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Gerade auf diese innerlich-methodologischen Beziehungen wollte ich Sie in diesen Vorträgen hinweisen , und das nächste Mal wollen wir dann von anderen Gesichtspunkten aus über gewisse Gebiete wiederum sprechen.
Gerade auf diese innerlich-methodologischen Beziehungen wollte ich Sie in diesen Vorträgen hinweisen , und das nächste Mal wollen wir dann von anderen Gesichtspunkten aus über gewisse Gebiete wiederum sprechen.
{{SE|339}}


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<nowiki>#</nowiki>G323-1983-SE339  - Das Verh?ltnisse der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie
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Vorbemerkung: Der Titel des Kurses «Das Verhältnis der verschiedenen naturwis­senschaftlichen Gebiete zur Astronomie» stammt von Rudolf Steiner. Er stimmt überein mit dem Satz auf S. 310 «Aber man wollte schon einmal, daß ich die Bezie­hung von Astronomie zu anderen wissenschaftlichen Gebieten Ihnen auseinander-setze.» Die beiden Untertitel stammen von den Herausgebern: #SE323-340
Vorbemerkung: Der Titel des Kurses «Das Verhältnis der verschiedenen naturwis­senschaftlichen Gebiete zur Astronomie» stammt von Rudolf Steiner. Er stimmt überein mit dem Satz auf S. 310 «Aber man wollte schon einmal, daß ich die Bezie­hung von Astronomie zu anderen wissenschaftlichen Gebieten Ihnen auseinander-setze.» Die beiden Untertitel stammen von den Herausgebern: #SE323-340
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von der Erhaltung des Drehimpulses verstößt. Kant fußte auf Newton, und dieser hatte nicht erkannt, daß die von ihm aufgestellte Mechanik diese Grenze impliziert. Erst in der Zeit, als Kant schrieb, hat unter anderen Euler diese Konsequenz durchschaut und als «allgemeinen Flächensatz» ausgesprochen. Es ist unmöglich, daß der Urnebel, von welchem Kant ausgegangen ist, durch innere mechanische Wechselwirkung in Drehung geraten kann. Das Bewußt­sein davon hat sich jedoch nur langsam ausgebreitet. So sieht man auch noch bei du Prel der Mechanik Dinge zugeschrieben, die sie nicht kann. Ein so gewiegter Kenner der Mechanik wie Laplace hat darum mit seinen Betrach­tungen bei einem schon sich drehenden Urnebel eingesetzt. Wenn aber seine Begegnung mit Napoleon sich so, wie berichtet wird, abgespielt hat, dann hat er ein Wesentliches übersehen, als er auf dessen Frage nach der Rolle Gottes in dem ganzen System die Antwort gab: Sire, ich hatte diese Hypothese nicht nötig. - Lapace hatte, bewußt oder unbewußt, den «Herrn Lehrer» des Plateau­schen Versuchs schon im voraus drehen lassen. Man vergleiche dazu S. 200 und den zugehörigen Hinweis.
von der Erhaltung des Drehimpulses verstößt. Kant fußte auf Newton, und dieser hatte nicht erkannt, daß die von ihm aufgestellte Mechanik diese Grenze impliziert. Erst in der Zeit, als Kant schrieb, hat unter anderen Euler diese Konsequenz durchschaut und als «allgemeinen Flächensatz» ausgesprochen. Es ist unmöglich, daß der Urnebel, von welchem Kant ausgegangen ist, durch innere mechanische Wechselwirkung in Drehung geraten kann. Das Bewußt­sein davon hat sich jedoch nur langsam ausgebreitet. So sieht man auch noch bei du Prel der Mechanik Dinge zugeschrieben, die sie nicht kann. Ein so gewiegter Kenner der Mechanik wie Laplace hat darum mit seinen Betrach­tungen bei einem schon sich drehenden Urnebel eingesetzt. Wenn aber seine Begegnung mit Napoleon sich so, wie berichtet wird, abgespielt hat, dann hat er ein Wesentliches übersehen, als er auf dessen Frage nach der Rolle Gottes in dem ganzen System die Antwort gab: Sire, ich hatte diese Hypothese nicht nötig. - Lapace hatte, bewußt oder unbewußt, den «Herrn Lehrer» des Plateau­schen Versuchs schon im voraus drehen lassen. Man vergleiche dazu S. 200 und den zugehörigen Hinweis.


337 das nächste Mal wollen wir dann von anderen Gesichtspunkten ... wiederum sprechen: Dazu ist es nicht gekommen, wenigstens nicht in demselben Men­schenkreis. Möglicherweise sind die «anderen Gesichtspunkte» eingegangen in den halböffentlichen Vortragszyklus «Der Entstehungsmoment der Natur­wissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung» (GA Bibl.-Nr. 326), welcher zwei Jahre später in Dornach gehalten wurde.  
337 das nächste Mal wollen wir dann von anderen Gesichtspunkten ... wiederum sprechen: Dazu ist es nicht gekommen, wenigstens nicht in demselben Men­schenkreis. Möglicherweise sind die «anderen Gesichtspunkte» eingegangen in den halböffentlichen Vortragszyklus «Der Entstehungsmoment der Natur­wissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung» (GA Bibl.-Nr. 326), welcher zwei Jahre später in Dornach gehalten wurde.


= ÜBER DIE VORTRAGSNACHSCHRIFTEN Aus Rudolf Steiners Autobiographie «Mein Lebensgang» (35. Kap., 1925) =
= ÜBER DIE VORTRAGSNACHSCHRIFTEN Aus Rudolf Steiners Autobiographie «Mein Lebensgang» (35. Kap., 1925) =

Version vom 28. Oktober 2023, 22:44 Uhr

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RUDOLF STEINER

VORTRÄGE

VORTRÄGE ÜBER NATURWISSENSCHAFT

Das Verhältnis der verschiedenen
naturwissenschaftlichen Gebiete
zur Astronomie

Dritter naturwissenschaftlicher Kurs
Himmelskunde in Beziehung zum Menschen
und zur Menschenkunde

Achtzehn Vorträge, gehalten in Stuttgart
vom 1. bis 18. Januar 1921

GA 323

1983

Inhaltsverzeichnis


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ERSTER VORTRAG Stuttgart, 1. Januar 1921

Meine lieben Freunde! Zu den Auseinandersetzungen, die ich hier in den folgenden Tagen geben will, möchte ich heute eine Einlei­tung sprechen. Schon aus dem Grunde möchte ich dieses tun, damit Sie von vorneherein unterrichtet sind über die Absicht dieser Bespre­chungen. Es soll nicht meine Aufgabe sein, irgendein engbegrenztes Fach gerade in diesen Tagen abzuhandeln, sondern einige weitere Gesichtspunkte mit einem ganz bestimmten Ziele in wissenschaft­licher Beziehung zu geben. Ich möchte warnen davor, diesen sogenannten «Kurs» als einen «astronomischen Kurs» zu bezeichnen. Das soll er nicht sein. Sondern er soll gerade etwas behandeln, was in dieser Zeit zu behandeln mir von ganz besonderer Wichtigkeit scheint. Ich habe deshalb als Titel angegeben: «Das Verhältnis der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie.» Und ich will heute namentlich auseinandersetzen, was ich mit dieser Titelgebung eigentlich meine.

Es ist durchaus so, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit innerhalb des sogenannten wissenschaftlichen Lebens, wenn es nicht zu einem vollständigen Verfall kommen soll, manches sich wird ändern müssen. Namentlich werden gewisse Wissenschaftsmassen, die man jetzt unter gewissen Titeln zusammenfaßt und die man unter diesen Ti­teln vertreten läßt durch unsere gebräuchlichen Schulen, aus ihrem Gefüge genommen werden müssen und nach anderen Rücksichten einzuteilen sein, so daß gewissermaßen eine weitgehende Umgrup­pierung unserer wissenschaftlichen Gebiete wird stattfinden müssen. Denn die Gruppierung, welche man jetzt hat, reicht eben durchaus nicht aus, um zu einer wirklichkeitsgemäßen Weltanschauung zu kommen. Auf der anderen Seite haftet so stark unser gegenwärtiges Leben an dieser Gliederung, daß eben einfach die Lehrkanzeln be­setzt werden nach dieser traditionellen Gliederung. Man beschränkt sich höchstens darauf, die bestehenden wissenschaftlich umgrenzten Gebiete wiederum in Spezialgebiete zu zerlegen und für die Spezialgebiete

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einzelne Fachleute, wie man sie nennt, zu suchen. Aber in diesem ganzen Wissenschaftsleben wird insofern eine Änderung ein­treten müssen, als ganz andere Kategorien werden erscheinen müs­sen, und in diesen Kategorien wird man Verschiedenes, das heute, sagen wir, in der Zoologie behandelt wird, meinetwillen in der Physiologie behandelt wird, dann wiederum in der Erkenntnis­theorie behandelt wird, zusammengefaßt finden in ein neu ent­stehendes Wissenschaftsgebiet. Dagegen die älteren Wissenschafts­gebiete, die stark mit Abstraktionen arbeiten, die werden verschwin­den müssen. Es werden eben ganz neue wissenschaftliche Zusam­menfassungen stattfinden müssen. Das wird zunächst Schwierig­keiten begegnen nach der Richtung hin, daß ja heute die Leute dressiert werden auf die bestimmten wissenschaftlichen Kategorien und nur sehr schwer eine Brücke finden zu dem, was sie notwendig brauchen für ein wirklichkeitsgemäßes Zusammenfügen des wissen­schaftlichen Stoffes.

Wenn ich mich schematisch ausdrücken soll, so möchte ich sa­gen: Wir haben heute eine Astronomie, wir haben eine Physik, wir haben eine Chemie, wir haben eine Philosophie, wir haben eine Biologie, meinetwillen, wir haben eine Mathematik und so weiter. Dadrinnen hat man Spezialgebiete geschaffen, mehr, möchte ich sa­gen, aus dem Grunde, damit die einzelnen Fachleute nicht so viel zu tun haben, um sich zurechtzufinden, auch damit sie nicht zuviel zu tun haben, um all die einschlägige Literatur, die ja ins Unermeßliche sich ausweitet, zu beherrschen. Aber es wird sich darum handeln, daß man neue Gebiete schafft, welche ganz anderes umfassen, ein Gebiet, das vielleicht etwas von der Astronomie, etwas von der Bio­logie und so weiter umfaßt. Dazu wird natürlich ein Umgestalten unseres ganzen Wissenschaftslebens unbedingt notwendig sein. Da muß gerade das, was wir Geisteswissenschaft nennen und was ja etwas Universelles sein will, nach dieser Richtung hin wirken. Sie muß es sich zur besonderen Aufgabe machen, nach dieser Richtung hin zu wirken. Denn wir kommen einfach mit den alten Gliede­rungen nicht mehr weiter. Unsere Hochschulen stehen heute so vor der Welt, daß sie eigentlich ganz lebensfremd sind. Sie bilden uns

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Mathematiker, Physiologen, sie bilden uns Philosophen aus, aber die haben alle eigentlich gar keinen besonderen Bezug zur Welt. Die können alle nichts anderes, als gerade in ihren engbegrenzten Gebieten arbeiten. Sie machen uns die Welt immer abstrakter und abstrakter, immer wirklichkeitsunmöglicher und -unmöglicher. Und diesem in der Zeitnotwendigkeit Liegenden möchte ich gerade in diesen Vorträgen Rechnung tragen. Ich möchte Ihnen zeigen, wie es auf die Dauer unmöglich sein wird, bei den alten Gliederungen zu bleiben. Und daher möchte ich zeigen, wie die verschiedensten anderen Gebiete, die sich heute um Astronomie nicht kümmern, gewisse Beziehungen haben zu einer ja räumlich universellen Er­kenntnis, zur Astronomie, so daß einfach gewisse astronomische Erkenntnisse in anderen Gebieten werden auftauchen müssen, da­mit man diese anderen Gebiete in einer wirklichkeitsgemäßen Weise bezwingen lernt.

Also darum wird es sich handeln in diesen Vorträgen, daß die Brücke geschlagen wird von verschiedenen Wissenschaftsgebieten hinüber in das Gebiet des Astronomischen und daß in richtiger Weise in den einzelnen Wissenschaftsgebieten das Astronomische erscheine.

Damit ich nicht mißverstanden werde, m&hte ich noch eine methodische Bemerkung dazu vorausschicken. Sehen Sie, die Art und Weise des Darstellens in der Wissenschaft, die heute üblich ist, die wird ja manche Änderung erfahren müssen aus dem Grunde, weil sie eigentlich auch herausgeboren ist aus unserer heute zu über­windenden wissenschaftlichen Struktur. Es ist heute üblich, daß, ge­rade wenn auf irgendwelche Tatsachen hingewiesen wird, die dem Menschen ferner liegen, weil er heute mit seinen Wissenschaften eben gar nicht darauf kommt, oftmals gesagt wird: Das wird be­hauptet, aber nicht bewiesen. - Es handelt sich allerdings darum, daß man einfach bei der wissenschaftlichen Betätigung heute eben in die Notwendigkeit versetzt wird, manches zunächst rein aus der Anschauung heraus zu sagen, was man dann zu verifizieren hat, in­dem man immer mehr und mehr Tatsachen heranträgt, die die Veri­fizierung leisten. Daß man also nicht voraussetzen kann, daß, sagen

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wir, gleich im Beginne irgendeiner Betrachtung alles so erscheint, daß nicht irgendeiner einhaken könnte und sagen könnte: Es ist nichts bewiesen. Es wird schon im Laufe der Zeit bewiesen, verifi­ziert werden, aber es muß manches zunächst aus der Anschauung heraus einfach dargestellt werden, damit der betreffende Begriff, die betreffende Idee geschaffen ist. Und so bitte ich Sie, diese Vor-träge als ein Ganzes zu fassen, also für manches, was in den ersten Stunden so erscheinen wird, als ob es zunächst nur hingestellt wäre, die deutlichen Belege dann in den letzten Stunden zu suchen. Da wird sich dann eben manches verifizieren, was ich zunächst so behandeln werde, daß überhaupt einmal Ideen und Begriffe vor­handen sind.

Sehen Sie, dasjenige, was wir heute Astronomie nennen, ein­schließlich des Gebietes der Astrophysik, das ist ja im Grunde ge­nommen eine Schöpfung der neueren Zeit erst. Vor der Zeit des Kopernikus, des Galilei hat man über astronomische Dinge wesent­lich anders gedacht, als man heute denkt. Es ist heute sogar schon außerordentlich schwierig, auf die besondere Art hinzuweisen, wie man astronomisch, ich will sagen, noch im 13., 14. Jahrhundert gedacht hat, weil das dem Menschen von heute ganz und gar fremd geworden ist. Wir leben nur mehr in den Vorstellungen - das ist ja von einer gewissen Seite her sehr berechtigt -, welche seit der Gali­lei-, Kepler-, Kopernikus-Zeit her geschaffen worden sind, und das sind Vorstellungen, welche im Grunde die weiten Erscheinungen des Weltenraumes, insofern sie für Astronomie in Betracht kom­men, in einer mathematisch-mechanischen Weise behandeln. Man denkt über diese Erscheinungen mathematisch-mechanisch. Man legt dasjenige zugrunde bei der Betrachtung dieser Erscheinungen, was man aus einer abstrakten Wissenschaft der Mathematik oder einer abstrakten Wissenschaft der Mechanik gewinnt. Man rechnet mit Entfernungen, mit Bewegungen und mit Kräften, aber die qua­litative Art der Betrachtung, welche eben noch im 13., 14. Jahr­hundert durchaus vorhanden war, so daß man unterschied Indivi­dualitäten in den Sternen, daß man unterschied eine Individualität des Jupiter, eine Individualität des Saturn, die ist der heutigen

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Menschheit ganz abhanden gekommen. Ich will jetzt mich nicht kri­tisch ergehen über diese Dinge, sondern ich will nur darauf hin­weisen, daß die mechanische und mathematische Behandlurigsweise die ausschließliche geworden ist für dasjenige, was wir das astrono­mische Gebiet nennen. Auch wenn wir, ohne daß wir Mathematik oder Mechanik verstehen, uns in populärer Weise heute Kenntnisse verschaffen über den Sternenhimmel, so geschieht es trotzdem, wenn es auch in laienhafter Weise geschieht, nach rein räumlich-zeitlichen Begriffen, also nach mathematisch-mechanischen Vorstel­lungen. Und es besteht bei unseren Zeitgenossen, die über diese Dinge glauben maßgebend urteilen zu können, gar kein Zweifel darüber, daß man nur so den Sternenhimmel betrachten könne, daß alles andere etwas Dilettantisches sei.

Wenn man sich nun frägt, wie es denn eigentlich gekommen ist, daß diese Betrachtung des Sternenhimmels heraufgezogen ist in unsere Zivilisationsentwickelung, dann wird man bei denjenigen, die die heutige wissenschaftliche Denkweise als etwas Absolutes be­trachten, eine andere Antwort bekommen müssen, als wir sie geben können. Derjenige, der die wissenschaftliche Entwickelung, wie sie heute üblich ist, als etwas absolut Gültiges betrachtet, wird sagen: Nun ja, bei der früheren Menschheit lagen eben noch nicht streng wissenschaftlich ausgebildete Vorstellungen vor; zu denen hat man sich erst durchgerungen. Und das, wozu man sich durchgerun-gen hat, die mathematisch - mechanische Betrachtungsweise der Himmelserscheinungen, das entspricht eben der Objektivität, das ist in der Wirklichkeit begründet. - Mit andern Worten wird man sagen:

Die früheren Leute haben etwas Subjektives in die Welterscheinun­gen hereingebracht; die neuere Menschheit hat sich durchgearbeitet zur streng wissenschaftlichen Erfassung desjenigen, was nun der Wirklichkeit eigentlich entspricht.

Diese Antwort können wir nicht geben, sondern wir müssen uns auf den Gesichtspunkt der Entwickelung der Menschheit stellen, die im Laufe ihres Daseins verschiedene innere Kräfte ins Bewußtsein hereingebracht hat. Wir müssen uns sagen: Für diejenige Art, die Himmelserscheinungen anzuschauen, wie sie bestanden hat bei den

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alten Babyloniern, den Ägyptern, vielleicht auch bei den Indern, für diese war maßgebend eine bestimmte Art der Entwickelung der menschlichen Seelenkräfte. - Diese Seelenkräfte der Menschheit mußten dazumal entwickelt werden mit derselben inneren Notwen­digkeit, mit der ein Krnd zwischen dem zehnten und fünfzehnten Jahr gewisse Seelenkräfte entwickeln muß, während es in einer anderen Zeit andere Seelenkräfte entwickelt. Entsprechend kommt die Menschheit in anderen Zeiten zu anderen Forschungen. - Dann ist gekommen das ptolemäische Weltsystem. Es ging wiederum aus anderen Seelenkräften hervor. Dann unser kopernikanisches Welt­system. Es ging wiederum aus anderen Seelenkräften hervor. Die entwickelten sich nicht deshalb, weil wir gerade jetzt als Menschheit glücklich so geworden sind, daß wir uns nun zur Objektivität durch­gerungen haben, während die anderen vorher alle Kinder waren, sondern weil die Menschheit seit der Mitte des 15. Jahrhunderts die Entwickelung gerade der mathematisch-mechanischen Fähigkeiten braucht, die früher nicht da waren. Die Menschheit braucht für sich das Hervorholen dieser mathematisch-mechanischen Fähigkeiten, und daher sieht die Menschheit heute die Himmelserscheinungen in dem Bilde der mathematisch-mechanischen Fähigkeiten an. Und sie wird sie einmal wieder anders anschauen, wenn sie zu ihrer eigenen Entwickelung, zu ihrem eigenen Heil und Besten andere Kräfte aus den Tiefen der Seele hervorgeholt haben wird. Es hängt also von der Menschheit ab, welche Gestalt die Weltanschauung annimmt, und es kommt nicht darauf an, daß man mit Hochmut zurückschauen kann auf frühere Zeiten, wo die Menschen kindlich waren, um auf die jetzige Zeit zu schauen, wo man sich endlich zur Objektivität, die nun für alle Zukunft bleiben könne, durchgerungen hat.

Dasjenige, was ein besonderes Bedürfnis der neueren Mensch­heit geworden ist und was dann abgefärbt hat auch auf das wissen­schaftliche Bedürfnis, das ist, daß man zwar darnach strebt, auf der einen Seite möglichst leicht überschaubare Vorstellungen zu haben - das sind die mathematischen -, auf der anderen Seite strebt man aber darnach, Vorstellungen zu bekommen, bei denen man möglichst stark sich einem inneren Zwang hingeben kann. Der

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moderne Mensch wird sogleich unsicher und nervös, wenn er nicht einen so starken inneren Zwang vorliegend hat, wie bei dem Urteil, das dem pythagoreischen Lehrsatz zugrunde liegt, sondern wenn er verspürt: Er muß selber entscheiden, es entscheidet für ihn nicht die aufgezeichnete Figur, sondern er muß selber entscheiden, muß Akti­vität der Seele entwickeln. Da wird er sogleich unsicher und nervös. Da geht er nicht mit, der moderne Mensch. Da sagt er, das ist nicht exakte Wissenschaft, da kommt Subjektivität hinein. Der moderne Mensch ist eigentlich furchtbar passiv. Er möchte, daß er überall am Gängelband ganz objektiver Verkettungen der Urteilsteile geführt würde. Diesem genügt die Mathematik, wenigstens in den meisten Teilen, und wo sie nicht genügt, wo der Mensch in der neueren Zeit eingegriffen hat mit seinem Urteil - ja, da ist es auch danach! Da glaubt er zwar noch exakt zu sein, aber er gerät in die unglaublich­sten Vorstellungen hinein. Also, in der Mathematik und Mechanik, da glaubt sich der Mensch am Gängelband der sich selbst verbinden­den Begriffe fortgezogen. Da ist er so, daß er Boden unter den Fü­ßen fühlt. Und in dem Augenblick, wo er da heraustritt, will er nicht mehr mit. Diese Überschaubarkeit auf der einen Seite und die­ser innere Zwang auf der anderen Seite, das ist das, was die moderne Menschheit braucht zu ihrem Heil. Und aus dem heraus hat sie im Grunde genommen auch die moderne Wissenschaft der Astronomie in ihrer besonderen Gestalt gebildet als Weltbild. Ich sage jetzt nichts über die einzelnen Wahrheiten, sondern über das Ganze als Weltbild zunächst.

Nun ist das so in das Bewußtsein der Menschheit eingedrungen, daß man überhaupt dazu gekommen ist, alles andere mehr oder weniger als unwissenschaftlich zu betrachten, was nicht auf diese Art behandelt werden kann. Daraus ging dann hervor so etwas wie der Ausspruch Kants, der gesagt hat: In allen einzelnen Wissen­schaftsgebieten ist nur so viel wirkliche Wissenschaft darinnen, als Mathematik darin angetroffen werden kann. Also, man müßte ei­gentlich das Rechnen in alle Wissenschaften hineintragen oder die Geometrie hineintragen. Aber das scheitert ja daran, daß die ein­fachsten mathematischen Vorstellungen wiederum ferne liegen denjenigen

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Menschen, die zum Beispiel Medizin studieren. Mit denen läßt sich heute aus unserer wissenschaftlichen Gliederung heraus über einfache mathematische Vorstellungen gar nicht mehr reden. Und so kommt es, daß auf der einen Seite als Ideal hingestellt wor­den ist dasjenige, was man astronomische Erkenntnis nennt. Du Bois-Reymond hat das in seiner Rede über die Grenzen des Naturer­kennens formuliert, indem er sagte: Wir begreifen nur dasjenige in der Natur und befriedigen nur mit dem unser Kausalitätsbedürfnis, was uns astronomische Erkenntnis werden kann. - Also die Himmels-erscheinungen übersehen wir so, daß wir aufzeichnen die Himmels-tafel mit den Sternen, daß wir rechnen mit dem, was uns als Mate­rial gegeben ist. Wir können genau angeben: Da ist ein Stern, er übt eine Anziehungskraft auf andere Sterne aus. Wir beginnen zu rech­nen, wir haben die einzelnen Dinge, die wir in unsere Rechnung einhe ziehen, anschaulich vor uns. Das ist dasjenige, was wir in die Astronomie zunächst hineingetragen haben. Jetzt betrachten wir, sagen wir, das Molekül. Wir haben darin, in dem Molekül, wenn es kompliziert ist, allerlei Atome, die aufeinander Anziehungskraft ausüben, die umeinander sich bewegen. Wir haben ein kleines Weltenall. Und wir betrachten dieses Molekül nach dem Muster, wie wir sonst den Sternenhimmel betrachten. Wir nennen das

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Teile denken, so und so bewegt, ist das das Objektive für das Licht, für den Schall, für die Wärme und so weiter. Wir tragen astronomi­sche Erkenntnisse in alle Welterscheinungen hinein und befriedigen so unser Kausalitätsbedürfnis. Du Bois-Reymond hat es geradezu trocken ausgesprochen: Wo man das nicht kann, da gibt es über­haupt keine wissenschaftliche Erklärung.

Sehen Sie, dem, was da geltend gemacht wird, müßte eigentlich entsprechen, wenn man zum Beispiel zu einer rationellen Therapie kommen wollte, also einsehen wollte die Wirksamkeit eines Heilmit­tels, daß man in der Substanz dieses Heilmittels die Atome so verfol­gen können müßte, wie man sonst den Mond, die Sonne, die Plane­ten und die Fixsterne verfolgt. Es müßten das alles kleine Weltsyste­me werden können. Man müßte aus dem Errechnen heraus sagen können, wie irgendein Mittel wirkt. Das ist ja allerdings für manche ein Ideal sogar gewesen vor nicht zu ferner Zeit. Jetzt hat man solche Ideale ja aufgegeben. Aber es scheiterte nicht nur in bezug auf so entlegene Gebiete wie etwa die rationelle Therapie, sondern für viel näherliegende schon einfach daran, daß unsere Wissenschaften so gegliedert sind, wie es heute ist. Sehen Sie, der heutige Mediziner wird ja so gebildet, daß er außerordentlich wenig wirkliche Mathe­matik innehaben kann. Also man kann mit ihm vielleicht von der Notwendigkeit astronomischer Erkenntnisse reden, aber man kann nichts anfangen mit ihm, wenn man davon spricht, mathematische Vorstellungen in sein Gebiet einzugliedern. Daher müßte also das­jenige, was wir außer der Mathematik und Mechanik und Astrono­mie haben, im strengen Sinne des Wortes heute als unwissenschaft­lich bezeichnet werden. Das tut man natürlich nicht. Man bezeich­net auch diese anderen Wissenschaften als exakt, aber das ist ja wie­derum nur eine Inkonsequenz. Aber charakteristisch für die Gegen-wart ist es, daß man die Forderung, man solle alles nach dem Muster der Astronomie verstehen, überhaupt aufstellen konnte.

Wie schwer es ist, heute mit den Leuten wirklich durchgreifend über gewisse Dinge zu reden, möchte ich Ihnen durch ein Beispiel anschaulich machen. Sie wissen ja, es hat eine große Rolle gespielt in der modernen Biologie die Frage nach der Form der menschlichen

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Schädelknochen. Ich habe ja auch im Zusammenhang unserer anthroposophischen Vorträge über diese Sache vielfach gesprochen. Die Form der menschlichen Schädelknochen: Goethe, Oken haben großartige Vorausnahmen gemacht in bezug auf diese Sache. Dann hat klassische Untersuchungen darüber angestellt die Schule des Gegenbaur. Aber etwas, was ein tiefergehendes Erkenntnisbedürfnis nach dieser Richtung befriedigen könnte, liegt im Grunde heute nirgends vor. Man streitet sich herum, ob Goethe mehr oder weniger Recht hatte, indem er sagte, die Schädelknochen seien umgewan­delte Wirbelknochen, Knochen der Wirbelsäule, aber zu irgend­einer durchgreifenden Ansicht über diese Sache kann man ja heute aus einem ganz bestimmten Grunde heraus nicht kommen, weil man da, wo man über diese Dinge redet, kaum verstanden werden kann. Und wo man verstanden werden könnte, da redet man über diese Dinge nicht, weil sie nicht interessieren. Sehen Sie, es ist heute fast ein unmögliches Kollegium, das entstehen würde, wenn man ei­nen richtigen heutigen Mediziner, einen richtigen heutigen Mathe­matiker, das heißt einen solchen, der die höhere Mathematik be­herrscht, und einen Menschen zusammenbrächte, der beides ziem­lich gut verstünde. Diese drei Menschen könnten sich heute kaum verständigen. Derjenige, der da in der Mitte säße, der beides ein bißchen verstünde, der würde zur Not mit dem Mathematiker reden können, auch mit dem Mediziner. Aber der Mathematiker und der Mediziner würden sich über wichtige Probleme nicht verständigen können, weil, was der Mediziner dazu zu sagen hat, den Mathe­matiker nicht interessiert, und was der Mathematiker zu sagen hat -oder hätte, wenn es überhaupt zur Sprache käme -, das versteht der Mediziner nicht, weil er nicht die nötigen mathematischen Voraus­setzungen hat. Das wird gerade anschaulich bei dem Problem, das ich eben angeführt habe.

Man stellt sich heute eben vor: Wenn die Schädelknochen um-gewandelte Wirbelknochen sind, so muß man in gerader Richtung fortgehen können durch irgendeine räumlich vorstellbare Metamor­phose von dem Wirbelknochen zu dem Schädelknochen. Die Vor-stellung noch auszudehnen auf den Röhrenknochen, das gelingt aus

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den angegebenen Untergründen eben schon gar nicht. Der Mathe­matiker wird sich heute nach seinen mathematischen Studien eine Vorstellung machen können, was es eigentlich bedeutet, wenn ich einen Handschuh umdrehe, wenn ich die Innenseite nach außen drehe. Man muß sich eine gewisse mathematische Behandlung der Tatsache denken, daß man das, was früher nach außen gekehrt war, nach innen kehrt, und das, was früher innen war, nach außen. Ich will das schematisch so aufzeichnen (Fig. 1): irgendein Gebilde, das nach außen hin zunächst weiß sei und nach innen rot. Dieses Ge­bilde behandeln wir nach dem Muster des Handschuhumdrehens, so daß es also jetzt außen rot wird und innen weiß ausgekleidet ist (Fig. 2).

Aber jetzt gehen wir weiter. Stellen wir uns vor, daß das, was wir da haben, mit inneren Kräften ausgestattet ist, daß also das sich nicht so einfach umdrehen läßt wie ein Handschuh, der umgedreht auch wie ein Handschuh ausschaut, sondern nehmen wir an, daß das, was wir umdrehen, nach außen mit andern Kräftespannungen auftritt als nach innen. Dann werden wir erleben, daß durch die ein­fache Umdrehung eine ganz andere Form herauskommt. Dann wird das Gebilde eben so sein, bevor wir es umgedreht haben (Fig. 1). Drehen wir es um, so kommen andere Kräfte in Betracht beim Ro­ten, andere beim Weißen, und die Folge ist vielleicht, daß durch die bloße Umdrehung dieses Gebilde entsteht (Fig. 3, S. 26). Es ist die Möglichkeit, daß durch die bloße Umdrehung dieses Gebilde ent­steht. Als das Rote nach innen gestülpt war, konnte es nicht seine Kraft entwickeln. Jetzt kann es sie anders entwickeln, wenn es nach

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außen gestülpt wird. Und ebenso das Weiße. Es kann seine Kraft erst nach innen gestülpt entwickeln.

Es ist natürlich durchaus denkbar, daß man eine solche Sache einer mathematischen Behandlung unterwirft. Aber man ist heute ganz und gar abgeneigt, dasjenige, was man so in Begriffe bekom­men kann, auf die Wirklichkeit anzuwenden. Denn in dem Augen­blick, wo man lernt, dieses auf die Wirklichkeit anzuwenden, kommt man dazu, in unseren Röhrenknochen, also im Oberarm­knochen, im Ober- oder Unterschenkelknochen und Unterarmknochen ein Gebilde zu sehen, das umgedreht zum Schädelknochen wird! Es sei das hier nach innen bis zum Mark hin durch Rot charakterisiert, nach außen durch das Weiße (Fig. 4). Es wendet nach innen die­jenige Struktur, diejenigen Kräfteverhältnisse, die wir untersuchen können; nach außen das, was wir sehen, wenn wir den Muskel ab­ziehen vom Röhrenknochen. Denken Sie diesen Röhrenknochen aber nach demselben Prinzip, das ich Ihnen angegeben habe, umge­dreht und seine anderen Spannungsverhältnisse geltend gemacht,

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dann können Sie ganz gut das bekommen (Fig. 5). Jetzt hat er inner­lich dieses (weiß) und nach außen macht sich dasjenige, was ich durch Rot kennzeichnete, so geltend. So ist in der Tat das Verhältnis eines Schädelknochens zu einem Röhrenknochen. Und in der Mitte drinnen steht der eigentliche Rückenknochen oder Wirbelknochen der Rückenmarksäule. Sie müssen einen Röhrenknochen umdrehen wie einen Handschuh nach seinen in ihm wirkenden Kräften, dann bekommen Sie den Schädelknochen heraus. Die Umwandlung des Schädelknochens aus dem Röhrenknochen ist nur zu verstehen, wenn Sie sich diese Umdrehung denken. Und Sie bekommen die ganze Bedeutung davon, wenn Sie sich vorstellen, daß das, was der Röhrenknochen nach außen wendet, beim Schädelknochen nach in­nen gewendet ist, daß der Schädelknochen einer Welt sich zu­wendet, die im Inneren des Schädels liegt. Da ist eine Welt. Dahin ist der Schädelknochen orientiert, so wie der Röhrenknochen nach außen orientiert ist, nach der äußeren Welt. Beim Knochensystem kann man es besonders leicht anschaulich machen. Aber so ist der ganze menschliche Organismus orientiert, daß er zunächst eine Schädelorganisation und auf der anderen Seite eine Gliedmaßen-Organisation hat so, daß die Schädelorganisation nach innen, die Gliedmaßenorganisation nach außen orientiert ist. Der Schädel faßt eine Welt nach innen, der Gliedmaßenmensch faßt eine Welt nach außen, und zwischen beiden ist wie eine Art von Ausgleichsystem dasjenige, was dem Rhythmus dient.

Nehmen Sie heute irgendeine Schrift in die Hand, die von der Funktionentheorie handelt oder von der nichteuklidischen Geo­metrie, und sehen Sie sich an, was da für eine Summe von allerlei Erwägungen aufgewendet wird, um über die gewöhnliche geometri­sche Vorstellungsweise im dreigliederigen Raum hinauszukommen , um das, was euklidische Geometrie ist, zu erweitern, so werden Sie sehen, daß da ein großer Fleiß und großer Scharfsinn aufgewendet wird. Aber nun, sagen wir, sind Sie ein großer mathematischer Knopf geworden, der gut die Funktionentheorie kennt, der auch alles versteht, was heute über nichteuklidische Geometrie verstan­den werden kann. Nun möchte ich aber die Frage aufwerfen - ver­zeihen Sie, es sieht etwas geringschätzig aus, wenn man in diese Tri­vialität hinein die Sache kleidet, aber ich möchte es doch tun gegen­über vielem, was nach dieser Richtung hintendiert, und ich bitte die

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Anwesenden , besonders geschulte Mathematiker , sich die Sache zu überlegen, ob es nicht so ist -, ich kann die Frage aufwerfen: Was kaufe ich mir für all dasjenige, was da rein mathematisch auser­sonnen worden ist? Es interessiert einen gar nicht das Gebiet, wo es vielleicht eine reale Anwendung findet. Wenn man alles das, was man da ausersonnen hat über nichteuklidische Geometrie , auf den Bau des menschlichen Organismus anwenden würde , dann würde man in der Wirklichkeit stehen und ungeheuer Bedeutsames auf die Wirklichkeit anwenden und nicht in wirklichkeitslosen Spekulatio­nen sich ergehen. Wenn der Mathematiker entsprechend vorbereitet würde , damit ihn auch die Wirklichkeit interessierte , damit ihn interessierte, wie zum Beispiel das Herz ausschaut, so daß er eine Vorstellung darüber gewinnen kann, wie er durch mathematische Operationen den Herzorganismus umdrehen kann und wie dadurch die ganze menschliche Gestalt entstehen würde; wenn er eine Anlei­tung darüber bekäme, so zu mathematisieren, dann würde dieses Mathematisieren in der Wirklichkeit drinnenstehen. Dann würde das nicht mehr möglich sein, daß man auf der einen Seite den geschulten Mathematiker sitzen hat, den die anderen Dinge nicht interessieren, die der Mediziner lernt, und auf der anderen Seite den Mediziner, der nichts versteht davon, wie der Mathematiker Formen umwandelt, metainorphosiert, aber im rein abstrakten Elemente.

Das ist dasjenige, über das wir hinauskommen müssen. Wenn wir nicht über dieses hinauskommen , so versumpfen unsere Wissen­schaften. Sie gliedern sich immer mehr und mehr. Die Leute ver­stehen einander nicht mehr. Wie soll man denn die Wissenschaft überführen in sozialwissenschaftliche Betrachtungen , wie alles das , was ich Ihnen zeigen werde in diesen Vorträgen , fordert? Aber sie ist nicht da, diese Wissenschaft, die übergeführt werden könnte in eine Sozialwissenschaft.

Nun, wir haben also auf der einen Seite die Astronomie, die immer mehr und mehr zu der mathematischen Vorstellungsweise hintendiert, und die in ihrer jetzigen Gestalt dadurch groß geworden ist, daß sie eben rein mathematisch-mechanische Wissenschaft ist. Wir haben aber auch einen anderen Pol zu dieser Astronomie , der

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ohne diese Astronomie seiner Wirklichkeit gemäß überhaupt nicht studiert werden kann unter den heutigen wissenschaftlichen Ver­hältnissen. Aber es ist gar nicht möglich , eine Brücke zu bauen zwischen der Astronomie und diesem anderen Pol unserer Wissen­schaften. Dieser andere Pol ist nämlich die Embryologie. Und nur derjenige studiert die Wirklichkeit, der auf der einen Seite den Sternenhimmel studiert und auf der anderen Seite die Entwickelung namentlich des menschlichen Embryos studiert. Aber wie studiert man nun in der heute üblichen Weise den menschlichen Embryo? Nun, man sagt: Der menschliche Embryo entsteht durch das Zusam­menwirken von zwei Zellen, den Geschlechtszellen, der männlichen und der weiblichen Zelle. Diese Zellen entwickeln sich in dem übrigen Organismus so, daß sie bis zu ihrer Zusammenwirkens -möglichkeit eine gewisse Selbständigkeit erreichen , daß sie dann einen gewissen Gegensatz darstellen, daß die eine Zelle in der an­deren Zelle andere Entwickelungsmöglichkeiten hervorruft , als sie vorher hat. Es bezieht sich das auf die weibliche Keimzelle. Davon ausgehend studiert man die Zellenlehre überhaupt. Man frägt sich:

Was ist eine Zelle? - Sie wissen ja, ungefähr seit dem ersten Drittel des 19.Jahrhunderts baut man die Biologie eigentlich auf die Zellen-lehre auf. Man sagt sich: Eine solche Zelle besteht aus einem mehr oder weniger großen oder kleinen Kügelchen von Substanz , die aus Eiweißverbindungen besteht. Sie hat in sich einen Kern , der etwas andere Struktur aufweist, und um sich herum eine Membran, die zum Abschließen notwendig ist. Sie ist so der Baustein alles des­jenigen, was als organisches Wesen entsteht. Solche Zellen sind ja auch die Geschlechtszellen, nur in verschiedener Weise gestaltet als weibliche und männliche Zellen. Und aus solchen Zellen baut sich ein jeder komplizierter Organismus auf.

Ja nun, was meint man eigentlich , wenn man sagt: Aus solchen Zellen baut sich ein Organismus auf? Man meint: Das, was man sonst an Substanzen in der übrigen Natur hat, wird in diese Zellen aufgenommen und es wirkt nun nicht mehr unmittelbar wie sonst in der Natur. Wenn in diesen Zellen zum Beispiel Sauerstoff, Stick­stoff oder Kohlenstoff enthalten ist , so wirkt dieser Kohlenstoff auf

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irgendeine andere Substanz außerhalb nicht so wie sonst , sondern es ist diese unmittelbare Wirkung ihm entzogen. Er ist aufgenom­men in den Organismus der Zelle und kann nur so wirken, wie er eben in der Zelle wirken kann, er wirkt nicht unmittelbar, sondern die Zelle wirkt und sie bedient sich seiner besonderen Eigenschaften , indem sie ihn in einer gewissen Menge in sich eingegliedert hat. Was wir zum Beispiel im Menschen haben als Metall, als Eisen, das wirkt erst auf dem Umweg durch die Zelle. Die Zelle ist der Baustein. Nun geht man also zurück, indem man den Organismus studiert, auf die Zelle. Und wenn man zunächst nur die sogenannte Haupt-masse der Zelle betrachtet , außer dem Kern , außer der Membran , so kann man in ihr zwei voneinander zu unterscheidende Teile nach­weisen. Man hat einen dünnflüssigen , durchsichtigen Teil , und man hat einen Teil , welcher eine Art Gerüst bildet. So daß man schema­tisch gezeichnet eine Zelle etwa so darstellen kann , daß man sagt , man habe das Zellengerüst und dann dieses Zellengerüst gewisser­maßen eingebettet in derjenigen Substanz , die nicht in dieser Weise geformt ist wie das Zellengerüst selbst (Fig. 6).

Also, die Zelle würde man sich aufgebaut zu denken haben aus einer dünnflüssig blei­benden Masse, die nicht in sich Form annimmt, und aus ihrem Ge­rüste , das in sich Form annimmt , das in der verschiedensten Weise gestaltet ist. Das studiert man nun. Man bekommt es mehr oder weniger fertig, so die Zelle studieren zu können: Gewisse Teile in ihr sind färbbar, andere sind nicht färbbar. Dadurch bekommt man

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durch Karmin oder Safranin oder so etwas, was man anwendet, um die Zellen zu färben, eine überschaubare Gestalt der Zelle, so daß man also sich gewisse Vorstellungen bilden kann auch über das innere Gefüge der Zelle. Und man studiert das. Man studiert , wie sich dieses innere Gefüge ändert , während die weibliche Keimzelle zum Beispiel befruchtet wird. Man verfolgt die einzelnen Stadien, wie die Zelle sich in ihrer inneren Struktur ändert , wie sie sich dann teilt, wie sich der Teil, Zelle an Zelle, angliedert und aus der Zu­sammenfügung eine kompliziert aufgebaute Gestalt entsteht. Das studiert man. Aber es fällt einem nicht ein, sich zu fragen: Ja, wo­mit hängt denn eigentlich dieses ganze Leben in der Zelle zusam­men? Was liegt denn da eigentlich vor? - Es fällt einem nicht ein, das zu fragen.

Was da vorliegt in der Zelle, das ist ja zunächst mehr abstrakt so zu fassen: Ich habe die Zelle. Nehmen wir sie zunächst in ihrer am häufigsten vorkommenden Form, in der kugeligen Form. Diese kugelige Form wird ja mitbedingt von der dünnflüssigen Substanz. Diese kugelige Form hat in sich eingeschlossen die Gerüstform. Und die kugelige Form , was ist sie? Die dünnflüssige Masse ist noch ganz sich selbst überlassen, sie folgt also denjenigen Impulsen, die um sie herum sind. Was tut sie? Ja - sie bildet das Weltenall nach! Sie hat deshalb ihre kugelige Form, weil sie den ganzen Kosmos, den wir uns auch zunächst ideell als eine Kugelform, als eine Sphäre vor­stellen, weil sie den ganzen Kosmos in Kleinheit nachbildet. Jede Zelle in ihrer Kugelform ist nichts anderes als eine Nachbildung der Form des ganzen Kosmos. Und das Gerüst darin, jede Linie, die da im Gerüst gezogen ist, ist abhängig von den Strukturverhältnissen des ganzen Kosmos. - Wenn ich mich jetzt zunächst abstrakt aus­drücken soll: Nehmen Sie an, Sie haben die Weltensphäre, ideell begrenzt (Fig. 7). Darin meinetwillen haben Sie hier einen Planeten und hier einen Planeten (a, a1). Die wirken so, daß die Impulse, mit denen sie aufeinander wirken, in dieser Linie liegen. Hier (m) bildet sich , natürlich schematisch gezeichnet , eine Zelle , sagen wir. Ihre Umgrenzung bildet die Sphäre nach. Hier innerhalb ihres Ge­rüstes (Fig. 8) hat sie ein Festes, welches von der Wirkung dieses

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Planeten (a) auf diesen (a1) abhängt. Nehmen Sie an , hier wäre eine andere Planetenkonstellation, die so aufeinander wirkt (b, b1).

Hier wäre wiederum ein anderer Planet (c), der keinen Gegensatz hat. Der verrenkt diese ganze Sache, die sonst vielleicht rechtwin­kelig stünde. Es entsteht die Bildung etwas anders. Sie haben in der Gerüststruktur eine Nachbildung der ganzen Verhältnisse im Pla­netensystem, überhaupt im Sternensystem. Sie können konkret hinein­gehen in den Aufbau der Zelle, und Sie bekommen eine Erklämng für diese konkrete Gestalt nur, wenn Sie in der Zelle sehen ein Ab­bild des ganzen Kosmos.

Und nun nehmen Sie die weibliche Eizelle und stellen sich vor , diese weibliche Eizelle hat die kosmischen Kräfte zu einem gewissen inneren Gleichgewicht gebracht. Diese Kräfte haben Gerüstform an­genommen und sind in der Gerüstform in einer gewissen Weise zur Ruhe gekommen, gestützt durch den weiblichen Organismus. Nun geschieht die Einwirkung der männlichen Geschlechtszelle. Die hat nicht den Makrokosmos in sich zur Ruhe gebracht , sondern sie wirkt im Sinne irgendwelcher Spezialkraft. Sagen wir, es wirkt die männliche Geschlechtszelle im Sinne gerade dieser Kraftlinie auf die

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weibliche Eizelle, die zur Ruhe gekommen ist, ein. Dann geschieht durch diese Spezialwirkung eine Unterbrechung der Ruheverhält­nisse. Es wird gewissermaßen die Zelle , die ein Abbild ist des ganzen Makrokosmos, dazu veranlaßt, ihre ganze mikrokosmische Gestalt wiederum hineinzustellen in das Wechselspiel der Kräfte. In der weiblichen Eizelle ist zunächst in ruhiger Abbildung der ganze Ma­krokosmos zur Ruhe gekommen. Durch die männliche Geschlechts. zelle wird die weibliche herausgerissen aus dieser Ruhe , wird wieder­um in ein Spezialwirkungsgebiet hineingezogen, wird wiederum zur Bewegung gebracht, wird wiederum herausgezogen aus der Ruhe. Sie hat sich zur Nachbildung des Kosmos in die ruhige Form zusam­mengezogen, aber diese Nachbildung wird hineingezogen in die Bewegung durch die männlichen Kräfte, die Bewegungsnachbil­dungen sind. Es werden die weiblichen Kräfte, die Nachbildungen der Gestalt des Kosmos und zur Ruhe gekommen sind, aus der Ruhe, aus der Gleichgewichtslage gebracht.

Da bekommen Sie Anschauungen über die Form und Gestaltung des Kleinsten , des Zellenhaften , von der Astronomie aus. Und Sie können gar nicht Embryologie studieren , ohne daß Sie Astronomie studieren. Denn das, was Ihnen die Embryologie zeigt, ist nur der andere Pol desjenigen, was Ihnen die Astronomie zeigt. Wir müssen gewissermaßen auf der einen Seite den Sternenhimmel verfolgen, wie er aufeinanderfolgende Stadien zeigt , und wir müssen nachher verfolgen , wie eine befruchtete Keimzelle sich entwickelt - Beides ge­hört zusammen, denn das eine ist nur das Abbild des anderen. Wenn Sie nichts von Astronomie verstehen , werden Sie niemals die Kräfte verstehen , die im Embryo wirken. Und wenn Sie nichts von Embryologie verstehen, so werden Sie niemals den Sinn verstehen von den Wirkungen, die dem Astronomischen zugrunde liegen. Denn diese Wirkungen zeigen sich im Kleinen in den Vorgängen der Embryologie.

Es ist denkbar, daß man aufbaut eine Wissenschaft, daß man rechnet auf der einen Seite , daß man die astronomischen Vorgänge beschreibt, und auf der anderen Seite alles das beschreibt, was zu ihnen gehört in der Embryologie, denn es ist ja nur die andere Seite.

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Nun schauen Sie sich den heutigen Zustand an in den Wissen­schaften. Da finden Sie: Die Embryologie wird als Embryologie stu­diert. Es würde als Wahnsinn aufgefaßt, wenn Sie einem heutigen Embryologen zumuten würden, er müsse Astronomie studieren, um die Erscheinungen seines Gebietes zu verstehen - Und doch ist es so - Das ist das, was notwendig macht eine vollständige Umgruppierung der Wissenschaften. Man wird kein Embryologe werden können , wenn man nicht Astronomie studiert hat. Man wird nicht Menschen ausbilden können , die bloß ihre Augen und ihre Teleskope auf die Sterne richten. Denn so die Sterne zu studieren, hat ja keinen wei­teren Sinn, wenn man nicht weiß, daß aus der großen Welt nun wirk­lich die kleinste Welt hervorgebildet wird.

Aber das alles, was ganz konkret ist, hat sich ja in der Wissen­schaft in äußerste Abstraktionen verwandelt. Denken Sie , es gibt eine Wirklichkeit, wo man sagen kann: Man muß nach astronomi­scher Erkenntnis streben in der Zellenlehre , besonders in der Embry­ologie. Würde also Du Bois-Reymond gesagt haben: Man muß wirk­lich konkret Astronomie wiederum so für die Zellenlehre anwenden , dann hätte er aus der Wirklichkeit geschöpft. Er hat aber etwas ver­langt, was keiner Wirklichkeit entspricht, was erdacht ist: Das Mole­kül; die Atome drinnen sollen astronomisch untersucht werden. Da soll das astronomische Mathematisieren, das hinzugefügt wurde zur Sternenwelt , wieder gesucht werden. Also , Sie sehen , auf der einen Seite liegt die Wirklichkeit: Die Bewegung, die Kraftwirkung der Sterne und die embryologische Entwickelung, worin nichts anderes lebt, als was in der Sternenwelt lebt. Da liegt die Wirklichkeit. Da müßte man sie suchen; auf der anderen Seite liegt die Abstraktion - Da rechnet der Mathematiker und Mechaniker die Bewegungen und Kraftwirkungen der Himmelskörper aus und erfindet die molekulare Struktur, auf die er seine astronomischen Erkenntnisse anwendet. Da hat er sich entfernt vom Leben, da lebt er in reinen Abstrak­tionen drinnen.

Das ist dasjenige, was wir doch so betrachten sollen, daß wir uns ein bißchen erinnern , wie wir mit voller Bewußtheit wiederum dazu kommen müssen, etwas zu erneuern, was ja in früheren Zeiten tatsächlich

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in einem gewissen Sinne vorhanden war. Gehen wir zurück zu den ägyptischen Mysterien, so finden wir da in den ägyptischen Mysterien astronomische Beobachtungen, so wie man sie damals ge­macht hat. Aber aus diesen Beobachtungen hat man nicht nur be­rechnet , wann wiederum eine Sonnenfinsternis und eine Mond­finsternis sein wird , sondern was in der sozialen Entwickelung zu ge­schehen hat - Man hat sich nach dem , was man am Himmel gesehen hat, gerichtet in dem, was man den Leuten sagte, was sie tun müßten , was in der sozialen Entwickelung eingetreten ist. Man hat also Soziologie und Astronomie als eines behandelt. Wir müssen auch wiederum lernen, wenn auch jetzt in anderer Weise als die Ägypter, wir müssen lernen dasjenige, was im sozialen Leben ge­schieht , anzuknüpfen an die Erscheinungen des großen Weltenalls. Wir verstehen ja nicht, was sich in der Mitte des 15. Jahrhunderts vollzogen hat, wenn wir nicht anknüpfen können an die Erscheinun­gen des Weltenalls, an dasjenige, was dazumal erschienen ist. Es re­det einer wie ein Blinder von der Farbe, wenn er von den Umwand­lungen in der zivilisierten Welt in der Mitte des 15.Jahrhunderts spricht und dieses nicht berücksichtigt. Geisteswissenschaft ist davon schon ein Ansatz. Aber wir können nicht dazu kommen, dieses komplizierte Gebiet der Soziologie, der Sozialwissenschaft mit dem Gebiet der Naturbetrachtung zusammenzubringen, wenn wir es nicht auf dem Umwege tun, daß wir zuerst Astronomie mit Embryo­Iogie zusammenbringen , die embryologischen Tatsachen anknüpfen an die astronomischen Erscheinungen.

Das ist das, was ich heute als Einleitung geben wollte und was morgen fortgesetzt werden soll.

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ZWEITER VORTRAG Stuttgart, 2. Januar 1921

Ich habe gestern zwei nach unseren gegenwärtigen Anschauungen zunächst scheinbar weit auseinanderliegende Wissenschaftszweige in einer Art von Verbindung gezeigt. Ich versuchte nämlich zu zeigen, daß die Wissenschaft der Astronomie uns gewisse Erkenntnisse ge­ben soll , welche verwertet werden müssen in einem ganz anderen Wissenschaftszweige, von dem man heute eine solche Betrachtung, die sich auf astronomische Tatsachen bezieht , gänzlich ausschließt; daß, mit anderen Worten, die Astronomie verbunden werden muß mit der Embryologie; daß man die Erscheinungen der Entwickelung der Zelle , insbesondere der Geschlechtszelle , nicht verstehen kann , ohne zu Hilfe zu rufen die scheinbar von der Embryologie so ent­fernt liegenden Tatsachen der Astronomie.

Ich habe darauf hingewiesen , wie eine wirkliche Umgruppierung innerhalb unseres wissenschaftlichen Lebens wird eintreten müssen , weil man heute ja vor der Tatsache steht, daß einfach der Mensch, der einen gewissen Bildungsgang durchmacht , sich nur hineinfindet in die heutigen abgezirkelten Wissenschaftskategorien und dann nicht die Möglichkeit hat, dasjenige, was nur so behandelt wird in abgezirkelten Wissenschaftskategorien , anzuwenden auf Gebiete , die der Sache nach naheliegen , die er aber eigentlich nur nach Ge­sichtspunkten kennenlernt , nach denen sie nicht ihr volles Antlitz zeigen. Wenn es einfach, wie im Verlauf dieser Vorträge sich zeigen wird, wahr ist, daß wir die aufeinanderfolgenden Stadien der em­bryonalen Entwickelung des Menschen nur verstehen können, wenn wir ihr Gegenbild verstehen , die Erscheinungen des Himmels; wenn das wahr ist - und es wird sich eben zeigen, daß das wahr ist -, dann können wir nicht Embryologie treiben , ohne Astronomie zu treiben. Und wir können auf der anderen Seite nicht Astronomie treiben , ohne gewisse Ausblicke zu schaffen in die embryologi­schen Tatsachen. Wir studieren mit der Astronomie ja dann etwas, was eigentlich seine bedeutsamste Wirkung zeigt bei der Ent­wickelung

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des menschlichen Embryos. Und wie sollen wir uns denn über Sinn und Vernünftigkeit der astronomischen Tatsachen aufklären, wenn wir dasjenige, worin sie gerade diesen Sinn und diese Vernünftigkeit zeigen, in gar keinen Zusammenhang mit ihnen bringen?

Sie sehen, wieviel heute notwendig ist, um zu einer vernünf­tigen Weltanschauung zu kommen heraus aus dem Chaos , in dem wir gerade im wissenschaftlichen Leben drinnen stecken. Wenn man aber nur dasjenige nimmt, was heute gang und gäbe ist, so wird es einem außerordentlich schwer, zunächst auch nur in einem all­gemeinen Gedanken so etwas zu fassen, wie ich gestern charakteri­siert habe. Denn es hat eben die Zeitentwickelung mit sich gebracht, daß man die astronomischen Tatsachen nur mit Mathematik und Mechanik erfaßt und daß man die embryologischen Tatsachen in einer solchen Weise registriert, daß man bei ihnen gänzlich absieht von alledem, was mathematisch-mechanisch ist, oder höchstens, wenn man das Mathematisch-Mechanische in irgendeine Beziehung zu ihnen bringt, dies in einer ganz äußerlichen Weise tut, ohne dar­auf Rücksicht zu nehmen, wo der Ursprung desjenigen ist, was sich auch als Mathematisch-Mechanisches ausdrücken könnte in der em­bryologischen Entwickelung.

Nun braucht man nur auf ein Diktum hinzuweisen, das Goethe aus einer gewissen Empfindung, Erkenntnisempfindung möchte ich es nennen, heraus gesprochen hat, das aber im Grunde doch auf etwas außerordentlich Bedeutsames hinweist. Sie können darüber nachlesen in Goethes «Sprüchen in Prosa» und in dem Kommentare, den ich dazugefügt habe in der Ausgabe in der «Deutschen National-Litteratur», wo ich über diese Stelle ausführlich spreche. Goethe sagt da, daß man die Naturerscheinungen so abgesondert vom Men­schen betrachtet, daß man immer mehr und mehr bestrebt ist, die Naturerscheinungen nur so zu betrachten, daß man auf den Men­schen gar keine Rücksicht nimmt. Er glaubte dagegen, daß die Na­turerscheinungen ihre wahre Bedeutung erst dann zeigen, wenn man sie durchwegs im Zusammenhang mit dem Menschen, mit der ganzen menschlichen Organisation ins Auge faßt. Damit hat Goethe

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hingewiesen auf eine Forschungsart, die heute im Grunde genom­men verpönt ist. Man möchte heute zur Objektivität dadurch kom­men, daß man über die Natur ganz in Absonderung vom Menschen forscht. Nun zeigt sich ja das ganz besonders bei solchen Wissen­schaftszweigen, wie die Astronomie einer ist. Da nimmt man ja heute schon gar nicht mehr irgendwie Rücksicht auf den Menschen. Man ist im Gegenteil stolz darauf geworden, daß die scheinbar ob­jektiven Tatsachen das Resultat zutage gefördert haben, daß der Mensch nur solch ein Staubpunkt ist auf der zum Planeten zusam­mengeschmolzenen Erde , welche sich im Raume , zunächst um die Sonne, dann mit der Sonne oder sonst im Raume bewegt; daß man keine Rücksicht zu nehmen braucht auf diesen Staubpunkt, der da auf der Erde herumwandelt; daß man nur Rücksicht zu nehmen braucht auf das, was außermenschlich ist, wenn man vor allen Din­gen die großen Himmelserscheinungen ins Auge faßt. Nur frägt es sich, ob denn wirklich auf eine solche Weise reale Resultate zu ge­winnen sind.

Ich möchte noch einmal aufmerksam darauf machen , wie der Gang der Betrachtung gerade in diesen Vorträgen sein muß: Das­jenige , was Sie als Beweise empfinden werden , wird sich erst im Lau­fe der Vorträge ergeben. Es muß manches heute aus der Anschauung herausgeholt werden, um zunächst gewisse Begriffe zu bilden. Wir werden zunächst gewisse Begriffe bilden müssen , die wir erst haben müssen, und dann werden wir zum Verifizieren dieser Begriffe schreiten können.

Woher können wir denn überhaupt etwas Reales über die Him­melserscheinungen gewinnen? Diese Frage muß uns vor allen Din­gen beschäftigen. Können wir durch die bloße Mathematik, die wir anwenden auf die Himmelserscheinungen, über dieselben irgend etwas gewinnen? Der Gang der menschlichen Erkenntnisentwicke­lung kann schon enthüllen - wenn man nicht gerade auf dem Hoch­mutsstandpunkt steht , daß wir es heute «ganz herrlich weit ge­bracht» haben und alles übrige , was vorher gelegen hat , kindisch war - , wie die Gesichtspunkte sich verschieben können.

Sehen Sie , man kommt von gewissen Ausgangspunkten aus zu

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einer großen Verehrung desjenigen, was für die Himmelsbeobach­tung geleistet haben zum Beispiel die alten Chaldäer. Die alten Chaldäer haben außerordentlich genaue Beobachtungen über den Zusammenhang der menschlichen Zeitrechnung mit den Himmels-erscheinungen gehabt. Sie haben eine außerordentlich bedeutsame Kalenderwissenschaft gehabt - Und vieles , was heute uns wie eine selbstverständliche Handhabung der Wissenschaft erscheint , führt eigentlich in seinen Anfängen auf die Chaldäer zurück. Und den­noch waren die Chaldäer zufrieden damit , sich das mathematische Bild des Himmels so vorzustellen , daß die Erde eine Art von flacher Scheibe wäre, über die sich hinübergewölbt hat die halbe Hohl-kugel des Himmelsgewölbes , an der die Fixsterne angeheftet waren , gegenüber welcher sich die Planeten bewegt haben - zu den Plane­ten haben sie auch die Sonne gerechnet. Sie haben ihre Rechnungen angestellt , indem sie dieses Bild zugrunde gelegt haben , und sie haben in hohem Maße richtige Berechnungen gemacht trotz der Zugrundelegung dieses Bildes , das selbstverständlich die heutige Wissenschaft als einen Grundirrtum, als etwas Kindliches bezeich­nen kann.

Die Wissenschaft, oder besser gesagt die Wissenschaftsrichtung, ist dann fortgeschritten. Wir können auf eine Etappe hinweisen, in welcher man sich vorgestellt hat , daß die Erde zwar stillsteht , daß aber Venus und Merkur sich um die Sonne bewegen, daß also gewis­sermaßen die Sonne den Mittelpunkt abgibt für die Bewegung von Venus und Merkur, die anderen Planeten, Mars, Jupiter und Saturn, sich aber noch um die Erde bewegen, nicht um die Sonne, der Fix­sternhimmel wiederum sich um die Erde bewegt.

Wir finden dann, wie fortgeschritten wird dazu, daß man nun auch um die Sonne sich herumbewegen ließ den Mars, den Jupiter, den Saturn , daß man aber immer noch die Erde stille stehen ließ und nun die Sonne mit den sich um sie herumbewegenden Planeten um die Erde herum sich bewegen ließ und den Sternenhimmel da­zu. Im Grunde genommen war das noch die Ansicht des Tycho de Brahe, während sein Zeitgenosse Kopernikus dann die andere Auf­fassung geltend gemacht hat, daß die Sonne als stillstehend anzusehen

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wäre, die Erde zu den Planeten hinzuzurechnen sei und sich mit den Planeten um die Sonne herumbewege. Hart aneinander stoßen in der Zeit des Kopernikus eine Anschauung , die schon im alten Ägypten da war, von der stillstehenden Erde, von den um die Sonne sich bewegenden anderen Planeten , die noch Tycho de Brahe vertrat , und die Anschauung des Kopernikus , die radikal brach mit dem Annehmen des Koordinatenmittelpunktes im Mittelpunkt der Erde , die den Koordinatenmittelpunkt einfach in den Mittelpunkt der Sonne verlegte. Denn im Grunde genommen war das ganze Um-ändern des Kopernikus nichts anderes als dieses , daß der Koordina­tenmittelpunkt verlegt worden ist von dem Mittelpunkt der Erde in den Mittelpunkt der Sonne.

Welches war denn eigentlich die Frage des Kopernikus? - Die Frage des Kopernikus war: Wie kommt man dazu, diese kompliziert erscheinende Planetenbewegung - denn so erscheint sie von der Erde aus beobachtet - auf einfachere Linien zurückzuführen? Wenn man von der Erde aus die Planeten betrachtet, muß man allerlei Schlei­fenlinien ihren Bewegungen zugrunde legen , etwa solche Linien

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(Fig. 1). Wenn man also den Mittelpunkt der Erde als Koordinaten-mittelpunkt ansieht, hat man nötig, außerordentlich komplizierte Bewegungskurven den Planeten zugrunde zu legen. Kopernikus sagte sich etwa: Ich verlege einmal zunächst probeweise den Mittel­punkt des ganzen Koordinatensystems in den Mittelpunkt der Son­ne , dann reduzieren sich die komplizierten Planetenbewegungs­Kurven auf einfache Kreisbewegungen oder, wie später gesagt wor­den ist, auf Ellipsenbewegungen. Es war das Ganze nur ein Konstruieren

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eines Weltensystems mit dem Zwecke , die Planetenbahnen in möglichst einfachen Kurven darstellen zu können -

Nun, heute liegt ja eine sehr merkwürdige Tatsache vor. Dieses kopernikanische System , das läßt natürlich , wenn man es anwendet als rein mathematisches System , die Berechnungen , die man braucht, ebensogut auf die Wirklichkeit anwenden wie irgendein anderes früheres. Man kann mit dem alten chaldäischen , mit dem ägyptischen , mit dem tychonischen , mit dem kopernikanischen System Mond- und Sonnenfinsternisse berechnen. Man kann also die äußeren auf Mechanik, auf Mathematik beruhenden Vorgänge am Himmel voraussagen. Das eine System eignet sich dazu ebenso­gut wie das andere. Es kommt nur darauf an , daß man gewisser­maßen mit dem kopernikanischen System die einfachsten Vorstel­lungen verbinden kann. Nur liegt das Eigentümliche vor, daß ei­gentlich in der praktischen Astronomie nicht mit dem kopernikanischen System gerechnet wird. Kurioserweise wendet man, um die Dinge herauszubekommen, die man zum Beispiel in der Kalender-wissenschaft braucht, das tychonische System an! So daß man eigent­lich heute folgendes hat: Man rechnet nach dem tychonischen Sy­stem , richtig ist das kopernikanische System. Aber gerade daraus zeigt sich ja, wie wenig ganz Prinzipielles, wie wenig Wesenhaftes eigentlich bei diesen Darstellungen in rein mathematischen Linien und mit der Zugrundelegung mechanischer Kräfte in Betracht gezogen wird.

Nun liegt noch etwas anderes, sehr Merkwürdiges vor, das ich heute zunächst nur andeuten will, damit wir, möchte ich sagen, über das Ziel unserer Vorträge uns verständigen , über das ich schon in den nächsten Vorträgen sprechen will. Es liegt das Merkwürdige vor, daß nun Kopernikus aus seinen Erwägungen heraus drei Haupt-sätze seinem Weltensystem zugrunde legt. Der eine Hauptsatz ist der, daß sich die Erde in 24 Stunden um die eigene Nord-Süd-Achse dreht. Das zweite Prinzip, das Kopernikus seinem Himmelsbilde zugrunde legt, ist dieses, däß die Erde sich um die Sonne her­um bewegt , daß also eine Revolution der Erde um die Sonne vorhanden ist , daß dabei natürlich sich die Erde auch in einer

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gewissen Weise dreht. Diese Drehung geschieht aber nicht um die Nord-Süd-Achse der Erde, die immer nach dem Nordpol hinweist, sondern um die Ekliptikachse, die ja einen Winkel bil­det mit der eigentlichen Erdachse - So daß also gewissermaßen die Erde eine Drehung erfährt während eines vierundzwanzig­stündigen Tages um ihre Nord-Süd-Achse, und dann, indem sie ungefähr 365 solcher Drehungen im Jahre ausführt, kommt noch dazu eine andere Drehung, eine Jahresdrehung, wenn wir ab­sehen von der Bewegung um die Sonne. Nicht wahr , wenn sie sich immer so umdreht und sich noch einmal um die Sonne dreht, ist das so, wie sich der Mond um die Erde dreht , der dieselbe Fläche uns immer zuwendet. Das tut die Erde auch, indem sie sich um die Sonne dreht, aber nicht um dieselbe Achse, um die sie sich dreht, indem sie die tägliche Achsendrehung ausführt. Sie dreht sich also gewissermaßen in diesem Jahrestag , der zu den Tagen hinzukommt, die nur 24 Stunden lang sind, um eine andere Achse.

Das dritte Prinzip , das Kopernikus geltend macht , ist dieses , daß nun nicht nur eine solche Drehung zustande kommt der Erde um die Nord-Süd-Achse und eine zweite um die Ekliptikachse , sondern daß noch eine dritte Drehung stattfindet , welche sich darstellt als eine rückläufige Bewegung der Nord-Süd-Achse um die Ekliptik-achse selber. Dadurch wird in einem gewissen Sinne die Drehung um die Ekliptikachse wiederum aufgehoben. Dadurch weist die Erd­achse stets auf den Nordpol (den Polarstern) hin. Während sie sonst, indem sie um die Sonne herumgeht, eigentlich einen Kreis bezie­hungsweise eine Ellipse beschreiben müßte um den Ekliptikpol , weist sie durch ihre eigene Drehung, die im entgegengesetzten Sinne erfolgt - jedesmal, wenn die Erde ein Stück weiter rückt, dreht sich die Erdachse zurück - , immerfort auf den Nordpol hin. Koper­nikus hat dieses dritte Prinzip angenommen , daß das Hinweisen auf den Nordpol dadurch geschieht , daß die Erdachse selber durch eine Drehung in sich, eine Art Inklination, fortwährend die andere Dre­hung aufhebt. So daß diese eigentlich im Laufe des Jahres nichts be­deutet, indem sie fortwährend aufgehoben wird.

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In der neueren Astronomie, die auf Kopernikus aufgebaut hat, ist das Eigentümliche eingetreten , daß man die zwei ersten Haupt­sätze gelten läßt und den dritten ignoriert und sich über dieses Igno­rieren des dritten Satzes in einer Art , ich möchte sagen , mit leichter Hand hinwegsetzt, indem man sagt: Die Sterne sind so weit weg, daß eben die Erdachse , auch wenn sie immerfort parallel bleibt , nach demselben Punkte immer zeigt. - So daß man also sagt: Die Nord-Süd-Erdachse bleibt bei dieser Drehung um die Sonne immer zu sich parallel. - Das hat Kopernikus nicht angenommen, sondern er hat eine fortwährende Drehung der Erdachse angenommen. Man steht also nicht auf dem Standpunkte des kopernikanischen Systems , sondern man hat, weil es einem bequem war, die zwei ersten Haupt-sätze des Kopernikus genommen , den dritten weggelassen und sich in das Geflunker verloren, daß man das nicht anzunehmen brauche, daß die Erdachse sich bewegen müßte, um nach demselben Punkte zu zeigen, sondern der Punkt sei so weit weg, daß, wenn die Achse sich auch vorwärtsschiebt, sie doch auf denselben Punkt zeigt. Jeder wird einsehen, daß das einfach ein Geflunker ist. So daß wir also heute ein kopernikanisches System haben , das eigentlich ein ganz wichtiges Element wegläßt.

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Man stellt die Geschichte der modernen Astronomie-Entwicke­lung durchaus so dar, daß kein Mensch diese Tatsache bemerkt, daß man eine wichtige Sache wegläßt. Nur dadurch aber ist man über­haupt imstande , noch immer die Geschichte so schön zu zeichnen, daß man sagt: Hier die Sonne , die Erde geht herum in einer Ellipse , in deren einem Brennpunkt die Sonne steht (Fig. 2).

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Und nun ist man ja nicht mehr in der Lage gewesen, bei dem kopernikanischen Ausgangspunkt stehen zu bleiben, daß die Sonne stillstehe. Man gibt der Sonne eine Bewegung, aber man bleibt da­bei, daß die Sonne fortrückt mit der ganzen Ellipse, daß irgend etwas entsteht, immer neue Ellipsen (Fig. 3). Man fügt einfach, in­dem man genötigt ist, die Sonnenbewegung einzuführen, zu dem,

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was man schon hat, ein Neues hinzu, und man bekommt dann auch eben eine mathematische Beschreibung heraus, die ja allerdings bequem ist, bei der man aber nach den Wirklichkeits-Möglich­keiten , nach den Wirklichkeiten wenig frägt. Wir werden sehen , daß man nach dieser Methode nur nach der Stellung der Sterne , der scheinbaren Stellung der Sterne, bestimmen kann, wie die Erde sich bewegt, und daß es eine große Bedeutung hat, ob man eine Be­wegung, die man notwendig annehmen muß, nämlich die Inklina­tion der Erdachse, die fortwährend die jährliche Drehung aufhebt, annimmt oder nicht. Denn man bekommt ja doch resultierende Bewegungen heraus, indem man sie zusammensetzt aus den ein­zelnen Bewegungen. Läßt man eine weg, so ist es schon zusammen nicht mehr richtig. Daher ist die ganze Theorie in Frage gestellt, ob nun gesagt werden kann, daß die Erde sich in einer Ellipse um die Sonne dreht.

Sie sehen einfach aus dieser historischen Tatsache , daß heute in der scheinbar sichersten , weil mathematischsten Wissenschaft , in der Astronomie, brennende Fragen vorliegen, brennende Fragen, die sich einfach aus der Geschichte ergeben. Und daraus entsteht dann

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die Frage: ja, wodurch lebt man denn in einer solchen Unsicherheit gegenüber dem, was eigentlich astronomische Wissenschaft ist? Und da muß man weiter fragen, muß die Frage nach einer anderen Rich­tung lenken: Kommt man denn überhaupt durch eine bloß mathe­matische Betrachtung zu irgendeiner realen Sicherheit? Bedenken Sie doch nur, daß, indem man mathematisch betrachtet, man die Betrachtung heraushebt aus jeder äußeren Realität. Das Mathema­tische ist etwas, was aus unserem Innern aufsteigt. Man hebt sich heraus aus jeder äußeren Realität. Daher ist es schon von vorne­herein zu fassen, daß, wenn man nun mit einer Betrachtungsweise, die sich heraushebt aus jeder Realität, an die äußere Realität heran­tritt , man unter Umständen tatsächlich nur zu etwas Relativem kommen kann.

Ich will im voraus bloße Erwägungen hinstellen. Wir werden schon hinkommen zur Wirklichkeit. Es handelt sich darum , daß vielleicht das vorliegt, daß man, indem man bloß mathematisch be­trachtet und seine Betrachtung nicht genügend mit Wirklichkeit durchdringt, gar nicht genügend energisch Wirklichkeit in der Be­trachtung drinnen hat, um an die Erscheinungen der Außenwelt richtig herantreten zu können. Das fordert dann au{ eventuell doch näher die Himmelserscheinungen an den Menschen heranzuziehen und sie nicht nur ganz abgesondert vom Menschen zu betrachten. Es war ja nur ein Spezialfall dieses Heranziehens an den Menschen, wenn ich sagte: Man muß dasjenige, was draußen am gestirnten Himmel vor sich geht, in seinem Abdruck in den embryonalen Tat­sachen sehen - Aber betrachten wir die Sache zunächst etwas ober­flächlicher. Fragen wir, ob wir vielleicht einen anderen Weg als den­jenigen finden , der bloß auf das Mathematische losgeht in bezug auf die Himmelserscheinungen -

Da können wir in der Tat die Himmelserscheinungen in ihrem Zusammenhang mit dem irdischen Leben zunächst qualitativ an den Menschen etwas näher heranbringen - Wir wollen heute nicht ver­schmähen, scheinbar elementare Betrachtungen zugrunde zu legen, weil diese elementaren Betrachtungen gerade ausgeschlossen werden von demjenigen. was man heute der Astronomie zugrunde legt.

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Wollen wir einmal uns fragen: Wie nehmen sich denn die Dinge aus, die auch hineinspielen in das astronomische Betrachten, wenn wir das menschliche Leben auf der Erde ins Auge fassen? Da können wir in der Tat die äußeren Erscheinungen um den Menschen herum aus drei verschiedenen Gesichtspunkten heraus betrachten - Wir können sie betrachten von dem Gesichtspunkte, den ich nennen möchte den des solarischen Lebens, des Sonnenlebens, den des lunarischen Lebens und den des terrestrischen, des tellurischen Lebens.

Betrachten wir zunächst ganz populär, eben elementar, wie sich diese drei Gebiete um den Menschen und am Menschen abspielen. Da zeigt sich uns ganz klar, daß etwas auf der Erde in einer durch­greifenden Abhängigkeit ist vom Sonnenleben; vom Sonnenleben, innerhalb dessen wir dann auch jenen Teil suchen werden, der Be­wegung oder Ruhe und so weiter der Sonne ist. Wollen wir aber zu­nächst vom Quantitativen absehen und heute einmal auf das Quali­tative sehen , wollen wir einmal versuchen , uns klarzumachen , wie zum Beispiel die Vegetation irgendeines Erdengebietes von dem solarischen Leben abhängt. Da brauchen wir ja in bezug auf die Ve­getation nur dasjenige, was allbekannt ist, uns vor Augen zu rufen, den Unterschied der Vegetationsverhältnisse im Frühling, Sommer, Herbst und Winter, und wir werden sagen können: Wir sehen in der Vegetation selber eigentlich den Abdruck des solarischen Lebens. Die Erde öffnet sich auf einem bestimmten Gebiet demjenigen, was außer ihr am Himmelsraum ist, und dieses Öffnen zeigt sich uns in der Entfaltung des vegetativen Lebens. Verschließt sie sich wieder­um dem solarischen Leben, so tritt die Vegetation zurück.

Wir finden aber eine gewisse Wechselwirkung zwischen dem bloß Tellurischen und dem Solarischen. Fassen wir nur einmal ins Auge , welcher Unterschied besteht gerade innerhalb des solarischen Lebens , wenn das tellurische Leben ein anderes wird. Wir müssen elementare Tatsachen zusammentragen. Sie werden dann sehen , wie uns dies weiterführt. Nehmen wir einmal Ägypten und Peru als zwei Gebiete in der tropischen Zone, Ägypten als Tiefebene, Peru als Hochebene. Nun, vergleichen Sie die Vegetation. dann werden Sie

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sehen, wie das Tellurische, also einfach die Entfernung vom Mittel­punkt der Erde, hineinspielt in das solarische Leben. Sie brauchen also nur die Vegetation über die Erde hin zu verfolgen und die Erde nicht bloß als Mineralisches zu betrachten , sondern das Pflanzliche dazu zu rechnen zur Erde, so haben Sie im Bilde der Vegetation einen Anhaltspunkt, um über die Beziehungen des Irdischen zum Himmlischen Anschauungen zu bekommen. Ganz besonders be­kommen wir sie aber, wenn wir auf das Menschliche Rücksicht nehmen.

Da haben wir zunächst zwei Gegensätze auf der Erde: das Pola­rische jind das Tropische. Die Wirkung dieses Gegensatzes zeigt sich ja deutlich im menschlichen Leben. Nicht wahr, das polarische Le­ben bringt im Menschen einen gewissen geistig-apathischen Zustand hervor. Der schroffe Gegensatz , ein langer Winter und langer Som­mer, die fast Tag- und Nacht-Bedeutung haben, bringt im Menschen eine gewisse Apathie hervor, so daß man sagen kann, da lebt der Mensch in einem Weltmilieu drinnen, das ihn apathisch macht. In der tropischen Gegend lebt der Mensch auch in einem Weltmilieu drinnen, das ihn apathisch macht. Aber der Apathie der polarischen Gegenden liegt eine äußere spärliche Vegetation zugrunde, die auf eigentümliche Weise auch da, wo sie sich entfaltet, mager, spärlich ist. Der tropischen Apathie des Menschen liegt zugrunde eine rei­che, üppige Vegetation. Und aus diesem Ganzen der Umgebung kann man sagen: Die Apathie, die den Menschen befällt in polari­schen Gegenden , ist eine andere Apathie als diejenige , die den Men­schen befällt in tropischen Gegenden. Apathisch wird er in beiden Gegenden , aber die Apathie ergibt sich gewissermaßen aus verschie­denen Untergründen. In der gemäßigten Zone ist ein Ausgleich vor­handen. Da entwickeln sich, möchte ich sagen, in einem gewissen Gleichgewicht die menschlichen Fähigkeiten.

Nun wird niemand daran zweifrln, daß das etwas zu tun hat mit dem solarischen Leben. Aber wie ist der Zusammenhang mit dem solarischen Leben? Sehen Sie , wenn man - wie gesagt , ich will zuerst einiges durch Anschauen entwickeln, damit wir zu Begriffen kom­men -. wenn man den Dingen zugrunde geht. findet man, daß das

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polarische Leben auf den Menschen so wirkt, daß das Sonnenleben zunächst stark sich da auslebt. Die Erde entringt sich da dem Sonnen-leben, sie läßt ihre Wirkungen nicht von unten herauf in die Vegeta­tion schießen. Der Mensch ist dem eigentlichen Sonnenleben ausgesetzt - Sie müssen nur das Sonnenleben nicht bloß in der Wärme suchen -, und daß er das ist, bezeugt das Aussehen der Vegetation.

Wir haben also ein Überwiegen des solarischen Einflusses in der polarischen Zone. Welches Leben überwiegt in der tropischen Zone? Dort überwiegt das tellurische Leben , das Erdenleben - Das schießt in die Vegetation hinein. Das macht die Vegetation üppig, reich. Das benimmt dem Menschen auch das Gleichmaß seiner Fähigkei­ten , aber es kommt von einer anderen Seite her im Norden wie im Süden. Also , in polarischen Gegenden unterdrückt das Sonnenlicht seine innere Entfaltung; in den tropischen Gegenden unterdrückt dasjenige , was von der Erde aufschießt , seine inneren Fähigkeiten. Und wir sehen einen gewissen Gegensatz , den Gegensatz , der sich zeigt in einem Übetwiegen des solarischen Lebens um den Pol her­um; in einem Überwiegen des tellurischen Lebens in den tropischen Gegenden, in der Äquatornähe.

Und wenn wir dann hinschauen auf den Menschen und die menschliche Gestalt ins Auge fassen , dann werden wir uns sagen:

Dasjenige , was - bitte nehmen Sie zunächst nur als Paradoxie das hin, wenn ich jetzt die menschliche Gestalt in einem gewissen Sinne ernst nehme - in der äußeren Gestalt nachbildet den Weltenraum , die Kugel , die Sphärengestalt des Weltenraumes - das menschliche Haupt -, das ist auch während des Lebens in der polarischen Zone zunächst, ist dem Außerirdischen ausgesetzt. Dasjenige, was Stoff­wechselsystem im Zusammenhang mit den Gliedmaßen ist , das ist in der tropischen Zone, dem irdischen Leben ausgesetzt. Wir kom­men so zu einer besonderen Beziehung des menschlichen Hauptes zum außerirdischen Leben und des menschlichen Stoffwechselsy­stems zusammen mit dem Gliedmaßensystem zum irdischen Leben. Wir sehen also , daß der Mensch so im Weltenall drinnensteht , daß er mit seinem Haupt, der Nerven-Sinnesorganisation, mehr der außerirdischen Umwelt zugeordnet ist , mit der Stoffwechselorganisation

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mehr dem irdischen Leben, und wir werden in der gemäßig­ten Zone eine Art fortwährenden Ausgleichs zu suchen haben zwi­schen dem Kopfsystem und dem Stoffwechselsystem - Wir werden in der gemäßigten Zone vorzugsweise das rhythmische System im Men­schen in Ausbildung begriffen haben.

Jetzt sehen Sie , daß ein gewisser Zusammenhang zwischen dieser Dreigliederung des Menschen - Nerven-Sinnessystem , rhythmisches System , Stofiwechselsystem - und der Außenwelt vorhanden ist. Sie sehen, daß das Kopfsystem mehr der ganzen Umwelt zugeordnet ist, daß das rhythmische System der Ausgleich zwischen der Umwelt und der irdischen Welt ist und das Stoffwechselsystem zugeordnet ist der irdischen Welt.

Nun haben wir zugleich den anderen Hinweis aufzunehmen, der uns das solarische Leben in einer anderen Beziehung auf den Men­schen zeigt. Nicht wahr, dasjenige, was wir jetzt betrachtet haben, diesen Zusammenhang des menschlichen Lebens mit dem solari­schen Leben, das können wir ja schließlich nur beziehen auf das­jenige, was sich zwischen dem irdischen und außerirdischen Leben imjahreslauf abspielt. Aber im Tageslauf haben wir es ja im Grunde genommen mit einer Art Wiederholung oder etwas Ähnlichem zu tun wie im Jahreslauf. Der Jahreslauf wird bestimmt durch die Be­ziehung der Sonne zur Erde , der Tageslauf aber auch. Wenn wir ein­fach mathematisch-astronomisch sprechen, so reden wir beim Tages­lauf von der Umdrehung der Erde um ihre Achse , beim Jahreslauf von der Revolution der Erde um die Sonne. Aber wir beschränken uns dann beim Ausgangspunkt auf sehr einfache Tatsachen. Wir haben aber keine Berechtigung zu sagen , daß wir da wirklich aus­gehen von etwas, das ein hinreichender Boden ist für eine Betrach­tungsweise und uns hinreichende Unterlagen dafür gibt. Fassen wit beim Jahreslauf einmal alles das ins Auge, was wir jetzt gesehen haben. Ich will noch nicht sagen: Umdrehung der Erde um die Sonne , sondern daß der Jahreslauf, die Wechseltatsache des Jahres­laufes zusammenhängen muß mit der Dreigliederung des Menschen und daß , indem dieser Jahreslauf durch die irdischen Verhältnisse in einer verschiedenen Weise sich ausbildet im Tropischen, im Gemäßigten,

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im Polarischen, sich daran zeigt, wie dieserJahreslauf mit der ganzen Bildung des Menschen, mit den Verhältnissen der drei Glieder des dreigliedrigen Menschen, etwas zu tun hat. Wenn wir das in Betracht ziehen können , dann bekommen wir eine breitere Basis und können vielleicht auf etwas ganz anderes kommen , als wenn wir einseitig bloß die Winkel abmessen , die die eine Fern­rohrrichtung bildet mit der anderen. Es handelt sich darum , breitere Grundlagen zu gewinnen, um die Tatsachen beurteilen zu können.

Und wenn wir vom Tageslauf sprechen, dann sprechen wir im Sinne der Astronomie von der Umdrehung der Erde um ihre Achse. Nun zeigt sich da allerdings zunächst etwas anderes. Es zeigt sich eine weitgehende Unabhängigkeit des Menschen von diesem Tages­lauf. Die Abhängigkeit der Menschheit vom Jahreslauf, namentlich von dem , was zusammenhängt mit dem Jahreslauf, die Bildung der Menschengestalt in den verschiedensten Gegenden der Erde , das zeigt uns eine sehr weitgehende Abhängigkeit des Menschen vom solarischen Leben , von den Veränderungen , die auf der Erde auf­treten infolge des solarischen Lebens. Der Tageslauf zeigt das weni­ger. Wir können allerdings sagen: Es tritt auch in bezug auf den Tageslauf gar manches Interessante zutage, aber es ist verhältnis­mäßig nicht sehr bedeutend im Zusammenhang des menschlichen Gesamtlebens.

Gewiß, es ist ein großer Unterschied schon bei einzelnen mensch­lichen Persönlichkeiten vorhanden - Goethe , der ja schließlich schon in einer gewissen Beziehung für das Menschliche als eine Art Not­malmensch , als eine Art Normalwesen angesehen werden kann , er fühlte sich am günstigsten zur Produktion aufgelegt am Morgen , Schiller mehr in der Nacht. Das weist darauf hin, daß dieser Tages­lauf auf gewisse feinere Dinge in der menschlichen Natur dennoch einen gewissen Einfluß hat. Und derjenige, der für solche Dinge einen Sinn hat, wird ja die Tatsache bestätigen, daß ihm viele Men­schen im Leben begegnet sind, die ihm anvertraut haben, daß die eigentlich bedeutsamen Gedanken , die sie gehabt haben , in der Dämmerung ausgebrütet worden sind, also auch gewissermaßen in der gemäßigten Zeit des Tageslaufes , nicht um die Mittagsstunde ,

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nicht um die Mitternachtsstunde , sondern in der gemäßigten Zeit des Tageslaufes. Das ist aber doch sicher , daß der Mensch in einer gewissen Weise unabhängig ist von dem Tageslauf der Sonne - Wir werden auf die Bedeutung dieser Unabhängigkeit noch einzugehen und zu zeigen haben, worin dennoch eine Abhängigkeit besteht

Nun, ein zweites Element ist aber das lunarische Leben, das Leben, das zusammenhängt mit dem Monde. Es mag sein, daß un­endlich vieles , was in dieser Beziehung gesagt worden ist im Laufe der Menschheitsentwickelung, heute sich nur als Phantasterei her­ausstellt. Aber in irgendeiner Weise sehen wir ja, daß das irdische Leben als solches in den Erscheinungen der Ebbe und Flut ganz zweifellos mit der Mondenbewegung etwas zu tun hat. Aber auch das darf doch nicht übersehen werden, daß schließlich die weib­lichen Funktionen, wenn sie auch zeitlich nicht mit den Mondpha­sen zusammenfallen, so doch ihrer Länge und dem Verlauf nach mit den Mondphasen zusammenfallen, daß also dasjenige , was mit der menschlichen Entwickelung etwas Wesentliches zu tun hat , in bezug auf die Zeitlänge mit den Mondphasen zusammenhängend sich zeigt. Und man kann sagen: Es ist aus dem allgemeinen Natur-lauf dieser Gang der weiblichen Funktionen herausgehoben, aber er ist doch ein treues Abbild geblieben. Er vollzieht sich in der­selben Zeit.

Ebensowenig darf übersehen werden - nur stellt man über diese Dinge keineswegs vernünftige, exakte Beobachtungen an, wenn man von vorneherein solche Dinge ablehnt -, es darf nicht über­sehen werden, daß das Phantasieleben des Menschen tatsächlich außerordentlich viel zu tun hat mit den Mondphasen. Und wer ei­nen Kalender führen würde über das Auf- und Abfluten seines Phan­tasielebens , der würde eben bemerken , wieviel das zu tun hat mit dem Gang der Mondesphasen. Das aber, daß auf gewisse unter­geordnete Organe das Mondenleben, das lunarische Leben einen Einfluß hat, das muß eben an der Erscheinung des Nachtwandelns studiert werden. Und da können interessante Erscheinungen stu­diert werden , die überdeckt sind durch das normale Menschen­leben , die aber in den Tiefen der menschlichen Natur vorhanden

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sind und die in ihrer Gesamtheit darauf hinweisen , daß das luna­rische Leben ebenso zusammenhängt mit dem rhythmischen System des Menschen, wie das solare Leben mit dem Nerven-Sinnessystem des Menschen zusammenhängt.

Jetzt haben Sie schon eine Kreuzung. Wir haben gesehen, wie sich das solare Leben im Zusammenhang mit der Erde so entwickelt , daß für die gemäßigte Zone schon auf das rhythmische System ge­wirkt wird - Nun tritt , sich kreuzend mit dieser Wirkung , das lunari­sche Leben als direkt beeinflussend das rhythmische System auf.

Und wenn wir auf das eigentliche tellurische Leben sehen , dann darf doch nicht außer acht gelassen werden , daß der Einfluß des Tel­lurischen auf den Menschen sich zwar in einer Region vollzieht , die gewöhnlich nicht beobachtet wird , daß aber der Einfluß auf diese Region durchaus vorhanden ist. Ich bitte Sie , doch nur einmal Ihr Augenmerk zu lenken auf eine solche Erscheinung , wie zum Beispiel das Heimweh. Man kann über das Heimweh gering denken. Gewiß, man kann es aus sogenannten seelischen Gewohnheiten und der­gleichen erklären. Aber ich bitte Sie doch zu berücksichtigen , daß durchaus im Gefolge des sogenannten Heimwehs auftreten können physiologische Erscheinungen. Bis zum Siechtum des Menschen kann das Heimweh führen. In asthmatischen Erscheinungen kann es sich ausleben. Und wenn man den Komplex der Erscheinungen des Heimwehs mit seinen Folgen, eben mit den asthmatischen Erschei­nungen und allgemeinem Siechtum, eine Art von Auszehrung, stu­diert , dann kommt man auch dazu einzusehen , daß schließlich das Heimweh als Gesamtgefühl auf einer Veränderung des Stoffwechsels beruht, auf einer Veränderung des Stoffwechselsystems; daß dieses Heimweh nur der Bewußtseinsreflex ist von Veränderungen im Stoffwechsel und daß diese Veränderungen lediglich herrühren von der Veränderung desjenigen, was in uns vorgeht, wenn wir von einem Ort mit seinen tellurischen Einflüssen von unten auf an einen anderen Ort mit seinen tellurischen Einflüssen von unten auf versetzt werden. Bitte nehmen Sie das zusammen mit anderen Din­gen, die einem ja gewöhnlich keine wissenschaftliche Betrachtung ab-nötigen, aber leider eben nicht.

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Goethe, so sagte ich schon, fühlte sich besonders angeregt zum Dichten, zum Niederschreiben seiner Sachen am Morgen. Brauchte er aber eine Anregung, so nahm er diejenige Anregung, welche ihrer Natur nach am wenigsten unmittelbar in den Stoffwechsel ein­greift, sondern ihn nur vom rhythmischen System aus irritiert, das ist der Wein. Goethe regte sich mit Wein an. Er war in dieser Bezie­hung überhaupt eben ein Sonnenmensch. Er ließ auf sich nament­lich die Einflüsse des solarischen Lebens wirken - Bei Schiller oder Byron war das umgekehrt - Schiller dichtete am liebsten , wenn die Sonne untergegangen war, wenn also das solare Leben wenig mehr tatig war, und er regte sich an mit etwas , was gründlich in den Stoff­wechsel eingreift , mit warmem Punsch. Das ist etwas anderes , als die Wirkung, die Goethe vom Wein hatte. Das ist eine Einwirkung auf das gesamte Stoffwechselsystem. Durch den Stoffwechsel wirkt die Erde auf den Menschen. So daß man sagen kann, Schiller ist im wesentlichen ein tellurischer Mensch gewesen. Die tellurischen Men­schen wirken auch mehr durch das Emotionelle , das Willenhafte , die solarischen Menschen mehr durch das Ruhige , Kontemplative. Goethe wurde ja auch immer mehr und mehr für diejenigen Men­schen , die das Solarische nicht mögen , die nur das Tellurische , das­jenige, was an der Erde haftet, mögen, «der kalte Kunstgreis», wie man ihn in Weimar nannte, «der kalte Kunstgreis mit dem Doppel­kinn». Das war ein Name, der Goethe in Weimar im 19. Jahrhun­dert immer wiederum gegeben worden ist.

Nun möchte ich Sie noch auf etwas anderes aufmerksam machen. Bedenken Sie einmal, nachdem wir beobachtet haben dieses Hinein­gestelltsein des Menschen in den Weltenzusammenhang: Erde, Son­ne, Mond - die Sonne mehr wirkend auf das Nerven-Sinnessystem; der Mond mehr wirkend auf das rhythmische System; die Erde, da­durch , daß sie dem Menschen ihre Stoffe zur Nahrung gibt , also die Stoffe direkt in ihm wirksam macht , wirkt auf das Stoffwechsel­system, wirkt tellurisch. Wir sehen im Menschen etwas, wo wir viel­leicht Anhaltspunkte finden können , uns das Außermenschliche , das Himmlische zu erklären auf breiterer Grundlage als durch die bloße Winkelstellung des Fernrohres und dergleichen. Insbesondere

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finden wir solche Anhaltspunkte , wenn wir noch weitergehen , wenn wir nun die außermenschliche Natur betrachten , aber auch so be­trachten , daß wir in ihr mehr sehen als bloß eine Registratur der auf­einanderfolgenden Tatsachen. Betrachten Sie das Metamorphosen-leben der Insekten. Es ist im Jahreslauf durchaus etwas , was das äußere solare Leben widerspiegelt. Ich möchte sagen: Beim Men­schen müssen wir forschend mehr nach innen gehen , um Solarisches , Lunarisches und Tellurisches in ihm zu verfolgen. Beim Insekten-leben in seinen Metamorphosen sehen wir direkt den Jahreslauf in den aufeinanderfolgenden Gestalten , die das Insekt annimmt , zum Ausdruck kommen. So daß wir uns sagen können, wir müssen viel­leicht nicht nur quantitativ vorgehen , sondern wir müssen auch auf das Qualitative sehen, das sich uns in solchen Erscheinungen aus­drückt. Warum immer bloß fragen: Wie sieht im Objektiv darinnen irgendeine Erscheinung da draußen aus? - Warum nicht fragen: Wie reagiert nicht bloß das Objektiv des Fernrohres, sondern das Insekt? Wie reagiert die menschliche Natur? Wie wird uns dadurch etwas verraten über den Gang der Himmelserscheinungen? Und wir müs­sen uns zuletzt fragen: Werden wir da nicht auf breitere Grund­lagen geführt, so daß es uns nicht passieren kann, daß wir theore­tisch, wenn wir philosophisch das Weltenbild erklären wollen, Ko­pernikaner sind und wiederum für Kalender oder sonstwie rechnend das tychonische Weltbild zugrunde legen , was heute praktisch die Astronomie noch macht; oder daß wir zwar Kopernikaner sind , aber das Wichtigste bei Kopernikus , nämlich seinen dritten Hauptsatz , einfach weglassen? Können wir vielleicht nicht die Unsicherheiten , die heute geradezu die astronomischen Grundfragen zu brennenden machen , dadurch überwinden , daß wir auf breiterer Grundlage ar­beiten, daß wir auch auf diesem Gebiet aus dem Quantitativen in das Qualitative hineinarbeiten?

Ich habe gestern versucht hinzuweisen zunächst auf den Zusam­menhang der Himmelserscheinungen mit den embryonalen Erschei­nungen, heute mit dem fertigen Menschen. Da haben Sie einen Hinweis auf eine notwendige Umgruppierung des wissenschaftli­chen Lebens. Aber nehmen Sie eines, was ich im Laufe der heutigen

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Betrachtung auch erwähnt habe. Ich habe Sie hingewiesen auf Zu­sammenhänge des menschlichen Stoffwechselsystems mit dem irdi­schen Leben. Wir haben im Menschen das Wahrnehmungsvermögen durch das Nerven-Sinnessystem vermittelt, das irgendwie zusam­menhängt mit dem solarischen, dem Himmelsleben überhaupt; wir haben das rhythmische System zusammenhängend mit dem, was zwischen Himmel und Erde ist; wir haben das Stoffwechselsystem zusammenhängend mit dem , was mit der eigentlichen Erde zusam­menhängt, so daß wir, wenn wir auf den eigentlichen Stoffwechsel-menschen sehen würden , wir vielleicht dadrinnen nun wiederum nä­her koinmen könnten der eigentlichen Wesenheit des Tellurischen. Was tun wir denn heute, wenn wir dem Tellurischen näher kommen wollen? Wir benehmen uns wie Geologen. Wir untersuchen die Dinge von der Außenseite. Aber sie haben doch auch eine Innen­seite! Zeigen sie die vielleicht erst , wenn sie durch den Menschen gehen, in der wahren Gestalt?

Es ist heute ein Ideal geworden, das Verhältnis der Stoffe zuein­ander abgesondert vom Menschen zu betrachten und dabei zu blei­ben , im chemischen Laboratorium die gegenseitige Wirkung der Stoffe zu betrachten durch Hantierungen , um hinter das Wesen der Stoffe zu kommen. Wenn es aber so wäre , daß die Stoffe erst ihre Wesenheit enthüllen in der menschlichen Natur, dann müßten wir Chemie so treiben, daß wir bis zur menschlichen Natur herangehen. So würden wir einen Zusammenhang zu konstruieren haben zwi­schen wirklicher Chemie und den Stoffvorgängen im Menschen, so wie wir einen Zusammenhang sehen zwischen Astronomie und Em­bryologie , zwischen Astronomie und der menschlichen Gesamt-gestalt , der dreigliedrigen menschlichen Wesenheit. Sie sehen , die Dinge wirken ineinander. Wir kommen erst in wirkliches Leben hin­ein, wenn wir diese Dinge ineinandergehend betrachten.

Aber auf dem anderen Seite werden wir ja wiederum den Zusam­menhang zu sehen haben, da die Erde im Weltenraum sich befin­det , zwischen dem , was tellurisch ist , und den astronomischen Vor­gängen. Jetzt haben wir einen Zusammenhang zwischen der Astro­nomie und den Stoffen der Erde, einen Zusammenhang zwischen

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der Erde und dem, was menschlicher Stoffwechsel ist und wiederum einen direkten Einfluß der solarischen , himmlischen Vorgänge auf den Menschen selber. Im Menschen also gleichsam haben wir ein Zusammentreffen desjenigen, was aus dem Himmel kommt, sowohl direkt wie auf dem Umweg durch die Stoffe der Erde. Die Stoffe der Erde wirken auf den menschlichen Stoffwechsel. Und auf den Men­schen als solchen wirken wiederum direkt die Himmelseinflüsse. Es begegnen sich im Menschen also die direkten Einflüsse , die wir dem solaren Leben verdanken, mit denjenigen Einflüssen, die indi­rekt durch die Erde durchgehen, also eine Veränderung erfahren haben durch die Erde. So daß wir sagen können: Das Innere des Menschen wird uns auch physisch-anatomisch erklärbar werden als Zusammenwirken direkter außerirdischer Einflüsse mit solchen außerirdischen Einflüssen, die durch die Erdenwirkungen durch­gegangen sind und wiederum ineinanderströmen in dem Menschen (Fig. 4).

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Sie sehen, wie sich uns, indem wir den Menschen in seiner Tota­lität betrachten , die gesamte Welt zusammenschließt und wie es notwendig ist, um zu einer Menschenbetrachtung zu kommen, die­sen Zusammenschluß ins Auge zu fassen. Was hat daher die Spezia­lisierung in der Wissenschaft getan? Sie hat uns abgeführt von der Realität. Sie hat uns in lauter abstrakte Gebiete hineingebracht. Und wir haben gezeigt, wie sich die Astronomie, trotzdem sie als

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sichere Wissenschaft gilt, nur zu helfen weiß, indem sie bei der Kalenderrechnung etwas anderes vertritt als in der Theorie; wie sie kopernikanisch ist , aber bei Kopernikus das Wichtigste wegläßt; daß also überall Unsicherheit eintritt und daß in dem, was man da zutage fördert , nicht das enthalten ist , um was es sich handeln muß: das Herausbilden des Menschen aus dem gesamten Weltenall.

