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GA 137
RUDOLF STEINER
VORTRÄGE
VORTRÄGE VOR MITGLIEDERN
DER ANTHROPOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT
Der Mensch
im Lichte von Okkultismus,
Theosophie und Philosophie
Zehn Vorträge, gehalten in Kristiania (Oslo)
vom 2. bis 12. Juni 1912
GA 137
1993
Inhaltsverzeichnis
- ERSTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 2. Juni 1912
- ZWEITER VORTRAG Kristiania (Oslo), 4. Juni 1912
- DRITTER VORTRAG Kristiania, (Oslo), 5. Juni 1912
- VIERTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 6. Juni 1912
- FÜNFTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 7. Juni 1912
- SECHSTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 8. Juni 1912
- SIEBENTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 9. Juni 1912
- ACHTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 10. Juni 1912
- NEUNTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 11. Juni 1912
- ZEHNTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 12. Juni 1912
- NOTIZBUCHEINTRAGUNGEN
- HINWEISE
- NAMENREGISTER
- Literatur
ERSTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 2. Juni 1912
Wir haben über mancherlei wichtige Themen der theosophischen Weltanschauung bei den verflossenen Vortragszyklen schon miteinander gesprochen. Wir haben mit dem gegenwärtigen Vortragszyklus uns ein Thema gestellt, welches zu den allerwichtigsten, zu den allerbetrachtenswertesten des theosophischen Lebens, der theosophischen Weltanschauung und der theosophischen Gesinnung gehört. Wir haben uns gewissermaßen das wichtigste Objekt ausersehen, welches die menschliche Erkenntnis anerkanntermaßen haben kann, nämlich den Menschen selber. Und für die theosophische Betrachtung muß dieser Mensch selber, man möchte sagen, ganz selbstverständlich wiederum der allerhöchste Gegenstand der Betrachtung sein. Man muß innerhalb der theosophischen Weltanschauung wieder etwas fühlen von dem, was der von alter Theosophie berührte griechische Geist schon in das Wort Anthropos -- Mensch - legte. Der zu den Höhen Blickende - so könnte man es, wenn man es richtig übersetzen wollte, in unsere gegenwärtige Ausdrucksweise übersetzen. «Der-zu-den-Höhen-Blickende» ist zu gleicher Zeit die Definition des Menschen, die in dem griechischen Worte Anthropos zum Ausdrucke kommt, das heißt: der in den Höhen des Lebens seinen Ursprung Suchende, und der seine eigenen Gründe nur in den Höhen des Lebens Findende, das ist der Mensch nach dem Gefühle der griechischen Welt.
Um den Menschen als ein solches Wesen zu erkennen, haben wir ja, im Grunde genommen, die Theosophie. Sie ist jene Weltbetrachtung, welche aufsteigen will von den Einzelheiten des sinnlichen Da- seins, von den Einzelheiten des werktätigen äußeren Lebens zu jenen Höhen der geistigen Erlebnisse, die uns so recht zeigen können, woher der Mensch kommt und wohin der Mensch eigentlich steuert. So ist es ohne weiteres klar, daß, wie für jede Weltbetrachtung im allgemeinen so für die Theosophie noch im besonderen, der Mensch das allerwürdigste Objekt der Betrachtung ist.
In diesem Vortragszyklus wollen wir den Menschen nach drei Gesichtspunkten
geistig ins Auge fassen, nach den drei Gesichtspunkten, unter denen er bisher von jeder tieferen Weltanschauung immer ins Auge gefaßt worden ist, wenn auch im äußeren Leben nicht alle drei Gesichtspunkte in gleicher Weise zur Geltung gebracht worden sind. Wir wollen in dieser Reihe von Vorträgen die Menschen betrachten von dem Gesichtspunkte des Okkultismus, von dem Gesichtspunkte der Theosophie und von dem Gesichtspunkte der Philosophie.
Es liegt nahe, daß wir uns heute zunächst verständigen müssen darüber, was unter diesen drei Gesichtspunkten eigentlich gemeint ist. Wenn man vom Okkultismus spricht, so spricht man zunächst von etwas, das in weiteren Kreisen der heutigen gebildeten Welt recht unbekannt ist; und man muß sagen: Der Okkultismus in seiner ihm ureigenen Gestalt war eigentlich in der ganzen bisherigen Menschheitsentwickelung im Grunde genommen für das äußere Leben, für das Leben des Alltags, stets etwas gewissermaßen Verborgenes. Der Okkultismus geht ja davon aus, daß der Mensch, um sein eigenes Wesen zu erkennen, um sein Wesen zu erleben, bei der gewöhnlichen Anschauungsweise, bei der Anschauungsweise des gewöhnlichen Bewußtseins nicht stehenbleiben kann, sondern zu einer ganz anderen Anschauungsweise, zu einer anderen Erkenntnisart übergehen muß.
Man möchte, um zunächst einen Vergleich zu gebrauchen, sagen: Wenn wir innerhalb eines Ortes leben, so sehen wir die einzelnen Erlebnisse, welche die Menschen erfahren, und ein jeglicher, der in einem solchen Orte, wenn er einigermaßen groß ist, darinnen lebt, kennt im Grunde genommen immer nur Einzelheiten dessen, was in dem Orte überhaupt erlebt, was in dem Orte gesehen werden kann. Schon äußerlich, wenn jemand einen Gesamtüberblick haben will über den Ort, muß er sich vielleicht eine Anhöhe suchen, um das, was er von einem einzelnen Standpunkte im Inneren nicht sehen kann, zu üb,erschauen. Wenn er einen Zusammenhang haben will und einen Überblick über das intellektuelle, das moralische und das sonstige Leben des Ortes, dann muß er sich geistig auf einen höheren Standpunkt versetzen als auf den der gewöhnlichen Erlebnisse, die ihm der Alltag bringen kann.
So muß es auch der Mensch machen, wenn er hinauskommen will über die Erfahrungen, die Erlebnisse des gewöhnlichen Bewußtseins. Die geben, im Grunde genommen, immer nur einen Teil dessen, was das ganze Zusammensein, den ganzen Zusammenhang des L`ebens ausmacht. Für die menschliche Erkenntnis heißt das aber nichts anderes, als daß diese menschliche Erkenntnis selber über sich hinausgehen muß, daß sie einen Standpunkt gewinnen muß, der über dem gewöhnlichen Bewußtsein, über der gewöhnlichen Erkenntnis liegt. Selbstverständlich hat das zur Folge, daß dieser gewissermaßen außerhalb des gewöhnlichen Lebens liegende Standpunkt die Einzelheiten in ihren besonders intensiven Farben, in ihrer besonderen Nuancierung verschwinden läßt. Wenn wir uns auf eine Anhöhe begeben, um einen Ort zu überschauen, so sehen wir auch nur das Gesamtbild, und wir verzichten dann auf jene einzelnen Nuancen, welche uns das einzelne Erleben gibt. Auf mancherlei Einzelheiten, auf mancherlei Individuelles muß auch ein solcher Standort Verzicht leisten, der über das gewöhnliche Bewußtsein hinausgeht. Aber er gibt dafür gerade für die Erkenntnis des menschlichen Wesens, für die Erkenntnis der ganzen Art des Menschen dasjenige, worauf es ankommt, dasjenige, was in allen Menschen dasselbe ist, worin eigentlich der Grund der Menschen- natur liegt und was der Mensch für sein Leben als das Allerwichtigste empfindet.
Dieser Standpunkt kann nur erlangt werden dadurch, daß die menschliche Seele eine gewisse Entwickelung durchmacht, daß sie zu dem gelangt, was man gewöhnlich nennen kann das hellseherische Er- kennen. Von diesem hellseherischen Erkennen finden Sie in den einschlägigen Literaturwerken gesprochen. Sie finden da, was die einzelnen Seelen zu unternehmen haben, um zu solchem hellseherischen Erkennen zu kommen. Sie finden davon gesprochen, daß für den, der diese hellseherische Erkenntnis erreichen will, die gewöhnlichen Erkenntnismittel, die Anschauung durch die gewöhnlichen Sinne, das Nachdenken mit der gewöhnlichen Verstandes- und Urteilskraft nicht ausreichen; und Sie werden darauf hingewiesen, daß diese überwunden und ganz neue, im Keime in der Seele liegende Erkenntnismittel angestrebt werden müssen.
Sie haben wohl auch aus der Literatur entnommen, daß man drei Stufen unterscheiden kann, um zu dieser hellseherischen oder okkulten Erkenntnis hinaufzukommen. Die erste Stufe ist die der imaginativen Erkenntnis, die zweite die der inspirierten und die dritte die der intuitiven Erkenntnis. Wenn man in populärer Weise charakterisieren wollte, was erreicht wird durch diese Selbsterkenntnis, die mit den Mitteln der Imagination, der Inspiration und der Intuition erlangt wird, so müßte man sagen: Der Mensch kommt dadurch in die Lage, Dinge zu schauen, die sich dem gewöhnlichen Bewußtsein entziehen. Man braucht nur hinzuweisen auf den Gegensatz zwischen Wachen und Schlafen, und man wird in populärer Weise veranschaulichen können, was für den Menschen durch die okkulte Erkenntnis, durch die hellseherische Anschauung zu erreichen ist. Während des Wachens sieht der Mensch die sinnliche Welt als seine Umgebung, und er beurteilt sie mit seinem Verstande und seinen anderen Erkenntniskräften. Für das gewöhnliche Bewußtsein tritt die Finsternis des Bewußtseins ein, wenn der Mensch in den Schlafzustand eingeht. Aber der Mensch hört damit nicht auf zu sein, wenn er einschläft, und er entsteht auch nicht aufs neue, wenn er wieder aufwacht. Der Mensch lebt auch in der Zeit, welche vergeht zwischen dem Einschlafen und dem Wiedererwachen. Nur hat der Mensch nicht genug innere Kraft, nicht genug Stärke und Energie der Seelenkraft, die es ihm während des Schlafzustandes möglich machen würden, wahrzunehmen, was in seiner Umgebung ist. Man kann sagen: Des Menschen Erkenntniskräfte sind so, daß sie geschärft werden müssen durch die physischen Organe, durch die Sinne und durch die Nervenorgane, damit er für das gewöhnliche Bewußtsein etwas sieht in seiner Umgebung. In der Nacht, wenn der Mensch aus seinen Sinnesorganen und seinem Nervensystem heraus ist, dann sind die in der Seele befindlichen Kräfte zu schwach, um sich aufzuraffen und die Umgebung wahrzunehmen und zu schauen.
Das, was da in der Nacht zu schwach ist, um die Umgebung wahrzunehmen, das in einen solchen Zustand zu versetzen, daß es unter gewissen Voraussetzungen, nicht immer, im Zustande des gewöhnlichen Schlafes wahrnehmen kann, was uns im Schlafe umgibt, das zu
erreichen ist möglich durch die Mittel, welche zum Zwecke der Schulung in okkulter Erkenntnis gegeben werden. So daß der Mensch eine weitere, eine neue, man könnte sagen - wenn ein solches Wort nicht in gewissem Sinne doch unberechtigt wäre -, eine höhere 'Welt als die sonstige wahrnehmen kann.
Es ist also im wesentlichen eine Umwandlung der Seele, die eine Erstarkung, eine Vergrößerung der Energie der inneren Seelenkräfte bedeutet. Wenn diese Umwandlung, diese Erstarkung vor sich geht, dann weiß der Mensch, worin das eigentlich besteht, was beim Ein- schlafen aus dem physischen Leibe herausgeht und beim Aufwachen w1eder in den physischen Leib hineingeht. Dann weiß er auch, daß in dem, was da während des Schlafens aus dem Leibe heraus ist, der innere Wesenskern enthalten ist, der mit der Geburt eintritt in den physischen Leib und, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes geht, wieder heraustritt aus dem physischen Leibe. Es weiß dann auch der Mensch, wie er in der Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt in der geistig-seelischen Welt lebt. Kurz, der Mensch lernt geistig erkennen, und er lernt die Umgebung, die geistiger Art ist und sich dem gewöhnlichen Bewußtsein entzieht, ebenfalls kennen. In dieser geistigen Welt aber liegen die eigentlichen Urgründe des Daseins, die Gründe auch für das physische, für das sinnliche Dasein, so daß der Mensch durch die okkulte Erkenntnisart die Fähigkeit erlangt, die Urgründe des Daseins anzuschauen. Aber nur dadurch erlangt er diese Fähigkeit, daß er sich selber zuerst umwandelt in ein anderes Erkenntniswesen, als er es innerhalb des gewöhnlichen Bewußtseins ist.
Der Okkultismus also kann dem Menschen nur zukommen, wenn er es unternimmt, die ihm für die okkulte Erkenntnisart dargebotenen Mittel wirklich auf sich anzuwenden. Es liegt in der Natur der Sache, und es wird auch in der Literatur darauf hingewiesen und auch hier in den Vorträgen ist schon davon gesprochen worden, daß es in der bisherigen Menschheitsentwickelung naturgemäß nicht jedermanns Sache war, sich so selbst zu erziehen, daß er unmittelbar in die geistige Welt hineinschauen konnte, also auf die geschilderte Art und Weise zu den Urgründen des Daseins vorzudringen vermochte. Diese Mittel, um zu den Urgründen des Daseins vorzudringen, wurden immer gegeben
in engeren Kreisen, in denen streng darauf gesehen ward, daß der Mensch zuerst die vorbereitende Erziehung hatte, die ihn reif machte, die okkulten Erkenntnismittel auf seine Seele anzuwenden, bevor ihm die höheren Mittel okkulter Erkenntnis dargeboten wurden.
Es ist leicht einzusehen, warum das so sein muß. Die höhere, die okkulte Erkenntnis führt ja zu den Gründen des Daseins, führt hinein in diejenigen Welten, aus denen heraus gewissermaßen unsere Welt gemacht ist, so daß der Mensch mit diesen okkulten Erkenntnissen auch gewisse Fähigkeiten erlangt, die er sonst nicht hat. Gewissermaßen wird der Mensch, indem er in die Urgründe des Daseins hineindringt, Dinge zu vollführen in der Lage sein, die er mit den gewöhnlichen Erkenntnismitteln nicht ausführen kann. Nun gibt es eine Tatsache, die dies ganz klarmacht. Wir werden diese Tatsache noch besprechen; jetzt soll sie nur angeführt werden, um zu zeigen, daß nicht jedem die okkulten Erkenntnismittel gegeben werden konnten. Diese Tatsache ist die, daß der Mensch während der Erdenentwickelung notwendig eingepflanzt erhalten mußte den Egoismus. Ohne den Egoismus hätte der Mensch seine Erdenaufgabe nicht vollziehen können, denn diese besteht ja gerade darin, aus dem Egoismus heraus sich zur Liebe zu entwickeln und durch die Liebe den Egoismus zu adeln, zu überwinden, zu vergeistigen. Am Ende der Erdenentwickelung wird der Mensch von der Liebe durchdrungen sein. Er kann aber nur in Freiheit zu dieser Liebe sich hinentwickeln dadurch, daß seinem Wesen von Anfang an der Egoismus eingepflanzt war. Nun aber wirkt der Egoismus im höchsten Maße gefährlich und schädlich, wenn er etwas unternimmt, was hinter der Welt des gewöhnlichen Bewußtseins liegt. Wenn der Egoismus, von dem auch im Grunde genommen die ganze menschliche Geschichte durchdrungen ist, schon im gewöhnlichen, sinnlichen Leben Schaden über Schaden anrichtet, so muß man doch sagen, daß diese Schäden eine Kleinigkeit sind gegenüber den großen Schädigungen, die er hervorruft, wenn er arbeiten kann mit den Mitteln okkulter Erkenntnis.
So war es immer eine notwendige Voraussetzung, daß bei denen, welchen die Mittel okkulter Erkenntnis gegeben wurden, ein so gestreng vorbereiteter Charakter vorhanden war, daß sie, wie groß auch
die Verlockungen der Welt sein mochten, nicht arbeiten wollten im Sinne des Egoismus. Das war der erste bedeutungsvolle Grundsatz der Vorbereitung für die okkulte Erkenntnis, daß der Charakter jener Menschen, welche zu diesen Erkenntnissen zugelassen wurden, es nicht gestattete, die okkulten Erkenntnisse im egoistischen Sinne zu mißbrauchen. Das bedingte naturgemäß, daß nur wenige nach und nach ausgewählt werden konnten im Laufe der Menschheitsentwickelung, um aufgenommen zu werden in jene okkulten Schulen, die man in den alten Zeiten die Mysterien und auch anders nannte, und daß somit nur diesen wenigen die Mittel gegeben wurden, zu solcher okkulten Erkenntnis aufzusteigen. Die okkulten Erkenntnisse, die diese wenigen dann erreichten, hatten ganz bestimmte Eigenschaften, ganz bestimmte Eigentümlichkeiten.
Das, was ich nun als Eigenschaft dieser okkulten Erkenntnis anführen will, ändert sich in gewisser Beziehung gerade in unserer Zeit; aber es war im Grunde genommen gemeinschaftlich allen bisherigen, im rechten Sinne des Wortes so zu nennenden okkulten Schulen. Es war notwendig in diesen okkulten Schulen, in denen den Menschen dargereicht wurden die Mittel okkulter Erkenntnis, daß unter den vielen Dingen, die überwunden werden mußten, um damit auch den Egoismus zu überwinden, sogar auch dieses war: nicht mit den gewöhnlichen Worten zu sprechen innerhalb der Mysterien, innerhalb der okkulten Schulen, nicht mit den gewöhnlichen Worten sich zu verständigen, mit denen man sich im Leben des äußerlichen Bewußtseins verständigt. Denn eine gewisse Art, wenn auch eines feineren, man möchte sagen, höheren Egoismus geht schon in den Menschen über dadurch, daß man sich der Worte, Gedanken und Begriffe bedient, die im äußeren Leben verwendet werden. Da kommen alle diejenigen Dinge in Betracht, die den Menschen nicht erscheinen lassen als Menschen überhaupt, sondern als Angehörigen eines bestimmten Volkes mit all den Egoismen, die ihm eben eigen sind dadurch, daß er, berechtigterweise für das äußere Leben, sein Volk liebt. Für das äußere Bewußtsein ist es selbstverständlich und es muß so sein, daß die Menschen jene feineren, höheren Egoismen haben, und diese höheren Egoismen sind sogar in gewisser Beziehung das löblichste des
Daseins. Für die höchsten allgemein-menschlichen Erkenntnisse, die hinter dem Leben des gewöhnlichen Bewußtseins zu suchen sind, dürfen wir aber auch diese höheren, verfeinerten Egoismen nicht mitbringen. Daher wurde die Vorbereitung in den okkulten Schulen so gepflogen, daß sozusagen zuerst eine allgemein-menschliche Sprache geschaffen wurde. In diesen okkulten Schulen wurde nicht die Sprache des gewöhnlichen Lebens, sondern eine Sprache benützt, die anders auf die Menschen wirkte als irgendeine sonstige Sprache, die da oder dort gesprochen wurde. Es war dies eine Sprache, die nicht durch Worte und Gedanken wirkte, so wie man in der gewöhnlichen Wissenschaft vorträgt, sondern durch Symbole. Für diejenigen, die Mathematik kennen, ist es ja ohne weiteres klar, daß sie die allgemeine An- wendung dadurch hat, daß man Symbole wählt, die man überall an- wenden kann. Dadurch, daß man solche Symbole wählte, sich sozusagen hinaufentwickelte, eine Sprache zu haben, die in Symbolen spricht, war man hinaus über das, was sich in unser Urteil, in unser gewöhnliches Bewußtsein hineinmischt von Egoismus, auch von höheren Egoismen. Damit aber war man mit dem, was man darstellen und sagen konnte, auch nur denjenigen verständlich, die zuerst diese allgemeine menschliche Sprache, diese Symbole kennengelernt hatten. Die Sprache bestand in Symbolen, die man zeichnen konnte, die man in Handbewegungen ausführte in den Ritualen, in FarbenzusammenstellUngen ausdrückte und so weiter. Und die Hauptsache in den Geheim- schulen war nicht das, was durch die Worte verkündet wurde, denn das war nur Vorbereitung, sondern dasjenige, was gesagt wurde in der Sprache der Symbole, unabhängig von den gewöhnlichen menschlichen Worten und auch unabhängig von den gewöhnlichen menschlichen Gedanken. Das erste also in den Geheimschulen war die Bildung einer symbolischen Sprache.
In den ältesten Zeiten betrachteten es die den Mysterien als Eingeweihte Zugehörigen als strengste Verpflichtung, von der allgemeinen Mysteriensprache, von den allgemeinen Symbolen nach außen nichts zu verraten, weil der Mensch, wenn er die Symbole kennengelernt hätte und scharfsinnig genug gewesen wäre, unvorbereitet zu den Mitteln der okkulten Erkenntnis hätte kommen können. Die Schaffung
der Symbole war das Mittel, eine allgemeine menschliche Sprache zu sprechen. Die Geheimhaltung der Symbole war das Mittel, das, was ihnen durch diese Sprache gegeben wurde, nicht an unreife Menschen herankommen zu lassen.
So ist schon dadurch, daß man eigentlich sich gezwungen fühlte, eine symbolische Sprache zu sprechen oder zu gebrauchen, die Unmöglichkeit geschaffen worden, so allgemeinhin das Mysterienwissen mitzuteilen. Das eigentliche Mysterienwissen, der eigentliche Okkultismus war daher auch immer das von den Mysterien, den Geheim- schulen behütete, durch die okkulten Erkenntnisse erlangte Menschheitswissen, und es war dieses Menschheitswissen immer auf die eben charakterisierten engeren Kreise beschränkt.
Aber es gibt gewissermaßen noch einen anderen Grund, warum nicht allgemein mitgeteilt werden konnte das, was den Okkultismus ausmacht. Wie man zunächst frei sein muß von Egoismus, um hinein- dringen zu dürfen in die Welt, die einem offenbar werden soll, so ist man auf der anderen Seite, wenn sich die Erkenntniskraft umgewandelt hat und der Mensch durch Selbsterziehung dazu gekommen ist, in diese ganz andersgeartete Welt hineinzuschauen, unfähig, sich zu bedienen der gewöhnlichen menschlichen Begriffe und menschlichen Ideen. Die Schaffung der Symbole hat auch noch den anderen Zweck und Sinn, Mittel zu schaffen, in denen man das ausdrücken kann, was man mit gewöhnlichen menschlichen Worten und Begriffen wirklich nicht auszudrücken vermag. Denn der Okkultismus bedient sich ja des Menschenwesens so, wie es ist, wenn es nicht auf die Sinne und das Gehirn angewiesen ist, sondern außerhalb der Sinne und des Gehirns sich befindet. Alle gewöhnlichen Worte sind aber so geprägt, daß sie mit dem Gehirn und aus der äußeren Anschauung heraus entstanden sind; so daß man sogleich, wenn einem eine okkulte Erkenntnis aufgeht, fühlt, wie unmöglich es ist, sie in den gewöhnlichen Worten auszudrücken.
Okkulte Erkenntnisse sind solche, die man erlangt außerhalb des physischen Leibes. Sie auszusprechen mit den Mitteln, die durch den physischen Leib erlangt sind, ist für den Anfang der okkulten Erkenntnis zunächst überhaupt noch unmöglich.
Nun ist aber die okkulte Erkenntnis etwas, was nicht bloß dazu da ist, um von einigen Menschen, die neugierig sind, erkannt zu werden, sondern sie ist der Inhalt dessen, was zugleich für die Menschheit das allernotwendigste, das allerwesentlichste ist. Die okkulte Erkenntnis ist das Erleben der Urgründe des Daseins, der Urgründe des menschlichen Daseins vor allen Dingen. Die okkulte Erkenntnis mußte deshalb immer in das Leben eindringen, mußte dem Leben mitgeteilt werden. Daher mußten Mittel ausfindig gemacht werden, um die okkulten Erkenntnisse ins Leben hineintragen zu können, um sie den Menschen in ihrer Art verständlich zu machen.
Das erste Mittel, okkulte Erkenntnisse den Menschen verständlich zu machen, ist und war immer dasjenige, was man Theosophie nennt. Wenn man die okkulten Erkenntnisse zur Theosophie macht, dann verzichtet man auf eine wesentliche Eigenschaft der okkulten Er- kenntnisse, nämlich man verzichtet darauf, nur mit den allerhöchsten Mitteln zu sprechen. Man geht dazu über, in gewöhnliche menschliche Worte und menschliche Begriffe diese okkulten Erkenntnisse einzukleiden. Als Theosophie tritt daher die okkulte Erkenntnis so auf, daß sie zum Beispiel mitgeteilt wird dem einen Volke so, daß die Vorstellungen und Begriffe dieses Volkes dazu verwendet werden, um die allgemeinen okkulten Erkenntnisse einzukleiden. Dadurch wird aber die okkulte Erkenntnis spezifiziert und differenziert, weil es dann nur Mitteilungen durch die Worte eines Teils der Menschheit sind. Deshalb ist es aber auch gekommen, daß diejenigen, welche in den Geheimschulen in den Besitz des Geheimwissens gekommen sind, es spezialisierten und differenzierten, eben weil sie es einzukleiden hatten in die spezielle Sprache des betreffenden Volkes, weil sie einzukleiden hatten in die Sprache der Völker dasjenige, was in der okkulten Erkenntnis allgemeines Menschheitsgut ist.
Es bestand in den Mysterien immer das Ziel und die Absicht, wenn man das allgemeine Menschheitsgut des Okkultismus in die speziellen Formen einer einzelnen Volkssprache oder einzelner Volksseelen verpflanzte, so allgemein-menschlich wie möglich zu bleiben. Aber zugleich mußte man verständlich werden, mußte man sich ausdrücken in der Sprache, die das Volk spricht, mußte man sich ausdrücken in den
Begriffen, die das Volk ausgebildet hatte. So mußten die einzelnen Theosophen, die in der Menschheit aufgetreten sind, Rücksicht darauf nehmen, verständlich zu werden für den speziellen, Zweck und für das spezielle Gebiet, über das sie sprachen. Es ist nicht ganz leicht, in einer speziellen Sprache, in speziellen Begriffsformen das allgemeine okkulte Menschheitsgut zum Ausdruck zu bringen. Aber es ist dies eben doch bis zu einem hohen Grade auf verschiedenen Gebieten der Erde und des geschichtlichen Lebens geschehen.
Während nun der Okkultismus in seinem eigentlichen Sinne etwas ist, in das man sich hineinlebt dadurch, daß man die Mittel der hellseherischen Selbstzucht auf sich anwendet und also hinaufkommt zum Schauen, ist die Theosophie etwas, was einem entgegentritt in den Begriffen und Ideen, die man schon vorher hatte, in die nur eingekleidet sind die okkulten Erkenntnisse.
Wenn nun die okkulten Erkenntnisse in die gewöhnlichen Begriffe und Ideen richtig eingekleidet sind, dann sind sie auch für den, der gesunde Urteilskraft hat und der sich Mühe gibt, die Dinge zu begreifen, verständlich. Daher ist die Theosophie für den gesunden Menschen- verstand, wenn er sich nur Mühe gibt, durchaus zu begreifen. Man braucht nicht zu sagen: Nur der kann einsehen, nur der kann das Okkulte begreifen, der selbst zum okkUlten Schauen kommt. Wenn eingekleidet sind die okkultenWahrheiten in Begriffsformenwie in der Theosophie, dann sind sie dem gesunden Menschenverstande begreiflich.
Nun gibt es gewisse Gesetze der Menschheitsentwickelung, über die wir noch sprechen werden, welche im Laufe der Zeit es notwendig machten, man könnte sagen, die Theosophie auch wiederum zu differenzieren, abzuändern. Während wir, wenn wir in die älteren Zeiten der menschlichen Entwickelung zurückgehen, im Grunde genommen bei den ältesten Völkern - nicht bei den dekadenten Völkern, die eine sich selbst nicht verstehende Anthropologie die «Urvölker» nennt, sondern bei den ursprünglichen Völkern, die uns die Geisteswissenschaft zeigt - die Mysterien und Geheimschulen finden, welche einzelnen wenigen das okkulte Wissen vermittelten, und daneben auch das, was im allgemeinen verkündet wurde als Theosophie, die in Volksideen eingekleideten okkulten Erkenntnisse, wurde es in späteren Zeiten
etwas anders. Da geht die theosophische Form, welche in der älteren Zeit fast die einzige war, in der der Mensch zu den Urgründen hinaufkommen konnte, mehr in die religiöse Form über, die überall damit rechnet, daß die Theosophie zwar von dem gesunden Menschenverstand, wenn er nur weit genug geht, einzusehen ist> daß aber mit dem fortschreitenden Leben der Menschen in der Geschichte es nicht immer möglich war, diesen umfassenden Standpunkt des gesunden Menschenverstandes einzunehmen. So daß auch gesorgt werden mußte für diejenigen menschlichen Gemüter, welche einfach durch das äußere Leben keine Möglichkeit hatten, den Standpunkt des gesunden Menschenverstandes so hoch zu nehmen, wie er in der Urzeit war, und wie er notwendig ist, um die okkulten Wahrheiten durchsichtig zu machen. Es war nötig, für diejenigen Gemüter, welche nicht zu dem umfassenden Standpunkte kommen konnten, eine Art von Glaubenserkenntnis zu gewinnen von den Urgründen des Daseins.
Aus einer Art Gefühlserkenntnis, die auch geprägt wurde in den Mysterien, ging die Religionsform des Wissens hervor, und diese ist im wesentlichen für die späteren Zeiten das Populäre, das leichter zu Erreichende gegenüber der ursprünglichen theosophischen Form. Wenn wir daher in der Menschheitsentwickelung zurückgehen, so finden wir als älteste Form der Weltanschauung nicht eigentlich den Charakter des Religiösen, wie ihn die Menschen heute verstehen. Wenn wir zurückgehen in die erste nachatlantische Zeit, in die indische Urzeit, da finden wir das okkulte Geheimw1ssen im Grunde genommen so weit, daß das Volk teilnehmen konnte an dem Wissen als Theosophie. Für die älteste indische Urzeit fällt im Grunde genommen Religion zusammen mit Theosophie. Religion ist da nichts Besonderes, nichts Abgesondertes von der Theosophie. Daher, wenn wir die Religionsentwickelung zurückverfolgen, finden wir an deren Ausgangspunkt die Theosophie. Aber mit dem Fortschreiten der Menschheitsentwickelung mußte die religiöse Form immer mehr angenommen werden, mußte darauf verzichtet werden, daß der Mensch mit seinem gesunden Menschenverstand auch einsah, was die Theosophie bieten konnte. Da wurden die theosophischen Wahrheiten in Glaubenswahrheiten umgegossen.
Und wenn wir aus den ältesten Zeiten in die späteren kommen, dann finden wir mit dem Christentum die alleräußerste Umwandlung vor sich gehen, die Umwandlung von der theosophischen Form in die religiöse Form. In den äußerlichen christlichen Bekenntnissen, die sich entwickelt haben im Laufe der Jahrhunderte, ist zunächst sehr wenig zu bemerken von Theosophie. Da tritt der alte Charakter der Theosophie ganz zurück, und wir sehen sogar, wie in der Entwickelung des Christentums sich hinzuentwickelt zu dem Glauben die Theologie, nicht aber die Theosophie, welche sogar von den Theologen mit einem gewissen Haß, jedenfalls aber mit Antipathie und Abneigung verfolgt wurde. So sehen wir, daß das Christentum ausbildet im Laufe der Zeit neben dem populären Glauben wohl eine Theologie, aber keine Theosophie, sich vielmehr abwendet von allem Theosophischen.
Eine dritte Form, in welche das Streben des Menschen nach den Urgründen des Daseins gekleidet wurde,` ist dann die philosophische. Während die okkulte Erkenntnis gewonnen wird von dem Menschen- wesen, insofern es frei ist vom physischen Leibe, und während die Theosophie in äußeren Gedanken und äußeren Wortausdrücken die okkulten Erkenntnisse wiedergibt, strebt die Philosophie an, mit je- nen Mitteln der Erkenntnis, die zwar die feinsten, die subtilsten sind, die aber doch an das Instrument des Gehirns gebunden sind, die Weltengründe zu erreichen. Die Philosophie, so wie sie auftritt in der eigentlich philosophischen Zeit der Menschheitsentwickelung, will nicht in der Weise wie die Theosophie zunächst etwas wiedergeben, was außerhalb der menschlichen Leiblichkeit gewonnen w1rd, sondern sie will, soweit dies möglich ist mit den Mitteln der gewöhnlichen Erkenntnis, die innerhalb der 1.eiblichkeit angewendet werden, zu den Urgründen des Daseins hintreten. So erstrebt man, die philosophischen Wahrheiten zu erlangen zwar mit den feinsten Mitteln, so- lange der Mensch im Leibe ist, aber doch nur mit Erkenntnismitteln, die an den Leib gebunden sind. Die Philosophie hat daher im Grunde genommen dasselbe Ziel, nämlich zu den Urgründen des Daseins zu kommen wie der Okkultismus und die Theosophie; aber die Philosophie strebt danach, mit jenem Denken, jenen Forschungsmitteln, die an das Gehirn und an die äußere Wahrnehmung gebunden sind, so weit
zu den Urgründen des Daseins vorzudringen, als es mit diesen Forschungsmitteln überhaupt rnöglich ist.
Nun ist die Philosophie dadurch, daß sie mit den subtilsten, den feinsten Erkenntnismitteln arbeitet, wenn auch nur mit Erkenntnismitteln, die an das Gehirn und an die äußere Sinneswahrnehmung gebunden sind, wiederum eine Angelegenheit nur weniger Menschen. Nur wenige Menschen sind es, welche sich bedienen dieser feinsten Erkenntnismittel. Wir wissen zur Genüge, wie die Philosophie etwas ist, was wahrhaftig nicht populär werden kann, was sogar von einer großen Anzahl von Menschen als etwas viel zu Schwieriges, wenn nicht sogar Langweiliges empfunden wird.
Das müssen wir aber ins Auge fassen, daß die Philosophie mit den an die Sinne gebundenen Erkenntnismitteln arbeitet und von diesen die feinsten und subtilsten auswählt. Dadurch, daß in der Philosophie der Mensch sich der Mittel, die mit seiner Persönlichkeit zusammenhängen, bedient, ist die Philosophie selbstverständlich etwas Persönliches. Weil aber der Mensch, wenn er sich zu den subtilsten Erkenntnismitteln hinaufarbeitet, doch Veranlassung hat, bis zu einem gewissen Grade das Persönliche abzustreifen, wird die Philosophie wieder etwas Allgemeines.
Das Allgemeine in der Philosophie kann nur derjenige bemerken, der tiefer in sie eingeht. Daß sie etwas Persönliches ist, das bemerken leider die Menschen nur zu bald. Während der, welcher tiefer in das Philosophische eingeht, Grundprinzipien findet, die gleich sind bei scheinbar so verschiedenartigen Denkern wie die alten griechischen Philosophen Parmenides und Heraklit, wird derjenige, der nur an die äußere Seite der Philosophie herantritt, doch gleich den Unterschied zwischen Hegel und einem so feindlichen Bruder wie Schopenhauer finden. Er sieht nur das, was die Philosophie in die verschiedenen Standpunkte spaltet, und er sieht nicht die Aufeinanderfolge der persönlichen menschlichen Standpunkte.
So wird die Philosophie in gewissem Sinne der Gegensatz des Okkultismus; denn die Philosophie muß der Mensch durch seine persönlichsten Mittel erreichen, den Okkultismus erlangt er aber gerade dann, wenn er die Persönlichkeit abstreift. Daher wird es so schwer,
daß jemand, der sein Persönliches philosophisch richtig vor die Menschen hinstellt, wirklich auch von den anderen verstanden werden kann. Wenn es aber gelingt, den Okkultismus in solche Ausdrücke` und Ideen zu kleiden, die als Worte, als gangbare Ideen verständlich sind, dann findet man verhältnismäßig über die ganze Erde hin ein gewisses Verständnis. Der Okkultismus streift gerade das Persönliche ab. Er ist nicht das philosophische System, das aus der Persönlichkeit hervorgeht, sondern das, was aus dem Unpersönlichen kommt und daher allgemein verständlich wird. Wenn der Okkultismus sich bemüht, zur Theosophie zu werden, wird er das Bestreben haben und es auch in gewissem Sinne erreichen können, zu jedem menschlichen Herzen, zu jeder menschlichen Seele zu sprechen.
Aus dieser Charakteristik, die ich Ihnen wie eine Einleitung, gleichsam wie eine Vorbereitung gegeben habe, können Sie ersehen, welche Eigenschaften nach außen der okkulte, der theosophische und der philosophische Standpunkt haben.
Der okkulte Standpunkt ist immer in seinen Resultaten über die ganze Menschheit hin ein und derselbe. In Wahrheit gibt es nicht verschiedene okkulte Standpunkte. Es gibt wirklich ebensowenig verschiedene okkulte Standpunkte, wie es verschiedene Mathematiken gibt. Es ist nur notwendig, in irgendeiner Frage im Okkultismus wirklich die Mittel zu haben, eine Erkenntnis zu erlangen; dann erlangt man dieselbe Erkenntnis, die jeder andere erlangt, der die rechten Mittel hat. Es ist also nicht wahr, daß es im Okkultismus verschiedene Standpunkte geben kann im höchsten idealen Sinne, ebensowenig wie es in der Mathematik verschiedene Standpunkte geben kann.
Der Okkultismus war daher auch erfahrungsgemäß überall da, wo er sich geltend gemacht hat, immer der einheitliche Okkultismus. Und wenn in den Theosophien, die aufgetreten sind und die die äußere Einkleidung der okkulten Wahrheiten darstellen, Verschiedenheiten sich gezeigt haben, so ist es eben daher gekommen, daß für das eine Volk, für die eine Menschheitsepoche die Einkleidung anders getroffen werden mußte als für das andere Volk und die andere Menschheitsepoche. In der Einkleidung und Denkweise liegt die Verschiedenheit der Theosophien auf der Erde. Der Okkultismus aber, der den Theosophien
zugrunde liegt, ist überall ein und derselbe. Weil die Religionen schon hervorgehen aus der theosophischen Einkleidung des Okkultismus, deshalb sind die Religionen nach Völkern, und Zeitaltern verschieden gewesen. Der Okkultismus kennt keine Verschiedenheit wie die Religionen, kennt nicht irgend etwas, was sich so differenzierte, daß der eine Mensch gegen den anderen irgendwie zu einem Widerstand, zu einer Gegnerschaft gereizt werden könnte. Das gibt es in- nerhalb des Okkultismus nicht, da er dasjenige ist, was als einheitliches Menschheitsgut überall erlangt werden kann. Insofern sich die Theosophie bemühen sollte, insbesondere in unserer Zeit, eine der Gegenwart angemessene Einkleidung des Okkultismus zu sein, muß sie das Bestreben haben, so wenig wie möglich von den Differenzierungen, die in der Menschheit aufgetreten sind, in sich aufzunehmen. Sie muß danach streben, so gut es überhaupt möglich ist, ein getreuer Ausdruck der okkulten Inhalte und der okkulten Verhältnisse zu sein.
Daher wird die Theosophie notwendigerweise danach streben müssen, gerade zu überwinden die speziellen Weltanschauungen und speziell auch die religiösen Differenzierungen. Immer mehr und mehr müssen wir überwinden lernen, eine Theosophie mit einer ganz be,stimmten Färbung zu haben. Nach und nach ist es ja in der Menschheitsentwickelung so geschehen, daß insbesondere nach den religiösen, ich will nicht sagen Vorurteilen, sondern nach den religiösen Vorempfindungen und Vormeinungen, die Theosophien ihre Schattierungen und Nuancen erhalten haben. Aber die Theosophie sollte dem Ideale nach immer eine Wiedergabe des Okkultismus sein. Deshalb kann es nicht eine buddhistische oder hinduistische oder zarathustrische oder eine christliche Theosophie geben. Gewiß werden für die einzelnen Völkerschaften die eigentümlichen Vorstellungen und Begriffe berücksichtigt werden müssen, mit denen man dem Okkultismus entgegenkommt; aber zugleich sollte die Theosophie das Ideal haben, ein reiner Ausdruck der okkulten Wahrheiten zu sein. Es war daher zum Beispiel in gewissem Sinne eine Verleugnung des großen Grundsatzes aller Okkultisten der Welt, wenn in Mitteleuropa in einzelnen Gemeinschaften eine Theosophie aufgetreten ist, die sich «christliche» Theosophie
nennt. In Wahrheit kann es ebensowenig eine christliche Theosophie geben wie eine buddhistische oder zoroastrische.
Den Religionen gegenüber wird die Theosophie sich zu stellen haben auf den Standpunkt der Erklärung der religiösen Wahrheiten, auf den Standpunkt des Verständnisses derselben. Dann wird sich zeigen, daß diese religiösen Wahrheiten als solche spezielle Formen, spezielle Ausgestaltungen der einen oder anderen Seite des Gesamtokkultismus sind, und daß man den Okkultismus selber erst dann erfaßt hat, wenn man ihn begriffen hat unabhängig von solchen Differenzierungen.
Wir haben schon bemerkt, daß das, was jetzt charakterisiert worden ist, als ein Ideal anzusehen ist. Wenn es auch begreiflich ist, daß alle die theosophischen Einkleidungen des Okkultismus über die Welt hin verschiedene Formen annehmen werden, wenn auch alle Okkultisten über alle ihre Erkenntnisse einig sind, so muß doch auf der anderen Seite wiederum, gerade in unserer Zeit, die Möglichkeit geboten werden, einheitlich über den Okkultismus zu sprechen. Das erlangt man nur, wenn wirklich guter Wille vorhanden ist, die besonderen Differenzierungen, die aus den Vormeinungen und Vorempfindungen hervorgehen, wirklich abzustreifen. Man kann sagen: In einer gewissen Beziehung müssen wir schon froh sein, wenn nach und nach erlangt wird, über die elementarsten Dinge der okkulten Erkenntnis widerspruchsfreie Urteile zu gewinnen.
Dies wird zunächst möglich sein in einem weiteren Umkreise mit Bezug auf die wichtigsten okkulten Erkenntnisse von Reinkarnation und Karma. Soweit die Theosophie sich wirklich ausbreiten wird und eine Wiedergabe okkulter Erkenntnisse sein wird, wird sie sich zunächst bemühen, die großen Wahrheiten von Reinkarnation und Karma über die ganze Erde hin zu verbreiten. Denn diese Wahrheiten werden zunächst das Schicksal haben, daß auch die religiösen Vorurteile, welche über die Erde hin verbreitet sind, sozusagen die Segel vor ihnen streichen.
Ein weiteres Ideal würde allerdings dieses sein, wenn durch die Theosophie wirklich jenes Friedenswerk in der Menschheit geleistet werden könnte, wodurch in bezug auf die höheren Gebiete okkulter Erkenntnis Einheit und Harmonie zustande zu bringen wäre. Das
kann als ein Ideal aufgefaßt werden. Aber es ist ein schwieriges Ideal. Schon wenn man bedenkt, wie innig der Mensch heute noch verwoben ist in seinen religiösen Vorurteilen, seinen religiösen Vormeinungen mit dem, was er begriffen hat, worin er erzogen ist, so wird man begreifen, wie schwierig es ist, in der Theosophie etwas zu geben, was nicht gefärbt ist durch religiöse Vorurteile, sondern was ein so treues Bild der okkulten Erkenntnisse ist, als es überhaupt gegeben werden kann.
Es wird in gewissen Grenzen immer begreiflich sein, daß der Buddhist ablehnt, solange er auf dem Standpunkte des buddhistischen Bekenntnisses steht, den Standpunkt des Christen. Und wenn die Theosophie eine buddhistische Färbung erhält, so ist es auch natürlich, daß diese buddhistische Theosophie sich feindlich oder mißverständlich gegenüber dem Christentum verhalten wird. Ebenso begreiflich wird es sein, daß in einem Gebiete, in welchem christliche Formen herrschen, es wieder schwierig ist, zu einer objektiven Erkenntnis, sagen wir, derjenigen Seiten des Okkultismus zu kommen, welche im Buddhismus zum Ausdruck gekommen sind. Das Ideale ist aber, das eine ebensogut wie das andere zu verstehen und über die ganze Erde harmonischfriedvolles Verständnis zu begründen.
Der buddhistische Theosoph und der christliche Theosoph - besser ist zu sagen: der Buddhist und der Christ, wenn sie Theosophen geworden sind -, die werden sich verständigen, die werden unbedingt den Standpunkt harmonischen Ausgleichs finden. Es wird als Ideal vorschweben dem Theosophen, ein Bild des überall einheitlichen Okkultismus zu gewinnen und loszulösen dieses Bild von religiösen Vorurteilen. Es wird der Christ, der Theosoph geworden ist, den Buddhisten verstehen, der ihm sagt: Es ist unmöglich, daß ein Bodhisattva, der ein menschliches Wesen ist, das von Inkarnation zu Inkarnation gegangen und das, wie in dem Einzelfalle bei dem Tode des Suddhodana, zum Buddha geworden ist, nachdem er Buddha geworden, wieder in einen menschlichen Leib zurückkehren kann; sondern es ist mit der Buddhawürde eine so hohe Stufe menschlicher Entwickelung erreicht, daß das betreffende Individuum nicht wieder in einen menschlichen Körper zurückzugehen braucht.
Der Christ wird zum Buddhisten sagen: Zwar hat mir das Christentum
bisher noch nicht eröffnet etwas über Wesen wie die Bodhisattvas, aber indem ich mich zur Theosophie aufschwinge, lerne ich erkennen, daß nicht nur du aus deiner Erkenntnis heraus diese Wahrheit kennst, sondern daß ich selber auch diese Wahrheit 'anerkennen muß. - Der Theosoph wird dem Buddhisten gegenüberstehen so, daß er sagt: Ich verstehe, was ein Bodhisattva ist; ich weiß, daß der Buddhist eine volle Wahrheit über gewisse Wesen sagt, eine Wahrheit, die gerade dort, wo der Buddhismus sich verbreitet hat, gesagt werden konnte; ich verstehe es, wenn der Buddhist sagt: Ein Buddha kehrt nicht wieder in einen fleischlichen Organismus. - Der Christ, der Theosoph geworden ist, versteht den Buddhisten, der Theosoph geworden ist. Und wenn der Christ dem Buddhisten gegenübertritt, so kann er ihm sagen: Wenn man das christliche Bekenntnis seinem Gehalte nach verfolgt, so verfolgt, wie es in okkulten Schulen verfolgt worden ist in bezug auf die okkulten Tatsachen, die ihm zugrunde liegen, dann zeigt sich, daß mit jenem Wesen, das mit dem Namen Christus gemeint ist - das dem anderen unbekannt geblieben sein kann -, gemeint ist eine Wesenheit, die vor dem Mysterium von Golgatha nicht auf der Erde war; eine Wesenheit, die andere Wege als die der Erdeninkarnationen durchgemacht hat, die dann einmal im physischen Leibe sein mußte und in diesem Leibe, was die Hauptsache ist, den Tod durchgemacht hat, und zwar in einer ganz bestimmten Weise; die dann durch diesen Tod das geworden ist, was sie einem bestimmten Teil der Menschheit geworden ist und für die ganze Menschheit werden soll; eine Wesenheit, die nicht wiederkommen kann in einem physischen Leibe, weil das widerspräche der ganzen Natur des Christus.
Wenn der Buddhist, der Theosoph geworden ist, das von dem Christen hört, dann wird er sagen: Ebenso wie du begreifst, daß ich niemals zugeben kann, daß ein Buddha, nachdem er Buddha geworden ist, in einem fleischlichen Leibe wiederkehrt, so wie du mich verstehst durch Anerkenntnis dessen, was mir zugeteilt worden ist als Wahrheit, so werde ich anerkennen den Teil der Wahrheit, der dir zugeteilt worden ist. Ich versuche, das anzuerkennen, was ich aus meinem Bekenntnis heraus nicht finden kann, nämlich: daß im Anfange des Christentums nicht ein Lehrer, sondern eine Tat steht. - Denn der Okkultist
setzt nicht den Jesus von Nazareth an den Ausgangspunkt des Christentums, sondern den Christus, und als den Anfangspunkt setzt er das Mysterium von Golgatha.
Der Buddhismus unterscheidet sich von dem Christentum dadurch, daß er einen persönlichen Lehrer zum Ausgangspunkte hat; das Christentum hat eine Tat, die Erlösungstat von Golgatha durch den Tod am Kreuze. Nicht eine Lehre, sondern eine Tat ist die Voraussetzung der christlichen Entwickelung. Dies versteht der Buddhist, welcher zum Theosophen geworden ist, und er nimmt, um Harmonie innerhalb der Menschheit zu begründen, dasjenige hin, was als okkUlte Grundlage des Christentums gegeben wird. Der Buddhist würde die Harmonie durchbrechen, wenn er seine buddhistischen Begriffe auf das Christentum anwenden wollte. So wie der Christ verpflichtet ist, wenn er Theosoph wird, zu verstehen den Buddhismus aus dem Buddhismus heraus und nicht etwa umzuschmieden die Begriffe von dem Bodhisattva und Buddha, sondern sie so zu verstehen, wie sie der Buddhismus enthält, so ist es Pflicht des Buddhisten, die christlichen Begriffe so zu nehmen wie sie sind, weil sie die okkulten Grundlagen des Christentums bilden. Wie es unmöglich ist, dasjenige, was mit dem Christus-Namen bezeichnet wird, zusammenzubringen mit dem, was niedrigerer Natur ist, mit dem Bodhisattva-Namen, so ist es unmöglich, solange man dem Ideal der Theosophie treu bleibt, in der Theosophie anderes als einen Abglanz zu geben des einheitlichen Okkultismus.
Die Bodhisattva-Eigentümlichkeiten auf den Christus anzuwenden, würde verhindern die große Friedensmission der Theosophie. Diese wird aber erreicht, wenn die Theosophie sich bestrebt, die einheitlichen Grundlagen in der wissenschaftlichen Form, wie sie für unsere Zeit angemessen ist, an die Menschheit heranzubringen. Wenn wir im Abendlande den Buddhismus oder den Brahmanismus oder den Zarathustrismus ohne Vorurteil verstehen, wenn das Christentum verstanden wird in der Form, in der es verstanden werden muß, dann wird es immer für eine kurze Zeit möglich sein, die Grundlagen des Christentums zu erkennen und für solche erkannten Ideen des Christentums auch Anhänger zu finden.
Nicht immer hat man sich aufgeschwungen zu der Tatsache, daß eine Tat der Ausgangspunkt des Christentums ist und daß daher nicht gesprochen werden kann von einer Wiederkehr des Christus. Daher tauchten im Verlaufe der Jahrhunderte immer wieder Anschauungen auf, die von einer Wiederkehr des Christus sprachen. Sie wurden immer überwunden und werden immer überwunden werden, weil sie widersprechen der großen einheitlichen Lebens- und Friedensmission der Theosophie, die wiedergeben soll den einheitlichen Ausdruck des Okkultismus. Der Okkultismus war immer einheitlich und ist unabhängig von jeder buddhistischen und jeder christlichen Färbung und kann daher objektiv sowohl das Muselmännische wie das Zoroastrische und auch das Buddhistische verstehen, so wie er auch verstehen kann das Christliche.
Das ist es, was uns zukommen wird als Verständnis dafür, wie in der bisherigen Menschheitsentwickelung der allgemeine Okkultismus in der Theosophie so verschiedene Formen annahm. Wir werden ergründen, warum in unserer Zeit das große Ideal bestehen muß, daß nicht eine religiöse Ausdrucksform den Sieg über die andere davonträgt, sondern daß die religiösen Ausdrucksformen sich verständigen. Vorbedingung dafür aber ist das gegenseitige wirkliche Verstehen, das Verstehen der okkulten Grundlagen, die in allen Religionen als dieselben vorhanden sind.
Damit habe ich Ihnen zu den wichtigen Betrachtungen, an deren Eingang wir stehen, eine Art Vorbereitung, eine Art Einleitung zu geben versucht, und übermorgen, nach dem öffentlichen Vortrage, werden wir an die Betrachtung des Menschen in okkulter und philosophischer Beziehung herantreten.
ZWEITER VORTRAG Kristiania (Oslo), 4. Juni 1912
Das erste, was notwendig ist, damit wir den Menschen nach den drei Gesichtspunkten, nach dem okkulten, dem theosophischen und dem philosophischen Gesichtspunkt betrachten können, wird sein, daß wir von dem okkulten Gesichtspunkte sprechen; und es wird sich empfehlen, heute zunächst von diesem okkulten Gesichtspunkte so zu sprechen, daß geschildert wird, wie in allem bisherigen Leben der Menschheitsentwickelung der eine oder der andere Mensch dazu gekommen ist, sich selbst bis zu diesem okkulten Gesichtspunkte, bis zur okkulten Anschauung der Welt zu erheben.
Wir haben es ja schon in dem vorbereitenden einführenden Vortrage gesagt, daß in der verflossenen Menschheitsentwickelung naturgemäß immer nur wenige es waren, welche für reif befunden worden sind, teilnehmen zu dürfen an den Vorgängen der Mysterien, an den Vorgängen der okkulten Lehr- und Erziehungsstätten, die eben den Menschen zur okkulten Anschauung hinaufführten. Von der Entwickelung dieser wenigen also wollen wir zunächst sprechen.
Es ist ja auch aus dem Geiste mancher anderer Vorträge, die von mir gehalten worden sind, klar, daß wir gerade jetzt an einem Zeitpunkte stehen, wo durch die Popularisierung des theosophischen Elementes immer mehr und mehr Menschen teilnehmen müssen an dem okkulten Leben, viel mehr als die wenigen, die im Verlaufe der vergangenen Menschheitsentwickelung daran teilgenommen haben. So geht also heute dasjenige, was wir zu betrachten haben, jeden theosophisch In- teressierten an, jeden Menschen, der in unserer Zeit fühlt, daß auch das okkulte Wissen, das Wissen von den verborgenen Seiten des Daseins, in der Zukunft in einer gewissen Beziehung eben nicht mehr verborgen bleiben darf, sondern daß es, den Anforderungen der weiterentwickelten Menschheit entsprechend, immer mehr und mehr Verbreitung gewinnen muß.
Der Mensch, welcher nun zu dem okkulten Wissen kommen sollte, hatte vor allen Dingen den Blick zu richten von der äußeren Welt auf
die eigenen Seelenkräfte. Da er aber in der äußeren Welt ein handeln- der Mensch blieb, so war im Grunde genommen seine okkulte Entwickelung, man möchte sagen, seine eigene Sache, die Sache, die er für sich hatte. In der äußeren Welt blieb er ein Mensch unter anderen Menschen, ein Mensch mit den Pflichten, die das Leben einmal über ihn gebracht hatte. Dies kam schon in besonders starker Weise zum Ausdruck beim allerersten, das der okkult sich entwickelnde Mensch mit Bezug auf seine Seelenkraft zu tun hatte.
Das erste nämlich, was einem solchen Menschen oblag, das kann man in die Worte kleiden: Er hatte sich zu versöhnen mit seinem Karma in bezug auf alles, was seinen Willen betrifft. Also Versöhnung mit seinem Karma - seinem Schicksal, könnten wir auch sagen - war das erste, was oblag dem okkult sich entwickelnden Menschen.
Nun brauchen Sie nicht etwa zu denken, daß man zu dieser Versöhnung mit seinem Karma gleich eine ausgesprochen umfassende Theorie vom Karma braucht. Das, was man in diesem Zusammenhange «Versöhnung mit seinem Karma» nennt, ist vielmehr eine besondere Art von Kultur, von Erziehung, von Selbsterziehung der Empfindungen und Gefühle. Wenn Sie in Betracht ziehen, daß der Mensch einmal beginnt mit seiner okkulten Entwickelung, so werden Sie zugeben, daß er vor dem Zeitpunkte, in dem er mit seiner Entwickelung beginnt, nach Art der äußeren Menschen gelebt hat, so gelebt hat, wie eben der Mensch unter Menschen lebt; das heißt, er hat diese oder jene Position im Leben eingenommen, diese oder jene Gedanken zu den seinigen machen müssen, weil ihm diese Gedanken die Möglichkeiten gaben, die äußeren Handlungen, die er für seinen Beruf oder für seine sonstige Position im Leben zu erfüllen hatte, wirklich zu erfüllen. Er hat ferner gewisse Pflichten, einen Pflichtenkreis anerkannt, den ihm die Sitte oder seine Gemeinschaft gegeben hat. Von vornherein kann angenommen werden, daß ein Mensch, der nicht gerade in Einklang sich befunden hatte mit dem, was die Mitwelt von ihm verlangte, der also nicht ein pflichtgetreuer Mensch war, nicht den Drang haben wird, sich okkult zu entwickeln. In der Regel waren die Menschen, die aufgerufen werden konnten zur okkulten Entwickelung, solche, welche wirkliche Geschicklichkeiten hatten für ihre Lebensposition
und welche auch geneigt waren, sich dem durch Sitte und Gesellschaftsordnung vorgeschriebenen Pflichtenkreise anzupassen. In dem aber, was im Menschen ist als seine Fähigkeiten, seine Geschicklichkeiten in seiner Lebensposition, in dem, was um den Menschen ist als der von ihm anerkannte Pflichtenkreis, liegt eigentlich das positive Karma, in das der Mensch hineingestellt worden ist. Darin drückt sich sein Karma aus.
Das erste, was man nun verlangte und auferlegte dem, der gewissermaßen heraustreten sollte aus dieser bloßen Lebensposition und eintreten in die Erforschung der geistigen Welt, war, daß er dieses sein Lebenskarma in einer gewissen Weise aufrechterhielt, das heißt, sich selbst und denen, welche ihm die Hand boten, in die okkulte Welt einzudringen, das Versprechen gab, zunächst, wohlgemerkt, das, was auf dem Felde okkulter Forschung gewonnen wird, nicht in der äußeren Lebensposition zu benutzen, sondern so sollte er den Willen einrichten, daß ein Mensch, der draußen steht und beobachtet einen solchen, der okkult sich entwickelt, keinen merklichen Unterschied gewahr wird zwischen der Art, wie der okkult sich entwickelnde Mensch früher sich verhalten hat in seiner Lebensposition und wie er sich später verhält, nachdem er schon einige Schritte in der okkulten Erforschung gemacht hat.
Also nicht eingreifen mit dem, was einem die okkulte Erforschung an die Hand gibt, in das äußere Leben des physischen Planes: das ist Versöhnung mit seinem Karma, das ist die Resignation darauf, Vor- teile zu erzielen in der äußeren Lebensposition durch okkulte Mittel.
Wir werden schon sehen, daß ein gewisser Fortschritt in der äußeren Lebensposition dennoch auf einem regulären, auf einem richtigen Wege eintritt. Aber darum handelt es sich bei dem nicht, was als eine bewußte Verpflichtung derjenige zu übernehmen hatte, der zum okkulten Wege zugelassen wurde. «Du sollst nicht deine okkulte Entwickelung dazu benutzen, einen Vorsprung zu erringen über deine Mitstrebenden im Leben draußen, sondern du sollst dich im Leben draußen nach denselben Regeln richten, nach denen du dich bisher gerichtet hast», das wurde immer und immer wieder denen eingeprägt, die eine okkulte Entwickelung durchmachten. Damit war schon der
erste Verzicht geleistet, den der okkult sich Entwickelnde zu leisten hatte, denn damit hatte er gleich von vornherein aufgegeben, die Mittel des okkulten Lebens im egoistischen Sinne zur Anwendung zu bringen.
Das, was jetzt gesagt worden ist, müssen Sie ganz genau und wörtlich verstehen, man möchte sagen, nichts davon wegnehmen und nichts hinzufügen. Dann werden Sie bemerken, daß es sich bezieht auf dasjenige, was der Betreffende durch das ihm auferlegte Karma zunächst in der äußeren Welt zu leisten in der Lage ist oder wozu er verpflichtet ist.
Damit aber ist von vornherein von allem okkulten Streben der egoistische Wille des Menschen ausgeschlossen. Man hat ihn ganz bewußt ausgeschlossen. Dies allein schon, als ein vorliegendes Faktum, bewirkt eine Änderung in der Gemütsstimmung des Menschen. Denn bedenken Sie, um das einzusehen, nur das Folgende. Bisher war für den Menschen, der in die okkulte Entwickelung eintritt, der äußere Pflichtenkreis, die äußere Position im Leben gewissermaßen das ein- zige, dem er sich widmete, die einzige Welt, in der er lebte. Jetzt verpflichtet er sich, in dieser Welt zunächst nach denselben Regeln zu leben, nach denen er bisher gelebt hatte`, und doch noch Kräfte zu er
sparen für etwas anderes.
Damit ist von vornherein für ihn eine Grenze gezogen zwischen zwei Kräftegebieten, auf denen er tätig ist. Es eröffnet sich für ihn eine Welt, um die er sich bisher gar nicht gekümmert hat, an der er bisher gar kein Interesse hatte. Das ist außerordentlich wichtig. Denn für jeden Menschen beginnt ein neuer Lebenskreis, ein neuer Lebensabschnitt, wenn in sein Leben neue Interessen eintreten, Interessen, die ihr eigenes Feld behaupten wollen.
So also war es von vornherein gegeben, daß das Gemüt, daß die ganze Empfindungswelt, daß der Interessenkreis des Menschen in An- spruch genommen wurde für eine neue Welt, für eine Welt, in der der Mensch bisher nicht gestanden hatte. Einen äußeren Ausdruck findet diese Tatsache, von der ich Ihnen eben erzählt habe, darin, daß insbesondere die älteren Mysterien und Geheimschulen, die Lehrstätten okkulter Entwickelung, sehr streng darauf hielten, den Menschen sozusagen
in keine Kollision, in keine Disharmonie zu bringen mit seinem äußeren Interessenkreise. Daher verlangten sie strenge von ihm, daß er in bezug auf alles das, was ihm auferlegte sein Beruf, was ihm auferlegte der Pflichtenkreis des Staates oder anderer Gemeinschaften, in denen er stand, im weitesten Umkreise seine Pflicht erfüllte, und Menschen, welche irgendwie zeigten, daß sie das nicht tun wollten, daß sie sich auflehnten gegenüber den äußeren Pflichtenkreisen, wurden gar nicht in die okkulten Lehrstätten aufgenommen.
Ich erzähle Ihnen damit einfach Tatsachen der bisherigen okkulten Entwickelung. Deshalb werden Sie finden, daß Menschen, welche in einer gewissen Beziehung schon im äußerlichen Leben so auftraten, daß sie sich nach der einen oder anderen Richtung auflehnten gegen die Ordnung, innerhalb welcher sie lebten, nicht Glieder irgendeiner Mysterienschule oder einer okkulten Lehrstätte waren.
Das zweite, um das es sich handelte, war etwas noch weitaus Schwierigeres. Nehmen wir einmal den Menschen, wie er war, wenn er das Versprechen, von dem eben gesprochen worden ist, sozusagen sich und seinem Lehrer gegeben hatte. Dann mußte er sich sagen: In meinen Willen, wie dieser Wille auftritt auf dem physischen Plane, will ich nicht einfließen lassen dasjenige, was mir als okkultes Forschungsresultat zukommen wird. - Aber mit allem anderen, was ihm zukam als Mensch, das heißt mit seinen sämtlichen Seelenkräften, die er anwenden konnte, wie er sie früher angewandt hatte, mit Ausnahme des Willens, konnte er auch jetzt auf dem physischen Plan tätig sein. Der Wille war ihm dadurch gebunden, daß er das charakterisierte Versprechen gegeben hatte, aber alles übrige, was ihm auf dem physischen Plane zur Verfügung stand, das heißt seine Urteilskraft, seine Phantasie, sein Gedächtnis, seine Gemütsbewegungen und so weiter, mit denen er früher auf dem physischen Plane tätig war, konnte er auch jetzt noch anwenden; mit ihnen konnte er auch jetzt noch auf dem physischen Plane tätig sein.
