig. Als Ideen bezeichnete er sie, und aus diesen heraus schafft der Künstler. Wenn wir die Menschen betrachten, so können wir sie häßlich, schön, abstoßend, anziehend finden. Ein Genie bildet nicht einen Menschen ab. Der geniale Künst­ler greift viele Eigenschaften heraus und schafft daraus ein Bild, ein Ideal. Der Künstler dringt bis zu den Ideen und schafft damit seine Bilder, und die sind dann besonders charakteristisch. Dies gilt für alle Künste, aber nicht für die Musik. In derselben sieht Schopenhauer keine Ideen, sondern das Ding an sich zu uns sprechen. Der Ton, der geformte Ton ist keine Vorstellung für ihn, sondern der Ausdruck des Dinges an sich. Das direkte Sprechen ist das musikalische Sprechen. Es ist für Schopenhauer, als wenn in intimster Weise das Höchste zu seiner Seele spreche.

Schopenhauers Ansicht hat Richard Wagner beeinflußt. Wagners Seele suchte in ihrer Art den Sinn des Weltenrätsels zu erkunden. Große Genies suchen nicht Begriffe, sie suchen den Ort, wo sie richtig hinhorchen können, um zu hören, wie die Götter zu ihnen sprechen.

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Richard Wagner war einverstanden mit Goethe, welcher die Künste als Fortsetzung der Natur ansah. In unserer materialistischen Zeit sieht man anders. Goethe sieht in und zwischen den Dingen, was die Natur zum Ausdruck zu bringen bestrebt ist. Goethe schrieb aus Italien: Wie ich so stehe vor den Kunstwerken, in denen die große Kunst lebt, da sehe ich, daß etwas wie Gott aus denselben spricht. - Und 1805 schreibt er in seinem Buch über Winckelmann: Wenn die Natur alle ihre Kräfte vereinigt, Ordnung, Maß und Harmonie, dann erst bekommen wir das Gefühl für die Kunst. - Ein anderes Mal sagt er: Die Dinge in der Natur sind wie nicht ganz fertig, als ob noch ein Geheimnis dahinter wäre. In der großen Natur sind die Absichten der Natur das Bewun­derungswerte.

Dieses soll der Künstler schaffen. So fühlte auch Richard Wagner im großen. Er wollte vordringen zu den Urbildern der Dinge. Die Ab­sicht sollte über die Bühne schreiten, und darum brauchte er auch eine andere Sprache für diese übermenschlichen Gestalten. Daher greift er zur Musik, das zum Ausdruck zu bringen.

Was liegt nun Schopenhauers Ansicht zugrunde und machte Ein­druck auf Richard Wagner? Um zu begreifen, was in diesen Menschen lebte, müssen wir versuchen, tief in das Weltwesen einzudringen, denn Schopenhauer war nur Philosoph, kein Okkultist. Wir müssen den Grundsatz des großen Hermes Trismegistos zu verstehen suchen: Es ist oben alles so wie unten. - Solch ein tief Eingeweihter erkannte über-all den physiognomischen Ausdruck des geistigen Wesens. Hinter der Physiognomie, hinter der Geste liegt die Seele, die man durchleuchten sieht. Alles, was in der Seele ist, ist im Leib. Hermes sah in der Seele das Oben, in dem Leib das Unten. Die Natur ist nur die Physiognomie des Geistes. Er sah in der Musik künstlerisch geformten Ton.

Plastische Kunst beurteilt man nach der Ähnlichkeit mit dem Vor­bild, Malerei ebenso. Die Helden, die über die Bühne schreiten, haben ihre Vorbilder. Von der Musik kann man das nicht sagen. Das Rau­schen des Wasserfalls, das Zwitschern der Vögel kann man nicht na­turgetreu wiedergeben.

Schelling und Schlegel, auch andere, hatten die Anschauung: Archi­tektur, Baukunst sei erstarrte Musik. Wenn die Gebilde fließend gemacht

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werden könnten, würden sie ähnlich wie Musik wirken. Sie hätten keine Ähnlichkeit mit dem Vorbild. Alle Kunst geht über etwas hinaus. Ein Unterschied aber besteht: Die Musik spricht in viel elemen­tarerer und unmittelbarerer Weise zu den Menschen. Sie ergreift den Menschen und reißt ihn mit sich fort, ob er will oder nicht. Bei ande­ren Künsten läßt sich die Aufmerksamkeit abwenden, bei der Musik ist das nicht so leicht.

Was aber sind die Vorbilder der Musik in der geistigen Welt? Hier müssen wir wieder uns mit der menschlichen Entwickelung beschäf­tigen, im okkulten Sinne. Wie das geschieht, deutete ich schon früher an, ausführen kann ich es heute nicht. So fragen wir gleich: Was sind die Errungenschaften desjenigen, der sich in die höheren Welten er­hebt? Er dringt in die astralische Welt ein. Wenn er anfängt, die astra­lische Welt zu sehen und steht vor einer Pflanze, sieht sich diese an, ohne sich im einzelnen mit ihr zu beschäftigen; wenn er klar ist, daß seine physischen Organe nicht mehr beteiligt sind, dann sieht er, wie sich eine Flamme bildet, die sich loslöst und sich über die Pflanze er­hebt. So kann der Mensch in der astralischen Welt sehen, wie von den Dingen eine Eigenschaft sich abhebt. Der fortgeschrittene, aufmerk­same Schüler merkt im Schlaf, daß er in einer ganz merkwürdigen Traumwelt aufwacht. Farben fluten durcheinander und aus diesem Farbenmeer hebt sich der Mensch heraus.

Unter Anleitung des Lehrers sieht er Formen sich herausbilden, die nicht aus dieser Welt stammen. Später nimmt er diese Farbengebilde in der Wirklichkeit neben den anderen Dingen wahr. Für solche Men­schen ist ein Teil der Nacht etwas ganz anderes geworden. Es ist ein Zwischenzustand zwischen Wachen und Traum. Ein Traum, aus dem sich höhere Wahrheiten offenbaren. Das ist die astralische Welt.

Nun gibt es noch Höheres. Es tritt innerhalb dieser Farbengebilde etwas Besonderes auf. Aus dem Farbengebilde spricht der Ton, ein Durchtönen nimmt man wahr. In diesem Moment hat der Mensch das Devachan betreten, er befindet sich in der eigentlich geistigen Welt. Das ist der reale Hintergrund der beiden höheren Welten, die die Men­schen betreten. Ist er in der Astralwelt, hört er nicht die Geräusche dieser Welt. Hier ist eine große Stille, alles spricht da durch Farbe

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und Licht. Und dann erklingt leise und lauter und immer lauter eine tönende Welt aus dieser Farbenwelt. Ist der Mensch dort, dann erlebt er den Geist der Welt. Da lernt er verstehen, was große Geister mei­nen, wenn sie wie Pythagoras von Sphärenmusik sprechen. Die Sphä­renmusik der kreisenden Sonnen hat man sinnbildlich deuten wollen, sie ist aber so nicht zu deuten. Die durch den Weltenraum tönende Sonne ist eine tönende Wirklichkeit.

Ein okkultes Bild ist: Die Sonne um Mitternacht sehen. In dem Augenblick, wo der Chela oder Schüler helisehend wird, sieht er durch die Erde durch, sieht er die Sonne. Aber noch größer ist es, wenn er die Sonne tönen hört. Goethes Worte im Prolog zum «Faust» sind keine Phrase: «Die Sonne tönt nach alter Weise.» Die Posaunen, die Johannes in der Offenbarung erwähnt, kennt der Okkultist als eine Wirklichkeit.

In theosophischen Schriften kommen Irrtümer vor. Leadbeater zum Beispiel schildert den Astralplan richtig geschaut, aber seine Beschrei­bung des Devachanplanes ist seine Erfindung. Allerdings beschreibt er diesen feiner als den Astralplan, aber sonst nicht richtig.

Hinter unserer sinnlichen und astralischen Welt haben wir eine Welt des Tones, die devachanische Welt. Alle Ihre Organe sind aus der geistigen Welt heraus geschaffen. Niemals hätte es ein Herz, eine Milz gegeben, wenn wir nicht einen Ätherleib hätten. Denken Sie sich ein Gefäß mit Wasser: Sie erregen einen Wirbel darin, und könnten Sie diesen schnell festhalten, so würden Sie ein Gebilde erhalten. Aus dem Astralorganismus entstanden Leber und Gehirn. Hier finden Sie wieder das Oben und Unten. Scheinbar entfernt liegende Dinge hän­gen ganz merkwürdig zusammen. Ein Beispiel: Das Herz ist ein un­willkürlicher Muskel, und wir glauben physikalisch, daß das Herz das Treibende sei. Andere Muskeln, zum Beispiel die der Hand, unter­liegen dem Willen. Daß das Herz der treibende Motor des Blutes sei, hat der Okkultist nie behauptet. Er sieht in der Blutbewegung die Ur­sache der Herzbewegung. Er sieht das Herz als ein Organ an, welches erst in der Zukunft seine Vervollkommnung erlebt. In Zukunft wird die Blutbewegung in der Willkür des Menschen liegen. Deshalb schaut der Herzmuskel so aus und entspricht der Bau des Herzens dem des willkürlichen Muskels. Erst später wird der Mensch wie einen Handmuskel

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willkürlich sein Herz in Tätigkeit setzen. Das Herz ist auf einem besonderen Wege der Entwickelung, das hat schon Hegel ein­mal angedeutet.

Dies alles hängt mit der menschlichen Entwickelung zusammen. Nehmen Sie an die drei Grundteile und das Ich. Zunächst arbeitet der Mensch unbewußt in seinen Astral-, Äther- und physischen Leib hin­ein und gliedert ihnen etwas von Manas, Buddhi und Atma an. Nun gibt es aber außerdem etwas Bewußtes. Der Ätherleib besteht aus zwei Teilen, aus dem einen, den er mitgebracht hat, und dem, den das Ich hineingearbeitet hat, als der Mensch noch auf der Tierstufe, Fischstufe war. Däs Herz ist gestaltet durch die Umgestaltung des Ätherleibes. Alles auf dieser Welt ist wie der Siegelabdruck des Geistigen. So auch ist es mit jeder Kulturerscheinung. Das, was der Mensch alles geistig um sich hat, kann er nicht wahrnehmen, aber etwas von diesem Siegel-abdruck der astralischen Welt erlebt ein Künstler. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, wie eine spirituelle Wahrheit auf die Leinwand ge­zaubert werden kann. Von Leonardo da Vinci hängen zwei Bilder im Louvre in Paris. Sie stellen dar Johannes den Täufer und Dionysos­Bacchus. Bei beiden scheint dasselbe Modell gedient zu haben. Der Bacchus zeigt einen eigentümlich rötlich-bläulichen Ton des mensch­lichen Leibes, während vom Johannes-Leib ein gelb-goldiger Ton ent­gegenzudringen scheint. Der Maler hat das so geschaut. Der Dionysos scheint das Licht einzusaugen und schickt es mit seiner eigenen Färbung zurück. An Johannes tritt auch das Licht heran, es wird aber von sei­nem Leib zurückgeworfen, keusch drängt er es zurück, es durchmischt sich nicht mit dem Leibe, es bleibt in seiner ätherischen Reinheit. Das hat der Maler nur geahnt.

Der Maler malt astralische Farben. Beim Musiker aber, da tönt die devachanische Welt in unsere irdische herein. Musik ist der Aus­druck des Tones im Devachan. In den Harmonien der Sphären schrei­tet in der Tat ein devachanischer Geist. Nur ist dort kein sinnlich tönender Ton, dort ist das Urbild. Im Ätherleib des Menschen ist das Abbild des devachanischen Tones. Dieser Ätherleib, den der Mensch so in sich selbst ausgebildet hat, ist durchsetzt mit den Schwingungen der devachanischen Welt.

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Denken Sie einmal, daß dieser umgestaltete Ätherleib des Menschen eingebettet ist in den niederen Leib. Und dieser neue Ätherleib schwingt und schwingt, es entsteht das Gefühl des Sieges des höheren über den unteren Ä therleib. Wenn das Gefühl des Sieges des höheren Ä ther­leibes über den niederen entsteht, ertönt Dur-Tonart. Wenn der hö­here Ätherleib nicht Herr über den ungeläuterten werden kann, wird das Gefühl hervorgerufen, wie wenn von außen Moll-Tonart ertönt. Der Mensch wird sich durch die Dur-Tonart seiner Gefühlsherrschaft bewußt. Fühlt er, wie die hohe Schwingung nicht durchdringen kann, so spürt er Moll-Tonart. Wenn dieses musikalische Element sich in die kosmische Welt einreihen will, da ist der Augenblick, wo sich das Buddhi-Element regt, und da erst kann der Mensch die künstlerischen Töne in Harmonien formen. Ein Ansatz zu neuer Entwickelung liegt in der Musik. Es ist für die anderen Künste ein nicht ganz Erreichtes. In der Musik liegt etwas Prophetisches für die Zukunftsentwickelung. Der neue Ätherleib kommt durch Musik in Schwingung, und nun fängt auch der äußere Ätherleib an zu schwingen.

Bei Mozarts, namentlich aber bei Rossinis Werken setzen sich auch die Schwingungen im alten Ätherleib fort, aber in ganz geringem Maße. Würden Sie aber die Zuhörer des «Lohengrin» beobachten können, so würden Sie sehen, wie die Wirkung noch eine ganz andere ist. Wagner­sche Musik erregt den Buddhi-Leib so stark, daß die direkte Wirkung auf den Ätherleib da ist. So wird durch Wagnersche Musik eine Ände­rung des Temperamentes und der Neigungen im Ätherleib erzielt, und damit können Sie ahnen, was Wagner ahnte, und was auch zum Aus­druck kam in seinen Schriften über Musik. Der Okkultist sagt: Wenn der Mensch eine Entwickelung durchmacht und Sphärenmusik hört, so hört er himmlische Musik. Aber der Alltagsmensch kann nicht bis dahin durchdringen. So hat der Mensch die Aufgabe, die höhere Welt einzusiegeln in die physische Welt. In dem, was der Mensch hervor­bringt, schafft er einen Abdruck der geistigen Welt. Das haben Schopen­hauer und Wagner gespürt, und daher haben sie der Musik eine so wichtige Rolle zugeschrieben.

Für die Geisteswissenschaft ist die Zeit gekommen, den Menschen zu helfen, nicht mehr traumhaft, sondern bewußt zum Schaffen zu

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kommen. Ich wollte Ihnen deutlich zu machen suchen, warum die Musik so elementar wirkt: Im Devachan sind wir heimisch, da lebt etwas Ewiges, und wenn dem Menschen hier unten etwas gegeben wird aus der Urheimat, da ist es kein Wunder, daß er ergriffen wird. Und deshalb ist der Einfluß der Musik so groß, selbst auf den ein­fachsten Menschen, der nichts ahnt von dem, was in den Tönen der Musik zu ihm spricht: Ich bin du, und du bist von meiner Art.

Fragenbeantwortung (die gestellte Frage ist nicht erhalten)

Es wird durch die Kunst das Bett geschaffen für den astralischen und devachanischen Einfluß. Das Eigenartige ist bei Wagner, daß seine Musik eine enorme Wirkung auf den Ätherleib ausübt. Selbst unmusi­kalische Menschen spüren das. Die Musik wirkt durch den Umweg über den Ätherleib auf den Astralleib. Bach war viel abstrakter, er hatte nicht das Unmittelbare von Wagner. Der große Musiker, jeder Musiker hat sich seine Begabung in früheren Inkarnationen erworben. Nun muß man aber in Betracht ziehen, daß, wenn auch in musikali­scher Beziehung einer fortgeschritten ist, er in anderen Dingen es noch nicht zu sein braucht, zum Beispiel in moralischer Beziehung. Der Mensch ist ja so mannigfaltig. Man muß ihn beurteilen nach dem, was er hat, und nicht nach dem, was er nicht hat. Das ist mir so oft bei meinen Goethe-Vorträgen aufgefallen, wie die Menschen so gern das Negative statt das Positive aufsuchen, das, was der Mensch nicht hat, statt dessen, was er hat. Ich bin wohl hundertmal gefragt worden, was an dem Verhältnis mit Frau von Stein gewesen sei und anderem. Ich konnte nur immer sagen: Aus dem Verhältnis entstand so viel Großes, daß das mich allein beschäftigte. - Es kommt mir so vor, als wenn ein Sammler edle Steine zwischen den Kieselsteinen sucht. Er greift eben nur nach den edlen, die anderen läßt er außer acht.

Fragenbeantwortungen und Schlußworte FRAGENBEANTWORTUNG Dornach, 29. September 1920 Über die Erweiterung des Tonsystems

#G283-1969-SE047 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

#TI

Fragenbeantwortungen

und Schlußworte

FRAGENBEANTWORTUNG

Dornach, 29. September 1920

Über die Erweiterung des Tonsystems

#TX

Es ist eigentlich nur möglich, ein paar Andeutungen zu geben, denn allein über die von Herrn Stuten gestellten Fragen ließen sich ja wo­chenlange Unterredungen anstellen, wenn man sie erschöpfend beant­worten wollte. Und wir werden ja sehen, wie weit wir heute kommen. Ich möchte zunächst von einem Thema ausgehen, damit wir vielleicht gewissermaßen von einem Zentrum aus dann weitergehen können. Es ist gesprochen worden von der Erweiterung des Tonsystems, nicht wahr, und verschiedene Redner haben sich, wie ich glaube, für diese Erweiterung des Tonsystems interessiert; es waren wohl auch direkt Musiker, Komponisten unter ihnen.

Nun, die ganze Frage hängt, wie ich ja glaube, zusammen mit einer anderen, die vielleicht nicht so leicht zu fassen ist, wie man gewöhn­lich meint. Und da möchte ich zunächst sagen: Ich wollte selber eine Art von Frage zunächst an diejenigen Persönlichkeiten richten, welche sich beteiligt haben gerade an dieser Diskussion über die Erweiterung des Tonsystems. Ich werde nur ein paar Vorbemerkungen machen und dann Sie bitten, sich ganz nach Ihrem subjektiven Erleben auszu­drücken.

Es ist wohl kaum zweifelhaft, daß mit dem Zeitpunkt, den heute Herr Baumann in einer ausgezeichneten Art charakterisiert hat durch das Heraufkommen der Septimen, eigentlich im musikalischen Erleben der zivilisierten Menschheit ein sehr großer Umschwung eingetreten ist. Ich glaube, daß man nur das frühere Musik-Erleben heute noch nicht genug kennt; das heißt, theoretisch schon, aber man hat es nicht mehr so im Erleben, daß man diesen Umschwung vollständig klar und daß man ihn intensiv genug empfände. Aber das, was da heraufge­kommen ist, ist eigentlich bis jetzt noch nicht abgelaufen, und viel­leicht stehen wir mitten drinnen in einer Umwandlung, wenn ich so sagen darf, des musikalischen Bedürfnisses der Menschen. Natürlich

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vollziehen sich solche Dinge nicht so rasch, daß sie in deutliche Defi­nitionen zu bringen sind; aber sie vollziehen sich eben doch, und sie lassen sich in einer gewissen Weise in der fortschreitenden Entwicke­lung der Menschheit abfangen.

Und da möchte ich fragen, ob die einzelnen der vorhergehenden Unterredner, wenn sie sich besinnen auf das, was sie musikalisch er­leben, nicht auf so etwas hinweisen können, was eine Art Umschwung in dem ganzen musikalischen Erleben überhaupt bedeutet. Konkreter formuliert die Frage: Ich möchte meinen, daß man sich heute im mu­sikalischen Erleben eine Ansicht darüber bilden könnte, wie verschie­dene Menschen - ich will jetzt mehr vom Musikalischen zunächst ab­sehen - einen einzelnen Ton verschieden erleben. Nun, daß sie ihn ver­schieden erleben, das ist ja ganz zweifellos; aber ihn so verschieden erleben, daß dieses verschiedene Erleben in irgendeiner Weise in ihr Musikverständnis hineinspielt.

Man kann nämlich, glaube ich, deutlich wahrnehmen, daß heute die Tendenz besteht, gerade bei dem musikalisch erlebenden Menschen, gewissermaßen in den Ton tiefer hineinzugehen. Nicht wahr, man kann bei einem Ton mehr an der Oberfläche bleiben, oder tiefer in den Ton hineingehen.

Und da frage ich nun die Persönlichkeiten, die früher mitdisku­tiert haben, ob sie irgendeine Vorstellung damit verbinden können, wenn ich sage: Das musikalische Erleben der Gegenwart geht immer mehr und mehr dahin, den einzelnen Ton zu spalten in der Auffassung, und den einzelnen Ton gewissermaßen zu befragen, inwiefern er selbst schon eine Melodie ist, oder nicht eine Melodie ist? Ich meine, ob da­mit irgendeine Vorstellung verbunden werden kann? Denn es läßt sich eigentlich über die Frage der Erweiterung des Tonsystems kaum reden, ohne daß man einen Untergrund hat, von dem aus man redet.

Die Bemerkung ist vorhin gemacht worden über die Geräusche. Die ganze Diskussion über die Geräusche ist vielleicht auch nur be­antwortbar. wenn man eine solche Voraussetzung erst erledigt, wie ich sie hier angegeben habe. Denn wenn ich zum Beispiel annehme - ich weiß nicht, ob diese Dinge heute schon sehr ausgiebig subjektiv er­lebt werden -, daß der Herr, der hier längere Zeit gesprochen hat, der

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über die Geräusche sich ergangen hat, daß der besonders geneigt ist, heute schon die Frage, ob im Ton eine Melodie wahrzunehmen ist, im weitgehendsten Sinne mit Ja zu beantworten, dann verstehe ich ihn, dann verstehe ich vollständig, wie er in den einzelnen Ton hineingeht, oder in die einzelnen Laute, die der andere bloß als ein Geräusch emp­findet, und wie er dadurch, daß er in die Tiefen des Tones hineintaucht, allerdings etwas findet in den Tönen, die dann das Geräusch bilden, das er sich heraussuchen kann, so daß etwas so musikalisch zustande kommt, was derjenige, der nicht in diese Tiefen des Tones hinunter-taucht, eben nicht mitmachen kann.

Es ist ja heute morgen von Dr. Husemann darauf hingewiesen wor­den, daß auch in anderer Beziehung die Menschheit der Gegenwart davor steht, die Persönlichkeit allmählich mehr auseinander zu spal­ten. Und so scheint es auch, daß es schon eine ganze Anzahl von Men­schen in der Gegenwart gibt, die einfach ein anderes Tonerlehnis ha­ben dem einzelnen Ton gegenüber, als gerade in der einen oder an­deren Richtung sehr scharf geschulte Musiker. Und das hängt zu­sammen mit der anderen Frage, die ja auch gestellt worden ist, wie sich zu der ganzen Sache die Geisteswissenschaft zu verhalten hat.

Nun möchte ich präzise die Frage stellen, ob irgendeine vernünftige Vorstellung damit verbunden werden kann, wenn man sagt, es kann unter Umständen schon der einzelne Ton als eine Melodie empfunden werden dadurch, daß man sich, indem man in seine Tiefen geht, Par­tiales heraushebt aus dem Tone, gewissermaßen partiale Töne, deren Verhältnis, deren Zusammenklang einem dann selbst schon wiederum eine Art von Melodie sein kann?

Paul Baumann: Es ging aus meinem Vortrag auch hervor, daß ich gerade das Ge­räusch in Verbindung setze mit dem Harmonischen, also mit dem zusammenge­faßten Melodischen. Kann man das Klanggeräusch auffassen als erwas, was eine zusammengefaßte Melodie ist, vielleicht eine Harmonie ist, die wir aber musika­lisch auch empfänden? In Wirklichkeit ist jedes Geräusch etwas Musikalisches zweifellos, nur brauchen wir es nicht gerade als musikalische Kunst anzusprechen. Wir können es nicht unterscheiden, aber es ist das sehr deutlich zu empfinden in Klang-farben, daß hier wieder etwas besonders Musikalisches, etwas vom Beweglichen der Dinge mitspricht, daß man den bloßen musikalischen Ton, der an sich nicht gehört wird, deutlich unterscheiden kann von dem, worinnen er sehr deutlich schwingt.

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Das meine ich nicht. Ich meine jetzt speziell, die Möglichkeit des Ton-erlebens selbst zu erweitern, das heißt, gewissermaßen beim Erleben des Tones in die Tiefen hineinzugehen, oder meinetwillen auch etwas herauszuholen aus dem Tone, so daß man eigentlich im Ton selbst schon etwas erlebt.

Paul Baumann: Ich meine die Scheidung dessen, was man in der musikalischen Kunst braucht, was mitklingt, womit man aber ebenfalls etwas, was in den Dingen musikalisch wirkt, empfindet.

Ich meine jetzt nicht dieses, sondern was man in einem Ton erlebt, ohne daß es irgendwie objektiv mitwirkt. Man spaltet den Ton selber und synthetisiert ihn wiederum. Ich meine als reines Erlebnis. Den Ton schrieb man von altersher dem Tongeist zu. Populär ausgedrückt: bei einer historischen Vorstellung des Passauer... Spiels von 1250, da wird gleich zu Anfang, ehe das Spiel überhaupt beginnt, der Teufel als Verführer vorgestellt; und um diese Atmosphäre richtig wirken zu lassen, muß der Teufel in ein Feuerhorn blasen; das tut so schrill, daß die Leute schon alle erschrecken. Das ist der Grundstock dieses Ton-geistes, von dem ich rede.

Einige Meinungen werden noch geäußert.

Das sind alles Dinge, die das nicht treffen, was ich meine, das Er­leben aus einem Ton heraus, das als Melodie erscheint, wenn ein Ton angeschlagen wird.

Dr. Stein: Man muß, scheint mir, unterscheiden zwischen Tonwahrnehmung und Tonempfindung. Ich empfinde an der Wahrnehmung etwas ganz besonders tief, und dieses Empfindungsmäßige geht dann, wenn ich einen Schmerz oder Schreck empfinde, ...

Ich meine jetzt nicht, daß wir die Dinge, die ja nun schon einmal da sind, definieren sollen, sondern: ob wir in einer Übergangszeit leben in bezug auf das Tonerlebnis, so daß es tatsächlich etwas anderes wird. Ich meine, daß es tatsächlich musikalisch heute noch aufgefaßt wird als ein Ton, der mit anderen in Beziehung gebracht wird, der in

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einer Melodie ist und so weiter, daß es aber eine Möglichkeit gibt beim Ton, in die Tiefe hineinzugehen, vielleicht auch noch etwas unter ihm zu suchen und dann, wenn man auf dies hinblickt, dann ist erst eine

fruchtbare... (Lücke in der Nachschrift)

Weitere Meinungsäußerungen.

Man kann, wenn man einen Ton lange halten hört, beim Anfang der «Freischütz»-Ouvertüre zum Beispiel, eine Empfindung haben, die ich vielleicht bildlich veranschaulichen kann. So wäre sozusagen der Ton: ein halber Bogen - das soll eine graphische Darstellung sein -, an diesem halben Bogen möchte ich etwas zeichnen wie kleine Nerven, die da herausgehen, daß man ein Tonempfinden an diesem halben Bo­gen habe, wie wenn er da hereingehen würde, dann wieder auf der anderen Seite des Bogens durch, dann an Nerven und Venen wieder heraus, so daß eine gewisse innere Bewegung da ist, die einmal auf der einen Seite dieses halben Bogens liegt, dann einmal auf der ande­ren. Man könnte es vielleicht auch dynamisch ausdrücken, daß man eine größere Intensität hinschreibt, und wieder zurückgeht.

Meinungsäußerungen.

Das lange Halten ist nur, damit man es besser merkt. Das lange Halten würde einem unter Umständen auch möglich machen, die Ver­änderungen des Tons zu bemerken. Ich meine jetzt weniger die Ver­anschaulichungskurve, die in dieser Weise gezeichnet werden kann, die so verläuft, sondern ich meine die, die man eigentlich hier hinein senkrecht auf die Tafel zeichnet.

#Bild s. 51

Weitere Äußerungen: . . . Das liegt in der Intensität?

Deshalb sage ich: tiefer in den Ton hineingehen!

Längere Ausführungen eines Teilnehmers.

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Herr van der Pals erzählt seine Erfahrungen mit einem Ton; Auftakte zu den Gedichten von Jakobowski. Ein Ton, angegeben durch das Gedicht selbst, durch den Inhalt; man hatte überhaupt keine Lust, von dem Ton mehr wegzugehen; der Ton war da, hätte ebensogut da bleiben können, war für sich eine Melodie . . .

Nachdem wir nun über diese Sache ein bißchen geredet haben, möchte ich darauf hinweisen, daß ja Dinge, die sich entwickeln, zu­weilen in ihren ersten Stadien sehr unvollkommen herauskommen. Man kann zum Beispiel hinweisen darauf, daß ganz gewiß manches jetzt in wirklich recht anfechtbarer Weise als Kunst des Expressionismus in Erscheinung tritt - aber das soll nicht eine Kritik sein gegenüber aller expressionistischen Kunst, sondern nur gegenüber manchem, was über Expressionen nicht herauskommt -, daß darinnen aber ganz gewiß ein Anlauf liegt zu etwas, was einmal sehr viel bedeuten wird.

Und so meine ich, daß auch zu einer solchen Fortbildung der Musik-ganz ähnlich, wie wir in der Malerei versuchen, uns in die Farben hineinzuleben und aus der Farbe heraus zu schaffen - dieses Hinein-leben in den Ton heute etwas bedeutet wie den Anfang eines Fort­schrittes. Und wenn das da oder dort auftritt und einem dieses Auf­treten nicht sympathisch ist, so bin ich durchaus einverstanden. Dar­auf kommt es nicht an. Aber ich möchte wissen, wie man eigentlich solche musikalische Persönlichkeiten wie Debussy verstehen kann, wenn man sie nicht als einen vielleicht sehr vagen Vorläufer von irgend etwas Künftigem versteht, was in dieser Richtung liegt. Da kommen wir, wenn wir so etwas zugeben können, darauf, daß dann eine be­stimmte Möglichkeit allerdings vor uns steht, nämlich die Möglich­keit, daß in einer anderen Weise als jetzt komponiert wird, nämlich in der Weise, daß das Verhältnis von Komponisten und reproduzie­rendem Künstler ein viel freieres wird, daß der Spieler, der reproduzie­rende Künstler viel weniger determiniert ist, daß er viel produktiver wer­den kann, daß er einen viel größeren Spielraum hat. Das ist aber im Musikalischen erst möglich, wenn das Tonsystem erweitert wird, wenn man wirklich die Variationen haben kann, die da notwendig sind, wenn wirklich stark variiert werden kann. Und da könnte ich mir vor­stellen, daß zum Beispiel dasjenige, was der Komponist liefert, in der Zukunft mehr andeutungsweise wäre, daß aber, weil es mehr andeutungsweise

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wäre, der reproduzierende Künstler viel mehr Varianten, viel mehr Töne braucht, um die Dinge auszudrücken. Man kann ja, wenn man sich in die Tiefen des Tones nun eben hineinfindet, ihn in der verschiedensten Weise verteilen, indem man ihn nun wieder her-aussetzt in Nachbartönen. Auf diese Weise würde ein bewegliches mu­sikalisches Leben herauskommen. Ich kann die Sache nur skizzieren. Man könnte die ganze Nacht fortreden, aber das wollen wir nicht tun. (Lücke in der Nachschrift.) Aber es wird ein viel beweglicheres musikalisches Leben herauskommen. Und man kann sagen: Heute kann wirklich schon dieses beweglichere musikalische Erleben vor einem stehen. .

Das hängt nun mit der anderen Frage, die immer wieder gestellt worden ist, in einer gewissen Weise zusammen, mit der Frage, wie sich Geisteswissenschaft zu der Musik verhalten soll. Bei dieser Frage ist mir immer eines unsympathisch. Bitte, ich will niemandem zu nahe tre­ten mit dem, was ich sage, aber es ist mir halt doch bei dieser Frage etwas unsympathisch, nämlich, sie ist eigentlich unkünstlerisch gestellt! Sie ist eigentlich im Grunde genommen, wenn auch der Betreffende das nicht meint, immer theoretisch und unkünstlerisch gestellt. Und ich empfinde überhaupt, daß man sehr leicht bei einer Diskussion über Künstlerisches überall aus dem eigentlich Künstlerischen herausschlüpft und in ein wüstes Theoretisieren hineinkommt. Geisteswissenschaft wird ganz zweifellos, da sie nicht etwas Intellektualistisches ist, nicht etwas ist, was nur einen Wesensteil des Menschen ergreift, sondern etwas, was den ganzen Menschen ergreift, einen wesentlichen Ein­fluß haben auf den ganzen Menschen, auf Denken, Fühlen und Wol­len. Während unsere heutige materialistisch-intellektualistische Wis­senschaft im Grunde genommen doch nur auf das Denken, auf das intellektuelle Element im Menschen einen Einfluß hat. Geisteswissen­schaft wird den Menschen voll ergreifen. Und die Folge davon wird sein, daß der Mensch in sich innerlich beweglicher wird, daß er zu einer größeren Variabilität seines Teil-Erlebens und damit auch wie­derum zu einer stärkeren Forderung nach der Harmonie seines Teil-Er-lebens kommt. Und kommt er dazu, dann bedeutet das im wesent­lichen eine Bereicherung des ganzen musikalischen Wirkens und Erlebens.

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Und dann wird bei solchen Persönlichkeiten, die so von der Geisteswissenschaft, ich möchte sagen, durchwoben, durchwallt, durch-vitalisiert sind, sich in der Realität dasjenige ergeben, was auf dem Gebiete der Musik aus Geisteswissenschaft werden kann. Darüber läßt sich nicht theoretisieren. Man soll nicht theoretisieren, man soll viel­mehr heute empfinden, wie tatsächlich Geisteswissenschaft den Men­schen in sich beweglicher macht, und wie der Mensch dadurch auch einem intensiveren, nuancierteren musikalischen Erleben entgegenge­hen kann.

Das kann man ja mit ganz großen Fragen in Zusammenhang brin­gen. Sehen Sie, man hat vielfach der geisteswissenschaftlichen Bewe­gung vorgeworfen: Ja, da sind hauptsächlich Damen, die sich immer dafür interessieren, die Männer sieht man nicht in den anthroposophi­schen Versammlungen. - Ich will jetzt nicht entscheiden darüber, in­wieweit das statistisch stimmt oder nicht stimmt. Mancher hat ja solch einen Zeitungsartikel schon fertig, bevor er die Dinge gesehen hat, und da läßt er sich nicht mehr davon abbringen, wenn er auch dann das Gegenteil sieht von dem, was er niedergeschrieben hat. Aber im Ganzen - bitte, es ist wirklich nicht so schlimm gemeint - können wir sagen: Weil die Männerwelt mehr teilgenommen hat an der Bil­dung, der wissenschaftlich und immer wissenschaftlicher werdenden Bildung der letzten Jahrhunderte, ist in einer gewissen Weise das für das Männertum eingetreten, was man nennen könnte eine Verfesti­gung, eine Verhärtung des Gehirnes. Bei den Frauen ist das Gehirn be­weglicher, weicher geblieben. Es sind das natürlich radikale Ausdrücke für die Erscheinungen, aber es ist die Erscheinung immerhin doch vor­handen. Und damit ich nicht ungerecht bin, will ich sagen: Bei den Männern ist das Gehirn gefestigt worden, sie sind dadurch tüchtiger geworden in der Handhabung der Logik; bei den Frauen ist das Ge­hirn beweglicher geblieben, leichter geblieben, aber sie haben nicht teilgenommen an der Bildung der letzten Jahrhunderte, die so die feste Logik in sich geschlossen hat, und dadurch sind sie oberflächlich und so weiter geworden. - Also, nicht wahr, man muß die Dinge nicht bloß einseitig darstellen. Aber es liegt in der ganzen Sache etwas, was uns darauf aufmerksam machen kann, daß wir schon einmal nötig

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haben, dasjenige, was in unserer eigenen Organisation bewirkt worden ist durch die versteifende, vertrocknende Bildung der letzten Jahr­hunderte, wiederum beweglich zu machen, indem wir in diese stärkere Handhabung des Ätherischen hineinkommen. Da kommen wir aber gerade ins musikalische Element wiederum hinein. Da kommen wir gerade hinein in ein ganz musikalisches Erleben. Und das wird na­türlich seine Früchte tragen.

Aber ganz unkünstlerisch würde man sein, wollte man über das, was da geschieht, irgendwelche Theorien anstellen. Das kommt mir immer gerade so vor, wie wenn jemand das Wetter von übermorgen ganz genau schildern möchte. Ich will nicht sagen, daß es nicht auch einen Bewußtseinszustand gibt, in dem man bis zu einem hohen Grade das kann. Aber es hat eigentlich keine Bedeutung. Man läßt lieber das Leben leben, als daß man darüber austheoretisiert in einer solchen Weise.

Nun, mit diesem Gedankengang ist die Betrachtung schon vom Musikalischen hingelenkt auf die menschliche Konstitution. Und so wird man in einer vergeistigten Physiologie, die selber schon wiederum etwas Künstlerisches haben wird, immer mehr und mehr gerade das Musikalische mit der menschlichen Konstitution in Zusammenhang bringen.

Denken Sie doch nur, daß die Behauptung, die Herr Baumann ge­tan hat vom Zusammenhang des Melos mit der Atmung, etwas ganz tief Berechtigtes hat. Im Grunde genommen sind Melos und mensch­liche Atmung zwei Dinge, die wesentlich zusammengehören.

