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begreifen sollten, wenn wir auch nicht selber hellsehend erkennen. Wir brauchen noch nicht hellseherisch zu sein, um wohltätig zu wirken im Besitze einer Geist-Erkenntnis. Geradesowenig wie der Mensch zu wissen braucht, woraus Fleisch besteht, wenn er Fleisch ißt, und dieses Fleisch ihn doch nährt, ebensowenig braucht der Mensch hellseherisch zu sein, um durch seine Arbeit seinen ganzen Zusammenhang mit dem Leben der höheren Welten zu bewirken. Wie wenn der Mensch das Geistige verzehren würde, so ist es, wenn er es annimmt vor dem Hellsehen. Und das Hellsehen fügt im Grunde genommen nichts zu dem hinzu, was wir durch das Geisteswissen der Welt werden können. Es befriedigt nur unsere Erkenntnis, die muß einmal da sein. Es müssen natürlich Leute da sein, die die Zusammensetzung des Fleisches untersuchen, aber zum Essen ist diese Erkenntnis nicht notwendig. So müssen auch Heliseher da sein in der neuen Zeit, die untersuchen können, wie des Menschen Zusammenhang mit der geistigen Welt ist; aber um das, was die Menschheit braucht, zu bewirken, ist notwendig, daß wir gesunde Menschenseelen sind. Die werden seelische Verdauungskraft fühlen, wenn ihnen von der Wissenschaft des Geistigen gesprochen wird, die werden dieses Geistige aufnehmen, es verdauen, es in ihre Arbeit eingliedern. Und das brauchen wir heute über die ganze zivilisierte Welt hin: äußere Menschenarbeit, die im rechten und wahren Sinne durchgeistigt ist. | begreifen sollten, wenn wir auch nicht selber hellsehend erkennen. Wir brauchen noch nicht hellseherisch zu sein, um wohltätig zu wirken im Besitze einer Geist-Erkenntnis. Geradesowenig wie der Mensch zu wissen braucht, woraus Fleisch besteht, wenn er Fleisch ißt, und dieses Fleisch ihn doch nährt, ebensowenig braucht der Mensch hellseherisch zu sein, um durch seine Arbeit seinen ganzen Zusammenhang mit dem Leben der höheren Welten zu bewirken. Wie wenn der Mensch das Geistige verzehren würde, so ist es, wenn er es annimmt vor dem Hellsehen. Und das Hellsehen fügt im Grunde genommen nichts zu dem hinzu, was wir durch das Geisteswissen der Welt werden können. Es befriedigt nur unsere Erkenntnis, die muß einmal da sein. Es müssen natürlich Leute da sein, die die Zusammensetzung des Fleisches untersuchen, aber zum Essen ist diese Erkenntnis nicht notwendig. So müssen auch Heliseher da sein in der neuen Zeit, die untersuchen können, wie des Menschen Zusammenhang mit der geistigen Welt ist; aber um das, was die Menschheit braucht, zu bewirken, ist notwendig, daß wir gesunde Menschenseelen sind. Die werden seelische Verdauungskraft fühlen, wenn ihnen von der Wissenschaft des Geistigen gesprochen wird, die werden dieses Geistige aufnehmen, es verdauen, es in ihre Arbeit eingliedern. Und das brauchen wir heute über die ganze zivilisierte Welt hin: äußere Menschenarbeit, die im rechten und wahren Sinne durchgeistigt ist. | ||
= ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE | = ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE UND NACH DEM TODE IN DER GEISTIGEN WELT Erster Vortrag, London, 12. November 1922 = | ||
<nowiki>#</nowiki>G218-1992-SE130 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus | <nowiki>#</nowiki>G218-1992-SE130 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus | ||
Version vom 20. Oktober 2023, 15:15 Uhr
DIE SCHLAFERLEBNISSE DES MENSCHEN IHRE GEISTIGEN HINTERGRÜNDE- UND IHRE BEDEUTUNG FÜR DAS TAGESLEBEN Erster Vortrag, Stuttgart, 9. Oktober 1922
#G218-1992-SE011 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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DIE SCHLAFERLEBNISSE DES MENSCHEN
IHRE GEISTIGEN HINTERGRÜNDE-
UND IHRE BEDEUTUNG FÜR DAS TAGESLEBEN
Erster Vortrag, Stuttgart, 9. Oktober 1922
#TX
Es wird heute, wenn vom Seelenleben gesprochen wird, sehr vieles zusammengefaßt in einem gewissen Ausdruck, der auf der einen Seite zugibt, daß man in bezug auf das Seelische von Kräften oder dergleichen sprechen muß, die in das gewöhnliche Bewußtsein nicht herein- spielen. Auf der anderen Seite aber wird zugleich die Ohnmacht eingestanden, über solche Kräfte zu sprechen. Der Ausdruck, in dem man zusammenfaßt dasjenige, was einer solchen Hindeutung entsprechen soll, ist der: das Unbewußte; man spricht vom Unbewußten. Man deutet ja, indem man auf die besondere Wesenheit der menschlichen Erkenntnisse heute zu sprechen kommt, an, wie man als Mensch zunächst angewiesen ist, seine Erkenntnisse zu suchen aus der äußeren Welt durch Beobachtung, Experiment und den kombinierenden Verstand. Und man deutet dann auch an, daß man, wenn man das eigene Bewußtsein durchsucht, allerlei in diesem Bewußtsein findet: Gedanken, Gefühle, Willensregungen und so weiter. Man wird sich dann weiter bewußt, daß man im Seelenleben Regungen, Offenbarungen hat, die auftreten, und die weder dadurch in ihrem tieferen Wesen gefunden werden können, daß man verfährt nach der Methode der äußeren wissenschaftlichen Anschauung im Sinne des Experimentes, der Beobachtung, des kombinierenden Denkens, noch auch dadurch, daß man durch dasjenige, was man eben überblickt, wenn man Selbstbeobachtung mit den gewöhnlichen Kräften des Bewußtseins übt, irgendwie vordringen könne zum Wesen dessen, was sich immerhin offenbart im Seelenleben des Menschen. Und man spricht daher vom Unbewußten, verzichtet aber zugleich darauf, irgendwie in die Welt dieses Unbewußten einzudringen. Dieser Verzicht ist eigentlich vollberechtigt, wenn man sich beschränken will auf jene Erkenntnismittel, die heute allgemein anerkannt sind. Denn in der Tat, es wird niemand gerade in bezug auf das Seelenleben weiterkommen können mit diesen Erkenntnismitteln
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als zu der Anschauung, daß eben während des Wachtaglebens aus den Tiefen des Menschenwesens heraufsteigen Vorstellungen, Gefühle, Willensimpulse, Äußerungen des menschlichen Wesens, von denen man gut sieht, wie sie an die äußere Körperlichkeit gebunden sind, und man wird durchaus kein irgendwie unwiderlegbares Mittel finden, zu sagen, daß dasjenige, was einem doch in einer zunächst so starken Abhängigkeit von körperlichen Zuständen erscheint, über diese körperlichen Zustände hinaus ein besonderes Dasein habe.
Nun wissen Sie ja alle, daß gerade von diesem Punkte ausgeht unsere anthroposophische Betrachtung, daß diese anthroposophische Betrachtung Ernst macht damit, daß man wirklich mit den Mitteln der Erkenntnis, die heute anerkannt sind, die Tiefen des Seelischen nicht ergründen kann, daß diese anthroposophische Betrachtung Ernst damit macht, daß für diese gewöhnlichen Mittel eben auf ein Unbewußtes hingewiesen werden müsse. Im Grunde genommen brauchen wir nicht einmal - wir werden das heim nächsten Vortrag machen; aber man braucht es nicht einmal - auf die beiden Grenzpunkte des physischen Erdenlebens zu schauen, Geburt und Tod, man braucht nur auf den gewöhnlichen, alltäglich eintretenden menschlichen Schlafzustand zu schauen und man wird sich sagen müssen, daß es für eine wirkliche Seelenerkenntnis eigentlich unmöglich ist, daß dasjenige, was die gewöhnlichen Erkenntnismittel aussagen können über die Seelenerlebnisse, irgendwie gesichert werden könne gegen einen Einwand wie etwa den folgenden: Es zeigt sich für diese gewöhnlichen Erkenntnismittel eine so große Abhängigkeit alles Vorstellens, Fühlens und Wollens, wie sie im gewöhnlichen Alltagsleben im Bewußtsein vorhanden sind> von den leiblichen Zuständen, daß man ganz gut sagen kann, aus den leiblichen Zuständen tauchen eben auf wie aus einem Unterbewußten herauf die Seelenerlebnisse, und während des Schlafzustandes überwuchert das bloße Organleben, es läßt aus sich heraus nicht Vorstellungen, Fühlungen und Wollungen fließen; man kann eigentlich weiter nichts darüber sagen. Man kann höchstens aus dem Hereinspielen der Träume, die so erscheinen, als ob sie aus dem Schlafleben kämen und im Wach- leben einfach erinnert würden, aus dem Durchspieltsein des Schlaflebens von Träumen vielleicht erschließen, daß das Seelische irgendwie
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als solches fortdauert während des Schlaflebens; aber das sind alles unsichere Dinge. - Im Grunde genommen kann kein ernster unbefangener Mensch mit den gewöhnlichen Erkenntnismitteln irgendwie über die Seele anders reden als so, daß er sagt: Sie bietet eben Erscheinungen dar, die durchaus abhängig erscheinen von den körperlichen Zuständen.
Gerade weil anthroposophische Erkenntnis Ernst macht mit diesem Vermögen oder Unvermögen der gewöhnlichen Erkenntnismittel, muß sie auf der anderen Seite sich bestreben, eben zu anderen Erkenntnismitteln zu greifen. Und Sie wissen ja, daß zu solchen Erkenntnismitteln in der oftmals hier dargestellten imaginativen, inspirierten und intuitiven Erkenntnis gegriffen wird. Durch diese besondere Art der Erkenntnis, die erst als Fähigkeit entwickelt wird aus dem gewöhnlichen Seelenleben heraus, die erst entwickelt werden kann, wenn man sich zu dieser Entwickelung auch wirklich anstrengt, soll dann gestrebt werden, erst über dasjenige zur Klarheit zu kommen, worüber eben mit den gewöhnlichen Erkenntnismitteln keine Klarheit zu gewinnen ist.
Und nun möchte ich heute, ohne mich wieder einzulassen auf die Darstellung, die ich so oft gegeben habe von dem Wesen der imaginativen, inspirierten und intuitiven Erkenntnis, auf Grundlage eben dieser drei Erkenntnisstufen, ein Gebiet, ein wichtigstes des Unterbewußten oder Unbewußten des Menschen, eben einfach schildern, nämlich das Gebiet des seelischen Lebens zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen. Ich habe zwar diese Schilderung von gewissen Gesichtspunkten aus schon öfters gegeben, möchte sie aber heute von einem besonderen Gesichtspunkte aus wiederum geben. Ich möchte also zunächst heute einfach schildern, was sich der imaginativen, inspirierten und intuitiven Erkenntnis für den Schlafzustand ergibt. Für das gewöhnliche Bewußtsein liegt ja eigentlich nur das vor, daß jenes Erfüllt- sein des Bewußtseins mit einem gewissen Inhalte, wie wir ihn vom Aufwachen bis zum Einschlafen haben, mit dem Einschlafen zuerst herabgedämpft wird, und dann erlischt, und daß ein unbewußter Zustand zwischen dem Einschlafen und Aufwachen eintritt. Während des Tagesbewußtseins kann der Mensch zunächst mit den gewöhnlichen Erkenntnismitteln nicht sagen, was seine Seele eigentlich macht in der Zeit zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen. Denn dasjenige, was da,
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wenn überhaupt ein Seelisches als solches erlebt wird in diesem Zustande, sich abspielt, das tritt ja eben nicht herein in das gewöhnliche Bewußtsein. Für das gewöhnliche Bewußtsein ist Finsternis ausgebreitet über dasjenige, was die Seele erlebt, wenn sie überhaupt erlebt im Schlafzustande. Nun aber beginnt der Schlafzustand dann, wenn zu- nächst die imaginative Erkenntnis eintritt, aufgehellt zu werden, die Finsternis beginnt sich in eine Helligkeit umzuwandeln, und man kann schon mit der imaginativen Erkenntnis Urteile gewinnen über dasjenige, was wenigstens für die ersten Stadien des Schlafzustandes von der Seele erlebt wird. Man kann dann weiter in inspirierter und intuitiver Erkenntnis in diese Erlebnisse weiter eindringen. Es ist das nicht so, daß Sie sich vorstellen sollten, man sieht in den Schlaf so hinein, wie etwa in einen Guckkasten, sondern es ist so, daß man durch imaginative, inspirierte und intuitive Erkenntnis Seelenzustände erlebt, die dem Schlafen dadurch ähnlich sind, daß man in ihnen zu seinem Leibe, zu seinem Körper in einem ähnlichen Verhältnisse ist wie während des Schlafens, daß man aber durchaus nicht bewußtlos dieses Verhältnis erlebt, sondern eben im vollbewußten Zustande. Und daher, weil man während des Wachlebens vollbewußt in ähnlicher Art erlebt wie während des Schlafes, kann man dann auch hineinschauen in dasjenige, was sich mit der Menschenseele während des Schlafes vollzieht, und man kann es dann schildern.
Wenn der Mensch nun einscMäft, so wissen Sie ja: im Einschlafen kann sich durchsetzen das undeutlich verschwommen auftretende Bewußtsein mit Träumen. Diese Traumwelt kann zunächst zu einer Erkenntnis des Seelenlebens eigentlich gar nicht viel helfen. Denn dasjenige, was man mit den gewöhnlichen Erkenntnismitteln im Tagesbewußtsein über die Träume wissen kann, bleibt doch etwas höchst Äußerliches, und die Träume selber zeigen sich ja nicht so, daß man auf sie in einer ganz bestimmten Art bauen könnte, bevor man in anderer Art eine Erkenntnis hat über den Schlaf. Derjenige, der dann wirklich in eine Erkenntnis der Schlafzustände eindringt, der weiß, daß eigentlich die Träume eher beirrend sind für eine wirkliche Er- kenntnis dieses Schlafzustandes als aufhellend. Dasjenige, was erlebt wird von der Seele, wird von ihr unbewußt erlebt. Ich muß es nun,
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weil ich es aus imaginativer, inspirierter und intuitiver Erkenntnis heraus schildere, Ihnen so schildern, wie wenn es von der Seele bewußt lebt würde; ich werde Ihnen also zu schildern haben die Erlebnisse r Seele vom Einschlafen bis zum Aufwachen so, wie wenn sie bewußt lebt würden; sie werden nicht bewußt erlebt, aber dasjenige was ich schildern werde, wie wenn es bewußt erlebt würde, das wird eben von der Seele erlebt, wenn sie auch nichts davon weiß. Es ist eben ch als Tatsache vorhanden, und als Tatsache wirkt es nicht nur vom nschlafen bis zum Aufwachen, sondern es wirkt herein vor allen engen auch in den menschlichen physischen Organismus und in diesen am meisten während des Wachens. Wir tragen immer während s Tages vom Aufwachen bis zum Einschlafen die Nachwirkungen der Nachterlebnisse in uns, und wenn auch für die äußere Kultur alles wenige von einer großen Bedeutung ist, was der Mensch durch sein wußtsein vollzieht, dasjenige, was im Menschen selber vorgeht, das zum allergeringsten Teile abhängig von seinem Bewußtsein, aber höchsten Grade abhängig von demjenigen, was er unbewußt ert vom Einschlafen bis zum Aufwachen.
Da erleben wir zunächst, wenn die Sinneswahrnehmungen allmählich ganz abgelähmt sind, wenn die Willensimpulse aufhören zu wir, einen undifferenzierten Zustand der Seele. Es ist ein allgemeines, unbestimmtes Erleben, ein Erleben, in dem zwar ein deutliches Zeitühl vorhanden ist, aber das Raumgefühl fast ganz erloschen ist. So wirklich dieses Erleben verglichen werden kann mit einer Art Lwimmen, mit einer Art Sich-Bewegen in einer allgemeinen, unbenmten Weltensubstanz. Man muß eigentlich erst Worte bilden, um jenige auszudrücken, was die Seele da erlebt. Man möchte sagen, Seele erlebt sich wie eine Welle in einem großen Meer, wie eine lle, die aber sich in sich organisiert fühlt, die sich allseitig von dem eigen Meer umgeben fühlt, und die die Wirkungen dieses Meeres so 'sich fühlt, wie man beim Tagesleben in einer bestimmten differenöten Weise die Eindrücke der Farben oder Töne oder der WärmeI1ältnisse fühlt, wahrnimmt und über sie denkt. Aber wie man sich dem Tagesleben als einen in seiner Haut abgeschlossenen Men.n fühlt, sich an einem gewissen Standorte fühlt, so fühlt man sich
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in diesem Augenblick, der auf das Einschlafen folgt - ich sage, man fühlt sich, man erlebt das; ich schildere, wie wenn es bewußt wäre; die Tatsache ist vorhanden, nur das Bewußtsein davon ist nicht vorhanden -, man fühlt sich wie eine Welle in einem allgemeinen Meer, man fühlt sich bald da, bald dort, wie gesagt, das bestimmte Raumempfinden hört eigentlich auf. Aber ein allgemeines Zeitempfinden ist da. Dieses Erleben ist aber verbunden mit dem anderen des Verlassenseins. Es ist etwas wie ein Versinken in einen Abgrund. Der Mensch wäre tatsäcMich, wenn er nicht vorbereitet dazu ist, manchem ausgesetzt, indem er schon dieses erste Stadium des Schlafes bewußt erleben würde, denn er würde es eben schier unerträglich finden, die Raumesempfindung fast ganz zu verlieren, nur in einem allgemeinen Zeitgefühle zu leben, sich so ganz unbestimmt nur eingegliedert zu fühlen wie in einem allgemeinen substantiellen Meer, in dem außerordentlich wenig zu unterscheiden ist, nur zu unterscheiden ist, daß man ein Selbst ist in einem allgemeinen Weltensein drinnen. Man fühlte sich - eben wenn Bewußtsein vorhanden wäre - wirklich wie über dem Abgrund schwebend. Und wiederum verbunden ist mit diesem etwas, was in der Seele auftritt wie ein ungeheueres Bedürfnis nach der Anlehnung an Geistiges, ein ungeheueres Bedürfnis, mit einem Geistigen verbunden zu sein. Man hat gewissermaßen in dem allgemeinen Meer, in dem man schwimmt, jenes Sicherheitsgefühl der Verbundenheit mit den materiellen Dingen der Wachenswelt verloren. Daher fühlt man - man fühlte, wenn der Zustand bewußt wäre - eine tiefe Sehnsucht nach dem Verbundensein mit dem Göttlich-Geistigen. Man kann auch sagen: Man erlebt eigentlich dieses allgemeine Sich-Bewegen in einer undifferenzierten Weltensubstanz wie ein Geborgensein in einem GöttlichGeistigen. - Ich bitte, beachten Sie die Art, wie ich hier schildern muß: ich schildere Ihnen die Sache so, um es noch einmal zu sagen, wie wenn die Seele bewußt erlebte. Sie erlebt so nicht bewußt, aber Sie können sich ja vorstellen, wie, während Sie im wachen Tagesleben bewußt erleben, manches unbewußt in Ihrem Organismus vor sich geht, was eben einfach Tatsache ist. Sagen wir zum Beispiel, Sie erleben eine Freude; ja, währer`d der Freude pulsiert das Blut anders als während der Traurigkeit. Sie erleben die Freude oder die Traurigkeit in Ihrem Bewußtsein, aber
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Sie erleben nicht das Pulsieren des Blutes in dem einen oder dem anderen Zustande. Dennoch ist dieses Pulsieren des Blutes Tatsache. Und so entspricht dem, was ich hier schildere auf der einen Seite, dem, was ich schildere als ein allgemeines Schwimmen in einer undifferenzierten Weltensubstanz und andererseits dem, was ich schildere als ein Gottesbedürfnis, dem entspricht ein Tatsächliches im Seelenleben. Und die imaginative Erkenntnis tut ja nichts anderes, als dieses Tatsächliche ebenso ins Bewußtsein heraufheben, wie das gewöhnliche Tagesbewußtsein der Menschen eben ins Bewußtsein heraufhebt die Blutpulsation, die zugrunde liegt der Freude oder dem Kummer. Die Tatsachen sind vorhanden, und die Tatsachen wirken in das wache Tagesleben herein, so daß in derTat,wenn wir des Morgens aufwachen, wir unseren Organismus dadurch in einer erfrischten Verfassung haben, daß dieses nächtliche Erlebnis sich für unser Seelenleben abgespielt hat. Dasjenige, was in der vom Körper getrennten Seele zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen vor sich geht, das hat eben seine große Bedeutung als Nachwirkung dann während des Wachlebens am folgenden Tage. Und wir würden nicht am folgenden Tage unseren Körper in der richtigen Weise gebrauchen können, wenn wir nicht uns herausgehoben hätten aus der Verbindung mit den äußerlich physisch- sinnlichen Dingen und untergetaucht wären in dieses unbestimmte Erleben, welches ich geschildert habe. Und daß wir im wachen Tagesleben aus der Tiefe unseres Willens so etwas herauftauchen haben wie ein Bedürfnis, dasjenige, was so differenziert um uns herum ist, auf ein Allgemeines zu beziehen, und daß wir das Bedürfnis haben, die Welt des Sinnlichen auf ein Göttliches zu beziehen, das ist eine Nachwirkung dieses ersten Stadiums des Schlafzustandes. Wir können uns fragen: Warum ist denn der Mensch nicht zufrieden damit, daß er einfach die einzelnen Dinge der Welt nebeneinander ansieht während des Wachzustandes, warum ist er denn nicht zufrieden, einfach durch die Welt zu gehen und hinzunehmen Pflanzen, Tiere und so weiter? Warum fängt er an - und das tut ja auch der einfachste Mensch, nicht nur der Philosoph; nebenbei versteht es der einfachste Mensch viel besser als der Philosoph -, warum fängt er an zu philosophieren, wie die Dinge zusammenhängen, warum bezieht er das Einzelne, was er sieht,
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auf ein Allgemeines, warum frägt er, wie das Einzelne in einem allgemeinen Kosmos begründet ist? Er würde es nicht tun, wenn er nicht während des Schlaflebens wirklich lebensvoll in ein solch Unbestimmtes hinein sich lebte. Und er würde auch nicht zu einem Gottgefühle in seinem wachen Zustande kommen, wenn er nicht die entsprechende Tatsache, dieses Gottgefühl, im ersten Stadium seines Schlafzustandes durchmachte. Wir verdanken dem Schlafe gerade für das Innere unseres Menschentums außerordentlich Bedeutsames.