Nehmen wir einmal den Verstand. Der Verstand ist das Vermögen der Seele, die Kraft der Seele, die uns befähigt, zu unterscheiden, die uns befähigt, Urteile zu gewinnen über die Tatsachen des Lebens. Ohne diesen Verstand kommen wir im äußeren Leben auf dem physischen
Plane nicht aus. Wir müssen sozusagen auf Schritt und Tritt diesen unseren Verstand anwenden. Nun gewann man - so wollen wir annehmen -, wenn man ein Mitglied einer okkuiten Gesellschaft, einer okkulten Schule wurde, okkulte Forschungsresultate, Erkenntnisse in dem, was man tat in der äußeren Lebensposition. Durch seinen Willen durfte man sie nicht anwenden. Aber zunächst hinderte einen nichts -wenn man sich nur zurückhielt in bezug auf seinen Willen -, seinen Verstand so zu gebrauchen, daß man die Dinge draußen und die Menschen, die einem auf dem physischen Plan entgegentraten, mit all den höheren Mitteln, die man jetzt aus der okkulten Forschung heraus hatte, verständig beobachtete. Man konnte also zwar nicht in sein Handeln, in seine Willensentschließungen die okkulten Forschungsresultate einfließen lassen; aber wie man als Geheimschüler beurteilt die Wesen des Mineralreiches, des Pflanzenreiches, des Tierreiches, wie man andere Menschen beurteilt, wie man mit seinem Verstande sich verhält in der gewöhnlichen Welt, das konnte man zunächst von der okkulten Forschung beeinflussen lassen.
Sie merken, daß damit notwendigerweise verbunden ist eine starke Selbstzucht des Charakters des Okkultisten. Denn was ist näherliegend für einen Menschen, der im Leben namentlich anderen Menschen gegenübertritt und handeln soll, als daß er so handelt in bezug auf seine Lebensposition, daß er das, was er weiß, zur Anwendung bringt; daß er sich zum Beispiel danach richtet, wenn er mit seinem Verstande durchschaut, daß er es zu tun hat mit einem sittlich minderwertigen Menschen. Das ist doch das Selbstverständlichste und Natürlichste, was wir da in der Welt tun werden.
Der Okkultist ist nicht in der Lage, das zu tun. Er kann zwar mit den Mitteln, welche die okkulte Forschung ihm gibt, seinen Verstand beflügeln und besser, als er es früher gekonnt hatte, hineinschauen in den Charakter eines Mitmenschen und wissen, daß er ein sittlich minderwertiger Mensch ist; er kann auch das, was er diesem Menschen tut, danach einrichten, denn in bezug auf diesen Menschen hat er sich nicht verpflichtet, sondern nur in bezug auf seine eigene Lebensposition; er hat sich nicht verpflichtet, seinen Willen nicht anzuwenden in bezug auf das, was er für den anderen Menschen tut. Aber für das,
was er für sich selber tut, hat er sich verpflichtet, mit seinem Karma ausgesöhnt zu sein und nicht anzuwenden seine Erkenntnisse, die sich ihm bieten, wenn er seinen Verstand anwendet, unterstützt von den Mitteln der okkulten Forschung.
Nehmen wir den konkreten Fall, irgend jemand habe auf dem okkulten Gebiete die Stufe errungen, von der ich jetzt spreche. Wenn er nicht Okkultist geworden wäre, würde er vielleicht einem anderen Menschen entgegentreten und würde nicht erkennen, daß er ein sittlich minderwertiger Mensch ist. Die Folge davon wäre, daß er sich von diesem Menschen in irgendeiner Weise übervorteilen läßt. Es ist selbstverständlich, daß das passieren kann. Sie werden zugeben, daß so etwas schon in der Welt passiert ist, daß man sich in der Welt insofern täuschte, daß man einen Menschen für besser hielt, als er in Wahrheit war, und, wie man auf Deutsch sagt, hineinfiel, das heißt, sich von ihm betrügen ließ.
Als Okkultist hat man etwas voraus. Man erkennt die Minderwertigkeit dieses Menschen, aber man hat sich zunächst - ich bitte das Wort «zunächst» richtig aufzufassen, das heißt zu hören - dazu verpflichtet, diese okkulten Erkenntnisse nicht auf den Willen, das heißt auf seine eigene Lebensposition anzuwenden. Man kann wissen: Das ist ein minderwei`tiger Mensch; muß sich aber so verhalten, wie man sich früher verhalten hätte. Man muß sich gesellschaftlich das von ihm gefallen lassen, was man sich von ihm hätte gefallen lassen müssen, wenn man nicht mit seinem Verstande die okkulten Erkenntnisse bekommen hätte.
Hier sehen Sie scharf und klar markiert, welche Resignation der angehende Okkultist zu üben hat; wie er scharf trennen muß das, was er erkennen kann ohne okkulte Forschung, und das, was ihm im Leben durch die okkulte Forschung einen Vorteil verschaffen könnte. Derjenige, der schon durch seine natürlichen Gaben oder durch besondere Lebensumstände so glücklich ist, von der Minderwertigkeit des anderen zu wissen, ohne Okkultist zu sein, der wird immer geneigt sein, den angehenden Okkultisten, weil er sich der Vorteile begibt in bezug auf sich selbst, für einen Dummkopf zu halten. Das ist durchaus die Regel, daß gewisse Leute entweder durch günstige Umstände
des Lebens oder sonstwie das durchschauen, was der Okkultist auch durchschaut, wonach er sich aber nicht richtet, weil er verpflichtet ist, sich nicht danach zu richten. Das wird immer vorkommen, wie auch das andere vorkommen kann, daß der eine oder der andere, der das Versprechen gegeben hat, nicht das Versprechen hält; das ist aber seine Angelegenheit. Man kann den angehenden Okkultisten für einen Dummkopf halten, weil er sich von einem Menschen übervorteilen läßt. Das darf uns aber durchaus nicht zu der Voraussetzung verleiten, daß er keine Mittel hat, die Menschen zu durchschauen.
So also ist gewissermaßen eine zweite Stufe diese, daß wir, unter Verzicht der Anwendung des Willens für unseren Egoismus, unseren Verstand anwenden in der äußeren physischen Welt. In dem Stadium, das eben jetzt geschildert worden ist, haben die alten okkultistischen Lehrer die Schüler eigentlich ziemlich lange gelassen. Lange mußten die Schüler so durch die Welt gehen, daß sie mit ihrem Verstande nicht nur die anderen Menschen, sondern auch die anderen Reiche der Natur lernten in einem tieferen Sinne zu beobachten als vorher, daß sie tiefer eindringen konnten und daß sie dennoch genau denselben Lebensgang weitergingen, den sie vorher gegangen waren. Dadurch wurde nicht bloß eine starke Selbstzucht erreicht, nicht bloß das erreicht, daß der Mensch lernte die Vorteile, die ihm sein Geist bot, nicht in den Dienst des Egoismus zu stellen, sondern es war für diese Menschen dadurch noch ein ganz anderer Fortschritt zu erreichen.
Wenn nämlich sogleich, nachdem der Verstand gesprochen hat, der Wille hinterherkommt und sozusagen anschließt die Handlungen, welche der Verstand einleitet, dann geht die Entwickelung dieses Verstandes, die Kraft dieses Verstandes viel weniger weit, als wenn dieser Verstand abgesondert für sich, gleichsam chemisch herausdestilliert aus der Anwendung der Willenssphäre, eine Zeitlang angewendet wird. Wenn der Mensch wesentlich sich selber als egoistisches Wesen ausschließt von einem Gebiete, in das er eintritt dadurch, daß er seinen Verstand, wie es eben charakterisiert worden ist, anwendet auf die ganze ihn umgebende Welt, aber mit Verzicht auf die Betätigung des Willens, so werden ihm dadurch feine Unterschiede geboten. Der Verstand wird subtil gemacht. Das Urteilsvermögen und das Unterscheidungsvermögen
nehmen immer mehr und mehr an Kraft zu, wenn wir in dieser Weise fortschreiten, und wir haben auf diese Weise dann die zweite Stufe der okkulten Entwickelung absolviert, nämlich das, was man nennen könnte die Pflege des vom Willen emanzipierten Verstandes; und wenn man ganz genau sprechen wollte, so könnte man sagen: die Pflege des vom egoistischenWillen emanzipierten Verstandes.
Der nächste Schritt war aber dann, daß der Mensch nun, weil er durch eine längere Zeit hindurch seinen Verstand in der allerschärfsten Weise angewendet hatte, gerade in bezug auf dieses Gebiet beginnen mußte, darauf zu verzichten, seinen Verstand anzuwenden. Sie sehen, jetzt kommt eine noch schwierigere Sache; jetzt muß der Mensch gewissermaßen es übernehmen, so zu urteilen, wie er früher immer geurteilt hat, bevor er Okkultist geworden ist. Er muß in bezug auf die Dinge des äußeren physischen Planes nur diejenige Kraft seines Urteils und Verstandes anwenden, die er früher angewendet hat. Das, was er jetzt gewonnen hat für seinen Verstand, was er sich jetzt erobert hat und was wie ein ungeheurer Vorteil und Fortschritt des Geistes dasteht, muß der Mensch ausschließen von seiner geistigen Tätigkeit, das heißt, er darf nur ganz wissenschaftlich vorgehen. Das, was er durch eine lange Zeit mit aller Energie und Schärfe angestrebt hat, nämlich seinen Verstand zu größeren Kräften zu bringen, muß er wieder ablegen, muß er ganz und gar aus seiner Seele herausreißen, insofern es bewußte Verstandesanwendung ist, und muß sich sagen: Indem du deine Handlungen, deine Positionen durchgehst auf dem physischen Plane, mußt du denken und unterscheiden, so wie du vor deiner okkulten Entwickelung gedacht, unterschieden und dich benommen hast, nach deinem damaligen Grade von Gescheitheit. - Das heißt, der Mensch muß sich zurückschieben, muß gewissermaßen so töricht sein, wie er war vor der Schärfung seines Verstandes.
Und was muß jetzt aus diesem Verstande werden, auf den er verzichtet hat? Anwenden darf er nicht mehr diesen Verstand; er hat ihn angewendet für längere Zeit, er darf ihn aber nicht länger anwenden. Was geschieht nun mit den Ergebnissen des Verstandes, der Urteilskraft, wenn wir absehen von deren unmittelbarer Anwendung?
Dann gehen sie in unser Gedächtnis, in unsere Erinnerung über.
Dies ist der nächste Schritt, nämlich: Alles das, was der Mensch an Wissen gelernt hat durch seine schärfere Verstandeskraft, das muß für ihn Erinnerung werden. Er darf nicht mehr weiterschreite,n in der Kultur, in der Fortbildung seines Verstandes, er muß verzichten darauf, seinen stärkeren Verstand irgendwie anzuwenden, noch dieses oder jenes durch seinen schärferen Verstand wissen zu wollen über die Zusammenhänge der Welt; und lediglich das, was er schon durch dies,en schärferen Verstand sich erworben hat, muß er immer wieder und wieder aufsuchen in seiner Erinnerung, das muß immer wieder und wieder
in seiner Erinnerung auftreten. Er muß immer mehr und mehr danach streben, daß das, was er sich da erobert hat für seinen Verstand, für ihn so etwas wird, wie es die Dinge sind> die er sich vielleicht im Leben vor zehn oder zwanzig Jahren ausgedacht hat, die er also nicht jetzt denkt, sondern an die er sich bloß erinnert.
Sehen Sie, in solchen okkulten Schulen, wie zum Beispiel im Altertum die pythagoreische oder wie es auch manche vorderasiatische Geheimschule war, da wurden zunächst die Schüler so ausgewählt, daß nur diejenigen für reif befunden wurden, welchen man zutraute, das Gelöbnis zu halten: nicht einfließen zu lassen in ihren egoistischen Willen die Mittel der Verstandeskultur, die sie erreichen sollten. Dann wurden diese Schüler lange, lange in der Art erzogen, daß sie eben auf alle mögliche Weise darauf hingewiesen wurden, die Dinge schärfer zu unterscheiden, und dann wieder zusammenfügen zu lernen mit der Urteilskraft, wie das im gewöhnlichen äußeren Leben möglich ist. Auf die Pflege dieser Urteilskraft wurde durch lange Zeit hindurch das größte Gewicht gelegt in den zu Recht bestehenden Schulen des Altertums und auch des Mittelalters.
Dann mußte der Schüler sozusagen ein zweites Gelöbnis ablegen. Dieses zweite Versprechen, das sich die Schüler selbst und ihrem Lehrer ablegten, war: daß sie aufhörten, die Dinge, die sie draußen auf dem physischen Plane sahen, weiter zu beurteilen mit den Urteilen, die sie mit dem Verstande gewonnen hatten. Aber auch zu den Lehren, die ihnen ihr Lehrer vortrug, durften sie sich nicht kritisch verhalten. Nur vergleichen durften sie das, was ihr Lehrer vortrug, mit dem, was sie sich durch die Urteilskraft früher schon erworben hatten. Nicht
Kritik durften sie üben, sondern solche Zuhörer mußten sie werden, die immer nur verglichen das, was sie jetzt hörten, mit dem, was sie früher schon durch ihre schärfere Verstandeskraft gewonnen hatten. Das gehörte wiederum zur nächsten Stufe der okkulten Entwickelung, und man könnte es nennen die Ausschließung der schärferen Verstandeskräfte und die Beschränkung des inneren Seelenlebens, soweit man selber in Betracht kam, auf das Gedächtnis und auf die Erinnerung. Nur das durfte noch ausgeführt werden, was die Phantasie in Symbolen und Sinnbildern hervorbringen konnte aus diesen erinnerten Urteilen, Begriffen und Ideen.
Also Gedächtnis und Phantasie waren diejenigen Seelenkräfte, die jetzt sozusagen in ihre Rechte traten, die jetzt auf dieser höheren Stufe besonders in Wirksamkeit treten sollten. Damit sie sich gleichsam wieder durch sich selber reinlich herausdestillierten aus dem übrigen Seelenleben und nicht fortwährend beraten seien durch die Urteile des Verstandes, sollten sie sich allein geltend machen.
Damit hatte der Schüler dann eine weitere Stufe seiner okkulten Entwickelung beschritten. Die Zeit, welche man den Schüler durchmachen ließ, um diese Stufe zu durchschreiten, die wurde zumeist damit ausgefüllt, daß die bereits als Lehren bekannten und zur Theosophie gemachten okkulten Erkenntnisse ideengemäß den Schülern vorgebracht wurden; daß sozusagen die Schüler da waren mit dem, was sie früher an Kräften gewonnen hatten durch ihre Urteilskraft, sich an sie immer erinnerten und gewissermaßen sich entgegenkommen, in sich wirken ließen, was ihnen vorgebracht wurde von ihren Lehrern.
Es ist selbstverständlich, daß der Zeitraum, in dem die Schüler diese Entwickelung durchmachten, bei den einzelnen verschiedenen Mysterien sehr verschieden war, je nachdem man es nach den allgemeinen Bedürfnissen der Menschheitsentwickelung für notwendig hielt, mehr oder weniger von den okkulten Geheimnissen denjenigen zu übergeben, die man auf diese Weise okkult ausbilden wollte, um sie dann zu Führern der Menschheit in entsprechender Weise machen zu können. In den okkulten Schulen dauerte der Zeitraum, in dem das durchgemacht wurde, meist ziemlich lange.
Das nächste, zu dem sich der okkulte Schüler hinzuwenden hatte, war, daß er nun mit aller Kraft, die ihm zur Verfügung stand, danach zu streben hatte, auch die Erinnerungen und die Ausma,lung in der Phantasie zu Symbolen oder dergleichen, sowie die, wohlgemerkt, durch das eigene Selbst angeeigneten Begriffe auszulöschen, also aus dem Bewußtsein zu streichen. Das war in der Tat eine außerordentlich schwierige Aufgabe, und man kann sich in der Regel gar nicht vorstellen, daß ein Schüler diese schwierige Aufgabe hat bewältigen können. Daß die Schüler dennoch diese Aufgabe haben bewältigen können: nämlich völliges Vergessen auszubreiten über alles, was sie sich durch ihre eigene Kraft angeeignet hatten, davon können Sie sich eine Vorstellung verschaffen, wenn Sie in Erwägung ziehen, daß solche Schüler in bezug auf die äußeren Handlungen gelernt hatten, ihren Willen zu bezähmen und eine so starke Selbstzucht sich errungen hatten, daß sie immer nur sich so verhalten haben, wie es vorher geschildert wurde.
Dadurch, daß man den Willen, den man sonst nach außen frei hat, sich nicht ausleben ließ, sondern in so starker Weise gezwungen war, ihn zu bezähmen, dadurch bekam man starke Reservekräfte des Willens im Inneren. Das war durchaus so. Man wird immer stärker und stärker in seinem Inneren, wenn man gezwungen ist, den Willen äußerlich so zu bezähmen, daß man gar nichts von den Vorteilen, die einem die geistige Entwickelung geboten hat, in den egoistischen Willen einfließen läßt. Dadurch wird man immer stärker, und man gelangt gerade dadurch zu jenem starken Willensentschlusse, den man braucht, um das, was man sich angeeignet hat innerhalb der okkulten Schulung und woran man sich früher erinnert hat, nun zu unterdrücken, auszustreichen. So wie man eine Vorstellung ausstreicht, die man nicht gebrauchen kann für das Leben, so soll das, wovon eben die Rede war, ausgestrichen werden. Das war eine unbedingte Forderung.
Glauben Sie nun nicht, daß diejenigen, welche auf solche Weise okkulte Schüler waren, etwa blinde, autoritätsgläubige Menschen gegenüber ihren Lehrern wurden. Das war durchaus nicht der Fall. Autoritätsgläubig sind diejenigen, die ihren ganz gewöhnlichen Verstand in leicht geschürzter Weise immer anwenden, um das, was sie
hören, zu beurteilen. Diejenigen Menschen aber, die erst ihre Urteils- kraft geschärft haben, werden das, was sie durch diese geschärfte Urteilskraft sich erworben haben, immer nur in der Erinnerung haben. Diejenigen, welche vermittels ihres Gedächtnisses und ihrer ganzen Phantasie auf sich wirken ließen den okkulten Unterricht, wurden ganz gewiß nicht autoritätsgläubig, sondern nahmen das, was der okkulte Unterricht ihnen bot, so hin, wie man die Natur selber hin- nimmt. So nahmen die okkulten Schüler überhaupt den okkulten Unterricht hin, wenn sie die entsprechenden vorhergehenden Stufen durchgemacht hatten. Ja, die Lehrer selbst sorgten dafür, daß ihre Worte wie die Natur selber auf ihre Schüler wirkten, daß sie nicht den Schülern zu befehlen brauchten, diese oder jene Meinung zu haben. Es war so, daß die Schüler durch das, was sie vorher durchgemacht hatten an Unterscheidungskraft und an Verstandesentwickelung, bei der nächsten Stufe, bei der Erinnerung, so weit waren, daß sie den Worten gegenüberstanden, wie man gegenübersteht einem Sonnenaufgang, wie man gegenübersteht einem vom Winde gepeitschten Meere, wie man gegenübersteht irgendeinem anderen Naturphänomen, das man beobachtet, um es kennenzulernen, dem man aber nicht kritisch gegenüber- tritt; denn dann lernt man es nicht kennen.
Diejenigen lernen am wenigsten kennen die innere Gewalt eines Naturphänomens, die ihm nur so gegenüberstehen, daß sie ihm ihre Sympathie oder Antipathie zuwenden. So wie man die Natur selber beobachtet, so beobachtete der okkulte Schüler das, was ihm der okkulte Unterricht darbot.
Dann aber, wenn sie das eine Zeitlang in der geschilderten Weise eingehalten hatten, so daß nur Erinnerung, Phantasie, Gedächtnis in Wirksamkeit waren und daß die Schüler den Verstand nur wendeten auf ihren äußeren Beruf im Leben, dann mußten sie in die Periode der inneren Seelenruhe, des Vergessens ihrer eigenen Kräfte eintreten und ihre eigenen Errungenschaften ertöten. Dann erst war für sie der Zeitpunkt herangekommen, wo sie vollständige innere Seelenruhe haben konnten, wo getilgt waren aus dem Bewußtsein selbst die während des bisherigen okkulten Lebens durch die eigenen Kräfte erlangten Erinnerungsvorstellungen und Phantasievorstellungen.
Leer gemacht wurde in gewisser Beziehung die Seele, und dadurch, daß sie leer gemacht wurde, daß aus dieser Seele heraus war der egoistische Wille, der egoistische Verstand, das egoistische` Gedächtnis, die egoistische Phantasie, war sie geöffnet gegenüber einer wirklich neuen Welt. Das war notwendig, damit diese neue Welt wirklich in die Seele hineindringen konnte.
Nun müssen Sie sich bekanntmachen mit der Tatsache, daß in der Tat eine neue Welt hineindrang in die von ihrer egoistischen Seelen- kraft leere Seele. Eine neue Welt. Nicht wundern müssen Sie sich deshalb, wenn die Charakteristik dieser neuen Welt sonderbar ist. Denn was ist sonderbar? Sonderbar ist dasjenige, was ein Mensch so erlebt, daß es seinen bisherigen Erlebnissen widerspricht. Warum lehnen denn die Menschen dieses oder jenes ab? Schauen Sie sich um in der Welt, wo irgend etwas besprochen wird; da lehnt man es ab, man sagt: In dem, was da behauptet wird, ist ein Widerspruch. - Das heißt, man findet es - nach dem, was, man bisher hat beurteilen können - widersprechend allem, was man kennt, was man weiß; und man glaubt so- fort, gegenüber dem anderen Menschen, der irgend etwas in der Weise vorbringt, einen Vorsprung zu haben und im Rechte zu sein, wenn man ihm einen Widerspruch nachweisen kann.
Eigentlich besteht die öffentliche Besprechung der Dinge durchaus darin, daß man Widersprüche nachweist, daß man da oder dort sagt: Das muß falsch sein, darinnen liegt ja ein Widerspruch. - Damit sind die meisten Dinge widerlegt. Diese Tatsache, daß wir Widersprüchen begegnen, weil wir an etwas herantreten, was gar nichts Gleiches haben kann mit unserer bisherigen Welt, mit dem, was wir bisher erfahren haben, müssen wir ins Auge fassen. Wir müssen erkennen, daß wir tatsächlich uns zu versöhnen haben mit lauter Widersprüchen, wenn die neue Welt an uns herantritt, die in solchen Begriffen charakterisiert wird, daß wir sagen können: Ja, das sind ja lauter Widersprüche. Daß uns die neue Welt charakterisiert wird in Widersprüchen, muß ja so sein, denn die neue Welt wäre ja eben keine neue Welt, wenn sie übereinstimmte mit der alten und keine Widersprüche aufwiese.
So werden Sie sich nicht zu verwundern haben, wenn die erste Charakteristik der Welt, die der Mensch betritt, wenn er die nach
der Stufe des Vergessens kommende Seelenruhe erreicht, nur gegeben werden kann mit Worten, die gegenüber der gewöhnlichen Welt, in der wir leben> widersprechend sind.
Drei Dinge sind es, die der Mensch erfährt, wenn er es so weit gebracht hat, wie es geschildert worden ist. Drei Dinge, die wir nur charakterisieren können, indem wir Worte anwenden, die schon an sich widersprechend sind gegenüber alledem, was der Mensch von der äußeren Welt weiß. Drei Dinge lernt der Mensch kennen, wenn er wirklich eintritt in das, was man eine übersinnliche Welt nennen kann.
Das erste, was er kennenlernt, ist das ungeoffenbarte Licht. Sehen Sie sich um, ob Sie in der Welt nicht überall sehen können das Licht. Das ist das Wesen des Lichtes, daß es sich offenbart. Das erste aber, was der Mensch kennenlernt in der übersinnlichen Welt, das ist das ungeoffenbarte Licht, das finstere Licht, das Licht, das nicht leuchtet.
Das zweite, was der Mensch kennenlernt in der übersinnlichen Welt, ist das unaussprechliche Wort. Ein Wort in der gewöhnlichen Welt ist nicht da, wenn es nicht ausgesprochen wird. Ein Wort, das nicht ausgesprochen ist, ist kein Wort. Einen völligen Widerspruch haben wir, wenn wir sagen: Das zweite, was man kennenlernt in der über- sinnlichen Welt, ist das unaussprechliche Wort.
Und das dritte ist das Bewußtsein ohne einen gewußten Gegenstand. Erinnern Sie sich nur, daß Sie, wenn Sie ein Bewußtsein entwickeln, wenn Sie das oder jenes wissen, ein Objekt, einen Gegenstand des Wissens haben. Das Bewußtsein aber, das uns als das dritte entgegentritt, wenn wir eintreten in die übersinnliche Welt, ist das Bewußtsein ohne Objekt, das Bewußtsein ohne einen Gegenstand.
Diese drei Dinge, die nur mit widerspruchsvollen Worten charakterisiert werden können, sind es, denen der Schüler begegnet, wenn er durch die Vorbereitung, die wir geschildert haben, in das eigentliche Gebiet des Okkultismus eintritt. Denn das sind gewissermaßen die drei ersten wirklich okkulten Dinge, die wir kennenlernen:
erstens das ungeoffenbarte Licht,
zweitens das unaussprechliche Wort,
drittens das Bewußtsein ohne Wissen von einem Gegenstand.
Das ist dann das bedeutungsvollste Ereignis, das zunächst eintreten kann für den angehenden Okkultisten: verbinden zu lernen etwas mit dem, was ihm nur als ein Widerspruch erscheint gegenüber alledem, was er bisher erfahren hat. In dem Augenblicke, wo der Mensch verbinden kann irgend etwas von seinem inneren Erleben mit den drei Ideen des ungeoffenbarten Lichtes, des unaussprechlichen Wortes und des Bewußtseins ohne das Wissen von einem Gegenstand, ist er wirklicher Okkultist geworden. Der angehende Okkultist hat dann den Pfad der okkulten Erkenntnis wirklich betreten.
DRITTER VORTRAG Kristiania, (Oslo), 5. Juni 1912
Es wurde gestern darauf aufmerksam gemacht, daß der angehende Okkultist, welcher durchgemacht hat jene Vorbereitungen, von denen gesprochen worden ist, auf Erlebnisse trifft, welche aus den angegebenen Gründen mit Worten bezeichnet werden müssen, die einen Widerspruch in sich schließen. Wir haben drei solche Erlebnisse zunächst genannt: erstens das unoffenbare Licht, zweitens das unaussprechliche Wort und drittens das Bewußtsein ohne das Wissen eines Gegenstandes.
Es wird nicht ganz leicht sein, sich in all das hineinzufinden, was zunächst notwendig ist, um Ideen und Begriffe zu verbinden mit diesen drei genannten Erlebnissen. So wie der Mensch im gewöhnlichen Leben denkt, und so wie er denkt und forscht auch in den gewöhnlichen Wissenschaften, wie geforscht wird namentlich in den Naturwissenschaften, ist dieses Forschen, dieses Wissen gebunden an den physischen Menschenleib. Denn dieser physische Menschenleib ist zwar nicht der eigentliche Akteur, das eigentlich Tätige, wenn der Mensch forscht, aber er ist das Instrument, dessen sich der Mensch bedienen muß, um in der charakterisierten Weise zu forschen, um in der charakterisierten Weise sich ein Wissen zu erwerben über die äußeren Gegenstände der Welt, die den Menschen umgibt. Alles, was überhaupt in dieser Art gewußt werden kann, was also den Gegenstand des alltäglichen Wissens und den Gegenstand namentlich der Naturwissenschaften ausmacht - wir werden bei einer späteren Gelegenheit noch darauf eingehen, daß gewisse Wissenschaften wie zum Beispiel die Ethik, die Gesellschaftswissenschaft, die Jurisprudenz nicht ganz genau mit dem übereinstimmen; was heute gesagt wird, das gilt namentlich für alle naturwissenschaftlichen Zweige -, es kann eben in gar keiner anderen Weise erworben werden als durch das Instrument des Leibes, namentlich durch das Instrument des menschlichen Gehirns.
Wenn nun der okkulte Aspirant die Dinge durchmacht, von denen gestern gesprochen worden ist, so kommt er zunächst dazu, denken
zu können, ohne sich seines Gehirns zu bedienen. Das ist etwas, was für den heutigen Materialisten selbstverständlich schon ein ganz absurder Begriff ist. Aber es ist eben doch so. Daß es so ist, das zeigt dem Okkultisten, der die okkulten, die esoterischen Übungen durchgemacht hat, das innere Erlebnis ganz klar. Denn alles dasjenige, was von den äußeren Gegenständen durch die gewöhnliche Wissenschaft gewonnen werden kann, was da erforscht und gedacht wird, das ist schattenhaft, gewissermaßen leblos gegenüber den Gebilden, welche dann ausgearbeitet werden von unserer Seele, wenn wir losgekommen sind von dem physischen Gehirn.
Für Theosophen darf zur Abkürzung der Betrachtung gleich gesagt werden, daß ein solcher Mensch, der es dazu gebracht hat, frei zu werden von seinem physischen Leibeswerkzeug, sich dann, um innerlich in der Seele zu arbeiten, nur noch derjenigen Werkzeuge bedient, die in seinem ätherischen, in seinem astralischen und in seinem Ich-Organismus gegeben sind. Also er bedient sich dessen, was wir durch die Theosophie vom Menschen kennengelernt haben, mit Ausschluß des physischen Leibes.
Dasjenige, was davon in der Seele auftritt, das hat eine viel stärkere innere Kraft, eine viel stärkere innere Lebendigkeit als die gewöhnlichen, an den äußeren Gegenständen errungenen Gedanken, und außerdem nimmt es sich wirklich so aus wie etwas, was uns als feine Substantialität überall umgibt. Man kann nicht anders sagen, als daß es sich ausnimmt wie flutendes Licht; nur muß man nicht eben an das Licht denken, welches durch das menschliche Auge, also durch ein äußeres Leibeswerkzeug vermittelt wird, sondern man muß denken, daß dieses sich ausbreitende Substantielle, in welchem man sich zunächst befindet wie in einem wogenden Meere, mehr innerlich empfunden wird, als daß es in irgendeiner Art von Lichtschein oder dergleichen auftreten würde. Es wird innerlich empfunden, und es wird so empfunden, daß dem Menschen, wenn er es wirklich empfindet, schon die Vorstellung vergeht, als ob er da etwa in einem Nichts wäre.
Derjenige, der sich in diesem Elemente dann wirklich befindet, wird nicht mehr behaupten, daß er in einem Nichts ist, denn dieses Element hat vor allen Dingen eine für alles bisherige Erfahren zunaö~chst
recht überraschende Wirkung. Es hat die Wirkung, wie wenn es uns zerreißen und in den ganzen Raum hinausstreuen würde, wie wenn wir zerfließen würden in ihm selber, wie wenn wir uns auflösen würden, den Boden unter den Füßen verlören, die Haltepunkte überall verlören, wo wir sie haben an dem äußeren Materiellen. Das ist es, was da zunächst auftritt. Und in diesem Sich-Fühlen in einem gleichsam in den ganzen Raum hinaussprühenden Elemente hat man das gegeben, was man nennen kann flutendes, fließendes, sich nicht nach außen in irgendeinem Siiine offenbarendes geistiges Licht. Das ist es zunächst, was gleichsam als ein inneres Erlebnis ein jeder Aspirant des Okkultismus kennenlernt.
Nun, wenn der Aspirant des Okkultismus dieses Erlebnis zuerst hat und er ist eine schwache Natur, er ist nicht gewöhnt worden im Leben, viel zu denken, dann ist er schon hier gewissermaßen an einer Klippe, denn er kann nicht leicht weiterkommen, wenn er nicht im Leben gelernt hat, viel zu denken. Daher ist jene Vorbereitung da, von der wir gestern gesprochen haben: die lange Übung eines sublimen Verstandes, einer sublimen Urteilskraft. Nicht was wir äußerlich durch diese sublime Urteilskraft, durch diesen sublimen Verstand uns aneignen, sondern die Zucht, die wir uns aneignen, indem wir in schärferer Weise denken lernen, ist es, die uns zugute kommt, wenn wir als Aspiranten des Okkultismus in dieses fließende Element des Lichtes eintreten. Denn es wirken dann gewissermaßen nicht die Gedanken, sondern die Erziehungskräfte unseres eigenen Selbst, welche uns durch die Gedanken gegeben worden sind. Diese wirken fort, und wir haben dann nicht nur um uns ein verfließendes, verborgenes Licht, sondern wir haben die Möglichkeit, daß in diesem fließenden Elemente auftauchen die Gestaltungen, von denen wir wissen, daß uns keine Wahrnehmungen der äußeren Gegenstände diese inneren Gebilde gegeben haben, sondern daß sie auftauchen in dem Elemente, in das wir selber nun eingetaucht sind.
Wenn wir eine solche Lage des Lebens erreicht haben, dann verlieren wir uns nicht in diesem fließenden Lichte, sondern erleben darin Gestaltungen von einer viel größeren Lebendigkeit, als sie alle Traumbilder und Visionen haben. Aber zugleich erleben wir diese Bilder so,
daß ihnen alles fehlt, was die äußeren Wahrnehmungen auszeichnet. Die Eigenschaften, welche wir nur durch die Sinne wahrnehmen, können wir da nicht finden; aber in verstärktem Maße können wir das finden, was wir sonst nur erleben, wenn wir uns Gedanken machen. Aber diese Gedanken sind eben nicht bloße Gedanken, die uns über- kommen, sondern sind in gewisser Weise in sich selbst befestigte, in sich selbst wesenhaft erscheinende Gebilde.
Das ist das erste, was der okkultistische Aspirant erlebt und was immer stärker und stärker auftritt im Verlaufe des okkulten Lebens. Zuerst ist es schwach, zuerst müssen wir uns begnügen mit einigem wenigen, was uns da erlebbar ist. Dann aber wird uns immer mehr und mehr gegeben, dann erfahren wir mehr und mehr, und wir lernen eine Welt kennen, die sich uns darbietet als eine hinter der Sinneswelt gelegene Welt. Wir erfahren da, indem wir ein solches Erlebnis haben, etwas ganz Besonderes. Wir erfahren nämlich, daß alle die Kräfte, die uns befähigen können, so etwas zu erleben, in dem Umkreise unseres Erdenlebens und der irdischen Gesetzmäßigkeit gar nicht zu finden sind. Wir merken, wenn wir dieses Erlebnis haben, ganz genau, daß alles, was uns befähigt, über das äußere Leben als Erdenmensch und über die naturwissenschaftlichen Dinge zu denken, in uns gebildet worden ist durch Kräfte, die der Erde angehören.
Der Mensch hat, wie Sie als Theosophen wissen, bevor er auf der Erde seine heutige Gestalt erlangt hat, vielerlei Umbildungen und Durchbildungen durchgemacht. Während dieser Zeit haben die Erdenkräfte auf ihn gewirkt. Nach und nach hat sein Gehirn, haben seine Sinneswerkzeuge die Gestalt durch die Erdenkräfte angenommen, welche sie heute haben. Und wenn wir das Auge, das Ohr, wenn wir das Gehirn selbst erklären wollen, so wie sie heute sind, so müssen wir sagen: Beim Beginne der Erdenentwickelüng waren alle diese Organe ganz anders. Während der Erdenentwickelung haben die Erdenkräfte auf diese Organe gewirkt und ihnen eben die heutige Gestalt gegeben. Alles was diese Organe und auch was das Gehirn hat von den Erdenkräften, das verwenden wir, wenn wir für das alltägliche Leben oder wenn wir naturwissenschaftlich denken und forschen. Nichts ist in der Tätigkeit, die wir entwickeln, wenn wir so forschen, was nicht dem
Menschen durch die Erdenkräfte zugekommen wäre. Sowohl der Alltagsmensch, der die Welt und die Dinge um sich her sieht und wahrnimmt und darüber nachdenkt, wie auch der Wissenschafter, der im Laboratorium oder auf der Sternwarte arbeitet, sie alle bedienen sich keiner anderen Einrichtungen ihrer Gehirn- und ihrer Sinnesorgane als solcher, die von Erdenkräften herrühren.
Was wir nun als Bildung unseres Gehirns haben und was uns befähigt, das Gehirn so zu bearbeiten, daß es die höheren Glieder der menschlichen Natur aus sich heraustreibt, und daß wir das, was eben jetzt beschrieben worden ist, dieses fließende, flutende geistige Licht schauen, das rührt nicht von irdischen Zuständen her, sondern ist eine Erbschaft jener Kräfte, die auf den Menschen gewirkt haben, bevor die Erde Erde geworden ist. So daß wir sagen müssen, wenn wir uns erinnern, daß die Erde, bevor sie Erde geworden ist, den Monden-, den Sonnen-, den Saturnzustand durchgemacht hat: Es rühren von diesem Saturn-, diesem Sonnen- und Mondenzustand die Kräfte nicht her, welche den Menschen befähigen, mit seinen Sinnen wahrzunehmen und die Wahrnehmung der Sinne mit dem Gedanken zu durchdringen. Aber alles, was uns frei werden läßt von dieser Sinnes- und Denkarbeit, von der Arbeit der Wissenschaft und so weiter, alles, was uns fähig macht, die höheren Glieder aus uns herauszutreiben, so daß aus dem Gehirn herausgequetscht wird der Ätherleib, der Astralleib und das Ich, so daß diese fähig werden, im flutenden Lichte zu leben, das haben wir in uns als Erbstück von der Saturn-, Sonnen- und Mondenzeit. Das stammt also aus vorirdischer Entwickelungszeit und kann im weiteren Umkreise des Erdendaseins nicht gefunden werden.
Wenn einmal die Wissenschaft so weit sein wird - und sie wird einmal dazu kommen, wenn es auch noch lange dauern wird -, sozusagen den Mechanismus der Sinne und des Gehirns zu begreifen, dann wird die Wissenschaft auf diese Errungenschaft außerordentlich stolz sein. Aber man wird nur begreifen jenes Denken und jenes Forschen, welches aus irdischen Verhältnissen erklärbar ist und daher auch nur für die irdischen Verhältnisse gilt. Man wird niemals das ganze Gehirn und auch nicht alle Einrichtungen der Sinnesorgane mit den Erdenkräften erklären können; sondern, um alles erklären zu können,
was in unseren Sinnen und in unserem Gehirne tätig ist, was den Sinnen und dem Gehirn die jetzige Gestalt gegeben hat, wird man die Zuflucht nehmen müssen zu dem, was die Theosophen kennen als den Saturn-, den Sonnen- und den Mondenzustand.
Diese vorhergehenden Zustände unserer Erdenbildung, diese Kräfte also, die wirksam sind, solange sich der Mensch nicht seines Gehirnes bedient und seiner äußeren Sinne, diese Kräfte, die wir geerbt haben
von Saturn, Sonne und Mond, werden lahmgelegt, werden unterbunden durch das, was die Erde mit ihren Kräften aus dem Gehirn und den Sinnen gemacht hat. Alles das, was wir darin finden können, wenn wir in das flutende Licht eintreten, empfinden wir deshalb nicht so, als ob wir es denken würden. Denn was wir denken, von dem haben wir das Gefühl, daß wir es jetzt denken, aber das, was wir da zunächst erleben, das kommt uns nicht so vor, als wenn wir es jetzt dächten.
Das ist außerordentlich wichtig, daß Sie das ins Auge fassen. Dem Hellseher, der in diesen Zustand eintritt, erscheinen zunächst die Gebilde, von denen ich jetzt gesprochen habe, nicht wie Gedanken, die er jetzt denkt, sondern wie Gedanken, die nur vom Gedächtnisse, von der Erinnerung aufbewahrt sind, wie Gedanken, an die wir uns erinnern können.
Jetzt wird es Ihnen auch erklärlich sein, warum wir unseren Verstand ignorieren müssen und genötigt sind, in eine Schärfung des Gedächtnisses einzutreten. Das ist deshalb so, weil wir das Gefühl uns aneignen müssen, daß das, was in dem sich ausbreitenden geistigen Lichtmeere ist, sozusagen Gebilde aufwirft, die man nur wahrnehmen kann wie erinnerte Gebilde. Würde man nicht eine Schärfung des Erinnerungsvermögens durchgemacht haben, so würden sie einem entgehen, und nichts würde wahrnehmbar für den Hellseher werden. Es würde dann so sein, daß er nur ausgebreitet sähe ein inneres flutendes Lichtmeer.
Daß also in dem inneren Lichtmeere Gedankengebilde schwimmend wahrgenommen werden können, geschieht dadurch, daß wir unser Erinnerungsvermögen so geschärft haben, daß das, was auftritt, nicht durch den Verstand, sondern durch das Erinnerungsvermögen, das
Gedächtnis wahrgenommen werden kann; denn es muß durch das Gedächtnis wahrgenommen werden.
Aber es ist damit noch nicht alles gesagt. Das, wäs so durch das Gedächtnis wahrgenommen wird, befähigt uns zunächst, in längst verflossene Zustände unserer Entwickelung, in die Mond-, Sonnen- und Saturnzustände etwas hineinzuschauen. Aber die Gebilde, die da wahrgenommen werden, die da wie Erinnerungsvorstellungen auftreten, sind nicht die einzigen; und sie sind sogar auch die schwächeren. Es wird nämlich etwas wahrgenommen, was mit starker Kraft und Gewalt auf uns wirkt, wovon man sagen könnte - trotzdem man weiß, es ist nur schwimmendes Gedankenlicht, das auf uns wirkt -, daß es uns Schmerz und Lust bereitet, daß es beginnt, man möchte sagen, zu stechen und zu brennen und auch selige Zustände in uns hervorzurufen.
Und nun ist die Frage: Was bemerkt der Okkultist, der in diesem Meere schwimmend solche eigentümlichen Gebilde, die er jetzt mit dem Verstande fassen kann, wahrnimmt, zu denen er nicht das Gedächtnis bloß braucht, weil sie so stark geworden sind, daß der Verstand sie zu fassen vermag? Was bemerkt also der Okkultist von diesen Dingen?
Sehen Sie, der Okkultist bemerkt von diesen Dingen allerdings nur dann etwas, wenn er vorher etwas gelernt hat, und zwar, wenn er vorher sich bekanntgemacht hat mit den verschiedenen Gedanken der Philosophen, wenn er sich ein wenig mit Philosophie befaßt hat. Dann tritt vor sein geistiges Auge die Erkenntnis, daß die wirklichen Gedanken der Philosophen Schattenbilder sind, daß es Abbilder dessen sind, was da als Lebendiges wahrgenommen wird im flutenden Lichte.
Jetzt ist die Zeit gekommen, wo Sie verstehen können, was eigentlich alle Philosophie der Welt ist. Alle Philosophie der Welt ist nichts anderes als eine Summe von Gedankenbildungen, von Ideen, welche wie Bilder her`eingeworfen werden in unser physisches Leben und die eigentlich ihren Ursprung haben in dem überphysischen Leben, in dem, was der Hellseher in der geschilderten Weise wahrnehmen kann. Der Philosoph nimmt nicht dasjenige wahr, was hinter seinen Bildern liegt
und was er in diesen Bildern hineinwirft in das physische Bewußtsein; aber die Bilder bekommt er. Von all den wichtigen, großen Gedanken der Philosophen, die jemals in der Welt eine Rolle gespielt haben, kann der Okkultist immer den Ursprung angeben. Der Philosoph sieht nur das Gedankenschattenbild, der Okkultist das reale, lebendige Lichtelement> das dahintersteht. Woher kommt denn das?
Nun, sehen Sie, das kommt davon her, daß wir aus alten Zeiten, obzwar wir - ganz im allgemeinen gesprochen - lahmgelegt haben die Kräfte, welche von der Saturn-, Sonnen- und Mondenentwickelung für das Gehirn herrühren, in unserem Gehirn dennoch einen gewissen Rest haben, durch den man wenigstens Schattenbilder, Abbilder wahrnehmen kann dessen, wozu das Gehirn fähig ist durch die vorirdischen Kräfte. Diejenigen Kräfte, die da im philosophischen Gehirn wirken, sind also nicht irdische Kräfte; sie sind ein schwacher, matter Abglanz vorirdischer Kräfte. Der Philosoph ist sich nur nicht bewußt> daß in seinem Gehirn eine Erbschaft aus den vorirdischen Zeiten lebt und daß er sich seines Gehirnes als eines Instrumentes bedient, inso fern eine solche Erbschaft wirkt.
Diese Erbschaft würde nun aber auch nicht wirken, wenn nicht während der Erdenentwickelung etwas ganz Bestimmtes eingetreten wäre, etwas, wovon natürlich auch die Philosophen der heutigen Zeit nichts wissen wollen. Wenn alles nur so geblieben wäre, daß die Erde einfach die Wiederverkörperung dessen ist, was vorhanden war im alten Saturn, in der alten Sonne und im alten Monde; wenn also die Erde nichts weiter böte dem Menschen, nichts weiter brächte dem Menschen als die Kräfte, welche sie dadurch hat, daß in ihr noch weiterleben die Saturn-, Sonnen- und Mondenkräfte, also die vorirdischen Kräfte, dann würde auf der Erde überhaupt niemals ein solches Nachdenken haben entstehen können, wie es uns ausgeprägt erscheint, man möchte sagen, im höchsten Maße bei der Philosophie. Und Philosophie ist bei jedem Menschen vorhanden, denn bis zu einem gewissen Grade philosophiert jeder Mensch. Das ist also nur dadurch da, daß eine Unregelmäßigkeit eingetreten ist bei der Erdenwiederverkörperung, daß von den schaffenden Kräften, die die Erde zustande gebracht haben, sich eine Hauptkraft abgesondert hat und nicht so weiter
wirkt wie die anderen, sondern so, daß wir sagen können: Diese Kraft wirkt in geistiger Beziehung auf den Menschen, wie das Mondenlicht wirkt auf die Erde in physischer Beziehung.
Sehen Sie, das Mondenlicht wirkt auf die Erde in physischer Beziehung in der Weise, daß der Mond das Sonnenlicht zurückwirft. Denn was uns als Mondenlicht zukommt, ist nur zurückgeworfenes Sonnenlicht. Was nun den Menschen befähigt, über die bloße Erinnerungsvorstellung beim Hellsehen hinauszugehen, und was ihn befähigt, noch etwas hineinzuwerfen in das physische Bewußtsein als Philosophie, das rührt davon her, daß in das menschliche Gehirn hineinwirkt, bildend, eine neue Kraft, die genau dieselbe Geisteskraft ist, welche in der mosaischen Urkunde Jahve oder Jehova benannt wird, und welche ebenso ein zurückgeworfenes Geisteslicht ist, wie das Mondenlicht in physischer Beziehung ein zurückgeworfenes Sonnenlicht ist.
So ist der Mensch in der Tat in bezug auf sein Gehirn nicht nur durch das erklärbar, was er sich als Erbschaft mitgebracht hat von den vorirdischen Zuständen. Man versteht ihn und dieses menschliche Gehirn erst dann, wenn man weiß, daß ebenso wie das physische Sonnenlicht von dem Monde nach der Erde geworfen wird - auch dann, wenn dem gewissen Stück Erde das Sonnenlicht nicht erscheint -, dem Menschen, insofern er im Gehirn sich auslebt, geistiges Licht zurückgeworfen wird von außerhalb der Erde.
Jede Inspiration, und es ist eine Inspiration, welche dem Menschen geboten wird nicht durch seine eigenen Kräfte, sondern von außen herein, befähigt ihn, aufzusteigen zu einer Welterkenntnis, die als die philosophische bezeichnet werden kann. Diese Welterkenntnis zeichnet sich dadurch aus, daß sie den Menschen veranlaßt, in den verschiedenen Dingen der Welt den einheitlichen Grund zu suchen. Das ist das hauptsächlichste Charakteristikum. Ob der Mensch diesen einheitlichen Grund «Gott» oder «Weltgeist» nennt, darauf kommt es nicht an. Daß er aber alles zusammenfassen und auf einen einheitlichen Grund beziehen will, das rührt davon her, daß wir in dem Augenblick, wo wir als Hellseher den Ätherleib frei bekommen, wissen: Wir haben jetzt nicht nur das ausgequetscht, was wir aus früheren Zuständen haben, sondern wir haben auch in dem Gehirn wirksam Einflüsse der
geistigen Welt, die sich mit den Einflüssen des Mondenlichtes vergleichen lassen, wie wir es eben getan haben.
Ich mache Sie hier auf etwas aufmerksam, das Ihnen bezeichnend sein kann, wenn Sie ins Auge fassen, was jetzt ausgeführt worden ist. Der Mensch als Philosoph hat nicht das, was der Hellseher als Jahvekraft wahrnimmt, die sich vermischt mit den von früheren Zuständen ererbten Kräften. Er hat aber die Gedankenbilder und weiß nicht, daß hinter ihnen die Kräfte stehen, die in vorirdischen Zuständen wirksam gewesen sind und diejenigen, die als die Jahvekräfte bezeichnet werden. Er weiß nicht, daß das hinter seinem Denkprozesse steht. Er sieht nur die Gedankenschattenbilder, die ihm erzeugt werden dadurch, daß er aus seinem Ätherleibe sich herausarbeitet dieses flutende Licht, von dem ich gesprochen habe, und daß, indem dieses in seinem Gehirne wirkt> darinnen die Gedankenschattenbilder bewirkt werden, die wir als Philosophie bezeichnen. Das weiß der Philosoph nicht. Er weiß nur, daß er lebt in diesen Gedankenschattenbildern.
Aber auf eine Eigentümlichkeit mache ich Sie bei diesen Gedankenbildern aufmerksam, die Ihnen später nützlich sein wird, auf die Eigentümlichkeit nämlich, daß man als Philosoph unbewußt hellseherisch ist, das heißt, in Schattenbildern von hellseherischen Zuständen lebt, ohne daß man etwas von dem Hellsehertum weiß; daß man so in Schattenbildern lebt und alles aufbringt, was man als Philosoph aufbringen kann, und daß man schließlich dazu gelangt, alles, was man an philosophischen Ideen und Begriffen aufzubringen in der Lage ist, so zu verbinden und zu verknüpfen, daß man es auf ein einheitliches Wesen bezieht. Das ist die Eigentümlichkeit der Philosophie.
Diese Eigentümlichkeit ist immer bei der Philosophie vorhanden. Aber es gibt keine Möglichkeit, wenn man mit diesem Material des Philosophen arbeitet und ehrlich und aufrichtig zu Werke geht, in- nerhalb dieser Gedankenbilder - philosophisch also - so etwas zu finden wie das Christus-Wesen. Man findet einen einheitlichen Weltengrund, aber man findet nie einen Christus. Wenn Sie in einer Philosophie die Christus-Idee finden, so können Sie sicher sein, sie ist aus der äußeren Welt genommen; wo sie angetroffen werden kann in den
Überlieferungen, ist sie auf unrichtige Weise, vielleicht unbewußt, in die Philosophie hineinpraktiziert worden. Wenn der Philosoph bei seiner Philosophie bleibt, ist es ganz unmöglich, etwas anderes zu finden als den neutralen Weltengott, niemals aber einen Christus. Den kann er nicht finden. Es gibt keine sich selbst verstehende Philosophie, welche die Christus-Idee haben kann. Es is,t unmöglich. Also, halten wir dieses zunächst fest. Diejenigen aber, welche dazu Lust und Gelegenheit haben, mögen sich einmal bei den Philosophen umschauen, ob sie, soweit diese Philosophen bloß Philosophen sind, den Christus bei ihnen finden können. Sehen Sie sich ein so ausgebreitetes und aus- gebildetes System der Philosophie durch wie das Hegelsche; Sie werden sehen, innerhalb dem Systems der Philosophie kann Hegel nicht auf den Christus kommen. Er praktiziert ihn hinein aus der äußeren Welt. Seine Philosophie gibt ihm keinen Christus.
Vorläufig mag dies genug sein, was jetzt gesagt worden ist, zur Charakteristik dessen, was als erstes Erlebnis auftritt bei dem hellseherischen Aspiranten und was er bezeichnen lernt als unoffenbares Licht.
Ganz leise, zunächst kaum wahrnehmbar, tritt das zweite Erlebnis auf. Es tritt so auf, daß es in der Tat viele Hellseher gibt, die das erste Erlebnis, das eben charakterisiert worden ist, lange schon haben und bezüglich des zweiten kaum verstehen, was es ist. Es tritt auch das auf, was wir bezeichnen können etwa in der folgenden Weise: Während das flutende Licht, das ich eben charakterisiert habe, etwas ist, was uns so vorkommt, als ob wir in demselben auseinanderfließen würden, als ob wir uns verbreiten würden in dem Weltenraume, erscheint uns das, was das unaussprechliche Wort genannt werden kann, im Beginne so, wie wenn gleichsam von allen Seiten uns etwas entgegenkäme. In demselben Maße, in dem wir uns verbreiten über die ganze Welt, ist es so, als ob uns etwas entgegenkäme, als ob etwas von allen Seiten sich uns näherte, während wir auf der anderen Seite zerfließen. Und in der Tat, dieses Zerfließen ist für den Menschen, der es erlebt und sich noch nicht so recht hineinfinden kann, mit argen Furchtzuständen begleitet. Es kommt uns gleichsam von außen etwas wie eine Weltenhaut entgegen, die sich uns nähert, und wir können nicht anders sagen
als: Dieses Annähern einer Weltenhaut ist so, wie wenn zunächst in einer uns schwer verständlichen Sprache, die nirgends auf der Erde gesprochen wird, zu uns gesprochen würde; in einer Weise, daß kein Wort sich damit vergleichen läßt, das durch einen Kehlkopf gegangen ist. Aber wenn wir vom Worte alles dasjenige wegnehmen, was als äußerer Laut damit verknüpft ist, dann bekommen wir allmählich eine Vorstellung davon, was uns da als sinnvolles Weltentönen entgegenrückt von allen Seiten. Schwach ist es anfangs, und nur mit zunehmender Kraft des okkulten Lernens und der okkulten Selbstzucht wird dieses Wahrnehmen einer geistigen Welt immer stärker und stärker.
Wir haben dann als Hellseher ein sehr merkwürdiges Gefühl, wenn wir so herankommen sehen von allen Seiten etwas wie eine Welten- haut; nicht wie eine äußere Weltenhaut, sondern etwas, was wie Töne herandringt. Dann haben wir eine sehr eigentümliche Empfindung; und daß wir diese haben, ist ein Zeichen, daß wir auf dem richtigen Wege sind. Wir haben die Empfindung: Ja, eigentlich ist das erst unser eigenes Selbst, eigentlich ist das erst der richtige Mensch, der uns da entgegenkommt. Wir sind nur scheinbar in die Haut eingeschlossen, wenn wir im physischen Leibe leben. In Wahrheit füllt unser ganzes Wesen die Welt aus und es kommt uns entgegen> wenn wir in der geschilderten Weise in den okkulten Zustand böbergehen. Es kommt uns von allen Seiten etwas entgegen. - Das ist es, was als gewisse Empfindung auftritt: Ausbreitung des geistigen Lebens und wiederum Zusammenziehung desselben.
Das ist es, was wir erleben, und wir verbinden damit einen bestimmten Begriff, weil es uns wie sinnvolle Worte entgegenkommt, die nur geistig zu uns tönen, den Begriff «unaussprechliches Wort», «unaussprechliche Sprache».
Nun, sehen Sie, so wie der Mensch eine gewisse Erbschaft hat, von der ich eben gesprochen habe, die nicht von irdischen Kräften herrührt und von seinem irdischen Wesen, sondern von vorirdischen Zuständen, die an der Bildung seines Gehirns mitwirkten, wie wir das charakterisiert haben, so hat er auch als Erbschaft Kräfte in sich, welche von vorirdischen Zuständen herrühren und welche jetzt nicht
arbeiten in seinem Gehirn, sondern in seinem Herzen. Das Herz ist ein sehr kompliziertes Organ, und ebenso wie im Gehirn nicht allein tätig sind die irdischen Kräfte, sondern auch vorirdische Kräfte, obwohl wir uns zur äußeren Forschung nur dessen bedienen, was aus dem Irdischen kommt, so sind auch im Herzen vorirdische Kräfte tätig. Das was der Mensch braucht, um irdische Luft, irdische Nahrung aufzunehmen, um den Organismus des Lebens wegen gegenüber den Erdenelementen zu versorgen, das hat er von irdischen Kräften. Damit der Mensch das wahrnehmen kann, was jetzt mit dem Worte «unaussprechliches Wort» beiegt worden ist, muß nicht nur aus seinem Gehirn das herausgequetscht werden, was seine höheren Seelenglieder sind, sondern auch aus seinem Herzen.
Man kann lange Zeit als Hellseher das geistige Licht wahrnehmen, wenn man aus seinem Gehirn seine höheren Leibesglieder herausgequetscht hat. Wenn aber noch mit dem Herzen fest verbunden bleiben
diese höheren Leibesglieder wie im gewöhnlichen Leben, dann hat man es mit Hellsehern zu tun, die da sehen mit ihren vom Gehirn frei gewordenen Seelenkräften das flutende Licht, die aber nicht das von allen Seiten herankommende unaussprechliche Wort vernehmen können. Das fangen sie erst an zu hören, wenn die höheren übersinnlichen Menschenkräfte auch aus dem Herzen herausgequetscht sind. Das was das Herz befähigt, herauszuquetschen diese höheren übersinnlichen Glieder, so daß der Mensch lernt, ein Seelenleben zu entfalten, das nicht an das Instrument seines Herzens gebunden ist, das hängt mit einem höheren Herzensorganismus zusammen. Das was als gewöhnliches Seelenleben auf dem physischen Plane vorhanden ist, ist an das Organ des Herzens gebunden. Wenn die Menschen aus ihrem physischen Herzen die höheren Leibesglieder werden freimachen können, dann werden sie lernen, ein Seelenleben zu empfinden, das an einen höheren Herzensorganismus als an den physischen Herzmuskel und an das Blut gebunden ist. Wenn der Mensch lernt, mit seiner Seele zu er- leben seine Herzenskräfte, die höher sind als die, welche an das physische Herz gebunden sind, dann lernt er dasjenige wirklich kennen, was um ihn herum sich geltend macht wie ein von allen Seiten herankommendes unaussprechliches Wort.
Das also hängt ab von der Emanzipation unserer übersinnlichen Menschenglieder von dem Herzen. Während die Wahrnehmung des übersinnlichen Lichtes von der Emanzipation unseres höheren Menschen von dein physischen Gehirn abhängt, hängt die Wahrnehmung des unaussprechlichen Wortes von der Emanzipation unserer höheren Glieder von dem physischen Herzen ab.
Geradeso wie es Menschen gibt, welche, nur sozusagen unbewußt, etwas in sich haben von den vorirdischen Kräften der Gehirnbildung, so gibt es eben auch Menschen, die etwas in sich haben von vorirdischen Kräften der Herzensorganisation, der Herzensbildung. Und diese Menschen sind viel zahlreicher, als man gewöhnlich annimmt. Wenn es heute keine solche Menschen gäbe, die diese alten Erbstücke an sich hätten und an denen sie, aus Gründen, die wir noch anführen werden, besonders heute arbeiten, dann gäbe es keine Theosophen, dann säßen Sie alle nicht da. Denn der Grund, warum Sie dasitzen, ist kein anderer als der, daß Sie einmal empfunden haben, wenn Ihnen ein theosophisches Buch in die Hand gekommen ist, oder wenn Ihnen in einem Vortrage eine Mitteilung zugeflossen ist aus der Theosophie, etwas von jener uralten Erbschaft, die in Kräften besteht, welche an Ihrem Herzen gearbeitet haben, schon bevor die Erde sich gebildet hat. Sie haben gleichsam, indem Sie ergriffen worden sind von irgend etwas, was Ihnen durch die Theosophie zugeflossen ist, in sich etwas erlebt - so wie die Philosophen jene Schattenbilder erleben, von denen gesprochen worden ist -, Sie haben erlebt die Schattenbilder dessen, was, Ihnen unbewußt, der Herzenshellseher in Ihnen vernehmen könnte, nicht durch Worte, die in irgendeiner Sprache zu Ihnen gesprochen worden sind. Sie haben da etwas ganz Besonderes durchgehört, sonst wären Sie nicht Theosophen geworden. Sie haben gehört, daß dieses äußere Wort nur ein äußerer Nachklang dessen ist, was erforscht worden ist durch das hellseherische Herz, ein Nachklang dessen, was aus den Gebieten des Okkultismus heraus stammt, was mit den vorirdischen Herzenskräften erforscht worden ist und was zu Ihnen gesprochen hat in den Schattenbildern, die Sie selber erleben können. Sie ha- ben durch das äußere Wort hindurch gehört das innere Wort. Durch das gesprochene Wort haben Sie vernommen den Nachklang des un
aussprechlichen Wortes; durch Menschensprache, in Menschenwort haben Sie gehört dasjenige, was gehört worden ist in Göttersprache aus Götterwelten.
Und wenn auch die Menschen, die heute in ehrlicher und aufrichtiger Weise sich hingezogen fühlen zu theosophischem Streben, dies nicht immer wissen, daß in ihnen unbewußt etwas sozusagen hells~ herisch schon arbeitet, so ist es bei diesen Mensc`hen gerade so, wie es bei den Philosophen ist, die die Schattenbilder des unbewußten hellseherischen Gehirnes sehen und nicht wissen, in welchem eigentümlichen Gedankenelemente sie eigentlich leben. Weil das Gehirn leichter den Erdenkräften zugänglich ist, durch Erdenkräfte leichter affiziert wird, daher leichter zu einem irdischen Organe gemacht wird als das Herz, das schwer zugänglich ist für irdische Kräfte, daher kommt es auch, daß, insbesondere in unserer Gegenwart, die Menschen dadurch, daß sie nach Erdengesetzen forschen und mit äußerem Wissen ihr Gehirn beschäftigen, die irdischen Teile des Gehirns so stark machen, daß dasjenige, was überirdisches Gehirn ist, ganz und gar abgelähmt wird im Inneren. Durch das, was die Theosophie herunterbringen wird, weil das Herz viel weniger zugänglich ist für die Verarbeitung der irdischen Kräfte, kann man, indem man von Theosophie spricht, viel leichter den Zugang zu den menschlichen Seelen finden als durch die bloße Philosophie. Denn wenn die Menschen durch die rein materiellen Interessen des äußeren Lebens sich nicht verlegt haben, was in der geschilderten Weise zu ihren Herzen sprechen kann, so werden sie immer empfänglich sein, insbesondere in unserer Zeit, für die theosophischen Wahrheiten. Diese theosophischen Wahrheiten können von jedem verstanden werden, nur nicht von denen, welche sich durch äußere materielle Interessen in dieser oder jener Form zu sehr engagiert haben, sei es durch theoretisch-materielle Interessen, sei es durch Lebensinteressen, die rein im Materiellen aufgehen. Nur solche Menschen können sie nicht verstehen, welche sich haben gefangennehmen lassen von diesen Interessen, Menschen, die für nichts Sinn haben als für diese äußeren materiellen Interessen. Ihnen breitet sich ein Nebel aus über das, was das Herz entfalten soll, wenn es von der Theosophie ergriffen wird.
Daher muß man, um Philosophie zu verstehen, etwas haben, was den eigentümlichen Gebilden, von denen vorhin gesprochen worden ist, entgegenkommt und Schattenbilder von ihnen entwirft; man muß gewissermaßen sein Gehirn dressiert haben auf feinere Gedan
ken hin, in denen sich abschatten können die höheren, überphysischen Kräfte. Nun wissen Sie aber, daß die Menschen in den wenigsten Fäl
len das Gehirn so dressieren. Um Theosophie zu verstehen, braucht man keine Vorbildung. Um wahr zu finden, um zu verstehen das, was aus den okkulten Forschungen herausgeholt ist, wenn die okkulten Forscher ihre höheren Kräfte, ihre geistigen Leibesglieder emanzipiert
haben von ihrem Herzen und Gehirn, brauchen die Menschen bloß nicht abgelenkt zu sein durch das äußere Leben, nicht aufzugehen im äußeren Leben. Der schlichteste, einfachste Mensch hat solche Kräfte, die hinreichen, die Theosophie zu verstehen. Er braucht nicht wissenschaftlich gebildet zu sein. Jeder kann, wenn er nur nicht mit Vormeinungen, mit Vorurteilen der Sache entgegenkommt, gewisse theosophische Wahrheiten verstehen. Denn diese theosophischen Wahrheiten sind in den gewöhnlichen Erlebnissen wie in Schattenbildern wiedergegebene Tatsachen der okkulten Forschung, die herrühren von dem unaussprechlichen Worte, das dann gehört wird - wenn wir das Wort vergleichsweise gebrauchen dürfen -, wenn der Mensch freigemacht hat, emanzipiert hat seine höheren Leibesglieder von dem physischen Herzen, wenn er also nicht nur leben kann in einem überphysischen Gehirn, sondern leben kann in einem überphysischen Herzensorgan.