Nun müssen wir aber nicht vergessen: Der Atmungsvorgang ist ein Vorgang, der sich im rhythmischen System abspielt. Dieses mittlere System der menschlichen Organisation, es grenzt auf der einen Seite an das Nerven-Sinnessystem, an das Gehirnsystem. Es findet eine Wechselwirkung statt zwischen dem rhythmischen System und dem Nerven-Sinnessystem. Auf der anderen Seite grenzt das rhythmische System an das ganze Gliedmaßen- und Stoffwechselsystem. Und die­ser Zusammenfluß drückt sich, ich möchte sagen, auch in den physi­schen Vorgängen aus. Denken Sie doch nur: Wenn wir einatmen, pressen wir unser Zwerchfell nach unten, wir stoßen das Gehirnwasser nach dem Kopf, so daß wir mit dem Atmungsprozeß ein fortwährendes

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Auf und Ab des Gehirnwassers haben. Damit haben wir aber ein fortwährendes Zusammenspiel der rhythmischen Bewegung des Ge­hirnwassers mit demjenigen, was die Organe des Vorstellungsvermö­gens sind. Wir haben auf der anderen Seite ein fortwährendes Zu­sammenstoßen des wiederum heruntergehenden Gehirnwassers mit dem ganzen, was im Blut, im Stoffwechselsystem sonst vor sich geht. Mit diesem inneren Erleben, organisch gedacht, hängt doch, mehr als man glaubt, das Musikalische zusammen. Und zwar in folgender Weise:

In demselben Maße, in dem das Atmen sich dem Haupte nähert, dem Nerven-Sinnesleben nähert mit dem Zusammenspielen, kommt mehr das melodiöse Element zum Vorschein; in demselben Maße, in dem sich das rhythmische System dem Gliedmaßensystem nähert, kommt das eigentlich rhythmische Element zum Vorschein; wir haben da nur das Wort darauf übertragen.

Und dann, wenn man dies ins Auge faßt, hat man zu gleicher Zeit einen Leitfaden, um, ich möchte sagen, das ganze Bündel von Fragen, das ja zuletzt von Herrn Stuten gestellt worden ist, sich nach und nach zu beantworten. Es ist also das richtig, was Herr Stuten vor­gebracht hat. Ich möchte da eingehen auf das eine, was er vorge­bracht hat über die Zusammenhänge zwischen Denken, Fühlen und Wollen. Das entspricht ja wiederum nach den Organen hin dem, was ich jetzt gerade ausgeführt habe. Dann haben wir ja schon besprochen, und Herr Stuten hat das heute wiederholt, daß dasjenige, was die eigentlichen musikalischen Formen sind, dem ganzen Menschen ent­spricht, also dem synthetischen Ineinanderklingen von Denken, Füh­len und Wollen.

Nun hat er noch die Frage gestellt nach den Beziehungen der the­matischen Gruppen. Die sind natürlich spezifisch verschieden, je nach­dem sie von dem oder jenem Komponisten kommen. Und nun können wir folgendes sagen: Nicht wahr, Sie haben ganz richtig angegeben, dem Vorstellen entspricht die Melodie, dem Fühlen entspricht die Harmonie, dem Wollen entspricht der Rhythmus, die Tonform ent­spricht dem ganzen Menschen. Nun haben wir also einen partialen Menschen = Denken, einen partialen Menschen = Fühlen, einen par­tialen Menschen = Wollen, und den ganzen Menschen.

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Aber nun haben wir auch noch nicht nur den ganzen Menschen im wirklichen menschlichen Leben, sondern der Mensch lebt ja all die Jahre zwischen der Geburt und dem Tode. Dieser ganze Mensch ist oftmals vorhanden und kontinuierlich vorhanden, und verändert sich, metamorphosiert sich. Und damit hängt nun wiederum die Aufeinan­derfolge der thematischen Gruppierungen zusammen. Es ist etwas Spe­zifisches, der menschliche Lebenslauf. Und das Geheimnis, das zu­grunde liegt, ist allerdings dieses: Im Oberbewußtsein zwar weiß man nicht, wie die Zukunft ist, aber im Gefühlsbewußtsein ist man so ge­stimmt, wie die Zukunft abläuft. Bitte, verfolgen Sie einmal rein em­pirisch - man tut es gewöhnlich nicht, aber diese Dinge gehören zu einer feineren Empfindung einer wirklichen Anthropologie, die dann Anthroposophie wird -, wie sich das Gefühlsleben verändert bei einem Menschen, bei dem man nachher erfährt, daß er gestorben ist. Selbst­verständlich, es gibt ja vieles, das einen abhält, solche Dinge zu ver­folgen, aber man kann sie wenigstens nachträglich verfolgen, man kann bei einem frühverstorbenen Menschen sehr genau sehen, wie das ganze Gefühlsleben dem Tode entgegen tendiert, wie im früheren Le­ben die Zukunft schon drinnen liegt. Das ist auch etwas, was schon zum menschlichen Lebenslauf gehört.

Das alles spielt hinein, wenn sich der Musiker nun auslebt in der Aufeinanderfolge, in dem Wiederkehren der thematischen Gruppen und so weiter. Das Wiederkehren an sich braucht einen nicht zu ver­wundern. Denn Sie brauchen nur zurückzublicken auf Ihr Leben, wenn es schon längere Zeit verlaufen ist; namentlich die gewöhnlichen Perioden, die nicht bei jedem die gleiche Zahl umfassen, aber doch vorhanden sind, könnten Ihnen genau die Etappen zeigen, könnten Ihnen sagen: In diesem Jahr schloß eine Etappe, die dauerte bis zu jenem Jahre und so weiter. Wenn einer im fünfundvierzigsten Lebens­jahr einen Lebensabschnitt erlebt, so erlebt er es bei einer nächsten Stufe wiederum im zweiundfünfzigsten Jahre. Und man kann ganz genau, wenn man von dem Erlebnis im zweiundfünfzigsten Jahre, das nicht dasselbe sein muß, aber das seinem inneren Charakter nach eben etwas ähnliches darstellt wie das in seinem fünfundvierzigsten Le­bensjahre, die Wiederkehr im menschlichen Erleben sehen.

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Alle diese Dinge spielen hinein in dasjenige, was in einem musika­lischen Kunstwerk sich ausdrückt. Denn ein solches musikalisches Kunstwerk ist ja, wenigstens für den Zeitpunkt in dem es geschaffen wird, immer ein Ausdruck des gesamten Menschen. Man kann eben auf solche Dinge im Grunde genommen nur hindeuten.

Einige andere Fragen, die gestellt worden sind, wie zum Beispiel das Verhältnis der Goetheschen Tonlehre zur Geisteswissenschaft, wür­den heute wirklich zu weit führen. Ich glaube, daß wir doch bei dieser oder einer ähnlichen Gelegenheit noch zusammenkommen können. Und auch die Beantwortung der Frage nach Dur und Moll, nach der Bedeutung der griechischen Musik, würde heute zu weit führen.

In bezug auf das eine, was erwähnt worden ist, in bezug auf die Theorien über Atmung, Gesang und Körperhaltung möchte ich nur bemerken, daß in der Tat solche Dinge, wie sie in dem genannten Buche beschrieben sind, nicht ohne eine gewisse Bedeutung sind, wenn man sie vernünftig zu nehmen weiß.

Es ist schon außerordentlich wichtig, daß man den Menschen als ein Ganzes betrachtet. Solche Leute tun es in der Regel nicht, aber sie tragen Bausteine herbei, die sogar dann, wenn sie im richtigen geisteswissenschaftlichen Lichte gesehen werden, irgend etwas Frucht­bares auch für den Geisteswissenschafter haben können.

Auch auf die Frage der Gesangsmethode möchte ich heute nicht zu sprechen kommen, denn das kann sehr leicht, wenn man es nicht aus irgendwelchen Voraussetzungen heraus entwickeln kann, mißverstan­den werden, zumal es ja heute so furchtbar viele verschiedene Gesangs­methoden gibt. Und man kann Leute kennenlernen, die hintereinander nach fünf, sechs Gesangsmethoden singen gelernt haben, daß heißt, alles Singen verlernt haben! Dann kann man allerdings nicht in so ein­facher Weise über die verschiedenen Gesangsmethoden sprechen.

Zu dem was gesagt wurde über die Temperamente, über These, An­tithese, Synthese, muß ich sagen, es ist schon eine recht unfruchtbare Betrachtungsweise, denn in der Regel kann man aus solchen blut-leeren Abstraktionen wirklich alles entwickeln. Und ebensogut wie Sie sagen können: Wagner - These, Bruckner - Antithese, was ja prin­zipiell sein mag, dazu Geisteswissenschaft - die Synthese, so könnte

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ein anderer, der eben anders einteilte, vielleicht sagen: Wagner - These, Bruckner - Antithese, Mahler - Synthese. Das würde ganz gewiß der eine oder andere dann sagen, wenn man in solchen blutleeren Abstrak­tionen sich ergeht.

Ja, ich glaube tatsächlich nicht, daß wir heute, da wir doch nicht hier übernachten können, noch weiter den Abend ausdehnen sollen! Obwohl ich gerne bereit bin, ausführlich bei weiterem Beisammensein über die angeschlagenen Fragen, die ich mir notiert habe, weiter zu reden.

FRAGENBEANTWORTUNG Dornach, 30. September 1920

#G283-1969-SE060 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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FRAGENBEANTWORTUNG

Dornach, 30. September 1920

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Frage: Was ist der Begriff der Kunst, die gar keine Kunst ist, eigentlich? Was ist das Wesen der Kunst, und wie unterscheidet sie sich von Kunstwissenschaft?

Die Frage ist außerordentlich abstrakt gestellt und für meine Emp­findung außerordentlich unkünstierisch gestellt, aus dem einfachen Grunde, weil ein Statuieren eines Verhältnisses zur Kunst und Kunst-wissenschaft, das auf eine Unterscheidung hinausläuft, geisteswissen­schaftlich gar nicht richtig nachgefühlt werden kann.

Sehen Sie, wenn man ein Verständnis dafür haben will, wie das Be­greifen des Künstlerischen durch das Geisteswissenschaftliche ange­regt wird, dann muß man eine Empfindung haben für den Unterschied zwischen der Art und Weise, wie manche Ästhetiker über Baukunst, über Plastik, über Musik und dergleichen geschrieben haben. Schließ­lich, der Moriz Carrie're war von vielen Leuten, nicht nur in München, als ein großer Ästhetiker angesehen, vielleicht nicht für einen Kunst-wissenschafter in Ihrem Sinne, aber das macht gar nichts, man könnte auch aus dieser Region Beispiele herbeiholen. Aber es lebte in der Zeit, als der Carriére, der Ästhetiker, in München lebte, auch ein Maler. Ich habe noch einen solchen kennengelernt, und bei einer bestimmten Gelegenheit, als ich allerlei bei ihm zu sehen hatte, da sprachen wir auch über Carriére. Und da sagte er: 0 ja, ich erinnere mich noch ganz gut, wie wir, als wir junge Maler gewesen sind, junge Dachse, ganz im Künstlerischen drinnensteckten, uns unterhalten haben über den Car­riére und ihn genannt haben den «ästhetischen Wonnegrunzer».

Nun, man mag ja einen großen Respekt haben vor dem abstrakten Einkleiden derjenigen Gedanken, die man über das Künstlerische hat; aber geradezu zu wollen - nachdem gesprochen worden ist von einer künstlerischen Auffassung der Kunst, die man eben erfühlen muß -, zu verlangen, daß man nun wiederum eine Definition des Wesens der Kunst geben soll, das halte ich denn doch für etwas, was nicht ganz gut geht. Natürlich wäre es furchtbar leicht, das Wesen der Kunst

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zu definieren, denn es ist wahrhaftig viele dutzend Male im Laufe des 19. Jahrhunderts und im Beginn des 20. Jahrhunderts definiert wor­den. Und man kann sich schon zur Not auch noch vorstellen, was der­jenige meint unter Kunstwissenschaft, der nicht findet, daß man durch die Betrachtungsweise der Geisteswissenschaft das Künstlerische be­greift. Aber es handelt sich darum, daß man gar nicht bei gewissen Vorurteilen, die man sich einmal einsuggeriert hat, stehenbleibt, son­dern daß man sich in die lebendige Bewegung des Geisteslebens hin-einzustellen und mitzugehen vermag mit dem, was nun wirklich aus den Tiefen der Menschheit heraus heute gefordert wird: ein Aneinan­derrücken von Wissenschaft, Kunst und Religion, nicht ein Weiter-zum-Zerspalten-Bringen dieser drei Strömungen des menschlichen Gei­steslebens.

Da kann man natürlich dann heute selbstverständlich noch An­stoß erregen, wenn das Betrachten der Kunst eine ganz andere Form annehmen muß, als manche regelrechte kunstwissenschaftliche Be­trachtungsweise, die ein Traditionelles hat. Aber wir stehen einmal heute auf dem Punkte, daß wir in dieser Richtung, die hier angedeutet worden ist, vorwärts müssen. Und da handelt es sich auch darum, daß Fragen wie: Was ist das Wesen der Kunst? Was ist das Wesen des Menschen? -, die nach der Definition hinauslaufen, überhaupt ganz aufhören werden. Es handelt sich darum, daß wir immer mehr be­greifen müssen, was solche Menschen wie Goethe gemeint haben, der in seiner Einleitung zur Farbenlehre sagt: Man kann eigentlich nicht über das Wesen des Lichtes sprechen; die Farben sind die Taten des Lichtes. Und wer eine vollständige Beschreibung der Farbengescheh­nisse gibt, der sagt dann auch über das Wesen des Lichtes etwas. -Wer also auf die Tatsachen irgendeines Gebietes, irgendeines Kunst-gebietes in einer Form, die dem Erleben dieses Kunstgebietes nahe-kommt, eingeht, der gibt allmählich eine Art von Betrachtung über das Wesen des betreffenden Kunstgebietes. Aber das wird überhaupt überwunden werden, daß an die Spitze oder sonst irgendwie ohne Zu­sammenhang Definitionen hingestellt werden, daß Fragen aufgewor­fen werden: Was ist das Wesen des Menschen, was ist das Wesen der Kunst und dergleichen?

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Wir haben gestern einen so merkwürdigen Fall hier gehabt; da hat jemand gesagt: Wagner - Thesis, Bruckner - Antithesis, und Geisteswis­senschaft sollte nun die Synthesis sein. Ja, sehen Sie, so etwas an einen bestimmten Platz hingestellt, wenn ich zum Beispiel über Wagner etwas Vernünftiges gesagt habe, nachher über Bruckner etwas Ver­nünftiges gesagt habe, und dann noch über etwas Traditionelles Ver­nünftiges zu sagen wüßte, dann könnte ich, gewissermaßen das Viele zusammenfassend, die abstrakten, blutleeren Begriffe verwenden: The­sis, Antithesis, Synthesis, zum Zusammenfassen. Da würde es einen Sinn haben. Aber als das einzelne Diktum ist es unmöglich. Man muß also für so etwas eine Empfindung haben, wenn etwas ein Organismus ist.

Ich will Ihnen ein Beispiel sagen aus einem anderen Gebiete: Hegeis Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften. Da handelt das letzte Kapitel über die Philosophie selber. Ja, das, was da über die Philosophie selber gesagt ist, ist dazu gesagt zu alledem, was vorange­gangen ist. So daß man all das, was vorangegangen ist, in sich auf­genommen hat. Es ist großartig, ein gewaltiger architektonischer Ab­schluß. Bitte, nehmen Sie dieses letzte Kapitel ab und nehmen Sie es für sich, für so etwas wie eine Definition der Philosophie - es ist der reinste Unsinn. Es ist dann der reinste Unsinn! Das ist dasjenige, was aufmerksam darauf macht, wie wir wiederum aus dem Auffassen des Einzelnen in das Erleben des Ganzen hineinkommen müssen, wie wir tunlich uns erheben müssen nach und nach von dem uns anerzogenen Stecken in Begriffen, in einzelnen Charakteristiken, zu dem Erfassen des Ganzen, zu dem Überschauen des Ganzen.

Und in diesem Sinne meine ich, daß es allerdings in eine Art Be­greifen schon hineinführt, wenn man dasjenige, was sich abspielt äußer­lich als musikalische Tatsache, in seinem anderen Pole im inneren Er­lebnis aufzeigt; und wenn man dann nachempfindet dasjenige, was da im Menschen vor sich geht, dann glaube ich, daß das allerdings eine künstlerischere Auffassung ist als diejenige mancher Musikwissenschaft! Und ich möchte hinzufügen, daß wir heute aus leicht begreiflichen Gründen noch nicht weit genug gehen können. Wenn wir schon so weit wären, daß wir es ganz bis zu den Imaginationen und der Schilderung

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der Imaginationen bringen könnten, dann dürften wir auch so etwas Ähnliches hinstellen, wie die Griechen hingestellt haben, indem sie von der Leier des Apollo gesprochen haben, und eigentlich gemeint haben dieses Innere des Menschen als eines lebendigen Musikinstru­mentes, das die Harmonien und das Melos im Kosmos wiedergibt. Wir sind ja gewöhnlich noch nicht einmal so weit, daß wir das wieder empfinden könnten, was der Grieche empfand bei dem Worte Kos­mos. Dieses Wort hängt nicht zusammen mit irgendeiner Abstraktion eines heutigen Naturwissenschafters, mit einer gewissen Beschreibung des Weltenalls, sondern mit der Schönheit des Weltenalls, mit dem Zusammenstimmen in Harmonien desjenigen im Kosmos, was eigent­lich mit Schönheit des Weltenalls zusammenhängt.

Die Menschheit ist einmal ausgegangen von einer Art Ineinander-wirken desjenigen, was heute differenziert ist. Wir müssen allerdings diese Differenzierungen erleben können, aber wir müssen wiederum die Gelegenheit haben, dieses Differenzierte zusammenzuschauen, zu­sammen erklingen zu hören, uns hineinzuarbeiten in ein lebendiges Ganzes, so daß wiederum dasjenige, was Ergebnis der Erkenntnis ist, zu gleicher Zeit Inhalt eines Künstlerischen wird und Offenbarung eines Religiösen.

Das ist dasjenige, wonach wir wieder streben müssen. Dasjenige, was Weisheit ist, kann durchaus so auftreten, daß es in der Form der Schönheit sich darstellt, und daß es in der Form des religiösen Impul­ses sich offenbart. Dann werden wir dasjenige erleben, was allerdings noch einer ferneren Zukunft angehört: daß wir selbst eine gewisse Synthesis finden zwischen einem Altar und einem Laboratoriumstisch. Wenn wir mit der Ehrfurcht vor der Natur stehen können, mit der wir eigentlich vor ihr stehen sollten, dann wird uns Wissenschaft zum Gottesdienst. Und wenn wir uns als Mensch ganz durchdringen mit jenen Geschicklichkeiten, mit jener Handhabe, die einer solchen Auf­fassung der Natur und des Geistes und der Seele entsprechen, dann wird auch alle Handhabung der Wissenschaft wiederum in schönen Formen verfließen.

Das erscheint heute noch wie eine Phantasterei. Das ist aber eine Realität! Denn es ist etwas, was angestrebt und veiwirklicht werden

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muß, damit nicht die Menschheit immer mehr und mehr in die Deka­denz hineinkomme.

Ein Teilnehmer fragt nach dem tieferen Sinn des Märchens von den Bremer Stadtmusikanten, ob es etwas zu tun habe mit dem Zusammenhang der mensch­lichen Wesensglieder. «Ich bin aber selbstverständlich bereit, auf die Antwort heute zu verzichten, falls Herr Dr. Steiner zu müde ist.»

Das ist nicht der Grund, mein lieber Herr Büttner, sondern ich möchte darüber das Folgende sagen: Ich habe einmal in Berlin einiges gesagt und auch einige Beispiele angeführt von der Art und Weise, wie man mit Geisteswissenschaftlichem dem Verständnisse der Mär­chen nahekommt, und ich habe tatsächlich recht, recht viele Forschungs­mühen anzuwenden gehabt, um hinter die Märchen zu kommen. Denn, sehen Sie, zu denjenigen Menschen möchte ich wirklich nicht gehören, die dem Spruch entsprechen:

Im Auslegen seid ihr frisch und munter;

Denn legt ihr's nicht aus, so legt ihr's eben unter.

Das war niemals mein Grundsatz, sondern es hat mich immer viel Mühe gekostet, hinter dasjenige zu kommen, das aufgesucht werden muß, manchmal in allen möglichen Regionen des Forschens, wenn man gerade einem Märchen beikommen will. Und da muß ich deshalb schon sagen: Es wäre mir ja, selbst wenn ich noch müder wäre, als ich heute bin, es wäre mir die größte Freude, Sie beglücken zu können mit einer Auslegung, einer Erklärung des Märchens von den Bremer Stadtmusikanten. Aber ich habe mich nie damit beschäftigt und weiß deshalb nichts darüber zu sagen. Und ich bitte Sie daher, damit zu warten, bis sich in diesem oder in einem nächsten Leben einmal eine Gelegenheit dazu bietet, nachdem die Sache erforscht worden ist.

Frage: Wie sieht Geisteswissenschaft das Phänomen des instinktiven sogenannten absoluten Gehörs an?

Frau Dr. Steiner hat es uns sehr leicht gemacht, das Geist-Lebendige in ihrer Deklamation mitzuerleben. Angeregt hierdurch möchte ich fragen, in welcher Art etwa ein Gesang Studierender vorgehen muß? Ich kann versichern, daß in der uns ans Herz gelegten neuen Art, Kunst zu betätigen, für eine Begründung etwa einer neuen Gesangskunst, wirklich kein Pädagoge als Helfer in Betracht kommen kann

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für eine zu erziehende Männerstinssne. Ich möchte daher noch fragen, ob auch eine Frau als Bildnerin wirken kann.

Es scheint heute nicht viel Homöopathisches in der Fragestellung vorhanden zu sein! Erstens, ja, nicht wahr, schließlich ist dabei ja nicht besonders viel anzuschließen, oder angeschlossen, als dasjenige, was bei irgendeiner anderen Fähigkeit des Menschen vorliegt. Es ist durchaus anzunehmen, obwohl ich auch das hier nur mit Vorsicht aussprechen kann, weil es eine Frage ist, mit der ich mich noch nicht beschäftigt habe wirklich forscherisch, es ist aber wohl anzunehmen, daß auch dieses instinktive Vorhandensein eines absoluten Tonbe­wußtseins bei einer Anzahl von Menschen - ich glaube, bei weniger Menschen, als man gewöhnlich denkt - auf irgendeiner Eigentümlich­keit des ätherischen oder des astralischen Leibes beruht, die sich dann im physischen Leibe irgendwie abspiegelt. Aber es wäre notwendig, da ganz bestimmte Forschungen anzulegen. Es ist mir nur sehr wahr­scheinlich, daß dieses absolute Tonbewußtsein darauf beruht, daß eine ganz bestimmte Beschaffenheit der drei haibzirkelförmigen Kanäle auch in diesem Falle vorliegt. So daß wahrscheinlich - aber wie gesagt, ich möchte da nur ganz mit Vorsicht mich aussprechen - dieses Organ, das ja viele Funktionen hat, unter anderem auch Gleichgewichtsorgan ist für gewisse Gleichgewichtsverhältnisse, daß dieses Organ wahr­scheinlich auch mit einem absoluten Tonbewußtsein etwas zu tun hat.

Nun zu dem, was im Anschluß an die Deklamation von Frau Dr. Steiner gesagt ist. Ich kann Sie versichern, die Frage ist allerdings ge­stellt, aber doch nicht eigentlich so gestellt, daß man irgend etwas her­auskriegt, was der Fragesteller eigentlich will, wenn er frägt: Was soll im Gesang unterrichtet werden, wie soll unterrichtet werden, damit möglichst schnell dasjenige erreicht werden kann, was man sich etwa im geisteswissenschaftlichen Sinne unter einer guten Gesangskunst vor­zustellen hat? - Ja, da muß ich sagen, daß sich für mein Gefühl reich­lich viel Philistrosität in diese Fragestellung hineinmischt. Denn nicht wahr, man muß schon ernst machen damit, daß das Geisteswissen­schaftliche einen gewissen Einfluß auf den Menschen hat, daß es eine gewisse Wirkung auf den Menschen hat und daß die Menschen durch Geisteswissenschaft zwar nicht umgemodelt werden - sie werden nicht

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von außen bearbeitet -, aber daß sie in die Lage kommen, gewisse Kräfte, die bisher in der Menschheitsentwickelung latent geblieben sind, aus sich herauszustellen und durch sie eine tiefere menschliche Natur zu offenbaren.

Dadurch werden die verschiedensten Zweige des menschlichen Gei­steslebens auch weiter entwickelt. Und unter dem vielen, das ja na­türlich im einzelnen zu einer solchen Frage zu sagen wäre, ist etwas, das gesagt werden kann, indem man darauf hinweist, daß man vor allen Dingen davon wegkommen müßte, von all den vielen Methoden des Gesanglehrens zu sprechen. Das sage ich gar nicht gern, denn die Lokalitäten, wo diese Methoden ausgebrütet werden, sind so furcht­bar bevölkerte, daß man gar nicht weiß, wo man überall anstößt, wenn man seine Meinung über Gesangslehre-Methoden in der Gegenwart ausspricht! Ich möchte mich schon darüber nicht ergehen, aber ich möchte auf eines aufmerksam machen.

Ich glaube, man muß anfangen zu verstehen, was es heißt, nicht nach einer Methode hin zu arbeiten, nicht zu fragen: Wie muß das und das gestellt werden, wie muß der Atem eingerichtet werden, wie müssen die vielen Vorbereitungen gemacht werden, bevor der Mensch nun überhaupt dazu kommt, irgend etwas zu singen? - Die meisten heutigen Methoden sind eigentlich Vorbereitungsmethoden, Methoden von Einstellungen, Methoden des Atmens und so weiter. Von all dem muß man absehen, was eigentlich doch gerade darauf hinausläuft, den menschlichen Organismus so ein bißchen wie eine Maschine zu be­trachten und sie in der richtigen Weise zu ölen, die Räcier in die rich­tige Achsenhöhe zu bringen und dergleichen. Es ist natürlich etwas übertrieben, aber Sie werden verstehen, was ich meine. Statt dessen sollte man darauf sehen, daß namentlich beim Kunstunterricht unge­heuer viel abhängt von dem persönlichen, imponderablen Verhältnisse zwischen dem Lehrer und dem Schüler und man sollte dazu kommen, einen Begriff damit verbinden zu können, was es heißt, eigentlich das Bewußtsein beim Singen aus dem Kehlkopf und aus allem, was den Ton zustande bringt, herauszuheben, und mehr, ich möchte sagen, bewußt mit der umgebenden Luft in Verbindung zu stehen, mehr mit der Umgebung des Kehikopfes zu singen als mit dem Kehlkopf selber.

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Ich weiß, daß viele Menschen heute mit dem, was man so sagt, noch keinen Begriff verbinden können, aber man muß sich eben diese Be­griffe erringen. Man muß mehr Wert darauf legen, wie dasjenige zustande kommt, was man, ich möchte sagen, beim Rück-Zuhören erlebt, indem man singt, aber hört, indem man sich selber zuhören lernt, aber so, daß man nicht etwa bei diesem Zuhören etwas macht, wie wenn man geht und sich fortwährend auf die Füße tritt; das würde selbstverständlich den Gesang wiederum stören. Wenn man also dazu kommt, weniger in dem Physiologischen und mehr in dem Künstleri­schen als solchem zu leben, und wenn der Unterricht auch mehr in dem Eingreifen des Künstlerischen verläuft, dann wird man auf den Weg kommen, auf den vielleicht der Fragesteller hingewiesen sein mag.

Ich glaube aber allerdings, daß eine solche Pädagogik, wie wir sie durch die Waldorfschule pflegen, auch für den Kunstunterricht, auch für den Gesangsunterricht nach und nach, wenn uns auch die äußeren Mittel dazu gegeben sind, Erfolge erzielen wird.

Dasjenige, was Herr Baumann gestern meinte mit Bezug auf die Waldorfschule, das ist ja in der Eurythmie und in dem Gesanglichen, dem Musikalischen auch da. Wenn es mit dem Musikalischen und dem Gesanglichen auch noch nicht so geht, wie es nach seinem Ideal gehen müßte, das liegt wahrhaftig nicht an unserer Pädagogik, ganz und gar nicht an unserer Pädagogik, wenigstens nicht an der Pädagogik un­serer Pädagogen, sondern es liegt mehr an der Pädagogik derjenigen, die aus ganz anderen Untergründen heraus etwa besorgen könnten entsprechend große Räume, in denen man auch anständig Musikin­strumente unterbringen kann, und gut ventilierte Räume für Euryth­mie und dergleichen. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen. Und ich glaube, daß dasjenige, was in der Waldorfschule heute schon ge­leistet werden könnte, auch auf dem Gebiete des musikalischen und des eurythmischen Unterrichts, ganz anders sich zeigen könnte, wenn wir eben bloß mit der Pädagogik unserer Pädagogen zu rechnen hätten und nicht mit der Pädagogik von noch anderen Dingen, die schon einmal notwendig sind, wenn eine Schule gegründet werden soll.

Ich bin heute gefragt worden - ich weiß nicht, ob der Herr da ist -mit einem Gefühl, auch an anderen Orten sollten Schulen begründet

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werden. Ich habe gesagt, man muß eben beim Anfange anfangen. Habt Ihr Geld, dann wollen wir weiter reden!

Nun, das ist vielleicht doch auch etwas, was den Nagel auf den Kopf trifft. Oder haben Sie es anders gemeint? Ich möchte Ihnen gar nicht irgendwie zuschreiben, Herr Baumann, daß Sie es nicht anders gemeint haben könnten.

Nun noch die Frage wegen der Männerstimme; vielleicht würde es doch eine Enttäuschung sein, wenn ich sie ganz unberücksichtigt ließe: Kann für eine Männerstimme auch eine Frau als Bildnerin wir­ken? Da ich schon gesagt habe, daß es im wesentlichen mit auf das persönliche Imponderable ankommt, so möchte ich das natürlich auch ausdehnen auf die Beantwortung dieser Frage, und ich glaube ja aller­dings, daß unter gewissen Umständen das sogar ein sehr günstiges Ver­hältnis sein könnte, daß sogar dieser Mann dabei sehr viel lernen könnte, viel mehr, als wenn er sich - insbesondere dann, wenn die Dame sogar noch schön oder sonst intakt ist - von einem Manne unterrichten ließe!

FRAGENBEANTWORTUNG Dornach, 30. September 1920, abends

#G283-1969-SE069 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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FRAGENBEANTWORTUNG

Dornach, 30. September 1920, abends

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Ich möchte zu dem Thema, von dem ich mir gestern einiges notiert habe, was nicht mehr in ordentlicher Weise zur Aussprache hat kom­men können, einige aphoristische Bemerkungen machen, die Dinge heute noch einmal mit ein paar aphoristischen Bemerkungen streifen.

Zunächst möchte ich ein paar Worte sagen über die Beziehungen von Dur und Moll. Man muß, wenn man gerade auf die Intimitäten des musikalischen Lebens eingehen will, sich durchaus ein Bewußtsein davon verschaffen, wie im Grunde genommen das musikalische Leben einer feinen Organisation unseres Menschenwesens entspricht. Man möchte sagen: dasjenige, was in den musikalischen Tatbeständen auf­tritt, antwortet in einer gewissen Weise auf die innere feinere Kon­stitution des Menschen.

Nach einer gewissen Richtung habe ich ja gestern schon darauf hingedeutet, wie der Rhythmus, den wir musikalisch erleben, antwor­tet auf einen inneren Rhythmus im Aufsteigen und Absteigen des Ge­hirnwassers und auf den Zusammenhang, den das Gehirnwasser auf der einen Seite wiederum mit den Vorgängen im Gehirn hat, auf der anderen Seite mit den Vorgängen im Stoffwechselsystem durch die Vermittlung des Blutsystems. Aber man kann auch auf, ich möchte sagen, individuell abgestufte Formen der menschlichen Konstitution in dieser Beziehung hinweisen. Unser wichtigstes rhythmisches System ist das Atmungssystem, und es wird im Grunde genommen für die mei­sten Menschen, wenn sie nur ein wenig achtgeben, eine gar nicht schwer zu erringende Erfahrung sein, wie der Verlauf des Denkens, sowohl der mehr logisch geartete Verlauf des Denkens als auch der mehr ge­fühlsmäßige, gefühlsgetragene Verlauf des Denkens Einfluß haben auf den Atmungsprozeß. Der Atmungsprozeß steht in einer unmittelbaren oder mittelbaren Verbindung mit all dem auch, was der Mensch mu­sikalisch erlebt. Daher wirft schon die besondere Artung des Atmens bei dem einen oder dem anderen Menschentypus einiges Licht auf das musikalische Erleben.

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Sehen Sie, es gibt Menschen, die sind gewissermaßen Sauerstoff-Wollüstlinge. Sie sind so konstituiert, daß sie mit einer gewissen Gier den Sauerstoff assimilieren, den Sauerstoff in sich aufnehmen. Aller­dings verläuft das alles natürlich mehr oder weniger im Unterbewuß­ten, aber man kann für das Unterbewußte durchaus die dem be­wußten Leben entlehnten Ausdrücke gebrauchen. Solche Menschen, die mit einer gewissen Gier den Sauerstoff aufnehmen, die - wenn ich so sagen darf - lecker sind auf das Aufnehmen des Sauerstoffs, Sauer­stoff-Wollüstlinge sind, haben ein sehr reges, stark vibrierendes astra­lisches Leben. Ihr Astralleib ist innerlich regsam. Und dadurch, daß ihr Astralleib innerlich regsam ist, gräbt er sich gewissermaßen auch mit einer großen Lust in den physischen Leib ein. Solche Menschen leben sehr stark in ihrem physischen Leib.

Andere Menschen haben diese Gier nach dem Sauerstoff nicht. Aber sie empfinden etwas, jetzt nicht wie eine Wollust, aber wie eine Er­leichterung beim Weggeben, Ausatmen der Kohlensäure. Sie sind dar­auf gestimmt, gewissermaßen die Atmungsluft aus sich heraus zu ent­fernen, und in dem Prozeß einen Gefallen zu finden, der ihnen eine gewisse Erleichterung gibt.

Man kann ja da, indem man die Wahrheit ausspricht, etwas, ich möchte sagen, dem Menschen ein wenig Unbehagliches sagen. Aber das ist einer der Gründe, warum die Menschen die tieferen Wirklich­keiten von sich weisen, weil sie sie nicht gerne hören wollen. Sie erfin­den sich dann logische Gründe. In Wirklichkeit ist der Grund der, daß den Menschen gewisse Wahrheiten antipathisch sind, unterbewußt an­tipathisch sind. Da schieben sie diese Wahrheiten von sich weg. Und deshalb finden sie dann zur Ausflucht logische Gründe. Man kann ja ganz gewiß nicht so leicht, wenn man zum Beispiel ein angesehener Gelehrter ist und wegen einer nicht gesunden Galle ein Gegner dieses oder jenes philosophischen Systems ist, zu den Studenten einfach sagen:

Meine Galle verträgt dieses philosophische System nicht! - Da erfindet man dann logische Gründe, zuweilen außerordentlich scharfsichtiger Art, und man tröstet sich selber mit diesen logischen Gründen. Für den­jenigen, der das Leben kennt, für den, der tiefer hineinsieht in die Ge­heimnisse des Daseins, sind manchmal logische Gründe, die von dieser

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oder jener Seite kommen, nicht ganz so viel wert. Und so beruht zum Beispiel auch manchmal das melancholische Temperament lediglich darauf, daß der Betreffende ein Wollüstling nach Sauerstoff ist. Und das Leben mehr im Sanguinischen, das Leben, das der Außenwelt zu­gewendet ist, das gern wechselt mit den Eindrücken der Außenwelt, es beruht auf einem gewissen Lieben des Ausatmens, auf einem gewis­sen Lieben des die Kohlensäure von sich Wegstoßens.

Allerdings sind das dann die äußeren Offenbarungen der Sache. Denn der Rhythmus, den wir im Grunde genommen nur als das Phy­sisch-Sekundäre im Organismus wahrnehmen, das ist eigentlich immer ein Rhythmus, der sich im tieferen Sinne abspielt zwischen dem Astral­leib und dem Ätherleib. Und letzten Endes kann man sagen: Mit dem astralischen Leib atmen wir ein, mit dem Ätherleib schaffen wir die Ausatmungsluft wieder heraus, so daß also in Wahrheit eine rhyth­mische Wechselwirkung stattfindet zwischen astralischem Leib und Ätherleib. Und nun leben also die einzelnen Menschentypen gewisser­maßen so, daß bei dem einen Menschentypus beim Aufschlagen des astralischen Leibes auf den Ätherleib eine Art von Wollust, bei dem anderen Menschen, beim Zurückschlagen des Ätherleibes auf den astra­lischen Leib, eine Art Erleichterung, ein ins Sanguinische Übergehen-des, das Sanguinische Erlebendes stattfindet.