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DRITTER VORTRAG Stuttgart, 3. Januar 1921

Ich habe Sie auf der einen Seite darauf aufmerksam gemacht, wie problematisch es ist, die Himmelserscheinungen nur zusammenzufassen unter rein geometrisch-mathematischen Gesichtspunkten. Daß dies problematisch ist, das sieht man ja auf den verschiedensten Seiten heute schon ein. Und es wird eigentlich nur noch zurück­gebliebene Geister geben, welche in einem solchen Weltenbilde, wie es das kopernikanisch-galileische ist, die Wiedergabe einer Wirk­lichkeit sehen. Dagegen häufen sich die Stimmen immer mehr und mehr, die die ganze Art des Zusammenfassens der Himmelserschei­nungen unter solchen Gesichtspunkten ja praktisch und nützlich finden für Berechnungen, die aber betonen, daß das Ganze doch eben nur eine bestimmte Art der Zusammenfassung ist, die auch anders sein könnte. Und auch solche Persönlichkeiten gibt es ja jetzt, welche, wie etwa Ernst Mach, sagen: Im Grunde genommen kann man das kopernikanische Weltensystem ebenso vertreten wie das ptolemäische. Man könnte sich auch ein drittes ausdenken. Man habe es da eben nur mit einer praktischen Art der Zusammenfassung desjenigen, was man beobachten kann, zu tun. Man müsse sich die­ser ganzen Welt in einer freieren Weise der Auffassung gegenüber­stellen. - Sie sehen also, das Problematische der noch vor kurzem wie Abbilder der Wirklichkeit geschilderten Himmelskarten wird in weitesten Kreisen eigentlich heute ziemlich zugegeben. Dagegen kann ein Ausweg aus dem Problematischen und Ungewissen, das sich da darbietet, nur gefunden werden durch solche Betrachtungen, wie wir sie gestern wenigstens zunächst in skizzenhafter Weise ange­stellt haben, durch Betrachtungen, welche den Menschen nicht her­ausnehmen aus dem ganzen kosmischen Zusammenhang, sondern ihn hineinstellen in diesen Zusammenhang, so daß man gewisser­maßen an den Vorgängen im Menschen selber sieht, wie diese Vor­gänge zusammenhängen mit solarischen Erscheinungen, mit luna­rischen Erscheinungen, mit terrestrischen Erscheinungen, um von

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da aus dann - also von dem, was im Menschen vorgeht - den Weg zu finden zu demjenigen, was in einer gewissen Beziehung als Ur­sachen solcher inneren Vorgänge im Menschen draußen im Kosmos geschieht.

Natürlich kann ein solcher Weg nur von dem Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Betrachtung beschritten werden. Und Sie werden sehen, daß wir, gerade wenn wir die Astronomie zu den ver­schiedensten Lebensgebieten in Beziehung bringen wollen, finden werden, wie wir immer mehr und mehr in eigentlich geisteswissen­schaftliche Betrachtungen durch das Astronomische selbst hinein­getrieben werden. Bedenken Sie, daß zunächst dasjenige, was von den Himmelserscheinungen sichtbar ist, was wahrnehmbar ist unse­ren Sinnen, auch unseren bewaffneten Sinnen, sich darstellt als das­jenige, was gewissermaßen schon außerhalb des Menschen als Offen­barung dieser Himmelserscheinungen sich geltend macht. Der Mensch hält gewissermaßen dasjenige, was an ihn herantritt, mit sei­nen Sinnen auf und vergegenwärtigt es sich durch sein Bewußtsein in seinem Weltbilde. Aber diese Impulse, die da von allen Seiten auf uns zuströmen, die machen ja gewiß nicht vor unseren Sinnen Halt. Und dasjenige, was vorgeht, ohne daß der Mensch es aufhält durch seine Sinne und es sich zum Bewußtsein bringt, was da lebt in dem, was uns gewissermaßen von allen Seiten zuströmt von den Himmelswirkungen, das muß aufgesucht werden in unserem Orga­nismus, der ja alles in einer gewissen Weise wiedergeben muß, aller-dings in unbewußten, unterbewußten Vorgängen, die erst auf kom­pliziertere Art heraufgeholt werden müssen ins Bewußtsein.

Wir wollen nun dasjenige, was wir gestern begonnen haben, nach einer gewissen Richtung hin fortsetzen. Es ist ja nur eine Ab­straktion unserer irdischen Welt, was der Geologe oder Mineraloge betrachtet. Denn dasjenige, was der Geologe, der Mineraloge schil­dert von der Erde, das, so könnte man sagen, gibt es ja gar nicht. Das ist nur herausgeschnitten aus einer viel größeren, umfassenderen Wirklichkeit. So wahr als unsere Erde besteht aus den Mineralien und so wahr sie sich in der mineralischen Sphäre entwickelt hat, so wahr also Kräfte in ihr vorhanden sind. die die Mineralien aus

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ihr heraustreiben, so wahr gehört zur Erde auch dasjenige, was in den Pflanzen, den Tieren, was in den physischen Menschen lebt. Und wir betrachten die Erde nur in ihrer Ganzheit, wenn wir nicht einfach hinwegheben dasjenige, was in Pflanzen, Tieren und Men­schen lebt, und nur das Abstraktum «mineralische Erde» ins Auge fassen, sondern wenn wir die Erde so betrachten, daß wir sie in ihrer Totalität uns vor das Bewußtsein bringen. Das heißt, daß eben zu ihr dann gehören alle diejenigen Wesenheiten und Wesenhaftig­keiten, die aus ihr emporgetrieben werden.

Nun nehmen Sie von dem, was zu dieser totalen Erde gehört, zunächst das Pflanzenreich. Wir wollen es heranziehen, um dann den Übergang zu finden zu dem, was uns im Menschen entgegen­tritt. Während das mineralische Reich in einer gewissen Weise, aller­dings nur bis zu einem gewissen Grade, sozusagen ein innerlich selbständig-irdisches Dasein führt, nur in einer solchen Beziehung zum außerirdischen Kosmos steht, die sich etwa äußert in der Ver­wandlung des Wassers im Winter in Eis und dergleichen, steht das Pflanzenreich mit der irdischen Umgebung, mit alledem, was auf die Erde hereindringt aus dem Kosmos, in einer viel innigeren Be­ziehung. Durch das Pflanzenreich öffnet sich gewissermaßen das Erdensein dem Kosmos. Und in denjenigen Gebieten, wo in einer gewissen Jahreszeit eine besonders intensive Wechselwirkung statt­findet zwischen der Erde und der Sonne, schließt sich bei den Pflan­zen das Pflanzenleben auf. Es schließt sich auf, indem eine Wechsel­wirkung eben eintritt zwischen der Erde und dem Kosmos. Wir müssen so etwas, was uns gewissermaßen nicht bloß quantitativ, son­dern qualitativ hineinführt in das astronomische Feld, durchaus be­achten. Wir müssen von diesen Dingen ebenso Vorstellungen ge­winnen, wie sie der heutige Astronom gewinnt von Winkelbezie­hungen, von Parallaxen und so weiter. Wir müssen zum Beispiel uns sagen: Es ist gewissermaßen die Pflanzendecke eines Erdgebietes eine Art Sinnesorgan für dasjenige, was herein sich offenbart aus dem Kosmos. Es ist, wenn eine besondere Wechselwirkung statt­findet zwischen einem Teil der Erdoberfläche und dem Kosmos, gewissermaßen so, wie wenn der Mensch nach außenhin aufschließt

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die Augen, weil er einen Sinneseindruck bekommt. Und im ande­ren Falle, wenn die Wechselwirkung weniger intensiv ist zwischen der Erde und dem Kosmos, ist das Zurücktreten der Vegetation, das Sich-Verschließen der Vegetation etwas wie ein Augenschließen gegenüber dem Kosmos. Es ist mehr als ein bloßer Vergleich, wenn man davon spricht, daß ein Territorium durch die Vegetation die Augen öffnet nach dem Kosmos im Frühling und im Sommer, daß es die Augen schließt im Herbst und Winter. Und da man durch Augenöffnen und Augenschließen sich in einer gewissen Weise ver­ständigt mit der äußeren Welt, so muß auch so etwas gesucht werden wie Aufschlüsse über den Kosmos in dem terrestrischen Augenauf­schließen und Augenzuschließen durch die Vegetation.

Fassen wir das Ganze etwas genauer noch ins Auge. Sehen wir uns an, welch ein Unterschied besteht zwischen der Vegetation auf einem Erdgebiet, das gewissermaßen der lebendigsten Wechselwir­kung ausgesetzt ist, sagen wir, mit dem solaren Leben, und wenden wir dann die Aufmerksamkeit der Vegetation zu, wenn dieses Ge­biet nicht ausgesetzt ist dem solaren Leben. Der Winter unterbricht ja natürlich nicht das vegetative Leben der Erde. Es ist ja ganz natür­lich, daß das vegetative Leben durch den Winter fortdauert. Aber es äußert sich in einer anderen Weise, als indem es ausgesetzt ist der intensiven Wirkung der Sonnenstrahlen, also sagen wir des Kosmos. Dieses vegetative Leben schießt unter der Einwirkung des Solari­schen in die Gestalt. Das Blatt bildet sich aus, es kompliziert sich, die Blüte bildet sich aus. Tritt dasjenige ein, was man nennen könnte das Augenverschließen gegenüber dem Kosmos, dann geht das vegetative Leben in sich, in den Keim hinein. Es entzieht sich der Außenwelt, es schießt nicht in die Gestalt; ich möchte sagen, es zieht sich in den Punkt zusammen, es zentriert sich. Da haben wir einen Gegensatz, den wir geradezu als eine Gesetzmäßigkeit an­sprechen können. Wir können sagen: Die Wechselwirkung zwischen dem irdischen und solarischen Leben stellt sich für die Vegetation so dar, daß das vegetative Leben unter dem Einfluß des Solarischen in die Gestalt schießt, unter dem Einfluß des irdischen Lebens in den Punkt sich zusammenschließt, zum Keim wird. Sie sehen: Etwas

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Ausbreitendes - etwas sich Zentrierendes liegt darin. Wir ergreifen die Raumesverhältnisse unmittelbar aus dem Qualitativen heraus. Das ist es, was wir uns für die Bildung gewisser Ideen angewöhnen müssen, wenn wir zu fruchtbaren Anschauungen auf diesem Gebiet kommen wollen.

Und gehen wir nun vom Pflanzenleben hinüber auf den Men­schen. Es ist ja natürlich, daß dasjenige, was sich in bezug auf die Pflanzen äußert, auch im Menschen sich äußert. Aber wie äußert es sich? Wir können am Menschen selbst dasjenige, was wir da im Pflanzenleben äußerlich wahrnehmen, was wir gewissermaßen, wenn wir auf das Qualitative hinschauen, vor unsern Augen haben, wir können das im Menschen im Grunde genommen nur in dem er­sten Kindesalter verfolgen. Verfolgen wir einmal, so wie wir das jetzt für die Pflanze getan haben, die Wechselwirkung zwischen dem solaren und dem terrestrischen Leben für den Menschen in den Kindesjahren. Das Kind schließt sich ja schon durch die Sinne den Eindrücken der äußeren Welt auf. Das ist im wesentlichen ein Sich-Aufschließen dem solarischen Leben. Sie brauchen nur ein wenig sich die Dinge zurechtzurücken, so werden Sie sehen, daß das, was da an unsere Sinne herandringt, im wesentlichen zusammenhängt mit dem, was bewirkt wird durch das Kosmische im Terrestrischen. Sie können auf den speziellen Fall des Lichtes reflektieren, daß, wenn sich im Tag-Nacht-Wechsel Licht und Finsternis ablösen, auf unsere Augen bei Tag Eindrücke gemacht werden, bei Nacht keine Eindrücke gemacht werden. Sie können aber das auch auf andere Wahrnehmungen, wenn es da auch schwieriger klar zu machen ist, anwenden. Sie können sich sagen: Da ist eine gewisse Wirkung des Wechselverhältnisses zwischen dem Solarischen und Irdischen, das sich im Menschen so äußert, daß es seelisch bei ihm auftritt. Der Mensch hat seelische Wirkungen durch dasjenige, was da zunächst im Tageszeitenwechsel auftritt. Dasjenige gewissermaßen, was die Sonne über die Erde bringt, äußert sich zunächst im Seelischen des Menschen.

Wenn wir aber das Wachstum des Kindes, namentlich bis zum siebenten Jahr hin, bis zum Zahnwechsel, verfolgen und wenn wir

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auf die Einzelheiten eingehen, dann finden wir, wie in der Tat jedes Jahr, besonders in den ersten Jahren der kindlichen Entwickelung -es wird immer weniger, je älter das Kind wird - deutlich wahrnehm­bar ist, daß dasjenige, was als Jahreszeitenwechsel besteht, geradeso wie für das Hervorsprießen und Zurückziehen der Vegetation auch für das menschliche Wachstum eine Bedeutung hat. Wenn wir uns schematisch darstellen wollen, wie das eigentlich ist, wenn wir zum Beispiel studieren sorgfältig aber auch vernünftig den Entwicke­lungsgang des menschlichen Gehirns in den ersten Jahren, eben von Jahr zu Jahr, so werden wir folgendes finden, schematisch gezeich­net: Wir haben gewissermaßen den menschlichen Schädel mit sei­nem Gehirninhalt (Figur). Er bildet sich um, und man kann ver­folgen, wie er sich umbildet durch dasjenige, was da im Lauf des

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Jahreswechsels geschieht. Dasjenige, was bauend, gestaltend wirkt auf das menschliche Haupt, was gewissermaßen von außen auf das menschliche Haupt wirkt leiblich-physisch, das finden wir in einem innigen Zusammenhang mit den Kräften, die im Wechselspiel sich geltend machen zwischen der Erde und der Sonne im Jahreslauf.

Im Tageslauf finden wir dasjenige, was durch die Sinne nach innen geht, sich unabhängig macht vom Wachstum, was seelisch-geistig im Menschen wirkt. Wir sehen gewissermaßen, wie dasjenige, was durch die Sonne geschieht mit dem Menschen im Tageslauf, eine innerliche Wirkung hat, die sich emanzipiert von dem Äußeren

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und seelisch-geistig wird - dasjenige, was das Kind lernt, was es sich aneignet durch Beobachtung, was also vorgeht mit dem Seelisch-Geistigen; wir sehen, wie dann in wesentlich anderem Tempo, von einer wesentlich anderen Seite her das Gehirn sich ausbildet, sich gliedert, wächst. Das ist die andere Wirkung. Das ist die Jahres-wirkung des Solaren. Wir wollen jetzt gar noch nicht davon spre­chen, welche Veränderungen zwischen Sonne und Erde im Welten-all draußen vorgehen, wir wollen lediglich die Äußerungen, die an gewisse Veränderungen im solarisch-irdischen Leben geknüpft sind, im Menschen selbst betrachten. Wir betrachten den Tag und wir fin­den das seelisch-geistige Leben des Menschen mit dem Sonnengang zusammenhängend; wir betrachten die Jahreszeitenwechsel und wir finden das Wachstumsleben des Menschen, das Physisch-Leibliche, mit dem Sonnengang zusammenhängend. Wir werden uns sagen:

Dasjenige, was als Veränderungen zwischen Erde und Sonne in 24 Stunden geschieht, das hat gewisse Wirkungen im Seelisch-Geisti­gen des Menschen; dasjenige, was zwischen Erde und Sonne im Jahreslauf geschieht, das hat gewisse Wirkungen im Leiblich-Physi­schen des Menschen. Wir werden diese Wirkungen mit anderen in Zusammenhang bringen müssen, um von da aus aufzusteigen zu einem Weltenbilde, das nun nicht trügen kann, weil es uns unter­richtet über Vorgänge, die nun reale Vorgänge an uns selbst sind, die nicht abhängen von irgendwelchen illusionären Sinnesein-drücken oder dergleichen.

Sie sehen, wir müssen uns ganz allmählich nähern demjenigen, was eine sichere Grundlage geben kann für ein auch astronomisches Weltenbild. Wir können aber nur von dem ausgehen, was uns am Menschen selbst erscheint. So daß wir sagen können: Der Tag, er ist irgend etwas im Zusammenhang des Menschen mit dem Weltenall, was sich seelisch-geistig äußert; das Jahr, es ist irgend etwas im Zu­sammenhang des Menschen mit dem Weltenall, was sich physisch-leiblich äußert in Wachstumserscheinungen und so weiter.

Betrachten wir jetzt einen anderen Komplex von Tatsachen. Ich habe schon gestern darauf hingewiesen. Mit demjenigen, was zu­sammenhängt mit der menschlichen Fortpflanzung müssen wir verbinden

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gewisse Vorstellungen, die sich auch auf das kosmische Leben beziehen. Wir haben gestern darauf hingewiesen, daß es sich ja in auffälliger Weise im weiblichen Organismus zeigt, wo mit dem Geschlechtsleben zusammenhängende monatliche Funktionen zwar nicht zusammenfallen mit den Mondesphasen, aber in ihrem zeit­lich-rhythmischen Verlauf ein Abbild davon sind. Der Vorgang reißt sich gewissermaßen aus dem Kosmos heraus, aber er ahmt in seinem Verlauf die Vorgänge des Mondes noch nach. Wir haben da einen Hinweis auf innere Vorgänge im menschlichen Organismus, die wir nur studieren können, wenn wir uns, ich möchte sagen, alltäglichere Erscheinungen vor Augen führen, die uns diese weiter abliegenden Erscheinungen verständlich machen können. Und da vetweise ich Sie darauf, daß es ja in unserem Seelenleben etwas gibt, was die Vor­gänge, auf die ich hier anspiele, eigentlich im Kleinen abbildet. Wir haben ein gewisses äußeres Erlebnis, bei dem wir mit unseren Sin­nen, mit unserem Verstand beschäftigt sind, vielleicht auch mit unserem Gefühl und so weiter. Wir behalten eine Erinnerung von diesem Erlebnis zurück. Diese Erinnerung, dieses Zurückbehalten, sie führen ja dazu, daß das Bild dieses Erlebnisses später wiederum auftreten kann. Und derjenige, der nun nicht aus phantastischen Theorien heraus, sondern aus gesunder, aber das Intensive berück­sichtigender Beobachtung auf die Dinge sieht, der wird sich sagen müssen, daß an allem, was als Erinnerung in uns auftaucht, unsere leiblich-physische Organisation beteiligt ist. Gewiß, der Prozeß des Erinnerns selbst ist ein Seelisches, aber wir brauchen die innerliche Widerlage des Physisch-Leiblichen, damit sie zustande komme. Es ist bei dem, was in der Erinnerung sich abspielt, durchaus ein Zu­sammenwirken mit leiblichen Vorgängen, die nur von der äußeren Wissenschaft heute noch nicht genügend erforscht sind. Vergleicht man nun dasjenige, was im weiblichen Organismus - allerdings auch im männlichen Organismus, wo es nur sich mehr zurückzieht, wo es mehr im ätherischen Organismus zu beobachten ist, was ja gewöhn­lich nicht geschieht -, vergleicht man dasjenige, was im weiblichen Organismus mit der monatlichen Periode geschieht, mit dem, was im gewöhnlichen Erleben bei einer Erinnerung geschieht, so wird

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man zwar einen Unterschied finden, aber man wird, wenn man mit gesunden Seelenaugen den Vorgang ins Bewußtsein sich hinein-schafft, doch nicht anders sagen können, als daß dasjenige, was in der Erinnerung sich abspielt, dieses auf seelenhafte Art auftretende Geschehen im physischen Organismus, etwas ähnlich ist demjenigen, was mit den monatlichen Funktionen des Frauenorganismus vor­geht, nur im Kleinen, mehr ins Seelische gezogen, weniger in den Leib hineingepreßt. Und von da aus werden Sie die Möglichkeit fin­den, sich zu sagen: Indem der Mensch sich herausindividualisiert aus dem Kosmos, entwickelt er die Fähigkeit des Sich-Erinnerns. Indem der Mensch aber noch drinnensteht im Kosmos, indem er mehr seine unterbewußten Funktionen entwickelt, bildet sich etwas wie ein Er­leben mit dem Kosmos, also mit etwas, was mit den Mondenvorgän­gen zusammenhängt, was bleibt so wie ein Erlebnis, das wir haben und das später in inneren Bildungsvorgängen wie eine mehr in den Leib hereingedrückte, organisch gewordene Erinnerung auftritt.

Auf eine andere Weise kommt man nicht zu Vorstellungen über diese Dinge, als dadurch, daß man vom Einfacheren zum Kompli­zierteren, zum Zusammengesetzten vorgeht. Geradeso wie nicht zu­sammenzufallen braucht eine Erinnerung mit einem neuen Erlebnis in der Außenwelt, braucht dasjenige, was dann gesetzmäßig wie eine Erinnerung an einen früheren kosmischen Zusammenhang der menschlichen Organisation mit den Mondesphasen im weiblichen Organismus auftritt, nicht zeitlich zusammenzufallen mit diesen Mondesphasen, aber es hängt ebenso wesenhaft im Grunde genom­men das wiederkehrende ehemalige Erlebnis mit den Mondesphasen zusammen. Sie sehen, wir kommen da dahin, daß wir im mensch­lichen Organismus mehr nach der geistig-seelischen Seite hin etwas finden, was sich ausnimmt wie Wirkungen, aber jetzt in die Zeit hineingesetzte Wirkungen desjenigen, was vom Monde aus ge­schieht. Ungefähr 28 Tage umfaßt der Vorgang, um den es sich hier handelt.

Nehmen Sie jetzt das Folgende: Wir haben hier erstens, wenn wir die Tagessonnenwirkung betrachten, ein innerlich Geistig-Seeli­sches; wenn wir die Jahressonnenwirkung betrachten, dann haben

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wir ein äußerlich dem Leiblich-Physischen angehöriges Wachstums-verhältnis. Also sagen wir für das solare Leben:

1. Geistig-Seelisches: Tag

2. Physisch-Leibliches: Jahr

Und jetzt kommen wir zu den lunarischen Wirkungen, zu dem Mondenleben. Dasjenige, was ich Ihnen eben davon geschildert ha­be als das erste, das ist ja ein Geistig-Seelisches. Es hat sich nur sehr tief in den Leib hineingedrückt. Es ist wirklich im feineren Sinne physiologisch kein Unterschied zwischen dem, was im Leibe beim Auftreten einer Erinnerung vor sich geht in bezug auf das Er­lebnis, auf das die Erinnerung zurückgeht, und demjenigen, was bei der monatlichen Frauenperiode im Leibe vor sich geht in Bezie­hung auf dasjenige, was einmal der weibliche Organismus mit den Mondesphasen zusammen erlebt hat. Nur daß das eine eben ein stärkeres, ein intensiveres, ein intensiver in den Leib hineingedrück­tes geistig-seelisches Erlebnis ist. Also für das lunare Leben:

1. Geistig-Seelisch: 28-Tage-Wirkung

Suchen wir jetzt die entsprechenden leiblich-physischen Erschei­nungen. Was müßte sich dann herausstellen? Sie können es deduk­tiv selber finden. Wir werden zweitens haben die physisch-leib­lichen Erscheinungen, die müssen eine 28-Jahre-Wirkung sein. Wie hier (oben) ein Tag einem Jahr entspricht, so müssen wir hier 28 Jahre haben.

2. Physisch-Leiblich: 28-Jahre-Wirkung

Sie brauchen sich nur daran erinnern, daß 28 Jahre die Zeit ist bis zu unserem vollen innerlichen Auswachsen. Da hören wir eigentlich erst auf, in der aufsteigenden Wachstumsentwickelung zu sein. Gerade so, wie die Sonne von außen auf uns wirkt in ihrem Jahr, in einer Jahreswirkung, um dasjenige von außen an uns zu voll­bringen, was entspricht der Tageswirkung im inneren Geistig-Seeli­schen, so arbeitet irgend etwas im Kosmos draußen in einer 28-jäh­rigen Periode, um uns voll zu organisieren von außen, wie innerlich

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organisiert wird geistig-seelisch die menschliche Frauennatur gewis­sermaßen in einem 28-tägigen Tageslauf - bei der Frauennatur ist das nur mehr zu beobachten als beim Manne, wo der entsprechende Tageslauf sich mehr ins Ätherische zurückzieht. So daß Sie sagen können: Wie das Tagessonnenleben zum Jahressonnenleben sich verhält in bezug auf den Menschen, so verhält sich das 28-tägige Mondenleben zum 28-jährigen Mondenleben in bezug auf den gan­zen Menschen - sonst ist es mehr in bezug auf das menschliche Haupt.

Da sehen Sie, wie wir den Menschen hineinstellen, richtig hin­einstellen in den ganzen Kosmos, wie wir wirklich aufhören, von Sonne und Mond nur so zu sprechen, als ob wir hier auf der Erde in Isolierung stünden und draußen nur unsere Augen oder unsere Fernrohre sehen würden Sonne und Mond. Wir reden von Sonne und Mond als von etwas, was innig verbunden ist mit unserem Le­ben, und die Verbindung selbst, wir nehmen sie wahr in der beson­deren Konfiguration unseres Lebens auch in der Zeit. Ehe man nicht den Menschen wiederum hineinstellen wird in dasjenige, was Sonne und Mond tun, eher wird man nicht eine feste Grundlage für wahrhaftige astronomische Anschauungen entwickelt haben. Sie sehen, es muß geisteswissenschaftlich aufgebaut werden eine neue astronomische Wissenschaft. Sie muß hervorgeholt werden aus einer intimeren Kenntnis des Menschen selber. Wir werden erst einen Sinn verbinden können mit demjenigen, was die äußere Astronomie sagt, wenn wir in die Lage kommen, aus dem Menschen heraus unsere Vorbedingungen zu nehmen, um dann mit diesen Vorbedin­gungen zu verfolgen dasjenige, was die äußere Astronomie in sche­matischer Weise sagt. Und wir werden auch Wesentliches in dieser äußeren Astronomie dadurch korrigieren können.

Aber was folgt denn eigentlich aus alledem? Es folgt daraus, daß wirklich in diesen Vorgängen, zunächst gleichgültig, was hinter ih­nen steckt, ein universelles Leben sich äußert. Mag - wir werden später noch darüber sprechen - die tägliche Erdrotation, die jähr­liche Erdrevolution hinter dem stehen, was ich hier als solarisches Leben in bezug auf das Geistig-Seelische für den Tag, das Physisch-Leibliche

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für das Jahr bezeichnet habe; mögen diejenigen Bewegun­gen des Mondes, die heute schon die Astronomie verzeichnet, oder möge anderes dahinterstehen: Das Ganze können wir nicht so ver­folgen, daß wir nur das bekannte Schulbild aufstellen, sondern wir müssen das als ein kontinuierliches, fortdauerndes Leben, ein uni­verselles Leben auffassen, was sich da äußert, wo wir nicht einfach so Schema neben Schema hinstellen können.

Wir wollen jetzt von einem anderen Zipfel, möchte ich sagen, die Sache anfassen. Wir wollen einmal die Sache anfassen von jenem Zipfel, der sich darbietet in der astronomischen Auffassung einer Persönlichkeit, die noch viel von Älterem hatte. Auf die älteren Vor­stellungen wollen wir ja nicht zurück. Wir wollen durchaus aus neuen Vorstellungen heraus arbeiten. Aber diese Persönlichkeit hatte noch viel von alten, Qualitatives in sich enthaltenden Vorstel­lungen. Ich meine Kepler. Die Astronomie ist ja in der neueren Zeit immer quantitativer und quantitativer geworden und man würde sich einer Täuschung hingeben, wenn man die Astrophysik etwa als das Eintreten des Qualitativen in die Astronomie ansehen würde. Auch da ist die Betrachtung eine quantitative. Aber hinter Kepler lag noch etwas von dem Bewußtsein eines universellen Lebens. In ihm war noch ein Bewußtsein davon, daß in demjenigen, was sich äußert für die gewöhnliche astronomische Beobachtung, schließlich etwas liegt wie die Gebärde eines sich äußernden Lebens.

Nicht wahr, wenn wir einen Menschen vor uns haben und wir sehen, wie er einen Arm bewegt, wie er eine Hand bewegt, so wer­den wir nicht bloß den Mechanismus berechnen, sondern wir werden die Bewegung auffassen als die äußere Offenbarung eines inner­lichen geistig-seelischen Vorganges. Wir werden dasjenige, was sonst bloß räumlich-mathematisch angeschaut werden kann, auffassen als eine gebärdenhafte, gestenhafte Äußerung. Je weiter man nun zu­rückgeht in den astronomischen Anschauungen der Menschen, desto mehr findet man, daß ein Bewußtsein vorhanden war, daß in den Bildern, die man sich machte von dem Gang der Sonne oder dem Gang der Sterne, nicht etwas bloß von passiver Bildhaftigkeit war, sondern daß das Gesten waren. Es ist zum Beispiel in älteren Zeiten

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durchaus diese Empfindung zu verspüren von dem Gestenhaften der Weltkörperbewegungen. Sehen Sie, wenn meine Hand durch die Luft fährt, so werde ich nicht bloß ihre Bahn berechnen, sondern ich werde in dieser Bahn einen seelischen Ausdruck sehen. So sah der ältere Beobachter in der Bahn des Mondes einen seelischen Aus­druck für etwas. Er sah in allen Bewegungen der Himmelskörper seelische Ausdrücke für etwas. Er stellte sich gewissermaßen das so vor - nicht wahr, wenn ich hier einen Schirm halten könnte, so daß man nur meine Hand sehen würde, so würde meine Hand eine un­erklärliche Bewegung machen, denn ich stehe hinter dem Schirm, man sieht nicht mich, sondern nur die Hand. So gewissermaßen stellte man sich in älteren Zeiten vor, daß das, was da als Mond-bewegung geschieht, nur der äußere Ausdruck eines Endgliedes ist und daß dahintersteht dasjenige, was eigentlich agiert. Daher sprach man auch in älteren Zeiten nicht von einem einzelnen Himmels-körper, von den Planeten, sondern von den Sphären, von demjeni­gen, was dazugehörte zu den Himmelskörpern - den Sphären. Man unterschied also die Mondsphäre, die Merkursphäre, die Venus-sphäre, die Sonnensphäre, die Marssphäre, die Jupitersphäre, die Saturnsphäre und die achte Sphäre, die der Fixsternhimmel war. Man unterschied diese acht Sphären, und man sah in ihnen das­jenige, was sich so darstellt in äußeren Gebärden, daß eine bestimm­te Sphäre sich so gebärdet, daß man sie jetzt hier, jetzt da aufleuch­ten sieht. Das Reale war zum Beispiel die Sphäre des Mondes, und der Mond, der war nicht eine abgeschlossene Wesenheit, sondern nur die Gebärde. Da, wo er erscheint, da macht diese Sphäre eine bestimmte Gebärde. Ich erwähne das nur, um Sie hinzuweisen auf das Lebendige dieser Anschauung.

Aber gerade Kepler hatte noch etwas in seinem ganzen Bewußt­sein von diesem universellen Leben im Raum, und nur das befähigte ihn wohl, seine drei berühmten Gesetze aufzustellen. Diese drei be­rühmten Keplerschen Gesetze, sie sind ja für die heutige Astronomie durchaus nur etwas Quantitatives, etwas, was man betrachtet nach dem Muster rein räumlich-zeitlicher Anschauungen. Für einen Men­schen, der noch aus solchem Vorstellungsleben heraus arbeitete wie

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Kepler, war das nicht der Fall. Vergegenwärtigen wir uns einmal diese drei Keplerschen Gesetze. Sie heißen ja:

Das erste: Die Planeten bewegen sich in Ellipsen um ihren Zentralkörper, und in einem der Brennpunkte dieser Ellipsen steht der Zentralkörper.

Das zweite: Die Radienvektoren eines Planeten beschreiben in gleichen Zeiten gleiche Sektoren, gleiche Flächen.

Das dritte: Für verschiedene Planeten verhalten sich die Qua­drate der Umlaufzeiten wie die Kuben der großen Halbachsen.

Nun, wie gesagt, für eine heutige rein quantitative Betrachtung sind das auch nur Quantitäten. Für so jemand, wie Kepler war, lag noch einfach in dem Aussprechen des Elliptischen etwas, was bei ihm, indem er an die Kurve dachte, eine größere Lebendigkeit dar­stellte als der Kreis. Wenn irgend etwas sich elliptisch bewegt, ist es lebendiger, als wenn es sich nur kreisförmig bewegt, denn es muß innerliche Impulse anwenden, um den Radius zu verändern. Wenn sich etwas nur im Kreis bewegt, so braucht es nichts zu tun, um den Radius zu verändern. Es muß ein intensiveres inneres Leben an­wenden, wenn der Radiusvektor fortwährend geändert werden muß. Also einfach in dem Aussprechen des Satzes Und weiter: «Die Radienvektoren beschreiben in gleichen Zeiten gleiche Sektoren. » Wir haben da den Übergang von der Linie zur Fläche. Bitte, beachten Sie das! Indem uns zuerst bloß die Ellipse beschrieben wird, stehen wir in der Linie, in der Kurve. Indem wir hingeführt werden zu dem Weg, den der Radiusvektor beschreibt, werden wir in die Fläche geführt. Es wird eine wesentlich intensivere Beziehung enthüllt für die Planetenbewegung. Wenn so der Planet dahinrollt, wenn ich mich so ausdrücken darf, so drückt er etwas

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aus, was nicht nur in ihm liegt, sondern er zieht gewissermaßen seinen Schweif nach sich. Die ganze Fläche, die der Radiusvektor beschreibt, die gehört geistig dazu. Und man muß weiter charak­terisieren, namlich, daß sie in gleichen Zeiten einen gleichen Flächen­inhalt hat, muß ihren Charakter hervorheben, wenn man das cha­rakterisieren will, was mit dem Planeten geschieht.

Und erst das dritte Gesetz, das sich ja allerdings erstreckt auf das Leben, wie es sich abspielt zwischen verschiedenen Planeten, das bringt eine sehr komplizierte Gliederung zur Darstellung. «Die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die Kuben der großen Halbachsen» - der mittleren Entfernungen vom Zentralkörper. Sehen Sie, dieses Gesetz, das enthält eigentlich sehr viel, wenn man es noch so, wie es Kepler getan hat, lebendig auffaßt. Newton hat dann das ganze Gesetz getötet. Das hat er auf eine außerordentlich einfache Weise gemacht. Nehmen Sie einmal das dritte Keplersche Gesetz. Sie können es aufschreiben:

#Bild s. 72

Was haben wir auf der linken Seite der Gleichung, hier in der letzten Proportion? Nichts anderes als dasjenige, was ausdrückt die eine Hälfte des Newtonschen Gesetzes, und auf der anderen Seite die andere Hälfte, die Kräfte des Newtonschen Gesetzes. Sie brau­chen nur das Keplersche Gesetz anders zu schreiben und das, was herauskommt, auszusprechen, so können Sie sagen: «Die Anzie­hungskräfte verhalten sich umgekehrt wie die Quadrate der Entfer­nungen. » Da haben Sie das ganze Newtonsche Gravitationsgesetz aus dem Keplerschen Gesetz deduziert: Die Gravitationsl:räfte, die Anziehungskräfte zwischen den Planeten, den Himmelskörpern,

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verhalten sich umgekehrt wie die Quadrate der Entfernungen. Es ist nichts anderes als die Tötung des dritten Keplerschen Gesetzes. Es ist im Prinzip ganz genau dasselbe.

Aber nehmen Sie jetzt die Sache lebendig. Setzen Sie nicht vor sich hin das tote Produkt «Anziehungskraft»: «Die Anziehungskräfte nehmen ab mit den Quadraten der Entfernungen», sondern das, was lebendig in der Keplerschen Form drinnensteckt. Da haben Sie die Quadrate der Zeiten drin. Füllen Sie das caput mortuum der New­tonschen Anziehungskräfte, was bloß äußerlich angeschaut ist, aus mit dem, was Quadrat der Zeit ist, und Sie erfüllen auf einmal den Begriff der Anziehungskraft, der bei Newton wirklich ein Leich­nam von einer Vorstellung ist, mit einem innerlichen Leben. Denn das, was mit der Zeit zu tun hat, ist innerliches Leben. Und Sie haben nicht einmal die Zeit im einfachen Verlauf vor sich. Sie haben die Zeit im Quadrat! Wir werden erst noch darauf zurückkommen müssen, was für einen Sinn es hat, von der Zeit im Quadrat zu spre­chen. Aber jetzt können Sie sich vergegenwärtigen: Sie sprechen von der Zeit im Quadrat, also Sie sprechen von etwas Innerlichem. Denn die Zeit ist auch beim Menschen dasjenige, was eigentlich den inner­lichen Seelenablauf darstellt. Nun handelt es sich wirklich darum, daß man durch diesen toten Begriff der Newtonschen Anziehungs­kraft durchblickt auf dasjenige, was plötzlich ins Zentrum schießt und die Zeit hineinbringt und damit innerliches Leben hinein-bringt.

Nun aber betrachten wir die Sache einmal von einem anderen Gesichtspunkte aus. Beachten Sie, daß das so ist, daß sich ja diese erste Formel auch auf die Erde bezieht im Keplerschen Sinn. Dann beschreibt die Erde nicht nur eine Ellipse, sondern Sie, indem Sie auf der Erde sich befinden, beschreiben die Ellipse mit. Und das­jenige, was äußerlich vorgeht, ist im inneren Vorgang in Ihnen drin­nen. Sie müssen also davon reden, daß das, was ich gesagt habe, daß es Kepler noch hatte, dieses lebendige Hervorgehen der Ellipse aus dem Kreis, einem innerlichen Vorgang entspricht in Ihrem eige­nen Inneren. Und indem Sie in der Linie sich bewegen, die so ver­läuft, daß in gleichen Zeiten der Radiusvektor den gleichen Sektor

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beschreibt, sind Sie es ja fortwährend, der sich auf den Zentralkörper bezieht, zur eigenen Sonne in Beziehung setzt. Sie beschreiben ja mit der Kurve in der Zeit eine solche Strecke, daß Sie fortwährend in Beziehung zur Sonne sind. Wenn ich mich etwas anthropomorphisch ausdrücken darf, müßte ich sagen: Sie müssen fortwährend acht-geben, daß Sie nicht ausrutschen, daß Sie nicht zu schnell sich be­wegen, daß Ihr Radiusvektor keine zu große Fläche beschreibt. Er muß fortwährend im richtigen Verhältnis zur Sonne sein, der äußere Punkt, der sich in der Ellipse bewegt. Da (erstes Gesetz) haben Sie die Bewegung, die Sie selber machen, absolut linienhaft im Raum charakterisiert. Im zweiten Gesetz haben Sie das Verhältnis zur Sonne charakterisiert. Und gehen wir über auf das dritte Gesetz, dann haben Sie als inneres Erlebnis das Verhältnis zu den übrigen Planeten und Ihre Beziehung zu diesen Planeten. Diese lebendige Beziehung ist einfach in dem dritten Keplerschen Gesetz ausge­drückt. Wir müssen also nicht nur im Menschen suchen die Vor­gänge, die uns dann wiederum hinausführen in den Kosmos, son­dern wenn wir nur richtig interpretieren dasjenige, was uns mathe­matisch versinnbildlicht die kosmischen Vorgänge, dann können wir auch, weil ja der Mensch die Mathematik da miterlebt, weil er selbst drinnensteht in der lebendigen Mathematik, wiederum darauf kom­men, daß wir das äußerlich Quantitative verinnerlichen müssen.

Davon wollen wir morgen weiter reden.

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VIERTER VORTRAG Stuttgart, 4. Januar 1921

Würde ich die Aufgabe haben, das Darzustellende nach den Metho­den der Geisteswissenschaft selber darzustellen, so müßte ich natür­lich von anderen Voraussetzungen ausgehen und würde gewisser­maßen zu dem Ziele, dem wir zusteuern wollen, auch schneller kommen können. Aber eine solche Auseinandersetzung würde Ih­nen nicht die Absicht gerade dieser Vorträge erfüllen können. Denn in diesen Vorträgen soll es sich darum handeln, eine Brücke zu schlagen zu demjenigen, was die gewohnte wissenschaftliche Denk­weise ist, wenn ich auch gerade für diese Darstellungen Kapitel aus­gesucht habe, bei denen diese Brücke deshalb schwer zu schlagen ist, weil die gewohnte Denkweise sehr weit von einem wirklichkeits­gemäßen Standpunkte abliegt. Aber wenn auch der unwirklichkeits­gemäße Standpunkt bekämpft werden muß, so wird gerade in die­sem Bekämpfen ersichtlich sein, wie man herauskommt aus dem Unbeftiedigenden der modernen Theorien und hineinkommt in eine wirklichkeitsgemäße Erfassung der in Frage kommenden Tat­sachen. Ich möchte heute deshalb anknüpfen an die Art, wie sich die Vorstellungen über die Himmelserscheinungen im Laufe der neue­ren Zeit gebildet haben.

Wir müssen ja beim Bilden dieser Vorstellungen zweierlei unter­scheiden: Erstens, daß diese Vorstellungen hergeleitet sind von Beobachtungen, von Beobachtungen der Himmelserscheinungen, und daß dann theoretische Erwägungen geknüpft worden sind an diese Beobachtungen. Manchmal wurden ja sehr weit ausgesponnene Theorien geknüpft an verhältnismäßig sehr wenige Beobachtungen. Das ist das eine, daß von Beobachtungen ausgegangen worden ist und man dadurch zu bestimmten Vorstellungen gekommen ist. Das andere ist aber, daß man dann, indem man zu bestimmten Vorstel­lungen gekommen ist, diese Vorstellungen weiter zu Hypothesen ausgebildet hat. Und in diesem Ausbilden zu Hypothesen, die dann landen bei der Aufstellung eines ganz bestimmten Weltbildes, waltet

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zumeist eine außerordentliche Willkür deshalb, weil in dem Aus­bauen der Theorien sich durchaus dasjenige geltend macht, was als Vorurteil bei der einen oder anderen Persönlichkeit vorhanden ist, die solche Theorien ausbaut.

Ich will Sie da zunächst auf etwas aufmerksam machen, was Ih­nen vielleicht anfänglich paradox erscheinen könnte, was aber im­merhin, wenn es präzise ins Auge gefaßt wird, im weiteren Verlauf des Forschens sich durchaus fruchtbar erweisen muß. Sehen Sie, in dem ganzen neueren Denken der Naturwissenschaft herrscht ja das­jenige, was man nennen könnte, und übrigens auch genannt hat, die regula philosophandi. Sie besteht darin, daß man sagt: Was man in irgendeinem bestimmten Gebiete der Realität auf bestimmte Ur­sachen zurückgeführt hat, das muß auch in anderen Gebieten des Daseins, der Realität, auf dieselbe Ursache zurückgeführt werden. Man geht, indem man eine solche regula philosophandi aufstellt, gewöhnlich von etwas sehr Einleuchtendem, etwas Selbstverständ­lichem aus. So, wenn man etwa sagt, wie das die Newtonianer im­mer tun: Der Atmungsprozeß muß dieselben Ursachen beim Tier und beim Menschen haben. Das Entzünden eines Spanes muß die­selbe Ursache haben, ob es in Europa oder in Amerika erfolgt. - Bis hierher bleiben die Dinge durchaus in der Sphäre der Selbstver­ständlichkeit. Dann wird aber ein gewisser Sprung gemacht, den man aber nicht merkt, sondern als etwas Selbstverständliches an­nimmt. Das charakterisiert sich uns, wenn wir etwas sehen, was eben gerade bei solchen Persönlichkeiten, die mit dieser Denkweise be­haftet sind, angeschlossen wird. Da wird gesagt: Wenn eine Kerze leuchtend wird und wenn die Sonne leuchtet, so muß dem Leuchten der Kerze und dem Leuchten der Sonne dieselbe Ursache zugrunde liegen. Wenn ein Stein zur Erde fällt und wenn der Mond um die Erde kreist, so muß der Bewegung des Steines und der Bewegung des Mondes dieselbe Ursache zugrunde liegen. - Man schließt an eine solche Auseinandersetzung dann auch noch etwas anderes an: Man käme zu keinen Erklärungen in der Astronomie, wenn das nicht der Fall wäre, denn man kann Erklärungen eben nur von dem Irdischen gewinnen. Wenn also nicht im weiten Himmelsraum dieselbe Kausalität

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herrschen würde wie auf der Erde, könnte man nicht zu einer Theorie kommen.

Aber bitte berücksichtigen Sie, daß das, was hier als regula philo­sophandi ausgesprochen wird, doch nichts weiter ist als ein Vor­urteil. Denn wer bürgt denn irgendwie in der Welt dafür, daß nun wirklich die Ursachen des Leuchtens einer Kerze und die Ursachen des Leuchtens der Sonne dieselben sind? Oder daß beim Fallen des Steines oder beim Fallen des berühmten Apfels vom Baume, durch den Newton zu seiner Theorie gekommen ist, dieselben Ursachen zugrunde liegen wie den Bewegungen der Weltenkörper? Das war ja etwas, worauf man erst kommen mußte. Das ist durchaus nur ein Vorurteil. Und solche Vorurteile fließen durchaus überall da ein, wo man zuerst induktiv gewisse theoretische Erwägungen, gewisse Bild-vorstellungen anknüpft an Beobachtungen und wo man dann ein­fach blindwütig ins Deduzieren hineinkommt und Weltensysteme durch dieses Deduzieren konstruiert.

Dasjenige, was ich Ihnen hier so abstrakt charakterisiere, ist aber historische Tatsache geworden. Denn sehen Sie, es ist eine konti­nuierliche Entwickelung zu verfolgen in demjenigen, was aus we­nigen Beobachtungen gezogen haben die großen Geister am Aus­gang der neueren Zeit, Kopernikus, Kepler, Galilei. Insbesondere bei Kepler wird man sagen müssen, daß in dem dritten, gestern an­geführten Gesetz etwas ganz Außerordentliches liegt in bezug auf die Analyse der Tatsachen, die ihm allein vorliegen konnten. Es ist eine ungeheure geistige Spannkraft, die da in Tätigkeit versetzt wur­de bei Kepler, wenn er aus dem Wenigen, was ihm vorlag, dieses, sagen wir, «Gesetz» - besser wäre zu sagen: diese begriffliche Zusam­menfassung - über die Welterscheinungen gefunden hat. Aber dann setzt eine Entwickelung ein, die über Newton geht und die nicht eigentlich ausgeht von wirklichen Beobachtungen, sondern die im Grunde genommen schon von dem Theoretischen ausgeht und die allerlei Kraft- und Massenbegriffe konstruiert, die wir einfach weglassen müssen, wenn wir bei der Realität bleiben wollen. Und dann setzt sich das fort. Und es erscheint, ich möchte sagen, auf einem gewissen Höhepunkt durchaus mit Scharfsinn, mit Genialität

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erfaßt da, wo es zu einer genetischen Erklärung führt für das Welt­system, wie bei Laplace, wovon Sie sich überzeugen können, wenn Sie durchlesen sein berühmtes Buch «Exposition du systéme du monde» oder bei Kant in seiner «Naturgeschichte und Theorie des Himmels». Und in alledem, was dann in der Entwickelung weiter gefolgt ist, sehen wir, wie versucht wird aus dem heraus, was man sich als Vorstellungen machte über den Zusammenhang der Him­melsbewegungen, rückschließend auch die Entstehung dieses Welt-systems zu erklären, aus der Nebularhypothese heraus und so weiter.

Das muß durchaus berücksichtigt werden, daß hier im histori­schen Gang der Entwickelung etwas liegt, was sich zusammensetzt aus Induktionen, die allerdings gerade in diesem Gebiet in genialer Weise gemacht worden sind, und aus nachfolgenden Deduktionen, in denen aber durchaus mitgenommen ist dasjenige, was die betref­fenden Persönlichkeiten gerade als in ihrer Vorliebe liegend an­gesehen haben. So daß man sagen kann: Insofern irgend jemand materialistisch dachte, war es für ihn ganz selbstverständlich, in den deduktiven Begriff hinein materialistische Vorstellungen zu mi­schen. Denn da sprachen nicht mehr die Tatsachen. Da konnte man jetzt ausgehen von demjenigen, was sich erst durch die Deduktion als eine Theorie ergeben hatte. Und so kann man sagen: Es bildete sich zum Beispiel durchaus induktiv die Vorstellung aus, die man jetzt zusammenfassen mußte in den Begriff: Zentralkörper Sonne, die Planeten in Ellipsen umgehend nach einem bestimmten Gesetz, die Radienvektoren beschreiben in gleichen Zeiten gleiche Sek­toren. - Und indem man den Blick auf die einzelnen Planeten des Sonnensystems lenkte, konnte man wiederum zusammenfassen das gegenseitige Verhältnis durch das dritte Keplersche Gesetz: Für ver­schiedene Planeten verhalten sich die Quadrate der Umlaufzeiten wie die Kuben der mittleren Entfernungen von der Sonne. - Das er­gab ein gewisses Bild. Die Frage war aber nicht entschieden, ob die­ses Bild nun eine völlige Deckung in sich enthielt mit der Realität, sondern es war eine Abstraktion, die herausgenommen war aus der Realität. Wie sich dieses Bild zur Totalität des Realen verhält, das war damit ja nicht gegeben. Aber aus diesem Bilde heraus. durchaus

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nicht aus der Realität, sondern aus diesem Bilde heraus deduzierte man alles das, was dann im Grunde eine genetische Astronomie ge­worden ist. Das ist dasjenige, was durchaus ins Auge gefaßt werden muß. Und der Mensch der Gegenwart wird von Kindheit auf so unterrichtet, als ob das, was seit einigen Jahrhunderten deduziert worden ist, irgend welchen Realitäten entsprechen würde.

Wir wollen daher, durchaus anknüpfend an das wirklich Wissen­schaftliche, so gut es irgend geht, absehen von alledem, was in die­sem Entwickelungsgang drinnen ist an rein Hypothetisch-Theoreti­schem, und wollen an die Vorstellungen anknüpfen, die sich nur so­weit von der Realität wegbegeben, daß man in ihnen noch die Bezie­hung zur Realität später wird entdecken können. Das wird also in der ganzen heutigen Darstellung meine Aufgabe sein, daß ich mich nur so lange bewege in der Richtung, in der sich das neuere Denken auf diesen Gebieten bewegt hat, daß ich, um eben gerade im Wis­senschaftlichen drinnen stehenzubleiben, mitgehen werde bis zu der Gestalt der Begriffe, die dann, wenn man sie als Begriffe nimmt, noch gestatten, den Weg in die Realität wiederum zurückzufinden. Ich will mich also nicht so weit von der Realität entfernen, daß die Begriffe so grob werden, daß man Nebularhypothesen aus ihnen de­duzieren kann.

Wollen wir in dieser Weise heute in unserer Betrachtung verfah­ren, dann können wir sagen: Wenn wir diese neuere Begriffsbildung auf dem uns interessierenden Felde verfolgen, so haben wir zuerst einen Begriff zu bilden, der sich nun wirklich induktiv gerade dem Kepler ergeben hat, der dann auch weiter ausgebildet worden ist und den man zunächst ins Auge zu fassen hat. Ich bemerke noch einmal ausdrücklich, ich will in diesen Begriffen nur so weit gehen, daß selbst wenn dieser Begriff, so wie er konzipiert ist, falsch sein sollte, er sich nur so wenig von der Realität enrfernt hat, daß man in ihm das Falsche eliminieren und auf das Richtige wird zurückrühren können. Es handelt sich darum, daß wir einen gewissen Takt ent­wickeln für dasjenige, was noch wittert die Realität in den Begriffen, die man ausbildet. Anders kann man nämlich nicht vorgehen, wenn man eine Brücke schlagen will zwischen dem, was wirklichkeitsgemäß

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ist, und der in die neueren Theorien so eingesponnenen Wis­senschaftlichkeit.

Da ist zunächst ein Begriff, auf den wir eingehen müssen: Die Planeten haben exzentrische Bahnen, beschreiben Ellipsen. Das ist etwas, was wir zunächst vertreten können: Die Planeten haben ex­zentrische Bahnen und beschreiben Ellipsen; in einem Brennpunkt steht die Sonne, und zwar beschreiben sie diese Ellipsen eben nach dem Gesetz, daß die Radienvektoren in gleichen Zeiten gleiche Sek­toren beschreiben.

Ein zweites Wichtiges ist es, daß wir festhalten an der Vorstel­lung, daß für jeden Planeten eine eigene Bahnebene vorhanden ist. Wenn also auch im allgemeinen die Planeten, ich möchte sagen, in der Nachbarschaft ihre Umdrehungen vollführen, so ist doch für jeden Planeten eine bestimmte eigene Bahnebene vorhanden, wel­che geneigt ist gegen die Ebene des Sonnenäquators. Also einfach, wenn das die Ebene des Sonnenäquators charakterisieren würde (Figur), so würde eine Bahnebene eines Planeten so sein, und nicht in irgendeiner Weise zusammenfallen etwa mit der Ebene des Son­nenäquators.

#Bild s. 80

Das sind zwei sehr wichtige, bedeutsame Vorstellungen, die man sich aus den Beobachtungen heraus bilden muß. Und sogleich, in­dem man sich diese Vorstellungen bildet, muß man Rücksicht neh­men auf etwas, was gegen diese Vorstellungen, so möchte ich sagen, im wirklichen Weltenbilde sich auflehnt. Wenn man nämlich ver­sucht, einfach unser Sonnensystem in seiner Totalität zusammen­zudenken und man würde dabei nur diese zwei Vorstellungen zugrunde

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legen: Die Planeten bewegen sich in exzentrischen Bahnen und die Bahnebenen sind in verschiedenen Graden gegen die Ebene des Sonnenäquators geneigt -, so würde man, indem man dieses als Gesetz ausdehnen wollte, nicht mehr in irgendeiner Weise zurecht­kommen in dem Augenblick, wo man die Kometenbewegungen ins Auge fassen wollte. Sobald man diese ins Auge faßt, reicht man nicht mehr aus, man kommt nicht zurecht. Und die Folgen mögen Sie lieber durch historische Tatsachen einsehen als durch theore­tische Erwägungen.

Aus den Vorstellungen heraus, daß annähernd in der Ebene des Sonnenäquators die Bahnebenen der Planeten liegen, daß die Bah­nen exzentrische Ellipsen sind, aus dieser Vorstellung heraus haben ja Kant, Laplace und ihre Nachfolger eben die Nebularhypothese gebildet. Nun verfolgen Sie einmal dasjenige, was da zutage ge­treten ist. Es ist zur Not - auch nur zur Not, übrigens - eine Art Entstehungsgeschichte des Sonnensystems darstellbar. Aber das­jenige, was da als Weltensystem herauskonstruiert worden ist, das enthält eigentlich niemals eine irgendwie befriedigende Erklärung über den Anteil, den die Kometenkörper dabei haben. Die fallen immer aus der Theorie heraus. Dieses Herausfallen aus den Theo­rien, wie man sie auf dem historischen Wege gewinnt, ist nichts anderes als ein Beweis der Auflehnung des kometarischen Lebens gegen das, was nicht aus der Totalität, sondern nur aus einem Teil der Totalität heraus als Begriff konstruiert worden ist. Dann müssen wir ja uns klar sein darüber, daß die Kometen in ihren Bahnen ja vielfach wiederum zusammenfallen mit andern Körpern, die auch in unser System hereinspielen und die eben gerade durch ihre Eigen. schaft als Begleiter der Kometen ein Rätsel abgeben. Das sind die Meteoritenschwärme, die sehr häufig, wahrscheinlich immer, in ih­ren Bahnen zusammenfallen mit den Kometenbahnen. Wir sehen also da etwas hereinspielen in die Totalität unseres Systems, was uns dazu führt, daß wir uns sagen: Es hat sich allmählich aus der Be­trachtung der Totalität unseres Systems eine Summe von Vorstellun­gen gebildet, mit denen man nicht bewältigen kann dasjenige, was uns nun, durch dieses System sehr unregelmäßig, fast willkürlich

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durchgehend, die Kometen und Meteoritenschwärme darstellen. Diese entziehen sich durchaus demjenigen, was man noch umfassen kann mit den abstrakten Vorstellungen, die man gewonnen hat. Ich müßte Ihnen eine lange historische Auseinandersetzung geben, wenn ich im einzelnen darstellen wollte, wie Schwierigkeiten immer im Konkreten vorliegen, wenn aus astronomischen Theorien heraus die Forscher, oder besser gesagt, die Denker, auf die Kometen und Meteoritenschwärme kommen. Aber ich will ja überall nur auf die Richtungen hinweisen, in denen das Gesunde gesucht werden kann. Wir kommen zu diesem Gesunden, wenn wir noch etwas anderes berücksichtigen.

Sehen Sie, jetzt wollen wir einmal versuchen aus Begriffen, die nun real geblieben sind, das heißt, noch einen Rest von Realität in sich haben, wiederum ein bißchen zurückzuwandern. Das muß man ja überhaupt immer tun in bezug auf die äußere Welt, damit man sich nicht zu stark mit seinen Begriffen von der Realität entfernt. Es ist ja menschlicher Hang, das zu tun. Man muß immer wiederum zurück. Es ist schon etwas außerordentlich Gefährliches, wenn man den Begriff gebildet hat: Die Planeten bewegen sich in Ellipsen, und nun anfängt, auf diesen Begriff eine Theorie aufzubauen. Es ist viel besser, wenn man, nachdem man einen solchen Begriff gebildet hat, wiederum zurückkehrt zur Realität, um nun zu probieren, ob man diesen Begriff nicht korrigieren oder wenigstens modifizieren muß. Das ist das allerwichtigste. Im astronomischen Denken zeigt es sich so ganz klar. Im biologischen und namentlich im medizinischen Denken wird dieser Fehler so stark gemacht, daß man das Richtige überhaupt schon nicht mehr macht, daß man niemals Rücksicht nimmt darauf, wie notwendig es ist, sofort wenn man einen Begriff gebildet hat, wiederum zurückzuwandern zur Realität, um zu se­hen, ob man ihn nicht modifizieren muß.

Also die Planeten bewegen sich in Ellipsen, aber diese Ellipsen sind veränderlich, sie sind manchmal mehr Kreis, manchmal mehr Ellipse. Das finden wir wiederum, wenn wir nun wieder mit dem Ellipsenbegriff zur Realität zurückgehen. Im Lauf der Zeit wird eine Ellipse mehr ausgebaucht, wird mehr zu einem Kreis, dann wiederum

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mehr zu einer Ellipse. Also es umfaßt gar nicht die totale Wirk­lichkeit, wenn ich sage: Die Planeten bewegen sich in Ellipsen, sondern ich muß den Begriff modifizieren. Ich muß sagen: Die Pla­neten bewegen sich in Bahnen, die fortwährend dagegen kämpfen, ein Kreis zu werden oder eine Ellipse zu bleiben. Wenn ich die Linie nun ziehe (Ellipse), muß ich eigentlich, um dem Begriff gerecht zu werden, die Linie aus Kautschuk oder wenigstens beweglich bil­den, ich müßte sie in sich fortwährend verändern. Denn wenn ich mir einmal die Ellipse ausgebildet habe, die für eine Umgehung des Planeten da ist, so paßt sie schon wieder nicht auf die nächste Umge­hung und noch weniger auf die folgende. Also die Geschichte ist nicht so, daß, wenn ich übergehe von der Realität in die Starrheit des Begriffes, ich noch in der Realität bleiben kann. Das ist das eine.

Das andere ist: Wir haben gesagt, die Ebenen der Planetenbah­nen sind geneigt gegen die Ebene des Sonnenäquators. Weil die Planeten an den Schnittpunkten nach oben oder nach unten gehen, sagt man, sie bilden Knoten. Diese sind aber auch nicht feste Punkte. Es sind die Linien, die solche Knoten verbinden (Figur S. 80, KK1) beweglich, ebenso die Neigungen der Ebenen zueinander. Also auch diese Neigungen, wenn wir sie aussprechen in Begriffszusam­menfassungen, bringen uns wiederum zum starren Begriff, den wir gleich modifizieren müssen an der Wirklichkeit. Denn wenn einmal eine Bahn in einer bestimmten Weise geneigt ist, ein andermal wie­der anders geneigt ist, modifiziert sich dadurch alles dasjenige, was man zunächst als Begriff herausbringt. Gewiß, man kann jetzt an­fangen, wenn man an einen solchen Punkt gekommen ist, bequem zu werden und kann sagen: Ganz gewiß, in der Wirklichkeit sind Störungen vorhanden, die Wirklichkeit wird mit unseren Begriffen nur approximativ umfaßt. - Und dann kann man bequem fort-schwimmen in den Theorien. Dann schwimmt man aber so weit, daß, sobald man phantastischerweise aus den Theorien Bilder zu konstruieren versucht, die der Wirklichkeit entsprechen sollen, diese der Wirklichkeit nicht entsprechen.

Das ist ja natürlich leicht zuzugeben, daß zusammenhängen muß irgendwie mit dem Leben des ganzen Planetensystems oder, sagen

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wir, mit der Wirksamkeit im ganzen Planetensystem dieses Verän­derliche der exzentrischen Bahnen, der Neigungen der Bahnebenen. Das muß mit der ganzen Wirksamkeit irgendwie zusammenhängen, muß dazugehören. Das ist ja ganz selbstverständlich. Aber wenn man nun von da aus wiederum den Begriff sich bildet, das heißt, wenn man sich sagt: Nun ja, ich will also mein Denken so weit in Bewegung bringen, daß ich mir die Ellipse fortwährend ausbau­chend und zusammenziehend denke, die Bahnebene auf- und ab-steigend, sich drehend denke, dann kann man von da ausgehend sich wiederum ein Planetensystem konstruieren als Wirklichkeit. -Schön. Aber wenn Sie den Begriff zu Ende denken, dann bekom­men Sie gerade bei konsequentem Denken ein Planetensystem, das nicht bestehen kann. Durch die Summierung der Störungen, die entstehen, besonders auch durch die Veränderlichkeit der Knoten, würde das Planetensystem fortwährend seinem Tode entgegengehen, seiner Starrheit. Dann aber tritt das ein, was Philosophen immer be­tont haben: Wenn man ein solches System sich ausmalt, so hat ja die Wirklichkeit nun wirklich Zeit genug gehabt, bis zum Endpunkte zu kommen. Es ist kein Grund vorhanden, warum das nicht wahr sein sollte. Wir hätten es zu tun mit erfüllter Unendlichkeit, und es müßte die Starrheit schon da sein. Wir kommen da in ein Gebiet hinein, das sollte uns klar sein, welches schon scheinbar so dasteht, daß das Denken stillestehen bleibt. Denn gerade indem ich mein Denken bis zum letzten Punkt verfolge, kriege ich ein Weltsystem heraus, das ruhig und starr ist. Es ist aber nicht das wirkliche, was ich vor mir habe.

Nun kommt man aber noch auf etwas anderes, und das ist das­jenige, was wir ganz besonders berücksichtigen müssen. Man kommt darauf, indem man diese Dinge weiter verfolgt - besonders bei Laplace können Sie es verfolgen, ich will nur die Erscheinungen immer angeben -, daß deshalb dieses Weltsystem unter dem Ein­flusse der Störungen durch die Veränderlichkeit der Knoten und so weiter nicht zur Starrheit gekommen ist, weil die Verhältniszahlen der Umlaufzeiten der Planeten nicht kommensurabel sind, weil sie inkommensurable Größen sind. Zahlen mit unendlich vielen Dezimalen.

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Also kommen wir dazu, uns zu sagen: Wenn wir vergleichen die Umlaufzeiten der Planeten im Sinne des dritten Keplerschen Gesetzes, dann sind die Verhältnisse dieser Umlaufzeiten nicht angebbar durch ganze Zahlen, auch nicht durch endliche Brüche, sondern nur durch inkommensurable Zahlen, durch Zahlen, die nicht irgendwie aufgehen. Deshalb ist sich die heutige Astronomie auch klar darüber, daß diesem Umstande der Inkommensurabilität der Verhältnisse zwischen den Umlaufzeiten auch im dritten Kepler­schen Gesetz das Planetensystem seine weitere Beweglichkeit ver­dankt, sonst müßte es längst zum Stillstand gekommen sein.

Aber jetzt halten wir uns das ganz genau vor Augen. Wir kom­men zuletzt dazu, festhalten zu müssen dasjenige, was wir an Begrif­fen über das Planetensystem ausgebildet haben, in Zahlen, die sich überhaupt nicht mehr fassen lassen. Das ist etwas außerordentlich Bedeutsames. Durch die Notwendigkeit des wissenschaftlichen Ent­wickelungsganges selber kommen wir also dazu, über das Planeten-system mathematisch so zu denken, daß dieses Mathematische nicht mehr kommensurabel ist. Und wo Inkommensurabilität eintritt, da stehen wir doch gerade an dem Ort, in jenem Moment, wo wir doch landen müssen in der mathematischen Entwickelung bei einer kom­mensurablen Zahl. Wir lassen die inkommensurable Zahl stehen, schreiben den Dezimalbruch hin, aber nur bis zu einer gewissen Stelle. Irgendwo verlassen wir das, was wir da treiben, wenn wir zum Inkommensurablen kommen. Die Mathematiker unter Ihnen mö­gen sich das klar machen. Sie werden sehen, daß da etwas vorliegt bei der inkommensurablen Zahl, wo ich sage: Ich mathematisiere bis hierher und muß dann sagen: Hier geht es nicht weiter. - Ich kann es nicht anders sagen - verzeihen Sie, wenn ich für ein Ernstes einen etwas komischen Vergleich gebrauche -, als daß mich dieses Stehen­bleibenmüssen in der Mathematik sehr erinnert an eine Szene, die ich in Berlin einmal mitgemacht habe. Es kam damals auf die Mode der Überbrettl durch einige Männer, und ein solcher Mann war Peter Hille. Er hatte auch ein Überbrettl gegründet und wollte dort seine Gedichte vorlesen. Er war sehr liebenswürdig, er war in seinem In­nern durchaus Theosoph, aber er ist etwas im Bohemienleben aufgegangen.

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Ich kam einmal zu einer Darstellung, wo er seine eigene Dichtung vortrug im Überbrettl. Diese Dichtung war so weit gedie­hen, daß einzelne Zeilen fertig waren, und so las er die Dichtung vor:

«Es kam die Sonne ... und so weiter» -- die erste Zeile.

«Der Mond ging auf... und so weiter» - das war die zweite Zeile. Bei jeder Zeile sagte er: und so weiter, und dergleichen! Das war eine Vorlesung, die ich einmal mitgemacht habe. Es war im Grunde außerordentlich anregend. Jeder konnte die Zeile ergänzen, wie er wollte. Das ist bei den inkommensurablen Zahlen zwar nicht der Fall. Aber es ist doch so etwas, sobald man in die Inkommensurabi­lität hineinkommt, daß man den weiteren Prozeß nur andeuten kann. Man kann nur sagen: In der Richtung geht es nun weiter. Es ist nichts gegeben, wodurch man eine Vorstellung sich macht, was da noch alles für Zahlen kommen. Das ist wichtig, daß wir gerade auf dem Gebiet der astronomischen Betrachtung in die Inkommen­surabilität hineingeführt werden, daß wir also gar nicht anders können, als mit der Astronomie an die Grenze des Mathematisierens zu kommen, daß einfach einmal uns die Wirklichkeit durchgeht. Es geht uns die Wirklichkeit durch, anders können wir nicht sagen. Es entfällt uns die Wirklichkeit.

Ja, was bedeutet das aber? Wir wenden das, was unsere sicherste Wissenschaft ist, die Mathematik, an auf die Himmelserscheinun­gen, aber diese Himmelserscheinungen beugen sich nicht dieser sichersten Wissenschaft, sie entschlüpfen uns an einem Punkte. Gerade da, wo es ihnen ans Leben geht, da schlüpfen sie hinein in das Gebiet der Inkommensurabilität. So daß wir also da die Erschei­nung haben, daß das Ergreifen der Wirklichkeit an einem bestimm­ten Punkte aufhört und die Wirklichkeit in Chaos hineingeht. Wir können nicht von vorneherein sagen: Was macht denn nun eigent­lich diese Wirklichkeit, die wir da mathematisierend verfolgen, wo sie ins Inkommensurable hineinschlüpft? - Sie macht da drinnen ganz gewiß etwas, was mit ihrer Lebensfähigkeit zusammenhängt. Wir müssen also heraus aus demjenigen, was wir mathematisch be­herrschen, wenn wir in die astronomische Wirklichkeit hineinwollen. Das zeigt einfach der Kalkül selber. das zeigt die Entwickelung der

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Wissenschaft selber. Auf solche Punkte muß man hinarbeiten, wenn man wirklichkeitsgemäß Geist entfalten will

Und jetzt möchte ich Ihnen den anderen Pol der Sache hin-stellen. Sehen Sie, wenn Sie es physiologisch verfolgen, da können Sie ausgehen von irgendeinem Punkt der embryonalen Entwicke­lung, sei es der der Entwickelung des menschlichen Embryos im dritten, im zweiten Monat, sei es eines andern Lebewesens. Sie kön­nen sie zurückverfolgen und Sie können dann, soweit das mit den heutigen Hilfsmitteln der Wissenschaft möglich ist - es ist ja in sehr, sehr eingeschränktem Maße möglich, wie die, die sich damit befaßt haben, wissen werden -, Sie können, soweit einigermaßen gültige Vorstellungen darüber gemacht worden sind, sehen: Es wird eben zurückgegangen bis zu einem bestimmten Punkte, zu dem Punkte - und viel weiter kommt man nicht zurück - der Ablösung der Eizelle, der unbefruchteten Eizelle. Stellen Sie sich vor, wie weit Sie da zurückgehen können. Sie müssen aber, wenn Sie noch weiter zurückgehen wollen, in das Unbestimmte des ganzen mütterlichen Organismus zurückgehen. Das heißt, Sie kommen da im Zurück­gehen in eine Art Chaos hinein. Das können Sie gar nicht vermei­den, und daß man das nicht kann, zeigt Ihnen wieder der Gang der wissenschaftlichen Entwickelung. Ich bitte Sie, verfolgen Sie doch nur dasjenige, was da als wissenschaftliche Hypothese aufgetreten ist in der Panspermie und ähnlichen Dingen, wo darüber spekuliert worden ist, ob aus den Kräften des ganzen Organismus, was mehr Darwins Ansicht ist, sich vorbildet der einzelne Eikeim, oder ob sich dieser Eikeim mehr abgesondert in den bloßen Sexualorganen ent­wickelt und so weiter. Sie werden sehen, wenn Sie den Gang der wissenschaftlichen Entwickelung auf diesem Gebiet verfolgen, daß da zutage getreten ist eine reiche Fülle von Phantasie sogar, wie es sich verhält mit dem, was da der Genesis zugrunde liegt, wenn man sie nach rückwärts verfolgt im Hervorgehen des Eikeimes aus dem mütterlichen Organismüs. Da kommen Sie ins völlig Unbestimmte hinein. Heute ist überhaupt kaum mehr da in der äußeren Wissen­schaft über diese Sache als Spekulationen über den Zusammenhang des Eikeimes mit dem mütterlichen Organismus.

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Dann aber tritt dieser Eikeim in einem bestimmten Punkte sehr determiniert auf in etwas, das Sie wenigstens annähernd ganz gut fassen können mathematisierend, wenn auch nur geometrisierend. Sie können Zeichnungen machen von einem bestimmten Punkte an. Solche Zeichnungen sind in der Embryologie ja auch vorhanden. Den Eikeim, die Zelle können Sie zeichnen, können die Entwicke­lung verfolgen, real verfolgen mehr oder weniger. So kann man an­fangen etwas darzustellen, was Geometrie-ähnlich ist, was man in Formen bringen kann. Man verfolgt hier eine Realität. Sie ist in einer gewissen Weise umgekehrt demjenigen, was wir in der Astro­nomie gesehen haben. Da verfolgen wir erkennend eine Realität und wir kommen in die inkommensurable Zahl hinein. Die ganze Sache entschlüpft uns in das Chaos durch den Erkenntnisprozeß selber; in der Embryologie schlüpfen wir aus dem Chaos heraus. In einem gewissen Punkte können wir dasjenige, was aus dem Chaos hervor­geht, erfassen mit gewissen Formen, die der Geometrieform ähnlich sind. Gewissermaßen können wir sagen: Mathematisierend kommen wir ins Chaos hinein durch die Astronomie im Erkenntnisprozeß; und im bloßen Beobachten in der Embryologie haben wir gar nichts vor uns als ein Chaos, es wird ein Chaos, wenn die Beobachtung nicht mehr möglich ist. Da kommen wir aus dem Chaos heraus und kommen ins Geometrisieren hinein. Und es ist daher ein Ideal ge­wisser Biologen und ein sehr berechtigtes Ideal sogar, dasjenige, was sich darstellt in der Embryologie, in einer geometrisierenden Weise zu fassen. Die Figuren nicht nur als naturalistische Abbildungen des werdenden Embryos hinzumalen, sondern sie aus einer inneren Gesetzmäßigkeit, die ähnlich ist der Gesetzmäßigkeit geometrischer Figuren, zu konstruieren, das ist ein berechtigtes Ideal.

Nun, da können wir also sagen: Indem wir die Wirklichkeit beobachtend verfolgen, kommen wir aus etwas heraus, was zunächst unserem Erkennen ebenso wenig nahe liegt wie dasjenige, was da (in der Astronomie) die inkommensurable Zahl ist. Wir haben gewisser­maßen unser Erkennen nach der einen Seite geführt bis dahin, wo wir mit der Mathematik nicht mehr mitkommen; und wir haben unser Erkennen an einem bestimmten Punkte angefangen in der

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Embryologie, wo wir erst einsetzen können mit etwas, was ein Geo­metrie-Ähnliches ist. Bitte, denken Sie den Gedanken zu Ende. Sie können es, weil er ja ein methodologischer Gedanke ist, das heißt, seine Wirklichkeit in uns liegt.

Wenn wir mit dem Rechnen bei der inkommensurablen Zahl an­kommen, das heißt an einem bestimmten Punkte, wo wir das Reale nicht mehr hereinbringen in die Zahl, die wir abschließend dar­stellen können, dann muß unser Nachforschen darüber beginnen -und das ist dasjenige, wozu wir uns im nächsten Vortrag wenden werden -, ob es nicht auch mit den geometrischen Gebilden so ist wie mit den arithmetischen Gebilden, den analytischen Gebilden. Das analytische Gebilde führt zur inkommensurablen Zahl. Setzen wir zunächst einmal die Frage hin: Wie bilden die geometrischen Formen die Himmelsbewegungen ab? Führt uns nicht vielleicht dieses Abbilden an einen bestimmten Punkt ähnlich dem, wohin uns die Analysis führt, indem wir in die inkommensurable Zahl hinein müssen? Kommen wir nicht vielleicht, indem wir die Welten-körper, die Planeten verfolgen, an einer Grenze an, wo wir sagen müssen: Jetzt können wir nicht mehr in geometrischen Formen dar. stellen, jetzt ist das nicht mehr mit geometrischen Formen zu um-fassen? Gerade so, wie wir das Gebiet der faßbaren Zahl verlassen müssen, kann es sein, daß wir das Gebiet desjenigen verlassen müssen, wo wir in die geometrischen - auch arithmetischen, alge­braischen, analytischen - Formen, in Spiralen und so weiter, die Wirk­lichkeit mit der Zeichnung einfassen können. Da kommen wir ins Inkommensurable auch geometrisch hinein. Und so ist immerhin der folgende Tatbestand merkwürdig. Sehen Sie, Analysis kann man noch nicht viel anwenden in der Embryologie, aber die Geometrie erscheint schon sehr spukend da, wo wir anfangen, aus dem Chaos heraus die embryologischen Tatsachen zu entwickeln. Da erscheint an diesem Ende nicht so sehr das zahlenmäßig Inkommensurable, sondern das, was sich herausarbeitet aus dem formenhaft Inkom­mensurablen in die kommensurable Form hinein.

Wir haben jetzt an zwei Polen die Wirklichkeit zu erfassen ver­sucht: da, wo uns der Erkenntnisprozeß hinausführt aus der Analysis

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in das Inkommensurable hinein; da, wo uns das Beobachten hin-führt aus dem Chaos zu einem Erfassen der Wirklichkeit in immer kommensurableren und kommensurableren Formen. Das sind die Dinge, die man sich unbedingt zunächst einmal mit völliger Klar­heit vor die Seele führen muß, wenn man überhaupt eine wirklich­keitsgemäße Betrachtung anknüpfen will an dasjenige, was heute in der äußeren Wissenschaft vorliegt.

Daran möchte ich nun eine methodologische Betrachtung an­knüpfen, damit wir morgen mehr in Realeres hineinkommen kön­nen. Ich will anknüpfen an das Folgende. Sehen Sie, alles was wir bis jetzt dargestellt haben, hat ja in einer gewissen Weise zur Voraus­setzung gehabt, daß man sich immerzu als Mathematiker an die Er­scheinungen der Welt heranbegeben hat. Dann hat sich herausge­stellt, daß an einem Punkt der Mathematiker an eine Grenze kommt, eine Grenze, an die er auch in der formalen Mathematik kommt. Nun liegt nämlich unserer Denkweise etwas zugrunde, was vielleicht am allerwenigsten bemerkt wird, weil es sozusagen in die Maske der Selbstverständlichkeit fortdauernd sich hüllt und wir das Problem nicht eigentlich an seiner richtigen Ecke anfassen. Das be­zieht sich auf das Problem des Anwendens der Mathematik über-haupt auf die Wirklichkeit. Wie gehen wir dann da eigentlich vor? Wir bilden die Mathematik aus als eine formale Wissenschaft, und dann - sie erscheint uns absolut gewiß in ihren Folgerungen - wen­den wir die Mathematik auf die Realität an und denken nicht daran, daß wir sie eigentlich im Grunde unter gewissen Voraussetzungen anwenden. Nun ist heute durchaus auch schon eine Basis dafür ge­schaffen, einzusehen, wie sehr wir die Mathematik eigentlich nur unter gewissen Voraussetzungen anwenden auf die äußere Wirklich­keit. Das stellt sich heraus, wenn man die Mathematik nun über ge­wisse Grenzen hinaus erweitern will. Da geht man davon aus, daß man auch gewisse Gesetze, die man eigentlich nun nicht, wie ich es vorhin dargestellt habe bei der Zusammenfassung der Keplerschen Gesetze, an der äußeren Wirklichkeit gewinnt, sondern an dem ma­thematischen Prozeß selbst, daß man gewisse Gesetze ausbildet, die eigentlich nichts anderes sind als induktive Gesetze, an dem Mathematischen

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ausgebildet. Die verwendet man dann deduktiv, indem man auch da nun weitergeht und weit ausgesponnene mathemati­sche Theorien darauf baut.

Solche Gesetze sind ja diejenigen, denen heute jeder, der sich mit Mathematik befaßt, begegnet. Es ist schon in Dornacher Vorträ­gen von unserem Freund Blümel auf diesen Gang der mathemati­schen Untersuchungen bedeutsam hingewiesen worden. Eines der Gesetze, um die es sich handelt, ist zunächst dasjenige, das man das kommutative Gesetz nennt. Das kann ja ausgesprochen werden damit, daß man sagt: Es ist selbstverständlich

a+b=b+a oder

a * b=b * a.

Es ist eine Selbstverständlichkeit, solange man innerhalb reeller Zahlen bleibt. Aber es ist eben nur ein induktives Gesetz, aus der Handhabung der Rechnungspostulate mit reellen Zahlen abgeleitet.

Das zweite Gesetz ist das assoziative Gesetz. Es würde sich etwa so aussprechen lassen:

(a+b)+c=a+(b+c).

Wiederum ein Gesetz, das eben einfach abgeleitet ist aus der Hand­habung der Rechnungspostulate mit reellen Zahlen.

Das dritte Gesetz ist das sogenannte distributive Gesetz. Es ließe sich aussprechen etwa in der Form, daß man sagt:

a * (b + c) = ab + ac.

Wiederum ein Gesetz, das eben einfach induktiv gewonnen ist an der Handhabung der Rechnungspostulate mit reellen Zahlen.

Das vierte Gesetz ist dasjenige, das man etwa so aussprechen muß: Es kann ein Produkt nur gleich Null werden, wenn einer der Faktoren gleich Null ist. - Dieses Gesetz ist aber wiederum nur ein induktives Gesetz, aus der Handhabung der Rechnungspostulate mit reellen Zahlen abgeleitet. Wir haben also diese vier Gesetze:

Das kommutative Gesetz, das assoziative Gesetz, das distributive Gesetz und dieses Gesetz vom Nullwerden des Produktes. Diese Ge­setze werden nun heute in der formalen Mathematik zugrunde gelegt,

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und es wird weiter mit ihnen verfahren. Man kommt da zu außer­ordentlich interessanten Dingen, das ist gar nicht abzuleugnen.

Aber die Frage ist nun diese: Diese Gesetze gelten, solange man im Gebiet der reellen Zahlen und ihrer Postulate bleibt. Aber es ist dabei nie eine Rücksicht darauf genommen, ob die Wirklichkeit dem entspricht. Wir können sagen, innerhalb unserer formalen Er­fahrungsarten gilt a + b = b + a, aber gilt das auch innerhalb der Wirklichkeit? Es ist gar kein Grund aufzufinden, warum das nun innerhalb der äußeren Wirklichkeit gelten soll. Wir könnten ja sehr gut einmal überrascht werden damit, daß wir nicht zurecht kom­men, wenn wir sagen wollten, bei einem Prozeß der Wirklichkeit wäre a + b = b + a. Aber die Sache hat eine andere Seite. Wir haben in uns das Hängen an dieser Gesetzmäßigkeit und mit dieser Gesetz­mäßigkeit gehen wir daher an die Wirklichkeit heran; aus unserer Beobachtung fällt heraus, was dieser Gesetzmäßigkeit nicht ent­spricht. Das ist die andere Seite. Mit anderen Worten: Wir stellen Postulate auf, die wir auf die Wirklichkeit anwenden und halten sie für Axiome der Wirklichkeit selber. Wir dürften nur sagen: Ich be­trachte ein gewisses Gebiet der Wirklichkeit und schaue nach, wie weit ich komme mit dem Satz a + b = b + a. Mehr darf ich nicht sagen. Denn indem ich mit diesem Satz an die Wirklichkeit heran-trete, wird sich alles finden, was dem entspricht. Und dasjenige stoße ich mit den Ellbogen beiseite, was dem nicht entspricht. Diese Gewohnheit haben wir auch auf anderen Gebieten. Wir sagen zum Beispiel in der elementaren Physik: Die Körper haben ein Behar­rungsvermögen, eine Trägheit, und wir definieren dann, die Träg­heit bestünde darin, daß die Körper ohne bestimmten Anstoß den Ort nicht verlassen, an dem sie sind, oder daß sie ihre Bewegung nicht ändern. Aber das ist kein Axiom, sondern ein Postulat. Ich dürfte nur sagen: Ich nenne einen Körper, bei dem ich finde, daß er seinen Bewegungszustand nicht ändert, träge, und ich untersuche nun in der Wirklichkeit, was diesem Postulat entspricht. - Also, indem ich mir gewisse Begriffe bilde, bilde ich mir eigentlich nur Richtlinien, um die Wirklichkeit in einer gewissen Weise mit diesen Begriffen zu durchsetzen, und ich muß mir den Weg offen halten,

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andere Tatsachen mit anderen Begriffen zu durchsetzen. Ich denke eben die vier Grundgesetze der Zahlenlehre nur dann richtig, wenn ich sie ansehe als etwas, was mir Richtung gibt; als etwas, was mich befähigt, in regulativer Weise einzudringen in die Wirklichkeit. Aber ich befinde mich auf falschem Wege, wenn ich die Mathema­tik als konstitutiv für die Wirklichkeit annehme. Denn da wird mir die Wirklichkeit durchaus widersprechen in gewissen Gebieten. Und ein solcher Widerspruch ist der, von dem ich gesprochen habe, wo die Inkommensurabilität bei der Betrachtung der Himmelserschei­nungen eintritt.

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FÜNFTER VORTRAG Stuttgart, 5. Januar 1921

Es ist notwendig für den weiteren Fortgang unserer Betrachtungen, daß ich heute gewissermaßen etwas episodisch einschiebe. Wir wer­den uns dann in bezug auf unsere eigentliche Aufgabe leichter ver­ständigen können. Ich möchte heute also eine allgemeinere Betrach­tung über das Erkenntnistheoretische der Naturwissenschaft, aller­dings von einem besonderen Gesichtspunkte aus, einschieben. Wir knüpfen insofern an das Gestrige an, als wir uns noch einmal ver­gegenwärtigen, zu welchen Resultaten wir gestern, wenigstens vor­läufig, gekommen sind. Die Verifizierung dieser Resultate wird sich allerdings ja auch erst im Laufe der Vorträge ergeben können.

Wir haben gesehen aus der Betrachtung der Himmelserschei­nungen, insofern diese Himmelserscheinungen ausgedrückt werden von unserer Astronomie in geometrischen Formen oder auch zahlen-mäßig verfolgt werden, daß man geführt wird zu inkommensurablen Größen. Das heißt, wie wir gestern auseinandergesetzt haben, daß es einen gewissen Moment in unserem Erkenntnisprozeß gibt, wenn wir diesen Erkenntnisprozeß auf die Himmelserscheinungen an­wenden, wo wir gewissermaßen stille stehen müssen, wo wir auf­hören müssen, die mathematischen Betrachtungen für kompetent zu erklären. Wir können einfach von einem bestimmten Punkte an nicht mehr fortfahren, Linien zu zeichnen, um Bewegungen von Himmelskörpern zu verfolgen, wir können auch nicht mehr fortfahren, die Analysis anzuwenden, sondern können nur sagen:

Bis zu einem gewissen Punkte führt uns Analysis und geome­trische Betrachtungsweise, aber von diesem Punkte an geht es nicht weiter. Daraus werden wir, allerdings zunächst auch wieder provisorisch, eine wichtige Folgerung ziehen müssen: daß wir dann, wenn wir dasjenige mathematisch betrachten, was wir se­hen, sei es mit dem unbewaffneten oder mit dem bewaffneten Auge, es nicht in irgendwelche geometrische Figuren oder mathe­matische Formeln hineinbringen können. Wir umfassen also nicht

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die Totalität der Erscheinungen mit Algebra, Analysis oder Geo­metrie.

Bedenken Sie, was sich daraus für Bedeutsames ergibt. Es ergibt sich, daß, wenn wir den Anspruch erheben, die Totalität der Him­melserscheinungen zu betrachten, wir darauf verzichten müssen, dies so zu tun, daß wir sagen: Die Sonne bewegt sich so, daß wir diese Bewegung in einer Linie nachzeichnen können; der Mond be­wegt sich so, daß wir diese Bewegung in einer Linie nachzeichnen können. Also gerade auf dasjenige, was wir fortwährend als unseren sehnlichsten Wunsch empfinden, müssen wir im Grunde, wenn wir uns der Totalität der Erscheinungen gegenüberstellen, eigentlich verzichten. Es ist dies um so bedeutsamer, als ja heute in dem Au­genblick, wo man sagt: Es genügt das kopernikanische Weltsystem so wenig als das ptolemäische -, jeder antwortet: Also zeichnen wir ein anderes auf. - Und wir werden erst im Verlauf dieser Vorträge sehen, was an die Stelle des Zeichnens gesetzt werden muß, wenn man die Totalität der Erscheinungen wirklich ins Auge fassen will.

Ich muß zuerst dieses Negative vor Sie hinstellen, bevor wir in das Positive hineinkommen können, weil es außerordentlich wichtig ist, hier zu ganz klaren Begriffen vorzuschreiten. Auf der anderen Seite haben wir gestern gesehen, wie aus unbestimmten, chaotischen Re­gionen heraufsteigt dasjenige, was wir dann von einem bestimmten Punkte an bildhaft, also auch in einem gewissen Sinne geometrisch, erfassen können, nämlich dasjenige, was uns durch die Embryologie entgegentritt. Man möchte sagen: Wenn man im Erkenntnispro­zeß - ich habe es xuch gestern ausgesprochen - die Himmelserschei­nungen verfolgt, so kommt man in diesem Erkenntnisprozeß an einen Punkt, wo man sich sagen muß, die Welt ist anders, als man mit diesem Erkenntnisprozeß sie zunächst auffassen möchte; wenn man die embryologischen Erscheinungen betrachtet, so muß man sagen, man muß irgend etwas voraussetzen, das vorangeht jener Wirklichkeit, die wir noch umfassen können.

Nun trat ja außer anderen Dingen, ich will die Dinge nur ganz grob kennzeichnen, in der embryologischen Betrachtungsweise ein Zweifaches zutage in der neueren Zeit. Auf der einen Seite waren

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die Menschen noch stramme Anhänger des biogenetischen Grund­gesetzes, welches ja besagt, daß die individuelle Entwickelung des Keimes eine Art verkürzter Stammesentwickelung ist. Diese Men­schen wollten also gewissermaßen kausal zurückführen die Keimes­entwickelung auf die Stammesentwickelung. Dagegen traten dann andere auf, welche von einer solchen Herleitung des Individuell­Keimhaften aus der Stammesentwickelung nichts wissen wollten und davon sprachen, daß man sich an die unmittelbar in den Er­scheinungen des Embryonalen vorhandenen Kräfte halten müsse; welche, mit anderen Worten, von einer Art Entwickelungsmechanik sprachen. Man kann eigentlich sagen: Aus der strammen biogeneti­schen Schule Haeckels ist Oscar Hertwig hervorgegangen, der dann ganz übergegangen ist zur Anerkennung der Entwickelungsmecha­nik. Da man das Mechanische wenigstens Mathematik-ähnlich fas­sen muß, wenn man auch nicht zu einer genauen Mathematik kommt, so tritt uns da auch historisch entgegen - und auf die Dinge, wie sie sich historisch entwickelt haben, wollen wir ja hin­weisen -, wie zuerst etwas anderes vorausgesetzt wird und dann ein­gesetzt wird mit einer Mechanik-Mathematik-ähnlichen Betrach­tungsweise.

Diese Dinge liegen zunächst, möchte ich sagen, mehr erkenntnis-theoretisch vor. Auf der einen Seite werden wir im Erkenntnis-prozeß an eine Grenze getrieben, wo wir nicht mehr weiterkommen mit der Betrachtungsweise, die wir zunächst als die uns beliebte haben; auf der anderen Seite kommen wir in der Beobachtung des Embryonalen nur dann zu irgendeiner Möglichkeit, die Sache in der gewöhnlichen Weise zu fassen, wenn wir Voraussetzungen machen, die wir zunächst liegen lassen; wenn wir uns also sagen: Im Gebiete des Wirklichen ist etwas, was wir zunächst liegen lassen im Unbe­stimmten, und an einem bestimmten Punkte fangen wir an, das Beobachtbare wenigstens in Formen und Verhältnissen anzuschau­en, die Mathematik- und Mechanik-ähnlich sind.

Diese Dinge machen es eben notwendig, daß wir heute eine Art allgemeiner Betrachtung einschieben. Ich habe schon darauf auf­merksam gemacht, daß die naturwissenschaftliche Betrachtung heute

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im Grunde genommen nach dem Ideal strebt, die äußere Natur möglichst unabhängig vom Menschen zu betrachten, die einzelnen Erscheinungen gewissermaßen in der Objektivität zu fixieren und den Menschen auszuschalten. Wir werden sehen, daß gerade durch diese Betrachtungsweise, die den Menschen ausschaltet, es unmög­lich ist, über solche Schranken hinauszukommen, wie wir sie jetzt nach zwei Seiten hin haben bemerken können. Und das hängt damit zusammen, daß der Metamorphosengedanke, den ja Goethe, ele­mentar zuerst, umfassend dargestellt hat, eigentlich noch recht we­nig verfolgt worden ist. Er ist allerdings in bezug auf das Morpholo­gische bis zu einem gewissen Grade verfolgt worden, allein auch da hat sich uns ja schon gezeigt, wie die Morphologie von heute aus dem Grunde zu keinem Ziel kommen kann, weil zum Beispiel die Formkonstruktion eines Röhrenknochens im Vergleich mit einem Schädelknochen nicht in der richtigen Weise angeschaut werden kann. Dazu müßte man ja vorschreiten zu Betrachtungen, welche uns dazu führen, das eine Mal das Innere, die innere Fläche des Knochens beim Röhrenknochen zum Beispiel zu verfolgen, und dann dieser inneren Fläche parallel zu stellen gerade die äußere Flä­che des Schädelknochens' so daß man es da zu tun hat mit einer Um­wendung, wie wenn man einen Handschuh umwendet, und zu glei­cher Zeit mit einer Formänderung, also Änderung der Flächen­Spannungsverhältnisse beim Umwenden, beim Kehren des Innern nach dem Äußeren. Erst wenn man die Metamorphose in dieser ja für manche kompliziert ausschauenden Weise verfolgt, kommt man in diesen Betrachtungen an ein Ziel.

Aber wenn man herauskommt aus dem Morphologischen und mehr in das Funktionelle hineinkommt, dann sind erst ganz wenige Ansätze dazu vorhanden in dem heutigen menschlichen Vorstellen, den Metamorphosengedanken weiter zu verfolgen. Es wird unerläß­lich sein, diese Metamorphosengedanken auch auf das Funktionelle des Organismus auszudehnen. Der Anfang ist gemacht an der Stel­le, wo ich in meinem Buche «Von Seelenrätseln» wenigstens zu­nächst skizzenhaft angegeben habe die Anschauung von der Drei­gliederung der menschlichen Wesenheit, insofern diese menschliche

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Wesenheit als eine Summe und als ein Ineinanderwirken von Funk­tionen aufgefaßt wird. Ich habe wenigstens skizzenhaft ausgeführt, wie wir zu unterscheiden haben am Menschen zunächst jene Funk­tionen, jene Vorgänge, Prozesse, die wir auffassen können als die Nerven-Sinnesprozesse; wie wir dann als verhältnismäßig selbstän­dige Prozesse aufzufassen haben alle rhythmischen Prozesse im menschlichen Organismus; und wiederum als selbständige Prozesse aufzufassen haben die Stoffwechselprozesse. Und ich habe aufmerk­sam gemacht darauf, daß diese drei Prozeßformen eigentlich das Funktionelle am Menschen erschöpfen. Was sonst Funktionelles am menschlichen Organismus vorkommt, sind eigentlich Unterarten dieser drei Prozesse.

Nun aber handelt es sich darum, daß man alles dasjenige, was im Organischen vorkommt, so aufzufassen hat, daß dasjenige, was scheinbar neben dem anderen steht, doch wiederum durch eine Metamorphose mit diesem anderen zu verbinden ist. Man ist heute abgeneigt, makroskopisch zu betrachten, allein in einer gewissen Weise muß man wiederum zum Makroskopischen zurückkommen, sonst wird man eben aus dem Mangel an jeder synthetischen Lebens-betrachtung überall zu Problemen kommen, die nicht an sich un­möglich zu lösen sind, sondern durch unsere methodologischen Vor­urteile unlösbar werden.

Wenn wir den Menschen nach dieser Dreigliederung betrachten, so haben wir zunächst in dieser Dreigliederung gegeben eine drei­fache Art, wie der Mensch mit der Außenwelt in irgendeinem Ver­hältnis steht. In den Nerven-Sinnesvorgängen haben wir eine Art, wie der Mensch mit der Außenwelt in einem Verhältnis steht; in allen rhythmischen Vorgängen haben wir eine andere Art. Die rhythmischen Vorgänge sind durchaus so, daß sie nicht isoliert im Menschen betrachtet werden können, liegt ja doch den rhythmi­schen Vorgängen die Atmung zugrunde, die durchaus ein Wechsel-verhältnis des Innern des menschlichen Organismus mit der Außen­welt darstellt; und wiederum in alledem, was Stoffwechsel ist, liegt ja ganz klar ein Wechselverhältnis des Menschen mit der äußeren Welt vor. Die Nerven-Sinnesprozesse sind gewissermaßen nach dem

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Innern des Menschen eine Fortsetzung der Außenwelt. Auf diese Fortsetzung kommen wir, wenn wir unterscheiden zwischen der eigentlichen Wahrnehmung, die wesentlich durch die Sinne vermit­telt wird, und dem, was sich dann für unsere menschliche Erkennt­nis anschließt, dem Vorstellen. Wir brauchen uns jetzt nicht einzu­lassen auf tiefere Betrachtungen, sondern es wird von vorneherein ziemlich einleuchtend erscheinen müssen, daß dasjenige, was in der Sinneswahrnehmung vorliegt, ein mehr nach der Außenwelt gerich­tetes Wechselverhältnis zwischen dem Menschen und seiner Außen­welt ist, als dasjenige, was in den Vorgängen des Vorstellens vor­liegt. Zweifellos werden wir mehr nach dem Innern des Menschen gewiesen - ich spreche jetzt nur vom Organismus, nicht vom Seeli­schen - beim Vorstellen als bei der Sinneswahrnehmung

Und wiederum - wenn wir zunächst das rhythmische System, At­mung, Zirkulation, beiseite lassen - werden wir, wenn wir das Stoff­wechselsystem betrachten, auf etwas anderes verwiesen, das in einer ganz bestimmten Weise ein Gegensatz ist zu diesem Nach-innen-geführt-Werden von der Sinneswahrnehmung zum Vorstellen. Wenn man vollständig den Stoffwechsel studiert, dann muß man ei­ne Verbindung herstellen zwischen demjenigen, was innere Stoff­wechselvorgänge sind, und demjenigen, was die Funktionen der menschlichen Gliedmaßen sind. Diese Funktionen der Gliedmaßen hängen ja zusammen mit der Funktion des Stoffwechsels. Und wür­de man in diesen Dingen überhaupt rationeller verfahren, als man es gewöhnlich tut, dann würde man eben entdecken den Zusammen­hang zwischen dem mehr nach innen gelegenen Stoffwechsel und den Vorgängen, denen wir uns unterwerfen, indem wir unsere Gliedmaßen entsprechend bewegen. Es sind immer Stoffwechsel-vorgänge, die als die eigentlichen organischen Funktionen den Be­wegungen der Gliedmaßen zugrunde liegen. Verbrauch von Stof­fen, das ist es, worauf wir zuletzt kommen, was uns das eigentliche organische Funktionieren dabei darstellt.

Nun aber ist es nicht damit getan, daß wir stehenbleiben bei diesem Stoffwechselvorgang. Dieser führt uns vielmehr in einer ge­wissen Weise ebenso von dem Menschen aus nach der äußeren Welt ,

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wie uns der Sinneswahrnehmungsvorgang von der äußeren Welt nach dem Inneren des Organismus führt. Solche Betrachtungen , die fundamental sind, müssen eben einmal angestellt werden, sonst kommt man nicht weiter auf bestimmten Gebieten. Und was ist es denn , was vom Stoffwechsel aus ebenso nach außen weist , wie etwas vom Sinnesvorgang aus zum Vorstellen nach innen weist? Das ist der Befruchtungsvorgang. Der Befruchtungsvorgang weist gewissermaßen nach der entgegengesetzten Richtung hin , von dem Organismus nach außen. Wenn Sie sich schematisch die Sinnes­wahrnehmung von außen nach innen vorstellen , dann wird dieser von außen nach innen gerichtete Sinneswahrnehmungsvorgang ge­wissermaßen - bitte stoßen Sie sich nicht an dem Ausdruck, wir wer­den schon später die Realität an die Stelle des vorläufig symbolisch Aussehenden setzen können - befruchtet durch den Organismus, und dadurch begegnet uns das Vorstellen (Fig. 1). Dasjenige, was

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wir Stoffwechselvorgänge nennen , das weist uns nach der anderen Seite, nach außen, und wir kommen zum Befruchtungsvorgang. So daß wir nunmehr schon in dem , was gewissermaßen an den

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zwei Polen der dreigliedrigen Menschennatur liegt, etwas haben, was wir nach den entgegengesetzten Richtungen hin betrachten können.

In der Mitte liegt ja alles dasjenige, was dem rhythmischen System zugehört. Und wenn Sie sich fragen: Was weist im rhythmi­schen System nach außen? Was weist nach innen? - so werden Sie nicht so genaue Unterscheidungen finden können, wie zwischen innerem Stoffwechsel und Befruchtung oder Wahrnehmung und VQrstellung, sondern Sie werden mehr ineinanderschwimmend fin­den bei der Ein- und Ausatmung dasjenige, was hier der Prozeß ist. Er ist mehr ein einheitlicher Prozeß. Man kann da nicht in der glei­chen Weise genau unterscheiden, aber man kann doch sagen (Fig. 1): Wie wir hier die Wahrnehmung von außen finden, hier die Befruchtung nach außen, so können wir in der Ein- und Ausatmung finden nach innen Gehendes und nach außen Gehendes. Wir haben gewissermaßen den Atmungsprozeß als einen mittleren Prozeß.

Und jetzt werden Sie schon aufmerksam werden auf dasjenige, was sich hier ausnimmt wie eine Art Metamorphose , ein Einheit­liches , das zugrunde liegt der dreigliedrigen Menschennatur, das sich das eine Mal nach einer bestimmten Weise hin bildet, das andere Mal nach einer anderen Weise hin bildet. Sie können gewis­sermaßen physiologisch nach der einen Richtung, nämlich nach oben, sehr gut verfolgen dasjenige, was hier eigentlich vorliegt. Eine Anzahl von Ihnen kennt schon dasjenige, um was es sich handelt. Wenn wir den Atmungsprozeß betrachten, so wird, indem wir die Luft aufnehmen, unser Organismus in einer gewissen Weise be­einflußt. Er wird so beeinflußt, daß durch die Atmung das aus Rückenmark und Schädelhöhle auslaufende Gehirnwasser nach oben gedrängt wird. Sie müssen ja berücksichtigen, daß wir unser Gehirn in Wirklichkeit durchaus schwimmend haben im Gehirn-wasser, daß es dadurch einen Auftrieb hat und so weiter. Wir wür­den gar nicht leben können ohne diesen Auftrieb. Aber davon wol­len wir jetzt nicht sprechen, sondern nur davon, daß wir ein gewisses Nachaufwärtsbewegen des Gehirnwassers beim Einatmen haben, ein Abwärtsbewegen beim Ausatmen. So daß also wirklich der Atmungsprozeß

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auch in unseren Schädel hineinspielt , in unseren Kopf hineinspielt , und daß dadurch ein Prozeß geschaffen wird, der durchaus ein Zusammenwirken, ein Ineinanderwirken darstellt des­jenigen , was Nerven-Sinnesvorgänge sind , mit den rhythmischen Vorgängen.