Richtige, logische Ausdrücke zu finden gerade für wissenschaftliche Begriffe, um das auszudrücken, was durch das überphysische Herz erforscht ist, dazu wird notwendig sein, daß man bekannt ist mit solchen wissenschaftlichen Begriffen. Aber selbst darauf kommt es in der Theosophie nicht an. Die wichtigsten theosophischen Wahrheiten können tatsächlich in einfache Begriffe gekleidet werden, und Sie wissen, wie wenig man dazu braucht, um hinreichendes Verständnis zu haben für die Grundwahrheiten der Theosophie. Das meiste, was wir oftmals vorbringen, ist ja eigentlich nicht nur dazu bestimmt, bloß für einfache schlichte Gemüter Überzeugungen hervorzurufen; die können schon sehr bald da sein. Bei einer gesunden Seele werden sie immer
da sein; bei einer Seele, die nicht krank gemacht ist durch materielle Interessen, werden sie immer da sein. Was aber notwendig ist in unserer Zeit, ist, daß die Theosophie auch Schutz gegen die ungerechten Angriffe einer vermeintlich auf ihrem Recht bestehenden Wissenschaft finde. Wir müssen die einfachen, schlichten, leicht zu begründenden theosophischen Wahrheiten so vor die Welt hinstellen, daß sie zeigen, sie können sich halten, wenn man subtil und durchaus klar und richtig denkt. Allerdings, das letztere muß von den Menschen verlangt werden. Ein rastloses, ordentliches Denken muß verlangt werden, damit man einsehen kann, daß es keine Wahrheit gibt, die im Widerspruch steht mit dem, was Theosophie ist. Aber ein solches Denken ist, ich möchte nicht nur sagen, außerordentlich wenig vorhanden, sondern es ist sogar außerordentlich schwer zu erreichen. Die Art, wie äußere wissenschaftliche Vorurteile zwar nicht mit persönlicher Autorität, aber mit unangreifbarer äußerer Autorität auftreten, mit einer Autorität, die an unbestimmten Dingen haftet, die ist allerdings sehr verbreitet; und es ist geradezu gewaltig, was dadurch an Vorurteilen hervorgebracht wird.
So sehen wir, daß selbstverständlich diejenigen, die sich auszukennen glauben auf dem Gebiete einer besonderen Wissenschaft, oder die in populärer Weise sich bekanntgemacht haben mit irgendwelchen Ergebnissen der Wissenschaft, auch glauben, mit ihrem Denken so weit zu sein, daß sie durchschauen können die Beziehungen von Theosophie zur Wissenschaft. Das können die Menschen aber gewöhnlich nicht, weil ein klares, geordnetes Denken keineswegs in der heutigen Zeit so weit verbreitet ist, als man glauben möchte. Gewisse Wissenschaften kann man heute mit einem recht ungeordneten Denken treiben, mit einem Denken, das herangebildet ist in dem engen Rahmen einer Spezialwissenschaft, und das nicht über den engen Rahmen dieser Wissenschaft hinausreicht. Und ein literarisch Tätiger, ein schreibender Mensch, ein Mensch, der heute dieses oder jenes publiziert, kann man schon sein, wenn man mit seinem Denken wirklich gar nicht sonderlich weit ist. Denn ob geordnetes, richtiges Denken hinter dem ist, was heute scheinbar geistig produziert wird, danach forschen gewöhnlich die Menschen gar nicht, weil man sozusagen kein Spürvermögen
dafür hat. Es gehört nicht viel dazu, dieses Spürvermögen zu haben; man kann es wie eine Art Instinkt haben; aber es wird nur verstärkt dieses Spürvermögen, wenn man ein wenig mit okkulter Forschung und okkulten Kräften vertraut ist.
Lassen Sie mich im Zusammenhang mit dem, was ich jetzt gesagt habe, eine Bemerkung machen, die nur dazu dienen soll, zu illustrieren, wie einem, wenn man ein bißchen Empfindung hat, manchmal sonderbare Dinge begegnen können. Es ist zwar ein recht unbedeutendes Erlebnis, was ich zu sagen habe, aber es ist doch bezeichnend. Ich ging gestern vormittag durch eine Straße. Mein Blick fiel, sagen wir unwillkürlich, auf eine bestimmte Stelle des Schaufensters einer Buchhandlung. Und siehe da, ich fühlte, wie wenn mich etwas stechen würde, wie wenn mich eine Bremse oder eine Biene stechen würde. Ich meine den Vorgang geistig. Nun war ich neugierig, was da gestochen hat. Zunächst war ich nicht klar darüber, was aus diesem Schaufenster heraus gestochen haben kann, und ich schaute zu und fand, daß da eine Broschüre lag. An dieser Broschüre fiel mir ein Motto auf, und dieses Motto schien mir so, als ob es zur Verteidigung der Gesinnung dieser Broschüre bestimmt wäre, als ob der Autor dieses Motto bestimmt haben wollte zur Bezeichnung seiner Gesinnung. Warum hat aber nun das Motto gestochen? Wir werden gleich darüber klarwerden. Es steht nämlich folgendes darauf:
Ein Kerl, der spekuliert, ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
Von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt,
Und ringsumher liegt schöne, grüne Weide.
Darunter steht: Goethe, «Faust». Aber wer sagt es denn im «Faust»? Mephisto! - Es ist kein Ausspruch, auf den man sich berufen darf, wenn man auf Goethe Bezug nehmen will. Es ist ein Ausspruch, der dem Mephisto in den Mund gelegt wird. Wenn ihn also jemand dazu verwendet, ihn im guten, richtigen Sinne zu benützen, dann denkt er nicht ordentlich. Er will sich auf Goethe berufen; aber innere Gründe zwingen ihn dazu, sich nicht auf Goethe, sondern auf Mephisto, den Teufel zu berufen. Das zeigte mir, daß es da mit dem Denken etwas hapert. Der Stich rührte von einem undisziplinierten, ganz unordentlichen Denken her.
VIERTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 6. Juni 1912
Wir müssen uns jetzt etwas näher zu dem dritten Erlebnisse der übersinnlichen Welt wenden, zu dem in der übersinnlichen Welt herrschenden Bewußtsein. Nun müssen wir, wenn wir eine Betrachtung anstellen wollen über das Bewußtsein ohne Gegenstand in der übersinnlichen Welt, zuerst einmal etwas kennenlernen, was ja jeder Mensch zunächst hat, was aber gewöhnlich nicht jeder Mensch ordentlich beobachtet, nämlich das gewöhnliche Bewußtsein in dieser Welt hier, dasjenige Bewußtsein, welches beim Menschen innerlich zusammengefaßt wird da- durch, daß der Mensch sein Ich gewahr wird; gewahr wird, daß er ein für sich bestehendes, von den anderen Gegenständen und Wesen um ihn herum wissendes Wesen ist.
Dieses Bewußtsein ist nun das Element unseres Lebens, das wir, der okkulten Beobachtung gegenüber, uns ganz besonders genau ansehen müssen. Denn man darf wohl sagen, dieses Bewußtsein, oder man könnte auch sagen, dieses Ich-Bewußtsein des Menschen ist für den Okkultisten dasjenige Lebenselement, welches beim Übergehen in die übersinnlichen Welten am meisten droht verloren zu gehen und auf welches der Mensch, der in diese übersinnlichen Welten eindringen will, auch ganz besonders achtgeben muß. Die besondere Achtsamkeit auf das gewöhnliche, alltägliche Bewußtsein, sagen wir auf das Erdenbewußtsein - hier komme ich schon wieder auf einen gewissen Widerspruch, aber die Notwendigkeit, Widersprüche hinzunehmen, wurde ja schon betont -, ist deshalb beim okkulten Wege so notwendig, weil der Verlust dieses Bewußtseins, das Aufgeben und Überwinden dieses Bewußtseins ebenso notwendig wie gefährlich ist. Also, sowohl eine Gefahr liegt hier vor, wie eine Notwendigkeit.
Wenn Sie sich nun ein wenig überlegen, wie es mit diesem Ich-Bewußtsein beschaffen ist, dann werden Sie sich sagen müssen: Dieses Bewußtsein ist ja eigentlich dasjenige, wodurch Sie seelisch in sich selber sind, wodurch Sie sich in sich selber seelisch abschließen. Wenn Sie Ihre Sinne nicht gebrauchen, so haben Sie noch immer, zunächst in
nicht schlafendem Zustande, die Möglichkeit, mit sich selber zu sein in Ihrem Bewußtsein. In die Finsternis hinuntergetaucht wird dieses Bewußtsein erst, wenn der Mensch in Schlaf versinkt.
Nun werden Sie nicht viel nachzudenken brauchen, um sich zu sagen: Dasjenige, was der Mensch gewohnt ist, das Göttliche oder den einheitlichen Grund der Welt zu nennen, darf zunächst in dieses Bewußtsein, das der Mensch jeden Abend beim Einschlafen verliert, nicht eigentlich hineingerechnet werden. Denn der Mensch findet jeden Morgen den Inhalt seines Bewußtseins wieder; es ist alles, was er am Abend beim Einschlafen gehabt hat, geblieben, und er kann sozusagen wiederum den Faden des inneren, seelischen Lebens beim Aufwachen doit aufnehmen, wo er ihn abgeschnitten hat beim Einschlafen. Es ist also alles, vom Einschlafen bis zum Aufwachen, geblieben; nur hat der Mensch von sich selber nichts gewußt, während er geschlafen hat. Der einheitliche göttliche Weltengrund, der alles erhält, muß also auch sein Bewußtsein erhalten haben; er muß also völlig unabhängig sein von des Menschen Schlafzustand, muß gleichsam wachen über die menschliche Natur, wenn der Mensch wacht und auch, wenn er schläft.
Daraus ersehen Sie, daß der Mensch jedenfalls, wenn er in diesem Erdenbewußtsein steht, den göttlichen Weltengrund außerhalb dieses Erdenbewußtseins denken muß. Und dieses Denken des Weltengrundes außerhalb des Erdenbewußtseins macht notwendig, daß der Mensch durch sein eigenes Bewußtsein, also durch dieses Bewußtsein, welches sein Ich in sich schließt, von dem Weltengrunde zunächst überhaupt nichts wissen kann. Dieser Umstand hat selbstverständlich auch immer bewirkt, daß es notwendig war, daß zu dem gewöhnlichen Erdenbewußtsein die Dinge vom Weltengrund nicht durch eine Anstrengung dieses Erdenbewußtseins gekommen sind, sondern durch das, was man Offenbarung nennt. Die Offenbarungen, insbesondere die religiösen Offenbarungen, sind immer dem Menschen gegeben worden aus dem einfachen Grunde, weil er sie innerhalb des eigenen Bewußtseins, insofern dieses Bewußtsein das Erdenbewußtsein ist, nicht finden kann. Daher muß der Mensch, wenn er zu dem Urgrunde ein Verhältnis gewinnen will, sich über das Wesen dieses Urgrundes aufklären lassen, eine Offenbarung empfangen. Das ist ja auch immer geschehen
in der ganzen Entwickelung der Menschheit. Wenn wir in die alten vorchristlichen Zeiten zurückschauen, so haben wir die verschiedenen großen religiösen Lehrer, die zum Beispiel in der Buddhasprache die Bodhisattvas genannt, von den anderen Völkern aber in anderer Weise bezeichnet werden. Diese haben sich sozusagen unter die Menschen hineingestellt und ihnen dasjenige mitgeteilt, was sie durch ihr Erdenbewußtsein nicht haben erringen können.
Woher, so können Sie nun fragen, haben diese religiösen Lehrer ein Wissen von den Dingen gehabt, die hinter dem menschlichen Bewußtsein liegen? Sie wissen ja aus den mancherlei Vorträgen und theosophischen Mitteilungen, daß es eine Initiation gegeben hat, die sogenannte Einweihung, und daß alle die großen Religionslehrer zuletzt sich selber haben einweihen lassen müssen, das heißt, zuletzt haben aufsteigen müssen zu einem gewissen okkulten Weg, oder daß sie sich haben belehren lassen müssen von anderen Initiierten, welche zu dem okkulten Wege aufgestiegen waren, also von solchen, welche nicht mit ihrem Erdenbewußtsein das Göttliche ergriffen haben, sondern mit dem Bewußtsein, das sich außerhalb des Erdenbewußtseins gestellt hat.
Daher kommen die alten Religionen. Alle Mitteilungen und Offenbarungen, die die Völker in vorchristlichen Zeiten erhalten haben von großen Menschheitslehrern, führen zuletzt zurück auf solche Stifter der großen Religionen, welche Initiierte, welche Eingeweihte waren, welche das, was sie der Menschheit mitteilten, in überphysischen Zuständen erfahren hatten.
Und daher blieben auch die Verhältnisse des religiösen Menschen zu seinem Gotte immer so, daß sich der Mensch seinen Gott als ein Wesen außerhalb seiner Welt vorstellte, als ein jenseitiges Wesen, von dem ihm eine Offenbarung nur durch besondere Mittel zukommen kann.
Wenn der Mensch sich nicht selber zur Initiation erhebt, so muß dieses religiöse Verhältnis auch ein solches bleiben, daß der Mensch sich hier auf der Erde stehend empfindet, so empfindet, daß er mit seinem Bewußtsein die Gegenstände der Erde überschaut, und durch die Religionsstifter etwas über die Dinge erfährt, welche außerhalb der Sinneswelt und außerhalb der Welt des Verstandes, überhaupt außerhalb der Welt des menschlichen Bewußtseins zunächst liegen. So war es mit
allen Religionen, und in gewisser Beziehung ist es auch mit den Religionen bis auf den heutigen Tag so geblieben.
Wir wissen, daß der Buddhismus zum Beispiel zurückzuführen ist auf den großen Religionsstifter Buddha. Aber es wird auch immer betont, wenn von der Stiftung des Buddhismu~ durch den Buddha die Rede ist, daß der Buddha die Einweihung, das höhere Schauen erlangt hat bei seinem Sitzen unter dem Bodhibaume, was nur ein besonderer Ausdruck dafür ist, daß er im neunundzwanzigsten Jahre seines Lebens fähig geworden war, in die geistige Welt hineinzuschauen und das zu offenbaren, was er in der geistigen Welt erfahren hat.
Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, was geoffenbart wird. Das, was geoffenbart wird, richtet sich nach dem, was empfangen werden kann. Nehmen wir zum Beispiel das alte Griechentum: Insofern es seine religiösen Vorstellungen durch den Pythagoreismus hatte, so haben wir wieder das Bewußtsein, daß Pythagoras eine Einweihung durchgemacht hat und dadurch heruntertragen konnte aus den geistigen Welten, was er mit Rücksicht auf die Menschen, die da waren, einzuverleiben hatte dem menschlichen Bewußtsein.
Damit ist das Verhältnis des religiösen Menschen zur geistigen Welt gekennzeichnet, und es ist dieses Verhältnis ein solches, daß es nicht anders gedacht werden kann als ein Gegenüberstehen von Mensch und göttlicher Welt. Ob nun in dieser göttlichen Welt ein Pluralismus, eine Vielheit von Wesenheiten gesehen wird oder eine Einheit, ob Polytheismus oder Monotheismus gelehrt wird, das braucht uns bei dieser Frage weniger zu berühren. Das Wichtigste ist, daß der Mensch sich als Mensch gegenübergestellt findet der göttlichen Welt, die ihm geoffenbart werden muß.
Dieses ist auch der Grund, warum die Theologie so sehr darauf hält, daß eigenes menschliches Wissen nicht einfließen soll in die religiösen Vorstellungen. Denn sobald eigenes menschliches Wissen in die religiösen Vorstellungen einfließt, ist es ein Wissen, das durch den Menschen in überphysischen Zuständen errungen sein muß durch ein Hinaufwachsen in die geistigen Welten. Es ist eine Art Eindringen in die Gebiete, die die Theologie, nicht die Religion als solche, durchaus ausschließen will von dem Einflusse auf die religiösen Vorstellungen
der Menschheit. Daher wird auch von den Theologen so sorgfältig gelehrt, daß es zwei Abwege gebe, welche die Theologie zu vermeiden habe. Der eine Abweg sei der, wenn die Theologie ausartet in Theosophie, weil dadurch der Mensch gleichsam hinaufwachsen will zu seinem Gott, dem er aber nur als Mensch gegenüberstehen soll. Daß die Theologie nicht ausarten dürfe in Theosophie, wird ja überall von den Theologen gelehrt.
Die zweite Entartung, sagen die Theologen, sei die Mystik, wenn sie auch manchmal selber kleine Ausflüge machen in theosophisches oder mystisches Gebiet. So trennen wir recht gut alle bloß religiösen Menschen wieder von den Mystikern, denn der Mystiker ist etwas anderes als der bloß religiöse Mensch. Der religiöse Mensch ist dadurch charakterisiert, daß er hier auf der Erde steht und ein Verhältnis zu seinem außer seinem Bewußtsein liegenden Gotte bekommt.
Nun haben wir gesehen, daß im menschlichen Seelenleben noch andere Dinge vorhanden sind. Wir haben gesehen, daß außer dem, was wir heute berührten, im menschlichen Seelenleben das Gedankenleben liegt, das Leben, das sich des Gehirns als Instrument bedient. Indem der Mensch sein gewöhnliches Bewußtsein hat, hat er natürlich auch sein Gehirn, und er hat auch seine Gedankenwelt. Das spielt alles in- einander. Das eine ist nicht ohne das andere da. Daher spielen in das, was wir nennen können das menschliche Bewußtsein, die Gedanken, die Erlebnisse hinein, die Sie haben, wenn Sie sich des Instrumentes des Gehirnes bedienen.
Die Religionen werden daher immer durchsetzt sein mit Gedanken, die sich des Instrumentes des Gehirnes bedienen, denn man kann, wenn man ein Offenbarer, ein Religionsstifter ist, so sprechen, daß man die göttlichen Offenbarungen in solche Formen kleidet, daß die Menschen sie verstehen, wenn sie sich des Instrumentes des Gehirnes bedienen. So kann Religion also gekleidet werden in Vorstellungen des Gehirns. Aber außerdem kann sie auch in solche Vorstellungen gekleidet werden, welche sich des Instrumentes des Herzens bedienen, so daß die Religion entweder mehr zu dem Gehirn oder mehr zu dem Herzen sprechen kann. Wenn wir daher die verschiedenen Religionen miteinander vergleichen, so finden wir, daß die einen mehr sprechen
zum Verstande, zu den Erlebnissen des Menschen, die an das Gehirn gebunden sind, die anderen mehr sprechen zu den Vorstellungen und Empfindungen des Herzens und zum Gemütsleben.
Dieser Unterschied kann durchaus in den einzelnen Religionen beobachtet werden. Aber das alle Religionen Charakterisierende liegt darinnen, daß der Mensch sein Ich-Bewußtsein aufrechterhält, daß der Mensch als Mensch bewußt bleibt. Da wirkt hier auf der Erde das IchBewußtsein und wirkt von außen her das, was wesenhaft der göttlichübersinnlichen Welt angehört.
Wenn nun der Mensch Mystiker wird, so geht es bei der Entwickelung des Mystikers in der Tat zunächst am radikalsten los auf alles das, was mit dem gewöhnlichen Erdenbewußtsein verbunden ist. Worauf gerade die Religion als solche sorgfältig hält, solange sie Religion bleibt, nämlich, daß der Mensch als Mensch sich auf sich selbst gestellt findet, daß er sein völliges Erdenbewußtsein entgegenstellt der göttlichen Welt, das durchbricht die Mystik. Alle Mystiker, die vorchristiichen und die nachchristlichen, waren immer bemüht, dieses menschliche Bewußtsein zu durchbrechen. Sie waren immer bemüht, den Gang hinauf zu tun in die übersinnlichen Welten, das heißt, aus dem gewöhnlichen menschlichen Erdenbewußtsein herauszukommen, es zu überwinden. Das ist das Charakteristische der Mystik: die Überwindung des gewöhnlichen Bewußtseins, das Hineinleben in einen Zustand, wo Selbstvergessenheit auftritt. Und wenn die Mystiker weit genug kommen, so soll diese Selbstvergessenheit bis zur Selbstvernichtung, bis zur Selbstauslöschung gehen. Die eigentlichen mystischen Zustände, die Entzückungen, die Ekstase gehen darauf hinaus, auszulöschen dasjenige, was der Mensch die Begrenztheit seines Erdenbewußtseins nennt, um dadurch in das höhere hineinzuwachsen.
Man gelangt, weil sie in so vielen Formen auftritt, weil es so vieler!ei Mystiken gibt, nur schwer zu einer Vorstellung über das Wesen der Mystik, wenn man nicht an einzelne Beispiele anknüpft. Deshalb ist es ganz gut, auch hier an einzelne solche Beispiele anzuknüpfen.
Denken wir einmal, daß der Mystiker, nach dem, was wir jetzt gesagt haben, zunächst sich berufen fühlt, sein gewöhnliches Ich-Bewußtsein zu unterdrücken, auszuschalten und so Über sich hinauszukommen.
Dabei bleibt ihm ja> das können Sie sich leicht denken, das, was sonst der Mensch als seine Seelenerlebnisse hat, wenn er sich des Gehirns und des Herzens bedient. Der Mystiker will das Bewußtsein ausschalten, aber er schaltet damit nicht aus die Erlebnisse durch das Gehirn und durch das Herz. Damit haben Sie schon alle möglichen Schattierungen von Mystikern. Machen wir uns einmal klar, welche Schattierungen möglich sind. Damit wir uns dieselben deutlich machen, schreiben wir sie hier übersichtlich nieder:
Gehirnerlebnisse
Herzenserlebnisse
Bewußtseinserlebnisse.
Ein Mystiker kann also Gehirnerlebnisse und Herzenserlebnisse haben. Das Bewußtsein aber wird von ihm ausgelöscht. Dann erscheint uns der Mystiker so, daß wir sagen können, er geht in der Ekstase aus sich heraus; aber die Gedanken und Empfindungen sind solche, daß wir er
kennen, er hat noch nicht ausgeschaltet das, was durch das Instrument des Gehirns und des Herzens gedacht und empfunden wird. Solche Mystiker, welche Herz- und Gehirnerlebnisse haben, finden wir eigentlich so recht nur, wenn wir ziemlich weit in der Geschichte zu- rückgehen, und zwar finden wir sie dann bei solchen Mystikern, welche, nachdem das Christentum begründet war, mit Hilfe der griechisch-platonischen Philosophie versuchten, zu dem göttlichen Selbst mystisch aufzusteigen. Das sind zum Beispiel die Neuplatoniker Jamblichos und Plotinos. Dazu gehöit auch der Mystiker Scotus Erigena. Und man könnte, wenn man die Schattierung nicht streng einhält, sondern einen Mystiker dazunimmt, bei dem die Gehirnerlebnisse überwiegen und die Herzenserlebnisse geringer sind, in die Reihe dieser Mystiker auch den Meister Eckhart rechnen. Das wäre sozusagen die Klasse A, die Mystiker mit Herz und Gehirnerlebnissen.
A. Herzenserlebnisse Neuplatoniker, Scotus Erigena,
Gehirnerlebnisse Meister Eckhart.
Eine zweite Art von Mystikern wären diejenigen, welche nicht nur ihr Bewußtsein, sondern zu ihrem Bewußtsein hinzu noch ihre Gehirnerlebnisse
ausschließen und nur diejenigen Vorstellungen behalten, welche man hat, wenn man nur das Instrument des Herzens gebraucht. Solche Mystiker treten uns in der Regel schon so entgegen, daß sie alles das nicht lieben, was gedacht ist. Die Gedanken wollen sie auch noch ausschließen zu dem Bewußtsein hinzu. Nur was durch das Instrument des Herzens errungen werden kann, ist ihnen eigentlich zur menschlichen Entwickelung persönlich allein brauchbar. Also es wären Mystiker, welche ausschließen die Gehirnerlebnisse und die Bewußtseinserlebnisse, und die das menschliche Bewußtsein dadurch zu überwinden versuchen, daß sie ekstatisch herausgehen aus diesem Bewußtsein, aber einen Zusammenhang mit dem Menschen sich noch dadurch erhalten, daß sie in den Herzenserlebnissen ihr Verhältnis zu der Umwelt begründen.
Wenn Sie sich nun einen solchen Mystiker konkret vorstellen, dann können Sie etwa sagen: Wird er ein Ekstatiker sein, so wird er außer sich kommen wollen und wird solche Zustände, wo er ganz von sich frei wird, lieben; aber er wird zugleich, wenn Sie ihm dasjenige, wozu man sich des Gehirns bedienen muß, überliefern wollen, sich diesem gegenüber ablehnend verhalten. Ob Sie ihm etwas über die höheren Welten oder über die äußere Natur mitteilen, das wird ihm schließlich gleichgültig sein. Er wird immer sagen: Das braucht man alles nicht zu wissen; man kann, wenn man nur ein Verhältnis begründet zur Umwelt mit dem Instrumente des Herzens, allen Menschheitsdienst ganz gut besorgen. - Solche Mystiker, welche eigentlich von allen menschlichen Seelenerlebnissen nur noch die Herzenserlebnisse sprechen lassen, werden nicht leicht den besonders komplizierten Vorstellungen zugänglich sein, die durch den Okkultismus gewonnen werden; denn dazu ist immer ein bißchen Denken wenigstens notwendig.
So antwortete zum Beispiel ein Mystiker, als man ihn fragte, ob er sich nicht eines Psalmbuches bedienen wolle, weil er nichts von heiligen Schriften las: Jemand, der sich erst eines Psalmbuches bedient, wird bald noch ein größeres Buch haben wollen, und man kann gar nicht absehen, was er dann noch haben will, wenn er anfängt, etwas wissen zu wollen von dem, was sich in Gedanken kleidet. - Auch über die äußere Natur hat sich dieser Mystiker keine äußerlichen Gedanken
machen wollen; er sagte: Der Mensch kann doch nichts wissen, was er nicht schon weiß. - So hat er alles Wissen abgelehnt. Das wäre ein Mystiker mit bloßen Herzenserlebnissen, also zur Kategorie B gehörig.
Nun tritt bei einem solchen Mystiker in hohem Grade eine Art Ersparnis gegenüber seinen Seelenkräften auf, weil er sich ja des Verstandes, der Gedanken kraft gar nicht bedient. Das Bewußtsein schließt er auch aus. Wenn er also in besonderen ekstatischen Zuständen mit Ausschluß des menschlichen Erdenbewußtseins ist, so wird ein solcher Mystiker, weil er das, was man mit den Augen sieht, mit den Ohren hört, kurz, mit den Sinnen wahrnimmt, um sich herum hat und es nicht begreifen will, weil er nicht für notwendig hält, es zu begreifen, viele Kräfte übrig behalten, um in der Natur, die uns umgibt, zu fühlen.
Wir können uns gegenüber der Theologie als Mystiker schützen in der Weise, wie der Mystiker es getan hat, von dem wir sprechen. Die Natur umgibt also alle Mystiker; ein Mystiker würde aber auch die Wissenschaft über die Natur ablehnen. Dadurch spart er die Kräfte, die er gebrauchen würde, um über die Natur nachzudenken. Er wird also nicht Naturwissenschaft studieren. Aber weil er sich der Kräfte des Herzens bedient, werden diese sich stärker entwickeln können. Er wird in höherem Maße als ein Mensch, der seine Kräfte für den Verstand und für sein Selbstbewußtsein verbraucht, fühlen und empfinden durch das Instrument seines Herzens, was alles die Wesen der Natur rings um ihn herum zu ihm sagen können. Daher können wir gerade bei einem solchen Mystiker das ausgesprochenste, das konkreteste Naturgefühl voraussetzen. Ein solcher hat einmal ein derartiges Naturgefühl in folgende Worte gekleidet, die ich Ihnen mitteilen will, damit Sie sehen, wie das Leben Naturgefühl wird bei einem solchen Mystiker:
Höchster, allmächtiger und gütiger Herr!
Dein sei Preis, Herrlichkeit, Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein gebühren sie;
kein Mensch ist wert, Dich zu nennen.
Gepriesen sei Gott, der Herr und alle Geschöpfe, vor allem unser edler Bruder, die Sonne,
die den Tag bewirkt und uns leuchtet mit ihrem Lichte.
Sie ist schön und strahlend in ihrem großen Glanze; von Dir, o Herr, ist sie das Sinnbild.
Gepriesen sei Gott, der Herr,
um unsrer Schwester willen, des Mondes, und auch um aller Sterne willen; die er am Himmel gestaltet hat und erscheinen läßt in Schönheit und Helle.
Gepriesen sei Gott, der Herr, um unsrer Brüder willen, um des Windes, der Luft und der Wolken willen, um der heiteren und aller Zeiten willen, durch die er alle Geschöpfe erhalten will.
Gepriesen sei Gott, der Herr, um unsrer Schwester willen, des Wassers, das so nützlich ist und demütig und auch köstlich und keusch.
Gepriesen sei Gott, der Herr, um unsres Bruders willen, des Feuers, durch das er uns die Nacht erhellt, und das so schön und fröhlich und so stark und mächtig ist.
Gepriesen sei Gott, der Herr, um unsrer Mutter willen, der Erde; durch die wir Nahrung und Kraft erhalten und vielerlei Frucht auch
und aller Blumen und Kräuter Farbenfülle.
Sie sehen, hier ist alles aus dem Selbstbewußtsein hinausgekommen, und man kann deshalb sagen, trunkene Gefühlskraft des Herzens ist es, durchzogen von dem, was nicht das Auge, nicht die Sinne wahrnehmen können - denn der Betreffende ist ein Mystiker -, sondern was die Seele fühlt, wenn es für sie nicht zu einem Teile des Erlebens wird> aufzugehen in dem Göttlichen der Natur. Wenn das beim Menschen
aber ein Teil wird, dann kann er jenes Naturgefühl haben, von dem Goethe im «Faust» so schön sagt:
Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles, Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst Dein Angesicht im Feuer zugewendet. Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich, Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur, Vergönnest mir, in ihre tiefe Brust Wie in den Busen eines Freunds zu schauen. Du führst die Reihe der Lebendigen Vor mir vorbei und lehrst mich meine Brüder Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen...
Da haben Sie einen Anklang an ein solches Gefühl, von dem eben das Geheimnis gelöst worden ist. Und wenn wir den Faust betrachten, so wird das zu einem Teile von seinem Seelenleben. Hier haben Sie aber auch den Mystiker, bei dem diese eine Seite, dieses eine Element des menschlichen Erlebens alles uööbrige überstrahlt, und der sich der Natur so gegenüberstellt, daß ihm die Sonne zum Bruder, der Mond zur Schwester, das Wasser zur Schwester, das Feuer zum Bruder, die Erde zur Mutter wird, daß er ihr Geistiges in dieser Weise fühlt. Da haben Sie das Heraustreten aus dem gewöhnlichen menschlichen Bewußtsein und zugleich das Erhalten aller derjenigen Seelenerlebnisse, welche durch das Instrument des Herzens erlebt werden können. Es ist das der Mystiker, den Sie alle kennen: Franz von Assisi.
In ihm haben wir ein ganz besonderes Beispiel eines Mystikers, der wirklich sich so verhalten hat, daß er alle Theologie als äußeres Wissen und auch alles Wissen von übersinnlichen Dingen für die Inkarnation, in der damals Franz von Assisi gelebt hat, ablehnte. Das, was bei
ihm daher so groß und gewaltig herauskommt, ist das Zusammenfließen mit dem Geiste der Natur. Nur ist es nicht so wie ein pantheisti
sches Geistiges, das immer etwas von einem feineren Gefühl, von Affektation hat; nicht so, daß er von einem allgemeinen Geiste in der Natur schwärmt und singt, sondern von den konkreten Empfindun
gen kindlicher, brüderlicher, schwesterlicher Art, die seine Seele durchziehen, wenn er den Wesenheiten der Natur gegenübersteht.
B. Herzenserlebnisse Franz von Assisi.
Menschen, welche die Ekstase, das heißt den Verlust ihres Selbstbewußtseins oder die Verdunkelung ihres Selbstbewußtseins suchen und
für gewisse Zustände diejenigen Seelenerlebnisse ausschließen, die sich des Instrumentes des Herzens bedienen, dafür aber zurückbehalten die Gedanken, die Gehirnerlebnisse, die bezeichnet man in der gewöhnlichen Sprache oftmals nicht als Mystiker, weil man von einem Mystiker gewöhnlich verlangt, daß seine Erlebnisse der Dinge von Gefühlen durchdrungen sind. Sie können sich auch leicht denken, war- um man das tut. Denken Sie sich einen Menschen, der alles persönliche Selbstbewußtsein herausgedrängt hat aus seinen Seelenerlebnissen. Dann ist es bei diesem Menschen eben so, daß gerade das bei ihm nicht vorhanden ist, was die meisten Menschen an den anderen Menschen interessant finden, nämlich die Persönlichkeit. Die Menschen interessieren sich ja füreinander wegen ihrer Persönlichkeit.
Nun hat das, was wir Herzenserlebnisse nennen, noch so viel per- sönlichen Anstrich, wenn es uns so entgege,ntritt wie bei Franz von Assisi, noch so viel zwingende Gewalt über das Allgemein-Menschliche, daß uns das Bewußtsein wach bleibt, so daß man bei ihm noch mit dem Interesse mitgeht, nicht so gern aber mit dem Willen. Das ist auch für das gewöhnliche Leben in der Ordnung, besonders in der Gegenwart, denn es können nicht alle in der Gegenwart so werden wie Franz von Assisi. Das Allgemeine des Herzens, das, was von ihm bewußt werden kann, überwältigt doch die Menschen, wenn auch das Persönliche abgestumpft ist. Dieses Zurückdrängen und Auslöschen des Bewußtseins, diese Abgestumpftheit bei einem solchen Mystiker wie Franz von Assisi führt bei ihm auf der einen Seite, wie Sie wissen, einen Radikalismus herbei, und auf der anderen Seite hält es die Menschen ab, wenn sie sich auch für ihn interessieren, es ihm nachzumachen. Die Menschen wollen gewöhnlich nicht aus ihrem Bewußtsein heraus, weil sie fühlen, daß sie den Boden unter ihren Füßen verlieren, wenn sie aus ihrem Bewußtsein herauskommen.
Aber nun denken Sie sich, wenn es einen Mystiker geben könnte, der nun gar ausschlösse alles persönliche Bewußtsein und außerdem die Herzenserlebnisse. Der würde den Menschen etwas geben, was nur reine Gedanken sind, Gedanken, Vorstellungen, die sich nur des In- strumentes des Gehirns bedienen. Der Mensch wird in der Regel nicht in der Lage sein, in einem solchen Zustande zu leben. Ein Franz von Assisi kann man in ausgiebigem Maße sein, weil dasjenige, was als Herzenserlebnisse erlebt wird, wirklich anwendbar ist in allgemein- menschlicher Weise. Jemand, der nun zu seinem Bewußtsein, zu seinem persönlichen Ich-Bewußtsein auch noch die Herzenserlebnisse unterdrückt und bloß in Gedanken lebt, nur das in Gedanken ausprägt, was an das menschliche Gehirn gebunden ist, der wird erst notwendig haben, in bestimmten, man möchte sagen, feierlichen Augenblicken seines Lebens sich dieser Beschäftigung hinzugeben. Denn das Leben ruft immer wieder zum Persönlichen auf der Erde zurück; und jemand, der nur in Gedanken leben würde, der sich nur des Gehirns bedienen würde, könnte gar keine Erdenbeschäftigung verrichten. Daher kann es nur für kurze Zeit sein, nur für die Augenblicke, wo man sich ausschließlich des Gehirns bedienen kann. Aber für die anderen Mensc`hen wird es schon mit einem solchen Menschen so sein, daß sie sich nicht einmal einen Augenblick mit ihm beschäftigen, sondern überhaupt von ihm weglaufen. Das, was die Menschen am meisten interessiert, sind die persönlichen Erlebnisse. Die unterdrückt er aber. Das Überwältigende der Herzenserlebnisse gibt er auch auf. Und so laufen denn die Menschen in Scharen davon, das heißt, sie haben überhaupt keine Lust, an ihn heranzutreten.
Ein solcher Mystiker ist der Philosoph Hegel, von dem ich auch schon zu Ihnen gesprochen habe. Das, was er gibt, soll ganz absichtlich allen persönlichen, bewußten Standpunkt und auch alle Herzenserlebnisse ausschließen. Es soll bloße Gedankenkontemplation sein, so daß wir als Beispiel eines Mystikers mit bloßen Hirnerlebnissen im eminentesten Sinne Hegel zu nennen haben. Ein solcher Mensch führt uns sozusagen in die reinsten Ätherhöhen des Gedankens hinauf. Denn während der Mensch im gewöhnlichen Leben nur Gedanken hat, die im persönlichen Interesse, im Selbstbewußtsein wurzeln und von ihnen
durchzogen und durchdrungen sind, muß gerade das bei einem solchen philosophischen Mystiker ausgeschlossen werden. Und auch dasjenige, was das Geistige begehrenswert macht dadurch, daß es hineinspielt in Herzenserlebnisse, schließt solch ein Mystiker aus. Er widmet sich in majestätischer Resignation dem Ablauf der bloßen Hirnerlebnisse. Er hat daher von alledem, was das menschliche Herz erleben kann, nur die Gedanken.
Das ist es, was die meisten an Hegel so besonders ärgert, daß er nichts hat, was an die Herzenserlebnisse erinnert, sondern alle Dinge nur in Gedankenbildern bringt. Kalt und öde fühlen sich die meisten Menschen, wenn sie das, was sie im Herzen lieben, bei Hegel bis zur Kälte des Gedankens auskristallisiert finden. Und das, worin die Persönlichkeit wurzelt, wodurch der Mensch im Erdenleben feststeht, das Selbstbewußtsein, das Ich-Bewußtsein, Hegel hat es überhaupt nur als Gedanke. Hegel widmet selbstverständlich dem Ich auch seine Aufmerksamkeit, weil es der Gedanke eines besonders wichtigen Erlebens ist, des Ich-Erlebens. Das tut er. Aber es bleibt ein Gedankenbild, und Hegel ist nicht durchdrungen von der Lebendigkeit und Unmittelbarkeit der menschlichen Persönlichkeit, die im Selbstbewußtsein wurzeln.
C. Gehirnerlebnisse Hegel.
Sodann haben wir noch eine andere Möglichkeit eines Mystikers. Das wäre der Mystiker, der nun ausschließen würde alle drei Dinge: das Erdenbewußtsein, die Herzenserlebnisse und die Gehirnerlebnisse. So also hätten wir den Mystiker D, der alle menschlichen Erdenerlebnisse der Seele von sich ausschließen würde. Sie können sich vorstellen, daß das außerordentlich schwierig ist. Es ist das etwas, was ja beim Okkultis;ten - und wir werden davon eindringlich sprechen in den nächsten Tagen - selbstverständlich ist, daß er sich in Zustände erhebt, wo alles ausgeschlossen ist, was sich an das Instrument des Gehirns und auch an das Instrument des Herzens gebunden findet, soweit sie aus Erdenkräften sind und soweit sie sich des Bewußtseins bedienen. Das ist beim praktischen Okkultisten, der in die höheren Welten hinaufsteigt, etwas Selbstverständliches. Aber da fängt der praktische Okkultist an, in der übersinnlichen Welt zu leben und zu erfahren; und während er alles
ausgelöscht hat, was ihn in Zusammenhang bringt mit der den Erden- menschen umgebenden Welt, hat er die höhere Welt um sich. Er tritt also aus etwas heraus und in etwas anderes hinein. Der Mystiker aber, der alle diese drei Erlebnisse ausschließt, die sich der Erdeninstrumente bedienen, wird in nichts hineintreten, was in sein Bewußtsein hinein- fallen kann. Er tritt natürlich nicht in das Nichts hinein, denn außer unserem Bewußtsein ist ja die göttlich-geistige übersinnliche Welt da. Aber er tritt auch nicht so hinein wie der Okkultist, dem dann aufgeht das unaussprechliche Wort, das übersinnliche Licht, sondern er unterdrückt sein Bewußtsein, er unterdrückt alle Kräfte, die in ihm sind, und fühlt zuletzt nur noch, wie er nach Unterdrückung aller dieser menschlichen Erlebnisse mit etwas vereinigt wird und dann darinnen ist.
Dann beginnt etwas, was tatsächlich auf ihn wirkt wie die Auslöschung des Bewußtseins, wie die Auslöschung aller Erdenerlebnisse, wie die Vermählung mit etwas, das gefühlt und empfunden wird, das in Trunkenheit aufgenommen wird, mit dem man sich vereinigt in Entzückung und Ekstase, von dem aber eine Mitteilung nicht zu machen ist, weil es nicht in einer besonderen Weise, nicht in konkreten Erlebnissen erlebt wird.
Wir werden, wenn wir später vom Okkultismus sprechen, sehen, daß es verhängnisvoll sein würde, wenn der Mensch alle drei Arten von Erlebnissen, nämlich Gehirn-, Herz- und Bewußtseinserlebnisse zugleich mit der Wurzel aus sich herauslöste. Dann würde er ein Mystiker werden, welcher nach der sogenannten Vereinigung [mit dem Göttlichen], in der Entzückung, eben bloß einem schlafenden Menschen gleichkäme, der sich im Schlafe mit dem Göttlichen vereinigt, aber nichts davon weiß, nicht einmal ein Gefühl davon hat, daß er mit dem Göttlichen vereinigt ist. Will sich der Mystiker wenigstens eine lebendige Empfindung und ein Gefühl von der Vereinigung mit dem Göttlichen erhalten, so muß er nacheinander diese einzelnen persönlichen Erlebnisse tilgen.
Da kommen wir zu einem Beispiele eines Mystikers, der uns das zeigen kann, zu einer Persönlichkeit, die tatsächlich diesen Weg eingeschlagen und gewissermaßen auch zur Nachahmung in ihren Betrachtungen
empfohlen hat; eine Persönlichkeit, die zuerst mit aller Kraft danach strebte, das persönliche Selbstbewußtsein zu überwinden, das unterdrückt und ausgelöscht werden sollte. Dabei blieben also noch tätig die Herz- und Gemütskräfte und der Verstand. Das nächste, was dann überwunden wurde von der Persönlichkeit, waren die Verstandeskräfte und das letzte die Herzkräfte. Daß die Herzkräfte die letzten geblieben sind, das macht es, daß das Hineinschreiten in die Welt, die außerhalb des Bewußtseins liegt, ganz besonders kräftig und intensiv empfunden wurde. In dieser Reihenfolge wurden also die Dinge überwunden: zuerst das Bewußtsein, dann die Gehirnerlebnisse und zuletzt die Herzenserlebnisse.
Es ist sehr charakteristisch, daß diese Persönlichkeit, die eigentlich in der regulärsten Weise einen solchen mystischen Weg durchgemacht hat, eine Frau ist. Nicht wahr, auf theosophischem Felde kann man bei solchen Dingen nicht mißverstanden werden; die Dinge müssen da objektiv aufgenommen werden. Bei einer Frau ist es nämlich tatsächlich leichter, denn es ist ja, wie wir auch noch aus anderen Dingen kennenlernen werden, die Eigentümlichkeit der Frauennatur, daß es ihr leichter wird, sich selbst, das heißt alle Seelenerlebnisse zu besiegen. Die Frau, die in der geschilderten regulären Weise Mystik erlebt hat, so daß sie nacheinander ausgelöscht und ausgerottet hat aus sich die an die Instrumente des Gehirns und des Herzens gebundenen Seelenerlebnisse und dann die Verbindung mit dem göttlichen Geiste wie eine Vermählung, wie eine Umfassung empfunden hat, ist die heilige Theresia.
D. - die heilige Theresia.
Wenn Sie das Leben der heiligen Theresia verfolgen und es auf der Grundlage solcher Betrachtungen ansehen, wie wir sie heute gepflogen haben über das Verstehen der Mystik im Menschen, dann werden Sie sagen, daß ein solcher Mystiker nur ein außerordentlicher Ausnahmefall sein kann. Das gewöhnliche ist vielmehr, daß die einzelnen Seelenerlebnisse nicht in solcher Reinheit und Stärke überwunden werden wie bei der heiligen Theresia, sondern daß sie nur teilweise überwunden werden und daß irgendein Teil davon nachbleibt.
Dadurch erhalten wir eigentlich wiederum drei Gestalten von Mystikern. Wir erhalten diejenigen Mystiker, die zwar alles überwinden wollen, was in ihnen als Seelenerlebnisse lebt, aber bei denen hauptsächlich solche Erlebnisse zurückbleiben, die an das Gehirn gebunden sind. Solche Mystiker sind in der Regel, man möchte sagen - wenn man das Wort nicht trivial versteht - Naturen, die man ansprechen wird im höchsten Sinne des Wortes als praktische, weise Menschen; als Menschen, die sich gut auskennen im Leben, weil sie sich ihres Gehirns bedienen, und die, weil sie bis zu einem hohen Grade das Persönliche unterdrückt haben, auch dadurch in ihrer unpersönlichen Natur sympathisch anmuten.
Solche Mystiker gibt es dann, wenn die betreffenden Menschen zwar getrachtet haben, alles zu überwinden, wenn es ihnen aber nur wenig gelungen ist, die Herzenserlebnisse zu überwinden. Merken Sie wohl den Unterschied zwischen solchen Mystikern und Mystikern, wie Franz von Assisi einer war, der nicht danach strebte, die Herzenserlebnisse zu überwinden, sondern sie in vollem Umfange behalten hat, daher er sie auch mit voller Gesundheit erhalten hat. Das ist das Majestätisch-Großartige bei Franz von Assisi, daß sich sein Herz ausgebreitet hat über sein ganzes seelisches Wesen. Ich meine also nicht Mystiker von solcher Art, die nicht danach streben, die Herzenserlebnisse zu überwinden. Ich rede vielmehr von solchen, die tatsächlich danach streben, die Herzenserlebnisse zu überwinden, die mit aller Gewalt danach ringen, sie zu unterdrücken, denen es aber nicht gelingt. Bei diesen findet man dann nicht das Außerordentliche der Vermählung mit dem Übersinnlich-Geistigen, das uns bei der heiligen Theresia entgegentrat. Wir finden bei diesen Mystikern, die gestrebt haben, über alles Persönlich-Menschlich-Irdische hinauszukommen und sich doch in hervorragendem Maße erhalten haben die Erlebnisse, die an das Herz gebunden sind, daß sich in ihr Streben etwas hineinmischt, was menschlich recht sehr begrenzt ist. Es wird dann wirklich so sein, daß dieses Vermählen, dieses Umfangenwerden von einem GöttlichGeistigen sehr ähnlich ist den Liebesempfindungen, Liebesinstinkten der menschlichen Natur im gewöhnlichen Leben.
Solche Mystiker, die sozusagen ihren Gott oder ihre göttliche Welt
lieben, wie man irgend etwas Menschliches liebt, finden Sie genug, wenn Sie die Heiligengeschichte, die Geschichte der Mönche und Nonnen einmal durchblättern. Da werden Sie sehen, wie viele von diesen heiligen Mystikern in einer ganz menschlichen Inbrunst, man möchte sagen, mit menschlicher Liebe verliebt sind in die Madonna, die ihnen geradezu ein Ersatz für ein menschliches Weib wird. Oder wie Nonnen in ihren Christus-Bräutigam verliebt sind mit all den Gefühlen irdisch-menschlicher Liebe. Das ist ein Kapitel, das psychologisch sehr interessant ist, wenn es auch nicht immer sympathisch berührt; das ist ein Kapitel der kirchlich-religiösen Mystiker, die das vorhin Geschilderte anstreben, es aber nicht erreichen können, weil die menschliche Natur sie zurückhält.
Dann kommen wir zu einer Art von Mystikern, die ähnlich sind wie die heilige Hildegard, die recht schöne Anlagen haben, aber daneben auch etwas von gewöhnlichem irdischem Trieb, was sich dann in ihr mystisches Erleben, in ihre mystischen Empfindungen hineinmischt. Sie kommen schon in ein Erleben, das dem erotischen Erleben sehr ähnlich ist, in die mystische Erotik hinein, die Sie aus der Geschichte der Mystiker ersehen können, wenn diese in ihren Herzensergießungen von ihrer Seelenbraut, von ihrer brünstigen Liebe zu dem Bräutigam Jesus oder dergleichen sprechen.
Am leichtesten erträglich werden solche mystischen Persönlichkeiten noch dann, wenn sie sich einen guten Rest von gewöhnlichem menscMichem Bewußtsein dazu bewahrt haben, wenn sie sozusagen mit ihrem Menschlich-Persönlichen immer etwas über ihrem mystischen Erleben darüberstehen können, wenn etwas Humor und Ironie in ihr Bewußtsein hineinkommt, wenn sie sich betrachten und sehen, daß sie nicht überwunden haben, sondern daß noch etwas Menschliches in ihnen ist. Da bekommt die Sache einen persönlichen Anstrich und wird nicht so unsympathisch, weil sie einen bestimmten Zug nicht hat bei der angestrebten, aber nicht erreichten Überwindung aller Herzenserlebnisse. Das Unsympathische ist nämlich gerade, daß der Mensch strebt, etwas zu erreichen, es aber nicht erreichen kann und zurückgehalten wird gerade durch das, was er selbst am meisten überwinden möchte. Dadurch erhält das ganze dann einen gewissen unsympathischen
Zug, den man wie eine Scheinheiligkeit, wie eine Heuchelei empfindet, weil wie auf einem Umweg durch Askese die Nichtübeiwindung dessen ersetzt werden soll, was sich in den gewöhnlichen menschlichen Trieben auslebt. Dagegen, wenn dieser Zug von Ironie und Humor dabei ist, wo der Betreffende dann auch wieder Momente hat, in denen er sich seines gewöhnlichen menschlichen Bewußtseins bedient und sich selber anschaut, wenn er seine mystischen Momente abwechseln läßt mit solchen, wo er sich von dem gewöhnlichen menschlichen Standpunkte aus die Wahrheit sagt, dann gewinnt das Ganze doch an Sympathie, wie es der Fall ist, wenn wir eine mystische Persönlichkeit verfolgen wie Mechthild von Magdeburg.
Mechthild von Magdeburg zeigt gerade diesen Unterschied gegenüber den ihr ähnlichen Persönlichkeiten, daß sie zwar das BrünstigErotische mit dem Göttlich-Geistigen hat, sich aber auch mit einem gewissen Anstrich von Humor über ihre göttliche Frau Minne oder ihre göttliche Minne überhaupt ausspricht, wie man etwa von menschlicher Liebe spricht. Sie kleidet das nicht in hochtrabende Worte, sondern spricht davon so, daß immer etwas von Ironie dabei ist. Es ist ein Unterschied, wenn wir dagegen etwas lesen von dem, was die heilige Hildegard sagt in ihren Schriften, die ja davon auch nicht ganz frei sind, oder die Niederschriften von selbst sehr hoch geschätzten Mystikern. Das ist der Unterschied gegenüber solchen Persönlichkeiten, die auch noch nicht das menschlich-persönliche Bewußtsein überwunden haben, daß sich Mechthild von Magdeburg brünstig hineinversetzt fühlt bis an die Grenze des Göttlich-Geistigen und wirklich aufrichtig spricht, so daß sie dasjenige, worin noch Herzenserotik ist, nicht benennt mit dem Ausdruck religiöser EntzückUng, sondern spricht von religiöser Liebschaft. Denn das dürfte das gleiche sein, wenn sie spricht von der Frau Minne, mit der sie ihren göttlichen Bräutigam meint.
So haben Sie auch hierin noch allerlei Schattierungen. Das letzte war eine Schattierung, wo starke Herzenserlebnisse vorhanden sind, aber auch noch etwas darin geblieben ist, was man nennen kann das persönliche Bewußtsein. Kurz, Mystik ist eine Sache, die ungeheuer viele Schattierungen hat. Und dabei haben wir noch nicht einmal dasjenige berührt, von dem wir noch zu sprechen haben werden, was
bezeichnet wird als die älteste griechische Mystik, wie Sie sie dargestellt finden in meinem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache». Zu dieser Mystik sind wir mit den heutigen Nuancen noch nicht gedrungen. Aber eines haben die heutigen Nuancen uns lehren können, nämlich daß alle Mystiker das Bestreben haben, hinauszudringen über das gewöhnliche persönliche Ich-Bewußtsein, es auszulöschen, und daß, wenn der Mensch nicht den Boden unter seinen Füßen verlieren will, ein anderes Bewußtsein auftauchen muß. Das ist das Wesen der Mystiker, daß von ihnen - bis an die Grenze des Geistigen gekommen - das Göttlich-Geistige noch empfunden wird wie eine Vermählung, daß aber nicht eingetreten wird in die Welt des GöttlichGeistigen. Abgestreift wird das Bewußtsein, das geschult ist an den äußeren Gegenständen, das immer einen äußeren Gegenstand braucht. Es ist das Bestreben der Mystiker, dieses Bewußtsein abzuwerfen. Der Mystiker will über sich selber hinausgehen. Wenn aber der Mensch bewußt erleben will, was zu erleben ist durch die Erlebnisse des unaussprechlichen Wortes und des ungeoffenbarten Lichtes, so ist es klar, daß er das erleben muß in einem neuen, in einem anderen Bewußtsein. Daher muß der Mystiker, wenn er Okkultist werden will, nicht nur das negative Streben aufgeben, sondern darum besorgt sein, ein anderes, ein höheres Bewußtsein zu entwickeln, nämlich das Bewußtsein ohne einen bewußten Gegenstand.
Morgen werden wir von diesem höheren Bewußtsein, in das der Okkultist eintreten muß, weiter sprechen.
A. Herzenserlebnisse Neuplatoniker, Scotus Erigena,
Gehirnerlebnisse Meister Eckhart
B. Herzenserlebnisse Franz von Assisi
C. Gehirnerlebnisse Hegel
D. - die heilige Theresia.
FÜNFTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 7. Juni 1912
Wir haben gestern die verschiedenen Formen der Mystik, zum Teil wenigstens, an unserer Seele vorüberziehen lassen. Es sollte in dieser gestrigen Betrachtung gezeigt werden, daß der Mystiker ein Mensch ist, insbesondere in der neueren, nachchristlichen Zeit, welcher sich auf den okkUlten Pfad, den okkulten Weg begibt, und zu diesem Zwecke es unternimmt, sein persönliches, sein alltägliches Ich-Bewußtsein zu überwinden.
Wir haben aber an den Beispielen, die wir gestern anführen konnten, gezeigt, wie der Mystiker gewissermaßen seinen Weg, den er also nimmt, doch verfehlen kann. Er kann ihn verfehlen, weil er zwar das gewöhnliche Bewußtsein zu überwinden, ja auszulöschen versucht, dabei aber doch - und das haben wir ja an hervorragenden mystischen Persönlichkeiten gezeigt - in dem Moment, wo anstelle des g~ wöhnlichen Bewußtseins nun ein übersinnliches Erfahren auftauchen sollte, er oftmals in ein Gebiet hineinkommt, das eigentlich alle Erfahrung, alles wirkliche Erleben ausschließt. Daher mußten wir bemerken, wie eine hervorragende mystische Persönlichkeit ihr Ziel so ausdrückt, daß sie es in das Wort Vermählung, Vereinigung kleidet. Zu gleicher Zeit mußten wir charakterisieren diese Vermählung, diese Vereinigung, wie eine Art Sich-selbst-Verlieren, wie ein Sich-Entfremden, wie ein Sich-nicht-mehr-Haben, wie, in einer Art von höherem Schlaf, ein in ein anderes Element Übergegangensein.
In dem letzteren liegt es, daß die Mystik, so wie sie uns zumeist entgegentritt, zwar der Weg ist zum Okkultismus hin, aber nicht erreicht das Bewußtsein ohne einen bewußten Gegenstand. Denn in dem Augenblicke, wo der Mystiker die Gegenstände dieser Welt alle verläßt, wenigstens so weit, wie wir gestern die Mystik besprochen haben, verliert er auch das Bewußtsein selber; da kommt ein anderer Zustand, ein Zustand von Trunkenheit, von Selbstverlorenheit über ihn, so daß er nicht erreicht, was als das dritte Element des okkulten Erlebens bezeichnet werden muß, nämlich das andere Bewußtsein, das
höhere Bewußtsein, das keinen äußeren Gegenstand von all den Gegenständen, die sonst das Bewußtsein hat, besitzt und dennoch ein Bewußtsein ist.
Ich will Ihnen nun heute zeigen, wie der Okkultist es eigentlich zunächst anstellt, daß er aus dem gewöhnlichen Bewußtsein herausspringt, daß er es verläßt und dennoch sich nicht verliert, dennoch noch etwas hat, in dem er lebt. Wenn wir uns die Frage vorlegen: Woher kommt es denn bei einer solchen Mystik, wie wir sie gestern besprochen haben, daß die mystische Persönlichkeit sich selbst verliert? - da müssen wir sagen: Es kommt davon her, daß wir bei den meisten dieser mystischen Persönlichkeiten, wenn wir noch so genau nachforschen, eigentlich einen innerlichen zwingenden Grund, aus sich heraus- zugehen, gar nicht fi~den; ein innerlicher zwingender Grund ist zunaöchst nicht da.
Es würde ein leichtes sein, bei allen Mystikern, die gestern angeführt worden sind, zu zeigen, wie es äußere Gründe waren, die sie sozusagen zum Überspringen ihrer eigenen Persönlichkeit veranlaßt haben. Wir könnten da zeigen, wie gewisse, sagen wir, vererbte hellseherische visionäre Zustände bei Franz von Assisi da waren. Wir könnten bei den verschiedenen weiblichen Mystikern, die wir angeführt haben, zeigen, wie es die Persönlichkeit` - die Persönlichkeit, betone ich ausdrücklich - des Jesus selber ist, der ihnen wie ein Bräutigam erscheint, so daß wir gleich sehen: Wenn nicht die alte christliche Tradition, also ein äußerer Umstand auf diese Mystikerinnen gewirkt hätte, wenn sie nicht von außen angeregt worden wären, so würden sie nicht zu ihrem mystischen Zustande haben kommen können.
Diese äußere Anregung war es namentlich bei all den Mystikern, die wir gestern angefuööhrt haben. Ein innerer zwingender Grund muß es aber sein, der den Menschen dazu bewegt, sich selber zu überspringen. Ein solcher zwingender Grund liegt beim wahren okkultistischen
As Piranten nun auch wirklich vor. Wir können uns ihn in der folgenden Art vorstellen. Nehmen Sie einmal an, der Mensch kommt dazu, über sein Ich, über dieses merkwürdige Glied ('er menschlichen Wesenheit, über diesen Mittelpunkt seines Bewußtseins einmal nachzusinnen. Zunächst merkt ja der Mensch, daß dieses Ich gewissermaßen
das Zusammenhaltende in seinem Leben innerhalb des Erdenzustandes ist. Sie würden, wenn Sie zum Beispiel naturwissenschaftlich Ihr Leben verfolgten, zu der Einsicht kommen, daß Ihr äußerer Leib schon so, wie er substantiell Ihnen entgegentritt, mit Ihrem Bleibenden auf dieser Erde nicht viel zu tun hat; denn die Naturwissenschaft zeigt Ihnen, daß sich das Substantielle des Leibes in sieben bis acht Jahren vollständig erneuert, so daß nicht gerade viele unter uns sein werden, welche annehmen können, daß sie irgend etwas von den Substanzen ihres Leibes, die sie in der Kindheit in sich gehabt haben, heute noch haben; vielmehr werden sich wohl so ziemlich alle hier sagen müssen: Dieser Leib hat sein Substantielles im Laufe des Lebens gründlich verändert, dieser Leib ist gründlich ein anderer geworden. Das Bleibende ist also in der Substantialität des Leibes gewiß nicht zu finden.
Wenn Sie von der äußeren Substantialität des Leibes absehen und versuchen einen Blick zu werfen auf Ihr inneres Erleben, auf Ihr Denken, Fühlen und Wollen, so werden Sie bald bemerken, wie auch das sich im Laufe des Lebens geändert hat. Sie brauchen nur zurückzudenken, wie ganz andere Gedanken, namentlich ganz andere Empfindungen, Gefühle und Willensimpulse es waren, die in Ihrer Jugend in Ihrer Seele gewaltet haben, wenn Sie sie mit denen in einem späteren Alter vergleichen, und Sie werden bemerken, wie sich dieses in- nere Seelenleben eigentlich recht gründlich geändert` hat. Aber nie- mandem von Ihnen wird es einfallen, wenn er, wie man so sagt, bei gesunden Sinnen ist, davon zu sprechen, daß er jetzt ein anderes Ich sei als vor zehn oder zwanzig oder dreißig Jahren, oder überhaupt vor so viel Jahren, als er zurückdenken kann. In dem Augenblick, wo nämlich der Mensch sich zugeben müßte, daß er, sagen wir, bis in sein siebzehntes Jahr zurück ein Ich wäre, und vom siebzehnten Jahre bis zum vierten oder dritten Jahre ein anderes Ich, dann wäre seine in- nere Wesenheit zerrissen und er wäre nicht mehr bei seinen gesunden Sinnen. Also von diesem Ich, das der eigentliche Mittelpunkt unseres Bewußtseins ist, müssen wir für dieses Erdenleben allerdings annehmen, daß es etwas Bleibendes ist während unseres irdischen Lebensganges.
Aber sehen Sie, wenn man sich weiter besinnt, dann merkt man doch sehr bald, daß etwas noch nicht ganz stimmt in dieser Erwägung
über das Ich. Wenn Sie zu Ihren Mitmenschen von sich selber sprechen, so sagen Sie in Ihrem Satze «Ich», und Sie meinen eben mit diesem «Ich» alles das, was Ihr Bewußtsein während Ihrer irdischen Lebensbahn zusammengehalten hat. Diese Grundempfindung über das Ich hat es bewirkt, daß viele Philosophen, und manche Philosophen noch bis heute, das Ich geradezu als etwas ansprechen, wovon man überhaupt zunächst ausgehen kann, wenn man über den Menschen undsein Wesen irgend etwas sagen will. Man möchte sagen, wenn man nur die neuere Philosophie durchsieht, daß immer wieder und wieder der
Drang auftritt, an das Ich anzuknüpfen. Von Fichte bis Bergson - wenn wir nur diesen letzten Zeitraum ins Auge fassen - finden Sie überall die Bestrebungen, an das Ich anzuknüpfen. Es sind bemerkenswerte, bedeutsame Resultate dadurch zustande gekommen. Aber dem, der noch tiefer denkt, der noch tiefer sich besinnt, taucht da plötzlich ein anderer Gedanke auf. Es taucht der Gedanke auf: Du sprichst zwar immer von deinem Ich, du bist überzeugt davon, daß dieses Ich das Bleibende, das Beständige ist im Erdenleben, aber kennst du es denn auch, dieses Ich, weißt du es denn auch irgendwie zu schildern? - Wer darauf sich genauer besinnt, der merkt, daß dieses Ich doch nicht so bleibend ist, wie er es kennt, denn alle bloße Ich-Philosophie, wenn ihre Vertreter von einem dauernden Ich sprechen, das sie kennen wollen, widerlegt das Leben. Jede Nacht, in der der Mensch schläft, wird das bleibende Ich einfach widerlegt, denn da ist es ausgelöscht; so daß wir eigentlich, wenn wir sprechen von unserem Ich, in diesem Sprechen einen gewissen Fehler begehen. Wir besinnen uns auf unser Leben und lassen unwillkürlich das, wovon wir wissen, daß es zu uns gehört, nämlich gerade unser Ich, während der Nacht- und Schlafzustände aus, denn dann wissen wir ja nichts von diesem Ich. Wir haben also bei der Besinnung auf unser Ich eine unterbrochene Linie, nicht eine fortlaufende.
Wie kann das überhaupt sein, daß wir es mit jener unterbrochenen Linie zu tun haben, daß das Ich-Bewußtsein immer abreißt? Das kommt davon her, daß das, was wir als Mensch von dem Ich haben, nur der Gedanke, nur die Vorstellung des Ich ist. Und weil alle Vorstellungen beim Schlafen in die Finsternis der Bewußtlosigkeit
hinuntersinken, so tut es auch der Gedanke des Ich. Der sinkt mit hinunter. Schon der Umstand, daß er mit der Vorstellungswelt versinkt, zeigt uns, daß wir in dem Ich - und der Philosoph hat logischerweise auch nur die Vorstellung des Ich - ein Abbild haben von etwas, von dem wir reden, wenn wir «Ich» sagen, das sich uns aber nur im Bilde zeigt.