Und sehen Sie, mit diesem Gegensatz zwischen Menschentypen hängt die Entstehung der Dur- und Moll-Tonleitern zusammen, in­dem alles dasjenige, was in Moll erlebt werden kann, seiner Entstehung nach angehört, oder entspricht, können wir besser sagen, derjenigen Menschenkonstitution, die auf der Wollust des Sauerstoffs beruht, die darauf beruht, daß der astralische Leib, indem er auf den Äther-leib anschlägt, mit einer gewissen Wollust empfunden wird, während umgekehrt die Dur-Tonleitern darauf beruhen, daß ein Wohlgefühl da ist beim Zurückschlagen des Ätherleibes nach dem astralischen Leib, oder eben ein gewisses Erhebungsgefühl, ein Erleichterungsgefühl, ein Schwunggefühl vorhanden ist beim Zurückschlagen des Ätherleibes nach dem astralischen Leib.

Es ist interessant, daß da in der Außenwelt öfter die Dinge in ent­gegengesetzter Richtung gezeichnet werden. Man sagt zum Beispiel:

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Der Melancholiker ist der tiefere Mensch. Von der anderen Seite an­gesehen, ist er nicht ein tieferer Mensch, sondern er ist der größere Wollüstling nach Sauerstoff.

Da das Musikalische in seinen Intimitäten im wesentlichen das Un­terbewußte in Anspruch nimmt, so können wir solche Dinge durch­aus gerade mit dem Unterbewußten, Halbbewußten, ins Bewußtsein Heraufstrahlenden des musikalischen Erlebens zusammenbringen, ohne daß wir uns einer unkünstierischen, theoretischen Betrachtungsweise hingeben. Sie werden überhaupt bemerken, daß eine wirkliche geistes­wissenschaftliche Betrachtung über die Kunst gar nicht nötig hat, sei­ber unkünstierisch zu werden, denn man kommt nicht in blutleere Ab­straktionen hinein und in ein theoretisches Gespinst ästhetisierender Art. Wenn man geisteswissenschaftlich die Dinge begreifen will, kommt man in einer gewissen Weise zu Realitäten, deren gegenseitiges Auf­einanderwirken sich bildhaft oder auch musikalisch so darstellt, daß wir mit unserer Schilderung selbst wie in einer Art musikalischem Er­lebnis erkennend darinnen sind.

Und ich glaube, das wird gerade das Bedeutsame in der weiteren Entwickelung der Geisteswissenschaft sein, daß sie, indem sie die Kunst begreifen will, selber eine Kunst des Begreifens schaffen wird, daß sie das Arbeiten, das Tätigsein in Ideen erfüllen will mit Bildlich­keit, mit Realität, und dadurch dasjenige, was wir heute als so trok­kene, abstrakte Wissenschaft haben, dem Künstlerischen wird an­nähern können. Aber braucht man irgend etwas, was bisher rein nüch­tern wissenschaftlich getrieben worden ist, wie zum Beispiel auch die Pädagogik, als eine wirkliche, den Zeitaufgaben gewachsene Er­ziehungskunst, wie wir das in der Waldorfschule verspüren, dann führen wir ohnedies dasjenige, was früher als wissenschaftliche Päd­agogik vorhanden war, in pädagogische Kunst über und reden über Pädagogik in dem Sinne, daß wir eigentlich eine Kunst des Erziehens darunter verstehen.

Lesen Sie nach dieser Richtung dasjenige, was ich geschrieben habe im letzten Hefte der «Sozialen Zukunft» über die Erziehungskunst, so werden Sie sehen, wie da das Bestreben besteht, das nüchtern Er­ziehungswissenschaftliche in Erziehungskunst überzuführen.

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Ein weiteres, das ich mir notiert habe, bezieht sich auf die inter­essanten Bemerkungen, die Herr Baumann in seinem Vortrage gemacht hat über die Beziehungen der Vokale zu den Tönen und zu den Far­ben. Er bezeichnete, wie Sie sich erinnern, die dunklen Vokale U, 0, als diejenigen, die tonlich am deutlichsten wirken. In der Mitte steht dann das A, und gewissermaßen am anderen Pol steht E und I, die hellen Vokale, welche am wenigsten tonlich wirken, die etwas Ge­räuschhaftes in sich tragen.

Nur wurde dann die Verwunderung ausgesprochen, wie es denn komme, daß gerade die dunklen Vokale auch den dunklen Farben entsprechen, und die hellen Vokale, I, E, zwar hellen Farben entspre­chen, aber nicht eigentlich das Tonliche in ihrer Charakteristik be­deutsam haben, sondern mehr das Geräuschhafte. - Wenn ich recht verstanden habe, so war das ja wohl so?

Nun möchte ich dazu folgendes bemerken. Wenn wir die Farben-skala nicht in der abstrakten Geradlinigkeit aufschreiben, wie wir das

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gewohnt sind aus der heutigen Physik, sondern wenn wir die Farben-skala, wie es ja auch in Gemäßheit der Goetheschen Farbenlehre geschehen muß, im Kreise aufschreiben, so daß wir also sagen: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo, Violett - wenn wir in dieser Rich­tung gehen (siehe Zeichnung), wenn wir die Farbenskala in dieser Weise aufschreiben, dann werden wir natürlich genötigt sein, indem wir die ja erlebbaren Beziehungen zwischen Ton und Farbe uns zum Bewußtsein bringen, allerdings U, 0 nach der blauen Seite zu schrei­ben. Wir werden aber dann, wenn wir ganz in dem Sinne des Herrn

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Baumann fortfahren, zum A herüberkommen und werden von dieser Seite her in das Rote und gleich in das Helle hineinkommen.

Wir bewegen uns also, wenn wir uns von dem Blau fortbewegen im Sinne der Begleitfarben der einzelnen Töne, eigentlich aus dem Farbelement heraus und berühren es von hinten herum nun. Und dar­innen liegt es, daß wir hier den Parallelismus nicht mehr in derselben Weise statuieren können, wie bei dem Gebiete, wo das Tonliche mit dem Farbigen in ganz evidenter Weise zusammenfällt, aus dem Grunde, weil wir es auf der Seite der Farbskala, wo das Blaue, das Violette ist, gewissermaßen mit einem Hinausgehen aus uns mit der Farbe zu tun haben. Es ist ein Aufgehen in der Außenwelt mit der Empfindung vor­handen. Beim Ton ist es aber auch im wesentlichen ein Hinausgehen. Wenn wir aber hier herüberkommen, erleben wir eine Farbenattacke in diesem: die rote und gelbe Farbe stürmen auf uns ein. In diesem Sinne ist ja auch hier gemalt, hinter diesem Vorhang: es ist dies aus der Farbe heraus malen können. Wir leben uns in die Farbe hinein. So kommen wir eigentlich aus der Natur der Töne heraus. Das ist der Grund, wa­rum diese scheinbare Inkongruenz besteht, auf die ich Sie gestern auf­merksam gemacht habe.

Dann möchte ich auch ein paar Bemerkungen machen über etwas, was erwähnt worden ist, das gefunden wurde - und es wurde ja nicht nur von dem einen gefunden, der gestern erwähnt worden ist, sondern es wird ähnliches von sehr vielen Leuten gesagt und verbreitet -, daß man erfühlen kann die Vokale, tonlich auch die Vokale in dem Orga­nismus: das 1 oben im Kopfe, E mehr im Kehlkopf, das A in der Brust, 0 im Unterleib, U ganz tief unten.

Nun, diese Dinge sind allerdings richtig, und Sie werden sich nicht mehr verwundern, daß diese Dinge eine gewisse Richtigkeit haben, wenn Sie das berücksichtigen, daß alles Tonliche, das in der Außen­welt existiert, alles Klangliche, das in der Außenwelt existiert, eben korrespondiert mit ganz bestimmten Einrichtungen in unserem Orga­nismus. Aber auf der anderen Seite dürfen wir nicht vergessen: Wenn solche Dinge ohne vernünftige Anleitung - und vernünftig ist in diesem Falle nur ein Anleitung, die aus einer gewissen geisteswissenschaft­lichen Erfahrung heraus sprechen kann -, wenn solche Dinge ohne

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eine genaue Kenntnis eben jener Zusammenhänge, auf die ich in einem speziellen Falle heute hingedeutet habe, also die Zusammenhänge zwi­schen Astralleib, Ätherleib und so weiter, wenn sie ohne die vernünf­tige Anleitung im geisteswissenschaftlichen Sinne so in die Welt hin­ausposaunt werden und die Leute dann allerlei Übungen machen in die­sem Sinne, dann können allerdings recht peinliche Sachen herauskom­men. Wenn zum Beispiel jemand irgendwie geartete Atmungsübungen macht und - wie es gestern angedeutet worden ist - beim Atmen den Vokal sich stark vorstellt und dabei das Gefühl kriegt: das I sitzt im Kopf, das E im Kehlkopf und so weiter -, so kann das durchaus rich­tig sein. Aber wenn er nicht in vernünftiger Weise angeleitet ist, so kann es geschehen, daß das I im Kopfe sitzen bleibt und im Kopfe oben fortwährend singt, und das E im Kehlkopf sitzen bleibt und da ru­mort. Und wenn nun auch das A in der Brust und im Unterleib das O ihr Wesen treiben, dann kann schon etwas ähnliches zustande kom­men, wie in ganz vortrefflicher Weise Dr. Husemann geschildert hat für den Staudenmajer in München, der ja auch ganz sonderbare Dinge herausgekriegt hat dadurch, daß er als ein Mensch, der gar keine Er­fahrung hat, wie man solche Dinge verwendet, nun eigentlich im Grunde genommen wirklich eine ganze Legion von Narren in seinem eigenen Organismus dadrinnen nach und nach angesammelt hat, so viel Narren, daß ihm diese Narren eben einfach auch den Gedanken nahe­gelegt haben, man sollte dieses Narrengezüchte nun auch noch kulti­vieren, man sollte da noch Universitäten, Schulen gründen, damit nun diese ganze Narretei noch weiter getrieben werden könnte. Und man kann sich wirklich nun vorstellen, daß ein naives Gemüt dafür die Ant­wort hat: Nun soll ich auch noch Steuern bezahlen dafür, daß der in seinem Affenkäfig dadrinnen leben kann mit seiner Magie, nicht wahr!

Aber es gibt tatsächlich heute sehr, sehr viele Dinge, welche einfach darauf hinauslaufen, daß man die betreffenden Leute, die sich solchen Dingen hingeben - und es besteht eine gewisse Gier sogar nach sol­chen Dingen -, daß man diese Leute wirklich toll macht, man kann schon sagen, toll macht eigentlich. Also so ganz unbedenklich sind solche Dinge durchaus nicht, und es ist schon gut, wenn man aufmerk­sam gemacht wird auf solche Dinge.

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Sehen Sie, wenn man, wie es ja bei mir der Fall war vor dem Kriege - jetzt ist es eben nicht mehr möglich -, wenn man sozusagen durch das halbe Europa öfter reisen mußte, so fand man wirklich über dieses halbe Europa hin eine immerwährende Erscheinung. Ich weiß nicht, wieviele Menschen sie bemerkt haben, aber derjenige, der in Geisteswissenschaft lebt, eignet sich nämlich für äußere Dinge auch ein gewisses Beobachtungstalent an, er sieht einfach gewisse Dinge. Er kann zum Beispiel nicht in einem Hotel einfach wohnen und gar nicht sehen, was da alles in den Portierlogen steckt an Briefen für Leute, die da ankommen, oder die nicht angekommen sind. Die Briefe stecken da von Leuten, die vielleicht gerade die Stadt oder dieses Hotel über­sprungen haben durch die Notwendigkeit der Reise und so weiter. Da fand man nun - aber es war eine immer wiederkehrende Erscheinung -in solchen Portierlogen, auch an anderen Orten, immer wieder und wiederum eine Sache: das waren die Entsendungen einer gewissen, wie man sie nannte, psychologisch-okkulten Zentrale. Die schickte an alle möglichen Adressen, deren sie nur habhaft werden konnte, solche An­kündigungen über ein «okkultes System», durch das man sich zu allem möglichen trainieren konnte. Man konnte sich zum Beispiel trainieren dazu, auf die anderen Leute einen günstigen Eindruck zu machen. Namentlich konnte man sich trainieren dazu, als Handelsagent die Leute leicht zu überreden, damit sie einem die Waren abnehmen. Oder man konnte sich auch noch andere interessante Dinge antrainieren, zum Beispiel, daß sich das andere Geschlecht leicht in einen verliebe und dergleichen. Nun, diese Dinge wurden ausgesandt, und diese Dinge fanden tatsächlich ein großes Interesse in der Welt. Der Krieg hat dann, nicht wahr, ein wenig einen Strich durch diese Rechnungen ge­macht aus dem einfachen Grunde, weil es allmählich unangenehm geworden war, daß diese Dinge zensiert wurden. Und da ja heute auch, wenigstens in den meisten Gegenden, die Zensuren nicht aufge­hoben sind, sondern im Gegenteil in einer ganz merkwürdigen Weise wirken, so hat sich die Bemühung, in dieser Weise, in dieser Beziehung auf Okkultismus einzutreten, noch nicht wiederum in eine Hausse verwandelt, und man merkt von diesen Geschichten heute weniger. Aber ich denke, sie werden dafür mehr von Mensch zu Mensch getrieben,

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unter Nichtbenützung der postalen Verhältnisse und ähnlicher Dinge. Also ich wollte damit nur sagen, daß dieses Vokal-Atmungs­spiel nicht ganz ohne Bedeutung ist und schon eine peinliche Neben­seite hat.

Nun wurden gestern verschiedene Frage gestellt, welche sich offen­bar beziehen auf die vorläufig nur als ein paar Bemerkungen gemach­ten Aussagen, die ich in der ersten Rezitationsstunde gemacht habe, und die in Zusammenhang gebracht wurden mit dem, was hier von Herrn Baumann aus über das Musikalische vorgebracht worden ist. Ja nun, in bezug natürlich auf das Wichtigste muß ich schon verweisen auf die folgenden Stunden über Deklamation, aber vielleicht kann ich ja auch da einiges Aphoristische bemerken.

So wurde zum Beispiel gefragt, welche Änderungen in der Art des Redens, der Schauspielkunst, durch die Geisteswissenschaft hervorge­bracht werden könnten. Da fiel allerdings ein Ausdruck, wenn ich ihn richtig verstanden habe - denn es kann sein, ich habe ihn nicht verstanden -, was an die Stelle der körperlichen Beredsamkeit treten soll. Ich glaube mich zu erinnern, daß dieser Ausdruck gefallen ist, weiß aber absolut nicht, was unter «körperlicher Beredsamkeit» ge­meint ist!

Zuruf: Mimik wird gemeint sein.

Ach, Mimik als Körperberedsamkeit? Nun ja, wenn das gemeint ist, so ist es ein recht okkulter Ausdruck. Aber vielleicht können wir ein paar Bemerkungen über die Sache auch machen, indem wir eini­ges vorausnehmen von dem, was ja im Zusammenhang in den Stun­den noch gesagt werden muß, und das vielleicht hier nur in etwas aphoristischer Form vorgebracht werden kann. Ich möchte sagen von der Art und Weise des Vortragens und des Spieles in der Schauspiel­kunst, sie haben ja im reichlichen Sinne auch eine Geschichte durch­gemacht. Man braucht sich nur daran zu erinnern, daß Goethe auch das Schauspiel, zum Beispiel seine «Iphigenie» mit seinen Schauspie­lern so eingeübt hat, daß er den Taktstock gehabt hat, daß er also auf das Metrum den größten Wert gelegt hat. Und wahrscheinlich würden

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die Menschen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dasjenige, was Goethe als das Schöne seiner Schauspielkunst bezeichnete, als eine Art Singsang oder etwas dergleichen bezeichnet haben. Es war tat­sächlich ein großes Wertlegen auf das Metrum vorhanden. Und man darf sich nicht vorstellen, daß, wenn Goethe selber zum Beispiel seinen Orest gespielt hat, er dann in einer solchen Weise wild geworden sei, wie ich es von manchen Orest-Darstellern in den nicht einmal moder­nen Bühnen gesehen habe. Wenn so ein Krastel den Orest dargestellt hat, ja, da hat man schon manchmal das Bedürfnis gehabt, einen Käfig anzuschaffen, um der Wildheit Grenzen zu setzen. So darf man sich durchaus nicht vorstellen, daß Goethe seinen Orest etwa selber dar­gestellt hätte, sondern im Gegenteil: er hat gerade dasjenige, was als Kraft und inneres intensives Leben im Inhalte vorhanden ist, gemildert und abgeglättet durch ein sorgsames Einhalten des Metrums. So daß Maß und Abstimmung in der Art und Weise des Vortrages war, den Goethe angewendet hat für seinen Orest.

Was das Mimische betrifft, so darf man sagen, daß dieses Mimische in früheren Zeiten - und die Zeiten liegen gar nicht so weit zurück -viel mehr der Gesetzmäßigkeit unterworfen war, als in der Theaterkunst, die im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts üblich geworden ist. Man hatte gewissermaßen für gewisse Arten von Empfindungen stereotype Bewegungen, und man hielt diese ein. So daß weniger zum Beispiel im einzelnen darauf gesehen wurde, wie irgendeine Handbewegung diese oder jene Leidenschaft ausdrückt, sondern es wurde vielmehr darauf gesehen, wie irgendeine Handbewegung ist, jetzt verläuft, sich anzu­schließen hat, indem eine schöne Form entsteht, an eine vorherige Handbewegung, und wie sie übergeht in eine nächstfolgende Handbe­wegung. Also es war die innere Gestaltung im Mimischen das Maßge­bende. Und in demselben Maße, in dem dieses Künstlerische sowohl im Sprechen wie in der Mimik zurückgegangen ist, in demselben Maße kam das naturalistische Sich-Hineinlegen in die einzelne Geste und das einzelne Wort herauf, und es kam dasjenige, was dann zuletzt über­haupt für die ganze Dramatik zu jener Forderung des Naturalismus wurde, die man eigentlich gar nicht befolgen kann im ernstlichen Sinne. Denn, nicht wahr, wenn das dann darauf hinauslief, daß man

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in den Bühnenräumen nur eigentlich eine Vorder- oder Hinterstube sah, in der sich dasjenige abspielte, was sich in drei Stunden sonst auch ganz naturgemäß in einem Vorderzimmer oder in einem Hinterzim­mer abspielt, ja, dann müßte man eigentlich sich sagen: Ganz natura­listisch würde der Bühnenraum gestaltet sein, wenn die Vorhangseite auch zugemacht wäre -, und es würde das letzte an Naturalistischem, was man für die Bühne angestrebt hat, eigentlich mit so etwas erreicht worden sein. Es wäre ja ganz interessant gewesen, wenn zum Beispiel die ästhetischen Wünsche des Arno Holz auch noch die Forderung auf­gestellt hätten, den Bühnenraum nach vorne durch eine Wand abzu­schließen, damit er nun ganz naturalistisch eine Hinterstube abbildet. Man hätte ja sehen können, was dann das Publikum für einen Ein­druck von solch einem Naturalistischen, von solch einem ganz Natura­listischen gehabt hätte.

Ich weiß, daß man natürlich, wenn man die Dinge bis zu diesem Grotesken treibt, sehr leicht etwas dagegen sagen kann. Aber zum Schluß kommt wirklich der extreme Naturalismus schon darauf hin­aus, daß man eigentlich nichts anderes sagen kann, als seine letzte Konsequenz wäre so etwas.

Und so ist es auch mit diesem Vorwärtstreiben des Schauspielers in die gewöhnliche naturalistische Sprechweise und in die naturalistische Geste. In künstierischeren Zeiten war die andere Tendenz vorherr­schend. Da strebte die Geste nach der schönen, plastischen Form, nach der bewegten plastischen Form. Und das gesprochene Wort strebte mehr zurück nach dem Musikalischen. So daß in der Tat auch die bühnen-mäßige Darstellung aus dem gewöhnlichen Naturalismus herausge­hoben war, indem sich die Schauspieler so bewegten, wie das dann ja für die Älteren unter uns noch bühnenmäßig zu sehen war bei jenen Tragöden und Tragödinnen, welche die Jüngeren schon nicht mehr gekannt haben, wie die Klara Ziegler und andere. Da hat man noch in der Dekadenz den letzten Nachklang sehen können. Man konnte die Sachen nicht mehr, aber man machte sie noch mit dem letzten Reste der plastischen Bühnenkunst und hatte in der Sprechweise noch das­jenige, was Klang und auch Ton und sogar Melos im Sprechen hatte.

Es war interessant: Diejenigen, die auf der einen Seite ja wild geworden

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sind, naturalistisch wild geworden sind, wie Krastel, auf der anderen Seite wollten sie nicht naturalistisch werden - da ging ihr Temperament mit ihnen durch -, sie wollten nicht naturalistisch wer­den. Daher nahmen sie aber auch wiederum in einer solchen Weise wie die anderen zu der Plastik beim Bewegen, ihren Weg zum Musi­kalischen hin beim Sprechen. Ich weiß nicht, ob jemand unter Ihnen ist, der sich an solche Dinge noch erinnert; aber man kann, wenn man Krastel öfter auf der Wiener Bühne noch gesehen und gehört hat, den Klang des Krastelschen Singsanges noch im Ohre haben.

Also man hat es, indem man zu früheren Formen der Schauspiel­kunst und der Mimik zurückkehrt, zu gleicher Zeit mit einem Sich-Nähern des schauspielmäßigen Darstellens an das Musikalische und an das Plastische zu tun. Und es beruht im Grunde genommen alles Künstlerische darauf, daß gewisse Urformen dieses Künstlerischen sich, ich möchte sagen, gespalten haben, daß aus dem, was eine Art Gesangs-kunst in der Vorzeit war, die einzelnen Formen, die differenzierten Formen des Künstlerischen entstanden sind. Wenn dann einer gekom­men ist, der sein ganzes Herz und seine ganze Seele wiederum zurück-gerichtet hat nach den Urformen des Künstlerischen, wie Richard Wagner, dann entstand bei ihm dieses Streben nach dem Gesamtkunst­werk. Aber je weiter wir zurückgehen in der menschlichen Geistes-entwickelung, desto mehr finden wir, daß das zusammenfließt, was heute voneinander getrennt ist. Zum Beispiel wird man, wenigstens für die älteren Zeiten des Griechentums, durchaus anzunehmen haben, daß man einen wirklichen Unterschied zwischen Rezitation und Ge­sang nur der Nuance nach machen kann. Die Rezitation war durchaus stark gesanglich gehalten. Und der Gesang näherte sich dem Rezitieren. Es war dasjenige, was sich dann differenziert hat nach Gesang und Rezitation, durchaus ein Einheitliches. Und in einer ähnlichen Weise ist es wohl auch bei den nördlicheren Völkern gewesen. Dasjenige, was die nördlicheren Völker hatten, war auch nicht einseitig Singen und einseitig Sagen, das heißt Deklamieren; sondern es war die Dekla­mationskunst, die dann aus der nordischen Art entstanden ist - ge­radeso wie die Rezitationskunst aus der südlichen Art entstanden ist -, es war die Deklamationskunst und der Gesang des Nordens, der doch

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auf ganz anderen Unterlagen beruhte als der griechische Gesang, die waren wiederum eine Art von Einheit. So daß wir es mit einem Diffe­renzieren der Künste zu tun haben. Und von der alten Form muß durchaus angenommen werden, daß einheitlich miteinander verbun­den waren Gesang, also Musikalisches, Rezitation oder Deklamation und rhythmisches Bewegen, Tanzkunst. Sie klangen durchaus als ein Einheitliches zusammen.

Diese Tanzkunst war dann eben die ältere Form der Eurythmie. Und sie ist durchaus - man kann dies allerdings nur mit geisteswissen-schaftlichen Forschungsmethoden erkennen -, sie ist durchaus, wenn auch in einer etwas anderen Form, weil alles natürlich einer Entwicke­lung unterliegt, als eurythmischer Teil in der griechischen Einheit von Gesang und Rezitationskunst mitverbunden, diese Eurythmie. So daß diese Eurythmie durchaus etwas im musikalischen Erleben älterer Zei­ten darstellt. Und wir tun im Grunde genommen nichts anderes heute, als daß wir in dem Eurythmischen wiederum zurückgehen auf frühere Formen des Künstlerischen. Nur daß wir natürlich Rechnung tragen müssen der heute schon stark vorgeschrittenen Tingierung der Künste. So daß jene enge Verbindung nicht vorhanden sein kann zwischen Gesang, Rezitation und Eurythmie, wie sie ganz gewiß im Griechen-rum zur Zeit des Äschylos noch da war. Wir müssen mehr damit rech­nen, daß wir zu einer Differenzierung gekommen sind. Daher müssen auch die Formen der Eurythmie heute durch eine wirkliche Inspiration, Intuition und Imagination gesucht werden.

Das sind sie auch. Ich habe das in einer gewissen Weise immer vor eurythmischen Vorstellungen in einer Art Einleitung erwähnt: Man darf sich nicht vorstellen, daß irgend etwas einfach herübergenommen ist aus den alten eurythmischen Formen; aber es ist durchaus dasjenige, was früher mehr instinktiv getrieben worden ist, in dem Sinne, wie es in unserer Zeit sein muß, ins Bewußtsein heraufgehoben. Und es ist diese sichtbare Sprache der Eurythmie unmittelbar aus der geistigen Welt heraus abgehört, abgenommen. Denn im Grunde genommen eu­rythmisieren ja alle Menschen! Sie alle eurythmisieren, nämlich Ihr Ätherleib. Dann, wenn Sie sprechen, eurythmisieren Sie. Das Geheim­nis des Sprechens besteht ja darinnen, daß der ganze Ätherleib den

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Impulsen des Vokales und des Konsonanten, der ganzen Fügung der Satzgestaltung folgt. Es spiegelt sich alles dasjenige, was eurythmisch dargestellt wird, in den Bewegungen des Ätherleibes, wenn Menschen sprechen. Und das Sprechen beruht nur darauf, daß dasjenige, was auf den ganzen Ätherleib verbreitet ist an Bewegungen, sich konzentriert durch den Kehlkopf und seine Nachbarorgane im Physischen. So daß derjenige, der den Ätherleib des Menschen schauen kann am sprechen­den Menschen, das Sprechen zweimal wahrnimmt: an den Bewegungen

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des Kehlkopfes und seiner Nachbarorgane und an dem ganzen Äther­leib. Und wenn wir hier nun Eurythmie treiben, so tun wir nichts ande­res, als daß wir im physischen Leibe die Bewegungen ausführen lassen, welche vom Ätherleib ausgeführt werden, wenn der Mensch spricht. Nur daß wir natürlich notwendig haben, all dasjenige, was die gewöhn­lichen menschlichen Atherleiber ausführen, in künstlerischer Weise zu runden, auszugestalten, ins Schöne umzusetzen und dergleichen.

Wenn trotzdem jeder Mensch fortwährend eurythmisiert, so kann ich Ihnen auch die Versicherung geben, daß nicht alle diese Euryth­mie auch durchaus ins Künstlerische brächten! Durchaus nicht immer sind die Offenbarungen schön, obwohl die Sache unter Umständen ungeheuer interessant ist. Und ich habe zum Beispiel einmal eine außer­ordentlich interessante eurythmisierende Gruppe gesehen. Ich mußte -1889 war es - in Hermannstadt einen Vortrag halten, fuhr von Wien nach Hermannstadt gerade am Weihnachtsabend. Und ich hatte das Malheur, daß ich in Budapest den Anschlußzug versäumte. So mußte

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ich mit einem Zug fahren, der statt über Debreczin über Szegedin fuhr, und ich kam an der ungarisch-siebenbürgischen Grenze an jenem Weih­nachtsabend an. Da traf ich dort, wo ich zwölf Stunden warten mußte, eine Gesellschaft, welche Karten spielte. Sie war, wie man sagt, aus allen möglichen jener einzelnen Nationalitäten zusammengewürfelt, die in dieser Weltenecke dort unten zu finden sind. Nun, ich stellte mich auf den Beobachtungsstandpunkt. Es war kein angenehmer Beob­achtungsstandpunkt, denn der Tisch, an dem ich mein Abendbrot essen sollte, der verlockte dazu, daß man erst sein Taschenmesser heraus-nahm und den Dreck abschabte. Und ähnliche Dinge mehr waren da wahrzunehmen. Aber - ich schaute zu. Der eine spielte die Karten aus. Nun hätten Sie die Eurythmie sehen sollen, die aus den Augen der anderen sprang! Der zweite spielte die Karten aus - da lagen zwei von der Gesellschaft schon oben auf dem Tisch. Dann spielte der dritte die Karten aus, dann lagen zwei unter dem Tisch dazu. Und als die weiteren Karten ausgespielt wurden, da ging alles bunt durcheinander:

eine ganz wunderbare, aber nicht schöne Eurythmie, die da diese Ätherleiber ausführten!

Aber es läßt sich so viel studieren über die menschliche Wesenheit und menschliche Natur, wenn man gerade solche Szenen beobachtet, wo der astralische Leib des Menschen in eine so furchtbar wütende Bewe­gung kommt, alle Leidenschaften eben zum Ausdruck bringt und dann den Ätherleib beherrscht. Und dann dieses Quietschen des Ätherleibs beim Schreienden! Sie können sich denken, daß die durcheinander ge­schrien haben. Und eben dieses Schreien war es, das dann in der Eu­rythmie sich auslebte. Es läßt sich viel dabei studieren. Aber wenn es sich um schöne Eurythmie handelt, muß man diese Bewegungen erst etwas runden, ins Schöne übersetzen.

Aber ich mache Sie da doch auf gewisse Vorgänge aufmerksam, die schon einmal der Begründung der Eurythmie vorangehen müssen, wenn diese Eurythmie nicht irgend etwas phantastisch Ausgedachtes sein soll, sondern wenn sie das sein soll, was ich immer in den Einleitungen zu den eurythmischen Vorstellungen vorgebracht habe. Und ich sage solche Sachen namentlich aus dem Grunde, weil man sich sehr häufig vorstellt, daß alles, was in der Geisteswissenschaft vorgebracht wird,

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und die Kunst, die sich aus ihr heraus aufbaut, nur so aus dem Ärmel geschüttelt sei. Das ist nicht aus dem Ärmel geschüttelt, sondern beruht durchaus auf sehr gründlicher Arbeit.

Nun ist damit wohl, wenigstens im wesentlichen, das getroffen, was ich mir gestern in bezug auf die Dinge notiert habe.

Da ist noch etwas über die chinesische Tonleiter. Dasjenige, was gestern über die chinesische Tonleiter erwähnt worden ist, ist gar nicht uninteressant, wenn man es zusammenhält mit dem, was ich gerade heute gesprochen habe. Ich sagte ja: Dem musikalischen Tatbestand, der in der Außenwelt sich abspielt, dem entspricht etwas in der mensch­lichen Konstitution. Und wenn heute geschildert wird, daß der Mensch aus diesen und diesen Gliedern besteht, die in dieser und jener Weise zu­sammenwirken - physischer Leib, Ätherleib, Astralleib und so weiter -, so kann man in einer gewissen Weise sagen: Auch da ist nun innere Musik drin, und diese innere Musik entspricht unserem äußeren mu­sikalischen Tatbestande.

Aber die Dinge ändern sich ja fortwährend mit der Menschheits­entwickelung. Und ein Chinese ist einmal ein anderer Mensch als ein Europäer. Ein Chinese trägt noch vielfach Verbindungen zwischen physischem Leib und Ätherleib, Ätherleib und Empfindungsseele, Emp-findungsseele und Verstandes- oder Gemütsseele und so weiter in sich, wie sie heute schon ganz verschwunden sind beim europäischen Men­schen. Diese Konstitution des chinesischen Menschen entspricht nun der chinesischen Tonleiter. Und man kann, wenn man Musikgeschichte so studiert, daß man zum Beispiel die Entwickelung des Tonleiter-systems vernünftig sich vornimmt, und wenn man Verständnis hat für den Zusammenhang der inneren menschlichen Organisation mit dem äußeren musikalischen Tatbestande, man kann geradezu aus den Ton­leitern und aus manchem anderen in dem musikalischen Tatbestande wiederum zurückblicken auf die Konstitution der betreffenden Men­schengruppe oder der betreffenden Menschenrasse und so weiter.

Nun bin ich auch noch gerade vorhin auf einen Zwiespalt der Mei­nungen aufmerksam gemacht worden in bezug auf dasjenige, was ich gestern mit dem Hineinvertiefen in den Ton gemeint habe.

Ich habe nicht gemeint, daß da in der Zeitfolge Töne noch vorhanden

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sind, die etwa zusammenklingen und dann als ein Ton aufge­faßt werden. Dies ist nicht gemeint, sondern gemeint ist, daß man heute beginnt - das hängt einfach mit der Entwickelung der Mensch­heit zusammen -, gegenüber dem, was bis in unsere Weltenzeit herein einfach von vielen Menschen als ein Ton erlebt worden ist, als von einer Gliederung zu sprechen, den Ton in sich zu spalten, so daß man gewissermaßen darauf hinsteuert, in den Ton tiefer hineinzugehen, unter den Ton hinunter und über den Ton darüber gewissermaßen hinausgeht zu einem anderen Ton. Und man kann dann, meinte ich, wenn man die dadurch abgeänderten eigentlichen Töne hat mit den zwei Nebentönen, die man sich eigentlich herausgebildet hat, wenn man diese drei Töne hat, so kann man den variierten Hauptton aus­drücken. Er ist dann ein etwas anderer Ton. Und die neu entstehenden Töne, die gewissermaßen eine kleine Melodie geben, bei denen wird man bemerken, daß man den einen nach unten, den anderen nach oben abschieben muß. Da trifft man aber dann, wenn man die ab-schiebt, nicht auf unsere gebräuchlichen Töne, sondern da trifft man auf Töne, die eben unsere heutigen Tonsysteme nicht haben. Und auf diese Weise, glaube ich, wird eine Erweiterung unseres Tonsystemes allerdings entstehen müssen.

Und es ist auch so, daß in gewissem Sinne ein entgegengesetzter Prozeß zu unserem heutigen Tonsystem wiederum geführt hat. Es ist auch das heutige Tonsystem durch allerlei Übereinanderlagerungen der Tonempfindungen erst entstanden. Unsere Töne würden in gewis­sen Zeitaltern nicht unmittelbar verstanden worden sein.

So glaube ich, daß in dem ganzen Tonempfinden gegenwärtig ein Umschwung sich vollzieht, und daß eben, wie auch eine ganz be­stimmte Tonkunst in den wirklich manchmal recht grotesken Formen des Experimentierens zum Vorschein kommt, daß sich darin auch etwas ankündigt von dem, was da heraus will. Denn ich muß zum Beispiel sagen: Entweder verstehe ich Debussy gar nicht, oder ich kann ihn nur so verstehen, daß er etwas von diesem Hineinleben in den Ton vorausahnte. Es ist doch eine ganz andere Art des musikalischen Emp­findens durch Debussy als zum Beispiel selbst noch bei Wagner. Nicht wahr, das kann man schon sagen.

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Also das ist es, was ich eigentlich gemeint habe, daß man aus dem einzelnen Ton heraus eine Art Melodie finde, die man dann nur ver­breitet in der Zeit. Man kriegt aber diese Melodie nur zustande, wenn man ein anderes Tonsystem hat. Das ist das, was ich gemeint habe.

Da ist noch eine Frage über das Verhältnis Goethes zur Tonlehre. Das ist ein, ich möchte sagen, etwas kompliziertes Kapitel, denn Goethes Verhältnis zur Tonlehre hat nicht nur eine, sondern zwei Quellen, zwei Ausgangspunkte. Aus dem Briefwechsel mit Zelter er-fahren wir manches über die Art und Weise, wie Goethe auf seinem höchsten Reifestandpunkt über Ton und Musik gedacht hat. Aber das hatte doch eigentlich zwei Quellen. Die eine Quelle war die, daß er ein gewisses naives musikalisches Verständnis hatte. Er war nicht ge­rade fleißig im Musikunterricht. Das mag wohl damit zusammenhän­gen, daß er auch in anderen Unterrichtszweigen, wo die Lehrer gar zu albern waren, nicht gerade zum Fleiß zu bringen war. Und, nicht wahr, wenn wir bekannt sind mit Goethes Orthographie in einem ge­wissen Alter seines Lebens, so wissen wir ja, wenn heute einer ein Goethesches Manuskript aus Goethes Archiv in die Hand bekäme so etwa aus dem Jahre 1775 - also er war reichlich in den Zwanzigerjah­ren drinnen -: «ganz liederlich», würde ein heutiger Gymnasiallehrer zu einem solchen Manuskript sagen, voller roter Striche wäre es dann, und «ganz ungenügend» würde darunterstehen. Und so bildet eigent­lich die eine Quelle mehr sein naives Musikverständnis als das, was er sich angelernt hat.

Dann aber gibt es eine andere Quelle der Goetheschen Tonlehre, das ist die, daß er aus seiner Farbenlehre heraus suchte, eine Ansicht zu gewinnen, die man eine allgemeine physikalische Ansicht nennen könnte. Und, nicht wahr, diese Farbenlehre ist ja ganz ursprünglich und mit riesigem innerem Fleiß und ganz aus der Sache heraus gebildet. Aber er konnte nicht auf allen Gebieten der Physik ursprüngliche Un­tersuchungen anstellen. Und so bildete er sich vieles in seinen An­schauungen über die Tonlehre dadurch aus, daß er gewissermaßen Analogien zur Farbenlehre bildete. So skizzierte er - er hat ja das alles nur schematisiert dargestellt -, so lieferte er zur Tonlehre Schemata, in denen er versuchte, die Erscheinungen des Musikalischen in eine

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Analogie zu demjenigen zu bringen, was er im Farbigen erlebte, in den Lichterscheinungen. Das ist die zweite Quelle.