Wenn dann der Mensch seinen Schlaf fortsetzt, so kommt er in andere Stadien hinein, die nicht mehr mit der imaginativen Erkenntnis zu durchschauen sind, sondern zu deren Durchschauung eben inspirierte Erkenntnis notwendig ist. Dasjenige, was da wiederum als Tatsache des seelischen Erlebens auftritt, und was sich im inspirierten Bewußtsein so spiegelt, wie, sagen wir, Blutpulsation in Freude und Kummer, das ist zunächst eine gewisse Zerteiltheit der Seele an möglichst viele Einzelheiten, einzelne Wesenhaftigkeiten. Die Seele zersplittert wirklich ihr Leben in Teile, und diese Zersplitterung ist in Verbindung mit etwas, was, wenn es ins Bewußtsein heraufleuchtet> als Ängstlichkeit erscheint. Nachdem die Seele das durchgemacht hat, was man ein Schweben über dem Abgrunde oder ein Schwimmen in einer allgemeinen Weltensubstanz und eine Sehnsucht nach einem Göttlich-Geistigen nennen kann, gerät sie in eine gewisse Ängstlichkeit, das heißt in etwas, was für das Bewußtsein Ängstlichkeit wäre, wenn es eben bewußt erlebt würde, was im wesentlichen darauf beruht, daß die Seele nicht nur in einer allgemeinen Weltsubstanz schwimmt, sondern gewissermaßen untertaucht in geistig-seelische Einzelwesen, die ein Dasein für sich haben, mit denen die Seele jetzt in eine gewisse Verwandtschaft kommt; so daß sie jetzt eigentlich nicht eine Einheit ist, sondern vieles ist. Dieses Vielessein wird aber eben als Ängstlichkeit erlebt. Und über diese Ängstlichkeit muß der Mensch in einer gewissen Weise hinauskommen.
In der Zeit, die sich abgespielt hat in der ErdenentwickelUng vor dem Mysterium von Golgatha, da gingen von den Mysterienstätten in den verschiedensten Religionsübungen Anweisungen für die Menschheit aus, die schon ihren Weg zu den einzelnen Menschen fanden, wodurch
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die Seelen zu dem, was sie an Gefühlen erleben konnten an der sinnlichen Außenwelt, noch andere eben hinzuerlebten, dadurch, daß sie eben ihre für diese alten Zeiten passenden Gottesvorstellungen hatten. Nun waren in diesen alten Zeiten die Menschen so, daß sie auch während des wachen Tageslebens etwas von einem Hereinscheinen der geistigen Welt in das Bewußtsein hatten. Je mehr wir in der Erdenentwickelung der Menschheit zurückgehen, desto mehr kommen wir darauf, einzusehen, daß die Menschen eine Art Hellsehen gehabt haben in sehr alten Zeiten und dann Nachklänge dieses Hellsehens in späteren Zeiten, daß es für die damaligen Menschen eine innere Anschauung war, daß der Mensch selber, bevor er sein Erdenleben begonnen hat, als seelisch-geistiges Wesen in einem vorirdischen Dasein weilte. Es war nicht etwas, was die Menschen erschlossen hatten, nicht etwas> woran sie bloß glaubten, sondern was für sie eine Gewißheit war, weil sie in ihrem Inneren erlebten etwas, was ihnen geblieben war aus einem vor- irdischen Dasein.
Wenn ich mit einem recht trivialen Vergleich kommen darf, so möchte ich sagen: wenn jemand von seinen Eltern geerbt hat ein gewisses Vermögen, so erkennt er auch, wie dieses Vermögen durch sein un- - mittelbares Dasein in den Lebenslauf eingreift, erkennt er, daß er sich das nicht selbst erworben hat, sondern daß ihm das überkommen ist von seinen Vorfahren. So wußten die Menschen einer älteren Zeit, daß gewisse Erlebnisse in ihrer Seele nicht herkamen von dem, was ihre Augen gesehen hatten, sondern sie erkannten, daß diese Seelenerlebnisse eine Erbschaft sind aus einem vorirdischen Dasein. An diesen Seelenerlebnissen selbst erkannten sie das. Es muß ja immer wiederum betont werden, daß die Menschen im Verlaufe ihrer Entwickelung frei geworden sind von solchen Seelenerlebnissen, daß unser heutiges Zeitalter ein solches ist, wo das gewöhnliche Bewußtsein eben keine derartigen Seelenerlebnisse hat, die sich als Erbschaft erklären ließen aus einem vorirdischen Dasein. Es war also leichter für diese Menschen der älteren Zeit, hingewiesen zu werden von ihren geistigen Führern in den Mysterienstätten darauf, wie sie in der Seele sich in ihren Gefühlen stellen sollten zu dem, was sie so als geistiges Erlebnis in der Seele hatten. Und aus der Kraft, die ihnen dann wurde durch die Impulse, die
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die Menschen bekamen aus den Mysterienstätten heraus, trugen sie nun aus dem gewöhnlichen Tagesleben heraus in das Nachtleben, in das Schlafesleben hinein die Kraft, gegenüber der eben geschilderten Ängstlichkeit Sieger zu bleiben. Die Ängstlichkeit tritt also aus den Tiefen des Schlaflebens heraus auf. Die Kraft, aus dieser Ängstlichkeit heraus sich für den nächsten Tag nicht etwas mitzubringen wie eine allgemeine Abmattung des Organismus, sondern etwas mitzubringen, was eine Frische des Organismus ist, mußte man sich erst ansammeln während des Tageslebens am vorhergehenden Tag; so hängen Tage und Nächte miteinander zusammen. Die Nacht bringt in einem gewissen Stadium des Schlafzustandes die Ängstlichkeit; in diese Ängstlichkeit muß sich hineinergießen die Kraft, die man aus dem religiösen oder religiös gearteten Erleben des Vortages gewonnen hat, und wenn sich dann diese beiden Dinge, dieser Rest aus dem vorigen Tag mit dem ursprünglichen Erlebnis der Nacht vereinigen, dann strahlt in das neue Tagesleben des nächsten Tages die erfrischende Kraft in den Organismus hinein.
Es geht eben für eine wirkliche Geisteswissenschaft nicht mehr an, nur in allgemeinen abstrakten Phrasen davon zu sprechen, daß eine allgemeine göttliche Weltenregierung da ist. Es geht nicht an, die einzelnen Dinge der Welt nur nach ihrem Sinnenschein zu schildern und zu sagen: Nun ja, in diesem Sinnenschein ist eben eine allgemeine Weltenregierung. - Geisteswissenschaft muß ganz im konkreten darauf hinweisen, wie diese göttliche Weltenregierung wirkt. Man kann nicht mehr, wenn man den Aufgaben der Menschheitsentwickelung in die Zukunft hinein gewachsen sein will, bloß sagen, man fühlt sich nach einem gesunden Schlaf erfrischt, Gott habe einem die Erfrischung geschenkt. Man würde an allem Wissenschaftlichen verzweifeln müssen, wenn man auf der einen Seite für die sinnliche Welt eine strenge Wissenschaft suchen müßte, und die Strenge dieser Wissenschaft nicht ausdehnen könnte auf dasjenige, was sich auf das Übersinnliche bezieht; wenn man im Übersinnlichen bloß mit der allgemeinen Phrase drinnen bleiben müßte: nun ja, es liegt eben so etwas wie eine göttliche Weltenregierung zugrunde. Man kommt immer mehr und mehr in das Bestimmte hin~ein, man kann hinweisen darauf, wie diese Ängstlichkeit,
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die in diesem zweiten Stadium des Schlafes auftritt, gewissermaßen durchmischt wird mit der aus dem religiösen Fühlen des Vortages geschöpften, in die Nacht hinein nachwirkenden Kraft, und daraus wiederum die Erfrischungskraft für den physischen Organismus des nächsten Tages wird. DadUrch bekommt man immer mehr und mehr eine Einsicht, wie das wirklich Geistige in dem wirklich Physischen drinnen lebt, während man für die heute geltenden Erkenntnismittel nur einen physischen Inhalt hat und allgemeine Redensarten, daß in diesem physischen Inhalt oder über diesem physischen Inhalt auch etwas Geistiges lebt. Die Menschheit wird aber in ihrer Kultur lmmer mehr und mehr herunterkommen, wenn sie sich nicht bequemt, die Strenge, die man für das Anschauen der äußeren Welt und Erkenntnis hat, auch auszudehnen auf die geistige Welt. Und nun merkt man, wenn man mit dem inspirierten Bewußtsein diese Stadien des Schlafes von dem ersten in das zweite Stadium weiter verfolgt, daß dann das innere Erleben der Seele etwas ganz anderes wird, als es im Tagesleben war.
Nun, man kann es auch durch die gewöhnliche Naturwissenschaft erkennen, wenn man sie nur konsequent durchführt, wie man im Seelischen drinnensteckt im Atmungsvorgang, im Blutzirkulationsvorgang, in dem den Blutzirkulationsvorgang durchziehenden Ernährungsprozeß, man kann fühlen, daß etwas vorgeht, wenn man sich bewegend anstrengt und so weiter. Man fühlt das Seelisch-Geistige verbunden mit körperlichen Verrichtungen, und wenn man den Atmungsvorgang etwa schildert oder den Blutzirkulationsvorgang, dann weiß man: man schildert etwas, in dem während des wachen Tageslebens das seelische Erleben drinnensteckt. Das seelische Erleben vom Einschlafen bis zum Aufwachen steckt nicht im Sinnlichen drinnen, aber es ist auch ein ganz bestimmtes Innenleben, ein solches Innenleben, das ebenso bezogen werden kann auf etwas, wie das Tagesinnenleben bezogen werden kann auf das Atmungsleben oder Blutzirkulationsleben. Und da stellt sich heraus, daß dieses nächtliche Innenleben zusammenhängt mit einer inneren Kräfteentwickelung, die vergleichbar ist mit der Kräfteentwickelung des Atmens und der Blutzirkulation, mit einer Kräfteentwickelung, die ein Nachbild ist der Planetenbewegungen unseres
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Planetensystems. Merken Sie wohl, ich sage nicht, daß w`ir jede Nacht vom Einschlafen bis zum Aufwachen in den Planetenbewegungen drinnenstecken oder mit ihnen verbunden sind, sondern wir stecken in etwas drinnen, was eine Nachbildung ist, gewissermaßen eine Miniatur von unserem planetarischen Kosmos respektive seinen Bewegungen. Wie man also beim Tagesseelenleben in der Blutzirkulation drinnensteckt, so steckt man beim Nachtseelenleben in etwas drinnen, was eine Nachbildung ist unserer Planetenbewegungen unseres Sonnensystems. Wenn man sagt für den Tag: Es zirkulieren in einem die weißen Blutkörperchen, es zirkulieren in einem die roten Blutkörperchen, es kreist in uns die Atmungskraft, durch die wir einatmen, ausatmen -, so muß man für das nächtliche Seelenleben sagen: Es kreist in uns ein Nachbild der Merkur-, ein Nachbild der Venus-, ein Nachbild der Jupiterbewegung. - Ein kleiner planetarischer Kosmos ist gewissermaßen unser Seelenleben vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Unser Leben wird aus dem Persönlich-Menschlichen ein Kosmisches vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Und die inspirierte Erkenntnis kann dann finden, wie, wenn wir abends ermüdet sind, zunächst dasjenige, was am Vortage die Kräfte waren, die das Blut in Pulsation erhalten haben, durch sein eigenes Beharrungsvermögen die Vitalität in der Nacht aufrechterhalten kann, wie es aber braucht, damit es wiederum Tagesseelenleben werden kann, den Anstoß, der aus dem Erleben eines Nachbildes des planetarischen Kosmos in der Nacht kommt. Mit dem Aufwachen wird in uns eingepflanzt, eingeimpft die Nachwirkung desjenigen, was wir an den Nachbildungen der Planetenbewegungen vom Einschlafen bis zum Aufwachen erlebt haben. Das ist es, was den Kosmos verbindet mit unserem individuellen Leben. Beim Aufwachen morgens könnte nicht in uns einstrahlen in einer richtigen Weise, so daß das Bewußtsein richtig vorhanden ist, dasjenige, was wir als Kräfte brauchen, wenn wir nicht diese Nachwirkung der nächtlichen Erlebnisse hätten.
Sie können schon daraus ersehen, wie wenig es richtig ist, wenn manche Leute über Schlaflosigkeit in einer unerhörten Weise klagen. Das ist nämlich gewöhnlich eine außerordentlich starke Selbsttäuschung. Aber darauf will ich jetzt nicht eingehen, denn diejenigen, die dieser Selbsttäuschung
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unterliegen, glauben ja das doch nicht; sie glauben, sie sind wirklich nicht in einem Schlafe, während sie eben nur in einem abnormen Schlafe sind, durch den sie glauben, daß ihre Seele nicht außerhalb ihres Leibes ist und das planetarische Dasein erlebt. Sie sind in einem Zustande, der allerdings dumpf ist, der aber doch gestattet, dasselbe zu erleben, was ein anderer erlebt bei einem gesunden Schlaf. Doch, wie gesagt, auf diese Ausnahmen will ich jetzt nicht eingehen.
Im allgemeinen ist es für den Menschen so, wie ich esöjetzt schildere, daß also der Mensch ein kosmisches Leben durchlebt im zweiten Stadium seines Schlafes. Ich habe Ihnen angedeutet, daß in alten Zeiten vor dem Mysterium von Golgatha aus den Mysterienstätten die Impulse hervorgingen, wodurch der Mensch die Kraft bekam, aus der Angstlichkeit herauszukommen, gewissermaßen der Zersplitterung zu widerstehen und nun in einer gesunden Weise das durchzumachen, was er eben durchmachen muß. Diese Kraft bewirkte nämlich, daß man in das Planetenerlebnis hineinkam und nicht bei dem Zersplitterungserlebnis blieb. Die Ängstlichkeit kam aus dem Zersplitterungserlebnis; das Erlebnis, in den Planeten zu sein, das wurde einem dadurch, daß man eben die geschilderte Kraft aus dem Erleben des vorangehenden Tages mitnahm. Seit dem Mysterium von Golgatha haben die Menschen die Möglichkeit, durch Hinlenkung ihrer Seele auf die Ereignisse dieses Mysteriums von Golgatha die Kraft zu gewinnen, die vorher in der geschilderten Weise durch die Mysterien gegeben worden ist. Wer in der Tat das Mysterium von Golgatha seelisch-innerlich in der richtigen Weise durcMebt, dem wird der Christus ein starker Führer im Momente, wo die Seele in das Gebiet der Ängstlichkeit in der Zeit vom Einschlafen bis zum Aufwachen eintritt, sodaß die neuere Menschheit durch das Christus-Erlebnis dasjenige hat, was eine ältere Menschheit aus den Mysterien heraus hatte.
Aus diesem Stadium des Schlafes, das ich eben geschildert habe, tritt dann der Mensch in dasjenige ein, was ich Ihnen jetzt wohl in einfacherer Weise benennen darf gewissermaßen als die früheren, weil Sie es mir schon nicht übelnehmen werden, wenn ich von solchen Dingen spreche, nachdem ich etwas mehr haltgemacht habe bei dem planetarischen Erlebnis: der Mensch hat nach dem planetarischen Erlebnis
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das Fixsternerlebnis. Nachdem er im zweiten Stadium des Schlafes im Nachbilden der Planetenbewegungen gelebt hat, lebt er jetzt in den Konstellationen der Fixsterne, vorzugsweise in Nachbildungen der Konstellationen der Fixsterne des Tierkreises. Dieses Erleben der Konstellationen der Fixsterne des Tierkreises ist eine sehr reale Tatsache während des dritten Stadiums des Nachtlebens. Da beginnt dann der Mensch auch zu erleben den Unterschied zwischen der Sonne als einem Planeten und einem Fixsterne. Den Menschen ist heute gar nicht klar, warum in älteren Astronomien die Sonne zugleich als ein Planet gegolten hat und doch auch in gewissem Sinn als ein Fixstern. Während des zweiten Stadiums des Schlafes hat die Sonne wirklich für dieses Erleben planetarische Eigenschaften. Man lernt kennen ihre ganz besonders ausgezeichnete Stellung zum Erleben des Menschen auf der Erde. Man lernt also die Sonne kennen auch in ihrer Konstellation zu den anderen Konstellationen der Sternbilder, sagen wir also des Tierkreises. Kurz, man lebt sich hinein in den Kosmos noch in einer intensiveren Weise, als das für das vorhergehende Stadium des Schlafes der Fall war. Man bekommt das Fixsternerlebnis, und aus diesem Fixsternerlebnis erhält der Mensch eben noch tiefere, bedeutsamere Impulse für das Erleben des nächsten Tages, als er aus dem bloßen Planetenerlebnis haben kann. Aus dem Planetenerlebnis bekommt man, wenn ich mich so ausdrücken darf, die Durchfeuerung des Atmungsprozesses und des Blutzirkulationsprozesses; daß aber diese Prozesse substantiell sind, daß sie durchsetzt werden von dem, was sie brauchen, von Substanz, daß also diese Prozesse fortwährend Ernährungsprozesse des Organismus auch sind, dieses Forttreiben der Nahrungsmittel durch den Organismus, das ja scheinbar das Materiellste ist, das aber aus höheren Kräften heraus ist als die bloße Bewegung der Blutzirkulation, dieses Erlebnis beruht in seiner Anfeuerung für das Tagesleben auf einem Nachwirken des Fixsternerlebnisses. Wie wir als physische Menschen abhängig sind in unserem Geistig-Seelischen von der Art und Weise, wie diese oder jene Stoffe in uns zirkulieren, das hängt, wenn ich mich so ausdrücken darf, mit höchsten Himmeln zusammen, das hängt damit zusammen, daß wir als geistig-seelische Wesen im dritten Stadium des Schlafes in uns fühlen Nachbilder der Fixsternkonstellationen,
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wie wir bei Tag im Wachen in uns fühlen den Magen oder die Lunge. Wie bei Tag unser Körper ist auf der einen Seite ein innerlich bewegter, erfüllt von .Atmungsbewegungen, Zirkulationsbewegungen, so ist in der Nacht unsere Seele, unser Substantielles in der Seele etwas, was innerlich Nachbilder der Planetenbewegungen hat. Und so wie wir bei Tag in uns den Magen, Lunge, Herz haben, so haben wir bei Nacht die Konstellationen der Fixsterne; die sind unser Inneres dann. So wird der Mensch wirklich während des Schlafzustandes zum kosmischen Wesen. Dieses dritte Stadium des Schlafes ist das tiefste; aus ihm kehrt der Mensch allmählich wieder zurück in das Tageswachen. Warum kehrt er zurück? Der Mensch würde in das Tageswachen nicht zurückkehren, wenn nicht Kräfte in seiner Seele Platz greifen würden, die ihn wieder hereinführen in seinen physischen Organismus.
Nun, ich habe Ihnen von den verschiedensten Aspekten aus geschildert, wie man diese Kräfte ansprechen kann; ich will sie Ihnen heute vom kosmischen Aspekt aus schildern. Lernt man durch In- tuition kennen das Fixsternerlebnis, dann lernt man auch kennen, wie die Kräfte, die den Menschen wiederum hereinführen in den physischen Organismus, die Mondenkräfte sind, das heißt dasjenige, was im Geistigen dem entspricht, was als physisches Abbild als Mond erscheint. Das hängt natürlich nicht davon ab, ob jetzt Vollmond ist oder so etwas, sondern der Mond kann auch durch die Erde durchscheinen in geistiger Beziehung. Es hat zwar etwas zu tun mit den Metamorphosen, die in der Sichtbarkeit des Mondes sich äußern, aber das würde auf viel feinere Unterscheidungen führen, die wir heute nicht besprechen wollen. Es sind im allgemeinen die Mondenkräfte, die den Menschen wiederum zurückführen. Man könnte sagen, der Mensch ist immer durchdrungen, so wie er durchdrungen ist als Seele vom Einschlafen bis zum Aufwachen von den planetarischen Kräften, von den Kräften, die in den Konstellationen der Fixsterne sich offenbaren, wie er da durchdrungen ist und durchdrungen bleibt, weil diese Dinge nachwirken im Tagwachen, so ist der Mensch immerfort durchdrungen von dem, was im Kosmos als geistige Kräfte dem physischen Monde entspricht. Diese Mondenkräfte sind es, die uns zurückführen. Es ist ein außerordentlich komplizierter Vorgang in Wirklichkeit;
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wenn wir ihn auf irgendeine Weise ausdrücken wollen, möchte ich so sagen: Nicht wahr, wenn wir ein Elastikum ausdehnen, dann geht das bis zu einem gewissen Punkte, dann geht es wieder zusammen; so dehnen wir gewissermaßen die Mondenkräfte aus bis zu einem gewissen Punkte, wo wir wiederum zurück müssen. Das ist erreicht im dritten Stadium des Schlafes, und wir werden durch die Mondenkräfte, die überhaupt mit dem Hereinführen des Geistig-Seelischen in die physische Welt innig zusammenhängen, wiederum Stadium für Stadium zurückgeführt; vom dritten Stadium durch das zweite Stadium, durch das erste Stadium wiederum zurückgeführt.
Sehen Sie, alles dasjenige, was der Mensch in seinen Vorstellungs und Empfindungskräften während des Tagwachens als Initiativkräfte tragen kann, alles das ist Nachwirkung des Fixsternerlebnisses während der Nacht. Alles dasjenige, was der Mensch in seinen Vorstellungs- und Empfindungskräften tragen kann als Kombinationskräfte, als Weisheitskräfte, als Klugheitskräfte, das ist Nachwirkung des planetarischen Erlebnisses. Aber dasjenige, was da aus dem Kosmos vom nächtlichen Erleben hereinstrahlt in das Tagesleben, das muß durchaus auf dem Umweg des Körpers kommen. Das Fixsternerlebnis zuckt in unser Tagesleben herein auf dem Umwege durch die Umwandlung der Nahrungsmittel. Unsere Nahrungsmittel würden nicht so in das Gehirn kommen, daß sie uns befähigen würden Initiativkräfte zu entwickeln, wenn nicht dieser ganze Prozeß angefeuert würde durch dasjenige, was wir nächtlich erleben durch das Fixsternerlebnis. Und wir würden nicht vernünftig denken können, wenn wir nicht in unsere Atmungszirkulation, in unsere Blutzirkulation während des Tages die Nachwirkungen hereinbekämen von dem planetarischen Erleben während der Nacht.
Richtig sind solche Dinge immer nur im großen und ganzen, und wenn bei Leuten, die sehr stark an Schlaflosigkeit leiden, scheinbar solche Tatsachen durchkreuzt werden, so hat man dann die Aufgabe, die entsprechenden Abnormitäten zu erklären. Sie sprechen nicht, wenn man sie wirklich durchschaut, gegen diese Wahrheiten. Aber diese Wahrheiten, die im großen und ganzen richtig sind, geben erst eine Möglichkeit, das einzelne wirklich wesenhaft zu erklären. Ein
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wirkliches Erkennen der menschlichen Wesenheit ist nur möglich, wenn man sich im weitesten Umfange bewußt wird der Tatsache, daß der Mensch nicht nur in seinem physischen Körper innerhalb seiner Haut lebt, sondern daß er in der ganzen Welt lebt. Das Leben in der ganzen Welt verhüllt sich nur dem gewöhnlichen Bewußtsein, weil es für das Tagwachen sehr abgedämpft ist. Wir erleben höchstens in der allgemeinen Lichtempfindung etwas nach von dem, was unsere Teilnahme ist an dem Sein eines allgemeinen Kosmos. Vielleicht noch in anderen, aber sehr dumpfen Gefühlen hat der Mensch zwischen dem Auf- wachen und dem Einschlafen etwas von einem Sich-drinnen-Fühlen im Kosmos. Aber alles das so Gegebene schweigt, damit der Mensch sein individuelles Bewußtsein vom Aufwachen bis zum Einschlafen entwickeln kann, damit er da nicht gestört werden kann von alledem, was in sein Erleben hereinspielt von dem Kosmos. Während der Nacht ist es gerade umgekehrt. Da hat der Mensch als sein Erleben ein kosmisches Erleben, allerdings das Nachbild eines kosmischen Erlebens, aber eben das getreue Nachbild, so wie ich es ja angedeutet habe. Da hat der Mensch eben wirklich ein kosmisches Erleben, und weil der Mensch dieses kosmische Leben durchmachen muß, deshalb wird sein Tagesbewußtsein abgedämpft und abgelähmt.