Also mit diesem Dauernden unseres Seelenlebens, mit diesem Ich und seiner Erkenntnis steht es immerhin nicht so, daß sich ein eigentlicher okkulter Ausgangspunkt gewinnen läßt, denn es ist zunächst nur als Bild gegeben, es ist nur als Bild da. Unser Seelenleben aber ist ein Bild von eigentümlicher Art, ein sehr merkwürdiges Bild; ein Bild, das auf etwas schließen läßt. Es gibt nämlich viele Bilder in unserem Seelenleben, viele Vorstellungen. Wie kommen denn diese Vorstellungen in das Seelenleben beim irdischen Menschen hinein? Dadurch, daß Gegenstände um ihn herum sind. Wenn Sie wirklich richtig das Bewußtsein prüfen, wenn Sie Ihr vorstellendes Seelenleben - und das ist das Bewußtsein - prüfen, dann werden Sie überall finden, daß dasjenige, was sich als Vorstellung geltend macht, was das Bewußtsein ausfüllt, von den äußeren Dingen angeregt ist, Bild sozusagen ist von den äußeren Dingen.
Damit hätten wir den Grund gegeben, warum wir uns dieses oder jenes vorstellen. Er liegt darin, daß die äußeren Dinge uns anregen. Wenn sie nicht da wären, würden wir sie uns nicht vorstellen. Aber mit der Ich-Vorstellung, mit dem merkwürdigen Bilde des Ich, ist es etwas ganz Besonderes. Suchen Sie sich draußen in der Welt den Gegenstand, der Ihre Ich-Vorstellung anregt. Da ist keiner vorhanden, da gibt es keinen. Es ist der Unterschied der Ich-Vorstellung, des IchBildes, wenn wir es nur als Bild haben, daß wir für die anderen Vorstellungen Gegenstände nachweisen können, für die Ich-Vorstellung aber nicht. Also kann im weiteren Umkreise unseres äußeren Lebens nicht das vorhanden sein, was in der Ich-Vorstellung vorhanden ist, was sich in die Worte «Ich bin» kleidet.
Wir müssen also sagen> da liegt zugrunde etwas immerhin Unbekanntes, etwas, was nicht in der äußeren Welt, soweit sie sich dem Erdenmenschen darbietet, zu finden ist. Es ist etwas Eigentümliches, dieses Ich. Wäre nämlich dieses Ich innerlich zu erhaschen, zu erfassen,
wie manche Intuitionisten wie zum Beispiel Bergson meinen, wäre mehr zu erfassen als das bloße Bild, dann könnte man sagen, man hätte zwar wenig von einer irdischen Wirklichkeit, von einer Wirklichkeit, die nicht von außen gegeben ist, aber man hätte immerhin etwas. Man kann es aber nicht erhaschen, nicht erreichen, dieses Ich.
Aber eines kann jeder Mensch von diesem Ich wissen, eines, das gewissermaßen dienen kann als Stützpunkt, so wie ihn einstmals Archimedes für seinen Hebel verlangt hat, um die Erde aus den Angeln zu heben. Eines kann dazu dienen, wenn wir gerade auf dieses Ich hin die Besinnung unserer Seele richten. Aus den vielerlei Fragen und Welträtseln, die da entstehen können, wenn Menschen sie bloß auf die Außenwelt richten, kann nämlich eine besondere Frage sich herauslösen; und das wird im Grunde genommen immer die Frage sein, bei der der okkultistische Aspirant einsetzen muß, wenn er das Bewußtsein überspringen will. Er muß sich fragen: Siehst du da gar nichts im weiten Umkreise deines irdischen Erlebens, was dir so erscheint, daß du sagen kannst, das Innerste deines Wesens drückt sich in ihm aus? Findest du nirgends etwas, was dein Ich zum Ausdruck bringt?
Mit dem Hineinschauen in das innere Leben ist es zunächst eine betrübende, eine fatale Sache. Da kommen wir nur in unsere zeitlichen Vorstellungen hinein und können niemals sicher sein, ob wir etwas finden, was uns aus der zeitlichen Vorstellungswelt herausführt. Jedenfalls können wir nicht hoffen, von unserer Persönlichkeit loszukommen - und das müssen wir als Okkultisten erreichen -, wenn wir fortwährend in unsere Persönlichkeit hineinschauen. Draußen sind aber nur die Erfahrungen und Erlebnisse des Erdenmenschen. Wir finden, daß nur das, was im äußeren Ausdruck vorhanden ist, Ausdruck sein kann für etwas, was dem Ich entspräche; aber wir können das Ich eben nicht erhaschen. Wenn wir den Blick um uns rundherum wenden, so finden wir nur eines, und das ist zunächst das einzige, was wir finden können als Ausdruck für unser Ich: das ist die menschliche Gestalt.
Fassen Sie jetzt dieses Wort, damit wir uns über diesen schwierigen Punkt hinweghelfen - er muß überwunden werden, wenn wir unser Thema bewältigen wollen -, «die menschliche Gestalt» ja so recht auf,
wie es aufzufassen ist, nämlich, daß sie uns entgegentritt in der äußeren Welt. Es gibt, glaube ich, für jeden Menschen leicht die Möglichkeit, sich zu sagen: So wie eine Pflanze in ihrer äußeren Form der Ausdruck ihrer Wesenheit ist, wie sie so geformt ist, weil es ihrem in- neren Wesen entspricht; so wie ein Kristall geformt ist, wie er ist, weil es seinem inneren Wesen entspricht; wie jedes Tier so geformt ist, wie es seinem inneren Wesen entspricht, so muß auch die menschliche Form dem menschlichen Wesen entsprechen. Und da wir zunächst aus unseren irdischen Erlebnissen in unserem Ich zusammenfassen unser Wesen, so muß die menschliche Form der Ausdruck für das menschliche Ich sein. Mit anderen Worten: Im weiten Umkreise unserer Erfahrung erweist sich die menschliche Form, die menschliche Gestalt als der Ausdruck des menschlichen Wesens. Ein recht trivial er Satz scheint es zu sein, aber es ist einer der allerwichtigsten Sätze, denen wir uns überhaupt betrachtend hingeben können.
Nun aber muß der Okkultist weitergehen. Von dem Ich sagt er sich, daß er es zwar ausdrückt, wenn er Ich sagt, daß er es aber nirgends hat, daß es nicht da ist; denn das, was da ist, ist nur immer die Vorstellung des Ich. Die menschliche Gestalt scheint aber da zu sein. So daß wir vor die merkwürdige Rätselfrage gestellt sind: Wir sehen auf Schritt und Tritt die menschliche Gestalt, den Ausdruck des menschlichen Ich, und das Ich dieses Wesens können wir doch nicht erhaschen.
Nun gibt es nur eine Möglichkeit, weiterzukommen, und diese Möglichkeit ist die, daß der Okkultist sich recht sehr einläßt darauf, zu empfinden, daß es sich mit der menschlichen Gestalt auch so verhält wie mit einem menschlichen Ich. Denn wenn sie immer da ist, dann entspricht sie eben nicht dem Ich, das nicht immer da ist. Die Notwendigkeit liegt also vor, daß wir irgendwie dazu kommen können, von dem, was uns scheinbar immer begegnet auf Schritt und Tritt, von der menschlichen Gestalt, der menschlichen Form zu sagen, sie ist nicht da, sie existiert zunächst gar nicht unter den Erdendingen. Es ist außerordentlich wichtig, daß wir vordringen zu der Vorstellung, daß es mit der menschlichen Gestalt etwas ganz Besonderes auf sich hat, ähnlich wie mit der Vorstellung des Ich, und daß diese menschliche
Gestalt, indem sie uns von außen entgegentritt, uns in irgendeiner Weise eigentlich täuscht, daß sie uns in irgendeiner Weise anlügt. Das ist die Empfindung, zu der der okkultistische Aspirant kommt: daß die menschliche Gestalt ihn anlügt, indem sie vorgibt, ein Ausdruck für sein Wesen zu sein, aber einfach so trivial da sein will, während das Wesen sich verbirgt.
Es wäre ja auch in anderer Beziehung nicht gerade entsprechend der Forderung, die wir aufgestellt haben, nämlich ein Bewußtsein zu haben ohne einen bewußten Gegenstand, das doch ein Bewußtsein ist, wenn wir uns aneignen würden ein Bewußtsein von der menschlichen Gestalt, die ja doch wieder ein äußerer Gegenstand ist. Das heißt mit anderen Worten: Die menschliche Gestalt, die uns überall begegnet im Leben, kann das nicht sein, was wir suchen als Ausdruck des Ich.
Nun muß der 0kkultist allerdings wissen, daß er nicht in Vorstellungen, nicht in Schlußfolgerungen leben kann, die von außen genommen sind; er kann die Erlebnisse, zu denen er jetzt kommen muß, nicht von außen her nehmen, denn das von außen Kommende macht sein Erdenbewußtsein aus, das er überspringen will. Wenn der Okkultist seine menschliche Gestalt ansieht, muß er aber etwas erleben an dieser menschlichen Gestalt, was ihn über alles Erdenbewußtsein hinausführt.
Können wir denn an der menschlichen Gestalt etwas erleben, was uns über alles Erdenbewußtsein hinausführt? Ja, wir können etwas in der menschlichen Gestalt erleben dadurch, daß wir zunächst unser menschliches Antlitz ansehen und bemerken, daß dieses menschliche Antlitz einen ganz besonderen Eindruck macht. Man muß allerdings, wenn man so als okkultistischer Aspirant zu dieser entsprechenden Empfindung kommen will, nicht vernarrt und verliebt sein in die gewöhnliche Vorstellung, die man einmal hat; sonst wird man immer dem menschlichen Antlitz so entgegentreten, daß man zu der Empfindung, die zu entwickeln ist, nicht kommen kann. Man wird zu den tiefstmöglichen Empfindungen kommen müssen, die in uns aufzutreiben sind, denn wir kommen dem menschlichen Antlitz gegenüber zu einer besonders merkwürdigen Empfindung, nämlich zu der Empfindung: Dieses menschliche Antlitz ist nicht so, wie es sein sollte. Und
man wird dem menschlichen Antlitz und allem, was dazugehört, überhaupt dem oberen Teil des Menschen, ansehen lernen, daß es verändert worden ist durch dasjenige im menschlichen Seelenleben, was man nennen kann Hochmut, Stolz und Überhebung.
Sehen Sie, das ist der Anfang des Überspringens des gewöhnlichen Bewußtseins, daß der Mensch bis zu dieser ursprünglichen Empfindung vordringt, daß er sagt: Du, menschliches Antlitz, du, menschlicher Kopf, du, menschlicher Oberleib, du lügst mich an; du hast dir durch deinen Stolz und deine Überhebung eine Form gegeben, die du nicht haben solltest. Wenn ich dich sehe, dich menschlichen Oberleib, so sehe ich durch dein Scheinbild durch, und wenn ich alles betrachte, was durch die vielen Inkarnationen hindurch dem Menschen aufgeprägt worden ist an Hochmut und Überhebung, so zeigt sich mir etwas ganz anderes. - Da kommen wir durch dasjenige, was die menschliche Gestalt in ihrer oberen Hälfte ist, zu der Empfindung, daß der Mensch seine ursprüngliche Gestalt verändert hat durch Hochmut und durch Überhebung.
Auch ein Zweites sehen wir als okkultistische Aspiranten dem Menschen in bezug auf seine Gestalt und in bezug auf die übrigen Teile seines Wesens an. Wiederum macht der Mensch, wenn alle ursprünglichen Empfindungen des Seelenlebens aufgerufen werden, den Eindruck: er lügt uns eigentlich an; es müssen auch die übrigen Teile der menschlichen Gestalt anders sein. Man muß wiederum etwas abziehen, dann kommt man auf das Ursprüngliche der menschlichen Gestalt; und was man da weiter abziehen muß, ist die Begehrlichkeit, die Begierde. Umgestaltet ist der Mensch, man muß sagen, oben durch Stolz und Hochmut und durch Überhebung, unten durch die Begierde. Würde die Begierde ihn nicht als innerliches Feuer durchglühen, so würde die untere Hälfte seines Organismus eine andere Gestalt haben.
Diese zwei Empfindungen sind die Grundempfindungen, von denen ausgegangen werden muß. Diese Empfindungen kann man haben. Man kann sie kleiden in die zwei Urteile: Der Mensch ist zu stolz, zu voll von Überhebung, und er ist zu begehrlich. - Das sind bestimmte innere Bewußtseinserlebnisse, die man haben kann, die sich aufdrängen, wenn man den Menschen wirklich mit den tiefsten Empfindungen der Seele
anschaut. Aber was hat uns diese Empfindungen verursacht? Sind denn diese Empfindungen durch irgendeinen Gegenstand in der weiten Welt des Erdenlebens hervorgerufen? Sie sind ja nur dann da im menschlichen Erleben, wenn der Mensch seine eigene Gestalt als nicht zutreffend empfindet, wenn er dasjenige, was in ihm ist, empfindet, als ob es ursprünglich anders veranlagt und durch Überhebung und Begierde umgeändert worden wäre. Das also, was wir als äußere Gegenstände bezeichnen, veranlaßt diese zwei Erlebnisse nicht. Dennoch können sie auftreten im menschlichen Bewußtsein, können da sein dadurch, daß der Mensch mit seiner Umwelt lebt.
Das ist außerordentlich wichtig, daß es möglich ist, zu einem inneren Urteil, einem inneren Erleben zu kommen, das keinen Gegen- stand hat. Und dieses innere Erleben bewirkt etwas. Es bewirkt, daß der okkult strebende Mensch sich abwendet zunächst von seiner menschlichen Erdengestalt, indem er sagt: Du bist nicht wahr, Mensch, wie du eigentlich vor mir stehst. - Er wendet sich ab; aber nicht wie die Mystiker, von denen wir gestern gesprochen haben, die, indem sie sich abwenden von den Erdenerlebnissen, nichts mehr haben, sondern er tritt aus seinem gewöhnlichen Erleben heraus, nimmt aber etwas mit, nämlich ein Urteil über die menschliche Gestalt, das im Grunde genommen in der mannigfaltigsten Weise aus dem menschlichen Gefühl heraus immer wieder ausgesprochen worden ist.
Was jetzt charakterisiert worden ist, ist sozusagen das Elementare, von dem das okkulte Bewußtsein oftmals ausgegangen ist, wenn es nicht bloß mystisches Erleben, sondern okkultes Bewußtsein werden sollte. Es ist ausgegangen von einem Urteil über den Menschen, aber so, daß die menschliche Gestalt ausgelöscht worden ist. Nicht ist aber ausgelöscht worden alles innere Erleben. Es ist geblieben ein gewisses Urteil über den Menschen, nämlich: Eigentlich hat das, wie du bist, alles das Erdenleben gemacht, und du bist im Grunde genommen so, daß du hinweisest auf eine ganz andere Gestalt, auf eine ganz andere Form.
Wenn wir nun noch weiter verstehen wollen, wie wir es da eigentlich zu tun haben mit dem, was dem Menschen nach und nach aufdämmern kann als ein Bewußtsein ohne Gegenstand, dann wird es not
wendig sein, daß wir etwas genauer auf diese menschliche Form eingehen. Denn wenn wir gezeigt haben, wie der okkultistische Aspirant herausspringt aus sich und nur behält eine Art von Empfindungsurteil über den Menschen, so daß wir gewissermaßen uns abwenden von der einen Hälfte des Menschen, indem wir sagen, sie ist zu stolz, und von der anderen Hälfte, indem wir sagen, sie ist zu begehrlich, so ist das bis jetzt doch noch ein ziemlich unbestimmtes innerliches Erleben, das noch nicht konkret, noch nicht bestimmt werden will. Es ist ja innerliches Erleben, von dem wir sehen werden, daß es in die höchsten Regionen des geistigen Erlebens hinaufführt; aber es ist noch unbestimmt.
Damit wir zu größerer Bestimmtheit kommen können, wollen wir uns einmal auf die menschliche Gestalt, wie sie uns zunächst detaillierter entgegentritt, einlassen. Wenn man gelehrt sprechen wollte, würde man sagen: Wir wollen die menschliche Gestalt einmal zerlegen. - Wenn man die menschliche Gestalt zerlegt, sondert man sie allerdings in gewisse Glieder und Teile, die sich außerordentlich bedeutungsvoll aufdrängen, weil sich die menschliche Gestalt wirklich auseinanderlegt in diese Glieder. Diese Glieder werden sich uns ergeben, wenn wir uns fragen: Was macht es eigentlich, daß der Mensch gestaltet ist, wie er gestaltet ist? - wenn Sie sich einlassen auf das, was ich sagen werde. Sie werden finden, daß die Angaben, die aus den Tiefen des Okkultismus geschöpft sind, in der Tat erschöpfend die Einteilung der menschlichen Gestalt ergeben, daß sie uns zeigen, wie die menschliche Gestalt eigentlich zusammengesetzt ist.
Das erste, was uns an dieser menschlichen Gestalt auffällt, was wesentlich ist, was sozusagen den Menschen äußerlich, der Form nach zum Menschen macht, ist das, was ich schon hervorgehoben habe, als ich sozusagen den ersten Satz dieser Vorträge sprach. Das ist die Tatsache, daß die menschliche Gestalt aufrecht ist, die Tatsache, daß der Mensch ein aufrechtgehendes Wesen ist. Das ist das erste Wichtige, so- zusagen der erste Teil seiner Gestalt. Wir wollen> um diesen Teil seiner Gestalt einmal vor uns hinzustellen, ihn die Aufrechtheit nennen.
Sehen Sie, es wird Ihnen zunächst so scheinen, als ob irgendeine Willkür in der Art läge, wie ich Ihnen jetzt den Menschen in bezug
auf seine Gestalt zerlege. Wenn Sie sich aber wirklich genau darauf einlassen, dann werden Sie sehen, daß es keine Willkür ist, sondern daß es das Wesen des Menschen aus seiner Gestalt wiedergibt, wie ich Ihnen jetzt das Wesen des Menschen wiedergebe im Sinne der okkUlten Erkenntnis.
Das zweite, was wir als wesentlich für die menschliche Gestalt annehmen können, was den Menschen zum Menschen macht, das ist die Tatsache, daß seine Gestalt nach vorn hin so veranlagt ist, daß er ein sprechendes Wesen sein kann, daß der Ton sich in ihm erzeugen kann. Bedenken Sie doch nur einmal, daß das ganz wesentlich ist für den Menschen. Während im allgemeinen jeder Mensch nach oben hin organisiert ist, ist er im speziellen nach oben so organisiert, daß seine Sprechorgane vom Herzen und Kehlkopf anfangen und nach oben, nach dern Gesichte zu gehen. Betrachten Sie den Menschen daraufhin, so werden Sie finden, daß alle Formen der Glieder nach der Tonerzeugung und Tonbildung hin organisiert sind. Wir können also sagen: Das zweite Wichtige in der Ordnung der Glieder der menschlichen Gestalt ist die Hinordnung zur Tonbildung, zum Sprechen.
Das dritte, was Sie als wichtig für die menschliche Gestalt ansehen müssen, ist die Tatsache, daß diese menschliche Gestalt symmetrisch ist. Sie können sich nicht denken, daß die menschliche Gestalt von ihrem Wesen nichts verlieren würde, wenn sie nicht symmetrisch wäre. Das ist das dritte Wesentliche: Alle Glieder sind so gestellt, daß beide Seiten symmetrisch sind. Wir wissen, daß es Ausnahmen davon gibt, aber das Symmetrische gehört zum Wesentlichen einer Anzahl von Gliedern.
Das vierte, das in Betracht kommt, ergibt sich in der folgenden Weise. Wenn Sie beachten, was der Mensch in diesen drei Gliederungen seiner Gestalt: seiner Aufrechtheit, seinem Sprechen und seiner Symmetrie hat, so werden Sie sagen müssen: Was da im Menschen als drei Glieder vorhanden ist, das geht nach außen. Daß der Mensch sich aufrichtet, das ist etwas, was ihn in die äußere Welt hineinstellt. Die Sprache ist etwas, von dem Sie ohne weiteres wissen werden, daß es ihn in die äußere Welt hineinstellt. Die symmetrische Gestalt ordnet ihn im Raume in eine gewisse Gleichgewichtslage ein. - Jetzt kommen
wir noch zu etwas anderem; das ist der Umstand, daß der Mensch, rein physisch genommen, eine Innerlichkeit ist, daß er eingeschlossen hat gewisse Organe von seiner Haut, von seinem Äußeren. Wir können also sagen: Der Mensch hat als viertes Glied seiner Gestalt das Eingeschlossensein durch seine Haut, so daß die Organe, welche die innerlichen Funktionen unterhalten, innerlich sind und vor der Außenwelt geschützt werden. -- Wir werden also sagen: Eingeschlossenheit oder Abgeschlossenheit ist etwas, was zu dieser Gestalt gehört.
Ein weiteres, das fünfte, was zu dieser Gestalt gehört, bitte ich darin zu sehen, daß in dieser Innerlichkeit, die eben von der äußeren Hülle abgeschlossen ist, die Organe tätig sind; dasjenige, was da im Inneren wirkt und lebt. Daß es da im Inneren wirkt und lebt, das bezeugt uns, daß der Mensch, so wie er vor uns steht in seiner Gestalt, nicht nur abhängig ist von der Außenwelt, sondern daß er auch von seinem Inneren abhängig ist, daß er in seinem Inneren gleichsam einen Mittelpunkt seines Webens und Wesens hat. Wenn wir also den Gliedern, die wir jetzt schon betrachtet haben, zum Beispiel nur die Blutzirkulation gegenüberstellen, so haben wir etwas, was rein im Inneren verläuft, ein innerliches Abgeschlossensein. Wir haben also die Abgeschlossenheit, und wir haben ein Inneres, sich Abschließendes.
Aber mit dieseni Inneren, sich Abschließenden in der menschlichen Gestalt, hat es seine ganz besondere Bewandtnis. Dieses Innere, sich Abschließende nämlich, ist im Menschen eine Zweiheit, rein physisch gesprochen. Es gibt nämlich solche inneren Organe, wie Lunge und Herz, die ihre Gestalt einem Kompromisse verdanken, einer Wirkung von außen. Das Herz muß mit der Lunge in Korrespondenz stehen und ist daher den äußeren Verhältnissen angepaßt worden. Die Außenwelt, die Luft dringt durch die Lunge in das Innere ein und wird daher den inneren Organen angepaßt. Dann haben wir auch Organe, die durch ihre Gestalt schon anzeigen, daß sie nur dem Inneren des Leibes angepaßt sind. Das sind die Organe des Unterleibes. Die haben ihre Gestalt davon, daß sie im Menschen drinnen sind. Sie können sich alle denken, daß der Magen, die Gedärme, die Leber, die Milz, wenn sie anders im Inneren gestaltet wären, zusammenhängen könnten mit dem Herzen und der Lunge, und in irgendeiner Weise doch
die richtigen Funktionen verrichten könnten. Wenn das Äußere einmal in die Lunge Eingang gefunden hat, dann kann das Innere verschieden gestaltet sein; dann ist nur das Innere des Menschen maßgebend. So daß wir sagen können: Wir haben sechstens einen Teil der menschlichen Gestalt, den wir das eigentliche Innere nennen können, das Innere in leiblicher Beziehung, und wichtig ist es hierbei, daß wir uns bewußt werden: ohne Beziehung zur Außenwelt.
Nun sind wir auch an die Grenze gelangt, wo in der menschlichen Gestalt sozusagen aus dem Inneren wieder etwas nach außen gehen muß, wo wir etwas an der menschlichen Gestalt finden, das sehr wohl w1eder mit der Außenwelt in Beziehung steht. Betrachten Sie nur die Form der menschlichen Füße. Wenn sie nicht so geformt wären für den Boden, wenn sie nicht unten eine Sohle hätten, so könnte der Mensch nicht gehen. Wenn sie so geformt wären, daß sie in eine spitze Form ausgingen, würde der Mensch fortwährend umfallen. Da kommen wir also, wenn Sie die menschliche Gestalt verfolgen, zu Organen, die wiederum angepaßt sind an die äußeren Verhältnisse. Aber nicht nur die Füße, sondern auch die Beine sind so geformt, daß der Mensch eben ein Mensch ist. Wäre er ein Fisch oder ein fliegendes Wesen, so würden seine Organe anders geformt sein müssen; sie sind aber so geformt, daß der Mensch dieses auf der Erde stehende und gehende Wesen ist. Zu diesem Zwecke, ein auf der Erde arbeitendes, stehen und gehen könnendes Wesen zu sein, sind alle die Organe geformt, von den Hüften ab nach abwärts, so daß wir sagen können: In den Hüften haben wir siebentens eine gewisse Gleichgewichtslage. Was darüber ist, ist notwendig nach außen geformt oder nach innen abgeschlossen; was nach unten ist, ist nach unten geformt, so daß wir sagen können: In den Hüften ist eine gewisse Gleichgewichtslage. Von dem, was darunter ist, können wir sagen, daß es sich anpaßt an die irdischen Verhältnisse.
Dann haben wir, wenn wir den Menschen weiter verfolgen, weitere Organe, welche ganz angepaßt sind den äußeren Verhältnissen, nämlich achtens die Reproduktionsorgane.
Sie brauchen sich nur zu überlegen, daß der Mensch, wenn er in entsprechender Weise gehen will, wie er als Mensch gehen soll, auch
die Oberschenkel in einer Weise angeordnet haben muß, daß sie, von den unteren getrennt, im Winkel sich biegen. Das bewirkt, daß er sich in seinem Gange an seine irdischen Verhältnisse anpassen kann, so daß der Mensch an die Oberschenkel anschließend, was wichtig ist, die Knie hat, welche wesentlich seine untere Gestalt bedingen. Sodann hat der Mensch noch die Unterschenkel und, wieder getrennt davon, die Füße.
1. Aufrechtheit
2. Hinordnung zur Tonbildung
3. das Symmetrische
4. Abgeschlossenheit
5. Inneres, sich Abschließendes
6. Inneres in leiblicher Beziehung, ohne Beziehung zur Außenwelt
7. Gleichgewichtslage
8. Reproduktionsorgane
9. Oberschenkel
10. Knie
11. Unterschenkel
12. Füße.
Sie werden sagen, daß da die Hände fehlen. Wir werden in der nächsten Betrachtung sehen, warum hier eigentlich die Hände fehlen. Aber ich bitte Sie, sich diese Tabelle zunächst einmal anzusehen. Ich sagte, es könnte zunächst erscheinen, als ob es eine willkürliche Hinordnung wäre, daß die gesamte menscMiche Gestalt hier in zwölf Glieder geteilt worden ist. Aber alles, was der Mensch wirklich braucht, um Erdenmensch zu sein - wie es sich mit den Händen verhält, werden wir morgen besprechen -, ist in diesen Gliedern enthalten; und es ist so darin enthalten, daß jedes dieser Glieder eine gewisse Selbständigkeit hat, daß jedes dieser Glieder getrennt ist von den anderen; und es wäre immerhin denkbar, daß jedes dieser Glieder mit den anderen in Verbindung stände und doch etwas anders geformt wäre, als sie geformt sind. Sie können sich andere Formen denken; aber daß zwölf solche Teile zusammengefügt sind, damit die menschliche Gestalt da ist, das können Sie nicht außer acht lassen.
Wenn Sie das nehmen, was der Mensch sein soll auf der Erde, dann können Sie nicht außer acht lassen, daß er eine gegliederte Gestalt sein muß, die in dieser Weise angeordnet ist, so daß, wenn wir die menschliche Gestalt betrachten, sie sich gliedern muß in zwölf einzelne Glieder. Diese zwölf einzelnen Glieder haben immer im Okkultismus die denkbar größte Bedeutung gehabt. Diese zwölf einzelnen Glieder der menschlichen Gestalt brauchen wir, um die ganze Bedeutung dieser menschlichen Gestalt in ihrem Zusammenhange mit dem menschlichen Wesen ins Auge zu fassen. Der Okkultismus hat sie immer gekannt, und aus Gründen, die sich uns ergeben werden im weiteren Verfolge dieser Vorträge, wenn wir den Menschen in okkulter, theosophischer und philosophischer Beziehung kennenlernen werden> wird sich uns zeigen, warum diese Glieder aus einem gewissen Zusammenhange heraus ganz bestimmte Bezeichnungen erhalten haben.
Man hat nämlich das, was unter erstens angeführt worden ist, genannt «Widder» und bezeichnet mit dem Zeichen ^
Was unter zweitens angeführt ist, wird bezeichnet als «Stier» und mit dem Zeichen _ symbolisiert.
Was als das Symmetrische angeführt ist, als «Zwillinge», ist mit dem Zeichen `bezeichnet worden.
Was als Abgeschlossenheit im Inneren charakterisiert wurde, ist mit diesem Zeichen a belegt und «Krebs» genannt worden.
Was als Inneres, sich abschließendes Leben charakterisiert wurde, nannte man «Löwe» und symbolisierte es mit diesem Zeichen: b
Dasjenige, was Inneres in leiblicher Beziehung, ohne Beziehung auf etwas Äußeres ist, was also im Inneren abgeschlossen ist, die dreifache menschliche Natur bezeichnet und den Abschluß nach innen andeutet, wird genannt «Jungfrau» und mit diesem Zeichen cbelegt.
Das, was die Gleichgewichtslage andeutet, braucht nicht viel Erklärung, wenn man es als «Waage» bezeichnet: d.
Die Reproduktionsorgane, die wieder die Richtung nach außen haben, werden bezeichnet mit dem Ausdruck «Skorpion» und mit diesem Zeichen esymbolisiert.
Die Oberschenkel, das, was man als «Schütze» bezeichnet, haben dieses Zeichen: f
Die Knie, als «Steinbock», sind symbolisiert durch dieses Zeichen: g.
Die Unterschenkel, als «Wassermann», durch dieses Zeichen:h
Und endlich die Füße als «Fische» mit diesem Zeichen: i.
Sehen Sie zunächst in diesen Zeichen nur Signaturen, Zeichen für die Glieder der menschlichen Gestalt, von denen man sagen kann, daß sie die gesamte menschliche Gestalt zusammensetzen. Sehen Sie in diesen Zeichen zunächst nichts anderes als ein Mittel, so wie wenn man Buchstaben gewählt hätte, um diese einzelnen Teile der menschlichen Gestalt zu benennen. Dann haben Sie zunächst genug getan, ins Auge zu fassen das, was wir als menschliche Gestalt bezeichnen. Und wir können, weil wir sie in einzelne Teile gliedern, die angeführten Namen geben, diese einzelnen Teile wie mit Buchstaben mit den Zeichen belegen, die hinzugeschrieben sind.
Sie wissen ja alle, daß in einer gewissen Beziehung diese Bezeichnungen uralten Gewohnheiten entsprechen und daß sie namentlich, so wie sie angeführt sind, in der Astrologie eine Rolle spielen. Aber ich bitte Sie, für diese Vorträge mit diesen Bezeichnungen nichts anderes zu verbinden, als daß wir mit ihrer Hilfe unsere Aufmerksamkeit hinlenken auf die menschliche Gestalt und sie naturgemäß gliedern in zwölf Teile. Wenn wir diesen Gliedern sonderbare Namen geben und sonderbare Zeichen hinzufügen, so ist das nicht anders aufzufassen, als wenn die Laute der menschlichen Sprache manchmal so sind, daß wir nicht gleich erkennen können, warum sie dieses oder jenes ausdrücken; nicht anders, als wenn die Buchstaben so sind, daß man auch nicht immer sagen kann, warum sie dieses oder jenes bezeichnen.
Was wir erreicht haben mit diesen Bezeichnungen, ist, daß wir dar- in haben den Ausdruck der menschlichen Gestalt, gegliedert in zwölf Teile, und daß wir ihnen zu unserem weiteren Gebrauch Namen beigefügt haben, die aus dem Okkultismus auch schon hie und da in die Öffentlichkeit gedrungen sind.
SECHSTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 8. Juni 1912
Vielleicht wird es Sie wundern, daß wir im Verlaufe dieser Vorträge auch einige Zeit dazu verwenden, um so, wie wir gestern damit begonnen haben, die äußere Natur und Gestalt des Menschen ins Auge zu fassen. Wenn Sie immer tiefer eindringen wollen in die Erkenntnisse, welche der wahre Okkultismus dem Menschen zu geben vermag, so können Sie es nicht vermeiden, den Menschen auch nach den Gesichtspunkten kennenzulernen, die wir gerade jetzt ins Auge fassen. Sie brauchen sich nur zu erinnern, wie oft im Verlaufe Ihres theosophischen Strebens Ihrer Seele der Gedanke nahegetreten ist, daß der Mensch so, wie er uns in der Welt entgegentritt, in seiner äußeren Gestalt ein Tempel der Gottheit ist. Und ein Tempel der Gottheit ist der Mensch wahrhaftig auch in bezug auf seine äußere Gestalt. Diesen Tempel der Gottheit hat man im Auge, wenn man gewissermaßen die Bausteine betrachtet, von denen wir gestern ausgegangen sind und die uns noch kurze Zeit in unserer Vortragsreihe beschäftigen werden. Wir werden dann sehen, daß gerade die für das menschliche Herz und die menschliche Seele wichtigsten Erkenntnisse zu uns kommen werden, wenn wir nicht zu bequem sind und uns die Mühe geben, schon in der äußeren Gestalt des Menschen das Verborgene der geistigen Welt aufzusuchen. Und so haben wir denn betrachtet den Menschen nach gewissen zwölf Gliedern, die wir gestern angeführt haben.
Diese zwölf Glieder scheinen nun, so wie sie uns entgegentreten, eine volle Einheit zu sein. Sie sind aber in Wirklichkeit keine volle Einheit, und es ist wichtig zu wissen, daß sie keine volle Einheit sind. Denn in dem Augenblicke, wo der Mensch richtig begreifen kann, daß die äußere Einheit der Gestalt, in welcher ihm sein Leib, sein äußerer Körper erscheint, nur eine scheinbare ist, in dem Augenblicke, wo der Mensch versteht, daß die Gestalt des äußeren Körpers, so wie sie dem Auge entgegentritt, oder wie sie der Mensch überhaupt als Erdenmensch kennen kann, eine scheinbare ist, in dem Augenblicke, wo der Mensch den Schein der äußeren Gestalt durchschaut, erkennt
er auch, wie es sich mit seinem Ich, dem Mittelpunkt seines Bewußtseins, verhält.
Wir haben schon gestern gesehen, daß dieses Ich sich uns jede Nacht entreißt, daß es also dem Menschen nur ein Bild sein kann; denn eine Realität kann sich dem Menschen nicht in der Nacht entreißen. Es wird also gewissermaßen dem Menschen von seinem Ich, das sonst durch sein Erdenleben hindurchgeht, jede Nacht etwas entzogen; und genau das, was ihm entzogen wird, wird ihm durch die WeltenordnUng im äußeren Leibe gegeben, wird dem äußeren Körper zugefügt. Das macht es, daß der Mensch den äußeren Körper als eine Einheit ansieht. In Wahrheit ist er keine Einheit. In Wahrheit sind die Bau- steine, die wir kennengelernt haben, kompliziert zusammengefügt. Wir berühren hier eines der wichtigsten Geheimnisse, das geeignet ist, uns tief in die ursprünglichsten Geheimnisse des Daseins hineinzuführen.
Eines dieser Geheimnisse berühren wir schon in der äußeren Welt, und es ist wichtig, daß wir auch den Weg von außen nach innen gehen, um aus diesem Bewußtsein heraus die Idee ohne Gegenstand aufnehmen zu können. So wie uns der Mensch entgegentritt, besteht er in Wahrheit aus drei Teilen, und es ist nur ein Schein, wenn man diese drei Teile des Menschen einfach als eine Einheit betrachtet. Das, was uns gestern wie ein Zusammenhang von zwölf Gliedern erschienen ist, teilt sich in Wahrheit in drei Menschen, und man muß verstehen 1er- nen, daß der Mensch eigentlich aus drei Menschen besteht.
Wir wollen diese drei Menschen einmal der Reihe nach unserer Seele vorführen. Wir haben nämlich gestern bei der Aufzählung der Glieder des Menschen damit begonnen, daß wir zuerst angeführt haben dasjenige, was wir die Aufrechtheit nennen können, das AufrechtGerichtetsein; dann haben wir angeführt dasjenige, was den Menschen nach vorn hin, am besten können wir sagen, nach dem Sprechen hin organisiert. Also das zweite: die Richtung nach vorn, nach dem Sprechen. Das dritte war die Symmetrie.
Sehen Sie, wenn wir diese drei Glieder der menschlichen Natur zunächst betrachten, so haben wir einen Teil dieser menschlichen Natur, wie sie äußerlich im Raum als Form, als Gestalt uns entgegentritt. Jetzt wollen wir einmal prüfen, ob wir nicht schon durch rein äußerliche
Anschauung etwas finden, was uns ausgehen läßt von dem Ausdruck Symmetrie und was uns an der äußeren Gestalt so erscheint, daß es bei genauer Betrachtung als eigentlich recht rätselvoll dem Menschen auffallen muß.
Symmetrie bedeutet ja, wie wir wissen, daß der Mensch nach beiden Seiten hin ausgebildet ist. Nun ist diese Symmetrie zwar auch für alle Organe des Kopfes vorhanden, aber sie wird ganz besonders auffällig, wenn wir in der Betrachtung der menschlichen Gestalt vom Kopfe nach abwärts gehen. Wir haben gestern gesagt, wir bezeichnen die Aufrechtheit mit dem Ausdruck «Widder» und dem Zeichen Y~, die Hinordnung zur Tonbildung mit dem Ausdruck «Stier» und dem Zeichen ~, und die Symmetrie mit dem Ausdruck «Zwillinge» und dem Zeichen JT. Diese drei Glieder der menschlichen Organisation sind damit bezeichnet. Nun kommen wir aber zu etwas, was sich sozusagen in der Fortsetzung des Kopfes zeigt und was die Symmetrie, die Anordnung nach zwei Seiten, in ganz besonderer Art hervortreten läßt. Das sind nämlich die Arme und die Hände.
Ich bitte Sie jetzt, einmal diese Arme und Hände zu betrachten. Sie setzen sich an den Kopf so an, daß wir in den Armen und Händen vorgebildet finden, ganz auffällig vorgebildet finden, was wir im unteren Menschen als die Oberschenkel kennen, was wir als Unterschenkel 'und Füße haben. Wenn Sie die Tierreiche betrachten, so tritt Ihnen ja in einer auffälligen Weise die Gleichheit derjenigen Organe, die jetzt genannt worden sind, die beim Menschen in Armen und Beinen verschieden sind, entgegen; und Sie werden gerade dann Wichtigstes über den Menschen denken können, wenn Sie auch diesen Unterschied von Armen und Händen und Beinen und Füßen bei dem Menschen gegenüber demjenigen bei den Tieren, die dem Menschen am allernächsten stehen, näher betrachten und darüber nachdenken.
Nehmen wir jetzt einmal die Benennungen, die wir gestern angewendet haben, auf und verwenden wir sie so, wie wir sie für die Beine und Füße verwendet haben, verwenden wir sie jetzt einmal entsprechend für die Arme und Hände. Dann können wir sagen, wenn wir den Kopf nach abwärts verfolgen: Es schließen sich an diesen Kopf Gliedmaßen an, die ja auch, wie Sie leicht durch ein ganz oberflächliches
Denken einsehen können, geistig mit der ganzen Gedankenwelt des Kopfes in Verbindung stehen. Es schließen sich an die Arme und Hände. Sie werden es nicht absurd finden können, wenn wir dieselben Bezeichnungen, die wir gestern gefunden haben für die Beine und Füße, in diesem Augenblicke verwenden für die mit dem Kopf in Zusammenhang befindlichen Arme und Hände, und wenn wir sagen: Wir betrachten als Fortsetzung des Kopfes, viertens, das, was sich symmetrisch ausbreitet zunächst als die Oberarme, und wir bezeichnen sie so, wie wir bezeichnet haben den oberen Teil der Beine, als «Schütze»:
- Wir berücksichtigen zwar, daß ein gewisser Unterschied vorliegt in bezug auf den Ellenbogen und das Knie, da das Organ der Kniescheibe am Ellenbogen nicht ausgebildet ist, aber wir werden doch die Ähnlichkeit bald herausfinden. So bezeichnen wir also das, was wir als Ellenbogen haben, mit dem Zeichen und mit dem Worte, mit welchen wir bezeichnet haben die Knie, nämlich mit «Steinbock» und dem Zeichen ~. Wir bezeichnen die Unterarme mit demselben Zeichen, mit dem wir die Unterschenkel bezeichnet haben, nämlich dem des «Wassermanns»: ~, und die Hände mit demselben Zeichen, mit dem wir die Füße bezeichnet haben, mit dem Zeichen der «Fische»: X. Wir haben jetzt, indem wir diese Glieder der menschlichen Natur für sich stellten, den Kopf mit seinen Armen, zusammen einen siebengliedrigen Menschen. Und das ist wichtig. Wenn Sie sich denken,, daß dieser volle, siebengliedrige Mensch von der übrigen menschlichen Natur, insofern sie in der menschlichen Gestalt enthalten ist, nun ernährt wird, also nur heraufgeleitet erhält die Nahrung, so wird es Ihnen auch kein so furchtbar grotesker Gedanke mehr sein, daß - nehmen Sie das zunächst wie eine Idee, wie einen Gedanken - von außerhalb dieses eben charakterisierten siebengliedrigen Menschen die Nahrung zugeleitet wird in der Weise, wie zum Beispiel für die Pflanze die Nahrung außerhalb zubereitet ist und sie sie nur verarbeitet. Es könnte ganz gut gedacht werden, daß die Nahrung draußen in der Welt bereitet würde, daß dieser siebengliedrige Mensch sie nicht erst, soweit er sie braucht zur Unterhaltung des Gehirns und so weiter, von der anderen menschlichen Natur bekäme, sondern direkt aus der Welt. Dann würde dieser Mensch unmittelbar an die Außenwelt angeschlossen sein.
Sehen Sie, diesen siebengliedrigen Menschen muß der Okkultist ins Auge fassen, wenn er in einer sachgemäßen Weise sich zu einem höheren Bewußtsein erheben will. Es muß sozusagen einmal durch die Seele gezogen sein das, was jetzt ausgesprochen worden ist: die Möglichkeit einer siebengliedrigen Menschennatur, von der man sich hinwegdenkt die anderen Glieder des heutigen Menschen.
Und jetzt fassen wir einmal ins Auge den zweiten Menschen. Wir werden ihn am besten verstehen, wenn wir folgende Gedanken in Betracht ziehen. Denken Sie einmal, daß das wesentliche Organ des Kopfes, was Sie ja sehr leicht einsehen werden, das Gehirn ist. Der Mensch hat aber noch etwas, was dem Gehirn sehr ähnlich ist und was nur, ich möchte sagen, um etwas scheinbar Geringes, aber sehr Bedeutungsvolles von dem Kopfgehirn sich unterscheidet. Der Mensch hat tatsächlich etwas wie ein zweites Gehirn. Das ist das Rückenmarksgehirn, das Rückenmark, das im Rückgrat eingeschlossen ist.
Fassen Sie einmal diesen Gedanken ins Auge. Nehmen wir an, wir haben es zu tun mit diesem eigentümlichen Rückenmark, das wir eigentlich bloß als ein stabförmiges, in die Länge gezogenes dünnes Gehirn empfinden können, wie wir anderseits auch das Gehirn empfinden können als ein Rückenmark, das in entsprechender Weise aufgeblasen ist. Denken Sie sich, damit wir das Rückenmark so recht wie eine Art Gehirn betrachten` können, den Menschen einmal in einer Weltposition, wie die Tiere sie heute noch haben: denken Sie sich sein Rückgrat nicht vertikal aufgerichtet, sondern parallel mit der Erdoberfläche. Dann würden Sie ein Gehirn haben, das einfach auseinandergezerrt, stabförmig gemacht worden ist. Und jetzt betrachten Sie einmal den Menschen so, wie er dann vor Ihnen steht, parallel zur Erdoberfläche, den Rücken horizontal gegen den Weltenraum, so daß tatsächlich das Rückenmark in der Weltlage wie eine Art Gehirn gelten kann. Da tritt uns etwas ganz Merkwürdiges entgegen, nämlich die Tatsache, daß wir auch links und rechts Ansätze haben, die sich allerdings sehr unterscheiden von den beiderseitigen Armansätzen. Aber denken Sie sich einmal den Zustand, daß der Mensch es in seiner Symmetrie noch nicht so weit gebracht hätte, wie es heute ist, so daß die zwei Arme nahezu gleich sind, sondern denken Sie sich, daß der eine Arm
eine besondere Ausbildung erfahren hätte, die ihn sehr unterscheiden würde von dem anderen Arme. In der heutigen Zeit ist es zwar so, daß man in der unverständigsten Weise die Rechtshändigkeit beseitigen und die Links- und Rechtshändigkeit ausbilden will. Denken Sie sich aber, es wüchse sich der andere Arm zu einem ganz anderen Organe aus; dann werden Sie es nicht mehr so absurd finden, wenn auf die zwei anderen Ansätze, die wir haben, hingewiesen wird.
Wenn wir den Menschen so betrachten, daß sein Rückgrat nach oben liegt, horizontal, daß sich der Kopf nach der einen und die Füße nach der anderen Seite ansetzen, dann haben wir zwei Ansätze wie bei den Armen. Sie können den Kopf als den einen Arm und die beiden Beine zusammen als den anderen Arm betrachten. Das sieht zunächst sonderbar aus; aber wenn Sie sich denken, daß es sogar in den niederen Tierreichen Gestalten, Formen gibt, die sich gar nicht so sehr unterscheiden von dem, was jetzt beschrieben worden ist, dann werden Sie den Gedanken nicht mehr so grotesk finden.
Dieser Gedanke muß einmal durch die Seele gezogen sein, wenn wir verstehen wollen den ganzen Menschen, der ein dreigliedriges Wesen ist. Dann können wir auch davon sprechen, daß wir es dabei zu tun haben mit Ansätzen, die nur unsymmetrisch gebildet sind, mit ungleichen Zwillingen. Wenn Sie dies ins Auge fassen, so können Sie auch sagen: Da habe ich wirklich so etwas vor mir wie den ersten siebengliedrigen Menschen.
Beginnen wir einmal damit, daß wir diesem horizontal gelegenen Menschen die zwei ungleichen Zwillinge wirklich zuschreiben. Wir nennen bei dem horizontal liegenden Menschen die beiderseitigen An- sätze auch Zwillinge. Wir würden also sagen müssen: Die Zusammengehörigkeit, die Zueinandergeordnetheit von Kopf und Füßen bezeichnen wir in diesem Falle als «Zwillinge»: ~.
Nun müßten wir allerdings auch auf unser Gehirn Rücksicht nehmen. Wir müßten nämlich das ins Auge fassen, was wir eben erst gesagt haben. Wir bekommen dieses Menschenbild, das wir jetzt vor unsere Seele hingestellt haben, nur dadurch, daß wir den Menschen drehen. Betrachten wir also einmal dasjenige, was der Mensch uns so 'jetzt darbietet, nämlich den mittleren Körper als eine in sich abge schlossene
Welt, die wir aber ansehen als eine solche, in der wir den Menschen gedacht haben. Also, die Einhüllung des Menschen und oben eine Art Gehirn darin. Das betrachten wir als «Krebs»: ~. So daß wir sagen können: Die ganze Brusteinhüllung bekommt jetzt sogar eine ganz besondere Charakteristik dadurch, daß wir, um sie uns richtig vorzustellen, den Menschen drehen.
Jetzt betrachten wir alles dasjenige von den menschlichen Gliedern, was bedeutungsvoll ist innerhalb dieser Brusteinhüllung. Wir brauchen nur zu verfolgen die Glieder, welche wir gestern der Reihe nach verfolgt haben, um haltzumachen an derjenigen Stelle, wo es unmöglich wird, die Dinge noch zu dem Brustmenschen oder zu dem mittleren Menschen zu rechnen. Zweifellos werden wir dazurechnen müssen das ganze Innere, das wir als «Löwennatur»: ~, bezeichnet haben und das sich im Herzen konzentriert. Als viertes haben wir darauf aufmerksam gemacht, daß eigentlich der Mensch sich da in zwei Glieder teilt: in ein Inneres, das eingeschlossen ist von dem Krebs, und in ein Inneres, das eingeschlossen ist von der Bauchwandung. Das ist auch anatomisch sehr genau durch das Zwerchfell abgeteilt in eine obere und eine untere Höhle; aber auch dasjenige, was unter dem Zwerchfell ist, müssen wir rechnen zu dem mittleren Menschen. Wir bezeichnen es mit dem Namen «Jungfrau»: nP.
Und nun kommen wir dazu, die Gleichgewichtslage zu haben, da» wo der Mensch anfängt, nicht mehr ganz im Inneren abgeschlossen zu sein, sondern sich nach außen der Welt öffnet. Indem der Mensch seine Beine gebraucht, erschließt er sich nach außen; so daß wir sagen können: Diese Gleichgewichtslage ist die Grenze, wo das Innere von dem Äußeren sich abschließt. Wir haben also fünftens die Gleichgewichtslage, haben sie bezeichnet mit «Waage» und ihr zugeordnet dieses Zeichen:~.
Nach der ganzen Art> wie die Reproduktionsorgane im Zusammenhang stehen mit dem mittleren Menschen, werden Sie es selbstverständlich finden, daß sie hinzugerechnet werden müssen zu dem, was den mittleren Menschen ausmacht, so daß wir sagen müssen, sechstens die Reproduktionsorgane, «Skorpion»: ITt.
Nun handelt es sich darum, daß wir den Ansatz gewinnen für das
zweite Zwillingspaar. Wenn Sie ins Auge fassen, was für den Menschen die Oberschenkel sind, wie sie im Grunde genommen nur dadurch, daß sie mit der ganzen Muskulatur des mittleren Menschen in Verbindung stehen, gemäß der eigenartigen Natur des mittleren Menschen bewegt werden, so müssen wir sie eben auch noch dazurechnen. Bis zu den Knien ist der Mensch mittlerer Mensch; es gehen die Kräfte des mittleren Menschen bis in die Oberschenkel hinein und sie erstrekken sich bis zu den Knien. Da haben wir auch, auf der einen Seite nach dem Kopfe, auf der anderen Seite nach den Oberschenkeln, das Zwillingspaar, so daß wir die Oberschenkel noch als zu den Zwillingen gehörig betrachten müssen. Wir bezeichnen sie mit diesem Zeichen >11" und nennen sie «Schütze».
Wenn Sie eingehen auf die Füße, so werden Sie sehen, daß die Oberschenkel zwar noch in innigem Zusammenhange stehen mit dem mittleren Menschen, daß aber die Knie, die Unterschenkel und die Füße so sind, daß sie als Füße der Erdstütze bedürfen und daß die Oberschenkel dasjenige sind, was diese Stütze gebraucht. Da haben Sie etwas, was der Mensch hat, weil er auf der Erde fest und aufrecht- stehen muß. Das, was in den Oberschenkeln noch ist, das ist die Fortsetzung des mittleren Menschen, und das würde sich, wenn es sich nicht anpassen würde an die anderen Glieder und an die Beine, so gestalten können, daß der Mensch ein Lufttier wäre, wenn sich ganz andere Organe ausbilden könnten, die besser als Schwimm- oder Flugorgane angebracht wären. Diese müßten durch die Oberschenkel in Bewegung gesetzt werden. Alles andere aber müßte angesetzt werden.
Sie sehen, daß zum mittleren Menschen die übrigen Teile nicht hinzugerechnet werden brauchen, so daß wir einen siebengliedrigen Menschen jetzt haben. Das ist der zweite siebengliedrige Mensch. Wenn Sie den Unterschied des ersten und des zweiten siebengliedrigen Menschen ins Auge fassen, so werden Sie finden, daß derselbe ein ganz enormer ist. Wenn wir den ersten siebengliedrigen Menschen ansehen, so haben wir die hauptsächlichsten, die bedeutungsvollsten Sinnesorgane im Kopfe, also im ersten siebengliedrigen Menschen stationiert. Wenn wir zu diesem ersten siebengliedrigen Menschen, wie wir es müssen, auch noch die Arme und Hände hinzurechnen, dann haben
wir Organe zu diesem siebengliedrigen Menschen gerechnet, welche eine Eigentümlichkeit haben, die nur einer äußeren materialistischen Beobachtung nicht auffällt. Denn die menschlichen Organe, die wir Arme und Hände nennen, würden dem Menschen, wenn er sie sinnvoll betrachtete, das Erhabene und Bedeutungsvolle der menschlichen Natur in einem ganz besonderen Maße zeigen.
Wenn man von einer Kunst der Natur sprechen wollte, die in einer wunderbaren Weise vereinigt wird mit alledem, was der Mensch als den Tempel Gottes voraussetzt, so könnte man diese Kunst der Natur wohl durch nichts anderes so veranschaulichen, als wenn man gerade auf den Wunderbau der menschlichen Arme und Hände eingehen würde. Nehmen Sie die entsprechenden Organe bei anderen Wesen, bei den dem Menschen verwandten Tieren. Sehen Sie einmal zum Vergleich, sagen wir, um weit von dem Menschen abzugehen, die vorderen Gliedmaßen der Vögel, die Flügel an. Die Flügel sind mit dem zu vergleichen, was ich beim Menschen entsprechend mit den Händen bezeichnet habe. Der Vogel könnte nicht fliegen ohne die Flügel. Sie sind ihm Nützlichkeitsorgane für sein Dasein, sie sind im unendlichen Sinne Nützlichkeitsorgane. Die menschlichen Hände sind in diesem Sinne keine Nützlichkeitsorgane. Wir können sie zwar ausbilden zu Nützlichkeitsorganen, aber es bedarf eben dann der Ausbildung. Wir können mit denselben nicht fliegen und nicht schwimmen, und sie sind
sogar zum Klettern ungeschickt, wozu die vorderen Gliedmaßen der mit dem Menschen nächstverwandten Tiere, der Affen, sogar sehr geschickt sind. Man möchte fast sagen: Diese Hände sind, wenn man die Sache so betrachtet, daß man bloß den Standpunkt der Nützlichkeit ins Auge faßt, für alle äußeren Nützlichkeitsbetätigungen eigentlich recht unzweckmäßig eingerichtet, höchst unzweckmäßig für alles Äußere. - Wenn wir aber beachten, was der Mensch mit seinen Händen hat machen müssen im Laufe der Erdenentwickelung, so müssen wir sagen, sie erweisen sich als etwas Kostbares, wenn es sich darum handelt, das, was der Geist erringen kann, zum äußeren Ausdruck zu bringen.
Denken Sie einmal an das Allerelementarste zunächst. Wird die Hand, neben dem Worte, wenn sie sich der Gebärde bedient, nicht zu
einem ausdrucksvollen Organ? Drückt sich in der verschiedenen Formation derselben nicht sogar sehr viel von dem inneren Charakter des Menschen aus? Und denken Sie an die menschliche Kultur, denken Sie sich, daß die Hände des Menschen mehr bestimmt wären zu einem Nützlichkeitszwecke, zum Klettern oder Schwimmen> oder daß sie notwendig wären zur Fortbewegung. Denken Sie sich, daß die Welt nicht so eingerichtet wäre, daß wir erst gehen lernen müssen; wir müssen es erst lernen durch im Grunde genommen gegenüber der übrigen Natur recht unzweckmäßige Bewegungen, nämlich in einer pendelartigen Fortbewegung der beiden Beine. Der Mensch achtet nur nicht darauf, daß die Bewegung der Beine des Menschen recht unzweckmäßig ist und daß jedes Tier seine Beine in bezug auf seine Organisation viel nützlicher eingerichtet hat. Unsere Hände sind auch dieser Daseinsbedingung entzogen. Denken Sie sich also, daß das nicht so wäre und daß es dem Menschen leichter geworden wäre, die Hände zur Fortbewegung zu benutzen. Dann müßten Sie sich die ganze menschliche, die ganze geschichtliche Kultur wegdenken. Und denken Sie an alles das, was der Mensch als Künstler durch die Hand zu vollbringen hat: Sie müßten auch alle Kunst wegdenken, wenn die Hände zu Nützlichkeitsorganen geworden wären.
Das ist eine Vorstellung, die dem okkultistischen Aspiranten durch die Seele ziehen muß, daß wir in unsere`n Händen und Armen wunderbare Organe haben, die mit dem geistigen Leben, wie es auf der Erde sich abspielt, in einem enorm innigen Zusammenhang stehen. Wenn wir also betrachten, daß der Mensch in bezug auf den Kopf, wo hauptsächlich die Sinnesorgane lokalisiert sind, sinngemäß mit der Außenwelt in Berührung steht, daß er durch seine Hände mit der Außenwelt arbeitet, daß er in seinem Kopfe vorbereiten kann, was er durch seine Hände der Außenwelt entweder deutet oder als menschliche Kultur übergibt, dann werden Sie sehen, was der erste siebengliedrige Mensch eigentlich ist. Er ist der eigentlich geistige Mensch, der Mensch, der mit der Außenwelt als Mensch hauptsächlich in Verbindung steht. Wenn wir diese sieben Glieder betrachten, wie sie sich innerlich abschließen, dann haben wir den Erdenprozeß bewußt für den Menschen in diesem ersten siebengliedrigen Menschen. Wir sehen
also, wie wir diesen ersten siebengliedrigen Menschen vorzugsweise betrachten müssen als die geistige Natur des Menschen, als das geistige Wesen des Menschen, insofern als der Mensch Erdenmensch ist.
Betrachten wir jetzt das zweite. Das zweite ist etwas, wovon wir sagen müssen, daß es gerade dadurch, daß es die beiden Zwillinge so hat, daß sie nach beiden Seiten als höchst ungleiche Zwillinge ausgebildet sind, seine Verbindung mit der äußeren Welt hat nach der einen Seite nur mit dem Kopfe, nur mit dem, was der Kopf macht, denn es erkennt in dem Kopfe; nach der anderen Seite, insofern als der Mensch ein bewegliches Wesen ist, welches geht und diesen Gang von innen heraus dirigieren kann. Es wird endlich auch mit der Außenwelt verbunden durch die Reproduktionsorgane, durch die der physische Fortgang der Menschen vorhanden ist. So daß wir sagen können: Ohne diesen mittleren Menschen, das heißt, wenn dieser mittlere Mensch nicht diese drei Glieder hätte, nämlich dasjenige, was als Zwillinge nach den beiden Seiten und durch die Reproduktionsorgane vorhanden ist, wäre keine Verbindung vorhanden mit der äußeren Welt. - Dadurch, daß der Mensch diese drei Glieder in seinem mittleren Organismus hat, steht er auf der einen Seite mit dern Erdenprozeß in Verbindung, auf der anderen Seite mit der Fortentwickelung des Erden- menschen, mit der Generationsfolge und der Ablösung des einen Geschlechts durch das andere.
Wenn wir aber das Mittlere ansehen, das, was wir bezeichnen durch die Worte Krebs, Löwe, Jungfrau und Waage, dann müssen wir sagen: Das ist nur für den inneren Menschen da. - Ich meine natürlich den körperlich-inneren Menschen, die körperliche innere Natur des Menschen. Es sendet nach beiden Seiten seine Fortsätze durch die für die mittlere Natur geltenden Zwillinge, aber sonst ist es ganz mit dem Inneren des Menschen beschäftigt, mit der inneren Organisation. Für das Innere des Menschen ist es höchst bedeutungsvoll, daß es ein Herz hat; aber die äußere Natur interessiert es sehr wenig, ebensowenig wie es sie interessiert, daß er einen Unterleib hat.
Da haben wir also drei Glieder, welche wesentlich sind für die äußere Erdennatur, und vier andere Glieder, welche dem Inneren des Menschen im besonderen dienen. Während also der Kopfmensch ei-
gentlich wesentlich im Äußeren lebt, sowohl durch die Sinne wie auch durch den Arm- und Handmechanismus, haben wir hier vorzugsweise ein Leben im Inneren des Organismus. Sie sehen, es sind enorme Unterschiede vorhanden zwischen diesen beiden Menschen, dem mittleren Menschen und dem oberen siebengliedrigen Menschen, dem Haupt- menschen.
Und nun betrachten wir einmal einen dritten Menschen. Damit es uns leichter wird, diesen dritten Menschen vor unsere Seele hinzu- stellen, betrachten wir ihn einmal umgekehrt; fangen wir von der anderen Seite an und sehen wir, wie sich in der Tat ganz naturgemäß dieser dritte Mensch von den anderen abschließt.
Fangen wir jetzt an bei sieben, bei den Füßen. Wir wissen schon von gestern, daß wir sieben, die Füße, mit dem Zeichen X belegen und als «Fische» bezeichnen. Da ist die Menschennatur ganz an die Außenwelt angepaßt. Das ist keine Frage für den, der ein wenig nachdenkt. Es ist wesentlich die Form der Füße, wodurch der Mensch ein Wesen ist, das sich auf der Erde fortbewegt. Alles andere, was zum Gehen notwendig ist, muß der Mensch erst lernen. Naturgemäß ist, daß der Mensch die breite Fläche seiner Füße auf die Erde aufsetzen muß, so daß die Erweiterung der Füße nicht in sein Inneres hinein, sondern nach der Erde zu konstruiert ist. Da nun auch das, was wir die` Unterschenkel nennen, durchaus angepaßt ist dieser Fußnatur - diese Dinge gehören notwendig zusammen -, so können wir sagen: Als zweites müssen wir dazurechnen sechstens die Unterschenkel, die wir bezeichnen als «Wassermann» und mit diesem Zeichen belegen: .
Wir kommen zum fünften Glied, den Knien, die als nichts anderes aufzufassen sind denn als eine notwendige, mechanische Ruhelage gegenüber dem Oberschenkel. Dadurch, daß der Mensch seinen ganzen mittleren Menschen in Zusammenhang bringen muß mit dem unteren Menschen, mit den Füßen und Unterschenkeln, muß sozusagen diese Abteilung in den Knien sein. Denken Sie sich, wie schwer Ihnen das Gehen würde, wenn die Beine nicht so abgeteilt wären. Wenn uns die Beine aus einem einzigen Stück gemacht wären, dann wäre die Sache noch schwieriger, als sie ist. Wenn wir nicht zu gehen brauchten, würde uns der mittlere Teil nicht interessieren. So aber brauchen wir ihn und
benötigen daher auch als Verbindungsglied die Knie. Wir bezeichnen sie mit dem Zeichen ~ und nennen sie «Steinbock»; das ist das fünfte Glied.
Das vierte Glied, die Oberschenkel, haben wir schon betrachtet und gesagt, daß sie zum mittleren Menschen gehören. Sie müßten da sein, auch wenn der Mensch sich in anderer Weise bewegte, wenn er fliegen oder schwimmen würde. Der Mensch müßte sie haben, wenn sie auch eine andere Form haben müßten. Wenn der Mensch auf der Erde gehen soll, so müssen nicht nur die Füße, die Unterschenkel und die Knie dem Erdboden, sondern auch die Oberschenkel diesen Gliedern angepaßt sein. Sie müssen so ausgestaltet sein, daß sie den unteren drei Gliedern sich anpassen. Das erkennen Sie daran, daß Sie sich sagen müssen: Soweit die Oberschenkel den mittleren Organen angepaßt sind, finden sie sich in gleicher Art bei den Vögeln, den vierfüßigen Tieren und bei den Menschen. Aber bei den Menschen sind sie anders ausgebildet als bei den Vögeln und den vierfüßigen Tieren. Sie gehören also zu dem Menschen, insofern er eine Tiernatur hat. Wir bezeichnen die Oberschenkel mit dem Namen des «Schützen» und mit dem Zeichen>;`.
Nun wird jeder selbstverständlich sich klar sein darüber, daß der Mensch, wenn wir seine Reproduktionsorgane betrachten, sie auf der einen Seite von innen bildet, daß sie aber auf der anderen Seite in ihren Äußerungen nach außen hin der Welt angepaßt sind. Wir müssen diese Dinge hier ordentlich besprechen und auf Verhältnisse aufmerksam machen, auf die nur aufmerksam gemacht werden kann, wenn sie mit wissenschaftlichem Ernst betrachtet werden. Die Reproduktionsorgane sind der äußeren Natur dadurch angepaßt, daß sie das eine Geschlecht auf das andere beziehen. Das Organ des männlichen Geschlechts ist nicht nur aus dem mittleren Menschen heraus, sondern auch nach außen hin auf die Reproduktionsorgane des weiblichen Geschlechts hin organisiert. Also drittens haben wir zu sprechen von den Reproduktionsorganen, die wir auch nennen «Skorpion» und bezeichnen mit dem Zeichen ###
Sodann kommen wir zu dem, was man gewöhnlich die «Waage» nennt, die Gleichgewichtslage des Menschen. Man braucht sich die
äußere Form der Waagegegend nur anzuschauen, so weiß man, daß es sich dabei um etwas handelt, was zur mittleren Natur des Menschen gehört. Aber bedenken Sie, daß der Mensch dadurch, daß er ein auf- rechtes Wesen geworden ist, gerade diese Gleichgewichtslage haben mußte, daß gerade diese Gleichgewichtslage so ausgebildet werden mußte, daß der Mensch ein aufrechtes Wesen werden konnte. Sie brauchen nur bei einem vierfüßigen Tier die besondere Waagegegend zu vergleichen mit der des Menschen, und Sie werden erkennen, daß die Waage eine andere sein muß, wenn der Oberkörper nach oben ge`richtet ist, als wenn er waagerecht auf den Füßen und Beinen liegt. Wir müssen daher zweitens die besondere Gleichgewichtslage hinzu- rechnen, dasjenige also, was wir als «Waage»: ~, bezeichnen.