Nun kommt als drittes - was nun keine Quelle ist, sondern eine Art Behandlung der Sache - bei Goethe noch etwas anderes dazu, nämlich das, daß Goethe in weitgehendstem Maße schon eine instinktive Emp­findung hatte für diejenigen Wege, die wir heute gegenüber der Welt aufdecken als geisteswissenschaftliche Wege. Man findet an ganz vie­len Stellen desjenigen, was Goethe geschrieben hat, ein merkwürdiges Erleben, das er dann von sich gibt in der mannigfaltigsten Weise, teils so theoretisch, wie er es in der Farbenlehre getan hat, teils analog theo­retisch wie die Tonlehre, aber auch in Dichtungen hinein lebt sich in einer merkwürdigen Weise dasjenige, was in Goethes Unterseele in­stinktiv von dem Wege vorhanden war. Namentlich interessant sind in dieser Beziehung diejenigen seiner Dichtungen, die Fragment ge­blieben sind, wie zum Beispiel die «Pandora». Wäre diese «Pandora» fertig geworden, sie wäre etwas, was ganz aus der geistigen Welt her­aus geschrieben wäre. Das hätte wirklich in der geistigen Welt ange­schaut sein müssen.

Nun, Goethe kam nicht bis zur geistigen Anschauung, aber er war innerlich ganz wahr. Daher machte er die Sache auch nicht fertig, die in dieser Weise aus einem inneren Hin- und Herwägen heraus stecken-blieb. Und dieses zu studieren, wie Goethe in solchen Dingen immer steckenblieb, und weil er eine wahre Persönlichkeit, eine wahre Natur war, die Sache dann gelassen hat, das gehört zu dem Interessantesten im Goetheschen Dichten. Daran sieht man, wie Goethe ein Empfin­den hatte, das, ich möchte sagen, auf geisteswissenschaftlich-anthropo­sophische Wege ging. Und das kam als drittes hinzu. So daß er in der Tat eben genialisch mehr in der Welt der Töne erschaute, als eigent­lich seinem erlernten Musikverständnis entsprochen hätte.

Aber gerade das half ihm wiederum über seine Vorurteile hinweg. Daher kommt ein gewisser geisteswissenschaftlicher Zug auch in die schematische Darstellung von Goethes Tonlehre. Und dasjenige, was in diesen Tonlehre-Schemata sich findet, zum Beispiel auch über die Beziehungen, die polarischen Beziehungen von Dur zu Moll, man kann das natürlich in der verschiedensten Weise auslegen. Es steht nur

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ein Schema da, und da ist das eine parallelisiert mit dem anderen, das andere parallelisiert mit dem einen. Man muß also natürlich Goethe schon ganz genau kennen, wenn man darauf kommen will, wie er sich selber das gedacht hat. Aber man kann daraus sehen, daß da schon auch Wege zu finden wären, um zu ganz günstigen Resultaten zu kom­men. Und auch Goethes Tonlehre könnte geisteswissenschaftlich für einen Physiker ebenso anregend sein, wie auf der anderen Seite für ei­nen Musiker. Denn es waltet durchaus auch in dem, was Goethe wis­senschaftlich geschaffen hat, ein künstlerisches Element. Und da hat man eben auch gerade in seinem Schema zur Tonlehre wirklich etwas, was schon eine Art, ich möchte sagen partiturartigen Eindruck macht sogar. Es ist etwas Musikalisches dadrinnen. Wie man auch etwas wirk­lich Musikalisches finden kann in der Art der Darstellung der Goethe-schen Farbenlehre.

Denn lesen Sie schließlich die Goethesche Farbenlehre jetzt auf ihre Komposition hin, auf das Aufeinanderfolgen der Ergebnisse, auf das Aufeinanderfolgen in der Schilderung der Experimente! Ich emp­fehle Ihnen das. Und lesen Sie hinterher irgendein gebräuchliches Physikbuch, also dies optische Kapitel eines Physikbuches der Gegen­wart, und Sie werden einen ganz gewaltigen Unterschied wahrneh­men. Dieser Unterschied hat auch eine Bedeutung, denn es wird die Zeit kommen, wo man schon empfinden wird gegenüber der wis­senschaftlichen Darstellung: Das Was bedenke, mehr bedenke Wie. -In dem Wie der Darstellung spricht sich eigentlich erst das aus, wie man die Sache versteht. Und es gehört auch zu den traurigsten Er­rungenschaften der neueren Zeit, daß man in einer gewissen Weise ein um so besserer Dozent wird, je weniger künstlerisch man schrei­ben kann, je schlimmer der Stil ist, und daß man ein um so schlech­terer Dozent ist, je künstlerischer man schreibt. Das wird zwar selbst­verständlich nicht gesagt, aber es ist doch die Einrichtung danach ge­macht. Und was an Barbarismen in der wissenschaftlichen Stilisierung in der neueren Zeit geleistet worden ist, darüber werden wohl in der späteren Zeit einmal interessante kulturhistorische Kapitel geschrieben werden, von denen sich die gegenwärtige Menschheit kaum etwas träumen läßt. «Wissenschaftliche Barbarei des Stiles im 19. und 20.

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Jahrhundert», das wird wahrscheinlich einstmals viele Seiten künftiger Literaturwerke füllen, wenn es noch solche Käuze gibt, die soviel über die Dinge schreiben, wie die gegenwärtigen Käuze über manches schreiben.

Nun glaube ich aber, daß ich die Fragen im wesentlichen erschöpft habe. Ich weiß nicht, ob nicht noch das oder jenes übriggelassen wor­den ist, aber sehen Sie, es kann ja nicht alles auf einmal erschöpft werden. Diese Dinge sollen auch nur hier anregen. Diese Vorträge und Übungen sollen auch nur Anregungen geben! Ich hoffe, daß Sie nicht ganz ohne das Gefühl, solche Anregungen empfangen zu haben, nach hoffentlich recht längerer Zeit erst von hier fortgehen.

ERSTES SCHLUSSWORT Dornach, 20. Dezember 1920 Nach einem Vortrag von Professor Franz Thomastik über akustische Probleme

#G283-1969-SE090 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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ERSTES SCHLUSSWORT

Dornach, 20. Dezember 1920

Nach einem Vortrag von Professor Franz Thomastik

über akustische Probleme

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Wenn ich selber nur ein paar Bemerkungen daran knüpfe, so ist es, um gewissermaßen in die Richtung zu weisen, daß über die Sache eigentlich überhaupt nicht diskutiert werden soll, sondern weiterge­arbeitet werden könnte. Ich glaube sogar, damit ganz in dem Sinne zu sprechen, wie Dr. Thomastik es selber meint. Es ist ja außerordent­lich bedeutsam, für die Ausführung der Ideen, die hier vorgetragen worden sind, nun wirklich auf die Prinzipien zu kommen, nach denen die Materialien für die Instrumente verwendet werden müssen.

Nun liegt eine gewisse Schwierigkeit vor, weil also diese Materia­lien, die wir zu Musikinstrumenten verwenden, in ihrer Entstehung so sind, daß sie etwas Sekundäres darstellen. Wir müssen uns darüber klar sein, daß wir eigentlich den wirklichen Ton nicht wahrnehmen. In einem der letzten Vorträge - ich glaube, wie Sie schon da waren -habe ich gesagt: Wir nehmen eigentlich den Ton wahr, wie er sich aus­drückt, kundgibt in der Luft. Und die Luft ist als solche nicht das völlig geeignete Medium für den Ton unter den irdischen Elementen. Der Ton würde ja in seinem eigenen Äther eigentlich erst adäquat wahrgenommen. Unter den irdischen Elementen müßte man sich aber eigentlich gewöhnen, den Ton, um ihn in seiner eigenen Wesenheit wahrzunehmen, möglichst in Wasser oder in flüssiger, feuchter Luft wahrzunehmen; denn da ist er eigentlich in Wirklichkeit drinnen.

Ich erwähne das nicht, um eine Kuriosität zu äußern - die Wirk­lichkeit ist manchmal viel kurioser als man denkt -, sondern ich er­wähne es deshalb, weil die Hölzer, aus denen wir unsere Instrumente bauen, die ja, nicht wahr, von den Pflanzen hergenommen sind, weil die nun wirklich aus dem Tonhaften der Feuchtigkeit, sowohl der Erdenfeuchtigkeit, aus der die Wurzel herauswächst, wie der Luft­feuchtigkeit gebildet sind. Und in einem gewissen Sinne wird man

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schon aus der äußeren Konfiguration, sagen wir, eines Baumes er­sehen können, ob sich das Holz zu einem niedrigen oder höheren Tone eignet. Es wird immer das Holz, das einem Baum angehört, der mehr gekerbte Blätter hat, das Holz sein für einen höheren Ton als das Holz eines Baumes, der solche Blätter hat (es wird gezeichnet). Denn

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der Baum ist ja herausgebildet aus dem Ton; er selbst ergibt den Ton. Und daraus wird sich ja das Prinzip ergeben, das ich noch nicht Ver­anlassung gehabt habe auszuarbeiten, das aber ganz gewiß, wenn die interessanten Ausführungen Dr. Thomastiks weiter verfolgt werden können, erkannt werden wird. Es wird sich da manches ergeben kön­nen, auch im geisteswissenschaftiichen Sinne, aus den Dingen, die ja hier wirklich sehr geistvoll angegeben worden sind.

Also wir müssen sagen, es handelt sich darum, den Baum ganz aus seiner Entstehung heraus zu studieren, und die Struktur des Holzes zu studieren, die ja im wesentlichen ausgegangen ist von dem, was das wässerige Element, das feuchte Element in sich schließt, das der eigent­liche Tonträger ist. Zum Beispiel wäre es schon ein Mittel, rein äußer­lich das zu machen, wenn man die Saugkraft für Feuchtigkeit des be­treffenden Holzes aus der Situation studieren würde. Das eine Holz zieht mehr Wasser ein, das andere weniger. Es würde schon dabei etwas herauskommen; aber das würde noch ein sehr rohes Verarbeiten sein.

Ich möchte noch eines bemerken. Es ist außerordentlich interessant, wie Herr Dr. Thomastik hier entwickelt hat gewissermaßen eine ideale Architektur für das musikalische Hören. Und es ist auch dies durch­aus etwas, was weiter verfolgt werden kann. Ich möchte Sie dabei

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nur auf eines aufmerksam machen. Die Wirklichkeit ist tatsächlich eine außerordentlich komplizierte Sache, und es ist außerordentlich schwierig, ich möchte sagen, von einer Ecke der Welt aus die Wirk­lichkeit gewissermaßen zu konstruieren. Sagen wir, man könnte zum Beispiel fragen: Warum sind drüben in unserem Bau unsere Säulen in verschiedenen Holzsorten? Und man könnte diese Holzsorten in Bezie­hung bringen zu den Holzsorten, aus denen die Instrumente gebaut werden sollen. Das wäre falsch, denn das ist ja nicht die Aufgabe dieser Holzsorten; sondern die Aufgabe dieser Holzsorten besteht in etwas anderem, das ich gleich nachher besprechen will, wenn ich etwas vor­ausgeschickt habe.

Sehen Sie, man kann sich in ganz idealer Weise vorstellen, wie man bauen müßte, wenn man ideal hören möchte. Dabei würde allerdings noch immer folgendes in Betracht kommen: Auch dann noch, wenn man irgendeinen Raum, etwa einen Konzertraum, der an einem Orte steht und eine gute Akustik gibt, genau kopiert und an einen anderen Ort setzt, so ist die Akustik unter Umständen gar nicht vorhanden. Das bleibt trotzdem bestehen. Aber man könnte sich einen idealen Raum denken, der ganz aus akustischen Prinzipien heraus gebaut ist.

Nun hat Herr Dr. Thomastik ein außerordentlich Wichtiges aus­geführt, nämlich, wie man gestört wird, wenn man im Konzertsaal sitzt, und vorne sitzt das Orchester. Der Bassist schwitzt ungeheuer, müht sich ab, und man muß das alles anschauen, man muß die ver­schiedenen Gliederverrenkungen sehen und dergleichen. Man wird durch dasjenige, was visuell vor einem steht, vollständig gestört in der Hingabe an den Ton, und auch durch die Bauverhältnisse gestört und so weiter.

Aber denken wir uns einen Raum, der also nun noch mehr aus der akustischen, aber ich will gar nicht einmal sagen aus der akustischen, sondern sogar ganz aus der musikalischen Ecke heraus gebaut ist. Ja, ein solcher Raum kann nicht davor bewahrt werden, daß, wenn wir drinnensitzen, wir ihn auch sehen von innen. Wir müssen ihn auch anschauen. Wenn wir nicht zugleich das Prinzip aufstellen, daß in dem Augenblicke, wo die Musik beginnt, der Raum verfinstert wird, so können wir nämlich - weil wir auch Augen haben - nicht bloß

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hören. Wir können ihn nicht nur akustisch bauen, abgesehen davon, daß wir ihn noch außerdem genießen müßten, bevor die Musik be­ginnt; sonst müßten wir auch im Finsteren hineingehen. Solche Räume, die rein nach akustischen Prinzipien gebaut wären, wären nämlich nicht schöner anzuschauen, als ein Orchester anzuschauen ist!

So ist es also notwendig, daß man die Wirklichkeit nicht bloß von einer Ecke her konstruiert, sondern daß man ein Organ dafür hat, von den verschiedensten Ecken her die Wirklichkeit zu konstruieren. Und sehen Sie, da ist für die Akustik das Zusammenschauen und Zusam­menempfinden eines viel weiteren Kreises von Faktoren notwendig, um solche Dinge hervorzurufen, wodurch in einem Raum, der zu gleicher Zeit schön sein soll, dennoch der Ton in einer entsprechenden Weise gehört wird, weil er immer von der Wand, auf die er auffällt, nicht nur zurückgeworfen, sondern auch aufgesogen wird. Er dringt immer eine gewisse Strecke hinein und wird dann erst zurückgeworfen. Es ist das Materialgefühl da, wenn man den Ton in einem gewissen Raume, der eben seine Wände in einein bestimmten Material hat, hört. Und so muß man, um diese Möglichkeiten der Reflektion hervorzu­rufen, Verschiedenes zusammenschauen. Und unter diesem Zusam­menschauen sind auch die verschiedenen sieben Holzsorten der Säulen gewählt. Die sind geradezu dazu da, um der Akustik zu dienen, also der Akustik, die durch Reflektion hervorgebracht wird.

Und so ist manches andere. So ist zum Beispiel vor allen Dingen die Doppelkuppel im Bau drüben, die einen Resonanzboden gibt, nach solchen Gesichtspunkten konstruiert, so gut es eben geht.

Nun, nicht wahr, dazu kommen natürlich auch andere Dinge in Betracht, vor allem, daß man nicht immer an den Ort hingehen kann, an dem in der einfachsten Weise die Akustik zu erreichen ist. Durch intuitives Anschauen läßt sich schon manches erreichen.

Auch das mit der in die Erde versenkten Orgel ist eine außerordent­lich geistvolle Sache! Aber es würde wiederum eine gewisse Schwierig­keit bieten, weil dieses verhältnismäßige Neutralsein der Pfeifen ge­genüber der äußeren Luft in dem Augenblicke aufhören würde, wo wir die Orgel wirklich in die Erde versenken würden. Sie würde näm­lich im Winter ganz anders tönen als im Sommer; sie müßte also im

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Winter ganz anders behandelt und gestimmt werden als im Sommer. Es würden sich also vor allen Dingen Winter und Sommer in einer intensiven Weise dabei bemerkbar machen. Und noch manch andere Dinge kommen in Betracht. Also es entstehen eine ganze Anzahl außer­ordentlich schwieriger Probleme, die nicht aus der Akustik, nicht ein­mal aus der musikalischen Ecke allein zu lösen sind.

Eine außerordentlich interessante Bemerkung hat Herr Dr. Tho­mastik gemacht. Das ist diese, daß in Wien eigentlich der Sammelplatz war für alle hohen Musiker, und daß diese Musiker an Wien festge­halten haben, an Wien viel gehabt haben, trotzdem man sie wahr­haftig dort nicht auf Rosen gebettet hat! Ich will Ihnen eine einfache Sache sagen, woran Sie sehen können, daß in Wien geradezu ein Sam­melbecken für gewisse Leute sein sollte. Sie können die geologischen Verhältnisse in Europa studieren, indem Sie über weite Gebiete gehen -nun, selbstverständlich ist das cum grano salis zu verstehen, aber das ist ein sehr kleines granum -: Das Wiener Becken, einfach der Boden, auf dem Wien steht, und die Umgebung, enthält so viel an Zusam­menfluß aller europäischen geologischen Verhältnisse, daß man im Wiener Becken fast die ganze europäische Geologie studieren kann. Nun, wenn Sie eine Ahnung davon haben, was das bedeutet, wie innig alles dasjenige, was im Geistigen ist, mit dem Boden zusammenhängt, wenn Sie bedenken, was das bedeutet, daß eigentlich ein Kompendium der ganzen europäischen Bodenverhältnisse in Wien ist, und wenn Sie das zusammenhalten damit, daß ja das Substantielle als solches, die Verhältnisse der Substanzen zueinander eigentlich die Tonleiter sind - nicht wahr, chemische Äquivalenzgewichte sind eigentlich Ton-verhältnisse (Lücke in der Nachschrift) -, wenn Sie das alles beden­ken, so werden Sie sehen, daß man innerlich wirklich geradezu aus den kosmischen Verhältnissen heraus das Richtige trifft, wenn man sagt, daß in Wien auch ein solches seelisch-geistiges Milieu ist, in dem ganz besonders musikalische Genies sich ansässig machen und sympa­thisch berührt fühlen müssen.

Interessant ist auch die Bemerkung, daß Graz eine unmusikalische Stadt ist. Nun, ich denke, man braucht bloß über die Murbrücke zu gehen und dem unsympathischen Rauschen der Mur, im Gegensatz

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zu anderen Flüssen, zuzuhören, und man wird sehen, daß die Natur dort beim Fließen der Mur sich musikalisch außerordentlich beleidi­gend benimmt. Ist dies nicht so? - Sie hat ein ungeheuer unsympathi­sches, gerade im Rauschen unsympathisches Gefälle! Das liegt aber auch in der dortigen, ganz besonderen Konfiguration. Wieviel musi­kalischer ist es, wenn man, sagen wir, mit der Nord-Westbahn gegen Wien zu fährt! Es wird da schon musikalisch in der ganzen Boden­beschaffenheit. Es sind die Berge und alles musikalisch angeordnet. Graz mag ja manches Liebe haben, aber es ist die ganze Alpenwelt, auch der Bodenbeschaffenheit nach, unmusikalisch hineingestellt.

Also es werden, wenn man schon hinausgeht über das rein Musi­kalische, dann ungeheuer weitgehende Probleme angeregt. Und ich möchte eigentlich dies als einen besonders günstigen Erfolg für die sehr wertvolle Auseinandersetzung des Herrn Dr. Thomastik heute betrachten, wenn bei Ihnen, meine lieben Freunde, möglichst viele solche Probleme angeregt würden.

Auch weise ich Sie noch im besonderen darauf hin, daß es wirk­lich außerordentlich bedeutsam ist, daß die Musikinstrumente im Grunde genommen noch aus den Traditionen der vierten nachatlan­tischen Zeit entstanden sind. Und indem die fünfte nachatlantische Zeit heraufkommt, kommen die Musikinstrumente in die Dekadenz. Das hängt mit der ganzen Entwickelung der fünften nachatlantischen Zeit zusammen. Und im Grunde genommen ist ja eigentlich diese fünfte nachatlantische Zeit eine unmusikalische. Das Intellektuelle und das Theoretische, das insbesondere im 19.Jahrhundert heraufge­kommen ist, ist etwas durchaus Unmusikalisches. Und es hängt schon mit der ganzen inneren Eigenart der fünften nachatlantischen Zeit zu­sammen, daß die Musikinstrumente in die Dekadenz gekommen sind. Und so leicht ist es natürlich nicht, sie auf ihre frühere Höhe zurück­zubringen. Denn - Herr Dr. Thomastik wird mir wohl recht geben -wenn die Forderung entstehen würde, daß heute ein Orgelbauer eine solche Orgel für ihn bauen sollte, wie es sein Ideal ist, so würde man wohl bis zur nächsten Inkarnation warten müssen. Ich glaube nicht, daß heute ein Orgelbauer solche Dinge baut, wie sie in seinen inter­essanten Ausführungen angegeben waren. Es ist zwar ein sehr schöner

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Vergleich, den Herr Dr. Thomastik gebraucht: daß, wenn einem Fa­brikanten die Musikinstrumente in die Hand gegeben wären, das so ist, wie wenn man beim Malen dem Fabrikanten die Farben in die Hand geben würde. Aber das ist ja das Ideal der heutigen Maler; die beziehen ihre Farben von dem Fabrikanten, machen nicht mehr selber ihre Farben. Sie kommen immer mehr und mehr in Abhängigkeit von den Malfarben-Fabrikanten, wie also die Musiker in Abhängigkeit gekommen sind von den Orgelbauern, Geigenbauern und so weiter.

Nun, gerade vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Ent­wickelung aus ist es daher von ganz besonderer Wichtigkeit, daß solche Bestrebungen auftauchen, wie diejenige ist mit dieser neu erbauten Geige. Denn dadurch kommt die ganze Frage der musikalischen In­strumente in Fluß. Es wird tatsächlich jener Strömung gedient, die wir durchaus aufsuchen von unserem Standpunkte aus: die Dekadenz-erscheinungen, die so bedeutsam sind auf allen Gebieten, zu bekämp­fen. Und von diesem Gesichtspunkte aus möchte man gerade einer solchen Arbeit, wie der mit dieser Geige, einen wirklich großen Erfolg wünschen. Denn dieser Erfolg liegt ganz in der Richtung, die wir sonst auch haben müssen mit unseren geisteswissenschaftlichen Be­strebungen.

Das sind nur ein paar Bemerkungen zu dem interessanten Vortrag.

ZWEITES SCHLUSSWORT Dornach, 7. Februar 1921 Nach einem Vortrag von Leopold van der Pais

#G283-1969-SE097 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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ZWEITES SCHLUSSWORT

Dornach, 7. Februar 1921

Nach einem Vortrag von Leopold van der Pais

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Ich möchte nur das eine dazu sagen: Herr van der Pals hat mit Recht darauf hingewiesen, daß in so etwas wie in dieser chinesischen Legende von der «Mondgeige», der Mensch fehlt. Und ich glaube, er hat ge­meint, nicht wahr, daß das etwas besonders Auffälliges ist, daß der Mensch herausgeworfen ist aus dem Hineingestelltsein des Menschen selbst in den ganzen Kosmos, im musikalischen Sinne. - Das ist doch zusammenhängend mit der inneren Bedeutung, die gerade in der orien­talischen Literatur, also auch in der chinesischen Literatur, solch eine Legende hat. Der Mensch steht schon in einem gewissen Sinne doch darinnen: Und gemeint ist immer ein tief gefühltes, man könnte für ältere Zeiten sagen, instinktiv-hellseherisch gewußtes Zusammen­sein des Menschen mit dem ganzen Kosmos.

So ist gerade im Chinesischen ein tiefes Bewußtsein des Zusammen­hanges vorhanden zwischen dem menschlichen Haupt und den oberen Sphären, zwischen dem menschlichen rhythmischen System, dem Lun­gen-Herzsystem und dem, was Erde ist, woran der Mensch also dadurch teilnimmt, daß er atmet, indem durch den Atem selbst sein rhythmi­sches System auch in Bewegung gesetzt wird. Und dann ist es der Mensch als ganzer, bei dem man empfindet, daß er innerhalb der Erdenevolution etwas Neues ist, eigentlich noch nicht mit irgend etwas Kosmischem in eine unmittelbare Beziehung gesetzt werden kann, wie sein Kopf als Teil oder seine Brustorgane als Teile, sondern es bleibt die Beziehung des ganzen Menschen zum Kosmos etwas Unbestimmtes.

Man bezeichnete aber doch dasjenige, was da im Menschen unbe­stimmt bleibt, als Mond im Menschen. Und es war ein gründliches, wenn auch instinktives Bewußtsein vorhanden davon, daß dasjenige, was gewissermaßen das dritte Glied eines dreigeteilten Menschen ist, daß das mondartig ist. Das liegt ja auch aller geisteswissenschaftlichen Auffassung des Menschen zugrunde (siehe Zeichnung, Mond).

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Nun unterschied man von diesem Mondartigen dasjenige, was sich gewissermaßen aus dem gesamten rhythmischen System heraus ergibt, was gewissermaßen auf dem rhythmischen System schwebend, das Ergebnis des rhythmischen Systems darstellt. Das ist dann das Sonnen-hafte (siehe Zeichnung, Sonne). Das würde dann hauptsächlich im Her­zen des Menschen konzentriert zu finden sein müssen.

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Diese beiden Glieder des Menschen sind gewissermaßen in der menschlichen Natur nach vorne gelegen. Das Sonnenhafte ist das­jenige, was er noch nicht zur vollen Entwickelung gebracht hat, das Sonnenhafte nicht im Sinne des alten Planeten, wie es meine «Geheim-wissenschaft im Umriß» meint, sondern der gegenwärtigen, am Him­mel erglänzenden Sonne.

Dazu kommt dann dasjenige im Menschen, was sich an das rhyth­mische System anlehnt: was die Gliederung seines Nervenapparates ist, und was in Beziehung steht zu den übrigen Planeten. So daß man etwa hat: ganz oben im Haupte, in einer Beziehung zum Gesamtnerven­system, Zentralnervensystem, den Saturn (siehe Zeichnung), dasjenige, was dann mehr zu den Sinnesorganen, zu den Augen hin liegt: Ju­piter, dasjenige, was den Sprachorganen, den Gesangsorganen zu­grunde liegt: Mars, dasjenige, was mehr hinüberleitet zum sympathi­schen Nervensystem: Venus und Merkur. So hätte man also die Ge­samtnatur des Menschen, wie sie aus dem Monde herübergekommen ist, als dasjenige, was zugrunde liegt. Und man würde zu unterschei­den haben fünf Verbindungslinien, die zurückgehen auf die fünf Pla­neten:

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Dadurch würde man das Innere des Menschen organisiert bekommen im Sinne eines ideellen, aber im Menschen sehr realen musikalischen Instrumentes.

Dieses musikalische Instrument wäre gewissermaßen auferbaut über der Mondwesenheit des Menschen. Und es wird, wie Sie ja wissen, in allen älteren Anschauungen der Mensch dargestellt unter dem Bilde eines Baumes oder einer Pflanze. Sie brauchen nur an die Weltesche zu denken. Diese Anschauungsweise geht sehr weit zurück. So brau­chen Sie also nur sich vorzustellen: Die fünf Sterne, Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur, sie senken sich nieder auf den Menschen-baum und spannen auf ihm die Lyra auf, so daß er zum musikalischen Instrumente wird. Über dem Ganzen schwebt, sich herabsenkend aus dem geistigen Weltenall, der Stimmer dieses Instrumentes: der Vogel Phönix, die unsterbliche Menschenseele.

In dieser chinesischen Legende liegt tatsächlich ein sehr bedeutungs­voller Sinn. Und der Mensch bleibt aus dem Grunde weg, weil er die Musik selber ist, weil die Legende von dem, was die Hauptsache ist, eben nicht redet. Sie redet von dem, was das ganze Musikinstrument zusammensetzt. Es ist gewissermaßen so, wie wenn einer eine Geige baut, und er redet vom Holz, von den Saiten, vom Steg, aber er redet nicht von der Geige. So redet diese chinesische Legende eigentlich von

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nichts anderem als vom Menschen, vom Werden dieser fünf Sterne, von der unsterblichen Seele; aber gerade weil das Ganze, aus dem es sich zusammensetzt, eigentlich auf den Menschen hintendiert, so bleibt der Mensch weg. Es ist dieses tiefe Bewußtsein vom Zusammen-hange der eigentlichen Musik mit der Menschennatur selbst, das da zugrunde liegt.

Deshalb hat ganz richtig Herr van der PaIs gesagt: Wer den Ur­sprung der Melodie sucht, der geht eigentlich ganz in die Irre, wenn er sie in der Jetztzeit irgendwie suchen würde. - Der, der sie suchen würde, müßte eigentlich in die heiligen Schriften und immer weiter und weiter zurückgehen, und er würde niemals ans Ende seiner For­schung kommen, denn die Melodien sind wirklich etwas, was zum alten Bestande einer ganzen menschlichen Kulturentwickelung gehört.

Man müßte eigentlich sagen: Nicht bloß war es einer wirklich tiefen Empfindung entsprungen, daß so jemand wie Nietzsche als erstes Werk schrieb: «Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik», sondern - wenn auch das absolut richtig ist, was Herr van der PaIs sagte, daß die musikalische Kunst, so wie wir sie jetzt auffassen, eigent­lich erst, als das Mittelalter zu Ende ist, aufgeht - das Musikalische als solches geht ganz tief in den Menschenursprung zurück. Und man könnte geradezu auch irgend etwas ausführen unter dem Thema: Der Ursprung des gesamten menschlichen Geisteslebens aus dem musika­lischen Elemente. - Denn, wer das Gefühl, das richtige Gefühl hat von einem kleinen Kinde, möchte immer sagen: Das kleine Kind wird eigentlich als ein Musikinstrument geboren. Und das Musikalische der Kinder beruht auf diesem Urzusammenhang gerade auch des melodiö­sen Elementes mit dem Menschen.

Aber, wie gesagt, diese Dinge im einzelnen heute auszuführen, das würde wahrlich zu weit führen. Ich wollte nur darauf hinweisen. Und auch der Ausdruck «Mondgeige» ist durchaus begründet, liegt in der ganzen Anschauung begründet, denn es ist eben die Mondwe­senheit des Menschen, an die hier appelliert wird, indem man davon spricht, daß die Mondgeige gebaut wird.

Das Tonerlebnis im Menschen

ERSTER VORTRAG Stuttgart, 7. März 1923

#G283-1969-SE103 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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ERSTER VORTRAG

Stuttgart, 7. März 1923

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Es wird natürlich nur etwas sehr Fragmentarisches sein, was wir in diesen zwei Tagen besprechen können, und ich werde im besonderen so sprechen, wie es gerade für den Lehrenden notwendig ist. Das­jenige, was ich sagen möchte, soll weder sein etwas Musikästhetisches, wie man das oftmals nennt, noch soll es etwas sein, was derjenige wünscht, möchte ich sagen, der eine Neigung hat, seinen Kunstgenuß dadurch beeinträchtigen zu lassen, daß man ihm irgend etwas sagt, was zum Verständnis dieses Kunstgenusses beiträgt. Nach beiden Richtungen hin, sowohl nach der Seite der Musikästhetik, wie man sie heute auffaßt, und nach der Seite des bloß Genießenden müßte anders gesprochen werden. Ich will aber heute eine allgemeine Grundlage gewinnen und morgen einiges ausführen, das dann zur Vorbereitung solcher allgemeiner Grundlagen eben in der Pflege des musikalischen Unterrichtes eine Bedeutung haben kann. Ein anderes Mal können diese Dinge dann weiter ausgeführt werden.

In bezug auf das Musikalische muß eigentlich bemerkt werden, daß, sobald man sich gedrungen fühlt, über dasselbe zu sprechen, eigent­lich sofort alle sonst im Leben angewendeten Begriffe in die Brüche gehen. Man kann kaum über das Musikalische mit den Begriffen spre­chen, die man gewöhnt ist im übrigen Leben anzuwenden. Man kann das aus dem einfachen Grunde nicht, weil das Musikalische eigentlich in der uns gegebenen physischen Welt nicht vorhanden ist. Es muß erst in diese gegebene physische Welt hineingeschaffen werden. Das bewirkte dann, daß Leute wie Goethe das Musikalische als eine Art Ideal alles Künstlerischen empfanden, daß Goethe sagen konnte: Die Musik ist ganz Form und Gehalt und beansprucht nicht irgendeinen sonstigen Inhalt als denjenigen, der ihr innerhalb ihres eigenen Ele­mentes gegeben ist. - Das hat ja auch bewirkt, daß in der Zeit, in welcher der Intellektualismus mit dem Verständnisse der Musik so außerordentlich gerungen hat - aus welchem Ringen dann das Büch­lein «Vom Musikalisch-Schönen» von Hanslick hervorgegangen ist -,

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daß in der Zeit die merkwürdige Unterscheidung gemacht worden ist gerade von Hanslick zwischen dem Inhalte der Musik und dem Gegen-stande eines Künstlerischen. Einen Inhalt gibt natürlich auch Hanslick, wenn er auch dies in sehr einseitiger Weise tut, der Musik; aber einen Gegenstand spricht er ihr ab. Einen solchen Gegenstand, wie ihn die Malerei hat, der in der äußeren physischen Welt vorhanden ist, hat ja die Musik nicht. Und das weist schon darauf hin, daß man es auch in unserem Zeitalter, wo der Intellektualismus an alles heran wollte, empfindet: an das Musikalische kann eigentlich der Intellektualismus nicht heran. Denn er kann nur an dasjenige heran, wofür es äußere Gegenstände gibt. Daher auch dieses Eigentümliche, das Sie überall in allerlei gutgemeinten Anleitungen für ein Musikverständnis finden werden, daß eigentlich die Tonphysiologie nichts zu sagen weiß über das Musikalische. Das ist ja ein überall verbreitetes Eingeständnis: Es gibt eine Tonphysiologie nur für Klänge, es gibt keine Tonphysiologie für Töne. Man kann eigentlich mit den heutigen gebräuchlichen Mit­teln das Musikalische nicht begreifen. Und daher ist es auch not­wendig, daß, wenn man beginnt über das Musikalische zu sprechen, man nicht appelliert an die gewöhnlichen Begriffe, die sonst unsere Welt begreifen.

Man wird vielleicht dem, worauf wir in diesen zwei Tagen kom­men wollen, am besten nahekommen, wenn man einen bestimmten, ich möchte sagen gegenwartshistorischen Ausgangspunkt nimmt. Wenn wir unser Zeitalter vergleichen mit früheren Zeitaltern, so fin­den wir dieses unser Zeitalter in einer ganz bestimmten Weise charak­terisiert in bezug auf das Musikalische. Man kann sagen: Dieses unser Zeitalter steht mitten zwischen zwei musikalischen Empfindungen darinnen. Die eine Empfindung hat es schon, die andere hat es noch nicht. Die eine Empfindung, die unser Zeitalter sich wenigstens bis zu einem gewissen hohen Grade errungen hat, ist die Terzenempfin-dung. Wir können in der Geschichte sehr gut verfolgen, wie der Übergang gefunden worden ist in der musikalischen Empfindungs­welt von der Quintenempfindung zu der Terzenempfindung. Die Ter­zenempfindung ist etwas Neueres. Dagegen gibt es in unserem Zeit­alter noch nicht dasjenige, was es auch einmal geben wird: die Oktavempfindung.

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Eine wirkliche Oktavempfindung ist eigentlich in der Menschheit noch nicht ausgebildet. Sie werden den Unterschied füh­len, der da besteht im Vergleich zum Empfinden der Töne bis zu der Septime. Während die Septime noch in bezug auf die Prim emp­funden wird, so tritt dann ein ganz anderes Erleben ein, sobald die Oktave herankommt. Man kann sie eigentlich nicht mehr unterschei­den von der Prim, sie fällt mit der Prim zusammen. Jedenfalls, der Unterschied, der für eine Quinte oder Terz vorhanden ist, ist für eine Oktave nicht da. Gewiß, wir haben doch eine Empfindung dafür. Aber das ist noch nicht die Empfindung, die sich einmal ausbilden wird, und die veranlagt ist. Die Oktavempfindung wird einmal etwas ganz anderes sein. Die Oktavempfindung wird einmal ungeheuer das musikalische Erleben vertiefen können. Das wird so sein, daß bei jedem Geltendmachen des Oktavischen in einem musikalischen Kunst­werk der Mensch geradezu eine Empfindung haben wird, die ich nur so umschreiben kann: Ich habe mein Ich neuerdings gefunden, ich bin in meiner Menschheit durch die Oktavempfindung gehoben. -Nicht, was ich hier mit Worten ausspreche, kommt in Betracht, son­dern es kommt dasjenige in Betracht, was empfunden werden kann.