Sie sehen, wie die Organe arbeiten, um gewissermaßen die Meta-morphose der Funktionen zustande zu bringen. Dann können wir zunächst ja gewissermaßen hypothetisch, oder vielleicht nur wie ein Postulat, sagen: Ja, vielleicht ist so etwas auch der Fall in bezug auf den Stoffwechsel und in bezug auf die Befruchtung. - Aber wir wer­den da nicht so leicht zurechtkommen, wenn wir ein solches Verhält­nis aufsuchen. Und gerade das ist das Charakteristische , daß es uns verhältnismäßig leicht gelingt , in mit den Gedanken verfolgbaren Prozessen dasjenige zu erfassen , was Wechselverhältnis ist zwischen dem rhythmischen System und dem Nerven-Sinnessystem, daß wir aber nicht in der Lage sind , ein ebenso leicht durchschaubares Ver­hältnis zwischen dem rhythmischen und dem Stoffwechsel-Befruch­tungsprozeß zu finden. Sie können alles, was Ihnen in der Physio­logie zur Verfügung steht, aufrufen und Sie werden, je genauer Sie gerade auf die Dinge eingehen , desto besser dieses bemerken. Übri­gens können Sie sich das ganz banal vor Augen halten , warum das so ist. Wenn Sie den regelmäßigen Wechsel von Schlafen und Wachen verfolgen, so werden Sie sich sagen: In bezug auf das Sinneswahr­nehmen sind Sie eigentlich überall der Außenwelt ausgesetzt. Sie stehen immerfort der Außenwelt exponiert da. Nur wenn Sie mit dem Denken und Vorstellen eingreifen, dann wird das, was im wachen Zustand eigentlich um einen ist, geordnet, wird in einer gewissen Weise von innen aus orientiert. Also die Orientierung kommt von innen. Wir können eigentlich das sagen, wir stehen der in sich gesetzmäßig angeordneten Außenwelt gegenüber, und wir bringen eine andere Ordnung in dieselbe hinein aus unserem In­nern. Wir denken über die Außenwelt, wir kombinieren die Ver­hältnisse der Außenwelt gewissermaßen nach unserem Belieben -leider sehr häufig nach einem sehr schlechten Belieben. Aber da kommt etwas hinein von unserem Inneren in die Außenwelt, was gar

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nicht dieser Außenwelt zu entsprechen braucht. Wenn das nicht der Fall wäre, würden wir uns niemals einem Irrtum hingeben. Da kommt von unserem Inneren heraus ein gewisses Umgestalten der Außenwelt.

Wenn wir den anderen Pol der menschlichen Natur anschauen, so werden Sie nach beiden Richtungen hin zugeben, daß da die Unordnung von außen kommt. Denn es ist in unsere Willkür ge­stellt, wie wir den Stoffwechsel unterhalten durch die Ernährung, und erst recht ist in unsere Willkür gestellt dasjenige , was Befruch­tung genannt wird. Da werden wir also an die Außenwelt verwiesen , wenn es sich darum handelt, nach der Willkür hinzuschauen. Die Außenwelt ist uns zunächst ganz fremd. Mit jener Willkür, die wir hineinbringen in den Wahrnehmungsprozeß von innen, fühlen wir uns wenigstens vertraut; mit der Willkür, die wir von der Außenwelt in uns hineinbringen, da fühlen wir uns nicht sehr vertraut. Wir haben zum Beispiel in einem sehr geringen Grade - wenigstens die meisten Menschen in einem ganz außerordentlich geringen Grade -eine Ahnung davon , was eigentlich geschieht in bezug auf unseren Zusammenhang mit der Welt, wenn wir dieses oder jenes essen, wenn wir dieses oder jenes trinken und so weiter. Und wie wir gar zusammenhängen mit der Welt in den Zeiten zwischen denjenigen, in denen wir unsern Stoffwechsel unterhalten, dem wird außer­ordentlich wenig Aufmerksamkeit zugewendet. Und wenn wir dem Aufmerksamkeit zuwenden würden, so würde uns das auch zu­nächst nicht besonders viel helfen. Wir kommen da in ein Un­bestimmtes , in ein Ungreifbares , möchte ich sagen , hinein. So daß wir an dem einen Pole des Menschen haben den geordneten Kos­mos , der gewissermaßen seine Golfe in unsere Sinne hereinerstreckt (Fig. 2). Das Wort «geordnet» braucht dabei nicht mißverstanden zu werden, es soll nur den Tatbestand charakterisieren, wir wollen uns nicht in philosophische Betrachtungen verlieren , ob der Kosmos als geordnet betrachtet werden darf oder nicht, sondern es soll nur der Tatbestand ausgedrückt werden. Diesem Pol steht der andere gegen­über, dasjenige, was wir wirklich den ungeordneten Kosmos nennen müssen, wenn wir die Vorgänge betrachten, die an uns selbst herantreten

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aus dem Kosmos , wenn wir alles übersehen , was wir in uns hereinpfropfen, oder wie die Menschen in unregelmäßigen Zeiträu­men für die Befruchtung sorgen und so weiter. Wenn wir alle diese Vorgänge , die da an den Stoffwechsel von der Außenwelt herantre­ten, ins Auge fassen, müssen wir sagen: Da haben wir es zu tun mit dem zunächst für uns ungeordneten Kosmos.

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Sehen Sie, wir können daran jetzt anknüpfen, ich möchte sagen mehr universell erkenntnistheoretisch, die Frage - ich will das durch­aus heute episodisch einschieben -: Inwiefern stehen wir denn mit dem Sternenhimmel in Verbindung? Ja, zunächst schauen wir ihn an. Und insbesondere werden Sie ein lebendiges Gefühl haben, wie unsicher die Dinge werden in bezug auf den Sternenhimmel, wenn wir anfangen, über ihn zu denken. Wir haben ja da nicht nur vor­liegen , daß die verschiedensten astronomischen Weltsysteme den Menschen eingeleuchtet haben, sondern wir haben auch das, nach unserer gestrigen Betrachtungsweise, daß wir überhaupt mit dem­jenigen, was uns innerlich im Vorstellen das allergewisseste ist, dem mathematisch-mechanischen Betrachten , nicht die Totalität des Sternenhimmels umfassen können. Wir müssen nicht nur sagen, wir können uns dem Sternenhimmel gegenüber nicht auf den Sinnen-schein verlassen , sondern wir müssen sogar sagen , wir erkennen , daß wir mit dem, was nun hier weiter innen liegt im Menschen, gar nicht an den Sternenhimmel herankommen , insofern wir ihn mit

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den Sinnen überschauen. Es ist durchaus real gesprochen , nicht irgendwie bloß vergleichsweise , wenn man sagt: Der Sternenhimmel liegt uns eigentlich in seiner Totalität - natürlich in seiner relativen Totalität - nur für die Sinneswahrnehmung vor. Denn wenn wir aus der Sinneswahrnehmung heraus mehr in das Innere kommen in der Auffassung des Sternenhimmels , müssen wir uns als Menschen dem Sternenhimmel gegenüber ziemlich fremd fühlen. Jedenfalls müssen wir stark das Gefühl bekommen, wir können ihn nicht er­fassen. Aber wir müssen doch zugeben, daß irgend etwas, was einer Erfassung zugrunde liegen könnte, auch in dem enthalten ist, was wir da anschauen.

Nun müssen wir also sagen: Außer uns liegt der geordnete Kos­mos. Der bietet sich eigentlich nur dar unserer Sinneswahrneh-mung Er erschließt sich zunächst unserer Verstandeserkenntnis ganz gewiß nicht. Wir haben ihn auf der einen Seite, diesen geordneten Kosmos, und können nun nicht herein mit ihm in den Menschen. Wir sagen uns, wir werden gewiesen von der Sinneswahrnehmung nach dem Innern des Menschen, aber wir können mit dem Kosmos nicht in den Menschen hereinkommen. Astronomie ist also etwas , was eigentlich nicht in unseren Kopf hereingeht. Es it das gar nicht vergleichsweise gesprochen , sondern ganz erkenntnistheoretisch ge­zeigt. Astronomie ist etwas, was nicht in den Kopf hereingeht. Sie paßt nicht herein.

Was liegt denn auf der anderen Seite , wo wir den ungeordneten Kosmos haben? Wir wollen jetzt nur die Tatsachen ins Auge fassen, keine Theorien aufstellen , keine Hypothesen suchen , sondern nur die Tatsachen klarmachen. Sehen Sie , wenn Sie in der Welt den Gegensatz suchen zu dem Astronomischen , rein tatsachengemäß, und den Gegensatz im Menschen zu demjenigen, was da liegt im Wahrnehmungs- und Vorstellungsprozeß (als Fortsetzung der Außenwelt, des geordneten Kosmos), so werden Sie beim Menschen geführt zu dem Stoffwechselprozeß mit der Befruchtung, werden in ein Ungeordnetes hinausgeführt. Wenn ich ebenso hier in der Außenwelt beginne mit meiner Betrachtung (Fig. 2), und ich will dann hier in der Außenwelt heruntergehen, gewissermaßen von der

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Astronomie herunterkommen , wo hinein werde ich denn da ge­führt? Ich werde geführt in die Meteorologie , in alles dasjenige, was mir nun auch in den äußeren Erscheinungen entgegentritt und was Gegenstand der Meteorologie ist. Wenn Sie nämlich die meteorolo­gischen Erscheinungen auffassen und versuchen, eine Gesetzmäßig­keit hineinzubringen, so verhält sich das, was Sie da an Gesetzmäßig­keit hereinbringen können, ganz genau so zu dem geordneten Kos­mos in der Astronomie, wie sich verhält alles das, was da unten im Stoffwechsel- und Befruchtungssystem wetterwendisch ist, zu dem­jenigen, was da oben zunächst in der Wahrnehmung auftritt, in die ja der ganze Sternenhimmel hineinleuchtet, und was erst anfängt ungeordnet zu werden in unserem Innern , im Vorstellen.

Sie sehen also: Wenn wir den Menschen nicht abgesondert be­trachten wollen , sondern die äußere Naturordnung in Zusammen­hang mit dem Menschen betrachten wollen, dann können wir ihn so hineinstellen , daß wir sagen: Der Mensch nimmt teil durch sein Haupt an dem Astronomischen, und er nimmt teil durch seinen Stoffwechsel an dem Meteorologischen. Da steht dann der Mensch nach beiden Seiten drinnen im ganzen Kosmos.

Nun fügen Sie an diese Betrachtung eine andere an. Wir haben vorgestern gesprochen von jenen Vorgängen, die gewissermaßen eine innere organische Nachbildung der Mondenvorgänge sind , den Vor­gängen im weiblichen Organismus. Wir haben im weiblichen Orga­nismus gewissermaßen etwas wie einen Phasenwechsel, eine Aufein­anderfolge von Vorgängen, die in 28 Tagen ablaufen und die natür­lich so, wie die Dinge jetzt sind, gar nicht zusammenhängen mit irgendwelchen Mondvorgängen , die aber innerlich diese Mondvor­gänge nachbilden. Ich habe auch schon auf die psychologisch-phy­siologische Tatsache hingewiesen, die in der Erinnerung des Men­schen vorliegt. Wenn man diese wirklich analysiert und den inneren organischen Prozeß nimmt, der der Erinnerung des Menschen zu­grunde liegt , so muß man ihn parallelisieren , als einen organischen Prozeß, mit diesem Prozeß der weiblichen Funktionen. Dieser er­greift eben nur intensiver den Organismus , als der Organismus er­griffen wird , wenn er in der Erinnerung festhält irgend etwas , was er

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als äußere Erlebnisse gehabt hat. Es liegt nicht mehr im indivi­duellen Leben zwischen Geburt und Tod dasjenige, was da als Er­gebnis äußerer Eindrücke sich in diesen 28 Tagen zum Ausdruck bringt, während die Zusammenhänge zwischen dem Erleben von äußeren Vorgängen und der Erinnerung eben kurzfristiger sind und im individuellen Leben zwischen Geburt und Tod darinnenliegen. Aber es ist durchaus in bezug auf das Psychologisch-Physiologische dasselbe Prozeßerleben eines äußeren Vorganges. In meiner «Ge­heimwissenschaft» habe ich sehr deutlich auf dieses Erleben an der Außenwelt hingewiesen.

Wenn Sie nun die Funktionen des Eikeimes bis zur Befruchtung verfolgen, dann werden Sie finden, daß diese Funktionen vor der Befruchtung durchaus einbezogen sind in diesen inneren, 28-tägi-gen Prozeß. Sie sind gewissermaßen zugehörig diesem Prozeß. Sofort fällt dasjenige, was im Eikeim vor sich geht, aus diesem Innern des Menschen heraus, wenn die Befruchtung eingetreten ist. Da wird so­fort ein Wechselverhältnis zur Außenwelt hergestellt, so daß wir, wenn wir den Befruchtungsvorgang beobachten, dazu geführt wer­den einzusehen, daß er nichts mehr zu tun hat mit inneren Vor­gängen im menschlichen Organismus. Der Befruchtungsvorgang entreißt den Eikeim dem bloßen inneren Vorgang und führt ihn hinaus in den Bereich jener Vorgänge, die dem menschlichen Inne­ren und dem Kosmischen gemeinschaftlich angehören, die keine Grenze setzen zwischen dem, was im menschlichen Inneren vorgeht und im Kosmischen. Was daher vorgeht nach der Befruchtung, was vorgeht in der Bildung des Embryos, muß man im Zusammenhang betrachten mit äußeren kosmischen Vorgängen, nicht mit irgend­einer bloßen Entwickelungsmechanik' die man am Eikeim und sei­nen aufeinanderfolgenden Stadien selbst betrachtet.

Denken Sie, was man da eigentlich hat. Dasjenige, was im Ei-keim vor sich geht bis zur Befruchtung, ist gewissermaßen eine An­gelegenheit des menschlichen organischen Innern; dasjenige, was nach der Befruchtung vorgeht und schon durch die Befruchtung, das ist etwas, wodurch sich der Mensch öffnet dem Kosmos, was be­herrscht wird von kosmischen Einflüssen.

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Jetzt haben wir also auf der einen Seite den Kosmos auf uns wir­kend bis zu der Sphäre des Vorstellens hin. Wir haben in der Sinnes­wahrnehmung ein Wechselverhältnis zwischen dem Menschen und dem Kosmos. Wir untersuchen dieses Wechselverhältnis , meinetwillen durch das Gesetz der Perspektive und Ähnliches , durch die Gesetze der Sinnesphysiologie und dergleichen. Wie wir einen Gegenstand sehen , das muß durch solche Gesetze untersucht werden. Nicht wahr, wenn wir uns aufstellen hier, und hier fährt ein Eisenbahnzug an uns vorüber (quer zur Blickrichtung) , so sehen wir diese ganze Bewegung , ich möchte sagen , der Länge nach. Wenn wir uns aber so aufstellen (mit Blick in Richtung des Zuges), so kann er geradeso schnell fahren, und wir sehen ihn in völliger Ruhe, wenn der Zug ge­nügend weit entfernt ist. Es hängt also dasjenige, was in uns bildhaft vorgeht , von Verhältnissen des Kosmos in bezug auf uns ab. Wir ste­hen drinnen in Bildvorgängen und gehören selber diesem Bilde an. Und Sie sehen , wir verwickeln uns in ein Chaotisches - denn schließ­lich sind die verschiedenen Weltsysteme etwas Chaotisches -, wenn wir nun einfach Schlüsse ziehen wollen aus dem , was wir äußerlich vorgehen sehen , auf die wahren Vorgänge.

Auf der anderen Seite steht der Mensch mit der Befruchtung drinnen in realen, jetzt nicht bildhaften, sondern realen kosmischen Prozessen. Da haben Sie an einem Pol bildhaftes Drinnenstehen, an dem anderen Pol haben Sie reales Drinnenstehen. Gewissermaßen dasjenige, was sich Ihnen entzieht, wenn Sie den Kosmos anschau­en, das wirkt auf den Menschen, wenn er dem Befruchtungsvorgang unterworfen ist. Wir sehen hier ein Einheitliches auseinanderge­zogen in zwei Glieder. Das eine Mal liegt uns bloß das Bild vor, und wir können nicht zur Realität durch. Das andere Mal liegt uns die Realität vor , denn durch diese entsteht der neue Mensch. Aber das wird nicht Bild, das bleibt ebenso im Ungesetzmäßigen für uns, wie es für uns im Ungesetzmäßigen bleibt, wenn wir das Wetter be­trachten , überhaupt die meteorologischen Verhältnisse. Wir stehen hier wirklich zwei Polen gegenüber. Wir bekommen von zwei Seiten her zwei Hälften von der Welt , das eine Mal bekommen wir ein Bild , das andere Mal gewissermaßen die zugrunde liegende Realität.

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Sie sehen, das Gegenüberstehen des Menschen zur Welt ist nicht so einfach , wie man es sich philosophisch vorstellt , wenn man sagt: Ja, wir haben das Sinnesbild der Welt gegeben. Wir wollen jetzt philosophisch herausspintisieren , welches die Realität ist. - Die Fra­ge, wie man die Realität in der Sinneswahrnehmung findet, das ist ja eine philosophische , erkenntnistheoretische Grundfrage. Wir sehen hier, daß die Einrichtung des Menschen als solchen sich zwischen das Bild und die Realität kurios hineinstellt. Wir müssen jedenfalls auf eine ganz andere Weise diese Vermittelung zwischen Bild und Reali­tät suchen als durch eine philosophische Spekulation.

Sie wurde schon einmal im Weltengange gesucht , indem man sich gehalten hat an dasjenige, was Vermittelung ist: Einatmung und Ausatmung. Sehen Sie, die altindische Weisheit, die wir natür­lich nicht nachmachen können , wie ich ja schon oftmals gesagt habe, sie ging mehr oder weniger instinktiv von der Voraussetzung aus:

Mit der Sinneswahrnehmung ist nichts zu machen, wenn man in die Wirklichkeit hinein will; mit demjenigen, was die Befruchtung, die Sexualvorgänge sind, ist nichts zu machen, denn die geben kein Bild. Also halten wir uns an das Mittlere, welches gewissermaßen das eine Mal nach dem Bild-Erzeugenden hin metamorphosiert ist, das andere Mal nach der Realität hin metamorphosiert ist. Halten wir uns an das Mittlere, in welchem irgendwie eine Annäherung an die Wirklichkeit und zu gleicher Zeit an das Bild möglich sein muß. -Daher bildete die altindische Weisheit diesen künstlichen Atmungs-prozeß in dem Jogasystem aus und versuchte, den Atmungsprozeß in bewußter Weise durchzuführen in einer gewissen Realität , um im Atmungsprozeß zu gleicher Zeit Bild und Realität zu ergreifen. Und wenn man nach den Gründen frägt - wenn es auch nur eine mehr oder weniger instinktive Antwort ist , ist sie doch nicht bloß instink­tiv; Sie können in der indischen Philosophie selber verfolgen, wie dieses sonderbare Atmungssystem entstanden ist -, wenn man nach den Gründen frägt, so ist einem die Antwort darauf so gegeben, daß man sagt: Die Atmung verbindet Bild und Realität miteinander. Man erlebt innerlich das Bild im Zusammenhang mit der Realität, wenn man den Atmungsprozeß aus dem Unbewußten in das Bewußte

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hinauf erhebt. Man versteht durchaus dasjenige, was da im Laufe der geschichtlichen Entwickelung der Menschheit aufgetreten ist, nur, wenn man die Sache innerlich-physiologisch betrachtet.

Wenn Sie dies ins Auge fassen, so werden Sie sich sagen können:

Man hat einmal gesucht nach einem Erfassen des Wirklichen, indem man sich an den Menschen selbst gewendet hat. So wie man die äußeren Sinne für die Bilder hat, wie man aber für die Realität etwas ganz anderes hat, so hat man sich gewendet an dasjenige im Menschen , was weder abgeschlossen ist schon zur Bildauffassung , noch in sich abgeschlossen ist nach der anderen Seite zum Realität-erleben: an das Undifferenzierte des Atmungsprozesses. Aber man hat den Menschen dadurch eingeschaltet in den ganzen Kosmos. Man hat nicht die Welt betrachtet, die abgesondert ist vom Men­schen wie diejenige unserer naturwissenschaftlichen Betrachtung, sondern man hat eine Welt betrachtet , für die durchaus der Mensch als rhythmischer Mensch Wahrnehmungsorgan wird. Man sagte sich gewissermaßen: Die kann der Mensch weder ergreifen als Nerven­Sinnesmensch, noch als Stoffwechselmensch. - Als Nerven-Sinnes-mensch wird er so bewußt, daß sich dasjenige , was dem Nerven­Sinnesleben gegeben ist, zum Bild verdünnt; im Stoffwechsel liegt die Realität so vor, daß sie nicht zum Bewußtsein erhoben wird. Dieses Zusammenwirken des Realen, bloß unbewußt Erlebten und des bis zum Bild Verdünnten, das suchte der altindische Weise in dem regulierten Atmungsprozeß. Und man versteht auch dasjenige, was älter ist als das ptolemäische System , nur dann , wenn man eine Ahnung bekommt von dem , wie sich das Weltenall darstellt , wenn in einer solchen Weise eine allerdings undifferenzierte Synthese gebildet wird zwischen dem, was wir heute den Erkenntnispro­zeß nennen, und dem, was die Realität des Fortpflanzungspro­zesses ist.

Und nun bitte ich Sie , von diesem Gesichtspunkte aus einmal diejenige Weltentstehungslehre zu betrachten, die Ihnen besonders entgegentritt in der Bibel, allerdings so, daß man die Sache, so wie die Dinge heute vorliegen, nicht sehr genau durchschauen kann. Betrachten Sie die Weltentstehungslehre der Bibel, namentlich da,

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wo sie interpretiert wird von denjenigen , die diese Weltentstehung eben noch nach den älteren Traditionen interpretiert haben. Sie ha­ben im Grunde nur die Möglichkeit, die biblische Schöpfungs­geschichte zu verstehen , wenn Sie dasjenige , was sich als Genesis darstellen kann, wenn man die Welt anschaut, zusammendenken mit dem , was sich embryologisch darstellt. Es ist durchaus ein Zu­sammendrängen des Embryologischen mit dem, was der äußere Sin­nenschein darbietet , was in der biblischen Genesis dargestellt ist. Daher immer wiederum der Versuch , bis auf das Wort hin biblische Schöpfungsgeschichte durch embryologische Tatsachen zu inter­pretieren. Diese Interpretation steckt durchaus darinnen.

Ich habe dieses heute eingefügt aus einem ganz bestimmten Grunde. Wenn überhaupt diese Betrachtungen hier, die eine Brücke schlagen sollen zwischen der äußeren , heute getriebenen Wissenschaft und der Geisteswissenschaft , einen Sinn haben sollen , dann ist es notwendig, daß wir uns zunächst einmal ein ganz be­stimmtes Gefühl aneignen. Von diesem Gefühl müssen wir uns durchdringen , sonst geht die Sache doch nicht weiter. Und dieses Gefühl, das müssen wir dadurch bekommen, daß wir die Möglich­keit finden , gewisse Methoden der heutigen Betrachtungsweise oberflächlich zu finden , äußerlich zu finden , aber in einem recht tie­fen Sinn sie äußerlich zu finden. Wir müssen die Möglichkeit ge­winnen, einzusehen die Oberflächlichkeit, die darin liegt, wenn man Weltenbilder aufstellt , die nur in der einen oder anderen Weise das kopernikanische System etwas korrigieren wollen , und wenn man auf der anderen Seite bloß solche Betrachtungen über das Embryo­logische anstellen würde , wie man sie heute gewöhnt ist anzu­stellen. Man möchte sagen: Aus einem solchen Gefühl ging ja wirk­lich das Nietzschesche Diktum hervor: Die Welt ist tief, und tiefer als der Tag gedacht. - Man muß einen Impuls bekommen, nicht in jenem oberflächlichen Hinnehmen desjenigen, was sich einem un­mittelbar darbietet , sei es auch dem bewaffneten Auge im Teleskop , im Mikroskop, durch den Röntgenapparat , die Möglichkeit für Er­klärungen zu suchen. Man muß einen gewissen Respekt bekommen für andere Arten der Erklärung, die nach anderem Erkenntnisvermögen

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hinstreben, wie der alte Inder gestrebt hat durch das Joga-system, um in die Wirklichkeit einzudringen und um die Möglich­keit zu bekommen , ein adäquates Bild der Wirklichkeit zu schöpfen.

Man muß von da aus , weil wir einmal entwachsen sind dem alten Jogasystem, den Drang bekommen nach einem neuen Eindringen in die Welt durch Vorgänge , die erst auszubilden sind, die sich nicht einfach einstellen mit demjenigen, was wir heute gewohnheitsmäßig haben. Denn der Mensch stellt sich mitten zwischen das Bild der Welt, das uns ganz besonders stark entgegentritt in dem Sternen­himmel, der sich uns gar nicht enträtseln will durch ein verstandes­gemäßes Vorstellungsvermögen , und das , was uns wetterwendisch entgegentritt in den Vorgängen der Fortpflanzung, durch die ja das Menschengeschlecht da ist. In das , was sich uns da auseinanderlegt , da stellt sich der Mensch mitten hinein und er muß, um einen Zu­sammenhang zu finden, eben selber eine Entwickelung suchen, wie sie auf eine ältere, heute nicht mehr gangbare Art imJogasystem ge­sucht worden ist.

Astronomie, wenn wir sie betreiben wie bisher, führt uns durch­aus niemals zu einem Ergreifen der Realität, sondern lediglich zu ei­nem Ergreifen von Bildern; Embryologie führt uns zwar zum Er­greifen der Realität, aber niemals zur Möglichkeit, diese Realität mit irgendwelchen bildhaften Vorstellungen zu durchdringen. Astrono­mische Weltbilder sind realitätsarm; embryologische Bilder sind vor­stellungsarm , wir können nicht durchdringen durch die Tatsachen mit den Vorstellungen. Man muß auch im Erkenntnistheoretischen an den ganzen Menschen herangehen, nicht bloß herumphantasie-ren durch irgendeine philosophisch-psychologische Erkenntnis­theorie an den Sinneswahrnehmungen, sondern man muß an den ganzen Menschen herangehen. Und man muß in die Lage kommen, diesen ganzen Menschen in die Welt hineinzustellen. Man merkt durchaus auf der einen Seite , wie man den Erkenntnisboden verliert in der Astronomie. Man merkt durchaus auf der anderen Seite , wie gewissermaßen , wenn man aus der Realität heraus keine Erkenntnis schöpfen kann , alles nur ein Herumreden über die Tatsachen wird , sei es im Verfolgen des biogenetischen Grundgesetzes , sei es in der Entwickelungsmechanik.

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Man merkt ganz genau , daß da nach beiden Seiten hin etwas vorliegt , was einer Erweiterung bedarf.

Ich mußte Ihnen dieses vorausschicken , damit wir uns in der Folge besser verständigen können. Denn Sie werden jetzt einsehen, daß es nichts nützen würde, wenn ich Ihnen zu den alten Welten-bildern nun irgendein neues hinzuzeichnen würde, was ja allerdings in der Gegenwart am meisten gewollt wird.

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SECHSTER VORTRAG Stuttgart, 6. Januar 1921

Sie werden aus den bisherigen Auseinandersetzungen, die hier ge­pflogen worden sind , ersehen haben , daß es darauf ankommt, einen Weg zu finden in die Erklärung der Naturerscheinungen, welcher hinausführt aus dem Verstandesmäßig-Mathematischen. Es soll selbstverständlich nicht - das geht aus dem ganzen Geiste der Aus­einandersetzungen hervor - die Berechtigung des Mathematischen irgendwie angefochten werden, aber es handelt sich darum, daß wir ja scharf aufzeigen konnten den Punkt, wo es mit der Zugrunde­legung der mathematischen Vorstellungen im Himmelsraum auf der einen Seite und gegenüber den embryologischen Tatsachen auf der anderen Seite nicht weitergeht. Wir müssen uns also einen Weg bahnen gewissermaßen zu Erkenntnismitteln. Es wird sich darum handeln , die Berechtigung gewisser Erkenntnismittel gerade durch diese Vorträge anschaulich zu machen. Ich werde versuchen, die Be­rechtigung davon zu zeigen, daß dasjenige, was sonst eigentlich nur durch den Augenschein und durch dasjenige, was erweiterter Au­genschein ist, im Himmelsraum aufgesucht wird, auf einer breiteren Basis aufgesucht werden muß, so daß man gewissermaßen den gan­zen Menschen zum Reagens macht für dasjenige, was man mit Bezug auf die Himmelserscheinungen erkunden will. Die Berechtigung da­von werde ich heute zu zeigen oder wenigstens anzudeuten ver­suchen, indem ich von einer ganz anderen Seite her unser Problem ins Auge fasse, und zwar von einer Seite her , die manchem gerade gegenüber unserem Thema als außerordentlich paradox erscheinen wird. Aber die Gründe, warum man auch von diesem Ende aus sich unserem Problem nähern muß, die werden sich Ihnen ja ergeben.

Wenn wir die Entwickelung der Menschheit auf der Erde be­trachten, so muß sich eigentlich aus dieser Menschheitsentwickelung irgend etwas ergeben, was uns auf die Genesis der Himmelserschei­nungen hinweist. Wir müßten ja sonst, was ja gewiß nicht der Fall ist, annehmen, daß die außertellurischen Vorgänge auf den Menschen

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beziehungsweise auf die Menschheitsentwickelung keinen Einfluß haben. Das wird ja niemand annehmen, obwohl der eine diesen Einfluß überschätzt, der andere ihn unterschätzt. So mag es schon berechtigt erscheinen, zunächst wenigstens methodisch be­rechtigt erscheinen , wenn wir uns fragen: Was zeigt sich in der Ent­wickelung der Menschheit selber, das uns dann irgendwie hinweisen könnte auf Wege, die uns in die Himmelsräume hinausführen? Nun wollen wir keine geisteswissenschaftlichen Tatsachen zunächst ins Auge fassen, sondern diejenigen Tatsachen, die eigentlich ein jeder empirisch aus der Geschichte sich zusammentragen kann.

Wenn wir zurückblicken in der Entwickelung der Menschheit auf dem Gebiete, wo sich die Gedanken der Menschen ausleben , wo sich das Erkenntnisvermögen auslebt , wo sich also gewissermaßen das Wechselverhältnis und die Beziehung zur Welt in dem sublimierte­sten Sinne beim Menschen auslebt, da werden wir, wie Sie ja auch aus meinem Buche «Die Rätsel der Philosophie» entnehmen kön­nen, bis zu einem Umschwung zurückgeführt eigentlich zunächst nur um ein paar Jahrhunderte. Es wird von mir immer als einer der wichtigsten Zeitpunkte in der letzten Phase der Menschheitsent­wickelung derjenige angegeben, der im 15. Jahrhundert liegt. Das ist natürlich nur eine approximative Bestimmung. Es ist eben ge­meint das Zeitalter um die Mitte des Mittelalters. Und selbstver­ständlich fassen wir zunächst auch wiederum nur dasjenige ins Auge von dieser Menschheitsentwickelung, was sich innerhalb der zivili­sierten Menschheit ergibt.

Man betrachtet immer nicht genau genug, wie stark ausdrucks-voll der Umschwung ist , der in diesem Zeitalter in der Gedanken-und Erkenntnis-Entwickelung der Menschheit eingetreten ist. Es ist sogar eine Zeitlang eine rechte Abneigung gewesen namentlich un­ter den Philosophen und denjenigen, die ihnen in der Weltbetrach­tung verwandt sind, gegen die Erfassung gerade desjenigen Zeit-alters europäischer Zivilisationsentwickelung, das man nennen könnte das Zeitalter der Scholastik , in welchem bedeutsame Fragen an die Oberfläche des menschlichen Erkennens heraufgetrieben wor­den sind. Fragen, bei denen man fühlt, wenn man sie nur genau

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genug betrachtet, wie sie nicht etwa bloß aus der logischen Deduk­tion herausfließen , in die sie gewöhnlich eingekleidet werden im Mittelalter , sondern von denen man empfindet , daß sie aus tiefen menschlichen Untergründen hervorgehen. Man braucht sich nur zu erinnern an dasjenige, was dazumal eine gründlich tiefe Frage war der Menschheitserkenntnis , die Frage nach dem Realismus , dem Nominalismus. Oder man braucht sich nur zu erinnern, was in der Geistesentwickelung Europas das eigentlich bedeutet hat , daß solche Gottesbeweise , wie der sogenannte ontologische Gottesbeweis , her­aufkamen , wo man aus dem Begriff heraus selber zu einem Beleg, einem Erhärten der Existenz Gottes kommen wollte. Man erinnere sich , was das eigentlich in der ganzen Entwickelung der menschli­chen Erkenntnis bedeutet. Da wühlte etwas im innersten Unter­grund der ganzen menschlichen Wesenheit, Das drückt sich nur aus im Vollbewußtsein durch jene Deduktionen, die da gepflogen wer­den. Die Menschen werden in dieser Zeit gewissermaßen irre daran , ob die Begriffe , die Vorstellungen , die sie sich ausbilden , irgendwie , wenn sie in Worte gekleidet werden , etwas Reales darstellen , oder ob sie nur eine formale Zusammenfassung der äußeren , sinnlichen Tat­bestände sind. Die Nominalisten sehen in den allgemeinen Begrif­fen, die sich der Mensch bildet, eine formale Zusammenfassung, die keine Bedeutung hat für die äußere Realität, sondern die den Men­schen nur die Möglichkeit bieten soll sich zurechtzufinden , eine Orientierung zu haben in der vetwirrenden äußeren Welt. Die Rea­listen dagegen - der Ausdruck wurde ja anders gebraucht dazumal als heute - behaupteten , in den allgemeinen Begriffen etwas Reales zu finden, etwas Reales, in dem sie leben, innerlich zu haben, nicht bloß Weltzusammenfassungen oder abstrakte Schemen.

Ich habe ja in den Vorträgen, die ich sonst mehr populär ge­halten habe , oftmals erwähnt , wie mein alter Freund Vincenz Knauer auf diese Fragen aufmerksam machte. Er war, ich möchte sagen, als ein Spätscholastiker - er hat das sicher selber nicht sein wollen, aber er war es wenigstens in erkenntnistheoretischen Fra­gen - durch und durch Realist und hat daher in seinem immerhin sehr interessanten Buche über «Die Hauptprobleme der Philosophie

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in ihrer Entwicklung und teilweisen Lösung von Thales bis Robert Hamerling» gesagt: Nun ja, da behaupten die Nominalisten, daß der Allgemeinbegriff «Lamm» nichts anderes sei als eine im mensch­lichen Geiste entstandene Zusammenfassung und der Begriff «Wolf» auch eine im menschlichen Geiste entstandene Zusammenfassung; daß also nur die Materie in verschiedener Weise verknüpft sei im Lamm und im Wolf. Diese fasse man einmal unter dem Schema des Lammes , ein andermal unter dem Schema des Wolfes zusammen. -Und er meint , man solle nur einmal probieren , einen Wolf von aller sonstigen Nahrung abzuhalten und ihm nur Lämmer zu fressen zu geben, dann wird er zwar nach der nötigen Zeit ganz aus Lammes-materie bestehen , aber er wird durchaus seine Wolfsnatur nicht auf­geben! Also diese Wolfsnatur , die durch den Allgemeinbegriff «Wolf» ausgedrückt wird , muß etwas Reales sein.

Nun , daß der Gottesbeweis , den man den ontologischen nennt, überhaupt aufkommen konnte, das zeugt schon von einer durch­greifenden Bewegung innerhalb der menschlichen Natur. Denn im Grunde genommen hätte kurz vor dem Aufbringen dieses ontolo­gischen Gottesbeweises dem Menschen innerhalb des europäischen Lebens gar nicht der Einfall kommen können, das Dasein Gottes be­weisen zu wollen , sondern man nahm es als eine Selbstverständlich­keit an. Und erst als die Zeit herankam, wo diese Selbstverständlich­keit nicht mehr im Menschen lebte , verlangte man nach einem Be­weise. Dasjenige , was als eine Selbstverständlichkeit in einem lebt, das will man nicht beweisen. Also, es war den Menschen etwas ab­handen gekommen , was bis dahin als Selbstverständlichkeit in ihnen war und es war etwas in sie hineingekommen, was den Geist in eine ganz andere Bahn und zu ganz anderen Bedürfnissen brachte. Ich könnte noch vieles anführen , was Ihnen zeigen würde , wie gerade -cum grano salis sei es gesagt - auf der höchsten Stufe der Gedan­ken- und Erkenntnisentwickelung um diese Zeit des Mittelalters es in der menschlichen Natur wühlte.

Nun, wenn man - was eben nicht abgeleugnet werden kann -einen Zusammenhang desjenigen, was in der Menschheit vorgeht, mit den aussertellurischen Erscheinungen. mit den Himmelserscheinungen

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annimmt, zunächst ganz im allgemeinen , das Speziellere wird uns dann schon zu beschäftigen haben, dann darf man fragen

- zunächst nur fragen, denn wir wollen ganz vorsichtig vorgehen in unseren Auseinandersetzungen -: Wie stellt sich in die Erdenent­wickelung, die uns dann vielleicht aus sich auch wiederum heraus­führen wird, dasjenige selber herein, was die Menschen dazumal (um die Mitte des Mittelalters) auf der Erde erlebt haben? Steht das irgendwie in der Erdenentwickelung an einem besonderen Punkte? Könnten wir auf etwas hinweisen, was uns gewissermaßen eine kon­krete Bestimmung dieses Punktes der Menschheitsentwickelung zeigt? Nun, da können wir auf etwas hinweisen, was in der Tat tief einschneidet nun wiederum in demselben Gebiete, demselben Er­dengebiete, wo sich dies, was ich jetzt in dem sublimiertesten geisti­gen Leben dargestellt habe , zugetragen hat. Wir sehen , daß gerade der Zeitpunkt , in dem die Menschheit so aufgewühlt wird, in der Mitte zwischen zwei End-Zeitpunkten drinnen liegt; zwischen zwei Zeitpunkten , in denen innerhalb des Gebietes, wo dieses Wühlen stattgefunden hat, also innerhalb jener europäischen Gebiete, wo dieses besondere Ausleben der Zivilisation stattgefunden hat , ganz gewiß eine besonders intensive Betätigung des Menschengeschlechtes nicht hat stattfinden können. Wenn wir von diesem Zeitpunkte , den ich als A bezeichnen will (Figur), ebensoweit nach einer ziem­lich fernen Zukunft vorwärts- und nach einer ziemlich fernen Ver­gangenheit rückwärtsgehen, dann finden wir Zeitpunke, in denen es

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da, wo gerade dieses Wühlen stattfand im 13., 14., 15.Jahrhundert, eine gewisse Ödigkeit, einen Tod der Zivilisation gab. Denn da fin­den wir, wenn wir etwa l0000 Jahre vorwärtsgehen und 10000 Jahre

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zurückgehen von diesem Zeitpunkt, die größtmögliche Ausbildung der Eiszeiten in diesen Gegenden, jener Eiszeiten, welche ganz gewiß eine besondere menschliche Entwickelung nicht aufkommen lassen.

Wir haben also , wenn wir so die Entwickelung dieses Gebietes von Europa überblicken, im 10. Jahrtausend vor der christlichen Zeitrechnung eine eiszeitliche Verödung in der Kultur , und werden sie wieder haben etwa 10000 Jahre nach diesem Zeitpunkte. Mitten darinnen, also zwischen zwei Verödungen in der menschlichen Ent­wickelung, liegt dieses Wühlen. Und wer einen Sinn hat für die Be­trachtung der menschlichen Erkenntnisentwickelung, der weiß, wie sehr, trotzdem wir eine Abneigung haben, gerade dieses Gebiet der philosophischen Entwickelung, das im 13., 14. Jahrhundert liegt, zu betrachten - die Leute betrachten es eben noch nicht genau - im Grunde genommen die philosophische Entwickelung durchaus noch immer unter der Nachwirkung desjenigen steht, was da in der Menschheit gewühlt hat , was sich auch auf anderen Gebieten der menschlichen Zivilisation geltend gemacht hat, was sich aber ins­besondere symptomatisch klar in dieser Entwickelungsphase der Er­kenntnis zeigt.

Nun ist diese Entwickelungsphase , die sich uns da zeigt in der Mitte des Mittelalters, ja eine einschneidende in der europäischen Zivilisation, wie Sie wissen. Ich habe das ja öfter in den anthroposo-phischen Vorträgen auseinandergesetzt. Es ist ein Einschnitt. Es än­dert sich da etwas in dem ganzen Duktus der Menschheitsentwicke-lung , was eigentlich schon begonnen hat im 8. vorchristlichen Jahr­hundert und was man nennen kann die intensivste Entwickelung der menschlichen Verständigkeit. Was wir seither in der Menschheits-kultur ausbilden , das ist die besondere Entwickelung des Ich-Be­wußtseins. Alle Verirrungen und alle Weistümer , die wir seit dieser Zeit des Mittelalters uns erobert haben als allgemeine Menschheit , beruhen eigentlich auf dieser Ich-Entwickelung, auf dem immer stärkeren Herausarbeiten des Ich-Bewußtseins im Menschen, wäh­rend das griechische Bewußtsein, auch das Bewußtsein der Lateiner -das zeigen sowohl die Lateiner des eigentlichen lateinischen Zeit­alters , wie ihre Nachkommen, die heutigen romanischen Völker -

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noch nicht das entsprechende Gewicht gelegt haben auf die Ich-Entwickelung. Zum großen Teil bedienen sie sich sogar in der Spra­che, im Satzbau, nicht des deutlichen Aussprechens des Ich, sondern sie legen das eben in das Verb hinein. Es ist noch nicht das Ich so scharf herausgekehrt. Nehmen Sie Aristoteles, Plato, besonders den größten Philosophen des Altertums , Heraklit. Sie finden überall , daß da nicht das Hervorheben des Ich ist, sondern ein noch mehr oder weniger selbstloses - ich bitte den Ausdruck durchaus nicht zu pressen , aber man kann ihn anwenden, relativ - Ergreifen der Welt-erscheinungen mit dem verständigen Prinzip , ohne daß man sich in einer so scharfen Weise selber heraushebt aus den Welterscheinun-gen, wie das angestrebt wird im neuen Zeitalter , in dem Bewußt-seinszeitalter, in dem wir jetzt leben.

Dann kommen wir zurück, wenn wir hinter das 8. vorchristliche Jahrhundert gehen, in das Zeitalter hinein, das ich genannt habe das ägyptisch-chaldäische Zeitalter - Sie finden alles Nähere darüber in meiner «Geheimwissenschaft», in dem es nun wiederum eine ganz andere Seelenverfassung gab. Dieses Zeitalter, das ja natürlich auch, wie das andere, mehr als zwei Jahrtausende gedauert hat, es zeigt uns den Menschen so, daß er noch nicht in verstandesmäßiger Weise die äußeren Erscheinungen verknüpft, sondern bis in die Himmels-richtung hinein empfindungsmäßig die Welt erfaßt. Es ist ganz falsch und zu keinem Resultat führend, wenn man das, was erhalten ist in der ägyptischen , in der chaldäischen Astronomie , decken will mit jenen Verstandesurteilen, die wir selber haben, die wir noch als eine Erbschaft aus der griechisch-lateinischen Zeit haben. Es ist schon notwendig, daß man da etwas das Seelische metamorphosiert innerlich , daß man sich hineinversetzt in diese ganz andere Seelen-verfassung, wo der Mensch noch durchaus die Welt nur in der Emp­findung auffaßte; wo sich der Begriff noch nicht lossonderte von der Empfindung; wo es zum Beispiel so war, daß der Mensch auch in der Sinnesempfindung keinen besonderen Wert legte - das läßt sich auch noch geschichtlich-philologisch nachweisen - auf die sprach­liche Nuancierung der blauen oder violetten Farbe , während er eine sehr scharfe Empfindung hatte für den roten und gelben Teil des

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Spektrums. Wir sehen geradezu , wie mit dem Heraufkommen der Empfindung für die dunkeln Farben zu gleicher Zeit das verstandes­mäßige Begriffsvermögen heraufkommt. Dieses Zeitalter geht nun zurück bis ins 3. Jahrtausend etwa, also von 747 - es sind etwa 2160 Jahre - bis in den Beginn des 4. Jahrtausends. Dann kommen wir weiter zurück zu dem Zeitalter, in dem die Anschauungsweise der Menschen von der gegenwärtigen schon so verschieden war, daß wir es außerordentlich schwierig haben , ohne Zuhilfenahme von geisteswissenschaftlichen Methoden uns überhaupt zu versetzen in die Art und Weise , wie im 4. Jahrtausend oder 5. Jahrtausend die Menschheit die Welt um sich herum eigentlich anschaute. Das war nicht ein Empfinden allein, sondern das war ein Miterleben der äußeren Ereignisse , ein Drinnenstecken in den äußeren Ereignissen. Es war etwas , wo der Mensch sich noch so als ein Glied der ganzen äußeren Natur fühlte , wie etwa mein Arm sich fühlen würde als ein Glied meines Organismus , wenn er ein Bewußtsein hätte.

Also , wir kommen da zu einem ganz anderen inneren Duktus in der Stellung des Menschen zur Welt. Und gar wenn wir in noch frühere Zeiten zurückgehen, ist noch eine Erhöhung des Verwach­senseins des Menschen mit seiner Umgebung da. Da kommen wir aber zurück in Zeiten , welche Kulturen nur da entwickeln können , wo ganz besondere Erdverhältnisse dies möglich machen; in jene Zeit , die ich in der «Geheimwissenschaft» geschildert habe als die urindische Kultur, die der Vedenkultur vorangeht, von der die Ve­denkultur nur ein letzter Nachklang ist. Wir kommen zurück in ein Zeitalter, das sich durchaus nähert in merkwürdiger Weise dem Zeit­alter, wo unsere Gegenden vereist sind. Wir nähern uns da jenem Entwickelungsalter in der Menschheitsentwickelung , welches eben eine Kultur, die so war wie die urindische Kultur, nur dort ent­wickeln konnte , wo dasjenige , was wir jetzt erleben mehr oder weni­ger in den gemäßigten Zonen, eigentlich bis gegen den heutigen Äquator hin vorhanden war. Denn das Tropenmäßige - das ergibt sich einfach aus der Betrachtung des Vorschreitens und Rückgehens des Eises - ist in Indien ja erst später eingetreten, als die Vereisung der nördlichen Welt wiederum zurückgegangen war.

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Wir sehen also, wie die Entwickelung der Menschheit in einer ge­wissen Weise sich modifiziert, indem sich die Verhältnisse auf der Erde, auf der Erdoberfläche in der angedeuteten Weise modifizie­ren. Nur derjenige, der sozusagen sehr kurzfristig die Menschheits-entwickelung der Erde ansieht, kann glauben, daß unsere gegen­wärtigen Vorstellungen , wie wir sie uns machen in den verschieden­sten Wissenschaften , nun irgend etwas Absolutes darstellen, was wir uns endlich errungen haben. Derjenige jedoch, der einen tieferen Blick tut in die Umwandlung, in das Metamorphosenhafte der menschlichen Geistesentwickelung, wird ohne weiteres erkennen, wie dieses Metamorphosieren fortschreiten wird und wie gewisse Gegen­den der Erde , die heute eine gewisse Konfiguration ihres Geistes­lebens haben , zusteuern wiederum einer Art von Verödung , die vor uns liegt. Und Sie können sich ja, wenn Sie die Zahl nehmen, die nach rückwärts weist , ausrechnen , wie das in der Zukunft kommen wird , wenn eine neue Eisperiode über diese Zivilisation hereinbricht. Aber Sie sehen daraus auch, daß wir, wenigstens zunächst unter der Voraussetzung , daß wir vielleicht herausfinden können irgendeinen Zusammenhang der Himmelserscheinungen mit den Tatsachen, die da vorliegen in der Erdenentwickelung bei einer Eiszeit und bei dem , was in der Mitte liegt, dann auch haben werden dasjenige , was auf der Erde in dem feinsten Gebiete des Zivilisationsiebens , dem Erkenntnisleben sich ergibt. Das haben wir sogar zu beziehen auf die Verhältnisse auf der Erde. Wir können sagen: Es weist uns dann die rein empirische Betrachtungsweise darauf hin , wie der Mensch dasjenige, was er ist, nicht bloß durch die Erdenverhältnisse ist, son­dern durch außerirdische Verhältnisse.

Wenn wir also in einer ganz empirischen Art einfach die Tat­sachen nehmen - sie werden ja sonst in der Wissenschaft auch so ge­nommen , nur dehnt man sich nicht aus über solch weite Territo­rien -, so erweitert sich der Blick selber zu einem solchen Zusam­menhang, wie wir ihn charakterisiert haben. Nun können wir ja in einer gewissen Weise heute noch sehen , wie ein Zusammenhang der Verhältnisse zwischen der Erde und den außerirdischen Himmels­körpern eine gewisse Geistesart der Menschen bewirkt. Wir haben

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das schon auseinandergesetzt in diesen Vorträgen, haben darauf hingewiesen , wie in der Äquatorialzone auch heute eine andere Geisteskonfiguration vorhanden ist als in den polarischen Gegen­den. Und wenn man nachforscht, was da eigentlich tätig ist, findet man heraus: die besondere Stellung der Erde zur Sonne. Sie be­dingt - vielleicht ist etwas anderes noch darin , das werden wir schon finden, aber nehmen wir jetzt einmal diejenigen Dinge, deren wir uns bedienen können nach gebräuchlichen Vorstellungen -, sie be­dingt , daß einfach in der Polarzone der Mensch weniger frei wird von seinem Organismus. Der Mensch kommt aus seinem Organis­mus weniger heraus zu einer freien Handhabung des Seelenlebens.

Wir brauchen uns nur ein Bild davon zu machen, wie anders die Menschen in der Polarzone ergriffen werden von demjenigen, was bei uns nur im Hintergrund steht. Bei uns Menschen der gemäßigten Zone haben wir einen kurzfristigen Wechsel zwischen Tag und Nacht. Bedenken Sie, wie lang dieser Wechsel, wie lang Tag und Nacht eigentlich werden, je mehr man sich der Polarzone nähert. Der Tag dehnt sich sozusagen aus zum Jahr. Ich habe Ihnen geschil­dert dasjenige, was von der Geburt bis zum Zahnwechsel beim Kin­de wirkt von Jahr zu Jahr, dieses Wirken in der Organisation. Aus dem reißt sich heraus das selbständige Wirken des Seelischen, das dem kurzfristigen Tag hingegeben ist. Das kann da im Polarischen nicht so wirken. Da wird mehr dasjenige sich geltend machen, was gegen das Jahr hingeht. Es wird mehr an der menschlichen Organisa­tion gearbeitet. Der Mensch wird nicht so herausgerissen aus dem Arbeiten in der Organisation.

Und wenn Sie jetzt nehmen die spärlichen Überreste, die von der Kultur aus früheren Zeiten über die Eiszeit herübergerettet worden sind, wenn Sie dasjenige nehmen, was da war, so werden Sie sehen:

Es waren ganz gewiß Zeiten da, in denen eine - bitte nehmen Sie den Ausdruck nur im richtigen Sinn - «Polarisierung» über die heutige gemäßigte Zone sich verbreitete , in denen so etwas statt­finden mußte, wie es statifindet in den heutigen Polargegenden. Da dehnte sich einfach über einen großen Teil der Erde dasjenige aus, was nun zurückgedrängt ist nach dem Nordpol zu.

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Ich bitte davon ganz loszulösen, was an heutigen Vorstellungen zur Erklärung da ist, sonst kommt man nicht zum reinen Phäno­men, sondern nehmen Sie nur das reine Phänomen als solches. Heute ist es auf der Erde so, daß wir gewissermaßen haben die Men­schen der tropischen Zone , die Menschen der gemäßigten Zone , die Menschen der Polarzone. Natürlich beeinflussen sie sich gegenseitig, so daß in der äußeren Wirklichkeit das Phänomen sich nicht so ganz rein darstellt. Was wir aber da räumlich haben, wir finden es, indem wir zurückgehen, zeitlich. Wir kommen gewissermaßen zum Nord­pol der Zivilisationsentwickelung, indem wir zurückgehen in der Zeit, und wir haben wiederum einen anderen Pol, indem wir in der Zeit vorschreiten. Und wenn man sich vorstellt, daß dasjenige, was als polarischer Einfluß auf den Menschen sich äußert, zusammen­hängt mit den Wechselverhältnissen von Erde zu Sonne , dann muß man sich vorstellen, daß diese Änderung, die sich da vollzogen hat, dieses Entpolarisieren , zusammenhängt mit einer Veränderung, die geschehen sein muß im Wechselverhältnis von Erde zu Sonne. Und es springt für uns die Frage heraus aus den Tatsachen: Was ist denn da geschehen? Auf was in der Genesis des Himmelsraumes weist uns denn dieses eigentlich hin?

Betrachten wir die Sache einmal näher. Natürlich sind diese Ver­hältnisse für die nördliche und südliche Halbkugel der Erde anders , aber das tut ja nichts zur Sache. Das wird uns höchstens dazu brin­gen , entsprechende Bilder zu schaffen für dasjenige , was reale Vor­gänge sind. Aber wir müssen zunächst von den empirischen Tat­sachen ausgehen. Und was enthüllt sich uns denn da, wenn wir ohne Hypothese , ohne irgendwelche vorgefaßte Meinung an die Er­scheinungen einfach herangehen? Was enthüllt sich uns da? Da müssen wir sagen: Die Erde und die Geschehnisse auf der Erde sind ein Ausdruck für Weltenverhältnisse , die in gewissen Rhythmen of­fenbar werden. Denn eine Erscheinung, die etwa im 10. Jahrtausend vor der Entstehung des Christentums da war, die wiederholt sich etwa im 11. Jahrtausend nach der Entstehung des Christentums. Und dasjenige, was dazwischen ist, es muß sich auch in einer gewis­sen Weise wiederholen. Das, was hier (zwischen den beiden Eiszeitperioden)

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dazwischen ist, war gewiß auch vorher vorhanden. Wir ha­ben da einen Rhythmus. Wir werden da auf einen rhythmischen Gang hingewiesen.

Nun, wenn Sie jetzt den Blick hinauswenden zu den Himmels-erscheinungen und eine Tatsache besonders herausheben , die ich in meinen Vorträgen schon öfter hervorgehoben habe , werden Sie fol­gendes finden können. Wir wissen ja - ich will die Sache nur ganz skizzenhaft charakterisieren -, daß der Frühlingspunkt, der Sonnen­aufgangspunkt im Frühling, in der Ekliptik fortrückt. Wir wissen ja auch, daß dieser Frühlingspunkt heute im Sternbild der Fische liegt, vorher im Sternbild des Widders gelegen hat, vorher im Sternbild des Stieres - das war die Zeit , in der besonders der Stierdienst bei den Ägyptern und Chaldäern gepflegt wurde - , vorher war er im Sternbild der Zwillinge , vorher im Sternbild des Krebses , des Lö­wen. Da kommen wir aber schon zurück in die Zeiten , die beinahe die sind der Eiszeitentwickelung. Und wenn wir uns dasjenige, was da vorliegt, zu Ende vorstellen, so müssen wir sagen, dieser Früh­lingspunkt rückt in der ganzen Bahn der Ekliptik herum. Wir wissen ja, daß wir das das platonische Jahr nennen, das große Weltenjahr. Und wir wissen, daß es approximativ eine Länge hat von 25920 Jahren, so daß wir sagen können, diese 25 920 Jahre, die urnschlie­ßen eine Summe von Vorgängen. Diese Vorgänge sind so, daß sich innerhalb dieser auf der Erde eine rhythmische Bewegung von Eis­zeit, mittlerer Zeit, Eiszeit, mittlerer Zeit zeigt. Wir sehen, daß ein­tritt in der Zeit , in der die Menschheit geistig durchwühlt wird , der Frühlingspunkt in das Zeichen der Fische. In der griechisch-Iateini-schen Zeit war er im Zeichen des Widders , vorher im Zeichen des Stieres und so weiter. Wir kommen ungefähr zum Löwen, respektive zur Jungfrau zurück in derjenigen Zeit, in der es gerade in unseren Gegenden und weit über Europa hin, auch über Amerika, eisig wird. Und wir werden den Frühlingspunkt zu suchen haben im Zei­chen des Skorpions , wenn wir wiederum in diesen Gegenden Eiszeit haben werden. Da umschließt also dasjenige, was in 25920 Jahren sich abwickelt, etwas Rhythmisches; etwas Rhythmisches, das aller­dings ein weit Ausgedehntes ist.

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Aber dieser Rhythmus erinnert, wie ich ja auch schon öfter er­wähnt habe, an einen anderen Rhythmus, rein als Zahlenrhythmus. Wir wollen ja auch nicht mehr hineinlegen. Aber wenn es sich um einen Rhythmus handelt und wenn man das zahlenmäßig aus­drückt und wenn die entsprechenden Zahlen die gleichen sind, so sind es gleiche Rhythmen, mit denen man es zu tun hat. Sie wissen, daß die Zahl der Atemzüge eines Menschen - Einatmung und Ausatmung - approximativ etwa 18 in der Minute ist. Wenn Sie diese Zahl der Atemzüge für den Tag ausrechnen, dann bekommen Sie wiederum die gleiche Zahl 25920. Das heißt, der Mensch zeigt in seinem täglichen Leben dieselben Zeiten, denselben Rhythmus we­nigstens, welche sich uns im großen Weltenjahr enthüllen durch das Herumgehen des Frühlingspunktes. Das ist im Tag, wo der Mensch diesen Rhythmus zeigt, im Tag! Der Tag entspricht also mit Bezug auf die Atmung diesem platonischen Jahr. Nun, der Früh-lingspunkt, also etwas, was mit der Sonne zusammenhängt, geht scheinbar herum in 25 920 Jahren. Aber das geht ja auch im Tag her­um. Das geht im Tag herum in 25920 menschlichen Atemzügen. Das ist dasselbe Bild wie draußen im Weltenall. Wenn es also -natürlich, so etwas ist eine törichte Hypothese, die nur etwas klar­machen will - ein Wesen gäbe, welches jedes Jahr einmal aus- und einatmete, so würde es, wenn es so lange lebte, in 25920 Jahren denselben Prozeß durchmachen, wie der Mensch in einem Tag. Je­denfalls sehen wir, wie da der Mensch gewissermaßen im Kleinen nachbildet dasjenige , was in einer anderen Form im großen Welten-prozeß sich darstellt.

Diese Dinge machen heute auf den Menschen einen sehr gerin­gen Eindruck, weil er nicht gewöhnt ist, nach dem Qualitativen die Welt zu betrachten. Und in bezug auf das Quantitative spielen diese Dinge, die nur Rhythmen ausdrücken, keine so große Rolle. Da will man andere Beziehungen zwischen den Zahlen haben, als solche, die in Rhythmen sich ausleben. Daher beachtet man diese Dinge heute weniger. In einer Zeit aber, in welcher man mehr empfunden hat den Zusammenhang des Menschen mit dem Weltenall, in wel­chem man überhaupt als Mensch sich mehr drinnen fühlte in den

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Welterscheinungen, da empfand man das stark. Und deshalb finden wir, indem wir zurückgehen in der Menschheitsentwickelung' wenn wir hinter das 2. , 3. Jahrtausend zurückkommen , überall ein starkes Hinschauen auf dieses platonische Jahr. Und in dem, was ich auch gestern erläuternd - nicht etwa erklärend , aber erläuternd - heran­zog, im indischen Jogasystem, wo der Mensch sich hineinlebte ins Atmen , wo er versuchte , den Atmungsprozeß bewußt zu machen , da ging ihm auch dieses Verhältnis auf zwischen dem , was da im Menschen als Rhythmus sich abspielt , was er zusammengedrängt innerlich eratmet , und den großen Welterscheinungen. Daher sprach er von seinem Ein- und Ausatmen und von dem großen Ein-und Ausatmen des Brahma, das ein Jahr umfaßt und für das 25920 Jahre ein Tag sind, ein Tag des großen Geistes.

Ja, ich möchte nicht eine boshafte Bemerkung machen, aber in einer gewissen Weise bekommt man doch Respekt vor diesem Ab­stand, den einmal die Menschen da fühlten zwischen sich und dem Geiste des Makrokosmos , den sie verehrten. Denn ungefähr das stellte sich einmal der Mensch vor, daß er so weit unter dem Geiste des Makrokosmos stehe, wie ein Tag unter 25920 Jahren. Das ist schon ein sehr großer Geist, den sich da der Mensch vorstellte. Und das Verhältnis zu ihm , das stellte sich der Mensch wahrhaftig recht bescheiden vor. Und es würde immerhin nicht uninteressant sein, damit zu vergleichen, wie groß der wirklich innerlich erfaßte Ab­stand des modernen Menschen vielfach ist von seinem Gotte , wie dieser moderne Mensch sehr häufig in dem Gotte nichts anderes hat als einen ein wenig idealisierten Menschen.

Nun, nur scheinbar gehört das nicht in unser Thema hinein. Denn wenn wir zu wirklichen Erkenntnismitteln auf diesem Ge­biet kommen wollen, müssen wir uns eben herausfinden aus bloß errechenbaren Gebieten in ganz andere hinein, weil uns ja die Be­trachtung der Keplerschen Gesetze und ihrer Zusammenhänge selbst gezeigt hat, wie wir beim Rechnen in inkommensurable Zah­lenansätze kommen und das Rechnen uns einfach über sich selbst hinausdrängt.

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SIEBENTER VORTRAG Stuttgart, 7. Januar 1921

Sie haben gesehen, die Bestrebungen dieser Vorträge gingen dahin, die Voraussetzungen für ein Weltbild zu finden. Und ich mußte Sie immer wiederum darauf verweisen, daß uns die astronomischen Er­scheinungen selbst die Notwendigkeit auferlegen, aus dem bloßen Quantitativen heraus in das Qualitative hineinzukommen. Es ist ja in der neueren, von der Naturwissenschaft sehr beeinflußten Wissenschaftsbetrachtung die Neigung heraufgezogen, überall vom Quali­tativen abzusehen und auch die Vorgänge im Qualitativen zu über-setzen durch Darstellungen, die dem Quantitativen oder wenigstens dem Formhaften, ich möchte sagen dem Starr-Formhaften, entspre­chen. Denn an sich führt eine formhafte Betrachtung ja sehr leicht, selbst wenn man die Formen als bewegliche, in sich bewegliche be­trachten will, ganz unwillkürlich in die Betrachtung des starren For­menhaften hinein. Und die Frage muß uns ja beschäftigen, ob wir mit starr-formenhaften Begriffsgebilden irgendwie die Erscheinun­gen des Weltenalls erkenntnismäßig decken können. Bevor diese Frage beantwortet ist, ist kein Aufbau des astronomischen Weltenbildes möglich.

Nun hat dieses Hinneigen zu dem Quantitativen, bei dem man abstrahiert von dem Qualitativen, auch zu einer gewissen Abstrak­tionssucht geführt, welche in gewissen Partien unseres Wissen­schaftslebens außerordentlich schädlich zu werden beginnt, weil sie von der Wirklichkeit abführt. Man liebt es ja heute sogar auszu­rechnen, unter welchen Umständen man von zwei Schallquellen, die nacheinander Schall abgeben, den später abgegebenen Schall früher hören kann als den früher abgegebenen. Dazu ist ja nur die Kleinig­keit notwendig, nicht wahr, daß man sich selber mit einer größeren Geschwindigkeit bewegt als der Schall. Derjenige, der mit seinen Begriffen im wirklichen Leben drinnensteht, der nicht mit seinen Begriffen aus der Wirklichkeit herausgeht, der kann unmöglich an­ders, als in dem Augenblick, wo es sich darum handelt, die Bedingungen

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des Hineingesteiltseins des Menschen in die Umwelt aufzu­heben, auch mit seinen Begriffsbildungen aufhören. Es hat nicht den geringsten Sinn, Begriffsbildungen zu formulieren für Zustän­de, in denen man nicht sein kann. Zu dieser Art von Betrachtung muß ja der Geisteswissenschafter sich erziehen, der überall auch mit seinen Begriffen mit der Wirklichkeit verbunden sein will, der also niemals mit seinen Begriffsbildungen aus der Wirklichkeit heraus-geht, wenigstens niemals stark, indem er immer wieder an die Wirk­lichkeit zurückgeht. Und alle Schädlichkeiten der neuzeitlichen Hy­pothesenbildung beruhen ja im Grunde genommen auf diesem mangelnden Sinn für das Verbundensein mit der Wirklichkeit. Man würde viel eher zu dem, was unbedingt angestrebt werden muß, zu einer hypothesenfteien Auffassung der Welt kommen, wenn man sich durchdringen würde mit diesem Wirklichkeitssinn. Allerdings muß man dann auch wirklich dasjenige, was in der Erscheinungs­welt gegeben ist, betrachten wollen. Das tut man ja heute nicht in Wirklichkeit. Würde man vorurteilslos die Erscheinungen betrach­ten, dann würde sich ein ganz anderes Weltbild ergeben, als heute vielfach da ist in dem wissenschaftlichen Leben, aus dem dann aller­lei Schlüsse und Konsequenzen gezogen werden, bei denen nichts herauskommen kann, weil sie Unwirkliches auf Unwirkliches bauen und man bloß in hypothetische Ideensysteme hineinkommt.

Von diesem und von dem gestern hier Auseinandergesetzten ausgehend, muß ich noch auf einige Begriffe eingehen, die schein­bar wiederum nicht mit unserem Thema zusammenhängen, aber Sie werden ja sehen im weiteren Verlauf der Vorträge, wie das gerade zum Aufbau eines Weltbildes notwendig ist, was ich hier entwik­kele. Ich muß weiter eingehen auf das, was ich Ihnen gestern in Anlehnung an die Erscheinungen der Eiszeiten und der sonstigen Erdenentwickelung dargestellt habe. Fangen wir wiederum an einem ganz anderen Ende an. Unser Erkenntnisleben setzt sich zusammen aus den gegebenen Sinneseindrücken und aus jenen Gebilden, wenn ich mich so ausdrücken darf, die entstehen, indem wir die Sinneseindrücke innerlich verarbeiten. Wir trennen ja daher unser Erkenntnisleben in das der Sinneswahrnehmungen und in das eigentliche

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Vorstellungsleben. Ohne daß man sich zunächst diese zwei Begriffe bildet, den Begriff der noch unverarbeiteten Sinneswahr­nehmung und den Begriff der innerlich verarbeiteten Sinneswahr­nehmung, die zur Vorstellung geworden ist, kornmt man der Wirk­lichkeit, die in diesem Gebiete vorliegt, nicht nahe. Nun handelt es sich darum, vorurteilslos zu erfassen, welches eigentlich der Unter­schied ist zwischen dem Leben in der Erkenntnissphäre, insofern diese Erkenntnissphäre durchzogen ist von den Sinneswahrnehmun­gen und insofern sie bloße Vorstellungssphäre ist. Da handelt es sich darum, daß man beobachten kann nicht nur, wie man es heute ge­wöhnt ist, im Reiche des Nebeneinander, sondern auch beobachten kann in demjenigen, was seiner Intensität nach, seiner Qualität nach in verschiedener Art an uns herantritt.

Wenn wir das Reich der Sinneswahrnehmungen, sofern wir drin­nen stehen, vergleichen mit dem Traumleben, so können wir einen wesentlichen qualitativen Unterschied selbstverständlich bemerken. Diesen Unterschied muß man auch bemerken. Anders aber liegt die Sache, wenn Sie das Vorstellungsleben selbst nehmen, wenn Sie, ohne jetzt auf das Inhaltliche einzugehen, nur auf die ganze Qualität des Vorstellungslebens sehen. Darüber täuscht der In­halt des Vorstellungslebens hinweg, weil er ja durchsetzt ist von den Reminiszenzen des Sinneslebens. Aber wenn Sie absehen von dem, was inhaltlich im Vorstellungsleben liegt, wenn Sie bloß dar­auf sehen, wie qualitativ das Vorstellungsleben im Menschen eben da ist, dann bekommen Sie einen qualitativen Unterschied des Vor­stellungslebens als solchen von dem Traumleben nicht heraus. Es ist durchaus unser Tagesleben so, daß in demjenigen, was wir präsent haben in unserem Bewußtseinsfelde, wenn wir unsere Sinne nach außen öffnen und dadurch innerlich vorstellungsgemäß tätig sind, im Vorstellungsbilden dieselbe innere Tätigkeit vorliegt, die beim Träumen vorliegt, und daß alles dasjenige, was zu diesem Traum-erlebnis hinzukommt, inhaltlich bedingt ist durch die Sinneswahr­nehmung. Dadurch kommt man dazu zu verstehen, daß das Vorstel­lungsleben des Menschen mehr nach innen gelegen ist als das Sin­nesleben. Unsere Sinnesorgane sind ja so einkonstruiert in den

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menschlichen Organismus, daß die Vorgänge, in denen wir durch sie leben, verhältnismäßig stark sich loslösen von dem sonstigen organi­schen Leben (Fig. 1). Das Sinnesleben ist ein Leben, das, wenn man es darstellen würde, besser dargestellt würde der reinen Tatsächlich­keit nach als ein golfartiges Hereinragen der Außenwelt in unseren Organismus denn als etwas, was von unserem Organismus umfaßt wird. Es ist durchaus dem beobachteten Tatbestand gemäß richtiger zu sagen: Wir erleben durch das Auge ein goffartiges Hereinragen der Außenwelt, wir erleben durch diese Absonderung der Sinnesorgane

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die Sphäre der Außenwelt mit. Es ist am wenigsten gebunden dasjenige, was gerade im ausgesprochensten Maße Sinnesorgan an uns ist, an die innere Organisation. Dagegen ist ganz gebunden an unsere innere Organisation dasjenige, was sich im Vorstellungsleben geltend macht. Wir haben also im Vorstellungsprozeß ein anderes Element innerhalb unseres Erkenntnislebens als im Sinneswalirneh­mungs-Prozeß. Ich mache Sie dabei darauf aufmerksam, daß ich überall diese Prozesse so betrachte, wie sie im gegenwärtigen Stadi­um der Menschheitsentwickelung vorliegen.

Nun, wenn Sie dasjenige noch einmal ins Auge fassen, was ich Ihnen gestern gesagt habe über die Erkenntnisentwickelung von Eis-zeit zu Eiszeit, so werden Sie zurückblicken darauf, wie dieses ganze Zusammenströmen von Sinneswahrnehmungen und Vorstellungsle­ben eine Änderung erfahren hat seit der letzten Eiszeit. Und wenn Sie ganz erfassen die Art, wie ich zurückverfolgend gestern die Meta­morphose des Erkenntnislebens dargestellt habe, so werden Sie sich sagen: Eigentlich ist unmittelbar nach dem Abfluten der Eiszeit das

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menschliche Erkenntnisleben von ganz anders erlebten Qualitäten ausgegangen, als es heute der Fall ist. Will man zu einer bestimmte-ren, konkreteren Vorstellung darüber kommen, muß man sagen: Es ist immer mehr hineingedrungen in unser Erkenntnisleben das­jenige, was wir von den Sinnen haben, und es ist immer mehr das­jenige geschwunden, was wir nicht von den Sinnen haben, sondern was wir einst hatten durch ein ganz andersgeartetes Zusammen­leben mit der Außenwelt. Aber diesen Charakter des ganz anders­gearteten Zusammenlebens mit der Außenwelt haben auch unsere Vorstellungen. Sie sind von der Dumpfheit des Traumlebens ihrer Qualität nach, aber sie sind durchaus so, daß wir in ihnen auch er­leben das mehr Hingegebensein an die Umwelt, das wir im Traum erleben. Wir unterscheiden uns im Vorstellungsleben eigentlich nicht von unserer Umwelt. Wir sind im Vorstellungsleben an die Umwelt hingegeben. Wir sondern uns erst durch die Sinneswahr­nehmung von der Umwelt ab. Es war also ein fortwährendes Auf. leuchten des Ich, des Selbstbewußtseins, was sich herausbildete, in-dem das eben mit dem menschlichen Erkenntnisvermögen geschah, was seit der letzten Eiszeit geschehen ist.

Auf was werden wir denn also zurückgehen - das ist nichts Hy­pothetisches, sondern ein einfaches Verfolgen der Vorgänge -, indem wir mit der Entwickelung hinter die letzte Eiszeit zurückgehen? Wir werden zurückgehen auf ein solches Seelenleben innerhalb des Men­schen, welches zwar traumhafter ist, welches aber verwandter ist unserem Vorstellungsleben als unserem Sinnesleben. Nun ist aber das Vorstellungsleben mehr an unsere Organisation gebunden als das Sinnesleben. Es wird also auch dasjenige, was im Vorstellungs-leben sich äußert, mehr in der Organisation sich äußern, als unab­hängig von dieser Organisation. Dadurch werden wir aber geführt, wenn Sie das nehmen, was ich in den letzten Tagen auseinander­gesetzt habe, von den Tageseinflüssen der umgebenden Welt zu den Jahreseinflüssen. Denn ich habe Ihnen ja gezeigt, die Tages-einflüsse sind eben diejenigen, welche unser Weltbild formen, die Jahreseinflüsse diejenigen, die unsere Organisation umändern. Also wir werden geführt von dem seelischen Erleben zu dem körperlichen,

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dem organischen Erleben, wenn wir auf dasjenige zurück­gehen, was da innerlich im Menschen sich abspielt.

Mit anderen Worten: Vor der letzten Eiszeit hat alles dasjenige, was im Jahreswechsel begründet ist, einen größeren Einfluß gehabt auf den Menschen, als es nach der letzten Eiszeit hat. Wir haben also wiederum in dem Menschen ein Reagens, um zu beurteilen, wie die um die Erde herumliegenden Einflüsse sind. Und erst wenn wir das haben, können wir uns Vorstellungen darüber machen, wie die Ver­hältnisse, auch die Bewegungsverhältnisse, zwischen der Erde und den umliegenden Himmelskörpern sind. Denn wir müssen durchaus von dem, ich möchte sagen, empfindlichsten Instrumente ausgehen, von dem Menschen selber, wenn wir die Bewegungserscheinungen des Himmels studieren wollen. Dazu müssen wir aber zuerst den Menschen kennen, müssen wirklich zuteilen können dasjenige, was zu dem einen Tatsachengebiet gehört, zu den Tageseinflüssen, und dasjenige, was zu dem anderen Gebiet der Tatsachen gehört, zu den Jahreseinflüssen. Diejenigen, die sich etwas ernster beschäftigt ha­ben mit Anthroposophie, brauche ich ja nur darauf zu verweisen, wie ich aus der Anschauung heraus beschrieben habe die Verhält­nisse der alten Atlantis, wie sie gelegen haben vor der letzten Eiszeit. Dann werden sie sehen, wie dort von einer anderen Seite her, also aus der unmittelbaren Anschauung heraus, dasjenige beschrieben ist, dem man sich nähert, wenn man, wie wir es jetzt tun, rein ver­standesmäßig versucht, in den Tatsachen der Außenwelt zurecht­zukommen. Wir kommen also zurück zu einer solchen Wechselwir­kung der Erde mit ihrer Himmelsumgebung, die den Menschen ge­bracht hat zu dem Vorstellungsleben und die sich dann verwandelt hat, so daß das heutige Sinnesleben - natürlich nicht das Sinnes-leben als solches, sondern die heutige Art - daraus entstanden ist.

Nun müssen wir noch eine feinere Unterscheidung machen. Es ist richtig: Zu dem, was wir im gewöhnlichen Leben Selbstbewußtsein nennen, Ich-Bewußtsein, kommen wir eigentlich erst immer im Moment des Aufwachens. Im Moment des Aufwachens schlägt das Selbstbewußtsein in uns ein. Die Beziehung, in die wir uns zur Welt setzen, indem wir unsere Sinne gebrauchen, ist also diejenige. die

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uns das Selbstbewußtsein gibt. Aber wenn wir nun tatsachengemäß analysieren dasjenige, was da einschlägt in uns, so kommen wir aller­dings dazu, uns zu sagen: Bliebe das Vorstellungsleben bloß in der Qualität des Traumlebens, und schlüge bloß das Sinnesleben ein, so würde in unserem Vorstellen etwas fehlen. Wir würden bloß zu Be­griffen kommen, die etwa den Phantasiebegriffen ähnlich sind -nicht gleich, aber ähnlich sind -, aber wir würden nicht zu jenen scharf umgrenzten Begriffen kommen, die wir brauchen für das äu­ßere Leben. Es fließt also mit dem Sinnesleben zu gleicher Zeit das­jenige in uns ein, was unseren gewöhnlichen Erkenntnisbildern die scharfen Umrisse, die scharfen Konturen gibt. Das ist etwas, das uns auch die Außenwelt gibt. Wir würden, wenn uns das die Außenwelt nicht geben würde, durch das Zusammenwirken der Sinneseffekte mit den Vorstellungseffekten ein bloßes Phantasieleben zustande bringen; wir würden nicht zustande bringen das scharf konturierte Tagesleben.

Wenn man nun einfach die Erscheinungen im Goetheschen Sinne miteinander vergleicht - oder auch in dem Sinne, wie dann abstrakter Kirchhoff sich ausgedrückt hat -, dann bietet sich einem noch folgendes dar. Allerdings muß ich da eine Zwischenbemerkung machen: Heute ist man gewöhnt, von einer Sinnesphysiologie zu sprechen, und man baut darauf auch allerlei Sinnespsychologien auf. Wer auf die Dinge der Wirklichkeit eingeht, der kann nichts Wirklichkeitsgemäßes, weder in diesen Sinnesphysiologien noch in diesen Sinnespsychologien, finden, denn unsere Sinne sind so durchaus verschieden voneinander, daß wir in einer sie alle in ein­heitlicher Wesenheit behandelnden Sinnesphysiologie nur ein höchst abstraktes Gebilde haben. Es kommt auch kaum mehr heraus als eine spärliche und sehr fragwürdige Physiologie und Psychologie des Tastsinnes, die dann einfach durch Analogien auf die anderen Sinne übertragen wird. Derjenige, der auf diesem Gebiet das Wirk­lichkeitsgemäße sucht, der braucht für jeden einzelnen Sinn eine gesonderte Physiologie und eine gesonderte Psychologie.

Wenn wir das voraussetzen, also uns dessen bewußt sind, dann können wir, selbstverständlich mit allen Einschränkungen, auch das

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Folgende sagen: Betrachten wir einmal das menschliche Auge . Ich kann natürlich nicht auf die elementaren Einzelheiten eingehen, die können Sie in jedem entsprechenden naturwissenschaftlichen Lehr­buch finden. Betrachten wir das menschliche Auge. Es ist eines der Organe, die. uns überliefern Eindrücke der Außenwelt, Sinnesein­drücke mit demjenigen, was diese Sinneseindrücke in bestimmter Weise konturiert. Und diese Eindrücke des Auges stehen wiederum in Verbindung mit dem, was wir innerlich zu Vorstellungen ver­arbeiten. Sondern wir jetzt einmal ordentlich dasjenige, was zu­grunde liegt der scharfen Konturierung, was unsere Vorstellungen aus bl6ßen Phantasievorstellungen heraushebt und sie zu scharf kon­turierten Vorstellungen macht, sondern wir das einmal von dem, was wirkt, wenn wir diese scharfe Konturierung nicht finden, so daß wir in einem Phantasieleben sein würden. Wir würden durchaus durch dasjenige, was wir mit Hilfe der Sinnesorgane erleben und was das Vorstellungsvermögen innerlich daraus macht, in einer Art Phantasieleben sein. Scharfe Konturen bekommt dieses Leben durch die Außenwelt, durch etwas, was in einer bestimmten Art zu unse­rem Auge in einem Wechselverhältnis steht. Und sehen wir uns jetzt um. Übertragen wir dasjenige, was wir so für das Auge herausbe­kommen haben, auf den ganzen Menschen, suchen wir es einfach ganz empirisch auf im ganzen Menschen. Wo finden wir denn das­jenige, was uns, nur in einer metamorphosierten Form, ebenso ent­gegentritt? Wir finden es im Befruchtungsvorgang. Das Wechsel-verhältnis des ganzen Menschen, insofern er weiblicher Organismus ist, zu der Umgebung, ist metamorphosiert dasselbe, wie das Ver­hältnis des Auges zu der Umgebung. Es muß ohne weiteres dem­jenigen, der auf diese Dinge eingehen will, einleuchten, wie, man kann sagen, nur ins Materielle umgesetzt, das weibliche Leben das Phantasieleben des Universums ist, das männliche Leben dasjenige, was die Konturen bildet, was dieses unbestimmte Leben zu dem be­stimmten, konturierten macht. Und wir haben im Sehvorgang, wenn wir ihn so betrachten, wie wir es heute getan haben, nichts anderes als die Metamorphose des Befruchtungsvorganges . Und um­gekehrt.

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Solange man nicht auf diese Dinge eingehen wird, wird es un­möglich sein, überhaupt zu brauchbaren Vorstellungen über das Weltenall zu kommen . Es ist mir nur leid, daß ich diese Dinge bloß andeuten kann. Aber ich will Sie ja auch in diesen Vorträgen nur anregen. Dasjenige, was ich mir eigentlich als Aufgabe solcher Vor­träge denke, das ist, daß als Ergebnis jeder einzelne von Ihnen dann soviel als möglich Weiter arbeitet nach diesen Richtungen. Ich möch­te eben nur die Richtungen angeben. Diese Richtungen können nach allen möglichen Seiten verfolgt werden. Es gibt heute unzäh­lige Möglichkeiten, die Forschungsmethoden in neue Richtungen zu bringen, aber man muß gewissermaßen dasjenige, was man gewöhnt worden ist, bloß ins Quantitative hinüber zu treiben, ins Qualita­tive treiben. Dasjenige, was man so quantitativ treibt, man bildet es aus zunächst - die Mathematik ist das beste Beispiel, Phoronomie ist ein anderes Beispiel - und sucht es wieder in der empirischen Reali­tät. Aber wir brauchen auch noch anderes, um die Mathematik und Phoronomie empirisch real zu decken . Wir müssen mit reicherem Inhalt an die empirische Realität herantreten als bloß mit dem ma­thematischen und dem phoronomischen. Wir finden eben nichts an­deres als phoronomisch und mathematisch angeordnete Welten-und Entwickelungsmechaniken, wenn wir bloß herangehen an die Welt mit den Voraussetzungen der Phoronomie und Mathematik. Aber wir finden anderes in der Welt, wenn wir auch mit der experi­mentellen Forschung von anderen Gebilden ausgehen als den ma­thematischen und phoronomischen.

Es war also jene Differenzierung zwischen dem menschlichen Sinnesleben und dem menschlichen Gesamtleben, dem gesamten organischen Leben, vor der letzten Eiszeit eben noch nicht einge­treten, es war da noch ein viel synthetischeres, einheitlicheres organi­sches Leben des Menschen vorhanden. Seit der letzten Eiszeit haben wir eine reale Analyse für das menschliche organische Leben erlebt . Das weist uns darauf hin, daß wir uns die Beziehung der Erde zur Sonne anders zu denken haben vor der letzten Eiszeit als nach der letzten Eiszeit. Wir müssen von solchen Voraussetzungen aus­gehen, um allmählich zu bildartigen Vorstellungen über das Weltenall

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in seinem Zusammenhang mit der Erde und dem Menschen zu kommen .

Aber das weist Sie nach einer anderen Richtung hin; das weist Sie darauf hin, die Frage aufzuwerfen, inwiefern wir überhaupt für un­sere Weltenbetrachtung den euklidischen Raum gebrauchen können . Ich nenne euklidischen Raum - es kommt nicht auf die Bezeich­nung an - denjenigen, der charakterisiert wird durch drei aufein­ander senkrechte, starre Richtungen. Das ist wohl dasjenige, was man als eine Art Definition des euklidischen Raumes geben kann . Ich könnte ihn auch den kantischen Raum nennen, denn was Kant gibt, wird unter der Voraussetzung gegeben, daß man es zu tun hat mit drei aufeinander senkrechten, starren Richtungen, nicht inein­ander verschiebbaren Richtungen. Gegenüber demjenigen, was wir da als den euklidischen oder meinetwillen den kantischen Raum haben, muß auch durchaus die Frage aufgeworfen werden: Ent­spricht er einer Realität oder ist er ein Gedankenbild, eine Abstrak­tion? Es könnte ja sein, daß dieser starre Raum überhaupt nicht vor­handen ist. Ich bitte Sie aber zu bedenken, daß wir, wenn wir ana­lytische Geometrie treiben, durchaus davon ausgehen, daß wir die x, y, z-Achse als in sich unbeweglich annehmen dürfen und daß wir irgendein Reales damit decken, wenn wir einfach das x, y, z in sich starr setzen. Wenn es nirgends im Reiche der Wirklichkeit so etwas gäbe, was uns erlaubte, die drei Achsen unseres gewöhnlichen Ko­ordinatensystems in der analytischen Geometrie als starr anzu­nehmen, dann wäre ja unsere gesamte euklidische Mathematik ei­gentlich nur etwas, was wir gewissermaßen als eine Annäherung an die Wirklichkeit in uns ausbilden würden, als ein bequemes Mittel, diese Wirklichkeit zu umfassen. Aber sie wäre eigentlich nichts, was in der Anwendung auf die Wirklichkeit versprechen könnte, uns irgend etwas zu sagen über diese Wirklichkeit.

Nun frägt es sich, ob wir irgendwo Anhaltspunkte dafür fmden, daß der euklidische Raum nicht in dieser Starrheit eigentlich fest­gehalten werden darf. Ich komme da allerdings auf etwas, was den meisten Menschen heute die größten Schwierigkeiten machen wird, aus dem Grunde, weil sie eben nicht wirklichkeitsgemäß denken;

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weil sie immer glauben, man könne am Gängelband der Begriffe fortdeduzieren und -logisieren, -mathematisieren und so weiter. Das ist gerade dasjenige, was wir gegenüber den heutigen Wissenschafts­neigungen lernen müssen: aus der Wirklichkeit heraus zu denken . gar nicht uns zu erlauben, irgendein Bild bloß auszubilden, ohne daß wir nachsehen wenigstens, ob es der Wirklichkeit entsprechend ist. Man muß untersuchen, ob es, wenn wir auf das Konkrete ein­gehen, tatsächlich so etwas gibt wie eine Art qualitativer Bestim­mung des Raumes . Ich weiß, daß diejenigen Vorstellungen, die ich jetzt entwickele, eigentlich den größten Widerstand finden müssen . Aber es ist nicht anders möglich, als auch auf solche Dinge aufmerk­sam zu machen . Sehen Sie, wenn man die Entwickelungslehre be­trachtet, wie sie in der neueren Zeit immer mehr und mehr in das wissenschaftliche Gebiet sich hineinbegeben hat, so ist es ja in ge­wissen Kreisen - die Zeiten sind jetzt schon wiederum etwas vor­über, aber bis vor kurzem war es so - üblich gewesen, diese Ent­wickelungslehre auch auf die Astronomie auszudehnen und auch da zu sprechen zum Beispiel von der Selektion, wie man sie in dem radikalen Darwinismus für die Organismen geltend gemacht hat . Es ist üblich geworden, auch da mit Bezug auf die Genesis der Him­melskörper von einer Art Selektion zu sprechen, so daß gewisser­maßen dasjenige, was wir jetzt als unser Sonnen-Planetenge bilde vor uns haben, entstanden wäre durch Auslese von alle dem, was her­ausgesondert worden ist. Auch diese Theorie ist ja vertreten worden. Man hat einmal die Gewohnheit, alles dasjenige, was man aus irgend­einem Tatsachengebiet gewinnt, auf den ganzen Umfang der Welt womöglich auszudehnen .

So ist man auch dazu gekommen, den Menschen an das Ende der tierischen Entwickelungsreihe einfach heranzustellen, indem man ihn untersuchte in bezug auf seine Morphologie und Physiologie und so weiter. Nun handelt es sich darum, ob man durch eine solche Untersuchung tatsächlich die Totalität der menschlichen Organisa­tion umfassen kann. Man muß bedenken, daß bei einer solchen Un­tersuchung etwas, was uns rein empirisch als ganz Wesentliches ent­gegentreten muß, einfach weggelassen wird. Man hat erleben können,

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wie die Haeckelianer einfach zählten, wieviel Knochen der Mensch hat, wieviel Muskeln und so weiter und wieviel die voll­kommenen Tiere haben. Wenn man so zählt, wird man schwer an­ders können, als den Menschen an das Ende der Tierreihe zu stellen. Aber etwas ganz anderes ist es, wenn es ganz offen zutage liegt, daß des Menschen Rückgratlinie vertikal liegt, die des Tieres im wesent­lichen horizontal. Das ist approximativ, aber nicht weniger deutlich ausgesprochen. Wo eine Abweichung ist bei einzelnen Tieren, da zeigt gerade diese Abweichung, wenn man sie im einzelnen em­pirisch untersucht, daß durch die Abweichung, das heißt durch die Vertikaldrehung der Rückgratlinie, auch Abänderungen in dem Tiere hervorgerufen werden, die von einer bestimmten Wichtigkeit sind. Im wesentlichen muß hingeschaut werden auf diesen charakte­ristischen Unterschied des Menschen von dem Tiere, der darin be­steht, daß des Menschen Rückgratlinie in der Richtung des Erd-radius, der Vertikalen liegt, des Tieres Rückgratlinie parallel der Erdobeffläche geht. Damit haben Sie auf Raumerscheinungen hin­gewiesen, die in sich offenbar differenziert sind, insofern wir sie an­wenden auf die Gestalt, auf die Formation des Tieres und des Men­schen. Wir dürfen nicht, wenn wir vom Konkreten ausgehen, die Horizontale in derselben Weise betrachten wie die Vertikale . Ich meine, wenn wir uns hineinstellen in den wirklichen Raum und sehen, was da drinnen im wirklichen Raum geschieht, so können wir nicht die Horizontale als gleichbedeutend mit der Vertikalen ansehen .

Nun aber hat das etwas anderes im Gefolge . Sehen Sie die tieri­sche Form an und sehen Sie die menschliche Form an. Gehen wir von der tierischen Form aus. Ich bitte Sie einmal dasjenige, was ich Ihnen jetzt darstellen werde, durch eine sinnvolle Betrachtung ir­gendeines Säugetierskeletts ordentlich für sich selber, für Ihr An­schauungsvermögen zu ergänzen. Die Betrachtungen, die man nach dieser Richtung hin anstellt, sind immer viel zu wenig konkret, das heißt viel zu wenig auf die Wirklichkeit eingehend . Wenn Sie das Skelett betrachten - ich will jetzt beim Skelett stehenbleiben, aber was ich vom Skelett sage, gilt in einem noch höheren Maße von den

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anderen Teilen der tierischen und menschlichen Organisation , wenn Sie das Skelett eines Tieres betrachten, sehen Sie auf die Diffe­renzierung hin, welche gegeben ist im Schädelskelett; sehen Sie sich an diese Differenzierung im Schädelskelett und vergleichen Sie diese mit dem anderen Pol des Tieres! Gehen Sie wirklich innerlich mor­phologisch dabei vor, so werden Sie charakteristische Einklänge und charakteristische Verschiedenheiten sehen. Es liegt hier eine Rich­tung der Forschung vor, die eben genauer verfolgt werden muß. Denn hier muß etwas durchschaut werden, was einen tiefer in die Wirklichkeit hineinbringt, als man es heute gewöhnt ist .

Es liegt in der Natur dieser Vorträge, daß ich eben Dinge nur an­deuten kann, gewissermaßen über Mittelglieder hinweggehen muß; daß ich appellieren muß an Ihre Intuition und voraussetzen muß, daß Sie zwischen zwei Vorträgen sich die Dinge zurechtlegen, damit Sie sehen, wie das eine mit dem andern zusammenhängt. Sonst wür­de ich in den paar Vorträgen, die ich halten kann, eben nicht zu einem Resultat kommen können.

#Bild s. 140

Ich will nun schematisch darauf hinweisen, wie die tierische Or­ganisation sich gestaltet (Fig. 2). Wenn Sie sich fragen: Woher rührt denn eigentlich der charakteristische Unterschied von Vorne und Rückwärts? - dann kommen Sie nach Prüfung von unermeßlich vie­len Zwischengliedern zu etwas sehr Merkwürdigem . Sie kommen da­zu, die Differenzierung von Vorne mit den Wirkungen der Sonne zusammenzubringen. Sie haben da die Erde (Fig. 3, rechts), Sie haben das Tier. ein Tier auf der Sonnenseite der Erde. Und nehmen

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Sie dann an, durch irgendwelche Vorgänge kommt zustande, daß das Tier dann auf der anderen, auf der abgewendeten Seite ist (Fig. 3, ganz rechts), dann haben Sie auch die Wirkung der Sonnen­strahlen auf das Tier, aber die Erde ist dazwischen. Sie haben also

#Bild s. 141

das eine Mal zu reden von der Wirkung der Sonnenstrahlen auf das Tier direkt, das andere Mal von der Wirkung der Sonnenstrahlen auf das Tier indirekt, indem die Erde dazwischen ist, indem die Sonnen­strahlen die Erde erst zu passieren haben . Exponieren Sie nun die Gestalt des Tieres der direkten Sonnenwirkung, so bekommen Sie den Kopf; exponieren Sie das Tier denjenigen Sonnenstrahlen, die erst durch die Erde hindurchgehen, so bekommen Sie den entgegen­gesetzten Pol des Kopfes. Sie müssen studieren das Schädelskelett als ein Ergebnis der direkten Sonnenwirkung; Sie müssen studieren die Formen , die Morphologie des entgegengesetzten Poles als die Wir­kung der Sonnenstrahlen, vor die sich die Erde gestellt hat, der indi­rekten Sonnenstrahlen . Es weist uns also die Morphologie des Tieres auf ein Wechselverhältnis zwischen Erde und Sonne hin . Wir müs­sen aus demjenigen , was sich im Tiere heranbildet , nicht aus dem bloßen Augenschein, auch wenn das Auge durch das Teleskop be­waffnet ist, die Vorbedingungen schaffen für das Erkennen der Wechselverhältnisse zwischen Erde und Sonne .

Und bedenken Sie jetzt, daß die menschliche Rückgratlinie im Verhältnis zur tierischen um einen rechten Winkel gedreht ist, daß also hinzukommt eine wesentliche Modifikation dieser Wirkungen; daß wir im Grunde genommen etwas ganz anderes von Sonnen-einflüssen haben im Menschen als im Tier; daß wir nötig haben, das­jenige. was im Menschen wirkt, im Sinne einer Resultierenden darzustellen

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(Fig. 4). Wenn wir nämlich die Linie (parallel zur Erdober­fläche in Fig. 3), ob sie nun direkte oder indirekte Sonnenwirkung darstellt , symbolisch durch diese Länge darstellen (die Horizontale in Fig. 4), so müssen wir uns sagen: Da wirkt auch eine Vertikale.

#Bild s. 142

Und erst wenn wir die Resultierende bilden, bekommen wir das­jenige, was im Menschen wirkt. Mit anderen Worten: Wenn wir etwa genötigt sein sollten, der Bildung der tierischen Form zugrunde zu legen, sei es eine Umdrehung der Sonne um die Erde, sei es eine Bewegung der Erde um ihre eigene Achse , so sind wir genötigt , noch eine andere Bewegung der Erde beziehungsweise der Sonne zu­zuschreiben, eine Bewegung, die mit der menschlichen Bildung zu­sammenhängt und die im Effekt zu einer Resultierenden sich ver­einigt mit der ersten Bewegung, die der tierischen Bildung zugrunde liegt. Das heißt: Wir müssen herausbekommen an dem, was sich im Menschen und im Tier äußert, die Grundlage für dasjenige, was etwaige gegenseitige Bewegungen der Weltenkörper sind. Wir müs­sen herausheben die astronomischen Betrachtungen aus den Din­gen , die wir verfolgen können , wenn wir in der Sphäre der bloßen Anschauung bleiben , auch wenn wir mit dem Teleskop oder der Rechnung oder der Mechanik vorgehen. Wir müssen hineinheben das, was Astronomie ist, in dasjenige, was sich äußert in diesem empfindlichen Instrument , der Organisation . Denn offenbar weist uns auf Bewegungen im Himmelstaum dasjenige hin, was formend als Kräfte im Tiere wirkt, was formend im Menschen wirkt.

Und bleiben wir jetzt innerhalb der Sphäre einer Art qualitativer Mathematik. Wenn wir vom Tiere übergehen zur Pflanze, wie müs­sen wir denn da gewissermaßen die Vorstellung umformen? Von die­sen beiden Richtungen, die wir jetzt angegeben haben, können wir keine brauchen . Allerdings , es könnte scheinen , als ob die Vertikalrichtung

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der Pflanzen in derselben Lage ist wie die Vertikalrichtung des menschlichen Rückgrates. Für den euklidischen Raum ist das ja der Fall , selbstverständlich - jetzt nicht für den euklidischen Raum in seiner Figuralität , sondern in seiner Starrheit . Also , für den eukli­dischen Raum ist das der Fall, es muß aber deshalb nicht der Fall sein für einen Raum , der in sich nicht starr ist , sondern beweglich ist , dessen Dimensionen etwa so beweglich sind, daß, sagen wir, wir nicht einfach in den Gleichungen die y-Richtung und die x-Rich­tung gleich setzen können , von gleicher innerer Tragweite , sondern wo wir setzen müssen die y - Richtung als Vertikalrichtung und zu gleicher Zeit als eine Funktion der x- Richtung: y =f(x). Man könnte die Gleichung auch anders schreiben . Sie werden mehr aus den Worten ersehen , was ich sagen will , denn es ist eben mathematisch nicht so leicht auszudrücken . Hätten wir ein Koordinatensystem , das dem entsprechen würde, was ich jetzt sage, so würden wir von die­sem Koordinatensystem verlangen müssen , daß wir nicht mit den­selben inneren Maßen, denselben starr bleibenden Maßen die Ordi­naten messen dürfen wie die Abszissen. Das ist dasjenige, was hin­weisen würde von einem starren euklidischen Koordinatensystem auf ein in sich bewegliches Koordinatensystem .

Wenn wir uns nun die Frage vorlegen: Wie verhält sich die Ver­tikale des Pflanzenwachstums zur Vertikalen des menschlichen Wachstums? - so kommen wir dazu , zwischen Vertikaler und Verti­kaler zu unterscheiden und uns zu fragen: Welches ist der Weg zu einer anderen Vorstellung des Raumes , als es der starre euklidische Raum ist? Wenn nämlich unsere Himmelserscheinungen nur be­griffen werden können etwa mit einem solchen Raum, der nicht der euklidische ist, allerdings auch nicht der ausgedachte Raum der neueren Mathematik, sondern ein wirklicher, ein der Wirklichkeit entnommener Raum , dann müssen wir auch die Himmelserschei­nungen in diesem Raum begreifen und nicht in dem euklidischen Raum.

Sie sehen, wir kommen in Vorstellungen hinein, die uns auf der einen Seite auf die Eiszeit hinführen , auf der anderen Seite zu einer Reform gewissermaßen des euklidischen Raumes , aber aus anderem

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Geiste heraus, als es Minkowski und andere tun. Wir kommen, rein indem wir die Tatsachen betrachten und eine hypothesenfreie Wis­senschaft suchen, zu der Notwendigkeit, den Raumbegriff einmal ordentlich zu kritisieren . Davon wollen wir dann morgen weiter reden.

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ACHTER VORTRAG Stuttgart, 8. Januar 1921

Es ist schon notwendig, daß wir, um diese Betrachtungen zu einem gewissen Ende zu führen, diesen subtilen Gang nehmen, den ich bisher eingehalten habe, das heißt möglichst viel von jenen Vorstel­lungen herbeizuschaffen , welche uns dann zu diesem Ziel , diesem Ende führen können. Dazu wird notwendig sein, daß ich auch wäh­rend der Zeit , während welcher ich die anderen Vorträge halte , also vom 11. bis 15. , diese Vorträge in einer Weise , wie wir es mit der Waldorfschule vereinigen können, fortsetze , sonst würde der Stoff nicht bewältigt werden können. Aber ich werde dann auch, weil ja gerade an diejenigen Dinge , die hier durchgeführt werden , sich wirklich sehr viele Bedenken , Zweifel und Fragen anknüpfen kön­nen, Sie bitten, daß für einen Tag der nächsten Woche jeder das­jenige vorbereitet, was er gerne in Anknüpfung an die Darstellun­gen fragen möchte zur Verdeutlichung und dergleichen. Ich werde das , was in dieser Weise gefragt wird , dann einmal in einem der Vor­träge der nächsten Woche verarbeiten, das heißt, es vor Ihnen vor­bringen, damit wir ein möglichst vollständiges Bild der Sache be­kommen. Unter diesen Voraussetzungen werden wir auch die sub­tileren Dinge , möchte ich sagen , die ich eingefügt habe in diesen Gang der Darstellungen , beibehalten können .

Machen wir uns noch einmal klar, wie wir eigentlich die ganze Betrachtung, die uns hineinführen soll in das Verständnis der Him­melskunde und des Zusammenhanges mit den irdischen Erschei­nungen, wie wir den ganzen Gang dieser Betrachtungen eingerichtet haben . Wir sind davon ausgegangen , darauf hinzuweisen , wie ge­wöhnlich solche Betrachtungen nur daraüf hinzielen , das zu berück­sichtigen, was der Sinnesbeobachtung, auch der bewaffneten Sinnes-beobachtung, vorliegt. So war ja im wesentlichen alles dasjenige orientiert, was auch bis in unsere Tage für das Verständnis, für die Erklärung der Himmelserscheinungen beigebracht worden ist. Nicht wahr, man hat ja zunächst dasjenige in den Kreis der Beobachtung

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hereingezogen, was man heute die scheinbaren Bewegungen der Himmelskörper nennt. Man hat die scheinbare Bewegung des Ster-nenhimmels um die Erde herum, die scheinbare Bewegung der Sonne ins Auge gefaßt . Man hat dann gesehen , wie die Planeten merkwürdige Bahnen beschreiben. Teile dieser Planetenbahnen sind einfach für den Augenschein so etwas wie Schleifen (Fig. 1). Der Pla­net geht so, geht wieder zurück, geht so. Man hat sich gesagt: Wenn die Erde selber in Bewegung ist, so muß dadurch, daß ja diese Eigen-bewegung der Erde zunächst nicht in die Wahrnehmung hineintritt, das vorliegen, daß die wirklichen Bewegungen der Himmelskörper andere sind, als sie dem unmittelbaren Augenschein gegeben sind. -

#Bild s. 146

Und man hat dann durch Interpretationen sich eine Vorstellung dar­über gemacht, wie eben unter Beobachtung der mathematischen Figuralität die wirklichen Bewegungen sein könnten. Da ist man zu­nächst zu dem kopernikanischen System gekommen, dann zu all den Modifikationen, die seither an diesem vollzogen worden sind. Man hat also im wesentlichen dasjenige ins Auge gefaßt, was sich dem Erkenntnisvermögen ergibt , insoferne dieses Erkenntnisvermö­gen sich den Sinnen und der Verarbeitung der Sinneseindrücke durch den Verstand, durch die Interpretation, überlassen will.