Die Zukunftsentwickelung der Menschheit wird darin bestehen, daß der Mensch immer mehr und mehr sich in den Kosmos einlebt, und daß einstmals er die Zeit herbeiführen wird, in der er mit seinem Bewußtsein sich fühlt in Sonne, Mond und Sternen, so wie er sich jetzt mit seinem Bewußtsein auf der Erde fühlt. Dann wird er aus dem Kosmos auf die Erde sehen> wie er jetzt schaut von der Erde in den Kosmos hinein in seinem jetzigen Wachzustande. Aber das Anschauen wird eben ein wesentlich anderes sein.
Wenn jemand ehrlich im ganzen Umfange an Entwickelung festhalten will, so muß er sich auch bewußt werden, daß das Bewußtsein des Menschen selber einer Entwickelung unterliegt, daß das Körperbewußtsein, das der Mensch im gegenwärtigen Stadium hat, ein Durchgangsstadium ist zu einem anderen Bewußtsein, das ja auch nichts anderes ist als die seelische Spiegelung von Tatsachen, aber die Tatsachen, die erlebt der Mensch schon heute jede Nacht; er braucht sie,
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weil sie in ihrer Nachwirkung allein sein Tagesleben wirklich tragen können. Die Weiterentwickelung wird darin bestehen, daß der Mensch dasjenige, was heute sein Unbewußtes ist, auch während des normalen Lebens als ein Bewußtes haben wird; aber notwendig ist dazu, daß der Mensch allerdings in die Geisteswissenschaft sich hineinfindet, denn geradeso wie man in einem gewissen Sinne doch eine Richtung haben muß, wenn man irgendwohin schwimmt, so braucht man auch für das heutige gewöhnliche Bewußtsein eine Richtung. Man kann nicht einfach sich tragen lassen, wie es für die Mittel der gewöhnlichen Erkenntnis der Fall ist. Man braucht eine Richtung. Diese Richtung kann einzig und allein nur die anthroposophische Geisteswissenschaft selber geben, weil sie, soweit es für heute notwendig ist, enthüllt dasjenige, was im Menschen heute schon lebt, was dem Menschen heute nur noch nicht bewußt ist. Er muß es ins Bewußtsein hereinbekommen, er würde sonst keinen wirklich kosmischen Fortschritt erleben.
Damit habe ich Ihnen heute einen Teil von demjenigen geschildert, was heute in dem Müllkasten der Erkenntnis hineingeworfen wird In den Begriff des Unbewußten. Bei meinem nächsten Vortrag werde ich ebenso zu schildern versuchen die Erlebnisse des Menschen, die hinter Geburt und Tod liegen, wie ich Ihnen heute die unbewußten Zustände während des Schlafzustandes geschildert habe.
ÜBER DAS GEISTIG-SEELISCHE DES MENSCHEN ZWISCHEN TOD UND NEUER GEBURT Zweiter Vortrag, Stuttgart, 14. Oktober 1922
#G218-1992-SE029 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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ÜBER DAS GEISTIG-SEELISCHE DES MENSCHEN
ZWISCHEN TOD UND NEUER GEBURT
Zweiter Vortrag, Stuttgart, 14. Oktober 1922
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Ich habe das letzte Mal hier zu Ihnen gesprochen von einem Gebiet des unbewußten Lebens, das heißt desjenigen Lebens, das für das gewöhnliche Bewußtsein des Menschen, so wie er es heute im Erdendasein hat, unbewußt bleibt. Ich habe gesprochen über den Charakter des Schlafeslebens, und versucht, Ihnen im einzelnen ganz konkret zu schildern, was die menschliche Seele vom Einschlafen bis zum Aufwachen erlebt. Sie haben vielleicht erkennen können, daß diese Erlebnisse der Menschenseele zwischen dem Einschlafen und Aufwachen deutliche Offenbarungen sind des ewigen, unvergänglichen Lebens der Menschenseele, weil Sie haben sehen müssen, daß dasjenige, was die Seele durchmacht im Schlafzustande, durchaus Erlebnisse aus der geistigen Welt heraus sind. Und Sie wissen ja, daß die Erkenntnisse solcher übersinnlicher Erlebnisse gewonnen werden können durch das, was ich Ihnen hier öfters mündlich und was ich schriftlich dargestellt habe in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», in meiner «Geheimwissenschaft im Umriß» und so weiter. Sie wissen, daß das, was als Erkenntnis im gewöhnlichen Bewußtsein des Menschen vorhanden ist, entwickelt werden kann zu der sogenannten imaginativen, inspirierten und intuitiven Erkenntnis. Solche Erlebnisse, wie sie die Seele unbewußt im Schlafe hat, werden gewissermaßen beleuchtet durch diejenige Kraft, welche die erkennende Menschenseele sich erwerben kann, wenn sie sich zur Imagination, Inspiration und Intuition hinaufentwickelt. Durch dieselbe Entwickelung ist es aber auch möglich, denjenigen Teil des unbewußten menschlichen Erlebens bis zu einem gewissen Grade zu durchforschen, von dem das Schlafesleben nur ein Abglanz, ein Abbild ist, denjenigen Teil, aus dem die Menschenseele austritt, wenn sie durch Geburt, oder sagen wir Empfängnis, in das physische Erdendasein eintritt, und den sie wiederum betritt, wenn sie durch den Tod aus diesem physischen Erdendasein sich herauslöst. Und ich werde Ihnen heute wenigstens andeutungsgemäßeiniges
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zu schildern haben von dem, was hinter den Ereignissen der Geburt oder Empfängnis und des Todes für das seelisch-geistige Menschenleben steht.
Gelangt der Mensch zunächst zur imaginativen Erkenntnis - diese selbst will ich hier nicht schildern, ich tat dies oftmals, auch wie sie erworben werden kann -,so ist ja das erste, daß sein physisches Erden- leben wie in einem großen Tableau als eine Einheit vor ihm ausgebreitet liegt. Im gewöhnlichen physischen Bewußtsein hat der Mensch sein Erdenleben nur als Erinnerung in seiner Seele vorhanden. Was ist darum die Erinnerung? Sie ist etwas, das in Bildern besteht, in Bildern, die allerdings durch ihre eigene innere Wesenheit hinweisen auf die Erlebnisse, die der Mensch seit seiner Geburt oder seit einem Zeitpunkte, der etwas darnach liegt, durchgemacht hat. Aber es sind doch Bilder, von denen aus den Erkenntnissen des gewöhnlichen Menschenlebens, so wie es heute der Mensch auf Erden hat, nicht gesagt werden kann, daß sie unabhängig vom Leibe ein Dasein zu entfalten imstande sind. Die heutige physische Wissenschaft hat ja durchaus recht, wenn sie den Menschen hinweist darauf, wie diese Erinnerungsbilder abhängig sind von der Konstitution des physischen Leibes. Sie hat recht, wenn sie darauf hinweist, wie diese Erinnerung in den allerersten Lebensjahren für den Menschen noch nicht vorhanden ist, wie sie sich heranentwickelt mit dem physischen Organismus, wie sie auch wieder heruntersinkt, wenn der physische Organismus des Menschen selbst seiner Abendröte ent-gegengeht. Und sie kann auch aus gewissen Krankheitserscheinungen, aus Untersuchungen des physischen Organismus bei erkrankten Menschen nach dem Tode konstatieren, wie der Ausfall des Gedächtnisses bedingt ist durch gewisse physische Organisationsglieder. Gewiß, die Wissenschaft ist in solchen Dingen heute nicht zu einem Abschluß gekommen; aber derjenige, der in den Geist der betreffenden physisch- wissenschaftlichen Ergebnisse eindringt, kann schon durchschauen, wie einmal doch der Zeitpunkt kommen wird, wo für die gewöhnlichen Erinnerungsbilder wird aufgezeigt werden können, wie sie gebunden sind an den physischen Menschenorganismus. Aber das, was wir so in Rückblick auf unser Leben, gewissermaßen aus dem Strome dieses Erlebens, den wir rückwärts anschauen, wie als einzelne Erinnerungs
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bilder heraufwogend haben, das ist nicht gemeint, wenn gesagt wird, daß imaginative Erkenntnis das Erdenleben des Menschen, insofern es ein geistig-seelisches ist, in einem großen Tableau vor sich hat. Dasjenige, was man da in der imaginativen Erkenntnis überschaut, sind wahrlich nicht solche abstrakte Erinnerungsbilder, wie sie das gewöhnliche Gedächtnis bewahrt. Es stellt sich vielmehr vor die imaginative Erkenntnis ein in sich tätiges, organisches Erleben, das nicht bloß jene Passivität hat, wie die Erinnerungsbilder, sondern das eine innerliche Kraft hat, wie die Wachstumskräfte, die in unserem Organismus tätig sind, wenn wir die Stoffe der Außenwelt, die wir zu unserer Nahrung aufnehmen, auf eine - nun, man darf schon sagen - wunderbare Weise in dasjenige verwandeln, was wir brauchen, damit es unseren Organismus konstituiere. Was da schaffend, schöPfend in uns lebt und webt, das ist etwas anderes als dasjenige, was auf eine mehr passive Weise bloß in unseren Erinnerungsbildern ist. Schauen Sie hin auf die Gedanken. Sie durchhellen unser Bewußtsein; gewiß, wir verdanken dem Gedankenleben innerhalb unseres Erdendaseins Unendliches. Wir werden durch es eigentlich erst zu Menschen und werden uns durch diese Gedankenbilder unserer Menschenwürde erst voll bewußt. Aber es sind eben doch flüchtige Bilder, gebunden an den physischen Menschenorganismus, wie die Flamme an den Brennstoff der Kerze. Das, was der imaginative Erkenner überschaut als das geistig-seelische Leben, das zugrunde liegt dem physischen Erdendasein, dasjenige, was er über-schaut als ein wunderbares großes Tableau, das ist nichts Passives, das ist ein innerlich Lebendiges, das ist ein solches, das uns zwar geistigseelisch entgegentritt, von dem wir aber durch unmittelbare seelische Anschauung ebenso wissen, wie es ist, wie wir durch das Auge wissen, was ein rot gefärbter äußerer Gegenstand ist. Und wir können sagen in der imaginativen Erkenntnis, daß wir nicht nur Gedanken haben, die aufblitzen in unserem Bewußtsein, sondern daß wir uns geradezu bewußt werden solcher Kräfte, die an unserem Organismus arbeiten.
Es ist mir ja, ich möchte sagen, geradezu wie eine Absurdität übelgenommen worden, daß ich einmal in meinem Büchelchen «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit» es ausgesprochen habe, daß alle Weisheit des erwachsenen Menschen nicht so viel vermag als
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die Weisheit des kleinen Kindes, die allerdings unbewußt in diesem kleinen Kinde lebt; allein man sehe hin mit der ausgebildetsten, mit der gelehrtesten Menschenerkenntnis auf die Art und Weise, wie ein menschliches Gehirn, wie ein menschlicher ganzer Organismus ist in den ersten menschlichen Lebensjahren, und man sehe hin, wie eigentlich der Mensch erst innerlich sich bildet. Alle Tätigkeit selbst des genialsten Bildhauers ist ein Geringfügiges gegen das, was aus dem innerlich Geistig-Seelischen kraftvoll in plastischer Tätigkeit durch das Kind ausgeführt wird, indem es sein Gehirn plastisch ausbildet. Wer dieses bedenkt und durchschaut, bekommt erst eine richtige Anschauung von der hier waltenden, geheimnisvollen Weisheit, von einer Weisheit, die eine kraftvolle ist, nicht nur eine solche, die in einem Menschenkopfe bewahrt wird, um sich über die Welt aufzuklären, sondern von einer Weisheit, die in sich einen Kräfteorganismus geistig- seelischer Art enthält, der gewissermaßen stündlich weiter die äußere Organisation des Kindes durchdringt und es erst zum vollen Menschen macht. Versuchen Sie nur einmal, im Geiste sich ein flüchtiges Bild von dem zu machen, was da arbeitet weisheitsvoll und großartig so, daß der Mensch eben durchaus nicht mit seinem Verstande und seiner intellektualistischen Weisheit nachkommen kann, was da arbeitet in dem Kinde, was lange Jahre arbeiten muß aus dem Unbewußten heraus, zum Beispiel noch den Wunderbau der menschlichen Sprache dem Menschen eingliedert, versuchen Sie einmal sich ein Bild zu machen - allerdings wird es nur ein abstraktes Bild werden - von diesem weisheitsvollen Wirken bis herauf zu dem Zeitpunkte, wo der Mensch sich soweit bewußt wird, daß er sich seines Verstandes bedienen kann. Dann, möchte ich sagen, schafft dieser Verstand eine ephemere Weisheit nach jener Weisheit, die den Menschen zuerst aus innersten Weltenkräften heraus gebildet hat. Aber wir müssen uns auch klar sein, daß, wenn wir, ich möchte sagen, in der Oberschicht unseres Wesens den menschlichen intellektuellen Verstand ausbilden, in den Unterschichten unserer menschlichen Wesenheit fortwaltet dasjenige, was in der Kindheit weisheitsvoll als ein wundervoller Plastiker unseren Organismus ausgestaltet. Dasjenige, was da so zugrunde liegt als ein System, als ein Organismus von Kräften, das überschaut in einem einheitlichen
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Tableau die imaginative Erkenntnis. Diese imaginative Erkenntnis also hat nicht vor sich abstrakte Erinnerungsbilder, von denen man nicht sagen kann, ob sie sich erhalten, wenn der Organismus in seine Elemente zerfällt, weil sie an diesen Organismus gebunden sind, sondern diese imaginative Erkenntnis hat dasjenige Systeen von Kräften vor sich, das diesen Organismus aufbaut, also nicht an ihn gebunden ist, das so wenig wie die schaffende geniale Kraft des Bildhauers etwa gebunden ist an den Stoff. Damit der Stoff werden kann, was er wird, muß erst die bildende Kraft des Bildhauers darüber kommen. Damit der Mensch werden könne als physischer Organismus, was er ist im Erdendasein, müssen diese durchaus außerphysischen, übersinnlichen Kräfte als eine hinter dem physischen Dasein des Menschen waltende geistig-seelische Organisation zugrunde liegen.
Das ist das erste, was wir uns aneignen als eine Anschauung, wenn wir zur imaginativen Erkenntnis aufsteigen.
Aber in demselben Momente, wo wir in der Lage sind, also dasjenige, was als ein Geistig-Seelisches während unseres Erdendaseins in uns wirkt, was nicht nur unabhängig ist von dem physischen Organismus, sondern diesen physischen Organismus selber erst in seiner Gestaltung bewirkt, in demselben Momente, wo wir uns dazu aufschwingen, werden wir auch fähig, von unserem Erdendasein ebenso ab- zusehen - wenn ich mich eines logischen Ausdruckes bediene -, von ihm zu abstrahieren, wie wir abstrahieren können von einem Gedanken im physischen Leben. Wir müssen uns durch diejenigen Meditationsübungen, von denen ich oftmals zu Ihnen gesprochen habe, diese Kraft erringen, nicht nur von einem Gedanken absehen zu können, nicht nur einen Gedanken unterdrücken zu können, sondern das, was wir uns erst kräftiglich erworben haben in Anschauung des Geistig-Seelischen im physischen Erdendasein, dieses kraftvolle Gedankentableau tilgen zu können in unserem Bewußtsein. Dann aber, wenn wir also in der Lage sind, ich möchte sagen, in einer erkennenden Selbstlosigkeit, in einem erkennenden Altruismus austilgen zu können auch aus unserer inneren Anschauung das, was wir geistig-seelisch während des Erdenlebens sind, dann tritt vor unserem Bewußtsein erst unser wahrhaft geistig-seelisches Ewiges auf, dann tritt
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vor unserem Bewußtsein auf als ein konkretes geistig-seelisches Wesen dasjenige, was wir waren, bevor wir aus geistig-seelischen Welten heruntergestiegen sind in das physische Erdendasein. Wir lernen uns anschauen als geistig-seelische Menschenwesenheit im vorirdischen Dasein. Und wir lernen nicht nur in allgemeinen abstrakten Ausdrücken über dieses vorirdische Dasein sprechen, sondern wir lernen es anschauen in seiner Entwickelung, und einiges von dieser Entwickelung habe ich Ihnen heute zu schildern.
Sehen Sie, wenn wir hier im Erdenleben sind, da fühlen wir uns, wenn wir von uns sprechen, verbunden mit unserem physischen Leibe; in unserem Wachzustande fühlen wir uns mit diesem physischen Leibe verbunden. Es mag das Verbindungsgefühl mit dem physischen Leibe ein noch so dumpfes sein, es ist vorhanden, es zeigt sich ja insbesondere dann, wenn in diesem physischen Leibe krankhaft etwas nicht in Ordnung ist. Dann fühlen wir nicht nur den physischen Leib im allgemeinen in einer dumpfen Lebensempfindung, sondern auch nach seinen einzelnen Gliederungen. Wir fühlen unter Umständen unsere Lunge, unseren Magen, unser Herz, unsere Kopforgane. Im gewöhnlichen Leben ist das eben alles eingetaucht in eine dumpfe Lebensempfindung; allein, der Mensch hat, wenn er nicht sein ganzes Leben hindurch ausschließlich gesund ist, einmal auch immer Gelegenheit, zu erfühlen seine einzelnen Organe. Kurz, der Mensch fühlt sich während seines tagwachenden Bewußtseins zwischen Geburt und Tod im Erdenleben,indem er sich in seinem Wesen empfindet, zusammengehörig mit seinem physischen Leibe, mit alledem, was innerhalb seiner Haut eingeschlossen ist. In dem Augenblick aber, wo der Mensch nicht mit seinem physischen Erdenleben verbunden ist, in jenen Zeiten, in denen er ein geistig-seelisches Dasein vor dem Betreten seines physischen Erdendaseins hat, fühlt er nicht als sein Innerliches selbstverständlich dasjenige, was sein physischer Leib oder dessen Glieder sind, aber er hat auch dann ein Innerliches. Ich mußte es Ihnen schon andeuten, wie die Seele innerlich Bilder erlebt zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen, wenn ihr diese Bilder auch nicht bewußt werden. Aber in jenem Zustande, in dem die Seele war, bevor sie aus dem geistig-seelischen Dasein heruntergestiegen ist in das physische Erdendasein, da
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hatte sie das Bewußtsein einer anderen Innerlichkeit. Dieses Bewußtsein einer anderen Innerlichkeit ist nur verdeckt, nur verhüllt dadurch, daß in unserem physischen Erdendasein unser physischer Leib auch Erkenntnisorgan wird. Und er verdunkelt das Hereinschauen der Seele, das nur vorhanden ist, wenn die Seele körperfrei ist. Aber das, was dann die Seele als ihre Innerlichkeit erlebt, ist jetzt eben nicht dasjenige, was innerhalb der Haut des physischen Leibes eingeschlossen ist, sondern es ist dasjenige, was die Organisation des Kosmos ist. Und so wahr der Mensch hier in diesem physischen Erdendasein als Erdenmensch verbunden ist mit seiner Lunge, mit seinem Magen, mit seinem Herzen, mit seinen übrigen Leibesorganen, so ist er im übersinnlichen Dasein verbunden mit dem, was sonst als die äußere Welt des Kosmos unseren Augen, unseren übrigen Sinnesorganen erscheint. Was im Erdendasein für uns Außenwelt ist, das ist für uns Innenwelt, wenn wir im außerirdischen Dasein vorhanden sind. Und wir schauen auf das Erdendasein wie auf eine Außenwelt herab aus dem übersinnIichen Dasein, das wir verbringen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Und wie wir hier, ich möchte sagen, eingefleischt sind in unsere Lunge, in unser Herz und so weiter, so sind wir eingekörpert, bevor wir herabsteigen zum physischen Erdenleben, in dasjenige, was uns im äußeren Abglanz erscheint in den Planetenbewegungen, in den Konstellationen der Fixsterne, als Kräfte, die eben den Kosmos durchwallen und durchweben. Dasjenige, was kosmische Außenwelt ist während unseres Erdendaseins, ist unsere Innenwelt, wenn wir im außerirdischen Dasein sind.
Es darf Sie der Gedanke nicht beirren, daß ja die äußere Welt für die Erdenmenschen, die verschiedene Körper haben, eine einzige ist; das ist ja gerade das Bedeutungsvolle, daß wir eine gemeinsame Welt haben, wenn wir im außerirdischen Dasein sind, daß dieselbe Welt, die der eine Mensch hat, die ist, die auch der andere Mensch hat, und daß die Menschen, die sich hier im Erdendasein räumlich auseinanderhalten dadurch, daß jeder in seiner Haut eingeschlossen ist, sich dann auseinanderhalten durch die innere Kraft der Seele. Auch im außerirdischen Dasein ist jeder eine Individualität; aber er ist nicht von den anderen Individualitäten getrennt durch den Raum, sondern durch die
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einere Kraft seiner Seele, durch die zusammenhaltenden Kräfte in seinem Inneren. Aber in diese zusammenhaltenden Kräfte fließt ein dasjenige, was geistig entspricht dem Weltenall, was uns im physischen Abbild der Sonne, des Mondes, der Planeten, der Fixsterne erscheint.
So wie wir hier im Erdenleben einem Menschen gegenüberstehen mit den äußeren Sinnen, nur die Form seines Gesichtes, den Glanz seiner Augen, die Bewegungen seiner Glieder sehen, wie wir uns aber bewußt werden dadurch, daß wir selber geistig-seelische Wesen sind, daß in diesen Gestaltungen seines Antlitzes, in dem Glanz seiner Augen, in dem Inkarnat seiner Haut, in den Bewegungen seiner Glieder sich ein Geistig-Seelisches auslebt, so erkennt derjenige, der die Welt geistigseelisch anzuschauen vermag, daß es nicht wahr ist, wenn man behauptet, Sonne und Mond, Fixsterne und Planeten und die Bewegungen der Planeten seien nur dasjenige, was uns unsere heutige physische Astronomie schildert. Diese Schilderung gleicht eigentlich derjenigen, die jemand geben wollte, der nur die äußeren Ortsveränderungen eines Muskels unseres Antlitzes, der nur die Bewegung der Augenwimpern schildern wollte, und nicht sehen wollte in den Ortsveränderungen der Antlitzmuskeln, in dieser Bewegung der Augenlider den Ausdruck eines Geistig-Seelischen. Derjenige, der die Welt geistig-seelisch anzuschauen vermag, der sieht in den Erscheinungen des Mondes, der Sonne genauso den physiognomischen Ausdruck eines kosmisch Geistig-Seelischen, wie wir in einem Menschenantlitz den Ausdruck eines Geistig-Seelischen sehen. In den Bewegungen der Planeten schaut er Äußerungen geistig-seelischer Geschehnisse, wie man sieht in den Bewegungen der Gliedmaßen der Menschen die Offenbarungen geistig-seelischer Impulse. Und in diesen geistig-seelischen Hintergründen desjenigen, was uns im physischen Abbilde der äußeren physischen Sonne, des äußeren physischen Mondes, der Sterne und ihrer Bewegungen erscheint, in diesem Geistig-Seelischen, das im Kosmos entspricht dem Geistig-Seelischen des einzelnen Menschen, lebt der Mensch, wenn er ein übersinnliches Wesen ist, bevor er hinuntergestiegen ist in das Erdendasein. Und so wie ich hier als Erdenmensch sagen kann: In mir lebt Lunge und Herz -, so kann ich als überirdischer Mensch, bevor ich heruntergestiegen bin in das sinnlich-physische Da
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sein, um meinen physischen Leib zu konstituieren, sagen: In mir lebt Mond und Sonne -, wobei ich mir allerdings bewußt sein muß, daß ich nicht den sinnlichen Erdenabglanz von Sonne und Mond meine, sondern dasjenige, was ihnen als Geistig-Seelisches zugrunde liegt. Die ganze göttlich-geistige Welt durchwebt und durchlebt mich, indem ich in einem überirdischen Menschendasein bin. Wenn man dieses durch- schaut, bekommt man erst jene tiefe Ehrfurcht vor allem wirklichen Weltendasein, in das der Mensch hineinverwoben worden ist. Denn man durchschaut nunmehr die wunderbaren Zusammenhänge, die da bestehen zwischen dem Menschen und dem Weltenall. Man lernt hin schauen auf den Menschen, wie er dasteht in seinem physischen Erdendasein, und man lernt sich sagen: In dem, was da innerhalb der Hautwände eingeschlossen ist, lebt nicht nur das, was du mit deinen physischen Augen siehst, was der Anatom nach dem Tode auf dem Seziertisch anschauen und enträtseln kann, sondern es lebt darinnen das Endziel der ganzen kosmischen Tätigkeit. - Das wunderbare Wort uralter religiöser Zeiten, daß der Mensch ein Abbild des Gottes selber ist, gewinnt eine neue Bedeutung von unendlicher Innigkeit. Und inspirierte Erkenntnislehrt uns hinschauen auf dasjenige, was der Mensch nun eigentlich erlebt im Zusammenhange mit den geistig-göttlichen Mächten, die dem Kosmos zugrunde liegen, in seinem vorirdischen Dasein.