Nun, verstehen, empfindend verstehen kann man diese Dinge eigentlich nur, wenn man sich darüber klar wird, daß das musikalische Erlebnis zunächst nicht jene Beziehung zum Ohr hat, die man ge­wöhnlich annimmt. Das musikalische Erlebnis betrifft nämlich den ganzen Menschen, und das Ohr hat eine ganz andere Funktion im musikalischen Erlebnis, als man gewöhnlich annimmt. Nichts ist fal­scher, als einfach zu sagen: Ich höre den Ton, oder ich höre eine Melodie mit dem Ohr. - Das ist ganz falsch. Der Ton oder eine Melo­die oder irgendeine Harmonie wird eigentlich mit dem ganzen Men­schen erlebt. Und dieses Erlebnis kommt mit dem Ohr auf eine ganz eigentümliche Weise zum Bewußtsein. Nicht wahr, die Töne, mit denen wir gewöhnlich rechnen, die haben ja zu ihrem Medium die Luft. Auch wenn wir irgendein anderes Instrument verwenden als gerade ein Blasinstrument, so ist doch dasjenige, als Element, worin der Ton lebt, die Luft. Aber das, was wir im Ton erleben, hat näm­lich gar nichts mehr zu tun mit der Luft. Und die Sache ist diese, daß

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das Ohr dasjenige Organ ist, welches erst vor einem Tonerlebnis das Luftartige vom Ton absondert, so daß wir den Ton, indem wir ihn erleben als solchen, eigentlich empfangen als Resonanz, als Reflexion. Das Ohr ist eigentlich dasjenige Organ, das uns den in der Luft leben­den Ton ins Innere unseres Menschen zurückwirft, aber so, daß das Luftelement abgesondert ist, und dann der Ton, indem wir ihn hören, im Ätherelemente lebt. Also das Ohr ist eigentlich dazu da, um, wenn ich mich so ausdrücken darf, das Tönen des Tones in der Luft zu überwinden und uns das reine Äthererlebnis des Tones ins Innere zu­rückzuwerfen. Es ist ein Reflexionsapparat für das Tonempfinden.

Nun handelt es sich darum, tiefer zu verstehen, wie das ganze Ton-erlebnis im Menschen geartet ist. Es ist so geartet, ich muß es noch einmal sagen, daß eigentlich dem Tonerlebnis gegenüber alle Begriffe in Verwirrung kommen. Nicht wahr, wir reden so hin: Der Mensch ist ein dreigliedriges Wesen, Nerven-Sinnesmensch, rhythmischer Mensch, Gliedmaßen-Stoffwechselmensch. - Ja, das ist für alle übri­gen Verhältnisse eigentlich so wahr als irgend möglich. Aber für das Tonerlebnis, für das musikalische Erlebnis ist es nämlich nicht ganz richtig. Für das musikalische Erlebnis ist eigentlich nicht in demselben Sinne das Sinneserlebnis vorhanden wie für die anderen Sinne. Das Sinneserlebnis ist beim musikalischen Erlebnis schon ein wesentlich verinnerlichteres als für die anderen Erlebnisse, weil für das musika­lische Erlebnis das Ohr eigentlich nur Reflexionsorgan ist, das Ohr eigentlich nicht in derselben Weise den Menschen mit der Außenwelt in Zusammenhang bringt wie zum Beispiel das Auge. Das Auge bringt den Menschen in Zusammenhang mit der Außenwelt für alle For­men des Sehbaren, auch für die künstlerischen Formen des Sehbaren. Das Auge kommt auch für den Maler in Betracht, nicht bloß für den die Natur Schauenden. Das Ohr kommt für den Musiker nur insofern in Betracht, als es in der Lage ist, zu erleben, ohne mit der Außenwelt in solcher Verbindung zu stehen wie zum Beispiel das Auge. Das Ohr kommt für das Musikalische dadurch in Betracht, daß es lediglich ein Reflexionsapparat ist. So daß wir eigentlich sagen müssen: Für das musikalische Erlebnis müssen wir den Menschen be­trachten zunächst als Nervenmenschen. Denn es kommt nicht das Ohr

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als unmittelbares Sinnesorgan in Betracht, sondern nur als Vermittler nach innen, nicht als Verbinder mit der Außenwelt - das Wahrneh­men der Instrumentalmusik ist ein sehr komplizierter Vorgang, über den werden wir noch zu sprechen haben -, aber als Sinnesorgan kommt das Ohr nicht unmittelbar in Betracht, sondern als Reflexionsorgan.

Und wiederum, wenn wir weitergehen, so kommt für das musika­lische Erleben sehr wohl dasjenige in Betracht, was mit den Glied­maßen des Menschen zusammenhängt, daher auch das Musikalische in das Tanzartige übergehen kann. Aber nicht in derselben Weise wie für die übrige Welt kommt dabei der Stoffwechselmensch in Betracht, so daß wir eigentlich schon die Gliederung des Menschen verschoben haben für den Menschen, wenn wir vom musikalischen Erlebnis sprechen.

Für das musikalische Erleben müssen wir sagen: Nervenmensch, rhythmischer Mensch, Gliedmaßenmensch. Die Sinneswahrnehmun­gen schalten als Begleiterscheinungen aus. Sie sind da, weil der Mensch Sinneswesen ist, und sein Ohr hat auch als Sinnesorgan eine Bedeu­tung, aber es hat nicht die Bedeutung, die wir ihm für andere Verhält­nisse der Welt zuschreiben müssen. Der Stoffwechsel ist nicht in der­selben Weise vorhanden, er ist Begleiterscheinung; es treten Stoff­wechselerscheinungen auf, aber sie haben gar keine Bedeutung. Da­gegen hat eine Bedeutung alles dasjenige, was als Bewegungsmöglich­keit in den Gliedmaßen lebt. Das hat eine ungeheuer große Bedeutung für das musikalische Erleben, weil wir mit dem musikalischen Erleb­nis die Tanzbewegungen verknüpfen. Und ein gutes Stück des musi­kalischen Erlebens beruht darauf, daß man an sich halten muß, die Bewegungen zurückhalten muß. Das weist Sie aber darauf hin, daß eigentlich das musikalische Erlebnis ein Erlebnis des ganzen Men­schen ist.

Nun, worauf beruht es, daß der Mensch in der Gegenwart ein Terzenerlebnis hat? Worauf beruht es, daß er erst auf dem Wege ist, ein eigentliches Oktavenerlebnis zu bekommen? Das beruht darauf, daß alles musikalische Erleben in der Menschenentwickelung eigent­lich zunächst uns zurückführt - sagen wir, wenn wir nicht weiter zu­rückgehen wollen, und das hat ja keinen Zweck; hier kann ich das aussprechen - in die altatlantische Zeit. In der altatlantischen Zeit war

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das ganz wesentliche musikalische Erlebnis das Septimenerleben. Wenn Sie in die altatlantische Zeit zurückgehen würden, so würden Sie finden, daß man dort - es schaut sehr wenig dem, was heute Musik ist, ähnlich - eigentlich alles abgestimmt hat in fortlaufenden Septi­men. Man kannte noch nicht einmal Quinten. Und das Septimen­erlebnis bestand eigentlich darin, daß man sich in diesem ganz auf dem Septimenerleben, durch die Oktaven hindurch auf dem Septimen­erlebnis aufgebauten Musik-Erleben immer vollständig entrückt fühlte. Der Mensch fühlte sich in diesem Septimenerleben aus seiner Erden-gebundenheit heraus. Er fühlte sich sofort in einer anderen Welt. Und der Mensch einer damaligen Zeit hätte ebensogut sagen können: Ich erlebe Musik -, wie er hätte sagen können: Ich fühle mich in der gei­stigen Welt. - Das war das präponderierende Septimenerlebnis. Das setzte sich sogar noch in die nachatlantische Zeit herein fort und spielte eine große Rolle, bis es anfing, unsympathisch empfunden zu werden. In demselben Maße, in dem der Mensch in seinen physischen Leib hereinrücken wollte, von seinem physischen Leibe Besitz er­greifen wollte, fing das Septimenerleben an, schmerzhaft empfunden zu werden, leise schmerzhaft empfunden zu werden. Und der Mensch fing an, das größere Wohlgefallen an dem Quintenerlebnis zu bekom­men, so daß eigentlich eine Skala, nach unserer Folge aufgebaut, dazu­mal gewesen wäre, durch lange Zeiten hindurch, in der nachatlan­tischen Zeit: d, e, g, a, h und wiederum d, e. Kein f und kein c. Also die f-Empfindung und die c-Empfindung müssen wir uns fortdenken, wenn wir in die ersten nachatlantischen Zeiten gehen. Dagegen wur­den durch die verschiedenen Oktaven hindurch die Quinten erlebt.

Die Quinten fingen also an, im Laufe der Zeit die angenehme, die wohlgefällige musikalische Empfindung zu werden. Aber alles Musi­kalische, das mit Ausschluß der Terz und mit Ausschluß dessen, was wir heute c nennen, arbeitet, alles solche musikalische Erleben war mit einem Grad von Entrücktheit durchdrungen. Es war durchaus etwas, das verursachte, daß man das Musikalische wie ein Hinein­versetztsein in ein anderes Element empfand. Man fühlte sich noch immer als aus sich herausgehoben in der Quintenmusik, als aus sich herausgehoben fühlte man sich. Und der Übergang zum Terzenerlebnis,

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das eigentlich zu verfolgen ist bis in den vierten nachatlantischen Zeitraum hinein - da ist das Terzenerleben noch nicht vollständig da, es sind eigentlich Quintenerlebnisse da; die Chinesen haben es heute noch, das Quintenerleben -, dieser Übergang zum Terzenerlebnis be­deutet zu gleicher Zeit dieses, daß der Mensch Musik mit seiner eige­nen physischen Organisation in Verbindung fühlt, daß er sozusagen zuerst dadurch, daß er Terzen erleben kann, sich als irdischer Mensch als Musiker fühlt. Vorher, bei dem Quintenerleben, hat er eher gesagt:

Der Engel in mir fängt an, Musiker zu werden. Die Muse spricht in mir. - «Ich singe», war nicht der richtige Ausdruck. «Ich singe», dieses zu sagen, dazu ist erst eine Möglichkeit da, wenn das Terzen­erlebnis eintritt. Da kann man anfangen, sich selber als den Singenden zu fühlen. Denn das Terzenerlebnis verinnerlicht das ganze musika­lische Empfinden. Daher gab es auch in der Quintenzeit durchaus keine Möglichkeit, das Musikalische zu kolorieren nach dem Anteil des Subjektiven. Der Anteil des Subjektiven war, bevor das Terzen­erleben herankam, eigentlich immer der, daß das Subjektive sich ent­rückt fühlte, in die Objektivität hinein sich versetzt fühlte. Erst beim Terzenerlebnis kam es so, daß das Subjektive sich in sich selber ruhen fühlte und der Mensch anfing, seine eigene Schicksalsempfindung, die Schicksalsempfindung des gewöhnlichen Lebens mit dem Musikali­schen zu verbinden. Daher beginnt dasjenige einen Sinn zu haben, was in der Quintenzeit überhaupt noch keinen Sinn hatte. Ein Dur und Moll hat in der Quintenzeit überhaupt noch keinen Sinn. Man konnte auch noch nicht von Dur sprechen. Das Dur und Moll, dieses eigentümliche Verbundensein der menschlichen Subjektivität, des ei­gentlichen inneren Empfindungslebens, soweit dieses Empfindungs­leben an die irdische Leiblichkeit gebunden ist, das beginnt erst im Verlaufe des vierten nachatlantischen Zeitraumes und ist an das Ter­zenerlebnis gebunden. Da tritt der Unterschied hervor zwischen Dur und Moll. Da tritt die Verbindung des Subjektiv-Seelischen mit dem Musikalischen ein. Und der Mensch kann das Musikalische kolorie-ren, bekommt erst jetzt das Kolorit. Da ist er bald in sich, bald außer sich, die Seele schwingt hin und her zwischen Hingebung und In-sich-Sein. Dadurch wird das Musikalische erst an den Menschen in

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entsprechender Weise herangezogen. So daß man sagen kann: Im Laufe des vierten nachatlantischen Zeitraumes beginnt das Terzen­erlebnis, beginnt zu gleicher Zeit die Möglichkeit, Dur- und Moll­stimmung im Musikalischen auszudrücken. - Darinnen stehen wir im Grunde genommen jetzt noch immer. Und wie wir darinnenstehen, das kann uns nur veranschaulichen ein Verständnis des ganzen Men­schen, welches Verständnis aber auch über die gewöhnlichen Begriffe ganz hinausgehen muß.

Man gewöhnt sich natürlich an, auch Anthroposophie so zu be­treiben, daß sie sich den gewöhnlichen Begriffen fügt, die man hat, und sagt dann: Der Mensch besteht aus physischem Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich. - Man muß es ja auch zunächst sagen, weil man den Menschen Etappen geben muß. Aber es ist auch nicht mehr als eine Etappe, wenn man es so sagt, denn die Sache ist viel kompli­zierter, als man denkt. Die Sache ist nämlich so, wenn wir den Men­schen zunächst auffassen - ich meine jetzt den irdischen Menschen -, wie er entsteht nach der Embryonalbildung, so haben wir etwa das Folgende: Wir haben vorausgehend beim Herunterkommen des Men­schen aus der geistigen Welt in die physische Welt ein Heruntersteigen vom Ich, geistig, zum Astralischen, zum Ätherischen. Und indem nun das Ich in das Astralische hineingeht, in das Ätherische hineingeht, kann es dann den physischen Menschen im Embryonalischen ergrei­fen, bildet darin die Wachstumskräfte und so weiter. So daß also, wenn wir den Menschenkeim betrachten, wir das so haben, daß dieser Menschenkeim durch physische Kräfte erfaßt wird, die aber ihrerseits schon beeinflußt sind, weil das Ich heruntergestiegen ist durch das Astralische und durch das Ätherische in das Physische. Wenn wir den fertigen Menschen, der in der physischen Welt lebt, betrachten, so wirkt zum Beispiel durch sein Auge unmittelbar auf das Physische das Ich geistig ein mit Überspringung zunächst - später im Inneren des menschlichen Organismus gliedert es sich wiederum ein - des Astra­lischen und Ätherischen. Wir bringen erst von innen aus das Astra­lische und Ätherische entgegen. So daß wir sagen können: Das Ich lebt auf eine zweifache Weise in uns. Zunächst lebt es in uns, indem wir als Menschen auf der Erde geworden sind und das Ich erst heruntergestiegen

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ist in die physische Welt und uns dann vom Physischen aus aufgebaut hat mit Einschluß des Ätherischen und Astralischen. Dann aber lebt, indem wir erwachsene Menschen sind, das Ich in uns, indem das Ich durch die Sinne auf uns Einfluß gewinnt, oder indem das Ich auf das Astralische einen Einfluß gewinnt, des Astralischen sich bemächtigt und in unserem Atem Einfluß gewinnt mit Ausschluß der eigentlichen Ich-Sphäre, des Kopfes, wo der physische Leib zum Organ des Ich wird. Nur in unseren Gliedmaßenbewegungen, wenn wir unsere Gliedmaßen heute bewegen, haben wir dieselbe Betätigung der Natur oder der Welt in uns, die wir in uns haben, wenn wir Embryonen sind. Das andere alles ist aufgesetzt. Wenn Sie gehen, so wirkt in Ihnen heute noch - oder wenn Sie tanzen - dieselbe Tätig­keit, die wirkte, wie Sie Embryo waren. Alle anderen Tätigkeiten, insbesondere die Kopftätigkeit, sind hinzugekommen, indem immer die abwärtsgehenden Strömungen weggelassen worden sind.

Nun geht tatsächlich das musikalische Erlebnis durch den ganzen Menschen. Und zwar so, daß dasjenige beteiligt ist, was am meisten abwärtsgestiegen ist, was also, ich möchte sagen, auf eine zunächst außermenschliche Weise, bevor der irdische Mensch sich gebildet hat, an den Menschen herangekommen ist, was die Grundlage gebildet hat für die Embryobildung, was heute nur dadurch in uns lebt, daß wir uns bewegen können, auch durch Gesten bewegen können. Das­jenige, was so im Menschen lebt, ist zu gleicher Zeit die Grundlage für die unteren Glieder der Oktave, also: c, cis, d, dis. Jetzt kommt es in Unordnung, wie Sie auch auf dem Klavier sehen können, weil da die Geschichte ins Ätherische hineingeht. Bei den untersten Tönen der Oktave - jeder Oktave - wird zunächst alles dasjenige in An­spruch genommen, was eigentlich im Gliedmaßensystem des Men­schen liegt, was also in dem Allerphysischsten des Menschen liegt. Jetzt, bei den Tönen etwa von e an, wirkt im wesentlichen das Vibrie­ren des ätherischen Leibes mit. Das geht dann wiederum bis f, fis, g. Dann kommen wir hinauf, wo dasjenige mitlebt, was in den Vibra­tionen des astralischen Leibes wirkt. Und dann spießt sich die Ge­schichte. Jetzt kommen wir, wenn wir vom c, cis ausgehen, wenn wir hier zu der Septime kommen, in eine Region hinauf, wo wir eigentlich

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stehenbleiben müssen. Das Erlebnis stockt, und wir haben ein ganz neues Element notwendig.

Wir sind, wenn ich mich so ausdrücken darf, von dem Innen-Ich ausgegangen, von dem physisch lebenden Innen-Ich, indem wir die Oktave begonnen haben. Und wir sind heraufgestiegen durch Äther­leib und astralischen Leib bis zur Septime und müssen jetzt übergehen zu dem direkt zu empfindenden Ich, indem wir zur Oktave herauf­kommen. Wir müssen uns ein zweites Mal finden, wenn wir zur Oktave heraufkommen. Wir müssen gewissermaßen sagen: In allen sieben Tönen lebt eigentlich der Mensch in uns, aber wir wissen nichts davon. Er stößt an uns in c, cis, durchschüttelt, weil er von dort aus stößt, unseren ätherischen, unseren astralischen Leib, wenn wir, sa-gen wir, ein f oder ein fis haben; der Ätherleib vibriert, er stößt nach dem astralischen Leib herauf - der Ursprung ist unten im Äther-leibe-, und kommen wir zu den Tönen bis zur Septime hin, haben wir das Astralerlebnis. Aber so recht wissen wir das nicht. Wir wissen es nur empfindend. Die Oktavempfindung bringt uns das Finden des eigenen Selbstes auf einer höheren Stufe. Die Terz führt uns nach unserem Inneren; die Oktave führt uns dazu, uns selber noch einmal zu haben, noch einmal zu empfinden. - Sie müssen überall die Be­griffe, die ich gebrauche, nur als Surrogate betrachten, überall auf die Empfindungen zurückgehen. Dann können Sie sehen, wie eigentlich das musikalische Erlebnis dahin strebt, den Menschen wiederum zu demjenigen zurückzuführen, was er in uralten Zeiten verloren hat. In uralten Zeiten, wo das Septimenerlebnis, also im Grunde genommen das ganze Skalenerleben da war, hat sich der Mensch im musikalischen Erlebnis als einheitliches, auf der Erde stehendes Wesen gefühlt, und dann war er im Septimenerlebnis auch außer sich. Also er hat sich in der Welt gefühlt. Musik war für ihn die Möglichkeit, in der Welt sich zu fühlen. Man konnte den Menschen überhaupt religiös unterrichten, indem man ihm die damalige Musik beibrachte, denn da verstand er gleich, daß man durch die Musik nicht nur irdischer Mensch ist, son­dern entrückter Mensch zugleich. Nun verinnerlicht sich das immer mehr und mehr. Es kam das Quintenerlebnis, wodurch der Mensch sich noch mit dem verbunden fühlte, was in seinem Atem lebte. Die

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Quintenzeit war im wesentlichen die Zeit, wo der Mensch so emp­fand. Er sagte sich, er sagte es nicht, er empfand es so; wollen wir es aussprechen, müssen wir so sagen: Ich atme ein, ich atme aus. Beim Alpdruck verspüre ich durch die Modifikation des Atmens das Atem-erlebnis besonders. Aber das Musikalische lebt gar nicht in mir, es lebt im Ein- und Ausatmen. - Er fühlte sich immer fortgehen in die­sem Musik-Erleben und wieder zu sich kommen. Die Quinte war etwas, was Ein- und Ausatmen begriff, die Septime begriff überhaupt nur das Ausatmen. Die Terz versetzt ihn in die Möglichkeit, die Fort­setzung des Atmungsprozesses nach innen zu erleben. Aus allen die­sen Gründen finden Sie auch die besondere Erklärung für das Fort­schreiten von dem reinen Mit-Begleitung-Singen, wie es in älteren Zeiten der Menschheitsentwickelung war, zu dem selbständigen Sin­gen. Der Mensch hat eigentlich zunächst immer an der Hand irgend­eines äußeren Tones, eines äußeren Tongebildes das Singen herange­bildet. Das emanzipierte Singen kam eigentlich erst später, womit auf der anderen Seite das emanzipierte Instrumentieren verknüpft ist, die emanzipierte Instrumentalmusik.

Nun kann man sagen: Der Mensch erlebte sich mit der Welt zu­sammen, indem er musikalisch erlebte. Er erlebte sich weder in sich noch außer sich. - Ein bloßes Instrument hätte er nicht hören können, einen abgesonderten Ton hätte er in der allerältesten Zeit nicht hören können. Es würde ihm so vorgekommen sein, wie wenn ein abgeson­dertes Gespenst herumgegangen wäre. Er konnte nur einen Ton, der aus äußerem Objektiven und innerem Subjektiven zusammengesetzt war, erleben. So daß also das Musik-Erleben sich nach diesen zwei Seiten trennt, nach dem Objektiven und nach dem Subjektiven.

Dieses ganze Erleben drängt sich natürlich heute in alles Musika­lische herein. Wir haben auf der einen Seite etwas, was der Musik eine ganz besondere Stellung in der Welt gibt, das ist, daß der Mensch im musikalischen Erleben den Anschluß an die Welt noch nicht fin­det. Er wird einmal kommen, dieser Anschluß an die Welt, er wird kommen, wenn das Oktaverlebnis in der skizzierten Weise eintreten wird. Dann wird nämlich das musikalische Erlebnis für den Men­schen der Beweis von dem Dasein Gottes sein, weil er das Ich zweimal

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erlebt, einmal als physisches Innen-Ich, das zweite Mal als gei­stiges Außen-Ich. Und indem man ebenso allgemein, wie man eine Septime, eine Quinte, Terzen verwendet, dann Oktaven mitverwen­det - die heutige Verwendung ist noch nicht diese -, wird das auf­treten als eine neue Art, das Dasein Gottes zu beweisen. Denn das wird das Oktaverlebnis sein. Man wird sich sagen: Wenn ich mein Ich einmal so erlebe, wie es auf der Erde ist, in der Prim, und es dann noch einmal erlebe, wie es im Geiste ist, dann ist das der innere Beweis vom Dasein Gottes. - Aber es ist ein anderer Beweis, als ihn der Atlantier durch sein Septimenerlebnis hatte. Da war alle Musik Be­weis für das Dasein Gottes. Aber es war nicht im mindesten ein Be­weis für das Dasein des eigenen Menschen. Wenn man musikalisch wurde, hatte einen der große Geist. Im Momente, wo man Musik trieb, war der große Geist in einem. Nun wird man da den großen Fortschritt der Menschheit im Musikalischen erleben, daß man nicht nur gottbesessen ist, sondern sich noch nebenbei hat, und das wird dazu führen, daß der Mensch einfach die Tonleiter als sich selber empfindet, aber sich selber als befindlich in beiden Welten. Sie kön­nen sich denken, welcher ungeheuren Vertiefung das Musikalische in der Zukunft noch fähig ist, indem es geradezu den Menschen nicht nur zu dem bringt, was er heute in unseren gewöhnlichen Musik­kompositionen erleben kann, die ja gewiß sehr weit gekommen sind, sondern er wird erleben können, daß er während des Anhörens einer Musikkomposition ein ganz anderer Mensch wird. Er wird sich ver­tauscht fühlen und wiederum sich zurückgegeben fühlen. In diesem Fühlen einer weit auseinanderliegenden menschlichen Möglichkeit liegt die weitere Ausbildung des Musikalischen. So daß man also sagen kann:

Zu den alten fünf Tönen d, e, g, a, h, ist eben f schon eigentlich bis zu einem allerhöchsten Grade hinzugekommen, noch nicht aber das eigentliche c. Das muß in seiner ganzen menschlichen Empfindungs­bedeutung eigentlich erst hereinkommen.

Das alles aber ist außerordentlich wichtig, wenn man nun der Auf­gabe gegenübersteht, die Entwickelung des Menschen in bezug auf das Musikalische zu leiten. Denn sehen Sie, das Kind bis so gegen das neunte Jahr hin hat, wenn man auch mit Dur- und Mollstimmungen

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an dasselbe herankommen kann, eigentlich noch nicht ein richtiges Auffassen von Dur- und Mollstimmungen. Das Kind, wenn wir es zur Schule hereinbekommen, kann ja zur Vorbereitung eines Späteren eben empfangen Dur- und Mollstimmungen, aber das Kind hat we­der das eine noch das andere. Das Kind lebt noch im wesentlichen -so wenig man es gerne zugeben will - in Quintenstimmungen. Und daher wird man natürlich als Schulbeispiele dasjenige nehmen kön­nen, was auch schon Terzen hat; aber will man so recht an das Kind herankommen, so muß man das Musikverständnis von dem Quinten­verständnis aus fördern. Das ist es, worauf es ankommt, während man dem Kinde eine große Wohltat erweist, wenn man mit Dur- und Mollstimmungen, überhaupt mit dem Verständnis des Terzenzusam­menhanges so in jenem Zeitpunkte herankommt, den ich auch sonst bezeichnet habe als nach dem neunten Lebensjahre liegend, wo das Kind wichtige Fragen an uns stellt. Eine der wichtigen Fragen ist das Drängen nach dem Zusammenleben mit der großen und der kleinen Terz. Das ist etwas, was um das neunte und zehnte Lebensjahr auf­tritt, und was man ganz besonders fördern soll. Soweit wir es können nach unserem gegenwärtigen Musikbestande, ist es notwendig, daß man um das zwölfte Lebensjahr versucht, das Oktavenverständnis zu fördern. So wird den Lebensaltern wiederum angepaßt sein, was von dieser Seite her an das Kind herangebracht werden muß.

Ungeheuer wichtig ist es eben, sich darüber klar zu sein, daß Musik im Grunde genommen nur innerlich im Menschen lebt, im Äther-leibe, wobei dann der physische Leib natürlich mitgenommen wird für die uüteren Skalentöne. Aber der muß in den Ätherleib herauf-stoßen, und der wiederum an den astralischen Leib. An das Ich kann nur noch getippt werden nach oben.

Während wir mit unseren grobklotzigen Begriffen für die andere Welt immer in unserem Gehirn darin leben, kommen wir aus dem Musikalischen in dem Momente heraus, wo wir Begriffe entfalten. Das Musikalische liegt nämlich in einem solchen Gebiete, daß wir über ihm haben das Begriff-Entfalten. Denken wir, dann müssen wir aus der Musik heraus, weil der Ton anfängt, sich in sich selbst zu schattieren, er kann nicht mehr als Ton empfunden werden. Wenn

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der Ton anfängt, sich in sich selbst zu schattieren - die philiströse Wissenschaft würde sagen, wenn er eine bestimmte Anzahl Schwin­gungen hat -, wird er nicht mehr als Ton empfunden. Wenn er an­fängt, sich in sich selbst zu schattieren, dann entsteht die Vorstellung, der Begriff, der sich dann verobjektiviert im Laute, der eigentlich den Ton aufhebt, im Laut, im Sprachlaut, der den Ton aufhebt, insoferne er Laut ist, nicht insoferne der Ton mitklingt natürlich. Und dann kommt das eigentliche musikalische Erleben nur hinunter bis zum Ätherleib, da kämpft es nun. Gewiß, das Physische stößt herauf in den unteren Tönen. Aber würden wir ganz in das Physische hinunter­kommen, so würde nämlich der Stoffwechsel zum musikalischen Er­leben mitgehören, und dann würde das musikalische Erleben aufhören, ein rein musikalisches Erleben zu sein. Das wird, ich möchte sagen, um das musikalische Erleben etwas prickelnder zu machen, in den Kontratönen auch erreicht. In den Kontratönen wird nämlich die Musik etwas aus sich selber herausgetrieben. Das eigentliche musika­lische Erleben, das ganz innerlich verläuft, nämlich weder im Ich noch im physischen Leibe, sondern im ätherischen und astralischen Men­schen, das eigentliche musikalische Empfinden, das innerlich ganz ge­schlossene musikalische Empfinden geht eigentlich nur bis zum Äther-leib, und zwar bis zu den großen Tönen. Die Kontratöne sind eigent­lich nur dazu da, um gewissermaßen die Außenwelt heranschlagen zu lassen an das Musikalische. Die Kontratöne sind im Grunde genom-men da, wo der Mensch nach außen mit dem Musikalischen hinschlägt und die Außenwelt wieder zurückschlägt. Es ist das Hereintreten des Musikalischen aus dem Seelischen in das Stoffliche. Wenn wir in die Kontratöne hinunterkommen, kommen wir mit der Seele in das Stoff­liche hinein, und wir erleben noch dieses Sich-Bemühen des Stoffes, nun auch musikalisch beseelt zu werden. Das ist es, was im Grunde genommen die Stellung der Kontratöne in der Musik bedeutet. Alles muß uns dahin führen, uns zu sagen: Nur ein wirklich irrationales, nicht rationales Verständnis des Menschen führt uns dazu, das Mu­sikalische auch irgendwie empfindend erreichen zu können und an den Menschen heranbringen zu können.

Nun wollen wir dann im einzelnen morgen fortfahren.

ZWEITER VORTRAG Stuttgart, 8. März 1923

#G283-1969-SE117 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

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ZWEITER VORTRAG

Stuttgart, 8. März 1923

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Noch einmal möchte ich betonen, daß die Absicht bei diesen zwei Vorträgen die ist, gerade den Lehrern der Schule dasjenige zu geben -allerdings ganz fragmentarisch und unvollständig, es muß bei der näch­sten Gelegenheit weiter ausgeführt werden -, was sie, ich möchte sagen, hinter dem Unterrichte brauchen.

Ich habe gestern davon gesprochen, welche Rolle auf der einen Seite im musikalischen Erleben die Quinte und auf der anderen Seite, welche Rolle die Terz, die Septime spielt. Nun haben Sie ja wohl aus dieser Darstellung entnehmen können, daß der Fortschritt in Quinten noch zusammenhängt mit demjenigen musikalischen Erleben, das eigentlich den Menschen beim Empfinden der Quinte aus sich heraus­bringt, daß also eigentlich der Mensch mit der Quintenempfindung eine Entrückung erlebt. Dies wird anschaulicher, wenn wir die sieben Skalen nehmen, von den Kontratönen bis hinauf zu den viergestriche­nen Tönen, wenn wir also sieben Skalen nehmen und bedenken, daß innerhalb dieser sieben Skalen die Quinte zwölf mal möglich ist. So daß wir also gewissermaßen in der Aufeinanderfolge der sieben mu­sikalischen Skalen verborgen haben noch einmal eine zwölfgliedrige Skala mit dem Quintenintervall.

Was bedeutet das eigentlich im Zusammenhange des ganzen musi­kalischen Erlebens? Das bedeutet, daß innerhalb des Quintenerleb­nisses der Mensch mit seinem Ich außerhalb seiner physischen Organi­sation in Bewegung ist. Er schreitet gewissermaßen die sieben Skalen in zwölf Schritten ab. Er ist also durch das Quintenerlebnis außerhalb seiner physischen Organisation in Bewegung.

Gehen wir nun zurück zu dem Terzenerlebnis - sowohl bei der großen wie hei der kleinen Terz ist das so-, so kommen wir zu einer inneren Bewegung des Menschen. Das Ich ist gewissermaßen inner­halb der Grenze des menschlichen Organismus, die Terzen erlebt der Mensch innerlich. Beim Übergange von einer Terz zu einer Quinte -auch wenn manches dazwischen ist, darauf kommt es nicht an - erlebt

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er also eigentlich den Übergang von Innenerlebnis zu Außenerlebnis. So daß man sagen kann: Die Stimmung ist in dem einen Fall beim Terzenerlebnis die Befestigung des Inneren, das Gewahrwerden des Menschen innerhalb seiner selbst, beim Quintenerlebnis das Gewahr-werden des Menschen in der göttlichen Weltenordnung. - Es ist also gewissermaßen ein Hinausschreiten in das weite Weltenall beim Quin­tenerlehnis, und es ist ein Zurückkehren des Menschen in das eigene Haus der Organisation beim Terzenerlebnis. Dazwischen liegt das Erlebnis der Quart.

Dieses Erlebnis der Quart ist für denjenigen, der hinter die Ge­heimnisse des Musikalischen kommen will, vielleicht eines der aller-interessantesten; nicht aus dem Grunde, weil gerade das Quarten-erlebnis als solches das interessanteste wäre, sondern weil dieses Quar­tenerlebnis in der Tat an der Scheidegrenze steht zwischen dem Quin­tenerlebnis der Außenwelt und dem Terzenerlebnis im Inneren des Menschen. Das Quartenerlebnis liegt gewissermaßen genau an der Grenze des menschlichen Organismus. Aber der Mensch empfindet nicht die physische Außenwelt, sondern die geistige Welt in der Quarte, er schaut gewissermaßen von außen sich selber an, wenn ich mich eines Gesichtsausdruckes bedienen darf für ein Gehörerlebnis. In der Quart ist es so, daß der Mensch - er bringt sich das nicht zum Bewußtsein, aber die Empfindung, die er beim Quartenerlebnis hat, beruht dar­auf -, im Quartenerlebnis ist es so, daß der Mensch sich selber unter Göttern fühlt. Während er beim Quintenerlebnis seiner selbst zu ver­gessen hat, um unter Göttern zu sein, braucht er beim Quartenerleb­nis nicht sich zu vergessen, um sich unter Göttern zu fühlen. Er geht ge­wissermaßen in der göttlichen Welt als Mensch herum beim Quarten-erleben. Er steht genau an der Grenze seiner Menschlichkeit, hat sie noch, schaut sie gewissermaßen von der anderen Seite an.

Das Quintenerlebnis als geistiges Erlebnis ist zuerst der Mensch­heit verlorengegangen. Der heutige Mensch hat ja nicht dieses Quin­tenerlebnis, das einstmals, ich will sagen, vier, fünf Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung noch da war. Da hatte der Mensch beim Quin­tenerlebnis in der Tat die Empfindung: Ich stehe in der geistigen Weit darinnen. - Da brauchte er kein Instrument, um draußen eine Quinte

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zu machen, sondern da empfand er die von ihm selbst hervorgebrachte Quinte als in der göttlichen Welt verlaufend, weil für ihn die Imagi­nation noch da war. Er hatte noch die Imagination, hatte auch die Imagination beim Musikalischen. Es war also noch ein Objekt da, ein musikalisches, beim Quintenerlebnis. Das hat der Mensch früher ver­loren als das Objekterlebnis bei der Quart. Die Quart war noch viel später so, daß der Mensch glaubte, wenn er das Quartenerlebnis hatte, er lebe und webe in etwas Ätherischem. Er fühlte gewissermaßen, wenn ich so sagen darf, beim Quartenerlebnis den heiligen Wind, der ihn selbst in die physische Welt hineinversetzt hat. So fühlten viel­leicht auch noch - wenigstens ist das nach ihren Äußerungen durch­aus möglich - Ambrosius und Augustinus. Dann ging dieses Quarten-erlebnis auch verloren, und man brauchte, um objektiv der Quart sicher zu sein, das äußere Instrument.

Damit deuten wir zu gleicher Zeit darauf hin, wie das musikalische Erlebnis in sehr alten Zeiten der Menschheitsentwickelung war. Da unterschied der Mensch - allerdings, er hatte noch nicht die Terz, er kam bis zu der Quart herunter, hatte noch nicht die Terz -, da unter­schied er nicht so: Ich singe - und: Es wird gesungen. - Beides war für ihn eines. Er war eben außer sich, wenn er sang, und er hatte zu gleicher Zeit ein äußeres Instrument. Er hatte gewissermaßen die Impression des Blasinstrumentes oder auch des Streichinstrumentes, die Impression, die Imagination. Die Musikinstrumente sind über­haupt zuerst als Imaginationen an den Menschen herangetreten. Die Musikinstrumente sind nicht durch Probieren erfunden, sondern die Musikinstrumente sind herausgeholt aus der geistigen Welt, mit Aus­nahme des Klaviers.

Nun, da haben wir zu gleicher Zeit gegeben den Ursprung des Liedes. Es ist heute schwer, eine Vorstellung von dem zu geben, wie der Gesang selber in derjenigen Zeit war, als das Quintenerlebnis noch rein war. Da war der Gesang tatsächlich noch etwas, was wie ein wortgemäßer Ausdruck war. Man sang, aber es war zu gleicher Zeit ein Sprechen von der geistigen Welt, das Singen. Und man war sich bewußt: Redest du von Kirschen und Trauben, so gebrauchst du welt­liche Worte; redest du von den Göttern, dann mußt du singen.

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Und dann kam diejenige Zeit, in welcher der Mensch nicht mehr Imaginationen hatte. Aber er hatte noch die Reste der Imaginationen -man erkennt sie heute nur nicht -, es sind die Worte der Sprache. Von der Verkörperung des Geistigen durch den Gesangston kam es zur Verkörperung des Wortlichen durch den Gesangston. Das ist ein Schritt herein in die physische Welt. Und dann erst geschah die spä­tere Emanzipation des Gesanglichen innerlich in dem Ariengesang und so weiter. Das ist eine spätere Stufe.

Wenn wir also zu dem ursprünglichen, zu dem Urgesang der Mensch­heit zurückgehen, so ist der Urgesang der Menschheit ein Sprechen von den Göttern und von den Vorgängen unter den Göttern. Und, wie gesagt, die Tatsache der zwölf Quinten in den sieben Skalen be­zeugt, daß vorhanden war mit dem Quintenintervall die Möglichkeit der Bewegung außerhalb des Menschen durch das Musikalische. Der Mensch kommt mit dem Musikalischen erst ganz an sich heran mit der Quart.