Nunmehr kommen wir dazu, etwas zu besprechen, was notwendigerweise von der heutigen Wissenschaft mißverstanden werden muß. Wir haben nämlich jetzt gleichsam eine sechsgliedrige Natur des Menschen betrachtet; wir haben den Menschen von unten nach oben betrachtet und sechs Glieder von ihm gefunden. Wir haben die anderen beiden Menschen betrachtet; den ersten siebengliedrigen und den zweiten siebengliedrigen Menschen, indem wir ausgegangen sind, um gleichsam einen Stützpunkt zu haben, von dem jeweiligen Gehirn. Indem wir den Kopf betrachtet haben, sind wir von dem Gehirn ausgegangen, und das hat uns nach den Armen und Händen geführt. Wir haben dann das zweite Gehirn ins Auge gefaßt, jenes Gehirn, das wie ein langgezogener Stab, sonst aber ganz Gehirn ist, das Rückenmark. Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, daß dieses Rückenmark sich scheinbar durch ein weniges, aber in Wahrheit durch vieles unterscheidet von dem gewöhnlichen Kopfgehirn. Das Rückenmark ist nämlich das Instrument für alle diejenigen Bewegungen, die der Mensch ausführen muß und die wir die unwillkürlichen Bewegungen des Organismus nennen. Alle Arten von unwillkürlichen Bewegungen, alles, was überhaupt unwillkürlich ausgeführt wird, wird von dem Rückenmark beherrscht. Bei dem Gehirn, wenn wir uns seiner als Werkzeug bedienen, schieben sich zwischen Wahrnehmung und Bewegung die Gedanken hinein, während alles Gedankliche, was beim Gehirn dazwischen ist, beim Rückenmark wegfällt. Da folgt auf die Wahrnehmung
unmittelbar die Bewegung, die Äußerung des Menschen. Bei dem Tiere spielt das Rückenmark eine größere Rolle als beim Menschen, und das Gehirn eine geringere. Deshalb vollzieht die Mehrzahl der Tiere die Verrichtungen unwillkürlich. Der Mensch aber schiebt durch das aufgeblasene Gehirn, zwischen die Wahrnehmung und die Bewegung, das Denken hinein, und deshalb erscheinen seine Taten willkürlich.
Nun wollen wir den dritten Menschen so vor uns hinstellen, daß wir auch in ihm etwas wie ein Gehirn aufsuchen. Sie wissen alle, daß sich im Menschen noch ein von den beiden anderen Nervensystemen, dem Gehirnsystem und dem Rückenmarksystem getrenntes Nervensystem befindet, das Gangliensystem, das Sonnengeflecht genannt, das sich im unteren Teile des Menschen ausbreitet und seine Stränge, parallel dem Rückenmark, nach oben schickt. Das ist ein von den übrigen genannten gesondertes Nervensystem, das heißt, dem richtigen Gehirn gegenüber betrachtet, ein besonderes, unausgebildetes Gehirn.
Wenn wir heraufkommen über die Waage, so finden wir jenes merkwürdige Gangliensystem, das Sonnengeflecht, wie ein Gehirn des dritten Menschen ausgebreitet; und es schließt sich mit anderen Worten dem mittler6n Menschen etwas an die besonderen Organe, die wir aufgezählt haben, an, das wir auch wie eine Art Gehirn, als ein drittes Gehirn zu betrachten haben: das Sonnengeflecht.
Mit diesem Sonnengeflecht stehen im wesentlichen Zusammenhange - und das ist etwas, worüber die äußere Wissenschaft nicht so leicht in Klarheit kommen kann - die Nieren und das Nierensystem. So wie die Substanzmasse des Gehirns mit den Nervenverbindungssträngen zusammengehört, so gehören die Nieren zusammen mit dem Bauchgehirn, dem Sonnengeflecht. Tatsächlich sind Sonnengeflecht und Nieren zusamnien eine besondere Art von untergeordnetem Gehirn. Wenn wir nun zu dem Unterleibe des Menschen dieses Gehirn rechnen, so können wir es, ebenso wie die anderen Unterleibsorgane, bezeichnen mit dem Ausdruck «Jungfrau»: i`)~ö Das ist also das siebente oder hier erste Glied, das sich als Zusammenhang von Sonnengeflecht und Nieren ergibt; und so ergibt sich uns dasjenige, was nach oben diesen dritten siebengliedrigen Menschen abschließt.
So finden wir den Menschen in dieser Art als einen dreifachen Menschen zusammengefügt. Diese drei Menschen wirken 1neinander und zusammen, und niemand kann in Wahrheit die menschliche Natur verstehen, der nicht weiß, daß im Menschen in Wirklichkeit diese drei Menschen zusammen wirksam sind. Drei siebengliedrige menschliche Naturen wirken also in dem Menschen zusammen.
Dieses zuletzt genannte Gehirn interessiert die Außenwelt außerordentlich wenig. Das ist überhaupt nur dazu da, um die innere menschliche Natur aufrechtzuerhalten. Alle anderen Organe sind wesentlich an die Außenwelt angepaßt, aber in ganz anderer Weise als der Kopfmensch. Während der Kopfmensch an die äußere Welt so angepaßt ist, daß wir sagen müssen: Er ist vorzugsweise durch dasjenige in seinen Kopforganen an die äußere Erdenwelt angepaßt, wodurch er diese Erdenwelt zu einer menschlichen Kulturweit umgestaltet, so müssen wir dagegen sagen: In alledem, was die äußeren und auch die inneren Organe des untersten Menschen ausmachen, haben wir es nur mit etwas zu tun, was dem Menschen selber gehört, was dem Menschen selber dient. - Nur weil der Mensch nicht genau die Dinge überdenkt, findet er nicht heraus, wie enorm verschieden, wie grundverschieden diese drei Menschen in der gesamten Menschennatur sind.
Der Okkultismus hat immer das, wovon wir jetzt die eine Seite geschildert haben, als das Mysterium magnum, als das große Mysterium bezeichnet. Wir haben hier die äußere Seite, diejenige Seite des Mysterium magnum vor uns, die man zwar in der Außenwelt sieht, aber nicht richtig beurteilt, weil man nicht von vornherein einen dreifachen siebengliedrigen Menschen in dem unterscheidet, was als Einheit er- scheint.
Nun gehen wir zu der anderen Seite dieses Mysteriums. Wir haben gesprochen von der Ich-Natur des Menschen, wir haben davon geredet, daß diese Ich-Natur des Menschen als eine Einheit erscheint. Wir haben aber auch gesehen, daß diese Einheit fortwährend abgebrochen wird, daß sie immer durchbrochen wird von dem Schlafe. Lesen Sie nun die entsprechenden Kapitel in meinem, auch in Ihre Sprache übersetzten Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», da werden Sie etwas höchst Merkwürdiges finden. Sie werden finden, daß, wenn
der okkultistische Aspirant seinen Schritt aus dem gewöhnlichen Bewußtsein heraus macht, er mit seinem Bewußtsein, mit seinem Ich, gleichsam in drei Glieder aufgeteilt wird, und zwar so, daß die selbständigen Glieder seines Inneren ihn überwältigen: die denkende Seele, die fühlende Seele, die wollende Seele. Im gewöhnlichen Leben sind diese drei Dinge, Denken, Fühlen und Wollen, zusammengefügt in der Ich-Natur, im Ich-Bewußtsein. Während also überall in unserem gewöhnlichen, alltäglichen Bewußtsein ineinanderspielen Denken, Fühlen und Wollen, gehen sie auseinander, sobald wir einen Schritt in das höhere Bewußtsein hinein tun. Das ist bedeutungsvoll und zu berücksichtigen beim okkultistischen Aspiranten, daß, wenn er sein Bewußtsein überschreitet, er sich wie aufgeteilt findet in drei Glieder, daß seine Ich-Einheit gewissermaßen aufgeteilt ist in einen denkenden, fühlenden und wollenden Menschen.
Da haben Sie die andere Seite des Mysterium magnum. Während der Mensch, wenn er den realen Schritt macht mit dem Überspringen des Bewußtseins, seine Ich-Einheit in drei Glieder teilt, teilt sich uns die scheinbare Einheit der äußeren menschlichen Gestalt, sobald wir ihr näher an den Leib rücken, in drei siebengliedrige Menschen. Also sowohl unsere innere Ich-Natur wie unsere äußere Gestalt sind je eine Einheit, die in je drei Menschen zu teilen sind. Der äußere Mensch teilt sich in den sie`bengliedrigen Kopfmenschen, den siebengliedrigen mittleren Menschen und den siebengliedrigen Fußmenschen. Das Ich des Menschen teilt sich, sobald es nur den ersten Schritt ins okkulte Gebiet macht, in drei Glieder: in den denkenden, fühlenden und wollen- den Menschen, die einander gegenüberstehen und selbständig werden. Da haben Sie die andere Seite.
Diese beiden Gedanken muß der okkulte Aspirant haben, s,obald er den ersten Schritt in ein höheres Bewußtsein macht. Wie das Bewußtsein aufgeteilt wird in drei Glieder, so kann man auch, wenn man sachgemäß vorgeht, das, was als äußere Gestalt erscheint, als drei siebengliedrige Menschen erkennen. Das sind zwei Seiten eines mehrgliedrigen Mysterium magnum. Die anderen Seiten werden wir noch besprechen. Jetzt haben wir die elementarsten, die allerersten Anfänge des Mysterium magnum, des großen Mysteriums angedeutet.
Daher werden Sie, als okkultistische Aspiranten, auf einer gewissen Stufe der Entwickelung überall dem Ausdruck, der Formel in irgendeiner Weise begegnen: Das große Geheimnis ist: drei sind eins, und eins sind drei. Für den Okkultisten bedeutet diese Formel das, was ich jetzt charakterisiert habe, und sie hat in dieser Bedeutung ihren vol
len guten Sinn. Nur wenn äußeres Mißverständnis sie zu einem materialistischen Dogma macht, verändert sie ihren Sinn. Wenn wir sie aber so verstehen, wie es oben ausgeführt ist, wird sie uns eine symbolische Zusammenfassung dessen sein, was wir heute ausgeführt haben. Dann ist diese Formel der Ausdruck des Mysterium magnum. Wenn man eindringen will in den Okkultismus, so wie das hier in vieler Beziehung versucht worden ist, dann muß man verstehen die geheimnisvolle, scheinbar recht widerspruchsvolle Formel: Drei sind eins, und eins sind drei. Es wurde in der Tat gerade dem mittelalterlichen okkultistischen Aspiranten immer wieder und wieder gesagt: Beachte zuerst, was gesagt wird, damit du verstehen kannst das Geheimnis, wie die Drei gleich eins und die Eins gleich drei sein kann.
Oberer Mensch
1. Aufrechtlage ^
2. Richtung nach vorn _
3. Symmetrie `
4. Oberarme f
5. Ellenbogen g
6. Unterarme h
7. Hände i
Mittlerer Mensch
1. Kopf und Füße, Zwillinge `
2. Brusteinhüllung a
3. Inneres, Herz b
4. Bestimmung durch das zweite Innere c
5. Gleichgewichtslage d
6. Reproduktionsorgane e
7. Oberschenkel f
Unterer Mensch
7. Füße i
6. Unterschenkel h
5. Knie g
4. Oberschenkel f
3. Reproduktionsorgane e
2. Gleichgewichtslage d
1. Nieren, Sonnengeflecht e
SIEBENTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 9. Juni 1912
Es war ein Teil des sogenannten Mysterium magnum, das wir berühren mußten am gestrigen Tage, und es wird sich vielleicht für man- chen von Ihnen eine gewisse Schwierigkeit ergeben haben, es gerade von diesem Gesichtspunkte aus zu betrachten, den wir da ins Auge fassen mußten, um mit allen Einzelheiten gut zurechtzukommen. Aber die Welt ist einmal kompliziert, und es geht wirklich nicht anders, wenn man Verlangen trägt, zu gewissen höheren Erkenntnissen aufzusteigen, als daß man auch die Mühe nicht scheut, manche kleine Schwierigkeit mit in Kauf zu nehmen.
Wenn wir uns noch einmal vergegenwärtigen, übersichtlich und zu- sammenfassend, was wir unter diesem großen Mysterium zu verstehen haben, so ist es ja auf der einen Seite gewesen die Dreigliedrigkeit des Menschen, oder eigentlich, noch besser gesagt, die Zusammensetzung des Menschen aus drei Menschen von je sieben Gliedern, so daß wir unterscheiden können einen oberen Menschen, einen mittleren Menschen und einen unteren Menschen. Diese drei Menschen erscheinen uns, wenn wir durch die Welt wandern und unsere Erlebnisse haben, innig miteinander verbunden. Das gewöhnliche Bewußtsein unterscheidet diese drei Menschen nicht voneinander. Das war die eine Seite. Die andere Seite des großen Mysteriums ist die, daß in dem Augenblicke, wo der Mensch sich erhebt aus seinem gewöhnlichen Erdenbewußtsein heraus zu einem Bewußtsein höherer Art, er sofort vor der Tatsache steht, die ja auch ausgefiihrt wurde in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?»: daß er dann ein Zerreißen seines Bewußtseins in drei Teile, ein Auseinandergerissenwerden seines ganzen Menschen gewärtigen muß, nämlich in einen denkenden Menschen, in einen fühlenden Menschen und in einen wollenden Menschen. Aufgeteilt in diese drei inneren Seelenwesen fühlt sich der Mensch gleichsam, wenn er zu einem höheren Bewußtsein aufsteigen will. Auf der einen Seite haben wir also den dreimal siebengliedrigen Menschen, auf der anderen Seite haben wir bei einem
Überschreiten des gewöhnlichen Bewußtseins sofort eine Dreiteilung dieses unseres Bewußtseins, so daß der Mensch, der als okkulter Aspirant zum Hellseher wird, wie Sie aus dem erwähnten Buche wissen, mit aller Gewalt sich anstrengen muß, daß er zusammenhält die drei Glieder seines Bewußtseins, damit er innerlich-seelisch nicht auseinanderfällt. Ein innerliches Verhängnis wäre es, wenn er auseinanderfiele. Während wir also im gewöhnlichen Leben fortwährend versucht sind, das, was dreifach ist, die menschliche Natur, in eine Einheit, in eine einzelne menschliche Gestalt zusammenzuschließen, ist es gegenüber unserem Inneren, gegenüber unserem Seelenleben so, daß wir in dem Augenblicke, wo wir nur irgendwie unser Bewußtsein überschreiten, sogleich darauf hingewiesen werden, daß wir ein dreifaches Wesen sind, hingewiesen werden darauf, daß uns Gefahr droht, im innersten Seelenleben in drei Menschen auseinandergerissen zu werden.
Verstehen, wie die Dinge sich eigentlich verhalten, werden wir am besten, wenn wir zunächst ganz elementar noch einmal unseren Ausgangspunkt nehmen von dem, was zwar das alltägliche Leben darbietet und dem okkulten Aspiranten deutlich gemacht wird, was sich aber die Menschen in diesem gewöhnlichen äußeren Leben eigentlich durchaus nicht klarmachen. Schon im gewöhnlichen Leben weisen die drei Seelenkräfte des Menschen, die man auch im gewöhnlichen Leben unterscheidet, oder besser gesagt, die einzelnen Eigenschaften des Bewußtseins selbst im Laufe des Lebens deutlich auf das hin, was wir gestern als den dreigliedrigen Menschen kennengelernt haben.
Schauen Sie sich einmal den Menschen an, wie er im alltäglichen Leben vor Ihnen steht. Was muß denn, damit das alltägliche Bewußtsein zustande kommt, eigentlich stattfinden? Damit das alltägliche Bewußtsein zustande kommt, das Bewußtsein, das Sie als denkende Erdenmenschen hauptsächlich mit sich herumtragen, dazu ist notwendig, daß die äußeren Eindrücke auf Ihre Sinne wirken können. Die Sinne sind hauptsächlich, insofern sie uns von dem Erdenleben unterrichten, im Kopfe fixiert, und der Inhalt des Bewußtseins, das, was in dem Bewußtsein drinnen ist, rührt zunächst hauptsächlich von diesen Sinnen her.
Wenn Sie von den drei Menschen, die wir gestern kennengelernt
haben, den oberen Menschen nehmen, so werden Sie sich sagen: Die Eindrücke des Tages, des gewöhnlichen Bewußtseins, geschehen vorzugsweise auf den oberen Menschen, auf den Kopfmenschen. Die machen sich dadurch geltend, daß der Mensch imstande ist, diesen Ein- drücken des äußeren Bewußtseins, wenn sie auf ihn wirken, das Instrument seines Gehirns, überhaupt seines ganzen Kopfes entgegen- zustellen.
Nun wird Ihnen eine leichte Überlegung zeigen, daß der Mensch, so wie er als Erdenmensch ist, keineswegs bloß Kopfmensch sein kann. Für die okkulte Betrachtung haben wir gestern gesehen, wie der Mensch auseinanderfällt in die drei Teile. Aber so wie der Mensch vor uns steht als Erdenmensch, muß der Kopf, damit er lebensfähig ist, unterhalten werden von den Substanzen und Kräften, welche fortwährend aus dem zweiten, dem mittleren Menschen in den Kopf hineingeschickt werden. Die Nahrungsstoffe müssen durch die Blutzirkulation aus dem mittleren Menschen in den Kopf fließen, müssen unterhalten das Gehirn; dann kann das Gehirn sich als ein Werkzeug den äußeren Sinneseindrücken entgegenstellen, und dann können namentlich die Gedanken und Vorstellungen infolge der äußeren sinnlichen Eindrücke im Menschen entstehen.
Das, was da durch das Instrument des Gehirns entsteht, erlebt der Mensch in seinem gewöhnlichen Bewußtsein; und Sie wissen auch, daß dieses gewöhnliche Bewußtsein, wenn der Mensch schläft, aufhört, daß die äußeren Sinneseindrücke dann nicht mehr da sind, daß sie nicht mehr auf den Menschen wirken. Wenn der Mensch nun schläft und die äußeren Sinneseindrücke nicht mehr auf das von dem mittleren Menschen unterhaltene Gehirn wirken, dann geschehen natürlich noch immer Wirkungen von diesem mittleren Menschen auf den oberen, von dem zweiten Menschen auf den ersten, also auf dieses Gehirn. In diesem mittleren Menschen wird auch während des Schlafes die Atmung unterhalten; es werden ferner die anderen Tätigkeiten des mittleren Menschen unterhalten; das Blut wird ebenso, wenn der Mensch schläft, in sein Gehirn geleitet, wie wenn er wacht. Nur mit einem kleinen Unterschiede geschieht das im Grunde genommen.
Ein Unterschied ist schon vorhanden in der Art und Weise, wie
das Instrument des alltäglichen Bewußtseins durch den mittleren Menschen unterhalten wird im Wachen, und wie es unterhalten wird im Schlafen. Der Unterschied drückt sich zum Beispiel dadurch aus, daß während des Schlafes die Zahl unserer Atemzüge eine geringere, von etwa zwanzig auf fünfzehn heruntergesetzt ist, daß auch die Atmungsmenge der Kohlensäure ungefähr um ein Viertel geringer ist, und daß die ganze Art der Ernährungsweise sich während des Schlafes ändert. Wenn also unter Umständen die gewöhnliche Ernährungsweise des Menschen und ihre Wirkung im Schlafe fortdauern, so kann das so- gar sehr schlimm sein. Das wissen die Menschen aus der Tatsache heraus, daß man nach einer reichlich genossenen Mahlzeit schlecht schläft, so daß also in der Tat das Gehirn durch eine unmittelbar vor dem Ein- schlafen reichlich genossene Mahlzeit in seiner Ruhe gestört wird. Es ist also schon ein Unterschied zwischen dem Schlafzustande und dem Wachzustande auch in der Art, wie der mittlere Mensch in den oberen Menschen hinaufwirkt.
Nun fragen wir uns einmal: Was hat denn das zunächst zur Folge für den gewöhnlichen Erdenmenschen, daß dieser Unterschied eintritt?
Daß der Mensch sich der äußeren Welt verschließt und nur in seinem leiblichen Inneren, in dem, was wir als die Gestalt des Menschen beschrieben haben, wirkt von dem mittleren Menschen nach dem oberen Menschen hin durch das, was an Kräften in dem mittleren Menschen vorhanden ist, das hat zur Folge, daß das gewöhnliche Alltagsbewußtsein ausgelöscht wird, daß der Mensch, obwohl er während des Schlafes sein Gehirn hat, die Wirkungen, die da geschehen von dem mittleren Menschen aus auf dieses Gehirn, eben nicht wahrnimmt, daß diese Wirkungen ausbleiben und eigentlich nur in dem vorhanden sind, was wir gewöhnlich das Traumbewußtsein nennen.
Dieses Traumbewußtsein ist zwar sehr kompliziert, aber der Mensch kann sehr leicht, wenn er ein wenig nachdenkt, zu der Erkenntnis kommen, daß eine gewisse Klasse von Träumen durchaus mit dem zusammenhängt, was im mittleren Menschen vor sich geht, und davon herrührt, daß das Gehirn nicht bloß imstande ist, die äußere Welt wahrzunehmen, wenn die Sinneseindrücke auf das Gehirn wirken, sondern daß es auch in gewisser Weise imstande ist, das wahrzuneh
men, was als Wirkungen aus dem mittleren Menschen in Form von Traumbildern, die allerlei Symbole annehmen, geschieht. Wenn im Herzen etwas in Unordnung ist, so kann das sehr leicht geträumt werden unter dem Symbole eines kochenden Ofens. Wenn in den Gedärmen etwas nicht in Ordnung ist, so wird häufig von Schlangen geträumt. Das Innere charakterisiert sich sehr oft so, daß der Traum auf das hinweist, was im Inneren des mittleren Menschen geschieht. Und wer mit der gewöhnlichen äußeren Wissenschaft auf diesen merkwürdigen Zusammenhang eingeht, der wird sich sagen können, daß Unregelmäßigkeiten, Irregularitäten des mittleren Menschen symbolisch in Traumbildern wahrgenommen werden.
Es gibt ja auch, wie Sie durchaus wissen, Menschen, die in bezug auf Träume dieser Klasse noch viel weitergehende Erfahrungen machen; Menschen, welche das Herankommen von gewissen Krankheiten in ganz bestimmten symbolischen Traumbildern wahrnehmen können, so daß man oftmals den deutlichen Zusammenhang finden kann zwischen ganz regelmäßig wiederkehrenden Traumbildern symbolischer Art und einer später eintretenden Lungen-, Herz- oder Magenkrankheit und dergleichen.
Ebenso wie es möglich ist, durch ein genaues Aufmerken beim Auf- wachen wahrzunehmen, daß, wenn man von einem kochenden Ofen geträumt hat, manchmal das Herz schneller schlägt, was sich eben in dem kochenden Ofen ausdrückt, so können die Lungenkrankheiten, innere Unregelmäßigkeiten des Magens, überhaupt alle Krankheiten, die sich noch nicht als Krankheiten äußern, symbolisch in Traumbildern sich ankündigen. Wir können also sagen: Das menschliche Gehirn, oder besser des Menschen Seele, ist nicht nur empfänglich für äußere Eindrücke, die durch die Sinne vermittelt werden, sondern auch für das leibliche Innere des Menschen, nur mit dem Unterschiede, daß es da keine wahren Vorstellungen aufnimmt, sondern sich phantastisch-symbolische Vorstellungen von dem bildet, was im mittleren Menschen vor sich geht.
Da haben wir schon ganz deutlich, wenn wir diese Tatsache ins Auge fassen, das Faktum gegeben, daß der Mensch träumend sich selbst wahrnimmt, daß er von sich sagen kann: In meinen Träumen schaue
ich mich selber an. - Aber im Wahrnehmen während des Traumes weiß er das nicht; er nimmt sein Herz im Traume wahr, aber er weiß nicht, daß es sein Herz ist, das er wahrnimmt. Er nimmt einen kochenden Ofen, einen Gegenstand außerhalb seiner selbst wahr, das heißt, das, was in ihm ist, ist nach außen projiziert und stellt sich außerhalb des Menschen hin. Sie sehen also da ganz deutlich, daß der Mensch es im Traumbewußtsein nur mit seinem leiblichen Inneren zu tun haben kann und daß er durch dieses Traumbewußtsein auseinandergezerrt, auseinandergerissen wird.
Das gewöhnliche Leben verläuft ja so, daß wir es in der Regel nur zu tun haben mit Wachen und Schlafen. Nun wissen Sie aber auch gerade aus dem Traume, daß nicht nur die Zustände des mittleren Menschen, sondern auch die Zustände des oberen, des Kopfmenschen selber wahrgenommen werden im Traume. Sie brauchen nur achtzugeben auf jene Träume, welche hervorgerufen werden durch die Unregelmäßigkeiten im Kopfe selber. Durch das, was als Unregelmäßigkeit im Kopfe selber wahrgenommen wird, nimmt sich im Traume also das Gehirn, oder besser gesagt die Seele mittels des Werkzeuges des Gehirns wahr. Es nimmt der obere Mensch sich selber wahr. Diese Träume haben immer etwas außerordentlich Charakteristisches. Wenn Sie einen Traum haben und Sie wachen auf mit irgendeinem Schmerz im Kopfe, so ist das so, daß der Traum eine symbolische phantastischbildhafte Wiedergabe Ihrer Kopfschmerzen ist. In der Regel werden solche Träume immer so sein, daß sie sich beziehen auf Unregelmäßigkeiten des Gehirnes selber, auf Unregelmäßigkeiten im oberen Menschen, und sie werden sich immer so ausnehmen, daß Sie dabei ins Weite hinausgeführt werden, daß Sie in einem großen Gewölbe oder in einer Höhle darinnen sind. Namentlich das Gewölbe über dem Menschen ist das Typische, das Charakteristische der Kopfschmerzträume. Irgend etwas wird darinnen krabbeln, oder Spinnengewebe werden da sein, oder Unreinlichkeiten werden an der Decke der Höhle sich befinden. Es kann auch ein Palast sein, den Sie da über sich wahrnehmen.
Also der Mensch nimmt als oberer Mensch sich selbst wahr, aber er versetzt das Wahrgenommene wieder nach außen. Es ist da gleichsam
so, daß der Mensch aus sich selber herausgeht und das, was in ihm ist, was in seinem Kopfe ist, nach außen versetzt. Also wiederum eine Art von Spaltung des Menschen, eine Art von Auseinanderzerrung, von Selbstverlieren, von Selbstauslöschung.
Die Zustände, die ich Ihnen jetzt geschildert habe, sind eben Traumzustände. Sie sind Zustände, welche Ihnen deutlich zeigen, wie der Mensch schon im Traumbewußtsein auseinanderfällt, wie die Einheit seines Bewußtseins, wie sein Ich-Bewußtsein nicht aufrechterhalten bleibt, und wie im Grunde genommen das, was als Traum auftritt, immer ein Spiegel, ein symbolisches Spiegelbild dessen ist, was innerhalb der Leiblichkeit des Menschen selber vorgeht.
Nun handelt es sich aber darum, daß der okkultistische Aspirant tatsächlich nicht bloß von dem gewöhnlichen Wachbewußtsein zu einem Traumbewußtsein übergeht, das wäre nichts Besonderes, sondern daß er zu einem ganz anderen Bewußtseinszustande übergeht; daß er durch diejenigen Übungen, die charakterisiert worden sind in den früheren Stunden, durch die Unterdrückung des Verstandes, des Willens, des Gedächtnisses, von sich loskommt und zu einem ganz anderen Bewußtsein gelangt.
Zum Verständnis dieses anderen Bewußtseins, das kein Traumbewußtsein ist, kann doch das Traumbewußtsein demjenigen dienen, der das hellseherische Bewußtsein gar nicht kennt. Dieses Verständnis ergibt sich in folgender Art. Wenn wir uns fragen: Was ist es hauptsächlich, was der Mensch von seinem leiblichen Inneren in den Traumzuständen wahrnimmt, so müssen wir antworten: Es ist das Schmerzhafte, das Unordentliche, es ist das, was als eine Unregelmäßigkeit im leiblichen Inneren vorgeht. Eine leichte Überlegung zeigt Ihnen, daß die gewöhnlichen, normalen Zustände des Inneren nicht wahrgenommen werden vom Traumbewußtsein. Wenn der Mensch ganz gesund is,t als oberer und als mittlerer Mensch, wenn alles im Kopf und im mittleren Menschen in Ordnung ist, dann schlafen die Menschen auch ordentlich, dann kann man unter gewöhnlichen Umständen - ich bitte dieses Wort wohl zu beachten - nicht sagen, daß den Menschen etwas drängt, seinen ruhigen Schlaf durch Träume zu unterbrechen.
Nun aber ist der Weg, den das höhere, das hellseherische Bewußt
sein nehmen muß, auch ein solcher, welcher durch ähnliche Verhältnisse hindurchgeht wie das Traumbewußtsein. Nur wird dieses Durch- gehen durch ähnliche Verhältnisse eben durch okkultistische Schulung erreicht; und es ist nicht anders, als daß der Mensch im Hellsehen zunächst sich dazu bringt, nicht bloß die äußeren, gewöhnlichen schmerzhaften Zustände seines leiblichen Inneren zu erkennen, sondern daß er zunächst dazu gebracht wird, die normalen Zustände seines leiblichen Inneren wahrzunehmen, die sich also dem gewöhnlichen Menschen beim ruhigen Schlafe entziehen. Diese Zustände lernt der Mensch zunächst als hellseherischer Aspirant kennen. Mit anderen Worten: er wird kennenlernen sein Gehirn, seinen Kopfmenschen, und er wird den mittleren Menschen kennenlernen, indem er lernt, ihn innerlich wahrzunehmen. In ähnlicher Weise, wie in bestimmten Träumen der schlafende Mensch seinen mittleren und seinen Kopfmenschen wahrnimmt, so wird der hellseherische Aspirant dazu kommen müssen, seinen mittleren und oberen Menschen kennenzulernen.
Gehen wir einmal aus von dem mittleren Menschen. Wenn Sie den mittleren Menschen ins Auge fassen, so werden Sie sich gestehen müssen, daß in diesem mittleren Menschen eigentlich nichts da ist, was im besonderen unmittelbar an die Außenwelt weist. Im Kopfe sind es die Augen und die anderen Sinnesorgane, die unmittelbar an die Außenwelt weisen. Der mittlere Mensch hat zwar, weil der Tastsinn über die ganze Haut ausgedehnt ist, auch die Möglichkeit, mit der äußeren Welt in Beziehung zu treten; aber diese Wahrnehmung der äußeren Welt durch den mittleren Menschen ist wirklich eine geringfügige gegenüber der Erkenntnis der äußeren Welt, die wir durch den Kopfmenschen gewinnen. Diese Wahrnehmung hat nicht viel Bedeutung, und selbst die Wärme, die auf den mittleren Menschen wirkt, hat eigentlich als Wahrnehmung die größte Bedeutung doch nur für das innere Erleben des Menschen, für sein inneres Befinden. So haben wir den mittleren Menschen als ein in sich geschlossenes Wesen, das innere Vorgänge hat, welche ihm das Allerwichtigste sind, die aber wenig Bedeutung haben für das Verhältnis des Menschen zur Außenwelt.
Aber wenn Sie sich fragen, ob denn dieser innere Mensch nicht vielleicht einen der Erkenntnis des gewöhnlichen Bewußtseins sich ent
ziehenden Zusammenhang hat mit der äußeren Welt, da werden Sie gleich darauf kommen, daß dieser innere mittlere Mensch ebenfalls einen ganz beträchtlichen Zusammenhang hat mit der äußeren Welt. Es hängt alles davon ab, daß dieser mittlere Mensch angepaßt ist den Erdenverhältnissen. Er muß die Erdenluft atmen, er muß die Stoffe, welche auf der Erde gedeihen, zu seiner Ernährung haben. Der mittlere Mensch und die Erde gehören auf diese Weise zusammen. Wären nicht diejenigen Stoffe im Umkreise des Erdendaseins vorhanden, welche notwendig sind, das Leben des mittleren Menschen zu unter- halten, so könnte dieser mittlere Mensch so nicht sein, wie er ist. Wäre nicht die Atmungsluft ihm zur Verfügung, dieser mittlere Mensch könnte nicht so sein, wie er ist. Wir müssen also sagen: Dieser mittlere Mensch ist etwas, was wir notwendig rechnen müssen zu unserem Erdendasein, rechnen müssen ganz zu dem, was die Erde dem Menschen geben kann.
Aber nicht allein darum handelt es sich, was die Erde dem Menschen geben kann. Die Erde könnte nämlich lange da sein, und der mittlere Mensch könnte doch nicht bestehen. Wenn dieser Erde nicht zu Hilfe käme die Sonne und das, was der mittlere Mensch braucht, auf der Erde reifen und gedeihen ließe, dann könnte der mittlere Mensch nicht bestehen. Denken Sie sich doch nur einmal, daß dieser mittlere Mensch von der Erde seine Nahrung`sstoffe nimmt, und daß diese Nahrungsstoffe neben der Luft das Wesentliche sind, von dem er unterhalten wird, daß aber alles, was eigentlich an Nahrungsstoffen vorhanden ist, von der Einwirkung der Sonne auf die Erde abhängt. Es wird also dasjenige, was da einzieht in den Menschen, von der Sonne im Erdenumkreis hervorgerufen. Kurz, wir haben es, wenn wir den mittleren Menschen betrachten, nicht etwa bloß unmittelbar mit einer Einwirkung der Erde auf den Menschen zu tun, sondern mittelbar mit einer Einwirkung der Sonne auf den Menschen. Ohne das die Erde umleuchtende physische Sonnenlicht würde der mittlere Mensch nicht bestehen können. Was in diesem mittleren Menschen ist, ist in ihn hineingekommen durch die Arbeit des Sonnenlichtes an der Erde.
Sehen Sie, diese bedeutungsvolle Tatsache, daß dieser mittlere Mensch eigentlich eine Wirkung des Sonnenlichtes ist, drückt sich darin
aus, wenn der okkultistische Aspirant hellseherisch wird, das heißt, nicht bloß ein Traumbewußtsein, sondern ein hellseherisches Bewußtsein entwickelt, daß, während beim Träumen Bilder entstehen, die innere Unregelmäßigkeiten ausdrücken, beim hellseherischen Aspiranten die Bilder, die er empfängt, das ausdrücken, was die Sonne in dem mittleren Menschen tut; das ganz Ordentliche, Regelmäßige zu- nachst, was die Sonne an dem mittleren Menschen tut. Wenn der okkultistische Aspirant hellseherisch wird und in ihm auflebt die Wahrnehmung seines regelmäßigen eigenen Inneren, dann steht er vor dem flutenden Licht, dann hat er um sich das flutende Licht. Wie die Bilder von den inneren Unregelmäßigkeiten den Träumenden umgeben, so umgeben flutende Lichterscheinungen denjenigen, welcher okkultistischer Aspirant ist; es ist zunächst die Wahrnehmung der Sonnenwirkung in seinem eigenen Inneren, die bei ihm auftritt.
Jetzt vergleichen Sie das gewöhnliche äußere Bewußtsein mit diesem eigentümlichen Bewußtsein, das da in dem Hellseher entsteht. Wenn der Mensch als oberer Mensch hinschaut auf die Gegenstände der Erde, dann schaut er diese Gegenstände an - im wesentlichen ist ja wohl die Gesichtsvorstellu`ng vorherrschend im Leben - durch das von den Gegenständen zurückgeworfene, ihm zurückflutende Sonnenlicht. Im äußeren Bewußtsein schaut der Mensch das äußere Sonnenlicht an, wie es ihm zurückgeworfen wird von der äußeren Erde. Was das äußere Sonnenlicht äußerlich an den Dingen der Erde tut, das nimmt das äußere, das alltägliche Bewußtsein des Erdenmenschen wahr. Was das Sonnenlicht an ihm selber tut, was es tut, indem es seinen mittleren Menschen möglich macht, was es tut, indem es hineindringt in den mittleren Menschen mit seiner Wirksamkeit, das erscheint als flutendes Licht vor dem Menschen, wenn er okkultistischer Aspirant wird. Er sieht die Sonne in sich selber in genau derselben Weise, wie er die Sonne äußerlich sieht, wenn der Tag beginnt und solange der Tag dauert. Und wie er die Gegenstände um sich herum sieht, indem das Sonnenlicht zurückgeschickt wird von den äußeren Gegenständen, so sieht der okkultistische Aspirant das Sonnenhafte, wie es ihm von seinem eigenen Inneren zurückgegeben wird, wenn er zu einer gewissen Stufe des Hellsehens gelangt ist. Es ist gleichsam die
Gestalt seines mittleren Menschen, die sich in ihrer Durchleuchtetheit zeigt. Das ist das eine.
Wenn Sie zurückgehen würden in das Altertum und sich unterrichten ließen in den mancherlei alten Mysterienschulen über das, was die okkultistischen Aspiranten zunächst durchgemacht haben, so würden Sie erfahren, daß das, was eben charakterisiert worden ist, zu dem wesentlichen in diesen alten Mysterienschulen gehört hat. Sie würden erfahren, daß der okkultistische Aspirant gelernt hat, die Sonne auf dem Umwege durch den eigenen mittleren Menschen wahrzunehmen, gelernt hat, dasjenige wahrzunehmen, was von den Wirkungen der Sonne fortdauert, auch wenn der Mensch im Schlafe ist, was aber während des Wachbewußtseins sich ihm entzieht, weil seine Aufmerksamkeit ganz in Anspruch genommen wird durch das äußere Bewußtsein. Wie der Mensch ist als Sonnenwesen, das wurde dem okkultistischen Aspiranten klargemacht durch eine bestimmte Stufe der Mysterieneinweihung. So lernte er an seiner Selbsteigenheit das Sonnenwesen kennen, lernte kennen, wie die Sonne nicht bloß äußerlich in dem von den Gegenständen zurückgestrahlten Lichte wirkt, sondern wie sie wirkt in der menschlichen Leibesform selber.
Aber auch das andere muß der okkultistische Aspirant, der angehende Hellseher, finden lernen; nämlich dasjenige, was sich vergleichen läßt mit den Gehirnträumen,` mit den Träumen, die unregelmäßige, unordentliche Gehirnzustände wiedergeben, wo der Mensch, wie ich Ihnen gesagt habe, charakteristisch, typisch immer Symbole wahrnimmt, wie zum Beispiel als wenn er in einer Höhle oder in einem Palaste wäre, kurz, wie wenn sich über ihm etwas wölbte, in das er hineinblicken kann. Wenn der okkultistische Aspirant dazu geleitet wird, nicht nur wahrzunehmen die Zustände seines mittleren Menschen, sondern die Zustände seines oberen Menschen, insofern er gestaltet ist, die Zustände im Inneren des Kopfmenschen, da tritt niemals dasselbe auf wie bei den Wahrnehmungen des mittleren Menschen. Da tritt vielmehr dasjenige auf - ich erzähle Ihnen hier ein- fach eine Tatsache -, was wie eine regelmäßige Erweiterung, wie eine ganz richtige Erweiterung des Gehirnreiztraumes erscheint, nur daß es vollbewußt erlebt wird. Was der Mensch wahrnimmt, wenn er
alle Sinnesorgane geschlossen hat, wenn er nichts Äußerliches wahrnimmt und sich nur innerlich mit hellseherischem Bewußtsein auf sich selbst, auf den oberen, den Gehirnmenschen richtet, das ist tatsächlich der gestirnte Himmel, irgendein Anblick des gestirnten Himmelsgewölbes.
Das war der große Moment im Leben der okkultistischen Aspiranten, namentlich in den alten Mysterien - inwieweit sich das änderte für das neue Mysterienwesen, werden wir noch erfahren -, daß er wahrnahm sein eigenes Inneres, insofern dieses Innere in der menschlichen Form zum Ausdruck kommt, beim oberen Menschen als Himmel mit leuchtenden Sternen; daß er so in die weite Welt hinaussah, obwohl er keinen Sinn offen hatte, und dennoch das Bild des Sternenhimmels da war. Und der allergrößte Moment war dieser, wenn der okkultistische Aspirant beobachtete, nicht was sozusagen an der oberen Oberfläche seines Kopfes ist, sondern wenn er von dem oberen Menschen, von dem Kopfmenschen aus nach dem mittleren Menschen hinunterschaute; wenn er zugleich wahrnahm, ohne irgendeinen seiner Sinne zu öffnen, dasjenige, was die untere Fläche des Gehirnes ist, und diese von dem mittleren Menschen durchstrahlt sah. Da nahm der Mensch in voller Dunkelheit, weil seine Sinne geschlossen waren, denn er war in bezug auf das Äußere wie ein schlafender Mensch, gleichsam innerlich nach unten schauend, die Sonne in der Nacht, inmitten der dunklen Fläche des Himmels wahr. Das ist das, was man in den antiken Mysterien nannte: Die Sonne um Mitternacht schauen -, das heißt, das flutende Sonnenlicht innerhalb der im Verhältnis zur Sonne in ihrer Wirkung viel kleiner sich ausnehmenden Sterne. Das waren bedeutungsvolle Marksteine im Leben des okkultistischen Aspiranten.
Wenn nun der okkultistische Aspirant so weit war, dann konnte er sich etwas ganz Bestimmtes sagen. Er konnte sich sagen: Ja, so wie ich das flutende Sonnenlicht, also die Sonne durch mich selber wahrnehme, wenn ich auf meinen mittleren Menschen schaue, so kann ich ebenso, weil es die reale Sternenwirkung ist, durch den oberen Menschen den Himmelsraum mit seinen Sternen sehen. Daß ich die Sterne sehe und nicht etwa völlige Finsternis vorhanden ist, das rührt davon her, daß
das Gehirn angepaßt ist an die Sterne, so wie mein mittlerer Mensch an die Sonne angepaßt ist. - So entstand die Erkenntnis für den Aspiranten, daß ebenso wie der mittlere Mensch von der Sonne unterhalten wird, wie sein ganzes mittleres Wesen mit der Sonne zusammenhängt, also zur Sonne gehört, der obere Mensch, der Gehirnmensch, zusammenhängt mit der ganzen Welt und ihren Sternen.
Wenn der okkultistische Aspirant dieses in sich erfahren hatte, dann konnte er hinausgehen zu denjenigen, die nur das Tagesbewußtsein besaßen, aber dennoch aus ihren inneren Bedürfnissen, aus der Sehnsucht der Seele heraus den Drang hatten, ein Verhältnis zu gewinnen zu einem über den Erdenmenschen Hinausreichenden. Mit anderen Worten: Es konnte der okkultistische Aspirant hinausgehen zu dem religiös gestimmten Menschen, der solche Zusammenhänge mit der Welt irgendwie empfinden konnte, und ihm sagen: Der Mensch ist nicht bloß, so wie er auf der Erde steht, ein Wesen, welches dieser Erde angehört, sondern ein Wesen, welches teilweise durch die Brust und den Unterleib zusammengehört mit der Sonne, und welches zusammengehört als Kopfmensch mit dem ganzen Weltenraum. - Und dann verwandelte sich dasjenige, was der okkultistische Aspirant dem religiös gestimmten Menschen verkündigen konnte, bei diesem in Andacht, in Gebet.
Je nachdem die Stellung bei dem einen oder anderen Teil der Menschen war, zu denen die okkultistischen Aspiranten als Religionsstifter kamen, konnten diese mehr von dem einen oder mehr von dem anderen sprechen. Zu denjenigen Menschen, die mehr veranlagt wa
ren, ihr Wohlbefinden, das den inneren Menschen angeht, als ein gewisses irdisches Glück zu empfinden, zu den Menschen also, welche sozusagen vorzugsweise ihre Erdenstimmung abhängig machten von dem leiblichen Wohlbefinden des mittleren Menschen, konnten die okkultistischen Aspiranten als Religionsstifter sagen: Das, was da euer Wohlbefinden ausmacht, hängt ab von dem Sonnenwesen. - Diese Menschen wurden dann, durch den Einfluß der okkultistischen Aspiranten, die Anhänger einer Sonnenreligion. Sie können sich überzeugen: Überall über den Erdboden hin, wo Menschen von der eben charakterisierten Art vorhanden waren, bei denen es vorzugsweise darauf
ankam, daß man sie aufmerksam machte auf dasjenige, was ihr inneres Wohlbefinden bedingte, entstanden Sonnenreligionen.
Es ist eine leere Phantasterei einer verhängnisvollen phantastisch- materialistischen Wissenschaft, wenn man glaubt, daß die Menschen ohne weiteres darauf gekommen wären, c!ie Sonne anzubeten. Die Art, wie die gewöhnliche äußere materialistische Wissenschaft davon spricht, daß dieser oder jener Teil der Menschen Sonnenanbeter geworden sind, gehört eben zu den Phantastereien der materialistischen Wissenschaft. Es ist durchaus zu Unrecht, wenn die heutigen materialistisch gesinnten Menschen den Theosophen einen gewissen Hang zur Phantasterei vorwerfen und sich selbst nur Realismus zuschreiben. Im großen und ganzen können wir sagen, daß es dem Materialismus durchaus nicht an phantastischen Anlagen fehlt, wenn er zum Beispiel erklären will, daß gewisse Menschen einmal Sonnenanbeter geworden sind. Da phantasiert er sich irgend etwas zusammen und denkt sich die Sache so, daß die Menschen durch diese oder jene Umstände, man weiß nicht aus welchem Drange heraus, darauf verfallen seien, die Sonne anzubeten. In Wahrheit verhält es sich so, daß die eingeweihten Menschen, die okkultistischen Aspiranten, bei gewissen Bevölkerungen gewußt haben: Wir haben es hier mit solchen Menschen zu tun, die vorzugsweise die Tugend des Starkmuts, des Mutes, der Tapferkeit, kurz, alles das ausbilden, was zusammenhängt mit dem mittleren Menschen; sie müssen wir lehren, daß tatsächlich im Übersinnlichen geschaut werden kann, daß dieser mittlere Mensch ein Ergebnis der Sonnenwirkung ist. - Und diese okkultistischen Eingeweihten haben dann die Menschen, in denen der mittlere Mensch vorherrschte, abgelenkt von dem bloßen Wohlbefinden, dem bloßen In sich Leben und haben ihn hingewiesen zur Andacht, die religiös hinaufschaut zu dem Ursprungswesen dieses mittleren Menschen. Sie haben diesen Menschen zur Sonnenanbetung hingewiesen.
Wie der Materialismus zur Phantasterei veranlagt ist, das kann man an diesem Beispiel sehen. Man kann es aber auch an anderen Beispielen klar bemerken. Wir haben zum Beispiel mancherlei Beschreibungen gelesen über unseren Münchener Bau, die durch eine Indiskretion in die Zeitung gekommen sind, und der materialistische Mensch der
Gegenwart hat sich nun Vorstellungen darüber gemacht, was und wo- zu das alles sein könnte. Da konnte man sich wahrhaft davon überzeugen, daß Phantasie durchaus eine Eigenschaft des heutigen Menschen ist: Wenn es darauf ankommt, Über bestimmte Dinge, über die man nichts weiß, doch zu reden, dann ist der materialistische Mensch nicht verlegen, alle möglichen Phantastereien zur Erklärung herbeizurufen. So ist es im gewöhnlichen Leben, so ist es aber auch in der Wissenschaft. Die Mehrzahl der Erklärungen der materialistischen Wissenschaft sind leere Phantasien; namentlich aber ist es Phantasie, wenn durch die materialistische Wissenschaft versucht wird, etwas über die Sonnenanbetung auszusagen oder zu erklären.
Wenn aber Menschen auf der Erde waren, die weniger Veranlagung hatten, den mittleren Menschen auszubilden, die also mehr zum Denken, zum Vorstellen, zum Leben des oberen Menschen veranlagt waren, da kam etwas anderes in Betracht. Da kam in Betracht, daß die Okkultisten, die als Religionsstifter hinausgingen in die Welt, die Menschen aufmerksam machten darauf, wo der Ursprung dessen liegt, was ihr Werkzeug ist, um Gedanken zu hegen, um in Gedanken, in Vorstellungen zu leben. Und sie sagten zu ihnen: Wenn ihr eine Vorstellung darüber haben wollt, da ihr nicht selber hineinschauen könnt in die übersinnlichen Himmelswelten - das wurde natürlich nicht so gesagt, aber ich füge es hier bei -, so habt ihr den äußeren Abglanz davon, wenn ihr während der Nacht wach bleibt und in Andacht hinaufblickt in den sternenbesäten Himmel.
Die eigentliche Sternanbetung, die Anbetung der Nacht, wie man auch sagen kann, weil vielfach die Sache so eingekleidet wurde, daß man anstelle des Sternenhimmels die Nacht setzte, wurde herrschend bei denjenigen Völkern, die denkender Natur waren. Für die denkenden, für die grübelnden Völker des Altertums wurden solche Religionen begründet, durch die ihnen gezeigt worden ist, wo der Ursprung liegt des Instrumentes ihres Denkens, des oberen Menschen. Und viele von den Namen, welche die urältesten Götter gewisser Völker führen, müssen einfach iibersetzt werden in die neueren Sprachen mit dem Worte: die Nacht. Die Nacht, wie sie geheimnisvoll als Mutter der Sterne erscheint, wie sie die Sterne aus sich hervorgehen läßt, die
Nacht wurde angebetet, weil die okkultistischen Eingeweihten in der Tat wußten, daß das Instrument des Gehirns wirklich und wahrhaftig ein Ergebnis der sternenbesäten Nacht ist.
So hat man auch vielfach für diejenigen Völker, welche Sonnenanbeter wurden, nicht nur auf die Sonne selbst hingewiesen, sondern wie man von den Sternen auf die Mutter Nacht hingewiesen hat und viele uralte Worte für uralte Götter eben mit «Nacht» übersetzt werden müssen, so hat man bei der Sonne auch vorzugsweise darauf aufmerksam gemacht, daß sie den Tag bewirkte, den Tag machte. Und die Folge davon ist, daß viele Worte bei denjenigen Völkern, die im wesentlichen die höchste göttliche Macht in der Sonne anbeten, für die Sonnenanbetung mit «Tag» zu übersetzen sind.
Wir können also mit einem gewissen Rechte sagen: Je nachdem sich die Menschen empfanden als starkmütige, mutige, kriegerische Völker, finden wir sie vorzugsweise als Sonnenanbeter oder Taganbeter, weil ihre Eingeweihten sie zum Zwecke der Andacht nach der Sonne, dem Tagwesen verwiesen. Die denkenden, die grübelnden Völker hingegen finden wir als Nacht- und Sternenanbeter, weil ihre Eingeweihten sie dahin verwiesen haben.
Aber es gibt auch noch andere Völker. Es gibt Völker, welche die Eigenschaft nicht hatten, daß bei ihnen so ganz auseinanderfielen Tagbewußtsein und Nachtbewußtsein, man kann auch sagen: Bewußtsein und Bewußtlosigkeit. Wenn wir in die alten Zeiten zurückgehen, so finden wir vielfach Völker - das wissen Sie aus den anderen theosophischen Vorträgen -, welche sich durchaus mittlere oder Zwischenzustände des Bewußtseins, also ein altes Hellsehen bewahrt hatten; Völker, welche nicht nur abwechselnd zwischen Tag und Nacht in Bewußtsein und Bewußtlosigkeit lebten, sondern welche Bewußtheit des Tages und Bewußtlosigkeit der Nacht zusammen in einer Art Halbbewußtsein als altes hellseherisches Bewußtsein hatten.
Für diese Völker war ein dritter Bewußtseinszustand vorhanden. Diese Völker hatten dadurch aber auch eine Ahnung, daß tatsächlich ein Zusammenhang besteht zwischen dem Menschen und etwas, was außerhalb des Irdischen ist. Aus welchem Grunde waren diese Völker nun so veranlagt? Diese Völker hatten auch in ihrer Gestalt, in dem
äußeren Menschen, in ihrer äußeren Leiblichkeit eine ganz bestimmte Eigenschaft. Diese Menschen, welche mit dem alten Hell sehen behaftet waren - in alten Zeiten und in den uralten Zeiten waren es ja fast alle Menschen über die ganze Erde hin -, hatten die Eigentümlichkeit, daß sie in gewissen Bewußtseinszuständen wahrnehmen konnten ihren Symmetriemenschen, aber nicht als Symmetriemenschen selber, sondern so, daß dieser mittlere Mensch in seiner Wirksamkeit auf den oberen, auf den Gehirnmenschen erschien.
Wenn Sie sich nämlich ein Bild machen wollen von dem, was da stattgefunden hat bei einem solchen Hellsehen, dann stellen Sie es sich als Bild des mittleren Menschen im Gehirn vor. Beim gewöhnlichen, normalen Erdenleben ist es so, daß die äußeren Sinneseindrücke auf das Gehirn wirken und daß das Gehirn die Bilder zurückwirft, also seine eigene Wesenheit den äußeren Bildern entgegensetzt. Es entsteht also die Vorstellung der Außenwelt als zurückgeworfenes Bild des Gehirns. Das sind nämlich auch die Vorstellungen der Außenwelt: sie sind von dem Gehirn zurückgeworfene, reflektierte Bilder. Wenn Sie die Außenwelt sehen, so gehen die äußeren Eindrücke durch das Auge bis zu einer bestimmten Stelle des Gehirns und werden dort aufgefangen. Daß sie dort aufgefangen, wenigstens nicht in ihrer Ganzheit durchgelassen, sondern zurückgeworfen werden, das macht es, daß eine Vorstellung entsteht. Wenn nun der Mensch überhaupt hellseherisch wird, so werden ihm nicht nur von den äußeren Gegenständen Eindrücke auf das Gehirn gemacht, sondern es werden Eindrücke gemacht auch von dem mittleren Menschen, die dann von dem Gehirn zurückgeworfen werden können.
Dieses, was ich jetzt angab: daß der mittlere Mensch Eindrücke macht auf das Gehirn und diese Eindrücke von dem Gehirn zurück- geworfen werden, ist durchaus nichts von dem, was ich als vorhanden beschrieben habe bei dem wirklichen okkultistischen Aspiranten. Der wirkliche okkultistische Aspirant nimmt direkt seinen mittleren Menschen wahr, nicht durch das Gehirn. Er sieht das Sonnenhafte in sich direkt, er sieht auch das Sternenhafte in sich, in seinem Gehirn direkt. Das aber, wovon jetzt die Rede ist, dieser hellseherische Zustand, bei dem die Vorgänge des Inneren, das Sonnenhafte im mittleren Menschen
vom Gehirn zurückgeworfen wird, so wie die äußeren Eindrücke, die durch die Sinne kommen, vom Gehirn zurückgeworfen werden, das war dasjenige, worauf vielfach das uralte Hellsehen der antiken Menschen beruhte. Sie nahmen wahr auf dem Umwege durch ihren mittleren Menschen. Sie nahmen nichts Äußeres zunächst wahr. Sie nahmen nur dasjenige wahr, was in ihnen selber sonnenhaft vorhanden war und was ihnen zurückgeworfen wurde dadurch, daß das von dem Gehirn Aufgefangene als Vorstellung des Sonnenhaften im Inneren selber wahrgenommen wurde.
Es gab eben einmal solche Völker, die so veranlagt waren, daß sie in gewissen natürlichen hellseherischen Zuständen mit ihrem Gehirn gleichsam aUffingen und zur Vorstellung machten ihr Sonnenhaftes im eigenen Inneren. Und wie erschien dann das? Es wurde nach außen projiziert und nicht so wahrgenommen wie die gewöhnlichen Vorstellungen, die durch das Äußere bewirkt werden, sondern so, daß es wie das innere Sonnenlicht erschien, aber von außen kommend. Und wenn nachgeforscht worden ist, woher eine solche Erscheinung kam, wenn die okkultistischen Aspiranten erkennen wollten, woher es kommt, daß sie in solchen Zuständen sich befinden, dann wurde ihnen dasjenige klar, was im mittleren Menschen ist, dasjenige, was sein Sonnenhaftes ist.
Dieses Sonnenhafte hat der Mensch dadurch> daß er ein Sonnenwesen ist. Das, was erscheint im Instrumente des Gehirns, hängt damit zusammen, daß der Mensch ein Sternenwesen ist, daß er in der Tat aus dem ganzen Weltenraum herausgebildet ist. Was er aber jetzt wahrnimmt, das hängt davon ab, daß mit starker Wirkung auf das menschliche Wesen die Erde umkreist wird von dem Monde.
In jenen alten Zeiten war nämlich der Mensch so organisiert, daß auf sein Gehirn im wesentlichen der Mond wirkte, daß der Mond starke Wirkungen ausgeübt hat auf sein Gehirn. Daher war es auch so, daß dieses alte Hellsehen vielfach von den Mondphasen abhing und daß es eintrat zumeist in solchen Zusammenhängen, welche ihren äußeren Ausdruck in den Mondphasen finden. Das alte Hellsehen war so, daß es durch vierzehn Tage hindurch zunahm und durch vierzehn Tage abnahm. In der Mitte eines solchen monatlichen Zeitraumes
war die Wirkung ganz besonders stark. Dieses alte Hellsehen verlief also so, daß in der Tat diese Menschen Zeiten erlebten, in denen sie wußten: Wir sind Sonnenwesen. - Sie wußten dies dadurch, daß sie durch die innere Vorstellung des Gehirns die Sonne wahrnehmen konnten. Aber das geschah durch die Mondenwirkung. Ja, das alte Hellsehen trat vielfach so auf, daß der Mensch sich gleichsam fügte der achtundzwanzig Tage dauernden Aufundabflutung der Mondenwirkung, und daß er Tage hatte in den alten Zeiten, wo die Mondenwirkung besonders stark war, wo daher Hellsehen vorhanden war bei allen Menschen, wo sozusagen innerlich hellseherisches Bewußtsein sich bei allen Menschen geltend machte. Wenn die okkultistischen Eingeweihten zu solchen Menschen hinausgingen und sie religiös zu stimmen hatten, dann machten sie sie aus denselben Gründen, wie die anderen Menschen zu Sonnen- oder Tag -, zu Sternen- oder Nachtanbetern gemacht worden sind, zu Mondanbetern. Daher der Mondendienst bei vielen alten Völkern.
Diesen Mondendienst hat Moses kennengelernt in seinem eigentlichen Ursprunge bei den ägyptischen Eingeweihten; und er selbst war einer der größten und bedeutsamsten derselben, der in einer besonders vergeistigten Gestalt den Mondendienst zur Religion eines Volkes machte, nämlich des alten hebräischen Volkes. Es ist der Jahvedienst des alten hebräischen Volkes also ein vergeistigter Mondendienst. Daher konnte durch ihn bis in späte Zeiten hinein bei dem alten hebräischen Volke das Bewußtsein fortgesetzt werden, daß der Mensch mit Außerirdischem zusammenhängt, daß er nicht seine Wesenheit im Irdischen beschlossen hat.
Aber wie bei den ältesten Mondenanbetern und auch bei den Sonnen- und Sternenanbetern von dem äußeren Volke wenig erkannt worden ist, daß Sterne, Sonne und Mond dem Hellseher vergeistigt erscheinen, daß sie nicht erscheinen wie die durch die äußeren Organe gesehenen Gegenstände; wie es auch wenig verstanden hätten die alten Völker, wenn ihnen gesagt worden wäre: Ja, betet an etwas, was der Ursprung ist eures mittleren Menschen, aber stellt es euch nicht vor unter dem Bilde der äußerlich sinnlich wahrgenommenen Sonne, sondern als etwas Übersinnliches, das der Sonne zugrunde liegt -, ebensowenig
wäre es verstanden worden, wenn zu den Sternenanbetern gesagt worden wäre, daß das Organ ihres Grübelns und Denkens seinen Ursprung im weiten Weltenraume hat, daß sie sich aber diesen Ursprung nicht in dem Bilde des mit dem äußeren Auge wahrnehmbaren Sternenhimmels vorstellen sollten, sondern in dem Unsichtbaren, das dahinter ist, in den vielen geistigen Wesenheiten, die in den Sternen sind. Ebenso wie man den Sonnen- und Sternenanbetern nicht hat sagen können, was von den Eingeweihten gewußt war, so konnte man auch den Mondenvölkern nicht sagen: Stellt euch vor eine Unsichtbare Wesenheit, die gleichsam den äußeren Leib im Monde hat. - Aber man konnte etwas anderes sagen, und Moses hat es zu dem alten hebräischen Volke wirklich gesagt. Man konnte es noch nicht sagen zu den älteren Mondenanbetern, sondern erst zu dem alten hebräischen Volke. Daher hat Moses sein Volk nicht hingewiesen auf den sichtbaren Mond, sondern auf jenes Wesen, in dem der Ursprung lag des uralten Hellsehens aller Völker; desjenigen Hellsehens, das gleichsam als eine Abschlagszahlung den Menschen gegeben worden ist, als sie in den Zustand versetzt wurden, wechseln zu müssen mit ihrem Bewußtsein zwischen dem Tagbewußtsein und dem Nachtbewußtsein, und das eine Erkenntnis gebracht hat von der Welt ähnlich dem, was die vom Mond zurückg`eworfenen Sonnenstrahlen zum Ausdruck bringen. Es wurde für dieses, was also nur Äußerliches bieten konnte, was nur ein Erdenbewußtsein, ein Tag- und Nachtbewußtsein höchstens in der äußerlich sichtbaren Sternenwelt darbieten konnte, es wurde dem Menschen der uralten Zeiten durch die Möglichkeit, zu wechseln in diesem Tag- und Nachtbewußtsein, etwas gegeben wie eine Abschlagszahlung, ein altes Hellsehen, das mit dem geistigen Wesen des Mondes zusammenhängt und das äußerlich, lokal mit dem Monde wieder in einem Verhältnis steht.
Und als im Verlaufe der Menschheitsentwickelung dieses hellseherische Bewußtsein auch allmählich verschwinden, verdämmern sollte, da wurde für das alte hebräische Volk ein geistigerer Ersatz geschaffen in dem unsichtbaren Mondenwesen, in dem Jahve oder Jehova, welchen Moses dem althebräischen Volke lehrte und demgegenüber er ausdrücklich darauf hinwies, daß er nicht verwechselt werden dürfe
mit irgendeinem äußerlich Gesehenen oder mit einem Bilde, das von ihm, äußerlich gesehen, gemacht wird. Daher verbot er geradezu, irgendein Bild in der äußeren Welt als ein Bild des Jahve oder Jehova anzusehen. Er verbot, sich ein Bild des Gottes zu machen, das der An- schauung doch noch etwas hätte geben können, was nicht aus unserer äußeren Welt gemacht ist, und er verbot auch, sich ein Bild des unsichtbaren, übersinnlichen Gottes zu machen, das von der äußeren Welt genommen ist.
So sehen wir in einem merkwürdigen Zusammenhang stehen die Jahvereligion mit einer Mondenreligion, welche im Ursprunge der Menschheit durch das alte Hellsehen gegeben war. Für diejenigen, die sich für solche Dinge besonders interessieren, sei noch auf den besonderen Umstand hingewiesen, daß gerade Helena Petrowna Blavatsky es war, welche aus den allerrichtigsten Quellen heraus darauf aufmerksam gemacht hat, daß die Jahvereligion in einer gewissen Beziehung eine Art Erneuerung der alten Mondenreligion war. Nur war Helena Petrowna Blavatsky mit der Forschung noch nicht so weit, wie wir heute sein können, daß ihr dieser Zusammenhang, wie er hier dargelegt worden ist, vollständig klar gewesen wäre. Die richtige Erkenntnis, die Jahvereligion ist eine Mondenreligion, ließ in der Seele von Helena Petrowna Blavatsky ein wenig die Empfindung aufkommen, als ob damit irgend etwas Minderwertiges in dieser alten Jahvereligion gegeben wäre. Das ist aber nicht der Fall. Wenn man weiß, daß die Jahvereligion des alten hebräischen Volkes urständet, ihren Ursprung hat im alten Hellsehen und gleichsam nur das Gedächtnis an dieses alte Hellsehen bewahrt, dann wird man den heiligen Ernst dieser Jahvereligion sehr wohl durchschauen können.