Wir sprechen, wenn wir bloß das irdische Menschenleben überschauen, wissenschaftlich zuerst von dem Menschenkeim, der sich aus dem Leibe der Mutter herausentwickelt zu der physischen Menschenges:tlt des heranwachsenden Kindes. Wir sprechen selbstverständlich den Keim als etwas Kleines an, das sich allmählich vergrößert. In einer Art Keim lebt der Mensch in seinem vorirdischen Dasein, nur ist dieser Keim das Erleben des ganzen geistig-seelischen Kosmos. Der Mensch ist gewissermaßen eins geworden mit dem geistig-seelischen Kosmos, die göttlich-geistigen Kräfte leben in ihm, sie wesen und weben in ihm, sie durchdringen ihn und sie gestalten in ihm den großen Geistkeim aus, der die Kräfte in sich enthält, die durch das geistige Dasein durchgehen müssen bis zur Geburt beziehungsweise Empfängnis, damit sie dann wiederum auftauchen, wenn der Mensch im Erdenleben als der innere Plastiker seinen physischen Organismus auszugestalten hat. Die
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Wunderbildung dieses physischen Organismus wird dadurch klar; denn dieser physische Organismus ist die Zielbildung desjenigen, was in unermeßlich großartiger Weise geistig-seelisch anschauend, sich seiner voll bewußt, der Mensch als den kosmischen Keim seines inneren Lebens erlebt. Den physischen Menschenkeim bekommt der Mensch aus der physischen Welt; den geistigen Keim bekommt der Mensch aus der geistigen Welt heraus. Und wir sind gewissermaßen in einer gewissen Zeit, bevor wir heruntergestiegen sind zum physischen Erden dasein, ein in die ganze Welt ergossener, riesiger geistig-seelischer Menschenkeim, der sich dann vereinigt mit dem physischen Menschenkeim, der uns hier empfängt, wenn wir ins Erdendasein heruntersteigen.
Wir schauen auf unser kosmisches Dasein hin, wenn wir durch die inspirierte Erkenntnis in das vorirdische Dasein erkennend hinblicken. Wie wir uns hier mit unserem Organismus eins wissen, wissen wir uns durch dieses Hinschauen eins mit der ganzen Welt. Hier, in dieser Welt, schaut der Mensch hin auf die äußeren Offenbarungen des Geistigen in der Natur, im Menschendasein; er ahnt hinter diesen sinnlich- physischen Offenbarungen das Göttlich-Geistige. Im vorirdischen Da- sein ist er durchdrungen, durchwallt und durchwebt von diesem göttlich-geistigen Dasein, und dieses göttlich-geistige Dasein lebt sich in ihm so aus, daß es in ihn hereinpflanzt jene Kräfte, die hintendieren nach dem physischen Erdendasein. Wie wir hier unsere Augen hinauf- richten zum wunderbaren Sternenhimmel, so richten wir vom außer- irdischen Dasein unsere Augen hin auf den Wunderbau des physischen Menschen, wie er hier im Erdendasein lebt. Ich möchte sagen, wir schauen von der Erde zum Himmel in unserem physischen Erdendasein, wir schauen aber von dem Himmel zur Erde in unserem vorirdischenDasein. Da wird die Erde uns verständlich als das Götterwerk, als das sie eigentlich in unserer Seele leben sollte. Und alles das ist unmittelbares Erleben zunächst im vorirdischen Dasein.
Aber es tritt zu einer gewissen Zeit, nachdem wir dieses vorirdische Dasein durchgemacht haben, etwas ein wie eine Art Zurückziehen der göttlich-geistigen Wesenheiten von uns Menschen. Wir haben noch nicht eine Natur um uns, wir haben ja auch in diesem geistig-seelischen Dasein noch keine physischen Augen, noch keine physischen Organe,
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könnten also eine Natur noch gar nicht schauen. Wir haben um uns etwas, was nur wie ein Hereinscheinen des Göttlich-Geistigen ist. Das ist der große Umschwung im vorirdischen Dasein, daß wir zuerst er- leben ein unmittelbares Darinnenstehen, Durchdrungensein von und mit dem göttlich-geistigen Dasein, daß aber dann ein Zeitpunkt eintritt, wo wir mit unserem Geistauge hinschauen auf die Geistwelt, die uns umgibt, die zwar noch immer eine Geistwelt ist, aber wir müssen uns sagen: vorher haben wir mit den göttlich-geistigen Wesenheiten gelebt, jetzt zeigen sie sich uns durch ihre Taten, jetzt ist ihre Erscheinung da. Es ist eine geistig-seelische Erscheinung, die wir nicht erst im Erdenleben haben, es ist aber nur eine Offenbarung dessen, was wir früher selbst erlebt haben. Wir treten aus der Sphäre des Erlebens in die Sphäre der Offenbarung ein. Und in demselben Maße, als wir aus dem Erleben in die Offenbarung eintreten, indem wir uns sagen müssen: Die göttlich-geistigen Wesen haben sich von uns Menschen für das unmittelbare Erleben zurückgezogen, wir können sie jetzt nur mehr anschauen, sie sind gewiß für uns Menschen da, aber nur für unsere geistig-seelische Anschauung -, in demselben Augenblicke er- wacht in unserem geistig-seelischen vorirdischen Dasein dasjenige, was ich vergleichen kann mit dem, was in unserem physischen Organismus lebt als ein Begehren. Der Mensch wird innerlich durchdrungen von einem Begehren in dem Maße, als die Welt vorirdisch Offenbarung wird. Er fühlt sich eigentlich jetzt erst als ein Selbst, das abgesondert ist von der übrigen Welt. Wir gehen weg von einem Erleben, das zugleich ein Welterleben ist und ein Erleben des eigenen Menschenwesens. Wir sind ja eine Zeitlang, zwischen Tod und einer neuen Geburt, nicht nur Menschenwesen, wir sind Weltenwesen. Weltenbewußtsein und Menschheitsbewußtsein fallen in eines zusammen. Da kommt der Zeitpunkt, wo das Weltenbewußtsein und das Menschheitsbewußtsein ausetnandertreten, wo die Welt nicht mehr von uns erlebt wird, sondern sich nur offenbart, wo ein von der Welt abgesondertes Inneres in uns auftritt. Früher war unser Inneres eins mit der Welt; jetzt tritt ein von der Welt abgesondertes Inneres auf, und das kündigt sich zuerst als ein inneres Begehren, als ein Wünschen, ein Wollen an. Ein Wünschen> ein Wollen, ein Begehren zielt immer auf etwas. Dieses Wünschen
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und dieses Wollen und dieses Begehren zielt auf unser künftiges Erdenleben, zu dem wir nach einiger Zeit heruntersteigen werden. Wir werden erfüllt von den Anschauungen unseres künftigen Erdenlebens, und wir nehmen damit jene Kräfte auf, die dann unbewußt werden, wenn wir durch das Embryonalleben auf Erden hindurchgehen. Wir haben sie da bewußt; aber das Bewußtsein wird immer mehr und mehr abgedämpft, und es tritt allerdings ein Zeitpunkt ein, wo das Begehren stark wird, und wo selbst die Offenbarung der göttlich-geistigen Welt, in der wir vorher webend und lebend waren, immer mehr und mehr abgedunkelt wird, wo wir als geistig-seelische Wesen im vor- irdischen Dasein so empfinden müssen, daß wir uns sagen müssen: Immer schattenhafter und schattenhafter wird die Geistwelt um uns herum. Das, was früher noch hell erglänzt ist als göttliche Offenbarung, es wird irnri~er schattenhafter und schattenhafter. In dem Maße, in dem das Äußere immer schattenhafter wird, werden die inneren Begehrungskräfte vehementer, die Außenwelt verdunkelt sich uns innerhalb unseres Geistdaseins, die Innenwelt wird kraftvoller, aber nach einiger Zeit nimmt uns diese kraftvolle Innenwelt völlig das Bewußtsein des künftigen Erdenlebens. Für eine Zeit, die der irdischen Empfängnis nicht lange vorausgeht, verdunkelt sich der Hinblick auf das irdische Dasein. Wir haben vorher hingeschaut auf dieses irdische Da- sein; es war gewissermaßen die Zielerscheinung, jenes großartige, mächtige Weltentableau, in dem wir gelebt haben. Jetzt entfällt uns der Hinblick auf die Erde, dafür aber geht uns ein anderer Anblick auf. Es ist nicht lange bevor wir heruntersteigen zur Erde, da aber gerade, wenn wir heruntersteigen, entfällt uns der Hinblick auf die Erde und auf geht uns der Blick in die Ätherwelt. Das, was Äthererscheinungen sind, die das Licht bergen, die die Lebenskräfte bergen, das, was im Raume ausgebreitet ist, aber nicht zentral von der Erde in den Raum hinauf, sondern wie von der Peripherie der Welt auf die Erde hereinwirkt, herein sich ergießt, das Ätherische, das wird uns anschaulich. Wie in einem großen, die verschiedensten Gestaltungen in sich aufweisenden Welteiinebel wird eine ätherische Welt geistig um uns herum sichtbar,und aus dieser ätherischen Welt können wir mit jener Kraft, die uns geblieben ist, mit der Kraft des Begehrungsvermögens, dem allgemeinen
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ätherischen Weltennebel entnehmen unseren eigenen Ätherleib, können ihn formen, und indem wir unseren eigenen Ätherleib formen, bilden wir mit diesem Ätherleib ein Abbild desjenigen, was wir früher waren in der geistig-seelischen Welt, gliedern diesen Ätherleib ein dem,was uns aus der Vererbungsentwickelung, was uns durch unsere Vor- fahren an physischer Substantialität entgegengebracht wird, und wir steigen zum Erdendasein herab.
Ich konnte Ihnen nur skizzenhaft dasjenige schildern, was sich er- gibt für die imaginative und inspirierte Erkenntnis, wenn der Mensch sein Bewußtsein erweitert über das gewöhnliche Erdenbewußtsein hin- aus. Indem der Mensch im Laufe der irdischen Entwickelung vorgeschritten ist zu dem Bewußtsein, das er heute hat, das in engstem Sinne an die physische Körperlichkeit gebunden ist, hat er ein ursprüngliches Bewußtsein verloren. Auf das habe ich ja auch schon öfters hingewiesen. Ich habe darauf hingewiesen, wie uns die Geschichte eigentlich nur die Außerlichkeiten des irdischen Lebens der Menschheit schildert, wie wir eine Seelengeschichte brauchen, wie diese Seelengeschichte uns aufzeigt, daß die Menschen nicht immer eine solche Bewußtseinsverfassung gehabt haben wie heute, wo sie nur mit ihrem Verstande das kombinieren können, was die sinnlichen Organe wahrnehmen, und wo sie nur heraufholen können das, was aus der physischen Körperlichkeit zum Bewußtsein heraufsteigt. Je weiter wir in ältere Zeiten der Menschheit zurückgehen, desto mehr sehen wir, wie die Menschen eine Art ursprüngliches, wenn auch traumhaftes Hellsehen gehabt haben. Das, was der Mensch sich heute erwirbt in der imaginativen, in der inspirierten Erkenntnis, ist ein vollbewußtes Erkennen, ich möchte sagen, so vollbewußt wie das mathematische Erkennen; ein dumpfes, traumhaftes Hellsehen, das aber nicht weniger weisheitsdurchtränkt war, hatten dieMenschen einer früheren Zeit. Diese Menschen einer früheren Zeit empfanden nicht nur das, was der heutige Mensch mit dem gewöhnlichen Bewußtsein erlebt, wenn er in sich hineinschaut, sondern sie empfanden schauend etwas von dem, was ich Ihnen jetzt geschildert habe. Gehen wir noch zurück selbst in die ältesten ägyptischen Zeiten, in noch ältere Zeiten zurück, von denen keine Dokumente der äußeren Geschichte, sondern nur eine solche Geschichte wie ich sie in meiner «Geheimwissenschaft»
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dargestellt habe, Kunde gibt, dann finden wir Menschen, die sich nicht erwerben mußten durch solche Übungen, wie ich sie Ihnen oftmals geschildert habe, das Anschauen des vorirdischen Daseins, sondern die von diesem vorirdischen Dasein so sprechen konnten, weil in ihren Seelen von diesem vorirdischen Dasein im Erden- dasein etwas lebte wie eine Erinnerung. Der heutige Erdenmensch hat sich seine Freiheit erkauft dadurch, daß er nur eine Erinnerung in abstrakten Gedanken haben kann an die Ereignisse, an die Erlebnisse, die ihm während seines Erdendaseins begegnen. Die Menschheit in früheren Urzeiten hatte nicht nur solche Erinnerungen in der Seele leben, sondern indem sie hineinblickte in dieses Seelische, holte sie außer diesen Erinnerungen an dieses physische Leben hervor aus dem Seelischen Bilder von dem, was ich Ihnen jetzt erzählt habe. So wie man sich heute im gewöhnlichen Bewußtsein erinnert an das, was man vor zwanzig, dreißig Jahren auf der Erde erlebte, so hat sich in gewissem Sinne erinnert ein Mensch älterer Epochen an dasjenige, was er im vorirdischen Dasein erlebt hat und was ich Ihnen heute aus der Geisteswissenschaft heraus geschildert habe. Aber indem der Mensch ebenso sicher war dieses vorirdischen Daseins, wie der heutige Mensch durch seine Erinnerung sicher ist, daß er nicht heute morgen geboren ist> sondern vor heute morgen schon da war, so wußte der Mensch älterer Epochen von seinem vorirdischen Dasein durch das, was er in seiner Seele erlebte. Aber daraus entsprang ihm auch die Gewißheit, daß das, was er als solches erlebte, schon da ist in einer geistig-seelischen Welt, bevor er heruntergestiegen ist zum physischen Erdendasein, daß das durch die Pforte des Todes geht und nicht abhängig ist vom physischen Organismus, daß gerade so, wie es aufbaut den physischen Organismus für das Erdendasein, es sein weiteres Dasein findet, wenn die Pforte des Todes durchschritten ist.
Aber, was geht da hinaus aus dem physischen Erdendasein? Das, was wir hier im physischen Erdendasein als Gedanken erleben, ist schon auch an den physischen Organismus gebunden; allein das, was als Wille in einer so wunderbaren Weise heraufquillt aus dem Menschen, daß er eigentlich auch seine Willenserscheinungen nur in Gedanken, nur in Vorstellungen erfassen kann und nur sagen kann: Ich
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will meine Hand oder meinen Arm erheben -, aber nicht weiß, was zwischen diesen Gedanken und zwischen der wirklichen Armerhebung vorgeht, dieses ganze Wunder, das dazwischen liegt, das Anspannen des Muskels, das alles ist ja im Unbewußten gelegen wie die Ereignisse des Schlaflebens selber für die Seele; dasjenige, was da als Wille heraufkommt, bleibt zum großen Teile unbewußt, das heißt, es spiegelt sich nur im Gedankenleben. Wer aber mit inspirierter und intuitiver Erkenntnis hinunterschaut in dieses Willensleben, der macht inner halb desselben gewaltige Entdeckungen. Hier im physischen Erden- dasein, das wir nur äußerlich anschauen, verrichten wir unsere Handlungen, und eine materialistische Zeit konnte sogar glauben, daß diese Handlungen erschöpft seien im physischen Erdendasein, daß sie keine weitere Bedeutung haben.
Aber derjenige,der in die wahre Willensnatur des Menschen, die dem gewöhnlichen Tagesbewußtsein unbewußt bleibt, hinunterschaut, der sieht da, wie sich nicht aus dem Denken heraus, aber aus dem Wollen heraus in demselben Maße, in dem der Mensch im physischen Erdendasein fortschreitet, etwas bildet, was sich zusammensetzt aus der Bewertung seiner Handlungen. Im physischen Erdendasein sagen wir:eine Handlung ist gut, eine Handlung ist böse, wir sind zufrieden oder unzufrieden mit irgendeiner Tat. Wir können vielleicht glauben, das sei nur ein abstraktes Urteil, das wir zu der Tat hinzufügen. Schauen wir mit unserer wirklich wahren Inspiration und Intuition in die Willenswesenheit des Menschen hinein, dann sehen wir, wie sich da webt aus dem, was hier nur Gedanke ist, ein wirkliches Wesen, wie das Urteil: Ich kann zufrieden sein mit einer Handlung -, oder: Ich muß unzufrieden sein -, innerlich willensgemäß zu einer Tatsache wird, wie ein ganzes Wesen sich in den Tiefen unserer Menschennatur zusammenwebt, ein Wesen, das, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein Antlitz hat, je nachdem unsere Handlungen hier im Erdendasein waren. Haben wir schlechte Handlungen verrichtet, bei denen wir bei vollständigem Menschenbewußtsein nicht zufrieden sein können, so entwickelt sich in unserem Inneren ein Wesen mit einem häßlichen Gesichte; haben wir Handlungen verrichtet, mit denen wir zufrieden sein können, so entwickelt sich ein Wesen mit einem sympathischen
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Gesichte. Tatsächlich, die Bewertung unserer Handlungen wird ein Inneres Wesen in uns, und in demselben Maße, in dem immer mehr und mehr unsere Gedanken vom physischen Organismus abhängig werden - beim Kinde waren sie es noch nicht, da haben sie gearbeitet an der physischen Organisation, dann werden sie abstrakt -, in demselben Maße, in dem, ich möchte sagen, unsere Gedanken in unserem physischen Organismus ein Leichnam werden, denn sie leben ja nicht, sie sind tote Gedanken, in demselben Maße regt sich da unten die moralische Wesenheit des Menschen, die er aber selber während seines Lebens ausbildet. Diese moralische Wesenheit ist da, und diese moralische Wesenheit vereinigt sich mit seiner Ich-Wesenheit, und diese moralische Wesenheit trägt er nun durch die Todespforte hinaus in die geistige Welt. Indem der Mensch durch die Todespforte in die geistige Welt hinaustritt, hat er zunächst - Sie können das geschildert finden in meinem Buche - seinen physischen Leib abgelegt, er ist in seinem ätherischen Leibe; da hat er noch ein Bewußtsein von seinen irdischen Taten. Aber dieses Bewußtsein beginnt durchsetzt zu werden von einem kosmischen Weltenbewußtsein. Das, was der Ätherleib ist, löst sich auf im allgemeinen Weltenäther; geradeso wie man es vor der Geburt zusammengezogen hat, löst es sich jetzt auf im Weltenäther. Der Mensch lebt mit dem, was Sie in meiner «Theosophie» genannt finden den astralischen Leib, mit dem lebt er sich in den Kosmos allmählich wieder ein, aber er lebt noch zusammen mit seinem neu- gebildeten moralisch-geistigen Organismus; den trägt er hinaus zu- nächst, mit dem lebt er sich hinaus.
Und jetzt entsteht für ihn eine Aufgabe, die zusammenhängt mit dem, was ich Ihnen schon das letzte Mal, als ich hier zu Ihnen gesprochen habe, gesagt habe für das Schlafesleben des Menschen: ich habe Ihnen dargestellt, wie der Mensch während des Schlafes die Kraft hat, um wieder hereinzukommen in den physischen Organismus, daß er diese Kraft hat durch dasjenige, was man als Mondenkräfte bezeichnen kann. Die Mondenkräfte sind das, was den Menschen in das physische Erdendasein - sogar an jedem Morgen - zurückbringt. Innerhalb dieser Sphäre der Mondenkräfte befindet sich der Mensch zunächst, wenn er seinen physischen und Ätherleib abgelegt hat. Aber
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innerhalb dieser Mondenkräfte kann er nicht das umfassende Weltenbewußtsein, das ich Ihnen vorhin geschildert habe, bekommen, sondern da hat der Mensch noch etwas, was ihn mit der Erde verbindet durch diesen moralischen Erdenorganismus. Er muß sich den Mondenkräften entreißen, er muß zurücklassen in der Mondensphäre das, was er sich da selber gewoben hat aus seiner moralischen Handlungsweise, aus alledem, was er als moralische oder unmoralische Handlung vollbracht hat, er muß das zurücklassen in der Mondensphäre und muß eindringen in die Sonnensphäre, in die Sternenwelt. Jetzt muß er nicht nur in das Abbild eindringen, wie ich es für den Schlafzustand geschildert habe, sondern in die wirklich reale Sonnen- und Sternenwelt, er muß sich entreißen der Mondensphäre.
Auch davon hat das hellseherische Bewußtsein der Urmenschheit ein Erlebnis gehabt, konnte sprechen von diesen Dingen, die sich heute der Mensch nur erringen kann, wenn er seine geistig-seelischen Kräfte ausbildet. Es konnte die Urmenschheit davon sprechen durch die natürlichen elementaren Kräfte, die ihr eingepflanzt waren. Aber diese Urmenschheit war zu gleicher Zeit immer geleitet, so wie man heute geleitet ist von der Wissenschaft, wie man geleitet ist von den verschiedenen Unterrichtsanstalten - solche gab es ja nicht in älteren Zeiten -, diese Menschheit war in älteren Zeiten geleitet von dem,was von den Mysterien ausging. Das, was der Mensch schauen konnte vom vorirdischen und nachirdischen Dasein, das wurde gewissermaßen orientiert von dem, was durch ihre höhere Erkenntnis die Eingeweihten der Mysterien wußten. Und da erfuhren die Angehörigen der Urmenschheit das,was bei einigen, die im damaligen Sinne wissend waren, inneres Erlebnis wurde, daß der Mensch sich nicht entringen kann durch eigene Kraft nach dem Tode der Mondensphäre, daß ihm entgegenkommen muß ein geistiges Wesen aus dem Kosmos, dessen äußerer physischer Abglanz die Sonne ist. Das muß ihm entgegenkomrnen, das muß ihn der Mondensphäre entreißen. Er muß zurücklassen das, was er als Schuld von der Erde mit sich trägt, er muß in die schuldfreie Sphäre des Kosmos hinaufgeführt werden durch das, was die alten Initiierten das hohe Sonnenwesen nannten, das in allen alten Mysterien eine wunderbare Beschreibung fand. Du brauchst, so sagte
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man dazumal zum Menschen, die Kraft, die dir aus den Himmeln entgegenkommt. - Aber der Mensch war dazumal anders organisiert - ich habe es auch schon heute angedeutet, wie anders damals der Mensch organisiert war -, er hatte hellseherische Kräfte in seinem Inneren, er wußte auf der Erde, daß es eine übersinnliche Welt gibt, aus innerer Anschauung. Er hatte eigentlich gar keine richtige Todesfurcht; denn, was war denn der Tod? Ein Erlebnis im Leben; er sah, daß in seinem Inneren etwas unabhängig war vom Tode. Er hatte das, was unabhängig war in seinem Körper, und weil er das in dem Körper hatte, konnte er sehen, wie ihm das Sonnenwesen entgegenkam, er konnte die Hilfe annehmen nach dem Tode.