Wir haben nun darauf aufmerksam gemacht, wie eine solche Be­trachtungsweise nicht ausreichen kann, um in die Realität der Him­melserscheinungen hineinzudringen, aus dem einfachen Grunde, weil ja das mathematische Vorgehen nicht genügt; weil wir gewisser­maßen, wenn wir Rechnungsansätze machen, aufhören müssen in einem gewissen Moment mit dem Ausrechnen. Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß jene Verhältniszahlen, die bestehen zwi­schen den Umlaufzeiten der verschiedenen Planeten, inkommensurable

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Zahlen , inkommensurable Größen sind , daß dies uns zeigt:

Wir kommen mit dem Rechnen nicht hinein in das eigentliche Ge­füge der Himmelserscheinungen , wir müssen irgendwo stehen blei­ben. Daraus folgt aber, daß wir eine andere Betrachtungsweise an­wenden müssen, eine solche Betrachtungsweise, welche sich eben nicht darauf beschränkt , bloß das ins Auge zu fassen , sagen wir zu­nächst am Menschen, wozu die äußere Sinnesbeobachtung führt, sondern was zugrunde liegt dem ganzen Menschen, was vielleicht auch zugrunde liegt den anderen Wesen der Naturreiche auf der Erde. Auf alle diese Dinge haben wir schon hingewiesen, und ich habe dann gezeigt, wie mit der menschlichen Organisation in Zu­sammenhang gebracht werden können gewisse Erscheinungen, die im Laufe der Erdenentwickelung uns entgegentreten; wie also etwas , wie zum Beispiel die Eiszeiten, die in einer gewissen Weise rhyth­misch im Gange der Erdenentwickelung eintreten, in Zusammen­hang gebracht werden müssen mit der Menschheitsentwickelung, mit der Entwickelung des Menschen. Wenn dann das der Fall ist, dann geben uns solche Zusammenhänge einen Hinweis, wie es eigentlich beschaffen sein mag mit den Bewegungen im Himmels-raum . Und solche Dinge müssen wir weiter verfolgen .

Bevor wir die mehr formale Betrachtungsweise , zu der wir gestern gekommen sind , fortsetzen , wollen wir noch einmal aufnehmen das­jenige, was sich uns ergeben hat für den Zusammenhang des Men­schen in seiner Entwickelung mit der Entwickelung der Erde durch die Eiszeiten hindurch. Das haben wir ja schon sagen können, daß die besondere Art von Erkenntnis , die der Mensch in der Gegenwart sein eigen nennt, im Grunde genommen ihm nur wirklich eigen ist seit der letzten Eiszeit, daß seit der letzten Eiszeit ja auch jene Kulturperioden veffiossen sind, von denen ich immer spreche als der urindischen Kulturperiode , der urpersischen Kulturperiode , der ägyptisch-chaldäischen , der griechisch-lateinischen bis herein zu un­serer Kulturperiode . Wir haben auch darauf hingewiesen , daß vor dieser Eiszeit vorzugsweise sich entwickelt haben müsse in der menschlichen Natur dasjenige, was jetzt im gegenwärtigen Men­schen mehr zurückliegt, weniger an der Oberfläche liegt: die Organisation

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seines Vorstellungsvermögens . Und wir haben gestern dar­auf aufmerksam gemacht, daß diese Organisation des Vorstellungs­lebens aus ihrer Qualität heraus dann begriffen wird , wenn man weiß, dieses Vorstellungsleben ist in seiner Qualität nur zu verglei­chen eigentlich mit dem Traum. Nur dadurch bekommen unsere Vorstellungen , sagte ich , eine gewisse Konflguration und einen gesättigten Inhalt, daß eben das Sinneserlebnis da ist. Dasjenige, was da gewissermaßen hinter den Sinneswahrnehmungen aus unse­rer Organisation heraus im Vorstellungsleben wirkt, das wirkt mit der Dumpfheit des Traumlebens. Wir würden nur mit der Dumpf­heit des Traumlebens vorstellen können - wenn man überhaupt so etwas sagen darf-, wenn nicht hereinschlüge mit jedem Aufwachen in dieses Vorstellungsleben das Sinneserleben . Dieses Vorstellungs­leben, das also ein dumpferes ist als das Sinnesleben, das führt uns zurück in jene Entwickelungsphasen der menschlichen Natur, die vor der letzten Vereisungszeit liegen - in unserer anthroposophi­schen Sprache: die im alten atlantischen Gebiet liegen .

Was muß denn da eigentlich für den Menschen Tatsache ge­wesen sein? Erstens etwas, wodurch er einen innigeren Zusammen­hang hatte mit der ihn umgebenden Welt, als das jetzt bei der Sinneswahrnehmung der Fall ist. Die Sinneswahrnehmung beherr­schen wir mit dem Willen . Wenigstens richten wir unsere Augen durch den Willen und wir können ja vermöge der Aufmerksamkeit auch weitergehen in der Beherrschung der Sinneswahrnehmung durch den Willen. Jedenfalls wirkt in unseren Sinneswahrnehmun­gen der Wille . Wir sind in einer gewissen Weise unabhängig von der Außenwelt, indem wir aus innerer Willkür uns selber orientieren können. Das ist aber nur dadurch der Fall, daß wir in einer gewissen Weise uns als Menschen vom Weltenall emanzipiert haben. So emanzipiert können wir nicht gewesen sein vor der letzten Eiszeit -ich sage jetzt können, weil ich eben von seiten der äußeren empiri­schen Wissenschaft sprechen will. Da muß, während unser Vorstel­lungsvermögen sich ausgebildet hat, der Mensch in seinen Zustän­den mehr abhängig gewesen sein von demjenigen, was sich in seiner Umgebung abspielte. Wie wir jetzt durch das Sonnenlicht um uns

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herum die Welt sehen, aber wie dieses Sehen der Welt einer ge­wissen Willkür von innen unterworfen ist, so muß dazumal im Hin­gegebensein an die äußere Welt der Mensch abhängig gewesen sein von der beleuchteten Erde und ihren beleuchteten Gegenständen und wiederum von der Dunkelheit, der Finsternis, wenn die Sonne zur Nachtzeit nicht geschienen hat. Also der Mensch muß Wechsel-zustände erlebt haben zwischen dem Aufglimmen desjenigen, was das Vorstellungsvermögen, das sich ja damals entwickelt hat, ist, und wiederum dem Abfluten dieses Vorstellungslebens. Wir haben, mit anderen Worten, einen ähnlichen inneren Zustand, zubereitet durch des Menschen Wechselverhältnis mit dem Weltenall, wie er uns entgegengetreten ist in jenen eigentümlichen Zusammenhängen der weiblichen Funktionen mit den Mondenphasen in bezug auf ihre Zeitlänge. Dieses innere Funktionieren der weiblichen Natur -ich sagte ja, bei der männlichen Natur ist es auch vorhanden, aber mehr nach innen, daher wird es weniger wahrgenommen - ist so, daß es einmal zusammengehangen hat mit den Vorgängen des äußeren Weltenalls, dann sich von ihnen emanzipiert hat und eine Eigen­tümlichkeit der menschlichen Natur selber geworden ist , so daß nicht mehr dasjenige, was jetzt im Menschen vor sich geht, zusam­menzufallen braucht mit den äußeren Tatsachen , daß aber die Zeit-folge , die Phasenfolge noch dieselbe ist, wie sie war , als die Dinge äußerlich zusammenfielen .

Etwas Ähnliches ist in der Tat der Fall für dasjenige, was ein innerer Wechsel ist in unserm, jetzt vom Sinnesleben mehr oder we­niger unabhängigen , in der Zeit zurückliegenden Organisiertsein mit Bezug auf das Vorstellungsleben. Ein Ähnliches ist dafür vor­handen. Wir machen einen innerlichen Rhythmus durch von helle-ren Vorstellungskräften und dunkleren Vorstellungskräften, die in ei­nem täglichen Wechsel auf und ab fluten. Und nur dadurch, daß das ein viel weniger intensiver Vorgang ist als der andere, welcher mit den Mondphasen parallel geht, bemerken wir ihn nicht. Wir tragen in der Tat in unserer Hauptesorganisation heute einen Wechsel zwi­schen einem dumpferen und einem helleren Leben. Wir tragen in unserer Hauptesorganisation ein rhythmisches Leben. Das eine Mal

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sind wir mehr geneigt, von innen heraus etwas entgegenzubringen den Sinneswahrnehmungen, das andere Mal sind wir weniger ge­neigt, etwas entgegenzubringen den Sinneswahrnehmungen, nur daß diese Wechselzustände eben den Zeitraum von 24 Stunden um­fassen. Und es wäre interessant, etwa durch Kurven zu beobachten, wie die Menschen verschieden sind gerade in bezug auf diese inner­liche Kopfperiode des Wechsels von helleren oder regeren Vorstel­lungskräften und dumpfen, schläfrigen Vorstellungskräften. Denn die dumpfen , schläfrigen Vorstellungskräfte , die sind dasjenige , was sozusagen eine innere Nacht des Hauptes ist; die helleren sind das­jenige, was ein innerer Tag des Hauptes ist. Das stimmt nicht über­ein mit dem äußeren Wechsel von Tag und Nacht. Wir haben einen inneren Wechsel von Helligkeit und Dunkelheit. Und je nachdem der eine Mensch dieses innere Wechseln von Hell und Dunkel so hat, daß eine größere Neigung vorhanden ist, sagen wir, den hellen Teil, den hellen Ablauf seiner Vorstellungskraft zusammenzubrin­gen mit den Sinneswahrnehmungen, oder den dunklen Teil zusam­menzubringen mit den Sinneswahrnehmungen, je nachdem der Mensch das eine oder andere in seiner Organisation hat , ist er ver­schieden in bezug auf die Möglichkeit , die Fähigkeit , die äußere Welt zu beobachten. Der eine hat eine starke Neigung, die äußeren Erscheinungen scharf ins Auge zu fassen; der andere hat eine weni­ger starke Neigung, die äußeren Erscheinungen scharf ins Auge zu fassen, er wendet sich mehr dem inneren Brüten zu. Das rührt eben von diesem Wechselverhältnis her, das ich eben geschildert habe. Solche Beobachtungen , meine lieben Freunde , die sollten wir ganz besonders als Erzieher uns angewöhnen zu machen. Denn sie wer­den uns wichtige Fingerzeige geben, um im Erziehen und Unter­richten in entsprechender Weise die Kinder zu behandeln.

Dasjenige, was uns aber heute besonders interessiert, ist, daß der Mensch gewissermaßen verinnerlicht dasjenige, was er einmal durch­gemacht hat im Wechselverhältnis mit der Außenwelt , daß das dann in ihm auftritt als ein innerer Rhythmus , der zwar noch den Zeit­ablauf bewahrt , der aber nicht mehr zusammenfällt in bezug auf seine Zeitgrenze mit dem Äußeren. So daß wir sagen müssen: Der

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Mensch vor der Eiszeit wird regelmäßig zusammenfallend gehabt ha­ben mit den äußeren Vorgängen sein bald helleres, innigeres Mit­erleben des Weltenalls, sein bald dumpfes Zurückgezogensein in sich selber. Die Nachwirkungen dieses damaligen im Zusammen­leben mit dem Weltall hervorgehenden Erhelltwerdens , Erfüllt­werdens des Bewußtseins mit Bildern und des Zurücktretens, des Brütens über die Bilder , was seinen Nachklang hat in unserem inner­lichen mehr oder weniger melancholischen Brüten , dasjenige also , was dazumal der Mensch erlebt hat , ist heute zurückgedrängt wor­den in die innere Organisation , und an der äußeren Peripherie ist dafür eine neue Entwickelung des Sinnesvermögens eingetreten , das ja schon in früheren Erdperioden da war, natürlich aber nicht so ent­wickelt wie jetzt.

Wir sehen also hinein in das Weltenall, wenn wir auf dasjenige blicken , was im Menschen als die Folge seines Zusammenhanges mit den Weltenerscheinungen Platz gegriffen hat . Der Mensch muß uns erscheinen als ein Reagens für die Beurteilung der Himmelserschei­nungen. Aber wir müssen zu Hiffe nehmen die anderen Natur-wesen, wenn wir eine gewisse Vollständigkeit erzielen wollen. Und da möchte ich zunächst Ihren Blick lenken auf etwas , was ja jedem sich darbietet, was aber seiner Wichtigkeit nach gewöhnlich nicht betrachtet wird. Nehmen Sie die einjährige Pflanze in ihrer Ent­wickelung . Sie macht einen gewissen Kreislauf durch . Dieser Pflan­ze in ihrer einjährigen Entwickelung ist ja ganz offenbar auch das­jenige anzusehen , was ich gestern auseinandergesetzt habe: der Un­terschied von direkter Sonnenwirkung und indirekter Sonnenwir­kung. Das eine Mal ist die Sonnenwirkung direkt: Blütenentste­hung; das andere Mal ist die Sonnenwirkung so, daß die Erde da­zwischen ist: Wurzelentstehung . Wir haben also auch bei der Pflan­ze dasjenige, was wir gestern für das Tier ausführen konnten und was wir dann in einer gewissen Weise auf den Menschen angewendet haben.

Nun aber werden wir eine solche Tatsache nur in der richtigen Weise würdigen , wenn wir sie auch zusammenbringen mit einer anderen . Das ist diese , daß es ja auch dauernde Pflanzen gibt. Wie

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steht die dauernde Pflanze zu der einjährigen Pflanze in bezug auf die Zusammengehörigkeit des Pflanzenwachstums zur Erde? Die dauernde Pflanze behält den Stamm, und eigentlich wächst jedes Jahr, man könnte sagen, an dem Stamm eine neue Pflanzenwelt. Es wächst an dem Stamm, natürlich modifiziert, metamorphosiert, eine Pflanzenwelt; an dem Stamm, der aus der Erde herauswächst. Und es ist einfach ganz selbstverständlich für den, der morpholo­gischen Sinn hat, zu sagen: Da habe ich auf der einen Seite die Erd­oberfläche, daraus wächst mir die Pflanze heraus; und dann habe ich den Stamm der Dauerpflanze, der jedesJahr den Pflanzenansatz be­kommt. Dann muß ich irgend etwas - zunächst will ich nur sagen:

irgend etwas - mir fortgesetzt denken von der Erde in den Pflanzen-stamm hinein. Dasjenige, worauf da (Fig. 2, links) die Pflanze wächst, das muß sich hier (Fig. 2, rechts) auch im Stamm finden.

#Bild s. 152

Das heißt, es muß gewissermaßen etwas aus der Erde in den Stamm hineingehen. Ich habe kein Recht, den Pflanzenstamm der Dauer-pflanze nur als etwas anzusehen, was gar nicht zur Erde gehört, sondern ich habe ihn als einen modifizierten Teil der Erde selber anzusehen. Nur dann betrachte ich ihn in der richtigen Weise. Nur dann komme ich darau{ die Zusammenhänge, die da beste­hen, wirklich ins Auge zu fassen. Es ist also da etwas in der Pflanze drinnen, was sonst nur in der Erde drinnen ist und wodurch die Pflanze gerade dauernd wird. Sie entreißt sich dadurch, daß sie etwas von dem Irdischen in sich selber aufnimmt, der Abhängigkeit vom jährlichen Sonnenlauf. Wir können also sagen: Die Dauerpflanze

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entreißt sich der Abhängigkeit vom jährlichen Sonnenlauf. Dadurch, daß sie sich emanzipiert von diesem jährlichen Sonnen-lauf, insoferne sie Stamm ist , dadurch nimmt sie in ihre eigene Na­rur auf und kann jetzt gewissermaßen selber, was früher nur zustan­de gekommen ist durch die Einwirkung der kosmischen Umwelt.

Haben wir da nicht schon bei der Pflanze vorgebildet dasjenige , was ich zum Beispiel jetzt am Menschen eben auseinandergesetzt habe für die Voreiszeit? Ich habe auseinandergesetzt, daß durch die Zusammenhänge mit der Umwelt sich gerade der Rhythmus des Vorstellungslebens entwickelt hat. Das, was zuerst sich bloß ent­wickelt hat im Wechselverhältnis des Menschen mit der Umgebung , das ist etwas in seinem Innern geworden. Bei der Pflanze haben wir dies angedeutet, indem aus der einjährigen Pflanze die Dauer-pflanze wird. Wir haben also da einen ganz allgemeinen Prozeß im Weltenall: Die organischen Wesen sind auf dem Wege einer Eman­zipation von den Zusammenhängen mit der Umwelt. Indem wir ei­ne Dauerpflanze entstehen sehen, müssen wir sagen, es lernt gewis­sermaßen - verzeihen Sie , daß ich diesen Ausdruck gebrauche - die Dauerpflanze etwas aus der Zeit , in der sie in Abhängigkeit von der kosmischen Umwelt ist, und dann kann sie das selber. Sie bringt dann gewissermaßen jedes Jahr neue Pflanzensprößlinge hervor. Das ist eine für das Verständnis der Weltenzusammenhänge außer­ordentlich wichtige Tatsache . Man kommt nicht zu dem Verständnis der Welterscheinungen, wenn man nur immer die Dinge, die ne­beneinander sind, oder diejenigen, die sich einem gerade in das Blickfeld des Mikroskops hineindrängen , betrachtet . Man kommt zum Verständnis der Welterscheinungen nur, wenn man die Einzel­heiten aus dem großen Ganzen heraus wirklich zusammenhängend begreifen kann.

Aber fassen wir die Sache jetzt ins Auge , indem wir sie einfach anschauen. Wir haben die einjährige Pflanze unterworfen dem Wechselverhältnis gegenüber dem Kosmos im Laufe eines Jahres; wir haben dann verschwindend diesen Einfluß des Kosmos in der Dauerpflanze . Wir haben gewissermaßen in der Dauerpflanze be­wahrt dasjenige , was sonst verschwindet im Laufe eines Jahres . Wir

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sehen gewissermaßen im Stamm heraussprossen aus der Erde das­jenige , was Wirkung des Jahres ist und aufbewahrt wird. Dieses Übergehen desjenigen, was sonst zusammenhängt mit der Außen­welt, in die innere Wirkungsweise, das können wir im ganzen Ver­lauf der Naturerscheinungen betrachten , sofern diese Naturerschei­nungen kosmische sind. Wir müssen daher die Zusammenhänge un­serer Erde mit dem Kosmos immer bei gewissen Erscheinungen su­chen, und bei anderen Erscheinungen müssen wir sagen, daß sich diese kosmischen Wirkungen verbergen. Es kommt daher darauf an, daß wir gerade dasjenige herausfinden, was uns hinführt auf die kos­mischen Einflüsse , was ein wirkliches Reagens dafür ist . Die ein-jährige Pflanze sagt uns etwas über den Zusammenhang der Erde mit dem Kosmos; die Dauerpflanze kann uns darüber nicht mehr viel sagen.

Wiederum muß uns das Verhältnis vom Tier zum Menschen auf eine wichtige Fährte bringen. Betrachten Sie das Tier in seiner Ent­wickelung. Sehen wir zunächst vom Embryonalleben ab - wir könn­ten es auch einbeziehen. Das Tier wird geboren, es wächst bis zu ei­ner gewissen Grenze heran, wird geschlechtsreif. Betrachten Sie die­ses ganze tierische Leben bis zur Geschlechtsreife hin und dann über dieselbe hinaus. Sie können ganz hypothesenfrei die Tatsache be­trachten und Sie werden sich sagen müssen, mit dem Tier geht doch etwas Eigentümliches vor , wenn es die Geschlechtsreife erlangt hat. Es ist dann in einer gewissen Weise eigentlich fertig für diese irdische Welt . Wir können eigentlich - natürlich , die Dinge sind ja alle approximativ, aber im wesentlichen sind sie so - Fortschrittsprozesse nach der Geschlechtsreife beim Tiere nicht mehr verfolgen . Es ist der wichtigste Zielpunkt in seiner Entwickelung diese Geschlechtsreife. Und dasjenige, was sie unmittelbar im Gefolge hat, was eben zutage tritt durch die Geschlechtsreife, das ist dann da, aber wir können nicht sagen , daß danach irgend etwas , was wir als Progression be­zeichnen können, eintritt.

Anders ist das beim Menschen. Der Mensch bleibt entwicke­lungsfähig bis über die Geschlechtsreife hinaus , nur verinnerlicht sich diese Entwickelung. Es wäre etwas höchst Trauriges um den

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Menschen in seiner Menschennatur , wenn er in derselben Weise fer­tig wäre mit seiner Entwickelung bei der Geschlechtsreife , wie das Tier fertig ist. Der Mensch geht darüber hinaus und hat dann noch einen Fonds in sich , der weiter hinausdringt , der besondere Wege einschlägt, der nichts zu tun hat mit der Geschlechtsreife. Wir kön­nen sagen , hier liegt etwas Ähnliches vor wie die Verinnerlichung des Jahresprozesses bei der Dauerpflanze gegenüber der einjährigen Pflanze . Dasjenige , was beim Tier vorliegt bei der Geschlechtsreife , sehen wir verinnerlicht beim Menschen von der Geschlechtsreife an­gefangen . Es muß uns also etwas auf Kosmisches hinweisen beim Menschen, insofern er in der Entwickelung von der Geburt bis zur Geschlechtsreife ist, was dann sich von diesem Kosmischen emanzi­piert, wenn der Mensch über die Geschlechtsreife hinausgewachsen ist , gerade so wie bei der Dauerpflanze.

Das , sehen Sie , ist ein Weg , um die Erscheinungen der Wesen zu taxieren und allmählich Wegweiser zu finden für die Zusammen­hänge der irdischen Wesen mit dem Kosmos. Denn wir sehen da­durch, daß, wenn diese kosmischen Einflüsse aufhören, sie sich in das Innere der Natur der einzelnen Wesen selber verlegen . Dieses wollen wir nun auf die eine Seite legen und wollen dann später es im Zusammenhang betrachten , zu einer Synthese vereinigt mit etwas wesentlich anderem.

Greifen wir jetzt au{ was ich wiederholt gesagt habe: Die Um­laufzeiten der Planeten im Sonnensystem stehen in Verhältnissen zueinander, die inkommensurabel sind. Wenn man von da ab nun sich überlegt, was geschehen würde, wenn die Verhältniszahlen der Umlaufzeiten der Planeten nicht inkommensurabel wären, so müß­te man sich sagen: Es würden im Planetensystem Störungen ent­stehen , die sich immer wiederholen würden und die durch ihre Wie­derholungen das Planetensystem zum Stillstand bringen würden . Es ist durch eine einfache Rechnung, die uns aber hier zu weit führen würde, nachzuweisen, daß nur durch die Inkommensurabilität der Verhältniszahlen bei den Umlaufzeiten der Planeten das Planeten-system gewissermaßen im Leben bleibt . Es muß also einen Zustand im Sonnensystem geben , der immer hindrängt eigentlich nach Stillstand.

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Und diesen Zustand, den rechnen wir eigentlich, wenn wir an ein Ende der Rechnung kommen. Kommen wir aber an das Inkom­mensurable, so kommen wir nicht an ein Ende der Rechnung. Da kommen wir gerade an das Leben des Planetensystems heran. Wir sind in einer merkwürdigen Lage , wenn wir das Planetensystem be­rechnen. Würde es so sein, daß wir es berechnen könnten, dann würde es sterben , würde längst gestorben sein , wie ich früher schon einmal sagte . Es lebt dadurch , daß wir es nicht berechnen können . Alles dasjenige , was wir nicht berechnen können im Planetensystem , ist das Lebendige. Was legen wir der Rechnung zugrunde, wenn wir ausrechnen bis zu dem Punkte, wo das Planetensystem sterben müßte? Wir legen zugrunde die Gravitationskraft , die Weltengra­vitation! In der Tat, wenn wir nur die Gravitationskraft zugrunde le­gen und von da aus dann konsequent denken, bis wir zu einem Bilde kommen des Planetensystems unter dem Einfluß der Gravitations­kraft, dann kommen wir ja allerdings zur kommensurablen Verhält­niszahl. Aber das Planetensystem müßte ersterben. Wir rechnen also gerade soweit, als im Planetensystem der Tod ist, und verwenden dazu die Gravitationskraft. Es muß im Planetensystem etwas sein, was etwas anderes ist als die Gravitationskraft und was gerade der Inkommensurabilität zugrunde liegt.

Ganz gut lassen sich mit der Gravitationskraft vereinigen, auch der Genese nach, die Planetenbahnen, nur müßten die Umlauf­zeiten dann kommensurabel sein. Was sich dann aber nicht ver­einigen läßt mit der Gravitationskraft, was gar nicht hereinpaßt in unser Planetensystem, das ist dasjenige, was uns in den kometari­schen Körpern zutage tritt . Diese kometarischen Körper , die eine merkwürdige Rolle in unserem Sonnensystem spielen, sie haben ja in der letzten Zeit die Wissenschaft zu ganz merkwürdigen Dingen gedrängt. Ich will dabei ganz absehen davon, daß man innerhalb der Wissenschaft ja gern alles dasjenige, was gerade erkannt wird, als Erklärungsprinzipien anwendet. Zum Beispiel auf dem physiologi­schen Gebiet redete man ja eine Zeitlang gern davon, daß sich unse­re sogenannten sensitiven Nerven von der Peripherie nach dem Innern erstrecken wie Telegraphendrähte . die dann ankommen und

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gewissermaßen durch eine Art von Umschaltung weiterleiten das­jenige, was dann Willenshandlungen, Willensimpulse sind. Daß so dasjenige , was durch die zentripetalen Nerven geht , übertragen wer­de auf zentrifugale Nerven, das hat man immer verglichen mit Tele­graphenleitungen. Nun, vielleicht, wenn einmal etwas gefunden wird, das sich in anderer Weise darstellt wie just der Telegraphen­draht, wird man nach dieser Methode ein anderes Bild für diese Sache gebrauchen können. Und so wendet man, wie man in den Moden wechselt, alle diejenigen Dinge, die in irgendeinem Zeitalter gefunden werden, an, um der Erklärung gewisser Erscheinungen beizukommen . Man macht es da fast so, wie auf gewissen Gebieten der Therapie, wo, kaum daß irgend etwas gefunden ist, es auch gleich als Heilmittel Aber eines ist, möchte ich sagen, wie eine Notwendigkeit hervor-getreten bei der Betrachtung der Erscheinungen an den Kometen . Man ist, mag man nun nach der Mode die Dinge so oder so nennen, gedrängt worden , während man sonst überall im Planetensystem von Gravitationskräften spricht, bei der eigentümlichen Stellung des Kometenschweifes zur Sonne von Abstoßungskräften von der Sonne zu sprechen, von Rückstoßkräften. Man ist genötigt, zur Gravitation etwas hinzuzusuchen, was dieser Gravitation entgegengesetzt ist. Es tritt also mit den Kometen in unser Planetensystem fortwährend et­was herein, was dem inneren Gefüge des Planetensystems entgegengesetzt

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ist. So daß hier etwas liegt, was es begreiflich erscheinen läßt, daß man das Kometenrätsel durch lange Zeiten hindurch mit einem gewissen Aberglauben betrachtet hat. Man hat ein Gefühl davon ge­habt: In dem Gang der Planeten drücken sich die Naturgesetze aus, da drückt sich dasjenige aus, was angemessen ist unserem Planeten-system; in den Erscheinungen der Kometen drückt sich etwas Ent­gegengesetztes aus, da kommt etwas herein in unser Planetensystem, das sich invers verhält zu unseren pianetarischen Erscheinungen . Das führte dazu , auf der einen Seite zu sehen die planetarischen Erschei­nungen und in ihnen gewissermaßen die Naturgesetze verkörpert , realisiert zu sehen; auf der anderen Seite in den kometarischen Er­scheinungen das Entgegengesetzte von den Naturgesetzen zu sehen . So hat man zusammengebracht, nicht in den ältesten Zeiten, aber in gewissen Zeiten , die Kometen mit gewissermaßen fliegenden mora­lischen Kräften , welche Zuchtruten sein sollten für die sündigen Menschen. Wir sehen das heute mit Recht als einen Aberglauben an . Aber schon Hegel kann sich an so etwas nicht gut vorbeidrücken , was, ich möchte sagen, sich so halb wie etwas mit dem Natürlichen nicht zu Durchdringenden ausspricht. Man glaubte natürlich im 19. Jahrhundert nicht mehr, daß die Kometen irgendwie als moralische Richter auftreten, aber man brachte sie in der esten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch eine gewisse Statistik in Zusammenhang mit gu­ten und schlechten Weinjahren, die ja auch etwas scheinbar recht Unregelmäßiges haben, was auch in der Aufeinanderfolge den Na­turgesetzen nicht ganz entspricht. Und Hegel konnte sich um das nicht herumdrücken . Das erscheint ihm sehr plausibel , daß mit guten und schlechten Weinjahren das Erscheinen oder Nichterschei­nen von Kometen etwas zu tun habe.

Jetzt steht der Mensch auf dem Standpunkt, insofern er ein Ver­hältnis zur zeitgenössischen Wissenschaft hat, daß er sagt: Unser Planetensystem hat von den Kometen nichts zu fürchten. Die Ko-meten rufen Erscheinungen hervor innerhalb unseres Planeten-systems, die eigentlich mit diesem keinen rechten inneren Zusam­menhang haben . Sie kommen als solche Sonderlinge des Weltenalls aus fernen Gegenden in unsere Sonnennähe , rufen da gewisse Erscheinungen

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hervor durch rückstoßende Kräfte von der Sonne, ha­ben eine Zunahme ihrer Erscheinungen, eine Abnahme, und ver­schwinden dann wieder. Eine Persönlichkeit, die noch einen gewis­sen Fonds in sich hatte , die äußere Welt nicht bloß mit dem Intellekt aufzufassen , sondern mit dem ganzen menschlichen Wesen , die noch eine gewisse Intuition hatte für die Erscheinungen des Him­mels , Kepler, er hat einen merkwürdigen Satz über die Kometen ausgesprochen, der ungeheuer viel dem zu denken gibt, der über­haupt die ganze Seelenverfassung dieses Kepler ein wenig auf sich wirken läßt . Wir haben die drei Keplerschen Gesetze besprochen , die etwas so außerordentlich Genialisches im Grunde darstellen, wenn man sie im Zusammenhang betrachtet mit dem, was dazumal als Vorstellungen über das Planetensystem da war . Die setzen aber voraus, daß Kepler ein tiefes Gefühl hatte von einer inneren Harmo­nie im planetarischen System , nicht bloß von irgend etwas , was sich einfach trocken errechnen läßt, sondern von einer inneren Harmo­nie. Und als den letzten Ausdruck, möchte ich sagen, dieser inneren Harmonie , als den letzten quantitativen Ausdruck für etwas Quali­tatives, empfand er selbst seine drei Hauptgesetze des Planeten-systems. Und aus dieser Empfindung heraus hat er einen Ausspruch getan über die Kometen , der außerordentlich bedeutsam ist und den man nachfühlen kann, wenn man sich auf solche Dinge einläßt. Er hat gesagt: Es gibt im Weltenall, also in dem uns überschaubaren Weltenall, so viele Kometen wie Fische im Meer, nur sehen wir die wenigsten von ihnen . Diejenigen , die wir sehen , sind nur ein kleiner Teil davon . Die anderen bleiben durch ihre Kleinheit oder durch sonstige Verhältnisse unsichtbar. - Im Grunde genommen hat auch die äußere Forschung diesen Ausspruch Keplers ja bestätigt, indem einfach seit der Effindung des Teleskops viel mehr Kometen ge­sehen worden sind als früher, wo dieselben auch verzeichnet worden sind , so daß man vergleichen kann . Außerdem haben andere Mittel ergeben, daß, wenn man unter veränderten Beleuchtungsverhält­nissen, also bei starker Dunkelheit, das Himmeisgewölbe betrachtet, man auch mehr Kometen verzeichnen muß als sonst. Also in ei­ner gewissen Weise nähert sich selbst die empirische Forschung

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demjenigen , was Kepler aus tiefem Naturempfinden heraus geäu­ßert hat.

Wenn man aber überhaupt von einem Zusammenhang desjeni­gen, was auf der Erde geschieht, mit dem Kosmos spricht, dann er­scheint es doch nicht so ohne weiteres tunlich , daß man wohl von dem Zusammenhang anderer Weltenkörp er, anderer Körper unseres Planetensystems mit der Erde spricht, daß man aber nicht spricht von denjenigen , die in einer solchen Weise hereinkommen und wie­der hinausgehen wie die Kometen; insbesondere dann, wenn wir heute zugeben müssen, daß der Komet Erscheinungen hervorruft , die gerade eben auf entgegengesetzte Kräfte hinweisen, als die­jenigen sind, die gewöhnlich für unser Planetensystem als zusam­menhaltende Kräfte genommen werden. In der Tat kommt durch den Kometen in unser System etwas herein, was diesem System ent­gegengesetzt ist. Verfolgt man das weiter, so muß man sich sagen, es bedeutet in der Tat die Tatsache etwas ganz Besonderes, daß die Kometen so hereinkommen als Entgegengesetztes zu dem , was die­ses Planetensystem selbst zusammenhält .

Nun habe ich in einem vorigen Kurs auf etwas hingewiesen im Zusammenhang der Naturerscheinungen , an das ich jetzt erinnern muß. Diejenigen, die bei diesem vorigen Kurs, dem Kurs über Wärmelehre , dabei waren , werden sich vielleicht erinnern , daß ich darauf hingewiesen habe, daß wir eigentlich, wenn wir die Wärme-erscheinungen verfolgen im Zusammenhang mit den anderen Er­scheinungen des Weltenalls , genötigt sind den Äther , von dem man gewöhnlich hypothetisch spricht , in konkreter Weise zu fassen , in­dem wir einfach in unsere Formeln, die wir haben, dann, wenn wir für die ponderable Materie einsetzen den Druck , die Druckkraft , für den Äther die Saugkraft einsetzen müssen. Mit anderen Worten:

Wenn wir die Intensität der Kraft in der ponderablen Materie mit plus einsetzen, müssen wir die Intensität im Äther mit minus ein­setzen. Ich habe dazumal ja aufgefordert, die gebräuchlichen For­meln auf das hin durchzusehen, damit man sieht, wie sie dann an­fangen , mit den Naturerscheinungen in einer merkwürdigen Weise übereinzustimmen. Wichtig ist noch, daß wir die ganze Spielerei,

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möchte ich sagen, der Clausiusschen Wärmetheorie mit dem gegen­seitigen Sich-Stoßen der Moleküle und dem Stoßen an die Wand, diesem ganzen grausamen Spiel des Stoßens, des Aufeinander­prallens, an die Wand Prallens, wieder Zurückprallens, das eigent­lich den Wärmezustand irgendeines Gases darstellen soll, daß wir das richtig sinnlich durchschaubar bekommen , wenn wir innerhalb der Wärme zwei Zustände ins Auge fassen, den einen, den wir ver­wandt mit den Zuständen der ponderablen Materie betrachten, und den anderen, den wir verwandt mit dem Äther betrachten. So daß wir bei der Wärme etwas anderes haben als bei der Luft oder beim Licht . Beim Licht müssen wir , wenn wir richtig rechnen wollen , alles mit negativen Vorzeichen einsetzen, was uns die Wirkung des Lich­tes darstellen soll. Bei der Luft, bei dem Gas müssen wir alles das­jenige, was wirkt, mit positiven Vorzeichen einsetzen. Bei der Wär­me haben wir nötig, Positives und Negatives wechseln zu lassen, und dadurch wird erst durchsichtig dasjenige, was wir gewöhnlich be­trachten als leitende Wärme, strahlende Wärme und so weiter.

Diese Dinge zeigen uns innerhalb der Materie selbst die Not­wendigkeit , in der Charakteristik der Kräfte von dem Positiven ins Negative einzutreten.Jetzt sehen wir merkwürdigerweise, wie wir im Planetensystem selber von dem Positiven, von der Gravitation, ins Negative , in die Rückstoßkraft eintreten müssen .

Nun will ich heute nur noch das sagen , um es gewissermaßen als die Formulierung eines Problems hinzustellen, nicht um mehr da-mit zu sagen - wir werden auf alle diese Sachen in weiteren Vorträ­gen näher eingehen: Ich will, nachdem wir das an den Kometen her­ausgefunden haben, was wir jetzt gesagt haben, den Vergleich hin-stellen zwischen demjenigen, was Verhältnis ist unseres Planeten-systems zu den kometarischen Körpern und dem, was vorhanden ist beim weiblichen Eikeim gegenüber dem befruchtenden männlichen Samenkern. Versuchen Sie sich nur einmal rein in der Anschauung das vorzulegen: Das Planetensystem , das etwas aufnimmt in sich , den Effekt eines Kometen; die Eizelle, welche aufnimmt in sich den Effekt der Befruchtung durch die Samenzelle. Sehen Sie sich diese beiden Erscheinungen nur einmal nebeneinander an, aber seien Sie

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dabei so vorurteilslos , daß Sie das so tun , wie Sie sonst irgend etwas , was im Leben nebeneinander ist und sich vergleichen läßt, ansehen. Sehen Sie sich das an, und ich frage Sie dann, ob Sie nicht, wenn Sie es ordentlich ansehen, Vergleichspunkte genug finden können. Ich will heute keine Theorie behaupten , keine Hypothese aufstellen , sondern ich will nur darauf hinweisen , sich diese Dinge einmal in dem richtigen Zusammenhang anzusehen.

Von da ausgehend werden wir dann morgen versuchen, eben zu konkreteren Erscheinungen zu kommen.

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NEUNTER VORTRAG Stuttgart, 9. Januar 1921

Wir sind jetzt an einem Punkt unserer Betrachtungen angekommen, von dem aus wir gewissermaßen außerordentlich vorsichtig weiterschreiten müssen, damit wir klar sehen, inwieweit die Gefahr be­steht, aus der Realität hinauszukommen mit den Vorstellungen, oder ob wir eben innerhalb realer Vorstellungen bleiben, das heißt der Gefahr entgehen.

Nun handelt es sich ja damm, daß wir das letzte Mal hingestellt haben gewissermaßen als ein Postulat, einfach die beiden Tatsachen zu vergleichen: Innerhalb des Planetensystems das Auftreten der kometarischen Erscheinungen und - schließlich ja auch innerhalb des Planetensystems, wenn es auch vielleicht nicht in demselben Zusammenhang damit steht - dasjenige, was wir beobachten in den Erscheinungen der Befruchtung. Um aber hier überhaupt zu Vor­stellungen zu kommen, die in irgendeiner Weise berechtigt sind, muß man einmal sehen, ob es denn möglich ist, zwischen zwei Din­gen, die uns so entfernt in der äußeren Tatsachenwelt entgegentre­ten, Beziehungen aufzusuchen. Und wir werden methodologisch zu keinem Ziel kommen, wenn wir nicht auf irgend etwas hinweisen können, wo etwas Ähnliches vorliegt, das uns dann in der Betracb -tungsweise weiterleiten könnte.

Wir haben ja gesehen, wie wir auf der einen Seite das Figurale, das Formhafte, das Mathematische anwenden müssen, wie wir aber immer wiederum dazu gedrängt werden, das Qualitative in irgend-einer Weise zu fassen, dem Qualitativen irgendwie näherzukommen. Wir wollen deshalb heute etwas einfügen, was sich mit Bezug auf den Menschen ergibt, wenn man diesen Menschen betrachtet, der ja schließlich doch ein Abbild ist, wie wir aus allen einzelnen Dingen dieser Vorträge entnehmen können, ein Abbild der Himmelser­scheinungen in irgendeiner Weise, die wir noch festzustellen haben. Da der Mensch das ist, so müssen wir irgendwie über den Menschen selbst erst uns Klarheit verschaffen. Wir müssen gewissermaßen das

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Bild verstehen, von dem wir ausgehen wollen, wir müssen die innere Perspektive verstehen. Wie man bei einem gemalten Bilde auch zu­nächst sich klar sein muß, was irgendeine Verkürzung oder so etwas bedeutet, um von dem Bilde auf die Raumverhältnisse überzugehen, um also das Bild auf seine Wirklichkeit zu beziehen, so müssen wir, wenn wir auf die Realität im Weltenall interpretierend vom Men­schen aus eingehen wollen, zuerst über den Menschen uns klar sein. Nun ist es aber außerordentlich schwierig, dem Menschen, der man ja selber ist, mit irgendwelchen faßbaren Vorstellungen beizukom­men. Daher möchte ich heute Ihnen aus sehr einfachen Verhält­nissen, ich möchte sagen, faßbar-unfaßbare Vorstellungen vor die Seele führen, Vorstellungen, die wahrscheinlich die meisten von Ihnen längst gut kennen, aber die wir doch in einem gewissen Zu­sammenhang uns vor die Seele führen müssen, damit wir an diesen Vorstellungen, die zum Teil scheinbar recht gut zu fassen sind, zum Teil aber durchaus wiederum unfaßbar erscheinen in gewissen Gren­zen, uns orientieren in bezug auf das Ergreifen überhaupt der Au­ßenwelt durch die Vorstellungen.

Es könnte erzwungen erscheinen, daß hier immer wiederum be­tont wird, daß man, um die Himmelserscheinungen zu begreifen, auf das Vorstellungsleben des Menschen zurückgehen muß. Aber es ist doch klar, daß wir, wenn wir auch noch so vorsichtig Beschreibun­gen der Himmelserscheinungen geben, darin ja doch zunächst nichts anderes haben als eine Art optischer Bilder, durchtränkt von allerlei mathematischen Vorstellungen. Dasjenige gerade, was uns die Astronomie gibt, hat den Grundcharakter, ein bloßes Bild zu sein. Wir müssen daher eingehen auf die Entstehung des Bildes im Menschen, wenn wir zurechtkommen wollen, sonst werden wir gar keine richtige Stellung gewinnen können zu dem, was uns die Astro­nomie sagen kann. Und da möchte ich heute von etwas ganz ein­fachem Mathematischen ausgehen, um Ihnen zu zeigen, wie auf einem anderen Gebiet als dem, auf das wir geführt worden sind durch die Verhältniszahlen der Umlaufzeiten der Planeten, inner­halb der Mathematik selbst eine Art Unfaßbares auftritt. Das tritt uns entgegen, wenn wir gebräuchliche Kurven in einem gewissen

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Zusammenhang betrachten. Viele von Ihnen kennen die Sache schon, ich möchte nur von einem besonderen Gesichtspunkte aus sie heute beleuchten.

Wenn wir dasjenige betrachten, was Sie als Ellipse kennen mit ihren zwei Brennpunkten A und B, so wissen Sie ja, daß die Ellipse dadurch charakterisiert ist, daß irgendein Punkt M der Ellipse so sich verhält, daß die Summe seiner Abstände a + b von den zwei Brenn­punkten stets konstant bleibt. Das ist die Charakteristik der Ellipse, daß die Summe der Abstände irgendeines ihrer Punkte von zwei fixen Punkten, den zwei Brennpunkten, konstant bleibt (Fig. 1).

#Bild s. 165

Dann haben wir eine zweite Kurve, die Hyperbel (Fig. 2). Sie wissen ja, sie hat zwei Äste. Sie ist dadurch charakterisiert, daß die Differenz a - b der Abstände irgendeines Punktes von den zwei Brennpunkten eine konstante Größe ist. Nun hätten wir also in der Ellipse die Kurve der konstanten Summe, in der Hyperbel die Kurve der konstanten Differenz, und wir werden uns nun fragen müssen:

Welches ist die Kurve des konstanten Produktes?

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Ich habe ja schon öfter darauf aufmerksam gemacht, diese Kurve des konstanten Produktes ist die sogenannte Gassinische Kurve (Fig. 3). Betrachten wir die Sache in der folgenden Weise: Wir haben hier zwei Punkte A und B, und wir betrachten einen Punkt M in be­zug auf seine Abstände von A und B. Wir haben also den einen Ab­stand AM, den anderen Abstand BM, und wir stellen die Forde­rung, daß diese beiden Abstände, miteinander multipliziert, gleich

#Bild s. 166a

seien einer konstanten Größe. Ich will diese konstante Größe, weil das die Rechnung vereinfacht, b2 nennen, und den Abstand AB will ich 2a nennen. Wenn wir die Mitte zwischen A und B als den Mittelpunkt eines Koordinatenachsen-Systems annehmen (0) und für jeden Punkt, der diese Bedingung erfüllt, die Ordinate be­rechnen - wenn wir also hier herumlaufen lassen den Punkt, so daß immer bei jedem Punkt dieser Kurve AM* BM = b2 bleibt -, so bekommen wir für die Ordinate irgendeines Punktes, die wir y nen­nen, die folgende Gleichung - ich werde Ihnen nur die Resultate mitteilen, aus dem einfachen Grunde, weil ja die Ausrechnung jeder auf einfache Weise sich verschaffen kann. Sie ist in jedem mathe­matischen Lehrbuch, das diese Dinge enthält, zu finden. Wir be­kommen für y den Wert:

#Bild s. 166b

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Wenn man hier (vor der inneren Wurzel) berücksichtigt, daß wir ja das negative Vorzeichen nicht brauchen können zunächst, weil wir dadurch imaginäre y bekommen würden, also nur das positive Vor­zeichen berücksichtigen, so bekommen wir:

#Bild s. 167a

Wenn wir dann die entsprechende Kurve ziehen, bekommen wir eine ellipsenähnliche, aber durchaus nicht mit der Ellipse zusam­menfallende Linie, welche die Cassinische Kurve nach ihrem Ent­decker genannt wird. Sie ist nach links und rechts symmetrisch zur Ordinatenachse, nach oben und unten symmetrisch zur Abszissen­achse. Das ist, was festgehalten werden muß.

Nun aber hat diese Kurve verschiedene Formen, und das ist das Wichtige an ihr, für uns wenigstens. Diese Kurve hat verschiedene Formen, je nachdem b, wie ich es hier angenommen habe, größer ist als a, oder b gleich ist a, oder b kleiner ist als a. Die Kurve, die ich eben aufgezeichnet habe, entsteht dann, wenn b> a und außerdem noch eine gewisse Bedingung erfüllt wird, nämlich diejenige, daß b auch größer oder gleich ist a Und zwar, wenn b> a ~2, so haben wir hier oben und unten eine deutliche Krümmung. Wenn b = a ~2, so geht an diesem Punkte oben und unten die Kurve in die Gerade über, es flacht sich die Kurve so ab, daß sie oben und unten fast eine Gerade ist (Fig. 4). Kommen wir aber dazu, daß

#Bild s. 167b

b #SE323-168

in eine ganz spezielle Form über, in diese Form (Fig. 6). Sie läuft gewissermaßen in sich zurück, durchschneidet sich selber und findet sich wiederum, und wir bekommen die spezielle Form der Lemnis­kate, so daß also die Lemniskate eine besondere Form der Cassi­nischen Kurve ist. Die besondere Form wird hervorgerufen durch das Verhältnis der in der Gleichung der Kurve, der Charakteristik der Kurve vorkommenden konstanten Größen. Wir haben in der Glei­chung nur diese zwei konstanten Größen b und a, und von dem Ver­hältnis dieser zwei konstanten Größen hängt die Form der Kurve ab.

#Bild s. 168

Nun ist aber noch der dritte Fall möglich, daß b < a. Wenn b#SE323-169

(Fig. 3-5). Bei dieser da (Lemniskate) liegt die Sache schon im Über-gang. Da macht der Punkt, den die Kurve beschreibt, diesen Weg, geht hier herunter, durchschneidet hier seinen früheren Weg und findet sich wiederum. Hier (Fig. 7) müssen wir uns vorstellen: Wenn wir den Punkt M bewegen lassen in dieser Linie - er durchläuft nicht etwa die Bahn einfach hier herüber, das tut er nicht, sondern er durchläuft geradeso wie hier (Lemniskate) den Weg, beschreibt hier eine Kurve und kommt dann wiederum dazu, sich hier zu finden.

#Bild s. 169

Also Sie sehen: Dasjenige, was den Punkt durch die Linien trägt, das verschwindet hier in der Mitte. Sie können sich nur vorstellen, daß das in der Mitte verschwindet, wenn Sie die Kurve verstehen wollen. Wenn Sie hier versuchen, eine Vorstellung sich zu bilden, die im Vorstellen rein kontinuierlich bleibt, was müssen Sie denn da tun? Nicht wahr, wenn Sie sich eine solche Kurve (die ersten drei Formen) vorstellen - das sage ich nur in Parenthese für gewöhnliche Phi­lister -, dann ist das leicht. Sie können immeffort einen Punkt vor­stellen und Sie kommen nicht dazu, daß Ihre Vorstellung abreißt . Hier (bei der Lemniskate) müssen Sie ja allerdings schon die be­queme Art, einfach herumzugehen, modifizieren. Da geht es aber noch immer. Sie können das Vorstellen festhalten. Aber jetzt weiter, wenn Sie bei dieser Kurve (Form mit zwei Ästen), die eben nicht eine Philisterkurve ist, ankommen, wenn Sie die vorstellen wollen, dann müssen Sie, um im kontinuierlichen Vorstellen zu bleiben, sich sagen: Der Raum gibt mir dazu keinen Anhaltspunkt mehr. Ich muß, indem ich hier (von 1 nach 2) vorschreite mit meinem Vorstel­len, wenn ich nicht das Vorstellen abreißen und den anderen Ast isoliert für sich betrachten will, ich muß mit meinem Vorstellen aus dem Raum heraus (nach 3 bis 4), ich kann nicht drinnen bleiben im

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Raum . Also Sie sehen, die Mathematik selber liefen uns Tatsachen, die es für uns notwendig machen, aus dem Raum herauszugehen, wenn wir im kontinuierlichen Vorstellen bleiben wollen. Die Wirk­lichkeit, sie ist so, daß sie an uns den Anspruch stellt, aus dem Raum herauszugehen mit unserem Vorstellen. Da also tritt uns etwas in­nerhalb der Mathematik selber auf, wo gewissermaßen sich zeigt, daß wir den Raum verlassen müssen, wenn wir einfach mit dem Vor­stellen zurechtkommen wollen. In dem, was wir selber mit dem Vor­stellen angerichtet haben, indem wir angefangen haben zu denken, müssen wir in einer solchen Weise weiter denken, daß uns der Raum nichts mehr hilft. Sonst würde nicht allen Möglichkeiten in der Glei­chung Rechnung getragen werden .

Nun, solche Dinge treffen wir, wenn wir ein ähnliches Vorstellen durchmachen, mehrere . Ich will nur noch auf das Allernächst -liegende aufmerksam machen, das dann für Sie sich realisiert, wenn Sie nun die Frage aufwerfen: Also, die Ellipse ist der geometrische Ort der konstanten Summe, sie ist dadurch charakterisiert, daß sie die Linie der konstanten Summe ist . Die Hyperbel ist die Kurve der konstanten Differenz . Die Gassinische Kurve mit ihren verschie­denen Formen ist die Linie des konstanten Produkts . Es muß also auch irgendwie, wenn wir hier A, hier B haben, hier einen Punkt M und nun BM durch AM als Quotienten bilden, es muß auch eine solche Linie der konstanten Quotienten sich finden. Wir müssen also verschiedene Punkte finden, M1, M2 usw. . für die immer

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einander gleich sind und immer einer bestimmten konstanten Zahl gleich sind. Diese Kurve ist ja der Kreis. Wir bekommen dann, wenn wir die Punkte M1, M2 suchen, einen Kreis, der etwa in die­sem Verhältnis zu den Punkten A und B liegt (Fig. 8). So daß wir sagen können: Es gibt neben der Definition des Kreises, die die triviale Definition ist - daß nämlich der Kreis der geometrische Ort aller Punkte ist, die von einem festen Punkt gleich weit abstehen -, eine andere Definition des Kreises: Der Kreis ist diejenige Linie, bei

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der jeder Punkt die Bedingung erfüllt, daß seine Abstände von zwei konstanten Punkten, zwei fixen Punkten, in ihren Quotienten gleich sind.

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Nun, hier beim Kreis haben wir die Möglichkeit, noch auf etwas anderes hinzuschauen. Denn sehen Sie, wenn wir BM:AM aus­drücken durch m: n, also

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so bekommen wir immer entsprechende Werte in der Gleichung. Wir können den Kreis irgendwo finden. Und wenn man das tut, so bekommt man verschiedene Formen des Kreises, je nachdem das Verhältnis von m zu n ist: Wenn n stark größer ist als m, bekommen wir einen stark gebogenen Kreis; wenn n kleiner wird, bekommen wir einen geringer gebogenen Kreis (Fig. 8, rechts), und so wird der Kreis immer größer, je weniger sich m von n unterscheidet. Und der Kreis geht dann, wenn man dieses Verhältnis m: n weiter verfolgt, allmählich über in eine Gerade . Sie können das in der Gleichung verfolgen. Er geht über in die Ordinatenachse selber. Der Kreis wird die Ordinate nachse, wenn m = n, wenn also der Quotient m: n

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gleich 1 wird. Auf diese Weise geht also der Kreis allmählich über in die Ordinatenachse, in eine Gerade *

Es braucht Ihnen nicht besonders verwunderlich zu erscheinen, daß dies geschieht. Das ist ja etwas, was man sich vorstellen kann. Nun aber liegt die Sache dann anders, wenn man hier weitergehen will, wenn man sich sagt, der Kreis flacht sich immer mehr und mehr ab und wird gewissermaßen durch Abflachen von innen eine Gerade. Er wird es dadurch, daß einfach das konstante Verhältnis in dieser Gleichung eine Änderung erfährt. Es kann natürlich dieses konstante Verhältnis auch noch über 1 hinauswachsen, so daß die Kreisbögen hier erscheinen (links von der y - Achse), aber was hat man dann nötig mit seiner Vorstellung zu tun? Man hat etwas ganz Besonderes nötig. Man hat sich dann nämlich einen Kreis zu den­ken, der nicht nach innen gekrümmt ist, sondern der nach außen ge­krümmt ist. Ich kann Ihnen natürlich diesen Kreis nicht aufzeich­nen, aber es ist ein Kreis denkbar, der nach außen gekrümmt ist.

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Nicht wahr, beim gewöhnlichen Kreis haben wir die Krümmung nach innen (Kreis a der Fig. 9, schraffierte Seite). Wenn wir seinen Weg verfolgen, so schließt er sich. Wenn wir die Konstante. die wir

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in der Gleichung haben, in entsprechender Weise nehmen, so be­kommen wir eine Gerade. Die hat ihre Krümmung hier wiederum (rechts der Geraden, schraffierte Seite) . Aber diese Krümmung, die macht es uns nicht so bequem, wie es uns die andere Krümmung machte. Die andere Krümmung tendiert überall nach dem Mittel­punkt des Kreises. Diese Krümmung (bei der Geraden) verweist uns darauf, daß der Mittelpunkt irgendwo in unendlicher Entfernung liegt, wie man sagt. Aber nun entsteht uns hier (links der Geraden) der Gedanke eines Kreises, der nach außen gekrümmt ist. Seine Krümmung ist dann nicht da (Kreis b, nicht schraffierte Seite), das wäre ja der Philisterkreis, sondern seine Krümmung ist da (Kreis b, schraffierte Seite). Und eben deshalb ist nicht dieses hier (nicht schraffiert) die Innenseite des Kreises, sondern das Außen des Kreises, und das da (schraffiert) ist das Innen des Kreises.

Und nun bitte ich Sie, vergleichen Sie damit dasjenige, was ich Ihnen hier dargestellt habe: die Gassinische Kurve mit ihren Unter-arten, mit der Lemniskate und der Form, wo sie die zwei Äste hat, Und jetzt haben wir den Kreis dargestellt so, daß er einmal eine sol­che (gewöhnliche) Krümmung hat, daß dieses hier sein Innen, das sein Außen ist. Wir haben eine zweite Form des Kreises (b) - man kann jetzt nur den Kreis andeuten -, wo die Krümmung hier ist (außen) und hier ein Innen (schraffiert) und hier ein Außen (nicht schraffiert) . Die erste Form des Kreises würde etwa entsprechen, wenn wir sie vergleichen mit der Gassinischen Kurve, den geschlos­senen Formen derselben bis zur Lemniskate. Und wir haben jetzt einen zweiten Kreis (b), der nach dieser Richtung gedacht werden muß (nach außen), der seine Krümmung hier hat, sein Innen hier, sein Außen hier. Sie sehen, die Realität ist hier so, daß, wenn wir es mit dem Produkt zu tun haben, wir Formen der Gassinischen Kurve bekommen, wo wir, wenn wir aus dem Raum herausgeworfen werden, wiederum auf der anderen Seite den anderen Ast zeichnen können. Der liegt dann im Raume wieder drinnen. Aber wir wer­den, um von einem zum anderen zu kommen, aus dem Raume eben herausgeworfen . Hier, beim Kreis, wird die Sache schon schwie­riger. Hier werden wir ja ganz gewiß auch beim Übergang vom Kreis

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in die Gerade aus dem Raum herausgeworfen, aber wir können dann überhaupt nicht mehr irgend etwas Geschlossenes zeichnen. Wir kommen nicht dazu. Wir können den Gedanken gerade noch räum­lich andeuten, wenn wir übergehen von der Kurve des konstanten Produktes zur Kurve des konstanten Quotienten.

Es ist außerordentlich bedeutsam, daß man sich abgibt mit dem Erzeugen von Vorstellungen, die, möchte ich sagen, in solche Kur­venformen noch hineinschlüpfen . Ich bin überzeugt davon, daß die meisten derjenigen Menschen, die sich mit Mathematik abgeben, zwar zu solchen Diskontinuitäten übergehen, aber dann sich das Vorstellen doch eigentlich etwas bequem machen, indem sie sich bloß an dasjenige halten, was eben die Formeln sind und nicht über­gehen zu irgend etwas, was nun die Formeln begleiten soll als eine wirklich kontinuierliche Vorstellung. Ich habe auch noch niemals gesehen, daß in der Behandlung des mathematischen Lehrstoffes ein großer Wert darauf gelegt wird, solche Vorstellungen auszubilden . Nun weiß ich nicht, ich frage die anwesenden Mathematiker, Herrn Blümel, Herrn Baravalle, ob das nicht so ist, ob also irgendwie heute im Hochschulunterricht ein großer Wert darauf gelegt wird? (Herr Dr. Car/ Unger macht aufmerksam auf kinematographische Dar­stellungen.) Ja, das ist ein Pseudoverlauf, wenn man es irgendwie innerhalb des empirischen Raumes machen will, also durch solchen Kinematographen oder dergleichen. Dann muß man hier einen Schwindel einfügen . Es ist nicht möglich, es im empirischen Raum adäquat darzustellen, man muß einen Schwindel einfügen.

Es handelt sich nun darum, ob es irgendwo in der Realität etwas gibt, was uns nötigt, in solchen Kurven real zu denken. Das ist das­jenige, was ich als Frage aufwerfen möchte. Dazu aber möchte ich, noch bevor ich übergehe zur Charakteristik dessen, was etwa in der Wirklichkeit dem entsprechen könnte, etwas einfügen, was Ihnen vielleicht den Übergang zu der Wirklichkeit von diesen abstrakten Vorstellungen erleichtern kann. Das ist das Folgende. Sie können auch noch ein anderes Problem in der theoretischen Astronomie, in der theoretischen Physik stellen . Sie können nämlich das Problem stellen: Nehmen wir an, hier wäre eine Lichtquelle in A und diese

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Lichtquelle in A beleuchte einen Punkt M (Fig. 10). Dieser Punkt M würde mit Bezug auf die Stärke seines Leuchiglanzes in B beobach­tet . Also, man beobachtet von B aus irgendwie mit den entsprechen­den optischen Instrumenten den Leuchtglanz des Punktes M, der von A beleuchtet ist. Wir würden ja selbstverständlich die Stärke dieses Leuchtglanzes verschieden sehen, je nachdem B von M ent­fernt ist . Aber es gibt eine Bahn, die dieser Punkt M beschreiben kann, die so verläuft, daß, wenn er von A beleuchtet ist, er in B immer mit derselben Glanzstärke strahlt . Es gibt eine solche Bahn .

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Wir können also fragen: Welches muß die Bahn eines Punktes sein, der von einem fixen Punkte A beleuchtet wird, damit er in einem anderen fixen Punkte B im Glanz immer dieselbe Stärke hat? Und diese Kurve, in der ein solcher Punkt sich bewegt, das ist die Cassi­nische Kurve! Sie sehen daraus, daß hier sich hineinstellt in ein Raumverhältnis, in eine komplizierte Kurve dasjenige, was nun schon in das Qualitative hinüberfällt. Die Qualität, die wir ja schon im Leuchtglanz sehen, in der Stärke des Glanzes sehen müssen, die­se Qualität wird hier abhängig von dem Figuralen in den Raum-verhältnissen.

Nun, ich wollte dieses nur anführen, damit Sie sehen, daß aller­dings eine Art Weg hinüberführt aus dem figural-geometrisch zu Erfassenden in das Qualitative . Aber dieser Weg ist in einer gewissen Beziehung doch wiederum weit. Und wir wollen jetzt auf etwas übergehen, was allerdings, um es in allen Einzelheiten darzustellen, Monate fordern würde, auf das ich Sie aber hinweisen will. Und Sie müssen dabei durchaus berücksichtigen, daß ich ja nur Richtlinien

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angeben will, deren weitere Ausführung, namentlich deren Ausfüh­rung in bezug auf die Einzelheiten, wo Sie sie immer verifiziert fin­den werden, eigentlich Ihnen überlassen bleibt. Denn sehen Sie, das, was als eine Beziehung zwischen Geisteswissenschaft und den heutigen empirischen Wissenschaften eintreten muß, das ist eine sehr breite Arbeit, eine ungeheuer breite Arbeit. Aber wenn Richt­linien einmal gegeben sind, so kann diese Arbeit in einer gewissen Weise ausgeführt werden. Sie ist möglich . Man muß sich nur hinein-finden in die empirischen Erscheinungen in einer ganz bestimmten Weise.

Wenn wir nun das Problem von einem ganz anderen Orte aus er­greifen - wir haben es jetzt gewissermaßen von der mathematischen Seite her zu ergreifen versucht -, so kann demjenigen, der sich mit der menschlichen Organisation befaßt, etwas doch nicht entgehen, was innerhalb unseres Kreises ja schon öfter hervorgehoben worden ist, insbesondere auch in vieler Beziehung betont worden ist bei den Besprechungen, die sich an den Dornacher Ärztekurs im Frühling 1920 angeschlossen haben. Es kann ihm nicht entgehen, daß gewisse Verhältnisse bestehen zwischen der Organisation des Hauptes und der übrigen Organisation des Menschen, zum Beispiel der Organisa­tion des Stoffwechsels. Es ist ein zunächst undefinierbarer Zusam­menhang zwischen dem, was sich in dem dritten menschlichen Sy­stem, im Stoffwechselsystem mit seinen Organen abspielt, und dem, was sich im Haupte abspielt. Dieses Verhältnis, das da vorhanden ist, das ist aber schwer zu fassen. So klar es in der Erscheinung auf-tritt, so klar man zum Beispiel sieht, daß mit gewissen Erkrankungen Schädel-, Kopfdeformationen zusammenhängen und ähnliche Din­ge, so klar solche Dinge verfolgbar sind für den, der sie vernünftig biologisch verfolgt, so schwer sind sie vorstellungsgemäß zu fassen. Gewöhnlich bleiben dann die Leute stehen dabei, daß sie sagen: Es muß irgendeinen Zusammenhang geben zwischen dem, was sich im Haupt abspielt, und demjenigen, was sich in der übrigen Organisa­tion des Menschen abspielt. - Es ist das deshalb eine schwer vollzieh­bare Vorstellung, weil es dem Menschen so schwer wird, eben gerade aus dem Quantitativen ins Qualitative überzugehen. Wenn man

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nicht erzogen wird durch eine geisteswissenschaftliche Methodo­logie, diesen Übergang doch zu finden und ganz unabhängig von dem, was einem die äußere Erfahrung bietet, doch gewissermaßen dieselbe Art des Vorstellens, die man im Quantitativen anwendet, auch auf das Qualitative auszudehnen, wenn man sich nicht metho­dologisch dazu erzieht, dann wird sich immer für unser Begreifen eine scheinbare Grenze der äußeren Erscheinungen aufrichten.

Ich möchte nur auf eines hinweisen, wie Sie sich erziehen können methodologisch, das Qualitative in einer ähnlichen Weise zu den­ken wie das Quantitative. Es ist Ihnen allen bekannt die gewöhn­liche Erscheinung des Sonnenspektrums, des gewöhnlichen konti­nuierlichen Spektrums . Sie wissen, da gehen wir von der Farbe des Rot zu der Farbe des Violett. Nun wissen Sie ja alle, daß Goethe mit dem Problem gerungen hat, wie dieses Spektrum in gewissem Sinne das umgekehrte Spektrum ist von dem, was enstehen muß, wenn man gewissermaßen die Dunkelheit geradeso behandelt durch das Prisma, wie man gewöhnlich die Helligkeit behandelt. Man be­kommt dann eine Art umgekehrten Spektrums, das Goethe ja auch

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angeordnet hat . Nicht wahr, beim gewöhnlichen Spektrum haben wir das Grün, hier nach dem Violetten gehend, auf der andern Seite nach dem Rot gehend (Fig. 11), und bei dem Spektrum, das Goethe bekommt, wenn er ein schwarzes Band auflegt, hat er hier das Pfirsichblüt und wiederum auf der einen Seite das Rot, auf der andern Seite das Violett (Fig. 12). Man bekommt gewisser­maßen zwei Farbbänder, die in der Mitte einander entgegengesetzt sind. qualitativ entgegengesetzt sind, und die beide zunächst für

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uns, man möchte sagen, nach der Unendlichkeit verlaufen. Aber man kann sich zunächst einfach denken, daß diese Achse, die Längs­achse des gewöhnlichen Spektrums, nicht eine einfache Gerade ist, sondern ein Kreis ist, wie ja jede Gerade ein Kreis ist. Wenn diese Gerade ein Kreis ist, dann kehrt sie in sich selbst zurück und dann können wir einfach diesen Punkt hier, in dem das Pfirsichblüt er­scheint, als den anderen Punkt betrachten, in dem sich trifft das Violett, das nach rechts geht, und das Rot, das nach links geht. Es trifft sich ja links und rechts in unendlicher Entfernung. Aber wenn es uns gelingen würde - ich weiß nicht, ob Sie wissen, daß gerade nach dieser Richtung eine der ersten Versuchsanordnungen in unserem physikalisch-wissenschaftlichen Institut gemacht werden soll -, das Spektrum in gewisser Weise in sich zu biegen, dann wür­den auch diejenigen, die zunächst aus den Gedanken heraus die Sache nicht begreifen wollen, sehen, wie man es tatsächlich hier auch mit Qualitativem zu tun hat. Solche Vorstellungen sind End­vorstellungen des Mathematischen, wo wir genötigt sind, wie auch in der synthetischen Geometrie, die Gerade auch innerlich sachlich durchaus als einen Kreis anzusehen, wo wir genötigt sind, als unend­lich fernen Punkt einer Geraden nur einen anzunehmen; wo wir genotigt sind, als eine Grenze der Ebene nicht oben und unten irgendeine Linie anzunehmen, sondern eine einzige Gerade als Grenze der Ebene anzunehmen; wo wir genötigt sind, die Grenzen des unendlichen Raumes nicht zu denken etwa sphärisch oder so et­was, sondern als eine Ebene. Aber solche Vorstellungen werden, wenn wir nur die sinnliche empirische Wirklichkeit betrachten wol­len, auch in einer gewissen Weise Endvorstellungen der sinnlich-empirischen Wirklichkeit .

Nun, das leitet uns auf etwas, was sonst immer dunkel bleiben wird. Ich habe es eben erwähnt. Es leitet uns darauf, jene Vorstel­lungen, die wir gewinnen können, wenn wir die Lemniskatenform der Cassinischen Kurve übergehen lassen in die Zwei-Ast-Form, diese Zwei-Ast-Form, wo wir aus dem Raum heraus müssen, ein­mal ordentlich zu denken und dann das zu vergleichen mit dem­jenigen, was sich uns in der empirischen Wirklichkeit darbietet. Sie

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tun ja auch nichts anderes, wenn Sie die Mathematik sonst auf die empirische Wirklichkeit anwenden . Dasjenige, was Sie gegeben ha­ben in dem Dreieck, das nennen Sie ein Dreieck, weil Sie sich das Dreieck zuerst mathematisch konstruiert haben . Sie wenden das, was innerlich konstruktiv in Ihnen ausgebildet ist, auf die äußere Form an. Es ist nur der Vorgang komplizierter, den ich jetzt angebe, aber es ist derselbe Vorgang, wenn Sie als eins denken die zwei Äste der zwei-ästigen Cassinischen Kurve. Wenden Sie diese Vorstellung an auf dasjenige, was im Haupte des Menschen den Dingen im übri­gen Organismus entspricht, dann müssen Sie so denken, daß da im Haupte eine Abhängigkeit ist von dem übrigen Organismus, aus­drückbar durch einen ebensolchen Zusammenhang, durch die Glei­chung (S. 167), die aber eine diskontinuierliche Kurve verlangt. Sie können dies nicht verfolgen durch die anatomisierende Methode . Sie müssen aus dem, was den Körper physisch umfaßt, heraus, wenn Sie das, was im Haupte sich ausdrückt, in seinem Zuammenhang mit dem, was sich im Stofiwechsel-Organismus ausdrückt, verfolgen wollen. Sie müssen also durchaus mit Vorstellungen den mensch­lichen Organismus verfolgen, die nicht zu bekommen sind, wenn man für jedes einzelne Glied dieser Vorstellung eine adäquate sinnlich-empirische haben will. Man muß aus dem Sinnlich-Empi­rischen heraus zu etwas anderem, wenn man finden will, welches dieser Zusammenhang im Menschen ist .

Das ist, wenn man es weiter nun methodologisch verfolgt, wenn man sich wirklich einläßt auf eine solche Betrachtung, etwas, was außerordentlich aufschlußreich ist. Denn es gliedert in der Tat die menschliche Organisation in etwas ein, was nicht umfaßt werden kann, wenn man nur anatomisiert. Man wird, geradeso wie man durch die Cassinische Kurve herausgetrieben wird aus dem Raum, bei der Betrachtung des Menschen herausgetrieben aus dem Körper durch die Betrachtungsweise selbst. Es ist zunächst vorstellungs-gemäß zu fassen, daß man, um den ganzen Menschen zu betrach­ten, herausgetrieben wird aus dem, was physisch-empirisch am Men­schen zu fassen ist . Es ist durchaus nicht irgendeine Versündigung gegen die Wissenschaftlichkeit, wenn man solche Dinge anführt. Sie

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sind weit entfernt von dem, was öfter als reine Phantasien hypo­thetisch über die Naturerscheinungen gegeben wird. Denn diese Dinge gehen wirklich zurück auf die ganze Art, wie der Mensch in der Welt drinnensteht. Und Sie suchen nicht nach irgend etwas, was sonst nicht vorhanden ist, sondern Sie suchen nach etwas, was ganz dasselbe ist wie dasjenige, was sich im Verhältnis des mathema­tisierenden Menschen zur empirischen Wirklichkeit ausdrückt .

Es ist gar nicht die Frage, irgendwelche unberechtigte Hypotheti­siererei zu suchen, sondern es ist nur die Frage, da die Wirklichkeit offenbar eine komplizierte ist, auch noch andere Erkenntnisverhält­nisse zur inneren Wirklichkeit zu suchen, als es das einfache ist des mathematisierenden Menschen zu der physisch-empirischen Wirk­lichkeit . Und wenn Sie einmal auf solche Dinge hingesehen haben, dann werden Sie auch hingeleitet zu suchen, wie dasjenige, was außerhalb des Menschen geschieht auf anderen Gebieten als auf dem astronomischen, was geschieht außerhalb des Menschen zum Beispiel innerhalb derjenigen Erscheinungen, die wir die chemi­schen, die physikalischen nennen, dann werden Sie hingeleitet zu suchen, ob denn dieselben Erscheinungen, die wir außen als die che­mischen betrachten, im Menschen, wenn er lebt, auch so verlaufen wie außerhalb des Menschen, oder ob sie da auch einen Übergang brauchen, der gewissermaßen aus dem Raum hinausführt.

Nun bedenken Sie die wichtige Frage, die daraus entsteht. Wir würden hier irgendeine chemische Erscheinung haben, hier die Grenze gegen das Innere des Menschen (Fig. 13). Würde diese che­mische Erscheinung eine andere so hervorrufen können, daß der Mensch da (drinnen) reagiert, so würde selbstverständlich der Raum der Vermittler sein, wenn wir im empirischen Felde bleiben. Wenn aber diese Erscheinung sich fortsetzt im Menschen dadurch etwa, daß sich der Mensch durch die Nahrung ernährt und die Prozesse sich im Innern fortsetzen, dann ist die Frage: Bleibt das, was da an Kraft wirkt in der chemischen Tatsache, in demselben Raum drin­nen, in dem es sich abspielte draußen, wenn es sich im Menschen fortsetzt? Oder müssen wir vielleicht aus dem Raum heraus? Und da haben Sie das Analogon mit dem Kreis . der in eine gerade Linie

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übergeht. Und wenn Sie seine andere Form suchen, wo dasjenige, was sonst nach außen gewendet ist, nach innen gewendet ist, so sind Sie ganz aus dem Raume heraus .

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Es ist die Frage, ob wir nicht solche Vorstellungen brauchen, die ganz aus dem Raume herausgehen, wenn sie kontinuierlich bleiben sollen, wenn wir das, was außen geschieht außerhalb des Menschen, weiter verfolgen in seinem Verlauf, wenn es sich nach dem Innern des Menschen hin fortsetzt. Das einzige, was zu sagen ist gegen solche Dinge, das ist, daß sie allerdings größere Anforderungen an die menschliche Kapazität stellen als diejenigen, mit denen man heute an die Erscheinungen herantritt, und daß sie deshalb auch im Hochschulunterricht unangenehm sind. Sie sind recht unangenehm, denn man müßte da eigentlich verlangen, daß der Mensch erst, be­vor er herantritt an die Erscheinungen, etwas aufnehmen würde, was ihn befähigt, diese Erscheinungen zu erfassen . Es ist heute gar nichts Ähnliches überhaupt im Verlauf unseres Unterrichtes vorhanden, aber das muß hinein, das muß unbedingt hinein, sonst geraten wir einfach, von einer Erscheinung redend, durchaus ins Disparateste hinein, ohne daß wir irgendwie auf die Realität hinsehen. Denn be­denken Sie einmal: Was würde geschehen, wenn jemand den Kreis beobachtet, wie er sich nach dieser Seite krümmt (Fig. 9, a), und er würde das hier betrachten, das sich nach dieser Seite krümmt (b), aber er bleibt der Philister, er geht absolut nicht ein darauf, daß sich jetzt der Kreis nach dieser Seite hin krümmt. Er sagt: Das gibt es

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ja gar nicht, daß sich der Kreis so krümmt, ich muß die Krümmung hierhersetzen (Kreis c statt b), ich muß mich einfach auf die andere Seite stellen. Er spricht in diesem Falle scheinbar über dasselbe, nur verändert er seinen Standpunkt.

So macht man es nämlich heute einfach, indem man den Men­schen innerlich schildert im Verhältnis zu dem, wie man die äußere Natur schildert. Man sagt: Dasjenige, was im Menschen drinnen ist, das gibt es ja gar nicht, sondern ich stelle mich in den Menschen hin­ein und sage: Dahin (c) ist die Krümmung gerichtet. Ich betrachte also das Innere ohne Rücksicht darauf, daß sich mir die Krümmung umdreht. Ich mache das, was im Innern des Menschen ist, zu einer äußeren Natur. Ich setze mir einfach durch die Haut hindurch die äußere Natur fort . Ich drehe mich um, weil ich nicht mitgehen will mit der andersgearteten Krümmung, und dann theoretisiere ich. -Das ist das Kunststück, das heute eigentlich ausgeführt wird und das nur ausgeführt wird zur Festhaltung bequemer Vorstellungen. Man will nicht mit der Wirklichkeit gehen, und damit man das nicht zu tun braucht, kehrt man sich einfach um, und statt daß man den Menschen - das ist jetzt ein Vergleich - von der Vorderseite betrach­tet, betrachtet man die Natur von der Hinterseite und gelangt da­durch zu den verschiedenen Theorien über den Menschen.

Hier wollen wir dann morgen weiter fortfahren.

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ZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 10. Januar 1921

Ich habe gestern, ausgehend von gewissen formalen Betrachtungen, darauf hingewiesen, wie die Zusammenhänge gedacht werden sollen zwischen dem, was man nennen kann die Vorgänge im mensch­lichen Stoffwechselsystem, und den Vorgängen im menschlichen Kopfsystem, im Nerven-Sinnessystem, oder wie Sie es nennen wol­len im Sinne der Andeutungen, die ich in meinem Buche «Von Seelenrätseln» gegeben habe.

Wenn man eine Magnetnadel so betrachten würde in ihren Schwankungen auf der Erdobeffläche, daß man versuchen wollte, diese Schwankungen lediglich zu erklären durch dasjenige, was man beobachten kann innerhalb des Raumes, in dem die Magnetnadel sich befindet, so würde man das selbstverständlich als etwas Unmög­liches bezeichnen. Sie wissen ja, daß diese Schwankungen der Mag­nernadel zusammengebracht werden mit dem Erdmagnetismus . Sie wissen, daß man die jeweilige Richtung der Magnetnadel zusam­menbringt mit der Richtung des Erdmagnetismus, beziehungsweise mit jener Richtungslinie, die zwischen dem nördlichen und süd­lichen Magnetpol der Erde gezogen werden kann, daß man also, wenn es sich darum handelt, die Erscheinungen, die uns die Magnetnadel darbietet, zu erklären, aus dem Bereich der Magnetnadel selbst herausgeht und versucht, einzutreten mit den Elementen, die man zur Erklärung heranzieht, in jene Totalität, die erst die Mög­lichkeit bietet, die Erscheinungen von etwas, das zu dieser Totalität im Tatsachenablauf dazugehört, zu erklären. Diese methodische Re­gel wird ja zwar für gewisse Erscheinungen, man kann sagen, für diejenigen Erscheinungen, für die die Sache ganz an der Obeffläche liegt, durchaus beobachtet. Allein sie wird nicht beobachtet, wenn es sich darum handelt, kompliziertere Erscheinungen zu erklären, zu verstehen .

Ebenso untunlich, wie es wäre, die Erscheinungen an der Mag­netnadel aus dieser selbst zu erklären, ebenso untunlich ist es im

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Grunde, die Erscheinungen, die am Organismus vor sich gehen, aus diesem Organismus oder aus gewissen, keiner Totalität angehörigen Zusammenhängen zu erklären. Und gerade aus diesem Grunde, weil das Bestreben so wenig vorliegt, zu Totalitäten vorzuschreiten, wenn man Erklärungen haben will, kommen wir zu dem, was die Betrachtungsweise unserer Wissenschaft darstellt, insofern man grö­ßere Zusammenhänge heute fast ganz unberücksichtigt läßt. Sie schließt irgendwelche Erscheinungen, möchte ich sagen, in das Blickfeld des Mikroskops ein und dergleichen; sie schließt Sternen-erscheinungen ein in dasjenige, was wir zunächst äußerlich wahr­nehmen können, vielleicht auch wahrnehmen können durch die Instrumente, die wir dazu verwenden, aber es liegt nicht das Bestre­ben vor, daß in erster Linie zu berücksichtigen ist, wo es sich um Er­klärungen handelt, zu dem totalen Umkreis vorzuschreiten, inner­halb dessen irgendeine Erscheinung liegt. Nur wenn man mit die­sem ganz unerläßlichen methodischen Prinzip sich bekanntmacht, ist man in der Lage, solche Dinge richtig zu beurteilen, wie die­jenigen sind, auf die ich gestern aufmerksam gemacht habe . Denn nur dadurch wird man darauf kommen, in der richtigen Weise zu würdigen, wie sich in einem abgeschlossenen Totalzusammenhange solche Erscheinungsgebiete ausnehmen, wie diejenigen, die uns am menschlichen Organismus entgegentreten .

Erinnern wir uns noch einmal an die Ausführungen, die ich ganz im Anfang dieser Betrachtungen gemacht habe . Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß das Prinzip der Metamorphose eigentlich modifiziert werden muß, wenn es sich darum handelt, diese Meta­morphose, wie sie zuerst bei Goethe, bei Oken zutage getreten ist, wirklich verständlich auf die Morphologie des Menschen anzuwen­den. Nicht wahr, man hat ja versucht - und es war ein genialischer Versuch, der bei Goethe aufgetreten ist -, die Formation der Schä­delknochen auf die Formation der Wirbelknochen zurückzuführen. Diese Untersuchungen sind dann in einer der Methode des 19. Jahr­hunderts mehr entsprechenden Weise von anderen fortgesetzt wor­den, und den ganzen Fortgang - ob es ein Fortschritt war oder nicht, will ich jetzt nicht entscheiden - in der Untersuchungsweise kann

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man studieren, wenn man vergleicht, wie dieses Problem der meta­morphosischen Umgestaltung der Knochen aufgefaßt wurde auf der einen Seite von Goethe und Oken, auf der anderen Seite zum Bei­spiel von dem Anatomen Gegenbaur. Diese Dinge sind erst auf eine reale Basis zu bringen, wenn man weiß - wie gesagt, ich habe das ja im Verlauf dieser Vorträge schon erwähnt, aber wir wollen jetzt an diesen Punkt anknüpfen -, wie zwei in ihrer Morphologie am weite­sten entfernt liegende Knochen des menschlichen Skeletts - also nicht des tierischen, sondern des menschlichen Skeletts - eigentlich zusammenhängen. Da liegen eben am weitesten entfernt vonein­ander ein Röhrenknochen, zum Beispiel ein Oberschenkel- oder Oberarmknochen, und ein Schädelknochen. Wenn man äußerlich einfach vergleicht, ohne auf das Innere einzugehen und ohne eine totale Erscheinungssphäre heranzuziehen, kann man nicht auf den morphologischen Zusammenhang kommen zwischen zwei polarisch einander entgegengesetzten Knochen, polarisch einander entgegen­gesetzt in bezug auf die Form. Man kommt nur darauf, wenn man die Innenfläche eines Röhrenknochens vergleicht mit der Außen­fläche eines Schädelknochens. Denn dann bekommt man die ent­sprechende Fläche, um die es sich handelt (Fig .1) und die man

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braucht, um den morphologischen Zusammenhang konstatieren zu können. Man kommt dann darauf, daß die Innenfläche des Röh­renknochens der Außenfläche des Schädelknochens entspricht - das ist morphologisch - und daß das ganze darauf beruht, daß der Schädelknochen aus dem Röhrenknochen hergeleitet werden kann,

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wenn man sich ihn gewendet denkt nach dem Prinzip zunächst der Umwendung eines Handschuhs. Wenn ich die Außenfläche des Handschuhs zur inneren, die innere Fläche zur äußeren mache, so bekomme ich allerdings beim Handschuh eine ähnliche Form, aber wenn außerdem noch in dem Augenblick sich geltend machen ver­schiedene Spannungskrafte, wenn gewissermaßen in dem Augen­blick, wo ich das Innere des Röhrenknochens nach außen wende, die Spannungsverhähnisse sich so verändern, daß dadurch die nach au­ßen gewendete innere Form sich anders verteilt in der Fläche, dann bekommt man durch Umwendung nach dem Prinzip des Hand­schuhumdrehens die Außenfläche des Schädelknochens, hergeleitet von der Innenfläche des Röhrenknochens . Daraus aber geht Ihnen hervor: Dem Innenraum des Röhrenknochens, diesem zusammen­gedrängten Innenraum des Röhrenknochens entspricht in bezug auf den menschlichen Schädel die ganze Außenwelt. Sie müssen also als zusammengehörig betrachten in der Wirkung auf den Menschen:

die Außenwelt, formierend das Äußere seines Hauptes, und das­jenige, was im Innern wirkt, gewissermaßen hintendierend nach der Innenfläche der Röhrenknochen. Das müssen Sie als zusammen­gehörig betrachten. Sie müssen gewissermaßen die Welt im Innern der Röhrenknochen als eine Art inverser Welt zu derjenigen an­sehen, die uns äußerlich umgibt.

Da haben Sie zunächst für den Knochenbau das wahre Prinzip der Metamorphose. Denn die anderen Knochen, sie sind im wesent­lichen Zwischenge bilde, morphologische Zwischengebilde zwischen den polarischen Gegensätzen, die völliger Umwendung entsprechen mit Änderung der die Fläche bedingenden Kräfte. Das aber muß ausgedehnt werden auf die gesamte menschliche Organisation. Bei den Knochen tritt es uns in einem gewissen Sinn besonders deutlich zutage. Es ist für alle Organe des Menschen zu beachten, daß wir, wenn wir von der Organisation sprechen, zu unterscheiden haben zwischen zwei polarischen Gegensätzen, zwischen dem, was von ei­nem, wir wollen jetzt zunächst sagen, unbekannten Innern gewisser­maßen nach außen wirkt, und demjenigen, was von außen nach innen wirkt. Demjenigen aber, was von außen nach innen wirkt,

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entspricht im Grunde alles dasjenige, was uns Menschen von außer­halb der Erde umgibt. Und Sie bekommen ja tatsächlich zwei außer­ordentliche Gegensätze, wenn Sie, sagen wir, den Röhrenknochen ins Auge fassen und sich diese Linie darin denken (Fig. 2). Sie be­kommen gewissermaßen eine Linie, welche die Ursprungsstelle des­jenigen enthält, was da wirkt senkrecht auf die betreffende Fläche (Fig. 3).

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Und Sie bekommen, wenn Sie sich die menschliche Schädelum­hüllung denken, auch dasjenige, was dieser Linie entspricht (Fig. 2, gestrichelt) . Aber wie müssen Sie das zeichnen, was dieser Linie ent­spricht? Sie müssen es sich zeichnen irgendwo als einen Kreis, re­spektive sogar eine Kugelfläche, eine in irgendeiner unbestimmten Entfernung gelegene Kugelfläche (Fig. 4). Und all die Linien, die Sie sich zeichnen von der Geraden gegen die Fläche des Röhrenknochens hin (Fig. 3), die entsprechen in bezug auf den Schädelknochen all den Linien, die Sie sich ziehen gewissermaßen als im Mittelpunkt der Erde sich treffend von irgendeiner Sphäre her (Fig. 4, S. 188). Dadurch bekommen Sie einen Zusammenhang - natürlich sind die Dinge approximativ - zwischen einer Geraden oder zwischen einem System von Geraden, die durch einen Röhrenknochen gehen und die alle in einer gewissen Beziehung stehen zu der Vertikalachse der Organisation, zwischen dieser Richtung, die eigentlich zusammen­fällt mit der Richtung des Erdradius, und einer Sphäre, die die Erde in einer unbestimmten Entfernung umgibt. Sie bekommen den Zusammenhang,

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daß Sie sagen können: Mit Bezug auf den senkrecht zur Erdoberfläche gerichteten Bau des Menschen hat der Radius der Erde denselben kosmischen Wert, wie eine Kugelfläche, eine kosmi­sche Kugelfläche mit Bezug auf die Schädelorganisation.

#Bild s. 188

Dadurch aber bekommen Sie ja denselben Gegensatz heraus, den Sie eigentlich, wenn Sie achtgeben auf das In-sich-Fühlen Ihres Organismus und zu gleicher Zeit auf die äußere Erfahrung, als in sich tragend empfinden. Diesen Gegensatz bekommen Sie heraus, wenn Sie Ihr Eigengefühl nehmen, dasjenige Eigengefühl, das ja im wesentlichen dadurch begründet ist, daß Sie sich ruhig im normalen Leben Ihrer Körperlichkeit überlassen können, daß Sie nicht schwindlig werden, sondern in einem Verhätnis zur Schwerkraft ste­hen, und wenn Sie dann dieses, was in einem gewissen Sinn Ihr Eigengefühl ist, vergleichen mit all dem, was in Ihrem Bewußtsein präsent ist mit Bezug auf dasjenige, was Sie durch die Sinne rund­herum sehen bis zu den Sternen hinauf.

Wenn Sie das zusammennehmen, so können Sie sagen: Es ist dasselbe Verhältnis zwischen diesem Innengefühl und dem Bewußtseinsgefühl

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im Wahrnehmen der äußeren Welt, wie zwischen Ihrem Körperbau und Ihrem Schädelbau . Und damit sind wir hingewiesen auf die Beziehung dessen, was man nennen könnte zunächst: Erden­wirkung auf den Menschen mit dem Charakter, daß sie im Sinne des Radius der Erde wirkt, zu demjenigen, was man nennen könnte Wirkung, die sich äußert in dem Umfange unseres Bewußtseins, die wir suchen müssen in der Sphäre, in demjenigen, was eigentlich einem die innere Wandung, die innere Fläche einer Kugelschale ist. Und für unser normales Tagesbewußtsein ist es dieser Gegensatz, den wir, wenn wir auslassen dasjenige, was in unserem Bewußtsein ist von den Beobachtungsergebnissen unserer irdischen Umgebung, grob angesehen auffassen können als den Gegensatz desjenigen, was Sternensphäre ist, zum Erdenbewußtsein, zum Als-erden-sich-Erfüh­len, zum Erdenimpuls, der in uns lebt. Wenn wir diesen Erden-impuls, den radialen Erdenimpuls ins Verhältnis bringen zu unse­rem Bewußtsein von der Sphäre, so ist dieser Gegensatz, wenn wir uns ihn anschauen in unserem gewöhnlichen Tagesbewußtsein, im wesentlichen etwas, was in uns, eben in unserem Bewußtsein, vor sich geht. Wir leben in diesem Gegensatz drinnen mehr, als wir ge­wöhnlich meinen. Es ist eigentlich immer dieser Gegensatz da, in dem wir drinnen leben. Und wir können eigentlich nicht anders stu­dieren das Verhältnis der Vorstellung zum Wollen, als indem wir diesen Gegensatz zwischen der Sphäre und dem Radius betrachten . Man würde auch in der Psychologie zu realeren Resultaten kommen über das Verhältnis unserer doch jedenfalls außerordentlich aus­gedehnten Vorstellungswelt zur einförmigeren Willenswelt, wenn man diese mannigfaltige, ausgedehntere Vorstellungswelt in ein ähnliches Verhältnis zur Willenswelt bringen würde, wie man es sich versinnlichen kann durch das Verhältnis des Flächeninhaltes einer Sphäre zu dem entsprechenden Radius dieser Sphäre.

Was nun so in unserem Tagesbewußtsein wirkt, daß es gewisser­maßen die Erfüllung unseres Seelenlebens ist, betrachten wir das doch jetzt einmal dann, wenn wir in einer anderen Lage sind als in der, in der wir dieses Tagesbewußtsein ausbilden. Betrachten wir dasjenige, was so auf uns wirkt, einmal in derjenigen Zeit, in der

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wir unser Embryonalleben durchmachen, und wir können uns gut vorstellen, müssen es sogar, daß da ja derselbe Gegensatz wirkt, nur sich in einer anderen Weise auslebt. Da tragen wir nicht der Welt entgegen dieselbe Aktivität, die dann abschwächt diesen gan­zen Gegensatz zu einem Bildgegensatz, sondern da ist dieser Gegen­satz auf unsere formbare Organisation in einer realeren Weise wirk­sam, als er als Bildgegensatz wirksam ist, wenn wir ihn in unserem Seelenleben haben. Projizieren wir zeitlich zurück die Bewußtseins-wirkungen auf das Embryonalleben, dann haben wir im Embryonal-leben, man kann sagen, um einen Grad intensiver, realer dasjenige, was wir sonst in den Bewußtseinswirkungen haben. Und so, wie wir deutlich sehen die Beziehungen von Sphäre zu Radius in unserem Bewußtsein, müssen wir auch suchen, wenn wir überhaupt irgend­wie zu einem Resultat kommen wollen, diesen Gegensatz von Him­melssphäre und Erdenwirkung in demjenigen, was in der Embryo­nalwirkung vor sich geht. Wir müssen, mit anderen Worten, die Genesis des menschlichen Embryonallebens suchen dadurch, daß wir eine Resultierende bilden zwischen demjenigen, was außen in den Sternen vorgeht als Sphärenwirkung und demjenigen, was im Menschen vorgeht infolge der radialen Erdenwirkung.

Wir müssen mit derselben methodologischen Notwendigkeit das ins Auge fassen, was ich jetzt gesagt habe, wie wir bei der Magnet-nadel den Erdmagnetismus ins Auge fassen. Gewiß, es mag viel Hypothetisches dabei sein, das will ich jetzt nicht in Anschlag brin­gen, ich will nur darauf hinweisen, daß wir kein Recht dazu haben, bloß den Embryo zu betrachten und seine Vorgänge aus ihm selbst zu erklären. Wie wir kein Recht haben, die Vorgänge der Magnernadel aus ihr selbst zu erklären, so haben wir kein Recht, die Formung des Embryos aus ihm selbst zu erklären, sondern wir müssen ihn er­klären, indem wir die beiden charakterisierten Gegensätze ins Auge fassen. Wie wir bei der Magnetnadel den Erdmagnetismus ins Auge fassen, so müssen wir den Gegensatz ins Auge fassen Sphäre - Ra­dialwirkung, um dasjenige, was sich formt im Embryo, zu erklären, was sich dann, wenn der Embryo geboren ist, eben ins Bildhafte des Bewußtseinserlebens abschwächt. Sie sehen also, es handelt sich

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eben darum, daß wir die Beziehung betrachten, welche im Men­schen so besteht zwischen Röhrenknochen und Kopfknochen, auch zwischen den anderen Systemen, dem Muskelsystem, dem Nerven­system und so weiter, und daß, wenn wir diesen Gegensatz be­trachten, wir hinausgeführt werden in das kosmische Leben . Und wenn Sie ins Auge fassen, in welch enger Beziehung zu dem, was ich angedeutet habe als den Inhalt des Stoflwechselsystems des Men­schen in meinem Buche «Von Seelenrätseln», dasjenige steht, was ich jetzt charakterisiert habe als unter dem Einfluß der Radialität stehend, und in welch enger Beziehung dasjenige steht, was das Kopfsystem ist, zu dem, was ich jetzt charakterisiert habe als unter dem Einfluß der Sphäre stehend, so werden Sie sich sagen: Wir haben im Menschen zu unterscheiden dasjenige, was Bedingungen seines Sinneswesens sind und dasjenige, was Bedingungen seines Stofiwechsellebens sind, und diese beiden verhalten sich zueinander wie Himmelssphäre und Erdenradius .

Wir haben also in all dem, was wir in unserer Hauptesorganisa­tion tragen, das Ergebnis der Himmelswirkung zu suchen, und wir haben, zu einer Resultierenden damit sich vereinigend, zu suchen in den Wirkungen in unserem Stoffwechsel dasjenige, was zur Erde ge­hört, was nach dem Erdenmittelpunkt gewissermaßen tendiert . Die­se zwei Wirkungsgebiete, sie treten auseinander im Menschen, sie konstituieren gewissermaßen zwei Einseitigkeiten, und es ist die Ver­mittelung das mittlere Gebiet, das rhythmische Glied, so daß wir im rhythmischen Glied in der Tat etwas haben, was uns eine Wechsel­wirkung des Irdischen und des Himmlischen, wenn ich mich das Ausdrucks bedienen darf, darstellt .

Wenn wir nun weiterkommen wollen, so müssen wir einige an­dere Verhältnisse, die sich in der Wirklichkeit uns offenbaren, noch ins Auge fassen . Ich mache auf etwas aufmerksam, was sehr innig mit dem zusammenhängt, das ich eben jetzt charakterisiert habe. Sehen Sie, wir haben ja gewöhnlich die Gliederung der uns um­gebenden Außenwelt, zu der wir selbst als physischer Mensch ge­hören, so, daß wir einteilen in Mineralreich, Pflanzenreich, Tier­reich, und daß wir dann den Menschen als die höchste Spitze dieser

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Außenwelt, dieser Reiche der Natur, ansehen. Nun, wenn wir aber uns eine Vorstellung machen wollen, wie eigentlich dasjenige naher beschaffen ist, was wir jetzt zugeordnet haben in bezug auf die Wir­kungen den himmlischen Erscheinungen, so müssen wir noch auf et-was anderes schauen.

Es ist ja nicht zu leugnen, denn es ist eigentlich für jeden klar, der die Sache unbefangen beobachtet, daß wir mit unserer mensch­lichen Organisation, so wie wir jetzt, in der jetzigen Phase unserer Weltentwickelung sind als Menschheit, angepaßt sind mit Bezug auf unser Erkenntnisvermögen lediglich an das Mineralreich . Nehmen Sie diejenige Art von Gesetzmäßigkeit, die wir aufsuchen in der Na­tur, dann kommen Sie dazu, sich zu sagen: Für dasjenige, was uns umgibt, sind wir durchaus nicht nach allen Seiten angepaßt. Wir verstehen eigentlich, trocken gesagt, nur das mineralische Reich . Deshalb bemühen sich die Leute so stark, auch die anderen Reiche zurückzuführen auf die Gesetze des mineralischen Reiches. Und schließlich ist ja aus diesem Grunde die Verwirrung in bezug auf Mechanismus und Vitalismus entstanden. Entweder bleibt der Vita­lismus, wie er in älteren Zeiten war, für die gewöhnliche Anschau­ung, die einmal die heutige ist, eine vage Hypothese, oder aber man löst dasjenige, was imVitalismus zutage tritt, in mechanische, mine­ralische Wirkungen auf. In dem Ideal, einmal das Leben zu ver­stehen, liegt ja durchaus nicht die Anerkennung, daß man das Leben als Leben verstehen will, sondern es liegt das Bestreben zu­grunde, das Leben auf Mineralisches zurückzuführen. Gerade auch darin drückt sich das unbestimmte Bewußtsein aus, daß der Mensch eigentlich angepaßt ist in bezug auf sein Erkenntnisvermögen nur an das Mineralreich, nicht an das Pflanzenreich, nicht an das Tierreich .

Wenn wir nun verfolgen auf der einen Seite das Mineralreich, auf der anderen Seite sein Gegenbild, unsere Erkenntnis des Mineral-reiches, dann werden wir, indem sich diese beiden entsprechen, nach den eben vorausgegangenen Auseinandersetzungen genötigt sein, weil wir unsere Erkenntnis beziehen müssen auf die Himmels-sphäre, auch dasjenige in irgendeiner Weise mit der Himmelssphäre in Zusammenhang zu bringen, an das diese Erkenntnissphäre angepaßt

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ist, nämlich das Mineralreich. Wir sagen uns: Wir sind gewis­sermaßen mit Bezug auf unsere Hauptesorganisation aus der Him­melssphäre heraus organisiert . Es muß also auch herausorganisiert sein aus der Himmelssphäre in irgendeiner Weise dasjenige, was den Kräften des Mineralteiches zugrunde liegt. Und vergleichen Sie das­jenige, was Sie haben in Ihrer Erkenntnissphäre als den ganzen Um­fang Ihrer Erkenntnis vom Mineralreich, mit demjenigen, was drau­ßen im Mineralreich ist, so werden Sie sich sagen: Zu dem, was in Ihnen ist, verhält sich das, was draußen im Mineralteich ist, wie Bild zu Realität .

Aber wir haben doch nötig, diese Beziehung uns konkreter vor­zustellen als zwischen Bild und Realität, und da nehmen wir zu Hilfe dasjenige, was wir eben ausgesprochen haben. Wir werden hingewiesen auf dasjenige, was unserem Stoffwechselsystem zugrun­de liegt, und auf die Wirkungskräfte, die drinnen sind, die mit dem Erdenwirken zusammenhängen, mit der Radialität, mit dem Radius auch. Wir werden also, indem wir uns umsehen nach dem, was in uns selber der Gegensatz ist gegenüber derjenigen Organisation, die uns unsere Erkenntnis bringt, von der Sphäre in die Erde verwiesen. Die Radien gehen alle nach dem Erdmittelpunkt. Da haben wir das­jenige in dem Radialen, was wir erfühlen, wodurch wir uns real füh­len. Da haben wir nicht dasjenige, was uns in den Bildwirkungen er­füllt, wo wir bloß bewußt sind, sondern da haben wir dasjenige, was in unserem Erleben uns selbst als eine Realität erscheinen läßt. Wir kommen immer, wenn wir diesen Gegensatz wirklich erleben, in das hinein, was uns das Mineralteich darstellt. Wir werden gewisser­maßen von dem, was nur organisiert ist für das Bild, zu dem ge­führt, was organisiert ist für die Realität. Das heißt mit anderen Worten: Wir werden geführt in bezug auf dasjenige, was als Ur­sache zugrunde liegt für unsere Erkenntnis, auf den ganzen Umfang der Sphäre, die wir zunächst also als Sphäre auffassen; und wir wer­den auf der anderen Seite gewiesen, indem wir da alle diejenigen Radien, die von der Sphäre ausgehen, verfolgen, wie sie nach dem Mittelpunkt der Erde hingehen, wir werden gewiesen nach dem Mittelpunkt der Erde als dem polarischen Gegensatz .

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Wenn wir uns das im einzelnen, im speziellen denken, so könn­ten wir geradezu so denken, wie das ptolemäische Weltensystem ge­dacht hat: da draußen die blaue Sphäre, hier (auf der Sphäre) einen Punkt (Fig. 5) Dazu müßten wir uns in einem gewissen Sinne einen

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Gegenpunkt im Mittelpunkt der Erde denken. So einfach gedacht, würde für jeden Punkt ein Gegenpunkt im Mittelpunkt der Erde sein. Aber Sie wissen ja - ich werde darauf noch näher zu sprechen kommen; das kommt für uns jetzt nicht in Frage, inwieweit die Din­ge genau der Realität entsprechen -, wir haben es nicht so aufzu­fassen, sondern wir haben zum Beispiel hier die Sterne (Fig. 6, äußere Punkte a, b, c). Wenn wir uns die Sphäre selbst im Mittel­punkt der Erde konzentriert denken müssen, so müssen wir uns na­türlich die Gegenpole so konstruieren, daß wir sagen: Der Gegenpol dieses Sternes ist hier, der Gegenpol dieses Sternes ist da und so weiter. Wir kommen dadurch zu einem vollständigen Gegenbild desjenigen, was draußen ist, im Erdinnern selber.