So sehen Sie, wie der Zusammenhang ist zwischen wichtigen Erlebnissen der okkultistischen Aspiranten, welche in einem höheren Bewußtsein den Zusammenhang des Menschen mit der ganzen Welt, die Zugehörigkeit des Menschen zur ganzen Welt erlebten, indem sie erkannten, daß der mittlere Mensch ein Sonnenmensch, der obere Mensch ein Sternenmensch ist. So sehen Sie auch den Zusammenhang dessen, was der Okkultismus erkennt in den äußeren Religionen, die eigentlich in vieler Beziehung als alte Religionen, wie sie den Menschen gegeben
worden sind, auch alte Theosophien waren. Denn in dem Augenblicke, wo die alten Menschen andächtig geworden sind, regte sich in ihnen mehr oder weniger etwas von dem alten Hellsehen, und da brauchten sie nicht bloß zu glauben, sondern konnten begreifen und verstehen, was ihnen die alten Eingeweihten sagten, wenn sie es auch nicht schauen konnten. So sind die alten Religionen vielfach Theosophien. Sie sind theosophische Lehren, welche die Okkultisten den Menschen gaben, je nachdem die Menschen auf dem betreffenden Teil der Erde so oder so veranlagt waren.
Wir haben, wie Sie gesehen haben, bei unserer Betrachtung vorläufig den unteren Menschen, als den dritten siebengliedrigen Menschen, auslassen müssen. Wir werden darauf zurückkommen und werden dann sehen, wie merkwürdig das große Mysterium vorgeführt wurde, und wie auch der okkultistische Aspirant sich weiterentwickelt durch die Einweihung, durch welche erst das wirkliche Wesen des Menschen begriffen werden kann.
ACHTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 10. Juni 1912
#G137-1993-SE144 - Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie
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ACHTER VORTRAG
Kristiania (Oslo), 10. Juni 1912
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Die okkulten Erkenntnisse sind - verzeihen Sie diesen Satz, er muß aber einmal ausgesprochen werden - wahrhaft kein Kinderspiel; und wer an sie mit der Meinung herangeht, in ihnen so etwas wie gleich- gültige Theorien zu bekommen, wenn auch nicht für das Leben gleichgültig, aber doch solche Theorien, gegenüber denen man nur den Verstand engagiert, der wird sich in den meisten Fällen in einem erheblichen Irrtum befinden. Wir haben scheinbar etwas recht Äußerliches betrachtet: die menschliche Gestalt; aber ich habe Ihnen schon gesagt, daß von dieser Gestalt, so wie wir sie als dreigliedrigen Menschen vor uns hingestellt haben, doch der okkultistische Aspirant ausgehen muß. Er muß in den meisten Fällen von den Empfindungen und Gefühlen, von den Seelenimpressionen ausgehen, die sich ihm ergeben aus der Betrachtung der menschlichen Gestalt, weil er dadurch seinen Ausgangspunkt nehmen kann von etwas, was gewissermaßen am unabhängigsten von dem inneren Leben ist.
Sehen Sie, möglich ist es durchaus und auch sogar in gewissen Fällen wünschenswert, daß nicht nur die Theosophen, sondern auch die Okkultisten mehr von dem inneren Seelenerleben ausgehen. Dann aber liegt immer eine Art von Hindernis vor, welches einen sozusagen nicht zurechtkommen läßt. Sie wissen ja aus anderen Vorträgen, daß an dem Aufbau unseres inneren Menschen nicht nur durch alles dasjenige, was dem Menschen schon gegeben war, als die Erde ihre Entwickelung begann, sondern auch in vielen Inkarnationen auf der Erde geistige Wesen und Kräfte mitgearbeitet haben. An dem Aufbau dieses inneren Menschen haben seit Ururzeiten in der Erde mitgearbeitet die luziferischen und die ahrimanischen Kräfte. Wenn Sie das in Erwägung ziehen, dann werden Sie sich leicht sagen können - was auch durchaus wahr ist -, daß es etwas Unsicheres ist, wenn man von dem inneren Menschen ausgeht, so ohne weiteres freizukommen von den luziferischen und ahrimanischen Kräften, nicht verstrickt zu werden in das, was man in seine okkulten Anschauungen hineinbekommen
kann. Da kann sich vieles, vieles, ohne daß man es merkt, von luziferischen und ahrimanischen Kräften eindrängen, in die Seele hineinmischen. Denn man glaubt von vielen Dingen, sie seien außerordentlich gute Seeleninhalte, und sie sind es nicht, weil sie in irgendeiner Weise vermischt sind mit Kräften, die Ahriman und Luzifer auf den Menschen ausgeübt haben. Am sichersten bleibt deshalb für den okkultistischen Aspiranten, von der menschlichen Gestalt auszugehen. Auf diese menschliche Gestalt hat am allerwenigsten dasjenige Einfluß genommen, was man luziferische und ahrimanische Kräfte, nennen kann. «Am allerwenigsten», ich bitte dieses wohl ins Auge zu fassen, denn es hat auch Einfluß gewonnen, aber eben am wenigsten. Auf das innere Seelenleben wurde ein viel größerer Einfluß ausgeübt, so daß in der Tat die menschliche Gestalt immer noch der gesündeste Ausgangspunkt bleibt für den okkultistischen Aspiranten, wenn er sich dabei an den uralten okkultistischen Satz hält, daß der Mensch in bezug auf seine Gestalt ein Bild der Gottheit ist. Der Aspirant tut gut, von diesem Punkt auszugehen, denn er knüpft an Göttliches an; er wählt von dem Ebenbilde der Gottheit seinen Ausgangspunkt, und das ist außerordentlich gut, außerordentlich wichtig.
Aber auf der anderen Seite hat das wieder eine Schwierigkeit. Wenn man von inneren Seelenerlebnissen ausgeht und durch seine okkulte Entwickelung dahin gelangt, von diesen inneren Seelenerlebnissen aus hineinzuschauen in die geistige Welt, dann dauern die Eindrücke der geistigen Welt verhältnismäßig sehr lange. Mit anderen Worten: Wenn jemand rein durch innere Seelenerlebnisse es dahin bringt, über die Schwelle zu kommen und einzutreten in die geistige Welt, dann erlebt er geistiges Schauen, und er kann sich gewissermaßen Zeit lassen, die Dinge anzuschauen, weil sie eine verhältnismäßig lange Zeit hindurch dauern. Das ist also, man möchte sagen, das Nützlichere, das Bequemere, wenn man von den inneren Seelenerlebnissen ausgeht. Aber es hat eben die vorhin charakterisierten Nachteile. Es bewahrt einen nicht da- vor, luziferische und ahrimanische Einflüsse als solche nicht richtig einzuschätzen, nicht richtig zu erkennen. Tatsächlich darf gesagt werden, meine lieben Freunde, den Luzifer und den Teufel merken die Leute am allerwenigsten, wenn sie von dem inneren Seelenleben ausgehen.
Das Ausgehen von der menschlichen Gestalt dagegen hat eben den Nachteil, daß das Schauen, zu dem man gelangt, die Imaginationen, außerordentlich kurze Zeit dauern, daß sie nicht lange anhalten, so daß man schon notwendig hat, eine gewisse Geistesgegenwart zu entwickeln, wenn man sie festhalten will.
Ich möchte Ihnen nun schildern, wie es zugeht, wenn jemand als okkultistischer Aspirant ausgeht von der menschlichen Gestalt und in die übersinnliche Welt eindringt. Ich weiß nicht, ob jeder von Ihnen schon diese merkwürdige Erfahrung gemacht hat, die ja alltäglich ist, aber die man eben doch machen muß, wenn man etwas wissen will von ihr, daß, wenn man sein Auge besonders auf einen hellen Gegenstand gerichtet hat, dann der Eindruck im Auge länger haftet, als das Auge auf den Gegenstand gerichtet ist. Es hat sich insbesondere Goethe, wie er wiederholt in seiner Farbenlehre erzählt, mit diesen Nachbildern, die zurückbleiben im Organismus, das heißt in- nerhalb der menschlichen Gestalt, viel beschäftigt. Wenn Sie sich zum Beispiel des Abends ins Bett legen, die Flamme des Lichtes auslöschen und die Augen dann schließen, so können Sie ein Bild der Flamme noch längere Zeit, gleichsam nachklingend, vor sich haben. Für die meisten Menschen, welche ein solches Nachklingen wahrgenommen haben, ist ein äußerer Eindruck erschöpft, wenn sie dieses Nachklingen gehabt haben. Dann haben sie sozusagen jene Bewegungen, jene Vibrationen ausgelebt, welche hervorgerufen worden sind durch den äußeren Eindruck. Dann ist aber auch für die meisten Menschen dieser äußere Eindruck vergangen.
Der okkultistische Aspirant muß nun auch da von der menschlichen Gestalt ausgehen, das heißt von dem, was im gewöhnlichen Leben auf dem physischen Plane die menschliche Gestalt ausmacht. Solange er nur die Nachbilder bemerkt, ist die Sache nicht wichtig. Wichtig wird sie erst dann, wenn nach dem Nachbilde noch etwas übrigbleibt. Denn das, was nach dem Nachbilde übrigbleibt, rührt nicht mehr von dem Auge her, sondern ist ein Vorgang, ein Erlebnis, welches wir durch den ätherischen Leib haben. Wer dieses Experiment selbst gemacht hat, wird nicht den billigen Einwand mehr machen, daß auch dieses nur ein Nachbild des physischen Leibes sein könnte. Das sagt man nämlich
nur so lange, als man die Sache nicht selbst erfahren hat. Wenn man sie erfahren hat, dann sagt man nicht mehr so. Denn das, was dann übrigbleibt, ist eben etwas ganz anderes, als was in irgendeiner äußeren physisch-sinnlichen Beziehung steht zu dem äußeren Eindruck.
In den meisten Fällen zum Beispiel ist dasjenige, was übrigbleibt nach einem Farben- oder Lichteindruck, eben nicht eine Licht- oder Farbentäuschung. Wenn es Licht oder Farbe ist, dann ist es Täuschung; aber es ist ein Ton, von dem man genau weiß, er ist nicht mit dem Ohre oder vermittels des Ohres hervorgerufen worden. Es kann auch ein anderer Eindruck sein, aber es ist immer ein von der äußeren Impression verschiedener Eindruck. Die äußere Impression zu überbrükken, zu überwinden, muß der Okkultist sich überhaupt angewöhnen, denn der Okkultismus ist zum~Beispiel auch da für die Blinden, die niemals im Leben einen äußeren Gegenstand gesehen, niemals irgendeinen äußeren Lichteindruck durch ihr sinnliches Auge gehabt haben. Die meisten gespenstischen Gestalten, die die Leute sehen, sind dagegen nur Erinnerungsbilder an sinnliche Eindrücke, die phantastisch verändert wurden. Das okkultistische Erleben hängt nicht davon ab, ob man ein Sinnesorgan gebrauchen kann oder nicht, denn es tritt unabhängig von den Sinnesorganen auf.
Der okkultistische Aspirant muß nun die ganze menschliche Gestalt, nachdem er sich von ihr ein ordentliches Bild gemacht hat, fixieren, so daß er sie lebend als Imagination vor sich hat. Mit welchem Sinne oder wie er diese menschliche Gestalt fixiert, ist ganz gleichgültig. Es handelt sich darum, daß er die menschliche Gestalt überhaupt fixiert, das heißt, daß mit aller Lebendigkeit eine Imagination, ein Bild in ihm hervorgerufen ist durch die menschliche Gestalt. Das kann so sein, daß der okkultistische Aspirant das äußere Bild der menschlichen Gestalt zum Ausgangspunkte nimmt. Es kann aber auch so sein, daß er das innere Körpergefühl, das Sich-Fühlen in der Gestalt zum Ausgangspunkte nimmt. Wenn es nun dem Okkultisten gelingt, dieser menschlichen Gestalt gegenüber zuletzt etwas Ähnliches zu empfinden wie eine Art von Nachbild - also wenn der Mensch, nachdem er zuerst die in der physischen Welt erfahrene menschliche Gestalt aufgefaßt hat und dann sie so verklingen läßt in sich, wie ein Nachbild
verklingt, wie in dem Falle, von dem ich vorhin gesprochen habe -, und zu warten, bis dieses Nachbild der menschlichen Gestalt vorüber ist, dann bekommt der Okkultist dasjenige Bild der menschlichen Gestalt, das jetzt kein Nachbild der physischen Gestalt mehr ist, sondern im ätherischen Leibe erlebt wird. Dieses Nachbild wird also im ätherischen Leibe erlebt. Sie sehen, es handelt sich für den okkultistischen Aspiranten darum, sich selber zu erleben im ätherischen Leibe. Wenn es nun der okkultistische Aspirant dahin gebracht hat, sich so im ätherischen Leibe zu erleben, dann ist dieses Erleben kein Kinderspiel, denn es zerfällt sofort in zwei Erlebnisse. Es bleibt nicht einheitlich. Und diese zwei Erlebnisse müssen ausgesprochen werden durch zwei Worte: Man erlebt erstens den Tod und zweitens Luzifer.
Da es sich nicht um Sinneserlebnisse handelt, sondern um wesentlich höhere Erlebnisse, so ist es natürlich nicht ganz leicht - gerade weil die Worte zumeist aus der sinnlichen Welt genommen sind und deshalb auch die Wortbedeutung an die Sinneswelt erinnert -, diese Erlebnisse zu beschreiben; denn es wird in der Tat als inneres Erlebnis mehr erlebt denn als äußeres, und wenn man Worte gebraucht, so ist das mehr dazu bestimmt, eine Vorstellung, ein Bild hervorzurufen von dem, was man da eigentlich erlebt.
Den Tod zu erleben, ist ungefähr so, daß man weiß: Die menschliche Gestalt, die man eben ins Auge gefaßt hat und von der man ausgegangen ist, hat keinen Bestand außerhalb des Erdendaseins. Die ist gebunden an das Erdendasein. Wer hinauskommen will über das Erdendasein, wer überhaupt rechnen will mit einem übersinnlichen Leben, der muß sich darüber klar sein, daß diese menschliche Gestalt nur auf der Erde als solcher erlebt werden kann, daß sie zerbrechen muß mit dem Tod, zerbrechen muß in dem Augenblicke, wo der Mensch über das Erdendasein hinauskommt. Im Ätherleibe kann sich die menschliche Gestalt nicht anders zeigen denn als todbegabt.
Das muß der erste Eindruck sein, und es ist hier schon eine Klippe für den okkultistischen Aspiranten; denn der Eindruck, den die zerbrochene menschliche Gestalt macht, ist ein außerordentlich tiefgehender. Es ist für viele, die okkultistisch aspiriert haben, tatsächlich so gewesen,
daß sie den Eindruck nicht haben überwinden können und sich gesagt haben: Weiter zu gehen, hindert mich meine Furcht vor dem, was da noch nachkommen mag. - Notwendig ist 'es, daß man den Tod sieht, aus dem ganz einfachen Grunde, weil man erst dann die volle Gewißheit hat: Im Erdenleib drinnen ist es unmöglich, die höhere Welt zu erleben. Man muß aus ihm heraus, man muß ihn verlassen.
Das ist wiederum der nächste Eindruck. Es ist damit nicht gesagt, daß absolut im Erdenleibe die höhere Welt nicht erlebt werden könne. Aber zunächst ist gar nichts anderes möglich für den okkultistischen Aspiranten als das, was eben jetzt beschrieben worden ist. Das wäre das, was man bezeichnet mit den Worten: Man erfährt den Luzifer. Luzifer ist eigentlich zunächst da, um einen auf etwas aufmerksam zu machen, was außerordentlich verführerisch ist. Wenn man in Worte kleiden soll, was man erfährt dadurch, daß man die Bekanntschaft macht mit Luzifer, so kann das in der folgenden Weise geschehen. Luzifer macht einen auf die Zerbrechlichkeit der menschlichen Gestalt aufmerksam, indem er gleichsam sagt: Sieh dir nur einmal diese menschliche Gestalt an, zerbrochen ist sie; eine zerbrechliche Gestalt haben dir die Götter gegeben, die meine Feinde sind. - Das ist es ungefähr, was Luzifer einem mitteilt, und damit macht er einen darauf aufmerksam, daß die höheren Götter in die Notwendigkeit versetzt waren, den Menschen in dieser Gestalt zerbrechlich zu machen; daß sie gar nicht anders konnten, durch Verhältnisse, die wir noch besprechen werden, als die menschliche Gestalt zerbrechlich zu machen. Und dann zeigt Luzifer auch das, was er aus dem Menschen hat machen wollen, was geworden wäre aus dem Menschen, wenn er allein, unbeeinflußt durch seine Gegner, mit dem Menschen hätte hantieren können.
Das, wodurch Luzifer dem Menschen zeigt, was der Mensch geworden wäre, wenn er, Luzifer, allein hätte hantieren können, hat zunächst wiederum etwas außerordentlich Verführerisches, denn der Mensch wird von Luzifer etwa so darauf hingewiesen, daß ihm Luzifer sagt: Nun sieh dich einmal um, sieh einmal zu, was von dir zurückgeblieben ist, nachdem die menschliche Gestalt zerbrochen ist.
Wenn die menschliche Gestalt zerbrochen ist, wenn sich der Mensch dann sozusagen geistig umdreht und sich sozusagen geistig gehäutet sieht, wenn die Gestalt von ihm weggenommen ist, dann sieht der Mensch zweierlei. Erstens, daß das, was zurückgeblieben ist, in der Tat taugt für die übersinnliche Welt, daß es in gewisser Beziehung geistig verwandt ist mit dem Übersinnlichen, daß es in gewisser Beziehung unsterblich ist, während der Leib sterblich ist. Das ist ein starkes Argument, ein starker Verführungsgrund, den Luzifer in der Hand hat. Zunächst wird der Mensch hingewiesen auf das Ebenbild Gottes, das er hat, das aber zerbrechlich und an die Erde gebunden ist. Durch Luzifer wird ihm dasjenige gewiesen, was in ihm unsterblich ist. Dies ist die Versuchung, der verführerische Eindruck. Aber wenn sich der Mensch das betrachtet, was unsterblich ist, wenn der Mensch das ins Auge faßt, was die äußere Gestalt wegschafft, nachdem sie in ihre drei Teile zerbrochen ist, aus welchen wir sie zusammengesetzt gefunden haben, da sieht der Mensch sich selbst, sieht, auf wessen Kosten Luzifer den Menschen unsterblich gemacht hat. Da ist der Mensch kein Mensch mehr, wenn er auf sich selbst zurückblickt, da ist der Mensch wirklich kein Mensch mehr. Was der Mensch ist als oberer Mensch, wie wir ihn vom dreigliedrigen Menschen aus charakterisiert haben, das hat die okkultistische Symbolik immer in gewisse Bilder gebracht. Diese Bilder haben durch die Zeiten hindurch den Menschen etwas sagen sollen. Die wenigsten Menschen haben diese bedeutungsvollen Imaginationen und Bilder verstanden. Der obere Mensch, zu dem der Mensch blicken kann, wenn er sich selber besieht, ist verschieden, nicht für alle Menschen gleich. Es ist auch nur ein mehr oder weniger wandelbares Bild, was ihn da anspricht. Aber es gibt das Bild eine ungefähre Vorstellung von dem, was der Mensch als Impression erlebt. Der Mensch hat kein menschliches Antlitz mehr, er ist mehr stier- oder löwenähnlich. Es stellt sich so heraus, obzwar es nicht durchaus zutrifft - es sieht sich manchmal grotesk an, was in der übersinnlichen Welt erlebt wird -, daß die Frau, wenn sie so zurückblickt, mehr als Löwe, der Mann mehr als Stier sich empfindet. Das muß eben überstanden werden, denn es ist einmal so. In Verbindung mit diesen beiden Bildern, die ineinandergehen> da der Mann nicht ganz
löwenentblößt, die Frau nicht ganz stierentblößt ist, denn sie verschwimmen ineinander, ist gleichsam ineinanderfließend das Bild eines Vogels> das man immer «Adler» genannt hat und das dazugehört.
Das alles wäre noch nicht das Schlimmste. Mancher könnte sich noch entschließen, zugunsten der Unsterblichkeit ein Stier, ein Löwe oder ein Adler zu sein. Das ist aber nur der obere Mensch. Die weitere Fortsetzung nach unten ist ein wilder Drache, ein wilder Wurm. Das ist dasjenige, was zu den Drachensagen immer die Veranlassung gegeben hat. Die religiöse Symbolik hat den Menschen zwar immer überliefert die vier Bilder, das, was man nur zerbrochen noch findet in der über- sinnlichen Welt, nämlich den Menschen, den Löwen, den Stier und den Adler, und sie hat nur angedeutet in der Weise, wie Sie diese Andeutungen im Sündenfalle finden, daß zu dem Menschen noch ein wilder Wurm gehört. Er gehört aber durchaus zu der Gesamtheit des Menschen, wie er sich da findet.
Und jetzt ist es, wo der Mensch sich sagen muß: Zwar kann dir Luzifer die Unsterblichkeit versprechen - das ist voll begründet -, aber nur auf Kosten der Form, der Gestalt, so daß du in der Form, wie du da geworden bist unter seinem Einflusse, unsterblich fortlebst. - Jetzt merkt man, daß man gerade im Laufe der Erdenentwickelung erst zu einer solchen innerlichen Gestalt geworden ist, deshalb so geworden ist, weil Luzifer gewirkt hat im Laufe der Erdenentwickelung. Jetzt merkt man, daß diese Erdenentwickelung unter dem Einflusse von Luzifer Übersinnliches über Übersinnliches dem Menschen gegeben hat. Denn Weisheit und alles Mögliche, was an die Weisheit sich anschließt, starnmt vielfach von Luzifer; und Luzifer kann bei der Begegnung mit ihm darauf hinweisen, wieviel man eigentlich ihm verdankt. Aber alles das, was jetzt charakterisiert worden ist, steht denn doch damit in Verbindung.
Es muß daher die Frage entstehen: Gibt es denn gar nichts Tröstliches innerhalb dieser Selbsterkenntnis? - Denn schließlich ist diese Selbsterkenntnis wirklich nicht tröstlich, wenn sich durch diesen Anblick nur charakterisieren läßt, daß der Mensch zum Tiere erniedrigt ist. Dieses Tier ist verdreifacht und gehört nicht zu den höheren Tieren, sondern ist bis in jene Tierheit erniedrigt, die sich auf der Erde im
Bilde eines Amphibiums befindet. Tröstlich ist dieser Anblick wahrhaftig nicht.
Das alles, was ich Ihnen jetzt erzählt habe, ist es, wovon ich gesagt habe, daß es ein außerordentlich rasch vorüberhuschender Eindruck ist. Man muß viel Geistesgegenwart haben, um den Eindruck überhaupt aufzufassen, um ihn sozusagen zu schauen. Er geht sehr rasch vorbei. Das ist das Nachteilige, wenn man von der menschlichen Gestalt ausgeht, daß die Menschen nicht so viel Geistesgegenwart haben, um zu erfassen den Tod und Luzifer, und dann sich noch selbst beschauen, indem sie sich umdrehen - das Umdrehen meine ich natürlich geistig. Tröstlich ist nichts an dem, was man da sieht, denn schließlich hat man nur eine zweifache Wahl. Man hat die Wahl, sich an das Sterbliche, Zerbrechliche, das von den Göttern, von den Gegnern Luzifers herrührt, zu halten, oder man hat die Wahl zur Unsterblichkeit, und dann ist die Beigabe zu dieser Unsterblichkeit eine Herabwürdigung der menschlichen Gestalt.
Die Gegenwart all dieser Dinge, der Eindruck derselben, ist wahrhaft kein tröstlicher; er ist zunächst ein ungeheuer herabstimmender, ein ungeheuer fataler und furchtbarer Eindruck. Daher kommt es, daß ein großer Teil der Aufgabe des okkultistischen Lehrers darin besteht, die Menschen darauf aufmerksam zu machen, daß sie nun, wenn sie einen solchen Eindruck haben, ja, wenn sie überhaupt die ersten übersinnlichen Eindrücke haben, nicht allzuviel darauf geben sollen, aus dem einfachen Grunde, weil diese ersten Eindrücke, gleichgültig ob sie freudevoller oder leidvoller Art sind, n`öemals als maßgebend betrachtet werden dürfen. Das Richtige ist, recht geduldig abzuwarten. Man wird vielleicht, wenn man das beschriebene Seelenexperiment ausführt, mehrmals einen recht hoffnungslosen Eindruck haben, und man braucht dann Mut, um ihn immer wieder und wieder hervorzurufen. Wenn man aber im Okkultismus praktisch vorwärtsschreiten will, dann muß man das, und es kommt dann schon einmal der Augenblick, wo man sich an etwas halten kann.
An das, was die Gegenwart darbietet, kann man sich nicht halten, denn alles, was man im Leben gewonnen hat, zeigt sich, weil dieser Leib selber zerbrechlich ist, als ein Zerbrechliches, als ein Vergäng
liches. Das Ewige verspricht einem Luzifer. Daran kann man sich auch nicht halten. Aber es kommt der Moment, wo man sich an eines halten kann, wenn auch nicht an das Gegenwärtige: an eine Erinnerung, die einem bleiben kann aus dem gewöhnlichen Erdenleben. Diese Erinnerung muß einem wie ein Gedanke aus dem Erdenleben bleiben und muß sich hinüberergießen in diese Begegnung mit dem Tode und Luzifer. Sie ergießt sich hinüber, sie kommt einmal, sie tritt einmal ein, diese Erinnerung, dieser Gedanke, welcher einem der einzige Halt sein kann. Aber dieser Gedanke ist ein außerordentlich, man möchte sagen, schwacher Gedanke. Deshalb ist auch eine starke Energie notwendig, um diese Erinnerung, diesen Gedanken zu haben. Das einzige, woran man sich als an ein Sicheres erinneren kann, ist der Ich-Gedanke, der Gedanke: Du bist ein Selbst gewesen da drüben. - Aber dieser Gedanke ist außerordentlich schwierig zu halten. Es werden manche Menschen wissen, daß es schon außerordentlich schwierig ist, einen Traum aus dem anderen Bewußtseinszustand in den gegenwärtigen herein- zubringen. Den Ich-Gedanken herüberzutragen aus der Erdenwelt in das Bewußtsein, in das man eingetreten ist, ist ungeheuer schwer, und es geschieht doch nur zu leicht, daß dieser Ich-Gedanke, wenn man die übersinnliche Welt betreten hat, wie ein Traum ist, den man gehabt hat in der Erdenwelt und an den man sich nicht erinnert. Wie ein vergessener Traum ist dieser Ich-Gedanke, wenn man in das andere Bewußtsein eintritt.
Und in dieser Beziehung ist es mit der Menschheit auf der Erde im Laufe der Erdenentwickelung schlechter geworden. Während es in den uralten Zeiten, in sehr weit zurückliegenden Zeiten, verhältnismäßig leicht war, das Ich-Bild vom Diesseits in das Jenseits hinüberzutragen, ist es im Laufe der Menschheitsentwickelung immer schwieriger und schwieriger geworden.
Wenn ich sage, der Ich-Gedanke kommt, so müssen Sie damit in Verbindung denken, daß für den heutigen okkultistischen Aspiranten er allerdings kommt, daß dieser Gedanke aber durchaus so ist, daß das Ich nicht bloß als ein bloßes Traumbild bleibt, sondern daß es als Erinnerung drÜben aufblitzen kann. Dazu ist aber Hilfe notwendig. Ohne Hilfe geht es nicht. Eintreten kann also dieses Ereignis; aber
ohne Hilfe geht es nicht. Das ist das Wichtige. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen der Erdenentwickelung bliebe also in den allermeisten Fällen bei dem okkultistischen Aspiranten, wenn er die übersinnliche Welt betritt, der Ich-Gedanke etwa wie ein vergessener Traum zurück, wenn er nicht Hilfe hätte.
Wenn ich Ihnen die ~hölfe nennen soll, welche der okkultistische Aspirant heute braucht, um den Ich-Gedanken nicht zu vergessen, wenn er in die übersinnliche Welt hinaufgeht, so gibt es dafür nur einen einzigen Ausdruck, und das ist das Zusammenleben auf der Erde mit dem Christus-Impulse. Das ist die Hilfe. Wie der Mensch sich während seines Erdenlebens zu dem Christus-Impulse verhalten hat, wie er diesen Christus-Impuls in sich hat lebendig werden lassen, davon hängt es in den heutigen Zuständen der Erdenentwickelung ab, ob der Ich-Gedanke in Vergessenheit gerät beim Hinaufsteigen in die über- sinnliche Welt, oder ob der Ich-Gedanke dem Menschen verbleibt als der einzige feste Stützpunkt, den der Mensch von der Erde in sich hinübertragen kann in die übersinnliche Welt.
Sehen Sie, der heutige Christ wird mancherlei Bedeutungsvolles und Schönes zu sagen haben über den Christus-Impuls. Derjenige aber, der sich als ein im christlichen Sinne die höheren Welten Betretender fühlt, weiß von diesem Christus-Impulse noch mehr. Etwas außerordentlich Wichtiges und Bedeutungsvolles weiß er. Er weiß, daß dieser Christus-Impuls heute eigentlich schon die einzige Hilfe ist, die uns nicht vergessen läßt den Ich-Gedanken der Erdenentwickelung. Daß der Christus eine Hilfe werden konnte auch in dieser Beziehung, neben all dem,was der Christus-Impuls den Menschen schon auf dieser Erde werden konnte, neben dem Unzähligen, was die Kultur der Menschen für ihren Trost, für ihr Gutsein durch den Christus-Impuls erhalten hat und noch erhält; daß der Christus-Impuls eine Hilfe werden konnte, insofern er bewirkt, daß der Ich-Gedanke von der Erde nicht vergessen zu werden braucht - womit hängt denn das zusammen, woran liegt das? Das muß für uns die große Frage werden.
Wenn ich Ihnen die Antwort geben soll auf die Frage, womit dieses zusammenhängt, dann muß ich Sie auf Dinge aufmerksam machen, die Sie, auch wenn Sie sie nicht aus dem Okkultismus wissen, durch
eine vernünftige Betrachtung über die Evangelien gewinnen können. Zwei Dinge gibt es, um mit den Gründen bekanntzuwerden, warum der Christus-Impuls eine solche Hilfe ist: Erstens einen wahrhaft auf der Höhe unserer Zeit stehenden Okkultismus, und zweitens ein wirklich vernünftiges Eindringen in die Evangelien. Diese Evangelien haben etwas höchst Eigentümliches, wenn wir sie als religiöse Urkunden vergleichen mit anderen religiösen Urkunden. Sie haben etwas auf das allerdings nicht immer hingewiesen wird. Ich bitte Sie nur, mit alle dem, was Ihnen die äußere Religionsgeschichte bieten kann, mit alle dem, was Ihnen bieten kann selbst noch in der nachchristlichen Zeit der Inhalt der nachchristlichen Religionsstiftungen, einmal zu vergleichen, was in den christlichen Urkunden, den Evangelien steht. Wenn Sie hinblicken auf die Geschichte irgendeines Religionsstifters und sich bemühen, denselben zu verstehen, so können Sie dies nicht anders als dadurch, daß Sie kennenlernen, verstehen lernen die über- sinnlichen Eingebungen, Inspirationen oder Intuitionen, die dieser Religionsstifter gehabt hat. Fragen Sie bei den vorchristlichen Religionsstiftern, woher ihre Weisheit stammt, so werden Sie zum Beispiel bei dem Buddha darauf hingewiesen, daß er jene hohe Erleuchtung, durch die er hat verkündigen können, was er die heilige Lehre nennt, unter dem Bodhibaume gewonnen hat. Auf eine übersinnliche Erleuchtung werden Sie also hingewiesen, wenn Sie den Grund der Lehre des Buddha haben wollen. Selbst für die nachchristliche Zeit gilt das vielfach. Nehmen Sie Mohammed, so werden Sie zu den Gesichten, zu dem, was Mohammed aus den übersinnlichen Welten heraus geoffenbart wurde, gehen müssen, um erklären zu können, warum er dieses oder jenes so oder so gesagt hat. So ist es bei allen Religionsstiftern, ja nicht einmal bloß bei allen Religionsstiftern, sondern auch bei allen bedeutenden Offenbarern. Es wird hingewiesen auf ihre göttliche Inspiration, hingewiesen auf das Übersinnliche, das in sie hineingeleuchtet hat.
Bei Pythagoras wissen Sie es ganz genau. Bei Platon ist es überall angedeutet, daß er nicht alles gegeben hat, was er wußte, daß er aber jedenfalls zu dem, was er mitgeteilt hat, inspiriert war durch die Mysterien, das heißt, daß er hineinentwickelt war in die höheren Welten. Selbst bei Sokrates wird Ihnen von einem Daimonion gesprochen, und
es wäre einfach ein Unsinn, das Daimonioii wegzulassen. Das, was er durchaus auf Grundlage bloßer Vernunft für die Menschen entwickelt hat, hat er durch sein Daimonion erhalten. So ist es überall, wo Sie sich in der Welt umschauen.
Und jetzt bitte ich Sie, damit die Evangelien zu vergleichen. Wenn Sie vernünftig die Evangelien durchsehen, so finden Sie innerhalb derselben nur ein einziges Mal einen wirklichen Hinweis darauf, daß im Sinne dessen, was man bei irgendeiner Einweihung erlebt, der Christus Jesus in den drei Jahren seines Erdenwandels hineingeschaut hat oder hineinschauen mußte in die übersinnliche Welt. Das einzige Mal, wo Sie so etwas finden, ist in der Versuchungsgeschichte dargestellt, und da wird Ihnen auch nicht erzählt, daß der Christus hat lernen müssen, festzuhalten an einem übersinnlichen guten Gotte, sondern es wird nur gesagt, daß er eine Begegnung hatte mit dem, was für ihn das Böse war, mit dem Satan, mit Luzifer.
Es wird Ihnen erzählt, daß diese Versuchung von Anfang an für ihn keine Versuchung mebr war. Lesen Sie selbst die Stellen durch und Sie werden sehen, wie einzigartig es in den Evangelien vorgeführt ist, daß der Christus so etwas durchgemacht hat, wie die Initiatoren es immer haben durchmachen müssen; wie er von Anfang an festhält an seinem Gotte, wie er widersteht den Anfechtungen und das Wort prägt: «Hebe dich weg von mir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst Gott, deinen Herrn, anbeten und ihm allein dienen»; wie Luzifer keine Versuchung mehr auf ihn ausüben kann und ihn verläßt. Alle anderen Szenen, die nun folgen, alles, was die Evangelien sonst noch sagen, sie bieten nichts mehr, was verglichen werden kann mit dem, was man erzählen muß über den Lebensgang von Eingeweihten, insofern man schildert, daß und wie sie gelernt haben im Laufe des Lebens hinaufzudringen in die geistigen Welten.
Man kann, wie ich es getan habe in meinem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache» und wie ich es später immer wieder getan habe in den Vorträgen, von dem Christus von vornherein als von ei- nem Eingeweihten sprechen, von einem solchen, der die unmittelbare Verbindung mit der übersinnlichen Welt hat; aber man kann bei ihm nicht von seiner Einweihung sprechen, nicht von einem Gange durch
die Initiation. Man kann sprechen davon, daß er ein Initiierter ist, aber man kann nichts darüber sagen, wie er ein Initiierter geworden ist. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Vergleichen Sie alles, was Ihnen erzählt wird über das Leben von Initiierten mit dem, was in den Evangelien erzählt wird, dann werden Sie, wie ich es dargestellt habe in meinem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache», vielleicht finden, daß die Evangelienschreiber einfach die alten Ritualien zu nehmen brauchten, nach denen man eingeweiht hat, um das Christus-Leben zu schildern. Damit er- zählten sie dann auch das äußere Leben des Christus Jesus. Aber sie konnten niemals sagen, daß er das wirklich durchgemacht hat. Nehmen Sie eine prägnante Szene wie die Verklärung oder auch das Gebet am Ölberg, das sind alles Dinge, die, wenn man sie von einem anderen Initiierten erzählen wollte, in anderer Darstellung gegeben werden müßten. Man müßte dann nicht nur sagen, er ging hin nach dem Ölberge, wo ihm die blutigen Schweißtropfen kamen, sondern man müßte auch erzählen, was er dort` erfahren hat, wie er verwandelt worden ist am Ölberge. Der Christus wurde aber nicht eigentlich verwandelt. Er tritt vielmehr seinem Gotte am Ölberge als ein solcher entgegen, von dem man nicht behaupten kann, daß er noch etwas zu lernen hat. Und fiir ihn selbst war es auch keine Erleuchtung, was er bei der Verklärung durchgemacht hat. Für die anderen, für die Begleiter war es eine Erleuchtung gewesen, für ihn nicht. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit. Er konnte dabei nichts mehr lernen.
Was hat dagegen bei einem anderen Initiierten zu geschehen? Da muß uns gezeigt werden, wie er stufenweise den Pfad der Erkenntnis hinaufgeschritten ist. Bei höheren Initiierten kann erzählt werden, daß sie viele Vorbedingungen aus ihren früheren Inkarnationen mitgebracht und nur die letzte Stufe noch durchzumachen hatten. Nichts von alledem finden wir bei Christus. Die Versuchungsgeschichte, wie schon angedeutet, das ist alles. Was bei ihm vorliegt, ist ein höchstes Durchdrungensein mit dem göttlichen Selbstbewußtsein. Das bildet den Eingang des Christus-Lebens der drei Jahre. Dann haben wir vor uns in diesem Christus Jesus ein merkwürdiges Bild: Wir haben vor uns etwas, was sozusagen aus dem unmittelbaren Erdenmenschen heraus
die höchste göttliche Offenbarung tut. Bei einem anderen Initiierten müssen wir erzählen: Diese oder jene Stufe hatte er überschritten, dann konnte er diese oder jene Offenbarung tun. - Bei dem Christus Jesus aber sprudelt das alles von Anfang an heraus, und es wird uns nicht erzählt für die drei Jahre des Christus Jesus-Lebens, er hätte diese oder jene Stufe überschritten. Und wenn man etwa gar die Beschreibung des Todes und der Auferstehung des Christus Jesus als solche Stufen betrachten wollte, so würde man damit zeigen, daß man sich nicht klar darüber ist, daß durch die Kraft, welche schon in dem lebenden Christus war, die Auferstehung geschehen ist; daß das nicht ein Initiationsakt ist, daß der Christus Jesus nicht auferweckt worden ist durch einen anderen Initiierten, sondern durch die göttliche Kraft> welche von außerhalb der Erde herstammt, durch die Kraft, die ihm mitgeteilt worden ist durch die Johannes-Taufe. Damit war schon die Auferstehung gegeben bei dem Christus, wogegen der Akt, den man bei anderen Initiierten Auferstehung nennen kann, durch die Taten und Aufschlüsse eines älteren Initiierten geschehen mußte.
Darin liegt der Grund, warum ich Ihnen in meinem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache», das vor mehr als zehn Jahren geschrieben worden und bald darauf erschienen ist, die Sache so darstellen mußte, daß man es ungefähr wie folgt zusammenfassen kann: Da lebte der Christus auf der Erde. In diesem Christus-Leben haben verschiedene Vorgänge stattgefunden. Wie beschreibt man nun diese Vorgänge? Man beschreibt sie am besten so, daß man erzählt dasjenige, was ein alter Initiierter durchgemacht hat. Das, was die alten Initiierten durchgemacht haben in ihren Mysterienschulen, hat sich bei dem Christus als historische Tatsache von selber entwickelt. Daher konnten die Evangelisten die alten Einweihungsbücher benützen, nicht aber um eine Initiation des Christus zu beschreiben, sondern um eine Biographie desselben zu schreiben. - Das ist der Nerv der Beweisführung in meinem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache».
Am meisten mißverstehen kann man das Christus-Leben, wenn man von dem Christus nicht als von einem Initiierten spricht, sondern die Vorgänge der Initiation auf das Christus-Leben so anwendet, als wenn das Christus-Leben während der Erdenentwickelung eine Initiation
durchgemacht hätte. Das wäre der größte Fehler, den man begehen könnte. Wer davon spricht, daß das Christus-Leben irgendwie als Initiation zu erklären ist, der begeht den größten Fehler gegen den Geist des Christentums. Ein solcher würde das Christentum so auffassen, wie wenn sein Stifter nicht ein Initiierter schon gewesen, sondern erst geworden wäre, wie wenn man Initiationsvorgänge für das Christus-Leben zu beschreiben hätte.
Daher ist es notwendig, daß, wenn man von dem Christus-Leben spricht, man immer sehr deutlich macht, daß die Ausdrücke, die gebraucht werden, niemals in demselben Sinne verwendet werden dürfen wie bei der alten oder irgendeiner anderen Initiation, sondern in absolut physisch-irdischem Sinne, als sich auf eine Historie außerhalb der Initiation beziehend.
Das ist außerordentlich wichtig, und es kann nicht genug betont werden, daß dieses so außerordentlich wichtig ist; denn der größte Fehler, den man in der Tat machen kann, ist der, wenn man übersieht, was jetzt ausgesprochen worden ist, und wenn man von einer Christus-Initiation nicht in dem Sinne spricht, wie es in dem Zyklus «Vor dem Tore der Theosophie» oder in den Vorträgen über das Johannes-Evangelium dargestellt wurde, sondern so, daß man das Christus-Leben in die Form einer Initiationserzählung kleidet. Dadurch würde man jeder verniinftigen Interpretation der Evangelien von vornherein widersprechen. Der Nerv der Evangelien würde damit ganz und gar nicht getroffen sein, und es würde auch nicht getroffen sein das, was der Okkultismus über dieses Christus-Leben zu sagen hat. Halten wir uns das nur ja recht vor Augen, daß wenn wir von anderen Religionsstiftern sprechen, wir so sprechen müssen, daß sie Initiierte geworden sind und daß wir Gründe haben, ihr Leben so zu fassen, daß wir die Initiation zu ihrem Leben hinzurechnen; daß wir aber das Christus-Leben so darzustellen haben, daß in dieses Christus-Leben, während es auf der Erde verläuft, trotzdem es die göttlichen Offenbarungen zu machen hat, nicht hereinleuchtet irgend etwas, was selber ein Initiationsvorgang ware.
Christus war Initiator. Sie brauchen nur in meinem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache» den Abschnitt zu lesen über die
wahre Bedeutung des Lazarus-Wunders. Da werden Sie finden, daß es eine Initiation ist, die Christus da vollführt hat. Er selber konnte initiieren; aber man kann in demselben Sinne, wie man davon sprechen muß, daß Lazarus von dem Christus initiiert wurde, nicht sagen, daß der Christus auf der Erde initiiert worden ist. In demselben Sinne kann man das nicht sagen. Anstelle der Initiation steht die JohannesTaufe im Jordan. Wenn die Johannes-Taufe aber der entsprechende Initiationsakt wäre, dann würde sie anders geschildert werden; dann würde sie so geschildert werden, daß der Christus als der zu Initiierende vor uns stünde und ein weit erhabenerer Initiator die Initiation ausführte. Das Werkzeug ist aber kein höherer Initiator, sondern Johannes der Täufer, der nach den Tatsachen nicht höher gestellt wer- den darf als der Christus Jesus gestellt wird. Es ist oftmals geschehen, daß man gerade diesen Fehler gemacht hat. Für das Verhältnis des Menschen zum Christentum aber, für das richtige Verständnis des Christentums, wird dieser Fehler immer außerordentlich verhängnisvoll werden. Man sollte es deshalb auch vermeiden, davon so zu sprechen, als wenn der Christus durchgegangen wäre etwa durch eine Stufe der Geburt, der Kindheit oder der Taufe oder der Verklärung oder der Erweckung in demselben Sinne, wie ein anderer Initiierter durch solche Stufen durchgegangen ist. Denn in dem Augenblicke, wo man in derselben Weise auf den Christus die Ausdrücke Geburt, Taufe, Verklärung, Himmelfahrt anwendet, hat man das Christentum total mißverstanden.
Dies alles zu verstehen ist notwendig, wenn Sie sich die Frage beantworten wollen, wie gerade der Christus-Impuls dazu kam, den Menschen die Ich-Erinnerung aus dem gewöhnlichen Erdenleben hin- eintragen zu lassen in das Leben der übersinnlichen Welten.
Ich bitte Sie jetzt, ins Auge zu fassen, klar ins Auge zu fassen, daß ich heute versuchte Ihnen zu zeigen, wie die Begegnung geschieht mit dem Tode und mit Luzifer, wie dadurch der okkultistische Aspirant in eine trostlose Situation gebracht wird, wie er aus dieser trostlosen Situation sich nur herausbringen kann, wenn er die Erinnerung an den Ich-Gedanken zu behalten vermag. Und auch den Hinweis halten Sie fest, daß die größte Hilfe für die Gegenwart zur Behaltung
des Ich-Gedankens darin besteht, daß der Mensch sich während des Erdenlebens in ein Verhältnis gesetzt hat zu dem Christus-Impulse.
Halten Sie auch fest, daß ich angefangen habe, zur Begründung dieser Tatsache zu erklären, daß das Christus-Leben anders ist als das Leben eines anderen Initiierten, daß Christus gleich von vornherein als ein solcher auftrat, daß wir zwar seine irdischen Taten geschildert erhalten, daß uns aber nicht mitgeteilt wird, er wäre beeinflußt gewesen von einem Daimonion wie Sokrates, oder er hätte unter dem Bodhibaum gesessen wie Buddha, oder Gesichte gehabt wie Mohammed. Das alles würde unmöglich machen, den Christus zu verstehen.
Wie gerade der Christus-Impuls das Mittel wird für den okkultistischen Aspiranten, mit dem Ich-Gedanken hinüberzuleben in die geistige Welt und nicht erstorbene Gedanken zu haben, und wie die übersinnliche Welt sich ausnimmt, sobald man sie mit diesem Ich-Gedanken betritt, davon werden wir dann morgen sprechen.
NEUNTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 11. Juni 1912
#G137-1993-SE162 - Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie
#TI
NEUNTER VORTRAG
Kristiania (Oslo), 11. Juni 1912
#TX
Wir haben gestern gesprochen von der Begegnung des okkultistischen Aspiranten mit Luzifer und mit dem Tode, und wir haben darauf hingewiesen, daß bleiben muß, wenn die Situation in der entsprechenden Weise eintreten soll, aus dem gewöhnlichen Erdenleben die Erinnerung an das Ich oder an den Ich-Gedanken. Wir haben auch gesehen, daß dem gegenwärtigen Menschen Hilfen zur Verfügung stehen dadurch, daß er empfangen kann innerhalb der Erdenwelt den Christus-Impuls. Und wir haben die Eigentümlichkeit dieses ChristusImpulses betrachtet, haben gesehen, daß sich dasjenige Wesen, das wir das Christus-Wesen nennen, dadurch unterscheidet von den anderen Religionsstiftern, daß wir eigentlich nicht von dem Christus sprechen
können als von einer Persönlichkeit, die auf der Erde initiiert worden ist, sondern daß die Christus-Wesenheit während der drei Jahre ihres Verweilens auf der Erde alle diejenigen Kräfte, von denen sie Ge brauch macht, bereits hat und mitbringt. Indem also die Christus-Wesenheit Mensch ward, ist sie zu dem großen Opfer - für die ChristusWesenheit war das ein großes Opfer - bereit gewesen, innerhalb eines menschlichen Leibes nur von den spezifisch menschlichen Kräften Gebrauch zu machen und ihren ganzen Zusammenhang mit dem Göttlichen durch spezifisch menschliche Kräfte zum Ausdruck zu bringen.
Sehen Sie, darauf beruht das ganz Außergewöhnliche der ChristusErscheinung. Versuchen Sie mit den gewöhnlichen menschlichen Seelenkräften irgendeinen anderen Religionsstifter zu verstehen, ich sage nicht, an ihn zu glauben, sondern ihn zu verstehen: Da ist es immer notwendig, daß Sie erst verstehen lernen die Stufe seiner Initiation, denn Sie müssen sich erheben zu einem Verständnisse von dem oder jenem, was aus einer höheren Welt hineinstrahlt in die betreffende menschliche Persönlichkeit. Und dieses müssen Sie bei dem Buddha und bei allen anderen Religionsstiftern tun. Bei dem Buddha müssen Sie anknüpfen an seine Erleuchtung unter dem Bodhibaum und sich in einer gewissen Weise ein Verständnis dafür erwerben, daß im neun-
undzwanzigsten Jahre eines Menschen etwas inspirierend in sein Leben hereinfallen kann, wie es der Buddha unter dem Bodhibaume erlebt hat. Aber wenn Sie sich zu diesem Verständnisse aufschwingen, dann werden Sie, wenn Sie ein wenig nachdenken, auch das verstehen, was noch hinzuzufügen ist, so sonderbar es auch erscheint: Nicht nur die großen Religionsstifter müssen verstanden werden durch eine Art Bekanntschaft mit den Initiationsmethoden und so weiter, sondern selbst die Evangelisten und Paulus.
Wenn Sie die Evangelisten verstehen wollen, die ihre Schriften aus Eingebungen heraus geschrieben haben, dann müssen Sie sich erst zu einem Verständnisse aufschwingen, müssen erst erfahren, wie solche Individualitäten, die sich unter den Namen Matthäus, Markus oder Johannes verbergen, zu den betreffenden Dingen, die in den Evangelien stehen, haben kommen können. Daher versuchten wir durch Untersuchung der Evangelien einen Begriff davon zu erlangen - was längst verloren war -, daß die Evangelisten die Wahrheit gesprochen haben. Aber wer den Christus verstehen will, der braucht da`s alles nicht. Den Christus verstehen kann jeder Mensch mit dem allergewöhnlichsten menschlichen Verständnis. Es gibt keinen Grad von Bildung, der so gering sein könnte, daß man mit ihm nicht den Christus verstehen könnte. Das ist eben deshalb, weil der Christus herein- gebracht hat in die rein menschlichen Kräfte, in alles, was durch menschliche Kraft wirkt, dasjenige, was er war, während die Mitteilungen der anderen Religionsstifter auf demjenigen beruhen, was diese in den höheren Welten gesehen haben. Daher darf, wenn das Wort nicht trivial verstanden wird, wirklich gesagt werden: Der Christus ist ein Religionsstifter für den einfältigsten Menschen, für ein jegliches Verständnis.
Man kann die Beziehung des Christus zu den höheren Welten natürlich erst durch die Initiation kennenlernen. Aber die braucht man ja auch erst, wenn man in die Initiation eintritt. Ich habe Ihnen gestern begreiflich zu machen versucht, welchen immensen Dienst der Christus den okkultistischen Aspiranten leistet. Er gibt ihnen die Mittel, sich an ihr Ich zu erinnern, wenn sie in den höheren Welten sind. Ohne den Christus-Impuls kann man das in gewisser Weise gar nicht,
so daß der Christus eine Hilfe wird bei den modernen Initiationen, und er wird ein immer größerer und größerer Helfer für die okkultistischen Aspiranten. Bei fortschreitender Weisheit wird man es schon gewahr, wie sehr man ihn braucht. Der Christus ist auf der einen Seite für die Einfältigsten da, und er ist auf der anderen Seite auch noch da für diejenigen, welche Weisheit und Weisheit und immer weiter Weisheit benötigen. Das ist seine Wesenheit. Das rührt von den Eigenschaften her, von denen wir gestern versuchten zu sprechen. Deshalb wird es selbstverständlich, gerade je weiter die Entwickelung der Erde geht, immer mehr und mehr Verständnis für den Christus geben. Immer weiter wird dieses Verständnis gehen. Es wird immer mehr Leute geben, welche erkennen werden, daß es zwar vollberechtigt ist zu sagen, der Christus ist da für jeden, auch für das einfältigste Gemüt, und jeder kann ihn finden; daß aber der Christus auch da ist für diejenigen, welche die Weisheit suchen müssen, weil sie die Verpflichtung dazu fühlen.
Nun werden wir eine kurze Weile diese Gedanken verlassen und uns wiederum zu der Betrachtung jener Begegnung wenden, von der gestern gesprochen worden ist. Da müssen wir sagen: Zuerst also begegnet der Mensch Luzifer. Luzifer, so haben wir gesehen, zeigt uns, was wir eigentlich von Inkarnation zu Inkarnation in der Erdenentwickelung geworden sind, und wir haben 'uns gestern schon vor die Seele geführt, daß uns Luzifer eine recht häßliche Gestalt zeigt. Man lernt eben erkennen durch Luzifer, was man durch ihn während der Erdenentwickelung geworden ist.
Nun handelt es sich darum, daß man dieses in der richtigen Weise erkennen lernt, daß man als okkultistischer Aspirant nicht dabei stehenbleibt, daß einen Luzifer darauf hinweist, was wir da durch die Götter errungen haben, indem er sagt: Das ist deine vor dir liegende zerbrechliche Gestalt. Dasjenige, was du durch mich errungen hast, ist die Unsterblichkeit. - Aber die erweist sich dann als Häßlichkeit. Zuerst ist es so, daß man eine Ahnung bekommt davon, wenn man diesen gerade hier gemeinten Initiationsweg betrachtet, daß einem der Christus nicht nur bei dem helfen kann, wovon gestern gesprochen worden ist, sondern auch helfen kann bei der Umänderung der Gestalt. Dazu bedarf es aber auch des Entschlusses, diesem Christus-Impulse
treu zu bleiben, ihn nicht mehr zu verlieren und sich zu bestreben, immer mehr und mehr Verständnis zu gewinnen für den Christus-Impuls. Daher gibt es kein Mittel, gerade bei den Bekennern der neueren Mysterien, wodurch sie von diesem Christus-Impulse wieder abgebracht werden könnten.
Nun aber haben wir uns daran zu erinnern, daß wir von dem dreifachen Menschen, den wir betrachtet haben, gewissermaßen zuordnen mußten den oberen Menschen zum Teil der ganzen Sternenwelt. Aber wir haben dann gesagt, daß diejenige Gestalt, die das Alte Testament kennt unter dem Namen Jahve oder Jehova, dem oberen Menschen wie eine Art von Abschlagszahlung für das, was der Mensch auf dieser Erde verloren hat, dasjenige gibt, was wir zuordnen können dem Monde; so daß wir, wenn wir uns an das Durchgenommene erinnern, sagen können: Der obere Mensch ist in gewis,ser Beziehung dem Monde zu- geordnet. Zugeordnet ist in gewisser Beziehung der mittlere Mensch, der Brustmensch, der Mensch, der das Herz in sich trägt, wie wir gesehen haben, der Sonne. So daß wir uns eine Vorstellung bilden können von dem, was in den okkulten Schulen und Mysterien immer verstanden worden ist unter dem Zuordnen des mittleren Menschen, des Menschen, der das Herz trägt, zur Sonne, und des Menschen, der den Kopf trägt, entweder zum ganzen Sternenhimmel oder vorzugsweise zum Monde.
Nun hat aber auch Luzifer an dem Menschen gewirkt. So wie wir die Sonnenwirkung in unserem mittleren Menschen tragen, so wie wir tragen in unserem Kopfmenschen die Wirkung des Mondes, wie ich sie Ihnen schilderte für das alte Hellsehen, so tragen wir in uns zunächst auch die Wirkungen eines anderen Sternes, wenn Sie sich die Kräfte, die von diesem Stern ausgehen, in der entsprechenden Weise denken.
Sie werden sich leicht vorstellen können, daß diese Wirkung anders gestaltet sein muß als die Sonnen- und Mondwirkung. Die Mondwirkungen waren in alten Zeiten noch so, daß wirklich das menschliche Hellsehen in einer achtundzwanzigtägigen Mondperiode verlaufen ist, daß der Mensch in achtundzwanzig Tagen sich einmal in mehr, einmal in weniger hellseherischem Zustande fühlte. Das hat also in den Menschen hineingespielt, so daß es von ihm unmittelbar wahrgenommen werden konnte. Die Sonnenwirkungen sind ja auf der Hand lie
gend; um einzusehen, daß der ganze mittlere Mensch von der Sonne abhängt, dazu braucht man nicht viel Worte zu verlieren. Das im letzten Vortrag Gesagte dürfte genügen. Die Einwirkung des dritten, welches dasselbe Gebiet darstellt, das uns in der Initiation als Luzifer erscheint, ist so, daß es schon auf geistige Art wirkt. Da kann von einer so handgreiflichen Wirkung nicht die Rede sein. Deshalb kann von den Einwirkungen des Mondes schon manches geleugnet werden; die Einwirkungen der Sonne leugnet niemand. Aber es gibt doch schon Menschen in der Gegenwart, die von einer Einwirkung des Mondes auf die menschliche Natur sprechen. Die Einwirkungen der übrigen Sterne lehnt natürlich der Materialismus ab. Er muß sie ablehnen, weil sie eben geistig sind und weil der Materialismus die Wirkung geistiger Kräfte nicht zugibt. Aber geradeso wie die Dinge, die ich Ihnen geschildert habe, am oberen Menschen mit dem Monde, am mittleren Menschen mit der Sonne zusammenhängen, so hängen mit der Gestalt, die uns entgegentritt, wenn wir die Schwelle der Initiation überschreiten, die Einwirkungen der Venus zusammen, und ich bemerke gleich, daß es sich dabei handelt um das Gestirn, das die Astronomen heute Venus nennen. Die Venus ist also das Reich des Luzifer.
Zunächst liegt die Sache so, daß wir genau erfahren durch die Initiation, daß der untere Mensch, der Mensch, den wir als den dritten siebengliedrigen Menschen bezeichnet haben, dasjenige Gebiet von der ganzen menschlichen Natur ist, das durch die oberen Götter dem Reiche des Luzifer zugeteilt ist. Nun aber hat Luzifer auf eine Weise, von der wir noch sprechen werden, sich des ganzen Menschen bemächtigt, geradeso wie Jahve oder Jehova sich des ganzen Menschen bemächtigt hat. Und wenn Sie die vollständige Wirkung des Jahve oder Jehova ins Auge fassen wollen, dann müssen Sie sich sagen: In den Menschen, den Sie jetzt gemäß unseren früheren Vorträgen als den Kopfmenschen kennen werden, wirkt hinein jene Jehovakraft, welche dem Neumonde entspricht, also dem lichtlosen Monde, der das physische Sonnenlicht nicht zur Erde zurückstrahlt. Das physische Sonnenlicht dagegen, das zurückgestrahlt wird vom Monde, haben Sie sich so zu denken, daß es die Einwirkung der Jahve- oder Jehovakräfte auf den Menschen ist, welche von dem Monde aus auf den unteren Menschen,
auf den dritten Menschen, stattfindet. - So daß wir also sagen müssen: Wenn wir in der Mitte lassen den Brustmenschen, so haben wir auf den unteren Menschen wirkend die Jehovakräfte, die dem Vollmonde entsprechen; auf den mittleren oder Brustmenschen wirkt nun die Sonnenkraft, das wissen wir, aber auch die Mondenkräfte. Die Jahve- oder Jehovakräfte haben sich also des gesamten Menschen bemächtigt. Sie wirken in abwechselnden Perioden auf den Kopfmenschen und auf den unteren Menschen, wobei die Wirkung auf den Kopfmenschen dem Neumonde, die Wirkung auf den unteren Menschen dem Vollmonde entspricht.
Ich glaube nicht, daß irgendein Mensch das, was ich jetzt gesagt habe, bezweifeln wird, wenn er sich ein Verständnis dafür verschafft, warum gerade im alten hebräischen Bekenntnisse, im alten hebräischen Ritus, dem Neumonde als Festlichkeit eine solche Bedeutung zugeschrieben worden ist. Wenn Sie sich die Neumondsfeste ansehen und sehen, welche Empfindungen in dem Alten Testamente dem Neumondsfeste entsprochen haben, dann werden Sie sich ein vernünftiges Verständnis für das, was jetzt gesagt wurde, verschaffen können. Die mittleren Phasen des Mondes entsprechen sich so, daß darin auf den ganzen Brustmenschen der zunehmende und der abnehmende Mond wirkt. Wenn Sie sich nun dazu noch vorstellen, daß, geradeso wie der Mond auf den gesamten dreigliedrigen Menschen wirkt, das heißt sein Geist Jahve oder Jehova, auch die Sonne auf den gesamten Menschen wirkt, aber hauptsächlich auf den mittleren, und daß von da ihre Wirkungen ausstrahlen auf den gesamten Menschen, dann haben Sie zwei kosmische Kräfte, welche in gesetzmäßiger Weise im Menschen wirksam sind.
Von Luzifer erfahren wir, daß sein Reich die Venus ist, und daß diejenigen Kräfte, welche ihren symbolisch-physischen Ausdruck dadurch finden, daß sie als das Licht der Venus, des Morgen- und Abendsternes zu uns kommen, daß diese physischen Strahlen der Venus, die in den Weltenraum hineingeschickt werden, die symbolisch-physische Einwirkung des Luzifer auf den Menschen sind. Es hat sich Luzifer nicht darauf beschränkt, auf den unteren Menschen zu wirken. Da würde er nur wirken, wenn die Venus mit ihrer vollen Scheibe strahlt,
wie beim Vollmonde. Sie wissen, daß die Venus gerade solche Phasen hat wie der Mond, daß es also eine zunehmende, eine volle und eine abnehmende Venus gibt. Die Viertel wirken wieder ebenso wie die Viertel des Mondes auf den Brustmenschen. Die Venus, die geistig wirkt, wirkt aber auf den Kopfmenschen, so daß ein Ausdruck für das, was in bezug auf den Menschen geistige Wirkungen sind, in dem Zusammenwirken von Sonne, Mond und Venus am Himmel gesehen werden kann. Wohlgemerkt, ein Ausdruck für das, was im Menschengeist ist.
Wie nun im Menschen der große Sonnengeist wirkt im Verhältnis zum Mondengeist, im Verhältnis zu Jahve oder Jehova, so wirkt auch Luzifer, der immer in der menschlichen Natur mit wirksam ist, im Verhältnis zu diesen beiden. Wenn man dieses Gesetz des Zusammenwirkens graphisch darstellen und eine Zeichnung davon geben wollte, so könnte man es am besten tun, wenn man es in den Konstellationen der physischen Sonne, des physischen Mondes und der Venus suchte. Wie diese zueinander stehen, wie diese ein Verhältnis haben können, daß der eine dem anderen Opposition macht, ihn abstößt, daß der eine den anderen verstärkt oder daß er ihn schwächt, dadurch, daß er sich über ihn stellt und ihn verfinstert, so ist auch das Verhältnis der drei geistigen Gewalten, die charakterisiert worden sind, im Menschen. Der Mensch kann seine Sonnenwirkung besonders entfalten, wenn sie weder durch die Monden- noch durch die Venuskräfte beeinträchtigt wird. Es kann aber auch sozusagen seine Sonne, die Kräfte, die im mittleren Menschen, im Herzen sind, durch den Mond, durch die Kopfkräfte verfinstert werden, wie auch Verfinsterungen eintreten können durch Luzifer, durch die Venus. Wie Sie auch wissen, gibt es das, was man Durchgänge, Vorübergänge der Venus vor der Sonne im Weltenraum nennt.
So haben Sie das Zusammenhängende der inneren Dreiheit des Menschen, sozusagen den Sonnengeist, den Mondengeist und den Venusgeist oder Luzifer symbolisiert im Weltenraum und ausgedrückt durch die Konstellation von Sonne, Mond und Venus. Es wird Ihnen jetzt leicht begreiflich erscheinen, da wir die gesamte menschliche Gestalt auch so geteilt haben, daß wir die Teile der menschlichen Gestalt gewissen Zeichen, Fixsternen des Tierkreises zugewiesen haben, daß wiederum
eine Beziehung bestehen kann zwischen diesen drei Sternen im Menschen, das heißt den drei geistigen Gewalten im Menschen und den einzelnen Gliedern der menschlichen Gestalt. Da würde eine besonders bezeichnende Art dieser Beziehung beim Menschen zum Beispiel sein, wenn sein Herz in dem mittleren Menschen, das heißt die Gewalten des Herzens, des Sonnengeistes in dem mittleren Menschen, am stärksten wirken. In den mittleren Menschen haben wir hinein- geschrieben das Zeichen des Löwen; so daß wir sagen können: Wenn die Sonne jetzt so wirkt, daß sie ihre Kräfte besonders auf dasjenige Glied der menschlichen Gestalt ausüben kann, wozu wir symbolisch das Zeichen des Löwen schrieben, dann ist eine bemerkenswerte Konstellation im Menschen vorhanden. Ebenso ist eine bemerkenswerte Konstellation vorhanden, wenn besonders stark entfaltet sind Jahveoder Jehovakräfte in ihrem Geistigen, sagen wir im Zeichen des Widder, welches die Aufrechtstellung bedeutet, oder des Stieres, welches das Nach-vorn-Gerichtetsein zur Sprechbewegung angibt. Das sind diejenigen Teile der menschlichen Gestalt, welche in besonderem Maße ein ursprüngliches Verhältnis zur Mondenkraft haben müssen. Wenn sie sich dort am stärksten entfalten, so ist dies eine besonders günstige Konstellation für den Menschen.