Aber darinnen besteht der irdische Fortschritt der Menschen, daß die Menschen verloren haben auf natürlichem Wege die Anschauung ihres Ewigen. Die Menschheit hat das intellektualistische Bewußtsein erlangt, das ganz an den physischen Leib gebunden ist, das abhängig ist von dem physischen Leib; je nachdem der physische Leib organisiert ist, haben wir das Erdenbewußtsein. Dieses Erdenbewußtsein, das verdunkelt uns die geistige Welt, auch bevor wir geboren sind und nachdem wir sterben. Für den heutigen Menschen ist es nicht so wie für den Urmenschen oder auch noch für den Menschen in der älteren ägyptischen Zeit, daß er ein gewisses Licht mitbringt durch die Todespforte durch und sich erhellen kann den Raum - wenn ich mich so ausdrücken darf; es ist nur bildlich gesprochen - der übersinnlichen Welt, und gewissermaßen entgegeneilen kann dem hohen Sonnenwesen, das kommt, um ihn aus der Mondensphäre hinauszuführen. Durch das, was er in sich hatte zwischen Geburt und Tod, konnte er erkennen dieses hohe Sonnenwesen.
Sehen Sie, Sie brauchen sich an dem Ausdrucke nicht zu stoßen; die alten Eingeweihten hatten aus ihrer Wissenschaft heraus dieses Wesen das hohe Sonnenwesen zu nennen. Aber es kam eine Zeit in der Entwikkelung der Menschheit, wo die Menschheit verloren hätte die Möglichkeit, nach dem Tode in diejenigen Welten einzudringen, in die sie eindringen muß, wenn sie sich nicht selbst verlieren will. Auf der anderen Seite mußte die Menschheit auf der Erde zu jenem Bewußtsein vordringen, in dem man einzig und allein die Freiheit sich erwerben kann
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Mensch. Dadurch wäre für die Menschheit ein schrecklicher Zuund eingetreten zu einer gewissen Zeit. Der schreckliche Zustand, der r die Menschheit eingetreten wäre, der wäre der gewesen, daß die enschen abgeschnürt worden wären von der übersinnlichen Welt, daß siegerade durch die Vollkommenheit, die sie hier auf Erden erlangen,die sie prädestiniert zur Freiheit, verlustig geworden wären der übersinnlichen Welt, weil sie nicht mehr den Anschluß an jenes istige Wesen finden können, das sie entreißt demjenigen, was sie mitderErde zusämenhält für das Leben nach dem Tode.
Und was ist da zum weiteren wirklichen Fortschritt der Menschit gekommen? Da konnte nicht eine äußere abstrakte Erkenntnis, :ht eine Theorie helfen. Helfen konnte nur, daß jenes Wesen, das j`öher nur in übersinnlichen Welten gelebt hatte und den Menschen tgegenkam, wenn sie zwischen Tod und Geburt im Übersinnlichen Lren, helfen konnte nur, wenn das Wesen auf die Erde herunterstieg, daß der Erdenmensch schon auf der Erde mit ihm eine Verbindung ben kann. Und der Herunterstieg ist das Ereignis von Golgatha. der Christus-Wesenheit ist heruntergestiegen und hat in dem Jesus von zareth Erdendasein angenommen.
Der Mensch gewinnt innerhalb des Erdendaseins Zusammenhang dem Christus Jesus. Dasjenige, was er in dem Hinschauen zu dem iristus Jesus, was er in dem Mitempfinden-Mitleiden mit dem Myrium von Golgatha zu seinem Erdenbewußtsein hinzufiigt, was er so sein Erdenbewußtsein hineinflößt, indem er sich nicht nur ein Ich Emt, das frei sein kann, sondern indem er das Pauluswort erfüllt:dicht ich, sondern der Christus in mir», konnte er dieses Wort zur ahrheit hier im Erdenleben machen, indem er sein Ich, das er hier erigt, das ihn aber zugleich abschnüren würde von der übersinnlichen , indem er dieses Erdenbewußtsein verbindet mit demjenigen, was rch das Opfer eingetreten ist in das Erdendasein durch das Christus~n: das trägt sich der Mensch durch den Tod hindurch. Die FähigLöt, die ihm früher nur dadurch geworden ist, daß er elementareöäfte in sich gehabt hat: seit dem Mysterium von Golgatha ist es die .rbindung des Erdenmenschen in seinem Bewußtsein, in seinem Seetleben mit dem Christus, mit dem Mysterium von Golgatha, das ihm
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sein Leben sichert, wenn er durch die Todespforte tritt. Denn dasjenige Bewußtsein, das man durch den physischen Leib erlangt, müßte man mit dem physischen Leib auch wiederum verlieren, man würde nicht finden den Weg durch die geistigen Welten. Findet man auf der Erde den Führer, das heißt den Christus, der durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist, und hat man seine geistigen Kräfte im Sinne des Pauluswortes: «Nicht ich, sondern der Christus in mir», mit der Erdenmenschheit verbunden, dann findet man sich lebendig hindurch durch die Pforte des Todes. Daher kann das Pauluswort in vollem Ernste genommen werden: Und wäre der Christus nicht auf die Erde gekommen, das heißt, hätte er den Tod nicht überwunden, so hülfe den Menschen alles nicht in ihrem Glauben.
Die alten Eingeweihten haben den Menschen gesagt: Ein überirdisches Wesen wird an euer Bewußtsein anknüpfen, das ihr hier von eurer ganzen Menschennatur habt, und wird euch hinausführen aus dem Mondendasein in das reine kosmische Weltendasein. - Die neueren Eingeweihten müssen den Menschen sagen: Blicket hin auf dasjenige, was durch den Christus im Mysterium von Golgatha geschehen ist, nehmt auf in euer Bewußtsein die Substantialität des Christus mit all ihrer Kraft! Die geht mit euch durch den Tod und führt euch entgegen denjenigen Welten, die ihr durchmachen müßt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. In der Mondensphäre werdet ihr zurücklassen eure moralische Wesenheit, allein sie wiederfinden, wenn ihr zurück- kehrt in die Mondensphäre. Und in eurem Erdenschicksal wird das Abbild desjenigen, was ihr erst zurückgelassen habt und dann wiederfinden werdet in der Mondensphäre, erscheinen.
Von dem, was ich Ihnen jetzt erzählen kann, weiß eigentlich die menschliche Wissenschaft durch die naturgemäße menschliche Wissenschaft erst durch jene Kräfte, welche der Menschheit gekommen sind im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Früher waren diese Kräfte mehr oder weniger in der Menschheit verdunkelt. Sie waren noch da, aber traumhaft aus den alten Zeiten, die ich Ihnen eben vorhin geschildert habe. In den ersten christlichen Jahrhunderten haben die Menschen nicht dasjenige gehabt, was wir heute erringen können durch Imagination, Inspiration und Intuition, aber sie haben ein natürliches,
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atavistisches Hellsehen gehabt, und es gab noch alte Eingeweihte zur Zeit des Mysteriums von Golgatha; die haben ihren Menschen, die zu ihnen Vertrauen gehabt haben, sagen können: Der Christus, der in derjenigen Welt war, an die ihr euch erinnert als an die Zeit eures vor- irdischen Daseins, der Christus, der früher nur in außerirdischen Sphären war, der ist durch das Kreuz von Golgatha auf die Erde herabgestiegen. - Daher hat man in den ersten vier Jahrhunderten der christlichen Entwickelung auch des Abendlandes vor allen Dingen das Augenmerk auf den heruntergestiegenen Christus gerichtet. Überall finden Sie in den Schilderungen der ersten nachchristlichen Jahrhunderte - die Literatur ist ja zum großen Teile vernichtet -, wie der Christus aus kosmischen Welten und aus geistigen Welten heruntergestiegen ist und im Leibe des Jesus von Nazareth Erdendasein angenommen hat. Auf dieses Heruntersteigen, auf dieses Sich-Neigen zur Erde wurde damals der größte Wert gelegt. Als aber mit dem vierten nachchristlichen Jahrhundert die alten Eingeweihten anfingen auszusterben und die neue Einweihewissenschaft noch nicht da war, die erst kommen konnte mit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, als diese alten Eingeweihten ausgestorben waren, da mußte man in die Dokumente hinein dasjenige verhärten, was früher ein unmittelbares Anschauen war. Man mußte es traditionell fortpflanzen; die Menschen mußten, um das Freiheitsbewußtsein zu erlangen, eine Zeitlang die alte Einweihewissenschaft vergessen. Daher kam es, daß, je mehr sich die Menschheit dem 19. Jahrhundert näherte, desto mehr war vergessen, wie das überirdische Christus-Wesen heruntergestiegen war in das Erdendasein und in dem Leibe des Jesus von Nazareth Erdendasein angenommen hat. Man schaute zuletzt nur hin auf das historische Ereignis, und man verlor allmählich über dem Jesus den Christus, man verlernte über den Christus als die übersinnliche Wesenheit zu sprechen. Wir müssen heute wieder beginnen, über den Christus als übersinnliche Wesenheit zu sprechen, wir müssen verstehen, was es heißt, daß der Christus die menschliche Seele am Leben erhält; denn der Leib hat sich verändert im Laufe der Menschheitsentwickelung. Warum hatten die alten Menschen ein Hellsehen? Weil der Leib weicher und die Drüsen innerhalb des Menschenleibes noch regsamer waren. Gerade die Drüsentätigkeit
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hat sich einer Verhärtung genähert, und je mehr diese Verhärtung fortschreitet, je mehr der Menschenleib verhärtet, die Drüsentätigkeit eine zähere wird, wird dasjenige, was als verhärteter Menschenleib dienen kann für den Intellektualismus, der immer mehr und mehr ausgebildet wird, indem die Drüsentätigkeit im menschlichen Leib verhärtet, wird der Menschenleib selber als solcher für den Verstand außerordentlich brauchbar. Aber den Zusammenhang mit der geistigen Welt muß sich der Mensch um so mehr mit der Seele erwerben. Von alledem wußten noch die Eingeweihten in den ersten christlichen Jahrhunderten, sie drückten nur die Sachen aus mit einem Mut, mit dem heute nicht mehr gesprochen wird. Sie sagten, die Menschen wären physisch allmählich immer kränker und kränker geworden, wenn nicht der Christus gekommen wäre und sie von der Seele aus gesund gemacht hätte. Daher wurde der Christus in den ersten christlichen Jahrhunderten nicht nur in unserer Abstraktion verehrt, sondern vor allen Dingen verehrt als der Heiler, als der große Weltenarzt, als der Heiland.
Heute müssen diese Dinge erst wiederum alle errungen werden; sie können nur errungen werden, wenn der Mensch wiederum hinein- schauen kann in die Geheimnisse von Geburt und Tod. Das Vermögen, das hineinschauen kann in diese Geheimnisse von Geburt und Tod, kann nur auf dem Wege der imaginativen, inspirierten und intuitiven Wissenschaft errungen werden. Wir müssen allmählich davon Kunde erhalten; denn derjenige, der davon Kunde erhält, erwirbt auch schon seelisch die Anschauung davon.
Das ist dasjenige, was ich Ihnen heute vom Zusammenhang des Menschen mit jenen Welten, die er durch die Geburt verläßt und mit dem Tode wieder betritt, zu sagen hatte.
GEISTIGE ZUSAMMENHÄNGE IN DER GESTALTUNG DES MENSCHLICHEN ORGANISMUS Erster Vortrag, Dornach, 20. Oktober 1922
#G218-1992-SE051 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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GEISTIGE ZUSAMMENHÄNGE IN DER GESTALTUNG
DES MENSCHLICHEN ORGANISMUS
Erster Vortrag, Dornach, 20. Oktober 1922
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Es handelt sich bei Betrachtungen, wie wir sie vor kurzer Zeit hier angestellt haben, darum, daß auf der einen Seite die großen Ereignisse der Geschichte, überhaupt der menschlichen Entwickelung, im Laufe des Erdendaseins stehen, und auf der anderen Seite der einzelne Mensch vor uns steht. Und im Grunde genommen sind doch die Sachen so, daß man wahrhaft verständnisvoll das eine nur dann durchschauen kann, wenn man es auch gegenüber dem anderen zustande bringt. Und so möchte ich denn heute zu dem, was uns vor einiger Zeit große geschichtliche Ausblicke geben sollte, eine Betrachtung über den Menschen selber hinzufügen, damit diese beiden Auseinandersetzungen sich
dann in den nächsten Tagen gewissermaßen wiederum zusammenfinden können. Wenn wir den Menschen beschreiben, so wie wir ihn ja öfter vom Gesichtspunkte anthroposophischer Weltanschauung aus uns vor die Seele gestellt haben, so haben wir an ihm zu unterscheiden zunächst den physischen menschlichen Organismus, wir haben dann diesen physischen menschlichen Organismus vom ätherischen Organismus durchdrungen, und in dieses System, das sich aus physischem und ätherischem Organismus bildet, eingegliedert den astralischen Organismus und das Ich. Wir können entnehmen aus der Art und Weise, wie der Mensch in den Schlafzustand und von diesem wieder zurück in den Wachzustand übergeht, daß stärker gebunden sind auf der einen Seite physischer Organismus und ätherischer Organismus, und auf der anderen Seite wiederum Ich und astralischer Organismus. Denn wenn auch im Wachzustande des Menschen diese vier Glieder der menschlichen Natur ineinandergefügt sind, so trennen sie sich doch im Schlafzustande so, daß einerseits Ich und astralischer Organismus gewissermaßen mehr zusammenhalten und auf der anderen Seite physischer und ätherischer Organismus. So daß also der astralische Organismus und der ätherische Organismus nicht so straff, möchte ich sagen, zusammenhalten, wie zum Beispiel das Ich und
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der astralische Organismus oder der physische und der ätherische Organismus.
Wenn wir diese Dinge im einzelnen dann betrachten wollen, so müssen wir sie einmal in ihrer Wirkungsart uns vor die Seele stellen. Und da möchte ich zunächst vom Konkreten ausgehen. Der Mensch sieht die Umwelt. Was heißt das eigentlich: Der Mensch sieht die Umwelt? - Wollen wir zunächst das einmal ganz rein auf das Tatsächliche hin ins Auge fassen. Der Mensch sieht die Umwelt - heißt, irgend etwas wirkt auf ihn. Aber wir müssen uns fragen, wenn es sich um den vollständigen Menschen handelt, auf was wirkt da zunächst die Umwelt?
Nun, wenn es auch für eine oberflächliche Betrachtung so aussehen könnte, als ob auf den physischen Organismus des Menschen dasjenige wirkt, was da beim Sehen aus der Umwelt herauskommt, so ist es docnicht so. Wir haben zwar, wenn wir der Außenwelt sehend gegenüberstehen, das physische Auge (siehe Zeichnung, hell). Gewiß,
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wir haben das physische Auge, aber alles, was im physischen Auge vor sich geht, das ist erst etwas Mittelbares. Was zunächst geschieht, das ist eigentlich ein Spiel von Vorgängen im Ich und im astralischen Organismus. Ich will das dadurch andeuten, daß ich das Auge mit diesem (gelb) als dem Ich durchsetze - es geht natürlich dann weiter in
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den Organismus hinein - und mit diesem (rot) als dem astralischen Organismus. Wir müssen uns ganz klar sein, dasjenige, was zuerst in Betracht kommt, wenn wir sehen, das sind Vorgänge im Ich und im astralischen Organismus. Sie können das eigentlich unmittelbar erkennen, wenn Sie nicht oberflächlich, sondern etwas intimer Ihr Sehen ins Auge fassen. Sie brauchen sich nur darauf zu besinnen, wenn Sie zum Beispiel irgendwo eine rote Farbe sehen, ob Sie sich selber in dem Augenblicke, wo Sie das Rot sehen, unterscheiden können in bezug auf Ihr Ich von diesem Rot. Sie können das nicht, Sie können sich nicht unterscheiden von diesem Rot, Sie sind dieses Rot. Dieses Rot ist etwas, was Ihr Bewußtsein ganz erfüllt. Sie sind nichts anderes als dieses Rot. Sie können ja das ganz besonders gut dadurch sehen, daß Sie, sagen wir, sich vorstellen, dieses Rote wäre das einzige, was Sie sehen können. Sie sehen eine große rote Fläche. Sie müssen sich erst besinnen, wenn Sie diese große rote Fläche anschauen, daß Sie ein Ich sind. Sie müssen erst das Ich abtrennen. Aber während Sie die große rote Fläche anschauen, während dieser Zeit ist das Rot und das Ich zusammengeflos sen. Und ebenso ist es mit dem astralischen Organismus des Menschen.
Also das erste, was wir ins Auge zu fassen haben, wenn wir sehen, sind Vorgänge im Ich und im astralischen Organismus. Beim Auge kommt in Betracht - sehen Sie sich nur einmal an, in welch komplizierter Weise das Auge in Betracht kommt -, daß der Mensch ein Nierensystem hat; ich zeichne es hier schematisch (dunkelblau). Dieses Nierensystem gehört zunächst dem physischen Organismus des Menschen an und hat in sich feste Bestandteile. Sie wissen, ich habe Ihnen öfter gesagt: der Mensch hat nicht so außerordentlich viel Festes, Mineralisches in sich. Er ist zu neunzig Prozent eigentlich eine Wassersäule. Aber er hat immerhin feste Bestandteile in sich. Diese festen Bestandteile schwimmen eigentlich fortwährend im Flüssigen, im Wäßrigen. So daß wir zu gleicher Zeit dieses Nierensystem als den Ausgangspunkt anzusehen haben von Wäßrigem, das nicht nur in der Absonderung vom Nierensystem vorhanden ist, sondern das durch den ganzen Organismus geht, unter anderem auch ins Auge heraufgeht.
Aber dieses Wäßrige, das da vom Nierensystem gewissermaßen ausstrahlt in den ganzen Organismus und auch bis ins Auge hineinstrahlt,
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das ist durchaus nicht ein totes Wäßriges, sondern das ist ein lebendes Wäßriges. Sie würden eine ganz falsche Vorstellung bekommen von dem, was im Menschen das Flüssige, das Wäßrige ist, wenn Sie sich innerhalb des lebendigen menschlichen Organismus vorstellen wollten (siehe Zeichnung, blau), daß man es da mit Wasser zu tun hat, so wie es im Bach fließt. Das ist nicht der Fall. Im Bach haben wir totes Wasser, im menschlichen Organismus haben wir lebendes Flüssiges. Es ist nicht nur die Plasmaflüssigkeit lebendig, es ist alles Flüssige im menschlichen Organismus lebendig. Und in diesem Flüssigen sind fein aufgelöst auch überall diese Ihnen früher schon genannten festen Bestandteile, die gewissermaßen auf den Wogen des Flüssigen fortgetragen werden, auch bis in die Augen hinein. Wiederum auf den Wogen der inneren Flüssigkeit strahlt der ätherische Organismus des Menschen in die Augen hinein. Im Auge begegnet sich jetzt zweierlei. Der ätherische Organismus des Menschen (blau) füllt das Auge aus, vom Auge den Sehnerv; und was jetzt in diese vom ätherischen Organismus ausgefüllte Flüssigkeit hineinströmt, das ist das astralische Bild, das im menschlichen astralischen Leibe entsteht (rot). Und dies hier (gelb) ist das, was durch das Ich entsteht. Das strömt da hinein; es strömt da auch weiter.
Dadurch aber kommen zusammen im menschlichen Auge und auch im menschlichen Sehnerven einmal der Eindruck von außen, der eigentlich zuerst im Ich und im astralischen Leibe war, und dann von innen der physische Leib und der ätherische Leib; der physische Leib getragen auf den mineralischen Bestandteilen der menschlichen Natur, der ätherische Leib getragen auf den flüssigen Bestandteilen der menschlichen Natur.
Nun ist das so, daß das nicht beim Auge bleibt; sondern was das Auge da vermittelt, das strahlt in den übrigen Organismus hinein. Wir haben es überhaupt beim Sehen zu tun mit einer Begegnung desjenigen, was da auf eine außerordentlich komplizierte Weise sich abspielt im Ich und im astralischen Leib mit demjenigen, was gewissermaßen vom Inneren des Organismus entgegenschlägt als physischer und als ätherischer Leib, aber als physischer Leib in den mineralischen Bestandteilen, und als ätherischer Leib auf den Wogen der lebendigen Flüssigkeit.
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Nun, was ich Ihnen da für das Sehen gezeigt habe, das spielt sich eigentlich fortwährend im menschlichen Organismus ab. Fortwährend begegnen sich im menschlichen Organismus der ätherische Leib, ich möchte sagen, unter dem Antriebe des physischen Leibes auf den Wo- gen der lebendigen Flüssigkeit, und der astralische Leib mit alldem, was äußere Eindrücke sind, impulsiert von dem Ich. Und von der Art und Weise, wie sich diese beiden Ströme in uns begegnen, hängt eigentlich unsere ganze menschliche Verfassung, unsere ganze innere Situation ab, denn sie müssen sich in der richtigen Weise begegnen. Was heißt das: sich in der richtigen Weise begegnen? Nun, da haben wir es wiederum mit etwas außerordentlich Kompliziertem zu tun. In der Hauptesorganisation des Menschen, da ist es zunächst so (s. Zeichnung S. 56), daß das Haupt eigentlich ein plastisches Abbild ist der Kräfte, die der Mensch im vorirdischen Dasein als seelisch-geistiges Wesen hatte. Das Haupt ist plastisch ausgebildet, und es wird auch im Embryonalleben sehr früh ausgebildet und es behält eigentlich nur übrig die Kraft, zu gestalten. Das menschliche Haupt, wenn es nicht diese Kraft, zu gestalten, hätte, wäre eigentlich ein toter Körper. Dieses menschliche Haupt ist ein wunderbares Gebilde. Es ist ein getreulicher Abdruck des physischen, des ätherischen, sogar des astralischen Leibes,sogar des Ich, es bildet ab, wie diese hereinkommen aus überirdischen Welten in das Erdendasein. Das Haupt bildet sich wirklich aus als ein Abbild jener kosmischen Erlebnisse, die der Mensch im vorirdischen Dasein durchgemacht hat, und es behält nur zurück die plastisch bildenden Kräfte. Wenn wir das Kind betrachten, so geht eigentlich von seinem Kopfe alle plastische Bildungskraft aus. Vom Kopfe strahlt in den übrigen Organismus das hinein, durch das der Mensch während seines Wachsens seine Organe in der entsprechenden Weise plastisch ausgestaltet erhält.