Wir kommen gewissermaßen nun, wenn wir das für irgendeinen Planeten auffassen, zum Jupiter und zu einem Gegenjupiter im Innern der Erde. Wir kommen zu etwas, was vom Innern der Erde nach außen so wirkt, wie der Jupiter draußen wirkt. Wir kommen zu

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einer Spiegelung - in Wirklichkeit ist die Sache umgekehrt, aber ich will jetzt so sagen -, zu einer Spiegelung desjenigen, was draußen ist, im Innern der Erde. Und wenn wir uns nun die Wirksamkeit denken dieser Spiegelung in den Gestalten unserer Mineralien, dann müssen wir uns denken die Wirksamkeit desjenigen, was in der Sphäre draußen wirkt, in der Gestaltung unseres Erkenntnisvermö­gens für das Mineralische. Mit anderen Worten: Wir können uns denken die ganze Himmelssphäre in der Erde gespiegelt; wir können uns denken das Mineralreich der Erde als ein Ergebnis dieser Spiege­lung, und wir können uns denken, daß dasjenige, was in uns lebt zur Auffassung dieses Mineralreiches, von dem, was draußen im Raume uns umgibt, herrührt. Und die Realien, die wir begreifen da-durch, die rühren vom Innern der Erde her.

Sie brauchen diese Vorstellung nur zu verfolgen und brauchen dann bloß einen Blick auf den Menschen zu werfen, auf das mensch­liche Antlitz, und Sie werden, wenn Sie sich dieses menschliche Ant­litz anschauen, kaum gar so stark zweifeln können, daß da irgend etwas von einem Abdruck der äußeren Himmelssphäre in diesem menschlichen Antlitz enthalten ist, und daß da in dem, was als Bild-Erleben der Himmelssphäre präsent ist in der Seele, eben wiederum dasjenige zutage tritt, was, nachdem die Kräfte intensiver gewirkt haben während des Embryonallebens, aus dem Gebiete der körper­lichen Wirksamkeit gewissermaßen herauforganisiert wird in das Gebiet der seelichen Wirksamkeit . Und so bekommen wir zunächst einen Zusammenhang zwischen demjenigen, was draußen in der Re­alität ist und unserer Organisation für diese äußere Realität . Wir sagen uns gewissermaßen: Dasjenige, was in der äußeren Realität draußen ist, das produziert der Kosmos, und unser Erkenntnisver­mögen für diese Realität wird dadurch physisch organisiert, daß die Sphäre bloß auf unser Erkenntnisvermögen noch wirkt . Daher haben wir zu unterscheiden, selbstverständlich auch in der Genesis der Erde, eine Phase, in der starke Wirkungen so auftreten, daß aus dem Kosmos heraus konstituiert wird die Erde selbst, und eine spätere Phase der Erdenentwickelung, wo die Kräfte so wirken, daß konsti­tuiert wird das Erkenntnisvermögen für diese realen Dinge .

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Nur auf diese Weise kommt man wirklich heran an die Welt. Sie können nun sagen: Ja, das ist eine Erkenntnismethode, die weniger sicher ist als diejenige, die heute mit dem Mikroskop und dem Teleskop befolgt wird. Mag sein, daß sie dem Menschen weni­ger sicher vorkommt, aber wenn die Dinge so beschaffen wären, daß man eben mit denjenigen Methoden, die heute beliebt sind, nicht an die Realität herankommen könnte, wenn eben die absolute Not­wendigkeit vorläge, daß man mit anderen Arten des Erkennens die Wirklichkeit umfassen muß, dann muß man sich eben bequemen, diese anderen Arten des Erkennens auszubilden. Damit ist es ja nicht getan, daß jemand sagt: Solche Gedankengänge, wie sie hier entwickelt werden, die wolle er nicht mitmachen, weil sie ihm zu unsicher erschienen. Ja, aber wenn nur dieser Grad eben der Sicher­heit möglich wäre! Sie werden jedoch sehen, wenn Sie wirklich die­sen Gedankengang verfolgen, daß dieser Grad von Sicherheit eben in derselben Weise intensiv ist, wie dasjenige, was lebt in Ihrer Auf­fassung eines äußeren realen Dreiecks, wenn Sie es mit der inneren Konstruktion des Dreiecks umfassen. Es ist schon dasselbe Prinzip, dieselbe Art und Weise der Erfassung der äußeren Wirklichkeit in dem einen wie in dem anderen wirksam. Das ist dasjenige, was ins Auge gefaßt werden muß *

Nun frägt es sich allerdings: Wenn wir diese Gedanken nehmen, wie ich sie jetzt entwickelt habe, dann kann man in einer gewissen allgemeinen Weise solche Zusammenhänge sich vergegenwärtigen, aber wie kommen wir dann dazu, vielleicht noch in einer bestimm­teren Art diese Dinge aufzufassen? Denn erst in einer bestimmteren Art können sie uns dazu dienen, daß wir von uns aus das Gebiet der Wirklichkeit begreifen . Und um das hier verfolgen zu können , muß ich noch auf etwas anderes aufmerksam machen. Gehen wir noch einmal zurück auf dasjenige, was ich gestern zum Beispiel gesagt habe mit Bezug auf die Cassinische Kurve (siehe Fig. 3-7, S. 166ff.). Wir wissen, daß die Cassinische Kurve drei, sogar, wenn wir wollen, vier Formen hat. Es beruht, wie Sie wissen, die Cassinische Kurve darauf, daß, wenn ich den Abstand von A zu B mit 2a be­nenne, irgendein Punkt M so liegt, daß AM , MB = b2 , also konstant

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ist . Ich bekomme die verschiedenen Formen der Cassinischen Kurve heraus, je nachdem a, also die halbe Entfernung der beiden Brennpünkte , größer ist als b oder gleich oder kleiner. Ich bekomme die Lemniskate, wenn a gleich b ist, und ich bekomme die diskonti­nuierliche Kurve, wenn a größer ist als b.

Nun denken Sie sich , ich würde nicht bloß diese geometrische Aufgabe lösen wollen , unter der Voraussetzung von zwei konstanten Größen a und b durch die entsprechenden Gleichungen die Ent­fernung von M zu A und B zu bestimmen, sondern ich würde noch etwas anderes machen. Ich würde die Aufgabe lösen, aus einer Linienform in die andere in der Fläche überzugehen, indem ich die­jenigen Größen, die für eine besondere Linie konstant bleiben, als veränderliche Größen behandle . Nicht wahr, ich habe hier nur Einzelfälle ins Auge gefaßt , einmal wenn a größer ist als b, dann wenn a kleiner ist als b. Zwischen diesen Einzelfällen sind unzäh­lige andere möglich * Ich kann , wenn ich unzählige mache , dazu übergehen, ganz kontinuierlich verschiedene Formen der Cassini­schen Kurve zu konstruieren . Ich werde diese verschiedenen For­men dann bekommen, wenn ich, sagen wir, der Variabilität der er­sten Ordnung, die ich jetzt zwischen y und x hingestellt habe, eine Variabilität der zweiten Ordnung zufüge; wenn ich meine Kon­struktion der kontinuierlich ineinander übergehenden Linien in der Fläche so verlaufen lasse , daß ich a eine Funktion von b sein lasse .

Also , was mache ich dann? Ich konstruiere dann so, daß ich ein System, aber ein kontinuierliches, fortlaufendes System von Cassini­schen Kurven, in die Lemniskate übergehend, in das Diskontinuier­liche übergehend, konstruiere, aber nicht beliebig, sondern so, daß ich zugrunde lege eine Variabilität der zweiten Ordnung, indem ich die Konstanten für die eine Kurve erst selber in den Zusammen-hang einer Gleichung bringe, so daß a eine Funktion von b ist, a = ~ (b ) . Es ist durchaus eine mathematisch vollziehbare Sache , selbstverständlich . Was aber bekommen wir dadurch? Denken Sie , dadurch bekomme ich das Gesetz für den Inhalt einer Fläche, die in sich selber aber in all ihren Punkten schon in der mathematischen Auffassung qualitativ verschieden ist. An jedem Punkte ist eine andere

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Qualität vorhanden. Ich kann die Fläche, die ich dadurch herausbekomme , nicht so auffassen , wie eine abstrakte euklidische Ebene etwa, sondern wie eine in sich differenzierte Fläche. Und wenn ich daraus durch Rotieren Körper bilde, so würde ich bekom­men in sich differenzierte Körper *

Wenn Sie dasjenige bedenken, was ich gestern gesagt habe, daß die Cassinische Kurve zu gleicher Zeit die Kurve noch anzeigt, in der sich ein Punkt bewegen muß im Raume, damit er, wenn er von Punkt A beleuchtet ist, in Punkt B stets denselben Glanz zeigt (Fig. 10, S. 175); wenn Sie also bedenken, daß in der Tat von der Konstanz, die dieser Kurve zugrunde liegt, hier ein Zusammenhang in der Lichtwirkung hervorgeht, so können Sie sich denken, daß geradeso , wie hier aus dem Zusammenhang der Konstanten eine gewisse Lichtwirkung hervorgeht , man sich auch denken kann , daß ein System von Lichtwirkungen folgt, wenn ich zur Variabilität der ersten Ordnung eine Variabilität der zweiten Ordnung hinzufüge. Sie können sich also tatsächlich hier einen Übergang vom Quanti­tativen ins Qualitative aus der Mathematik heraus selber bilden .

Diese Erwägungen muß man eben anstellen, wenn man, was doch nicht aufgegeben werden darf, einen Übergang finden will vom Quantitativen ins Qualitative. Denn man kann jetzt ausgehen von dem, was man da eigentlich tut, indem man eine Funktion bil­det innerhalb der Variabilität der zweiten Ordnung in Abhängigkeit von einer Funktion innerhalb einer Variabilität erster Ordnung - der Ausdruck hat nichts zu tun mit dem Ausdruck «Ordnung», wie man ihn sonst vielfach gebraucht; wir verstehen uns ja wohl, da ich die Sa­che vom Ursprung aus erläutert habe. - Wenn man diesen Zusammen­hang zwischen dem, was ich da erste und zweite Ordnung genannt habe, ins Auge faßt, dann wird man nach und nach dazu kommen, einzusehen, daß unsere Gleichungen anders gebildet werden müs­sen, je nachdem man ins Auge faßt, was zum Beispiel bei einer gewöhnlichen Körperoberfläche zwischen der Körperoberfläche und unserem Auge liegt, und demjenigen, was hinter der Körperober­fläche liegt. Denn ein ähnliches Verhältnis wie das hier zwischen der Variabilität der ersten Ordnung und der Variabilität der zweiten

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Ordnung besteht zwischen dem, was ich zu berücksichtigen habe zwischen mir und der Oberfläche eines ganz gewöhnlichen Körpers, und demjenigen, was hinter der Körperoberfläche liegt. So zum Bei­spiel, wenn einmal der Versuch gemacht werden muß, die sogenann­te Reflexion des Lichtstrahles zu durchschauen , die einfach dadurch beobachtet wird, daß ich eine spiegelnde Fläche habe, also ein Vor­gang, der sich zunächst abspielt zwischen mir und der Körperober­fläche. Wenn ich das so durchschaue, daß ich es fasse als einen Zu­sammenfluß von Gleichungen, die zwischen mir und der Oberfläche eines Körpers in einer Variabilität erster Ordnung abfließen, und jetzt in diesem Zusammenhang das, was hinter der Oberfläche wirkt, damit die Reflexion zustande kommt, als Gleichung der Va­riabilität der zweiten Ordnung betrachte, dann werde ich ganz an­dere Formeln herausbekommen , als diejenigen sind , die man gegen­wärtig nach rein mechanischen Gesetzen durch Weglassung von Schwingungsphasen und so weiter für die Reflexions- und Bre­chungsgesetze anwendet .

Dadurch wird man in die Möglichkeit kommen, eine Mathe­matik zu schaffen , die mit den Realitäten wirklich rechnen kann . Und das muß im Grunde geschehen , wenn man gerade auf dem Ge­biet der astronomischen Erscheinungen wiederum zu Erklärungen kommen will. Denn in bezug auf die äußere Welt haben wir vor uns dasjenige, was gewissermaßen zwischen der Oberfläche der Erden-körper und uns sich abspielt . Wenn wir die Himmelserscheinungen betrachten , irgendeine Venusschleife oder so was , so haben wir vor uns , wenn wir den gewöhnlichen Tatbestand betrachten, auch et­was , was zwischen uns und irgend etwas anderem sich abspielt. Nur haben wir vor uns dasjenige, was sich so verhält, wie sich dasjenige verhält , was hinter der Sphäre liegt , zu dem , was im Mittelpunkt liegt. Wir müssen also immer, wenn wir auf Himmelserscheinun­gen hinsehen, uns klarmachen , daß wir sie nicht bloß nach dem System der Zentralkräfte betrachten können, sondern daß wir sie be­trachten müssen nach dem System, welches zu dem System der Zen­tralkräfte sich so verhält. wie die Kugelsphäre zum Radius sich verhält .

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Also, wollen wir überhaupt zu einer Erklärung der Himmels­erscheinungen kommen , so müssen wir nicht die Berechnungen so anstellen , daß wir sie zum Abbild derjenigen Berechnungen ma­chen, die die Mechanik anwendet, indem sie die Zentraikräfte aus­bildet, sondern wir müssen sie so machen, daß diese Berechnungen, das ganze Figurale auch , sich zur Mechanik verhalten wie die Sphäre zum Radius. Dann wird sich schon ergeben, und darüber wollen wir das nächste Mal sprechen, daß wir nötig haben erstens die Denk­weise der Mechanik und der Phoronomie , die es im wesentlichen mit Zentralkräften zu tun hat, und daß wir zweitens hinzufügen müssen zu dem ein anderes System, dasjenige System, das es zu tun hat mit rotierenden Bewegungen, mit scherenden Bewegungen und mit de­formierenden Bewegungen. Erst dann, wenn wir ebenso berück­sichtigen das meta-mechanische , das meta-phoronomische System für die rotierenden, für die scherenden, für die deformierenden Bewegungen , wie wir heute berücksichtigen das System der Mecha­nik und der Phoronomie für die Zentralkräfte, für die zentralen Be­wegungserscheinungen , dann werden wir zu einer Möglichkeit kom­men, aus demjenigen, was uns empirisch vorliegt, eine Erklärung der Himmelserscheinungen gewinnen zu können.

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ELFTER VORTRAG Stuttgart, 11. Januar 1921

Es werden jetzt durch die vorhergehenden Betrachtungen die we­sentlichsten Vorbedingungen geschaffen sein, um nun einiges von Himmelserscheinungen und auch von physikalischen Erscheinungen zu betrachten, natürlich nur von einem gewissen Gesichtspunkte aus. Wir haben ja den großen, bedeutsamen Gegensatz in der Men­schennatur charakterisiert zwischen der Organisation des Hauptes und der Organisation des Stoffwechselsystems, zu dem dann auch die Gliedmaßen zu rechnen sind. Dabei muß man, wie Sie ja leicht be­greifen werden, von der tierischen Organisation absehen. Wir haben gesehen, daß, wenn wir den Menschen hinordnen wollen auf den Kosmos, wir zuzuordnen haben dasjenige, was Stoffwechselsystem ist, dem Erdhaften, demjenigen also, was sich zum Menschen ver­hält in einer Radialrichtung. Wir haben ferner gesehen, daß wir der Hauptesbildung zuzubeziehen haben alles dasjenige, was der Sphäre entspricht, was also gewissermaßen seine Wirkungslinien von der Sphäre nach dem Mittelpunkt der Erde hin so lenkt, wie der Radius in seinem Verlauf Wirkungslinien, die von ihm ausgehen, nach seiner Umgebung lenkt (Fig. 4 und 3, S.188 und 187). Wir haben uns das veranschaulicht an der Konstruktion der ausgesprochenen Röhren-knochen und an der Konstruktion des sphärenartigen oder Sphären­segmentartigen Schädelknochens.

Wenn wir nun diesen Unterschied ins Auge fassen, dann müssen wir ihn ja zunächst beziehen auf dasjenige, was uns im Zusammen­hang zwischen Erde und Himmelssphäre erscheint. Sie wissen ja alle, wie das wissenschaftliche Bewußtsein heute sich unterscheidet von dem, was der naive Mensch, der etwa gar nicht berührt ist von ir­gendwelchen Schulerkenntnissen, hält von dem Aussehen der Sphä­re, von den Bewegungen der Sterne über die Sphäre hin und so weiter. Und Sie wissen, daß das letztere ja bezeichnet wird als der «scheinbare Aspekt» unseres Himmelsgewölbes. Sie wissen, daß dem gegenübertritt dann ein Bild, ein Weltenbild, welches in einer sehr

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komplizierten Weise durch Interpretation der scheinbaren Bewe­gungen und so weiter zustandekommt und das man gewöhnt ist in der Form, in der es sich aus dem großen Umschwung in den An­schauungen seit der kopernikanischen Zeit herausgebildet hat, der Betrachtung der Himmelserscheinungen zugrunde zu legen.

Es ist sich ja wohl heute jeder darüber klar, daß dieses WeIte nbild nicht der absoluten Wirklichkeit entsprechen kann, daß man also nicht etwa sagen kann, dasjenige, was uns da entgegentritt zum Bei­spiel als Planetenbewegungen oder als Verhältnis der Sonne zu den Planeten, sei die wahre Gestalt des dabei Zugrundeliegenden, und dasjenige, was das Auge sieht, sei eben nur das Scheinbare. Aufdie­sem Standpunkte dürfte wohl heute kaum irgendein Urteilsfähiger stehen. Aber ein solcher wird doch das Gefühl haben, daß man sich von einem Schein bilde, das durch allerlei Illusionsursachen in der Betrachtung hervorgerufen wird, mehr dem wahren Bilde nähert, indem man vorschreitet von diesem doch tatsächlich und sachlich zu beobachtenden Bilde zu dem, was die rechnende, beobachtende Astronomie daraus interpretierend macht.

Nun handelt es sich darum, ob es wirklich für eine umfassende Betrachtung der Naturerscheinungen auf diesem Gebiete tunlich ist, nur diejenige Art von Interpretation zugrunde zu legen zur Ausge­staltung eines Weltbildes, die gewöhnlich zugrunde gelegt wird. Sie haben ja schon gesehen, es wird dabei eigentlich nur dasjenige zugrunde gelegt, was sich gewissermaßen dem Kopfmenschen er­gibt; was gewissermaßen der Aspekt ist, den sich das Beobachtungs­vermögen des Menschen, auch das bewaffnete Beobachtungsvermö­gen des Menschen macht. Aber wir haben auf die Notwendigkeit hingewiesen, zu einer umfassenderen Interpretation dieses Welt-bildes zu Hilfe zu nehmen alles dasjenige, was überhaupt vom Men­schen gewußt werden kann; gewußt werden kann einerseits durch die Betrachtung seiner Gestalt. Wir haben zu diesem Zwecke hervor­gehoben, wie man nach einer wahren Metamorphosenlehre diese Gestalt des Menschen zu betrachten hat. Andererseits haben wir auch hervorgehoben, daß zu Rate gezogen werden muß die Ent­wickelung des Menschen und die Entwickelung der Menschheit, und

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daß man eigentlich erst dann über gewisse Erscheinungen am Him­mel eine Aufklärung erwarten kann, wenn man eben so weit geht in der Zuhilfenahme desjenigen, was man vom Menschen wissen kann, zur Interpretation der Himmelserscheinungen. Indem wir das vor­aussetzen, was wir in Anlehnung an die menschliche Gestalt und menschliche Entwickelung gewissermaßen wie eine qualitative Ma­thematik uns angeeignet haben, wollen wir nunmehr ausgehen von dem, was sich zunächst der äußeren Betrachtung als sogenanntes Scheinbild darbietet, und wollen dann versuchen, von diesem Scheinbilde aus die Frage zu stellen, wie der Weg nun sein könne zur entsprechenden Wirklichkeit.

Da wollen wir zunächst uns die Frage vorlegen: Was bietet sich uns nach der Empirie, nach der Beobachtung, also gewissermaßen nach dem Augenschein - wir können ja nur versuchen, dasjenige, was der Augenschein darbietet, dann gewissermaßen auszufüllen mit dem, was die ganze menschliche Organisation nach Morphologie und Entwickelung darbietet -, was bietet uns zunächst der Augen­schein, wenn wir diejenigen Sterne betrachten, die man gewöhnlich Fixsterne nennt? Ich wiederhole wohl jetzt für die meisten gut Be­kanntes, aber wir müssen uns dieses gut Bekannte vergegenwärtigen, weil wir nur dadurch, daß wir die entsprechenden Beobachtungs-resultate zusammenhalten, dann zu Begriffen fortschreiten können.

Was bietet uns die Bewegung der sogenannten Fixsterne? Da müssen wir natürlich längere Zeiträume zu Hilfe nehmen, denn in kurzen Zeiträumen ist es ja so, daß der Fixsternhimmel im wesent­lichen Jahr für Jahr dasselbe Bild darbietet. Erst dann, wenn längere Zeiträume ins Auge gefaßt werden, stellt sich heraus, daß allerdings über diese längeren Zeiträume hin der Firsternhimmel keineswegs dieses gleichmäßige Bild darbietet, daß er in seiner ganzen Konfigu­ration sich verändert. Nun, wir wollen uns nur von einem Punkte ausgehend etwa diese Veränderung vor Augen stellen, denn dasjeni­ge, was ein Gebiet darbietet, bieten ja in dieser Beziehung auch die anderen Gebiete dar. Nehmen Sie einmal diese Sternzusammen-häufung, die Sie gut kennen, den «Großen Bären» oder den «Wagen» am nördlichen Himmel. Diese Sternzusammenhäufung, sie sieht

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heute so aus (Fig. 1). Wenn Sie sich bekanntmachen mit den Be­obachtungen, welche die kleinen Verschiebungen der sogenannten

#Bild s. 204a

Fixsterne liefern, die aber durchaus auch übereinstimmen mit dem­jenigen, was Sternkarten, die den älteren Zeiten angehören, dar-bieten, obwohl sie nicht immer ganz verläßlich sind, und wenn Sie durch Summierung dieser kleinen Verschiebungen diese Stern­zusammenhäufung für einen sehr weit zurückliegenden Zeitraum errechnen, so sieht sie so aus (Fig. 2). Sie sehen, die einzelnen soge­nannten Fixsterne haben sich wesentlich verschoben; das ganze Sternbild hat, wenn man es ausrechnet nach den kleinen Verschie­bungen für einen Zeitraum, der etwa 50000 Jahre hinter unsere Zeit zurückrückt, so ausgesehen.

#Bild s. 204b

Wenn wir die Verschiebungen, die wir konstatieren können, wei­ter summieren für die Folgezeit, wenn wir also voraussetzen, was ja durchaus eine zuverlässige Annahme ist, daß die Verschiebungen in demselben Sinn, oder wenigstens annähernd demselben Sinn, sich weiter vollziehen, dann wird in weiteren 50000 Jahren das

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Sternbild etwa so aussehen (Fig. 3). Und geradeso wie dieses Stern­bild, das wir nur als ein Beispiel vor uns hinstellen wollen, sich so im Lauf der Jahre verändert, so verändern sich auch die anderen Stern­bilder. Wenn wir uns in seiner heutigen Gestalt den Tierkreis auf­zeichnen, so müssen wir durchaus uns klar sein, daß dieses ganze figurale Gebilde des Tierkreises, insofern wir rechnend interpre­tieren und die Zeit überhaupt in unsere Rechnung einbeziehen, eigentlich im Laufe der Zeit ein anderes Aussehen annimmt. Wir sehen also, wir haben die Sphäre so zu betrachten, daß sie sich gewissermaßen innerlich verändert, daß sie fortwährend, wenn auch dieses «fortwährend» natürlich in kleinen Zeitabschnitten nicht beobachtet werden kann, eine andere Konfiguration in bezug auf den Aspekt des Sternhimmels, der sich uns in den Firsternen dar­bietet, zeigt. Die Beobachtungen können hier selbstverständlich zu­nächst nicht sehr weitgehend sein in bezug auf dasjenige, was wir für ihre Interpretation tun können, obwohl, wie einige von Ihnen wissen werden, gerade neuere physikalische Versuchsanordnungen gemacht worden sind, die es ermöglichen, auch die Bewegungen des Sternes, die in der Visierlinie liegen, also Bewegungen von uns weg und zu uns hin, zu konstatieren. Es bleibt aber doch eine große Schwierigkeit selbstverständlich immer übrig, dasjenige, was da eigentlich als der fortwährende Aspekt des Sternenhimmels sich dar­bietet, zu interpretieren. Es wird sich allerdings im weiteren Verlauf unserer Betrachtungen zeigen, inwiefern diese Interpretation irgend-einen menschlich bedeutungsvollen Wert haben könnte.

Nun, nachdem wir auf diese Weise gesehen haben, welches die Bewegungen der Fixsterne sind, wollen wir einmal nach der Bewe­gung der planetarischen Sterne fragen. Diese Bewegung der planeta­rischen Sterne, so wie sie sich uns darbietet, die zeigt allerdings einige Komplikationen. Die beobachtbare Bewegung ist so, daß man den Planeten, wenn man seine Bahn, soweit sie sichtbar ist, ver­folgt, in einer Kurve sich bewegen sieht, die aber eine merkwürdige Gestalt annimmt, für die einzelnen Planeten verschieden und auch bei ein und demselben Planeten nacheinander verschieden, und die zunächst dasjenige ist, an das wir uns zu halten haben. Nehmen

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wir zum Beispiel den Planeten Merkur. Er zeigt uns gerade dann, wenn er am meisten in unserer Nähe ist, eine merkwürdige Gestal­tung seiner Bahn. Gewissermaßen kommt er am Himmel in einer bestimmten Richtung daher. Wir sehen ihn in dieser Weise sich be­wegen (Fig. 4), wenn wir ihn, da wo er sichtbar ist, täglich studieren. Dann aber wendet er sich um, bildet eine Schleife, und geht dann

#Bild s. 206a

wiederum so fort. Diese Schleife bildet er einmal während einesJah­res. Das Phänomen ist zu beobachten beim Merkur gewöhnlich im Beginn des Jahres, und es ist dasjenige, was wir zunächst für die Be­obachtung eben die Merkurbewegung nennen können. Die übrige Bahn ist einfach, nur an der einen Stelle zeigt er diese Schleife. -Wenn wir zur Venus gehen, so zeigt uns diese eine ähnliche Erschei­nung, nur etwas anders gestaltet. Sie bewegt sich so (Fig. 5), wendet sich dann um und geht so weiter. Wiederum finden wir nur eine

#Bild s. 206b

einzige Schleife im Laufe desJahres, und zwar auch wiederum dann, wenn uns der Planet, wie man eben nach anderen astronomischen Begriffen

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annehmen muß, am nächsten steht. - Wenn wir zum Mars ge­hen, so hat er auch eine ähnliche Bahn, nur ist sie mehr abgeflacht. Wir können die Bahn des Mars etwa so zeichnen (Fig. 6). Sie sehen, die Schleife ist hier mehr zusammengedrückt, aber man hat es auch

#Bild s. 207a

mit einer Schleife, mit einer Schleifenerscheinung zu tun. Wir fin­den aber auch seine Bahn, oder die der anderen Planeten, oft so ge­staltet, daß die Schleife sich förmlich aufgelöst hat; sie ist so abge­flacht, daß sie sich aufgelöst hat. Es ist also, könnte man sagen, nur eine schleifen-ähnliche Bahn (Fig. 7). - Wenn wir dann absehen von den ja auch immerhin interessanten kleinen Planeten und betrach­ten den Jupiter oder den Saturn, so finden wir, daß auch diese bei­den Planeten dann diese Schleife oder schleifenähnliche Bahn (wie Mars) ziehen, wenn sie der Erde besonders nahe sind, und nur ein­mal während des Jahreslaufes. Also, sie bilden im allgemeinen im Jahre eine einzige Schleife.

#Bild s. 207b

Nun haben wir da also zunächst von Firsternen gewisse Bewegun­gen uns vorzuhalten und dann die Bewegungen von Planeten; von Fixsternen solche Bewegungen, die ganz offenbar Riesenzeiträume umfassen, wenn wir unsere Zeitvorstellungen zugrunde legen; von Planeten solche Bewegungen, welche das Jahr oder Teile eines Jahres umfassen, und welche uns durch eine kurze Zeit eben ganz merk­würdige Abweichungen von ihrer sonstigen Bahn in Schleifenlinien

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zeigen. Die Frage entsteht nun: Was sollen wir aus diesen zwei Arten von Bewegungen machen? Wie können wir zu einer Interpre­tation zum Beispiel dieser Schleifenbewegung kommen? Das ist ja in der Tat die große Frage. Und es kann nur die folgende Erwägung dazu führen, irgendeine Interpretation dieser Schleifenbewegung zu finden.

Sehen Sie, bei unserer menschlichen Beobachtung liegt ja das in durchgreifender Weise vor, daß wir in einer ganz anderen Art uns verhalten zu demjenigen, was unser eigener Zustand ist, und dem. jenigen, was nicht unser eigener Zustand ist, was also gewisser­maßen, abgesehen von uns, außer uns sich abspielt. Sie brauchen sich ja nur daran zu erinnern, welch gewaltiger Unterschied ist zwi­schen der Art, wie Sie sich verhalten zu irgendeinem Objekt der sogenannten Außenwelt und zu einem Objekt in Ihrem eigenen Innern, das Sie gewissermaßen miterleben. Wenn Sie irgendeinen Gegenstand vor sich haben, so sehen Sie ihn, beobachten Sie ihn. Dasjenige, in dem Sie leben, Ihre Leber, Ihr Herz, die Sinnesorgane selber zunächst, das können Sie nicht beobachten. Dieser Gegensatz ist aber auch vorhanden, wenn auch nicht in demselben scharfen Maße, in bezug auf Zustände, in denen wir uns in der Außenwelt befinden. Wenn wir selber in Bewegung sind, können wir, wenn es möglich ist, unbewußt zu bleiben über dasjenige, was wir zu dieser Bewegung unternehmen müssen, von dieser Bewegung selbst nichts wissen und können dann unsere Eigenbewegung unberücksichtigt lassen gegenüber äußeren Bewegungen; wir können uns gewisser­maßen, trotzdem wir bewegt sind, als in Ruhe befindlich ansehen und nur die äußere Bewegung ins Auge fassen. Das ist ja dasjenige, was im wesentlichen der Interpretation der Bewegung der Himmels-erscheinungen zugrunde gelegt worden ist. Sie wissen, es ist gesagt worden, daß der Mensch ja selbstverständlich, indem er auf einem Punkt der Erde steht, die Bewegung des betreffenden Punktes auf dem Parallelkreis im Raum durchaus mitmacht, aber nichts davon weiß, sondern im Gegenteil dasjenige, was außer ihm geschieht, als eine entgegengesetzte Bewegung sieht. Und von diesem Prinzip hat man ja in ausgiebigster Weise Gebrauch gemacht. Nun fragt es sich,

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wie dieses Prinzip eventuell sich modifizieren könnte, wenn wir dar­auf Rücksicht nehmen, daß wir ja in der menschlichen Organisation eine wirkliche Polarität haben: daß wir organisiert sind als Stoff­wechselmensch, wenn ich mich des Ausdrucks bedienen darf, im radialen Sinn, und daß wir orientiert sind als Hauptesmensch im Sphärensinn. Wenn nun unserer Eigenbewegung das zugrunde lie­gen würde, daß wir uns in verschiedener Weise verhalten würden in bezug auf den Radius und in bezug auf die Sphäre, dann würde das sich irgendwie bemerklich machen müssen in demjenigen, was uns in der Außenwelt erscheint.

Nun stellen Sie sich einmal vor, daß dieses, was ich jetzt gesagt habe, irgendeine reale Bedeutung hätte, daß Sie zum Beispiel sich selber bewegen würden in der folgenden Weise (Fig. 8), so daß Sie

#Bild s. 209

selber eine Lemniskate beschreiben. Aber nehmen wir zu gleicher Zeit an, daß Sie die Lemniskate nicht so beschreiben, sondern daß in einer gewissen Weise durch Variabilität der Konstanten die Lemnis­kate in der Weise entsteht, daß der untere Ast sich nicht schließt, so daß die Lemniskate diese Form hat (Fig. 9). Nehmen Sie an, daß also gewissermaßen eine Lemniskate entsteht, die durch die Variabilität, die Variation der Konstanten nach der einen Seite hin offen ist, dann werden Sie in dieser Kurve, die durchaus mathematisch denk­bar ist, etwas haben, was, wenn Sie es in der richtigen Weise in die

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menschliche Gestalt einzeichnen, Sie in diese menschliche Gestalt durchaus hereinbringen. Nehmen Sie einmal an, das hier wäre die Erdoberfläche (Fig. 10). Wir würden in irgendeiner Weise im Ver­hältnis zur Erde dasjenige zu zeichnen haben, was durch die Glied­maßennatur geht, was in irgendeiner Weise sich wendet, durch die Kopforganisation geht und wiederum zurückgeht in die Erde. Dann

#Bild s. 210

könnten Sie in die menschliche Natur, in die menschliche Organisa­tion eine solche offene Lemniskate einzeichnen, und wir würden sa­gen können: Es gibt in der menschlichen Organisation eine solche offene Lemniskate. Nun entsteht aber die Frage, ob es eine reale Bedeutung hat, von einer solchen offenen Lemniskate in der menschlichen Natur zu sprechen.

Es hat eine Bedeutung, denn man braucht nur die menschliche Natur wirklich morphologisch zu studieren, und man wird finden, daß diese Lemniskate so oder etwas modifiziert in vielfacher Weise in die menschliche Natur eingeschrieben ist. Man verfolgt nur die Dinge nicht in wirklich systematischer Weise. Aber ich rate Ihnen, versuchen Sie einmal - wie gesagt, hier sollen ja zunächst nur An­regungen gegeben werden, und es sollte durchaus sehr emsig wissen­schaftlich nach dieser Richtung gearbeitet werden -, versuchen Sie einmal, Untersuchungen darüber anzustellen, welche Kurve ent­steht, wenn Sie die mittlere Linie der linken Rippe zeichnen, über den Anschluß der Rippe hinausgehen in den Rückenwirbel, da sich drehen und wiederum zurückgehen (Fig. 11). Bringen Sie in An­schlag, daß der Wirbel eine wesentlich andere innere Struktur aufweist

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als die Rippen, und bringen Sie in Anschlag, daß das bedeutet, daß bei diesem Beschreiben der Linie Rippe-Wirbel-Rippe, natürlich nicht nur quantitativ, sondern qualitativ, innere Wachstumsverhält­nisse in Betracht kommen, dann werden Sie die Morphologie dieses ganzen Systems verstehen durch die Lemniskate, durch die Schlei­fenbildung. Sie werden, je mehr Sie hinaufgehen zur Kopforganisa­tion, notwendig haben, starke Modifikationen dieser Lemniskate vorzunehmen. Es wird ein gewisser Punkt eintreten, wo Sie genötigt sind, dasjenige, was ja schon vorbereitet ist in der Bildung des Brust-beines, das Zusammengehen der beiden Bögen hier (Fig. 11),

#Bild s. 211

sich eigentlich als verwandelt zu denken, aber Sie bekommen eine Metamorphose, eine Modifikation dieser Lemniskatenbildung, wenn Sie zum Haupte hinaufgehen. Und Sie bekommen, wenn Sie gewissermaßen studieren die gesamte menschliche Figur in dem Gegensatz von Sinnes-Nervenorganisation und Stoffwechsel-Orga­nisation, eine nach unten auseinandergehende und nach oben sich schließende Lemniskate. Sie bekommen auch Lemniskaten, nur sind die Lemniskaten eben sehr modifiziert, die eine Hälfte durch die eine Schleife ist außerordentlich klein, wenn Sie den Weg verfolgen, der genommen wird von Zentripetalnerven durch das Zentrum zum Ende der Zentrifugalnerven. Sie bekommen überall eingeschrieben, wenn Sie die Dinge sachgemäß verfolgen, gerade in die menschliche Natur in einer gewissen Weise diese Lemniskate.

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Und wenn Sie dann beim Tiere die tierische Organisation im ausgesprochen horizontalen Rückgrat nehmen, so werden Sie fin­den, daß diese tierische Organisation sich von der menschlichen Or­ganisation dadurch unterscheidet, daß diese Lemniskaten, diese nach unten offenen Lemniskaten oder auch etwas geschlossenen Lemniskaten, beim Tier wesentlich weniger Modifikationen auf­weisen als beim Menschen, namentlich aber auch, daß die Ebenen dieser Lemniskaten beim Tier immer parallel sind, während sie beim Menschen schiefe Winkel miteinander einschließen.

Hier liegt ein ungeheures Arbeitsfeld, ein Arbeitsfeld, welches uns darauf hinweist, das morphologische Element immer weiter und weiter auszubauen. Erst wenn man auf solche Dinge kommt, ver­steht man diejenigen Menschen, die es ja immer gegeben hat, wie Moriz Benedikt, den ich ja öfter schon erwähnt habe, der auf vielen Gebieten schöne Intentionen gehabt hat, ganz schöne Gedanken gehabt hat. Er bedauerte ungeheuer - Sie können das in seinen Lebenserinnerungen nachlesen -, daß so wenig die Möglichkeit vor­handen ist, zu Medizinern von einem mathematischen Gesichts­punkte aus, mit mathematischen Anschauungen, zu sprechen. Im Prinzip ist das durchaus berechtigt, nur muß man natürlich die Sache eigentlich erweitert denken, so daß man zu sagen hat, daß einem die gewöhnliche Mathematik, welche im wesentlichen die starren Linienformen zugrunde legt, und darauf aus ist, mit dem starren euklidischen Raum zu rechnen, einem wenig helfen würde, wenn man sie anwenden wollte auf die organischen Bildungen. Allein dann, wenn man sich dadurch hilft, daß man gewissermaßen in die mathematischen Gebilde, die geometrischen Gebilde selbst Leben hineinbringt dadurch, daß man dasjenige, was in einer Glei­chung auftritt als unabhängige Veränderliche und abhängige Ver­änderliche, wiederum in einer gesetzmäßigen Weise innerlich verän­derlich denkt, so wie in dem Prinzip, das wir gestern hervorheben konnten bei der Gassinischen Kurve selber: Variabilität der ersten Ordnung und Variabilität der zweiten Ordnung; wenn man sich in dieser Weise hilft, werden ungeheure Möglichkeiten eröffnet. Das ist im Grund genommen schon angedeutet in den Prinzipien, die

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man anwendet, wenn man etwa eine Zykloide oder eine Cardioide und so weiter beschreibt, wenn man nur auch da nicht mit einer gewissen Starrheit vorgeht.

Wenn man gewissermaßen dieses Prinzip der innerlichen Beweg­lichkeit des Beweglichen selbst anwendet auf die Natur und ver­sucht, dieses Bewegende des Beweglichen in Gleichungen hineinzu­bringen, so ist es möglich, mathematisch hineinzukommen in das Organische selber. So daß man wird sagen können - es ist durchaus eine Möglichkeit, dies so auszusprechen -: Die Voraussetzungen des starren, in sich unbeweglichen Raumes führen einen zum Begreifen der unorganischen Natur; wenn man übergeht zu dem in sich be­weglichen Raum oder auch zu Gleichungen, deren Funktionalität in sich selber eine Funktion darstellt, dann kann man auch den Über­gang finden zu der mathematischen Auffassung des Organischen. Und das ist ja eigentlich der Weg, welcher, der Gestalt nach wenig­stens, begleiten muß die ja sonst wertlosen, aber dadurch, daß man sie so begleitet, außerordentlich zukunftsicheren Untersuchungen, die heute angestellt werden über die Übergangsformen des Un­organischen in das Organische.

Und nun bitte ich Sie, nehmen Sie diese Tatsache, die Tatsache des Vorhandenseins der Schleifentendenz im menschlichen Organis­mus, und vergleichen Sie das mit demjenigen, was da allerdings zunächst in einer mehr irrationalen Form einem entgegentritt in den Bewegungsformen der Planeten, dann werden Sie sich sagen kön­nen: In dem, was man gewöhnlich die scheinbaren Bewegungen der Planeten nennt, ist in einer ganz merkwürdigen Art an den Himmel gezeichnet in Bewegungsformen dasjenige, was eine Gestalrform, eine Grund-Gestalrform im menschlichen Organismus ist. Und wir haben zum mindesten zunächst zuzuordnen die Grund-Gestalrform im menschlichen Organismus diesen Erscheinungen am Himmel. Wir werden jetzt uns sagen können: Wenn wir die Schleife betrach­ten, so ist es ja so, daß diese Schleife sich immer dann zeigt, wenn der Planet in Erdnähe ist. Jedenfalls zeigt diese Schleife sich, wenn wir selbst in bezug auf unsere Stellung auf der Erde in einem beson­deren Verhältnis sind zu dem Planeten. Wenn wir einfach die Stellung

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der Erde im Jahreslauf der Erde und unsere eigene Stellung auf der Erde in Erwägung ziehen, dann finden wir - natürlich muß dann das zurückbezogen werden auf unser Bildungsleben, dasEmbryonal­leben, das ist ja selbstverständlich -, wie wir abwechseln zwischen einer Lage, in der wir uns so zum Planeten befinden, daß wir unser Haupt seiner Schleife zuwenden, und einer Lage, in der wir wieder­um aus der Schleife herausgehen und das Haupt zuletzt von der Schleife abwenden. Wir stehen also zum Planeten so, daß wir unsere Bildung aussetzen einmal seiner Schleife, einmal seiner übrigen Bahn. Dann können wir zuordnen eben dasjenige, was mehr nach unserem Haupte zu gelegen ist, der Schleife, dasjenige, was mehr unserem übrigen Organismus zugehört, dem, was als Bahn außer­halb der Schleife liegt.

Und nehmen Sie jetzt zu diesem dazu das, was ich sagte. Ich sagte Ihnen in bezug auf das morphologische Verhältnis des Röhren­knochens zum Schädelknochen: Versuchen Sie, wie Sie dieses mor­phologische Verhältnis zeichnen müssen. Sie müssen es so zeichnen, daß Sie hier den Radius haben durch den Röhrenknochen, und Sie müssen dann, indem Sie zum Schädelknochen übergehen, diese Wendung machen (Fig. 12). Projizieren Sie diese Wendung im Zusammenhang

#Bild s. 214

mit der Erdenbewegung auf den Himmel hinaus, so bekommen Sie ja eben eine Schleife und die übrige Bahn des Pla­neten. Wir können also nicht anders, wenn wir einen Sinn haben für eine morphologische Betrachtungsweise im höheren Sinne, wir kön­nen nicht anders, als die menschliche Gestalt dem Planetensystem zuzuteilen.

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Und gehen wir jetzt an die Bewegung der Fixsterne heran. Diese Bewegungen der Fixsterne, die werden natürlich für die einzelnen menschlichen Bewegungen wenig in Betracht kommen, aber wenn Sie die Entwickelung der Menschheit auf der Erde betrachten und alles dasjenige ins Auge fassen, was wir in diesen Tagen hier gesagt haben von der Beziehung der Sphäre zu der menschlichen Hauptes­bildung, dann werden Sie nicht anders können, als die Metamor­phose des Himmelsaspektes in irgendeinen Zusammenhang zu brin­gen mit der Metamorphose der Menschheitsentwickelung in geistig­seelischer Beziehung. Da wölbt sich die Sphäre über uns, breitet nur denjenigen Teil der Bewegungen aus, der hier bei den Planeten der Schleife entspricht, zunächst sogar nur einem Teil der Schleife ent­spricht (Fig. 13, gestrichelt). Es ist also aus den Bewegungen der Fix­sterne das weggelassen, was die übrige Bahn ist. Wir sehen da diesen

#Bild s. 215

gewaltigen Unterschied: Die Planeten müssen irgendwie zusammen­hängen mit unserem ganzen Menschen, die Fixsterne nur mit unse­rer Hauptesbildung. Und jetzt eröffnet sich uns in einer gewissen Weise ein Ausblick, wie wir die Schleife zu deuten haben:

Wir sind ja als Menschen gewissermaßen zusammen mit der Erde. Wir befinden uns an irgendeinem Punkte der Erde. Wir bewegen uns mit der Erde. Dasjenige, was sich uns nun als Projektion am Himmelsgewölbe zeigt, das müssen wir zurückführen auf diejenigen Bewegungen, die wir mit der Erde selber ausführen. Denn indem wir mit der Erde selber Bewegungen ausführen, wiederum zurückprojiziert

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auf unser Embryonalleben, unsere Embryonalzeit, entsteht dasjenige, was in uns ist, was ja durch die Bewegungskräfte sich bil­det. Und indem wir ja immer hier nach unten die Schleife eigentlich offen sehen - sie schließt sich dann ja auch nicht für den unmittel­baren Aspekt, wir würden sogar, wenn wir dieses betrachten, nicht einmal eine geschlossene Bahn bekommen, die bekommen wir erst, wenn wir den ganzen Umlauf beobachten - so haben wir die Notwen­digkeit, in den Bewegungen, die wir da eben in ihren Scheinbildern sehen, wenn wir uns der Schleife nähern, dasjenige zu sehen, was wir selber als kosmische Bewegungen ausführen im Jahreslauf. Ich sage Ihnen das, ich möchte sagen, so schnell. Sie müssen sich das in allen Einzelheiten überlegen, was ich ausgesprochen habe, und müssen versuchen, die Dinge zusammenzuhalten. Je minuziöser und je genauer Sie sie zusammenhalten, desto mehr werden Sie finden, daß sich Ihnen das ergibt, daß Sie in den planetarischen Bewegungen zunächst Abbilder haben - wir werden sehen, wie sich aann die einzelnen planetarischen Bewegungen zusammenfügen -, Abbilder derjenigen Bewegungen, die Sie mit der Erde zusammen im Jahreslauf ausführen. Wir dürfen also, wenn wir in dieser Weise den totalen Menschen zusammenfassen, seine Projektion zum Kos­mos ins Auge fassen, und dürfen als die Form der Bewegung der Erde imJahreslauf dann die Schleifenlinie oder Lemniskate ansehen. Wir müssen das natürlich in den nächsten Tagen genauer studieren, aber wir sind zunächst dahin geführt, die Bahn der Erde selber, ganz abgesehen von irgendwelchen Beziehungen jetzt zur Sonne oder zu etwas anderem, aufzufassen als eine Schleifenlinie, und dasjenige, was sich uns in den Planetenbahnen mit ihren Schleifen projiziert, haben wir aufzufassen eben als die Projektion der Erdenschleifen­bahn durch die Planeten hinaus in das Himmelsgewölbe, wenn man einen komplizierten Tatbestand so einfach ausdrücken darf. Und den Grund, warum wir da, wo sich der Planet der Schleife nähert, die übrige Bahn dann offen lassen müssen in einem verhältnismäßig kürzeren Zeitraum, den müssen wir darin sehen, daß wir ja unter gewissen Bedingungen eine geschlossene Kurve in der Projektion als eine offene erhalten können. Wenn Sie zum Beispiel aus einem

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biegsamen Stabe eine Lemniskate bilden würden, so können Sie durchaus eine solche Anordnung machen, daß Ihnen ein irgendwie geworfener Schatten so erscheint auf einer Ebene, daß Sie den un­teren Teil nicht geschlossen, sondern auseinandergehend bekom­men und den oberen Teil geschlossen, so daß also das Ganze ähnlich wird der Planetenbahn. Sie können einfach in der Schattenfigur die Ähnlichkeit mit der Planetenbahn konstruieren.

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ZWÖLFTER VORTRAG Stuttgart, 12. Januar 1921

Heute möchte ich Sie darauf hinweisen, wie sich aus diesen Betrach­tungen ein ganz bestimmtes Resultat gezeigt hat. Wir haben auf der einen Seite den Blick gewendet nach den Bewegungen der Himmels-körper, und wenn wir auch noch nicht diese Dinge konkret betrach­tet haben - wir werden es noch tun -, so werden wir doch wenigstens im allgemeinen eine Vorstellung davon bekommen haben, daß wir es eben zu tun haben mit einer bestimmten Anordnung von sich bewegenden kosmischen Körpern. Wir haben auf der anderen Seite unsern Blick gewendet nach der menschlichen Gestaltung. Wir haben ab und zu auch einen Blick auf die tierische und pflanzliche Gestaltung geworfen und werden das noch weiter tun, um diese Dinge zur Unterstützung der Sache heranzuziehen. Aber wir haben in der Hauptsache den Blick auf die Gestalt des Menschen gerichtet. Es ist uns dabei aufgegangen, daß diese Gestaltung des Menschen in einem Zusammenhang steht mit dem, was in der Bewegung der Himmelskörper sich ausdrückt - wir wollen unsere Sätze so vor­sichtig wie möglich formen.

Ich habe Sie gestern darauf hingewiesen, daß wir, wo wir auch hinsehen mögen im menschlichen Organismus, überall finden kön­nen das Gestaltungsprinzip der Schleife, wenn wir absehen davon, daß die zwei äußersten polarischen Gegensätze die des Radius und der Sphäre sind. So daß wir also im menschlichen Organismus su­chen müssen diese drei Gestaltungsprinzipien (Fig. 1): Die Sphäre mit der Wirkung nach innen zunächst; den Radius; dazwischen die Schleife, die Lemniskate. Nun werden Sie in der richtigen Weise diese Gestaltungsprinzipien des menschlichen Organismus beurtei­len, wenn Sie die Schleifenlinie, die Leruniskate in sich mit variablen Konstanten denken, wenn ich mich paradox ausdrücken darf; also wenn wir Variable denken an der Stelle, wo sonst eine Kurve in ihrer Gleichung Konstanten hat. Wir haben wohl am deutlichsten ausgesprochen diese Variabilität in demjenigen, was gewissermaßen

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das Mittelstück des menschlichen Organismus ist. Wenn wir zusam­menhalten die ganze Konstruktion von Rippenpaar und Rücken­wirbel, so haben wir zwar im Rückenwirbel die eine Hälfte der Lem­niskate in einer gewissen Weise sehr zusammengedrückt, zusammengedrängt,

#Bild s. 219a

und die andere Hälfte in dem Rippenpaar ausein­andergezogen (Fig. 2), aber das soll uns nicht darüber täuschen, daß doch als Bildungsprinzip dabei diese Leruniskate zugrunde liegt.

#Bild s. 219b

Denn wir haben einfach uns vorzustellen, daß dasjenige, was im Rip­penpaar, bei den Rippen nämlich, die sich vorne über das Brustbein zusammenschließen, geweitet ist in bezug auf den Raum, also gewis­sermaßen durch ein Dünnerwerden der Materie, beim Rückenwirbel ausgeglichen ist durch das Zusammengedrängtsein der Materie.

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Wenn wir aber nun die Gestalt des Menschen von diesem Mittel­stück gewissermaßen nach oben und nach unten betrachten, dann finden wir, daß nach oben der Rückenwirbel sich weitet, daß er also übergeht in eine große Ausweitung (Fig. 3), und daß uns gewisser­maßen die Äste der Lemniskate entschwinden, daß sie sich gewisser­maßen verkriechen in die innere Bildung, daß sie unbestimmt wer­den. Gehen wir von dem Mittelstück hier (Fig. 2) nach unten, be­trachten wir zum Beispiel den Ansatz der unteren Gliedmaßen im Becken, dann werden wir finden, daß demjenigen, was da nach un­ten sich weitet, ein Verkümmern des anderen Teiles der Schleife ent­spricht. Also, wir haben die in sich bewegliche Schleife zu denken, beherrschend das Mittelstück des Menschen, wo wir nur die Bil­dungskräfte uns dann so vorzustellen haben, daß bei der Auswei­tung eben, gewissermaßen durch das Dünnerwerden der materiellen Kräfte, die eine Hälfte der Schleife ausgeweitet wird, die andere in sich zusammengezogen wird. Wir haben uns also vorzustellen, daß von diesem Mittelstück nach aufwärts der Teil der Schleife, der zunächst im Wirbel zusammengezogen war, sich weitet und der an­dere, der nach unten offene Teil der Schleife, uns entschwindet;

#Bild s. 220

und wir haben den Fall, daß die geschlossene Schleife verkümmert nach unterhalb des Mittelstücks und daß die nach oben (nach dem Haupte) entschwindenden Teile der Schleife sich unten fortsetzen, indem sie gewissermaßen sich angliedern dem Radialen (Fig. 4).

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Sie sehen, wenn wir uns hineinfinden in die Möglichkeit, an­schaulich zu verfolgen die in sich bewegliche Lemniskate, und wenn wir das Bildungsprinzip dieser in sich beweglichen Lemniskate uns kombiniert denken mit denjenigen Kräften, die entweder sphäroidal sind oder in bezug auf die Erdenmitte radial sind, so haben wir da­mit ein System von Kräften gegeben, das wir zugrunde liegend den­ken können - Sie brauchen sich bei «Kräften» nicht irgend etwas Hypothetisches zu denken, sondern lediglich dasjenige, was in der Formung drinnen sich ausspricht -, das wir aber zugrunde liegend denken können der ganzen Formung, der ganzen Gestaltung des menschlichen Organismus.

Nun, dementsprechend finden wir auch draußen im Welten-raum in den Bewegungen der Himmelskörper eine merkwürdige Konfiguration dieser Bewegungen. Wir haben gestern gesehen, wie wir ja gewissermaßen in der Schleifenbildung der Planeten das­jenige Prinzip außer uns sehen, das in uns als Bildungsprinzip vor­handen ist. Und wenn wir verfolgen dieses Prinzip der Schleifen­bildung, so ist ja interessant, daß die Schleife beim Merkur und bei der Venus auftritt, wenn diese Planeten in unterer Konjunktion sind, also wenn sie sich zwischen die Erde und die Sonne stellen, wenn also gewissermaßen dasjenige, was die Sonne für den Men­schen ist, durch sie verstärkt wird. Wenn wir die Schleifen auf­suchen für Mars, Jupiter, Saturn, so finden wir, daß diese Schleifen auftreten in der Oppositionsstellung dieser Planeten. So daß wir also aus diesem Gegensatz der Konjunktions- und Oppositionsstellung etwas finden können, was auch entsprechen muß einem gewissen Gegensatz in den Bildungskräften des Menschen. Wenn wir uns vor­stellen, daß von Saturn, Jupiter und Mars, weil sie uns ihre Schleifen in der Oppositionsstellung zeigen, diese Schleifen eine ganz beson­dere Wirksamkeit entwickeln, als Schleifen ganz besonders tätig sind, dann werden wir diese Schleifenbildung in Beziehung zu brin­gen haben zu demjenigen im Menschen, was - bedenken Sie, es ist die Oppositionsstellung - wenig von der Sonne beeinflußt ist; wäh­rend wir, weil Venus und Merkur in der Konjunktionsstellung ihre Schleifenbildung entwickeln, diese Schleifenbildung in eine gewisse

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Beziehung bringen müssen zu demjenigen, was gerade von der Sonne oder durch dasjenige, was der Sonne zugrunde liegt, in den Bildungsprinzipien des Menschen bewirkt wird. Wir werden gewis­sermaßen uns vorzustellen haben, daß durch Venus und Merkur ver­stärkt wird die Sonnenwirkung; daß sich gewissermaßen die Sonnen-wirkung zurückzieht gegenüber den sogenannten oberen Planeten, die gerade während ihrer Schleifenbildung ausdrücken irgend etwas, was in direkter Beziehung zum Menschen steht, nicht in indirekter Beziehung.

Wenn wir uns das weiter überlegen und uns klar sind darüber, daß der Gegensatz besteht zwischen Radius und Sphäre, dann brau­chen wir nur der Form zu gedenken, die da in diesen Bewegungen zum Ausdruck kommt, und wir werden uns sagen müssen: Verwandt müssen sein Mars, Jupiter und Saturn, weil ja gerade ihre Sphären sich entsprechen da, wo sie übergehen in die Schleifenbildung, also gewissermaßen dann, wenn die Sphärenbildung hinaus sich drängt. Es müssen Saturn, Jupiter, Mars, von andern Planeten ganz abge­sehen, ihre Wirkungen äußern auf dasjenige, was beim Menschen mit der Sphärenbildung in Zusammenhang steht, also auf das Haupt; dagegen müssen, weil sie wirklich polarische Gegensätze sind, die Schleifenbewegungen von Venus und Merkur sich äußern irgendwie in demjenigen, was auch polarisch entgegengesetzt ist im Menschen der Hauptesbildung, was sich also entparallelisiert der sphärischen Bildung und parallelisiert der radialen Bildung, also in demjenigen, was da bei der Verkümmerung des einen Teiles der Schleife gewissermaßen hineinwächst in die Gliedmaßenentwicke­lung, in die radiale Entwickelung. Das müssen wir in Zusammen­hang bringen mit Venus und Merkur. Aber wir werden dann dazu geführt, uns zu sagen: Bei den oberen Planeten, die in der Opposi­tionsstellung die Schleife entwickeln, kommt es auf die Schleife an, auf die Entwickelung ihrer Intensität während der Schleifenbildung; bei den unteren Planeten, Venus und Merkur, wird es hauptsächlich darauf ankommen, daß sie wirksam sind durch dasjenige, was nun nicht die Schleife ist, was gerade der Schleife entgegengesetzt ist, also durch den übrigen Teil der Bahn. Und Sie brauchen ja nur sich

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so eine Schleife zu denken bei der Venus, wenn ich sie jetzt schema­tisch zeichne (Fig. 5), so werden Sie gut zurechtkommen, wenn Sie sich bei ihr diesen Teil so denken. daß er immer unwirksamer wird,

#Bild s. 223

je weiter das nach unten geht, das heißt, daß sich das, was sich in der Venusbahn schließt, in den Wirkungen nicht mehr schließt, sondern ins meinetwillen Parabolische übergeht, gerade durch die Verkümmerung, die in der menschlichen Gliederbildung entspricht den verkümmerten Rückenwirbeln und dergleichen, was dazuge­hört. Dieses Verkümmern entspricht gerade der Schleife der Bahn, die dadurch nicht voll festgehalten wird, die gewissermaßen nur die Richtung gibt und dann nicht festhalten kann die Richtung. Das­jenige, was sich schließt in bezug auf die Venusbahn, fällt in der menschlichen Bildung auseinander. So daß wir sagen müssen: Mit alle dem, was modifizierend dem menschlichen Gestaltungsprinzip so zugrunde liegt, daß die Metamorphose herauskommt zwischen dem Haupt und den Gliedmaßen mit dem ihnen zugeordneten Stofiwechsel, haben wir das, was im Weltenall dem Gegensatz ent­spricht zwischen Planeten mit ihren Schleifen in Konjunktions­stellung und solchen, die sie in Opposition entwickeln. Und zwi­schen beiden drinnen steht also dann die Sonne.

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Daraus aber geht uns etwas ganz Bestimmtes hervor. Es geht uns daraus hervor, daß wir auch mit Bezug auf diese qualitative Wir­kung, die wir da konstatieren, in der Sonnenbahn etwas sehen müssen, was auch der Form nach irgendwie drinnen liegt zwischen demjenigen, was uns sind die Formen der oberen Planetenbahnen und die Formen der unteren Planetenbahnen. Und Sie sehen dar­aus, daß wir zuteilen müssen dasjenige, was sich uns ausspricht in der Bahnbewegung der Sonne, all demjenigen, was beim Menschen hineinfällt in die Mitte zwischen der Hauptesbildung und der Stoff­wechselbildung, daß wir also zuteilen müssen das rhythmische Sy­stem demjenigen, was irgendwie zusammenhängt mit der Sonnen-bahn. Daraus werden Sie aber schon sehen, daß wir einen Gegensatz uns zu denken haben zwischen den Bahnen der oberen Planeten, den Bahnen der unteren Planeten und wiederum irgend etwas in der Sonnenbahn, was zwischendrinnen steht. Nun, sowohl mit Bezug auf die Sonnenbahn wie mit Bezug auf die Mondenbahn liegt ja etwas sehr Bedeutsames vor. Es liegt vor, daß weder Sonnenbahn noch Mondenbahn, wenn wir die Bewegungen der entsprechenden Himmelskörper verfolgen, Schleifenbildung zeigen. Sie haben keine Schleife. Wir müssen also in einen gewissen Gegensatz bringen das­jenige, was der Zusammenhang ist von Sonne und Mond mit dein Menschen, überhaupt mit dem irdischen Wesen, und dasjenige, was die Planetenbahnen mit ihren Schleifen sind. Die Planetenbahnen mit ihren Schleifen entsprechen offenbar demjenigen, was im Men­schen sich wirbelt, Lemniskatenform annimmt.

Wenn wir die menschliche Gestalt einfach ins Auge fassen und sie in ihrem Verhältnis zur Erde denken, werden wir gar nicht anders können als dasjenige, was in der menschlichen Gestalt radial ist, in einen ebensolchen Zusammenhang zu bringen mit der Bahn der Sonne, wie wir in einen Zusammenhang bringen dasjenige, was lemniskatisch angeordnet ist, mit der Planetenbahn.

Sie sehen, was herauskommt, wenn man den ganzen Menschen, nicht bloß das menschliche Erkenntnisorgan,in ein gewisses Verhält­nis bringt zu dem Sternenhimmel. Da kommt das heraus, daß wir in der Vertikalachse des Menschen in einer gewissen Weise werden zu

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suchen haben dasjenige, was der Sonnenbahn entspricht; daß wir werden zu suchen haben in alle dem, was lemniskatisch angeordnet ist, dasjenige, was den Planetenbahnen entspricht, den lemnis­katischen, allerdings variabel lemniskatischen Planetenbahnen. Dar­aus wird aber etwas außerordentlich Bedeutsames folgen. Wir wer­den uns vorzustellen haben, daß der Mensch durch seine Vertikale in einer Beziehung steht zur Sonnenbahn. Wo haben wir die Mög­lichkeit, jetzt an die andere Bahn zu denken, die auch nicht eine Schleife zeigt, an die Mondenbahn? Wir werden natürlich - Sie brauchen ja nur unbefangen die Bildungen auf der Erde anzu­schauen - in dem, worauf wir schon gewiesen haben, in der Linie, welche längs des tierischen Rückgrates verläuft, das der Mondbahn Entsprechende zu suchen haben. Und wir werden in dieser Tatsache, daß des Menschen Rückgratlinie der Sonnenbahn zugeteilt ist, daß des Tieres Rückgratlinie der Mondenbahn zugeteilt ist, zu suchen haben den morphologischen Unterschied des Menschen von dem Tiere.

Also gerade wenn wir aufsuchen wollen den Unterschied des Menschen von dem Tier, können wir nicht auf der Erde stehen blei­ben. Es hilft uns nichts, da eine bloß komparative Morphologie zu treiben, sondern wir müssen dasjenige, was wir in der Morphologie finden, dem ganzen Weltenall zuteilen, so daß wir also daraus auch eine Andeutung bekommen werden darüber, wie Sonnenbahn und Mondenbahn zueinander gelegen sein müssen, wenigstens zunächst perspektivisch gelegen sein müssen. Man muß sich immer ganz vor­sichtig ausdrücken. Sie müssen so gelegen sein, daß approximativ die eine Bahn auf der anderen Bahn senkrecht steht.

Wenn Sie bedenken, daß wir es also bei der menschlichen Verti­kalen, oder sagen wir besser bei demjenigen, was der Hauptlinie des menschlichen Rückgrates entspricht, zu tun haben mit etwas, was gegenüber dieser sinnvollen morphologischen Betrachtungs­weise ganz entschieden seine Zugeordnetheit zeigt zur Sonnenbahn, dann werden wir nicht anders können, als die Sonnenbahn in einen Zusammenhang zu bringen, den wir allerdings in den nächsten Stunden noch genauer werden zu definieren haben. mit demjenigen,

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was in irgendeiner Weise zusammenfällt mit dem Radius dei Erde, wobei ja die Erde Bewegungen ausführen mag, so daß sie mit vielen Radien zusammenfällt mit der Sonnenbahn. Jedenfalls gibt es eine Vorstellung, wenn wir sagen, es muß die Sonnenbahn in ihrer Richtung radial zur Oberfläche der Erde stehen. Wenn wir uns das vorstellen, so bleibt ja nichts anderes übrig, als daran zu denken, daß die Erde jedenfalls in keiner Weise eine Drehung um die Sonne ausführen kann, daß also dasjenige, was man mit vollem Recht sorg. fältig herausrechnet als die Drehung der Erde um die Sonne, ganz gewiß die Resultierende sein muß von irgendwelchen anderen Bewe. gungen.

Nun sind ja natürlich alle Einzelheiten, die dabei in Betracht kommen in bezug auf die menschliche Bildung, so kompliziert, daß die Kürze dieses Kurses nicht gestattet, Ihnen alles auszuführen. Aber wenn Sie die angedeuteten morphologischen, qualitativ-morphologischen Darstellungen ernsthaft ins Auge fassen, so wer­den Sie es der menschlichen Bildung anmerken, daß wir es zu tun haben mit einem Nachfolgen der Erde gegenüber der Sonne, gewis­sermaßen mit einem Vorauseilen der Sonne und einem Nachfolgen der Erde. Es muß sich also darum handeln, daß Erdenbahn und Son­nenbahn in einer gewissen Art zusammenfallen, daß die Erde in ei­ner gewissen Weise der Sonne nachfolgt, so daß es möglich ist, daß die Radien der Erde bei der Drehung der Erde in die Sonnenbahn hineinfallen, oder wenigstens in einer bestimmten Beziehung zu ihr stehen.

Nun können Sie ja natürlich einwenden, daß dieses alles wider­spreche demjenigen, was die gewöhnliche Astronomie sagt. Aber es ist nicht einmal der Fall, es ist in der Tat nicht einmal der Fall! Denn Sie wissen ja, daß die gewöhnliche Astronomie zu Hilfe nehmen muß, um alle Erscheinungen zu erklären, außer dem Stillestehen der Sonne in einem bestimmten Punkt, der der Brennpunkt einer Ellip­se sein soll, in der sich die Erde bewegt, auch noch eine Bewegung der Sonne nach einem bestimmten Sternbilde hin. Wenn Sie sich entsprechende Vorstellungen machen über die Richtung dieser Be­wegung, dann werden Sie schon unter Umständen aus Sonnenbewegung

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und Erdenbewegung, wie sie da konstruiert werden, wiederum eine resultierende Bahn erhalten für die Erdenbewegung, die nicht zusammenfällt mit der gedachten Ellipse, in der sich die Erde um die Sonne dreht, sondern die eine andere Gestalt hat, die also durch­aus nicht braucht so zu sein (Ellipse). Ich will Sie nach und nach auf diese Dinge hinführen, will heute nur darauf hinweisen, daß es nicht nötig ist, daß Sie das, was ich hier sage, für besonders umwälzend gegenüber der gewöhnlichen Astronomie halten. Das wichtigere ist die methodologische Betrachtungsweise, die Einordnung der menschlichen Gestalt in das ganze Bewegungssystem der Gestirne. Es handelt sich mir durchaus nicht darum, irgendwie hier eine Revo­lution der Astronomie vorzutragen. Das ist auch gar nicht besonders der Fall. Wenn Sie sich vorstellen, daß so etwas Bewegung der Erde ist (Fig. 6) und die Sonne auch eine Bewegung hat, so werden Sie

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sich leicht vorstellen können, daß, wenn die Erde hinter der Sonne nachfolgt und die Sonne sich bewegt, es nicht unbedingt notwendig ist, auch nach den gegenwärtigen astronomischen Ansichten nicht, daß die Erde hier vorbeiläuft an der Sonne, sondern daß die Erde ir­gendwie, wenn hier die Sonne schon entschlüpft ist, nachzieht in der Sonnenbahn selber. Es ist sogar möglich, wenn Sie die hypothe­tische Geschwindigkeit ins Auge fassen, die ausgerechnet ist für die Sonnenbahn, daß Sie ein sehr nettes rechnerisches Resultat heraus­bekommen, daß Ihnen die Bildung der Resultierenden aus der ange­nommenen Erdenbewegung und der angenommenen Sonnenbewegung

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allerdings eine resultierende Bewegung gibt, sogar mit einer entsprechenden Geschwindigkeit, die sich in die heutige Astrono­mie einordnen läßt. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß die Dinge, die hier vorgetragen sind, durchaus nicht ohne Be­ziehung zur gegenwärtigen Astronomie vorgetragen werden, son­dern mit einer gründlicheren Beziehung dazu, als gewisse Theorien, die man, indem man heraussondert einige Bewegungen und die an­deren unberücksichtigt läßt, eben als gewisse Theorien vorträgt. Mir kommt es nicht darauf an, hier geradezu eine Revolution der Astro­nomie Ihnen vorzutragen - ich betone das ausdrücklich, damit nicht Märchen entstehen -, sondern mir kommt es darauf an, das, was menschliche Gestaltung ist, zuzuordnen den Bewegungen der Him­melskörper, überhaupt dem ganzen System des Kosmos. Ich mache Sie im übrigen darauf aufmerksam, daß ja die Dinge durchaus nicht so einfach liegen in bezug auf das Zusammendenken der astronomi­schen Beobachtungen mit den Bahnen, die man für die Gestirne konstruiert, da ja, wie Sie aus dem zweiten Keplerschen Gesetz wis­sen, die Bahnformen wesentlich zusammenhängen mit den Radien­vektoren, das heißt mit der Geschwindigkeit, die der Radiusvektor hat. Also, die ganze Form der Bahn ist ja abhängig von der Gestal­tung des Radiusvektor. Wenn das der Fall ist, dann müssen wir auch in den Bahnformen, die uns entgegentreten, etwas sehen, worüber wir uns unter Umständen beim bloßen Aspekt Illusionen hingeben können. Denn es könnte ja durchaus sein, daß wir in demjenigen, was wir ausrechnen aus der Geschwindigkeit und wiederum aus der Länge des Radiusvektor, schon nicht ursprüngliche Größen hätten, sondern wiederum Resultierende von ursprünglichen Größen, so daß das Scheinbild, das entsteht, auf ein weiter Zurückliegendes weist.

Nun braucht man durchaus nicht einen solchen Ausspruch als etwas Besonderes anzusehen. Denn sehen Sie, wenn Sie im Sinne unserer gegenwärtigen Astronomie den Ort der Sonne zu irgend­einer Tageszeit an irgendeinem Tage ausrechnen wollen, so brau­chen Sie ja eigentlich heute mehT als bloß eine Rechnung, die etwa davon ausginge, dasjenige zugrunde zu legen, was der einfachen

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Aufstellung des Gesetzes entspricht: Es bewegt sich die Erde um die Sonne. Man hat es als besonders merkwürdig hervorgehoben, daß in der älteren Mysterien-Astronomie - nicht in der exoterischen - nicht von einer Sonne, sondern von drei Sonnen gesprochen worden ist, daß man drei Sonnen unterschieden hat. Nun, ich muß gestehen, daß ich eigentlich darin nichts besonders Auffälliges finde, denn die gegenwärtige Astronomie hat auch drei Sonnen. Sie hat die Sonne, deren Bahn sie ausrechnet als das scheinbare Gegenbild der Erden-bewegung um die Sonne. Nicht wahr, sie hat diese Sonne, deren Bahn sie ausrechnet. Sie hat dann noch eine Sonne, die eigentlich nur eine gedachte Sonne ist, durch die sie gewisse Dinge, die nicht stimmen, korrigiert. Und dann hat sie auch noch eine dritte Sonne, durch die sie die Dinge wiederum zurückkorrigiert, die dann doch noch nicht stimmen, wenn man die erste Korrektur vorgenommen hat. So daß man in der Tat auch in der gegenwärtigen Astronomie drei Sonnen unterscheidet: die wirkliche und zwei gedachte. Die braucht man, denn dasjenige, was man ausrechnet, das stimmt eben nicht für den wirklichen Sonnenort. Man muß immer korrigieren. Und das weist Sie schon darauf hin, daß wir ja auf unsere Rech­nungen nicht allzu stark bauen dürfen, daß es schon anderer Mittel bedarf, um sich adäquate Vorstellungen von den Bewegungen der Gestirne zu machen, als diejenigen sind, die aus den Rechnungsan­sätzen gegenwärtig gemacht werden.

Nun werden wir aber nicht dasjenige, was wir so, ich möchte sa­gen, an allgemeinen Vorstellungen über die Planetenbahnen bisher herausgerechnet haben, zu großer Bestimmtheit bringen können, wenn wir nicht weitergehen können in der Betrachtung der irdischen Wesen selber. Und da ist es schon notwendig, daß man sich einmal unbefangen anschaut, wie in einer gewissen Hinsicht die Reiche der Natur eigentlich zueinander stehen. Man betrachtet ja gewöhnlich diese Reiche so, daß man sie in einer geraden Linie denkt: Minerali­sches Reich, pflanzliches Reich, tierisches Reich. Ich will noch an­schließen das menschliche Reich, das ja manche nicht gelten lassen, aber das ist ja gleich. Nun fragt es sich, ob denn eine solche Anord­nung überhaupt einen Sinn hat. Diese Anordnung liegt ja vielen

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unserer gegenwärtigen Betrachtungen zugrunde, hat wenigstens in der Blütezeit der mechanistischen Naturbetrachtung zugrunde gele­gen. Gegenwärtig herrscht ja auf solchen Gebieten eine gewisse -Verzweiflung könnte man es nennen, in der Wissenschaft, aber die Denkgewohnheiten sind doch noch dieselben geblieben, wie sie vor zwanzig oder dreißig Jahren noch in voller Blüte bestanden haben. Am liebsten wäre es da den Leuten gewesen, diese Reihenfolge: Mi­neralreich, Pflanzenreich, Tierreich, Mensch so verfolgen zu kön­nen, daß das Mineralreich das einfachste wäre, dann vielleicht durch eine gewisse Kombination der Mineralstruktur die Pflanzenstruktur zu gewinnen, wiederum durch die weitere Kombination der Pflan­zenstruktur die Tierstruktur, und so bis hinauf zum Menschen. In all den Gedanken, die man entwickelt hat über Urzeugung, generatio aequivoca, in all diesen Dingen spricht sich ja die Tendenz aus, das­jenige, was beseeltes Lebendiges ist, auf das Unbeseelte, das Un­organische, Mineralische zurückzuführen. Und ich glaube, daß es heute noch viele Wissenschafter gibt, welche daran zweifeln, daß man in irgendeiner anderen Weise vernünftig den Zusammenhang in der Reihe der Naturreiche sich denken könne, als eben so, daß man dasjenige, was zuletzt im Menschen erscheint, zurückführt auf das Unorganische. In wie vielen Abhandlungen, Büchern, Vorträgen und sonstigen wissenschaftlichen Offenbarungen, die durchaus ernst und fachmännisch genommen sein wollen, finden Sie überall wie hypnotisiert den Blick darauf hingewendet, auf welche Weise ei­gentlich irgendeinmal im Naturzusammenhang aus bloß mineralisch zu betrachtenden Atomanordnungen das belebte Urwesen entstan­den sein könnte. Nun frägt es sich, ob man in dieser Weise über­haupt die ganze Reihe der Naturwesen ins Auge fassen kann; ob man dann, wenn man sie so ins Auge faßt, auf die bedeutsamsten Merkmale, die ganz offen zutage liegen, Rücksicht nimmt.

Wenn Sie zunächst ein Pflanzenwesen mit einem Tietwesen ver­gleichen, so werden Sie, wenn Sie alles zusammennehmen, was Ih­nen die Betrachtung darbietet, finden, daß in der Tierbildung durch­aus nicht etwas liegt, was bloß sich ausnimmt wie eine Fortsetzung der Pflanzenbildung. Man kann sich. wenn man die einfachste einjährige

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Pflanzenbildung betrachtet, deren Fortsetzung denken in der Dauerpflanze. Aber es ist unmöglich, aus den organischen Bil­dungsprinzipien irgend etwas herauszufinden, was die Pflanzenbil­dung in Fortsetzung zeigen würde zur Tierbildung hin. Dagegen ist es sehr wohl möglich, einen polarischen Gegensatz herauszufinden zwischen der Pflanzenbildung und der Tierbildung. Diesen polari­schen Gegensatz können Sie einfach ergreifen an der auffälligsten Erscheinung, an demjenigen, was der Gegensatz ist in den Assimila­tionsprozessen zwischen dem Verhalten der Pflanze und des Tieres zum Kohlenstoff und der eigentümlichen Verwendung des Sauer­stoffs. Es muß natürlich durchaus darauf aufmerksam gemacht wer­den, daß man diese Dinge in der richtigen Weise anschauen soll. Man darf natürlich nicht sagen, das Tier atmet bloß Sauerstoff ein, die Pflanze atmet bloß Sauerstoff aus und Kohlenstoff ein. So liegt ja die Sache nicht. Aber dennoch, im Ganzen der pflanzlichen Bil­dung ist in bezug auf das organische Leben ein polarischer Gegen­satz im Verhalten zum Sauerstoff und zum Kohlenstoff. Es läßt sich am leichtesten dasjenige, was da vorliegt, so aussprechen, daß man sagt: Dasjenige, was beim Tier dadurch eintritt, daß sich der Sauer­stoff an den Kohlenstoff bindet und die Kohlensäure ausgeschieden wird, ist beim Tier eigentlich Entbildungsprozeß, Entbildungspro­zeß in dem Sinne, daß es aufgehoben werden muß, wenn das Tier bestehen will. Beim Menschen ist es geradeso. Bei der Pflanze aber muß dieses gerade gebildet werden.

Denken Sie sich, daß dasjenige, was da in einer gewissen Beziehung als Ausscheidungsprozeß auftritt, was weg muß beim Tier, gerade den Bildungsprozeß der Pflanze ausmacht. Da ist wirklich ein polari­scher Gegensatz mit Händen zu greifen. Sie können sich nicht den Pflanzenbildungsprozeß entsprechend gradlinig fondenken, um daraus den tierischen Bildungsprozeß zu haben. Aber Sie können sich dasjenige, was beim tierischen Bildungsprozeß verhindert wer­den muß, umgekehrt aus dem Pflanzenbildungsprozeß vorstellen. Wie weggenommen werden muß vom tierischen Bildungsprozeß der Kohlenstoff durch den Sauerstoff in der Kohlensäure, so können Sie sich geradezu, wenn Sie den Prozeß umdrehen, ihn als den Pflanzenbildungsprozeß

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vorstellen. So daß Sie in irgendeiner gradlinigen Fortsetzung von der Pflanze zum Tier nicht kommen. Wohl aber können Sie, ohne daß wir hier in eine falsche Symbolik verfallen, sich eine ideale Mitte denken und können auf der einen Seite den Pflanzen bildungsprozß, auf der anderen Seite den Tierbildungspro­zeß sehen: ein Gabelungsprozeß (Fig. 7). Dasjenige, was in der Mitte

#Bild s. 232

drinnen liegt, das stellen wir uns zunächst als irgendeine ideale Mitte dar, so daß, wenn wir uns den Pflanzenbildungsprozeß gradlinig fortgesetzt denken würden, wir zur Dauerpflanze kommen würden, nicht zum Tier. Aber wenn wir zur Dauerpflanze kommen, dann stellt sich uns ja gleich etwas dar, was wir nur entsprechend weit zu verfolgen brauchen, um zu etwas anderem zu kommen. Wenn Sie sich die Dauerpflanze vorstellen, so werden Sie nicht anders können, als dasjenige, was in gewisser Beziehung in der Fortsetzung dieser Entwickelungsströmung der Dauerpflanze liegt, sich vorzustellen als den Weg zur Mineralisierung. Da haben Sie den Weg zur Minerali­sierung. Wir können also sagen: Wir haben in der direkten Fortset­zung des Pflanzenbildungsprozesses den Weg zur Mineralisierung. Suchen wir den polarischen Gegensatz an dem anderen Ast, bei der Tierbildung, so würde natürlich jemand, der schematisch vorgeht, sagen, er muß hier auch die andere Seite, den anderen Ast der Gabel fortsetzen. Das wäre aber kein polarisches Fortsetzen, sondern Sie müssen sich jetzt denken: Beim Pflanzenbildungsprozeß haben wir eine Fortsetzung; beim Tierbildungsprozeß muß ich negativ gehen, muß ich zurückgehen, da muß ich umkehren, muß ich mir vorstellen,

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daß der Tierbildungsprozeß nicht über sich hinausschießt, son­dern zurückbleibt hinter seinem Werden.

Nun studieren Sie einmal dasjenige, was in der Zoologie vorliegt, ich will sagen, durch die Untersuchungen von Selenka über den Un­terschied zwischen Mensch und Tier in der embryonalen Bildung, und wie diese Bildung dann erscheint nach der Geburt beim Men­schen, wie sie erscheint bei dem höheren Tier, dann werden Sie eine Vorstellung verknüpfen können mit diesem Zurückbleiben. In der Tat verdanken wir unsere menschliche Bildung dem Umstande, daß wir während der Embryonalbildung nicht so weit vorschreiten wie das Tier, sondern zurückbleiben. So daß also, indem wir ganz äußer­lich hypothesenfrei diese drei Reiche betrachten, wir allerdings nötig haben, hier eine merkwürdige mathematische Linie zu ziehen, näm­lich eine, die bei ihrer Fortsetzung verschwindet, wenn wir vom Tier zum Menschen übergehen, und hier (bei der Pflanze) eine Linie, die sich verlängert (Fig. 8). Wiederum eine Erweiterung der Mathe­matik! Es ist bei der Zeichnung dieses Schemas ein Unterschied, der

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ein rein mathematischer ist: Es gibt Linien, die, wenn wir sie fortset­zen, länger werden, und solche, die, wenn wir sie fortsetzen, kürzer werden. Das ist eine vollständig gültige mathematische Vorstellung. Wir müssen also, wenn wir schematisch die Reiche der Natur anord­nen wollen, sie so anordnen, daß wir irgendeinen idealen Punkt ha­ben, von dem aus sich gabelt Pflanzenreich, Tierreich, und dann müssen wir die Linien fortsetzen, aber wir müssen die Linie im Pflanzenreich so fortsetzen, daß sie länger wird bei ihrem Verlän­gern, im Tierreich so fortsetzen, daß sie kürzer wird bei ihrer Verlängerung.

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Das ist durchaus eine mathematische Vorstellung. Dann werden wir die Beziehungen bekommen zwischen den Reichen der Natur, zunächst einfach nebeneinanderstellend die Reiche der Na­tur. Die Frage entsteht jetzt - und nur diese Frage wollen wir uns jetzt als die Frage vorstellen, die zu beantworten wichtig ist: Was entspricht diesem idealen Punkt in der Wirklichkeit? Und da wer­den wir ahnen können, wie auf dieselbe Weise zusammenhängen muß die Gestaltung der verschiedenen Reiche der Natur mit diesem idealen Punkt hier, wie im Weltenall irgendwelche Bewegungen zu­sammenhängen müssen mit irgend etwas, was wiederum diesem idealen Punkt da in der Mitte entspricht.

Das ist dasjenige, was wir uns dann für morgen überlegen wollen.

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DREIZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 13. Januar 1921

Sie wissen ja, es wird die Entwickelung unserer astronomischen An­sichten so dargestellt in der populären Literatur, daß man sagt, bis zur Zeit des Kopernikus habe geherrscht das ptolemäische Weltensy­stem, und durch Kopernikus sei dann dasjenige System geistiges Ei­gentum der zivilisierten Welt geworden, welches wir mit den ent­sprechenden Modifikationen heute noch anerkennen. Nun wird es für die Betrachtungsweise der folgenden Tage von einer besonderen Wichtigkeit sein, daß wir uns eine gewisse Tatsache heute vor Augen rücken, eine Tatsache, die ich Ihnen nur eben mitteilen will, indem ich Ihnen vorlese ein Zitat des Archimedes über die Anschauung vom Weltensystem, vom Sternensystem des Aristarch von Samos. Archimedes sagt: «Nach seiner Meinung ist die Welt viel größer, als soeben gesagt wurde, denn er setzt voraus, daß die Sterne und die Sonne unbeweglich seien, daß die Erde sich um die Sonne als Zen­trum bewege, und daß die Fixsternsphäre, deren Zentrum ebenfalls in der Sonne liege, so groß sei, daß der Umfang des von der Erde be­schriebenen Kreises sich zu der Distanz der Fixsterne verhalte, wie das Zentrum einer Kugel zu ihrer Obeffläche.»

Wenn Sie diese Worte, die die räumliche Weltanschauung des Aristarch von Samos charakerisieren sollen, nehmen, so werden Sie sich sagen: Zwischen dem räumlichen Weltenbilde des Aristarch von Samos und unserem räumlichen Weltenbilde, wie es sich herausge­bildet hat seit der Zeit des Kopernikus, ist absolut gar kein Unter­schied. Aristarch von Samos hat ja gelebt im 3. Jahrhundert vor dem Anfang der christlichen Zeitrechnung, so daß wir für diejenigen Menschen, die wie Aristarch von Samos damals auf einem gewissen Gebiete führend waren im geistigen Leben, anzunehmen haben, daß sie durchaus der räumlichen Weltanschauung gehuldigt haben, der heute die Astronomie huldigt. Und es liegt demgegenüber doch die bedeutsame Tatsache vor, daß dann eigentlich im allgemeinen Bewußtsein derjenigen Menschen, die über solche Dinge nachgedacht

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haben, diese, nennen wir sie heliozentrische, Weltanschau­ung verschwunden ist, und daß die ptolemäische Weltanschauung an ihre Stelle trat, bis mit dem Heraufkommen desjenigen, was wir ja gewöhnt sind die fünfte nachatlantische Kulturperiode zu nen­nen, wiederum heraufkommt diese heliozentrische Weltanschau­ung, die wir finden bei solchen Menschen wie Aristarch von Samos, also im 3. vorchristlichen Jahrhundert. Und Sie werden ja leicht glauben können, daß dasjenige, was für diesen Aristarch von Samos gilt, für viele Menschen gegolten hat. Wer die Entwickelung der gei­stigen Anschauung der Menschheit studiert, der findet auf einem gewissen Gebiet der menschheitlichen Entwickelung, wenn das auch heute schwierig durch äußerliche Dokumente zu belegen ist, daß diese heliozentrische Weltanschauung gerade um so mehr anerkannt wird von denjenigen, die für diese Anerkennung in Betracht kamen, je weiter man von Aristarch von Samos in frühere Zeiten zurückgeht. Und geht man in diejenige Zeit zurück, die wir gewohnt sind die dritte nachatlantische Zeit zu nennen, so muß man sagen, daß bei den maßgebenden Menschen, bei denjenigen Menschen, die als Auto­ritäten galten in solchen Dingen, in dieser dritten nachatlantischen Zeit durchaus die heliozentrische Weltanschauung vorhanden war, die Archimedes als bei Aristarch von Samos vorhanden schildert, so schildert, daß wir sie von der heutigen nicht unterscheiden können.

Wir müssen also sagen: Es liegt gerade das Eigentümliche vor, daß die heliozentrische Weltanschauung im menschlichen Denken vorhanden ist, abgelöst wird von dem ptolemäischen System und wiederum zurückerobert wird im fünften nachatlantischen Zeit­raum. Es ist geradezu so, daß das ptolemäische System eigentlich nur maßgeblich ist im wesentlichen für den vierten nachatlantischen Zeitraum. Es ist nicht willkürlich, daß ich dieses jetzt gerade ein-schalte, nachdem ich Sie gestern hingewiesen habe auf einen gewis-sen ideellen Punkt in der Entwickelungsgeschichte der Naturreiche, sondern wir werden sehen, daß zwischen diesen Tatsachen durchaus ein organischer Zusammenhang waltet. Aber wir werden uns noch etwas nährer befassen müssen gerade mit dieser eben angeführtep Tatsache.

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Worin besteht denn das Wesentliche des ptolemäischen Welt-systems? Das Wesentliche besteht darin, daß Ptolemäus und die Seinen wiederum zurückgehen auf die Anschauung von der still-stehenden Erde, von der Bewegung des Fixsternhimmels um die Erde herum, ebenso der Bewegung der Sonne um die Erde herum, und daß er für die Bewegungen der Planeten, mit deren Scheinbil­dern wir uns ja schon befaßt haben, ganz besondere mathematische Formeln aufstellt. Ptolemäus denkt sich im wesentlichen die Sache so, daß, wenn er hier die Erde annimmt, da herum den Frxsternhim­mel, daß die Sonne sich in einem exzentrischen Kreis um die Erde herumbewegt. Auch die Planeten bewegen sich im Kreise, aber nicht so, daß er sie einfach wie die Sonne in einem Kreise herumbe­wegen lassen würde (Fig. 1). Das tut er nicht. Sondern er nimmt

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einen Punkt an, der sich in diesem exzentrischen Kreise bewegt, den er den «deferierenden Kreis» nennt, und läßt diesen Punkt wieder­um den Mittelpunkt eines Kreises sein. Und nun läßt er den Plane­ten sich bewegen auf diesem Kreise, so daß also der wahre Weg der Planetenbewegung entsteht aus dem Zusammenwirken der Bewegungen

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in diesem Kreise (1) und auf diesem Kreise (2>. Also sagen wir, Ptolemäus nimmt an etwa für die Venus, daß sie wiederum auf einem Kreis (2) rotiert, dessen Mittelpunkt sich in diesem Kreise (1) bewegt, so daß eigentlich der Weg der Venus eine resultie­rende Bewegung aus diesen zwei Bewegungen wäre. Man hat nötig, um diese Bewegung zu verstehen, diese zwei Kreise anzunehmen:

diesen Kreis, den Deferent (1) und den kleinen, der dann der epizy­klische Kreis (2> wäre. Solche Bewegungen nimmt Ptolemäus an für Saturn, Jupiter, Mars, Venus, Merkur, nicht aber für die Sonne, während er den Mond noch in einem kleinen Kreise, in einem epizy­klischen sich bewegen läßt. Es beruhten diese Annahmen darau{ daß die Ptolemäer berechneten - man kann eigentlich nur sagen:

sehr sorgfältig berechneten - die Orte am Himmel, in denen sich die Planeten befinden, und daß sie daraus diese Bewegungen zusam­mensetzten, um zu verstehen, daß die Planeten an einem bestimm­ten Orte zu einer bestimmten Zeit seien. Es ist erstaunlich, wie ge­nau, relativ genau wenigstens, die Berechnungen der Ptolemäer, des Ptolemäus und seiner Anhänger, in dieser Beziehung eigentlich wa­ren. Es ist so, daß, wenn man zum Beispiel die Bahn irgendeines Pla­neten, sagen wir des Mars, heute nach unseren gegenwärtigen astro­nomischen Berechnungen aufzeichnet und vergleicht dann das, was man heute nach den Beobachtungsresultaten als diese sogenannte scheinbare Bahn des Mars aufzeichnen kann mit dem, was man ge­zeichnet hat mit Zugrundelegung der Theorie der deferierenden und epizyklischen Kreise nach Ptolemäus, so unterscheiden sich die­se zwei Kurven kaum. Es ist ein ganz geringfügiger Unterschied, der nur darauf beruht, daß man heute mit genaueren Beobachtungsre­sultaten rechnet. Also, in bezug auf die Genauigkeit der Beobach­tungen waren eigentlich diese Leute nicht weit hinter den heutigen Resultaten zurückgeblieben. Es lag also nicht an ihren Beobachtun­gen, daß sie dieses merkwürdige System der Planetenbewegungen annahmen, bei dem einem ja vorzugsweise die Kompliziertheit auf-fällt; denn jeder wird sich natürlich sagen, das kopernikanische Sy­stem ist wesentlich einfacher. - Da haben wir die Sonne in der Mitte, die Planeten bewegen sich in Kreisen oder Ellipsen um die Sonne

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herum. Das ist sehr einfach, nicht wahr. Das hier (Fig. 1), das ist sehr kompliziert, da hat man es zu tun mit einer kreisförmigen Bahn, noch einmal ein Kreis, und sogar noch mit einem exzentrischen Kreis.

Nun geht mit einer gewissen Zähigkeit das Festhalten an diesem ptolemäischen System gerade durch die ganze vierte nachatlantische Zeit hindurch, und man muß sich eigentlich fragen: Wodurch unter­scheidet sich denn die Art und Weise des Denkens über den Welten-raum und seinen Inhalt bei den Ptolemäern von dem bei Aristarch von Samos und denjenigen, die so dachten wie er? Wodurch unter­scheiden sich diese Denkweisen über das Weltsystem? Es ist aller­dings schwer, über diesen Unterschied populär zu sprechen, aus dem Grunde, weil ja manches sich äußerlich gleich ausnimmt, aber inner­lich durch und durch verschieden ist. Wenn so Archimedes be­schreibt das System des Aristarch von Samos, so müssen wir sagen:

Dieses heliozentrische System, das ist im Grunde gar nicht von dem kopernikanischen unterschieden. - Wenn wir aber genauer eingehen auf den ganzen Geist des Weltenbildes des Aristarch, so finden wir doch etwas anderes. Auch bei Aristarch von Samos ist ganz gewiß vorhanden ein Verfolgen der äußeren Erscheinungen mit mathema­tischen Linien. Er stellt durch mathematische Linien sich die Bewe­gungen der Himmelskörper vor. Die Kopernikaner stellen auch durch mathematische Linien diese Bewegungen der Himmelskörper dar. Dazwischen liegt dieses andere merkwürdige System, das Sy­stem der Ptolemäer. Man kann nicht sagen, daß da in derselben Weise das mathematische Vorstellen zusammenfällt mit dem, was beobachtet wird.

Sehen Sie, das ist ein durchgreifender Unterschied. Das mathe­matische Vorstellen lehnt sich nicht an die Folge der Beobachtungs­punkte an, sondern das mathematische Vorstellen nimmt sich aus als etwas, was, um den Beobachtungen gerecht zu werden, sich ab­sondert von den Beobachtungen, etwas anderes wird als das bloße Verknüpfen der Beobachtungen, und findet dann, daß man die Be­obachtungen verstehen kann, wenn man solche Vorstellungen hat. Denken Sie sich doch einmal, heute würde ein Mensch ein Modell

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machen von dem Planetensystem, er würde irgendwo die Sonne an­bringen, würde Drähte ziehen, welche die Planetenbahnen darstel­len, und diese Drähte würden ihm eben auch die Planetenbahnen bedeuten. Er würde also zusammenfassen die Orte der Planeten ge­wissermaßen durch mathematische Linien. Das hat Ptolemäus nicht getan. Ptolemäus würde sein Modell so konstruieren müssen, daß er etwa hier einen Drehpunkt annimmt, daß er dann hier eine Stange annimmt, am Ende dieser Stange ein Rad drehen läßt, dann hier wiederum ein Rad drehen läßt. So würde er ein Modell machen (Fig. 2). Und dasjenige, was er da als Modell macht, was in seinen

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Vorstellungen lebt als mathematisches Bild, das hat gar keine Ähn­lichkeit mit dem, was äußerlich gesehen wird. Das mathematische Bild ist bei ihm etwas anderes als dasjenige, was äußerlich gesehen wird. Und nun kommt man im kopernikanischen System darauf zu­rück, die einzelnen empirischen Beobachtungsorte wiederum zu verbinden durch die mathematischen Linien, die demselben entspre­chen, was bei Aristarch von Samos da war. - Aber ist es dasselbe? Das ist es gerade, was wir fragen müssen: Ist es dasselbe?

Ich glaube, wenn Sie verfolgen, aus welchen Voraussetzungen heraus das kopernikanische System entstanden ist und wie es auf­rechterhalten wird, dann werden Sie sich sagen: Das ist so, daß es ei­gentlich sehr ähnlich ist unserem ganzen mathematischen Verhalten

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im empirischen Felde. Kopernikus, das läßt sich ja nachweisen, hat zuerst sich so ideell konstruiert das Planetensystem, wie wir ideell ein Dreieck konstruieren, das wir dann in der empirischen Wirklichkeit draußen finden. Er ging also gewissermaßen aus von einer Art a prio­rischen mathematischen Urteils und wendete das an auf die empiri­schen Tatsachen.

Was liegt denn aber wohl zugrunde diesem komplizierten Sy­stem des Ptolemäus, daß es eben so kompliziert wurde? Es war so kompliziert, daß ja, als man es dem bekannten König Alfons von Spanien - Sie kennen ja wohl die Geschichte - vorgelegt hat, der aus seinem königlichen Bewußtsein heraus gesagt hat: Wenn ihn Gott bei der Schöpfung der Welt zu Rate gezogen hätte, so wäre die ganze Welt auf eine einfachere Art entstanden als auf eine solche, wo so viele Zykel und Epizykel nötig sind. In diesem Aufstellen von Zykel und Epizykel ist da etwas darinnen, was doch einen Zusam­menhang hat mit einem Wirklichkeitsinhalt? Diese Frage möchte ich einmal vor Sie hinstellen: Ist das wirklich nur etwas phantastisch Ersonnenes, oder ist darin irgend etwas, was doch vielleicht darauf hinweist, daß es sich auf eine Wirklichkeit bezieht, was da auserson­nen ist? Das können wir wohl nur entscheiden, wenn wir auf die Sa­che etwas genauer eingehen.

Sehen Sie, wenn man verfolgt ganz im Sinne des ptolemäischen Systems, also mit Zugrundelegung der ptolemäischen Theorien die Bewegungen der Sonne, die scheinbaren Bewegungen der Sonne, wie wir sagen, die scheinbaren Bewegungen von Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, so kann man sagen, die Bewegungswinkel er­geben immer eine gewisse Größe. Und wir können daher die Bewe­gungen vergleichen, welche die Orte der betreffenden Gestirne am Himmel zeigen. Die Sonne bewegt sich nicht in einem Epizykel. Daher können wir sagen, ihre Tagesbewegung im Epizykel ist gleich Null. Dagegen müssen wir, wenn wir damit vergleichen die Ta­gesbewegung im Epizykel beim Merkur, sie mit irgendeiner Zahl an­setzen, ich will sie nennen x1, bei Venus will ich sagen x2, bei Mars x3, bei Jupiter X4, Saturn x5. Und jetzt wollen wir ins Auge fassen jene Bewegungen, welche die Mittelpunkte der Epizykel im Sinne des

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ptolemäischen Systems auf den deferierenden Kreisen haben. Neh­men wir für die Sonne y an, dann stellt sich das Merkwürdige her­aus, daß, wenn wir für die Bewegung des Mittelpunktes des Epizy­kels den Wert aufsuchen für Merkur, so ist er gleich der Bewegung der Sonne. Wir müssen wieder y ansetzen. Und bei Venus müssen wir auch y ansetzen. Das heißt: Für Merkur und Venus gilt dieses, daß sich die Mittelpunkte ihrer Epizykel auf Bahnen bewegen, die durchaus zusammenfallen mit der Sonnenbahn, entsprechen der Sonnenbahn, also parallel sind. Dagegen sind die Bewegungen der Mittelpunkte der Epizykel für Mars, Jupiter, Saturn verschieden, sagen wir: x', x", x"'. Aber das Eigentümliche besteht, daß, wenn ich bilde x3 +x', x4 +x", x5 +x"', daß ich dann durch Zusam­menzählen der Bewegungen in den Epizykeln und der Bewegungen des Mittelpunktes der Epizykel, also im deferierenden Kreis, für diese Planeten bekomme eine konstante Größe, und zwar dieselbe, die ich bekomme als y für die Bewegung der Sonne und des Mittel-punktes der Merkur- und Venus-Epizykel:

x3 + x' = y

x4+x" = y

x5+x"'= y.

Sie sehen, da ist eine mcrkwürdige Regelmäßigkeit drinnen! Die­se Regelmäßigkeit, die führt uns dazu, in anderer Art anzusehen die kosmische Bedeutung des Mittelpunktes des Epizykels bei Venus und Merkur, die wir also die sonnennahen Planeten nennen, wie bei Jupiter, Mars, Saturn und so weiter, die wir die sonnenfernen Plane­ten nennen. Bei diesen sonnenfernen Planeten hat der Mittelpunkt des Epizykels nicht dieselbe kosmische Bedeutung. Es ist irgend etwas drinnen, was die ganze Bedeutung des Bahnverlaufs zu einer andern macht als bei den sonnennahen Planeten. Diese Tatsache war gut bekannt den Ptolemäern und sie war mitbestimmend für den gan­zen Ausbau dieses merkwürdigen, sich im Geiste von den empiri­schen Tatsachen loslösenden Zykel- und Epizykel-Gedankens. Sie haben geradezu in einer solchen Tatsache eine Notwendigkeit gesehen,

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ein solches System aufzustellen. Denn es liegt darin, für den heutigen Menschen mehr oder weniger ganz unausgesprochen, denn der läßt sich einfach erzählen, daß sie die Zykel gebildet haben und so weiter, für diese Leute aber nach ihrer besonderen Art der Anschauung durchaus faßbar der Gedanke: Wenn Mer­kur und Venus in etwas anderem dieselben Werte haben, wie Ju­piter, Saturn und Mars, so darf man nicht einfach die Sache so behandeln, daß man von einem gleichmäßigen Umkreis oder so etwas spricht. Denn ein Planet hat eine Bedeutung nicht nur inner­halb seines Raumes, sondern auch noch außerhalb seines Raumes. Er benimmt sich so, daß man nicht bloß auf ihn hinschauen soll, wenn man ihn ins Auge faßt an seinem Ort am Himmel und in seinen Beziehungen zu den andern Himmelskörpern, sondern man muß aus ihm hinausgehen zum Mittelpunkt des Epizykels. Und dieser Mittelpunkt seines Epizykels benimmt sich im Raum so wie die Sonne sich im Raum benimmt. So daß diese Leute sagten, wenn ich das in die moderne Sprache übersetze: Die Epizykelmit­telpunkte für Merkur und Venus verhalten sich im kosmischen Raum mit Bezug auf ihre Bewegungen, wie sich die Sonne selbst verhält. Aber die anderen, Mars, Jupiter, Saturn verhalten sich nicht so, sondern die nehmen das Recht für sich in Anspruch, erst dann, wenn man summiert ihre Epizykelbewegungen mit den Bewegungen im deferierenden Kreis, so zu sein in ihren Be­wegungen wie die Sonne. Also ihr Verhalten zur Sonne ist ein anderes.

Auf dieses verschiedene Verhalten zur Sonne hat man im ptole­mäischen System gebaut, und das ist im wesentlichen ein Grund für die Ausbildung des Systems, weil man eben nicht einfach durch Zu­sammenfassung der empirisch gegebenen Planetenorte in Linien ein Gedankensystem aufbauen wollte, sondern man wollte auf etwas anderes ein Gedankensystem aufbauen. Zugrunde lag eine wirkliche Erkenntnis. Das ist ganz und gar nicht zu leugnen, wenn man sich einfach richtig historisch darauf einläßt. Der heutige Mensch sagt natürlich: Wir haben es mit der kopernikanischen Anschauung so weit gebracht und haben nicht nötig, uns auf diese Geister einzulassen. -

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Der heutige Mensch läßt sich nicht ein darauf, aber wenn man sich wirklich einläßt, so kommt man darauf, daß die Ptolemäer sich sagten: Ja, Mars, Jupiter, Saturn, sie stehen eben in einem anderen Verhältnis zum Menschen als Merkur und Venus; es entspricht ande­res im Menschen dem Jupiter, Saturn, Mars als dem Merkur und der Venus. Und sie brachten Jupiter, Saturn und Mars in Zusammen­hang mit der Gestaltung des menschlichen Hauptes, dagegen Venus und Merkur mit der Gestaltung desjenigen, was in der menschlichen Organisation unter dem Herzen ist. Besser gesagt als «Haupt» wäre eigentlich, wenn ich sagte: Es wurden zusammengebracht Jupiter, Saturn und Mars mit der Gestaltung alles desjenigen, was über dem Herzen gelegen ist, Venus und Merkur mit demjenigen, was unter dem Herzen gelegen ist im Menschen. Also, sie bezogen schon, die­se Ptolemäer, dasjenige, was sie ausdrückten in ihrem System, auf den Menschen.