Jetzt werden Sie auch merken, worauf eigentlich das Prinzip, das Wesen der Astrologie beruht. Ich bemerke dies, nicht weil ich vorhabe> über Astrologie ausführlich zu sprechen, dazu würde die Zeit nicht reichen, sondern um zu zeigen, worin das Wesen derselben besteht. Das kann in wenigen Worten klargemacht werden. Sie sehen, der Mensch ist, wie er dasteht vor uns mit seiner dreimal siebengliedrigen Gestalt, schon zugeordnet den geistigen Mächten, welche den kosmischen Reichen entsprechen. Denn geradeso wie dem Sonnengeist die im Menschen wirkenden Kräfte des Sonnengeistes entsprechen, wie dem Kopfmenschen entsprechen die Kräfte des Mondes und wie dem dritten Menschen entsprechen die Kräfte, die über den ganzen Menschen ausgeteilt werden, so entsprechen die Glieder der menschlichen Gestalt eben Fixsternen, deren Zeichen ich Ihnen zu den Gliedern der menschlichen Gestalt hinzugeschrieben habe. So ist der Mensch fertig in seiner physischen Gestalt.
Das, was von diesen Mächten nun kommt, die aus diesen Richtungen, aus diesen Gebieten hereinwirken, das hat nicht bloß damals gewirkt, als die menschliche Gestalt sich gebildet hat, sondern wirkte fort durch die Zeiten hindurch und wirkt auch jetzt noch; wirkt so, daß in einer gewissen Weise dasjenige, was der Mensch heute als sein äußeres Schicksal erfährt, in Zusammenhang gebracht werden kann mit den Konstellationen der Sterne, ebenso wie wir mit den Konstellationen der Sterne in Zusammenhang bringen müssen das, was der Mensch schon geworden ist. War es für den Menschen in bezug auf seine Organisation günstig, daß gewissermaßen seine Sonnenkräfte zusammenwirkten mit den Teilen seiner Gestalt, zu denen wir das Zeichen des Löwen schreiben konnten, so wird es auch heute für gewisse Eigenschaften des Menschen günstig sein, wenn wichtige Augenblicke seines Lebens, vor allen Dingen der wichtige Augenblick der Geburt, so fällt, daß die Sonne im Zeichen des Löwen steht, das heißt, den Löwen bedeckt, so daß diese beiden Kräfte sich gegenseitig verstärken oder überhaupt beeinflussen.
Wie in den Himmelsraum durch die Sternenkonstellation hineingeschrieben ist das, was der Mensch heute ist, so ist nun auch hineingeschrieben das, was weiter mit ihm vorgehen wird. Darauf beruht die richtige Astrologie. Sie werden gleich aus dem, was wir jetzt betrachten werden, sehen, daß Sie im Grunde genommen nur den OkkultismUs wirklich zu kennen brauchen, um das Prinzip der Astrologie zu haben, denn wir wollen jetzt schreiten zur Charakteristik der zweiten Initiationsstufe.
Wir haben charakterisiert, daß es wichtig ist für den okkultistischen Aspiranten zur Erlangung der ersten Initiationsstufe, der Begegnung mit dem Luzifer und mit dem Tode, auszugehen von der menschlichen Gestalt, von dem, was der Mensch für den physischen Anblick zunächst ist. Für die nächste Stufe ist etwas anderes wichtig. Da ist es wichtig, auszugehen von der inneren Bewegung des Menschen. Wohlgemerkt:
Erste Stufe: Ausgang von der menschlichen Gestalt. Zweite Stufe: Ausgang am besten von der
inneren Bewegung des Menschen.
Nun wollen wir einmal diese innere Bewegung des Menschen uns vor die Seele führen, so wie wir uns die Gestalt des Menschen vor die Seele geführt haben.
Da haben wir zunächst eine Bewegung, die der Mensch im späteren Leben allerdings wenig mehr ausführt, die aber einmal mit allen Kräften von ihm ausgeführt werden mußte, denn sonst wäre er ein Vierfüßler geblieben, hätte sein ganzes Leben hindurch kriechen müssen. Diejenige Bewegung muß der Mensch ausführen, die ihn von einem kriechenden Kinde zu einem aufrechtgehenden Wesen macht. Der Mensch ist nicht nur seiner Gestalt nach ein aufgerichtetes Wesen; er ist ein Wesen, das sich während des Lebens selber aufrichtet, so daß die erste wichtige innere Bewegung - denn eine innere Bewegung ist das -, die der Mensch ausführt, die Bewegung des Sich-Aufrichtens ist. Also die Aufrichtbewegung ist das erste, was wir ins Auge fassen müssen.
Die zweite Bewegung innerer Art ist wiederum eine solche, die der Mensch im späteren Leben zwar noch immerzu gebraucht, die er aber sich doch erst als Kind aneignen muß. Es ist die Sprechbewegung, jene Bewegung des inneren Lebens, die ausgeführt werden muß, damit das Wort zustande kommt. Sie müssen sich vorstellen, daß eine Summe innerer Bewegungen notwendig ist, damit das Wort zum Ausdruck gebracht werden kann. Vorher muß der Mensch allerdings noch eine andere Bewegung lernen, die sich mehr verbirgt. Eigentlich lernt er beide Bewegungen gewissermaßen zusammen; im Grunde genommen oftmals die Sprechbewegung früher als die andere 'Bewegung. Darüber können Sie Genaueres finden in meinem Schriftchen «Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft». Jedenfalls aber sind die zwei Bewegungen vorhanden, die der Mensch lernt und die er ausführen muß als innere Bewegungen sein ganzes Leben hindurch. Der Sprechbewegung ist sich der Mensch sogar bewußt. Das weiß jeder Mensch. Daß aber auch, wenn man denkt, fortwährend eine feine Bewegung im Hirn stattfindet, weiß nicht jeder. Um darauf zu kommen, gehört eine feinere Beobachtung. Nicht soll Materialismus hier gepredigt werden, wenn ich von «Bewegung» spreche. Die Bewegung im Hirn ist nämlich schon vorhanden, nur ist sie Wirkung und
nicht Ursache. Wir haben es also zu tun mit der Denkbewegung und mit der Sprechbewegung als inneren Bewegungen.
Wenn Sie die Bewegungen weiter verfolgen, so entdecken Sie als die nächste wichtige Bewegung, welche notwendig ist, damit das innere Leibesleben stattfinden kann, diejenige Bewegung, die wir nennen können die Blutsbewegung. Sie gehört zu denjenigen Bewegungen, die notwendig stattfinden müssen, damit der Mensch überhaupt Mensch sein kann. Die Reihenfolge ist bei dieser Bewegung scheinbar etwas willkürlich. Das macht aber nichts.
Die fünfte Bewegung, die da sein muß, damit die Blutsbewegung überhaupt da sein kann, ist die Atmungsbewegung. Das ist eine für sich bestehende, besondere Bewegung. Sie ist verschieden von der Blutsbewegung, und nicht dasselbe. Ich sage, die Reihenfolge dieser Dinge ist etwas willkürlich, da man sowohl die Denkbewegung und die Sprechbewegung vertauschen kann, indem man die eine an die zweite, die andere an die dritte Stelle stellt - darauf kommt es aber nicht an. Man kann auch zuerst die Atmungsbewegung angeben und dann die Blutsbewegung; wenn man mehr auf die Lungen sieht, muß man das so- gar. Wenn man aber mehr auf den Ursprung der Bewegungen sieht, so muß man die gewählte Reihenfolge nehmen, weil, insbesondere beim Mann, der eigentliche zentrale Ursprung der Atmungsbewegung im Zwerchfell liegt, das unterhalb des Herzens ist. Wenn man also eine Reihenfolge in bezug auf den Ursprung nehmen will, muß man diese Reihenfolge wählen.
Die sechste Bewegung - ich rede also immer von inneren Bewegungen des Leibes, die stattfinden müssen - ist diejenige, welche bestimmte Organe ausführen müssen und die man - um einen gemeinsamen Ausdruck zu haben - Drüsenbewegung oder auch Gefäßbewegung nennen könnte. Die Gefäße des Menschen müssen in fortwährender Tätigkeit, in fortwährender innerer Beweglichkeit sein, damit der Mensch als Lebewesen unterhalten werden kann. Aus gewissen Gründen, die auseinanderzusetzen zu weit führen würde, möchte ich aber einfach geradezu «Drüsenbewegung» sagen.
Eine siebente Bewegung ist die, welche sich ergibt, wenn in dem Menschenleibe nicht bloß einzelne Gefäße oder Drüsen sich bewegen,
um etwas abzusondern, was der einzelne Mensch in sich braucht, sondern welche der Menschenleib, wohlgemerkt als Leib, vollziehen muß, wenn von der Natur die Veranstaltung gemacht wird, einen neuen Menschen zu gebären. Da haben wir es mit einer Totalität der Leibesbewegungen zu tun. Während man es in der übrigen Gefäßbewegung nur zu tun hat mit der Bewegung eines Teiles, hat man es bei der Reproduktionsbewegung mit der Absonderung des ganzen Menschen in irgendeiner Art zu tun. Ob es der weibliche oder der männliche Leib ist, das ist gleich. Wir haben es immer zu tun mit der Absonderung des ganzen Menschen. Wir nennen also diese Bewegung die «Reproduktionsbewegung».
Andere innere Bewegungen, wenn Sie die angeführten sieben Bewegungsarten richtig verstehen, gibt es nicht. Die anderen sind äußere Bewegungen. Wenn der Mensch zum Beispiel seine Füße und seine Hände bewegt, so sind das äußere Bewegungen. Das aber, was in dem Menschen ist an inneren Bewegungen, hat der Mensch sich schon mitgebracht, wenn die Erde es auch vielfach verändert hat. Und geradeso wie die gesamte Gestalt des Menschen bezogen werden muß auf die Sternbilder des Tierkreises und deshalb den einzelnen Teilen der menschlichen Gestalt die Zeichen der Tierkreisbilder beigefügt werden, so sind diese einzelnen Bewegungen aus dem gesamten Planetensystem heraus gebildet.
Aus unserem Planetensystem heraus haben wir also abzuleiten diese sieben Glieder des inneren beweglichen Menschen; und man bezeichnet, weil die Verhältnisse dieser Bewegungen zueinander im Menschen den Verhältnissen der Planeten unseres Planetensystems entsprechen, diese einzelnen Bewegungen auch mit den Zeichen, die für die Planeten gesetzt werden:
die Aufrechtbewegung
die Denkbewegung
die Sprechbewegung
die Blutsbewegung ö
die Atembewegung
die Drüsenbewegung Y
die Reproduktionsbewegung ~
In bezug auf die Blutsbewegung berührt sich die Bewegung mit dem, was wir früher kennengelernt haben als den eigentlichen Mittelpunkt der zum mittleren Menschen gehörigen Organe, der insbesondere die Angriffsfläche für den Sonnengeist bildet. Daher muß man mit dem, was die wichtigste Kraft des mittleren Menschen ist, auch in Beziehung setzen die Blutsbewegung, die in diesem mittleren Menschen ihren Mittelpunkt hat, so daß man die Blutsbewegung zu bezeichnen hat mit dem Zeichen der Sonne. Hier handelt es sich um die Kraft des Sonnengeistes insbesondere insofern, als sie bewegend ist. Als Fixstern, könnten wir sagen, wirkt die Sonne auf den ganzen mittleren Menschen; auf die Bewegungen, die hauptsächlich vom mittleren Menschen abhängen, auf die Blutsbewegung, wirkt aber die Sonne wie ein anderer der genannten Planeten. Wenn ich die Zeichen gebrauche, welcher sich die heutigen Astronomen auch noch bedienen - ich gebrauche in diesem Falle also nicht die alte Terminologie, die von Kepler umgestellt worden ist, sondern die Benennungen, wie sie in der heutigen Astronomie üblich sind -, so kann benannt werden die Atmungsbewegung mit Merkur ~, die Drüsenbewegung mit Venus Y, die Reproduktionsbewegung mit Mond ~. Die Reproduktionsbewegung, lokalisiert im unteren Menschen, ist wieder etwas, was sozusagen zusammentrifft mit dem Einflusse des Mondengeistes, der hier eingreift in den unteren Menschen und die innere Beweglichkeit des Menschen berührt.
So haben wir einen dreimal siebengliedrigen Menschen in der menschlichen Gestalt, und auch einen siebengliedrigen Menschen in dem Zusammenhang der inneren Bewegungen des Menschen. Wenn nun der okkultistische Aspirant sich bemüht, in sich zu unterscheiden diese innere Beweglichkeit, dann kann er den nächsten Schritt machen in dem, wovon ich Ihnen schon gesprochen habe.
Sehen Sie, da haben Sie es schon nicht so leicht wie früher, denn die äußere Gestalt steht sozusagen vor dem menschlichen Auge, nicht aber die innerliche Beweglichkeit. Man muß sich schon ein wenig bemühen, die innere Beweglichkeit zu fühlen. Man muß unterscheiden lernen, und man muß lernen, die Aufrechtbewegung innerlich zu fühlen, die Denkbewegung zu fühlen, zu fühlen die Sprechbewegung - was am leichtesten ist -, zu fühlen die Blutsbewegung, zu fühlen - was
wieder nicht schwer ist - die Atmungsbewegung; zu fühlen endlich das, wovon man gewöhnlich nur das Resultat fühlt, nämlich ob man sich hinlegt oder aufrechtsteht, und zu fühlen die Abso`nderungsbewegung.
Das Unterscheidungsvermögen für die einzelnen Bewegungen, die stattfinden, ist etwas, was sehr notwendig ist, wenn der okkultistische Aspirant weiterkommen will. Wenn der okkultistische Aspirant es mit diesen inneren Bewegungen ebenso macht, wie ich gestern erzählt habe, daß der Mensch es mit der menschlichen Gestalt machen soll, dann hätte er jetzt - statt äußerlich die menschliche Gestalt zu fixieren und das Nachbild zu erwarten - zu versuchen, sich innerlich zu fühlen, zu fühlen die innere Beweglichkeit des Menschen, die innere Tätigkeit. Und dann, nachdem man sozusagen sich leiblich innerlich fixiert hat, hätte man zu versuchen, diesen Eindruck festzuhalten, so wie wir gestern versucht haben festzuhalten, rein in der Erinnerung, den Eindruck der Gestalt. Dann kommt der Mensch tatsächlich dazu, wirklich sieben solcher Gestalten zu erkennen, wie sie uns gestern begegnet sind als zwei Gestalten. Gestern sind uns begegnet die Gestalten des Todes und des Luzifer, und wir haben gehört, daß, wenn wir uns an den Christus-Gedanken erinnern, wir dann etwas haben, was wir hinüber- tragen können in die andere, in die übersinnliche Welt.
Wenn der okkultistische Aspirant sich so, wie es geschildert worden ist, herausversetzt aus seinem innerlichen beweglichen Menschen, wenn er aus seinem innerlichen beweglichen Menschen heraustritt, dann treten ihm tatsächlich sieben Gestalten entgegen. Er macht die Bekanntschaft mit sieben geistigen Wesenheiten, und er weiß, daß diese sieben geistigen Wesenheiten seinen inneren Bewegungen ebenso entsprechen, wie die Sonne, der Mond und die Venus dem entsprechen, wovon wir gestern und heute gesprochen haben. Der Mensch lernt erkennen, daß er aus unserem Planetensystem herausgewachsen ist, daß die Planeten als physische Gestirne dirigiert sind von Planetengeistern, und daß des Menschen Aufrechtbewegung nur dadurch in ihm stattfinden kann, daß in ihm waltet der Geist des Saturn, der Geist, der seinen Schauplatz so auf dem Saturn hat, wie Luzifer ihn hat auf der Venus. Der okkultistische Aspirant weiß dann, daß seine Denkbewegungen
zusammenhängen mit dem Regenten oder dirigierenden Geiste des Jupiter, daß die Sprechbewegungen zusammenhängen mit dem dirigierenden Geiste des Mars, daß die Blutsbewegung zusammenhängt mit dem dirigierenden Geiste der Sonne, daß zusammenhängt alles, was Atmungsbewegung ist, mit dem dirigierenden Geiste des Merkur, daß zusammenhängt alles, was Drüsenbewegung ist, mit dem dirigierenden Geiste der Venus, und endlich, daß alles, was Reproduktionsbewegung ist, mit dem dirigierenden Geiste des Mondes zusammenhängt. Er weiß aber auch, daß alle diese Geister durcheinanderwirken, daß ihr hauptsächlichster Sitz undAngriffspunkt in dem Menschen so ist, daß die eine Bewegungsart auf die andere wirkt, daß im Menschen der Geist des Saturn vorzugsweise durch die Aufrechtbewegung wirkt, aber an allen` anderen Bewegungen indirekt beteiligt ist. Eine besonders bemerkenswerte Situation ist es, wenn dieser dirigierende Geist des Saturn besonders stark seine Kraft entfaltet beim Widder oder beim Stier. Da findet eine besonders bedeutungsvolle Situation statt, und wir können nun, da Sie jetzt wissen, wie mit den einzelnen Gliedern der menschlichen Bewegungsnatur die dirigierenden Planetengeister zusammenhängen, allerdings die Erfahrung machen, daß in dem, was wir als Zeichen für die einzelnen Glieder kennengelernt haben, das Prinzip der wirklichen Astrologie liegt. Sie brauchen nur das zu wissen, um was es sich hier handelt, dann werden Sie wissen, daß darin das Prinzip der wirklich echten Astrologie liegt, die aus nichts anderem entspringt als aus der bedeutungsvollen Tatsache, daß der Mensch aus dem Weltall herausgeboren, ein Auszug, ein Extrakt des ganzen Weltalls ist.
So wie wir bis zu den Fixsternen hinaufgehen müssen, um die Gestalt zu verstehen, und wie wir die Gestalt beeinflußt finden durch die hauptsächlichsten Kräfte, die von Sonne, Mond und Venus kommen, so finden wir jetzt durch die sieben Planetengeister ganz besonders die innere Beweglichkeit des Menschen bewirkt. Sieben geistige Wesenheiten also lernt der Mensch kennen. Etwas außerordentlich Bemerkenswertes ist aber hier der Fall. Beachten Sie die Tatsache, daß unter diesen sieben Geistern auch der Geist der Venus ist, den wir vorhin schon kennengelernt haben als den Luzifer. Es ist sehr, sehr merkwürdig, was da dem okkultistischen Aspiranten begegnet. Wenn
er den ersten Schritt macht in die Initiation hinein, so begegnet er dem Luzifer, und wir sahen, daß ihm Luzifer jene Gestalt von sich selbst zeigt, von der wir gestern gesprochen haben. Er begegnet Luzifer als dem Wesen, das ihn zum häßlichsten gemacht hat, und jetzt, indem er dem Venusgeist begegnet, begegnet er nochmals dem Luzifer. Nun aber stellt sich Luzifer als etwas ganz anderes heraus. Es ist beim zweiten Male nicht dieselbe Gestalt, der man das erste Mal begegnet. Man weiß zwar, es ist dasselbe Wesen, aber es zeigt sich in zwei verschiedenen Gestalten. Der zu Initiierende erhält also die Erkenntnis, daß sich Luzifer in zwei Gestalten zeigen kann. Das erste Mal zeigt er sich beim Überschreiten der Schwelle, wovon wir gestern gesprochen haben, da, wo er darauf hinweist, daß der Mensch ihm die Unsterblichkeit verdankt, wo er etwa sagt: Die Götter haben dir einen zerbrechlichen Leib gegeben, ich aber habe dir die Unsterblichkeit gegeben. - Wenn man sich dann umsieht, so ist es jener Drache, von dem wir gestern gesprochen haben. Daher nennt man diese Gestalt auch die kleine Gestalt des Hüters der Schwelle.
Jetzt zeigt sich uns auf der zweiten Stufe der Initiation etwas anderes; es zeigt sich uns, daß Luzifer auch andere Kräfte entfalten kann. Könnten wir in uns nicht entfalten alle Absonderungskräfte, alle Kräfte, die von unseren Gefäßen ausgehen, so könnten wir keine Menschen sein; es wäre ausgeschlossen, daß wir Menschen wären. Die Blutsbewegung, die Atmungsbewegung, sie allein können uns nicht erhalten. Die Säftebewegung, die Gefäßbewegung, die Drüsenbewegung, die dirigiert ist von Luzifer, dem Venusgeiste, muß auch vorhanden sein. Das ist der Unterschied zwischen allen möglichen exoterischen Überlieferungen und dem, was hier ausgeführt wird, daß in den Überlieferungen zwar gesprochen wird von Luzifer und den einzelnen Planetengeistern, daß diese Dinge aber keine wirkliche Er- kenntnis liefern. Die wirkliche Erkenntnis ist wahrlich kein Kinderspiel. Sie offenbart uns Luzifer als den Verhäßlicher der menschlichen Gestalt und auf der anderen Seite als den notwendigen Geist, der uns als Menschen einzig und allein möglich macht.
Und jetzt erleben wir etwas höchst Merkwürdiges innerhalb der Initiation. Wenn es uns gelungen ist, an dem Christus festzuhalten,
uns innerlich an ihn anzuschließen, so daß er uns die Mittel gibt, hinüberzutragen den Gedanken des Ich, die Vorstellung des Ich, das Selbstbewußtsein der Erde in die übersinnliche Welt, die wir beschreiten, dann haben wir eine Ahnung davon bekommen, daß diese Christus-Kraft etwas mit der Sonnenkraft zu tun hat. Eine solche Ahnung bekommen wir zunächst; denn auf der ersten Stufe der Initiation ist es nicht viel mehr als eine Ahnung, was einem aufgeht von der Verbindung der Christus-Kraft mit der geistigen Sonnenkraft. Auf der zweiten Stufe ist es so, daß diese Christus-Kraft sich uns auch darstellt als eine, ich möchte sagen, greifbare Gestalt, die man schon etwas näher kennenlernen kann, die einem schon klarer und deutlicher wird in der übersinnlichen Welt. Also auf der zweiten Stufe der Initiation wird man etwas mehr bekannt mit dem übersinnlichen Christus. Das nächste, was dieser Christus uns zeigt, ist, daß er den dirigierenden Geist der Venus, von dem wir gelernt haben, daß er Luzifer ist, seinen Bruder nennt und ihn als einen Planetengeist bezeichnet wie einen anderen. In dem Augenblick, wo er sich in der zweiten Stufe zeigt, zeigt er sich wie ein planetarischer Geist, so daß er brüderlich unter den sieben Regenten der Planeten darinnensteht.
So beschreiten wir gleichsam ein Feld, durch das wir kennenlernen ein hochgeartetes Kollegium von sieben planetarischen Geistern, die sich in voller Brüderlichkeit zueinander verhalten. Dies ist eine gefährliche Klippe, und der okkultistische Aspirant muß manches andere kennenlernen, wenn er an dieser gefährlichen Klippe nicht scheitern soll, denn er darf das, was sich ihm da darbietet, nicht so ohne weiteres hinnehmen. Er muß versuchen, sich eine genaue Erkenntnis zu verschaffen von den Dingen, die da zugrunde liegen.
Wenn man sozusagen in die Details der okkultistischen Erkenntnisse hineinkommt, kann man verschiedenes als Hilfsmittel wählen, um sich auszukennen auf dem Felde des Okkultismus. Damit, daß wir einfach die sieben Brüder kennenlernen, die die sieben Planetengeister sind, wissen wir noch nicht alles; denn sieben Brüder können doch voneinander verschieden sein, und die Verschiedenheit bietet sich uns nicht von vornherein dar. Wir müssen näher zusehen, genauere Studien machen, wenn wir Näheres erkennen wollen. Und da möchte ich Ihnen
w1ederum eine Darstellung geben, die Sie, wenn Sie sie genau prüfen mit dem, was die exoterischen Mythen Ihnen geben, durchaus begründet und vernünftig finden werden, so sonderbar sie auch erscheinen wird, die Sie begründet finden werden, weil sie aus der okkulten Forschung heraus gegeben ist. Vergleichen Sie das mit den religiösen und geschichtlichen Urkunden. Die Vernunft wird dann schon sprechen: Ja, ich bin beruhigt. - Je weiter Sie gehen mit Ihrer Vernunft, um so mehr werden Sie ja sagen können zu dem, was ich Ihnen sage, wenn Sie es als ein Ergebnis der okkulten Forschung betrachten, das man in der Gegenwart erhalten kann auf dem Gebiete des großen kosmischen Lebens, und das dem gegenwärtigen Menschen verhältnismäßig leicht zu- gänglich ist.
Da muß man von irgend etwas ausgehen, man muß von irgendwo seinen Ausgangspunkt nehmen, so also zunächst, daß man sieben kosmische Geister und gleichsam ihre Reiche kennenlernt. Dadurch lernen wir aber nur die höchsten dirigierenden Geister und ihre Reiche, die entsprechenden Planeten, kennen. Dabei kann es jedoch nicht bleiben. Wir müssen, soweit es die okkulte Forschung möglich macht, diese Reiche etwas näher untersuchen, wir müssen auf einiges näher eingehen, und da bietet sich dem gegenwärtigen okkultistischen Aspiranten, wenn er mit den Mitteln, die der moderne praktische Okkultismus geben kann, gewissenhaft zu Werke geht, unter mancherlei Wegen der folgende. Er kann ausgehen, auf den Rat eines erfahrenen Okkultisten, von dem Studium eines solchen Lebens, wie das Buddhaleben es ist, von dem Leben des Gautama Buddha.
Sehen Sie, ich habe es öfter betont und muß es auch hier betonen, daß das Leben des Gautama so verstanden werden muß, wie die Buddhisten dieses Buddhaleben eben verstehen, nicht wie eine äußere materialistische geschichtliche Betrachtung es heute auffaßt. Man muß sich aufgeschwungen haben zu einer solchen Erkenntnis des Buddhalebens, daß man weiß: Der Buddha ist dadurch Buddha geworden, daß er durch viele, viele Verkörperungen hindurchgegangen ist, Bodhisattva wurde, und dann, als er als Bodhisattva geboren worden war, als Sohn des Königs Suddhodana, im neunundzwanzigsten Jahre seines Lebens zur Buddhawürde aufgestiegen ist. Man muß wissen, daß das Hinauf-
steigen des Bodhisattva zur Buddhawürde tatsächlich bedeutet - was jeder eingeweihte Buddhist und überhaupt jeder Eingeweihte weiß -, daß eine solche Individualität, die vom Bodhisattya zum Buddha geworden ist, in dem Leben, das sie als Buddha erlebt, ihre letzte irdische Inkarnation hat; daß sie dann, wenn sie Buddha geworden ist, nicht mehr in einen solchen irdischen Leib zurückzukehren hat, sondern in anderen Welten wirkt, die nicht die irdischen sind.
Dies muß man als Voraussetzung haben. Man muß durchaus wissen, daß es richtig ist, daß der Buddha bei der Erhebung vom Bodhisattva zum Buddha zu einer kosmischen Würde aufgestiegen ist, daß er innerhalb seiner weiteren Entwickelung, die er durchzumachen hat, nicht wieder zu einem physischen Erdenmenschen herabzusteigen braucht. Für diejenigen, die das verfolgt haben, habe ich schon einmal, ich möchte sagen, den einzigen Punkt berührt, wo der Buddha von seiner Entwickelung wieder etwas merken läßt; es war, als ich gezeigt habe, daß zwei Jesusknaben geboren worden sind, der Matthäus- und der Lukas-Jesusknabe, wobei auch gesagt wurde, daß bei der Geburt des Lukas-Jesusknaben der Buddha dem Astralleib des Jesus astralische Kräfte einverleibte, die er aus der geistigen Welt herunterzusenden hatte. Damit hat man ja nur dasjenige berührt, was der Buddha einmal auf die Erde heruntergesendet hat. In Norrköping habe ich gesagt, daß` die Eingeweihten mit dem Buddha auch noch in anderer Weise zusammenkommen konnten. Auf der Erde war der Buddha aber in dem Sinne, daß man sagen kann: Auf der Erde lebte er seit seinem Leben als Buddha nicht mehr. - Der Okkultist, der nun weitergeht auf seinem Wege, kann auch den Weg des Buddha weiter verfolgen. Es ist natürlich kein Erdenleben, aber es kann natürlich noch beobachtet werden, so daß auf dem Gebiete des praktischen Okkultismus die Frage entsteht: Was ist aus dem Buddha geworden, seitdem er sich nicht mehr in einem physischen Menschenleibe inkarniert? - Man kann suchen den Buddha, so wie er ist in der weiten Welt. Es mag Ihnen sonderbar erscheinen, aber die Initiierten finden den Buddha wirklich bei einer großen, bedeutsamen Aufgabe, bei einer ganz gewaltigen Aufgabe. Wenn nämlich der geöffnete Blick des Okkultisten im Weltenraume draußen sucht, so findet er den weiteren Schauplatz des Buddha merkwürdiger
weise auf jenem Planeten, den wir in der physischen Astronomie als den Mars bezeichnen, und der Okkultist muß allen Ernstes sagen: Seit jener Zeit, da der Buddha sich die Fähigkeit erworben hatte, welche ihn dahin brachte, nicht mehr im Erdenleben erscheinen zu müssen, ist ihm eine neue Mission zugeteilt worden. Diese neue Mission lernen wir kennen durch eine okkultistische Beobachtung des Mars. Die ihm ureigene Mission lernen wir so kennen.
Wenn wir diese Mission genau kennenlernen wollen, dann finden wir durch die okkultistische Untersuchung, daß diejenigen Wesen auf dem Mars, welche den Erdenmenschen entsprechen würden, die aber von ganz anderer Natur sind - wir können sie rücksichtslos Mars- menschen nennen -, in einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Entwickelung in eine ähnliche Notwendigkeit versetzt wurden, wie die Erden- menschen versetzt waren im vierten nachatlantischen Zeitraum, als zu ihnen der Christus kommen sollte. Und wie der Christus ein Erlöser und Auferwecker wurde, wie das eine Mission des Christus in bezug auf die Erdenmenschheit war, so ist es die weitere Mission jenes Bodhisattva, nachdem er zum Buddha geworden ist, ein Erlöser und Befreier der Marsmenschen zu sein. Ein ähnliches Ereignis bat er also zu vollziehen auf dem Mars, wie es der C,hristus auf der Erde zu vollziehen hatte.
Wenn wir das Leben des Buddha betrachten, so zerfällt es uns im Grunde genommen in zwei Teile: in den einen Teil, wo Buddha für die Erdenmenschen gewirkt hat und ihnen gebracht hat das, was sie bekommen sollten durch den Buddha und durch alles das, was er ihnen schon gebracht hatte während seiner Bodhisattvazeit, und in den zweiten Teil, wo der Buddha außerhalb der Erde wirkt, wo er zu höherer Kraft aufgestiegen ist, zu welcher die Erdenlaufbahn nur die Vorbedingung war. Ja, zu Erlöserkraft, zu Befreierkraft ist der Buddha emporgewachsen. Wenn wir vergleichen könnten - von den Gefühlen, mit denen die Marsmenschen dem Buddhawirken entgegenkommen, werden wir, wenn es möglich ist, noch weiter sprechen - das Wirken des Buddha auf dem Mars mit dem ganz ähnlichen Wirken, es ist nicht gleich, sondern etwas verschieden, des Christus Jesus auf der Erde und dem Mysterium von Golgatha, so würden wir einen Unter-
schied finden, der vorliegen muß deshalb, weil eben eine Verschiedenheit zwischen den Erdenmenschen und den Marsmenschen besteht.
Wir sehen also, daß Aufgaben gesetzt sind den Wesenheiten, die sich im Kosmos entwickeln. In dem Augenblicke, wo ein Wesen aufsteigt von einer Würde zu einer anderen, ist ihm auch eine neue Aufgabe gestellt. Wir sehen also, daß der Mensch seine Laufbahn auf der Erde zu vollbringen hat, dabei aber von Wesenheiten berührt wird in seiner Laufbahn, welche entweder eine kosmische Aufgabe von allem Anfange an schon haben, wie der Christus, oder welche sich von der Erde zu einer kosmischen Aufgabe hinaufentwickeln, wie es bei Buddha der Fall war.
ZEHNTER VORTRAG Kristiania (Oslo), 12. Juni 1912
#G137-1993-SE183 - Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie
#TI
ZEHNTER VORTRAG
Kristiania (Oslo), 12. Juni 1912
#TX
Es war keineswegs zufällig, daß ich, nachdem ich noch einmal auseinandergesetzt hatte die nächste Begegnung, die der Mensch hat, wenn er die Schwelle zu den übersinnlichen Welten betritt, die Begegnung mit dem Tod und dem Luzifer, daß ich dann versucht habe, den Übergang zu nehmen zu einer Auseinandersetzung, die Sie vielleicht zunächst als eine schwer verständliche berührt hat. Ich habe dann versucht, Ihnen die Bedeutung der Christus-Wesenheit auseinanderzusetzen, und im Verlaufe dieser Auseinandersetzung über die Christus-Wesenheit, die sich, man möchte sagen, von selbst ergeben hat> war es notwendig, hinzuweisen auf die Versuchungsgeschichte in den Evangelien, auf die Abweisung des Luzifer durch den Christus, was ja in den Evangelien als die Versuchungsgeschichte dargestellt wird, als die Versuchung, wie sie dort benannt wird, in der Einsiedeiei, oder, wie man oft sagt, in der Wüste. Dann wurde, nachdem der Gang unserer Betrachtung etwas weiter sich erstreckt hatte, der Übergang genommen zu einer Mitteilung über den Buddha.
Nun lassen Sie uns ganz kurz noch einmal diese Begegnung mit dem Tod und mit Luzifer vor unsere Seele rufen. Luzifer erscheint tatsächlich dem okkultistischen Aspiranten zunächst als das Urbild menschlicher und auch übermenschlicher, sozusagen göttlicher Größe, wenn er so, herausgenommen aus seinen Taten, dem Menschen entgegentritt als eine verführerische Wesenheit. Und der okkultistische Aspirant wird gewissermaßen erst dann von der Versuchung ein wenig geheilt, wenn er zurückblickt auf das, was er selbst durch Luzifer geworden ist, wenn er auf das Schreckensbild tierischer Art blickt, das von Inkarnation zu Inkarnation der Mensch geworden ist durch die luziferische Versuchung und Verführung. Und dann, habe ich Ihnen gesagt, dann tritt für den okkultistischen Aspiranten der Gegenwart ein jene Hilfe, die ihm von dem Christus werden kann; und die Begegnung ist dann ungefähr so, daß der Christus eine Art höchsten, vollsten Trostes bietet gegenüber dem furchtbaren Eindruck, den die Begegnung mit dem
Tode und mit Luzifer hervorruft, und mit dem, was man selber darstellt, und was in einer gewissen Beziehung der Hüter der Schwelle ist. Wenn diese Begegnung einen furchtbaren Eindruck gemacht hat, so bietet sozusagen dasjenige, was einem der Christus sein kann, einen Trost, eine Hoffnung. Denn an die Stelle des Todes selber, anstelle des zerbrochenen menschlichen Leibes tritt etwas anderes auf. Und das, was ich Ihnen hier sage, ist eine unbedingte Erfahrung, die gemacht werden kann, die wirklich so gemacht wird, wie ich sie erzähle: An die Stelle des Todes nämlich tritt dann, uns begreiflich machend, daß dieses Ich doch erhalten werden kann, Christus selber. Mit anderen Worten, wir bekommen innerlich in unserem Bewußtsein ein Bild, das ganz unabhängig ist von jeder Erinnerung aus dem Sinnenleben. Da von Illusion, Halluzjnation zu sprechen, wäre eben der reinste Unsinn, denn man könnte blind und taub und geruchlos und alles mögliche sein, und man könnte doch dieses Erlebnis haben, das sich dar- bietet bei diesem Punkt der Initiation; Christus würde dennoch an die Stelle des Todes treten. Was hat man dann aber vor sich?
Stellen Sie sich vor, Sie haben vor sich Christus, der an die Stelle des Todes tritt, und Luzifer: absolut das Bild, das die Evangelien selbst darbieten als die Versuchungsszene in der Wüste. Sie brauchten sich gar nicht an diese Versuchungsgeschichte aus den Evangelien zu er- innern, Sie hätten sie doch vor sich. Und dadurch hätten Sie sie vor sich, daß Sie den Impuls in Ihre Seele aufgenommen haben, daß der Christus einmal über die Erde gegangen ist und gekreuzigt worden ist und den Tod besiegt hat. Das Paulinische Christentum bloß braucht auf Sie gewirkt zu haben, nicht das Christentum der Evangelien.
Also es ist dann möglich, etwas, was in den Evangelien geschildert wird, unabhängig von den Evangelien, also unabhängig überhaupt von jedem äußeren Eindruck zu erleben; das ist durchaus möglich. Wenn Sie sich an das gewöhnliche Leben erinnern, so werden Sie sich sagen: Sie haben im gewöhnlichen Leben ein bewußtes Erleben, wenn äußere Eindrücke auf dieses Ihr Bewußtsein gemacht werden, wenn die Vorstellungen Ihres Bewußtseins hervorgerufen werden durch äußere Eindrücke. - Jetzt haben Sie ein Bild vor sich, das kein äußerer Eindruck hervorrufen kann, weil Sie nirgends in der sinnlichen Welt Luzifer finden
können. Als äußeren Eindruck in der physisch-sinnlichen Welt können Sie ihn nicht finden. Das ergänzt sich Ihnen, indem Sie das Bild des Todes haben - das Sie auch nicht dort in der sinnlichen Welt finden können -, in dem der Tod sich in den Christus verwandelt. Sie haben das zu dem hinzu, was Sie zwar zur Not gewinnen können als
eine Reminiszenz aus dieser äußeren Welt, aber was sich Ihnen, wenn Sie eintreten in diese übersinnliche Welt, als ein Bild zeigt, das auch unabhängig von der äußeren Welt gewonnen werden kann. Kein äußerer Eindruck braucht da zu sein, wenn Sie dieses Bild der Versuchung des Christus und der Besiegung des Todes, sozusagen der Besiegung alles dessen, was Luzifer angefangen hat mit dem Menschen, vor sich haben. Und was ist denn das für ein Bewußtsein? Ein Bewußtsein ohne einen äußeren Gegenstand.
Ich habe Sie hinzuführen versucht zu dem, was das unoffenbare Licht ist, hinzuführen versucht zu dem, was das unaussprechliche Wort ist. Jetzt haben Sie den Begriff bekommen eines Bewußtseins ohne einen äußeren Gegenstand, eines Bewußtseins, dem durch sein eigenes Sein ein Inhalt gegeben wird. Das ist das Bewußtsein ohne einen äußeren Gegenstand.
Und dann hat uns unsere Betrachtung dazu geführt, die sonderbare, aber doch wahre Mitteilung über den Buddha zu machen. Das war wiederum nicht zufällig, sondern ich mußte die gestrige Betrachtung über den Menschen mit seinen innerlichen Bewegungen vorausschicken, um Ihnen verständlich zu machen, daß der Mensch auch noch eine Stufe weiterkommen kann in der Initiation, in der Einweihung in die höheren Welten. Ich habe Ihnen die vielleicht zunächst schwer verständliche Wahrheit aussprechen müssen, auf die wir gleich zurückkommen werden, daß Luzifer sich dann völlig verwandelt darstellt, darstellt als der Herrscher im Reich der Venus, wenn wir zu dieser zweiten Stufe vorrücken. Ich sagte, daß dann uns das, was vorher von uns geahnt worden ist, als übermächtige Sonne, wie ein Planet unter den sieben Planeten erscheint und der Christus als der Geist dieses Planeten, der wie ein Bruder des Geistes der Venus, der auch in gewisser Beziehung dann uns als Planetengeist erscheint, auch als Planetengeist vor uns hintritt, Christus gewissermaßen als ein Bruder des Luzifer.
Dann aber haben wir anschließen müssen an diese Betrachtung die- jenige über die nachirdischen Schicksale des Buddha. Sie sind aus dem Grund an diese Betrachtung gerade angeschlossen worden, weil sie in ihrer Ursprünglichkeit, so wie sie eben erlebt werden sollen, nicht er- lebt werden können ohne diese zweite Initiationsstufe, die sich auf die geschilderte Weise ergibt. Ohne daß man weiterrückt von dieser ersten Begegnung mit dem Tod und Luzifer, wo man die Versuchungsszene zum Beispiel sieht, ohne daß man weiterrückt bis zur anderen Initiationsstufe, wo die sieben Planetengeister erscheinen, ohne das kann man nicht die Wahrheit über den Buddha gewinnen, wie sie gestern dargestellt worden ist. Nur dann kann man sie gewinnen. Daher mußte ich zuerst das voranschicken.
Wenn Sie sich nun fragen, ob zunächst für das äußere Bewußtsein, das auf äußere Eindrücke angewiesen ist, diese Wahrheit zu gewinnen ist über den Buddha in seiner nachirdischen Zeit, dann werden Sie sich antworten müssen, daß mit dem irdischen Bewußtsein es nicht möglich ist, die Kultur des Mars so zu durchforschen, daß entdeckt werden könnte, was der Buddha dort tut. In dem Augenblick aber, wo die Initiation bis zu der eben erwähnten und gestern geschilderten Stufe vordringt, ist es möglich, daß da`s Bewußtsein ohne einen äußeren Gegenstand dieses Erlebnis durch sein eigenes Sein hat. Wir haben es also auch mit Bezug auf diese Buddhawahrheit mit einem Bewußtsein zu tun ohne einen äußeren Gegenstand. Der Tatsachenbestand ist natürlich ein äußerer; der Buddha lebt ja wirklich auf dem Mars; aber das Bewußtsein geht nicht aus sich heraus, läßt nicht einen äußeren Eindruck auf sich wirken, wenn es eine solche Wahrheit erkennt, ist also ein Bewußtsein ohne äußeren Gegenstand. So, sehen Sie, habe ich Sie hingeführt zu dem Begriff, den wir als den dritten angeführt haben im Beginn unserer Vorträge: zu dem Bewußtsein ohne einen äußeren Gegenstand.
Wir haben also jetzt schon, wenn wir überblicken, was wir auseinandergesetzt haben, drei menschliche Bewußtseinszustände: das gewöhnliche physische Bewußtsein, dann dasjenige, das auf der ersten Initiationsstufe erlangt wird, und als Beispiel eines Erlebnisses habe ich Ihnen angeführt das Bild: Tod und Luzifer oder: Christus und Luzifer
in der Versuchungsgeschichte. Die nächste Bewußtseinsstufe war diese, wo die sieben Planetengeister dem Menschen erscheinen. Ich habe dies Ihnen außerdem durch das Beispiel des Buddha illustriert, wie Sie da erleben das Schicksal des Buddha, nachdem der Buddha eben Buddha geworden ist und nicht mehr zu einem physischen Dasein auf der Erde zurückzukehren hat. - Da haben Sie sozusagen drei Bewußtseinszustände des Menschen: Wir haben das physische Bewußtsein; wir haben dann das Bewußtsein höherer Welten auf der ersten Stufe, wie es gestern geschildert worden ist, das wir illustriert haben durch die Versuchungsgeschichte; und wir haben dann auf ein noch höheres Bewußtsein, ein zweites Bewußtsein übersinnlicher Art hingewiesen. Und sehen Sie, so schön und wünschenswert es vielleicht auch für manche von Ihnen wäre, auch noch weiter hinzuweisen auf Bewußtseinsstufen höherer Art, es fehlt uns dazu die Zeit. Nur andeuten werde ich gleich nachher eine solche andere Bewußtseinsstufe noch höherer Art.
Was können wir erfahren und erleben durch das physische Bewußtsein? Alles das, was in der sinnlichen Gegenwart ist, was also Gegenstand unseres Erdendaseins ist. Was können wir durch das zweite Bewußtsein erfahren? Wir wollen von dem Beispiel zunächst absehen, das angeführt worden ist, von der Versuchungsgeschichte. Durch dieses Bewußtsein der ersten Bewußtseinsstufe höherer Art kann noch etwas anderes gefunden werden; und was dadurch gefunden und beschrieben werden kann, das finden Sie ganz skizzenhaft beschrieben in meiner «Geheimwissenschaft im Umriß», da, wo die Rede ist von deni Mondenzustand, der unserem Erdenzustand vorangegangen ist. Dieser alte Mondenzustand ist nicht mehr da, er muß beschrieben werden durch ein Bewußtsein ohne einen heute vorhandenen Gegenstand. Er ist nur da in den höheren Welten, konserviert, wie Sie ja auch oft schon gehört haben, in der Akasha-Chronik. Also wir haben für das erste Bewußtsein höherer Art ein zweites außer der Versuchungsgeschichte: Wir haben alle Vorgänge, die sich, wie wir sagen können, auf den alten Mond beziehen. Und alles, was mit diesem alten Mond zusammenhängt, läßt sich durch dieses Bewußtsein beschreiben.
Nun möchte ich Siöe dabei noch auf eines aufmerksam machen. Es hat wiederum seine besondere Bewandtnis, daß ich Ihnen als ein konkretes,
besonderes Beispiel von einem Erlebnis, das man zunächst ha- ben kann durch dieses höhere Bewußtsein erster Art, gerade die Versuchungsgeschichte angeführt habe unter den mancherlei Erlebnissen, die man hat. Wenn man sozusagen dieses höhere Bewußtsein erster Art nach dem alten Monde richtet, hat man eine Wiederholung dieser VersUchungsgeschichte. Eine Wiederholung für den Menschen; in Wahrheit hat sich das natürlich lange vorher abgespielt. Denn, sehen Sie, man erfährt nämlich dann, daß der Christus schon auf dem alten Mond den Luzifer für sich besiegt hatte, und daß die Szene, die so in den Evangelien geschildert wird, die zweite, die wiederholte Tatsache ist, wo der Christus den Sieg über den Luzifer erringt, also daß der Christus auf der Erde von vornherein den Luzifer abweist. Das ist aus dem Grund - wie Sie es ja für selbstverständlich halten werden, hat der Christus auch eine Entwickelung durchgemacht -, weil der Christus, als er für sich noch weniger entwickelt war auf dem Monde, aus seinem durchaus den höchsten Mächten ergebenen Sinne heraus alle Anfechtungen des Luzifer, die dazumal für ihn noch etwas bedeutet haben, abgewiesen hat. Auf dem alten Monde trat also bereits Luzifer dem Christus entgegen. Auf der Erde war Luzifer dem Christus nicht mehr gefährlich; da weist er ihn ohne weiteres ab. Auf dem Monde aber entwickelte Christus alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte, um abzuweisen den Luzifer. Das ist also etwas, was man weiter erlebt, wenn man so den Blick des höheren Bewußtseins zurückwirft in die alte Mondenzeit.
Wenn man nun weiterkommt zu dem zweiten Bewußtsein höherer Art, dann ergibt sich neben Erkenntnissen, die für die Erde eine Bedeutung haben wie die Buddhageschichte, noch etwas anderes - was man also später zu erkennen hat, durch dieses zweite Bewußtsein höherer Art -, und das ist wiederum geschildert in meiner «Geheimwissenschaft» in der Skizze, die über den früheren Verkörperungszustand unserer Erde, über die alte Sonne gegeben worden ist. Dazumal waren die Verhältnisse wirklich wesentlich anders, und es ist schon recht schwierig, wie Sie ja aus der Schwierigkeit des Verstehens gerade dieses Kapitels meiner «Geheimwissenschaft» ersehen, es ist schwierig, diesen alten Sonnenzustand zu schildern. Ich habe
dort mehr Rücksicht genommen auf die den Menschen näherliegenden Szenen, die sich sozusagen auf die Naturseite beziehen. Es würde in der Zeit, als diese «Geheimwissenschaft» geschrieben wurde, in der theosophischen Bewegung wenig Verständnis gefunden haben, wenn ich auf die mehr moralischen Dinge hingewiesen hätte, welche man auch erlebt in der Betrachtung der alten Sonnenzeit. Da erlebt man nicht mehr die Versuchungsgeschichte. Wenn wir uns zurückwenden zur Sonnenzeit, dann tritt uns die Sonne selbst noch auf als ein Planet unter den sieben Planeten, Venus vorgebildet mit Luzifer als dem Herrscher; und zunächst erscheinen die beiden, der Sonnengeist und der Venusgeist, mit anderen Worten der Christus und der Luzifer, sie erscheinen als eine Art Brüder. Man muß dann alle Anstrengung an- wenden, um einen Unterschied zu gewahren zwischen den beiden. Der Unterschied in der alten Sonnenzeit zwischen Luzifer und dem Christus ergibt sich nicht so ohne weiteres aus der Betrachtung ihrer äußeren Wesenheit, sondern er ergibt sich erst, wenn man auf das Innere eingeht. Und es ist schwierig, außerordentlich schwierig, jetzt Mittel der äußeren Darstellung zu finden, um Ihnen zu zeigen, worin der Unterschied besteht. Betrachten Sie das, was ich sagen werde, als einen Versuch, den Unterschied, der sich dem hellseherischen Bewußtsein in der alten Sonnenzeit für den Christus und den Luzifer ergibt, eben so gut es geht zu charakterisieren.
Wenn wir den Blick hinwenden auf der einen Seite zu Christus, auf der anderen Seite zu Luzifer, dann werden wir allerdings noch etwas anderes gewahr. Wir werden gewahr, daß Luzifer, der Venusherrscher, in einer außerordentlich lichtvollen Gestalt erscheint - obwohl geistiges Licht gemeint ist -, so daß wir die Empfindung haben: Aller Glanz, der jemals uns kommen kann durch eine Betrachtung, die von der Offenbarung des Lichtes ausgeht, ist etwas Geringfügiges gegen die Majestät Luzifers in der alten Sonnenzeit. Aber wir bemerken innerhalb dieses Luzifer, wenn wir auf seine Intentionen, die ja dann zu durchschauen sind, eingehen, daß er ein Geist ist, welcher durch alles das, was er an sich hat, begabt ist mit einem unendlich großen Stolze, mit einem solchen Stolze, daß man durch diesen Stolz auch versucht werden kann. Denn bekanntlich werden selbst Dinge, die der Mensch
bis zu einem gewissen Grade hin nicht verführerisch findet, dann verführerisch, wenn sie zu majestätischer Größe werden. Und der Stolz in seiner majestätischen Größe wirkt auch verführerisch. Das ist das Verführerische des Luzifer in seiner stolzen Größe> in seinem Stolz auf seine Lichtgestalt. Dasjenige, was man «unoffenbares» Licht nennen kann, das Licht, das nicht äußerlich leuchtet, sondern in sich selber die große starke Kraft hat, das hat er in vollstem Maße. Und daneben ist die Gestalt des Christus in der alten Sonnenzeit, der sozusagen der Herrscher des Sonnenplaneten ist, ein Bild vollster Hingabe an dasjenige, was ringsherum sonst in der Welt ist. Während Luzifer eigentlich nur auf sich selbst bedacht erscheint - man muß das alles in menschliche Worte kleiden, obwohl sie nicht ausreichen -, erscheint der Christus als hingegeben an dasjenige, was ihn in dem weiten, weiten Weltall umgibt.
So war dieses weite Weltall nicht, wie es heute ist. Wenn man heute sich auf die Sonne versetzte, würde man ja, radial ausschauend, zunächst blicken auf die zwölf Sternbilder des Tierkreises. Die waren in äußerer Sichtbarkeit damals als solche nicht vorhanden. Dafür waren aber vorhanden zwölf Gestalten, zwölf Wesenheiten, die, da ja der äußere Raum nicht von Licht erfüllt war, aus der Tiefe der Dunkelheit, aus der Tiefe der Finsternis heraus ihre Worte erschallen ließen. Was waren das für Worte? Ja, sehen Sie, das waren Worte - das Wort «Wort» ist wiederum nur ein Surrogat, um das anzudeuten, um was es sich handelt -, das waren Worte, die kündeten von uralten, dazu- mal schon uralten Zeiten. Das waren zwölf Weltinitiatoren. Heute stehen in der Richtung dieser zwölf Weltinitiatoren die zwölf Tierkreisbilder, und von ihnen aus tönt zu der Seele, die aufgeschlossen ist der ganzen Welt, die ursprüngliche Art des unausgesprochenen Weltenwortes, das aus den zwölf Stimmen gebildet werden konnte. Und während - ich muß jetzt anfangen bildlich zu sprechen, weil eben Menschenworte nicht ausreichen - Luzifer einzig und allein in sich den Drang hatte, mit dem in ihm vorhandenen Lichte alles zu bestrahlen und es dadurch zu erkennen, gab sich der Christus dem Eindruck dieses Weltenwortes unaussprechlicher Art hin und nahm es ganz, ganz in sich auf; so daß sie jetzt in der Christus-Seele vereint waren, daß
diese Christus-Seele das Vereinigungswesen war der großen, durch das unaussprechliche Wort hineintönenden Weltgeheimnisse. So tritt uns der Gegensatz des das Weltenwort empfangenden Christus und des stolzen Luzifer, des Venusgeistes, entgegen, der ablehnt das Weltenwort und mit seinem Lichte alles ergründen will.
Und von dem, was Luzifer und Christus dazumal waren, ging nun alle spätere Entwickelung aus. Denn das hatte zur Folge, daß die Christus-Wesenheit in sich aufgenommen hatte das umfassende Weltenwort, die umfassenden Weltengeheimnisse, und daß die Luziferwesenheit verlor durch das, was ich nur mit dem Worte «stolze Lichtgestalt» ausdrücken kann, verlor ihr Reich, das Venusreich. Durch andere Gründe, die uns jetzt ferner liegen, verloren die anderen Planetengeister oder auch veränderten die anderen Planetengeister ihre Wesenheiten. Darauf kommt es uns jetzt nicht an. Auf den Gegensatz zwischen Christus und Luzifer kommt es uns an. So geschah es dann, daß Luzifer immer mehr und mehr verlor von seiner Herrschaft, daß ihm immer mehr und mehr verlorenging das Reich der Venus, daß Luzifer sozusagen mit seinem Lichte ein entthronter Herrscher wurde, und daß der Planet Venus sich fortan ohne einen eigentlichen Herrscher behelfen mußte, daher nur eine nach abwärts gehende Entwickelung durchmachen konnte. Aufgenommen hatte aber der Christus während der alten Sonnenzeit das Weltenwort; und dieses Weltenwort hat die Eigenschaft, daß es sich in der Seele, von der es aufgenommen wird, zu erneuertem Lichte entzündet, so daß von der alten Sonnenzeit an das Weltenwort in dem Christus Licht wurde, und der Planet, dessen Herrscher der Christus war, von der alten Sonnenzeit an sich zum Mitteipunkt des ganzen Planetensystems, zur Sonne, entwickelte, und die anderen Planeten in Abhängigkeit kamen von der Sonne, auch in bezug auf ihre geistigen Herrscher.
Diese Szene müssen wir auf uns wirken lassen; dann werden wir finden, daß sich während der alten Sonnenzeit geschieden haben die Wege von Christus und Luzifer. Abwärts ging der Weg des Luzifer, zurückbleiben mußte er in seiner Entwickelung, und er blieb auch deshalb während der Mondenzeit zurück in seiner Entwickelung. Vorwärts ging und ein vorwärts sich entwickelnder Geist wurde der Christus-Geist,
der Sonnengeist, der endlich in der Ihnen öfter geschilderten Gestalt auf der Erde auftreten konnte. Durch seine Hingabe an das Weltenall, durch die Aufnahme des göttlich-schöpferischen Wortes, durch die Identifizierung mit dem göttlich-schöpferischen, mit dem unaussprechlichen Wort, durch die Abweisung eines jeglichen Stolzes und durch den Ersatz eines jeglichen Stolzes durch die Hingabe an das Weltenwort wurde der Christus aus dem Herrscher eines Planeten, der er war in der alten Sonnenzeit, der Herrscher über die anderen Planeten, mit dem Regierungsgebiet der Sonne. Und wenn Sie dieses wissen - ich spreche das insbesondere auch zu denjenigen, die meine Vorträge in Helsingfors gehört haben -, wenn Sie dieses wissen, so werden Sie nicht mehr einen Widerspruch darin finden, daß von dem Christus als von einem Sonnengeist höherer Art als die Planetengeister gesprochen worden ist. Denn das ist selbstverständlich für den gegenwärtigen Zustand. Es überragt der Christus die anderen Planetengeister, er ist der Sonnengeist. Hier aber, wo geschildert werden sollte nicht bloß die Belebung der einzelnen Himmelskörper durch ihre Geister, sondern wo geschildert werden sollten die einzelnen Bewußtseinszustände, hier mußte darauf hingewiesen werden, daß der Christus durch seine besondere Eigenschaft sich aus einem Geiste, der gleichgeartet war den Planetengeistern, im Verlaufe jener Entwickelung, die verflossen ist zwischen der alten Sonne und der gegenwärtigen Zeit, zu dem Regenten dieses ganzen Systems heraufentwickelt hat.
Wie gesagt, es reicht die Zeit nicht aus, um auch noch zu schildern das dritte Bewußtsein höherer Art. Nur andeuten kann ich, daß der alte Saturnzustand, der erste Zustand, den man gewöhnlich schildern kann in den aufeinanderfolgenden Verkörperungen unserer Erde, erlebt werden kann mit diesem höheren Bewußtsein dritter Art, so daß wir sprechen können auch noch von einem dritten Bewußtsein übersinnlicher Art. Wenn wir allerdings die Initiation in ihrer Vollständigkeit verfolgen wollen, müssen wir auf schwindelnde Höhen des Bewußtseins verweisen; das ist etwas, was in einer gewissen Weise von vornherein als eine Art Vermessenheit erscheint, und wo tatsächlich schon die Ohnmacht beginnt, Menschenworte zu brauchen. Daher ist auch in meiner «Geheimwissenschaft» darauf verzichtet, irgend etwas
zu schildern, was noch höheren Bewußtseinszuständen angehört, aus dem einfachen Grunde, weil man eigentlich die höheren Dinge nicht mit Menschenworten schildern kann. Diese höheren Bewußtseinszustände wurden in den Mysterien dadurch herbeigeführt, daß man erst besondere symbolische Zeichen bildete und dann in einer symbolischen Sprache sprach, und durch eine solche Symbolik Menschen auch zu höheren Bewußtseinszuständen hinaufführen konnte. Aber es gibt noch höhere solche Bewußtseinszustände, und man kann wohl sprechen noch von einem vierten und fünften Bewußtsein übersinnlicher Art. Das geht natürlich ins Unendliche hinauf, und man kann davor1 immer nur als in einer Richtung gehend sprechen.
Wenn wir dies berücksichtigen, dann werden wir vor unsere Seele die Möglichkeit hinstellen können, daß der Mensch mit den verschiedenen übersinnlichen Bewußtseinen außer der physischen Welt andere Welten erblickt; und wenn Sie in Betracht ziehen, daß die erste Anlage zum physischen Menschen, wie sie in der «Geheimwissenschaft» dargestellt ist, schon während des alten Saturnzustandes begann, so werden Sie ja im Menschen eine gewisse Beziehung zu der Welt des dritten übersinnlichen Bewußtseins erblicken. Aber außerdem ist ja der Mensch geleitet und gelenkt von Wesen, die höher sind als er selber. Diese höheren Wesenheiten kann er erkennen; die wirken auf ihn. Und das ist Ihnen wohl von vornherein klar, daß der Mensch zwar so, wie er vor uns steht, aus den Welten heraus geschaffen ist, die bis zum dritten übersinnlichen Bewußtsein gehen, daß er aber im Zusammenhange steht mit noch höheren Welten.
Sehen Sie, das, was da als erreichbar geschildert wird durch verschiedene Bewußtseinszustände, das kann wirklich schon dem gewöhnlichen Menschen, man möchte sagen, klargemacht werden. Man kann verstehen, daß es solche Bewußtseinszustände gibt. Der Mensch erlebt zwar auf der Erde als Erdenmensch diese Bewußtseinszustände nicht unmittelbar, aber er erlebt äußere Offenbarungen dieser Bewußtseinszustände.
Das physische Bewußtsein erlebt er ja ohnehin. Das erste Bewußtsein übersinnlicher Art, davon erlebt der Mensch ein Surrogat, eine Andeutung in jenem erhobenen Traumbewußtsein, das nicht bloß willkürliche
Traumbilder liefert, sondern das sich erstreckt bis zu Wahrnehmungen von Wirklichkeiten, die allerdings einer höheren Welt angehören. Und es bedarf eigentlich nur einer systematischen höheren Ausbildung des Traumbewußtseins, dann kommt der Mensch zu dem ersten Bewußtsein übersinnlicher Art. Und dieses erste Bewußtsein übersinnlicher Art, das kann schon Aufschluß geben über wichtige Verhältnisse, die sich auf dem alten Monde, dem vergangenen Verkörperungszustande unserer Erde, zugetragen haben. Daher werden Sie finden, daß in okkulten Mitteilungen gerade die meisten Schilderungen, neben dem, was auf der Erde sich zugetragen hat, von dem alten Mond gemacht werden, während dann sehr häufig halt gemacht wird und die Mitteilungen nicht mehr über diesen Mondenzustand zum alten Sonnenzustand zurückgehen. Dies wird dann der Fall sein, wenn solchen Mitteilungen das erste hellseherische Bewußtsein zugrunde liegt, das am häufigsten ist, das am leichtesten erreichbar ist. Aus diesem Bewußtsein, das bis zum alten Monde zurückgeht, ist auch zum überwiegend größten Teile alles das geschöpft, was in der «Secret Doctrine» von Helena Petrowna Blavatsky gegeben ist. Das wissen alle Okkultisten, die sich auskennen. Deshalb werden Sie auch, wenn Sie die «Geheim- lehre» durchgehen, in den großen, umfassenden Mitteilungen in bezug auf archaische Erkenntnis kaum viel finden über eine weitere Vergangenheit als bis zu den Mondenzuständen, die dem jetzigen Erdenzustand vorangegangen sind.
Diese Traumbewußtseinszustände sind also der erste Anfang, man möchte sagen, das Surrogat, das der Mensch der Erde hat von dem nächsten übersinnlichen Bewußtsein. Wenn nun der Mensch tief schläft, dann ist sein Bewußtsein verdunkelt, aber es ist deshalb nicht etwa kein Bewußtsein vorhanden. Wenn es aufwacht, das tiefe Schlafbewußtsein, wenn es wach würde außerhalb des Leibes, dann ist es das zweite übersinnliche Bewußtsein, das höher hinaufgeht, und das würde allerdings den, der es erleben kann, bis zu dem alten Sonnenzustand hinaufführen.
Der Mensch, der ein wenig sich überlegt, wird sich also sagen: Durch mein Tagesbewußtsein gehe ich herum mit äußeren Bewegungen; die sind mit meinem Tagesbewußtsein, mit meinem Erdenbewußtsein zusammenhängend.
Die Bewegungen, die innerlich sind, nämlich die Bewegungen des mittleren Menschen, die dauern aber fort, auch während der Mensch schläft; die sind regiert von dem Bewußtsein, das der Mensch dann sozusagen als tiefes Schlafbewußtsein hat. Nur weiß er nichts davon. Daher sind die Herzbewegung, die Atmung, solche Bewegungen, die mit diesem zweiten Bewußtsein zusammenhängen, und die auch innerlich in ihrem ganzen Zusammenhange mit den höheren Welten nur verstanden werden können, wenn der Mensch außerhalb seines Leibes erwacht, eben in tiefem Schlafzustande seines Leibes. So daß also der Mensch eigentlich durch seine Vernunft einsehen kann, daß es drei solcher Bewußtseinszustände gibt. Es würde jetzt zu weit führen, zu zeigen, daß es allerdings noch Dinge gibt, die darauf hindeuten, daß es noch höhere Bewußtseine gibt. In jedem Falle durften wir das sagen, daß der Mensch, der sich überlegt, wie das Leben des Menschen ist als Erdenmensch, wenigstens Offenbarungen der höheren Bewußtseine hat. Daher kann man auch zum Erdenmenschen von diesen höheren Bewußtseinszuständen sprechen, kann sprechen davon, daß der Mensch die gewöhnlichen Vorgänge des Erdenlebens erlebt durch sein alltägliches Bewußtsein; daß er ferner erleben würde, wenn sein Traumbewußtsein eine ungeheure Steigerung erführe, alles dasjenige, was mit den Gesetzen zusammenhängt, die sich noch vom alten Mond in die Gegenwart der Erde herübergeerbt haben; und daß, wenn er wach würde im Tiefschlaf, unabhängig von seinem Leibe, er auch die alten Sonnenzustände erleben würde in der Gestalt, in der sie sich noch hineinerstrecken in die gegenwärtigen Erdenzustände. Das kann man also mitteilen, und man kann sagen, wie sich das offenbart. Es ist also heute nicht ganz unverständlich, auf diese Dinge hinzuweisen. Man kann ein Verständnis erwecken für dasjenige, was der okkultistische Aspirant erforscht, was er nennt verschiedene Bewußtseinszustände, was in Wahrheit verschiedene Welten sind.