Nun hat gestern mit Recht jemand gesagt: Der Mensch empfindet etwas Leeres bei der Quinte. - Natürlich muß er etwas Leeres emp­finden bei der Quinte, weil er keine Imagination mehr hat und der Quinte eine Imagination entspricht, während der Terz eine Wahr­nehmung entspricht im Inneren. Also heute empfindet der Mensch etwas Leeres bei der Quinte und muß sie durch das Stoffliche des Instrumentes ausfüllen. Das ist der Übergang im Musikalischen von dem mehr spirituellen Zeitalter zu dem späteren materialistischen Zeitalter.

Nun müssen wir uns das Verhältnis des älteren musikalischen Men­schen zu seinem Instrumente tatsächlich in höchstem Maße als das einer Einheit vorstellen. Der Grieche fühlte sich ja sogar in die Not­wendigkeit versetzt, als Schauspieler seine Stimme durch ein Instru­ment zu verstärken. Die Verinnerlichung kam erst später. Die ältere Zeit hatte ein Musikalisches durchaus so, daß der Mensch fühlte, er trägt einen gewissen Kreis der Töne in sich, der nach unten nicht reicht in das Gebiet der Kontratöne hinein, nach oben nicht bis zu den doppelt gestrichenen Tönen, sondern ein geschlossener Kreis ist. Nun hatte er das Bewußtsein: Mir ist gegeben ein enger Kreis des Musikalischen. Da draußen im Kosmos geht das Musikalische nach

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beiden Richtungen weiter. Dazu brauche ich dann die Instrumente, um heranzukommen an dieses Kosmisch-Musikalische. - Und nun muß man die anderen musikalischen Elemente in Betracht ziehen, wenn man dieses ganze Verhältnis kennenlernen will.

Dasjenige, was heute für die Musik im Mittelpunkte steht - ich meine für die gesamte Musik, nicht etwa für Gesang oder Instrumen­talmusik -, das ist die Harmonie. Das Harmonische ergreift nun un­mittelbar das menschliche Fühlen. Dasjenige, was sich im Harmoni­schen ausdrückt, wird durch das menschliche Gefühl erlebt. Nun ist das Fühlen eigentlich dasjenige, was im Mittelpunkte des mensch­lichen Gesamterlebnisses steht. Nach der einen Seite läuft das Fühlen aus in das Wollen, und nach der anderen Seite läuft das Fühlen aus in das Vorstellen. So daß wir sagen können, wenn wir den Menschen betrachten: Wir haben in der Mitte das Fühlen; wir haben nach der einen Seite das Fühlen auslaufend in die Vorstellung, wir haben nach der anderen Seite das Fühlen auslaufend in das Wollen. An das Fühlen wendet sich unmittelbar die Harmonie. Harmonie wird im Fühlen erlebt. Aber die gesamte Gefühlsnatur des Menschen ist eigentlich eine zweifache. Wir haben ein Fühlen, das mehr dem Vorstellen zu­geneigt ist - indem wir zum Beispiel unsere Gedanken fühlen, ist das Fühlen dem Vorstellen zugeneigt -, und wir haben ein Fühlen, das dem Wollen zugeneigt ist; wir fühlen bei einer Tat, die wir tun, ob sie uns gefällt oder mißfällt, gerade wie wir bei einer Vorstellung fühlen, ob sie uns gefällt oder mißfällt. Das Fühlen zerfällt eigent­lich in zwei Gebiete in der Mitte.

Nun, das Musikalische hat das Eigentümliche: weder darf es ordent­lich in das Vorstellen hinauf - denn ein Musikalisches, das vom Vor­stellen, vom Gehirn erfaßt würde, würde gleich aufhören, ein Musi­kalisches zu sein -, noch darf aber das Musikalische ganz und gar ins Wollen hinuntersinken. Man kann sich nicht denken, daß zum Bei­spiel, ohne daß es ein abstraktes Zeichen ist, das Musikalische selbst unmittelbar Wollensimpuls würde. Wenn Sie die Mittagsglocke an­schlagen hören, werden Sie gehen, weil dies das Gehen zum Mittags-tische anzeigt, aber Sie werden das Musikalische nicht als den Impuls für das Wollen ansehen. Das ist etwas, was gerade zeigt: ebensowenig

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wie das Musikalische in das Vorstellen hinauf darf, ebensowenig darf es in das eigentliche Wollen hinunter. Es muß nach beiden Seiten hin aufgehalten werden. Das Erleben des Musikalischen muß innerhalb des Gebietes, das zwischen Vorstellung und Willen gelegen ist, ab­laufen, es muß ganz ablaufen in demjenigen Teile des Menschen, der eigentlich dem Alltagsbewußtsein gar nicht angehört, sondern der etwas zu tun hat mit dem, was herunterkommt aus geistigen Welten, sich verkörpert und wiederum durch den Tod durchgeht. Aber es ist unterbewußt da. Aus diesem Grunde hat das Musikalische in der äußeren Natur kein unmittelbares Korrelat. Indem sich der Mensch in die Erde hereinlebt, lebt er sich in dasjenige herein, was unmittel­bar vorgestellt werden kann und was er will. Aber die Musik geht nicht bis zum Vorstellen und Wollen; jedoch die Tendenz liegt vor, daß das Harmonische, ich möchte sagen, ausstrahlt nach dem Vorstel­len. Es darf nicht ins Vorstellen herein, aber es strahlt aus nach dem Vorstellen. Und dieses Ausstrahlen in den Bezirk unseres Geistes hinein, wo wir sonst vorstellen, das tut von der Harmonie aus die Melodie.

Das Melodische leitet das Musikalische aus dem Fühlensgebiet hin­auf in das Vorstellen. Im Melodienthema haben Sie nicht das, was wir im Vorstellen haben. Aber Sie haben im Melodienthema dasjenige, was in dasselbe Gebiet hinaufgeht, wo sonst die Vorstellung liegt. Die Melodie hat etwas Vorstellungsähnliches, ist aber keine Vorstellung, ist noch durchaus im Gefühlsleben verlaufend. Aber sie tendiert hin­auf, so daß das Gefühl eigentlich im Haupte des Menschen erlebt wird. Und das ist das Bedeutungsvolle des melodiösen Erlebens, daß das melodiöse Erleben dasjenige in der Menschennatur ist, welches den Kopf des Menschen dem Gefühle zugänglich macht. Der Kopf des Menschen ist sonst nur dem Begriffe zugänglich. Durch die Melodie wird der Kopf dem Fühlen zugänglich, dem wirklichen Fühlen. Sie schieben gewissermaßen durch die Melodie das Herz in den Kopf. Sie werden in der Melodie frei, wie sonst im Vorstellen. Das Gefühl wird abgeklärt, gereinigt. Es fällt alles Äußere von ihm fort, aber zu gleicher Zeit bleibt es durch und durch Fühlen.

Ebenso nun aber, wie die Harmonie nach dem Vorstellen hinauftendieren

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kann, kann sie nach dem Wollen hinuntertendieren. Aber sie darf da nicht hinunterkommen, sie muß ebenso sich verfangen, möchte ich sagen, im Gebiete des Wollens. Das geschieht durch den Rhythmus. So daß also die Melodie die Harmonie nach oben trägt, der Rhythmus trägt die Harmonie nach dem Wollen hin. Sie bekom­men das gebundene Wollen, das in der Zeit maßvoll verlaufende Wol­len, das nicht nach außen geht, sondern das an den Menschen selber gebunden bleibt. Es ist echtes Fühlen, das sich aber hineinerstreckt in das Gebiet des Wollens.

An dieser Stelle werden Sie es auch begreiflich finden, daß man zunächst, wenn man das Kind hat, das zur Schule kommt, leichter ein melodiöses Verständnis findet als ein harmonisches Verständnis. Man muß natürlich das nicht pedantisch nehmen. Im Künstlerischen darf niemals Pedanterie eine Rolle spielen. Man kann selbstverständlich an das Kind alles mögliche heranbringen. Aber geradeso wie eigentlich das Kind in den ersten Schuljahren nur Quinten verstehen müßte, höchstens noch Quarten und nicht Terzen - die beginnt es innerlich zu verstehen erst vom neunten Lebensjahre ab -, ebenso kann man sagen, daß das Kind das melodiöse Element leicht versteht und das harmonische Element eigentlich erst vom neunten, zehnten Lebens­jahre ab als Harmonisches zu verstehen beginnt. Natürlich, das Kind versteht den Ton schon, aber das eigentliche Harmonische daran kann man beim Kinde erst von diesem Jahre ab pflegen. Das Rhythmische allerdings nimmt die verschiedensten Gestalten an. Das Kind wird einen gewissen inneren Rhythmus schon sehr jung verstehen. Aber abgesehen von diesem instinktiv erlebten Rhythmus sollte man das Kind mit dem Rhythmus, zum Beispiel am Instrumental-Musikali­schen empfunden, erst nach dem neunten Lebensjahre plagen. Da sollte man die Aufmerksamkeit auf diese Dinge lenken. Auch im Musika­lischen kann man durchaus, möchte ich sagen, von dem Lebensalter ablesen, was man zu tun hat. Man wird ungefähr dieselben Lebens­stufen finden, die man sonst auch in unserer Waldorfschul-Pädagogik und -Didaktik findet.

Nun, wenn Sie das Hauptaugenmerk auf den Rhythmus lenken, so ist das rhythmische Element, weil es mit der Willensnatur verwandt

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ist und der Mensch doch innerlich den Willen in Tätigkeit versetzen muß, wenn er musikalisch erleben will, das eigentlich die Musik Aus­lösende. Das rhythmische Element löst die Musik aus. Nun beruht aller Rhythmus, gleichgültig in welchem Verhältnis der Mensch zum Rhythmus steht, auf dem geheimnisvollen Zusammenhang zwischen Puls und Atem, auf jenem Verhältnis, das besteht zwischen dem Atem - achtzehn Atemzüge in der Minute - und dem Puls - durch­schnittlich zweiundsiebzig Pulsschläge in der Minute -, auf diesem Verhältnis von eins zu vier, das natürlich in der mannigfaltigsten Weise erstens modifiziert werden kann, zweitens auch individualisiert werden kann. Daher hat jeder Mensch seine eigene Empfindung beim Rhythmus; weil sie aber annähernd gleich ist, verstehen sich die Men­schen in bezug auf den Rhythmus. Also alles Rhythmuserleben beruht auf dem geheimnisvollen Zusammenhang des Atmens mit der Herz-bewegung, mit der Blutzirkulation. Und so kann man sagen: Wäh­rend durch die Strömung des Atmens, also in äußerlicher Verlang­samung und innerlichem Qualitätserzeugen, die Melodie vom Herzen nach dem Kopf getragen wird, wird der Rhythmus auf den Wellen der Blutzirkulation vom Herzen in die Gliedmaßen getrieben, und in den Gliedmaßen fängt er sich als Wollen. - Dadurch sehen Sie auch, wie das Musikalische eigentlich den ganzen Menschen ausfüllt.

Stellen Sie sich den ganzen Menschen musikalisch erlebend als einen Menschengeist vor: Indem Sie melodiös erleben können, haben Sie den Kopf dieses Geistes. Indem Sie harmonisch erleben können, ha­ben Sie die Brust, das mittlere Organ des Geistes. Indem Sie rhyth­misch erleben können, haben Sie die Gliedmaßen des Geistes.

Was habe ich Ihnen aber damit beschrieben? Ich habe Ihnen den menschlichen Ätherleib beschrieben. Sie brauchen bloß das musika­lische Erlebnis zu schildern; wenn Sie das musikalische Erlebnis rich­tig haben, haben Sie den menschlichen Ätherleib leibhaftig vor sich. Nur, daß wir statt Kopf sagen: Melodie, daß wir statt rhythmischem Menschen sagen, weil es hinaufgehoben ist: Harmonie, und daß wir statt Gliedmaßenmenschen - Stoffwechsel dürfen wir nicht sagen -, statt Gliedmaßenmenschen sagen: Rhythmus. Wir haben den ganzen Menschen ätherisch vor uns. Es ist nichts anderes als dieses. Und im

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Quartenerlebnis erlebt der Mensch eigentlich sich selber als Äther-leib, richtig als Ätherleib, nur daß sich ihm eine Art Summierung bil­det. Im Quartenerlebnis ist eine angeschlagene Melodie, eine ange­schlagene Harmonie, ein angeschlagener Rhythmus, alles aber so in­einander verwoben, daß man es nicht mehr unterscheiden kann. Den ganzen Menschen erlebt man im Quartenerlebnis an der Grenze geistig, den Äthermenschen erlebt man im Quartenerlebnis.

Wenn nämlich das heutige Musikalische nicht in dem materialisti­schen Zeitalter wäre, wenn nicht alles übrige, was heute der Mensch erlebt, ganz das Musikalische eigentlich verdürbe: aus dem Musika­lischen heraus, wie es der Mensch heute hat - denn das Musikalische an sich ist auf einer weltgeschichtlichen Höhe dennoch angelangt -, würde der Mensch überhaupt gar nichts anderes sein können als An­throposoph. Es läßt sich das Musikalische nicht anders erleben, wenn man es bewußt erleben will, als anthroposophisch. Sie können gar nicht anders, als das Musikalische anthroposophisch erleben.

Wenn Sie die Dinge nehmen, so wie sie sind, werden Sie zum Bei-spiel folgende Frage sich vorlegen können: Ja, wenn man alte Tradi­tionen über das spirituelle Lehen nimmt, man findet überall gespro­chen von der siebengliedrigen Natur des Menschen. Diese sieben­gliedrige Natur des Menschen hat ja die Theosophie, die theosophi­sche Bewegung übernommen. Als ich meine «Theosophie» schrieb, mußte ich von einer neungliedrigen Natur sprechen, in den einzelnen drei Gliedern weiter einteilen, und bekam erst die Siebengliederung aus einer Neungliederung; Sie wissen ja:

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und weil 6 und 7 sich übergreifen, und 3 und 4 sich übergreifen, bekam ich auch den siebengliedrigen Menschen heraus für die «Theo­sophie». Aber dieses Buch hätte niemals geschrieben werden können in der Quintenzeit, denn in der Quintenzeit war alles spirituelle Er­leben dadurch gegeben, daß man in den sieben Skalen die Planeten-zahlen, die Tierkreiszahlen in den zwölf Quinten hatte. Da war das große Geheimnis des Menschen gegeben im Quintenzirkel. In der Quin­tenzeit konnten Sie gar nicht anders über Theosophie schreiben, als, indem Sie zum siebengliedrigen Menschen kamen. Meine «Theoso­phie» ist in der Zeit geschrieben, in der die Menschen ausgesprochen die Terz erleben, also in der Zeit der Verinnerlichung. Da muß man das Geistige in einer ähnlichen Weise suchen, wie man aus dem Quin­tenintervall durch Teilung zum Terzenintervall herunterkommt. Also ich mußte die einzelnen Glieder teilen wiederum. Sie können sagen:

Die anderen Bücher, die vom siebengliedrigen Menschen schreiben, sind einfach aus der Tradition der Quintenzeit, aus der Tradition des Quintenzirkels. Meine «Theosophie» ist aus der Zeit, in der die Terz die große musikalische Rolle spielt, in der auch schon, da wo es zur Terz kommt, die Verwicklung aufkommt: das mehr Innerliche nach der Mollseite, das mehr Äußerliche nach der Durseite, daher das un­klare Sich-Übergreifen zwischen 3 und 4, also zwischen Empfindungs­leib und Empfindungsseele. - Wenn Sie sagen Empfindungsseele: kleine Terz; wenn Sie sagen Empfindungsleib: große Terz. - Die Dinge der Menschheitsentwickelung drücken sich eben im musikalischen Werden viel klarer aus als in irgendeinem anderen. Nur muß man auf Begriffe verzichten. Wie ich Ihnen schon gestern sagte: mit dem Begreifen geht es nicht.

Und wenn jemand mit der Akustik, mit der Tonphysiologie kommt, dann ist überhaupt nichts zu machen. Es gibt keine Tonphysiologie, es gibt keine Akustik, die eine andere Bedeutung hätte als für die Physik. Eine Akustik, die eine Bedeutung für die Musik selber hätte, gibt es nicht. Man muß, wenn man das Musikalische begreifen will, ins Geistige hinein.

Nun sehen Sie, wie wir so die Quart zwischen der Quinte und der Terz darinnen haben: die Quinte so, daß der Mensch sich entrückt

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fühlt, mit der Terz sich in sich darinnen fühlt, mit der Quart an der Grenze zwischen ihm und der Welt. Ich habe Ihnen gestern gesagt, die Septime ist das eigentliche Intervall der Atlantier gewesen, die hatten überhaupt nur Septimenintervalle, nur hatten sie nicht das­selbe Gefühl wie wir heute, sondern wenn sie überhaupt Musiker wurden, dann waren sie ganz außer sich selber, dann waren sie in der großen, umfassenden Geistigkeit der Welt und darinnen in einer ab­soluten Bewegung. Sie wurden bewegt. Noch in dem Quintenerleb­nis war die Bewegung da. Die Sexte steht wiederum dazwischen drin­nen. Und daraus können wir ersehen: Diese drei Stufen, Septime, Sexte, Quinte, die erlebt der Mensch in der Entrückung, mit der Quart tritt er in sich herein, mit der Terz ist er in sich darinnen. Die Oktave wird er erst in der Zukunft in ihrer vollen musikalischen Bedeutung erleben. An dem herzhaften Erleben der Sekund ist der Mensch heute noch nicht angelangt. Das sind Dinge, die in der Zukunft liegen. Bei einer noch stärkeren Verinnerlichung des Menschen wird der Mensch die Sekund empfinden und überhaupt zuletzt den einzelnen Ton. Ich weiß nicht, ob sich einzelne erinnern werden, daß ich einmal in Dorn­ach bei einer Fragestellung gesagt habe, daß der einzelne Ton als ein Musikalisch-Differenziertes empfunden werden wird, daß schon im einzelnen Ton das Musikalisch-Differenzierte darin liegen wird.

Nun, wenn Sie dies ins Auge fassen, was da gesagt worden ist, dann werden Sie auch begreifen, warum in unserer Toneurythmie ge­rade die Formen auftreten, die eben auftreten, aber Sie werden auch noch ein weiteres begreifen. Sie werden zum Beispiel begreifen, daß rein aus dem Instinkte heraus das Gefühl entstehen wird, die unteren

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Glieder der Oktave, Prim, Sekund, Terz, so zu halten, daß man die Bewegung, wenn man hier steht, nach rückwärts gestaltet; daß man

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bei den oberen Tönen, Quinte, Sexte, Septime, den Instinkt hat, diese Bewegung nach vorne zu machen.

Das würden etwa die Formen sein, welche man als stereotype For­men, als typische Formen anwenden kann. Und bei den Formen, die für die einzelnen Musikstücke ausgebildet worden sind, werden Sie schon annähernd fühlen, daß diese Formen darin enthalten sind, darin sind im Quarten- oder Quintenerlebnis. Es ist eben durchaus not­wendig, daß gerade dieser Teil hier, das Heruntersteigen der Harmonie durch den Rhythmus in das Wollen, daß der sich gerade bei dem

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Eurythmischen in der Form ganz besonders auslebt. So daß man also die einzelnen Intervalle hat in den Formen, die man an sich macht, daß man aber dasjenige, was dann von den Intervallen in den Rhyth­mus hineingeht, auszuleben hat in diesen Formen, wobei ganz von selbst der Instinkt entsteht, bei der Quart eine womöglich geringe Bewegung auszuführen, nicht stillezustehen, aber eine womöglich ge­ringe Bewegung auszuführen. Denn sehen Sie, die Quart ist eigent­lich

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ein wirkliches Wahrnehmen, nur ein Wahrnehmen von der an­deren Seite. Gewissermaßen, wenn ich sage: Ich schaue mit dem Auge so-, müßte ich dabei das Auge anschauen, das Auge müßte nach rück­wärts schauen, dann wäre dies das aus der Seele gewonnene Quarten­erlebnis. Die Quinte ist das rechte Imaginationserlebnis. Wer Quinten richtig erlebt, weiß eigentlich schon, was subjektiv die Imagination ist. Wer Sexten erlebt, weiß, was Inspiration ist. Und wer Septimen erlebt - wenn er es überlebt -, weiß, was Intuition ist. Ich meine, die Form der Seelenverfassung beim Septimenerlebnis ist dieselbe wie hellseherisch bei der Intuition. Und die Form der Seelenverfassung beim Sextenerleben ist dieselbe wie bei der Inspiration beim Hellse­hen. Und das Quintenerlehnis ist ein richtiges imaginatives Erlebnis. Es braucht nur die Seelenverfassung ausgefüllt zu sein mit Schauen. Die Seelenverfassung ist beim Musikalischen durchaus da.

Deshalb werden Sie auch überall hören, daß in älteren Mysterien-schulen und in den übriggebliebenen Traditionen die hellseherische Erkenntnis auch eine musikalische Erkenntnis genannt wird, geistig-musikalische Erkenntnis genannt wird. Es wird überall darauf hin­gewiesen - die Leute wissen heute nicht mehr warum -, daß die ge­wöhnliche körperliche Erkenntnis besteht, die intellektuelle Erkennt­nis, und die spirituelle Erkenntnis, die aber eigentlich eine musika­lische Erkenntnis, eine im musikalischen Elemente lebende Erkennt­nis ist. Und im Grunde genommen würde es gar nicht so schwierig sein, die Lehre vom dreigliedrigen Menschen populär zu machen, wenn sich die Menschen heute ihres musikalischen Empfindens be­wußt wären. Gewiß, das musikalische Empfinden haben ja die Men­schen zur Not; aber sie sind in dem musikalischen Empfinden nicht richtig als Menschen darinnen. Sie stehen neben dem Musikalischen eigentlich; beim Erleben des Musikalischen ist die Sache nicht weit her. Würde das Erleben des Musikalischen ganz lebendig werden in den Menschen, dann würden sie fühlen: Im Melodiösen ist mein äthe­risches Haupt, und das Physische ist herausgefallen; da habe ich die eine Seite der Menschenorganisation. Im Harmonischen ist mein äthe­risches Mittelsystem, das Physische ist herausgefallen. Dann verschiebt sich das wieder um eine Oktave. Und wieder im Gliedmaßensystem -

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darüber sollte man eigentlich nicht viel Worte verlieren, es ist hand­greiflich - haben wir dasjenige, was rhythmisch im Musikalischen auf­tritt.

Nun, wie ist denn überhaupt die musikalische Entwickelung des Menschen? Sie geht aus von dem Erleben des Spirituellen, des Geisti­gen, von dem Gegenwärtigmachen des Spirituellen im Tone, im musi­kalischen Tongebilde. Das Spirituelle verliert sich, das Tongebilde be­hält der Mensch. Später verbindet er es mit dem Worte als dem Rest des Spirituellen, und dasjenige, was er früher als Imaginationen gehabt hat, die Instrumente, bildet er dann im Physischen aus, macht aus dem physischen Stoffe seine Instrumente. Die Instrumente sind alle aus der geistigen Welt herausgeholt, insofern sie tatsächlich die mu­sikalische Stimmung erregen. Der Mensch hat einfach, indem er phy­sische Musikinstrumente gemacht hat, die leeren Plätze ausgefüllt, die dadurch geblieben sind, daß er nicht mehr das Spirituelle sah. Da hat er die physischen Instrumente hineingestellt.

Sie sehen daraus, es ist richtig: Im Musikalischen ist es mehr als sonstwo zu sehen, wie der Übergang ins materialistische Zeitalter vor sich geht. Da, wo die Musikinstrumente erklingen, haben eigentlich früher geistige Entitäten dagestanden. Die sind weg, sind verschwun­den vom alten Hellsehen. Wenn der Mensch das Musikalische objektiv haben will, so braucht er aber etwas, was nicht in der äußeren Natur da ist. Die äußere Natur gibt ihm kein Korrelat für das Musikalische, also braucht er seine Musikinstrumente.

Nur allerdings, die Musikinstrumente sind wirklich im Grunde ge­nommen ein deutlicher Abdruck dessen, daß das Musikalische mit dem ganzen Menschen erlebt wird. Daß das Musikalische durch das Haupt des Menschen erlebt wird, dafür sind ein Beweis die Blasinstru­mente. Daß dasjenige, was durch die Brust erlebt wird, in den Armen besonders zum Ausdruck kommt, dafür sind die lebendigen Zeugen die Streichinstrumente. Dafür, daß das Musikalische durch das dritte Glied, den Gliedmaßenmenschen sich auslebt, dafür sind alle Schlag­instrumente oder der Übergang von Streichinstrumenten zu Schlag­instrumenten ein Beweis. Aber es hat auch alles dasjenige, was mit dem Blasen zusammenhängt, einen viel intimeren Bezug zum Melodiösen

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als dasjenige, was mit den Streichinstrumenten zusammen­hängt, das hat einen Bezug zum Harmonischen. Und dasjenige, was mit dem Schlagen zusammenhängt, hat mehr inneren Rhythmus, ist verwandt mit dem Rhythmischen, da ist der ganze Mensch darinnen. Und ein Orchester ist ein Mensch. Bloß darf kein Klavier im Orchester stehen.

Ja, warum? Nun ja, die Musikinstrumente sind heruntergeholt aus der geistigen Welt. Nur in der physischen Welt hat sich der Mensch das Klavier gemacht, wo die Töne rein abstrakt aneinandergesetzt sind. Irgendeine Pfeife, irgendeine Geige, alles das ist etwas, was schon musikalisch aus der höheren Welt herunterkommt. Ein Klavier, ja, das ist eben so wie der Philister: der hat nicht mehr den höheren Men­schen in sich. Das Klavier ist das Philisterinstrument. Es ist ein Glück, daß es das gibt, sonst hätte der Philister überhaupt keine Musik. Aber es ist das Klavier dasjenige, was schon aus einem materialistischen Er­leben des Musikalischen entstanden ist. Daher ist das Klavier das Instrument, das man am bequemsten verwenden kann, um innerhalb des Stofflichen das Musikalische zu erwecken. Aber es ist eben der reine Stoff, der da in Anspruch genommen worden ist, daß das Kla­vier der Ausdruck des Musikalischen hat werden können. Und so muß man sagen: Das Klavier ist natürlich ein sehr wohltätiges Instrument -nicht wahr, sonst müßten wir ja das Geistige ganz von Anfang an in unserem materialistischen Zeitalter beim musikalischen Unterrichte zu Hilfe nehmen -, aber es ist dasjenige Instrument, das eigentlich musikalisch überwunden werden muß. Der Mensch muß loskommen vom Klaviereindruck, wenn er das eigentliche Musikalische erleben will.

Und da muß man schon sagen: Es ist immer ein großes Erlebnis, wenn ein Musiker, der im Grunde ganz im Musikalischen lebt wie Bruckner, dann auf dem Klavier gespielt wird. Das Klavier verschwin­det im Zimmer, bei Bruckner verschwindet das Klavier! Man glaubt, andere Instrumente zu hören, man vergißt das Klavier. Das ist eigent­lich bei Bruckner so. Dies ist ein Beweis, daß in ihm noch etwas ge­lebt hat - wenn auch auf sehr instinktive Weise - von dem eigentlich Spirituellen, das aller Musik zugrunde liegt.

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Das sind so die Dinge, die ich Ihnen in diesen Tagen ganz frag­mentarisch und anspruchslos habe sagen wollen. Ich glaube, wir wer­den bald Gelegenheit haben, die Dinge fortzusetzen. Dann werde ich Ihnen über das eine oder andere noch Genaueres sagen.

DRITTER VORTRAG Dornach, 16. März 1923

#G283-1969-SE133 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

#TI

DRITTER VORTRAG

Dornach, 16. März 1923

#TX

In der letzten Zeit hatte ich wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß man ebensogut eine Lebensbeschreibung des Menschen geben könnte für die Zeit, die er immer zwischen dem Einschlafen und Auf­wachen zubringt, wie man eine solche gibt für die Zeit zwischen dem Aufwachen und Einschlafen. Alles, was der Mensch erlebt zwischen dem Aufwachen und Einschlafen, erlebt er durch seinen physischen und ätherischen Leib. Dadurch, daß er in dem physischen und ätheri­schen Leib entsprechend ausgebildete Sinnesorgane besitzt, ist es ja so, daß ihm diese Welt bewußt wird, die als seine Umgebung mit dem physischen und Ätherleib verbunden ist, sozusagen eines mit ihm ist. Weil er in seinem gegenwärtigen Entwickelungszustand in seinem Ich und astralischen Leib nicht in ähnlicher Weise geistseelische Organe ausgebildet hat, die gewissermaßen - wenn ich den paradoxen Aus­druck gebrauchen darf - übersinnliche Sinnesorgane wären, kann er das, was er zwischen dem Einschlafen und Aufwachen erlebt, nicht zu seinem Bewußtsein bringen. So daß also nur ein geistiges Anschauen dasjenige überblicken könnte, was gewissermaßen die Biographie dieses Ich und astralischen Leibes enthalten würde, parallel der Biographie, die mit Hilfe des physischen und ätherischen Leibes zustande kommt.

Nun, wenn man von den Erlebnissen des Menschen in der Zeit zwi­schen dem Aufwachen und Einschlafen spricht, so gehört ja notwendig zu diesen Erlebnissen dasjenige, was mit ihm zusammen, von ihm erlebt und durch ihn bewirkt, in seiner physisch-ätherischen Umgebung vor­geht. Man muß deshalb sprechen von einer physisch-ätherischen Um­gebung, einer physisch-ätherischen Welt, in welcher der Mensch zwi­schen dem Aufwachen und Einschlafen ist. Ebenso ist er aber in einer Welt zwischen dem Einschlafen und Aufwachen, nur ist das eine Welt, die ganz anders geartet ist als die physisch-ätherische Welt. Und es besteht die Möglichkeit für das übersinnliche Anschauen, von dieser Welt zu sprechen, die geradeso unsere Umgebung ist, wenn wir schla­fen, wie die physische Welt, wenn wir wachen, unsere Umgebung ist.

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Und wir wollen in diesen Vorträgen einiges vor unsere Seele treten lassen, was diese Welt beleuchten kann. Dazu sind ja die Elemente gegeben in dem, was Sie zum Beispiel beschrieben finden in meiner «Geheimwissenschaft im Umriß». Da finden Sie in einer gewissen Weise, wenn auch skizzenhaft beschrieben, wie sich die Reiche der physisch-ätherischen Welt, das mineralische, pflanzliche, tierische, menschliche Reich, hinauf fortsetzen in die Reiche der höheren Hier­archien. Wir wollen uns das heute einmal ein wenig vorhalten.

Wir wollen uns sagen: Wenn wir unsere Augen oder die anderen Sinnesorgane im wachenden Zustand hinauswenden in unsere physisch­ätherische Umgebung, dann nehmen wir die drei Reiche der Natur beziehungsweise vier Reiche wahr: das mineralische, das pflanzliche, das tierische und das menschliche Reich. Gehen wir nun weiter hinauf in diejenigen Regionen, die nur dem Übersinnlichen zugänglich sind, so haben wir gewissermaßen die Fortsetzung dieser Reiche: das Reich der Angeloi, der Archangeloi, der Archai, der Exusiai, Dynamis, Ky­riotetes und so weiter (siehe Zeichnung Seite 137).

Wir haben also zwei WeIten, die sich gegenseitig durchdringen: die physisch-ätherische Welt und die übersinnliche Welt. Und wir wissen schon, daß wir zwischen dem Einschlafen und Aufwachen in dieser übersinnlichen Welt wirklich drinnen sind und mit ihr Erlebnisse haben, trotzdem diese Erlebnisse wegen der fehlenden geistseelischen Organe eben zu dem gewöhnlichen Bewußtsein nicht kommen.

Nun handelt es sich darum, daß genauer begriffen werden kann, was der Mensch in dieser übersinnlichen Welt erlebt, wenn man, ich möchte sagen, eine Art Beschreibung von dieser übersinnlichen Welt in derselben Weise gibt, wie man sie durch Naturwissenschaft, durch Geschichte, von der physisch-ätherischen Welt gibt. Man muß für eine solche, sagen wir, übersinnliche Wissenschaft des tatsächlichen Ver­laufes in der Welt, in der wir als schlafende Menschen sind, natürlich zunächst einzelnes herausgreifen. Und ich werde heute zunächst ein Ereignis herausgreifen, das von einer tiefgehenden Bedeutung für die ganze Entwickelung der Menschheit in den letzten Jahrtausenden ist.

Von einer Seite nämlich, von der Seite der physisch-ätherischen Welt und ihrer Geschichte, haben wir dieses Ereignis schon des öfteren

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besprochen. Wir wollen es heute gewissermaßen von der anderen Seite besprechen, von der Seite, die sich zeigt, wenn man den Gesichtspunkt nicht in der physisch-ätherischen Welt, sondern in der übersinnlichen Welt nimmt. Das Ereignis, das ich meine und das ich von dem einen Gesichtspunkte aus öfter geschildert habe, ist dasjenige, das in das 4. nachchristliche Jahrhundert hineinfällt.

Ich habe ja beschrieben, wie die ganze Verfassung der Menschen-seele des Abendlandes eine andere wird in diesem 4. nachchristlichen Jahrhundert, wie das tatsächlich so ist, daß man ohne ein geisteswissen­schaftliches Eingehen auf die Sache überhaupt nicht mehr versteht, wie die Menschen in der Zeit gefühlt und empfunden haben, die dem 4. nachchristlichen Jahrhundert vorangegangen ist. Aber wir haben ja dieses Empfinden, diese Seelenverfassung des öfteren geschildert. Wir haben mit anderen Worten geschildert, was die Menschen im Laufe des Zeitraumes erlebt haben, in den dieses 4. nachchristliche Jahrhundert hineinfällt. Wir wollen nun heute ein wenig Rücksicht darauf nehmen, was in jener Zeit diejenigen Wesenheiten erlebt haben, die diesem übersinnlichen Reiche angehören. Wir wollen gewissermaßen uns auf die andere Seite des Lebens wenden, wir wollen den Gesichtspunkt im Übersinnlichen nehmen.

Es ist ja ein Vorurteil der gegenwärtigen sogenannt aufgeklärten Menschheit, daß ihre Gedanken nur in den Köpfen drinnenstecken. Wir würden nichts von den Dingen durch Gedanken erfahren, wenn diese Gedanken nur in den Köpfen der Menschen wären. Derjenige, der da glaubt, daß die Gedanken nur in den Köpfen der Menschen seien, der unterliegt, so paradox das klingt, demselben Vorurteil, wie einer, der glaubt, daß der Schluck Wasser, mit dem er sich den Durst löscht, auf seiner Zunge entstanden ist und nicht aus dem Wasserkrug in seinen Mund hineingeflossen ist. Es ist im Grunde genommen ebenso lächerlich zu behaupten, die Gedanken entstehen im Menschenkopfe, wie es lächerlich ist zu sagen - wenn ich meinen Durst mit einem Trunk Wasser lösche, den ich im Krug habe -, das Wasser sei in meinem Mund entstanden. Die Gedanken sind eben durchaus in der Welt ausgebreitet. Die Gedanken sind die in den Dingen waltenden Kräfte. Und unser Denkorgan ist eben nur etwas, was aus dem kosmischen Reservoir der

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Gedankenkräfte schöpft, was die Gedanken in sich hereinnimmt. Wir müssen also von Gedanken nicht so sprechen, als ob sie etwas wären, das nur dem Menschen angehört. Wir müssen von Gedanken so spre­chen, daß wir uns bewußt sind: Gedanken sind die weltbeherrschenden Kräfte, die überall im Kosmos ausgebreitet sind. Aber diese Gedanken fliegen deshalb doch nicht frei herum, sondern sie sind immer getragen, bearbeitet von irgendwelchen Wesenheiten. Und, was das Wichtigste ist, sie sind nicht immer von denselben, nicht immer von den gleichen Wesenheiten getragen.

Wenn wir uns an die übersinnliche Welt wenden, dann finden wir durch die übersinnliche Forschung, daß die Gedanken, durch die sich die Menschen die Welt begreiflich machen, draußen im Kosmos ge­tragen wurden - ich könnte auch sagen: ausgeströmt wurden; irdische Ausdrücke passen wenig für diese erhabenen Vorgänge und Wesen­haftigkeiten -, daß also diese Gedanken getragen, ausgeströmt waren bis ins 4. nachchristliche Jahrhundert von den Wesen jener Hierar­chien, die wir als Exusiai oder Formwesen bezeichnen (siehe Zeichnung Seite 137).