Und worauf stützte sich denn das? Ich glaube, wenn Sie darüber ein richtiges Urteil gewinnen wollen, so müssen Sie recht sorgfältig den innersten Grundton meiner «Rätsel der Philosophie» lesen, wo ich versuchte herauszugestalten, wie ganz anders die Art, sich er­kenntnismäßig zur Welt zu stellen, vor dem 15. Jahrhundert war und nachher. Dieses Sich-Herausschälen aus der Welt, das war erst nach dem 15. Jahrhundert vorhanden, vorher nicht. In diesem Punk­te wird man allerdings nicht leicht verständlich der gegenwärtigen Welt. Heute sagen sich die Menschen: Ich denke mir dieses oder je­nes über die Welt, habe so oder so meine Sinneswahrnehmungen. Wir sind in der neueren geschichtlichen Entwickelung furchtbar ge­scheit geworden, früher waren die Menschen dumm, haben allerlei Kindisches sich vorgestellt. - Aber viel anders stellt man sich die Sa­che doch nicht vor, als daß die Kerle, wenn sie sich früher nur genü­gend angestrengt hätten, schon ebenso gescheit geworden wären. Es habe nur erst die ganze Entwickelung im Unterricht der Menschheit dauern müssen, daß die Menschen so gescheit geworden sind wie dann später. Darauf nimmt man eben keine Rücksicht, daß das An­schauen selbst, das ganze Sich-Verhalten zur Welt ein anderes war. Wenn Sie die verschiedenen Stufen. die ich ja charakterisiert habe in

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meinen «Rätseln der Philosophie», vergleichen, so werden Sie sich sagen: Es war wirklich durch die ganze Zeit hindurch vom Beginn der vierten Epoche bis zu ihrem Ende eigentlich eine solche scharfe Trennung von Begriff, Vorstellung und sinnlichen Inhalten nicht wie später. Sie fielen mehr zusammen. Man sah zu gleicher Zeit in der Sinnesqualität das Vorstellungsmäßige. Das wird natürlich immer intensiver, je weiter man in der Zeit zurückgeht. In dieser Beziehung muß man sich wirkliche Vorstellungen machen über die Evolution der Menschheit. Denn sehen Sie, für unsere heutige Zeit ist dasjenige, was Dr. Stein in seinem Buch geschrieben hat über das Wesen der Sinneswahrnehmung, ja ganz ausgezeichnet, aber wenn er dazumal auf der Schule in Alexandrien über desselbe Thema eine Dissertation hätte schreiben sollen, dann würde er ganz anders über die Sinneswahrnehmung haben schreiben müssen. Das will man eben heute nicht anerkennen. in der Zeit. wo wir alles ver­absolutieren.

Nun also, wenn wir noch weiter zurückgehen, gar in die ägyptisch-chaldäische Zeit in ihrer Blütezeit, dann finden wir ein noch intensiveres Zusammensein des Begriffes, der Vorstellung mit der äußeren physisch-sinnlichen Realität. Und sehen Sie, aus diesem intensiveren Zusammensein sind die Anschauungen entstanden, die wir zuletzt schon in der Dekadenz bei Aristarch von Samos finden. Bei den Früheren waren sie ja viel mehr vorhanden. Das heliozentri­sche System fühlte man, als man eben noch ganz und gar mit der Vorstellung drinnen lebte in der äußeren Sinnlichkeit. Und in der vierten nachatlantischen Zeit, vom 8. vorchristlichen Jahrhundert bis zum 15. nachchristlichen Jahrhundert, da mußte ja der Mensch heraus aus dieser ganzen Sinneswelt, mußte heraus aus diesem Zu­sammensein mit der Sinneswelt. In welchem Felde konnte er das am besten? Er konnte es am besten da, wo das Zusammenbringen der äußeren Realität mit der Vorstellung scheinbar die allergrößten Schwierigkeiten machte. Da konnte er sich losreißen in bezug auf sein Vorstellen von den sinnlichen Eindrücken.

Wenn wir von diesem Gesichtspunkte aus das ptolemäische Sy­stem wie ein wichtiges Mittel der menschlichen Erziehung ansehen,

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dann kommen wir erst auf sein Wesen. Es ist die große Schule des Sich-Emanzipierens der menschlichen Vorstellungen von der sinnli­chen Wahrnehmung. Und als diese Emanzipation soweit eingetreten war, daß ein gewisser Grad erreicht wurde im innerlichen Denken-können, was sich später dadurch zeigte, daß solche Geister wie Galilei und die anderen im eminentesten Sinne mathematisch-abstrakt denken, sehr kompliziert mathematisch-abstrakt denken, da konnte Kopernikus kommen und konnte sich gerade diese Tat­sachen, diese Beobachtungsresultate von dem Gleichsein des y an verschiedenen Orten vorlegen und konnte daraus dann wiederum zurück von diesen mathematischen Resultaten sein kopernikani­sches Weltensystem konstruieren. Denn das ist aus diesen Resultaten heraus gezeichnet. Das ist also ein Wiederzurückgehen von den abstrakt gefaßten Vorstellungen zu der äußeren, physisch-sinnlichen Wirklichkeit.

Es ist außerordentlich interessant, sich das einmal vorzuhalten, wie gerade im astronomischen Bild die Menschheit sich losreißt von der äußeren Wirklichkeit. Und wenn man sich das vorhält, dann wird man auch eine Möglichkeit gewinnen, in der richtigen Weise zu be­werten die Art, wie wir wiederum auch in umfassenderem Sinne zu­rück müssen. Aber wie zurück müssen? Kepler hatte davon noch ein Gefühl. Ich habe öfter einen Ausspruch zitiert, der ganz pathetisch klingt, wo er etwa sagt: Ich habe die heiligen Gefäße der Ägypter aus ihren Tempeln entwendet, um sie den modernen Menschen wieder­um zu bringen. - In seinem Planetensystem, das ja bei ihm ent­sprungen ist aus einer sehr, sehr romantischen Auffassung des Wel­tenbaues, empfand er so etwas wie eine Erneuerung des alten helio­zentrischen Systems in seinem eigenen. Aber dieses alte heliozentri­sche System war eben nicht aus dem Anschauen mit den Augen heraus gemacht, sondern es war gemacht aus dem Erfühlen desjeni­gen, was in den Sternen lebte.

Der Mensch, der ursprünglich aufgestellt hat dasjenige Weltensy­stem, das in Aristarch von Samos'scher Weise die Sonne zum Zen­trum macht und die Erde herumkreisen läßt und so weiter, dieser Mensch hat in seinem Herzen die Wirkungen der Sonne gefühlt, in

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seinem Kopf die Wirkungen von Jupiter, Saturn und Mars, und er hat in seinem Magen und in seiner Leber und seiner Milz die Wir­kung von Venus und Merkur gefühlt. Das war reale Erfahrung, und aus dieser realen Erfahrung im ganzen Menschen ist dieses System herausgebildet. Dann verlor man diese umfassende Erfahrung. Man konnte noch wahrnehmen mit den Augen und Ohren und der Nase, aber nicht mehr mit dem Herzen, mit der Leber. So etwas, wie etwas aus der Sonne wahrnehmen mit dem Herzen, etwas aus dem Jupiter wahrnehmen mit der Nase, das ist natürlich der helle Wahnsinn für die Menschen der Gegenwart. Geradeso genau aber kann man so et­was erkennen, wie die andern es für einen Wahnsinn halten, man weiß schon warum. Dieses intensive Miterleben des Weltenalls, das verlor sich im Lauf der Zeit. Und Ptolemäus bildete zunächst ein mathematisches Weltbild heraus, das noch etwas hatte vom alten Fühlen, aber als Qualität, möchte man sagen, sich schon losgelöst hatte. Die Ptolemäer fühlten nur mehr in ihren älteren Zeiten, später gar nicht mehr, sie fühlten nur mehr ganz leise, daß mit der Sonne etwas anderes los ist als zum Beispiel mit dem Jupiter. Die Sonne äußert ihre Wirkung in verhältnismäßig einfacher Weise durch das Herz; der Jupiter geht einem schon wie ein Rad im Kopf herum, worin sich der Epizykel ausdrückt; und in einem anderen Sinn, der hier (Fig. 1) charakterisiert ist, geht wiederum die Venus unter dem Herzen durch. Aber von dem hat man nur noch zurück-behalten in dieser Zeit das Mathematische, daß man in Kreisform darstellt: das Einfachere, die Sonne nbahn, im Verhältnis zum Kom­plizierteren der Planetenbahn, aber das doch noch wenigstens in sei­ner mathematischen Konfiguration in Beziehung zur menschlichen Organisation.

Dann geht das ganz verloren und es tritt die völlige Abstraktion ein. Aber heute muß wiederum der Weg zurück gesucht werden, um vom ganzen Menschen aus wiederum eine Beziehung zum Kos­mos herzustellen. Es muß nicht gewissermaßen von Kepler zu einer weiteren Abstraktion gegangen werden, wie es Newton gemacht hat, der Abstraktionen gesetzt hat an die Stelle der Konkretheit, Masse und so weiter eingesetzt hat, was ja nur eine Umformung, eine

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Transformation ist, wofür aber zunächst gar kein empirischer Tatbe­stand vorliegt. Es muß der andere Weg eingeschlagen werden, der Weg, wo in die Wirklichkeit noch tiefer hineingegangen wird, als Kepler hineingegangen ist. Dazu muß man aber allerdings nun auch dasjenige betrachten, was ja zusammenhängt mit AufL und Unter­gang der Sonne, Sonnenwandel, Sternenwandel und so weiter: die besondere Artung und Gestaltung der Reiche der äußeren Natur. Es ist doch eigentümlich, daß wir einen Gegensatz finden zwischen den sogenannten äußeren Planeten und den inneren Planeten, und in der Mitte finden wir nach heliozentrischer Anschauung die Erden­wesenheit. Und ebenso finden wir in einer ganz merkwürdigen Wei­se eine Art von Gegensatz, wie wir gestern gesagt haben, zwischen Mineral, Pflanze auf der einen Seite, auf dem einen Ast liegend, und Tier und Mensch wie auf dem anderen Ast liegend, auf der an­dern Seite. Und wir müssen, wenn wir die Gabelung zeichnen, Pflanze und Mineral in der Fortsetzung zeichnen; wir müssen Tier und Mensch so zeichnen, daß die Bildung in sich selber zurückkehrt (Fig. 3).

#Bild s. 248

So haben wir zweierlei vor uns hingestellt: Dasjenige, was ge­nannt werden kann das besondere Verhältnis der Wege der Epizy­kelmittelpunkte und der Punkte an den Epizykelumfängen, wo­durch ein ganz anderes Verhalten zur Sonne entsteht bei den oberen wie bei den unteren Planeten; und weiter das Fortschreiten im Pflan­zenwerden, das Hineinsausen ins Mineralische einerseits, die Tierbil­dung und die Umkehrung von der Tierbildung zum Menschen andererseits.

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Sie brauchen, wie ich es schon gestern sagte, nur in der Selenka-Forschung ein wenig sich umzusehen, so werden Sie man­ches in diesem Symbolischen gerechtfertigt finden.

Diese zwei Dinge wollen wir als Probleme aufstellen und wollen von da aus versuchen, ein wirklichkeitsgemäßes Weltsystem zu be­kommen.

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VIERZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 14. Januar 1921

Wir werden heute die gestern angeschlagenen Töne unserer Betrach­tung in der Weise fortsetzen, daß wir versuchen werden aus dem Material, das ja schließlich zusammengesetzt ist aus Beobachtungen der Himmelserscheinungen, hinter deren wahre Gestalt wir zu kommen suchen, versuchen werden Vorstellungen zu gewinnen, die uns in das Gefüge der Himmelserscheinungen hineinführen kön­nen. Da möchte ich noch einmal zunächst auf etwas hinweisen, was aus der gestern anfänglich mehr historisch gehaltenen Betrachtung folgen kann.

Wir müssen ja uns klar sein darüber, daß schließlich sowohl das ptolemäische Weltensystem wie auch dasjenige, das in der gegen­wärtigen Astronomie gebräuchlich ist, Versuche darstellen, dasjeni­ge in irgendeiner Weise zusammenzufassen, was sich der Beobach­tung darbietet. Und ein Versuch, dasjenige, was man wahrgenom­men hat - Sie wissen, ich kann nach dern gestern Ausgeführten nicht sagen: «gesehen» hat -, in gewissen Mathematik-ähnlichen Figuren zusammenzufassen, der liegt sowohl im ptolemäischen System vor wie auch schließlich im kopernikanischen System. Denn dasjenige, was zugrunde gelegt werden muß einer jeglichen Geometrie oder ei­nem jeglichen Rechnen und Messen, sind ja schließlich doch eben die Beobachtungen. Und um das richtige Auffassen des beobachtba­ren Tatbestandes kann es sich ja im Grunde einzig und allein han­deln. Aber man muß sich schon einmal vertraut machen mit der Er­kenntnistatsache, daß im heutigen wissenschaftlichen Leben dasjeni­ge, was beobachtet, was wahrgenommen werden kann, viel zu leicht hingenommen wird, um eine entprechende Ansicht darüber wirk­lich zu gewinnen.

Es muß sich ja für uns zunächst eine Frage aufwerfen, die unmit­telbar aus den beobachtbaren Tatsachen erfließt. Natürlich, ich konnte nicht alle Einzelheiten in diesen Vorträgen, die so skizzen­haft wie möglich sein müssen wegen der Kürze der Zeit. auch wirklich

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vorführen und durchsprechen. Ich konnte nur die Richtungen angeben. Aber in diesem Angeben der Richtungen habe ich ver­sucht, Sie darauf hinzuweisen, daß den Bewegungen der Himmels­körper im Himmelsraum in irgendeiner Weise zugeordnet sein muß dasjenige, was gestaltet ist im menschlichen Organismus, ja schließlich auch im tierischen, im pflanzlichen Organismus. Es muß da einen Zusammenhang geben. Daß es einen solchen Zusammen­hang geben muß, das kann man ersehen aus der Art und Weise, wie wir die Tatsachen betrachtet haben. Und je weiter Sie auf die Tatsa­chen eingehen würden, desto mehr würden Sie diesen Zusammen­hang eben sehen. Ich wollte Sie nur auf den Weg, ich sage das noch einmal, hinweisen, auf dem zum Schluß das Ergebnis gefunden wer­den kann: Dieser menschliche und auch der tierische, der pflanzli­che Organismus, sie sind so gestaltet, daß, wenn man diese Gestalt li­nienhaft ins Auge faßt, wie wir es getan haben, indem wir zum Bei­spiel den Verlauf der Lemniskate nach den verschiedenen Richtun­gen hin im Organismus uns vor die Seele geführt haben, daß man dann zunächst etwas Ähnliches findet zwischen dieser Gestaltung und denjenigen Liniensystemen, die man ziehen kann, wenn man die Bewegungen der Weltenkörper ins Auge faßt. Dann aber ent­steht die Frage: Ja, wodurch ist denn dieser Zusammenhang eigent­lich bedingt? Welche Möglichkeit gibt es denn, diesen Zusammen­hang sich wirklich als einen durchsichtigen, als einen in sich begrün­deten, vor Augen zu führen? Und um dieser Frage näherzutreten, müssen wir die besondere Anschauungsart, die dem ptolemäischen Weltensystem zugrunde liegt, vergleichen mit derjenigen Anschau­ungsart, die unserem heutigen kopernikanischen Weltensystem zu­grunde liegt.

Was tun wir denn, wenn wir im Sinne des heutigen kopernikani­schen Weltsystems uns denkend, rechnend, geometrisierend ein Weltensystem zurechtlegen? Wir beobachten. Wir beobachten Kör­per im Himmelsraum, die wir einfach nach dern Augenschein als identisch ansehen können. Sie sehen, ich drücke mich sehr vorsichtig aus. Mehr dürfen wir aber auch nicht sagen, als daß wir diese Körper dern Augenschein nach als identisch ansehen. Derjenige, der gewisse,

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ganz einfache Experimente macht, der wird nämlich durchaus zu solcher Vorsicht in der Ausdrucksweise gegenüber der Außenwelt auf­gefordert. Ich mache Sie auf folgendes kleine Experiment aufmerk­sam, das an sich keinen Wert hat, sondern das nur eine Bedeutung hat zur Heranbildung gewisser Vorsichten im menschlichen Vorstel­lungsleben.

Denken Sie sich einmal, ich würde ein Pferd in einer gewissen Weise abrichten, so daß, indem es fortläuft, es eine gewisse Regel­mäßigkeit der Schrittentfaltung hat - das hat ja ein Pferd sogar im­mer - und ich würde jetzt zwölf aufeinanderfolgende Stellungen des Pferdes photographieren. Ich würde also zwölf Bilder des Pferdes be­kommen. Diese zwölf Bilder des Pferdes, die würde ich so anordnen, daß sie in einem Kreise angeordnet sind, vor dern ich in einer gewis­sen Entfernung als Beobachter mich befinde. Und jetzt würde ich hier drüber eine Trommel geben, welche ein Loch hat, eine Trom­mel, die ich ins Rotieren bringe, so daß ich zunächst nur ein Bild des Pferdes sehe, dann, wenn die Trommel weitergelaufen ist im Rotie­ren, sehe ich das nächste Bild und so weiter. Ich werde das Schein-bild bekommen eines herumlaufenden Pferdes. Ich werde meinen, ein kleines Pferdchen läuft da im Kreis herum. Und dennoch, der reale Tatbestand, der da zugrunde liegt, ist nicht der, daß da ein reales Pferd herumläuft, sondern der, daß zwölf Pferdebilder von mir in einer gewissen Weise angeschaut sind, von denen jedes eigent­lich an seinem Ort bleibt.

Sie sehen also, ich kann nicht nur den Schein einer Bewegung im perspektivischen Sinn hervorrufen, ich kann auch den Schein einer Bewegung durchaus in qualitativer Weise hervorrufen. Es muß nicht alles, was wie eine Bewegung erscheint, eine Bewegung auch wirklich sein. Daher muß schon derjenige, der vorsichtig sprechen will und erst durch sorgfältige Untersuchung zur Wahrheit kommen will, eben zunächst sagen, so sonderbar und paradox es unseren ja so ge­scheiten Zeitgenossen klingt: Ja, ich betrachte drei aufeinanderfol­gende Lagen desjenigen, was ich einen Himmelskörper nenne, so, daß ich dasjenige, was da zugrunde liegt, für identisch hinnehme. Das heißt: Ich verfolge den Mond in seiner Bahn und lege dabei zunächst

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hypothetisch das zugrunde, daß es immer derselbe Mond ist. Das ist durchaus richtig, aber nur gegenüber einer so progredieren-den Erscheinung. Was tun wir also? Wir sehen dasjenige, was wir für identische Himmelskörper nehmen, in einer sogenannten Bewe­gung, verbinden, was wir an verschiedenen Orten sehen, in Linien und versuchen diese Linien zu interpretieren. Das ist dasjenige, was uns das kopernikanische Weltensystem gibt.

In einer solchen Weise ist nicht vorgegangen ursprünglich dieje­nige Schule, aus der das ptolemäische Weltensystem hervorgegan­gen ist. Man lebte noch immer wahrnehmend im ganzen Menschen, wie ich Ihnen gestern angedeutet habe. Und weil man noch wahr-nehmend im ganzen Menschen lebte, war auch die ganze Vorstel­lung, die man da hatte gegenüber einem Himmelskörper, eine we­sentlich andere, als sie später geworden ist. Derjenige, der noch im wahrnehmenden Sinne das ptolemäische Weltensystem vor sich hat­te, der sagte nicht: Der Mond steht da oben. Das sagte er eben nicht, das interpretiert man nur jetzt hinein ins Weltensystem. Er sagte eben nicht: Der Mond ist da oben, denn da hätte er die Er­scheinung bloß auf das Auge bezogen. Das tat er nicht, er bezog die Erscheinung auf den ganzen Menschen und meinte das so: Hier stehe ich auf der Erde, und ebenso wahr wie ich auf der Erde stehe, stehe ich auch im Mond drinnen, denn der Mond, das ist das da (Fig. 1, S.254 schraffierte Fläche). Das ist die Erde und das Ganze ist der Mond, der ja viel größer ist als die Erde. Der ist nämlich im Radius so groß, wie dasjenige ist, was wir jetzt nennen die Entfernung des Mondes, ich kann nicht sagen des Mondmittelpunktes, von dern Er­denmittelpunkt. So groß ist der Mond im Sinne des ptolemäischen Weltensystems, wie es ursprünglich ausgebildet worden ist. Und dieser Körper, der sonst überall unsichtbar ist, der entwickelt an dem einen Ende einen Vorgang, durch den dieses kleine Stückchen sichtbar wird. Alles andere ist unsichtbar und ist außerdem von sol­cher Substantialität, daß man drinnen leben kann, daß man von ihm durchdrungen wird. Nur an diesem einen Ende, da wird es sichtbar. Und im Verhältnis zur Erde dreht sich diese ganze Sphäre, die übrigens nicht eine Sphäre ist, sondern ein Rotations-Ellipsoid, und

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#Bild s. 254a

damit dreht sich dasjenige, was da das sichtbare Stückchen ist, also dasjenige, was der sichtbare Mond ist. Das ist nur ein Teil der vollen Wirklichkeit, mit der man es hier zu tun hat.

Es wird Ihnen dasjenige, was da auftritt als eine Vorstellung, die wirklich da war, in seinem Formbild nicht so schrecklich paradox er­scheinen, wenn Sie ein Analogon sich vor die Seele führen. Führen Sie sich das Analogon der menschlichen oder tierischen Keimzelle vor das Auge (Fig. 2). Sie wissen, in einem gewissen Stadium der

#Bild s. 254b

Entwickelung bildet sich an der einen Stelle des sonst im wesentli­chen durchsichtigen Eikeimes der sogenannte Fruchthof, und von dern Fruchthof geht die Bildung des übrigen Embryos aus. Also ex­zentrisch, peripher bildet sich ein Mittelpunkt, von dern dann die übrige Bildung ausgeht. Wenn Sie dieses kleine Körperchen verglei­chen mit demjenigen, was hier als Vorstellung dern ptolemäischen Weltensystem zugrunde liegt zum Beispiel vom Monde, dann haben

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Sie Vorstellungen von demjenigen, was man da durchaus analog dachte. So daß man sagen kann: Im Sinne dieser ptolemäischen Weltauffassung ist eben noch eine ganz andere Wirklichkeit vorhan­den als diejenige ist, welche nur eingeschlossen ist innerhalb des Lichtbildes des Mondes.

Das ist dasjenige, was eingetreten ist mit dern Menschen seit jener Zeit, da das ptolemäische Weltensystem als eine Realität empfunden wurde: Das innerliche Erleben, das innerliche Fühlen im Organismus, daß man da drinnen ist im Monde, das hat sich ganz verloren, und man ist beschränkt worden auf das Lichtbild. Der Mensch des fünften nachatlantischen Zeitraumes kann nicht sagen, weil er es nicht mehr weiß: Ich stehe im Mond drinnen, respektive der Mond durchdringt mich, weil für ihn der Mond nur die kleine Lichtscheibe oder Lichtkugel oder Kugel überhaupt ist. Aus solch in­nerlichen Wahrnehmungen heraus wurde das ptolemäische Welten­system konstruiert. Nun, auf diese Wahrnehmungen kommt man ja auch heute wieder, wenn man die Dinge im richtigen Licht betrach­tet, wenn man sich zurückerobert die Möglichkeit, wiederum den ganzen Mond zu erleben. Aber es bleibt durchaus begreiflich, daß derjenige, der heute von der gebräuchlichen Vorstellung «der Mond» ausgeht, nun sagt: Ja, ich kann nicht recht fassen, was da eigentlich für ein Bezug sein sollte zwischen dern Mond und irgend etwas in mir. Und es ist wirklich schließlich noch besser, wenn die Leute ab­sprechend urteilen über irgend etwas, was vom Mond ausgeht und auf den Menschen einen Einfluß hat, als wenn sie sich darüber allerei phantastische Vorstellungen machen. Sobald aber wiederum die Vorstellung eine real entsprechende wird, daß wir ja im Mond drin­nen leben, daß also das, was Mond genannt werden kann, ein Kraft-zusammenhang ist, der uns fortwährend durchdringt, dann braucht nicht mehr Verwunderung darüber einzutreten, daß dieser Kraftzu­sammenhang auch gestaltend im Menschen auftritt und im Tier, daß wirklich dasjenige, was da uns durchdringend wirkt, eben etwas ist, was mit dern Gestalten unseres Organismus etwas zu tun hat. Solche Vorstellungen also sind es, die wir uns wiederum zurücker­obern müssen. Wir müssen uns durchaus klar sein darüber, daß der

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sichtbare Himmel eben durchaus nur eine fragmentarische Offenba­rung des wirklichen, substanzerfüllten Weltenraumes ist.

Wenn Sie nun die Vorstellung entwickeln, Sie leben so in einem Substanz-Zusammenhang drinnen, so werden Sie das Gefühl ha­ben: Das ist etwas sehr, sehr Reales. Wir haben es aber heute in un­serer gebräuchlichen astronomischen Anschauung durch etwas Er­dachtes ersetzt. Wir haben es ersetzt durch dasjenige, was wir die Gravitation nennen. Wir finden nur, daß eine gegenseitige Anzie­hungskraft desjenigen, was wir als Körper des Mondes und was wir als Körper der Erde denken, stattfindet - Diese Gravitationslinie, die könnten wir uns rotierend denken, dann würden wir ungefähr aus dem Bilde, das entsteht durch diese rotiedende Gravitationslinie, das herausbekommen, was in früheren astronomischen Ansichten die Sphäre genannt worden ist, die Sphäre irgendeines Planeten. Es ist im Grunde nichts anderes geschehen, als daß dasjenige, was substan­tiell empfunden worden ist und nun auch wiederum substantiell er­lebt werden kann, in gedachte Linien verwandelt worden ist.

Sie sehen, wir müssen uns also die ganze Konfiguration der diffe­renzierten Weltenraumerfüllung anders denken, als wir das gewohnt sind. Wir richten uns heute nach den Gravitationsvorstellungen, zum Beispiel sagen wir, daß Ebbe und Flut zusammenhängen mit gewis­sen vom Mond ausgehenden Gravitationskräften. Wir reden davon, wie da eine Gravitation vom Weltenkörper ausgeht und das Wasser hebt. Im Sinne jener anderen Vorstellungsweise müssen wir sagen, der Mond durchdringt auch die Erde, und indem er die wässerige Erdensphäre durchdringt, spielt sich etwas ab, was hier an dieser Stelle als Wassererhebung sich abspielt; an einer andern Stelle gibt sich die Mondensphäre als Lichterscheinung kund. Wir brauchen nicht zu denken, daß da eine besondere Anziehungskraft vorhanden ist, sondern wir denken, daß gewissermaßen diese die Erde durch-dringende Mondensphäre mit der Erde zusammen eine Organsiation bildet, und wir sehen in den zwei Vorgängen bloß zwei Seiten eines Vorganges.

Ich habe die historische Betrachtungsweise von gestern nur zu Hilfe genommen, um Sie auf gewisse Begriffe zu führen. Ich hätte

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ebenso gut den Versuch machen können, diese Begriffe ganz ohne, Anlehnung an ehemalige Vorstellungen zu gewinnen, aber da hätte ja die ganze Betrachtung von geisteswissenschaftlichen Vorausset­zungen ausgehen müssen, aus denen heraus man zu denselben Vor­stellungen kommen würde.

Stellen Sie sich nun hier die Erdensphäre vor (Fig. 3). Ich stelle dasjenige, was.die feste Erdkugel ist, als Erdensphäre vor. Natürlich muß ich mir in wesentlich anderer Konsistenz und Substantialität

#Bild s. 257

nun die Mondensphäre vorstellen. Ich kann natürlich auch dasjeni­ge, was rauminhaltlich durchdrungen ist von diesen zwei Sphären, von einer dritten, vierten Sphäre durchdrungen denken. Also ich denke in irgendeiner Weise das durchdrungen von einer dritten Sphäre, das würde die Sonnensphäre sein können, die qualitativ in­nerlich verschieden ist von der Mondensphäre. Ich bin also durch­drungen, sage ich, als Mensch von der Sonnen- und Mondersphäre. Die stehen natürlich in einem Wechselverhältnis, indem sie sich durchdringen, und der Ausdruck dieser Wechselbeziehung ist ir­gend etwas im Organismus Gestaltetes - Und jetzt werden Sie darauf kommen, daß man schließlich zusammenschauen kann dasjenige, was in dieser Weise in verschiedener Substantialität durchdringt den

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Organismus, und das, was seinen Ausdruck finden kann in der Gestal­rung; daß die Gestaltung einfach das Ergebnis ist dieser Durchdrin­gung. Und dasjenige, was wir dann als Bewegungen der Himmels-körper sehen, das ist gewissermaßen das Zeichen, das Sichtbarwer-den unter gewissen Verhältnissen der Grenze dieser Sphären. Das ist etwas, was zunächst durchaus notwendig ist, um wiederum zu reale-ren Vorstellungen über den Bau unseres Weltensystems zu kommen. Und Sie können jetzt schon etwas Wirklicheres als früher mit der Idee verbinden, daß die menschliche Organisation etwas zu tun hat mit diesem Bau des Weltensystems. So lange man da draußen die Hirn­melskörper sieht, so lange wird man keine sehr klaren Vorstellungen gewinnen können über diese Zusammenhänge. In dern Augenblick; wo man übergeht zu dern Wirklichen, kann man diese klare Vorstel­lung gewinnen, wenn auch natürlich die Dinge anfangen, etwas ver­wirrend zu werden, weil es so viele Sphären gibt, von denen man durchdrungen ist, so daß man tatsächlich ja etwas unangenehm von all diesem Durchdringen des Organismus berührt werden kann -

Die Sache wird aber noch schlimmer, möchte ich sagen. Wir sind zunächst ja von der Erdensphäre in einer gewissen, sogar erweiterten Weise durchdrungen, denn zur Erde gehört ja nicht nur die feste Erdkugel, auf der wir stehen, sondern auch die Wassermasse; es ge­hört aber auch die Luft, in der wir ja schon drinnen sind, dazu. Das ist schon eine Sphäre, in der wir da drinnen sind. Diese Luft, sie ist nur im Verhältnis zu demjenigen, was die Himmelserscheinungen bewirken, noch etwas sehr Grobes. Nun denken Sie sich also, wir ste­hen in der Erdensphäre drinnen, wir stehen in der Sonnensphäre drinnen, in der Mondensphäre und noch in vielen anderen. Aber wir wollen nur die drei einmal herausheben und uns also sagen: Irgend etwas in uns ist das Ergebnis der Substantialitäten dieser drei Sphä­ren. Wir haben qualitativ jetzt etwas, was, wenn es quantitativ auf-tritt, der Mathematiker mit einem gewissen Horror empfindet, das­jenige, was er das Problem der drei Körper nennt. Das aber wirkt in seinem Ergebnis, in seiner Realität, in uns. Wir müssen uns dadurch klarwerden, daß das wirkliche Entziffern der Realität, der Wirklich­keit keine einfache Sache ist, und daß die Gewöhnung, in einfacher,

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bequemer Weise die Wirklichkeit aufzufassen, eigentlich wirklich nur ihren Ursprung hat in der menschlichen Denkbequemlichkeit. Und vieles von dem, was eben als wissenschaftlich gilt, hat nur sei­nen Ursprung in dieser menschlichen Denkbequemlichkeit. Sieht man von ihr ab, dann muß man eben so vorsichtig zu Werke gehen, wie wir das in diesen Vorträgen versuchten, die nur manchmal des­halb nicht vorsichtig genug aussehen, weil gesprungen werden muß­te skizzenhaft von dem einen zum andern, so daß Sie sich selbst die Verbindungen suchen müssen; sie sind aber da.

Nun müssen wir aber ebenso vorsichtig vorgehen, wenn wir das­selbe Problem von einer anderen Seite anfassen wollen, auf die ich auch schon aufmerksam gemacht habe, nämlich von der Seite des menschlichen Organismus selbst im Vergleich mit den Wesen der anderen Naturreiche. Ich habe Ihnen gesagt, wir können uns vorstel­len eine Gabelung, von einem ideellen Punkte ausgehend. Auf dern einen Aste haben wir dann zu verzeichnen die Pflanzenwelt, auf dern andern Ast die Tierwelt. Wenn wir uns das Werden der Pflan­zenwelt fortgesetzt denken im wirklichen Naturreich, so kommen wir in das Mineralisieren des Pflanzenreiches hinein. Das werden wir uns ja durchaus als einen realen Vorgang vorstellen können, wenn wir es am gröbsten Beispiel anfassen. Wir treffen heute die mi­neralische Steinkohle und sehen in ihr mineralisiertes Pflanzliches. Was sollte uns denn abhalten davon, auf analoge Vorgänge, die sich abgespielt haben für anderes Pflanzenartiges, hinzuschauen und, sa­gen wir, die kieseligen und sonstigen Bestandteile der mineralischen Erdsubstanz aus dern Mineralisieren des Pflanzlichen abzuleiten?

Nicht in derselben Weise, sagte ich, können wir vorgehen, wenn wir die Beziehungen suchen des Tierreiches zum Menschenreich. Da müssen wir gewissermaßen uns vorstellen, die Entwickelung rückt im Tierreich vor, neigt sich aber dann auf sich selbst zurück und reali­siert sich physisch auf früherer Stufe als diejenige des Tieres ist. So daß man gewissermaßen sagen kann: Die tierische und die menschli­che Bildung marschiert von einem gemeinsamen Punkte aus. Das Tier geht aber weiter, bevor es äußerlich physisch real wird; der Mensch hält sich auf einer früheren Stufe zurück und macht sich auf

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dieser Stufe physisch real. Dadurch ist es ja möglich - denn diese Vorgänge müssen wir auf die Embryonal-Entwickelung beziehen -, daß der Mensch noch in ganz anderem Maße als das Tier entwicke­lungsfähig bleibt, nachdem er geboren ist. Im Mineral ist die pflanz­liche Bildung über das Extrem des Pflanzlichen hinausgegangen; im Menschen wird die tierische Bildung nicht bis zum Extrem getrie­ben, sondern in sich zurückbehalten und auf einer früheren Stufe die äußere Ausgestaltung von der Natur vorgenommen. So daß wir eben diesen ideellen Punkt bekommen, von dern aus sich gabelt in einen längeren, unbegrenzt langen Ast und in einen kürzeren, in sich auch von der negativen Seite unbestimmten Ast: Pflanzenreich, Mineralreich; Tierreich, Menschenreich.

Nun handelt es sich darum, eine gewisse Vorstellung zu gewin­nen von dem, was da eigentlich vorliegt mit dieser Bildung des Men­schen im Verhältnis zur Bildung des Tieres. Zurückgehalten also ist die Entwickelung beim Menschen, gewissermaßen vorzeitig real ge­macht ist dasjenige, was sich realisieren will. Wenn man studiert in der Weise, wie der Vorgang vorgestellt werden muß nach dem, was ich Ihnen bereits in diesen Vorträgen mitgeteilt habe, wenn man studiert den Anteil, den die Sonnenentität hat bei der Bildung des Tierkörpers - natürlich immer auf dern Ümwege durch die Embryo­nalbildung -, so weiß man, daß gewissermaßen der direkte Sonnen­schein etwas zu tun hat mit der Konfiguration des tierischen Kop­fes, das Indirekte des Sonnenlichtes, also ich möchte sagen der Son­nenschatten im Verhältnis zur Erde, etwas zu tun hat mit dern pola­rischen Gegenteil des tierischen Kopfes. Wenn wir nun ins Auge fas­sen ganz stramm dieses Durchdringen der tierischen Bildung mit der kosmischen Sonnensubstantialität und die Formen ins Auge fassen, dann werden wir damit eine Vorstellung verbinden lernen, die ich in der folgenden Weise vor Sie hinzeichnen möchte. Nehmen Sie ein­mal an, die tierische Bildung wird in irgendeiner Weise bewirkt im Zusammenhang mit der Sonne. Nun, nehmen wir jetzt eine ge­bräuchliche astronomische Vorstellung und fragen wir uns im Sinne dieser Vorstellung: Gibt es außer dem, was da durch besondere Kon­stellation eben vorliegen wird als Wirkungsweise zwischen Sonne

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und Tier, irgendwo die Möglichkeit einer Wirkung des Sonnenlich­tes im Kosmos, die nicht so ohne weiteres mit der Sonne selbst zu­sammenhängt? Ja, die gibt es. Jedesmal, wenn uns der Vollmond bescheint oder überhaupt nur der beleuchtete Mond, so scheint uns das Sonnenlicht an. Da wird uns gewissermaßen kosmisch die Mög­lichkeit geschaffen, daß das Sonnenlicht uns bestrahlt. Das ist natür­lich auch beim werdenden Menschen, in der Keirneszeit, der Embryo­naizeit der Fall und war der Fall in früheren Erdenstadien so, daß es damals eine direkte Wirkung war. Das, was heute als Nachklang da ist, ist eben vererbt. Da haben wir also wiederum ein Sonnenwirken, einmal direkt und einmal ein indirektes, im Rückstrahlen des Son­nenlichtes vom Monde her.

Und nun stellen Sie sich das Folgende vor. Stellen Sie sich einmal vor, wenn ich es wiederum schematisch zeichnen will, beim Tiere läge es mit der Entfaltung, dern Werden des Tieres so, daß es unter dern Eindruck der Sonnenwirkungen nach diesem Schema entstünde (Fig. 4). Ich möchte sagen, das wäre die gewöhnliche Tag- und

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Nachtwirkung, also Kopf und polarer Gegensatz des Kopfes. Das wäre die gewöhnliche Sonnenwirkung beim Tier. Und jetzt nehmen wir einmal jene Wirkung des Sonnenlichtes, die auftritt, wenn der Mond in Opposition steht, wenn Vollmond ist, wenn also gewisser­maßen von der Gegenseite her das Sonnenlicht wirkt, durch die Re­flexion sich entgegenwirkt - Wenn wir dieses (Pfeil senkrecht nach unten in Fig. 5, S.262) als die Richtung für die tierischen Bildungen der direkten Sonnenstrahlen denken, so müßten wir uns vorstellen, die tierische Bildung ginge immer weiter im Sinne dieses direkten

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Sonnenstrahles (Fig. 5), und es würde ein Tier immer mehr und mehr Tier, je mehr die Sonne auf es wirkt. Wenn aber von der Gegenseite her der Mond entgegenwirkt, beziehungsweise die Sonne auf dern

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Umweg des Mondes, dann wird von dern Tierwerden weggenom­men, es wird in sich zurückgenommen (Fig. 6). Das entspricht der Verkürzung des zweiten Gabelastes, dieses Zurücknehmen (Fig. 7). Sie sehen also, wir bekommen ein kosmisches Korrelat für dasjenige, was ich Ihnen als eine gewisse Charakteristik für den Unterschied des Menschen mit dern Tier gegeben habe.

#Bild s. 262b

Dasjenige, was ich Ihnen da jetzt gesagt habe, das ist unmittelbar wirklich wahrzunehmen für den, der sich die Möglichkeit verschafft, solche Dinge wahrzunehmen. Der Mensch verdankt tatsächlich die. ses Zurückhalten seiner Organisation der Gegenwirkung des Son­nenlichtes auf dern Umweg des Mondes. Es wird die Wirkung des Sonnenlichtes dadurch, und zwar die eigene Qualität - es ist ja immer

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Sonnenlicht - abgeschwächt, indem sich die Sonne selbst in der Mondwirkung ein Gegenbild entgegenstellt. Würde sie sich nicht selber entgegenstellen in der Mondenlichtwirkung, so würde das, was als Bildungstendenz in uns liegt, uns die tierische Gestalt geben. So wirkt das entgegen, was eben Sonnenwirkung, reflektiert vom Monde, ist. Die Bildung wird angehalten, indem das Negative wirkt, und die Menschengestalt ist die Folge.

Verfolgen wir nun auf dern anderen Gabelast die Pflanze in ihrer Bildung und stellen wir uns vor dasjenige, was in der Pflanze Son­nenwirkung ist - daß eine Sonnenwirkung da ist, ist ja handgreiflich -, das würde sich nicht entfalten können zu einer gewissen Zeit. Es kann sich ja während des Winters dasjenige nicht entfalten, was in der Pflanze sprießendes, sprossendes Leben ist. Man sieht schon den Unterschied in der Entfaltung der Pflanze, wenn man einfach den Unterschied von Tag und Nacht ins Auge faßt. Aber denken Sie sich nun diese Wirkung, die immer im Rhythmus abläuft, in unbegrenz­ter Anzahl wiederholt, möchte ich sagen, was haben wir dann ei­gentlich? Wir haben Wirkung der Sonne, und Eigenwirkung der Er­de, wenn die Sonne also nicht direkt wirkt, sondern von der Erde be­deckt ist. Die Sonne wirkt; die Sonne wirkt wiederum nicht, sondern die Erde, wenn die Sonne von unten wirkt, die Erde ihr entgegen-liegt. Wir haben also den Rhythmus: Sonnenwirkung vorwiegend; Erdenwirkung vorwiegend. Wir haben also das Pflanzliche ausgesetzt abwechselnd der Sonne und dann wiederum hineingezogen, bild­haft ausgedrückt, in das Irdische, gewissermaßen vom Irdischen in sich gezogen. Wir haben da etwas anderes. Wir haben im letzten Falle eine wesentliche Verstärkung desjenigen, was in der Pflanze als das Sonnenhafte wirkt, und diese Verstärkung des Sonnenhaften durch das andere, Erdhafte, das drückt sich dadurch aus, daß die Pflanze allmählich dern Mineralisierungsprozeß verfällt. So daß wir also sagen müssen: Wir gabeln so, daß wir in bezug auf die Pflanze Sonnenwirkung sehen, fortgesetzt durch die Erde zur Mineralisie­rung; Sonnenwirkung im Tiere, in sich zurückgenommen durch die Mondenwirkung im Menschen (Fig. 7). Ich könnte auch diese Figur noch etwas anders zeichnen, dann würde sie diese Gestalt bekommen

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können (Fig. 8): hier zum Menschlichen zurückgehend; hier zum Mineralischen, das natürlich in einer anderen Form sein mußte, vorschreitend. Es ist zunächst ja nur eine symbolische Figur, aber diese symbolische Figur drückt uns in einer gewissen Weise klarer als die erste Figur, die bloß in Linien da ist, dasjenige aus, was ich diese Ga­belung nennen möchte zwischen dern Mineralreich und Pflanzen­reich auf der einen Seite und dern menschlichen und tierischen Reich auf der anderen Seite.

#Bild s. 264

Man wird niemals gerecht einer Systematik der Naturwesen, wenn man sie nur gradlinig vorstellt, wenn man nicht diese Vorstel­lung zugrunde legt. Daher werden alle Natursysteme immer unbe­friedigend ausfallen, die bloß in gradliniger Weise vom Mineralreich angefangen zum Pflanzenreich übergehen, dann zum Tierreich, dann zum Menschen. Es handelt sich darum, daß man es, wenn man diese Vierheit darstellt, mit einem viel komplizierteren Zusammen­hang zu tun hat, als mit einem solchen, der bloß etwa in einer grad­linigen Entwickelungsströmung und dergleichen läge. Wenn man von einer solchen Vorstellung ausgeht, wird man ganz gewiß nicht zu irgendeiner generatio aequivoca, zu irgendeiner Urzeugung ge­führt, sondern zu diesem ideellen Mittelpunkt, der irgendwo zwi­schen Tier und Pflanze liegt, der überhaupt nicht im Physischen ge­funden werden kann, der aber ganz gewiß einen Zusammenhang hat mit dern Problem der drei Körper: Erde, Sonne, Mond. Wenn

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Sie also auch vielleicht nicht mathematisch vorstellbar haben dasjeni­ge, was man sich vorstellen könnte als eine Art von ideellem Schwer­punkt der drei Körper Sonne, Mond und Erde, wenn Sie auch da­mit das Problem der drei Körper nicht gut lösen können - im Men­schen ist es gelöst! Indern der Mensch Mineralisches, Tierisches, Pflanzliches in sich verarbeitet, ist in ihm tatsächlich dasjenige ge­schaffen, was eine Art ideeller Durchschnittspunkt der drei Wirkun­gen ist. Es ist in ihm eingezeichnet, es ist ganz zweifellos da. Und weil es da ist, hat man sich damit abzufinden, daß gerade dasjenige, was da im Menschen ist, ganz gewiß empirisch an verschiedenen Or­ten ist, weil es in jedem einzelnen Menschen ist, in allen Menschen, die über die ganze Erde zerstreut sind, so daß sie in einer gewissen Beziehung stehen müssen zu Sonne, Mond und Erde. Und wenn es in einer gewissen Weise gelingt, eine Art ideellen Durch­schnittspunkt zu finden von Sonnen-, Mond- und Erdenwirkung, und man die Bewegung dieses Punktes für jeden einzelnen Men­schen finden könnte, dann würde uns das wesentlich weiter führen zu dern Begreifen desjenigen, was wir vielleicht Bewegung nennen können in bezug auf Sonne, Mond und Erde.

Aber, wie gesagt, hier wird das Problem eigentlich nur verwickel­ter, weil wir so viele Punkte haben, als Menschen auf der Erde sind, für die wir die Bewegungen suchen müssen. Aber es könnte ja sein, daß diese Bewegungen für die verschiedenen Menschen nur schein­bar verschieden sind. Darüber wollen wir uns dann morgen weiter unterhalten.

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FÜNFZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 15. Januar 1921

Ich möchte heute versuchen, einiges von dem, was vielleicht Schwie­rigkeiten macht in der Auffassung der Dinge, die wir bisher betrach­tet haben, hinüberzuführen zu Vorstellungen, welche Ihnen zeigen werden, wie man in der Tat mit demjenigen nicht auskommen kann im Begreifen der Welterscheinungen, das man so gerne, natürlich nach der Bequemlichkeit der menschlichen Denkgewohnheiten, zugrun­de legen möchte. Wir haben ja die Welterscheinungen im Zusam­menhang mit dem Menschen nach den verschiedensten Richtungen hin betrachtet. Wir haben namentlich immer wiederum darauf hingewiesen, wie ein gewisser Zusammenhang sich zeigt zwischen der menschlichen Gestaltung und demjenigen, was uns in den Himmels­erscheinungen entgegentritt, gleichgültig, ob wir im Sinne eines äl­teren Weltsystems oder im Sinne der kopernikanischen Theorien die Bewegungen der Weltenkörper zu einem Bilde zusammenfas­sen. Das Bild muß immer in verschiedener Weise zum Menschen in ein Verhältnis gebracht werden, das haben wir gesehen, aber wir kommen in einer wirklichen Wissenschaft nicht darum herum, die­ses Verhältnis auch wirklich anzunehmen.

Nun stellen sich aber dabei ganz erhebliche Schwierigkeiten ein. Wir haben zuerst im Verlauf dieser Vorträge auf die Schwierigkeit hingewiesen, die sich darin ausdrückt, daß, sobald man versucht, die Verhältnisse der Umlaufzeiten der Planeten unseres Systems zu be­trachten, sich inkommensurable Zahlen ergeben, daß es also not­wendig ist, gewissermaßen mit dem Rechnen aufzuhören. Denn wo sich inkommensurable Zahlen ergeben, da ist keine überschaubare Einheit vorhanden. Und so sehen wir, daß wir mit derjenigen ma­thematischen Denkweise und Methodik, durch die wir zusammenfas­sen möchten die Erscheinungen unseres Weltenraumes, durch die Erscheinungen selbst aus der Wirklichkeit herausgetrieben werden, daß wir also nicht voraussetzen dürfen, wir könnten mit demjeni­gen, was wir im gewöhnlichen, starren dreidimensionalen Raum für

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unsere Geometrie zugrunde legen, uns irgendwie die Welterschei­nungen erklärlich machen. Insbesondere aber tauchte uns ja gestern eine Schwierigkeit auf: Wir waren in die Notwendigkeit versetzt, vorauszusetzen ein gewisses Verhältnis von Sonne, Mond und Erde, das in irgendeiner Weise im Menschen, im Bau des Menschen zum Ausdruck kommen muß und das man fassen möchte. Und in dem Augenblick, wo sich solch ein Zusammenwirken einer Dreiheit gel­tend macht, da kommt man mit dem Rechnen im Raum in beträcht­liche Schwierigkeiten hinein. Auf alles das habe ich ja bisher auf­merksam gemacht. Nun kann sich uns etwas ergeben, wenigstens als ein Anhaltspunkt, um rein geometrisch, aber in einem erhöhteren Maße geometrisch, eine Vorstellung zu gewinnen von dem, was da eigentlich zugrunde liegt als Schwierigkeit, mit dem Rechnen im Raum die Zusammenhänge der Himmelserscheinungen zu erfassen.

Wenn wir noch einmal zurückgehen auf die verschiedenen Ver­suche, die ich Ihnen angedeutet habe, die Gestaltung des Menschen selber wirklich zu erfassen, so kommen wir auf folgendes. Wir kön­nen den Versuch machen, die Gliederung der menschlichen Wesen­heit, von der wir ja auch in diesen Vorträgen öfter gesprochen ha­ben, wirklich ernst zu nehmen, wie es ja sein muß. Wir können da­von sprechen, daß die menschliche Hauptesorganisation mit ihrer Zentrierung im Nerven-Sinnessystem eine gewisse Selbständigkeit für sich hat; ebenso das rhythmische System mit allem, was dazu ge­hört; und schließlich hat auch das Stoffwechselsystem mit alledem, was in der Gliedmaßenorganisation dazu gehört, wiederum eine Art Selbständigkeit für sich. Wir können also in der menschlichen Organisation auf drei in sich selbständige Systeme hinweisen, und wir werden, wenn wir in einer venünftigen Weise dabei das Prinzip der Metamorphose zugrunde legen, das ja unbedingt in der organi­schen Natur zugrunde gelegt werden muß, uns Vorstellungen zu bil­den haben darüber, wie sich nach dem Prinzip der Metamorphose diese drei Glieder der menschlichen Organisation zueinander ver­halten.

Also, verstehen Sie mich recht! Wir wollen uns eine, wenn auch vielleicht zunächst nur bildhafte Vorstellung davon machen. wie

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sich die drei Glieder der menschlichen Organisation zueinander verhalten. Obefflächlich angesehen wird das natürlich schwierig sein. Es wird schwierig sein, dasjenige, was im menschlichen Haupte an Organen angetroffen werden kann, deutlich zu erkennen als Metamorphose derjenigen Organe, welche dem Stoffwechsel-Glied­maßensystem zugrunde liegen. Aber wenn man so weit auf die Morphologie des Menschen eingeht, wie ich es angedeutet habe, dann kommt man doch in einer gewissen Weise zurecht, wenn man wirklich die Vorstellung gründlich durchdenkt, daß wir es in dem Wechselverhältnis zwischen Röhrenknochen und Schädelknochen zu tun haben mit einer vollständigen Wendung der Innenfläche des Knochens nach außen nach dem Prinzip, wie man einen Handschuh umdreht, und daß man bei dieser Umwendung es zugleich zu tun hat mit einer Änderung der Kraftverhältnisse. Es würde, wenn ich so, wie ich einen Handschuh drehe, im Röhrenknochen das Innere nach außen wenden würde, wieder ein Röhrenknochen entstehen, natürlich. Wenn wir aber voraussetzen, daß der Röhrenknochen nur dadurch sich konfiguriert hat, daß er angeordnet ist, wie ich es darge­stellt habe, nach innen zu in durchlaufendes Radiales, daß er also genötigt ist, seine Materienanordnung dem Radialen entsprechend zu machen, und ich ihn dann so umwende, daß das Innere nach au­ßen kommt, und er dann nicht dem Radialen folgt in seiner Anord­nung, sondern dem Sphäroidalen, so wird das Innere, das sich jetzt dem Sphäroidalen zuwendet, eben diese Form bekommen (Fig. 1).

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Das frühere Äußere ist jetzt das Innere und umgekehrt. Wenn Sie dieses ins Auge fassen im extremsten Fall der Umwandelung des

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Röhrenknochens in den Schädelknochen, dann werden Sie sich sa­gen: Die äußeren Enden der menschlichen Gliederung, das Glied­maßensystem und das Schädelsystem, sie stellen gewissermaßen Pole der Organisation dar, aber so, daß wir nicht einfach die Pole im line­aren Sinne als entgegengesetzt zu denken haben, sondern daß wir, wenn wir übergehen von einem Pol zum anderen, auch entspre­chend einen Übergang annehmen müssen zwischen Radius und Ku­geloberfläche. Ohne daß man so komplizierte Vorstellungen zu Hil­fe nimmt, ist es durchaus unmöglich, irgendwie eine der Sache adä­quate Vorstellung vom menschlichen Organismus zu bekommen.

Nun, dasjenige, was gewissermaßen die Mitte bildet, das mittlere Glied der Organisation des Menschen, dasjenige also, was zugeord­net ist dem rhythmischen Organismus, das wird in der Mitte drin­nenstehen, wird gewissermaßen wie den Übergang bilden von Radial-struktur zu Sphäroidalstruktur. Aus diesem Prinzip heraus ist nun morphologisch die ganze menschliche Organisation zu begreifen. Wir müssen uns also klarmachen, wenn wir irgend etwas in der Stoffwechselorganisation haben als Organ, also sagen wir zum Bei­spiel die Leber oder irgendeines der Organe eben, die dem Stoff­wechsel im eminentesten Sinne angehören - man kann immer nur sa­gen «im eminentesten Sinne angehören», denn die Dinge sind ja wiederum ineinandergeschoben -, wenn wir also ein solches Organ haben, und wir suchen entsprechend dasjenige Organ, das in der Hauptesorganisation durch Umwendung metamorphosiert mit ihm zusammenhängen kann, dann werden wir natürlich eine ganz ge­waltige Deformation des betreffenden Organs zu konstatieren ha­ben, wenn wir mit dem Begreifen der Form zurechtkommen wollen. Daher wird es schwierig sein, mathematisch irgendwie die Sache zu fassen. Aber ohne daß man irgendwo anfaßt mit dem Mathemati­schen, wird man überhaupt nicht zurechtkommen. Und wenn Sie bedenken - nehmen Sie es selbst nur wie ein Bild -, daß man in dem Begreifen der menschlichen Gestalt etwas hat, was hinausweist auf die Bewegungen der Himmelskörper, so wird es sich darum handeln, daß, wenn man zusammenfassen will dasjenige, was in den Bewe­gungen der Himmelskörper auftritt, man es auch in einer ähnlichen

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Weise auffassen muß; daß man nicht so vorgeht, als ob einfach die Dinge sich abspielten in einer Weise, an die man herankommt mit der Geometrie, die einfach mit dem gewöhnlichen Raum rechnet und die daher, weil sie das tut, ja mit keiner Umwendung rechnen kann. Sobald man von einer solchen Umwendung spricht, wie ich es getan habe, kann man nicht mehr mit dem gewöhnlichen Raum rechnen. Der gewöhnliche Raum gilt da, wo ich Kubikinhalte bilde im gewöhnlichen Sinne. Wenn ich aber genötigt bin, das Innere zum Äußeren zu machen, dann hört die Möglichkeit auf, mit den­jenigen Vorstellungen rechnend fortzugehen, die ich im gewöhnli­chen Raum habe.

Nun, wenn ich aber die menschliche Gestalt mir so vorstellen muß, daß ich Wendungen in dem entsprechenden Sinne dazu brau­che, so muß ich mir auch die Bewegungen der Himmelskörper vor­stellen so, daß ich Wendungen dazu brauche. Ich kann also unmög­lich in demselben Sinne vorgehen, wie die gegenwärtige Astronomie vorgeht, die sich eben zum Begreifen der Himmelserscheinungen einfach nur des gewöhnlichen, starren Raumes bedient. Wenn Sie einfach zunächst die Kopforganisation und die Stoffwechselorgani­sation des Menschen nehmen, so müssen Sie, um von der einen zur anderen überzugehen, eine solche Wendung und noch dazu mit Va­riationen der Formen sich vorstellen. Nun, suchen wir uns eine Mög­lichkeit, zunächst bildhaft so etwas vorzustellen.

Sehen Sie, dazu haben wir ja schon vorgearbeitet, indem wir hin­gewiesen haben auf die Gassinische Kurve und auch auf diejenige Auffassung des Kreises, in der der Kreis nicht einfach eine Linie ist, bei der jeder Punkt von einem Mittelpunkt gleichweit entfernt steht, sondern diejenige Linie, bei der jeder Punkt von zwei fixen Punkten in der Weise entfernt ist, daß der Quotient dieser Entfernungen eine konstante Größe ist. Da haben wir also den Kreis durch eine andere Auffassung gegeben. Wir haben zunächst also auf die Gassinische Kurve hingewiesen und haben gezeigt, wie diese Gassinische Kurve im wesentlichen drei Formen hat: Die eine Form ist ellipsenähnlich, wie ich Ihnen gesagt habe. Sie entsteht dann, wenn zwischen den Konstanten ein bestimmtes Verhältnis ist. das wir angegeben haben;

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die zweite Form ist die Lemniskate; die dritte Form, die ist so, daß wir der Vorstellung gemäß eine Einheit haben, daß wir auch analy­tisch eine Einheit haben, daß wir aber in der Anschauung eine Ein­heit nicht haben. Diese zwei Äste der Gassinischen Kurve sind eben eine Kurve. Wir müssen aber, wenn wir die Linie ziehen, eben aus dem Raum heraus und kommen dann eigentlich wiederum in den Raum herein, wenn wir den anderen Ast ziehen. Begrifflich ist es so, daß wir einen einzigen Zug mit unserer Hand machen, wenn wir diese zwei anschaulich voneinander getrennten Gebiete hinzeichnen.

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Wir können nicht im gewöhnlichen Raum diese Linie ziehen, aber begrifflich ist dasjenige, was da oben ist und dasjenige, was da unten ist, eben durchaus eine Linie (Fig. 2). Nun aber habe ich Ih­nen gesagt, daß diese Linie noch in einer anderen Weise vorgestellt werden kann. Sie kann so vorgestellt werden, daß man frägt: Welche Bahn muß ein von dem einen fixen Punkte A beleuchteter Punkt durchlaufen, damit er in dem anderen fixen Punkte B stets mit glei­cher Glanzstärke erscheint? Also ich bekomme da die Cassinische Kurve als den geometrischen Ort all derjenigen Punkte, die durch­laufen muß ein von dem einen fixen Punkte A beleuchteter Punkt, damit dieser Punkt in dem anderen fixen Punkte B immer mit dem gleichen Leuchtglanz beobachtet werden kann.

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Nun wird es Ihnen nicht schwer sein sich vorzustellen, daß, wenn etwas von A nach C leuchtet und durch Reflexion wiederum nach B leuchtet, daß das denselben Glanz liefern kann, wie das, was von A nach D leuchtet und so weiter. Das wird Ihnen ja nicht sonderlich schwer sein sich vorzustellen. Aber Sie werden schon gewisse Schwierigkeiten haben vorzustellen, wenn es an die Lemniskate herankommt. Da werden Sie nicht so ganz leicht zurechtkommen mit dem gewöhnli­chen Abzirkeln nach den Reflexionsgesetzen und so weiter. Und erst recht schwierig wird es Ihnen werden, nun die Vorstellung zu bil­den, daß von dem Punkte B aus hier in diesem Ast der Gassinischen Kurve (welcher B umschlingt) immer derselbe Leuchteglanz beob­achtet werden soll, der durch den Lichtpunkt A bewirkt wird. Denn Sie müßten sich ja vorstellen, daß da der Lichtstrahl (beim Übergang vom einen Ast zum andern) aus dem Raume herausgeht, und daß er da wiederum in den Raum hineinleuchtet. Es würde dieselbe Schwierigkeit geben, die es gibt, wenn ich eben einfach nur verlan­ge, daß wir mit der Hand durch den Raum mit einem Linienzug die zwei Äste ziehen. Aber ohne daß man diese Vorstellung ausbildet, kommt man wiederum nicht zurecht, wenn man die Formumwand­lung oder den Formzusammenhang sucht irgendeines Organes des Kopfes mit irgendeinem Organ des Stoffwechsels des Menschen. Da müssen Sie unbedingt, wenn Sie den Zusammenhang suchen wol­len, aus dem Raum heraus. Das heißt mit anderen Worten, so son­derbar, so paradox es klingt: Wenn Sie mit dem Verstehen irgendei­ner Form Ihres Kopfes zum Verstehen irgendeiner Form innerhalb des Stoffwechselsystems übergehen wollen, dann können Sie nicht im Raume verbleiben, dann müssen Sie aus dem Raume heraus. Sie müssen aus sich selber heraus und müssen etwas suchen, was nicht im Raume ist, was ebensowenig im gewöhnlichen Raume ist, wie dasjenige, was zwischen dem oberen und dem unteren Ast der Cassi-nischen Kurve liegt. Es ist das ja nichts anderes als ein anderer Aus-druck dafür, daß man die Metamorphose sich vorzustellen hat als eine vollständige Wendung.

Nun, wenn wir uns hier noch vorstellen den Zusammenhang zwi­schen dem oberen Ast der diskontinuierlichen Gassinischen Kurve

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und dem unteren Ast, danp legen wir zugrunde wirkliche Konstan­ten, unveränderliche, starre Konstanten. Wenn wir aber die Kon­stanten selbst, wie wir es getan haben, veränderlich machen, dann gibt es einfach die Möglichkeit, bei veränderlicher Konstante, also bei doppelt variablen Gleichungen, den oberen Ast zum Beispiel so vorzustellen und den unteren Ast so vorzustellen (Fig. 3). Wir wer­den allerdings darauf hinauskommen, daß der obere Ast so sich ge­staltet. Wenn Sie also die Gassinische Kurve so verändern, daß Sie statt der Konstanten selber wieder Variable nehmen, das heißt Funktionen zugrunde legen statt der unveränderlichen Konstanten, dann werden Sie zwei verschiedene Äste bekommen. Und darunter wird auch der Fall sein können, daß der eine Ast gewissermaßen aus dem Unendlichen kommt und wiederum ins Unendliche fortgeht.

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Dieses Verhältnis aber, das ist es, was Sie zugrunde legen können, wenn Sie gewisse Gestalten innerhalb des menschlichen Hauptes verfolgen, sie linienhaft zusammenfassen und dann sie beziehen auf die Gestalten gewisser Organzusammenhänge im Stoffwechselsy­stem, die Sie wiederum linienhaft zusammenfassen. Da haben wir die ganze Komplikation der menschlichen Gestalt. Und die Sache wird allerdings dadurch nicht einfacher, daß Sie sich eben vorstellen müsssen, daß diese Linie mit der Tendenz nach außen vorzustellen ist, diese Linie mit der Tendenz nach innen gewendet zu denken ist (Fig. 4).

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Sie werden sagen - ich hoffe es zwar nicht, daß Sie allzuviel Wert darauf legen, sondern das nur als vorübergehende Anwandlung emp­finden -: Dann ist ja diese menschliche Organisation so kompliziert, daß man fast auf das Begreifen verzichten möchte. Da ist einem schon lieber das gewöhnliche Philisterbegreifen, wie es heute in der Physiologie und Anatomie geübt wird. Da braucht man sich nicht so anzustrengen, braucht nicht die Vorstellungen verschwinden zu las­sen und doch wiederum nicht verschwinden zu lassen, die Vorstel­lungen umzuwenden und dergleichen! - Aber man gelangt dann eben nicht zu einer Erfassung der menschlichen Organisation, son­dern man gibt sich nur der Täuschung hin, daß man dazu gelange.

Nun, wenn Sie in die menschliche Organisation so hineinsehen und sich sagen: Da ist also etwas in der menschlichen Organisation, was aus dem Raume herausfällt, was nicht im Raume drinnen ist, was mir die Notwendigkeit gibt, so vorzustellen, daß ich räumlich von­einander getrennte Liniensysteme habe, die nach einem anderen Prinzip zusammenhängen als demjenigen, das unser dreidimensio­naler Raum bietet -, wenn Sie sich das vorstellen, dann werden Sie ja vielleicht nicht mehr weit davon entfernt sein, sich zunächst in for­maler Weise auch das Folgende vorzustellen. Etwas eingewendet werden kann ja zunächst gegen das formale Vorstellen von dem, was ich jetzt sagen werde, von niemandem, denn es handelt sich nur dar-um, in der gleichen Weise zu einer Vorstellung zu kommen, wie man in der Mathematik zu einer Vorstellung kommt. Da kann nie­mand einwenden, daß man die Sache nicht beweisen könne oder dergleichen. Denn da handelt es sich nur darum, zu einer in sich ge­schlossenen Vorstellung zu kommen.

Denken Sie sich einmal, Sie hätten es nicht bloß zu tun mit dem gewöhnlichen Raum, der also drei gedachte Dimensionen hat, son­dern Sie hätten es zu tun mit einem Gegenraum. Ich nenne ihn zu­nächst Gegenraum, und ich möchte ihn in der folgenden Weise für die Vorstellung zunächst entstehen lassen: Denken Sie sich, ich bil­de in der Vorstellung den gewöhnlichen dreidimensionalen, starren Raum; ich bilde die erste Dimension, ich bilde die zweite Dimen­sion und ich bilde die dritte Dimension (Fig. 5). Indem ich diese drei

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Dimensionen gebildet habe, habe ich gewissermaßen vorstellungs­gemäß die Erfüllung geschaffen desjenigen, was sich mir darbietet als der gewöhnliche dreidimensionale Raum. Aber Sie wissen ja, man kann überall nicht bloß vorgehen bis zu einer gewissen Intensi­tät, sondern man kann auch davon wegnehmen, immer weiter weg­nehmen und kommt dann zur Negation. Sie wissen, es gibt nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden. Es ist möglich, daß ich nicht nur die drei Dimensionen entstehen lasse, sondern daß ich sie auch verschwinden lasse. Nur stelle ich mir den Vorgang des Entstehens

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und Verschwindens als einen realen vor, als etwas, was ist. Ich kann auch bloß in zwei Dimensionen vorstellen, aber das meine ich jetzt nicht, sondern ich meine: Daß da nur zwei Dimensionen sind, davon ist die Ursache nicht, daß ich nie eine dritte gehabt habe, sondern davon ist die Ursache, daß ich wohl eine dritte gehabt habe, aber daß sie mir wiederum entschwunden ist. Die zwei Dimensionen sind das Ergebnis des zuerst Entstehens und dann Vergehens der dritten Dimension. Ich habe also jetzt einen Raum, der nur äußerlich noch zwei Dimensionen zeigt, den ich aber innerlich mir so vorzustellen habe, daß er zwei dritte Dimensionen, eine positive und eine nega­tive, zeigt; die negative Dimension kommt aus etwas heraus, was nicht mehr in meinem dreidimensionalen Raum drinnen sein kann.

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was ich natürlich nicht als vierte Dimension im gewöhnlichen Sinn vorstellen muß, sondern als etwas, was sich zur dritten verhält wie das Negative zum Positiven (Fig. 6).

Nun nehmen Sie einmal an, ich würde jetzt so etwas nun einfü­gen demjenigen, was wir uns da ausgebildet haben (Fig. 7); das wäre irgendwie real vorhanden, aber so, wie in der Wirklichkeit zumeist die Dinge real sind; so, daß es approximativ das nachbildet, was ich

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hier gezeichnet habe, nicht ganz pedantisch genau. Es ist das ja nicht etwas, worüber man sich besonders verwundern darf. Denn Sie finden in der äußeren sinnlichen Wirklichkeit die mathematischen Figuren nicht anders als approximativ. Sie brauchen also nicht zu verlangen, daß es hier anders sei, wenn ich für dieses Bild eine Wirk­lichkeit suche, daß die anders sein soll als approximativ. Aber den­ken Sie einmal, ich müßte eine Wirklichkeit zeichnen, die irgendwie dem entspräche, dann müßte ich dies nicht ganz genau ebenso zeich­nen, sondern etwas Abgeflachtes zeichnen, was dem entsprechen würde. Nun, daß da etwas war und wieder verschwunden ist, das will ich jetzt so andeuten, daß meinetwillen die Dichtigkeit einet Wirkung, die durch diese starke Schattierung angedeutet ist, da ent­standen ist, aber wiederum sich abgeschwächt hat (Fig. 8). Sie haben hier eine Sphäre, die aber eigentlich in der Mitte einen verdichteten Teil hat. Nun bitte ich Sie, vergleichen Sie mit dem, was hier aufge­zeichnet ist, erstens das reale Weltensystem, wie es sich dem Augen­schein darbietet, die Sphäre mit ihren seltener stehenden Sternen

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und das nach diesem Prinzip gehäufte Sternensystem, das man ge­wöhnlich das Milchstraßensystem nennt. Aber vergleichen Sie auch die gewöhnlichen Sternkarten. Sie werden finden, daß sich dieses -bitte bleiben wir zunächst dabei, es als Bild zu betrachten -, daß sich dieses Bild gar nicht anders zeigt als dasjenige, was man immer auf­zeichnet als Durchgang der Sonne oder der Erde durch den Tier-kreis, während man da hinaus (oben und unten) irgendwo zu verle­gen hat den Nord- und Südpol. Sie sehen, so ganz ferne stehe ich dem, was in der äußeren Wirklichkeit ist, mit der Vorstellung nicht, die hier gebildet worden ist. Die realen Beziehungen werden wir schon in den nächsten Vorträgen aufsuchen.

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Zur Erfassung desjenigen aber, was wir vorhin gerade angeführt haben für den Menschen, ist dasjenige, was wir da ausgebildet ha­ben, noch nicht hinreichend, sondern da müssen wir weiter gehen -Da müssen wir sagen: Wir lassen jetzt auch noch die zweite Dimen­sion verschwinden, so daß wir nur eine Dimension, eine Gerade be­kommen; aber diese Gerade ist eben nicht eine Gerade, die einfach im dreidimensionalen Raum gezogen ist, sondern sie ist noch ste­hengeblieben, nachdem ich die dritte und die zweite Dimension ha­be verschwinden lassen. Und jetzt lassen wir auch noch die dritte Di­mension verschwinden und bekommen dadurch eben einfach den Punkt. Halten wir das fest, daß wir den Punkt bekommen haben da­durch, daß die drei Dimensionen verschwunden sind. und nehmen

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wir an, dieser Punkt böte sich uns dar in der Realität als irgend etwas selber Existierendes - Aber wie müssen wir dann, wenn er sich als et­was Wirksames zeigt, seine Wirksamkeit uns vorstellen? Wir könn­ten, wenn wir seine Wirksamkeit uns vorstellen, diese Wirksamkeit in keine Beziehung bringen zu irgendeinem Punkt, sagen wir, der im Raum der x-Achse liegt. Denn diese gibt es nicht, die ist ver­schwunden. Wir könnten ihn auch nicht beziehen auf etwas, was eine x- und y -Koordinate hätte, denn das gibt es auch nicht, das ist verschwunden aus dem Raum. Auch nicht auf die dritte Dimension des Raumes könnten wir ihn beziehen in seiner Wirksamkeit, sondern wir müßten sagen: Wenn er uns seine Wirksamkeit darbietet, dann müssen wir ihn beziehen auf dasjenige, was ganz außerhalb des drei­dimensionalen Raumes liegt. Es ist unmöglich nach diesem Vorge­hen unseres Denkprozesses, ihn auf etwas zu beziehen, das wir irgend-wie hineinbeziehen können in den dreidimensionalen Raum. Wir kön­nen ihn nur auf etwas beziehen, was außerhalb des dreidimensio­nalen Raumes liegt, nicht auf Wir haben das zunächst als eine formale Vorstellung gebildet. Diese Vorstellung wird aber höchst real - Sie wird sehr, sehr real, wenn man nicht mit den bequemen wissenschaftlichen Vorstellun­gen, mit denen man heute die Dinge beherrschen möchte, vorgeht, sondern sich etwas tiefer in die Dinge einläßt. Betrachten Sie näm­lich einmal mit der wirklichen Tendenz, etwas zu begreifen, den Sehvorgang in seinem Zusammenhang mit der Organisation des Au­ges. Betrachten Sie diese ganze Organisation des Auges, wie sie sich darstellt. Sie wissen ja vielleicht, ich habe es in andern Vorträgen öf­ter erwähnt, man muß das Auge begreifen nicht als eine bloße Bil­dung von innen nach außen, sondern als etwas, was von außen nach innen einorganisiert ist. Man kann die Bildung von außen nach in­nen verfolgen, indem man phylogenetisch die Bildung der niederen Tiere verfolgt und dann zum Sehvorgang übergeht. Wenn Sie den Sehvorgang studieren, müssen Sie versuchen, sich innerlich begreif­lich zu machen, wie er von außen angeregt wird. wie das Organ ihm

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angepaßt ist, auch von außen angeregt zu werden, wie es nach dem Sehnerv zu nach innen weiter wirkt und dann in die allgemeine Organisation übergehr, gewissermaßen in der allgemeinen Orga­nisation verschwindet. Man kann ja natürlich die Endigung der Sehnerven finden, aber - das ist ja etwas, was sich approximativ aus­drückt - wenn man in die feinere Organisation übergeht, kann man schon sagen: Es schwindet hinein in diese Organisation. Wenn Sie nun diesen Sehvorgang mit den zu ihm gehörigen Organen wieder­um ganz gewissenhaft vergleichen, zum Beispiel mit dem Nieren­absonderungsvorgang, dann müssen Sie den Ausführungsgang bei der Nierenabsonderung beziehen auf dasjenige, was auf der andern Seite sich auslebt von außen nach innen, indem das Auge in den Sehnerv übergeht.

Wenn Sie zu Vorstellungen kommen wollen, die diese zwei Din­ge miteinander in Beziehung bringen, so daß Sie dann aus diesen Beziehungen die Erscheinungen bei dem einen und dem anderen Prozeß begreifen können, dann müssen Sie zu Hiffe nehmen solche Vorstellungen wie die vorhin angedeuteten. In dem Augenblick, wo Sie, wir können ja das eine für das andere setzen, solche Vorstellun­gen sich im dreidimensionalen Raum denken für den Sehvorgang und dann das Entsprechende beim Nierenabsonderungsvorgang su­chen, müssen Sie sich die Wirkung so denken, als ob Sie aus dem dreidimensionalen Raum herauskommen würden. Sie müssen ganz genau einen solchen Gedankenprozeß durchmachen, wie ich ihn jetzt mit dem Auslöschen der Dimensionen durchgemacht habe; Sie kommen sonst nicht zurecht -

Und in einer ähnlichen Weise müssen Sie vorgehen, wenn Sie versuchen, die Kurven zu verstehen, die sich Ihnen ergeben, wenn Sie einschließlich der Schleifen die gewöhnliche, durch das Auge zu beobachtende Bahn von Venus und Merkur am Himmel untersu­chen, und dann die Bahn von Jupiter und Mars untersuchen. Sie können, sagen wir unter Benützung von Polarkoordinaten, den Aus­gangspunkt ihres Koordinatensystems bei der Venusschleife im drei­dimensionalen Raum nehmen. Da können Sie das. Sie kommen aber nicht zurecht, wenn Sie nun die Schleifenlinie des Mars zum

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Beispiel begreifen wollen nach demselben Prinzip. Sie müssen ideell voraussetzen, daß hier die Ausgangspunkte für ein Polarkoordina­tensystem außerhalb des dreidimensionalen Raumes liegen. Und Sie sind in die Notwendigkeit versetzt, überall die Koordinaten so zu nehmen, daß Sie das eine Mal, sagen wir für die Venusbahn mit der Schleife, von dem Koordinatenpol ausgehen und diese Koordinaten hier annehmen (Fig. 9); das andere Mal, für die Jupiterbahn oder

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die Marsbahn mit der Schleife, kommen Sie nur dann zurecht, wenn Sie sich sagen: Ich nehme nicht einen solchen Ausgangspunkt mei­nes Polarkoordinatensystems, wo ich immer ein Stück zugeben muß, um die Polarkoordinaten zu bekommen, sondern ich nehme als Aus­gangspunkt meines Polarkoordinatensystems die Sphäre, also alles dasjenige, was da ins Unbestimmte hinein dahinterliegt (Fig. 10), und

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bekomme dann solche Koordinaten (gestrichelte Linien); dann muß ich immer ein Stück weglassen. Und ich bekomme dann die Linie, die auch etwas hat wie einen Mittelpunkt, aber dieser Mittelpunkt

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ist in unermeßlichen Sphären. Es könnte also notwendig sein, daß wir zum weiteren Verfolgen der Bahnen der Planten schon die Vor­stellung gebrauchen, daß bei der Konstitution der Bahn der inneren Planeten wir in die Notwendigkeit versetzt werden, uns vorzustel­len, daß für sie irgendein Zentrum da ist im gewöhnlichen Raum, daß wir aber dann die Notwendigkeit hätten, aus dem gewöhnlichen Raum herauszugehen, wenn wir Zentren vorstellen wollen für die Jupiterbahn, die Marsbahn und so weiter.

Sie sehen, wir kommen hier dazu, den Raum überwinden zu müssen. Es ist durchaus notwendig. Sie werden sehen, wenn Sie wirklich gewissenhaft vorgehen im Begreifen der Erscheinungen, daß Sie nicht auskommen mit den bloßen dreidimensionalen Raumvor­stellungen. Sie müssen das Zusammenwirken ins Auge fassen zwischen einem Raum, der die drei gewöhnlichen Dimensionen hat und den Sie sich ideell vorstellen können als von einem Mittelpunkt radial auslaufend, und einem anderen Raum, der diesen dreidimensiona­len Raum fortwährend vernichtet, und der nun nicht von einem Punkte ausgehend gedacht werden darf, sondern der ausgehend ge­dacht werden muß von der in unbegrenzter Weite liegenden Sphäre; wobei also der Punkt das eine Mal den Flächeninhalt Null hat und das andere Mal den Flächeninhalt einer unermeßlich großen Kugel-fläche. Wir müssen also unterscheiden zwischen zweierlei Punkten:

zwischen einem Punkt, der den Flächeninhalt Null hat, den er nach außen wendet, und einem Punkt, der den Flächeninhalt einer unbe­grenzt großen Kugelfläche hat, den er nach innen wendet. Im rein Geometrischen genügt es, wenn wir uns den abstrakten Punkt vor­stellen. Im Reiche der Wirklichkeit genügt das nicht. Wir kommen nicht zurecht, wenn wir uns den bloß abstrakten Punkt vorstellen. Da müssen wir überall fragen, ob der Punkt, den wir uns vorstellen, nach innen oder nach außen gekrümmt ist, denn danach richtet sich sein Wirkungsfeld -

Aber noch etwas anderes müssen Sie ins Auge fassen. Sie können sich ja nun vorstellen, Sie hätten irgendwo diesen Punkt, der eine Sphäre ist (Fig. 11, starker Kreis). Zunächst ist für Sie keine Notwen­digkeit, den Punkt. der ja in unermeßlichen Weiten liegt, gerade

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just hier (a) vorzustellen. Wir können ihn ja auch ein Stück­chen weiter draußen vorstellen (b, c). Jeden Punkt können Sie ir­gendwo draußen vorstellen, nur müssen Sie sich diese Sphäre hier (innerer Kreis) frei lassen. Denn das ist ausgespart gewissermaßen,

#Bild s. 282

das ist der umgekehrte Kreis oder die umgekehrte Kugel, wenn Sie wollen. Aber denken Sie sich, es läge das Folgende vor: Dasjenige, was da außerhalb dieses abstrakten Kreises (starker Kreis) liegt, was also dieser Punkt ist, der seine Krümmung nach innen kehrt - denn der ganze Raum, der da außerhalb dieser Kugelfläche (starker Kreis) liegt, ist eben dann ein Punkt, der seine Krümmung nach innen kehrt -, dieser Raum, der wäre wiederum doch irgendwo begrenzt. Also, Sie können weit gehen, aber die Wirklichkeit wäre nicht so, daß Sie überall hingehen könnten, da läge wiederum irgendwo eine Grenze ganz anderer Art (gestrichelter Kreis) - Was müßte denn das zur Folge haben? Das müßte zur Folge haben, daß hier irgendwo (P) auftreten müßte dasjenige, was wiederum dazu gehört zu dem, was da draußen liegt. Es müßte da drinnen eine kleine Sphäre auftre­ten, die zu dem gehört, was da draußen liegt. Sie würden also sagen müssen: Da außerhalb einer Sphäre gibt es etwas; aber sehen kann ich das, was da draußen liegt, indem ich da (P) hineinschaue. Denn das

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ist dasjenige, was da wieder erscheint, was da sich wieder geltend macht, was die Fortsetzung ist von dem, was da draußen liegt. Das­jenige, was ich suche, wenn ich in die unendlichen Fernen gehe, kommt mir aus dem Zentrum wiederum zum Vorschein.

Sehen Sie, solche Vorstellungen bilde man in genügender Weise aus. Sie machen ja immerhin den Eindruck von etwas, was schon for­mal durchaus berechtigt ist. Aber es wird noch etwas ganz anderes damit getan werden können, wenn man versucht, mit solchen Vor­stellungen zu durchdringen dasjenige, was äußerlich wirklich ist. Denn denken Sie sich einmal, es gäbe eine Erscheinung innerhalb des Himmelsraumes, nennen wir sie zunächst Mond. Diese Erschei­nung hätte man nicht dadurch zu begreifen, daß man einfach sagt:

Der Mond, er ist ein Körper, er hat da seinen Mittelpunkt und wir untersuchen ihn nach dem Prinzip, daß er da seinen Mittelpunkt hat und ein Körper ist. - Nehmen Sie an - verzeihen Sie, wenn ich etwas euphemistisch rede -, diese Denkweise paßte nicht in die Wirklich­keit, sondern ich müßte anders sagen, ich müßte sagen: Wenn ich in meiner Welt von einem Punkt aus immer weiter und weiter gehe, dann komme ich dahin, wo ich nicht mehr andere Himmelskörper finde, wo ich, wenn es sich aber um eine Wirklichkeit handelt, doch auch nicht bloß den leeren euklidischen Raum finden kann, wo ich aber etwas finde, das mich durch seine Wirklichkeit nötigt, seine Fortsetzung hier (P) zu denken. Ich wäre dann genötigt, den Rau­mesinhalt dieses Mondes als ein Stück der gesamten Welt zu den­ken, mit Ausnahme alles desjenigen, was an Sternen und so weiter außerhalb des Mondes ist. Ich müßte mir also denken auf der einen Seite alles dasjenige, was ich an Sternen im Weltenraum habe (a' b' c in Fig - 11) - Die müßte ich in einer einheitlichen Weise behandeln, das setze ich zunächst voraus. Aber das Innere des Mon­des, den Rauminhalt des Mondes dürfte ich nicht so behandeln, son­dern nur so, daß ich sagte: Ich kann auf der einen Seite gehen ins Weite. Da setze ich voraus, daß da irgendwo die Sphäre ist - es ist ja zunächst die scheinbare Sphäre, aber es muß irgendwie gedacht wer­den, daß da auch etwas Effektives dem zugrunde liegt. Aber mit alle dem, was sich mir da in den Weiten ergibt, hat das nichts zu tun,

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was innerhalb der Kugeloberfläche des Mondes liegt; das hat zu tun mit demjenigen, was beginnt, wenn die Sterne aufhören. Das ist ein Stück, in einer sonderbaren Weise zugehörig nicht zu meiner Welt, sondern zu derjenigen Welt, der die anderen Sterne alle nicht ange­hören. Wenn sich so etwas innerhalb einer Welt findet, dann haben wir es zu tun mit einem Einschub in die Welt, der ganz anderer Na­tur ist, der ganz andere innere Qualitäten zeigt als dasjenige, was um ihn herum ist. Und wir dürfen dann vergleichen das Verhältnis eines solchen Mondes zu seinem umliegenden Himmel mit dem Verhältnis, das wir haben zum Beispiel zwischen den Nierenabson­derungen mit dem zugrunde liegenden Organismus und dem Augen-Organismus. Von diesem Punkt aus wollen wir dann morgen weiter reden.

Es liegt nicht an mir, daß ich versuchen muß, Ihnen komplizierte Vorstellungen zu formen über den Bau des Weltenalls, sondern es liegt daran, daß man mit anderen Vorstellungen nur dann zurecht­kommt, wenn man sagt: Nun, wir fassen die Erscheinungen mit die­sen Vorstellungen zusammen, und dann - dann ist halt eine Gren­ze, dann kommt man halt nicht weiter. Es liegt an der Wirklichkeit und durchaus nicht an irgendeiner Sucht, besondere Vorstellungen auszubilden, wenn man, um Sie in das Verständnis des Weltenbaus einzuführen, eben solch komplizierte Vorstellungen ausbildet.

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SECHZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 16. Januar 1921

Es handelt sich, wie Sie gesehen haben, darum, die Elemente zu­sammenzutragen, die zuletzt dazu führen können, die Formen der Bewegungen der Himmelskörper zu bestimmen und zu diesen For­men hinzuzubestimmen dasjenige, was man die gegenseitige Lage der Himmelskörper nennen könnte. Denn eine Anschauung unseres Himmelskörpersystems läßt sich nur gewinnen, wenn man imstande ist, insofern man Bewegungsformen Kurven nennt, erstens Kurvenformen zu bestimmen, also das Figurale, und dann die Zentren der Beobachtung zu bestimmen - Das ist die Aufgabe, die eigentlich ei­ner solchen Betrachtung gestellt ist, wie wir sie jetzt eingeleitet ha­ben. Ich habe mit voller Absicht diese Betrachtung zunächst hier diesmal so gehalten, wie es eben geschehen ist, aus bestimmten Gründen.

Die größten Fehler, die im Wissenschaftsleben gemacht werden, die bestehen darin, daß man versucht, Zusammenfassungen zu ma­chen, bevor man die Bedingungen dieses Zusammenfassens wirklich hergestellt hat. Man hat den Hang, Theorien zu machen, des heißt abschließende Ansichten zu gewinnen. Man kann gewissermaßen nicht abwarten, bis die Bedingungen da sind zum Theorienmachen. Und das muß in unser Wissenschaftsleben hineingewotfen werden, daß man dazu kommt, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man einfach nicht versuchen darf, gewisse Fragen zu beantworten, bevor die Bedingungen zur Antwort wirklich hergestellt sind. Ich weiß, daß es natürlich - die Anwesenden sind selbstverständlich ausge­nommen - vielen Leuten heute lieber ist, wenn man ihnen fertige Kurven hinstellt für planetarische und sonstige Bewegungen, weil sie dann etwas haben, was ihnen Antwort gibt auf ihre Frage: Wie verhält sich das und jenes gemäß der Summe der Begriffe, die vor­handen sind? Aber wenn die Fragen so liegen, daß man sie mit die­ser Summe von Begriffen, die vorhanden sind, nicht beantworten kann, dann ist eben alles Reden in theoretischer Beziehung ein Unding.

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Man kommt dadurch nur zu einer scheinbaren, ganz illusionä-ren Beruhigung über die Sache. Daher versuchte ich auch in bezug auf die Wissenschaftspädagogik diese Vorträge so zu gestalten, wie ich sie eben gestaltet habe.

Nun haben wir ja bisher Ergebnisse gewonnen, die uns zeigen, daß wir sorgfältig unterscheiden müssen, wenn wir die Kurvenfor­men für die Himmelsbewegungen herausfinden wollen, solche Din­ge, wie sie uns auftreten in den scheinbaren Bewegungen, sagen wir zum Beispiel in der Schleifenform der Venusbahn, die in der Kon­junktion auftritt, und die Schleifenform für die Marsbahn, die in der Opposition auftritt. Wir sind zu einer Ansicht gekommen, daß wir da sorgfältig unterscheiden müssen, dadurch, daß wir ja auf­merksam machen wollten, wie verschieden die Kurvenformen sind, die sich in der menschlichen Gestaltungskraft geltend machen auf der einen Seite für die Kopforganisation, auf der anderen Seite für die Organisation des Stoffwechsels und der Gliedmaßen, und daß doch ein gewisser Zusammenhang zwischen diesen zwei Formen vor­handen ist, nur eben ein solcher, der gesucht werden muß durch einen Übergang außerhalb des Raumes, nicht in dem starren euklidi­schen Raum.

Nun handelt es sich hier darum, daß man einen Übergang erst fmden muß von dem, was man da gewissermaßen am eigenen mensch­lichen Organismus entdeckt, zu dem, was draußen im Welten-raum vorhanden ist, der ja zunächst eigentlich scheinbar nur als der euklidische Raum auftritt, als der starre Raum vorhanden ist. Man bekommt darüber eine Anschauung aber nur, wenn man dieselbe Methode fortsetzt, die wir gewonnen haben, wenn man nämlich wirklich den Zusammenhang sucht zwischen dem, was im Menschen selber vorgeht, und demjenigen, was draußen in der Bewegung aer Himmelskörper im Weltenraum vor sich geht. Man kann dann nicht anders, als die Frage aufwerfen: Welche Erkenntnisbeziehung besteht zwischen Bewegungen, die im relativen Sinne aufgefaßt werden dür­fen, und Bewegungen, die eben durchaus nicht im relativen Sinne aufgefaßt werden dürfen? Wir sind uns ja klar darüber, daß wir un­ter den Gestaltungskräften des menschlichen Organismus solche haben,

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die radial wirken, und solche, die wir uns in der Sphäre denken müssen (Fig. 1). Nun handelt es sich darum, wie sich für unsere menschliche Erkenntnis bei einer äußeren Bewegung dasjenige dar­stellt, was nur in der Sphäre verläuft, und wie dasjenige, was nut verläuft in der Richtung des Radius.

#Bild s. 287

Es ist ja heute schon ein gewisser Anfang gemacht, sogar in expe­rimenteller Beziehung, solche Bewegungen auch im Raum zu unter­scheiden. Man kann verfolgen die Bewegungen eines Weltenkörpers in der Sphäre durch den Augenschein; man kann aber heute durch die Spektralanalyse auch Bewegungen verfolgen, die in dem Sinne des Radius gehen, kann verfolgen in der Visierlinie liegende Annä­herungen und Entfernungen der Weltenkörper. Sie wissen ja, daß die Verfolgung dieses Problems zu den interessanten Resultaten ge­führt hat der Doppelsterne, die sich umeinander bewegen, welche Bewegungen man ja nur feststellen konnte dadurch, daß man durch Anwendung des Dopplerschen Prinzipes eben das Problem, das ich da andeutete, verfolgt hat.

Nun aber handelt es sich darum, festzustellen, ob wir bei jenem Vorgehen, das den Menschen in das ganze Weltengebäude einbe­zieht, auch die Möglichkeit haben, irgend etwas auszumachen dar­über, ob - ich will mich zunächst ganz vorsichtig ausdrücken - eine Bewegung nur eine scheinbare sein kann, oder ob diese Bewegung irgendwie eine wirkliche sein muß, ob irgend etwas darauf hin­deutet, daß eine Bewegung eine wirkliche ist. Ich habe Ihnen ja schon erwähnt, wir müssen den Unterschied machen zwischen solchen

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Bewegungen, die eben relativ sein können, und solchen Bewe­gungen, die, wie die rotierenden, die scherenden, die deformieren­den, hindeuten darauf, daß sie nicht im relativen Sinne aufgefaßt werden können. Da muß man suchen nach einem Kriterium der wirklichen Bewegungen. Dieses Kriterium der wirklichen Bewegun­gen kann sich nur dadurch ergeben, daß man die inneren Verhält­nisse des Bewegten ins Auge faßt. Es kann sich niemals darauf be­schränken, bloß die äußeren Beziehungen der Orte ins Auge zu fassen.

Ich habe öfter das ganz triviale Beispiel gebraucht von zwei Men­schen, die ich nebeneinander stehen sehe um 9 Uhr vormittags und um 3 Uhr nachmittags, wobei nur der Unterschied besteht, daß der eine von den beiden stehengeblieben ist, und der andere, nachdem ich weggegangen war, nachdem ich mit der Beobachtung aufgehört habe, einen Gang gemacht hat, der ihn 6 Stunden beschäftigt hat. Jetzt steht er wieder neben dem andern um 3 Uhr. Ich werde doch aus den bloßen Beobachtungen der Orte niemals darauf kommen können, was da eigentlich vorliegt. Bloß dann, wenn ich die Ermü­dung des einen oder anderen ins Auge fasse, also einen inneren Vor­gang, werde ich mich über die Bewegung unterrichten können. Dar­um also handelt es sich, daß man darauf kommen muß, was von dem Bewegten mitgemacht, durchgemacht wird, wenn man eine Bewegung eben als Bewegung in sich charakterisieren will. Nun ist dazu noch etwas anderes notwendig, das ich dann morgen vor­nehmen will, aber wir wollen uns heute wenigstens dem Problem nähern.

Nun müssen wir da von einer ganz anderen Ecke her die Sache wiederum ins Auge fassen. Sehen Sie, wenn wir heute die Gestal­tung des menschlichen Organismus betrachten, so können wir na­türlich im Grunde zunächst nur eine Art Anschauungszusammen­bang gewinnen mit demjenigen, was draußen im Weltenraum ist. Denn es weist ja alles darauf hin, daß der Mensch in einem hohen Grade unabhängig ist von den Bewegungen des Weltenraumes und daß er gewissermaßen gerade mit demjenigen, was sich ausdrückt in semem unmittelbaren Erleben, sich emanzipiert hat von den Weltenerscheinungen,

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so daß wir nur zurückverweisen können auf Zeiten, in denen der Mensch noch weniger sein Seelenleben in bezug auf dasjenige, was er erlebt, in die Waagschale wirft als im gewöhnli­chen, das heißt nachgeburtlichen Erdenleben. Wir können nur zu­rückverweisen auf die Embryonalzeit, wo ja in der Tat die Bildung im Einklang mit den Weltenkräften erfolgt. Und dasjenige, was dann noch bleibt, das ist gewissermaßen, was sich innerhalb der menschlichen Organisation aus dem während der Embryonalzeit Eingepflanzten forterhält. Man kann da nicht ganz in dem Sinne, wie es sonst üblich ist, von Vererbung sprechen, weil ja nichts ei­gentlich Nun handelt es sich aber darum, die Frage zu beantworten: Ist denn in diesem gewöhnlichen Leben, das wir führen nach unserer Geburt, wenn wir schon zum vollen Bewußtsein gekommen sind, gar keine Andeutung mehr darauf zu finden, wie der Zusammen­hang mit den kosmischen Kräften ist? Wenn wir den menschlichen Wechselzustand zwischen Wachen und Schlafen betrachten, so fin­den wir bei dem heutigen Kulturmenschen zwar noch, daß er einen solchen Wechsel eintreten lassen muß zwischen Wachen und Schla­fen, aber Sie wissen ja alle sehr gut, daß er diesen Wechsel, obwohl er in seiner Zeitenfolge zur Erhaltung der menschlichen Gesundheit durchaus übereinstimmen muß mit dem natürlichen Wechsel von Tag und Nacht, heute heraushebt von demjenigen, was der Natur-lauf ist. In den Städten läßt man das ja nicht mehr zusammenfallen, auf dem Lande bei den Bauern ist es doch noch da. Gerade dadurch sind diese in ihrer besonderen seelischen Konstitution, daß sie die Nacht durchschlafen und den Tag durchwachen. Wenn der Tag län­ger und die Nacht kürzer wird, schlafen sie weniger; wenn die Nacht länger wird, schlafen sie länger. Aber das sind schließlich doch Din­ge, die nur zu vagen Vergleichen führen können, auf die sich keine klare Anschauung aufbauen läßt. Wir müssen schon nach etwas an­derem ftagen, wenn wir das Hereinragen desjenigen, was Weltver­hältnisse sind, in die menschlichen subjektiven Verhältnisse ins Auge

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fassen wollen, um dadurch etwas herauszufinden im menschlichen Inneren, was uns auf absolute Bewegungen im Weltenall hinweisen kann.

Und da möchte ich auf etwas aufmerksam machen, was schließ­lich sehr gut beobachtet werden kann, wenn man nur seine Beob­achtungen über größere Felder ausdehnt: daß zwar der Mensch sich leicht emanzipiert mit Bezug auf das Abwechseln von Schlafen und Wachen, sich leicht emanzipiert von der Zeitenfolge, daß er sich aber, ohne daß die Folgen bemerkbar werden, nicht emanzipieren kann in bezug auf seine Lage. Selbst diejenigen Menschen, die, wie es ja auch jetzt schon solche Kulturlinge unter uns gibt, die Nacht zum Tage und den Tag zur Nacht machen, selbst die müssen doch für das Schlafen diejenige Lage wählen, die nicht die aufrechte Lage des Wachens ist. Sie müssen gewissermaßen ihre Rückgratlinie in die Richtung der Rückgratlinie des Tieres bringen. Und gerade wenn man auf diese Dinge weiter eingeht, wenn man zum Beispiel auch in Erwägung zieht die physiologische Tatsache, daß es Menschen gibt, die unter gewissen Krankheitsverhältnissen nicht gut in der horizon­talen Lage schlafen können, sondern möglichst aufrecht sitzen mus­sen, dann wird man gerade durch solche Abweichungen des Zusam­menhanges zwischen der horizontalen Lage und dem Schlafen auf Gesetzmäßigkeiten kommen. Gerade wenn man die Ausnahmen betrachtet, die durch mehr oder weniger bemerkbare Krankheiten eintreten, bei Asthmatikern zum Beispiel, wird man auf die Gesetz­mäßigkeiten in diesem Felde sehr deutlich hinweisen können. Und man kann durchaus, wenn man alle Tatsachen zusammenfaßt, sa­gen, daß der Mensch sich um des Schlafens willen in eine Lage brin­gen muß, die sein Leben so verlaufen läßt während des Schlafes, wie in einer gewisse Beziehung das Tierleben verläuft. Wenn Sie solche Tiere, die nicht genau ihre Rückgratlinie parallel zur Erdoberflä­che haben, genau betrachten, werden Sie eine weitere Bestätigung der Sache finden. Das alles ist ja etwas, was ich nur in Richtlinien an­geben kann, was im einzelnen vielfach ja erst Gegenstand der Wis­senschaft werden muß, weil man die Dinge ja nicht in dieser Art bis­her erschöpfend betrachtet hat. Da und dort sind ja immer wiederum

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kleine Hinweisungen von Leuten geschehen, aber nicht in er­schöpfender Weise; es sind die für den wissenschaftlichen Fortgang notwendigen Untersuchungen nicht getrieben worden.

Das ist zunächst eine Tatsache. Eine andere Tatsache ist die folgende. Sie wissen, dasjenige, was man trival Ermüdung nennt, was eine sehr komplizierte Tatsachenreihe ist, das kann eintreten, wenn wir uns willkürlich bewegen. Wir bewegen uns dann willkür­lich, indem wir unseren Schwerpunkt in der Richtung parallel zur Erdoberfläche führen. Wir bewegen uns gewissermaßen in einer Fläche, die parallel zur Erdoberfläche liegt. In einer solchen Fläche verläuft der Vorgang, der unsere äußeren willkürlichen Bewegungen begleitet. Und wir können in demjenigen, was sich da abspielt, et­was durchaus Zusammengehörendes finden. Wir können finden auf der einen Seite die Beweglichkeit parallel zur Erdoberfläche und das Ermüdetwerden; wir können weitergehen und können sagen: Durch diese Bewegung parallel zur Erdoberfläche, die sich symptomatisch in der Ermüdung zum Ausdruck bringt, liegt ja ein Stoffwechselvor-gang, liegt Stoffwechselverbrauch vor. Es liegt also etwas zugrunde dem Horizontalbewegen, was wir durchaus beobachten können wie einen inneren Vorgang des menschlichen Organismus. Nun tritt aber erstens das auf, daß der Mensch so veranlagt ist, daß er diese Be­wegung, selbstverständlich mit ihren Parallelerscheinungen des Um­satzes im Stoffwechsel, nicht entbehren kann, durchaus nicht ent­behren kann für seine Organisation. Bei demjenigen, der Briefträger ist, sorgt schon der Beruf dafür, daß er sich in horizontaler Weise be­wegt; und wer nicht Briefträger ist, der muß spazieren gehen. Es be­ruht ja darauf auch die volkswirtschaftlich interessante Beziehung zwischen der Verwertbarkeit der in die Volkswirtschaft einfließenden Beweglichkeit des Menschen und der aus der Volkswirtschaft drau­ßen bleibenden Beweglichkeit des Menschen, im Spiel, im Sport und dergleichen. Da fließen schon die physiologischen Dinge mit den volkswirtschaftlichen zusammen. Nun, ich habe ja öfter bei der Kri­tik des Arbeitsbegriffes gerade auf diesen Zusammenhang hingewie­sen, und man kann nicht Nationalökonomie treiben, wenn man nicht hier den Zusammenhang sucht eben zwischen der reinen Sozialwissenschaft

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und der Physiologie. Aber dasjenige, was für uns jetzt in diesem Augenblick wichtig ist, das ist, daß wir beobachten können diesen parallelen Vorgang: Bewegung in der horizontalen Fläche und einen gewissen Stoffwechselvorgang.

Wir können diesen Stoffwechselvorgang auch woanders aufsu­chen. Wir können ihn aufsuchen in dem Wechselzustand zwischen Schlafen und Wachen. Nur wird gewissermaßen der Vorgang bei willkürlichen Bewegungen so vollzogen, daß, auch ganz abgesehen von dem, was im Inneren des Menschen vorgeht, der Stoffwech­selumsatz zu gleicher Zeit ein äußerer Vorgang ist. Ich möchte sagen, es geschieht da etwas, wofür die Oberflächenbegrenzt­heit des menschlichen Leibes nicht einzig und allein maßgebend ist. Es wird Stoff umgesetzt, aber so, daß diese Stoffverwandlung, die da geschieht, gewissermaßen im Absoluten, im «relativ Absoluten» na­türlich, sich vollzieht, so daß man nicht sagen kann, daß das nur ei­ne Bedeutung für die menschliche innere Organisation hat.