Es ist üblich geworden, diese verschiedenen Bewußtseinszustände zu nennen verschiedene «Plane»; das, was mit dem physischen Bewußtsein zu überschauen ist, zu nennen den physischen Plan; was überschaubar ist mit dem ersten Bewußtsein übersinnlicher Art: den astralischen Plan; was überschaubar ist mit dem zweiten Bewußtsein übersinn
licher Art: den niederen Devachan- oder Mentalplan; was überschaubar ist mit dem dritten Bewußtsein übersinnlicher Art: den höheren Mentalplan oder höheren Devachanplan. Dann würde sich anschließen der Budhiplan und Nirvanaplan. Damit aber würden wir nur andere BenennUngen haben für dasjenige, was der okkulte Entwickelungsgang ergibt. Und dann hätte man, um anzuknüpfen an Vorstellungen, die leichter zu bilden sind als die Vorstellungen über verschiedene Bewußtseinszustände, eigentlich dargestellt den Menschen. Denn es ist immer der Mensch, der da wirkt in seinen Zuständen als angehörig den verschiedenen Planen oder Welten. Und dann hätte man die Kunde, die Wissenschaft, die Erkenntnis des Menschen vom okkulten Standpunkte, wo man spricht von verschiedenen Bewußtseins-Entwickelungszuständen, zum theosophischen Standpunkte hingeführt. Während der Okkultist spricht von Bewußtseinszuständen, spricht der Theosoph von aufeinanderfolgenden Planen. Sie sehen, daß auf diese Weise der Okkultismus als Theosophie äußerlich verkündet werden kann.
Nun handelt es sich darum, daß sich uns im Laufe unserer Betrachtungen auch noch andere Gesichtspunkte ergeben haben, und es ist notwendig, daß wir diese anderen Gesichtspunkte noch vollends erledigen. Da ist zum Beispiel einer dieser, daß der Mensch zunächst seiner äußeren Gestalt nach ein dreimal siebengliedriger Mensch ist. Ja, es reicht die Zeit nicht aus, in allen Einzelheiten die Sache durchzuführen.
Erinnern Sie sich an das, was in der «Geheimwissenschaft» steht, daß der Mensch vor diesem Erdenzustand drei andere Zustände: Mond, Sonne, Saturn durchgemacht hat, und daß die allererste Anlage zur äußeren menschlichen physischen Form schon während des alten Saturnzustandes vorhanden war, und daß dann dieser physische Mensch immer weiter durchgebildet wurde. Wenn Sie dies in Erwägung ziehen, so werden Sie sich sagen: Das, was uns heute als ein so wunderbarer Leib erscheint, das hat eine recht lange Entwickelung durchmachen müssen; denn diese Entwickelung ging ja durch drei Zustände hindurch: durch Saturn, Sonne, Mond. Ein jeder dieser Zustände kann in sieben geteilt werden, und jedes Siebentel dieser Zustände hat dem Menschen etwas eingeprägt in seiner Gestalt, eine Spur zurückgelassen. Dann haben Sie die dreimal sieben Gestaltungskräfte. Nur das ist nicht zu fin
den, was der Mensch während der Erdenzeit hinzugebracht hat. Aber das ist gerade zerbrechlich, das ist die Zusammenfassung der ganzen Gestalt, das ist durch Luzifer zerbrochen. So daß, wenn wir den Menschen in dreimal sieben Glieder teilen, wir da den Ausdruck haben des physischen Menschen auf der Erde, dessen, was aufgeprägt haben dem physischen Menschen die vorhergehenden Saturn-, Sonne-, Mondzustände, und wir können sagen: Wir haben es da zunächst zu tun mit dem physischen Menschen. - Der Okkultist muß ihn betrachten, wie wir das teilweise, soweit es die Zeit zugelassen hat, in diesen Vorträgen getan haben; aber den Theosophen kann man einfach hinweisen auf das, was zunächst da ist, und man kann sagen: Es ist am Menschen der physische Leib. - So daß, wenn wir den Menschen betrachten, wir es zunächst zu tun haben mit seinem physischen Leibe, jenem komplizierten Gebilde, welches durch so viele Zustände hindurchgegangen ist und heute noch immer das Gepräge entfaltet dieser vielen Zustände.
Dann haben wir aber noch etwas anderes betrachtet; wir haben den Menschen in seinen inneren Bewegungen betrachtet. Und erinnern Sie sich, wozu uns das gestern geführt hat. Die Gestalt sieht man, die Bewegungen aber - wir haben gestern schon darauf hingewiesen, daß es schwierig ist, da zu unterscheiden, darauf zu kommen, welche Bewegungen die wesentlichen sind -, die Bewegungen sieht man als solche nicht. Aber eine Besonderheit unserer Betrachtung hat es auf ganz naturgemäße Art ergeben, daß wir gerade durch diese Bewegungsfähigkeit des Menschen bis zur alten Sonne zurückgeführt worden sind. Und jetzt wird es Ihnen nicht mehr sonderbar erscheinen, wenn ich Sie darauf aufmerksam mache, daß alles, was solche innere Beweglichkeit des Menschen ist, zusammenhängt mit den Erlebnissen, die der Mensch durchgemacht hat während der alten Sonnenzeit. Während der Mensch also als physischer Mensch, wie er uns entgegentritt, das Gepräge von Saturn, Sonne und Mond in sich trägt, so trägt er als innerlich beweglicher Mensch in sich die Kräfte zu seiner inneren Beweglichkeit seit der alten Sonnenzeit. Da hat er Sonnenzeit, Mondenzeit und die bisherige Erdenzeit durchgemacht. Dasjenige, was nicht Gestalt, sondern der in- nere Grund der Beweglichkeit ist, das bezeichnen wir als den ersten unsichtbaren Menschen. Man sieht nicht diesen unsichtbaren Menschen,
man sieht nur seine äußeren Folgen, die Bewegungen; das bezeichnet man als den ätherischen Menschen, den Ätherkörper oder Ätherleib. Den Ätherleib nimmt man nur wahr durch ein höheres Bewußtsein, aber die Wirkungen des Ätherleibes in der physischen Welt, das sind die inneren Bewegungen, die der Mensch ausführt. Nun könnten wir also sagen: Insofern der Mensch alle drei Zustände, die voraufgegangen sind, durchmachen mußte, ist er zum physischen Menschen geworden; insofern er nur Sonnen- und Mondenzeit durchmachen mußte, ist er zum ätherischen Menschen geworden; insofern er die Mondenzeit nur durchgemacht hat, ist er zum astralischen Menschen geworden. Da hat sich eingegliedert seinen Bewegungen alles das, was zum Denken, Fühlen und Wollen führte; so daß Sie also wieder aufsteigen können. Wenn Sie von dem aufsteigen, was innerlich, nicht leiblich und äußerlich ist, so kommen Sie zum astralischen Menschen, der als solcher ja nicht zu sehen ist, aber dessen innere Äußerungen Denken, Fühlen, Wollen sind. Und dann kommen wir zu dem, was die Erde vorbereitend aus dem Menschen gemacht hat und was sie in der Zukunft erst ganz zu machen berufen ist, die völlige Ausbildung und weitere Gestaltung seines Ich, das sich ergeben hat im Laufe der Erdenentwickelung, das sich ausbilden wird zu höheren Stufen: Geistselbst, Lebensgeist, Geistesmensch - Manas, Budhi, Atma. Und wir haben dann den Menschen selbst gegliedert.
Sie sehen daraus, daß, indem wir den Menschen aus der ganzen Welt heraus begreifen, sich uns nicht nur die verschiedenen Bewußtseinszustände ergeben, die wir dann als Welten ansprechen, sondern es ergeben sich auch Einteilungen des Menschen: physischer Leib, Ätherleib und so weiter. Und man kann wiederum durch vernünftige äußere Betrachtung des Menschen zu der Einsicht kommen: Du siehst den Ätherleib nicht, aber du siehst seine Offenbarungen hier in der physischen Welt. Die Offenbarungen des Ätherleibes sind die Bewegungen im Inneren; die Offenbarungen des astralischen Leibes sind Denken, Fühlen und Wollen. Das «Ich» offenbart sich selber. Und sobald der Mensch nur vernünftig genug ist, zu begreifen, daß die Bewegungen, die der Mensch innerlich machen muß, nicht von der menschlichen Gestalt herrühren, nicht vom Physischen herrühren können, sobald er sich nur
zu dem einzig vernünftigen Gedanken erhebt, daß das von einem Über- sinnlichen herrühren muß, dann hat er auch die Möglichkeit, nicht nur zu glauben, sondern auch mit der Vernunft zu begreifen, daß es einen Ätherleib gibt. Wenn man also die okkulten Erkenntnisse in solche Formen kleidet, daß sie zu dem allgemeinen Bewußtsein sprechen, dann hat man den Okkultismus in die Theosophie gebracht, ihn theosophisch eingekleidet. So wie es also geschieht, daß man in der Theosophie von Planen spricht, so ist es auch theosophisch eingekleidet, wenn man von den verschiedenen Gliedern der Menschennatur spricht. Das alles, was über den Menschen gesagt werden kann, ist auf okkultem Wege zu finden. Wir müssen die ganze Welt durchschreiten, müssen als okkultistischer Aspirant die verschiedenen Bewußtseinszustände annehmen, dann erweist sich uns, daß diese verschiedenen Bewußtseinszustände uns erst aufklären über das, was der Mensch wirklich ist, so daß der Mensch wirklich nur durch den Okkultismus in seinem Wesen begriffen werden kann. Theosophie ist nun der Versuch, die okkulten Erkenntnisse in vernünftige Wahrheiten zu kleiden, so daß der Mensch das alles einsehen kann. Die Dinge, die ich Ihnen gesagt habe, sie stimmen in der mannigfaltigsten Weise mit sich selbst und mit der Welt überein, wenn Sie sie vernünftig prüfen werden. Und in dieser vernünftigen Prüfung sehe ich dasjenige, was Ihnen die aus dem Okkultismus gewonnenen Resultate erst eigentlich bestätigen soll.
Der zweite Gesichtspunkt, der sich ergeben hat, muß auch noch erledigt werden, damit Sie sehen, daß Theosophie und Okkultismus nicht bloß in Widersprüche hineinführen - Sie haben ja schon aus dem er- sten Vortrag gesehen, wie wir es mit dem Widerspruche zu halten ha- ben -, sondern daß sich bei einer weitergehenden Betrachtung diese Widersprüche lösen. Das haben Sie für mancherlei schon in diesen Vor- trägen gesehen; aber für mancherlei könnten sich Ihnen gerade aus dem, was Ihnen jetzt wieder gesagt worden ist, neue Widersprüche er- geben. Ich kann natürlich nicht heute alle möglichen Widersprüche besprechen, aber einen Widerspruch werde ich versuchen mit Hilfe von solchen okkulten Erkenntnissen zu lösen, wie sie sich in dem zweiten Bewußtsein übersinnlic`her Art ergeben. Es werden sich mehrere von Ihnen erinnern, daß von mir und anderen öfter hingewiesen worden
ist auf die Christus-Wesenheit als auf eine kosmische Wesenheit, überragend durch ihre Eigenheit die anderen Religionsstifter. Es wurde gesagt, daß es nicht weiter wunderbar ist, daß diese Eigenart der Christus-Wesenheit vorzugsweise im Abendland erkannt werden kann, denn dem Abendland ist der historische Geist eigen. Und so braucht auch das Abendland, damit die Erde überhaupt sich so entwickeln kann, daß Menschen durch verschiedene Inkarnationen gehen können, einen Schwerpunkt für diese Entwickelung. Und man muß sich eigentlich nur wundern, daß sich irgendwo Abendländer finden, die diesen Schwerpunkt nicht zugeben wollen. Dieser Schwerpunkt ist eben der Christus-Impuls. Und derjenige, der von Wiederverkörperungen des Christus sprechen würde, würde genau denselben Fehler machen wie einer, der da glauben würde, eine Waage sollte in mehreren Punkten festgehalten werden. Für die Christus-Wesenheit machen Sie in solchem Falle dasselbe, als wenn Sie eine Waage an zwei oder drei Punkten sich bewegen lassen wollen. Die Sache ist also von diesem Gesichtspunkte aus unendlich einfach.
Aber es gibt ja noch einen anderen, einen moralischen Grund, der in bezug auf das Verhältnis des Menschen zu dem Christus, der als Impuls der Erdenentwickelung anzusehen ist, geltend gemacht werden muß. Dieser andere Gesichtspunkt ist der: Der Christus trat in einem bestimmten Momente in diese Entwickelung hinein. Die Menschen, die gegenwärtig leben, waren auch schon vor dem Christus inkarniert, werden jetzt wiederum inkarniert, lebten also nicht nur während der- jenigen Zeit der Erdenentwickelung, wo der Christus noch nicht da war, sondern sie leben auch jetzt, wo der Christus dagewesen ist. Und der materialistische Einwand, der oftmals gemacht wird, daß, wenn der Christus so wichtig wäre, eben sein einmaliges Kommen auf Erden eine Ungerechtigkeit bedeuten würde, dieser materialistische Einwand fällt weg. Oftmals wird man gefragt: Ja, wie konnte denn die Ungerechtigkeit geschehen, daß alle Menschen, die vor dem Christus gelebt haben, die Wohltat des Christus nicht gehabt haben sollen, während diejenigen, die nach dem Christus leben, diese Wohltat haben sollen? - Das sind aber doch dieselben Menschen! Also dieser Einwand sollte von theosophischer Seite wahrhaftig nicht gemacht werden. Aber gerade
in dem letzteren liegt doch etwas außerordentlich Bedeutsames. Er kann nämlich in gewisser Weise gemacht werden, allerdings nur in bezug auf wenige Fälle, aber einer von diesen Fällen, wo er gemacht werden kann, wenn Sie sich es recht überlegen, das ist doch gerade der Buddhafall.
Während in der Tat die über die Erde ausgebreiteten Menschen immer wieder geboren werden und also den Christus-Impuls erleben in ihren Inkarnationen nach der Christus-Zeit, lebte der Buddha in der vorchristlichen Zeit, erreichte da die Entwickelungsstufe, durch die er nicht mehr in einen Erdenleib zurückzukehren braucht, und gehört also tatsächlich zu den allerdings wenigen Menschen, die auf dieser Erde lebten und fortgingen, bevor der Christus gekommen war. Das ist nun einmal so. Und nun können Sie sagen: Ja, wie ist nun das Verhältnis des Christus zum Buddha - abges`ehen von dem, was ich gestern erwähnt habe, daß der Buddha aus höheren Welten in den Astralleib des Lukas-Jesusknaben hereinleuchtet -, wie steht aber sonst das Verhältnis des Christus zum Buddha? Ist es denn wirklich so, daß der Buddha einfach nur die Erde verließ, bevor der Christus auf der Erde war? Daß er seinen Weg zum Ma,rs antrat, so daß der Buddha und der Christus sozusagen aneinander vorbeigehen? - Sehen Sie, da müssen wir nun mit einer tieferen okkulten Erkenntnis eingreifen, wenn wir dieses Problem lösen wollen. Bedenken Sie dasjenige, was ich gesagt habe. Ich habe auseinandergesetzt, wie der Christus mit der Sonne verbunden war. Tatsächlich ist der Christus zur Vereinigung mit der Erde erst durch die Johannes-Taufe oder eigentlich durch das Mysterium von Golgatha gekommen. Der Christus ist also Sonnengeist; wir haben ihn, bevor das Mysterium von Golgatha auf der Erde eintrat, in Verbindung zu sehen mit seinem Reiche, der Sonne, wo ihn auch der alte Zarathustra gesucht hat. Und während Christus als Herrscher im Sonnenreich wirkt, während er noch nicht seine Herrschaft ausgedehnt hat über die Erde, wenigstens noch nicht durch seinen Impuls, verläuft das Leben des Buddha auf Erden.
Nun müssen wir zu den früheren Verkörperungen des Buddha zurückgehen, wenn wir Aufschluß gewinnen wollen. Wir wissen, daß der Buddha vorher ein Bodhisattva war, daß er durch lange Zeiten hindurch
als Bodhisattva auf der Erde gewirkt hat. Eine gewöhnliche Menschenseele, wie wir sie sonst beschrieben haben, hatten allerdings diese Bodhisattvas nicht in sich, sondern es hat eine ganz besondere B~ wandtnis mit diesen Bodhisattvas. Sie müssen sich erinnern an das, was dargestellt ist in meiner «Geheimwissenschaft» im Beginn unserer Erdenentwickelung: daß da die Sonne, nach einem Zwischenzustand zwischen dem alten Mond und der Erde, mit der Erde Und den anderen Planeten wiederum vereint war, und daß sie sich dann wieder auseinandergeschält haben. Es war also einmal ein Zustand, in dem die Erde mit der Sonne vereint war. Dann haben sich Erde und Sonne getrennt, und Sie wissen, daß dann die Mondentrennung eintrat; Sie wissen, wie die Erde durch Seelen von anderen Planeten verstärkt worden ist. Fassen wir nun ins Auge denjenigen Zeitpunkt, wo sich eben die Sonne von der Erde getrennt hat. Da, wo dies geschah, waren in der Sonne drinnen noch die beiden Planeten Venus und Merkur, astronomisch gesprochen. Und der Vorgang ist so, daß sich zuerst abtrennt die Erde von der Sonne, in der damals noch darinnensteckten Venus und Merkur; dann nachher erst trennen sich Venus und Merkur von der Sonne ab. Nun waren also da Sonne und Erde. Auf der Erde geht die Entwickelung nun fort. Da bleibt nur ein geringer Teil von Menschen zurück. Andere gehen zu den Planeten hinauf, später wiederum herunter. Aber Wesenheiten sind auch mitgegangen - denn die Welt besteht nicht nur aus äußerer Materie, sondern aus Wesenheiten -, Wesenheiten sind mitgegangen, als die Sonne sich von der Erde trennte. Der Führer ist der Christus. Denn in der Zeit der Erdenentwickelung, wo die Sonne sich von der Erde trennt, hat sich schon das vollzogen, was man nennen kann den Vorrang, den der Christus über den Luzifer und die anderen Planetengeister erlangt hat. Später dann trennte sich heraus die Venus, trennte sich heraus Merkur. Fassen wir dieses Heraustreten der Venus von der Sonne einmal ins Auge. Es trennen sich mit der Venus Wesenheiten, die zuerst mitgegangen waren, die aber nicht fähig waren, in der Sonne zu bleiben; die trennen sich los und bevölkern die Venus. Nun war mitgegangen, und für diese Venusbewohner zunächst als ein Abgesandter des Christus, der Sonne, diejenige Wesenheit, welche dem späteren Buddha zugrunde liegt. Der Christus hat ihn
zuerst auf die Venus geschickt, und in der Tat machte der Buddha allerlei Entwickelungszustände hier durch; und als dann die Seelen von der Venus zur Erde zurückkamen, da waren die gewöhnlichen Menschenseelen natürlich wenig entwickelt; der Buddha aber, der zurückkam und dann mit den Venusseelen zur Erde herunterstieg, der war eine so hoch entwickelte Wesenheit, daß er nun ein Bodhisattva und dann früh ein Buddha werden konnte. So haben Sie in dem Buddha einen alten Abgesandten des Christus, der die Aufgabe hatte, vorzubereiten das Werk des Christus auf der Erde. Denn die Absendung zu den Venusmenschen hatte keinen anderen Sinn, als einen Vorläufer vorauszuschicken von der Sonne auf die Erde. Und nun können Sie es auch begreifen: Weil der Buddha länger als die anderen Erdenmenschen bei dem Christus war - denn die Erde hat sich früher abgetrennt -, deshalb brauchte er nur denjenigen Teil des Christus-Impulses, den er noch von der Sonne her in sich hatte, so daß also es genügte für den Buddha, das Christus-Ereignis dann mit Hilfe des Impulses, den er von dem Christus auf der Sonne empfangen hatte, von der geistigen Welt aus zu verfolgen, während die anderen Menschen das Christus-Ereignis auf der Erde abzuwarten hatten. Weil also der Buddha seine besondere Beziehung hatte zu dem Christus, weil er wie ein Vorläufer von ihm vorausgeschickt worden war, so brauchte er nicht auf der Erde das Christus-Ereignis abzuwarten, sondern nahm von der Erde die Fähigkeit mit, auch ohne die Christus-Mittel, die der andere Mensch braucht, sich zu erinnern an dasjenige, was auf der Erde das Ich bedeutet, und dadurch von den höheren Welten herunterzuschauen auf das Christus-Ereignis. So konnte lange vorbereitet werden im Weltall jene merkwürdige Mission, die der Buddha unternommen hatte im Auftrage des Christus. Der Buddha ist zuerst geschickt worden zu den Venusmenscheii - und vergleichen Sie das, was ich jetzt sage, mit den Vorträgen in Heisingfors -, dann auf die Erde, dann machte er den Weg zurück zu den Marsmenschen und hat dort weiterzuwirken an der lange vorbereiteten Mission auf dem Mars.
Auf dem Mars ist die Sache so, daß diejenigen Menschen, die dort geblieben sind, in einer großen Gefahr stehen, wie die Erdenmenschen in einer großen Gefahr standen, aus der sie der Christus befreite. Die
Marsmenschen stehen in der Gefahr, daß ihnen - sie hatten ja kein Ich besonders zu entwickeln - ihr astralischer Leib und dadurch mittelbar auch ihr Ätherleib furchtbar an Kräften verlieren sollte, gewissermaßen austrocknen sollte. Die ganze Natur der Marsmenschen hat sich so ausgelebt, daß auf dem Mars furchtbare Kriege stattgefunden haben. Die Menschen auf dem Mars sind sehr bodenständig - die Menschen auf der Erde sind kosmopolitisch angelegt -, die Marsmenschen sind viel mehr auf den Boden versessen, und es gibt sehr wenig Kosmopolitiker auf dem Mars. Aber dafür gibt es, oder wenigstens hat es viel Krieg und Streit gegeben; das alles ging hervor aus dem durch das Ich nicht besänftigten starken astralischen Leib. Wenn Sie das alles zusammennehmen, werden Sie begreifen, daß bei Menschen, die sich entwickeln, wie es auf dem Mars der Fall ist, ungeheuer viel Streit sein muß. Der Mars ist nur eine Art von wiederverkörpertem Mond, und da also das, was im astralischen Leibe steckt, nicht gemildert ist durch die Besänftigung des Ich, sind diese Menschen ganz hervorragend kriegslustig. Die Griechen haben eine richtige Erkenntnis gehabt, indem sie gerade Mars zum Kriegsgott gemacht haben. Große Verwunderung überkommt einen, so in den Mythen die Anklänge daran zu finden; und eine überraschende Sache ist es für einen, wenn man findet, daß wirklich ungeheure Kriege da herrschten. Man ist dann ungemein verwundert, wenn man schon in den alten Mysterienerkenntnissen in den Bezeichnungen findet, daß diese okkulten Erkenntnisse vorhanden waren. Also ungeheure Kriege waren da. Und jetzt denken Sie sich die Fortsetzung des Buddhalebens, dieses Meisters des Mitleids und der Liebe, dieses Meisters in Überwindung von Kastenunterschieden, dann werden Sie begreifen, daß Buddha wirklich seine Mission auf dem Mars hat; diese Mission, die darin besteht, dort einzuführen das, wozu die Marsmenschen allein nicht kommen können, was ihnen erscheinen würde als eine ganz übertriebene Frömmigkeit, als Mönchtum und so weiter - durch ein grandioses Beispiel von übersteigerter Demut und Sanftmut auf die Marsmenschen zu wirken und sie zu beleben nach dieser Richtung hin. Ich kann Ihnen nur die Anfänge des Bildes geben, wodurch der Buddha auf den Mars zu wirken hat. Die Bedeutung, die Wirkung des Buddha ist dort wirklich eine ganz ähnliche für diese
ohne das Ich lebenden Marsmenschen, wie eben die eines Erlösers, eines Befreiers zu höherer Weltanschauung. Und während auf der Erde eine allgemeine Brüderlichkeit und Nächstenliebe im tiefsten Impulse mit dem Christus zusammenhängt, hängt Kosmopolitismus im wesentlichen zusammen mit jener Erlösertat, die dort der Buddha zu verrichten hat.
Noch ein anderer Punkt ist es, den ich erledigen muß, bevor wir auseinandergehen. Das ist der Punkt, der Sie darauf hinweisen soll, daß die verschiedenen Religionen auf der Erde, die ja alle, was für den Theosophen eine Selbstverständlichkeit ist, aus einer einzigen Quelle heraus entstanden sind, nur in verschiedener Weise sich verhalten zu den okkulten Mitteilungen, die gemacht werden können. Man möchte sagen, eine jede Religion, wenn man sie richtig versteht, weist auf einen Religionsstifter hin, der irgendein Erlebnis einer bestimmten Initiationsstufe durch diese Religion in einer geeigneten Weise für eine Gruppe von Menschen bekanntgemacht hat. Da finden Sie zum Beispiel eine Religion, welche sich nicht bis zu dem Christus, der der Sonnengeist ist, zu erheben vermag, sondern die besondere Anlage hat, sich bis zu jener umfassenden Seele zu erheben, die da lebte in dem Geiste, der dann oftmals als Bodhisattva verkörpert wurde, und welche dadurch besonders auf den hinweist, der nun wiederum der große Initiator, der Begeister des Buddha ist. Also eine Religion, die sich nicht zu der Anschauung erheben kann, daß der Christus der Sonnengeist ist und auf die Erde heruntergekommen ist. Sie sieht gleichsam so weit, daß sie bis zu diesem Abgesandten hinsieht und alles auch zusammenfaßt, was gleichsam von der Sonne hervorkommt und was im eminentesten Sinne zu einem Planetengeist wird, und es ist ja sehr begreiflich, daß der Buddha als ein Planetengeist bezeichnet wird. Eine solche Religion, die vorzugsweise auf diesen Geist hinwies, der nun die eigene Entwickelung des Buddha leitet, die konnte nur eine solche Gestalt fassen, wie die des Vishnu in der indischen Trimurti ist. Und weil eine solche religiöse Form noch nicht durchgedrungen ist zur Erkenntnis des allgemeinen Sieges des Christus über Luzifer, so kann sie auch die Gestalt des Luzifer nicht so gegenüberstellen dem Christus, wie es in der jetzigen Zeit möglich ist. Dadurch erscheint einer solchen Religion Luzifer
in einer gewissen Weise neben dem Christus als eine selbständige, unbesiegte, als eine gleichwertige Gestalt. Wir haben ja selbst gesehen: wie eine Art von Bruder wird der Luzifer vorgestellt. Das haben Sie dann, wenn dem Vishnu der Shiva entgegengestellt wird. Und ich bitte Sie, jetzt einmal die Shivaiten zu studieren; dann werden Sie schon erfassen, wie man die Shivareligion des Indertums verstehen kann, wenn man die Kenntnis des luziferischen Wesens hat. Denn Shiva ist wirklich Luzifer in der Gestalt, in der er noch nicht besiegt ist. All der Kultus, die ganze Religion mit ihren sechzig Millionen Anhängern, als Re- ligion des Shiva, ist eigentlich im eminentesten Sinne von dem eben bezeichneten Gesichtspunkte aus als eine Art luziferischer Religion zu bezeichnen. Sie werden begreiflich finden, daß alle Formen der okkulten Erkenntnis, je nach der Veranlagung der Menschen, auf den verschiedenen Stufen sich aUsprägen konnten in den verschiedenen Religionen.
Nun aber, wenn man das Ganze überblickt - wir haben besprochen einiges von dem unoffenbaren Lichte, einiges von dem unaussprechlichen Worte, und es ist uns dann gelungen, auf mancherlei Umwegen auch zu dem Bewußtsein ohne Gegenstand zu kommen -, nun fragen Sie sich einmal, wenn Sie stehenbleiben bei dieser Dreiheit: Drücken sich diese drei Dinge wenigstens in ihren Offenbarungen in unserer Welt aus?
Sehen Sie, Sie können erkennen, wie sie sich ausdrücken, wenn Sie alles das zusammennehmen, was im Laufe dieser Vorträge besprochen worden ist. Sie werden sich sagen: Das Licht, es erschien ganz und gar in der Charakteristik des stolzen Luzifer; das Licht ist also im Grunde genommen ein Attribut des Geistigen, und der Mensch hat eigentlich das Licht nur in seinem schwächsten Ausdruck in seinen Gedanken gegeben, wenn er auf dem physischen Plane hier ist. Und wo hat denn der Mensch das sonst unaussprechliche Wort, wenn er hier auf dem physischen Plane ist? Nun, das, was das unaussprechliche Wort ist in der Welt, ist aussprechliches Wort hier auf dem physischen Plan, und Sie brauchen nicht weit zu gehen, um zum Ursprung zu kommen dessen, woraus das Wort kommen muß: es ist das Seelische im Menschen. Während also das Licht nach und nach mehr zum Geistigen wird, wird das Wort nach und nach offenbar im Menschen im Seelischen. Und das Be
wußtsein ohne Gegenstand, wie offenbart es sich bei dem physischen Menschen? Dadurch, daß äußerer Stoff auf ihn wirkt. Das, was das physische Bewußtsein ist, braucht den äußeren Gegenstand, das kaut an dem äußeren Gegenstand. Oben haben wir gefunden: Bewußtsein ohne einen Gegenstand, unaussprechliches Wort, unoffenbares Licht; unten finden wir als die letzte Offenbarung auf dem physischen Plan das menschliche Bewußtsein, das sich an der Materie verkaut; wir finden die Seele, welche das Wort, wenn auch in getrübter Gestalt, offenbart, und wir finden endlich das Licht, welches in der ganz schwachen Art des Denkens beim Menschen vorhanden ist, so daß der Hellseher das Denken als Licht, als menschliche Aura, überhaupt alles, was vom Licht kommt, nur als Aura schauen kann. Aber im Denken oder in dem, was auf dem physischen Plan schon geistig ist, im Denken er- scheint der letzte Abglanz von dem unoffenbaren Lichte. So daß wir sagen können: Wir können unsere höchsten Dinge, die wir gefunden haben, aussprechen, indem wir auf den Menschen hinweisen, auf den Menschen als Geist, als Seele, als Materie. Im Geist und in seiner Seele zusammen findet der Mensch wiederum als eine Einheit das Bild seines Ich. Ja, auch dieses letzte, was der Mensch auf dem physischen Plan findet, Materie oder Stoff, Seele und Geist, es ist eine Offenbarung der höchsten Dreiheit. Die Menschen haben ja verloren jene uralten Offenbarungen des alten Okkultismus; als der Okkultismus allmählich seine neuere Form annahm, fand er wenig äußeres Verständnis mehr. In unserer Zeit muß er es wieder finden. In dieser Zeit muß er wieder zur Theosophie werden.
Aber es gab eine Zwischenzeit, da haben die Menschen nicht hinaufgeblickt zu den okkulten Wahrheiten, die ihnen früher verkündet worden sind, da haben die Menschen nicht verstanden dasjenige, was wir heute kleiden in die Theosophie. Da haben sie sich gehalten an die letzte Offenbarung, an die letzten Wirkungen der höheren Dreiheit, an Materie, Seele und Geist. Und es ist aus dieser Betrachtung, die nur entwurzelt war, weil sie zu den letzten Offenbarungen die Ursprünge nicht kannte, es ist daraus entstanden, was eigentlich im Grunde doch erst auftrat sechs Jahrhunderte vor der christlichen Zeit und bis in unsere Zeit gedauert hat: es ist aufgetaucht das, was man Philosophie
nennen kann. Und überall werden Sie finden, daß die Philosophie an- knüpft an die letzte äußere Offenbarung der großen Dreiheit, die sehr verhüllt bleibt. Sie sieht nur ausgebreitet das materielle Leben, an dem das menschliche Bewußtsein kaut. Sie begreift nicht das unaussprechliche Wort, sondern ahnen kann sie noch das Seelische der Welt, wenn es sich offenbart in der Menschenseele als das ausgesprochene Wort. Sie findet nicht das ungeoffenbarte Licht, kann es aber ahnen, da es in seiner letzten Wirkung, im menschlichen Denken, dem zuerst der Außenwelt zugekehrten Teile des menschlichen Geistes, erscheint. Leib, Seele und Geist - bei dem griechischen Geiste treten sie als der dreigliedrige Mensch auf -, sie spielen ihre große Rolle durch das ganze Zeitalter der Philosophie. Es gab eine Zeit, da für die äußere Welt verhüllt waren die Okkultismen, verhüllt waren die Theosophien, und die Menschen sich gehalten hatten an die äußerste Offenbarung, an das, was man Leib, Seele und Geist nennt. Und dieses Zeitalter erstreckt sich bis in unsere Tage hinein; aber die Zeit der Philosophie ist erfüllt. Die Philosophen haben ihr Zeitalter hinter sich gehabt. Das einzige, was heute Philosophie sein kann, ist die Rettung desjenigen im Menschen, an das sich der Hellseher erinnern muß auf der ersten Stufe seiner Entwickelung, ist die Rettung des Ich, des Selbstbewußtseins. Das wird Philosophie begriffen haben müssen. Daher versuchen Sie von diesem Gesichtspunkte aus meine «Philosophie der Freiheit» zu verstehen, wo angeknüpft wird gerade an das, was überleiten muß das philosophische Bewußtsein in die Zeit, die nun kommt, und in der wiederum eintreten muß in die Menschheitsentwickelung das, was ein genaueres Abbild der höheren Dreiheit sein kann als die Philosophie, wo eintreten muß in die Menschheitsentwickelung die Theosophie.
So sehen Sie, das Zeitalter der Philosophie hat sich erfüllt. Älter als die Philosophie ist die Theosophie. Die Theosophie wird an die Stelle der Philosophie treten trotz allen Widerspruches. Sie ist sozusagen das, was die längere Phase hat; sie ragt an Dauer über das Zeitalter der Philosophie hinaus. Der Mensch kann vom philosophischen Gesichtspunkte aus nur eine gewisse Zeit hindurch betrachtet werden; länger dauert in Vergangenheit und Zukunft das Zeitalter der Theosophie als das Zeitalter der bloßen Philosophie. Der Mensch kann betrachtet werden
von dem Gesichtspunkte der Theosophie. Überragend aber und völlig in das Wesen des Menschen eindringend ist der Okkultismus. Dieser Okkultismus ist dasjenige, was uns mit dem menschlichen Wesen völlig bekannt macht. Denn allen menschlichen Erkenntnissen liegt zugrunde Okkultismus. Okkultismus ist das Älteste und hat das längste Zeitalter. Vor der Theosophie war der Okkultismus, nach der Theosophie wird der Okkultismus sein. Vor der Philosophie war die Theosophie, nach der Philosophie wird die Theosophie sein.
Sie aber, meine lieben Freunde, versuchen nun unter den anderen Idealen auch dieses zu begreifen, daß Sie berufen sind, zu verstehen, wie das philosophische Ideal, das doch nur für wenige Menschen da war, in unserer Zeit hat einlaufen müssen in ein neues Ideal, in das theosophische Ideal, das für viele Menschen verständlich sein wird, weil aus viel größeren Menschentiefen heraus die Theosophie zum Menschen zu sprechen vermag als abstrakte Philosophie, die abstrakt bleiben muß, weil sie nur einen letzten Abklatsch der menschlichen Urwesenheit und ihrer Dreiheit darbieten kann. Betrachtet man so die Sache, der wir zu- getan sind, dann betrachtet man sie in einer weltgeschichtlichen Notwendigkeit; dann fühlt man, was Theosophie der modernen Menschheit sein muß, wie die dreifachen Gesichtspunkte tatsächlich für den Menschen und seine Betrachtung selbst Menschheitsgesichtspunkte sind, die sich nacheinander entwickeln werden. Und da erlangen Sie dann, indem Sie dieses Denken aus Ihrem Kopf in Ihr Herz heruntersinken lassen, da erlangen Sie dann ein Gefühl von dem Wesentlichen und Bedeutungsvollen und Heiligen, was uns die Theosophie sein soll.
#G137-1993-SE210 - Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie
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NOTIZBUCHEINTRAGUNGEN
#G137-1993-SE212 - Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie
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Eintragungen Rudolf Steiners
im Notizbuch Archiv-Nr. NB 227
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a. I. Kristiania
1. Des Menschen Stellung im Weltganzen; die Unzweckmässigkeit seiner Form im gewöhnl. Nützlichkeitssinne -
Occultismus setzt voraus das Zuhilfenehmen besonderer Erkenntnismittel. Der Mensch erforscht sich bei Verrichtungen, welche nicht an die gewöhnlichen Organe gebunden sind. Man kann dann verzichten, diese Erkenntnisse in gewöhnlicher Form auszusprechen. Man bedient sich gewisser Zeichen oder Symbole. Der Grund, warum sie nicht mitgeteilt werden ohne Vorbereitung.
Theosophie: diejenigen occ. Wahrheiten, welche in gewöhnliche Urteilsformen gekleidet werden, werden mitteilbar. Sie ist verständlich durch sich selbst, kann aber nicht durch sich selbst gefunden werden.
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Mit dem Erkennen ist es wie mit dem Spieler eines Instrumentes. Diesen hindert das gewöhnliche Überlegen; und er erreicht die Kunstfertigkeit erst, wenn er die Überlegung nicht mehr braucht; so ist [es] auch mit dem menschlichen Erkenntnisapparat. Er muss so entwickelt werden, dass man sich zu ihm verhält wie zu einem Instrument.
Dass der Moment des Einschlafens richtig beobachtet werden kann, dazu gehört ein ganz bestimmter, nicht über ein gewisses Maß hinausgehender Grad von ErmÜdung. Und eine gewisse Gelassenheit; Abgeklärtheit dem Leben gegenüber.
Zum Aufwachen: Erstaunen, das durch Nachwirken der Schlaferlebnisse hervorgerufen wird - und langsames Ergreifen des eignen Selbst -
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Verschlossensein der äuss. Sinne - Bewußtsein über die Aussenwelt - Willenseinfluss auf die Muskeln.
Leibl. Zustände, welche die Vorstellungen aus dem Bewußtsein verdrängen: Aufwachen.
Während des Schlafes Aufnahme dessen in den Aetherleib, was während des Wachens nicht aufgenommen werden kann: Moment des Aufwachens: man ist mit dem Schlag an die Tür verbunden; ist er eine so starke Einwirkung auf den Astralleib, dass er sich auf Ae.Leib überträgt, so Aufwachen -
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b.)
Philosophie: Ihre Erkenntnismittel sind diejenigen des gewöhnlichen Erkennens. Man kann durch dieses zu den Weltgründen kommen; doch muß es so subtil gemacht werden, dass die wenigsten Menschen dazu geneigt sind.
Der Occultismus ist universell; in ihm kann es nicht Meinungen geben über seinen Inhalt; die Theosophie gerät schon in die Abhängigkeit von menschlichen Vormeinungen; die Philosophie hängt von den Fähigkeiten des einzelnen Menschen ab.
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II. Kristiania
Schilderung des occ. Weges. Zuerst Aussöhnung mit dem Karma. Nichts in die Handlungen einfließen lassen, was aus occ. Schulung fließt. Durch das Zurückziehen vom äusseren Willen, wird Interesse für geistige Welt geschaffen. Zunächst Verstand subtil gemacht. Doch die Aussenwelt nur betrachtet, nicht auf sie angewendet. Dann Verstand unterdrückt, nur Gedächtnis und Phantasie. Dabei Hören von höhern Welten. Dann Vergessen. Gedächtnis unterdrückt; dann «ungeoff. Licht; unaussprechl. Wort; Bewußtsein ohne Object. -
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III [II] Kristiania
Hinter dem gewöhnlichen Bewusstsein
liegt:
1. Das ungeoffenbarte Licht (Herz) welches in Symp. Antip. empfunden wird, mit welchem man sich nicht identificiert. Die in der äusseren Welt befindlichen werden ab gestreift.
2. Das unaussprechliche Wort (Gehirn) welches in rein geistigen Handlungen besteht, die trennen oder verbinden.
3. Das leblose Bewusstsein (Unterleib)
und Offenbarung Erde
welches die Grundlage von beiden
ist, das was als Ursache der
Trennungen mit Antip., als
Ursache der Zusammenfügungen
mit Symp. empfunden wird.
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III. Kristiania
Das Gehirn stellt sich dar:
In seiner phys. Gestalt als Erdorgan mit Ausnahme der Einwirkungen
dem es in Vererbung angepaßt ist, des Wärmeelementes, welche kosmischer Natur sind: es ist also das Gehirn von vorirdischen Zuständen bis auf diesen Teil vererbt. In den unvererbten Teil
wirken nun geistig-aetherische Kräfte
hinein
Das Herz und die zu ihm gehörigen Organe
sind Erdorgane bis auf
denen sie in Vererbung angepaßt sind die Elemente Wärme und Luft, in dasselbe
wirken dieselben geistigen-aetherischen Kräfte wie im Gehirn; jedoch so, dass diese letzteren Kräfte als übergeordnet denen des Gehirnes empfunden werden.
Die Nieren mit dem dazu gehörigen sind Erdorgane bis auf die Elemente Wärme, Luft und Wasser, denen sie
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in Vererbung angepasst sind; daher sie die Vermittler eines Bewusstseins ohne Object. -
Im Gehirn nur die freie Bahn für
kosmisch-allg. Gedanken geschaffen,
deren Ursprung nicht erkannt wird.
Philosophie. *)
Im Herzen freie Bahn für die höhere Welt, die hinter der sinnl. liegt. Sie zeigt sich zunächst als aetherische Welt.
(Anfang des Occultismus) ***)
Theosophie.
Im ganzen Organismus eine Grundempfindung für den «höheren Menschen». Geneigt machen daher tiefere Erfahrungen
der eigenen Persönlichkeit. * *)
Religion. Mystik.
*) Die befruchtenden Kräfte der philos. Gedanken werden nicht als Erinnerungen erkannt. Sie sind in Wahrheit von dem alten Monde; von den Philos. werden ihre irdischen Gegenbilder erkannt.
~) es ist da möglich, durch Vertiefung des «inneren Menschen» mitzugehen; doch werden religiöse Vormeinungen mitsprechen. -
**) der Mensch kann sich da zurückziehen auf ein Verständnis, welches ihm als inneres Wesen zukommt. Er braucht einige Vertiefung, um mitzukommen; die innere Erfahrung, dass ihn keine Wissenschaft aufklären kann über etwas, von dem er weiss, dass es in ihm ist. -
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Wo nicht die Kraft vorhanden ist
aus dem «ungeoffenbarten Lichte»
etwas Zu machen, wie bei der
hl. Therese bleiben nach:
darum nach Zähmung des
Willens: seliger Herzensfriede.
nach Zähmung des Verstandes:
Schlummer in Gottesliebe, Wandern,
Andachtübungen.
Sündhaftigkeit - Leiden Christi -
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IV. Kristiania
Das Bewusstsein wird zunächst erworben im phys. Leben: der Religiöse Mensch bleibt in diesem Bewusstsein stehen und sucht bloß eine Beziehung zu einer höhern Welt zu gewinnen. - Der Mystiker sucht dieses Bewusstsein zu überwinden und mit dem göttlichen Eines zu werden - in ältern Zeiten hatte die Mystik noch viel Occultismus: in den christlichen Zeiten wird sie immer persönlicher - Der Mensch kommt durch die Mystik in eine Art höhern Schlafzustand; Therese: sie setzt nach der Betrachtung die Ruhe, dann Vereinigung, dann Verzückung - Franz v. Assisi verliert die Vorstellungswelt, behält noch die Herzenswelt.
Der Occ. findet Objectives: für Gehirnvorstellung Mond, für Herz - Sonne
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für das Bewusstsein die Erdenelemente. Dann tritt sein Schauen ein; er findet in sich eine andre Ordnung die übersinnliche, wo Sonne aus dem Weltenworte als erstes gebildet ist - äussere Sonne ist dabei nur Symbol - Sie muss geistig vorgestellt werden:
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Der Traum als neuer Factor: wenn er erkannt wird als Arbeiter des Ich -
Bewusstsein als Erhalter der inneren Welt, dann wird er der Erkenntnis das sein können, was sie in sich selbst trägt: dann aber wird er eben nicht mehr Traum sein: er wird sich auf tieferes Bewusstsein beziehen -
12. 13. Jahrh. Bernhard - Hugo v. St. Victor Franz v. Assisi - Hildegard (unleserlich)
Mechthild - Eckhard
17. Jahrh. Therese Guyon Suso
diese übergleiten in Gott.
12. Jahrh.
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V. Kristiania
Gefunden werden muss etwas, was aus Erdenverhältnissen nicht folgen kann, was kein Gegenstand des Bewusstseins sein kann und doch aus diesem Bewusstsein folgt: es ist die menschliche Gestalt. Sie ist das erste Verborgene. Sie tritt dem Menschen in einer gewissen Weise entgegen; doch weiss er, dass sie so, wie sie ist, nicht wahr ist. Empfindung, dass oberes durch Hochmut, unteres durch Begehrlichkeit verdorben ist. Erblicken des Engelskopfes und des entstellten Fußes. Über das Antlitz möchte man weinen, über den Fuß lachen.
Nur die Hand giebt als Ausdruck des Innern einen harm. Eindruck, wenn sie die Eindrücke des Geisteslebens spiegelt, die unegoistisch sind.
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ZuV.
Bewegungen: Gestalt
Lagebew. Aufrecht
Denkbew. nach vorn zum Sprechen
Sprechbew. einger.
Blutbew. symmetrisch: Hände
Atmungsbew. umschlossen
Drüsenbew. von innen erfüllt
Reproductbew. von einem zweiten Mittelp. erfüllt
von aussen getrennt
nach aussen begehrend
nach aussen im Gleichgew.
Widerlage nach außen
das Innere im Äussern tragend
stützend
Denken .........
Fühlen
Wollen
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VI. Kristiania
Es gruppieren sich die 12 Glieder der menschlichen Gestalt um 3 Centren; sodass immer 7 entsprechen einem Centrum: was der Mensch innerlich erlebt bleibt dann immer das eigentliche fortschrittfähige Wesen: die äussere Gestalt das lucif. und das dahinterstehende das ursprünglich göttliche Wesen: das Kopfcentrum lässt erkennen, dass menschliches Denken (als Vorstellen)
vernichtet; das Herzcentrum das gleiche, dass menschliches Fühlen vernichtet: Fühlen verbrennt; Denken wird zu verlöschendem
als Begehren
Licht; Wollen vernichtet: der Brennstoff erweist sich als erschöpft. Nun handelt es sich darum, Brennstoff in der geistigen Welt zu finden: es sind die Imaginationen. Was zu dem Vernichtenden hinzieht: Hüter der Schwelle: Gestalt, die im Feuer ihr Wesen verliert.
Es gehören als Einzelmenschen:
Kopf: Kopf, Kehlkopf, Sym. der Hände, Oberarm Gelenk, Unterarm, Hand.
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Herzsystem:
Kopf als Stumpf (?) Umschließung, Herz Unterleib, Wage, Reproduct., Oberschenkel
Nierensystem:
Reproduct., Obersch., Knie, Untersch., Füße Jungf., Wage
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VII. Kristiania
Die drei Elementarmenschen entsprechen
drei B ewusstseinszuständen:
Wenn die Form des oberen Menschen erfüllt wird von den Wirkungen der Bewegungen im mittleren: dann hellster Bewusstseinszustand:
Wenn die Form des mittl. Menschen von den eig. Bewegungen erfüllt wird, dann Traum-Bewusstsein.
Der untere Mensch entspricht dem
dumpfesten Bewusstsein. -
deren Nerven sich kreuzen Zwei Augen etc, statt Berührung mit der Aussenwelt.
Schlaf: Atemzüge von 20 auf 15
CO2 geringer 1/4
verlangsamte Herztätigkeit
geringere Wärmeerzeugung
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VIII. Kristiania
Die Gestalt ist zunächst Spiegelbild; doch kann von ihr ausgegangen werden, weil sie doch zu den stärksten Eindrücken gehört, welche der Mensch hat; und wenn er ihr Nachbild appercipiert, so ist dieses der Tod, d. h. die Gestalt wird gegenüber dem Tode unmöglich. Sie wird es durch das, was der Mensch daraus macht - Hüter der Schwelle zeigt dieses. Dann Lucifer-Begegnung.
Er zeigt, dass ohne die Erdenleben der Mensch ein Licht-Engel geworden wäre. Nun muss sich der Mensch erinnern an CHR. Dann die Innenbewegungen planet. Leben. -
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Von Chr.[istus] kann man wol als von einem Initiierten sprechen; man kann aber nicht sagen, dass er da oder dort initiiert worden sei. Aber er initiiert selber.
HINWEISE
#G137-1993-SE233 - Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie
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HINWEISE
Zu dieser Ausgahe
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«Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie» ist der vierte Vortragszyklus, den Rudolf Steiner in Kristiania (Oslo) gehalten hat (vgl. Hinweis zu Seite 11). Schon seit 1908 hatte er jedes Jahr die skandinavischen Länder besucht, eingeladen von der Skandinavischen Sektion der Theosophischen Gesellschaft (Teosofiska Samfundets Skandinaviska Sektion) oder von einer ihrer Landesgruppen. Die skandinavische Sektion gehörte formal zur Theosophical Society (Adyar) und nicht zur Deutschen Sektion, deren Generalsekretär Rudolf Steiner von 1902 bis 1912 war, doch fühlten sich gerade dort sehr viele Menschen mehr von der Geistesrichtung Rudolf Steiners angesprochen - insbesondere von seiner Christus-Anschauung - als von derjenigen Annie Besants. Zu der Zeit, als die hier vorliegenden Vorträge gehalten wurden, waren die Differenzen zu Adyar bereits unübersehbar, nachdem von dort der Hinduknabe Alcyone (Krishnamurti) als kommender Weltheiland proklamiert wurde.
Im Jahre 1912 unternahm Rudolf Steiner zwei Vortragsreisen nach Skandinavien. Er sprach im April in Helsingfors über «Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen» (GA 136) und in Stockholm über «Die drei Wege der Seele zu Christus» (in GA 143), im Mai, vor seiner Reise nach Kristiania, in Kopenhagen «Über den Sinn des Lebens» und in Norrköping über «Theosophische Moral» (in GA 155).
Die Worte «Theosophie» und «theosophisch» werden von Rudolf Steiner in diesen Vorträgen immer im Sinne seines Buches «Theosophie» (GA 9) gebraucht. «Niemand blieb im unklaren darüber, daß ich in der Theosophischen Gesellschaft nur die Ergebnisse meines eigenen forschenden Schauens vorbringen werde.» (Aus «Mein Lebensgang», GA 28)
Textunterlage für die vorliegende Ausgabe ist die im Jahre 1913 als «Manuskriptdruck für Mitglieder» erschienene erste Ausgabe (Zyklus XXII). Diese Ausgabe basierte auf der stenographischen Mitschrift von Franz Seiler, Berlin, welche im Auftrag Marie Steiner-von Sivers für den Druck korrigiert bzw. bearbeitet worden ist von Adolf Arenson. Einige wenige in den späteren Auflagen vorgenommene Korrekturen sind in den Hinweisen zu der jeweiligen Seite angeführt.
Für die 5. Auflage 1993 wurde der Text durchgesehen von Ulla Trapp, ein Namenregister zugefügt und der Band um die Notizbucheintragungen Rudolf Steiners erweitert.
Der Titel des Bandes entspricht der Ankündigung des Vortragszyklus (siehe Seite 210) und stammt von Rudolf Steiner.
Hinweise zum Text
Werke Rudolf Steiners innerhalb der Gesamtausgabe (GA) werden in den Hinwei
sen mit der Bibliographie-Nummer angegeben.
zu Seite
11 bei den verflossenen Vortragszyklen: In Kristiania waren folgende Vortragszyklen gehalten worden: «Theosophie im Anschluß an das Johannes-Evangelium», 15 Vorträge Juli 1908; Nachschriften hiervon liegen nicht vor. «Theosophie an der Hand der Apokalypse», 12 Vorträge Mai 1909, GA 104a. «Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhange mit der germanisch-nordischen Mythologie», 11 Vorträge Juni 1910, GA 121.
24 Parmenides, um 460 v. Chr.; Heraklit, um 500 v. Chr., Georg Wilhelm Friedrich Hegel, 1770 - 1831; Arthur Schopenhauer, 1788 - 1860: Uber ihre Stellung in der Geschichte der Philosophie vgl. Rudolf Steiner «Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt» (1914), GA 18.
31 nach dem öffentlichen Vortrage: Am 3. Juni 1912 hielt Rudolf Steiner in Kristiania einen öffentlichen Vortrag mit dem Titel «Tod und Unsterblichkeit» (nur unvollständige Aufzeichnungen vorhanden).
66 Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832. Ein Kerl der spekuliert: Worte des Mephisto aus «Faust» 1, Studierzimmer, Zeilen 1830 - 1833.
letzte Zeile: undiszphnierten, ganz unordentlichen Denken: Sinngemäße Korrektur 1993. Der Stenograph hatte zunächst irrtümlich übertragen «undisponierten».
69 Gautama Buddha, um 560 bis um 480 v. Chr.; Pythagoras, etwa 582 - 497 v. ..... .. Einweihung durchgemacht: Vgl. hierzu Rudolf Steiner «Das Prinzip der spirituellen Okonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen», GA 109.
72 jamblichos, gest. um 330, und Plotinus, um 205 - 270: Siehe Hinweis zu S. 24. Scotus Erigena, um 810 bis um 877, und Meister Eckhart, 1260 - 1327: Siehe
Hinweis zu S. 69.
74 Höchster, allmachüger und gätiger Herr!: Sonnengesang des .Franz von Assisi (1182 - 1226). Der Text ist hier wiedergegeben nach der Ubertragung von Rudolf Steiner (handschriftliches Original: Archiv-Nr. NZ 3359 - 3360).
76 Goethe im «Faust»: Erhabner Geist Faust» I, Wald und Höhle, Zeilen 32l7ff. 76f. Franz von Assisi: Siehe Hinweis zu S. 69.
80 mit dem Göttlichen: Sinngemäße Ergänzung durch den Herausgeber.
81 f. Theresia von Avila, 1515 - 1582, spanische Heilige, Karmeliterin; Hauptvertreterin der spanischen Mystik; größte spanische Schriftstellerin. In enger Verbindung mit Johannes vom Kreuz (1542 - 91) reformierte sie unter großen Schwierigkeiten den Karmeliterorden. Von 1552 - 65 schrieb sie ihre Selbstbiographie unter dem Titel ''Libro de mi vida", Übersetzungen in viele Sprachen.
83 f. Hildegard von Bingen, um 1100 - 1179. Benediktinerin; größte weibliche Gestalt ihres Ordens. Durch ihre mystische Kraft und praktischen Fähigkeiten wirkte sie stark auf das kirchliche und politische Leben ihrer Zeit ein: Beraterin von Papst und Kaiser (Barbarossa); Kämpferin gegen moralischen Niedergang und Verweltlichung des Klerus; Briefwechsel mit bedeutenden Zeitgenossen; Predigerin, Dichterin und Liederkomponistin; wissenschaftliche Forscherin. Durch ihre medizinischen Schriften wird sie als erste deutsche Ärztin angesehen.
84 Mechthild von Magdeburg, 1212 - 1283. Begine in Magdeburg, später Zisterzienserin in Helfta. Gilt als größte Dichterin der deutschen Mystik. «Das fließende Licht der Gottheit», erhalten in mittelhochdeutscher Ubersetzung Heinrichs von Nördlingen, herausgegeben 1911 von W. Oehl.
85 Das ist das Wesen der Mystiker, daß von ihnen: Statt «Wesen der Mystik»; sinngemäße Anderung durch den Herausgeber.
89 Von Johann Gottlieb Fichte (1762 - 1814) bis Henri Bergson (1859 - 1941).. Bestrebungen, an das Ich anzuknüpfen: Vgl. hierzu Rudolf Steiner, «Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt» (1914), GA 18.
91 Archimedes, um 287 - 212 v. Chr.. Genialster Mathematiker und Physiker des Altertums. Entdeckte im Bade das archimedische Prinzip des hydrostatischen Auftriebs (Heureka! = Ich hab`s gefunden!) und war von der Kraft seiner Maschinen (Hebel), mit denen er Schiffe allein vom Stapel ließ und hochwand, so überzeugt, daß er ausrief: «Gib mir einen Standpunkt und ich hebe die Welt aus den Angeln!»
101 Der Okkultismus hat sie immer gekannt: Siehe z. B. bei Agrippa von Nettesheim, «Magische Werke», Erstes Buch, Kapitel 22.
118 in meinem, auch in IhreSprache übersetzten Buche: Eine Buchausgabe von «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» erschien in norwegischer Sprache bereits im Jahre 1908.
142 Er verbot, sich ein Bild des Gottes zu machen: 5. Mos. 5,8.
Helena Petrowna Blavatsky (1831 - 1891).. Jahvereligion... Mondenreligion: «The Secret Doctrine», 1888, deutsch «Die Geheimlehre», 1899 und 1960; vgl. Band 11, S. 497 der deutschen Ausgabe.
146 Goethe in seiner Farbenlehre: Vgl. hierzu «Goethes Naturwissenschaftliche Schriften», herausgegeben und kommentiert von Rudolf Steiner, 5 Bände 1884 - 1897 in «Kürschners Deutsche Nationallitteratur», Nachdruck Dornach 1975, GA 1a-e.
151 zugunsten der Unsterblichkeit: Statt «auf Kosten», sinngemäße Änderung des Herausgebers.
155 Mohammed, um 570 - 632. Vgl. hierzu Rudolf Steiners Ausführungen im Vortrag Dornach 19. März 1924 in «Die Geschichte der Menschheit und die Weltanschauungen der Kulturvölker», GA 353.
Plato (427 - 347 v. Chr.) inspiriert durch die Mysterien . . Sokrates (um 469 - 399 v. Chr.). . . von einem Daimonion gesprochen: Vgl. hierzu Rudolf Steiner
in ''Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums" (1902), GA 8.
156 «Hebe dich weg von mir, Satan!»: Matthäus 4,10.
159 Zyklus «Vor dem Tore der Theosophie»: 14 Vorträge 1906, GA 95.
?n den Vortrn~gen über das Johannes-Evangelium: «Das Johannes-Evangelium», 12 Vorträge 1908 in Hamburg, GA 103; «Das Johannes-Evangelium im Verhältnis zu den drei anderen Evangelien, besonders zu dem Lukas-Evangelium», 14 Vorträge 1909 in Kassel, GA 112; «Das Johannes-Evangelium», 7 Vorträge 1907 in Basel, in «Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis», GA 100.
167 wenn die Venus mit ihrer vollen Scheibe strahlt: Die Venusphasen sind nicht mit bloßem Auge, sondern nur durch Fernrohrvergrößerung sichtbar. Wegen ihrer wechselnden Entfernung zur Erde erscheinen Helligkeitsgrad und Größe der Venus sehr unterschiedlich. Bei «Voll-Venus» hat der Planet die größte Entfernung von der Erde, bei «Neu-Venus» ist er ihr am nächsten. Die synodische Umlaufszeit beträgt etwa ein Jahr und sieben Monate. Nähere Einzelheiten über die Venusphasen siehe bei Joachim Schultz, «Rhythmen der Sterne», Kapitel XX «Rhythmen der Venus», und Kapitel XXI «Die Venusbewegung um die Sonne».
171 «Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschafr»,1907.
172 Man kann auch zuerst die Atmungsbewegung: Die an dieser Stelle 1993 vorgenommene Textänderung gegenüber früheren Auflagen basiert auf der Erstausschrift des Stenographen, d.h. die Stelle ist jetzt so wiedergegeben, wie der Stenograph sie ursprünglich festgehalten hat.
173 Sternbilder des Tierkreises: Sinngemäße Korrektur 1993.
174 Johannes Kepler, 1571 - 1630.
176 Zeile 20: was wir a/5 Zeichen für die einzelnen Glieder kennengelernt haben: Die Nachschrift enthält hier noch den Satz: ''was jetzt und das letztemal an die Tafel geschrieben wurde". Die Original-Tafelanschrift ist nicht erhalten.
177 die 4/eine Gestalt: Sinngemäße Korrektur 1993. Die ''nächste" Gestalt dürfte ein Ubertragungsfehler des Stenographen sein.
180 habe ich schon einmal... den einzigen Punkt berührt, wo der Buddha: In dem in Kopenhagen gehaltenen Vortrag vom 8. Juni 1911, in «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit»(1911), GA 15.
In Norrköping habe ich gesagt: In den vom 28. bis 30. Mai 1912 gehaltenen Vorträgen «Theosophische Moral», in «Christus und die menschliche Seele», GA 155.
180/181 Buddha. . . Mars: Vgl. den in Neuchätel gehaltenen Vortrag Rudolf Steiners vom 18. Dezember 1911, in «Das esoterische Christentum», GA 130.
192 die meine Vortröge in Helsingfors gehört haben: «Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen», 10 Vorträge 1912, GA 136.
194 Helena Petrowna Blavatsky: Siehe Hinweis zu Seite 142.
199 Sie haben ja schon aus dem ersten Vortrag ersehen: Im Vortrag vom 4. Juni 1912 (zweiter Vortrag in diesem Band).
201 der a/te Zarathustra: Daß hier nicht der geschichtliche Zarathustra gemeint ist, sondern eine Persönlichkeit, die einer viel früheren Zeit angehört, beschreibt Rudolf Steiner in seiner «Geheimwissenschaft», GA 13, S. 279 - 281. Vgl. auch Rudolf Steiners Vortrag über «Zarathustra», Berlin 19. Januar 1911 in «Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins», GA 60.
203 mit den Vortragen in Helsingfors: Siehe Hinweis zu S. 192.
205 in der indischen Trimurti: Die Dreieinigkeit des höchsten Wesens: Brahma, Vishnu und Shiva.
207 als der Okkultismus: Die Satzumstellung erfolgte 1993 aufgrund der Erstausschrift des Stenographen.
NAMENREGISTER
#G137-1993-SE238 - Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie
#TI
NAMENREGISTER
#TX
Archimedes 91 Mechthild von Magdeburg 84
Bergson, Henri 89, 91 Mohammed 155, 161
Blavatsky, Helena Petrowna 142 Moses l4off.
Buddha 69, 155, 161, 162, 179f., 186f., 2olff. Parmenides 24
Meister Eckhart 72 Plato 155
Fichte, Johann Gottlieb 89 Plotin 72
Franz von Assisi 74ff. Pythagoras 69, 155
Goethe, Johann Wolfgang von 65, 76, 146 Schopenhauer, Arthur 24
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 24, 78f. Scotus Erigena 72
Heraklit 24 Sokrates 155, 161
Hildegard von Bingen 83 Theresia von Avila 81
Jamblichos 72 Vishnu 205
Kepler, Johannes 174 Zarathustra 203
Steiner, Rudolf
Werke:
Die Philosophie der Freiheit (GA 4) 208
Das Christentum als mystische Tatsache (GA 8) 85, ls6ff.
Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10) 118, 122
Die Geheimwissenschaft im Umriß (GA 13) 187-189, 191, 193, 196, 202
Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft 171
Vorträge:
Vor dem Tore der Theosophie (GA 95) 159
Das Johannes-Evangelium: Hamburg (GA 103), Kassel (GA 112) 159
Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen (GA 136)
192, 203
Theosophische Moral, in: Christus und die menschliche Seele (GA 155) 180
Literatur
- Rudolf Steiner: Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie, GA 137 (1993), ISBN 3-7274-1371-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv. Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen. Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners. |