Wenn ein alter Grieche aus der Wissenschaft seiner Mysterien her­aus sich hat Rechenschaft geben wollen darüber, woher er eigentlich seine Gedanken hat, so hat er das in der Art tun müssen, daß er sich sagte: Ich wende meinen geistigen Blick hinauf zu jenen Wesen, von denen mir geoffenbart wird durch die Mysterienwissenschaft als den Wesen der Form, als den Formkräften, Formwesen. Das sind die Trä­ger der kosmischen Intelligenz, das sind die Träger der kosmischen Gedanken. Sie lassen die Gedanken durch die Weltenereignisse strömen, und sie geben diese menschlichen Gedanken an die Seele ab, die sich diese Gedanken erlebend vergegenwärtigt. - Wer etwa durch eine be­sondere Initiation sich in jenen alten Zeiten des griechischen Lebens in die übersinnliche Welt eingelebt hatte und bis zum Erleben dieser Forniwesen gekommen war, der schaute diese Forniwesen, und er mußte, um sich von ihnen das rechte Bild, die richtige Imagination zu machen, ihnen etwa als ein Attribut beigeben die durch die Welt strö­menden, leuchtenden Gedanken. Er sah als alter Grieche diese Form-wesen etwa wie von ihren Gliedern ausgehen lassend leuchtende Gedankenkräfte,

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die dann in die Weltenprozesse hineingehen und da als die weltschöpferischen Intelligenzmächte weiter wirken. Er sagte etwa:

Die Kräfte der Form, die Exusiai, sie haben im Weltenall, im Kosmos, den Beruf, die Gedanken durch die Weltenvorgänge zu ergießen. -Und so wie die sinnliche Wissenschaft das Tun der Menschen be­schreibt, indem sie dies oder jenes notifiziert, was die Menschen ein­zeln oder miteinander tun, so müßte eine übersinnliche Wissenschaft beschreiben, wenn sie die Tätigkeit der Formkräfte für das charakte­risierte Zeitalter ins Auge faßt, wie sich diese übersinnlichen Wesen gegenseitig die Gedankenkräfte zuströmen lassen, wie sie voneinander sie empfangen, und wie in diesem Zuströmenlassen und in diesem Emp­fangen eingegliedert sind jene Weltenvorgänge, die dann nach außen sich dem Menschen als die Naturerscheinungen darstellen.

Nun kam in der Entwickelung der Menschheit eben jenes 4. nach-christliche Jahrhundert heran. Und das brachte für diese übersinnliche Welt das außerordentlich bedeutsame Ereignis, daß die Exusiai - die Kräfte, die Wesenheiten der Form - ihre Gedankenkräfte abgaben an die Archai, an die Urkräfte oder Urbeginne (siehe Zeichnung).

Es traten damals die Urbeginne, die Archai, in den Beruf ein, den

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früher die Exusiai ausgeübt hatten. Solche Vorgänge gibt es eben in der übersinnlichen Welt. Das war ein ganz hervorragend wichtiges kos­misches Ereignis. Die Exusiai, die Formwesen, behielten sich von jener Zeit an lediglich die Aufgabe zurück, die äußeren Sinneswahrnehmun­gen zu regeln, also mit besonderen kosmischen Kräften alles das zu beherrschen, was in der Welt der Farben, der Töne und so weiter vor­handen ist. So daß derjenige, der in diese Dinge hineinschaut, für das Zeitalter, das nun nach dem 4. nachchristlichen Jahrhundert herauf­kam, sagen muß: Er sieht, wie die weltbeherrschenden Gedanken über­geben werden an die Archai, an die Urbeginne, und wie das, was Augen sehen, Ohren hören, in seiner mannigfaltigen Weltgestaltung, in seiner ständigen Metamorphosierung das Gewebe ist, das da we­ben die Exusiai, die früher den Menschen die Gedanken gegeben haben, die also jetzt ihnen die Sinnesempfindungen geben, während ihnen die Urbeginne jetzt die Gedanken geben.

Und diese Tatsache der übersinnlichen Welt spiegelte sich hier unten in der sinnlichen Welt so, daß eben in jener älteren Zeit, in welcher zum Beispiel die Griechen lebten, die Gedanken objektiv in den Din­gen wahrgenommen worden sind. So wie wir heute glauben, das Rot oder das Blau an den Dingen wahrzunehmen, so fand der Grieche einen Gedanken nicht bloß mit seinem Kopfe erfaßt, sondern hervor­strahlend, herausstrahlend aus den Dingen, wie eben das Rot oder das Blau herausstrahlt.

Das habe ich ja in meinem Buche «Die Rätsel der Philosophie» be­schrieben, was diese andere, ich möchte sagen, die menschliche Seite der Sache ist. Wie sich dieser wichtige Vorgang der übersinnlichen Welt spiegelt in der physisch-sinnlichen Welt, das finden Sie durchaus in meinem Buche «Die Rätsel der Philosophie» beschrieben. Da ge­braucht man dann philosophische Ausdrücke, weil die Philosophen-sprache eine Sprache für die materielle Welt ist, während man, wenn man den Gesichtspunkt in der übersinnlichen Welt bespricht, eben auch von der übersinnlichen Tatsache zu sprechen hat, daß der Beruf der Exusiai übergegangen ist an die Archai.

Solche Dinge bereiten sich in der Menschheit durch ganze Epochen hindurch vor. Solche Dinge sind mit gründlichen Umwandlungen der

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Menschenseelen verknüpft. Ich sage, daß diese übersinnliche Tatsache sich zugetragen hat im 4. nachchristlichen Jahrhundert; doch ist das ja nur annähernd gesagt, denn das ist sozusagen nur ein mittlerer Zeit­punkt, während diese Übergabe eben lange Zeiten hindurch gespielt hat. Sie hat sich schon in den vorchristlichen Zeiten vorbereitet und war erst vollendet im 12., 13., 14. nachchristlichen Jahrhundert. Das 4. Jahrhundert ist sozusagen nur der mittlere Zeitpunkt, den man an­gegeben hat, um auf etwas Bestimmtes im geschichtlichen Werden der Menschheit hinzudeuten.

Nun, damit sind wir gleichzeitig in jenem Zeitpunkt der Mensch­heitsentwickelung, in dem sich für den Menschen überhaupt der Aus­blick in die übersinnliche Welt völlig zu verdunkeln beginnt. Es hört das Bewußtsein der Seele auf, übersinnlich zu schauen, wahrzunehmen, indem sich diese Menschenseele hingibt der Welt. Es wird das vielleicht noch intensiver vor Ihre Seele treten, wenn wir es von einer anderen Seite her beleuchten.

Worin besteht denn eigentlich das, worauf ich so intensiv hinweisen will? Es besteht darin, daß die Menschen immer mehr und mehr sich in ihrer Individualität fühlen. Indem die Gedankenwelt übergeht von den Formwesen zu den Urbeginnen, von den Exusiai zu den Archai, empfindet der Mensch die Gedanken seiner eigenen Wesenheit mehr, weil die Archai um eine Stufe näher dem Menschen leben als die Exu­siai. Und wenn der Mensch beginnt, übersinnlich zu schauen, dann hat er den folgenden Eindruck. Dann sagt er: Nun ja, da ist diese Welt, die ich als die sinnliche überschaue. Sagen wir, das Gelbe (siehe Zeich­nung Seite 140) ist die meinen Sinnen zugewendete Seite, das Rote ist die schon verborgene, von den Sinnen abgewendete Seite.

Das gewöhnliche Bewußtsein weiß von den hier in Betracht kom­menden Verhältnissen überhaupt nichts. Aber das übersinnliche Be­wußtsein hat durchaus die Empfindung: Wenn hier der Mensch ist (siehe Zeichnung Seite 140), dann sind zwischen dem Menschen und den Sinneseindrücken Angeloi, Archangeloi und Archai; die sind eigent­lich diesseits der sinnlichen Welt. Man sieht sie nur nicht mit den ge­wöhnlichen Augen, aber sie liegen eigentlich zwischen dem Menschen und dem ganzen Sinnesteppich. Und die Exusiai, Dynamis, Kyriotetes

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sind eigentlich erst jenseits; die werden zugedeckt durch den Sin­nesteppich. So daß also der Mensch, der ein übersinnliches Bewußtsein hat, die Gedanken, nachdem sie an die Archai übergeben sind, als an sich herankommend empfindet. Er empfindet sie so, als ob sie jetzt mehr in seiner Welt lägen, während sie früher hinter den Farben, dem Roten, dem Blauen, das an den Dingen ist, drinnen waren, gewisser-maßen durch das Rote, das Blaue, oder auch durch das Cis oder durch das G herankamen. Er fühlt sich seit dieser Übergabe in einem freieren Verkehr mit der Gedankenwelt. Das ruft ja auch die Illusion hervor, als ob der Mensch die Gedanken selber machte.

Der Mensch hat sich aber auch erst im Laufe der Zeit dazu ent­wickelt, gewissermaßen in sich hereinzunehmen, was sich ihm früher ab objektive äußere Welt darbot. Das ist erst nach und nach in der Menschheitsentwickelung so gekommen. Wenn wir jetzt einmal recht weit zurückgehen in der Menschheitsentwickelung, wenn wir hinter die atlantische Katastrophe in die alte atlantische Zeit zurückgehen, da bitte ich Sie, sich das Menschengebilde in der atlantischen Zeit so vor­zustellen, wie ich es in meiner «Geheimwissenschaft» oder in den Abhandlungen

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«Aus der Akasha-Chronik» beschrieben habe. Diese Men­schen waren ja, wie Sie wissen, ganz anders gestaltet. Ihre Leibessub­stanz war von größerer Feinheit, als sie dann später, in der nachat­lantischen Zeit, geworden ist. Dadurch war aber auch das Seelen-hafte - es ist ja das alles in den Büchern beschrieben - in einem ganz anderen Verhältnis zur Welt, und diese Atlantier haben die Welt ganz anders erlebt. Ich will nur eines angeben von dieser besonderen Art des Erlebens. Diese Atlantier konnten zum Beispiel keine Terz er­leben, nicht einmal eine Quinte. Sie konnten eigentlich das musikali­sche Erleben erst beginnen, indem sie die Septime empfanden. Und dann haben sie weitergehende Intervalle empfunden, deren kleinstes eben die Septime war. Terzen, Quinten, haben sie überhört; die gab es nicht für sie.

Dadurch aber war das Erleben der Tongebilde überhaupt ein ganz anderes, die Seele hatte ein ganz anderes Verhältnis zu den Tongebil­den. Wenn man ohne die Zwischenintervalle musikalisch eben nur in Septimen lebt, und in so natürlicher Weise in Septimen lebt, wie die Atlantier in Septimen gelebt haben, dann nimmt man überhaupt das Musikalische nicht als etwas wahr, was an einem oder in einem als Mensch vorgeht, sondern man ist in dem Augenblicke, in dem man überhaupt musikalisch wahrnimmt, aus seinem Leibe draußen, man lebt im Kosmos draußen. Und so war es bei den Atlantiern. Bei den Atlantiern war es so, daß ihnen das musikalische Erlebnis zusammen­fiel mit einem unmittelbar religiösen Erlebnis. Ihr Septimenerlebnis gab sich ihnen so, daß sie nicht etwa sagen konnten, sie haben selbst etwas zu tun mit der Entstehung der Septimenintervalle, sondern sie empfanden, wie Götter, die durch die Welt wallten und webten, sich in Septimen offenbarten. Sie hätten gar keinen Sinn damit verknüpfen können: Ich mache Musik. - Sie konnten nur einen Sinn damit ver­binden, wenn sie sagten: Ich lebe in der von den Göttern gemachten Musik.

Nun, in einer wesentlichen Abschwächung war dieses musikalische Erleben auch noch in der nachatlantischen Zeit vorhanden, in derjeni­gen Zeit, in der im wesentlichen in Quintenintervallen gelebt wurde. Sie dürfen das nicht vergleichen mit der heutigen Empfindung der

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Quinten durch den Menschen. Heute empfindet der Mensch die Quinte etwa so, daß sie ihm den Eindruck eines nicht erfüllten Äußeren gibt. Sie hat für ihn etwas Leeres, im besten Sinne des Wortes, aber etwas Leeres. Sie ist leer geworden, weil sich die Götter von den Menschen zurückgezogen haben.

Auch noch in der nachatlantischen Zeit erlebte der Mensch bei sei­nen Quintenintervallen, daß in diesen Quinten eigentlich die Götter lebten. Und erst als später innerhalb des Musikalischen die Terz auf­trat, die große und die kleine Terz, da war es so, daß nun das Musi­kalische gewissermaßen untertauchte in das menschliche Gemüt, daß der Mensch mit dem musikalischen Erleben nicht mehr entrückt war. Im richtigen Quintenzeitalter war der Mensch mit dem musikalischen Leben durchaus noch entrückt. Im Terzenzeitalter, das, wie Sie wissen, erst verhältnismäßig spät heraufgezogen ist, ist der Mensch mit dem musikalischen Erleben in sich selbst darinnen. Er nimmt das Musika­lische an seine Leiblichkeit heran. Er verwebt das Musikalische mit seiner Leiblichkeit. Daher tritt mit dem Terzenerlebnis der Unterschied zwischen Dur und Moll auf, und man erlebt auf der einen Seite das, was man eben beim Dur erleben kann, auf der anderen Seite dasjenige, was mit dem Moll erlebt werden kann. An die menschlichen gehobenen, freudigen, an die deprimierten, schmerzvollen, leidvollen Stimmungen, die der Mensch als der Träger seines physischen und ätherischen Leibes erlebt, knüpft sich das musikalische Erleben mit der Entstehung der Terz, mit dem Hereinkommen von Dur und Moll in das Musikalische. Der Mensch nimmt gewissermaßen sein Weiterleben aus dem Kosmos heraus, verbindet sich selber mit seinem Weiterleben. In älteren Zeiten hatte er sein wichtigstes Weiterleben so - und das war durchaus noch der Fall in der Quintenzeit, aber in einem höheren Maße in der Sep­timenzeit, wenn ich mich dieser Ausdrücke bedienen darf -, daß es ihn unmittelbar entrückte, daß er sagen konnte: Die Welt der Töne zieht mein Ich und meinen astralischen Leib aus meinem physischen und Ätherleib unmittelbar heraus. Ich verwebe mein irdisches Dasein mit der göttlich-geistigen Welt, und es ertönen die Tongebilde als etwas, auf dessen Flügeln die Götter durch die Welt wallen, deren Wallen ich miterlebe, indem ich die Töne wahrnehme.

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Sie sehen also auf diesem besonderen Gebiete, wie gewissermaßen das kosmische Erleben an den Menschen herankommt, wie der Kosmos in den Menschen hineindringt, wie wir gewissermaßen, wenn wir in alte Zeiten zurückgehen, das wichtigste Menschenerleben im Übersinn­lichen suchen müssen, und wie dann die Zeit heraufkommt, wo der Mensch als sinnlich-irdische Erscheinung, ich möchte sagen, mitgenom­men werden muß, wenn die wichtigsten Weltereignisse beschrieben werden.

Das geschieht in jenem Zeitalter, das eintritt, nachdem die Gedan­ken von den Formwesen an die Urbeginne abgegeben sind. Das drückt sich auch dadurch aus, daß das alte Quintenzeitalter - das schon früher war als jene Übergabe - übergeht in das Terzenzeitalter, in das Erle­ben von Dur und Moll.

Nun ist es besonders interessant, wenn gerade mit diesem Erleben in eine noch ältere Zeit als die atlantische zurückgegangen wird, also in eine Zeit der menschlichen Erdenentwickelung, die in grauester, fern­ster Vergangenheit für die Rückschau verschwimmt, deren Anschauung aber hervorgeholt werden kann durch das übersinnliche Schauen. Da kommen wir sogar zu einem Zeitalter - Sie finden es in meiner «Ge­heimwissenschaft» als das lemurische Zeitalter beschrieben -, wo der Mensch überhaupt das Musikalische nicht mehr so wahrnehmen kann, daß ihm innerhalb einer Oktave ein Intervall bewußt werden kann, sondern da kommen wir in eine Zeit, in welcher der Mensch ein Inter­vall nur wahrnimmt, indem das Intervall die Oktave übergreift, also etwa so:

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so daß der Mensch nur dieses Intervall c-d wahrnimmt, das heißt das d der nächsten Oktave.

Im lemurischen Zeitalter haben wir also durchaus ein musikalisches Erleben, das sich gar nicht abspielen kann im Anhören eines Intervalls

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innerhalb einer Oktave, sondern da geht das Intervall über die Oktave hinaus, bis zum ersten Ton der folgenden Oktave, und dann geht es bis zum folgenden Ton der zweitnächsten Oktave. Und da erlebt der Mensch etwas, was schwer zu benennen ist; aber man kann sich viel­leicht eine Vorstellung davon machen, wenn ich sage: Es erlebt der Mensch die Sekund der nächsten Oktave und die Terz der zweitnäch­sten Oktave. Er erlebt eine Art objektiver Terz, und da auch wiederum die zwei Terzen, nämlich die große und die kleine Terz. Nur daß die Terz - dasjenige, was er da erlebt - natürlich in unserem Sinne keine Terz ist, denn nur, wenn ich die Prim in derselben Oktave annehme, ist der Ton, den ich in bezug auf die zweitnächste Prim meine, die Terz. Aber indem der Mensch unmittelbar die Intervalle erleben konnte, die für uns heute so sind, daß wir sagen: Prim in einer Oktave, Sekund in der nächsten Oktave, Terz in der dritten Oktave -, nahm dieser ältere Mensch dasjenige wahr, was eine Art objektiven Durs und objektiven Molis ist, ein nicht mehr in sich erlebtes Dur und Moll, sondern ein Dur und Moll, das als der Ausdruck des seelischen Erlebens der Götter empfunden wurde. Die Menschen des lemurischen Zeitalters erlebten, man kann jetzt nicht sagen Freude und Leid, Erhebung und Deprimie­rung, sondern man muß sagen: Die Menschen erlebten durch dieses besondere musikalische Empfinden in der lemurischen Zeit, indem sie ganz außer sich entrückt waren in dem Wahrnehmen dieser Intervalle, die kosmischen Jubelklänge der Götter und die kosmischen Klagen der Götter. - Und wir können zurückschauen auf ein irdisches, von den Menschen wirklich erlebtes Zeitalter, in dem sozusagen hinausproji-ziert war in das Weltenall dasjenige, was der Mensch heute erlebt bei Dur und Moll. Was er heute innerlich erlebt, es war hinausprojiziert in das Weltenall. Was ihn heute durchwellt in seinem Gemüte, in seiner Empfindung, das vernahm er in Entrückung von seinem physischen Leibe als Erlebnis der Götter draußen. Was wir heute als innerliches Durerlebnis charakterisieren müßten, nahm er in der Entrückung von seinem Leibe draußen als den kosmischen Jubelgesang, als die kosmi­sche Jubelmusik der Götter wie den Ausdruck der Freude über ihr Weltschaffen wahr. Und was wir heute als innerliche Mollerlebnisse haben, nahm einstmals der Mensch in der lemurischen Zeit als die ungeheure

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Klage der Götter wahr über die Möglichkeit, daß die Men­schen verfallen können in das, was dann in der biblischen Geschichte als der Sündenfall, als der Abfall von den göttlich-geistigen Mächten, von den guten Mächten, geschildert worden ist.

Das ist etwas, was uns herübertönt aus jener wunderbaren, von selbst in das Künstlerische übergehenden Erkenntnis der alten Myste­rien, daß wir vernehmen, wie nicht nur etwa abstrakt geschildert wird, daß einstmals die Menschen durch die luziferische und ahrima­nische Verführung und Versuchung gegangen sind und dies oder jenes erfahren haben, sondern daß die Menschen gehört haben, wie in ur­alten Erdenzeiten die Götter jubelnd musiziert haben im Kosmos aus der Freude ihres Weltenschaffens heraus, und wie sie gleichsam pro­phetisch schon hingeschaut haben auf den Abfall der Menschen von den göttlich-geistigen Mächten, und dieses Hinschauen in der kosmi­schen Klage zum Ausdrucke brachten.

Dieses künstlerische Erfassen von etwas, was später immer intellek­tualistischere Formen angenommen hat, das ist etwas, was aus den alten Mysterien heraustönt, und aus dem wir die so tiefe Überzeugung gewinnen können, daß es eine Quelle ist, aus der Erkenntnis, Kunst, Religion geflossen sind. Und daraus muß uns die Überzeugung werden, daß wir wieder zurück müssen zu jener menschlichen Seelenverfassung, die wiederum entstehen wird, wenn die Seele erkennt, indem sie religiös durchwellt, künstlerisch durchströmt wird; zu jener Seelenverfassung, die wiederum tief lebensvoll das versteht, was schon Goethe gemeint hat mit dem Worte: Das Schöne ist eine Manifestation geheimer Natur­gesetze, die ohne dessen Erscheinung ewig verborgen geblieben wären. -Das Geheimnis der Menschheitsentwickelung innerhalb des Erden-seins, innerhalb des Erdenwerdens, das verrät uns selbst diese inner­liche Einheit alles dessen, was der Mensch erkennend religiös und künstlerisch mit der Welt zusammen durchmachen muß, damit er mit dieser Welt zusammen seine Gesamtentfaltung erleben kann.

Und es ist schon so, daß jetzt die Zeit gekommen ist, wo diese Dinge den Menschen wiederum zum Bewußtsein kommen müssen, weil sonst einfach die menschliche Natur in ihrer Seelenhaftigkeit verfallen müßte. Der Mensch müßte heute und in die nächste Zukunft hinein

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durch die intellektualistisch werdende einseitige Erkenntnis seelisch vertrocknen, er müßte durch die einseitig gewordene Kunst seelisch stumpf werden und durch die einseitig gewordene Religion überhaupt seelenlos werden, wenn er nicht den Weg finden könnte, der ihn zur inneren Harmonie und Einheit dieser drei führen könnte, wenn er nicht den Weg finden könnte, auf eine bewußtere Art, als es einmal der Fall war, aus sich herauszukommen und das Übersinnliche wieder­um mit dem Sinnlichen zusammen zu schauen und zusammen zu hören.

Gerade wenn man mit Geisteswissenschaft hinblickt auf die älteren, tieferen Persönlichkeiten der werdenden griechischen Kultur, auf jene Persönlichkeiten, als deren Nachkommen sich dann ein Äschylos, ein Heraklit entwickelt haben, dann findet man, daß diese Persönlich­keiten, insofern sie in die Mysterien eingeweiht waren, alle ein gleiches Gefühl hatten aus ihrer Erkenntnis heraus und aus ihren künstlerischen Schöpferkräften, die sie eben noch so fühlten, wie ja auch Homer -«Singe, o Muse, vom Zorn mir des Peleiden Achilleus» - nicht als etwas persönlich in ihnen Waltendes, sondern als etwas, was sie in ihrem religiösen Empfinden in Gemeinsamkeit mit der geistigen Welt verrichteten, und wodurch sie sich sagten: Die Menschen haben in ur­alten Zeiten sich eigentlich als Menschen erlebt, indem sie durch die wichtigsten menschlichen Betätigungen - wie ich es Ihnen für das Mu­sikalische gezeigt habe, aber auch bei dem Gedankenfassen war es so -aus sich herausgingen und mit den Göttern zusammen erlebten. Das, was sie da erlebten, das haben die Menschen verloren.

Diese Stimmung des Verlustes eines uralten Erkenntnis- und künst-lerischen und religiösen Besitzes der Menschheit, die lastete durchaus auf den tieferen griechischen Seelen.

Über den neueren Menschen muß etwas anderes kommen. Über den neueren Menschen muß kommen, daß er durch Entfaltung der rechten Kräfte seines seelischen Erlebens dahin gelangt, das, was einstmals ver­loren worden ist, wieder zu finden. Ich möchte sagen: Der Mensch muß ein Bewußtsein davon entwickeln - wir leben ja im Bewußtseins-zeitalter-, wie das, was nun innerlich geworden ist, wiederum den Weg nach außen zu dem Göttlich-Geistigen findet. Und solches wird sich vollziehen können - ich habe es angedeutet auf eine Frage hin, die im

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Goetheanum beim ersten Hochschulkurs gestellt worden ist -, solches wird sich auf einem Gebiete zum Beispiel ereignen, wenn der inner­liche Reichtum der Empfindungen, der in der Melodie erlebt wird, einmal auf den einzelnen Ton übergehen wird, wenn der Mensch das Geheimnis des einzelnen Tones erfahren wird, wenn, mit anderen Wor­ten, der Mensch nicht nur Intervalle erleben wird, sondern wirklich auch mit innerlichem Reichtum, mit innerlicher Mannigfaltigkeit des Erlebens den einzelnen Ton wie eine Melodie wird erleben können. Davon ist heute noch kaum eine Vorstellung vorhanden.

Aber Sie sehen, wie die Dinge fortgehen: von der Septime zur Quinte, von der Quinte zur Terz, von der Terz zur Prim herunter bis zum einzelnen Ton, und dann weiter fort. So daß dasjenige, was einst­mals ein Verlieren des Göttlichen war, sich wandeln muß für die Menschheitsentwickelung, wenn die Menschheit auf Erden sich weiter­bilden und nicht untergehen will, sich wandeln muß für die Erden-menschheit in ein Wiederfinden des Göttlichen.

Wir verstehen die Vergangenheit nur richtig, wenn wir ihr das rechte Ebenbild für unsere Entwickelung in die Zukunft hinein ent­gegenzustellen vermögen, wenn wir ganz tief, erschütternd tief das empfinden können, was noch in uralter Griechenzeit ein tieferer Mensch empfunden hat: Ich habe die Gegenwart der Götter verlo­ren -, und wenn wir dem entgegensetzen können wiederum aus er­schütterter, aber intensiv und innigst strebender Seele: Wir wollen den Geist, der im Keim in uns ist, zum Blühen und Fruchten bringen, damit wir die Götter wiederfinden können.

HINWEISE

#G283-1969-SE149 Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen

#TI

HINWEISE

#TX

Der vorliegende Band enthält die Vorträge, Fragenbeantwortungen und Voten, in denen Rudolf Steiner hauptsächlich über Probleme der Musik gesprochen hat. Ein zusammenhängender Kurs für Sänger war 1924 in Dornach geplant und Vorberei-tungen dazu bereits getroffen. Er kam aber infolge der Erkrankung Rudolf Steiners nicht mehr zustande.

Es liegen jedoch, im Gesamtwerk Rudolf Steiners verstreut, zahlreiche weitere Äußerungen über Musik vor. Um dem Leser, der sich für die anthroposophische Auf­fassung des Musikalischen näher interessiert, das Studium zu erleichtern, ist nach den Hinweisen ein Verzeichnis der betreffenden Stellen gegeben.

Der Vortrag vom 16. März 1923 ist innerhalb der Gesamtausgabe bereits in dem

Band Nr.222 («Die Impulsierung des weltgeschichtlichen Geschehens durch geistige

Mächte») erschienen. Er wurde hier nochmals abgedruckt, weil im zweiten Teil des

Vortrages musikalische Fragen im Zusammenhang mit der Geistesgeschichte der

Menschheit behandelt werden.

Die Vorträge und Voten wurden im allgemeinen in chronologischer Reihenfolge abgedruckt. Lediglich innerhalb der vier Vorträge aus dem Jahre 1906, die nur sehr lückenhaft und nicht wörtlich erhalten sind, wurde eine Umstellung vorgenommen. Derjenige vom 3. Dezember mit der relativ besten und ausführlichsten Nachschrift wurde vorangestellt, der vom 10. November als der am unvollständigsten erhaltene an den Schluß genommen.

Hinweise auf Bände der Gesamtausgabe, bei denen kein Erscheinungsjahr ange­geben ist, betreffen vorgesehene Bände.

Die in den Vorträgen genannten geschriebenen Werke von Rudolf Steiner sind alle innerhalb der Gesamtausgabe erschienen. Siehe die Übersicht am Schluß des Bandes.

Folgende Vorträge und Voten sind früher in anthroposophischen Zeitschriften

veröffentlicht worden:

Berlin, 12. Nov. 1906, in «Das Goetheanum» 1945, 24. Jg. Nrn. 28-29

Berlin, 26. Nov. 1906, in «Das Goetheanum» 1945, 24. Jg. Nr.30

Dornach, 29. Sept. 1920, in «Blätter für Anthroposophie» 1952, 4. Jg. Nr.7/8

Dornach, 20.Dez.1920, im «Nachrichtenblatt» 1945, 22. Jg. Nr.30

Seite

11 Arthur Schopenhauer, 1788-1860. Vgl. für die folgenden Ausführungen sein Hauptwerk «Die Welt als Wille und Vorstellung» 3. Buch; über Musik im be­sonderen den § 52 (Dritter Band der zwölfbändigen Gotta-Ausgabe, Stuttgart 1894, herausgegeben und eingeleitet von Dr. Rudolf Steiner).

Das Leben ist eine mißliche Sache: Bemerkung des jungen Schopenhauer zu Wieland in Weimar 1811; wiedergegeben von W. Gwinner in «A. Schopenhauer aus persönlichem Umgang dargestellt», Leipzsg 1922, S.45. Wörtlich. «Das Leben ist eine mißliche Sache; ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen, über dasselbe nachzudenken».

14 Paracelsus, Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, 1493 bis 1541. Das genaue Zitat konnte nicht nachgewiesen werden. Ein ähnlicher Wortlaut findet sich jedoch in der «vierten Defension» (Paracelsus, sämtliche Werke, herausgegeben von Sudhoff, 11. Band, S. 145 f.)

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21 in der Natur sind mehr die Absichten: Goethe «Sprüche in Prosa», Abt.: Das Erkennen; wörtlich: «In den Werken des Menschen wie in denen der Natur, sind eigentlich die Absichten vorzüglich der Aufmerksamkeit wert». Vergleiche auch Eckermanns «Gespräche mit Goethe», 20. Okt. 1928 und 18. April 1827.

die Kunst sei Offenbarung geheimer Naturabsichten: Goethe «Sprüche in Pro­sa», Abt.: Kunst; wörtlich: «Das Schöne ist eine Manifestation geheimer Natur­gesetze, die uns ohne dessen Erscheinung ewig wären verborgen geblieben».

Die Natur findet in ihm ihre Vollendung: Goethe in dem Buch über Winckel­mann, im Kap. «Antikes»; wörtlich: «Wenn die gesunde Natur des Menschen als ein Ganzes wirkt, wenn er sich in der Welt als in einem großen, schönen, würdigen und werten Ganzen fühlt, wenn das harmonische Behagen ihm ein reines, freies Entzücken gewährt, dann würde das Weltall, wenn es sich selbst empfinden könnte, als an rein Ziel gelangt, aufjauchzen und den Gipfel des Werdens und Wesens bewundern».

23 Den dritten Bewußtseinszustand erreicht der Mensch: Hier scheint die Nach-schrift lückenhaft zu sein. Sie wurde leicht ergänzt durch Vergleich mit der Parallelstelle im Vortrag vom 3. Dezember 1906.

24 Charles Webster Leadbeater, 1847-1934, prominente Persönlichkeit der Theo­sophischen Gesellschaft. Es handelt sich um die beiden Werke «Die Astral­Ebene. Ihre Szenerie, ihre Bewohner und ihre Phänomene» (1903) und «Die Devachan-Ebene. Ihre Charakteristik und ihre Bewohner», Th. Grieben's Ver­lag (L. Fernau) Leipzig.

26 Nur muß man nicht glauben: Dieser und der folgende Satz wurden aus einer neu gefundenen Nachschrift ergänzt.

am Ende der atlantischen Zeit: Hier folgte noch eine kurze Schilderung der menschlichen Wesensglieder. Die Nachschriften sind aber so lückenhaft, daß die Stelle nicht wiedergegeben werden kann. Die Ausführungen entsprachen in­haltlich ungefähr denjenigen, welche in dem Buche «Theösophie» im Kapitel «Wesen des Menschen» gegeben werden. Insbesondere wurde hingewiesen auf die Trennung des Astralleibes in Empfindungsleib und Empfindungsseele.

30 In der Familie Bach: Dieser Satz scheint in der Nachschrift verdorben zu sein, wurde aber genau nach dem Stenogramm wiedergegeben, da sich eine sinnge­mäße Korrektur nicht finden ließ.

33 das Wort der Bibel: 1. Buch Mose, Kapitel 2, V. 7.

37 Schopenhauers Ansicht hat Richard Wagner beeinflußt: Richard Wagner, 1813 bis 1883, erzählt in seiner Autobiographie «Mein Leben», wie er im Herbst 1854 das Hauptwerk Schoperhauers kennenlernte und von ihm stark beeindruckt wurde. «Von jetzt an verließ mich das Buch viele Jahre hindurch nie gänz­lich, und bereits im Sommer des darauf folgenden Jahres hatte ich es zum vier­ten Male durchstudiert. Die hierdurch allmählich auf mich sich einstellende Wirkung war außerordentlich, und jedenfalls für mein ganzes Leben entschei­dend. Ich gewann dadurch für mein Urteil über alles, was ich bisher rein nach dem Gefühle mir angeeignet, ungefähr dasselbe, was ich einst, ... durch das eingehendste Studium des Kontrapunktes für die Musik mir gewonnen hatte.« Vgl. hierzu auch Richard Wagners Brief vom 16. Dezember 1854 an Franz Liszt.

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38 Goethe schrieb aus Italien: Wörtlich: «Diese hohen Kunstwerke sind zugleich als die höchsten Naturwerke von Menschen nach wahren und natürlichen Ge­setzen hervorgebracht worden: alles Willkürliche, Eingebildete fällt zusam­men; da ist Notwendigkeit, da ist Gott». Italienische Reise, Rom, den 6. Sep­tember 1787.

in seinem Buch über Winckelmann: Gemeint ist folgende Stelle aus dem Kapitel «Schönheit»: «Indem der Mensch auf den Gipfel der Natur gestellt ist, so sieht er sich wieder als eine ganze Natur an, die in sich abermals einen Gipfel her­vorzubringen hat. Dazu steigert er sich, indem er sich mit allen Vollkommen­heiren und Tugenden durchdringt, Wahl, Ordnung, Harrnönie und Bedeutung aufruft und sich endlich bis zur Produktion des Kunstwerkes erhebt, das neben seinen übrigen Taten und Werken einen glänzenden Platz einnimmt».

Ein anderes Mal sagt er: siehe Hinweis zu S. 21.

Hermes Trismegistos: Griechischer Name des altägyptischen Eingeweihten Töth, der nach antiker Vorstellung die ägyptische Kultur begründete. Der Grundsatz «Es ist oben alles so wie unten» bildet den Anfang eines Spruches, der als «Tabula Smaragdina» in der Literatur über die Lehren des Hermes eine überragende Rolle spielte. Siehe Julius Ruska «Tabula Smaragdina, ein Bei­trag zur Geschichte der hermetischen Literatur», Heidelberg 1926. Vgl. auch den Vortrag Rudolf Steiners vom 16. Februar 1911, abgedruckt in «Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins», Bibl.-Nr. 60, Ge­samtausgabe Dornach 1959.

Schelling und Schlegel, auch andere: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, 1775-1854, stellt die Anschauung, Architektur sei «erstarrte» oder «gefrorene» Musik, ausführlich dar in dem «Besonderen Teil» seiner «Philosophie der Kunst« § 106-118; Jubiläumsausgabe von Schellings Werken, München 1959, im drit­ten Ergänzungsbande, S. 222-249. Bei den Römantikern taucht die gleiche Anschauung verschiedentlich auf, bei August Wilhelm Schlegel, Friedrich Schle­gel, Joseph Görres u. a.

40 «Die Sonne tönt nach alter Weise»: Faust I, Prolog im Himmel: (Raphael).

Die Posaunen, die Johannes in der Offenbarung erwähnt. In den Kap. 8-11.

In Zukunft wird die Blutbewegung: Siehe hierzu die Ausführungen Rudolf

Steiners «Aus der Akasha-Chronik» im Kap.: Der viergliedrige Erdenmensch;

Bibl.-Nr. 11, Gesamtausgabe Dornach 1964.

41 das hat schon Hegel einmal angedeutet: Über das Herz als Organ äußert sich Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) in seinem Werk «System der Philosophie», Zweiter Teil «Die Naturphilosophie», im Zusatz zu § 354 (Ju­biläumsausgabe, Stuttgart 1929, 9. Band, S. 600-606).

42 Denken Sie einmal: Vermutlich ist vor diesem Abschnitt im Stenogramm eine Lücke. Rudolf Steiner schilderte wahrscheinlich noch genauer die Umwand­lung des menschlichen Ätherleibes durch die Kräfte des Ich, wie er sie in vielen Vorträgen dargestellt hat, z. B. in dem öffentlichen Vortrag vom 24. Okto­ber 1907, abgedruckt in «Die Erkenntnis der Seele und des Geistes» Bibl.-Nr. 56, Gesamtausgabe Dornach 1965.

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42 Wagner in seinen Schriften über Musik: «Die Kunst und die Revolution» (1849), «Das Kunstwerk der Zukunft» (1850), «Oper und Drama» (1851), «Zukunftsmusik» (1860), «Beethoven» (1870) u. a. In der letztgenannten Schrift knüpft Wagner ausdrücklich an die von Schopenhauer in seinem Buch «Die Welt als Wille und Vorstellung» entwickelten Gedanken an.

47 Jan Stuten, 1 890-1948, Komponist und Bühnenbildner am Goetheanum. Siehe «In memoriam Jan Stuten», u. a. mit einem Verzeichnis der Kompositionen. Dornach 1949.

Paul Baumann, 1887-1964, Komponist und erster Gesanglehrer an der von

Rudolf Steiner gegründeten Waldorfschule; schrieb u. a. die «Lieder für die

Waldorfschule».

49 Ton hinein geht oder in die einzelnen Laute: Im Stenögramm steht «in die ein­zelne Fuge», was sinngemäß abgeändert wurde.

Dr. Friedrich Husemann, 1887-1959, Arzt; begründete und leitete das Sana­torium Wiesneck, Buchenbach bei Freiburg i. Br.

52 Glaude Debussy, 1862-1918, französischer Komponist.

56 Dann haben wir ja schon besprochen: Bezieht sich wohl auf die Ausführungen von Herrn Baumann, die nicht nachgeschrieben wurden.

57 Wenn einer im fünfundvierzigsten Lebensjahr: Die Nachschrift ist an dieser Stelle lückenhaft, läßt aber erkennen, daß der Gedanke von rhythmisch sich wiederholenden Lebensepochen noch näher ausgeführt war.