Aber die Ermüdung, die wiederum die symptomatische Begleit­erscheinung der Bewegung mit dem Stoffwechselumsatz ist, tritt auch dann ein, wenn man einfach einen Tag gelebt hat und nichts getan hat. Das heißt, dieselben Entitäten, die wirksam sind bei der willkürlichen Bewegung, wirken auch im Menschen im täglichen Le­ben rein durch die innerliche Organisation. Und es muß daher der Stoffwechselumsatz auch dann stattfinden, wenn dieser Vorgang der Ermüdung einfach eintritt, ohne daß wir ihn willkürlich herbeifüh­ren. Wir bringen uns selbst in die horizontale Lage zum Herbeifüh­ren dieses Stoffwechsels, der da eintritt bei dem nicht willkürlichen Handeln, der einfach im Lauf der Zeit eintritt, wenn ich mich so ausdrücken darf. Wir bringen uns in die horizontale Lage während des Schlafes, um in dieser horizontalen Lage unsern Leib etwas aus­führen zu lassen, was er auch dann ausführt, wenn wir in willkürli­cher Bewegung sind. Daher sehen Sie, daß die horizontale Lage et­was Bedeutsames ist, daß es nicht gleichgültig ist, ob wir die hori­zontale Lage einnehmen, daß wir, wenn wir unsern Organismus et­was ausführen lassen wollen, ohne daß wir etwas dazu tun, uns in diese Lage bringen müssen. Das heißt mit anderen Worten: Wir bringen

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uns während des Schlafes in eine Lage, wo etwas geschieht in unserem Organismus, was sonst geschieht, wenn wir uns willkürlich bewegen.

Es muß also eine Bewegung in unserem Organismus vor sich ge­hen, die wir nicht willkürlich herbeiführen. Es muß eine Bewegung Bedeutung haben für unseren Organismus, die wir nicht willkürlich herbeiführen. Und Sie brauchen sich nur ein wenig beobachtend die Tatsachen zurecht zu legen, so werden Sie zu dem folgenden Resul­tate kommen, wozu ich hier die Zwischenglieder weglassen muß, weil ich keine Zeit dazu habe. Genau ebenso, wie der absolute Stoffwech­sel ausgeführt wird durch die menscHiche Bewegung, sodaß dasjenige, was da im Stoffwechsel vor sich geht, gewissermaßen eine reale chemi­sche oder physikalische Bedeutung hat, für die die Begrenzung durch die Haut zunächst nicht da ist, die also im Menschen so geschieht, daß der Mensch dem Kosmos angehört, genau derselbe Vorgang, dieser selbe Stoffwechselumsatz wird beim Schlafen her­beigeführt so, daß er innerhalb des menschlichen Organismus seine Bedeutung hat. Dasjenige, was sich umsetzt bei der willkürlichen Bewegung, setzt sich auch um im Schlaf. Aber das Resultat wird übergeführt von dem einen Teil des Organismus in den andern Teil des Organismus. Wir versorgen unser Haupt, unsern Kopf während des Schlafes. Wir vollziehen oder lassen vielmehr unseren Organis­mus im Innern vollziehen einen Stoffwechselumsatz, für den jetzt die menschliche Haut als Abschließung eine Bedeutung hat, wo die Umwandlung so geschieht, daß der Endprozeß eine Bedeutung für das Innere der menschlichen Organisation hat.

Wir können also sagen: Wir bewegen uns willkürlich - ein Stoff­wechselumsatz findet statt; wir lassen uns bewegen vom Kosmos -ein Stoffwechselumsatz findet statt. Der letztere findet so statt, daß das Ergebnis, das bei dem ersteren Stoffwechselumsatz gewisserma­ßen in der Außenwelt verläuft, jetzt umkehrt und im menschlichen Haupte als solchem sich geltend macht. Es kehrt einfach um, es ver­fließt nicht weiter, aber wir müssen uns, damit es umkehrt, damit es überhaupt da ist, in die horizontale Lage bringen. Wir müssen also studieren den Zusammenhang zwischen jenen Vorgängen im

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menschlichen Organismus, die bei der willkürlichen Bewegung sich vollziehen, und jenen Vorgängen, die sich vollziehen im Schlafe. Und daraus, daß wir das an einem bestimmten Punkte unserer Be­trachtung so tun müssen, daraus können Sie ja sehen, welche Bedeu­tung es hat, wenn in den allgemeinen anthroposophischen Vorträ­gen immer betont werden muß, daß wir unseren Willen, der an den Stoffwechsel gebunden ist, eigentlich in einem solchen Verhältnis zum Vorstellungsleben haben, wie das des Schlafens zum Wachen. In bezug auf die Entfaltung des Willens, sagte ich immer wieder und wiederum, schlafen wir fortwährend. Jetzt haben Sie hier die genaue Determination der Sache. Sie haben jetzt hier gewisserma­ßen den Menschen willkürlich bewegt in der horizontalen Fläche, und er vollzieht da dasselbe wie im Schlafe, nämlich Schlafen durch seinen Willen. Schlafen und Bewegung durch den Willen stehen in dieser Beziehung. Und wir schlafen in der horizontalen Lage, wobei nur das Ergebnis das andere ist, daß dasjenige, was in die Außenwelt verpufft bei der willkürlichen Bewegung, von unserer Hauptesorga­nisation aufgenommen und weiter verarbeitet wird.

Wir haben also zwei streng auseinander zu haltende Vorgänge:

Das Verpuffen des Stoffwechselprozesses bei der willkürlichen Bewe­gung und das innerliche Verarbeiten des Stoffwechselumsatzes bei demjenigen, was während des Schlafes in unserem Haupte sich ab­spielt. Und wir können, wenn wir jetzt das Ganze auf die Tierheit beziehen, ermessen, welche Bedeutung es hat, wenn wir sagen: Das Tier vollbringt überhaupt sein Leben in der horizontalen Lage. Es muß in einer ganz anderen Weise beim Tier organisiert sein diese Umkehrung des Stoffwechsels für das Haupt, und es bedeutet die willkürliche Bewegung beim Tier durchaus etwas ganz anderes als beim Menschen. Das ist dasjenige, was in der Gegenwart so wenig wissenschaftlich berücksichtigt wird. Jetzt wird nur gesprochen von dem, was sich äußerlich darbietet, und es wird übersehen, daß der­selbe äußere Vorgang bei dem einen Wesen etwas ganz anderes dar­stellen kann als bei dem anderen Wesen. Ich will jetzt absehen von allen religiösen Intentionen, sondern nur darauf hinweisen: Der Mensch stirbt, das Tier stirbt; das braucht in psychologischer Beziehung

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durchaus bei den beiden Wesen nicht dasselbe zu sein. Denn derjenige, der es dasselbe sein läßt und daraufhin seine Untersu­chungen anstellt, der gleicht einem Menschen, der ein Rasiermesser findet und sagt, es ist ein Messer, die Funktion muß dieselbe Bedeu­tung haben wie bei einem anderen Messer, also schneide ich mit dem Rasiermesser meine Knödel. - Wenn man die Dinge so trivial ausspricht, wird man sagen: Das wird der Mensch doch nicht tun. -Aber wenn er nicht acht gibt, passieren diese Dinge nämlich gerade mit dem vorgerücktesten Untersuchen.

Nun werden wir also darauf hingewiesen, daß wir in unseren will­kürlichen Bewegungen eben denjenigen Vorgang finden, der sich ausdrückt in einer Kurvenrichtung, die parallel zur Erdoberfläche geht. Wir werden da also gedrängt zu einer Kurvenrichtung, die die­sen Verlauf nimmt. Nun, was haben wir denn da zugrunde gelegt? Wir haben zugrunde gelegt einen inneren Vorgang, etwas, was im Menschen vor sich geht, was wir auf der einen Seite als etwas Gegebe­nes haben im Schlafe, was wir auf der anderen Seite als etwas haben, was wir selber ausführen, so daß wir in dem, was wir ausführen, die Möglichkeit haben, das andere zu bestimmen. Wir haben also die Möglichkeit, dasjenige, was aus dem Weltenraum heraus mit unse­rem Organismus im Schlafe getan wird, als das zu Definierende zu betrachten, das wir erkennen sollen, und das andere, das wir äußer­lich vollziehen, das wir also kennen in bezug auf seine Lageverhält­nisse, als den Oberbegriff des Definierens zu betrachten.

Das ist dasjenige, wonach man streben muß in einer wirklichen Wissenschaft: Nicht Erscheinungen durch abstrakte Begriffe zu defi­nieren, sondern Erscheinungen durch Erscheinungen zu definieren. Das ist dasjenige, was natürlich notwendig macht, daß man zuerst die Erscheinungen wirklich versteht, dann kann man sie durch einan­der definieren. Das ist überhaupt das Charakteristische desjenigen, wonach gestrebt wird von anthroposophischer Geisteswissenschaft:

Zum wirklichen Phänomenalismus zu kommen, Erscheinungen durch Erscheinungen zu erklären, nicht abstrakte Begriffe zu bil­den, durch die die Erscheinungen erklärt werden; und auch nicht die Erscheinungen einfach hinzustellen und sie zu lassen, wie sie

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sind im zufälligen empirischen Tatbestand, denn da können sie nebeneinanderstehen, ohne daß sie einander irgendwie erklären können.

Von da aus möchte ich nun zu etwas übergehen, was Ihnen zei­gen wird, welche Tragweite überhaupt dieses phänomenologische Streben hat. Man kann sagen, um zu entsprechenden Vorstellungen zu kommen, ist heute eine Überfülle von empirischem Material schon da. Dasjenige, was uns fehlt, ist nicht empirisches Material, sondern das sind die Zusammenfassungsmöglichkeiten, die ja zu gleicher Zeit die Möglichkeiten sind, das eine Phänomen durch das andere Phänomen wirklich zu erklären. Man muß die Phänomene zuerst verstehen, bevor man sie durch einander erklären kann. Man muß aber den Willen entwickeln, so vorzugehen, wie wir hier vorge­hen, daß man zuerst die Tendenz entwickelt, eine Erscheinung wirk­lich zu durchdringen. Diese Tendenz läßt man heute vielfach außer acht. Daher wird in unserem Forschungsinstitut es sich in erster Linie nicht darum handeln, im Sinne der alten experimentellen Methoden weiter zu experimentieren, denn da ist eigentlich wirklich eine Über­fülle von empirischem Material vorhanden, nicht zur Technik, wohl aber zum wirklichen Zusammenfassen. Es wird sich nicht darum handeln, die alten Experimentierrichtungen weiter fortzusetzen, sondern, wie ich ja auch in dem Wärmekurs im letzten Winter auf­merksam gemacht habe, handelt es sich darum, die Versuchsanord­nungen anders zu machen. Wir werden nicht nur die Instrumente brauchen, die man heute in gewohnter Weise bei dem Optiker und so weiter kauft, sondern wir werden nötig haben, unsere Instrumente schon selbst zu konstruieren, damit wir andere Versuchsanordnun-gen haben, und die Phänomene so hinzustellen, daß das eine durch das andere erklärt werden kann. Wir müssen wirklich von Grund auf arbeiten. Dann wird sich aber auch eine Überfülle wiederum erge­ben von demjenigen, was wirklich eine lichtvolle Perspektive darbie­ten kann. Mit denjenigen Instrumenten, die da sind, können die Leute der Gegenwart wirklich genügend viel machen. Sie sind außer­ordentlich geschickt geworden in ihrer Einseitigkeit, damit zu expe­rimentieren. Wir brauchen neue Versuchsanordnungen, das muß

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durchaus ins Auge gefaßt werden, denn mit den alten Versuchsan­ordnungen kommen wir über gewisse Fragen einfach nicht hinaus. Und auf der anderen Seite darf auch wiederum nicht auf Grundlage der Resultate, die durch die alten Untersuchungen gewonnen sind, einfach blind weiter spekuliert werden, sondern es müssen uns die experimentellen Ergebnisse immer wiederum die Möglichkeit ge­ben, so viel wie möglich, wenn wir uns entfernt haben von den Tat­sachen, zu den Tatsachen zurückzukehren. Wir müssen immer gleich die Möglichkeit finden können, wenn man an einen bestimm­ten Punkt gekommen ist mit den Versuchen, nicht weiter zu theore­tisieren, sondern mit dem, was sich ergibt, sogleich zu der Beobach­tung zu gehen, die dann eine erläuternde Beobachtung ist. Sonst wird man über gewisse Grenzen, die aber nur Augenblicksgrenzen der Wissenschaft sind, nicht hinauskommen. Und da mache ich auf­merksam auf eine solche Grenze, die übrigens von keinem Men­schen so genommen wird, als ob sie nicht überwindbar wäre, die aber nur überwindbar sein wird, wenn man auf dem betreffenden Felde zu anderen Versuchsanordnungen übergeht. Das ist die Frage der Sonnenkonstitution.

Nicht wahr, zunächst ergibt sich ja aus wirklich sorgfältigen, ge­wissenhaften Beobachtungen, die mit allen heute zur Verfügung stehenden Mitteln angestellt worden sind, daß wir zu unterscheiden haben irgend etwas in der Sonnenmitte, worüber alle Menschen im un­klaren sind. Es wird einfach vom Sonnenkern gesprochen. Was der ist, darüber kann kein Mensch eine Auskunft geben, bis dahin reicht die Untersuchungsmethode nicht. Das ist keine Kritik und kein Tadel, denn das gibt ja jeder zu. Den Sonnenkern läßt man dann umgeben sein von der Photosphäre, der Atmosphäre, der Chromo-sphäre und der Korona. Es beginnt die Möglichkeit, sich Vorstellun­gen zu machen, bei der Photosphäre. Man kann sich auch Vorstel­lungen über die Atmosphäre, die Chromosphäre machen. Nehmen Sie nun einmal an, man wolle sich Vorstellungen machen über das Auftreten der Sonnenflecken. Man wird finden, indem man an diese merkwürdige Erscheinung herantritt, die ja nicht ganz willkürlich verläuft, sondern die einen gewissen Rhythmus zeigt in Maxima

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und Minima der Sonnenfieckenbildung, nach ungefähr 11-jähriger Periode sich regelnd, daß diese Sonnenfieckenphänomene, wenn man sie verfolgt, in Zusammenhang gebracht werden müssen mit Vorgängen, die in irgendeiner Weise außerhalb des Sonnenkernes liegen. Man legt sich gewisse Vorgänge da zurecht und spricht von explosionsartigen oder ähnlichen Verhältnissen. Nun handelt es sich darum, daß man, wenn man so vorgeht, immer von Voraussetzungen ausgeht, die man im irdischen Felde gewonnen hat. Wenn man namlich nicht versucht, sein Begriffsfeld zuerst zu bearbeiten und zu erweitern, wie wir es getan haben, indem wir Kurven uns vorgestellt haben, die aus dem Raum herausgehen; wenn man nicht zu seiner Selbsterziehung so etwas macht, möchte ich sagen, dann gibt es ja auch keine andere Möglichkeit, als dasjenige, was vorliegt an Beob­achtungsergebnissen von einem außerhalb der irdischen Welt be­findlichen Körper, so zu erklären, wie es die irdischen Verhältnisse darstellen.

Was läge denn überhaupt im Sinne der heutigen Vorstellungs­welt näher, als einfach sich die Vorgänge im Sonnenleben ähnlich den Vorgängen im Erdenleben, nur modifiziert, vorzustellen! Es bil­den sich da aber zunächst relativ unübersteigbare Hindernisse. Das, was man physische Konstitution der Sonne nennt, das läßt sich nicht durchschauen mit den Vorstellungen, die man im irdischen Leben gewinnt. Es kann sich nur darum handeln, die Beobachtungsresulta­te, die bis zu einem gewissen Grade auf diesem Felde durchaus spre­chend sind, in einer ihnen adäquaten Weise vorstellungsgemäß zu durchdringen. Man wird sich da schon ein wenig befreunden müssen mit dem, was ich charakerisieren möchte etwa in der folgenden Wei­se. Nicht wahr, hat man irgendeinen äußeren Zusammenhang, den man mit einer geometrischen Wahrheit durchleuchtet, so sagt man sich: Dasjenige, was man zuerst geometrisch konstruiert hat, schnappt ein; die äußere Wirklichkeit ist so. - Man fühlt sich ver­bunden mit der äußeren Wirklichkeit, wenn man das wiederfindet, was man zuerst konstruiert hat. Nun darf ja natürlich dieses innerli­che Erfreutsein, daß es einschnappt, nicht zu weit getrieben werden, denn es schnappt auch immer ein bei denjenigen, die bei diesem

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Einschnappen schon übergeschnappt sind. Die finden auch immer, daß die Vorstellungen, die sie ausgebildet haben, durchaus überein­stimmen mit der äußeren Wirklichkeit. Aber es liegt doch etwas Gültiges in diesen Dingen.

Nun handelt es sich darum, daß eben einfach der Versuch ge­macht werden muß, sich vorzustellen zuerst einen Vorgang, der im irdischen Leben so verläuft, daß wir uns seinen Verlauf vorstellen durch das Verfolgen der Richtung vom Mittelpunkt nach außen, also in der Richtung des Radialen. Wir fassen einen Vorgang ins Auge, sagen wir zum Beispiel einen gewissen Ausbruch, einen vulkanischen Ausbruch oder die Richtung irgendeiner Deformation bei Erdbe­ben und dergleichen. Wir verfolgen also Vorgänge auf der Erde im Sinne einer Linie, die vom Mittelpunkt nach auswärts geht. Nun können Sie sich aber auch vorstellen, das sogenannte Sonneninnere sei so geartet, daß es seine Erscheinungen nicht vom Mittelpunkt nach außen stößt, sondern daß die Erscheinungen von der Korona über die Chromosphäre, Atmosphäre, Photosphäre, nun statt von innen nach außen, von außen nach innen verlaufen. Daß die Vorgänge also (Fig. 2), wenn das die Photosphäre ist, das die Atmosphäre, das die

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Chromosphäre, hier die Korona, nach innen verlaufen, und sich ge­wissermaßen nach dem Mittelpunkt hin, nach dem sie tendieren, verlieren. so wie sich die Erscheinungen, die von der Erde ausgehen,

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in der Flächenausdehnung verlieren. Dann kommen Sie zu einem Vorstellungsbilde, das Ihnen gestattet, in einer gewissen Weise die empirischen Resultate zusammenzufassen. Wenn Sie also kon­kret sprechen, so werden Sie sagen: Wenn auf der Erde Ursachen dazu vorliegen, daß nach oben hin ein Kraterausbruch erfolgt, so wür­de der Ursachenzusammenhang auf der Sonne so liegen, daß von außen nach innen so etwas geschieht wie ein Kraterausbruch, so daß seine Natur die ganze Sache anders zusammenhält, weil das eine Mal alles in die Weite auseinanderläuft, das andere Mal ins Zentrum zusammenstrebt.

Sie sehen, es würde sich darum handeln, die Phänomene, die man hier verfolgt, erst zu durchdringen, zu verstehen, um sie dann durch einander erklären zu können. Und erst wenn man in dieser Weise auf das Qualitative der Dinge eingeht, wenn man sich wirk­lich darauf einläßt, im umfassendsten Sinne eine Art qualitativer Mathematik zu finden, kommt man vorwärts. Davon werden wir morgen noch sprechen. Heute möchte ich nur noch erwähnen, daß es ja auch noch die Möglichkeit gibt gerade für die Mathematiker, aus dem Mathematischen heraus schon Übergänge zu finden zu ei­ner qualitativen Betrachtung, zu einer qualitativen Mathematik. Und diese Möglichkeit ist sogar in unserem Zeitalter in ganz intensi­ver Weise vorhanden, indem man einfach versucht, die analytische Geometrie und ihre Ergebnisse im Zusammenhang zu betrachten mit synthetischer Geometrie, mit innerem Erleben der projektiven Geometrie. Das liefert einen Anfang zwar, aber einen sehr, sehr gu­ten Anfang. Und derjenige, der mit solchen Dingen den Anfang ge­macht hat, der also durchaus darauf eingegangen ist, einmal sich klarzumachen, wie es doch so ist, daß eine Linie nicht zwei unend­lich ferne Punkte hat, den einen auf einer, den andern auf der an­dern Seite, sondern unter allen Umständen nur einen unendlich fer­nen Punkt hat, der findet dann auch realere Begriffe auf diesem Ge­biet und von da aus eine qualitative Mathematik, durch die er nicht mehr das, was sich polarisch ausnimmt, bloß entgegengesetzt, sondern gleichgerichtet denkt. Es ist ja auch nicht qualitativ gleich gerichtet. Die Erscheinungen der Anode und Kathode sind nicht gleich gerichtet,

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sondern es liegt etwas anderes dahinter. Und der Weg, einmal dahinterzukommen, was da für ein Unterschied vorliegt, der liegt eben darin, daß man sich nicht gestattet, überhaupt eine reale Linie mit zwei Enden zu denken, sondern daß man sich klar wird darüber, daß eine reale Linie in ihrer Totalität nicht mit zwei Enden gedacht werden darf, sondern mit einem Ende, und das andere Ende geht einfach durch reale Verhältnisse über in eine Fortsetzung, die ir­gendwo liegen muß.

Beachten Sie nur die Tragweite einer solchen Auseinanderset­zung. Sie führt tief hinein in manches Rätsel der Natur, das, wenn man ohne diese Vorbereitung an es herangeht, eben doch nur so aufgefaßt werden kann, daß niemals die Vorstellung die Erschei­nung durchdringen wird.

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SIEBZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 17. Januar 1921

Ich möchte zuerst auf eine Sache noch einmal zurückkommen, die vielleicht Mißverständnisse hervorrufen könnte, wenn einmal sich der eine oder andere der verehrten Zuhörer veranlaßt finden könnte, die Dinge, die hier vorgetragen sind, weiter durchzudenken. * Es han­delt sich darum, daß Sie sich vorzustellen haben, daß zu gleicher Zeit die Fläche, in der ich die Lemniskate zeichne, um die Achse der Lemniskate, um die Verbindungslinie der zwei Brennpunkte, oder wie Sie es nennen wollen, sich dreht. Dann muß ich natürlich in den Raum hinein die Lemniskate zeichnen. Das (Fig. 1) ist die Projektion.

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Und mit dieser räumlichen Zeichnung der Lemniskate hat man es zu tun, wenn man all die Dinge berücksichtigt, die ich gesagt ha­be, wenn man also das Knochensystem und Nervensystem verfolgt -sogar die Blutzirkulation kann man verfolgen. Das alles ist nicht auf der Ebene, sondern im Raum zu denken. Daher ist zwar diese Ach­terfigur der Lemniskate durchaus berechtigt, aber ich habe ja schon angedeutet, daß man es hier eigentlich mit Rotationskörpern zu tun hat. Das also liegt auch dem zugrunde, was ich eben ausgeführt ha­be dadurch, daß ich sagte: Es sind in einer gewissen Weise die Orga­nisationsgestaltungen in dem Nerven-Sinnessystem und in dem Stoffwechsel-Gliedmaßensystem eben nach dem Prinzip einer sol­chen Rotations-Lemniskate einander zugeordnet.

Nun handelt es sich darum, daß wir ja genötigt waren, gewisser­maßen das Kriterium der Bewegungen unserer Erde im Raume,

* Siehe Hinweis zu S. 302.

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denn mit unserer Erde sind wir ja in einer gewissen Weise räumlich verbunden, zu suchen in den Veränderungen, die im Menschen sel­ber vor sich gehen. Ich sagte: Wenn man Bewegungen bloß äußerlich anschaut, dann ist es nicht möglich, hinauszukommen über die Rela­tivität der Bewegungen. In dem Augenblick aber, wo man die Bewe­gungen mitmacht und wo man durch das Mitmachen der Bewegun­gen Veränderungen im Inneren des betreffenden Körpers konsta­tieren kann, handelt es sich darum, daß man an den inneren Verän. derungen die Realität der Bewegungen gewissermaßen ablesen kann.

Wir haben hingewiesen darauf, daß wir ja in den Stoffwechsel. Vorgängen ein Kriterium haben für die willkürliche Bewegung, die der Mensch vornimmt, indem er gewissermaßen seinen Schwerpunkt parallel zur Erdobeffläche bewegt. Und in denjenigen Vorgängen, welche ähnlich verlaufen wie diese Stoffwechselvorgänge beim will­kürlichen Bewegen, in den Ermüdungserscheinungen, die im Lauf des Tages, also bei wechselndem Sonnenstand eintreten, haben wir ein Kriterium für eine Bewegung, die wir ganz zweifellos mit der Er. de im Weltenraum vollführen. Wir können also sagen: Dasjenige, was sich abspielt zwischen dem Haupte und dem übrigen Menschen in der vertikalen Richtung, wenn der Mensch aufrecht steht, das spielt sich ab in der Richtung parallel zur Erdoberfläche, in der im wesentlichen das tierische Rückgrat verläuft, wenn der Mensch schläft. So daß wir also eigentlich im Vergleich des Stoffwechsels für Schlafen und Wachen eine Art Reagens haben für die Bewegungs-verhältnisse von Erde und Sonne.

Wir können dann von da aus zu den anderen Wesen der Natur gehen. Wir sehen die Pflanze, die eine Richtung radial einhält. Das ist dieselbe Richtung, welche wir als Mensch im wachenden Zustand haben. Nur müssen wir uns klar sein, daß, insofern wir unsere Verti­kalrichtung mit der Vertikalrichtung des Pflanzenwachstums verglei­chen, wir beide nicht mit denselben Vorzeichen einsetzen dürfen, sondern daß wir beide mit entgegengesetzten Vorzeichen einsetzen müssen. Es gibt viele Gründe, die uns dazu zwingen, die Vertikal-richtung des Menschen entgegengesetzt der vertikalen Wachstums-richtung der Pflanze einzusetzen. Es gibt viele Gründe. Ich will nur

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auf denjenigen noch einmal hinweisen, den ich ja schon erwähnt ha­be. Es ist der, daß der Pflanzenwachstumsprozeß, der mit der Abla­gerung des Kohlenstoffes endet, im Menschen aufgehoben wird, daß der im Menschen gewissermaßen negativ gemacht werden muß. Dasjenige, was die Pflanze in sich konsolidiert, das muß der Mensch wegschaffen. Dieses und Ähnliches zwingt uns dazu, uns zu sagen:

Wenn wir die Richtung des Pflanzenwachstums so setzen, so müssen wir die entsprechende Richtung beim Menschen in dieser Weise set­zen (Fig. 2). Nun handelt es sich um die Frage: Was haben wir in

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dieser Richtung eigentlich? Wir haben dasjenige in dieser Richtung, was zusammenhängt mit unserem Wachstum von Jahr zu Jahr, so­lange wir überhaupt wachsen, dasjenige, was also bei uns einen ähn­lichen Prozeß vorstellt, wie bei der Pflanze. Wir kommen aber nur zurecht, wenn wir uns vorstellen: Die Pflanze wächst von der Erde radial nach aufwärts, nach dem Weltenraum; uns selbst müssen wir aber so vorstellen, daß unserem physisch sichtbaren Wachstum ein Überphysisch-Unsichtbares entgegenwächst, gewissermaßen von oben nach unten in uns hineinwächst. Wir haben ein Verständnis der menschlichen Gestalt in vertikaler Richtung dadurch zu suchen, daß wir uns gewissermaßen vorstellen: Der Mensch wächst nach oben, aber es wächst ihm entgegen eine Art unsichtbare Pflanzenbil­dung, die ihre Wurzeln nach oben, nach dem Kopfe entwickelt, ihre Blüten nach unten entwickelt. Es ist ein negativer Pflanzenbildungs­prozeß, der dem physischen Menschenbildungsprozeß entgegenge­setzt ist. In dieser Richtung (die beiden Pfeile) haben wir also zu su­chen gleichartige Bewegungen. So wie die Pflanze von der Erde wegwächst,

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so haben wir uns vorzustellen, daß aus dem Weltenraum heraus von der Sonne her diese überphysische Menschenpflanze dem Mittelpunkt der Erde entgegenwächst. Und wir haben - wie gesagt, ich kann jetzt nur die Richtung angeben, Sie können das durchaus aus den empirischen Erscheinungen weiter verfolgen - in dem, was da als eine gleich gerichtete Linie uns erscheint, eine Wachstumsli­nie, nur das eine Mal positiv herausstrebend, das andere Mal negativ zurückstrebend, wir haben in dem zu suchen die Verbindungslinie zwischen Erde und Sonne. Sie werden sich das nicht anders vorstel­len können, das ist sogar eine ziemlich triviale Vorstellung, als daß Sie zu gleicher Zeit darin zu suchen haben die Bewegungslinien sowohl für die Erde wie für die Sonne. Wir haben also Bewegungslinien für Erde und Sonne zu suchen in der Verbindung der beiden, aber so, daß diese Linie eine Vertikallinie ergibt für die Oberfläche der Erde.

Dasjenige, was ich Ihnen hier vortrage, müßte eigentlich in vie­len Vorträgen auseinandergesetzt werden, aber ich möchte Ihnen doch gewissermaßen etwas Substantielles geben, das Sie dann weiter verfolgen können, und ich möchte Sie zu einem gewissen Resultat führen, das allerdings abrupt an die mehr methodisch angeordne­ten Betrachtungen jetzt wird angereiht werden müssen: Nun, auf diese Weise kommen wir dazu, uns vorstellen zu müssen, daß in ei­ner gewissen Weise eigentlich Erde und Sonne sich in derselben Bahn und doch wiederum einander entgegengesetzt bewegen. Gewisser­maßen substantiell können Sie für diesen Tatbestand durch dasje­nige eine Vorstellung gewinnen, was ich gestern auseinandergesetzt habe. Ich habe Ihnen nämlich gesagt, es gehe nicht anders, als sich die Konstitution der Sonne - Sonnenkern, Photosphäre, Atmosphä­re, Chromosphäre, Korona - so vorzustellen, daß man in demselben Sinne, wie man bei der Erde für die Kraterbildung gewisser Entströ­mungen, sogar für Ebbe und Flut, von innen nach außen geht, bei der Sonne von außen nach innen geht, so daß die Sonne ihre Aus-strömungen von der Peripherie nach dem Innern des Sonnenkerns schickt. So daß wir gewissermaßen die Dinge da in der Umgebung der Sonne so sehen, wie wir sehen würden die Dinge auf der Erde, wenn wir im Mittelpunkt der Erde stünden und hinausschauen würden,

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nur würden wir die Sache aus dem Konvexen ins Konkave ge­bogen haben. Wir sehen gewissermaßen die Erdvorgänge, wenn wir in die Sonne blicken, doch so, wie wenn wir im Mittelpunkt der Erde stünden, aber wie wenn die Innenfläche der Erde aus dem Konkaven in das Konvexe gebogen wäre, so daß das Innere der Erde Sonnenäu­ßeres geworden wäre. Wenn Sie nämlich diese Vorstellung zugrunde legen, so werden Sie die polarisch gegensätzliche Natur von Erde und Sonne sehr gut ins Auge fassen können. Das ist auch wichtig, daß Sie eine Vorstellung davon bekommen, wie man die Sonnen-konstitution aus der Erdenkonstitution auch bekommt durch ein sol­ches Umwenden, wie ich es Ihnen gezeigt habe in bezug auf den Stoffwechsel-Gliedmaßenorganismus mit dem Röhrenknochen und den Nerven-Sinnesorganismus mit dem Schädelknochen. Damit aber bekommen Sie erst recht eine Zuordnung des Menschen zum Kosmos. Es verhält sich in der Tat die Polarität im Menschen so, wie sich die Polarität zwischen Sonne und Erde verhält.

Ich werde jetzt einen gewissen, vielleicht für manchen problema­tisch ausschauenden Gedankengang verfolgen. Er würde sich Ihnen als ganz sicher ausnehmen, wenn wir alle Mittelglieder studieren könnten, aber ich möchte Sie, wie ich schon sagte, zu etwas Substan­tiellem führen. Wir haben also eine Kurve zu suchen, welche uns möglich macht vorzustellen, daß die Bewegungen von Sonne und Erde in ein und derselben Bahn verlaufen, und doch wiederum ent­gegengesetzt. Diese Kurve, die ist eindeutig zu bestimmen. Wenn man alle in Betracht kommenden geometrischen Örter, die man auf diese Weise findet, ins Aufe faßt, dann ist diese Kurve durchaus ein­deutig zu bestimmen. Sie brauchen nur diese Kurve so vorzustellen, daß sie so verläuft, daß sie eine Rotations-Lemniskate ist, die aber zu gleicher Zeit im Raum fortschreitet (Fig. 3). Stellen Sie sich dann vor, an irgendeinem Punkte dieser lemniskatischen Schraubenlinie sei die Erde, an einem anderen Punkte sei die Sonne, und die Erde be­wege sich der Sonne nach. So haben Sie hier die Bewegung der Erde hinau{ die Bewegung der Sonne hinunter (bei E1, S1). Sie gehen an­einander vorbei. Sie bekommen keine Möglichkeit, dasjenige vorzu­stellen, was nun wirklich zugrunde liegt nach den Kriterien , die gelten

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können als Bewegungen sowohl der Erde als der Sonne, Sie be­kommen keine andere Möglichkeit, als sich das alles aus dem heraus vorzustellen, daß Erde und Sonne sich in einer lemniskatischen Schraubenlinie bewegen, einander nachfolgen, und daß dasjenige, was sich nun in den Raum projiziert, dadurch entsteht. Hier haben

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Sie die Visierlinie (ES); denken Sie sich, Sie projizieren den Sonnen-stand hier (5); nehmcn Sie an, die Sonne sei vorwärtsgegangen (51), Sie bekommen die scheinbaren Orte mit alle dem, was dabei zu be­rücksichtigen ist, durchaus als Projektion desjenigen, was sich er­gibt, wenn sich Erde und Sonne aneinander vorbeibewegen. Sie müssen nur, wenn Sie diese Rechnung stimmend finden wollen, alle die verschiedenen Korrekturen , zum Beispiel die Besse/schen Glei­chungen und dergleichen , einbeziehen , Sie müssen in die Orte alles das einbeziehen, was wirklich da ist. Sie müssen berücksichtigen, daß ja für die Rechnung die gegenwärtige Astronomie drei Sonnen hat, wie ich schon erwähnt habe, nämlich die wirkliche Sonne, die Zwischensonne und die mittlere Sonne. Von diesen drei Sonnen sind zwei natürlich gedachte, denn nur die wahre Sonne ist eben da. Aber dasjenige, was wir in unserer Zeitbestimmung haben, das rech­net erstens mit der Zwischensonne, die nur in Perigäum und Apo­gäum zusammerifällt , sonst überall auseinanderfällt mit der wahren

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Sonne, und ferner mit der anderen Sonne, die nur in der Tagund­nachtgleiche zusammenfällt mit der Zwischensonne. Man braucht das, was man sonst als Sonnenbahn bestimmt hat, nur nach all dem zu korrigieren. Wenn man das alles zusammennimmt und nun die Rechnung anstellt , so bekommt man allerdings dieses Resultat her­aus. Man bekommt auf diese Weise ein Resultat, das mit demjeni­gen stimmt, was uns durch die Beobachtung des Zusammenhanges des Menschen mit dem Kosmos sich eben auch ergibt.

Nun handelt es sich darum, daß wir diese Kurve, die wir hier be­kommen haben, in der richtigen Weise beziehen auf unser Sonnen­system. Ich will zu diesem Zweck Ihnen einzeichnen, ohne daß ich heute schon berücksichtige die beiden äußersten Planeten - sie sind in diesem Zusammenhang nicht nötig -, zunächst das gewöhnliche hypothetische Sonnensystem (Fig. 4): die Saturnbahn - es kommt

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auf die Verhältnisse nicht an - die Jupiterbahn, die Marsbahn, die Erdenbahn mit der Mondenbahn, die Venusbahn, die Merkurbahn, die Sonne. Irgendwo auf diesen Bahnen hätten wir dann die betreffenden

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Planeten zu suchen. Nun handelt es sich darum, wenn wir zunächst als irgendein perspektivisches Bild dasjenige gelten lassen, was da ist, wie sich da hineinstellt dasjenige, was wir eben jetzt über die Sonnen-Erdenbahn gesagt haben. Das stellt sich nämlich, wenn wir in der Weise , wie ich es vorhin gesagt habe , die Rechnung verfol­gen , in der folgenden Weise hinein. Wir haben zu zeichnen die Bahn der Erde so, daß sie gewissermaßen hinstrebt nach dem Orte , den früher die Sonne gehabt hat, und wiederum die Sonne nach dem Ort, den früher die Erde gehabt hat. Wir bekommen auf diese Weise die Hälfte der Lemniskate heraus: Erde , Sonne , Erde , Sonne; wenn die herumgegangen ist, dann geht es weiter (Fig. 5). Sie sehen,

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sie bewegen sich aneinander vorbei. So daß wir die wirkliche Bahn von Erde und Sonne bekommen, wenn wir uns abwechselnd denken die Erde einmal so, daß sie an der Stelle steht , wo wir sonst gewohnt sind, die Sonne hinzuzeichnen, und dafür dann die Sonne dorthin zeichnen müssen, wo wir sonst gewohnt sind, die Erde hinzuzeich­nen. In der Tat bekommen wir das, was Bewegungsverhältnis von Erde und Sonne ist, nicht, wenn wir die eine oder die andere als ru­hend annehmen, sondern wenn wir beide in einer Bewegung den­ken , wodurch die eine der anderen nachfolgt , aber zu gleicher Zeit sie aneinander vorbeigehen. So daß wir uns vorstellen müssen: Per­spektivisch gesehen ist abwechselnd die Sonne im Mittelpunkt unse­res Planetensystems , und dann wiederum ist eigentlich die Erde an der Stelle , wo sonst die Sonne ist. Sie wechseln gewissermaßen ab. Nur ist die Sache kompliziert, weil mittlerweile selbstverständlich

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die Planeten auch ihren Ort ändern, und dadurch kommt eine be­deutsame Komplikation heraus. Aber wenn ich zunächst diese per­spektivische Zeichnung (Fig.4) gelten lasse , dann muß ich die Sache so zeichnen (Sonne im Mittelpunkt). Und ich bekomme gewisserma­ßen die andere Anordnung , wenn ich ideal hinzeichne die Folge der Planeten so, daß hier (im Mittelpunkt) die Erde ist, dann der Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars,Jupiter, Saturn. Sie sehen also, es han­delt sich darum, daß wir gewissermaßen verführt werden durch die Perspektiven , ein höchst einfaches System aufzustellen , das aber nicht so einfach ist. Es ist tatsächlich so, als ob in bezug auf die Pla­neten Erde und Sonne ihre Orte wechseln würden in bezug auf den Mittelpunkt.

Es ist mir eigentlich gar nicht leicht , muß ich sagen , diese Dinge , die ja heute noch als etwas Phantastisches genommen werden könn­ten, Ihnen vorzutragen, denn es ist ja schon einmal nicht möglich, sie mit allen Schikanen im einzelnen zu rechnen, sie können aber gerechnet werden. Aber man wollte schon einmal, daß ich die Bezie­hungen von Astronomie zu anderen wissenschaftlichen Gebieten Ih­nen auseinandersetze, und da bleibt nichts anderes übrig, als jetzt auch eine klare Zusammenfassung des Ganzen zu geben.

Nun haben wir also, wenn wir die Bahn von Erde und Sonne ver­folgen, wiederum abgesehen vom Planetensystem, uns zu denken eine Lemniskate , in der die Erde der Sonne nachläuft. Sie ist hier projiziert (Fig. 6). Sie sehen dadurch auch eine Möglichkeit, mit der Gravitation eine vernünftige Vorstellung zu verbinden. Sie liegt zu­grunde dem Prinzip des Nachziehens. Und wenn Sie die Sache so vorstellen , so brauchen Sie nicht die etwas fragliche Zweiheit von Gravitationskraft und Tangentialkraft, denn die sind hier auf eine Kraft reduziert, wenn Sie sich die Sache ordentlich durchdenken. Es ist ja ohnedies, nicht wahr, eine etwas problematische Vorstellung, daß man sich denken soll die Sonne im Mittelpunkt und darum her­um die Planeten, durch welche so ein Schubs in der Tangentenrich­tung geht, wie ja das doch eigentlich vorausgesetzt werden muß, wenn man den Newtonianismus festhalten will. Wenn Sie sich nun hier dieses als die Erden-Sonnenbahn denken, dann sind Sie genötigt ,

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um in der Perspektive die Formen herauszubringen , welche die andern Planetenbahnen haben mit dem Verlauf der Erden­Sonnenbahn , die Bahn der sonnennahen Planeten sich so vorzustel­len, daß sie etwa so einzuzeichnen wären. Sie haben dadurch die Möglichkeit ,

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wenn Sie hier die Visierlinie haben , bei einem gewissen an­deren Stand des Planeten in der Bahn die Schleife als perspektivi­sches Gebilde herauszubekommen. Die Visierlinie (v) ist hier. Wir bekommen hier die Schleife (s) und diese zwei Äste verlaufen scheinbar ins Unendliche (u). Dagegen hat man sich vorzustellen, daß, wenn dies hier zunächst die Erden-Sonnenbahn ist und hier die Bahn der inneren Planeten, daß die entsprechenden Bahnen der äußeren Planeten solche Lemniskaten sind (Fig. 7, S.312; die neue Bahn wurde um Fig. 6 herumgezeichnet); ich müßte sie jetzt hin-aufzeichnen, aber die nächste wäre eben so. Aber nun schreitet die Lemniskate fort, drückt sich also durch durch diese I,emniskate, die die äußeren Planeten darstellt.

Wir haben ein System bestimmt angeordneter Lemniskaten als die Bahnen der Planeten und auch als die Erden-Sonnenbahn. Sie wer­den leicht dies, was ich jetzt schematisch darstelle, in Einklang bringen

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können mit der Tatsache , daß wir in der Perspektive sehen die Venusschleife , die Merkurschleife in der Konjunktionsstellung, daß wir dann sehen müssen in der Perspektive die Jupiter-, Mars- und Saturnschleifen in der Oppositionsstellung. Und Sie werden jetzt vor

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allen Dingen einsehen, welcher Zusammenhang wiederum ist zwi­schen den Planeten als solchen und dem Menschen. Denn Sie brau­chen das nur anzuschauen und Sie werden sich sagen: Dasjenige , was Sie in Merkur und Venus haben, das liegt nahe der Richtung der Erden-Sonnenbahn selber. Das ist gewissermaßen in kosmischer Nä­he der Erden-Sonnenbahn. Es ist daher sich so verhaltend, daß es et­was mit der radialen Linie zu tun hat, die ja im Grunde die Verbindung

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von Erde und Sonne darstellt. Dagegen die anderen Bahnen, die Bahnen der äußeren Planeten, der oberen Planeten, die kommen mehr in Betracht durch ihre seitliche Richtung, ihre sphärische Rich­tung; die nähern sich in ihrer Wirksamkeit mehr dem an, was peri­pherisch in seiner Bewegung verläuft. Wir können daher auch sagen:

Dasjenige, was wir an Venus und Merkur sehen, das ist viel mehr verwandt mit dem, was als kosmische Wirklichkeit in uns lebt; dasje­nige , was wir in der Bahn der äußeren Planeten sehen , das ist viel mehr mit demjenigen verwandt, was der Fixsternhimmel im allge­meinen ist. Und wir kommen daher auch da zu einer Art qualitativer Bewertung desjenigen, was sich da im Kosmos eigentlich abspielt. Natürlich sind die Linien , die ich hier gezogen habe , durchaus nur schematisch gemeint , und eigentlich müßte man sagen: Ein innerer Planet hat eine Bahn , die eine Schleife macht , deren Mitte die Erden-Sonnenbahn selber ist; ein äußerer Planet nimmt in seine Schleife die Erden-Sonnenbahn auf.

Das ist dasjenige, was eigentlich das Wesentliche ist, denn die Sa­che selbst ist so außerordentlich kompliziert , daß man eigentlich eben nur zu den schematischen Vorstellungen gelangen kann. Aber Sie sehen daraus auch, wie notwendig es ist, wiederum abzukom­men, so unangenehm das auch manchem klingen mag, von einem gewissen Prinzip , das im Beginn der neueren Zeit in unsere Naturer­klärungen eingezogen ist. Es ist das Prinzip, alles nach der Einfachheit zu erklären. Es wurde einmal zur Tendenz: Das Einfache ist das Rich­tige. Und heute wird man ja noch immer heftig getadelt , wenn man Dinge gibt , die nicht einfach genug sind. Aber die Natur ist eben durchaus nicht einfach. Ja, man möchte sogar sagen, die Natur, die Wirklichkeit ist dasjenige, was einfach ausschaut, was aber, wenn man es wirklich untersucht, kompliziert ist, so daß man in der Regel in demjenigen, was sich als einfach darbietet, ein Scheingebilde hat.

Es ist mir gar nicht darum zu tun gewesen , etwa nach diesem hin die Vorträge zu gipfeln , denn irgend etwas auszusprechen , was von vornherein nicht im Einklang steht mit dem Anerkannten, das ist dasjenige nicht, was ich prinzipiell anstrebe , sondern hier handelt es sich wirklich darum, hinter die Wahrheit zu kommen. Nun bergen

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aber die Annahmen des heutigen astronomischen Weltenbildes so viele Widersprüche in sich , daß man tatsächlich ganz unbefriedigt zurückkommt, wenn man heute die gang und gäbe Astronomie durchgemacht hat. Man sieht ja, daß angenommen wird hypothe­tisch das Weltenbild, das ich ja auch aufgezeichnet habe: Die Plane­tenbahnen in Ellipsen, in einem Brennpunkt die Sonne und so wei­ter. Man läßt dann, weil man nicht anders kann, diese Planetenbah­nen verschiedene Neigungen haben. Diese verschiedenen Neigun­gen ergeben sich durch die Perspektive; diese komplizierten Dinge, es sind alles perspektivische Dinge. Aber man rechnet ja eigentlich nicht mit diesem einfachen planetarischen System, das man den Kindern in der Schule erklärt und das dann später beibehalten wird, sondern tatsächlich nach dem Weltenbild des Tycho de Brahe, und es müssen außerdem fortwährend Korrekturen eingesetzt werden. Denn wenn man nach den gebräuchlichen Formeln, sagen wir den Sonnenort für einen bestimmten Zeitpunkt ausrechnet , stimmt es nicht. Dann steht an dem Ort, statt daß die wahre Sonne dort stün­de , entweder die Zwischensonne oder die mittlere Sonne , also ge­dachte Dinge. Ja, es ist so, es stehen ganz gedachte Dinge dort, und man muß immer Korrekturen einführen, um zum Richtigen zu kommen. In diesen Korrekturen, da steckt dasjenige drin, was zur Wahrheit führt. Wenn man, statt daß man bei den Formeln stehen bleibt und zu gedachten Dingen kommt, die Formeln in sich beweg­lich macht und dann versucht, Kurven zu zeichnen, dann kommt man schon zu diesem System. das hier gezeichnet ist, wenn auch schematisch.

Nun, sehen Sie, ich habe versucht, vor allen Dingen Wert darauf zu legen, daß in Ihnen ein Bild entstehe von dem Zusammenklang der menschlichen Organisation mit der Konstitution des Kosmos. Diesen Zusammenklang werden Sie, wenn Sie alles bisher verfolgt haben, nicht als etwas ansehen können, das sich versündigt gegen diejenige Art von Gesinnung, die in der Wissenschaft sein soll. Es ist in der Zeit, in welcher der Übergang sich herausentwickelt hat von dem ptolemäischen zu dem kopernikanischen Weltenbilde , auch mit der ganzen Deutung des Zusammenhanges zwischen Mensch und

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Himmelserscheinungen eine Veränderung eingetreten. Wenn man in jene älteren Zeiten zurückgeht, in denen, wenn auch in einer an­deren Perspektive , möchte ich sagen , ich habe vor einigen Tagen darüber gesprochen, man durchsichtige Vorstellungen hatte über den Zusammenklang der Himmelsbewegungen mit der Gestalt des Menschen, dann findet man durchaus etwas, was ja instinktiv war, was aber, ins Bewußtsein hinaufgehoben, schon unsere gegenwärtige Wissenschaftsgesinnung ergibt , der wir auch wiederum treu bleiben müssen, wenn wir uns gerade auf ein so problematisches und gewag­tes Gebiet begeben.

Es ist eigentlich kein Unterschied zwischen der Art und Weise , wie wir Mathematik sonst anwenden , und wie wir diese qualitative Mathematik, die wir allmählich uns herausgebildet haben, nun an­wenden auf den Menschen und die Himmelserscheinungen. Aber sehen Sie, es hat sich ja in derselben Zeit, in der der Übergang sich entwickelt hat von dem alten heliozentrischen System zu dem neuen heliozentrischen System, auch in der Menschheitsentwickelung inso­fern für die Erkenntnis ein Bruch ergeben, als keine Brücke mehr ge­lassen worden ist zwischen der physisch-sinnlichen Weltenordnung, der natürlichen Weltenordnung, und der moralischen Weltenord­nung. Ich habe es ja öfter in anderen Vorträgen erwähnt: Wir sind heute eben durchaus in dem Zwiespalt drinnen, daß wir genötigt sind, auf der einen Seite die theoretischen Naturvorstellungen aus­klingen zu lassen in irgendeinem Urgebilde , daß sich also aus rein natürlichen Vorgängen die Welt enrfaltet hat; so unsere Erde , da sind wir drinnen , da geht das wiederum nach rein natürlicher Gesetzmä­ßigkeit weiter, erreicht sein Ende. Mitten drinnen leben wir. Aus un­serm Innern steigen auf moralische Impulse, man weiß nicht, woher sie kommen. Man weiß aber ganz gewiß, wenn man im Sinne dieses Dualismus denkt, daß einstmals gerade für diese moralischen Impulse ein großes Grab da sein wird. So denkt man , wenn man so wenig die Brücke schlägt zwischen der natürlichen Weltenordnung und der moralischen Weltenordnung. Dieser Übergang zwischen der na­türlichen Weltenordnung und der moralischen Weltenordnung muß eben wieder gefunden werden. Wir müssen wieder in die Lage

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kommen, in Einklang miteinander denken zu können die natürliche Weltenordnung und die moralische Weltenordnung. Ich habe bei anderen Gelegenheiten davon gesprochen , wie dieser Übergang gesucht werden kann. Er kann eben durch anihroposophische Geistes-wissenschaft wirklich gefunden werden.

Hier aber möchte ich Sie darauf aufmerksam machen , daß sich dieses Auseinanderfallen der natürlichen Weltenordnung und der moralischen Weltenordnung auch im Speziellen auf gewissen Ge­bieten zeigt. Und ein solches Gebiet ist dasjenige , mit dem wir es hier zu tun haben. Da ist auch in einer gewissen Weise innerhalb der Menschheitsentwickelung auseinandergefallen der natürliche Aspekt und der moralische Aspekt. Der moralische Aspekt hat sich heraus­gebildet in der Astrologie, der natürliche Aspekt in der geistentblöß­ten Astronomie. Daß wir in der Astrologie , wie sie heute getrieben wird , nichts zu sehen haben , was mit irgendeiner Wissenschaft , so wie sie aufgefaßt wird, etwas zu tun hat, das brauche ich Ihnen ja nicht auseinanderzusetzen; daß das eine Verirrung nach der einen Seite ist, das wird Ihnen ja nicht bewiesen zu werden brauchen. Aber nach der anderen Seite haben wir in dem, was man unser astronomisches Weltensystem nennt, eben auch eine Verirrung. Wir haben es nicht zu tun mit Wirklichkeiten, etwa bei den perspektivi­schen Linien oder meinetwillen projektivischen Linien, die gewöhn­lich gezeichnet werden, wenn wir unser Planetensystem aufzeich­nen, auch bei den Linien nicht, die noch entstehen, wenn nun wie­derum eine aus vielen Komponenten zusammengesetzte Resultie­rende beobachtet wird in dem Lauf, den die Sonne selber macht mit dem ganzen Planetensystem. Wir haben es bei all dem zu tun mit Dingen, die sich aus sehr vielen Komponenten zusammensetzen. Und weil wir es da mit Relativitäten zu tun haben, so ist es eben not­wendig, daß man sich an ein Kriterium hält, das einen zum wirkli­chen Verständnis der Kurven führen kann, wenn es auch manchem ein noch so vages Kriterium scheint, wenn wir einfach hinter das Ge­heimnis zu kommen versuchen, warum der Mensch das Bedürfnis hat, sich im Schlafe horizontal zu legen, also eben herauszukom­men aus der Verbindungslinie zwischen Erde und Sonne. Wie er

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seine willkürlichen Bewegungen nur vollziehen kann, wenn sein Schwerpunkt sich bewegt senkrecht auf der Verbindungslinie von der Erde zur Sonne , so kann er, wenn er seine unwillkürlichen Bewe­gungen vollführt, diese nur vollziehen, indem er sich selbst hinein-legt in die Richtung senkrecht auf die Bahn Erde-Sonne. Will er her­auskommen aus der Wirksamkeit der willkürlichen Bewegung , so daß dasjenige, was sonst in seiner willkürlichen Bewegung wirkt, in­nerlich wirkt und einen Stoffwechselumsatz zwischen Leib und Kopf bewirkt, dann muß er sich in diese Linie hineinlegen. Und ebenso können Sie den Übergang finden zu den anderen Richtungen des Menschen, und Sie werden aus Richtungen, die im Menschen zu ver­zeichnen sind , die aus seiner Gestaltung heraus zu gewinnen sind , zusammensetzen können diejenigen Kurven, um die es sich bei der Bewegung der Himmelskörper handelt. Das ist nicht so leicht wie dasjenige, was man mit den bloßen Fernrohren und ihren Winkeln macht. Aber es ist der einzig mögliche Weg, durch den man diesen Zusammenhang zwischen dem Menschen und den Himmelserschei­nungen finden kann.

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ACHTZEHNTER VORTRAG Stuttgart, 18. Januar 1921

Wenn wir uns noch einmal zurückerinnern an dasjenige, was von mir gesagt worden ist mit Bezug auf die Gegensätzlichkeit von Erde und Sonne, so werden wir daraus ersehen, daß es sich bei der Beant­wortung solcher Fragen darum handelt, die empirischen Tatsachen in einer bestimmten Art zu verfolgen. Es ist durchaus nicht möglich , sich Anschauungen zu bilden über etwas, was man sieht, wenn man nicht voraussetzt, daß eventuell radikale Verschiedenheiten in der Interpretation des Gesehenen notwendig sind. Man kommt zur rich­tigen Deutung von solchen Erscheinungen, wie sie dargeboten wer­den im Anblick des sogenannten Sonnenkörpers doch nur, wenn man ausgeht von solchen Voraussetzungen, wie wir sie gemacht ha­ben, von der Frage etwa: Wie muß man, wenn man auf der Erde ge­wisse Erscheinungen deutet, Erscheinungen, die auf der Erde die Gestalt annehmen, daß sie vom Mittelpunkte nach dem Umfang zu, gegen den Weltenraum hinaus wirken, wie muß man ähnliche Er­scheinungen , also für den äußeren Anblick ähnliche Erscheinungen dann deuten, wenn man das Auge oder das bewaffnete Auge nach der Sonne richtet? Und es werden sich erst die empirisch beobachtbaren Erscheinungen im rechten Lichte zeigen, wenn man so etwas zu­grunde legen kann, wie: Während irgendwo an der Oberfläche der Erde ein gewisser Ausbruch oder dergleichen gedeutet werden muß als nach oben tendierend (Fig. la), muß ein Vorgang der Sonne, meinetwillen ein Sonnenfleck, so gedeutet werden, daß er von au­ßen nach innen tendiert (Fig. 1b). Und wie man dann, wenn man diese Betrachtungsweise fortsetzt, sich zu denken hat, daß man, in­dem man sich hinunter bewegt unter die Oberfläche der Erde, eben in die dichte Materie kommt, so wird man sich vorzustellen haben, daß man in die Materienverdünnung kommt, indem man sich von dem Sonnenäußern gegen das Sonneninnere zu bewegt. So daß man sagen kann: Schauen wir die Erde in ihrem ganzen Hineingestelltsein in die Welt an, so nimmt sie sich für uns aus als ponderable Materie.

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in die Welt hineingestellt; mit der Sonne werden wir nur zurecht­kommen, wenn wir sie so vorstellen, daß wir, gerade indem wir von dem Umfang gegen das Innere gehen, uns von der ponderablen Ma­terie immer mehr und mehr entfernen, immer mehr und mehr in das Imponderable hineinkommen, daß wir also genau das entgegen­gesetzte Verhalten haben beim Annähern an den Mittelpunkt. Wir

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müßen uns also die Sonne gewissermaßen vorstellen wie eine Aus­höhlung der, sagen wir, Weltenmaterie, wie einen Hohlraum, eine Hohlkugel , die von Materie umhüllt wird; im Gegensatz zur Erde , die dichte Materie darstellt und von dünnerer Materie umhüllt wird. Wir haben uns also bei der Erde vorzustellen: Außen Luft, innen dichtete Materie; bei der Sonne ist es umgekehrt: Wir kommen von der relativ dichteren Materie hinein in die dünnere Materie , und endlich in die Negation der Materie. Wer die Erscheinungen auf diesem Gebiet wirklich unbefangen zusammennimmt , der kann nicht anders, als sich sagen: In der Sonne haben wir nicht einen ge­genüber der Erdenmaterie einfach verdünnten Weltenkörper vor uns, sondern wir haben in gewisser Beziehung, wenn wir die Erde in ihrer Materialität als positiv ansetzen, in der Sonne, in dem innern Teil der Sonne, negative Materie vor uns. Wir kommen mit den Er­scheinungen nur zurecht, wenn wir uns im inneren Sonnenraum ne­gative Materie denken.

Nun, negative Materie ist gegenüber der positiven Materie sau­gend. Die positive Materie ist drückend, die negative ist saugend. Wenn Sie sich aber vorstellen. daß die Sonne eine Ansammlung von

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Saugekraft ist , dann brauchen Sie gar nicht weiter irgendeine Erklä­rung der Gravitation als nur diese , denn das ist schon die Erklärung der Gravitation. Und wenn Sie sich weiter vorstellen dasjenige , was ich Ihnen gestern auseinandergesetzt habe, daß die Bewegung von Erde und Sonne einfach so ist, daß die Erde der Sonne nachfolgt in derselben Bahnrichtung, dann haben Sie den kosmischen Zusam­menhang zwischen Sonne und Erde: Voran die Sonne als Ansamm­lung von Saugekraft und durch diese Saugekraft die Erde im Wel­tenraum in derselben Bahnrichtung nachgezogen, in der die Sonne selber im Weltenraum sich vorschiebt. Sie durchschauen auf diese Weise dasjenige, was Sie sonst nicht innerlich mit Vorstellungen be­gleiten können. Sie werden niemals irgendwie zurechtkommen mit einer Vorstellung, die zusammenhält die Erscheinungen, wenn Sie nicht solche Vorstellungen zugrunde legen , wenn Sie nicht wirklich in der Materie sich eine positive und eine negative Intensität den­ken, so daß die Materie selber als Erdenmaterie positiv ist, als Inten­sität positiv ist , während die Sonnenmaterie als Intensität negativ ist , also gegenüber dem erfüllten Raum nicht nur ein leerer Raum ist , sondern eine Raumaussparung, weniger als ein leerer Raum.

Das ist eine Vorstellung, die vielleicht schwierig zu bilden ist. Aber warum sollten sich nicht diejenigen, die gewohnt sind, mathe­matische Vorstellungen zu haben , eine gewisse Erfüllung des Rau­mes unter der Größe + a vorstellen können , dann den leeren Raum als Null, und einen Raum, der weniger ist als leer, als - a vorstellen kön­nen? Und Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine richtige mathema­tische oder wenigstens zur Mathematik analoge Beziehung zu den­ken zwischen verschiedenen Intensitäten der Materie , hier in diesem besonderen Fall zwischen der Erden- und der Sonnenmaterie.

Gewissermaßen wie in Parenthese möchte ich nur einfügen:

Ganz gleichgültig, wie man nun denkt über die Beziehungen des reel­len Positiven und Negativen zum Imaginären - wie man darüber denkt, will ich nicht erörtern; irgendeine Interpretation wird sich ja doch finden lassen müssen für die sogenannten imaginären Zahlen, da sie sich ebenfalls als Auflösung von Gleichungen und dergleichen ergeben -, wenn man in dieser Weise im Intensiven ein Positives

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und ein Negatives zugrunde legt, so könnte man ja auch ein Imaginä­res zugrunde legen, und man würde dann bekommen

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und man hätte auch eine Möglichkeit, zu der positiven und negati­ven Materie dasjenige hinzuzufügen, was man in der Anthroposophie zum Beispiel die Materie oder, wenn man so will, die Geistigkeit des Astralischen zu nennen hat. Man hätte dann eine Möglichkeit, auch einen mathematischen Übergang zum Astralischen zu finden. Das wollte ich aber, wie gesagt, nur in Parenthese einfügen.

Nun nehmen Sie wiederum den Zusammenhang desjenigen, was ich jetzt ausgeführt habe, mit dem Menschen selbst. Sie können sich folgendes sagen: Es ist ja zweifellos, daß des Menschen physischer Leib seine Beziehungen zur ponderablen Erdenmaterie hat. Da der Mensch als wachender Mensch , im physischen Leibe stehend , seine Beziehungen zur Erdenmaterie hat, so können wir diese Beziehun­gen zur Erdenmaterie im Sinne der früheren Ausführungen verglei­chen mit der Vertikalrichtung der Pflanze. Aber wir haben gestern gesehen, daß wir eigentlich die Pflanze uns entgegengesetzt zu den­ken haben im Menschen in ihrer Richtung, daß wir gewissermaßen die äußere Pflanze von unten nach oben wachsend vorzustellen ha­ben, die im Menschen zu denkende Pflanze von oben nach unten (Fig.2, S.322). Ja, was wächst denn da von oben nach unten? Etwas Sichtbares gewiß nicht, etwas Übersinnliches. Da wir das mit der Sonne in Beziehung bringen, so müssen wir, wenn wir die Pflanzen­wachstumskräfte mit der Sonnen-Erdenbahn in Beziehung bringen so, daß wir sie denken von der Erde gegen die Sonne hin gerichtet , uns dasjenige , was im Menschen heranwächst im umgekehrten Sinne , als in seinem Ätherleibe wachsend denken. Also dasjenige, was von der Sonne ausgeht , diese Saugekraft , wirkt im Menschen , seinen Ätherleib von oben nach unten durchdringend. So daß am Menschen,

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wenn Sie den menschlichen Leib nehmen, zwei einander ent­gegengesetzte Entitäten wirksam sind: Sonnenentität und Erdenen­tität. Wir müssen im einzelnen nachweisen können, daß das da ist, und wenn wir die Dinge in der richtigen Weise interpretieren kön­nen, so können wir es auch nachweisen. Denn dasjenige, was da

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im Menschen von oben nach unten wirkt, es kann sich ja in der ver­schiedensten Weise auseinanderlegen. Wenn wir eine Kraft haben, die in der Richtung a - b wirkt, so können wir sie nicht nur in dieser Richtung verfolgen. Wir können sie auch verfolgen imaginär. Wenn sie diese Stärke hat, brauchen wir uns nur diese Kraft zerlegt zu

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denken in zwei Komponenten (Fig. 3). Wir können also überall Komponenten der Kräfte bilden, die eigentlich in der Richtung der Erden-Sonnenbahn liegen.

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Wenn ich mit einem Finger hierher drücke , so ergibt sich für die Druckfläche der Druck, den die ponderable Materie auf mich aus­übt, und der Gegendruck entspricht der Sonnenkraft, die durch mich, das heißt durch meinen Ätherleib wirkt. Sie haben, wenn Sie sich hier eine Fläche denken, die auf den Menschen drückt, oder ge­gen die der Mensch drückt, entgegengesetzt die Wirkung der pon­derablen Kraft und die Wirkung der imponderablen Kraft. Und dasjenige, was Ihnen hier eine Druckempfindung gibt, ist nichts an­deres als die Wechselwirkung des ponderablen Druckes von außen nach innen und des imponderablen Druckes von innen nach außen (Fig.4).

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Man kann sagen: Wenn man mit klarem innerem Seelenauge die Dinge überblickt, so spürt man den Gegensatz von Erde und Sonne, in den man hineingestellt ist, in jeder Sinneswahrnehmung. Alles ist am Menschen so zu verfolgen, daß man Kosmisches darin erkennen kann. Das Kosmische spielt überall herein in den Menschen. Und das ist so ungeheuer wichtig, daß man wirklich diese den Menschen abschließende Betrachtungsweise überwindet, die nur haften bleibt an demjenigen, was eigentlich ohne Zusammenhang mit der Umge­bung ins Auge gefaßt wird. Ich habe ja in diesen Betrachtungen schon den Vergleich angeführt: Wenn wir den Menschen so hinein­stellen in die Welt, daß wir Kopf und Gliedmaßen und so weiter be­trachten , so ist eine solche Betrachtungsweise einfach so , wie wenn wir eine Magnetnadel betrachten, die sich richtet nach einer bestimmten

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Richtung, und wir suchen nun in der Magnetnadel die Ur­sache dafür, statt sie in den magnetischen Polen der Erde zu suchen. Wir müssen eben wirklich, wenn wir ein Ding oder ein Faktum ver­stehen wollen , in die Totalität hineingehen , aus der heraus dieses Ding oder diese Tatsache zu verstehen ist. Es kommt eben überall darauf an, daß wir suchen nach der entsprechenden Totalität. Das ist dasjenige, was der heute üblichen Betrachtungsweise so ungeheuer fremd ist: Bevor man irgend etwas entscheidet, erst sich die entspre­chende Totalität, auf die es ankommt, aufzusuchen. Wenn Sie ei­nen Salzkristall in die Hand nehmen, können Sie ihn, so wie er ist, allerdings auch nur relativ, aber wenigstens relativ, als eine Totalität betrachten. Er ist etwas wie eine abgeschlossene Entität in sich. Pflücken Sie eine Rose ab und stellen Sie sie vor sich hin - sie ist so, wie Sie sie da hinstellen, keine abgeschlossene Entität. Sie könnte ja so, wie sie dasteht, nicht in demselben Sinne dastehen wie ein Salz-kristall. Der muß sich zwar auch in einem Medium bilden und der­gleichen, ist aber eine Totalität. Die Rose ist erst dann als Totalität zu betrachten, wenn man sie im Zusammenhang mit dem ganzen Rosenstock betrachtet. Da hat sie die entsprechende Totalität, die der Salzwürfel von sich aus hat, so daß wir gar keine Berechtigung haben, eine Rose als eine Realität für sich zu betrachten. Und so müssen wir auch, indem wir den Menschen in bezug auf seine ganze Wesenheit betrachten, nicht stehenbleiben dabei, ihn nur in seiner Haut zu fassen, sondern wir müssen ihn im Zusammenhang mit dem ganzen Weltenall betrachten, das uns sichtbar ist; denn nur aus diesem Zusammenhang heraus ist er zu verstehen. Und wenn man eine solche Betrachtungsweise fortsetzt, dann kommt man auch da­zu, einen gewissen tieferen Sinn verbinden zu können mit den Er­scheinungen, wie sie sich darbieten und von uns in der Erkenntnis beherrscht werden können.

Wir haben im Verlauf dieser Betrachtungen gesagt: Wenn wir die Umlaufzeiten der Planeten miteinander vergleichen, so stellen sich inkommensurable Größen heraus. Denn wären die Größen kommensurabel, so würden die Planetenbahnen nach und nach in ein solches Verhältnis kommen, daß das ganze Planetensystem starr

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würde. Aber es ist ja in unserem Planetensystem diese Tendenz zum Erstarren, zum Totwerden drinnen. Wenn man die Tatsache nimmt, die dadurch gegeben ist, daß man durch gewisse Kurven und Rech­nungsformeln dasjenige ausdrückt, was im Planetensystem vorliegt, und diese Kurven und diese Rechnungsformeln, wie wir gesehen ha­ben, niemals mit der Realität völlig stimmen, so muß man sagen:

Versucht man mit leicht durchschaubaren Formeln oder leicht durchschaubarem Figuralen die Erscheinungen des Himmels zu fas­sen, so entschlüpfen einem die Erscheinungen; sie entschlüpfen fort­während. Es ist also wahr: Wenn wir den Blick hinausrichten auf das reale Bild der Himmelserscheinungen und dann den Blick wenden auf das, was wir machen können in der Rechnung, kriegen wir nie­mals eine Formel zustande, die sich vollkommen mit den Erschei­nungen deckt. Wir können solch eine Zeichnung machen , wie ich sie Ihnen gestern als System der Lemniskaten entworfen habe; das kön­nen wir machen. Dieses System wird aber nur dann in der richtigen Art aufgefaßt , wenn man sagt: Würde ich es nun ganz bestimmt hinzeichnen in irgendeiner Form, so könnte es höchstens das Richti­ge sein für die gegenwärtige Zeit. Schon wenn die Zeit eintritt , die so weit entfernt ist von der unsrigen, wie diejenige , die ich als die künftige Eiszeit angegeben habe , dann müßte ich dieses System in einer wesentlichen Art modifizieren, so modifizieren, daß ich die Konstanten der Kurve variabel nehme und sie selber wiederum ziemlich komplizierte Funktionen sind. So daß ich niemals einfache Linien zeichnen kann, sondern ich kann nur komplizierte Linien zeichnen. Und auch , wenn ich diese Linien hier zeichne , so müßte ich eigentlich sagen: Ja schön, ich zeichne also einmal für irgendei­nen Himmelskörper eine Bahn hin - wir haben gestern gesehen , es wird immer eine lemniskatische Bahn sein. Ja, aber nach einiger Zeit kommt für mich die Notwendigkeit , diese Zeichnung nicht mehr gelten zu lassen , sondern die Lemniskate etwas breiter zu machen , und ich muß dann solch eine Lemniskate zeichnen und so weiter (Fig. 5).

Das heißt, wenn ich anfangen würde, den Bahnen der Himmels-körper nachzufahren , so müßte ich eigentlich mich hineinstellen ins

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Weltenall und immerfort die Bahn verfolgen , immerfort variieren. Ich darf gar nicht eine konstante Bahn aufzeichnen. Ich muß jede Bahn, die ich aufzeichne, mit dem Bewußtsein aufzeichnen, daß ich fortwährend verändern muß, weil mit jedem Zeitenverlauf von mir gefordert wird , daß die Bahn wiederum etwas anders ist. Also , ich

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bin gar nicht in der Lage , wenn ich adäquat die Himmelskörper mit ihren Bahnen fassen will , fertige Linien zu zeichnen. Wenn ich fer­tige Linien zeichne , sind es Annäherungslinien , und ich muß Korrek­turen einführen. Das heißt: Jeder fertigen Linie entschlüpft hinter­her dasjenige, was real am Himmel ist. Ich mag was immer für eine fertige mathematische Linie denken , das Reale entschlüpft mir , es faßt sich nicht hinein. Damit aber spreche ich selber eine Realität aus: Es ist etwas in einem Planetensystem, was auf der einen Seite ins Starre , auf der anderen Seite ins bewegliche Lemniskatisieren hin­eintendiert. Es ist ein Gegensatz im Sonnen- oder Planetensystem zwischen der Tendenz nach der Starrheit und der Tendenz nach der Veränderlichkeit, nach dem Heraustreten aus sich selber.

Wenn man anschauend, jetzt nicht spekulierend, sondern an-schauend diesen Gegensatz verfolgt, dann kommt man darauf, sich zu sagen: Dasjenige, was der kometarische Körper ist, das ist eigent­lich gar nicht in demselben Sinn ein Körper wie der Planet. - Sie können dasjenige, was ich als Richtlinien gebe, sich verifizieren gera­de durch ganz genaues Verfolgen desjenigen, was die empirischen

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Tatsachen geben, wenn Sie nur nicht haften an den Theorien, durch die manche diese Tatsachen in Fesseln schlagen. Sie können sich überzeugen, wie sich das verifizieren läßt, was ich Ihnen sagen wer­de, und wie es sich immer mehr und mehr verifizieren wird, je mehr man empirische Tatsachen zusammenfassen wird. Wenn man näm­lich die kometarische Natur verfolgt , so kommt man nicht zurecht , wenn man sich den kometarischen Körper auch so denkt , wie man gewöhnt ist, sich den planetarischen Körper zu denken. Den plane­tarischen Körper - ich komme jetzt auf etwas zurück, was ich metho­dologisch schon angeführt habe - können Sie immerhin so vorstel­len, wie wenn er ein abgeschlossener Körper wäre und sich weiter be­wegen würde , und Sie werden den Tatsachen nicht sehr widerspre­chen. Beim kometarischen Körper werden Sie immer gegenüber den Erscheinungen auf Widersprüche stoßen , wenn Sie ihn nach dem Muster des planetarischen Körpers betrachten. Sie werden einen ko­metarischen Körper niemals verstehen in seinem Hinziehen , seinem scheinbaren Hinziehen durch den Weltenraum, wenn Sie ihn so be­trachten, wie Sie gewöhnt sind, planetarische Körper zu betrachten. Aber versuchen Sie einmal, ihn in der folgenden Weise zu betrach­ten und alle empirischen Tatsachen , die es gibt , aufzureihen auf dem Faden dieser Betrachtungsweise. Denken Sie sich, in der Rich­tung hier (Fig. 6) - man kann sagen: gegen die Sonne zu - da entsteht

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fortwährend der Komet. Er schiebt seinen Kern, seinen schein­baren Kern, vor; rückwärts, da verliert sich die Sache. Und so schiebt er sich vor, auf der einen Seite immer neu entstehend, auf der an­dern Seite vergehend. Er ist gar nicht in demselben Sinn ein Körper , wie der Planet. Er ist etwas , was fortwährend entsteht und vergeht ,

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was vorne Neues ansetzt und hinten das Alte verliert. Er schiebt sich wie ein bloßer Lichtschein vorwärts, aber ich sage nicht, daß er ein solcher bloß ist.

Nun, erinnern Sie sich an dasjenige, was ich Ihnen vor ein paar Tagen gesagt habe, daß wir es eigentlich nicht zu tun haben bloß mit dem Monde hier (Fig. 7) und der Erde hier, sondern daß jeder

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Planet eine gewisse Sphäre hat und eigentlich das da nur ein Punkt der Peripherie ist, so daß der Mond im Grunde genommen dasjenige ist, das begrenzt wird von seiner Bahn. Wir stehen mit der Erde in der Mondensphäre drinnen. So stehen wir in einer gewissen Bezie­hung auch in der Sonnensphäre drinnen, so stehen wir in der Sphäre der Planeten drinnen. Die sind nicht bloß dasjenige, was sich da in den Lemniskaten bewegt und was dort an jenem Punkte ist, sondern der Punkt ist nur ein besonders ausgezeichneter Teil; ich sagte Ih­nen: wie der Fruchthof im Eikeim des menschlichen Embryos. Wenn Sie das aber ins Auge fassen, so werden Sie sich sagen: Ich betrachte die Erde, ich betrachte die Sonne. Da aber schieben sich zwei Sphä­ren ineinander, und diese Sphären drücken sich so aus, daß sie ge­wissermaßen von entgegengesetzt gerichteten Materien herkommen , vom Sonnenmittelpunkt, gegen den negative Materie hintendiert, vom Erdenmittelpunkt, von dem positive Materie ausstrahlt. Da durchdringt sich positive und negative Materialität. Es durchdringt sich natürlich nicht so, daß die Durchdringung überall eine homo­gene ist - so würden sich nicht einmal zwei Wolken durchdringen,

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wenn sie durcheinanderziehen -, sondern sie sind durchaus inhomo­gen. Und nun stellen Sie sich vor in diesem Durchdringen das Auf­einanderstoßen bestimmter Dichtigkeitsverhältnisse , dann haben Sie die Bedingungen gegeben, daß einfach durch die eine Substan­tialität , die von der anderen durchdrungen wird , solche Erscheinun­gen wie die Kometen entstehen. Das sind werdende Erscheinungen, fortwährend werdende und fortwährend vergehende Erscheinungen, und wir haben uns nicht vorzustellen , wenn wir theoretisch im Sinne des kopernikanischen Systems unser Planetensystem aufzeichnen , daß da die Sonne ist, Uranus, Saturn, und dann kommt von weit her der Komet und geht wieder weit hinaus (Fig. 8). Da außerhalb brauchen

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wir uns ihn überhaupt nicht vorzustellen, sondern er wird, ver­ändert im Perihel seine Gestalt, die fortwährend etwas Werdendes ist, verliert sich da wiederum. Er ist etwas Entstehendes und Verge­hendes, kann daher unter Umständen auch scheinbar Bahnen neh­men , die nicht geschlossen sind , parabolische oder hyperbolische Bahnen, weil es sich nicht darum handelt, daß da etwas herumzieht, was in geschlossener Bahn zu sein braucht, sondern weil etwas ent­steht und durchaus entstehen kann in einer parabolischen Richtung , und hier verschwindet, nicht mehr ist. Den Kometen müssen wir

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durchaus als etwas Flüchtiges ansehen, einen Ausgleich, wenn wir die Sonne und die Erde in Betracht ziehen , zwischen ponderabler Materie und imponderabler Materie; ein Sich-Begegnen von ponde­rabler und imponderabler Materie, die sich nicht gleich so ausglei­chen, wie sie sich ausgleichen, wenn das Licht in der Luft sich aus­breitet, wo sich ja auch Ponderables und Imponderables begegnen, aber da breiten sie sich stetig aus, gewissermaßen homogen, sie sto­ßen sich nicht. Beim Kometen haben wir ein gegeseitiges Sich-Stoßen, weil sie sich nicht anpassen. Nehmen Sie zum Beispiel Luft, und es gehe das Licht mit einer gewissen Stärke durch die Luft hin­durch, es breite sich aus, homogen; wenn das Licht sich aber nicht

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schnell genug anpaßt an die Luftausbreitung, dann geschieht gewis­sermaßen - aber ich bitte, das nicht im mechanischen Sinn zu neh­men, sondern als etwas Innerliches - eine innerliche Reibung zwi­schen ponderabler und imponderabler Materie (Fig. 9). Verfolgen Sie den Komenten, da ist diese durch den Raum ziehende Reibung von ponderabler und imponderabler Materie etwas fortwährend Ent­stehendes und Vergehendes.

Mit diesen Betrachtungen, meine lieben Freunde, habe ich Ihnen etwas geben wollen, was vorzugsweise in methodologischer Richtung wirken soll. Wenn es auch die Kürze der Zeit notwendig gemacht hat, daß ich das eine oder das andere skizzenhaft nur andeutend be­handelt habe, so wird doch, wenn die Gedanken und die Angaben

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dieser Vorträge verfolgt werden, gesehen werden , wie ich hinweisen wollte auf eine notwendige Umgestaltung der Methodologie unserer naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise. Von besonderer Wich­tigkeit wäre es, daß von solchen Vorträgen eine Anregung ausginge. Ich kann ja, ich möchte sagen, nur Direktiven geben, aber überall, wo hier scheinbar mit mathematischen Linien gearbeitet worden ist , werden Sie Anregungen finden zum empirischen Forschen, zum Ex­perimentieren. Sie können überall, im Groben und im Feinen, durchaus versuchen dasjenige zu verifizieren, was hier scheinbar mathematisch und figural dargestellt worden ist. Ob Sie einen blau­en oder roten Kinderballon nehmen und untersuchen , wie irgendein Effekt auf diesen Ballon ausgeübt wird , wenn Sie dem Ballon gewis­sermaßen hier einen von außen nach innen wirkenden Insult bei­bringen , so daß er in einer gesetzmäßigen Weise nach innen sich vertieft, und dann probieren, wie sich dasselbe gestaltet, wenn Sie irgendwie in einer Versuchsanordnung die Kräfte von innen nach außen wirken lassen in radialer Beziehung - wenn Sie diese Erschei­nung in Spannkräften, in Deformationen auch nur so im Groben verfolgen; oder wenn Sie versuchen, durch Erwärmung gewisser Stoffe, Ausbreitungslinien für die Erwärmung zu gewinnen - hier von innen nach außen, dort von der Peripherie nach innen; oder wenn Sie versuchen , die Erscheinungen optisch oder magnetisch oder sonstwie zu verfolgen - überall werden Sie sehen, wie das, was hier angeführt worden ist zum Beispiel über den Gegensatz von Sonne und Erde , sich experimentell verfolgen läßt. Vor allen Din­gen wird man, wenn solche Experimente wirklich gemacht werden, in einer ganz andern Weise eindringen in die Wirklichkeit, als man bisher eingedrungen ist , weil man gewisse Wirklichkeitsverhältnisse treffen wird , die man bisher gar nicht getroffen hat. Man wird auf diese Art aus dem Lichte , aus der Wärme usw. noch ganz andere Wirkungen herausholen können , als bisher herausgeholt worden sind , weil man an die Erscheinungen nicht herangegangen ist so, daß sie sich voll enthüllt hätten.

Zu solchen Dingen wollte ich anregen. Wir können in Vorträgen , die demnächst oder nach einiger Zeit wiederum gehalten werden, ja

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selbst zu Experimenten durchdringen. Das wird davon abhängen, ob wir bis dahin durch das Gedeihen unseres physikalischen und sonstiger Forschungsinstitute schon Versuchsanordnungen haben , die in die Zukunft hineinsprechen. Es wird sich ja durchaus darum handeln, daß wir nicht in unseren Forschungsinstituten das Ideal verfolgen, möglichst tadellose Instrumente von den Instrumenten-verkäufern zu erwerben und die hinzustellen, und da auch so zu ex­perimentieren, wie die anderen experimentieren. Denn nach der Richtung hin ist ja wirklich überall Außerordentliches geleistet wor­den. Dasjenige, was für uns notwendig ist, ist durchaus, wie ich schon erwähnt habe , das Herstellen neuer Versuchsanordnungen. Wir müssen nicht von einem fertig eingerichteten physikalischen Kabinett, sondern möglichst von einem leeren Zimmer ausgehen, und hineingehen nicht mit den heutigen fertigen Instrumenten , sondern mit den in unserer Seele werdenden neuen physikalischen Gedanken. Je leerer die Zimmer und je voller unsere Köpfe, desto bessere Experimentatoren werden wir nach und nach werden, meine lieben Freunde!

Das ist dasjenige, worauf es gerade ankommt in diesem Zusam­menhang. Wir haben nötig, die Aufgaben der Zeit in dieser Weise zu fassen. Man braucht sich ja nur zu erinnern, welche Fesseln einem im gewöhnlichen heutigen Studiengang in den einzelnen experi­mentellen Wissenschaften einfach dadurch angelegt waren , daß man ja nichts anderes sehen konnte, nichts anderes hinstellen konnte als dasjenige, was durch die Apparate hinstellbar ist. Wie wollen Sie denn das Spektrum im Goetheschen Sinn mit den heutigen Instru­menten studieren? Das können Sie ja gar nicht! Sie können ja mit den heutigen Instrumenten nichts anderes herausbekommen als das­jenige, was Sie in den Physikbüchern lesen. Sie können nicht einmal einen vernünftigen Sinn damit verbinden, daß man abweist das Hineininterpretieren von Lichtstrahlen in die Lichterscheinungen -da doch nirgends Strahlen sind. Wir machen, wenn wir die Vorstel­lung haben, das sei ein Gefäß, mit Wasser gefüllt, da unten sei eine Münze, und diese Münze erscheint woanders, wir machen da flott Einfallslot und alles mögliche (Fig. 10), wir verfolgen das alles mit Linien,

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während wir solch eine Einzelheit überhaupt nicht verfolgen sollten. Wir haben es nirgends mit einer solchen Einzelheit zu tun.

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Wenn das der Boden eines Gefäßes ist (Fig. 11) und hier eine Münze liegt, so kommen wir dazu, wie wir diese Münze zu behandeln ha­ben, erst, wenn wir das Folgende denken: hier den Boden eines Ge­fäßes und hier nicht eine Münze, sondern einen Papierkreis (Fig. 12). Die Erscheinung ist diese, daß, wenn das gesehen wird durch eine Wasseroberfläche, der Papierkreis gehoben und vergrößert ist. Das ist die Erscheinung, die kann man aufzeichnen. Und wenn Sie nun nicht einen Papierkreis haben , sondern ein Stück von diesem Papier­kreis da unten, so haben Sie kein Recht, es anders zu behandeln. Das (die Münze) ist nur ein Stück des Kreises. Da haben Sie nicht

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einzuzeichnen allerlei Linien, sondern Sie haben das als ein Stück des Kreises zu behandeln, der nicht da ist im differenziert Sichtba­ren, der aber durchaus da ist, indem er ein Stück Boden ist. Einfach dadurch, daß ich hier unten einen Punkt sichtbar habe. habe ich

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diesen sichtbaren Punkt in der Theorie so zu behandeln, daß er gar keinen Punkt bedeutet, sondern den Teil eines Kreises (Fig. 13). Ge­radeso wenig wie ich eine Magnetnadel , wenn ich sie richtig in ihrer Wirklichkeit behandeln soll, nicht so behandeln darf, als ob hier ein Mittelpunkt wäre und hier ein Nord- und Südpol, sondern so, daß einfach durch diese Anordnung das Ganze eine unbegrenzte Linie

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ist, daß auf der einen Seite die Kräfte peripherisch wirken, auf der anderen Seite zentral wirken (Fig. 14). Bei elektrischen Erscheinun­gen drückt sich das dadurch aus, daß wir auf der einen Seite die Ka­thode, auf der anderen Seite die Anode bekommen, auf der einen Seite das Licht nur erklären können, wenn wir es ansehen als ein Stück einer Sphäre, deren Radius uns gegeben ist in der Richtung, in der die Elektrizität wirkt, und der andere Pol uns als kleiner Teil des Radius gegeben ist. Wir dürfen gar nicht von einer einfachen Polari­tät der Pole sprechen, sondern wir müssen davon sprechen, daß, in­dem irgendwo Anode und Kathode auftreten, das einem ganzen Sy­stem angehört, einfach durch die ganze Anordnung. Erst dadurch wird man zu einer richtigen Erfassung der Erscheinungen kommen.

Nun, meine lieben Freunde, ich habe mich befaßt mit dem Durchlesen der verschiedenen Fragen. Ich glaube aber, wenn sich die Fragesteller ihre Fragen überlegen, so werden sie finden, daß in dem, was ich auseinandergesetzt habe, die Elemente für die Beant­wortung liegen, wenn sie versuchen, den Weg überall zu finden von

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dem, was ich hier dargestellt habe, zu ihren Fragen. Es ist schon wirklich so, daß man in dieser Weise versuchen sollte, Stück für Stück vorwärts zu gehen. Nur mit einer Frage möchte ich mich mit ein paar Worten befassen. Das ist die Frage: «Bei der Vertretung ei­ner derartigen Naturwissenschaft vor der Außenwelt kann leicht die Frage aufgeworfen werden, inwiefern zur Auffindung solcher Zu­sammenhänge der Erscheinungen die Erkenntnisse von Imagination , Inspiration und Intuition notwendig sind. Wie wird diese Frage zu beantworten sein?»

Ja nun, meine lieben Freunde, wenn es so wäre, daß zur Auffin­dung gewisser Dinge eben Imagination, Inspiration und Intuition nötig wären? Wie soll man denn herumkommen um die Imagina­tion , Inspiration und Intuition , wenn einfach der gewöhnlichen , gegenständlichen , intellektualistischen Erfahrung sich eben die Wahrheit nicht ergibt , die Wirklichkeit nicht ergibt? Was soll man denn anders tun , als zu den Erkenntnissen der Imagination , Inspira­tion und Intuition zu gehen? Es ist ja immer durchaus möglich -wenn die Dinge so liegen, daß man durchaus nicht vorwärtsrücken will zu Imagination, Inspiration und Intuition -, daß man dann die Forschungsergebnisse nehmen und sie an dem prüfen kann, was man im äußeren empirischen Felde findet. Man wird schon immer die Dinge verifiziert finden. Aber die Dinge sind im Grunde ge­nommen doch heute nicht mehr so ferne liegend , als man gewöhn­lich denkt. Und wenn eben nur der Weg gegangen würde von der gewöhnlichen analytischen Betrachtungsweise der Mathematik zur Betrachtungsweise der projektivischen Mathematik und darüber hin­aus, wenn mehr kultiviert würde die Vorstellung, die ich hier zu­grunde legte in den Kurven, bei denen man aus dem Raum heraus muß - man würde es tatsächlich nicht so schwer haben , zur Imagi­nation vorwärts zu dringen. Es ist durchaus eine Frage des innerlich seelischen Mutes. Und diesen innerlich seelischen Mut , man braucht ihn zum heutigen Forschen. Daher ist es schon notwendig, daß man durchaus geltend macht: Für die gewöhnliche Anschauungsweise entpuppt sich eben nicht die volle Wirklichkeit. Für diejenige An­schauungsweise , die sich nicht scheut , die menschliche Seelenkraft

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weiter zu entwickeln, enthüllen sich immer mehr und mehr sonst verhüllte Tiefen der Wirklichkeit.

Das ist dasjenige, was ich Ihnen am Schlusse sagen möchte. Im übrigen möchte ich aber nur den Wunsch aussprechen, daß dasjeni­ge , was ich nur anregen wollte , was ich gewissermaßen fadenzeichnen wollte, insbesondere in experimenteller Beziehung, in experimentel­ler Richtung Anregung bringen möchte. Das ist dasjenige, was wir brauchen. Wir brauchen empirische Verifizierungen desjenigen, was durchaus in solcher Art aufgefaßt werden muß zunächst, wie es hier vorgebracht worden ist. Wir müssen einmal darüber hinauskom­men, nur immer wiederum auf Grundlage desjenigen zu urteilen, was nun seit langer Zeit solche Tatsachen erzeugt, wie die ist, die ich gleich erzählen werde; wir müssen über solche Dinge hinauskom­men. Ich sprach einmal mit einem Hochschulprofessor der Physik über die Goethesche Farbenlehre. Der Mann hat sogar die Goethesche Farbenlehre herausgegeben und einen Kommentar dazu geschrie­ben. Ich sprach mit ihm über die Goethesche Farbenlehre, und er sagte mir, nachdem wir uns auseinandergesetzt hatten, er wäre ein strenger Newtonianer. Er sagte: Bei der Goetheschen Farbenlehre kann sich ja überhaupt kein Mensch etwas denken, ein Physiker kann sich dabei nichts vorstellen. - Also der Mann ist durch seine physikalische Erziehung dazu gebracht worden, sich nichts vorstellen zu können bei der Goetheschen Farbenlehre. Ich konnte das begrei­fen. Es kann sich eigentlich der heutige Physiker, wenn er ehrlich ist, bei der Goetheschen Farbenlehre nichts vorstellen. Er muß einfach die Grundlagen des heutigen physikalischen Denkens überwinden, muß abkommen können von ihnen. Dann wird er aber eben jenen Übergang finden, der zu finden ist von den Erscheinungen zu jener Interpretation, die in der Goetheschen Farbenlehre liegt und die zu gleicher Zeit sein kann ein wichtiger Ausgangspunkt für sonstige physikalische Betrachtungen , für physikalische Betrachtungen , die bis zum Astronomischen hinreichen.

Wenn Sie, ohne befangen zu sein, den Wärmeteil des Spektrums und den chemischen Teil des Spektrums in ihrem ganz verschiede­nen Verhalten gegenüber gewissen Reagenzien betrachten, dann

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werden Sie finden, daß Sie schon in diesem Spektrum den Gegen­satz haben, den ich heute zwischen Erd- und Sonnenwirkung darge­stellt habe. Im Spektrum selber haben wir ein Bild des Gegensatzes Erde und Sonne, so wie im ganzen menschlichen Organismus wie­derum dieser Gegensatz ausgedrückt ist. In jeder Berührung eines Körpers durch die Tastempfindung wirken Sonne und Erde. So wir­ken wiederum im Spektrum Sonne und Erde. Und man kann nicht das Spektrum als einfach so etwas in den Raum Hineingesetztes be­trachten , wenn man es als Sonnenspektrum hat , sondern man muß sich klar sein , daß das in den konkreten Raum , der zwischen Sonne und Erde liegt, hineingesetzt ist. Man hat es ja niemals mit abstrak­tem Raum bei konkreten Erscheinungen zu tun, sondern es sind ja überall die konkreten Dinge auch da, und man muß sie mitrechnen. Sonst kommt es eben dahin, das Himmelssystem in seiner Entste­hung nach dem Muster zu erklären , wie man das tut: Man nimmt ein kleines Öltröpfchen, das im Wasser schwimmt, schneidet ein Kartenblatt in Kreisform aus, schiebt es hinein, steckt von oben eine Stecknadel durch und fängt nun an zu drehen. Das Öltröpfchen plattet sich ab , sondert kleine Tröpfchen ab: Ein Planetensystem ist entstanden! Man erklärt das den Zuhörern und sagt ihnen: Da, seht Ihr , das ist das Planetensystem. - Das vergleicht man mit dem Planetensystem draußen, mit dem kopernikanischen System, und sagt: Das ist das gleiche. - Nun schön, aber man darf nicht verges­sen, der Herr Lehrer war ja da und hat gedreht. Also man muß auch, wenn man nicht unwahr sein will , diesen Riesendämon dazusetzen , der da draußen die Weltenachse dreht, sonst entsteht ja nicht das­jenige, wovon man erklärt hat, daß es entstünde. Sonst dürfte man ja nicht die Sache als Versinnlichung anführen, wenn man da draußen nicht den Riesendämon hätte. Man muß auch in der wissenschaftli­chen Erklärung ehrlicher und auch bedachter werden, als man es heute eigentlich im Grunde ist.

Gerade auf diese innerlich-methodologischen Beziehungen wollte ich Sie in diesen Vorträgen hinweisen , und das nächste Mal wollen wir dann von anderen Gesichtspunkten aus über gewisse Gebiete wiederum sprechen.

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HINWEISE

Vorbemerkung: Der Titel des Kurses «Das Verhältnis der verschiedenen naturwis­senschaftlichen Gebiete zur Astronomie» stammt von Rudolf Steiner. Er stimmt überein mit dem Satz auf S. 310 «Aber man wollte schon einmal, daß ich die Bezie­hung von Astronomie zu anderen wissenschaftlichen Gebieten Ihnen auseinander-setze.» Die beiden Untertitel stammen von den Herausgebern: #SE323-340

stand. Seine Rotationsdauer war bis dahin überall falsch angegeben worden, bis ins Zeitalter der Mondflüge also! Jetzt war man genötigt, sich darüber Gedanken zu machen, wie das überhaupt hatte passieren können. Die Anrwort lautet: Weil nur jede dritte Merkurschleife gut zu beobachten ist und die Rotationsdauer effektiv doch nur aus Beobachtungen in jeder dritten Konjunktion gewonnen worden war. Damit hat man aber die eine Schleife im Jahr! Man kann die Stelle des Kurses heute nicht anders auffassen, als daß sie eine Herausforderung war, sich mit dem Problem des Merkur genauer zu befassen. Aus dem Beispiel geht auch hervor, daß die Her­ausgabe nicht ohne ausführlichere Hinweise gemacht werden konnte. Das hatte sich eigentlich schon beim ersten Druck gezeigt, wo einige Fußnoten nicht zu vermeiden gewesen waren. - Die Haltung des Kurses ist, wie auf S.75 und 133 direkt ausge­sprochen wird und aus anderen Stellen indirekt hervorgeht, im Unterschied zu den allermeisten anthroposophischen Ausführungen Rudolf Steiners nicht diejenige der geistigen Anschauung, sondern eine rein verstandesmäßige. Die des gesunden Men­schenverstandes also, des so gesunden, daß er, wie Rudolf Steiner oft ausgeführt hat, die Ergebnisse der geistigen Anschauung zu beurteilen fähig ist. -

Dem Kurs ist die Besonderheit widerfahren, daß er, noch bevor der Druck von 1926 vorlag, aus der Nachsehrift heraus zu einer Schrift verarbeitet wurde durch Dr. W. Kaiser, damals noch cand. phil. II. Das Buch erschien 1925 in Stuttgart unter dem Titel «Astronomie in geisteswissenschaftlicher Beleuchtung>. Rudolf Steiner hatte das Manuskript noch kurz vor seinem Tode gesehen und die Drucklegung gut­geheißen. Die Schrift enthält nicht nur ein Referat des Kurses, sondern enthält auch die Auseinandersetzung des Autors mit vielen Fragen, welche durch den Kurs aufge­worfen werden. Sie ist wohl die einzige Schrift geblieben, welche sich mit dem Kurs als Ganzem auseinandersetzt. Ein Jahr später erschien er dann im Druck, herausge­geben von Dr. Elisabeth Vreede, der Leiterin der Mathematisch-Astronomischen Sektion am Goetheanum. Den Herausgebern der gegenwärtigen Ausgabe war es eine große Hilfe, auf die Arbeit des ersten Druckes aufbauen zu können. In den fol­genden Hinweisen wird der Textvergleich, wo nichts anderes gesagt ist, auf diesen ersten Druck bezogen.

Textunter/agen: Das Hauptstenogramm und die aus ihm hergestellte maschinen-schriftliche Nachschrift stammten von Hedda Hummel. Das Stenogramm ist ver­loren, während Exemplare der Nachsehrift noch vorhanden sind. Als Textunterlage für den ersten Druck scheint allein eine solche gedient zu haben. Im Gegensatz dazu hatte die gegenwärtige Ausgabe die Möglichkeit, während des Kurses ge­machte private stenografische Notizen zweier Zuhörer verwenden zu können, recht ausführliche von Dr. Karl Schubert und wesentlich knappere von Dr. med. Eugen Kolisko. Beide waren als Lehrer der Waldorfschule Teilnehmer des Kurses. Die Auf­zeichnungen sind partienweise wörtlich, dann wieder zusammengezogen. Große Stücke fehlen ganz. Dennoch haben sie zur Aufklärung fragwürdiger Stellen gute Dienste erwiesen. Die Entzifferung der Gabelsberger Stenogrammnotizen sind Herrn Richard Schönberg und Herrn Günther Frenz zu verdanken. Insgesamt gehen etwa 70 Textänderungen darauf zurück. Falls sie in den nachfolgenden Hinweisen nachgewiesen sind, wird auf ihre Quelle mit dem Wort «Stenograrnm» verwiesen. Die genannten Aufzeichnungen enthalten ferner viele Zeichnungen, welche zur

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Sicherstellung der während des Sprechens entworfenen Figuren beigetragen haben. -Wo der vorliegende Text vom ersten Druck abweicht, handelt es sich entweder um bloß stilistische Änderungen oder um eigentliche Korrekturen. Erstere sind zahl­reich, weil die beiden Texte nicht dieselbe Zielsetzung haben. Der erste Druck war als Arbeitsmaterial für einen Personenkreis bestimmt, welcher wie eine Erweiterung des ursprünglichen Zuhörerkreises angesehen werden muß. Dieser Druck wurde darum auch nur in numerierten Exemplaren abgegeben, nicht für Lektüre, sondern für eigene Arbeit, insbesondere für Forschung in den angegebenen Richtungen. Das war die Intention Rudolf Steiners mit solchen Kursen. Für die Herausgabe in der Gesamtausgabe besteht eine solche Einschränkung nicht. Das stellt an die Form des Textes andere Ansprüche, welche zu stilistischen Änderungen geführt haben. Die eigentlichen Korrekturen reichen von trivialen bis zu verantwortungsvollen, et­wa der Ergänzung fehlender Wörter oder auch Gruppen von Wörtern. Soweit derar­tige Korrekturen, welche bei den Mängeln der Stenogramme und bei den Gegeben­heiten der fteien Rede unumgänglich sind, auch schon für den ersten Druck vorge­nommen wurden, sind sie fast ausnahmslos in den neuen Text übernommen wor­den. Die wenigen Stellen, wo auf die Nachsehrift zurückgegangen wurde, sind im Folgenden vermerkt. Nicht vermerkt sind stilistische und triviale Korrekturen, son­dern nur solche, welche Sinn, Verständnis und Interpretation der Ausführungen tangieren können. Dasselbe gilt auch für die Änderungen, welche durch das Steno­gramm veranlaßt sind. Einige von diesen zeigen erneut, wie sehr die Nachschriften durch stenografische Lesefehler verunstaltet sind, zeigen erneut die Bedeutung ei­nes Originalstenogramms. Wo ein solches fehlt, fehlt auch die Hoffnung, so und so viele Wörter, die nur «von Stenografie-Gnaden» Einlaß gefunden haben, rektifl­zieren zu können. Denn wer könnte ohne Stenogramm zum Beispiel darauf kom­men, daß «wie gewöhnlich» als «wie Geologen» gelesen werden muß (S.55)?

Werke Rudolf Steiners, welche innerhalb der Gesamtausgabe (GA) erschienen sind, werden in den Hinweisen mit der Bibliographie-Nummer angegeben. Siehe auch die Übersicht am Schluß des Bandes.

zu Seite

18 Nikolaus Kopernikus, Thorn 1473-1543 Frauenburg. Begründer der neuzeit­lichen Astronomie.

18 Galdeo Galilei, Pisa 1564-1642 Arcetri bei Florenz. Einer der Pioniere der naturwissenschaftlichen Entwicklung.

18 Johannes Kepler, Weil der Stadt (Württemberg) 1571-1630 Regensburg. Fort-setzer der neuen Astronomie des Kopernikus. Fußend auf den Beobachtungen Tycho de Brahes, entdeckt er die 3 nach ihm benannten Gesetze der Planeten-bewegung.

20 Entsprechend kommt die Menschheit... zu andern Forschungen: Die Nach-schrift hat «Forschungen» statt «Folgerungen», was einen guten Sinn ergibt, wenn der Satz wie angegeben ergänzt wird.

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21 Immanuel Kant, Königsberg 1724-1804 ebenda. Sein Ausspruch lautet wört­lich: «Ich behaupte aber, daß in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigent­liche Wissenschaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist.» (Vorrede zu der 1786 veröffentlichten &hrift «Metaphysische Anfangs-gründe der Naturwissenschaft»).

22 Emil Du Bois-Reymond, Berlin 1818-1896 ebenda. Seine berühmte Rede

«Über die Grenzen des Naturerkennens» fand statt an der öffentlichen Sitzung

der 45. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Leipzig, am 14.

Aug. 1872.

22 Sir Isaac Newton, Woolsthorpe, Lincolnshire 1642-1727 Kensington, London. Mathematiker, Physiker, Astronom. Formulierte abschließend die Prinzipien der klassischen Mechanik und wurde durch ihre Anwendung auf die Himmels-erscheinungen der Begründer der Himmelsmechanik. Sein Hauptwerk «Philo­sophiae naturalis principia mathematica», 1687.