Also, was vom Haupte ausgeht, das ist durchaus nur plastisch bildende Kraft. Und wenn so etwas jetzt ins Haupt hereindringt wie das, was beim Sehen hereinkommt, so wird es eigentlich gleich so empfangen, daß eine Kraft sich bildet, die gestalten will. Was da durch die Augen hineingeht, das will innerlich im Menschen Gestalt annehmen. Vor allen Dingen will es die Nerven, das Nervensystem so gestalten,
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daß gewissermaßen im Inneren des Menschen eine Art Abbild ist von dem, was als äußerer Eindruck da war. Man kann also sagen: in dieser Richtung (siehe Zeichnung, Pfeile von oben nach unten), von den Sinnen nach innen, geht eine gestaltende Kraft. Diese Kraft will den Menschen gewissermaßen in feiner Weise zur Bildsäule machen. Es ist wirklich so: alles, was wir sehen, will uns eigentlich in einer gewissen feinen Weise zur Bildsäule machen. Dagegen kommt dieser Kraft,
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also zum Beispiel hier vom Nierensystem in all dem, was ich hier beschrieben habe, eine andere Kraft entgegen (Pfeile von unten nach oben). Die löst fortwährend auf, was da gestaltet werden will. Denken Sie sich, wie das ist. Wenn ich Ihnen das aufzeichnen will, so müßte ich sagen: Vom Auge aus, da will sich hier ein sehr feines Bild, eine Gestalt bilden. Bis zum physischen Gestaltbilden will das gehen. Es findet immer eine Art solcher Einfluß statt, daß sich Salzsubstanzen, die sonst aufgelöst sind, gewissermaßen zusammenbacken, daß sie also festes Salz werden wollen. Es findet also fortwährend eine Tendenz zum Gestalten statt. Nun, von da unten geht immer eine Tendenz aus,das wiederum aufzulösen. So daß wir fortwährend im menschlichen Organismus von außen nach innen eine Tendenz haben, das, was
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eine Bildsäule werden soll; und von innen wird es immerfort wiederum aufgelöst.Dieser Vorgang, der durch die Begegnung des Astralischen mit dem Ätherischen, das auf den Wogen des Flüssigen dem Astralischen entgegenkommt, sich abspielt, der ist für das menschliche Leben von einer immensen Wichtigkeit, er bedeutet eigentlich im Grunde genommen das ganze menschliche Leben. Denn nehmen Sie einmal an> es teilt Ihnen heute abend irgend jemand etwas mit. Das ist auch ein Eindruck. Er kommt auf andere Weise sinnenfällig zustande, als wenn Sie eine rote Fläche sehen, aber es ist auch ein Eindruck. Das, was Ihnen da mitgeteilt wird, das will wiederum in Ihnen Gestalt werden. Kann es Gestalt werden, dann bleibt es Ihnen in der Erinnerung. Und wenn Sie gerade einen Kopf haben, der sehr darauf aus ist, immer gleich alle Eindrücke einzusalzen, dann haben Sie ein wunderbares Gedächtnis. Sie können wie ein Automat immer alles abratschen, was Ihnen irgend jemand mitteilt. Aber so ist es bei den meisten Menschen nicht, denn bei den meisten Menschen ist sehr stark die Tendenz vorhanden, wiederum aufzulösen; was da als Flüssigkeitsstrahlung mit dem ätherischen Leib den plastischen Bildekräften entgegenkommt, das löst im- merfort auf. Es ist eigentlich ein warrner Strom, der fortwährend auflöst. Wenn man diese Sache betrachtet, dann ergibt sich etwas außerordentlich Interessantes.
Wenn man zum Beispiel so richtig als Mensch, nicht als ein menschlicher Automat, die Dinge haben will, die man gedächtnismäßig behält, so soll das nicht so sein, daß wenn jemand einem etwas mitteilt, man gleich ein so festes inneres Salzgebilde kriegt, daß man immerzu die Sache abratschen kann. Es gibt solche Menschen, aber man wird dann unselbständig; man selbst ist es dann nicht mehr, der die Dinge erinnert, sondern die Dinge nehmen einen in Anspruch, man wird Automat. Will man ein selbständiger Mensch sein, dann muß folgender Vorgang sich abspielen.
Zunächst ist das, was Ihnen einer sagt und was man liest, im Ich und im astralischen Leibe und will jetzt durch die Gehirnorganisation, durch die Hauptesorganisation zunächst in die Flüssigkeit eindringen und dann sich konsolidieren, eine Art mineralisches Gebilde, ein salzartiges
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Gebilde hervorrufen. Aber es ist gut, wenn die innere Strömung kommt und das zunächst auslöscht, so daß höchstens der Eindruck in die Flüssigkeit eindringt - da verschwimmt er aber - und es zunächst zu keinem festen Gebilde kommt. Dadurch, daß es zunächst zu keinem festen Gebilde kommt, bleibt die Sache bloß im astralischen Leibe. Jetzt schläft man die nächste Nacht. Da geht es mit dem astralischen Leibe und mit dem Ich heraus. Da verstärkt es sich etwas während des Schlafzustandes (siehe Zeichnung, rechts). Dann kommt es wieder mit dem
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Aufwachen herein (links), wird womöglich wieder ausgelöscht; und das geschieht in der Regel drei- bis viermal. Erst nach dem vierten Schlafe ist dann die auslöschende Kraft nicht groß genug mehr, und dann setzt sich das so fest, daß dieses plastische Gebilde, was da drinnen nicht mehr aufgelöst wird, die Grundlage für die Gedächtnisvorstellungen, für die Erinnerungen wird.
Sie werden sagen: Ich erinnere mich aber auch an diejenigen Dinge, die ich gestern gehört habe, wo ich nicht ein paarmal darüber geschlafen habe. - Ganz richtig; aber darauf kommt es zunächst nicht an. Daß Sie sich an die Dinge, die Sie gestern gehört haben, erinnern, das rührt davon her, daß die Sache noch im astralischen Leibe ist, eventuell noch einen Eindruck im Ätherleib macht. Aber man vergißt ja auch nicht gleich nach einem Tag, nicht nach dem zweiten, nach dem dritten Tag. Wenn die Sache wirklich vergessen wird, so ist die innere auflösende Kraft noch nach dem vierten Tag so stark, daß die ganze Sache aufgelöst wird; dann ist sie aufgelöst. Denn wenn bei der Stärke, die da vorhanden ist dadurch, daß das ein viertes Mal hereinkommt, es da noch aufgelöst werden kann, dann vergessen wir unweigerlich die Sache.
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Das ist eine sehr interessante Tatsache. Und diese Tatsache, die man beobachten kann auf dem Wege der Imagination, wenn man einfach schaut, wie die Dinge behalten werden, die führt uns auf etwas anderes;die führt uns darauf, zu erkennen, daß der Kopf, das Haupt des Menschen überhaupt ein viel langsamerer Patron ist als der übrige Mensch.
Wenn wir von einer Dreigliederung des Menschen gesprochen haben und zunächst den rhythmischen Organismus in der Mitte halten, auf der einen Seite den Nerven-Sinnesorganismus, also den Hauptesorganismus haben, auf der anderen Seite den Gliedmaßen-Stoffwechsel- Organismus, so können wir sagen: der Hauptesorganismus, der schlägt eigentlich mit seiner ganzen Entwickelung, mit seinem ganzen Sein und Werden ein viel langsameres Tenipo ein als der Stoffwechsel-Gliedmaßenorganismus. Und es ist so, daß während dieses Innen-Zusammenballen (links), dieses Gestalten - es ist ja nicht so, aber ich will es beispielsweise sagen - für irgendeinen Eindruck, sagen wir, eine Sekunde brauchte, so gab es von seiten des Nierensystems aus schon vier Stöße des Auslöschens. Also vier Attacken des Auslöschens gab es schon. (Siehe Zeichnung Seite 56.)
Das zeigt sich daran, daß unser Puls viermal schlägt, während wir einmal atmen. Das Atmungssystem ist dasjenige, das, was vom rhythmischen System aus hinauf nach dem Haupte wirkt und ihm das viermal langsamere Tempo beibringt. Der Puls, also die Blutzirkulation ist dasjenige, was nach dem Stoffwechsel-Gliedmaßensystem vom rhythmischen System aus wirkt, und ihm das viermal schnellere Tempo beibringt. Und in dem, was sich da ausdrückt durch das viermal schnellere Tempo der Blutzirkulation, in dem liegt alles Auflösende. In demjenigen, wie es sich ausdrückt durch das viermal langsamere Tempo des Kopfes, in dem liegt alles Verfestigende, alles das, was den Menschen eigentlich zur Bildsäule machen möchte.
Es ist schon interessant, daß eigentlich diese Begegnung, die ich Ihnen geschildert habe, also, sagen wir, das Heraufschlagen der Stöße des Nierensystems und das Herunterschlagen der Stöße, die von den äußeren Einflüssen kommen, daß diese auch in einem Rhythmus von Atinung und Blutzirkulation stehen, daß eigentlich, während der Eindruck geschieht, viermal auf einen eine Auflösungsattacke gemacht
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wird. Und davon rührt es auch her, daß wir viermal darüber schlafen müssen, damit sich der Einschlag von außen genügend befestigt.
Die Dinge gliedern sich in einer wunderbaren Weise zusammen, wenn man wirklich auf die innere Konfiguration des menschlichen Organismus eingehen kann. Aber es hängt das auch noch mit etwas anderem zusammen.
Sie sehen also, indem wir nach aufwärts beim Menschen gehen, nach dem Haupte zu, kommen wir zu einem Lebenstempo, das viermal langsamer ist als dasjenige, das wir antreffen, wenn wir nach den Verdauungsorganen zum Beispiel gehen, oder sagen wir zu dem Nierensystem. Das Nierensystem arbeitet sehr rasch und bringt das, was es innerlich arbeitet, bis zum Ätherischen hin, das auf den Wogen des lebendigen Wassers schwimmt. Wenn der Mensch seine Augen verschließt und sein Gehirn bewußt abdämpft, und dann dasjenige durchschaut, was von den Nieren ausströmt, so sind es die Imaginationen, die auf dem lebendigen Wasser schwimmen; so stellt sich ihm in Imaginationen sein eigenes Inneres dar. Es ist das ein außerordentlich interessantes Gebilde. Wenn hier das Nierensystem ist (siehe Zeichnung), so strömt vom Nierensystem das sozusagen lebendige Wasser
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aus nach dem ganzen Organismus. Was da abgesondert wird, ist ja nur eben das Überschüssige, das durch den relativ festen Einsatz nach außen geht; aber gleichzeitig geht auch nach dem ganzen Organismus
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dieses lebendige Wasser, das durchsetzt wird von dem ätherischen 0rganismus. In diesem ätherischen Organismus sind aber lauter Imaginationen drinnen (rot), er ist ganz durchsetzt von Imaginationen. Diese Imaginationen, die kann man als das Bild des eigenen Organismus schauen, wenn man das Gehirnbewußtsein und alle Sinneswahrnehmungen abdämpft. Da ist die Sache gesund. Aber wenn die Nierkrank ist und eben durch die kranke Niere ein zu starkes Ausstrahlen in das Lebenswasser stattfindet, dann entstehen allerlei Gebilde drinnen und dann kommen die bekannten subjektiven Erscheinungen, diedie Nierenkranken zeigen. Was da also arbeitet, was eigentlich imGrunde genommen ein von innerer Körperwärme fortwährend durchpulsiertes Stoßen ist, aber Stoßen in inneren Bildern, was dann sich begegnet mit dem, was von außen kommt, was plastisch werden will, das arbeitet viermal schneller als das, was von außen nach innen arbeitet. Und das zeigt sich nun wieder darin, daß wir gewisse Perioden haben unseres Lebenslaufes, insofern diese Perioden angeschaut werden als vom ätherischen Organismus ausgehend, also gerade von dem ausgehend, was ich hier so gezeichnet habe. Wir müssen ja von sieben- jährigen Perioden sprechen, was wir auch tun: vom Zahnwechsel, Geschlechtsreife und so weiter. Wir können zum Beispiel sagen: Der physische Organismus ist am Ende des siebenten Jahres, wenn er gerade daran ist, die zweiten Zähne zu bekommen, am Ende seiner Periode. Da beginnt der ätherische Organismus für sich nun ganz besonders tätig zu sein bis zur Geschlechtsreife. Aber demjenigen, was in diesen periodisch-rhythmischen Vorgängen sich abspielt von sieben zu sieben
Jahren, wirkt vom Haupte her etwas entgegen, was diese Prozesse fortwährend verlangsamen will, denn das Haupt geht einen viel langsameren Gang. Das Haupt ist am Ende des achtundzwanzigsten Jahres erst da, wo der hauptsächlichste Mensch am Ende des siebenten Jahres ist. Das ist ein sehr wichtiges Geheimnis der menschlichen individuellen Entwickelung.
Außerlich drückt es sich ja nur dadurch aus, daß wir erst wirklich so in den höheren Zwanzigerjahren uns nach allen Seiten vollständig innerlich und äußerlich ausgewachsen nennen können. Alles, was vom Haupte ausgeht, das vollendet sich wirklich erst in dieser Zeit. Das
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Haupt ist eigentlich mit achtundzwanzig Jahren erst sieben Jahre alt.
Das ist also etwas, was man im ganzen Menschen hat. Wie man auf der einen Seite Atmung und Blutzirkulation hat, wie sich die Atmung zur Blutzirkulation verhält, so verhalten sich im Leben, im ganzen Lebens- werden die Hauptesvorgänge zu den Vorgängen, die vom Verdauungs system, überhaupt vom Stoffwechsel-Gliedmaßensystem des Menschen ausgehen. Das schlägt auch so aufeinander wie eins zu vier. Das hat eine große Bedeutung für das Leben. Es hat die Bedeutung, daß zum Beispiel alles, was wir einem Kinde erziehend oder unterrichtend zwischen dem siebenten und dem vierzehnten Lebensjahre beibringen, sich eigentlich im Haupte langsam erst auslebt, und sich erst ausgelebt hat im Haupte> so daß es im Haupte nachgekommen ist, bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahre; bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahre hat es erst im Haupte vollständig ausvibriert. Es kommen viermal sieben Jahre in Betracht. Die ersten sieben Jahre sind vom siebenten bis vierzehnten Lebensjahre, die zweiten sieben Jahre vom vierzehnten bis einundzwanzigsten, die dritten vom einundzwanzigsten bis achtundzwanzigsten, die vierten vom achtundzwanzigsten bis fünfunddreißigsten. Da ist eigentlich erst das Haupt nachgekommen.
Das wirft auf eine richtige Erziehungs- und Unterrichtsmethode ein außerordentlich bedeutendes Licht, denn es zeigt Ihnen, daß der Unterricht und die Erziehung so eingerichtet werden müssen, daß es auch ausreicht. Sie können, wenn Sjöe nur darauf sehen, was das Kind vom siebenten bis vierzehnten Jahre als Interessantes aufnimmt, wodurch es beschäftigt ist, was seinem Auffassungsvermögen angemessen ist, dem Kinde beibringen, was es eben im gegenwärtigen Augenblicke auffassen will. Aber die Vorgänge des Gliedmaßen-Stoffwechselmenschen, die zunächst ja der Träger, der physische Träger sind desjenigen, was da aufgenommen wird, die gehen nach sieben Jahren fort. Jetzt muß etwas bleiben, wenn auch der Stoff fortgegangen ist, muß hingenommen werden können vom Kopf, muß auch bis zum einundzwanzigsten Jahre reichen, dann ist wiederum der Stoff fort; muß bis zum achtundzwanzigsten Jahre reichen, dann ist wiederum der Stoff fort, und muß jetzt noch bis zum fünfunddröeißigsten Jahre reichen. Jetzt ist es endlich noch ganz im Ätherleib drinnen, und da ist es nicht
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so leicht herauszukriegen, weil der nicht immer in derselben Weise ausgeschieden wird.
Aber Sie sehen, wie im menschlichen Leben die Dinge ineinander wirken, wie wir tatsächlich wissen müssen, daß wir, wenn wir achtundzwanzig Jahre alt sind, wenn wir bloß Kopf wären, eigentlich erst sieben Jahre alt sein würden. Wenn wir fünfunddreißig Jahre alt sind, wenn wir bloß Kopf wären, würden wir eigentlich erst vierzehn Jahre alt sein. Wir werden fortwährend attackiert in unserer ruhigen Entwickelung durch das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem in bezug auf das, was der Kopf, was das Haupt des Menschen eigentlich will. Man darf also, wenn man den Menschen verstehen will, das Substantielle des Hauptes nicht gleichwertig betrachten mit dem Substantiellen des übrigen Organismus, sondern man 'muß das Ineinanderspielen des Stoffwechsel-Gliedmaßenorganismus und des Hauptesorganismus in einem Rhythmus sehen; das geht aber bis ins einzelne Organ hinein.
Nehmen Sie das Auge. Im Auge breitet sich der Sehnerv einerseits aus, auf der anderen Seite aber Blutgefäße (siehe Zeichnung, rot).
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Dadurch, daß sich Blutgefäße ausbreiten, haben Sie den StoffwechselGliedmaßenorganismus im Auge. Dadurch, daß sich der Sehnerv aus- breitet, haben Sie den Sinnes-Nervenorganismus im Auge. Jetzt schauen Sie ins Auge hinein. Da besteht nämlich ein Verhältnis von eins zu vier im Auge zwischen den Vorgängen im Sehnerv, in der Netzhaut, und dem Blutschlagtempo. Im Auge vibriert fortwährend etwas ineinander, dessen Rhythmen sich verhalten wie eins zu vier. Und auf diesem Ineinandervibrieren zweier verschiedener Rhythmen beruhen die inneren Vorgänge des Auges. Und das, was in der Aderhaut des
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Auges sich abspielt, das will schon im Auge auflösen dasjenige, was sich im Nerv des Auges konsolidieren will. Der Nerv des Auges möchte fortwährend konturierte Gebilde im Auge schaffen. Die Aderhaut mit dem Blute, das da fließt, will das fortwährend auflösen.Es ist ja nicht so grob, wie man sich das gewöhnlich vorstellt, sondern es ist ja tatsächlich so, daß die Arterien des Auges einen eigenen Verlauf haben und dann die Venen sich wiederum eingliedern (siehe Zeichnung, rot), so daß nicht das eine sich auch an das andere anschließt. Gerade im Auge ist es so, daß eigentlich die Arterie so fließt, daß das Blut gewissermaßen ausströmt und dann erst wiederum von der Vene aufgesogen wird; so daß da ein leises Verfließen und Wiederaufgesogenwerden im Auge entsteht. Es ist nur eine ganz falsche und grobe Ansicht, wenn man glaubt, daß das Arterienblut unmittelbar da in das Venenblut übergeht. Es ist nicht so. Es entsteht da ein feines Ausfließen und wiederum ein Aufsaugen. Und in diesem, was da entsteht als ein solches Ausfließen, da vibriert der Zirkulationsrhythmus, und in dem Nerv, der daran grenzt, in dem vibriert eben der Atmungsrhythmus, und die gehen da ineinander im Auge. So daß das Sehen eigentlich darin besteht, daß diese zwei Rhythmen im Auge aufeinanderprallen. Denken Sie sich, diese zwei Rhythmen wären gleich: dann würden wir nicht sehen.
Nehmen Sie einmal an, Sie laufen neben einem Wagen her. Wenn Sie gerade so schnell laufen wie der Wagen, dann werden Sie nichts spüren vom Wagen. Wenn Sie aber viermal langsamer gehen und doch den Wagen halten, dann werden Sie einen Zug verspüren. Der Wagen, der wird weitergehen, und Sie werden zurückhalten müssen, wenn Sie ihn verlangsamen wollen. Und so ist es im Auge drinnen. Dasjenige, was Funktion des Sehnerven ist, das will aufhalten diesen Rhythmus, der viermal schneller ist. Und in diesem Aufhalten, da bildet sich das, was dann die Wahrnehmung ist, die als Gesichtswahrnehmung auftritt, so wie Sie den Wagen spüren, wenn Sie viermal langsamer laufen; wenn Sie gleich schnell mit ihm laufen, spüren Sie ihn nicht.
Und sich selber, wodurch erleben Sie sich als Ich? Sie erleben sich dadurch, daß Ihr Kopf viermal langsamer läuft als Ihr übriger Organismus. Das ist das innere Sich-Spüren, das innere Sich-Wahrnehmen,
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dieses Nachlaufen hinter dem Tempo des Gliedmaßen-Stoffwechsel- Organismus mit dem, was die Hauptesfunktionen sind.
Und unzählige von den Erkrankungserscheinungen des Menschen beruhen eben auf folgendem: Für jeden Organismus ist ein bestimmtes Maß von Gleichgewicht zwischen diesen vier und eins vorhanden. Man kann immer sagen, je nachdem der Mensch so oder so organisiert ist, ist ein gewisses Maß von Gleichgewicht vorhanden. Nicht wahr, es ist ja niemals genau eins zu vier, sondern es sind alle möglichen Verhältnisse; darnach individualisieren sich die Menschen. Aber für jede menschliche Individualität ist ein bestimmtes Verhältnis vorhanden.
Wird das gestört, wäre bei einem Menschen, sagen wir, das normale Verhältnis eins zu vier für ein bestimmtes Lebensalter, und würden Verhältnisse eintreten, wodurch das Verhältnis nicht eins zu vier, sondern eins zu viereinsiebentel ist, dann arbeitet die auflösende Kraft zu stark, dann kann der Mensch nicht genug Bildsäule werden. Und Sie brauchen sich nur an gewisse Formen von Krankheiten zu erinnern, wo der Mensch zu stark in sich zerfließt, so haben Sie den Typus solcher Krankheiten.
Ebensogut kann aber auch das andere zu schnell vor sich gehen. Dann entstehen diejenigen Erscheinungen, die sich als Krampfartiges darstellen. Wenn das Astralische durch den ätherischen und den physischen Organismus zu schnell durchvibriert, wenn das Astralische zu schnell durchzuckt und sie nicht langsam genug faßt, dann entstehen die krampfartigen Erscheinungen.
Nehmen Sie zum Beispiel die gewöhnlichen Kinderkrämpfe. Diese gewöhnlichen Kinderkrämpfe beruhen auf nichts anderem als darauf, d;aß heim Kinde erst der astralische Organismus und das Ich in richtiger Weise untertauchen müssen in den physischen Organismus und in den ätherischen Organismus. Da muß sich erst das richtige Verhältnis herstellen. Denken Sie sich nun, der astralische Organismus und das Ich, die also zunächst hineinvibrieren in den Gliedmaßen-Stoff wechselmenschen, die vibrieren zu schnell. Der andere Mensch, der kann das nicht sogleich fassen. Wenn es richtig vibriert, dann ist es so, daß wenn Sie hier zum Beispiel ein Stück physischen und ätherischen Menschen haben, der vom astralischen Menschen und dem Ich durchsetzt
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werden soll, das langsam durchsetzt wird. Ich möchte sagen: Jede Strömung des Astralischen ergreift immer richtig ein Tröpfelchen des Lebenswassers, das vom Ätherischen durchströmt ist. Es paßt sich ein ander an, wenn das richtige Tempo darinnen ist. Wenn aber das zu schnell hineinvibriert (siehe Zeichnung, rot, hell), dann durchstößt das Astralische das Ätherische und damit auch das Lebenswasser, und es entstehen krampfartige Zustände, was insbesondere als Kinderkrämpfe auftreten kann, weil ja da erst der richtige Rhythmus in diesem Ein- strömen sich geltend machen muß (siehe Zeichnung, rot, blau).