60 Moriz Carriére, 1817-1895, Professor der Ästhetik und Sekretär der Akade­mie der Künste in München; schrieb u. a. «Ästhetik. Die Idee des Schönen und ihre Verwirklichung im Leben und in der Kunst», 2 Bde., 3. Aufl. Leipzig 1885.

61 Goethe sagt zur Farbenlehre: wörtlich: «Denn eigentlich unternehmen wir um­sonst, das Wesen eines Dinges auszudrücken. Wirkungen werden wir gewahr, und eine vollständige Geschichte dieser Wirkungen umfaßte wohl allenfalls das Wesen jenes Dinges. Vergebens bemühen wir uns, den Charakter eines Menschen zu schildern; man stelle dagegen seine Handlungen, seine Taten zusammen, und ein Bild des Charakters wird uns entgegentreten. - Die Far­ben sind Taten des Lichts, Taten und Leiden. In diesem Sinne können wir von denselben Aufschlüsse über das Licht erwarten». Goethes Naturwissenschaftl. Schriften, herausgegeben von Rudolf Steiner, 3. Band 1890, S. 77 (Kürschners Dtsch. Nat. Lit. Bd. 116).

62 Hegels Enzyklopädie: «Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse» III. Teil «Die Philosophie des Geistes»; das letzte Kapitel «Die Philosophie» sind die §§ 572-577.

64 Dr. Carl Büttner, 1874-1936, Rechtsanwalt in Berlin.

Ich habe einmal in Berlin: Öffentlicher Vortrag vom 16. Februar 1913, ab­gedruckt in «Ergebnisse der Geistesforschung», Bibl.-Nr. 62, Gesamtausgabe Dornach 1960. Der Vortrag ist auch, zusammen mit dem Zweigvortrag vom 26. Dezember 1908, als Einzelausgabe erschienen unter dem Titel «Märchen-dichtungen im Lichte der Geistesforschung».

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64 Im Auslegen seid... : Goethe in «Zahme Xenien II», Kürschners Dtsch. Nat. Lit. Bd. 84, S. 193. Wörtlich: Im Auslegen seid frisch und munter! Legt ihr's nicht aus, so legt was unter!

72 was ich geschrieben habe: In dem Aufsatz «Die pädagogische Zielsetzung der Waldörfschule in Stuttgart», erschienen in der Zeitschrift «Soziale Zukunft», Dornach, 5.-7. Heft (1920).

74 hinter diesem Vorhang: Gemeint sind wahrscheinlich die Malereien in der kleinen Kuppel des ersten Goetheanum.

75 Dr. Ludwig Staudenmaier, geb. 1865, schrieb «Die Magie als experimentelle Naturwissenschaft», 2. Aufl. Leipzig 1922.

77 in der ersten Rezitationsstunde: Ausführungen Rudolf Steiners am 29. Sep­tember, abgedruckt als erster Vortrag in «Die Kunst der Rezitatiön und De-klamation», Gesamtausgabe Dörnach 1967.

78 Friedrich Krastel, 1839-1908, Schauspieler, Lehrer und Regisseur am Wiener Burgtheater.

79 Arno Holz, 1863-1929, Dichter und Schriftsteller, Gegner der überlieferten Verskunst.

Klara Ziegler, 1844-1909, Schauspielerin, u. a. am Hoftheater in München.

81 ich habe ... vor eurythmischen Vorstellungen: Vgl. «Eurythmie als Impuls für künstlerisches Betätigen und Betrachten», Dornach 1953. Es liegen Nach-schriften von einigen hundert Ansprachen zu Eutythmieaufführungen vor, von denen der größte Teil in Bibliographie-Nr. 277 veröffentlicht wird.

82 Ich fuhr von Wien nach Hermannstadt: Über das gleiche Vorkommnis be­richtet Rudolf Steiner in »Mein Lebensgang» im XIII. Kapitel. - Der Vortrag wurde am 29. Dezember 1889 gehalten und hatte den Titel «Die Frau im Lichte der Goetheschen Weltanschauung».

86 Goethes Verhältnis zur Tonlehre: s. «Nachträge zu den naturwissenschaftl. Schriften» S. 596-600 in: Goethes Naturwissenschaftliche Schriften, herausg. von Rudolf Steiner, Bd. IV, 2 = Dtsch. Nat. Lit. Bd. 117 Abt. 2, 1897.

Karl Friedrich Zelter, 1758-1832, Komponist. Der «Briefwechsel zwischea Goethe und Zelter in den Jahren 1796-1832» wurde von Riemer herausge­geben; 6 Bde., Berlin 1833-34.

87 Pandora, ein Festspiel (1807) in: «Dramen - Fragmente antiken Charakters», herausg. von K. J. Schröer, Dtsch. Nat. Lit. Bd. 91.

88 Das Was bedenke, mehr bedenke Wie: Zitat aus «Faust II», 2. Akt: Labora­torium (Homunculus).

90 Dr. Franz Thomastik, 1883-1951, österreichischer Geigenbauer, Schöpfer der «Thomastik-Geige». Rudolf Steiner hatte später nochmals ein Gespräch mit ihm über neue Wege und Möglichkeiten des Geigenbaus, als er Dr. Thomastik anläßlich des Wiener Kongresses im Juni 1922 in seiner Werkstatt in Wien besuchte.

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90 in einem der letzten Vorträge: Vortrag vom 17. Dezember 1920, abgedruckt in «Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem Physischen des Men­schen», 3 Vorträge, Freiburg i. Br. 1957.

92 Säulen in unserem Bau: des ersten Goetheanum, welches in der Neujahrsnacht

1922/23 durch Brand zerstört wurde. Siehe Rudolf Steiner «Wege zu einem

neuen Baustil», fünf Vorträge, gehalten während der Arbeit am Goetheanum

1914.

97 Leopold van der PaIs, 1884-1966, Komponist am Goetheanum, schrieb u. a. die Musik zu den Oberuferer Weihnachtsspielen und zahlreiche Musiken für die Eurythmie.

in dieser chinesischen Legende: Eine Legende mit dem Namen «Die Mond-geige» konnte nicht ermittelt werden. Dagegen findet sich in der Sammlung «Chinesische Novellen» (gesammelt von P. Kühnel, 1914) auf Seite 161 eine Erzählung über die Entstehung der Laute. Sie enthält die meisten der von Rudolf Steiner in seinem Votum erwähnten Motive.

100 Friedrich Nietzsche, 1844~1900, «Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik» erschien 1872.

103 was wir in diesen zwei Tagen besprechen können: Die beiden Vorträge vom

7. und 8. März 1923 wurden anläßlich eines kurzen Aufenthaltes Rudolf Stei­ners in Stuttgart gehalten. Es waren dazu die Lehrenden der von Rudolf Stei­ner gegründeten und geleiteten Freien Waldorfschule und der von Frau Marie Steiner geleiteten Eurythmieschule eingeladen.

daß Goethe sagen konnte: «Sprüche in Prosa», Abt.: Kunst; wörtlich: «Die Würde der Kunst erscheint bei der Musik vielleicht am eminentesten, weil sie keinen Stoff hat, der abgerechnet werden müßte. Sie ist ganz Form und Ge­halt und erhöht und veredelt alles, was sie ausdrückt.» Dazu die Anmerkung Rudolf Steiners in Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, Band IV, 2. Abteilung, S. 501: «Die Musik hat in der Wirklichkeit keine Vorbilder (sie findet in ihr keinen Stoff). Der Musiker schafft Form und Gehalt aus dem In­nern. Deshalb wird die Musik unter allen Künsten am wenigsten der Gefahr ausgesetzt sein, daß man nicht nach dem Wie, das der Künstler schafft, sondern nach dem Was, das er in seiner Außenwelt vorfindet, fragt. Deshalb eignet sich die Musik am besten dazu, über die Wirklichkeit zu erheben und auf die tieferen Seiten des Lebens hinzuleiten; aber auch dazu, den Ernst der Wirk­lichkeit vergessen zu lassen.«

Eduard von Hanslick, 1825-1904. Musikkritiker und Schriftsteller in Wien. Sein Werk «Vom Musikalisch-Schönen» erschien erstmals 1854.

105 im Vergleich zum Empfinden: Die Stelle wurde leicht abgeändert. Im Steno­gramm und in früheren Ausgaben lautete sie: ... den Unterschied, der da besteht zwischen dem Vergleichen der Töne bis zur Septime».

107 in die altatlantische Zeit: Vgl. die Schilderungen Rudolf Steiners in «Die Ge­heimwissenschaft im Umriß», Gesamtausgabe Dornach 1962, in dem Kapitel «Die Welt-Entwickelung und der Mensch», und in «Aus der Akasha-Chronik», Bibl.-Nr. 11, Gesamtausgabe Dornach 1964, in dem Kapitel «Unsere atlan­tischen Vorfahren».

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123 Lebensstufen, die man auch in unserer Waldorfschulpädagogik... findet: Vgl. dazu die Schilderungen der kindlichen Lebensstufen in den pädagogischen Vor­trägen, vor allem: «Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädago­gik», Gesamtausgabe Dornach 1968 und «Erziehungskunst/Methodisch-Didak. tisches», Gesamtausgabe Dornach 1966.

125 Als ich meine «Theosophie> schrieb: Das Buch erschien erstmals 1904. Die Schilderung der neungliedrigen Natur des Menschen findet sich in dem Ka­pitel «Das Wesen des Menschen».

127 in Dornach bei einer Fragestellung: Am 29. September 1920. Die Ausführun­gen finden sich auf S. 47 des vorliegenden Bandes.

131 Anton Bruckner, 1824-1896, österreichischer Komponist.

132 wir werden bald Gelegenheit haben, die Dinge fortzusetzen: Es kam nicht mehr zu einer Fortsetzung der Vorträge.

145 was schon Goethe gemeint hat: Siehe Hinweis zu S. 21.

146 «Singe, o Muse>: Erster Vers der Ilias.

ich habe es angedeutet auf eine Frage hin: Siehe Hinweis zu S. 127.

#SE283-156

#TI

VERZEICHNIS

DER WORTLAUTE ÜBER MUSIK

#TX

Das Verzeichnis enthält alle Stellen - soweit sie bei dem großen Umfang von Ru­dolf Steiners Werk aufgefunden werden konnten - an denen Fragen des Musikalischen oder des Musikerlebens behandelt werden. Weggelassen wurden nur jene Wörtlaute, welche ausschließlich das Schicksal (Karma) eines einzelnen Musikers betreffen. Da­gegen wurden die Stellen mit einbezogen, wo von der Musik im geistigen Sinne (Sphä. renharmonien) die Rede ist. Wo es sich um ganz kurze Erwähnungen der Musik han­delt, die inhaltlich gleichlautend in mehreren Vorträgen wiederkehren, wurde jeweils nur einer dieser Vorträge namhaft gemacht.

Das Verzeichnis gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil sind die geschriebenen Werke angeführt. Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich jeweils auf die letzte Auflage des betreffenden Bandes innerhalb der Gesamtausgabe.

Der zweite Teil enthält die Vorträge und Fragenbeantwortungen, welche in einem Band der Gesamtausgabe erschienen sind öder noch erscheinen sollen. Im letzteren Falle ist jeweils angegeben, ob der betreffende Vortrag in einer Einzelausgabe oder in einer der anthroposophischen Zeitschriften abgedruckt vorliegt, oder ob er bisher nicht veröffentlicht wurde. Eingeklammerte Titel sind in Aussicht genommen, aber noch nicht feststehend.

Im dritten Teil werden einige Vorträge aufgeführt, die innerhalb der Gesamtaus­gabe nicht zum Abdruck kommen sollen, entweder weil es sich um Parallelvorträge handelt, öder weil von ihnen nur ungenügende Notizen vorhanden sind. Der Voll­ständigkeit halber wurden auch solche Vorträge erwähnt, von denen keine Notizen vorliegen, deren Titel aber darauf hindeuten, daß in ihnen von Musik die Rede war.

In Nr.26 der «Nachrichten der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung» sind einige der in diesem Verzeichnis angeführten Stellen wörtlich abgedruckt. Es sind dabei insbesondere jene Vorträge berücksichtigt, welche allgemein schwer zugänglich sind, weil sie entweder in der Gesamtausgabe nicht abgedruckt werden, oder weil sie zu Bänden gehören, die noch längere Zeit nicht erscheinen werden.

Nicht im Verzeichnis angeführt werden die Vorträge, Ansprachen und Voten, die zu den folgenden Bänden gehören:

Bibl.-Nr.

277 Gesammelte Ansprachen vor Eurythmieaufführungen aus den Jahren 1913-24

277a Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

Wortlaute Rudolf Steiners zur Eutythmie, Berichte von Frau Marie Steiner und von mehreren Eurythmistinnen über die Anfänge, der Eurythmie und über die ersten Kurse (GA 1965)

278 Eurythmie als sichtbarer Gesang

8 Vorträge vom 19.-27. Febr. 1924, ein Vortrag vom 26.Aug.1923 und ein Aufsatz vom 2. März 1924 (GA 1956)

300 Lehrerkonferenzen

Voten aus den Konferenzen mit den Lehrern der Freien Waldorfschule aus den Jahren 1919-1924

#SE283-157

Die drei erstgenannten Bände kommen als ganze in Betracht, weil fast in allen darin enthaltenen Vorträgen, Aufsätzen und Ansprachen auch musikalische Fragen be­rührt werden. Zu den Lehrerkonferenzen, in denen sich an vie!en Orten verstreut zahlreiche Bemerkungen über Musik und Musikpädagogik finden, existiert ein be­sonderes Sachwort-Verzeichnis. Es liegt, ebenso wie die Konferenzen selbst, bisher als Manuskriptdruck vor.

Schließlich ist noch eine kurze schriftliche Äußerung Rudolf Steiners zu erwähnen:

Im Philösophisch-Anthroposöphischen Verlag, Berlin, erschien im Jahre 1917 der Ab­druck eines Vortrages von Walter Blume (anthröposophischer Musiker, 1883-1933) mit dem Titel «Musikalische Betrachtungen in geisteswissenschaftlichem Sinn». Es wurde in dieser Schrift an Ausführungen angeknüpft, die Rudolf Steiner in dem Dornacher Vortrag vom 29.Dez.1914 («Kunst im Lichte der Mysterienweisheit», 2. Vortrag) über die Stellung der Musik innerhalb der Künste und über die Bezie­hungen der Tonleiter zu den menschlichen Wesensgliedern gemacht hatte. Walter Blume versucht nun zu zeigen, wie die Angaben Rudolf Steiners sich an einzelnen Phänomenen des musikalischen Erlebens und der musikalischen Gesetzmäßigkeiten erwahren und verdeutlichen lassen. Dieser Schrift fügt Rudolf Steiner die folgende Anmerkung bei (S.26):

«Diese Anwendung der geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse auf die Musik ist einwandfrei; allein es muß gewarnt werden davor, dieselbe Art der Betrachtung auf eine andere Kunst in genau derselben Weise anzuwenden. Bei der Musik ist sie gerade deshalb möglich, weil die inneren Maßverhältnisse des Ich sich im Astralen als unbewußte Maßverhältnisse restlos spiegeln. Bei der Malerei z. B. fällt aber eines der Glieder des Astralheibes bei der Spiegelung heraus und in den physischen Leib hinein: - bei der Skulptur zwei Glieder des Ätherleibes aus dem physischen Leib her­aus und in die außerleibliche Wirklichkeit hinein; - noch komplizierter wird dies bei der Architektur, bei der drei Glieder in die untersinnliche Wirklichkeit fallen. So kommt es gerade darauf an, daß eine so unmittelbare Anwendung der Ich-Konstitu­tion nur für die Musik möglich ist. Doch ist gerade dieses für diese «Kunst der Inner­lichkeit» das besonders Charakteristische.»

I. TEIL

Geschriebene Werke

Bibl.-Nr.

1 Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. Von Rudolf Steiner mit

Einleitungen, Fußnoten und Erläuterungen im Text herausgegeben.

2. Auflage Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. (1921)

IV. Band, 2. Abteilung, Sprüche in Prosa, Abteilung Kunst,

Seite 501 und 503

Taschenbuchausgabe der Sprüche in Prosa Stuttgart 1967, Seite 168 f.

und 180

5 Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit (1895) GA 1963

Kapitel II: Der Übermenseh, Abschnitt 16, Seite 50 f.

#SE283-158

9 Theosophie. Einführung in übersinnliche Wilterkenntnis und Menschen-bestimmung (1904) GA 1961

Wiederverkörperung des Geistes und Schicksal, Seite 79 Die drei Welten, III. Das Geisterland, Seite 122-124

10 Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Wilten? (1904) GA 1961 Die Vorbereitung, Seite 49

11 Aus der Akasha-Chronik (1904) GA 1964 Die lemurische Rasse, Seite 68 f.

12 Die Stufen der höheren Erkenntnis (1905) GA 1959 Die Stufen der höheren Erkenntnis, Seite 21

Inspiration und Intuition, Seite 69 f.

13 Die Geheimwissenschaft im Umriß (1910) GA 1968

Die Weltentwickelung und der Mensch, Seite 116, 183, 205-207, 223-225, 228 f., 237 f.

18 Die Rätsel der Philosophie (1914) GA 1968

Band 1: Reaktionäre Weltanschauungen, Seite 275-277

Band II: Der möderne Mensch und seine Weltanschauung, Seite 542 f.

21 Von Seelenrätseln (1917) GA 1960

Skizzenhafte Erweiterung des Inhaltes dieser Schrift, 6. Die physischen und geistigen Abhängigkeiten der Menschenwesenheit, Seite 152

28 Mein Lebensgang (1923-25) GA 1962

Kap. I, Seite 23 / Kap. IV, Seite 73-76 / Kap. V, Seite 94-96 / Kap. XX, Seite 276-278

29 Gesammelte Aufsätze zur Dramaturgie 1889-1900. GA 1960 Theater und Kritik, Seite 64 f.

30 Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884-1901. GA 1961 Goethe als Vater einer neuen Ästhetik, Seite 43

31 Gesammelte Aufsätze zur Kultur- und Zeitgeschichte 1887-1901. GA 1966

Friedrich Nietzsche, Seite 493 f.

33 Biographien und biographische Skizzen 18941905. GA 1967 Arthur Schopenhauer, Seite 264 f.

Christoph Martin Wieland, Seite 370

34 Luzifer-Gnosis 1903-1908. GA 1960

Haeckel, die Welträtsel und die Theosophie, Seite 237

Die Erziehung des Kindes, Seite 339 f.

Von der theosophischen Arbeit, Seite 549 f., 582, 607,609, 611 f.

36 Der Goetheanum-Gedanke inmitten der Kulturkrisis der Gegenwart.

GA 1961

Einleitende Worte zu einer Eurythmie.Vorstellung, Seite 300-303 Eurythmische Kunst, Seite 304 f.

40 Wahrspruchworte. GA 1969 In der Kunst, Seite 256

284 Bilder okkulter Siegel und Säulen, 1957 Zur Einführung, Seite 15

#SE283-159

II. TEIL

Vorträge und Fragenheantwortungen

Vcrtrapdatum Bibl.-Nr. Titel des Bandes der Gesemtausgabe, Jahreszahl und evtl. trühere Veröffentl.

28. X. 04 92 (Esoterik in der griechischen und germanischen Mytho­

logie - Kosmische Geschichte)

Einzelausgabe: Esöterik und Weltgeschichte in der grie­

chischen und germanischen Mythologie. 1955.4. Vortrag

I. XII. 04 53 Grundbegriffe der Theosophie. GA 1957, B. Vortrag

28.III.05 93 (Alte Geistesströmun gen in geisteswissenschaftlicher Be­

leuchtung)

«Nachrichtenblatt» 1936, 13. Jahrgang, Nr.44-45:

Richard Wagner im Lichte der Anthroposophie

19. V. 05 «Nachrichtenblatt» 1936, 13. Jahrgang, Nr.47-50: Ri­

chard Wagner im Lichte der Geisteswissenschaft

28. IX. 05 «Nachrichtenblatt» 1942, 19. Jahrgang, Nr.46: Bewußt­

seinsstufen und das Kreuzsymböl

30. IX. 05 «Nachrichtenblatt» 1942, 19. Jahrgang, Nr.49: Das Le­

bensprinzip in den sieben Welten

1.III.06 54 Die Wilträtsel und die Anthroposophie. GA 1966

14. Vortrag: Die Kinder des Luzifer

14.III.06 97 Das christliche Mysterium. GA 1968

Das Karmagesetz als Wirkung des Tatenlebens

29. VII. 06 Das Gralsgeheimnis im Werk Richard Wagners

23. VIII. 06 95 Vor dem Tore der Theosophie. GA 1964

2. Vortrag: Die drei Welten

16.I.07 97 Das christliche Mysterium. GA 1968

Die Musik des «Parsifal» als Ausdruck des Übersinn­

lichen

28.III.07 55 Die Erkenntnis des Übersinnlichen. GA 1959

Richard Wagner und die Mystik

8. V. 07 98 (Über das Zusammenwirken unserer sichtbaren Wilt mit

geistigen Wisenheiten)

«Nachrichtenblatt» 1945, 22. Jahrgang, Nr. 19: Die

Apokalypse III

19. V. 07 284 Bilder okkulter Siegel und Säulen. 1957

Die Einweihung des Rosenkreuzers

31. V. 07 99 Die Theosophie des Rosenkreuzers. GA 1962

7. Vortrag: Die Technik des Karma

20. VI. 07 100 Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis.

GA 1967.5. Vortrag

24. X. 07 56 Die Erkenntnis der Seele und des Geistes. GA 1965

3. Vortrag

#SE283-160

2. XII. 07 6S (Der Kreislauf des Menschen innerhalb der Sinnes-, See­

len- und Geisteswelt)

«Die Menschenschule» 1965, 39. Jahrgang, Heft 6:

Richard Wagner und die Mystik

25. XII. 07 98 (Über das Zusammenwirken unserer sichtbaren Welt m£t

geistigen Wisenheiten)

Einzelausgabe: Die Geheimnisse. Ein Weilmachts- und

Ostergedicht von Goethe. 1963

28. XII. 07 101 Mythen und Zeichen

«Nachrichtenblatt» 1948, 25. Jahrgang, Nr.32-34: Ok-

kulte Zeichen und Symbole IV

29. XII. 07 «Nachrichtenblatt» 1948, 25. Jahrgang. Nr.34-39: Ok-kulte Zeichen und Symbole V

16.III.08 102 Das Hereinwirken geistiger Wisenheiten in den Menschen

Einzelausgabe: Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten

in den Menschen. 1955.5. Vortrag

17.III.08 Bisher unveröffentlicht

11. VI. 08 Einzelausgabe: Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten

sn den Menschen. 1955.11. Vortrag

14. VI. OS 102 Einzelausgabe: Über das Zusammenwirken unserer sicht­baren Welt mit geistigen Wesenheiten. 1952.2. Vortrag

12. VIII. 08 105 Wilt, Erde und Mensch. GA 1960.8. Vortrag

7. u. 9. IX. 08 106 Ägyptische Mythen und Mysterien. GA 1960

S. und 7. Vortrag

20.III.09 57 Wo und wie findet man den Geist? GA 1961

Nietzsche im Lichte der Geisteswissenschaft

25. X. 09 116 Der Christus4mpuls und die Entwickelung des Ich-Be­

wußtseins. GA 1961.1. Vortrag

26. X. 09 115 Anthroposophie, Psychosophie, Pneumatosophie.

GA 1965.3. Vortrag

28. X. 09 271 Kunst und Kunsterkenntnis. GA 1961

Das Wesen der Künste

14. XI. 09 117 Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im

Lichte der Evangelien. GA 1966. Die Evangelien

12. V. 10 59 Metamorphosen des Seelenlebens. GA 1958. 7. Vortrag

11. VI. 10 121 Die Mission einzelner Volksseelen. GA 1962. S. Vortrag

18. u. 20. VIII. 10 122 Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte GA 1961.3. und S. Vortrag

29. XII. 10 126 Okkulte Geschichte, Persönlichkeiten und Ereignisse der

Wiltgeschichte im Lichte der Geisteswissenschaft.

GA 1956.3. Vortrag

3.III.11 127 (Menschheitsentwickelung und Geisteswissenschaft)

«Nachrichtenblatt» 1938, 15. Jahrgang, Nr.32: Anspra­

che nach einem Konzert im Berliner Zweig der Anthro­

posophischen Gesellschaft

#SE283-161

I. X. 11 130 Das esoterische Christentum und die geistige Führung

der Menschheit. GA 1962

Die Ätherisation des Blutes. Fragenbeantwortung

15. X. 11 285 (Und der Bau wird Mensch)

Einzelausgabe: Die okkulten Gesichtspunkte des Stutt­

garter Baues. 1912. i. Vortrag

16. XII. 11 115 Anthroposophie, Psychosophie, Pneumatosophie.

GA 1965.12. Vortrag

1. I. 12 134 Die Wilt der Sinne und die Wilt des Geistes. GA 1959.

6. Vortrag

23. I. 12 135 Wiederverkörperung und Karma und ihre Bedeutung für

die Kultur der Gegenwart. GA 1959.1. Vortrag

3.1V. 12 136 Die geistigen Wisenheiten in den Himmelskörpern und

Naturreichen. GA 1960. i. Vortrag

13.II.13 244 (Gesammelte Fra genbeantwortun gen)

Bisher unveröffentlicht. Fragenbeantwortung nach dem

Vortrag «Lionardos geistige Größe am Wendepunkt zur

neueren Zeit»

22.III.13 145 Wilche Bedeutung hat die okkulte Entwickelung des

Menschen für seine Hüllen und sein Selbst? GA 1957

3. Vortrag

29. VIII. 13 147 Die Geheimnisse der Schwelle. GA 1960.6. Vortrag

30. XII. 13 149 Christus und die geistige Wilt - Von der Suche nach dem

heiligen Gral. GA 1960.3. Vortrag

28., 29., 30., 275 Kunst im Lichte der Mysterienweisheit. GA 1966.

31. XII. 14, 1., 2. I. 15 1., 2., 3., 4., S. und 6. Vortrag

9. I. 15 161 Geisteswissenschaft als Wilt-Pfingstgabe

Einzelausgabe: Das Ich, von außen wahrnehmbar, als

Sprache und Gesang, als schöpferische Phantasie, als In­

nenerlebnis. 1935

31. VII. 15 162 (Der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis des

Guten und Bösen. Die Geheimnisse in der Kunst)

Einzelausgabe: Der Baum des Lebens und der Baum der

Erkenntnis des Guten und Bösen. Die Geheimnisse in der

Kunst. 1936

7. I. 16 165 Die geistige Vereinigung der Menschheit durch den

Christus-lmpuls. GA 1968

Wandlungen des menschlichen Empfindungs- und Ge­

dankenelements

23.III.16 65 Aus dem mitteleuropäischen Geistesleben. GA 1962

Nietzsches Seelenleben und Richard Wagner

9., 16. V. 16 167 Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschen geiste.

GA 1962.9. und 10. Vortrag

18. VII. 16 169 Weltwesen und Ichheit. GA 1963.7. Vortrag

12., 13. VIII. 16 170 Das Rätsel des Menschen - Die geistigen Hintergründe

der menschlichen Geschichte. GA 1964

7. und 8. Vortrag

#SE283-162

12. XI. 17 73 Anthroposophie und akademische Wissenschaften

Einzelausgabe: Anthroposophie und akademische Wis­

senschaften. 1950.3. Vortrag

23. XI. 17 72 (Geisteswissenschaftliche Ergebnisse über das Wesen des

Menschen)

«Gegenwart» 1950/51, 12. Jahrgang, Nr. 3-4

7.III.18 67 Das Ewige in der Menschenseele. Unsterblichkeit und

Freiheit. GA 1962.5. Vortrag

5., 6. V. 18 271 Kunst und Kunsterkenntnis. GA 1961

Die Quellen der künstlerischen Phantasie und die Quel­

len der übersinnlichen Erkenntnis. i. und 2. Vortrag

14. V. 18 181 Erdensterben und Weltenleben. GA 1967. 14. Vortrag

i. VI. 18 271 Kunst und Kunsterkenntnis. GA 1961

Das Sinnlich-Übersinnliche. Geistige Erkenntnis und

künstlerisches Schaffen

27. X. 18 185 Geschichtliche Symptomatologie. GA 1962. 6. Vortrag

23.1V. 19 192 Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und päd­

agogischer Fragen. GA 1964.2. Vortrag

21., 23., 294 Erziehungskunst. Methodisch-Didaktisches. GA 1966.

24. VIII. 19 1., 3. und 4. Vortrag

I. IX. 19 293 Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädago­

gik. GA 1968.10. Vortrag

6. IX. 19 295 Erziehungskunst. Seminarbesprechungen und Lehrplan-

vorträge. GA 1969.2. und 3. Lehrplanvortrag

30., 31. XII. 19 320 Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwickelung der

Physik. Erster naturwissenschaftlicher Kurs. GA 1964

7. und 8. Vortrag

14.III.20 321 Zweiter naturwissenschaftlicher Kurs

Einzelausgabe: Zweiter naturwissenschaftlicher Kurs

(Wärme-Lehre) 1925.14. Vortrag

28.1V. 20 301 Die Erneuerung der pädagogisch.didaktischen Kunst

5.,6.V.20 durch Geisteswissenschaft. GA 1958.6., 10. und 11. Vor­

trag

12. IX. 20 271 Kunst und Kunsterkenntnis. GA 1961

Der übersinnliche Ursprung des Künstlerischen

16., 21. IX. 20 302 Meditativ erarbeitete Menschenkunde

(und andere Kurse>

Einzelausgabe: Meditativ erarbeitete Menschenkunde.

1961,2. und 3. Vortrag

16. X. 20 288 (Stilformen des Organisch-Lebendigen)

Einzelausgabe: Der Baugedanke von Dornach. 1942.

3. Vortrag

17. XII. 20 202 Die Brücke zwischen der Welt geistigkeit und dem Phy­

sischen des Menschen - Die Suche nach der neuen Isis,

der göttlichen Sophie

Einzelausgabe: Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit

und dem Physischen des Menschen. 1957.1. Vortrag

#SE283-163

12. I. 21 76 (Anthroposophie und Fachwissenscha ften)

9.1V. 21 271 Kunst und Kunsterkenntnis. GA 1%l

Die Psychologie der Künste

10.1V. 21 282 Sprachgestaltung und dramatische Kunst. GA 1969

Eine Fragenbeantwortung über Schauspielkunst

14., 15. VI. 21 302 Meditativ erarbeitete Menschenkunde

(und andere Kurse)

Einzelausgabe: Menschenerkenntnis und Unterrichtsge­

staltung. 1951.3. und 4. Vortrag

23. VIII. 21 77 (Die Aufgabe der Anthroposophie gegenüber Wissen-

schaft und Leben)

«Gegenwart» 1952/53, 14. Jahrgang, Nr.11

23. XI. 21 304 (Erziehungs- und Unterrichtsfragen vom Gesichtspunkt

anthroposophischer Geisteswissenschaft)

Einzelausgabe: Erziehungs- und Unterrichtsmethoden

auf anthroposophischer Grundlage. 1960.1. Vortrag

18. XII. 21 209 Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse. GA 1968

III. Teil, 2. Vortrag

31. XII. 21 u. 303 Die gesunde Entwickelung des Leiblich-Physischen als

S. I. 22 Grundlage der freien Entfaltung des Seelisch-Geistigen.

CA 1969.9. Vortrag mit Diskussionsvotum und 14. Vor­

trag.

1.1V. 22 211 Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und

Auferstehung. GA 1963

Die Erkundung und Formulierung des Weltenwortes in

der Ein- und Ausatmung

19. VIII. 22 305 D

Erziehungskunst. 1956.4. Vortrag

2. XII. 22 219 Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des

Menschen zur Sternenwelt - Die geistige Kommunion

der Menschheit. CA 1966

(Der Vortrag vom 2.Dez.22 wird erst bei der nächsten

Auflage in diesen Band aufgenommen werden)

Einzelausgabe: Des Menschen Außerung durch Ton und

Wort. 1928

4. XII. 22 218 (Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des mensch­

lichen Organismus)

Einzelausgabe: Erinnerung und Liebe. Die Erfassung des

Künstlerischen in seiner Geistigkeit. Enthüllung des Ton-

und Lautgeheimnisses 1936

9. XII. 22 «Nachrichtenblatt» 1927, 4. Jahrgang, Nr.15-18: Über

das Ohr

17., 22. XII. 22 219 Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des

Menschen zur Sternenwelt - Die geistige Kommunion der

Menschheit. CA 1966.6. und 7. Vortrag

#SE283-164

7.1V. 23 223/229 Der Jahreskreislauf als Atmungsvorgang der Erde und die vier großen Festeszeiten. GA 1966.4. Vortrag

17., 22.1V. 23 306 Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geistes-

wissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung

des Kindes und jüngeren Menschen

Einzelausgabe: Die pädagogische Praxis vorn Gesichts­

punkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis.

Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen. 3. und

8. Vortrag und Fragenbeantwortung

2. V. 23 224 Die menschliche Seele in ihrem Zusammenhang mit gött­

lich-geistigen Individualitäten. GA 1966.2. Vortrag

18., 20. V. 23 276 Das Künstlerische in seiner Weltmission. GA 1961

7. und 8. Vortrag

23. V. 23 224 Die menschliche Seele in ihrem Zusammenhang mit gött­

lich-geistigen Individualitäten. Die Verinnerlichung der

Jahres feste. GA 1966

Die Schaffung eines Michael-Festes aus dem Geiste her­

aus. Die Rätsel des inneren Menschen.

2. VI. 23 276 Das Künstlerische in seiner Weltmission. GA 1961

3. Vortrag

6., 11., 307 Gegenwärtiges Geistesleben und Erziehung. GA 1957

16. VIII. 23 2., 7. und 12. Vortrag

29. VIII. 23 227 Initiations-Erkenntnis. GA 1960.11. Vortrag

23. IX. 23 225 Kulturphänomene - Drei Perspektiven der Anthroposo­

phie. GA 1961. Jakob Böhme, Paracelsus, Swedenborg

12. X. 23 223/229 Der Jahreskreislauf als Atmungsvorgang der Erde und die vier großen Festeszeiten. GA 1966

Das Miterleben des Jahreslaufes in vier kosmischen Ima­ginationen. 4. Vortrag

15. X. 23 302 Meditativ erarbeitete Menschenkunde

(und andere Kurse)

Einzelausgabe: Anregungen zur innerlichen Durchdrin­

gung des Lehr- und Erzieherberufes. 1956. i. Vortrag

1.11.24 234 Anthroposophie. Eine Einführung in die Anthroposophi­

sche Weltanschauung. GA 1959.4. Vortrag

I. III.24 235 Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge -

Erster Band. GA 1964.6. Vortrag

10.1V. 24 308 Die Methodik des Lehrens und die Lebensbedingungen

vormittags und des Erziehens

abends Einzelausgabe: Die Erziehung des Kindes - Die Metho­

dik des Lehrens, Taschenbuchausgabe 1961.3. und 4.

Vortrag

15.1V. 24 309 Anthroposophische Pädagogik und ihre Voraussetzun­

gen

Einzelausgabe: Anthroposophische Pädagogik und ihre

Voraussetzungen. 1951.3. Vortrag

20.1V. 24 233 Die Weltgeschichte in anthroposophischer Beleuchtung

und als Grundlage der Erkenntnis des Menschen geistes

GA 1962.111. Teil, 2. Vortrag

#SE283-165

20., 24. VII. 24 310 Der pädagogische Wert der Menschenerkenntnis und der

Kulturwert der Pädagogik. GA 1965.4. und 8. Vortrag

21. VII. 24 319 A und Medizin

steswissenschaftliche Betrachtung gewinnen? 1958

17. VIII. 24 311 Die Kunst des Erziehens aus dem Erfassen der Menschen­

wesenheit. GA 1963.6. Vortrag

22. VIII. 24 243 Das Initiaten-Bewußtsein. Die wahren und die falschen

Wege der geistigen Forschung. GA 1969.11. Vortrag

6. IX. 24 282 Sprach gestaltung und dramatische Kunst. GA 1969

2. Vortrag

III. TEIL

Vorträge

die nicht innerhalb der Gesamtausgabe erscheinen

- keine Notizen vorhanden

x nur ungenügende Notizen vorhanden

o Parallelvorrrag

Voreragsdatum Titel des Vorrrages

18. I. 06 - Theosophie und tönende Kunst

21. I. 06 - Die geistige Bedeutung der Musik und die Sanskrit­

sprache

10.I.06 - Richard Wagner und die Mystik

29. XI. 06 - Richard Wagner und die Mystik

4. XII. 06 x Richard Wagner und die Mystik

16.I.07 x Richard Wagners «Parsifal»

15.III.07 - Richard Wagner und die Mystik

12.1.08 x Okkulte Zeichen und Symbole der astralen und der gei­

stigen Welt

25.II.08 o Richard Wagner und die Geisteswelt

13.1V. 13 o Die menschlichen Sinne und das Verhältnis zu den Toten

14. V. 17 o Menschenseele und Menschenleib in Natur- und Geist-

erkenntnis

21. V. 17 o Seelenrätsel und Weltenrätsel. Forschung und Anschau­

ung im deutschen Geistesleben

28.III.18 x Das Leben in der Kunst und die Kunst im Leben

14. V. 22 o Anthroposophie und Geisteserkenntnis

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.