24 Johann Wolfgang Goethe, Frankfurt a.M. 1749-1832 Weimar. Seine Wirbel-theorie des Schädels findet sich in den «Narutwissenschaftlichen Schriften», herausgegeben von Rudolf Steiner in Kürschners «Deutscher National-Litte­ratur», 5 Bände, Nachdruck Dornach 1975, GA Bibl.-Nr. 1a-e, im Band I. S.3 16ff. In der Anmerkung S.322 ist die Okensche Entdeckung von 1807 besprochen.

24 Lorenz Oken, Bohlsbach bei Offenburg 1779-1851 Zürich. Veröffentlichte seine Wirbeltheorie des Schädels in der Programmschrift, mit welcher er 1807 eine Professur in Jena antrat.

24 Carl Gegenbaur, Würzburg 1826-1903 Heidelberg. Anatom. Die bezügl. Ar­beiten sind: «Über die Kopfnerven von Hexanchus und ihr Verhältnis zur des Schädels», Jenaische Zeitschr. f. Natutwsch., Bd. 6, 1871; «Das Kopfskelett der Selachier, ein Beitrag zur Erkenntnis der Genese des Kopfskeletts der Wirbeltiere. Untersuchung zur vergl. Anatomie der Wirbel­tiere», 3. Heft, Leipzig 1872.

29 Dieser andere Pol ist... die Embryologie: Damit wird der Faden aufgegriffen, welcher am Ende des «Zweiten naturwissenschaftlichen Kurses» angeknüpft worden ist (14. Vortrag der «Geisteswissenschaftlichen Impulse zur Entwicke­lung der Physik», GA Bibl.-Nr. 321).

29 dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts: Nach Stenogramm, statt «der Mitte des ...».

32 Fig. 8: Die Figur ist eine vergrößerte Herauszeichnung des Gebietes M in Fig.

7, wobei unklar ist, ob sie so ausgeführt oder nur innerhalb von M angedeutet wurde.

32 Makrokosmos in sich zur Ruhe gebracht: «in sich» ergänzt.

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32 gerade dieser Kraftlinie: Es bleibt offen. auf welche llinie im Sprechen hinge­wiesen wurde.

36 auf Gebiete, die der Sache nach naheliegen: «der Sache nach» statt «ihm» gesetzt.

37 Goethesches Diktum: Gemeint ist wohl das Wort «Der Mensch begreift nie­mals, wie anthropomorphisch er ist». Siehe Hinweis zu S.24, Band V, «Sprüche in Prosa», S. 353.

38 «ganz herrlich weit gebracht»: Aus Goethes «Faust» I, Nacht (gotisches Zim­mer), Wagner im Gespräch mit Faust.

39 Die alten Chaldäer haben ... Beobachtungen ... gehabt: Hervorragend ist ih­re Kenntnis der Perioden für die Wiederkehr der Ereignisse. So des nach dem Griechen Meton benannten Zyklus von 19 Jahren für die Wiederkehr der Stel­lungen von Sonne und Mond in bezug zu den Fixsternen. Der griechische Astrologe Rhetorios zahlt auf Grund chaldäischer Quellen viele solcher Perio­den auf, z. B. für Mars: 284 Jahre = 151 Umläufe = 133 synodische Perioden. Beide Zahlen sind nach heutigen Kenntnissen um einen Tag falsch, haben also einen relativen Fehler von 0,01 Promille (gerechnet mit siderischen Jahren, weil nach v. d. Waerden die Babylonier das tropische Jahr nicht gekannt ha­ben). Rhetorios und andere geben auch «große Jahre» für die Wiederkehr des Gleichen an, z. B. den Satz: «Die kosmische Wiederkehr geschieht in 1'753'005 Jahren; dann kommen alle Sterne im 30. Grad des Krebses oder im

1. Grad des Lowen zusammen und es findet eine volle Erfüllung statt; aber in dem Krebse geschieht eine Überschwemmung in einem Teil des Weltalls.» (Nach B. L. van der Waerden, «Erwachende Wissenschaft», Bd. 2, Basel 1968, S.109 und 116.)

39 Tycho de Brahe, Knudstrup in Schonen 1546-1601 Prag. Erreichte eine neue Stufe in der Exaktheit der astronomischen Beobachtung. Über das «Tychoni­sche Planetensystem» vgl. man S. 236 und den entsprechenden Hinweis.

40 Hart aneinander stoßen in der Zeit des Kopernikus.i Rudolf Steiner hat auffal­lend oft von Kopernikus gesprochen, öfter z. B. als von Kepler, wie ein Ver­gleich der Stellen in den Nachschlagewerken ergibt (Adolf Arenson, «Leitfaden durch 50 Vortragszyklen Rudolf Steiners» und Emil Mötteli, «Sachwort- und Namenregister der Inhaltsangaben, Übersichtsbände zur Gesamtausgabe II»). Der tiefste Grund findet sich wohl in den Vorträgen «Mysterienstätten des Mit­telalters, Rosenkreuzertum und modernes Einweihungsprinzip» GA Bibl. -Nr. 233a, Vortrag 4: Man vgl. auch «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit» S. 81-88 (GA Bibl.-Nr. 15, 1974) und «Der Entstehungsmo­ment der Natutwissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Ent­wickelung» (GA Bibl. -Nr.326, Personenverzeichnis). - Kopernikus hat sein Werk über das heliozentrische Planetensystem im wesentlichen 1507 vollen­det, hielt es aber zurück. Er lag 1543 schon im Sterben. als «De revolutionibus

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orbium coelestium» durch einen Freund, der die Drucklegung leitete, veröf­fentlicht und mit einem Vorwort versehen wurde, welches das Werk als rein hypothetisch-fachwissenschaftliche Berechnungsmethode darstellte. Koperni­kus hatte es Papst Paul III. gewidmet. So kam es durch die Zensur. Erst ab der 3. Auflage 1616/17 wurde es verboten. Dabei blieb es bis 1822.

41 wie wenig Wesenhaftes ... in Betracht gezogen wird: Geändert aus «in Be­tracht kommt».

43 ist das Eigentümliche eingetreten:

43 man hat... die zwei ersten Hauptsätze des Kopernikus genommen, den drit­ten weggelassen : Laplace gibt davon in der «Mécanique céleste» zu Beginn des Kapitels «Über die Libration des Mondes» (Bd. V) folgende Darstellung: «Die Alten hatten erkannt, daß der Mond in seiner Bewegung um die Erde uns im­mer dasselbe Gesicht zeigt; doch weit entfernt, sich darüber zu wundern, be­trachteten sie dieses Phänomen für jeden Körper, der sich um ein Zentrum herumbewegt, als natürlich. Dieser Irrtum, oder besser gesagt, diese Illusion nötigte Kopernikus, zur Wahrung der Parallelität der Erdachse dieser eine jährliche Bewegung zuzuschreiben entgegengesetzt dem Umlauf der Erde in ihrer Bahn und ausgestattet mit denselben Ungleichheiten, was sein System beträchtlich komplizierte. Es war Kepler, der als erster bemerkte, daß die Pa­rallelität der Rotatiosachse einer Kugel von selbst sich erhalten muß bei den verschiedensten Bewegungen des Kugelmittelpunktes. Durch diese Bemer­kung ist das System des Kopernikus einfacher geworden;...». Gegen diese Auf­fassung in der Himmelskunde hat sich Rudoff Steiner immer wieder gewendet. Das erste Mal vielleicht 1906 (in «Vor dem Tore der Theosophie», GA Bibl. -Nr. 95, 1978, 5.105), dann in einer längeren, aber ganz vereinzelten Ausfüh­rung am 29.4.1908 (in GA Bibl.-Nr. 98, in Vorbereitung). Wiederholt kommt die Sprache darauf in den Zusammenhängen der Waldorfschule, zuerst ganz überraschend in dem vorbereitenden Lehrerkurs «Erziehungskunst. Seminar-besprechungen und Lehrplanvorträgen» (GA Bibl.-Nr. 295, 1977, S. 141). Dann wiederum drei Wochen später in den Lehrerkonferenzen. Dasselbe The­ma behandelt weiter ein Mitgliedervortrag, ebenfalls in Stuttgart («Geistes-wissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen», GA Bibl.-Nr. 162, Vortrag vom 28.9.1919). Diese gehäufte Besprechung in den Stuttgarter Schulzusammenhängen ist wohl nur so zu verstehen, daß sie sich an Persönlichkeiten innerhalb der Lehrerschaft richtete, welchen Rudolf Steiner zutraute, aus diesen Ausführungen etwas machen zu können. Nach 1919 blieb dann das Thema unberührt bis zum vorliegenden Kurs. Die Art, wie hier darüber gesprochen ist, hängt zusammen mit den Antezedenzien und den Gegebenheiten bei diesen angesprochenen Persönlichkeiten. Dieser Schwierigkeit muß beim Erscheinen des Kurses in der Gesamtausgabe Rech­nung getragen werden. Wenn es auch unmöglich ist, für die bei den damali­gen Zuhörern vorhandenen Voraussetzungen mit wenigen Worten einen Ersatz

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zu schaffen, so besteht anderseits durch die Gesamtausgabe eine umfas­sende Orientierungsmöglichkeir über das, worum es sich im Rahmen der gan­zen Geisteswissenschaft handelt. Aus dem Vielen, was genannt werden müßte, sei nur Weniges herausgenommen: Die im Hinweis zu Kopernikus, S. 40, er­wähnten Vorträge «Mysterienstätten des Mittelalters» besprechen das ganze Problem der kopernikanischen Weltanschauung wohl in seinem tiefsten Aspekt; im Zyklus «Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt», GA Bibl. -Nr. 110, vergleicht der 6. Vortrag das kopernika­nische mit dem ptolemäischen Weltsystem und charakterisiert die beiden als physischen bzw . geistigen Aspekt des Kosmos; am Ende des 3. Vortrages der «Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums», GA Bibl. -Nr.124, stehen die Worte: «Vom Kopernikanismus kennt man heute in der äußeren Wissen-schaft nur den Teil, der zum Absterbenden gehört. Der Teil, der weiterleben soll - nicht nur das, wodurch er durch die vier Jahrhunderte schon gewirkt hat, sondern was weiterleben soll -, das muß sich die Menschheit erst erobern.»; der 12. Vortrag des Zyklus «Das Johannes-Evangelium im Verhältnis zu den ande­ren Evangelien, besonders zu dem Lukas-Evangelium», GA Bibl.-Nr. 112, gibt eine sehr grundsätzliche Charakterisierung des Verhältnisses gegenwärtiger Wissenschaft zum alten Hellsehen, die darin gipfelt, daß in der Wissenschaft nur soviel an wahrhafter Erkenntnis enthalten ist, als die dabei verwendeten Begriffe umgewandelten alten Schauungen entstammen, welche in der Form des Begriffes aber immer dünner und dünner werden . - Auf dem Hintergrun­de der beiden zuletzt genannten Gesichtspunkte vermag man für die Beto­nung des 3. Hauptsatzes des Kopernikus die richtige Perspektive zu gewinnen :

Es geht um anderes als nur um historische Richtigkeit, es geht gerade um dasje­nige im Werk des Kopernikus, was das Zukunftsträchtige enthält und was er mit einem genialen Gedanken ergriffen hat. - Allerdings, wer dem 3. Haupt-gesetz eine selbständige Bedeutung zuerkennt, nimmt die Himmelsmechanik nicht für allein maßgebend. Das ist hier in der Tat der Fall. Eine knappe For­mulierung der Haltung gegenüber der Himmelsmechanik enthielt schon ein Passus in dem vorhin genannten Vortrag vom 28.9.1919: «Und im wesent­lichen steht die Menschheit der Gegenwart durchaus noch auf diesem Stand­punkt: sich vorzustellen die Erde als eine große Kugel im Weltenraum, und das Außerirdische eigentlich nur umfassend mit mathematischen, mechanischen Vorstellungen, die höchstens für einzelne, etwas exakter denkende Menschen bloß mathematische sind, weil ja die ersonnenen Begriffe über allerlei Gravita­tionskräfte von besonneneren Menschen weggelassen werden, und eigentlich das außerirdische Weltenbild nur mathematisch vorgestellt wird.» Bei diesen «Besonneneren» muß ganz gewiß Kirchhoffs gedacht werden, welcher S. 134 ge­nannt werden wird, vgl. auch den entsprechenden Hinweis. Ein schwerwiegen­der Einwand gegen die rein himmelsmechanische Denkweise, welcher an vielen Orten ausgeführt ist, wird ganz am Ende dieses Kurses wiederholt (S.337). -Zusammen mit dem Weglassen des 3 . Hauptsatzes des Kopernikus wird auch die Behauptung besprochen, daß eine Verschiebung der Erdachse parallel zu sich selber den Ort des Himmelspoles nicht verändere . Nun wird zwar kaum je­mand leugnen, daß wegen der endlichen Entfernung der Sterne eine Verschiebung

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des Poles eintreten müsse, aber im Verhältnis zu anderen Vernachlässi­gungen, die gemacht werden, wird sie als unwesentlich weggelassen. Diese Haltung macht das Ausmaß eines Effektes zum Kriterium seiner Wesentlich­keit. Ohne dieses würde der Praktiker mathematischer Approximation da­stehen wie ein Kämpfer, dem die Waffe aus der Hand geschlagen ist. Doch gibt die Quantität als Kriterium der Wesentlichkeit eine Gewähr nur für das Gewordene, nicht für das Werdende. Es ist ein Darüberhinausgehendes nötig, um im Meer der unüberschaubaren kleinen Effekte die signifikanten auffinden zu können. Im Sinne des vorliegenden Kurses muß gesagt werden, daß er gera­dezu dieses Darüberhinausgehende an die Hand gibt, indem er z.B. die Brücke von der Astronomie zur menschlichen Gestalt schlägt.

45 Das Mathematische ... aus unserm Innern aufteigt: Das Verhältnis des Ma­thematischen zur äußeren Realität ist ausführlich im 1 . Vortrag des Bandes «Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwickelung der Physik. Erster natur­wissenschaftlicher Kurs», GA Bibl. -Nr.320, auseinandergesetzt.

51 Wir werden . . . noch . . . zu zeigen haben: Man vgl. S. 289 f.

51 Zeitlänge: Statt «Zeit und Länge», nach Stenogramm.

52 zum Siechtum .. . kann das Heimweh führen: Die Geschkhte des Wortes ist aufschlußreich. Friedrich Kluge berichtet (Programm der Alberts-Ludwigs­Universität, Freiburg i. Br., 1901, S. 26): «Aber es ist nicht eigentlich ein ausge­sprochenes Heimatgefühl, das in dem Wort Heimweh steckt. Die ältesten Zeugnisse für das Wort, die wir besitzen, kennzeichnen das Wort als Namen einer Krankheit . i. Wir treffen es zunächst in medizinischen Fachschriften -»

53 «der kalte Kunstgreis mit dem Doppelkinn».- Der Ausspruch konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

55 wie Geologen: Statt «wie gewöhnlich», nach Stenogramm.

58 das sieht man . . . heute schon ein: Ernst Mach schreibt («Die Mechanik in ihrer Entwicklung, historisch-kritisch dargestellt», 1883, 7. Aufl. 1912, S. 226):

«Bleibt man aber auf dem Boden der Tatsachen, so weiß man nur von relativen Räumen und Bewegungen. Relativ sind die Bewegungen im Weltsystem . . . dieselben nach der ptolemäischen und nach der kopernikanischen Auffassung. Beide Auffassungen sind auch gleich richtig, nur ist die letztere einfacher und praktischer.» Der Philosoph Christian von Ehrenfels spricht in seiner «Kosmo­gonie» Jena 1916, S. 109) von der Bevorzugung der jeweilig «einfachsten», «natürlichsten» und «schlußkräftigsten» Hypothese. Hieher gehöre die Bevor­zugung des kopernikanischen Sonnensystems vor dem ptolemäischen.

58 Ernst Mach, Turas (Mähren) 1838-1916 Haar bei München. Physiker und Erkenntnistheoretiker.

59 der mineralischen Sphäre: Geändert aus «der Mineraliensphäre».

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64 wir betrachten die Jahreszeitenwechsel: Korrigiert aus «Jahreswechselzeiten», in Übereinstimmung mit dem vorhergehenden Absatz .

66 nach der geistig-seelischen Seite: «geistig-seelischen» statt «psychologischen». nach Stenogramm.

68 Grundlage für wahrhaftige astronomische Anschauungen: statt «wahrhaftige Astronomie», nach Stenogramm.

69 In ihm war noch ein Bewußtsein davon.- «ein Bewußtsein» statt «etwas» gesetzt.

72 oder anders geschrieben.- In den beiden folgenden Proportionen sind die Glie­der anders als im 1 . Druck angeordnet aufgrund der Eintragung in ein Notiz­buch (Nr.52, 1921). Dadurch stehen in der letzten Proportion rechts die Zen­tralbeschleunigungen .

72 - .. das . . . Newtonsche Gravitationsgesetz aus dem Keplerschen Gesetz dedu­ziert: Eine ähnliche Deduktion findet sich in Hegels «Enzyklopädie der Philo­sophischen Wissenschaften», §270.

73 caput mortuum: Wörtlich «Totenkopf», heute im Sinn von nutzlos, wesenlos gebraucht.

Wir werden erst noch daraufzurückkommen müssen: Dazu ist es nicht gekom­men.

74 anthropomorphisch: Die Nachschrift hat «alchimistisch», was ohne weitere er­klärende Worte nicht verständlich ist . Es düffte die anthropomorphische, per­sonifizierende Ausdrucksweise der Alchimie gemeint sein.

76 was man . . . genannt hat die regula philosophandi: Newton in seinem Haupt­werk «Philosophiae naturalis principia mathematica» (1687). Er formuliert an der Stelle, wo es um die Inauguration der Himmelsmechanik geht, zu Beginn des 3. Buches, als Leitgedanken zur Übertragung der irdischen Mechanik auf den Himmel drei (später vier) «regulas philosophandi» und gibt Beispiele, die z. T. genau, z. T. mit unwesentlichen Variationen mit den hier gegebenen übereinstimmen.

76 kann Erklärungen eben nur ... gewinnen: Geändert aus «kann es elementar . . . gewinnen».

78 Pierre Simon Maquis de laplace, Beaumont-en-Auge, Dép. Galvados 1749-

1827 Paris. Baute die von Newton begründete Himmelsmechanik in großarti­ger Weise aus. «Mécanique céleste», 5 Bde., Paris 1799-1825. Diesen schickte er die ohne mathematische Formeln geschriebene «Exposition du systéme du monde» 1796 voraus, welche auch sein schriftstellerisches Niveau bekundet.

78 «Naturgeschichte und Theorie des Himmels».- Anonym erschienen 1755. Ganz naturwissenschaftlich, aus den Anschauungen der Newtonischen Himmelsme­chanik geschrieben. «Gebt mir nur Materie, ich will eine Welt daraus bauen!», ruft der Verfasser in der Vorrede aus.

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80 Ebene des Sonnenäquators: Man ist sonst gewohnt, auf die Ebene der Ekliptik zu beziehen. Vom genetischen Aspekt der Kant-Laplaceschen Theorie aus er­scheint allerdings die Ebene des Sonnenäquators als maßgeblicher, und sie tritt denn auch bei Kant konsequenterweise auf. Eigentlich müßte die Theorie er­warten, daß beide Ebenen zusammenfallen. Das ist nicht der Fall. Sie sind um 7° gegeneinander geneigt. Fast dieselbe Neigung hat auch die Bahnebene des Sonnen-nächsten Planeten Merkur, sie stimmt im übrigen aber mit derjenigen des Sonnenäquators nur grob überein, indem die Knotenlinien der beiden in der Ekliptik einen Winkel von 27° einschließen, der jährlich um 8" wächst. -Indem hier der Sonnenäquator als Bezugsebene genannt wird, werden die vie­len Tatsachen ins Blickfeld gerückt, welche die Astronomie ohne Erklärung als bloße Fakten hinnehmen muß: die Abweichungen der Bahnebenen voneinan­der und die meist starken Abweichungen der Äquatorebenen der Planeten von den Bahnebenen. Bei der Erde ist dies die für alles Leben so bedeutsame Inkli­nation der Erdachse (von 23 1/2°). Wenn Rudolf Steiner einen so starken Nach-druck auf das 3. Hauptgesetz des Kopernikus gelegt hat, so gewiß auch deshalb, weil es anders sich zum Rätsel der Inklination stellt als die Himmelsmechanik. Diese müßte erwarten, daß alle Beziehungen so schön in Ordnung stehen wie bei Jupiter, wo Planetenbahn, Planetenäquator und Bahnebenen der Haupt­trabanten (und sogar die Ekliptik) sehr wenig voneinander abweichen. Das ist bei der Erde anders. Daß hierbei viel im Spiel ist, zeigt der Nachdruck, womit davon gesprochen wurde, wenn es auch nur bei wenigen Gelegenheiten der Fall gewesen ist. Man vgl. dazu z. B. den im ersten Hinweis zu S. 119 genann­ten Vortrag.

84 was Philosophen immer betont haben: Bei den bekanntesten Philosophen hat der Gedanke nicht gefunden werden können. Am nächsten kommen ihm Denker, welche ausgesprochen oder unausgesprochen Kants «Naturgeschichte und Theorie des Himmels» weiter denken. So Carl du Prel («Entwicklungsge­schichte des Weltalls. Entwurf einer Philosophie der Astronomie. Dritte ver­mehrte Auflage der Schrift: Der Kampf ums Dasein am Himmel», Leipzig 1882, S. 166): «Das System der Planeten ist demnach konservativ, das der Ko­meten wandelbar . . . Diesen anscheinenden Widerspruch, daß die Gravitation Resultate so verschiedener Art herbeiführen kann, löst die Entwicklungtheorie:

die beiden Hauptgruppen des Sonnensystems befinden sich in verschiedenen Stadien eines Prozesses gegenseitiger Anpassung der Einzelglieder; hinsichtlich des Planetensystems ist dieser Prozeß abgeschlossen, es hat seinen Gleichge­wichtszustand, daher ist es konservativ; das Kometensystem dagegen ist wan­delbar, weil es sein Gleichgewicht noch nicht gefunden hat.»

84 besonders bei Laplace können Sie es vefolgen: Ein erster Beweis für die Stabili­tät des Planetensystems wurde unter vereinfachten Annahmen von Lagrange gegeben. Von ihm stammt auch das erste Beispiel einer «dynamischen Starr­heit», nämlich von Planeten, die durch die Gravitationskräfte eine gebundene Umlaufszeit haben. (Zu einem großen Planeten gibt es in seiner Bahn in 60° Abstand die sog. «Lagrangeschen Punkte», um welche kleine Körper Schwankungen,

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«Librationen» ausführen können; auch Librationspunkte genannt.) Unter den Planetoiden wurde später in den «Trojanern» ein Beispiel dafür ge­funden. Neuerdings spielen die Lagrange-Punkte eine Rolle bei den durch Weltraumsonden naher untersuchten Satelliten des Saturn. - Von Laplace stammen die Reihenentwickelungen für die näherungsweise Lösung des Viel­körperproblems, aus denen gefolgert wurde, daß sich bei rationalen Verhält-nissen der Umlaufszeiten von Planeten die Störungen bis zur Instabilität sum­mieren müßten. Später führte eine Preisaufgabe der Schwedischen Akademie zu einer großen Arbeit (1885) von Poincaré, in welcher gezeigt wurde, daß die fraglichen Reihen divergieren, daß also keine (allgemeinen) Losungen existie­ren. Erst 1963 gab Arnold konkrete Lösungen, aber nun mit strengem Konver­genzbeweis. In der Tat sind die genannten Reihen nicht konvergent bei be­stimmten rationalen Umlaufsverhältnissen. Aber aus den modernen Untersu­chungen der Kolmogoroff-Arnold-Moser ( = KAM)-Theorie resultiert ein neuer Stabilitäts- wie auch eine Art «praktischer» Kommensurabilitäts-Begriff. Dieser letztere beruht darauf, daß die in Betracht kommenden Vielfachheiten zusam­men kleiner als 4 sein müssen. Der erstere kann dann so formuliert werden, daß die stabilen Bahnen die «überwiegende Majorität» im Sinne einer Maß-theorie darstellen . - Eine praktische Anwendung findet die Idee einer «Stabili­tät in alle Ewigkeit» bei den Umläufen der Teilchen in einem Speicherring des Protonen Synchrotrons von CERN (Genf). Die KAM-Theorie bestätigt -weit hinausgehend über alle numerische Berechenbarkeit - die Möglichkeit, daß die Mehrzahl der Bahnen bei Milliarden von Umläufen auf einen engen Ring beschränkt bleibt. Ihnen würden im Planetensystem Zeiten entsprechen, welche in gleichem Maß die angenommene Existenz des Welt­alls übertreffen würden. Kurz, die modernen Ergebnisse erlauben, daß man von einer «praktischen Inkommensurabilität» der Umlaufsverhältnisse im Planetensystem als der Ursache für dessen Stabilität - nach gewissermaßen «erfüllter Unendlichkeit» - spricht, wie es der Text tut. - Dabei darf man die «Erstarrung» teilweise im Sinn der dynamischen Starrheit deuten, wie sie auch bei der gebundenen Rotation des Ermondes und anderer Trabanten von Planeten vorliegt. Darauf wird S. 155 f. nochmals eingegangen. - Ein weiteres Indiz für diese reale Inkommensurabilität kann in den Lücken ge­sehen werden, welche der Gürtel der Planetoiden gerade da aufweist, wo niedrige Vielfachheit oder Resonanz in den Umlaufszeiten vorliegen würde. Die Planetoiden, so sagt man, sind vermöge der Instabilitäten auf andere Bahnen getrieben worden. (Für die KAM-Theorie vgl. man das Autoreferat eines Vortrags von Jürgen Moser in der «Neuen Zürcher Zeirung» vom

14.5.1975.)

85 Und wo Inkommensurabilität eintrits schreiben den Dezimalbruch hin:

Die Stelle heißt im ersten Druck «Und wo Inkommensurabilität eintritt, da stehen wir doch gerade an dem Ort, in jenem Moment, wo wir landen müssen in der mathematischen Entwickelung an einer inkommensurablen Zahl. Da lassen wir die Zahl stehen, wir hören eigentlich auf. Wir schreiben den Dezi­malbruch hin ...». Sie wurde sinngemäß geändert, weil es fast unmöglich ist,

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eine solche Stelle ohne sachliches Verständnis mitzuschreiben. Es kann nicht ausbleiben, daß die Worte mit der Vorsilbe «in» und diejenigen ohne «in» durcheinander geraten. Leider fehlt das Stenogramm von dieser und auch von der analogen Stelle S. 156.

85 Peter Hille, Erwitzen bei Paderborn 1854-1904 Berlin-Lichterfelde.

86 Das zeigt einfach der Kalkülselber: So die Meinung von Laplace. Nach den er­wähnten neuen Einsichten seit den 60er Jahren ist die Inkommensurabilität nicht Voraussetzung dafür, daß das System stabil ist. Sie ist also ein selbstän­diges Phänomen. Das bestärkt den hier ausgeführten Hauptgedanken, ins­besondere wenn man die Ausführungen von S. 155 f. dazunimmt. - Inkom­mensurabilität kann insofern Beobachtungsresultat werden, als keine Dauer gefunden wird, nach welcher das Geschehen sich wiederholt, vgl. die eben ge­nannte spätere Ausführung.

87 der unbefruchteten Eizelle: «unbefruchtet» statt «befruchtet», nach Steno­gramm.

87 Panspermie: Damit ist hier gemeint die von Datwin vertretene und «Pangene­sis» genannte Anschauung (Charles Darwin, «Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation» mit dem Anhang «Vorläufige Hy­pothese der Pangenesis», 1868). «Panspermie» etwa im Sinne von Svante Arr­henius hat die Verteilung und Wanderung der Lebenskeime im Weltall zum Inhalt.

87 Charles Darwin, Shrewsbury 1809-1882 Down b. Beckenham. Sein Haupt­werk «Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl» erschien 1859

88 ebenso wenig nahe liegt: «wenig» ist ergänzt.

88 da (in der Astronomie) die inkommensurable Zahl ist: «irkommensurable Zahl» statt «jenseits der inkommensurablen Zahl» gesetzt.

89 was ein Geometrie-Ähnliches ist: Das Stenogramm hat

91 Ernst Blümel, Wien 1884-1952. Mathematiker. Lehrer an der Freien Waldorf­schule und anderen Schulen. Von ihm stammt, mit großer Wahrscheinlichkeit an den handschriftlichen Formeln und Korrekturen beurteilt, eine vollständig durchgeführte Textgestaltung für den vorliegenden Kurs. Sie erreichte die Herausgeber in einer so späten Phase der Arbeit, daß sie auf den vorliegenden Text kaum von Einfluß war. Eine andere Unterlage für den Text als die Hummel-Nachschrift scheint nicht verwendet worden zu sein. Vermutlich ist die Ausarbeitung dem ersten Druck vorangegangen, ohne ihn allerdings zu beeinflussen .

92 das ist kein Axiom, sondern ein Postulat: Siehe dazu in den Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, Hinweis zu S. 24, Bd. III, S. IX.

351

96 Ernst Haeckel, Potsdam 1834-1919 Jena. Zoologe.

96 Osear Hertwig, Friedberg, Hessen 1849-1922 Berlin. Anatom.

96 zuerst etwas anderes vorausgesetzt wird: «anderes» ergänzt.

96 in Formen und Verhaltnissen: «Formen» aus «Formeln» geändert.

97 «Von Seelenrätseln» GA Bibl.-Nr. 21.

101 Eine Anzahl von Ihnen kennt schon dasjenige ... : Die Teilnehmer am ersten naturwissenschaftlichen Kurs. Vgl. tGeisteswissenschaftliche Impulse zur Ent­wickelung der Physik. Erster naturwissenschaftlicher Kurs», GA Bibl.-Nr. 320, 1964, S. 126.

103 Undwie wir gar zusammenhängen mit der Welt in den Zeiten zwischen denje-nigen: Statt «Und wie gar zusammenhängen die Zwischenzeiten» gesetzt.

107 In meiner «Geheimwissenschaft» habe ich . . . hingewiesen: «Die Geheimwis­senschaft im Umriß», GA Bibl.-Nr. 13, 1977, S. 63/64 und S. 418.

108 denn schließlich sind die verschiedenen Weltsysteme etwas Chaotisches: «ver­schiedenen» ergänzt nach S. 104, Zeile 14.

110 wir .. . den Erkenntnisprozeß nennen: «Erkenntnisprozeß» statt «Erkennungs­prozeß», gemäß Nachschrift

111 biblische Schöpfungsgeschichte durch embryologische Tatsachen zu interpre-tieren: Es wird gesagt, daß es sich um Traditionen handelt, also nicht um Em­bryologie im naturwissenschaftlichen Sinne. H.P. Blavatsky referiert in der

111 das Nietzschesche Diktum: Aus «Das trunkene Lied» im 4. Teil von «Also sprach Zarathustra».

115 «Die Rätsel der Philosophie», GA Bibl.-Nr. 18,1968,5. Kapitel, S. 91 f.

115 bis zu einem Umschwung zurückgeführt: «bis zu einem Umschwung» ist er­gänzt in Anlehnung an den Beginn des nächsten Abschnittes.

116 Frage nach dem Realismus, dem Nominalismus: Vgl. in den eben angeführten «Rätseln der Philosophie», S. 94, oder «Philosophie und Anthroposophie», GA Bibl.-Nr. 35, 1965, S. 89.

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116 der sogenannte ontologische Gottesbeweis: Von Anseim von Canterbury (1033-1109). Über ihn vgl. die angeführten «Rätsel der Philosophie», S. 94.

Vincenz Knauer, Wien 1828-1894 Wien. Kath. Theologe. Privatdozent an der Wiener Universität.

117 es war etwas in sie hineingekommen, was den Geist . . . : «es war etwas in sie hineingekommen» ist ergänzt.

119 die größtmögliche Ausbildung der Eiszeiten: Wie aus «Mein Lebensgang» (GA Bibl.-Nr. 28, 1982, S. 48) zu entnehmen ist, hat Rudolf Steiner schon am Ende seiner Schulzeit durch den Aufsatz seines Lehrers Franz Kofler die Anregung erhalten, sich mit der Eiszeit zu befassen, ein Interesse, das ihn durch das Le­ben begleitet hat. Koflers Aufsatz fußt auf der astronomischen Erklärung der Eiszeit durch A.J. Adhémar («Révolutions de la mer», Paris 1842, 3. Aufl. 1874). Er erschien 1879 im 14. Jahresbericht der Nied. Oestr. Landesoberreal­schule Wiener-Neustadt und ist 1927 durch C. S. Picht in einem Privatdruck wieder zugänglich gemacht worden. 10 Jahre nach der Beschäftigung mit die­sem Aufsatz schrieb Rudolf Steiner den Artikel «Eiszeit» in Pierers Konversations-Lexikon (7. Aufl., herausgegeben von Joseph Kürschner, Berlin und Stuttgart 1889). Als die wesentlichen Ursachen der Eiszeit werden hier an­gegeben Veränderungen in der Verteilung von Wasser und Land und in der Dauer der Winterszeit. Nach dem 2. Keplerschen Gesetz ist der Winter lang, wenn die Erde im Winter durch das Aphel hindurchgeht, kurz im entgegenge­setzten Fall. Diese Verhältnisse ändern sich mit einer Periode von 21000 Jah­ren. Da hinein wirken allerdings noch Veränderungen in der Exzentrizität der Erdbahn und Neigung der Erdachse, die, wenn sie überhaupt periodisch sind, sich über noch größere Zeiträume erstrecken. Während diese letzteren Einflüs­se bei Kofler ausführlich besprochen sind, werden sie im Lexikon-Artikel nur knapp berührt und sind im vorliegenden Kurs nicht direkt erwähnt. Man vgl zum Aufsatz und Lexikon-Artikel und zum Eiszeitproblem überhaupt Elisa­beth Vreede, «Astronomie und Anthroposophie», Dornach 1980, S. 360-389. -Das Problem der Eiszeit im Zusammenhang mit der Stellung der Erdachse ist im Vortrag vom 31.12.1910 (im Band «Okkulte Geschichte», GA Bibl.-Nr. 126) vom unmittelbar spirituellen Gesichtspunkt aus besprochen.

119 öfter in den anthroposophischen Vorträgen auseinandergesetzt: z . B. in der Schrift «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit» (GA Bibl. -Nr.15) S. 57, welche Vorträge des Jahres 1911 in umgearbeiteter Form wieder­gibt.

120 Aristoteles, 384-322 v. Chr. Schüler Platos und Erzieher Alexanders des Gro­ßen.

120 Plato, 427-347 v. Chr., von Athen. Schüler des Sokrates. Gründete im Haine Akademos seine Schule, der Ausgangspunkt aller «Akademien».

120 Heraklit, etwa 540480 v. Chr., in Ephesos wirkend.

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120 Sie finden . . . in meiner «Geheimwissenschaft»: auf S. 282, siehe Hinweis zu S. 107.

120 sprachliche Nuancierung der blauen ... Farbe: Eine ftühere Ausführung fin­det sich im öffentlichen Vortrag vom 24.3.1920 in Basel, welcher einstweilen gedruckt nur in der «Menschenschule», Jg. 13, Basel 1939, S. 256 vorliegt.

121 das Tropenmäßige .. . ist in Indien je erst... eingetreten: Vgl. dazu den Vor­trag «Die vor- und ftühgeschichtlischen Kulturen Europas und Asiens» in GA Bibl.-Nr. 325, 1969.

123 Wir haben das schon auseinandergesetzt: S. 47 f.

123 Ich habe Ihnen geschildert dasjenige, was . . . beim Kinde wirkt: S. 62 f.

125 eine Tatsache . .., die ich . . . schon öfter hervorgehoben habe: z. B. in den

Vorträgen «Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos. Der

Mensch-eine Hieroglyphe des Weltenalls», GA Bibl.-Nr. 201, Vortrag 4, 12

und 14.

126 wie ich ja auch schon öfter erwähnt habe: in den im vorigen Hinweis genann­ten Vorträgen.

128 von zwei Schallquellen: «Schallquellen» statt «Schallwellen», nach Stenogramm.

128 mit einer größeren Geschwindigkeit bewegt als der Schall: Darüber spricht aus­führlicher der Vortrag vom 21.8.1916 («Das Rätsel des Menschen», GA Bibl.­Nr.170). Daß es sich nicht um eine Kleinigkeit handelt, hat sich in den letzten Jahrzehnten im Auftreten der «Schallmauer» erwiesen, die zu überwinden ist und welche für das wirklichkeitsftemde Denken nicht besteht.

133 wie ich . . . beschrieben habe die Verhältnisse der alten Atlantis: In der Schrift «Aus der Akasha-Chronik», GA Bibl.-Nr. 11, im Kapitel «Unsere atlantischen Vorfahren».

134 wie dann abstrakter Kirchhoffsich ausgedrückt hat: Er schreibt in der Vorrede seiner «Mechanik» (Vorlesungen über Mathematische Physik. Mechanik, Leip­zig 1876): «Man pflegt die Mechanik als Wissenschaft von den Kräften zu defi­nieren, und die Kräfte als die Ursachen, welche Bewegungen hervorbringen oder hervorzubringen streben . . . Aber dieser Definition haftet die Unklarheit an, von der die Begriffe der Ursache und des Strebens sich nicht befreien lassen ... Aus diesem Grunde stelle ich es als die Aufgabe der Mechanik hin, die in der Natur vor sich gehenden Bewegungen zu beschreiben, und zwar vollstän­dig und auf die einfachste Weise zu beschreiben. Ich will damit sagen, daß es sich darum handelt, anzugeben, welches die Erscheinungen sind, die stattfin­den, nicht aber darum, ihre Ursachen zu ermitteln.» Das Kirchhoffsche Buch bezeugt, daß sich in dieser Haltung die ganze Mechanik entwickeln läßt.

134 Gustav Robert Kirchhoff, Königsberg 1824-1887 Berlin.

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134 in einheitlicher Wesenheit behandelnden Sinnesphysiologie: «einheitlicher» statt

136 Phoronomie ist ein anderes Beispiel: Die Nachschrift hat statt «Phoronomie» und «phoronomisch» hier und in den nächsten Sätzen «Embryologie» bzw. «geometrisch» oder gar «physiologisch».

136 von anderen Gebilden ausgehen: «Gebilden» statt «Gebieten», nach Steno­gramm.

138 diese Entwickelungslehre auch auf die Astronomie auszudehnen: Carl du Prel schrieb eine «Entwicklungsgeschichte des Weltalls» (Leipzig 1882), welche die 3. Auflage der Schrift «Der Kampf ums Dasein am Himmel» ist, vgl. Hinweis zu S. 84. H. Lotze setzt sich mit solchen Gedanken in seinem «Mikrokosmus» auseinander und gibt davon etwa folgende Beschreibung (S. 29): «Die Wirk­lichkeit aber enthält aus der unendlichen Anzahl der Elementenverbindungen, welche ein vernunftloses Chaos liefern konnte, nicht eine Auswahl, welche ei­ne berechnende Absicht geschaffen hätte, sondern die kleinere Summe jener Gebilde, die der mechanische Naturlauf selbst in dem unermeßlichen Wechsel seiner Ereignisse prüfte und als in sich zweckmäßige zur Erhaltung fähige Ganze von der zerstiebenden Spreu des Verkehrten schied, das er unparteiisch auch entstehen, aber eben so unparteilsch auch wieder zu Grunde gehen ließ.» (4. Aufl. Leipzig 1885).

138 Sonnen-Planetengebilde: Nach Stenogramm, statt «Sonnen-Planetensystem».

144 Hermann Minkowski, Alexota bei Kowno 1864-1909 Göttingen. Hielt 1909 den Vortrag «Raum und Zeit».

145 die anderen Vorträge: 4 halböffentliche Vorträge für Akademiker «Proben über die Beziehungen der Geisteswissenschaft zu den einzelnen Fachwissen­schaften», 11.-15. Januar 1921, erschienen in der «Gegenwart», Jg. 14, Bern 1952/53.

145 Waldorfschule: Freie Waldorfschule, Stuttgart, 1919 gegründet von Emil Molt (1876-1936) für die Arbeiterkinder der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik und für die Öffentlichkeit. Einheitliche Volks- und höhere Schule, geleitet von Rudolf Steiner bis zu seinem Tode 1925.

145 was er . . . in Anknüpfung an die Darstellungen fragen möchte: Die Beantwor­tung der Fragen fand am Ende des letzten Vortrages statt, vgl. S. 334 ff.

146 Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß jene Verhältniszahlen . . . in­kommensurable Größen sind: Auf der S. 84 f. und im Folgenden S. 15sf. und 324 ff.

147 urindische Kulturperiode: Siehe «Geheimwissenschaft», Hinweis zu S. 107, auf S. 272ff.

148 daß eben das Sinneserlebnis: «Sinneserlebnis» statt «Sinnesergebnis», gemäß Stenogramm.

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148 im alten atlantischen Gebiet: Siehe den Hinweis zu S. 133.

149 einer gewissen Willkür... unterworfsn: «Willkür» statt «Willenskultur», nach Stenogramm.

151 ein Reagens für die Beurteilung der Himmelserscheinungen: «Himmelserschei­nungen» statt «Weltenerscheinungen», nach Stenogramm.

154 die Dauerpflanze kann uns darüber nicht mehr viel sagen: «mehr viel» statt «viel mehr» gesetzt.

155 Es würden im Planetensystem Störungen entstehen, die ... das Planetensy­stem zum Stillstand bringen würden: Man vgl. dazu «Brockhaus abc Astro­nomie», Leipzig 1977, Artikel «Sonnensystem»: «Durch die dauernden Störun­gen, welche die großen Planeten, vor allem der massereiche Jupiter, auf die Bahnen derjenigen Körper ausüben, die sich die meiste Zeit in ihrer Nähe, nämlich in den inneren Teilen des Sonnensystems aufhalten, sind enge Bezie­hungen zwischen deren Bahnen und den Planetenbahnen entstanden. Solche Zusammenhänge zeigen die Planetoidenbahnen mit der Jupiterbahn und die Bahnen der kurzperiodischen Kometen mit einigen Planetenbahnen.» Und im Artikel «Planetoiden»: «So haben zahlreiche Planetoiden etwa die gleiche Peri­hellänge wie Jupiter.» «Stillstand» ist in diesem Zusammenhang als gleich­bedeutend mit Kommensurabilität, d.h. mit der ewigen Wiederkehr des Glei­chen zu verstehen.

155 Es ist durch eine einfache Rechnung... nachzuweisen: Kommensurabilität ist gleichbedeutend damit, daß alle Verhältnisse solche zwischen ganzen Zahlen sind. Die Rechnung würde dann etwa so verlaufen, daßman sie alle als Brüche schreibt, und diese auf Hauptnenner bringt. Dieser gibt die Zeit an, nach welcher das ganze Geschehen wieder bei seinem Ausgangspunkt angelangt ist. Eine solche Zeit gibt es bei inkommensurablen Verhältnissen nicht.

156 Und diesen Zustand, den rechnen wir... Da kommen wir. . . : Geändert aus «Und diesen Zustand, den rechnen wir eigentlich, denn wenn wir an das Ende der Rechnung kommen, kommen wir an das Inkommensurable; da Itommen wir .. .» des 1 . Druckes. Man vergleiche die entsprechende Stelle S. 85 und den Hinweis dazu -

156 wenn wir nur die Gravitationskraft zugrundelegen..., dann kommen wir ... zur kommensurablen Verhältniszahi: Das zeigt sich immer wieder, wo die Gra­vitationskraft stark ist. Zum Beispiel im Umlauf der Haupttrabanten des Jupi­ter. Schon Laplace war es bekannt, daß folgende Zahlenbeziehung besteht:

Die mittlere Bewegung des ersten Trabanten plus zweimal die des dritten ist genau das dreifache derjenigen des zweiten. Ferner zeigen die Satelliten dem Jupiter immer dasselbe Gesicht. Das macht auch der Mond gegenüber der Erde. Dasselbe wird auch angenommen für die den Sarurn am nächsten um­laufenden Trabanten, obwohl es schwierig zu bestätigen ist. Es gilt auch hier eine ähnliche Kommensurabilität wie beim Jupiter: Die mittlere Bewegung von Thetys plus die vierfache von Dione plus die fünffache von Mimas ist

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gleich der zehnfachen von Enceladus. Bei dem die Sonne am nächsten um­laufenden Merkur wurde bis vor anderthalb Jahrzehnten ebenfalls angenom­men, daß er der Sonne immer dieselbe Seite zuwende. Das hat sich allerdings nicht bestätigt, wohl aber die Kommensurabilität: Auf 3 Umdrehungen Mer­kurs um seine Achse kommen 2 Umläufe um die Sonne, vgl. den Hinweis zu S. 206. (Nach Gilbert E. Satterthwaite, «Encyclopedia of Astronomy», London 1970, und «Encyclopaedia Britannica», Knowledge in Depth, 1974, Artikel Saturn, Jupiter und Merkur).

158 das sich invers verhält: «invers» statt «divers», nach Stenogramm.

158 Hegel konnte sich um das nicht herumdrücken: Sein Ausspruch über Kometen und gute Weinjahre findet sich in der «Encyklopädie der philosophischen Wis­senschaft im Grundriß», 2. Teil, Narurphilosophie, herausgegeben von Carl Ludwig Michelet, Berlin 1847, S. 154.

158 Georg Wilhelm Friedrich Hege4 Stuttgart 1770-1831 Berlin.

159 so viele Kometen wie Fische im Meer: Johannes Kepler, «Ausführlicher Bericht von dem neulich erschienenen Haarstern» [des Jahres 1607], Hall in Sachsen 1608. Die Abhandlung beginnt mit den Worten: «Von den Cometen ist dies meine einfältige Meinung, daß wie es natürlich, daß aus jeder Erden ein Kraut wachse, auch ohne Samen, und in jedem Wasser, sonderlich im weiten Meere, Fische wachsen und darinnen umschweben, also daß auch das große Meer Oceanus nicht allerdings leer bleibe, sondern aus sonderem Wohlgefallen Gottes des Schöpfers die großen Walfische und Meerwunder dasselbige mit ihren weitschüchtigen Streifen hin und her besuchen und durchwandern; aller-maßen sei es auch mit der himmlischen und überall durchgängigen und ledi­gen Luft beschaffen: daß nämlich dieselbige diese Art habe, aus ihr selber die Cometen zu gebären, damit sie, wie weit die auch sei, an allen Orten von den Cometen durchgangen werde und also nicht allerdings leer bleibe . . . Solcher Cometen halte ich der Himmel so voll sei, als das Meer voller Fische ist.» Heute werden im Sonnensystem 1010 Kometen angenommen (Brockhaus abc der Astronomie, Artikel «Sonnensystem», Leipzig 1977, S. 372).

160 dem Kurs über Wärmelehre: «Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwicke­lung der Physik. Zweiter naturwissenschaftlicher Kurs», GA Bibl. -Nr. 321, Ende von Vortrag 11 und Vortrag 12.

164 gebräuchliche Kurven in einem gewissen Zusammenhang betrachten: Eine erste, ähnliche Betrachtung der Kurven der Addition, Subtraktion, Multipli­kation und Division findet sich im dritten der Vorträge «Wege zu einem neuen Baustil» (vom 28. Juni 1914, GA Bibl.-Nr. 286). Man weiß, daß die Zuhörer sehr überrascht waren, im Rahmen dieser künstlerischen Ausführungen, wel­che sich an die Mitarbeiter bei der Errichtung des ersten Goetheanumbaues richteten, plötzlich einen mathematischen Vortrag anzuhören. Erst lange nach dem Tode Rudolf Steiners kam Carl Kemper gerade auf Grund dieses Vor­trages zu der Erkenntnis, daß dem Grundriß des Baues ein Divisionskreis des

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Quotienten 1:3 zugrunde lag, womit der mathematische Vortrag in «Wege zu einem neuen Baustil» plötzlich seine Erklärung fand. Vorher hatte man über den Grundriß ganz andere Meinungen gehabt. Der Vortrag enthält auch aus­führliche Ausführungen über die Cassinische Kurve und ihre Formen. Die Darstellung dieser Kurve im vorliegenden Kurs schließt sich bis in die Bezeich­nungen hinein eng an das Lehrbuch von Lübsen an (Heinrich Borchert Lübsen, «Ausführliches Lehrbuch der analytischen oder Höheren Geometrie, zum Selbst­unterricht», 11. Auflage 1876). Diese und frühere Auflagen des Buches finden sich nicht in der Bibliothek Rudolf Steiners. Doch weiß man aus dem «Lebens-gang» («Mein Lebensgang», GA Bibl. -Nr.28, S. 42), welche Bedeutung den mathematischen Büchern Lübsens in der Schulzeit Rudolf Steiners zugekom­men ist. Diese frühen Auflagen enthalten nichts von dem systematischen Ge­danken, die Kurven mit den vier arithmetischen Operationen in Verbindung zu bringen. Der Divisionskreis fehlt ganz. Dieser systematische Gedanke taucht aber auf in der Neubearbeitung der Schrift durch A. Donadt (15. Auf­lage, 1908), wovon dann die Auflage von 1919 sich in der Bibliothek Rudolf Steiners findet, aber - merkwürdigerweise - an dieser Stelle nicht aufgeschnit­ten. Wenn es auch nahezuliegen scheint, die Kurven der 4 arithmetischen Grundoperationen zusammen zu behandeln, so findet der Gedanke sich sonst kaum in der mathematischen Literatur, denn niemand bringt sonst gerne die Cassinische Kurve in einen Zusammenhang mit den viel einfacheren 3 an­deren Kurven.

166 Cassinische Kurve: Im vorliegenden Zusammenhang ist sehr interessant, daß die Kurve ganz aus astronomischen Überlegungen, und zwar als Bahn der Sonne, entstanden ist. Das bezeugt der Sohn Jaques Cassini (in «EIéments d'astronomie», Paris 1740, S. 149-151). Vom Entdecker selber, Giovanni Domenico Cassini (Nizza 1625-1712 Paris), konnte unter seinen vielen Ab­handlungen keine gefunden werden, welche über die Kurve näheren Auf­schluß gibt. Man scheint nicht zu wissen, wie er auf die Multiplikations­kurve kam. Schon 1755 ist D'Alemberr auf eine bloße Vermutung darüber angewiesen (in Bd. 5 der Enzyklopädie von Diderot, Artikel «Ellipse, Ellipse de M . Cassini») . Cassini dürfte ausschließlich an der ellipsenartigen Form interes­siert gewesen sein. - Auf den Wegen, welche Rudolf Steiner zur Erweiterung der Wissenschaft eingeschlagen hat, ist der Cassinischen Kurve eine erheb­liche Bedeutung zugekommen. Er nennt sie am Philosophenkongress von Bologna 1911 als ein wichtiges Beispiel eines Meditationsinhaltes, durch das die Erweiterung des Bewußtseins zu übersinnlicher Erkenntnis aufgesucht werden kann («Philosophie und Anthroposophie», GA Bibl.-Nr. 35, 1965, S. 118).

169 indem ich hier (von 1 nach 2) vorschreite: Die Klammer ist Interpretation des Wortes «hier» durch die Herausgeber. Die überlieferte Figur enthält keine Ziffern.

169 den andern Ast isoliert für sich betrachten: «isoliert» ist ergänzt.

171 bekommt man verschiedene Formen des Kreises: Der Formunterschied liegt hier in der Krümmung.

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171 Sie können dar in der Gleichung verfolgen. Ergeht über in die Ordinatenachse selber: Im Notizbuch Nr. 52 (1921> ist dieses Verfolgen in der folgenden Weise durchgeführt :

((x~a)2+y2)1/2 : ((x+a)2+y2)1/2 = m:n

(n2-m2)*x2 + (n2-m2)*y2 - 2a(n2+m2)*x + (n2-m2)*a2 = 0

Mittelpunkt hat die Koordinaten a*(n1+m2) : (n2-m2) , 0

r = a* 2mn : (n2-m2) . m = n Gleichung der Ordinatenachse

(Aus satztechnischen Gründen sind hier statt der Bruchstriche Divisionszeichen und statt der Quadratwurzeln Exponenten 1/2 gesetzt.)

172 Ich kann Ihnen natürlich diesen Kreis nicht aufleichnen: Sein Inneres kann man nicht zeichnen, denn es reicht nach Unendlich; den Rand davon kann man zeichnen als gewöhnlichen Kreis.

174 Ernst Blümel: Siehe Hinweis zu S. 91.

174 Hermann v. Baravalle, Wien 1898-1973 Wiesneck. Mathematiker, Pädagoge der Mathematik und Physik, Verfasser von Lehrbüchern, Lehrer an der Wal­dorfschule und Gründer entsprechender Schulen in U.S.A.

174 Carl Unger, Bad Cannstadt, Stuttgart 1878-1929 Nürnberg. Dr. Ing. Inhaber und Leiter einer Maschinenfabrik. Erkenntnistheoretiker. Vorstandsmitglied der Anthroposophischen Gesellschaft.

175 Bahn eines Punktes . . . damit er . . . im Glanz . . . dieselbe Stärke hat: In der «Höheren Geometrie» von Lübsen (vgl. Hinweis zu «gebräuchlichen Kurven») ist diese Eigenschaft der Cassinischen Kurve in einer Fußnote ohne nähere Er­läuterung erwähnt. - Wenn ein Punkt M eine von A ausgehende Welle so streut, wie man es bei Anwendung des Huygensschen Prinzips annimmt, nämlich isotrop und der einfallenden Intensität proportional, muß er in der Tat eine Cassinische Kurve beschreiben, damit die von ihm ausgehende Sekundärwelle in B mit konstanter Intensität ankommt. Beim Lichtglanz wäre dies dann der Fall, wenn es isotrop streuende Teilchen gäbe.

176 an den Dornacher Ärztekurs ... angeschlossen haben: Die Vortragsreihe «Ent­sprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos», insbesondere Vortrag 2, siehe Hinweis zu S. 125.

177 eine Art umgekehrten Spektrums, das Goethe je auch angeordnet hat: Siehe den 1 . und 2. narutwissenschaftlichen Kurs, «Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwickelung der Physik», GA Bibl.-Nrn. 320 und 321, besonders Vortrag 4 bzw. Vorträge 8, 9 und 11. - In Fig. 12 sind «blau» und «gelb» ergänzt als die Außenteile des umgekehrten Spektrums. Hier ist die Rede nur von dem inne­ren Teil. Wird er allein, wie beim 1 . Druck, rechts in die Verlängerung von Fig. 11 gelegt und so, daß die beiden Violett aneinandergrenzen, so entsteht ideell die geschlossene Figur in Form der über Unendlich (rot) sich schliessen­den Geraden. Gelb und Blau sind dann beiden Spektren gemeinsam.

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178 eine der ersten Versuchsanordnungen in unserem physikalisch­wissenschaftlichen Institut: Diese war um die Zeit des 2. narurwissenschaftli­chen Kurses im Stuttgarter Forschungsinstitut eingerichtet worden. Schon bald wurde dieses ein Opfer der Inflation der 20er Jahre. Die Experimente sind trotz teilweise positiver erster Ergebnisse nicht abgeschlossen worden. Die an­spruchsvollen Versuchsbedingungen der 20er Jahre haben sich später nicht mehr realisieren lassen.

183 «Von Seelenrätseln»: Siehe Hinweis zu S. 97.

184 aufmerksam gemacht, daß das Prinzip der Metamorphose ... modifiziert wer­den muß: Auf S. 24.

191 Himmelssphäre und Erdenradius: «Erdenradius» statt «Erdenwirksamkeit», nach Stenogramm.

191 konstituieren gewissermaßen zwei Einseitigkeiten: «konstituieren» geändert aus «konstruieren»; «Einseitigkeiten» statt «Eiszeiten», nach Stenogramm.

191 das rhythmische Glied: «Glied» statt «Gebiet», nach Stenogramm.

192 mit unserer menschlichen Organisation: «menschlichen Organisation» statt «Menschheitsorganisation», nach Stenogramm.

199 durch Weglassung von Schwingungsphasen : . : anwendet: Es dürften die Fres­nelschen Formeln gemeint sein, welche besagen, welcher Teil einer Lichtwelle, die auf ein optisch dichteres Medium trifft, an der Grenzfläche reflektiert und welcher unter Änderung der Richtung eindringt. Dabei erfolgt die Reflexion mit einem Phasensprung von einer halben Periode. Fresnel hatte die Formeln auf mechanischem Wege gewonnen, d.h. aus der elastischen Lichttheorie. Sie sind in der heutigen elektromagnetischen Theorie der Lichausbreitung unver­ändert gültig geblieben.

200 Denkweise der Mechanik . . . die es . . . mit Zentralkraften zu tun hat: Im er­sten Vortrag des ersten naturwissenschaftlichen Kurses («Geisteswissenschaftli­che Impulse zur Entwickelung der Physik. Erster naturwissenschaftlicher Kurs», GA Bibl. -Nr.320) ist der Gegensatz von Zentralkräften mit Potential und Uni­versalkräften ohne Potential ausgeführt. Die gegenwärtige Stelle kennzeichnet letztere durch rotierende, scherende und deformierende Bewegungen. Analog hat Eduard v. Hartmann seine «organischen Oberkräfte» charakterisiert. Ru­dolf Steiner erwähnte diese letzteren im öffentlichen Vortrag vom 12.11.1917 («Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie», GA Bibl.-Nr. 73, 1973, S. 124). Als tiefer Kenner der Naturwissenschaft hatte Hartmann eingesehen, daß diese um Kräfte nicht herumkommt, welche über Zentralkräfte hinausgehen. Er beschreibt sie im «System der Philosophie im Grundriß, Bd. 2, Grundriß der Naturphilosophie» (1907), S. 213ff. mit Wor­ten wie den folgenden: «Die organischen Oberkräfte sind erstens keine mate­riellen, mechanischen, energetischen Kräfte ... sind zweitens nicht bewußte

360

Intelligenzen . . . sind drittens nicht individuell . . . Die organischen Oberkräf­te wirken erstens krummlinig (nicht geradnnig), drehend, scherend oder defor­mierend . . . entfalten zweitens eine überbewußte ... Intelligenz . . . sind drit­tens supraindividuell . . . Es gibt organische Oberkräfte der Zellorgane, der Zellen, . . . der Naturreiche, der Himmeiskörper und des Universums.» Man vgl. auch den Hinweis zu S. 337.

204 Zeitraum, der etwa 50000 Jahre . . . zurückrückt: Die Figuren 2 und 3 finden sich samt der Angabe von 50000 Jahren in dem verbreiteten Buche von A. Di­sterweg, «Populäre Himmelskunde», 20. Aufig., 1904, S. 346. Neue Nach­schlagewerke wie Meyer's Lexikon (1972) oder Brockhaus abc Astronomie (1977) enthalten etwa dieselben Figuren, aber mit der Angabe von 100000 Jahren.

205 Bewegungen des Sternes . . . in der Visierlinie: Darauf wird S. 287 zurück­gekommen .

206 Dann aber wendet er sich um . . . und geht dann wiederum sofort: Die auf diese Worte folgende Ausführung über Merkur wurde im 1 . Druck in folgen­der veränderter Form wiedergegeben: «Solche Schleifen bildet er einmal wäh­rend eines sogenannten synodischen Umlaufes (Fig. 4). Das ist dasjenige, was wir zunächst für die Beobachtung eben die Merkurbewegung nennen können. Die übrige Bahn ist einfach, nur an einzelnen Stellen zeigt er eben diese Schleifen.» Diese Änderung entspricht der elementaren Astronomie. Ein No­tizbucheintrag aus der Zeit des Kurses (in Notizbuch Nr.52), welcher im Zu­sammenhang mit Figuren über die Schleifenbildung steht, hält selber diesen Aspekt der Sache mit den Worten fest: «Eine Schleife im synodischen Umlauf. Bei Mercur Venus bei unterer Konjunction.» Was dann aber im Kurs selber ge­sagt wurde, ist ein ganz anderer Aspekt, derjenige, welcher erst durch die neue Einsicht über die Rotationsdauer des Planeten so recht ins Bewußtsein gekom­men ist. Darüber wurde in der Vorbemerkung zu den Hinweisen schon einiges gesagt. Es sei noch hinzugefügt, daß die neue Einsicht über die Rotation des Merkur, aus Radarbeobachtungen gewonnen, besagt, daß die Dauer der Rota­tion 2/3 der siderischen Umlaufszeit von 88 Tagen beträgt, wahrend Schiapa­relli in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts durch langjährige Beobach­tungen glaubte feststellen zu können, daß Merkur der Sonne immer dasselbe Antlitz zuwende, vergleichbar dem Mond im Verhältnis zur Erde. Daraus wür­de sich ergeben, daß Merkur in jeder Erdnahe auch der Erde immer dasselbe Antlitz zeigt, aber das von der Sonne abgewandte. Nach der jetzigen Einsicht ist das nicht der Fall, sondern Merkur zeigt nur in jeder dritten Erdnähe der Er­de wieder dasselbe Gesicht. Daß dies der Beobachtung entgangen ist, heißt, daß eben nur jede dritte Erdnähe beobachtet wurde. Die andern lagen für die ohnehin schwierigen Beobachtungen zu ungünstig. Diese Differenzierung in den Schleifen des Merkur war jedoch so wenig im Bewußtsein der Astronomen, daß in den Lehr- und Handbüchern darüber nichts gefunden werden konnte. Dagegen war ein Teilnehmer des Kurses, Dr. Hermann v. Baravalle, der Er­fassung der Tatsache sehr nahe gekommen, als er im «Sterakalender 1938» der

361

Mathematisch-Astronomischen Sektion am Goetheanum die Kurve der Met­kurstellungen relativ zur untergehenden bzw. aufgehenden Sonne entwarf und daran die günstigen Beobachtungszeiten ablas. Es fehlte nur die ausdrück­liche Formulierung der Regel, daß es jährlich im wesentlichen eine günstige Schleife für die Beobachtung am Abend und eine andere für den Morgen gibt.

206 Figuren 4-7: Die Form der Schleifen, die unvertraut anmuten mag, geht sofort in vertraute Formen über, wenn links und rechts vertauscht wird. Dann zeigen auch die Pfeile im rechtläufigen Sinn. Die Umkehrung des Drehsinnes hat Gründe, über welche nichts gesagt wird . Sie kommt aüch vor in der Eurythmie bei der Darstellung der «Zwölf Stimmungen», wo die Sonne bei jeder der 12 Strophen den ganzen Tierkreis durchläuft. Dieser ist im Uhrzeigersinn aufge­stellt, und so bewegt sich auf der Bühne auch die Sonne (vgl. «Die Entstehung und Entwickelung der Euryrhmie», GA Bibl.-Nr. 277a, 1982, S. 70). Als Rudolf Steiner bei einer Eurythmieprobe wegen dieses Umlaufsinnes gefragt wurde, antwortete er, der müsse so sein, denn es handle sich um eine Spiege­lung (Mitteilung von Ilona Schubert). In diesem Zusammenhang sei noch hingewiesen auf die Spiegelung, in welcher die astrale Welt alle Dinge und Vorgänge zeigt, man vgl. etwa «Vor dem Tore der Theosophie», 2. Vortrag, GA Bibl.-Nr. 95.

211 nach unten auseinandergehende . . . lemniskate: Statt «ausgehende», nach Stenogramm.

212 Moriz Benedikt, Eisenstadt 1835-1920 Wien. Mediziner, Kriminalanthro­pologe.

212 in die mathematischen Gebilda, die geometrischen Gebilda: «Gebilde» statt «Gebiete», nach Stenogramm.

216 da eben in ihren Scheinbildern: «eben» statt «oben», gemäß Nachschrift

219 Figur 1: Sie ist so zu verstehen, daß die Schleife in einer Ebene senkrecht zum Radius liegt

229 in der älteren Mysterien-Astronomie ... von drei Sonnen gesprochen worden ist: Dies bezeugt Julianus Apostata in seiner «Rede auf den König Helios» (vgl. Anna Margeret Derbe, «Gestaltwandel im Geschichtswerden», Stuttgart 1979, S. 39ff.). H.P. Blavatsky geht in der «Geheimlehre», Bd. 3, Abt. XXIII, so-wohl auf diese Anschauung im allgemeinen als auf ihren Vertreter Julianus Apostata näher ein. Man vgl. auch den nach dem vorliegenden Kurs gehalte­nen Londoner Vortrag vom 24.4.1922 in «Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung», GA Bibl.-Nr. 211.

229 die gegenwärtige Astronomie hat auch drei Sonnen: Eine genauere Ausfüh­rung findet sich auf S. 307.

230 durch . . . Kombination der Mineralstruktur die Pflanzenstruktur zu gewinnen:

«zu gewinnen» ist ergänzt.

362

230 generatio aequivoca: Gleichbedeutend mit «Urzeugung».

232 ein Gabelungsprozeß: Ein solcher und der ideelle Punkt kommt schon vor in Geerhes «Naturwissenschaltlichen Schriften». Siehe Hinweis zu S. 24, Band I, S*1l und die dazugehörige Anmerkung.

233 Emil Selenka, Braunschweig 1842~1902 München. Zoologe

235 Zitat des Archimedes: Rudolf Steiner hat das Zitat Plutarch zugeschrieben. Die Stelle findet sich jedoch schon in der «Sandrechnung» des Archimedes. Ob auch Plutarch sie wiedergegeben hat, konnte nicht entschieden werden. Mögli­chetweise liegt eine Verwechslung vor mit einer andern Erwähnung des Ari­starch durch Plutarch. Darüber berichtet Rudolf Woff (Handbuch der Astrono­mie, Bd. 1, Zürich 1890, S. 536): «Zur Ergänzung des Berichtes von Archime­des ist zu erinnern, daß Plutarch in seiner Schrift er­zählt, man habe daran gedacht, den Sarnier Aristarch als Religionsverächter vor Gericht zu stellen, da er den heiligen Welrherd verrücke, indem er, »

235 Aristarch von Samos, lebte um 320-250 v. Chr.

235 Archimedes, lebte in Syracus 287~212 v. Chr. Bedeutender Mathematiker und Mechaniker. Gibt in der «Sandrechnung» an, daß die Zahl der Sandkörner, welche das Weltall des Aristarch zu umfassen imstande wäre, modern ausge­drückt 1063 sei.

235 Plutarch, 46-120. Griechischer Schriftsteller, Platoniker, Priester in Delphi. Von ihm stammt ein großes literarisches Werk, das reichen Aufschluß gibt über Persönlichkeiten und Anschauungen der Alten Welt.

236 die fünfte nachatlantische Kulturperiode: Siehe Hinweis zu S. 147.

236 was für diesen Aristarch von Samos gilt, für viele Menschen gegolten hat: Es wird dazu gesagt, daß dies schwer durch äußere Dokumente zu belegen sei. Das Plutarch-Zitat weiter oben zeigt, wie Kräfte dahin wirkten, solche An­schauungen sich nicht ausbreiten zu lassen. Dennoch sind sie in Spuren vor­handen. Zunächst bei den Pythagoreern. Diese lehrten die Drehung der Erde um ihre Achse und ihre Bewegung um ein «Zentralfeuer». Eine bewegte Erde ist also kein für Griechen unmöglicher Gedanke. Dann bei Platon. Wohl liest man in den Geschichten der Astronomie, er habe die Aufgabe gestellt, die Pla­netenbewegung durch gleichmäßige Kreisbewegungen darzustellen, was durch die großartigen Konstruktionen des Eudoxos und Aristoteles mit homozentri­schen Sphären gelöst wurde. Doch berichtet R. Wolf (a. a. O.). über ihn: «Ob Aristarch . . . Ideen weiter verfolgte, die schon Platon teils in seinem , wo er die Achsendrehung der Erde andeutete, teils im höheren Al­ter, wo er nach Plutarch #SE323-363

ließ, sondern diesen Platz einem andern, besseren Gestirn einräumte>, schüch­tern aussprach, weiß man nicht.» Weiter bemerkt Wolf, es sei auch nicht unbe­kannt gewesen, «daß die alten Ägypter die unteren Planeten für Trabanten der Sonne hielten.» Genau dieses behauptet nun, ohne Bezugnahme auf die Ägypter allerdings, der Platon-Schüler Herakleides von Pontus. Ja, dieser scheint noch weiter gegangen zu sein. Im Artikel «Astronomia» der Enciclope­dia Italiana, welcher auf den Forschungen Schiaparellis fußt, wird ausgeführt, in der Zeit des Heakleides seien, durch ihn selber oder durch andere, auch die oberen Planeten zu Trabanten der Sonne gemacht worden, sodaß damals schon das System des Tycho de Brahe konzipiert worden sei. Und auch den weiteren Schritt - den eigentlich heliozentrischen - habe Herakleides getan. So berich­tet nämlich ein von Simplicius überliefertes Fragment, das allerdings in die philologischen Kontroversen hineingerät. ~ Bald nach Aristarch begründet der Chaldäer Seleukos von Seleukia den von diesem zunächst hypothetisch aufge­stellten Gedanken. Dann aber geht seine Spur für Jahrhunderte verloren.

237 Claudius Ptolemäus, lebte 138-180 in Alexandrien. Sein Hauptwerk, von den

Arabern «Almagest» genannt, entwickelt die von den Griechen erarbeitete

Astronomie im systematischen Überblick, hauptsächlich fußend auf Hipparch

(190-120 v. Chr.).

238 daraus diese Bewegungen zusammensetzten: «zusammensetzten» statt «zusam­menrechneten», nach Stenogramm.

238 so unterscheiden sich diese zwei Kurven kaum: Es ist verschiedentlich bemerkt worden, daß die Konstruktionen der Ptolemäer auf eine geometrische Weise der Beginn desjenigen sind, was die Reihenentwicklungen der Himmelsmecha­nik auf analytische Weise geben.

241 König Alfons: Alfons X. von Kastilien, Toledo 1223-1284 Sevilla. Sein Aus­spruch: «Wenn Gott mich bei Erschalfüng der Welt zu Rate gezogen hätte, so hätte ich es einfacher gemacht.» Alfons wurde mit dem Namen «der Weise, der Astronom» belegt. Er hat ein Kollegium von 50 arabischen, jüdischen und christlichen Astronomen gebildet, welches 1252 die sog. Alfonsinischen Tafeln herausbrachte, die maßgebende Ephemeride bis in die Renaissance hinein.

242 Gleichungen: Sie gelten für die oberen Planeten und bedeuten geometrisch, daß der Radius im Epizykel, der nach dem Planeten zeigt, immer die Richtung Erde-Sonne hat. Dies als Folge der fündamentalen Annahme von Ptolemäus, daß die Umlaufszeit im Deferent gleich der siderischen, diejenige im Epizykel gleich der synodischen sern soll (Almagest 9 Buch 6 Kap ) Beide Umlaufs zeiten lassen sich direkt an den Erschernungen bestrmmen Es rst also geschrie ben mit den Bezeichnungen des Mars x3 360 synodrsche Umlaufszert x' = 360°: siderische Umlaufszeit die berden Zeiten rn Tagen gerechnet Nun hat die synodische Umlaufszert mrt der Sonne zu tun Sie rst die Zert in wel cher diese um volle 360 dem Planeten vorauseilt x3 rst also der Schritt, um welchen sich die Sonne rm Mrttel wahrend ernes Tages vom Planeten entfernt

364

Analog ist x' der Schritt des Planeten gegenüber den Sternen, x3 + x' also der tägliche Schritt der Sonne gegenüber den Sternen, und das ist y. Die Gleichun­gen sind also richtig schon aus den Begriffen der siderischen und synodischen Umlaufszeit heraus. Dies zunächst ohne Bezugnahme auf Deferent und Epizy­kel. Betrachtet man jetzt diese, ausgehend z. B. von einer Konjunktion, wo Er­de E, Sonne 5, Mittelpunkt M des Epizykeis und Planet P in gerader Linie ste­hen, so dreht sich die Richtung EM täglich um x', MP dreht sich um x3, und zwar, nach Auffassung der Ptolemäer, vom Radius EM aus gemessen. Indem beide Drehungen im selben Sinn erfolgen, hat sich MP gegenüber den Sternen um x' + x3 = y gedreht, also gleich stark wie ES, und ES und MP sind dauernd parallel. Nach Ablauf der synodischen Umlaufszeit fallen ES und EP überein­ander schon nach dem Begriff, aber es ist auch MP parallel ES und damit M in gerader Linie mit E, S, P. Die Konjunktionsstellung ist ganz zu sich zurückge­kehrt, womit die innere Stimmigkeit der Ptolemäischen Annahmen sich bestä­tigt. Man vgl. zum ptolemäischen Weltsystem auch Elisabeth Vreede, «Astro­nomie und Anthroposophie», Dornach 1980, S. 64-81 .

243 Zusammenfassung der empirisch gegebenen Planetenorte: statt «Zusammen-fügung... Weltenorte», nach Stenogramm.

244 «Rätsel der Philosophie» : Siehe Hinweis zu S. 115.

245 Dr. WalterJohannes Stein, Wien 1891-1957 London. Ursprünglich Mathema­tiker, dann Schriftsteller philosophischer und historischer Richtung. Lehrer an der Waldorfschule.

246 Galilei: Siehe S. 18.

246 Kepler: Siehe S. 18. Sein Ausspruch: «Ja, ich bin es, ich habe die goldenen Ge­fäße der Ägypter geraubt, um meinem Gott aus ihnen ein Heiligtum zu errich­ten, fern von den Grenzen Ägyptens. Wenn ihr mir vergebt, werde ich mich freuen, wenn ihr zürnt, werde ich es tragen; - hier werf ich den Würfel und schreibe dies Buch für den heutigen wie den dereinstigen Leser - was liegt dar­an?» («Harmonices mundi», 1619, Vorrede zum 5. Buch. Übertragen von Max Caspar).

247 daß man in Kreisform darstellt: «in» statt «die», nach Stenogramm.

247 Newton: Siehe S. 22.

249 Selenka: Siehe S. 233.

253 Das ist... richtig . . . gegenüber einer so progredierendan Erscheinung: «pro­gredierenden» statt «programmatischen» gesetzt

257 in verschiedener Substantialität durchdringt den Organismus, und das, was . . . : «das, was» statt «daß das» gesetzt.

259 auffrüherer Stufe als die jenige des Tieres: «früherer» statt «höherer», nach Ste­nogramm .

365

260 daß wir eben diesen ideellen Punkt bekommen: Siehe S. 232.

260 wie der Vorgang vorgestellt werden muß: Siehe S. 139ff.

260 dem polarischen Gegenteil des tierischen Kopfrs: So die Nachschrift und der i. Druck. Das Stenogramm hat «Menschenkopfes» statt «tierischen Kopfes».

264 Figur 8: Die Aufstülpung rechts ist durch den Kursteilnehmer Dr. H. Poppel-baum bezeugt.

269 gewaltige Deformation: «gewaltige» statt «umgewandelte», nach Stenogramm.

270 Wir haben ... auf die Cassiniscbe Kurve hingewiesen: S. 166 ff.

273 bei doppelt variablen Gleichungen: Siehe S. 197 f. und S. 212f

273 Funktionen zugrunde legen: «Funktionen» geändert aus «Gleichungen» nach S. 213, wo es in diesem Zusammenhange heißt ... . deren Funktionalität in sich selber eine Funktion darstellt».

274 Gegenraum. In den 30er Jahren begann George Adams (-Kaufmann) und, unabhängig von ihm, Louis Locher die Vorstellungswelt der projektiven Geo­metrie zur Interpretation verschiedener Angaben Rudolf Steiners heranzuzie­hen. (Vor allem auch der späteren Stelle in einer Fragenbeantwortung vom 12. April 1922, Den Haag, gedruckt in «Die Bedeutung der Anthroposophie im Geistesleben der Gegenwart» Dornach 1957. Eine vollständige Bibliographie findet sich bei Olive Whicher in «Projektive Geometrie», 1970 Stuttgart, Kap. IX.)

Das Gesetz der Dualität läßt einem jeden Gebilde aus Punkten ein ebensol­ches aus Ebenen entsprechen; z. B. entsprechen den Punkten einer Geraden, die Ebenen durch eine Gerade, den Punkten einer Ebene alle Ebenen eines Punktes. Einem Kubus, begrenzt von sechs quadratischen Ebenen, entspricht ein Oktaeder mit sechs vierkantigen Ecken, den acht dreikantigen Ecken des Kubus entsprechen die acht dreiseitig begrenzten Flächen des Oktaeders. Adams und Locher haben die anschauliche Ausgestaltung der konkreten Er­füllung eines «aus Ebenen bestehenden Gebildes» in ihren Werken ausgestal­tet. Zwar ist die Idee von Räumen mit anderen Raumelementen als dem Punkt bereits im letzten Jahrhundert gebildet worden, hat aber nie ernste Beachtung für eine Beschreibung der Wirklichkeit gefunden. In späteren Veröffentlichun­gen nehmen Autoren wie Bernhard und Gschwind (Marhematisch­Astronomische Blätter ~ Neue Folge, Nr.1 und Nr.4) darauf Bezug. - In der Schrift «Universalkräfte in der Mechanik» hat Adams seinen Ansatz einerseits in die rheoretische Physik, anderseits in Gebiete der höheren Geometrie erwei­tert. Gschwind in Mathematisch-Astronomische Blätter Nr.6 knüpft hieran und an die Grundaussagen Steiners an.

278 ich habe in andern Vorträgen öfter erwähnt: Z. B. Vortrag vom 30.12.1917 in «Mysterienwahrheiten und Weihnachtsimpulse», GA Bibl. -Nr.180.

366

282 was da außerhalb dieses abstrakten Kreises: «außerhalb» statt «innerhalb», nach Stenogramm.

282 eine kleine Sphäre: «kleine» statt «gleiche», nach Stenogramm.

285 Zentren der Beobachtung: Das Stenograsnrn hat «Bögen» statt «Beobachtung».

285 jürplanetarische ... Bewegungen: «planetarische» statt «phantastische», nach Stenogramm.

287 Doppelsterne... umeinander bewegen: Nach solchen wurde systematisch und mit viel Erfolg gesucht, nachdem John Michell 1784 ausgesprochen hatte, daß es viel mehr nahe beieinander erscheinende Sterne gebe, als dem Zufall ent­spreche. Die Paare hätten also etwas miteinander zu tun. Es zeigte sich, daß sie sich umeinander bewegen . Diese Bewegung spiegelt sich wegen des Doppler­effektes im Spektrum. Solche Bewegungen im Spektrum kann man auch fest­stellen in Fällen, wo man es visuell scheinbar nur mit einem Stern zu tun hat Man hat einen «spektroskopischen Doppelstern».

287 des Dopplerschen Prinzipes: Bezieht sich auf alle Wellenvorgänge. Für den Be­obachter, der sich dem Ausgangspunkt der Welle nähert, erscheint ihre Fre­quenz erhöht, wenn er sich entfernt erniedrigt. Die Erscheinung ist alltäglich für die Höhe eines Pfeiftones von einem vorbeifahrenden Fahrzeug. Im Sinne der Wellentheorie des Lichtes mußte erwartet werden, daß die Spektrallinien eines Sternes gegen blau verschoben sind, wenn der Stern sich der Erde nähert; gegen rot, wenn er sich entfernt. W. Huggins hat 1867 solche Verschiebungen beobachtet und nach dem Dopplerschen Prinzip auf Annäherung bzw. Entfer­nung zurückgeführt.

287 Christian Doppler, Salzburg 1803~1853 Venedig. Physiker.

291 bei der Kritik des Arbeitsbegriffes: Z.B. Vortrag vom 11.8.1919 in «Die Erzie­hungsfrage als soziale Frage», GA Bibl. -Nr. 296.

294 wenn in den allgemeinen anthroposophischen Vorträgen immer betont werden muß: Z. B. Vortrag vom 25.6.1918 in «Erdensterben und Weltenleben», GA Bibl.-Nr. 181.

294 Bewegung durch den Willen stehen in: «stehen» ergänzt.

294 braucht in psychologischer Beziehung: «psychologischer» gemäß Nachschrift und 1 . Druck. Das Stenogramm hat «physiologischer».

296 in unserem Forschungsinstitut: Es wurde 1920 mit einer physikalischen und ei­ner biologischen Abteilung im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Zu­sammenschluß «Der Kommende Tag> in Stuttgart gegründet und ist in die Notlage der Inflationszeit der 2oerjahre hineingeraten. Es konnte später nur in kleinerem Rahmen am Goetheanum in Dornach fortgeführt werden.

296 in dem Wärmekurs: Siehe den Hinweis zu S. 160.

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298 außerhalb des Sonnenkernes: «Sonnenkernes» statt «Sonnenkörpers», nach Stenogramm.

302 die Dinge . . . weiter durebzudenken: Es ist beim Lesen zu bemerken, daß zwi­schen diesen und den darauf folgenden Worten eine Lücke ist. Das frhlende Stück bezieht sich auf eine Einzelheit, über welche am Vortage eine Diskus­sion stattgefunden hatte. Sei es, daß es als zu sehr von der Hauptsache wegfüh­rend erschienen ist, sei es, daß die Nachschrift hier als zu unvollständig und dunkel erachtet wurde, es ist beim ersten Druck, durch eine Fußnote gekenn­zeichnet, ausgelassen worden. Doch haben die knappen Worte einen präzisen und aufschlußreichen mathematischen Hintergrund und werfen ein neues Licht auf die im Zusammerihang des ganzen Kurses so bedeutsame Lemniska­te. Man vergegenwärtige sich dabei, daß die folgenden Worte die Antwort sind auf eine am Vortage aufgeworfene Frage:

«Es hat einer der verehrten Zuhörer gestern eine sehr wichtige Bemerkung nach dem Vortrage gemacht, die wichtig ist aus dem Grunde, weil vielleicht eben gerade geglaubt werden könnte, daß sie einen gewissen Einfluß hat auf das Prinzipielle, das hier betrachtet worden ist. Das letztere ist nicht der Fall, sondern es liegt etwas anderes vor. Es ist nämlich dies: Der Herr hat mich auf­merksam gemacht, wenn man die Gleichung der Cassinischen Kurve nachrech­net, so bekommt man heraus, wie man die sogenannte Lemniskate eigentlich zu ziehen hat. Die Rechnung ergibt ~ ich konnte nicht anders, als dem Herrn Recht geben, als ich die Sache nachgerechnet habe ~ die Rechnung ergibt, wenn man dasjenige, was bei gewöhnlichen Koordinaten schwer festzustellen ist, in bezug auf diese Kurve mit Polarkoordinaten untersucht, daß man diese Lemniskate, von der ich gesprochen habe und die ein spezieller Fall der Cassi­nischen Kurve ist ~ also, wenn ich hier diese besondere Form der Cassinischen Kurve zeichne (Fig. la) -, daß ich die Lemniskate nicht so ziehen darf (wie eine

#Bild s. 367

Acht, Fig. la), sondern sie so ziehen muß (Fig. 1b). Das ist also dasjenige, was sich aus der Gleichung in Wirklichkeit ergibt. Dagegen hat es auf diejenigen Dinge, die wir hier auseinandergesetzt haben, keinen prinzipiellen Einfluß, weil die Sache sofort anders wird, wenn Sie sich vorstellen, daß ich diese Lem­niskate nicht so zeichne, wie ich sie jetzt hier gezeichnet habe (Fig. ib), son­dern daß ich, während ich die Lemniskate zeichne, die Zeichnungsebene um die Achse der Lemniskate herumdrehe. Wenn ich also, während ich zeichne, um die Achse der Lemniskate herumdrehe, dann bekomme ich in der Tat diese Figur (la) heraus.»

Erst jetzt erhalten die nun folgenden Worte ihren rechten Sinn. Aber wie sind die Dinge genauer zu verstehen? Es wurde gesagt, daß die Frage nur in

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Polarkoordinaten zu klären sei. In diesen schreibt sich, wenn man alle Längen mit dem längsten Radiusvektor der Lemniskate als Einheit mißt, ihre Glei­chung: r = (cos2~)1/2 . Hier wird r imaginär, also aus dem Raum hinausgehend, wenn cos2~ negativ wird. Der Vorzeichenwechsel erfolgt an den Winkelhalbie­renden der 4 Quadranten. r ist reell in den beiden Winkelfeldern, welche von der x-Achse halbiert werden, imaginär in den Feldern, welche die y-Achse durchsetzt. Da das reelle r immer als positiv genommen wird, sind die Kurven-punkte mit ~ = 45°-a und ~ = 135° + z symmetrisch zur y-Achse. Zwischen 45° und 135° gibt es keine Punkte, ebensowenig zwischen -45° und -135°. Bei stetiger Zunahme von ~ verläuft die Lemniskate mit einem Knick gemäß Fig. 1b. Das etwa dürfte die am Vortag gemachte Bemerkung gewesen sein. -Die Rotationslemniskate wird nun am einfachsten, wenn man die Ebene der Lemniskate mit derselben Geschwindigkeit um den längsten Durchmesser der Lemniskate dreht, mit welcher sich der Radiusvektor in der Ebene dreht. Der Drehwinkel ist dann ebenfalls ~ . Die Projektion des laufenden Punktes auf die Ausgangsebene hat dasselbe x wie der entsprechende Punkt der Lemniskate in der Ausgangsebene. Das y jedoch erleidet den Faktor cos~ . Weil nun für reelle Punkte der Kurve cos~ betragsmäßig nie kleiner als cos45° = 0,707 wird, weicht die Projektion der Kurve nie stark von Punkten der Ausgangslemniskate ab . Wohl aber in ihrem Verlauf. Denn cos~ ist im 2. und 3. Quadrant negativ, und die Projektion der Rotationslemniskate verläuft achtförmig wie Fig. 1 a, wenn die Lemniskate wie Fig. ib durchlaufen wird und umgekehrt. Ist beider Lemniskate der Winkel im Kreuzungspunkt ein rechter, so bei der neuen Kurve 2arctan(1:2 1/2) = 70,5°.

#Bild s. 368

302 mit dieser räumlichen Zeichnung: «räumlichen» ist ergänzt.

302 angedeutet, daß man . . . mit Rotationskörpern zu tun hat: Siehe S. 198.

304 denjenigen ..., den ich schon eiwähnt habe: Auf S. 230 f.

304 der dem physischen Menschenbildungsprozeß: «physischen» ergänzt

369

306 Diese Kurve . . . ist eindeutig zu bestimmen ... daßsie eine Rotations-Iemnis­kater ist: Die Angaben zur lemniskatischen Bewegung haben viele Kommenta­toren beschäftigt (siehe Literaturangaben weiter unten). Zum sachlichen seien nur die folgenden Bemerkungen gemacht:

1 . Versuch und Anschauung lehren rasch, daß eine ebene und ruhende Achterschleife (Lemniskate) keine Lösung der geometrischen Aufgabe besitzt :

von zwei Punkten einigermaßen festen Abstandes so durchlaufen zu werden, daß die Visierlinie vom einen zum andern ein ebenes Strahlenbüschel ohne Rückläufigkeiten oder Stillstände durcheilt. Dies ist notwendig für Erde -Sonne.

2. Läßt man eine Bewegung der Lemniskate zu, steht man vor der Qual der Wahl; denn man denke das zuletzt genannte Strahlenbüschel, so kann man die Lemniskate mit 2 Freiheitsgraden um die Strecke Erde - Sonne schieben und (räumlich) drehen.

3. Es sind Ansätze mit mehr als einer Lemniskate von L. Locher (1), G. Adams, J. Schultz und anderen gegeben worden (2). Neuerdings haben G. Unger und H. Bauer weiterführende Beiträge gegeben (3).

4: Literatur:

(1) L. Löcher-Ernst bei der Herausgabe der Vorträge «Der Mench, eine Hieroglyphe des Weltenalls» (Gesamtausgabe unter dem Titel «Entsprechun­gen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos», GA Bibl. -Nr.201, 1958) in den «Mathematisch-Astronomischen Blättern», Nr.4 (Dornach 1942, ver­griffen; siehe Lit. 3).

(2) In einem ebenfalls vergtiffenen Bericht der Mathematisch-Astronomischen Sektion am Goetheanum von 1967 wurden verschiedene Ansätze, speziell der von J. Schultz, durch S. Vetter referiert (siehe Lit. 3).

(3) In Nr.121 der Mathematisch-Physikalischen Korrespondenz (Dornach 1981) sind Lochers und Schultz' Arbeiten erneut referiert, ein Ansatz von G. Unger mit einer raumlichen Lemniskate skizziert und eine ausführliche Arbeit zum Thema von H. Bauer abgedruckt.

(4) Es existiert in der Bibliothek der Mathematisch-Astronomischen Sektion eine ausführliche Sammlung aller einschlägigen Vortragsstellen von Rudolf Steiner (ca. 100 Seiten). Eine Liste der Stellen kann bezogen werden.

307 die Besselschen Gleichungen.' Sie heißen auch Besselsche «Reduktionen» oder «Korrekturen». Auf sie hat Rudolf Steiner wiederholt hingewiesen, wenn er die lemniskatische Sonnen- und Erdbewegung oder das 3' Kopernikanische Hauptgesetz besprach, außer in dem im Hinweis zu S. 43 genannten Vortrag vom 28.9.1919 z.B. auch in den Vorträgen «Soziales Verständnis aus geistes-wissenschaftlicher Erkenntnis» (GA Bibl.-Nr. 191, 1972, S. 26). Diese Reduk­tionen enthalten verschiedene Bewegungen und Effekte, welche den scheinba­ren Ort eines Sternes beeinflussen und welche Bessel auf eine für die praktische Astronomie rationelle Form gebracht hat. Es handelt sich durchwegs um kleine Größen, in welchen aber zum Ausdruck kommt, daß es in der Astronomie nichts Festes gibt und die Koordinatensysteme, durch die man sich orientiert, alle selber in Veränderung begriffen sind. Die bedeutendste dieser Änderungen

370

ist die Präzession des Frühlingspunkres im Betrag von jährlich 50,4". Die andern sind periodisch, mit den größten vorkommenden Amplituden von 20,5" (Aberration), 17,2" (Nutation in Länge) und 9,2" (Nutation in Schiefe der Ekliptik) und den zugehörigen Perioden von einem Jahr bzw. 18 Jahren und 18 2/3 Jahren. Übersichtliche Aufstellungen und die praktische Hand­habung enthalten die Astronomischen Jahrbücher, etwa die «Connaissance des Temps», unter dem Stichwort «Reduktion der Sterne».

307 Friedrich Wilhelm Bessel, Minden 1784-1846 Königsberg. Astronom, ur­sprünglich Kaufmann.

308 in der Tagundnachtgleiche zusammenfällt mit der Zwischensonne: «Zwischen-sonne» geändert aus «wahren Sonne». Es müßte sonst der Unterschied zwischen wahrer Zeit und mittlerer Zeit in der Tagundnachtgleiche verschwinden. Das ist nicht der Fall, sondern findet gegenwärtig (1979) statt am 16. April, 14. Juni, 1 . September und 25. Dezember. Bei der Verwechslung von «Zwischen-sonne» und

309 Hälfte der Lemniskate ... geht es weiter: Die Nachschrift gibt diesen Satz mit einer andern Interpunktion: .... Hälfte der Lemniskate heraus: Erde, Sonne, Erde, Sonne, wenn die herumgegangen ist; dann geht es weiter.»

311 Figur 6: Im 1 . Druck enthält die Figur links vom kleinen Pfeil zwei Zeichen, zuerst eine Art r, dann ein v. Die Meinung ist, daß das r durch das v hätte ersetzt werden sollen, was nicht richtig geschehen sei.

314 Tycho de Brahe: Siehe S. 39.

315 in anderen Vorträgen erwähnt: Wir sind ... in dem Zwiespalt: Zum Beispiel in der Vortragsreihe «Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem Physi­schen des Menschen», GA Bibl.-Nr. 202, besonders Vortrag vom 18.12.1920.

316 habe bei andern Gelegenheiten davon gesprochen: Siehe den vorigen Hinweis.

321 die Geistigkeit des Astralischen: Siehe in der «Geheimwissenschaft» das Kapitel «Wesen der Menschheit», vgl. Hinweis zu S. 107.

322 Wir können . . . vefolgen imaginär: Das Wort «imaginär» taucht hier abrupt auf und bleibt isoliert und gleicht insofern einem Stenografie-Fehler. In den stenografischen Notizen ist die Stelle leider nur summarisch festgehalten und sie geben zur Frage keinen Aufschluß. Doch kann man durchaus der Meinung

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sein, daß «imaginär» wirklich gemeint war: Das Wort ist bis auf die rein schul­mäßige Bemerkung S. 167 bisher nicht aufgetreten außer in der kurz vor der gegenwärtigen Stelle eingefügten «Parenthese», welche einen ganz neuen, geisteswissenschaftlichen Aspekt gibt, im übrigen aber in einer figurativen Form dem Imaginären die Dimension senkrecht zum Reellen zuordnet, ähn­lich der Gauß'schen Darstellung. - Soll nun der Vektor a-b eine schiefe Kom­ponente heraussetzen, so muß eine Wirkung quer zu seiner Richtung aktiv werden. In diesem Sinne kann das Wort gemeint sein. Seine Isoliertheit muß auch daran beurteilt werden, daß in die Vorträge nicht nur das hereinspielt, was von vornherein gesagt werden sollte, sondern auch die Fragen, welche bei den einzelnen Zuhörern sich einstellten. Die darauf bezügliche Ausführung auf der folgenden S. 374 ist hier sehr zu beachten.

323 Ich habe . . . schon den Vergleich angeführt: Auf Seite 183.

325 komplizierte Funktionen sind: «Funktionen» statt «Kurven», nach Stenogramm Man vergleiche den zweiten Hinweis zu S. 273.

327 Den planetarischen Körper ... können Sie ... so vorstellen: «vorstellen» statt «darstellen», nach Stenogramrn.

327 was ich methodologisch schon angeführt habe: Siehe Seite 252.

331 Wir können in Vorträgen, die demnächst . . . wiederum gehalten werden: Dazu ist es nicht mehr gekommen.

332 das Gedeihen unseres physikalischen . . . Forschungsinstitutes: Siehe Seite 296.

336 mit einem Hochschulprofrssor der Physik: Es kann sich nur um Salomon Kali­scher (Thorn 1845 - 1924 Berlin) handeln. In der damaligen Zeit hat nicht mancher Hochschulphysiker Goethes Farbenlehre herausgegeben, wohl aber Kalischer, zuerst 1878 in der Hempelschen Ausgabe von Goethes Werken, dann auch in der Sophienausgabe 1890-1906. Über die Korrespondenz zwi­schen Rudolf Steiner und Kalischer und die Begegnung der beiden im Goethe-archiv vgl. den Artikel von Kurt Franz David in der Zeitschrift «Das Goethe­anum», 1971, S. 281.

336 . . . uns auseinandergesetzt hatten . . . Bei der Goetheschen Farbenlehre... : Die Stelle könnte auch lauten: .... uns auseinandergesetzt hatten - er war ein strenger Newtonianer - : Bei der Goetheschen Farbenlehre ...», doch fehlen hinreichende Anhaltspunkte .

337 das Himmelssystem . . . nach dem Muster zu erklären: Des sog. Plateauschen Versuches, auf Jos. Ant. Plateau (1873) zurückgehend. Diesen Versuch und die charakteristische Bemerkung dazu hat Rudolf Steiner in vielen seiner Vorträge erwähnt. Daß er den vorliegenden Kurs mit dieser Schilderung abschließt, gibt ihr einen besonderen Nachdruck. Sie enthält den zentralen Einwand gegen die Nebularhypothese, daß sie nämlich, abstrakt formuliert, gegen den Satz

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von der Erhaltung des Drehimpulses verstößt. Kant fußte auf Newton, und dieser hatte nicht erkannt, daß die von ihm aufgestellte Mechanik diese Grenze impliziert. Erst in der Zeit, als Kant schrieb, hat unter anderen Euler diese Konsequenz durchschaut und als «allgemeinen Flächensatz» ausgesprochen. Es ist unmöglich, daß der Urnebel, von welchem Kant ausgegangen ist, durch innere mechanische Wechselwirkung in Drehung geraten kann. Das Bewußt­sein davon hat sich jedoch nur langsam ausgebreitet. So sieht man auch noch bei du Prel der Mechanik Dinge zugeschrieben, die sie nicht kann. Ein so gewiegter Kenner der Mechanik wie Laplace hat darum mit seinen Betrach­tungen bei einem schon sich drehenden Urnebel eingesetzt. Wenn aber seine Begegnung mit Napoleon sich so, wie berichtet wird, abgespielt hat, dann hat er ein Wesentliches übersehen, als er auf dessen Frage nach der Rolle Gottes in dem ganzen System die Antwort gab: Sire, ich hatte diese Hypothese nicht nötig. - Lapace hatte, bewußt oder unbewußt, den «Herrn Lehrer» des Plateau­schen Versuchs schon im voraus drehen lassen. Man vergleiche dazu S. 200 und den zugehörigen Hinweis.

337 das nächste Mal wollen wir dann von anderen Gesichtspunkten ... wiederum sprechen: Dazu ist es nicht gekommen, wenigstens nicht in demselben Men­schenkreis. Möglicherweise sind die «anderen Gesichtspunkte» eingegangen in den halböffentlichen Vortragszyklus «Der Entstehungsmoment der Natur­wissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung» (GA Bibl.-Nr. 326), welcher zwei Jahre später in Dornach gehalten wurde.

ÜBER DIE VORTRAGSNACHSCHRIFTEN Aus Rudolf Steiners Autobiographie «Mein Lebensgang» (35. Kap., 1925)

#G323-1983-SE373 - Das Verh?ltnisse der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie

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ÜBER DIE VORTRAGSNACHSCHRIFTEN

Aus Rudolf Steiners Autobiographie

«Mein Lebensgang» (35. Kap., 1925)

#TX

Es liegen nun aus meinem anthroposophischen Wirken zwei Ergebnisse vor; erstens meine vor aller Welt veröffentlichten Bücher, zweitens eine große Reihe von Kursen, die zunächst als Privatdruck gedacht und verkäuf­lich nur an Mitglieder der Theosophischen (später Anthroposophischen) Gesellschaft sein sollten. Es waren dies Nachschriften, die bei den Vor­trägen mehr oder weniger gut gemacht worden sind und die - wegen man­gelnder Zeit - nicht von mir korrigiert werden konnten . Mir wäre es am liebsten gewesen, wenn mündlich gesprochenes Wort mündlich gespro­chenes Wort geblieben wäre. Aber die Mitglieder wollten den Privatdruck der Kurse. Und so kam er zustande. Hätte ich Zeit gehabt, die Dinge zu korrigieren, so hätte vom Anfange an die Einschränkung «Nur für Mit­glieder» nicht zu bestehen gebraucht. Jetzt ist sie seit mehr als einem Jalire ja fallen gelassen.

Hier in meinem «Lebensgang» ist notwendig, vor allem zu sagen, wie sich die beiden : meine veröffentlichten Bücher und diese Privatdmcke in das einfügen, was ich als Anthroposophie ausarbeitete.

Wer mein eigenes inneres Ringen und Arbeiten für das Hinstellen der Anthroposophie vor das Bewußtsein der gegenwärtigen Zeit verfolgen will, der muß das an Hand der allgemein veröffentlichten Schriften tun. In ihnen setzte ich mich auch mit alle dem auseinander, was an Erkenntnis-streben in der Zeit vorhanden ist. Da ist gegeben,was sich mirin «geistigem Schauen» immer mehr gestaltete, was zum Gebäude der Anthroposophie -allerdings in vieler Hinsicht in unvollkommener Art - wurde.

Neben diese Forderung, die «Anthroposophie» aufzubauen und da­bei nur dem zu dienen, was sich ergab, wenn man Mitteilungen aus der Geist-Welt der allgemeinen Bildungswelt von heute zu übergeben hat, trat nun aber die andere, auch dem voll entgegenzukommen, was aus der Mit­gliedschaft heraus als Seelenbedüffnis, als Geistessehnsucht sich offenbarte .

Da war vor allem eine starke Neigung vorhanden, die Evangelien und den Schrift-Inhalt der Bibel überhaupt in dem Lichte dargestellt zu hören, das sich als das anthroposophische ergeben hatte. Man wollte in Kursen über diese der Menschheit gegebenen Offenbarungen hören.

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Indem interne Vortragskurse im Sinne dieser Forderung gehalten wurden, kam dazu noch ein anderes. Bei diesen Vorträgen waren nur Mit­glieder. Sie waren mit den Anfangs-Mitteilungen aus Anthroposophie be­kannt. Man konnte zu ihnen eben so sprechen, wie zu Vorgeschrittenen auf dem Gebiete der Anthroposophie . Die Haltung dieser internen Vorträge war eine solche, wie sie eben in Schriften nicht sein konnte, die ganz für die Öffentlichkeit bestimmt waren .

Ich durfte in internen Kreisen in einer Art über Dinge sprechen, die ich für die öffentliche Darstellung, wenn sie für sie von Anfang an be­stimmt gewesen wären, hätte anders gestalten müssen.

So liegt in der Zweiheit, den öffentlichen und den privaten Schriften, in der Tat etwas vor, das aus zwei verschiedenen Untergründen stammt. Die ganz öffentlichen Schriften sind das Ergebnis dessen, was in mir rang und arbeitete; in den Privatdrucken ringt und arbeitet die Gesellschaft mit. Ich höre auf die Schwingungen im Seelenleben der Mitgliedschaft, und in meinem lebendigen Drinnenleben in dem, was ich da höre, entsteht die Haltung der Vorträge .

Es ist nirgends auch nur in geringstem Maße etwas gesagt, was nicht reinstes Ergebnis der sich aufbauenden Anthroposophie wäre. Von irgend einer Konzession an Vorurteile oder Vorempfindungen der Mitgliedschaft kann nicht die Rede sein. Wer diese Privatdrucke liest, kann sie im vollsten Sinne eben als das nehmen, was Anthroposophie zu sagen hat. Deshalb konnte ja auch ohne Bedenken, als die Anklagen nach dieser Richtung zu drängend wurden, von der Einrichtung abgegangen werden, diese Drucke nur im Kreise der Mitgliedschaft zu verbreiten. Es wird eben nur hinge­nommen werden müssen, daß in den von mir nicht nachgesehenen Vor­lagen sich Fehlerhaftes findet.

Ein Urteil über den Inhalt eines solchen Privatdruckes wird ja allerdings nur demjenigen zugestanden werden können, der kennt, was als Urteils­Voraussetzung angenommen wird. Und das ist für die allermeisten dieser Drucke mindestens die anthroposophische Erkenntnis des Menschen, des Kosmos, insofern sein Wesen in der Anthroposophie dargestellt wird, und dessen, was als «anthroposophische Geschichte» in den Mitteilungen aus der Geist-Welt sich findet.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.