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Das hat eine sehr weittragende Bedeutung; das hat zum Beispiel die Bedeutung, daß eine sehr böse Krankheitsform, die heute sehr viel Kopfzerbrechen macht, wenigstens damit ihre Erklärung finden wird: nämlich, daß das richtige Zusammenschlagen in einer besonderen Weise gestört wird; eine solche Erkrankung ist zum Beispiel die bitter- böse Kinderlähmung, die dadurch erklärlich wird, aber damit allerdings nicht gleich ihre Heilung findet, weil durch weiter zurückliegende Verhältnisse das Nichtzusammenstimmen bewirkt wird.
Überhaupt ist es nur möglich, in den menschlichen Organismus hineinzuschauen, wenn man solche Verhältnisse wirklich berücksichtigen kann, wenn man weiß, daß da nicht nur in abstrakter Weise der Mensch schläft mit seinem Ich und astralischen Leib außer dem physischen und dem Ätherleib, sondern wenn man weiß, daß in dem, was in der Nacht außer dem physischen und dem Ätherleibe ist, die Impulse liegen zu einer viel langsameren Lebenstätigkeit als in demjenigen, was dann zurückbleibt in der Nacht. Schlafend ist der Mensch
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fast ganz Gliedmaßen-Stoffwechselmensch, bis ins Gehirn hinauf, denn alles vollzieht sich da unter dem Einfluß vom Gliedmaßen-Stoffwechselmenschen.
Nun ist innerlich der Mensch mit Bezug auf alles das, was dem langsamen Rhythmus unterliegt, sehr stark den ahrimanischen Kräften ausgesetzt, mit Bezug auf all das, was dem schnellen Rhythmus entspricht, sehr stark den luziferischen Kräften. Und so könnten Sie auch sagen, wenn Sie sich einmal die Holzgruppe ansehen würden: An derselben ist alles Ahrimanische hingestellt auf den langsamen Rhythmus, der daher verhärtet die Formen und sie spitz und steif macht. In allem Luziferischen ist auf den schnellen Rhythmus hingearbeitet, der alles rundet, weil er schneller abläuft, der daher alles rundet, es nicht versteift, sondern wogend macht. Sie können es da den plastischen Formen ansehen, daß man es zu tun hat mit einem Zusammenschlagen im Verhältnis von drei oder vier zu eins.
Diese Dinge sind sowohl wichtig für das Verständnis des gesunden menschlichen Organismus, wie sie wichtig sind für das Verständnis des kranken menschlichen Organismus. Und man wird schon sehen, wie man für die Wissenschaft nötig haben wird diese Ergänzung, die nur von seiten dessen kommen kann, was hier anthroposophische Geisteswissenschaft genannt wird. Ich werde diese Betrachtungen fortsetzen,um sie dann so zusammenzuschließen, daß uns auf der einen Seite aus dem Menschen die Geschichte, und auf der anderen Seite aus der Geschichte der Mensch entgegenkommen wird.
GEISTIGE ZUSAMMENHÄNGE IN DER GESTALTUNG DES MENSCHLICHEN ORGANISMUS Zweiter Vortrag, Dornach, 22. Oktober 1922
#G218-1992-SE068 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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GEISTIGE ZUSAMMENHÄNGE IN DER GESTALTUNG
DES MENSCHLICHEN ORGANISMUS
Zweiter Vortrag, Dornach, 22. Oktober 1922
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Ich möchte heute einmal zeigen, wie dasjenige, was am Menschen zu begreifen ist, als Grundlage dienen kann, um auch größere geschichtliche Zusammenhänge ins Auge zu fassen, damit wir dann vielleicht morgen dazu übergehen können, etwas nach dieser Richtung hin gerade aus der Gegenwart zu begreifen. Ich habe ja schon vorgestern über den Menschen selber in seiner Konstitution gesprochen. Ich möchte das heute von einem anderen Gesichtspunkte aus tun.
Betrachten wir den Menschen einfach so, wie er im Leben Tag für Tag drinnensteht, und zwar zunächst heute einmal von der alleralltäglichsten Seite. Der Mensch muß sich, um sich zu erhalten, ernähren. Er muß dasjenige, was wir gewöhnlich Stoffe der Natur nennen, aus dem tierischen, pflanzlichen und zum Teil auch aus dem mineralischen Reich in seinen eigenen Organismus herein aufnehmen. Aber dasjenige, was der Mensch aus der äußeren Umgebung aufnimmt, das unterliegt im menschlichen Organismus einer ganz gewaltigen Umänderung. Zu- nächst, wenn wir Nahrungsmittel aufnehmen auf dem gewöhnlichen Wege, so bekommen wir sie, höchstens vorbereitet durch die Kochzubereitung, in unseren Organismus herein so, wie sie zunächst draußen In der umgebenden Natur, vielleicht eben etwas zugerichtet, sind. Wir bekommen außerdem durch unsere Atmung die Luft auch wiederum In demjenigen Zustand in uns herein, wie sie eben in unserer Umgebung vorhanden ist. Sehen wir jetzt zunächst ab von anderem, was im Grunde genommen noch wichtiger ist, zum Beispiel das Licht, das wir auch aus der Umgebung so hereinbekommen, wie es zunächst als Licht ist; aber auch die Nahrungsmittel und die Luft müssen in unserem Organismus einer gewaltigen Umänderung unterzogen werden, damit sie diesen unseren Organismus erfüllen können, damit sie gewissermaßen in unserem Organismus menschlich werden.
Äußerlich beschrieben, ist der Vorgang heute ein ganz bekannter. Wir nehmen die Nahrungsmittel auf, wenn wir zunächst bei diesen
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stehenbleiben, wie gesagt, vielleicht schon etwas zubereitet. Wir verarbeiten sie zunächst, namentlich durch die Absonderung der Drüsen, des übrigen Verdauungsapparates, wir nehmen sie herein, bespülen sie, durchtränken sie mit einem Stoff, den man Ptyalin nennt, der abgesondert wird von den Mundspeicheldrüsen. Wir bringen dann die
Speisen weiter in unseren Verdauungsapparat hinein. Den Weg, der da gemacht wird, habe ich hier nicht zu charakterisieren. Aber den ganzen Vorgang muß ich Ihnen charakterisieren. Dadurch, daß wir die Nahrungsmittel in uns aufnehmen, in uns verarbeiten, werden sie schon etwas verändert gegenüber dem, was sie draußen in der Umgebung sind. Dasjenige, was die Nahrungsmittel in uns werden, das könnten sie niemals durch äußere Vorgänge werden. Wir können in dem chemischen Laboratorium die Stoffe, die unsere Nahrungsmittel darstellen, in der verschiedensten Weise bearbeiten. Das geht dort nicht vor, was mit den Nahrungsmitteln vorgeht, wenn wir sie bis in unseren Magen und von da in unseren Verdauungsapparat bringen. Da werden die Nahrungsmittel in der Tat zu etwas ganz anderem, als sie zunächst äußerlich sind.
Erstens tritt dasjenige ein für sie, daß sozusagen jede Spur des äußeren Lebens aus ihnen herausgetilgt wird. Die Menschen genießen Fleisch. Das ist entnommen der äußeren Umgebung, dem Tierreiche. Aber indem die Menschen es genießen, treiben sie erst gerade durch die Vorverdauung, möchte ich sagen, und die weitere Verdauung dann alles dasjenige heraus, was diese Nahrungsmittel in den Tierkörpern darstellen. Auch noch alles das, was die pflanzlichen Nahrungsmittel dadurch, daß sie einem lebendigen Wesen in der Pflanze angehörten, in sich an Leben haben, muß erst ausgetrieben werden. Nur die eigentlich mineralischen Bestandteile nehmen wir als äußere stoffliche Substanzen auf. Wenn wir unseren Speisen Salz zusetzen, das also schon äußerlich mineralischer Natur ist, wenn wir Zucker zusetzen, der auch schon durch die äußere Zubereitung, wenn er auch vielleicht dem organischen Reiche entstammt, dennoch so weit getrieben ist, daß er bereits tot gemacht worden ist, so haben wir da etwas schon Totes aufgenommen. Das erfährt die wenigste Umgestaltung in uns; das erfährt wirklich bloß eine Umgestaltung, die man schon auch äußerlich labormäßiratoriumsg
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vollziehen könnte. Aber alles, was aus dem Tier- und Pflanzenreiche in unseren Organismus hineinkommt, das muß zunächst gründlich, wenn ich mich so ausdrücken will, getötet werden.
Wir machen auch in unserem Kochen sozusagen eine Art Vortötung, indem wir die Speisen der Wärme unterwerfen und so weiter. Das wird gründlich von unserer Verdauung besorgt, so daß, wenn unsere Nahrungsmittel eine gewisse innere Entwickelung durchgemacht haben bis zum Darm, wenn sie herangekommen sind in diese unteren Verdauungsorgane, in ihnen wesentlich alles dasjenige ausgetrieben ist, was sie äußerlich dadurch sind, daß zum Beispiel die tierischen Nahrungsmittel unterworfen sind dem astralischen Leib und dem Ätherleib des Tieres, daß die pflanzlichen Nahrungsmittel unterworfen sind dem ätherischen Leib bei den Pflanzen und so weiter. Also es muß zunächst auf dem Wege vom Mund bis in den Darm das besorgt werden, daß alle Nahrungsmittel tot sind.
Denn indem jetzt die Nahrungsmittel herankommen an diejenigen drüsigen Organe, welche dann überleiten die Nahrungsmittel von dem Darm in die Lymphgefäße und in die Blutgefäße, da muß auf diesem Wege zurück eine Belebung der Nahrungsmittel stattfinden. Die Nahrungsmittel müssen zunächst tot werden in uns und müssen dann wiederum belebt werden. Wir könnten nicht in unserem menschlichen Organismus eine Fortsetzung desjenigen Lebens vertragen, das im Tiere, dem wir die Nahrungsmittel entnehmen, vorhanden ist, oder das in der Pflanze vorhanden ist. Wir können h&hstens die unorganische Natur so aufnehmen, daß sie uns unsere eigenen Gesetze darbietet. Wir könnten nicht, sagen wir, Kohl essen, könnten ihn nicht bei der Verdauung an unsere Darmzotten so herankommen lassen, daß da drinnen noch dieselben ätherischen Kräfte vorhanden wären, die der Kohl hat, indem er einer Pflanze angehört. Das Ätherische, das Astralische, das die Nahrungsmittel haben, das muß erst weggemacht sein. Und dann muß von unserem eigenen Ätherleib aufgenommen und wieder belebt werden können dasjenige, was wir also aufnehmen. Das Leben der Nahrungsmittel in uns muß von uns kommen. Und das geschieht auf dem Wege von der Darmorganisation durch die Gefäße zum Herzen hin. So daß wir also sagen können: indem die Nahrungsmittel in
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das Blut gelangen, das Blut das Herz durchsetzt, wird von unserem Ätherleib dasjenige aufgenommen, was an erst ertöteten Nahrungsmitteln in uns hineinversetzt wird. So daß Sie sich also vorstellen können: Wenn die Nahrungsmittel vom Mund in den Darm dann gelangen, gehen allmählich die letzten Spuren der Außenwelt verloren, aber hier (siehe Zeichnung, rot) werden sie neu belebt bis zum Herzen hin. Das Neubeleben bedeutet eben, daß sie von unserem eigenen Ätherleib aufgenommen werden. Sie würden nun aber zu wenig den Charakter des Irdischen haben, wenn bloß das geschehen wäre, was ich Ihnen bis jetzt beschrieben habe. Wir würden nämlich Wesen sein müssen, die bis zum Herzen hin bloß Mund- und Verdauungsapparat haben und dann müßten wir anfangen, Engel zu sein, denn es würdeunser Ätherleib die Nahrungsmittel aufnehmen und ganz auflösen. Wir würden nicht irdisch sein können. Wir müßten dann so herumfliegende Münder mit anhängenden Schlünden sein, und Magen und Darm und Herz noch haben, und dann, nicht wahr, würde das alles von unserem Ätherleib aufgenommen werden. Aber sonst müßten wir dann Ätherleib sein, und in dem Ätherleib würden dann die Nahrungsmittel sich verflüchtigen. Wir würden nicht Erdenmensch sein können. Daß wir es sein können, das wird dadurch bewirkt, daß nun der Sauerstoff der Luft aufgenommen wird. Es wird also in das, was durchdrungen
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ist an Nahrungsmitteln vom Ätherleib, der Sauerstoff der Luft her- eingenommen, und dadurch bleibt weiter für uns die Möglichkeit, daß wir irdische, fleischliche Menschen sind hier auf Erden zwischen Geburt und Tod (siehe Zeichnung, hell). Also der Sauerstoff macht wiederum dasjenige, was sich sonst in unserem ätherischen Leib verflüchtigen würde, zu dem Irdisch-Lebendigen. Der Sauerstoff ist derjenige Stoff, der etwas, das sich sonst nur als ein Ätherisches bilden würde, ins Irdische hereinversetzt. Jetzt sind wir bis zu der Verbindung von Herz und Lunge gekommen. Das Herz würde uns noch nicht zum irdischen Menschen machen, sondern es würde uns nur so weit bringen, daß wir nun an das Herz unseren Ätherleib anschließen würden und als solche Engel auf der Erde herumfliegen würden, die also vielleicht manchem wenig schön vorkommende Ingredienzien hätten, wie Mund, Schlund, Gedärme und Gefäße bis zum Herzen hin. Aber dadurch, daß das Herz mit der Lunge in Verbindung ist, den Sauerstoff aufnImmt, wird die Nahrungsaufnahme nicht nur ätherisiert, sondern auch verirdischt.
Jetzt kommt die Notwendigkeit, daß dasjenige, was nun von unserem Ätherleib aufgenommen ist, vom Sauerstoff durchtränkt ist, so daß wir irdische Menschen sein können, dem astralischen Leib eingefügt werden muß. Das ist jetzt noch nicht vom astralischen Leib aufgenommen, das ist erst vom Ätherleib aufgenommen. Es muß jetzt die Tätigkeit entwickelt werden, daß alles das, was sich da bis zur HerzLungentätigkeit herausgebildet hat, von dem ganzen Organismus aufgenommen wird, aber so, daß auch der astralische Organismus dabei etwas zu tun hat. Diese Tätigkeit vermittelt das Nierensystem des Menschen, das nun dasjenige absondert, was unbrauchbar ist von den Stoffen, die aufgenommen werden, aber das übrige in den ganzen Organismus auf Wegen leitet, die die heutige Physiologie gar nicht eigentlich beschreibt, die aber vorhanden sind.
Und da wird nun, wenn ich mich so ausdrücken darf, der ganze Brei, der aber jetzt schon lebendig bleibt - er ist nur im Darmkanal ganz ertötet worden, ist dann belebt und von Sauerstoff durchtränkt worden -, durch die Tätigkeit des Nierensystems, das sich über den ganzen Organismus erstreckt und überall hinstrahlt, in den astralischen
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Leib hineinbefördert, so daß dieser jetzt mitarbeiten kann an der weiteren Gestaltung dessen, was durch die Nahrungsmittel in uns bewirkt wird (siehe Zeichnung Seite 71, gelb).
Dieser astralische Organismus, insofern er vom Nierensystem aus seine Anstöße erfährt, steht jetzt wiederum in Verbindung mit dem Kopf-Sinnessystem, das gewissermaßen wie eine Decke darüber ist. Und Nieren- und Kopfsystem zusammen, die wirken nun fortwährend so, daß dasjenige, was eigentlich durch die Herztätigkeit flüssig, verschwimmend ist, nun zu den besonderen Organen geformt wird. Wir würden, wenn bloß Mund, Magen, Därme, Herz und Lunge da wären, gar nicht feste Organe haben, sondern der Magen selber müßte ein verschwimmendes, ein in sich bewegliches Organ sein, ebenso die Lunge, ebenso das Herz. Das könnte alles nicht fest sein. Gestaltet werden diese Organe von den Nieren aus, und den Nieren kommt zu Hilfe dasjenige, was vom Kopfe ausgeht.
Die Organe müssen nämlich nicht nur während der Kindheit gestaltet werden, sondern fortwährend; denn unsere Organe werden fortwährend zerstört. Im Laufe von sieben bis acht Jahren wird solch ein Organ, wie der Magen zum Beispiel, vollständig vernichtet. Seine Substanz kommt ganz weg und wird immer wieder erneuert. Da müssen immer formgebende Kräfte vorhanden sein, die diese Organe er- neuern. In der Kindheit muß noch viel mehr daran gearbeitet werden. Später sind aber diese formgebenden Kräfte auch noch da.
Das geht so vor sich (siehe Zeichnung Seite 74): Das Nierensystem, das auf der einen Seite diese Kräfte ausstrahlt, würde nur einseitig die Organe zustande bringen. Es würde zum Beispiel einen Lungenflügel so gestalten - von der Seite angesehen -, daß er rückwärts ganz nett begrenztwäre, aber nach vorne würde er verschwimmen, er würde da herausschwimmen. Nun muß ihm die Kraft vom Kopfe entgegenkommen, so daß die vordere Fläche vom Kopfe aus gebildet wird, so daß immer die einzelnen Formen des Menschen so geformt werden, daß gewissermaßen die Niere die Kräfte ausstrahlt, und vom Kopf dann die Kräfte kommen, welche so eindämmen, daß die Organe Konturen bekommen, gerundet werden. Vom Kopfe aus werden die Flächen äußerlich gebildet. Die Niere aber liefert so eine Art Strahlung in den Organismus
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hinein. Es ist ungefähr so, sagen wir, wie wenn ich irgend etwas plastisch bilden wollte. Ich nehme in die eine Hand Mörtel oder irgendeine weiche Substanz, und nun lerne ich mir an, mit der einen Hand den Mörtel hinaufzuwerfen (siehe Zeichnung, gelb, rot) und mit der
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anderen Hand abzuglätten. Das eine, das Hinaufwerfen, seien die Nieren, das könnte ich so machen, daß ich irgendeinen Bottich habe, wo ich die Substanz nehnie (siehe Zeichnung); das schleudere ich herauf, oben glätte ich ab und bekomme auf diese Weise diese Organe, die eigentlich ausstrahlen und abgeformt sind. So werden die Organe im Zusammenhang von Nierensystem und Kopfsystem gebildet, und da drinnen wirken die Kräfte des astralischen Leibes. Das ist also etwas, was unter einer außerordentlich starken Veränderung des Stickstoffes vor sich geht. Der Stickstoff ist da schon nicht mehr das, was er äußerlich
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ist, denn der Stickstoff, der also noch die Ähnlichkeit behält mit dem äußeren Stickstoff, geht dann durch die Harnsäure und den Harnstoff weg. Aber dasjenige, was da ausstrahlt von der Niere und verarbeitet wird, das ist eigentlich ein innerlich bis in die wirksamen Kräfte des astralischen Leibes hinein veränderter Stickstoff. Das ist etwas ganz anderes als der äußere Stickstoff.
Da haben Sie dasjenige, was der Mensch als Nahrungsmittel empfängt, getrieben bis zu dem Punkt, wo es in die Astralität, in den Astralleib des menschlichen Organismus aufgenommen wird. Diese Vorgänge, wie ich sie Ihnen jetzt geschildert habe, etwas verändert, finden auch im Tiere statt. Das Tier hat auch diese, ja sogar bei den höheren Tieren noch weitergehende Vorgänge. Bei den niederen Tieren aber finden höchstens noch Andeutungen desjenigen statt, was jetzt kommt. Die höheren Tiere haben es aber, weil sie von dem Menschengeschlecht abgezweigt sind; sie haben es noch, aber es ist bei ihnen deformiert und degeneriert.
Nun, in all das, was da gebildet wird, strahlt nun noch etwas an- deres hinein. Wir haben also zunächst dieses Treiben der Nahrungsmittel bis zur Ertötung. Da kommen wir ungefähr so weit, daß wir die Bauchspeicheldrüse als eine der letzten Drüsen haben, welche die Dinge soweit bringt, daß sie dann, indem sie der Lymphe entgegentreiben, belebt und in den Ätherleib aufgenommen werden können; dann durch die Kommunikation vom Herzen zu den Nieren hin wird das ganze in den astralischen Leib hineingetrieben. Nun muß aber auch noch das Ich engagiert werden. Alles, was in unserem Organismus ist, muß vom Ich in Anspruch genommen werden.
Nun habe ich Ihnen gezeigt, wie das, was sich mit uns vereinigt, von dem ätherischen und astralischen Organismus in Anspruch genommen wird, wie es vom Nierensystem aufgenommen und ins Astralische hineingestrahlt, wie es da mit Hilfe des Stickstoffes zum Irdischen gemacht wird. Wir würden sonst wiederum Engel werden müssen, wenn nicht der Stickstoff in uns wirken würde, der uns wiederum vom Nierensystem aus den astralischen Leib innerhalb des Irdischen erhält. Aber das ganze würde uns nicht so gestalten, daß auch das Ich an dem Ganzen teilnimmt, wenn nun nicht das Lebersystem da wäre
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(siehe Zeichnung Seite 71, blau). Das Lebersystem treibt das ganze in das Ich hinein. Sie sehen, es ist die Fortsetzung der Herzwirkung, denn selbst bis in die Därme hinein geht die Herzwirkung.
Das Aufsaugen durch die Lymphgefäße, das ist noch etwas, was zum Herzen gehört. Das Herz ist in der Regel dasjenige Organ, das mit der Lunge zusammen die äußeren Substanzen in unser eigenes Ätherisches hineintreibt. Von da aus ist es dann das Nierensystem, das es in unser Astralisches hineintreibt. Und das Lebersystem mit seiner Gallenabsonderung treibt das ganze erst in unser eigentliches Ich hinein. Das Gallen- und Lebersystem findet sich auch nur im höheren Tierreiche; bei niederen Tieren nicht, nicht einmal Gallensäure wird da in den körperlichen Substanzen gefunden. Das Lebersystem also mit seiner eigentümlichen Konstruktion der Pfortader und so weiter - man kann das auch anatomisch in jedem Stück belegen -, führt nun das ganze so, daß es ergriffen wird von dem Ich. Wenn alles das, was durch die Niere im Körper ausgestrahlt wird, allein vorhanden wäre, so würde es bloß vom Astralleib aufgenommen sein. Dadurch, daß die Leber vorhanden ist, von der Leber die Galle abgesondert wird und dem Speisebrei schon in dem Darm beigemischt ist, und so das ganze schon durchsetzt ist von Lebererzeugnissen (siehe Zeichnung Seite 71, blau), dadurch wird es dann in den Ich-Organismus hineingetrieben. So also auch beteiligt sich unser Ich-Organismus durch die Leber, die im wesentlichen den Wasserstoff zu ihrem physischen Repräsentanten hat, an dem ganzen Aufbau der menschlichen Organisation. Der Mensch hat eigentlich von außen nichts Lebendiges, nichts Astralisches auf- zunehmen; was er von außen aufnimmt, das hat er erst in seinem eigenen 0rgansystem alles so umzubilden, daß es in sein eigenes Astralisches und in sein eigenes Ätherisches und in sein Ich-System aufgenommen werden kann.
Da haben wir die ganze, ich möchte sagen, normale Organisation des Menschen. Denken Sie, wie das alles zusammenstimmen muß. Es darf zum Beispiel die Nierentätigkeit nicht unterbrochen sein; wenn die Nierentätigkeit unterbrochen ist durch eine Stau- oder eine Schrumpfniere, dann wird der astralische Leib nicht in Anspruch genommen. In Wirklichkeit ist es sogar umgekehrt: wenn der astralischenen
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Leib nicht in Ordnung ist, dann entsteht die Stau- oder die Schrumpfniere. So daß wir in der Beschaffenheit der Niere, wenn also eine Stauoder Schrumpfniere vorhanden ist, ein deutliches Abbild von dem haben, was eigentlich im astralischen Leib des Menschen vor sich geht, ebenso wie wir bei einem degenerierten Herzen ganz genau ein Abbild haben von dem, was im ätherischen Leib des Menschen vor sich geht. Ich habe Ihnen das letzte Mal gesagt, daß da sogar ein Zusammenstimmen des Rhythmus ist. In demjenigen, was von der Niere heraufstrahlt (siehe Zeichnung Seite 71, gelb) sind immer vier Stöße vorhanden, während in dem, was von oben, vom Kopf, abrundend geschieht, nur ein Stoß vorhanden ist. Da ist dasselbe Verhältnis, wie es in dem Verhältnis von Atemzug zu Puls sich ausdrückt. Ich müßte also, wenn ich diesen Vergleich noch einmal gebrauchen darf, hier mit der Hand viermal langsamer runden. So macht es nämlich der Organismus (siehe Zeichnung Seite 74, unten).
Das muß nun alles in der feinsten Weise stimmen, sonst geht das nicht. Krank sein heißt, daß das eben nicht stimmt. Nehmen Sie also zum Beispiel an: der ätherische Leib ist ganz in der Ordnung; der astralische Leib aber, der ist nicht mächtig genug, um alles das, was vom Herzen zu den Nieren herüberströmt, aufzunehmen und in der richtigen Weise zu bearbeiten. Das kann nun auf die Weise geschehen, daß der ätherische Leib zu stark arbeitet. Ich sagte, er sei in Ordnung, aber nehmen wir jetzt an: er arbeitet zu stark. Wenn der ätherische Leib zu stark arbeitet und der astralische Leib normal ist, so kann die Stauniere entstehen mit ihren eigentümlichen Folgen. Ist der ätherische Leib richtig und der astralische arbeitet zu stark, so wird die Niere zu wenig in Anspruch genommen. Dasjenige, was herüberstrahlt, wird, weil der astralische Leib zu stark arbeitet, von ihm in Anspruch genommen, ohne daß die Niere in der richtigen Regulierung in ordentlicher Weise mitarbeitet. Dadurch wird die Niere ausgeschaltet, und es entsteht die Schrumpfniere, die zu gleicher Zeit, weil sie zurückwirkt, zu einer Entartung der Herzfunktion und des Herzens selber führt.
Sie sehen, daß man auf diese Weise zusammenschauen kann dasjenige, was im menschlichen Organismus vor sich geht, und daß man an der Entartung der Organe sehen kann, wie die Glieder der menschlichen
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Wesenheit, physischer Leib, ätherischer Leib, astralischer Leib und Ich eben nicht in der richtigen Weise zusammenwirken.
Man muß sich nur klar sein darüber, daß alle diese Dinge aufeinander abgestimmt sein und in der richtigen Weise zusammenwirken müssen. Nehmen Sie zum Beispiel an, es wird irgendein Organsystem in falscher Weise von irgendeinem Gliede des menschlichen Organismus, vom astralischen Leibe etwa, nicht richtig durchsetzt, dann kann das in zweifacher Weise geschehen. Entweder es wird dasjenige, was vom Nierensystem ausgeht - also vom Kopf aus geschieht die Abrundung, vom Nierensystem die Ausstrahlung -, zu stark angeregt, so daß also eigentlich alles das, was vom Herzen gegen das Nierensystem hin arbeitet, eine zu starke Anregung für das Nierensystem ist. In dieser zu starken Anregung haben Sie eigentlich zu suchen die letzten Urgründe für alle Entzündungen> für alles das, was Entzündungen und Geschwürhaftes im menschlichen Organismus ist. Man muß nur dann den Weg suchen, wie irgendwo im Organismus so eine Entzündung entsteht, und man muß dann versuchen, durch das Heilmittel die Sache so auszugleichen, daß man diese zu starke Wirkung auf die Nierentätigkeit einschränkt.
Das einfachste Mittel, wodurch man das erreicht, ist, daß man versucht, die zu starke Entwickelung von strahlender innerer Körperwärme, die ja immer im Gefolge ist, in irgendeiner Weise dadurch einzudämmen, daß man etwa durch Zufuhr gerade derjenigen Stoffe, die sich in den Blütenorganen der Pflanzen entwickeln, eine innerliche Abkühlung herbei führt. Das ist das Eigentümliche derjenigen Stoffe, die sich gerade in den Blütenorganen der Pflanzen entwickeln, daß man mit ihnen Entzündungen entgegenarbeiten kann dadurch, daß man eine innere Abkühlung herbeiführt. Oder aber es kann auch so sein, daß die plastische Kopftätigkeit, die der Nierentätigkeit entgegenwirkt, zu stark wirkt. Dann entstehen geschwulstartige Bildungen. Bei denen ist eben die plastische, die abrundende Tätigkeit, ich möchte sagen, die kristallisierende Tätigkeit zu groß. Da muß man dann dadurch, daß man von außen Wärme herankriegt - aber man muß sie in der richtigen Weise heranbringen , gewissermaßen äußerlich die Geschwulst durch Wärme umhüllen, so daß sie von außen allmählich
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die werden erst durch Magen, durch Herz zu den Nieren geführt, werden erst da regsam. So hat jede Substanz ihre innere Affinität. Man muß nur die richtigen Substanzen anwenden. So gibt es aber auch solche Substanzen, die, wenn Sie sie einimpfen, sich um ein Magenkarzinom gar nicht küminern würden. Sie haben gar keine Affinität dazu, kümmern sich aber sehr wohl, sagen wir, um ein Brustkarzinom.
Man muß also den Weg finden, wie man ein Geschwür oder eine Entzündung innerlich angreift, oder wie man etwas von außen nimmt, belagert gewissermaßen. Die Geschwülste muß man belagern von außen. So müssen die Dinge im Organismus studiert werden und müssen eben durchaus zusammenstimmen. Dazu muß man natürlich diese höheren Glieder der Menschennatur kennen. Es ist unmöglich> überhaupt über die Niere zu reden, wenn man den Menschen einfach auf den Seziertisch legt und aufschneidet, nachdem er gestorben ist. Dann liegt die Niere neben der Leber meinetwillen; aber was weiß man über die Niere und Leber anders, als daß beide aus Zellen bestehen, in verschiedener Weise aus Zellen aufgebaut sind. Denn die Niere hat eine innige Beziehung zum astralischen Leib, und die Leber zum Ich. Das gibt ihnen erst den Charakter. Ohne das ist die ganze Sache überhaupt sinnlos, zu definieren oder zu betrachten.
Wenn Sie nun ein solches Organ wie die Milz nehmen, da weiß die gewöhnliche Physiologie und Medizin nicht viel darüber zu sagen. Sie finden in allen entsprechenden Lehrbüchern überall die Anmerkung: Über die Milz weiß man heute noch nichts zu sagen. - Sie werden das überall finden, lesen Sie es nur nach. Das ist auch gar nicht zu verwundern. Sehen Sie, der Sprachgenius ist da eigentlich weiser als dasjenige, was Wissenschaft auf diesem Gebiete ist. In diesem Falle - in anderen Fällen ist ja gerade der deutsche Sprachgenius ein außerordentlich weiser - ist es sogar der englische Sprachgenius, der die Milz als «Spleen» bezeichnet. Und das ist eine außerordentlich günstige Bezeichnung, denn die Milz hängt zusammen mit all denjenigen Betätigungen des Menschen, die über das Ich hinausgehen, die schon an das Geistselbst herankommen, und die Milz ist sogar geradezu das Organ des Geistselbstes. Das geht schon ganz ins Geistige hinein. Nur ist das so, daß man das vertragen muß. Die meisten Menschen kön
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das wirklich Geistige nicht vertragen, und sie werden daher durch die Milztätigkeit nicht etwa angeregt zur Betätigung im Geistigen, zum Spirituellen, sondern sie werden «spleenig». Sie werden gerade heruntergestimmt. Der «Spleen» ist ja nichts anderes als ein Geist, der, statt daß er in den Kopf geht, in die Gedärme sich verschlingt. Es ist also «Spleen> eine außerordentlich gute Bezeichnung, die gerade auf das Geistige hinweist, für das die Milz das entsprechende Organ ist.
Daher wirkt die Milz auch in der Weise ausgleichend, wie das dar- gestellt ist in der Broschüre, die von unserem Stuttgarter Physiologischen Institut ausgearbeitet worden ist, namentlich von Frau Dr. KoIisko, wo die Milztätigkeit im Zusammenhange mit der Plättchenentstehung und der ganzen Verdauungstätigkeit dargestellt wird. Da ist nun wirklich einmal eine wissenschaftlich-systematische Darstellung der Milztätigkeit im ersten Anhub unternommen. Würde irgendwo in einem anderen Forschungsinstitute eine solche Arbeit gemacht werden, so würde man das sehr bald als etwas außerordentlich Epochemachendes ansehen. Aber nun ist es eben so, daß, wenn in unserem Kreise, in dem Schoße unserer Gesellschaft etwas entsteht, es nicht in die Welt hinausdringt. Man redet nicht davon. Es ist ja nicht notwendig, daß man, um es zu rühmen, redet, sondern weil es wohltätig wirken könnte im Zusammenhange der ganzen Zeitführung. Aber der Anfang dazu, daß man über die Sache nicht redet, wird ja schon in unserer Anthroposophischen Gesellschaft gemacht. Ich möchte ab- stimmen darüber, wie viele unserer Mitglieder Gelegenheit gehabt haben, daß die ganze Bedeutung der Sache wirklich zu ihnen gedrungen ist! Es ist dann nicht weiter zu verwundern, daß, wenn die Anthroposophische Gesellschaft schon anfängt, sich um dasjenige, was bei uns geschieht, nicht zu kümmern, das natürlich auch nach außen hin wirkt. Wir arbeiten ja in der Tat nicht bloß mit Ausschluß der Öffentlichkeit, sondern in den wichtigsten Dingen auch mit Ausschluß des Interesses der Anthroposophischen Gesellschaft! Aber das ist dasjenige, was ich - heute wenigstens - nur in Parenthese sagen will. Wichtig aber ist, daß wir tatsächlich nur den menschlichen Organismus verstehen können, wenn wir seine höhere Gliederung verstehen.
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Sie sehen, wie fein diese Dinge zusammenstimmen müssen. Es ist sogleich irgend etwas im Organismus nicht in Ordnung, wenn im geringsten in den astralischen Organismus etwas hineinwirkt, was nicht richtig vor sich geht, denn in dem Augenblicke arbeiten die Nieren nicht in Ordnung, und dann treten alle die Folgeerscheinungen einer nicht ordentlichen Nierentätigkeit auf.
Aber das ist nicht so für den Menschen im allgemeinen, sondern das ändert sich von Zeitalter zu Zeitalter. Der Mensch ist eine ungemein feine Organisation; aber diese ist nicht immer gleich. Wenn wir nur ein paar Jahrhunderte zurückgehen - nicht wahr, für die Gesamtent wickelung sind ein paar Jahrhunderte nicht viel -, da kommen wir zum Beispiel in die Zeit, in welcher das jetzige Zeitalter, die eigentliche Epoche der Bewußtseinsentwickelung begonnen hat. Wir kommen hinter das 15., 14., 13. Jahrhundert zurück in der nachchristlichen Zeit. Da ist es in der Tat so gewesen, daß gerade in der zivilisierten Welt - so grotesk das heute auch für die Menschen erscheint -, ungefähr durch die ganze Zeit vom 4. Jahrhundert bis ins 14. Jahrhundert, die Nierentätigkeit das Wichtigste war; und seither ist es die Lebertätigkeit geworden für die Gesamtmenschennatur.
Ich möchte sagen: die Anatomie und Physiologie des Menschen ändert sich eben im Laufe der Jahrhunderte, und namentlich der Jahrtausende, und man kann Geschichte nicht studieren, wenn man nicht auf die feine Struktur des Menschen eingeht und weiß, wie solche Umwandlungen der äußeren Zivilisationserscheinungen, wie die vom Mittelalter in die neue Zeit, auch verknüpft sind mit einer Umwandlung der ganzen Menschheitsorganisation.
Zu solchen Dingen muß man wieder kommen, sonst bleibt immer auf der einen Seite die Wissenschaft stehen, die immer irreligiöser und antireligiöser wird, weil sie schließlich nur herumtappst mit dem Seziermesser und mit der Sonde und so weiter, und auf der anderen Seite das religiöse Leben, das gar nichts mehr über die Welt zu sagen hat, sondern sich nur noch an die egoistischen Instinkte des Menschen für das Leben nach dem Tode richtet. Die Dinge stehen nebeneinander da. Unsere heutige Religiosität hat ja ganz vergessen, daß Gott die Welt geschaffen hat. Sie spricht noch vom Göttlichen, abersiehat vergessen,
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daß Gott die Welt geschaffen hat, und daß man in den Dingen der Welt die Spuren des göttlichen Schaffens überall finden kann. Man muß nicht nur reden von abstrakten wolkenkuckucksheimartigen Verwandlungen der Zivilisation in der Geschichte, sondern man muß wissen, wie gerade durch die zarte Menschenorganisation hindurch, durch dieses Abstimmen des unendlich feinen Uhrwerkes der menschlichen Organisation, die göttlichen Schöpferkräfte den Menschen umwandein, wie dadurch, daß sie einmal, ich möchte sagen, die Saite der Nierentätigkeit etwas stärker anziehen, dann nachlassen, und dann die Saite der Lebertätigkeit anziehen, eine ganz andere Zivilisationsmusik herauskommt.
Nur wenn wir uns nicht darauf beschränken, einen abgesonderten Gott zu betrachten, sondern den Gott verfolgen bis in seine einzelne Tätigkeit hinein, haben wir dasjenige, was die Menschheit der Zukunft braucht; sonst wird sie endlich das Abstrakte ganz pflegen und zu der rein materialistischen Wissenschaft kommen. Einzig und allein wenn wir durchdringen können bis in die konkreten Einzelheiten der Stoffwirksamkeiten im göttlichen Schaffen, kommen wir dazu, Religion mit Wissenschaft zu durchdringen und Wissenschaft wiederum zur Religion zurückzuführen.
Und sehen Sie, es tritt so um die Wende des 12., 13., 14. Jahrhunderts in Europa eine Anschauung auf, die ich von den verschiedensten Seiten her schon charakterisiert habe, und die sich ausspricht in der Gralssage, in der Parzival-Sage, in alldem, was solche Dichter gedichtet haben wie Wolfran: von Eschenbach, Hartmann von Aue, Gottfried von Straßburg und so weiter. Da tauchen die Motive auf. In der Parzival-Dichtung, in der echten Parzival-Dichtung, da taucht besonders ein Motiv auf, das besteht darin, daß man plötzlich einmal darstellen will, wie der Mensch sich hinentwickeln soll zu demjenigen, was man dazumal
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werden durchdrungen von dem, und es strebt alles dahin. Man strebt nach dieser saelde, nach diesem innerlichen Glücksgefühl, das aber nicht irreligiös, nicht etwa ein innerliches Glücksbehagen sein soll, sondern ein Durchseeltsein mit den göttlichen Schöpferkräften.
Warum kommt das herauf? Das kommt herauf, weil dieser Übergang stattfindet von Nierentätigkeit zur Lebertätigkeit. Sie können das begreifen, wenn Sie zur Physiologie Ihre Zuflucht nehmen. Die früheren Physiologen waren, in einer gewissen Beziehung natürlich, bessere Physiologen als die materialistischen Physiologen der Gegenwart; das waren nämlich die Schreiber des Alten Testamentes, wo man zum Beispiel sagte, wenn man schlechte Träume gehabt hat - ich habe darauf schon aufmerksam gemacht -: Der Herr hat mich durch meine Nieren in dieser Nacht gestraft. - Dieses Wissen von gewissen Zusammenhängen einer unnormalen Nierentätigkeit mit den schlechten Träumen, das setzte sich dann fort, und davon war man zum Beispiel im 8., 9., 10. Jahrhundert noch tief durchdrungen, daß man schwer wird durch die Nierentätigkeit. Die Nierentätigkeit war allmählich den Menschen zu etwas Schwerem geworden. Natürlich redet man im Äußeren nur von etwas, was einem schwer geworden war. Man kam nicht so recht hinaus. Man klebte an dem Irdischen`. Und da empfand man dieses Durchsetzen mit Galle von der physischen Seite her, das aber verbunden war mit einer Durch-saeld-ung, als eine Erlösung, eine innerliche Erlösung - ein innerliches, aber gotterfülltes Glücksgefühl, ein Hinwegstreben von dem Dumpfen der Niere. Die Niere entwickelt ja auch eine Denktätigkeit; die Niere entwickelt die dumpfe Denktätigkeit im Menschen auf dem Umwege durch das Gangliensystem, was dann durch Induktion verbunden ist mit dem Rückenmarkssystem und mit dem Gehirnsystem, sie entwickelt namentlich dasjenige Denken, das gerade auch im Mittelalter eine große Rolle gespielt hat. Man nannte es dazumal «tumpheit». Und diese Entwickelung von der tumpheit bis zur Erhellung, saelde, das war ja etwas, was zum Parzival-Motiv wurde. Der Parzival entwickelt sich von der tumpheit bis zur saelde.
Man darf das nicht bloß in der abstrakten Weise betrachten, sondern man muß das auch anschauen mit etwas Gefühl und Empfindung.
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Anfangs ist der Parzival so, wie er hervorgeht aus seiner schwer gewordenen Kultur. Man kriegt ihn nicht recht in Bewegung. Erstspäter kommt die saelde in ihn, nachdem er durch den Zweifel hindurchgegangen ist. Der Zweifel ist in ihm, das Durchrütteltwerden mit dem Herz-Lungensystem. Nachdem er da hindurchgegangen ist, findet er den Einzug in die saelde.
Und es gibt eine solche Möglichkeit, bis in die Glieder des menschlichen Organismus hinein zu verfolgen, was an Stimmungen in der großen Weltgeschichte vorgeht. Man kann sagen: Bei den tonangebenden Menschen, bei denjenigen, die solch ein Parzival-Motiv ausgestaltet haben, bei denen ist es so, daß sie die Pioniere, die ersten Vorläufer waren dieser neuzeitlichen Menschheitsorganisation, die übergegangen ist von der alten Nierentätigkeit zu der neueren Lebertätigkeit.
Man muß so etwas nicht verachten. Man muß nicht sagen: Das ist das niedere Sinnliche. - Gott hat es auch nicht verachtet, die niedere Materie zu schaffen, sondern er hat sie eben geschaffen. Ebenso obliegt es der Erkenntnis, bis in die äußersten Ausläufer des Materiellen hinein die göttliche Schöpfertätigkeit zu verfolgen, und nicht nur ein vornehmer Historiker zu sein, der den Parzival schildert und der sagt: Wenn man den Parzival schildert, darf man nicht zugleich etwas so Niedriges wie die physiologische Tätigkeit des Menschen ins Auge fassen.
Die Welt ist eines, und man muß, um die großen geschichtlichen Zusammenhänge zu verstehen, zu gleicher Zeit wirklich hineinleuchten können von da aus in die einzelnen menschlichen Zusammenhänge. Davon haben ältere Zeiten noch durchaus, auch im Mittelalter, Spuren von Erkenntnissen gehabt. Sie können das in Beschreibungen hinein verfolgen, wie in die des «Armen Heinrich», wo wir sehen, wie noch moralische Heilungen stattfinden und so weiter.
Diese Dinge, die sollten Sie zunächst einmal heute vorläufig hin- weisen darauf, daß alles menschliche Erkennen eine große Einheit darstellt, daß man von dem, was mit den höchsten religiösen Ideen erfaßt werden muß, heruntersteigen kann bis zu dem, was die Menschen oftmals für so Niedriges halten, daß sie es nicht betrachten wollen. Schuld daran ist eben die Gestalt, welche die Wissenschaft der Gegenwart angenommen
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hat, die gar nicht weiß, daß man eben den Geist bis in die äußersten Verzweigungen der Materie hinein verfolgen muß; aber dann erst lernt man allmählich die Welt verstehen. Dann erst lernt man auch sich emporringen zu einer wirklich religiösen Auffassung der Welt; während sie sonst eben vielfach nur eine egoistische ist, eine Auffassung, die auf die egoistischen Motive des Menschen spekuliert, die aber nicht in die Erkenntnis hineingeht, wodurch wir durchaus in einen Verfall, nicht in einen Aufschwung der Zivilisation kommen.
Der Aufschwung der Zivilisation ist denn doch damit verknüpft, daß die Leute das Licht in sich hineinbekommen und die Welt im Lichte betrachten und nicht in der Dunkelheit. Die heutige Physiologie und Anatomie, die die Menschen bloß auf den Seziertisch legt, bloß die Symptome betrachtet, die sich auch noch mit materialistischer Wissenschaft am kranken Menschen beobachten lassen, die kommt eben nicht dahin, wirklich innerlich den Menschen zu verstehen.
Man kann sagen: aufgenommen die Nahrungsstoffe, getötet, belebt, astralisiert, in das Ich umgewandelt, dann erst versteht man Ptyalin, Pepsin in der aufgenommenen, ertöteten Nahrung. Übergeführt in die Lymphdrüsen, zum Herzen übergeführt, vom Herzen befeuert, von den Nieren durchstrahlt, alles astralisch gemacht, von der Leberfunktion aufgenommen und in das Ich übergeführt. Dann kann das ganze von der Milztätigkeit aufgefangen werden, und dann wird der Mensch durch die Milztätigkeit unter Umständen zu einem Enthusiasten gemacht, zu einem, der Kraft empfängt aus der geistigen Welt, oder aber auch er wird durch die Milztätigkeit zum spleenigen, kopfhängerischen Menschen gemacht, der nur auf seinem Stuhl sitzen will, der sich am liebsten nicht vom Geiste durchdringen lassen will, nicht denken will. Solche Menschen gibt es heute zahlreiche. Sie bringen einen zur Verzweiflung, weil sie auf ihren Stühlen sitzen, nur eine schwere Masse eigentlich, wie wenn sie gar keinen Kopf hätten. Die Milztätigkeit, die etwas Hohes sein könnte im Menschen, wirkt eigentlich zerdrückend auf diese Menschen. Statt Enthusiasmus haben sie Spleen, und der tritt schon in den verschiedensten Formen heute auf.
Aber man braucht heute jene Arbeit, welche möglichst viel Spleen in Enthusiasmus, in Feuer umwandelt, so daß die Menscheneben nicht
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nur eine schläfrige, sondern eine wache Zivilisation haben. Das ist dasjenige, was eigentlich von Anthroposophie ausgehen soll, wach sein, Enthusiasmus haben, die Erkenntnis in wirkliche Tätigkeit, in Tat überführen, so daß der Mensch nicht nur etwas weiß, sondern etwas w:rd durch Anthroposophie. Dann erst hat die Anthroposophie ein Ziel und kann ein solches Ziel auch wirklich erreichen. Aber durch Anthroposophie schläfrig werden, heißt eben, der physischen Qualität der Milz viel zu viel Respekt zuerkennen und die hohen geistigen Eigenschaftender Milz nicht fruktifizieren. Das aber weist hin auf etwas, was die gegenwärtige Menschheit gar sehr braucht. Feuer braucht sie, Enthusiasmus braucht sie, begeistert sein können für irgend etwas. Solange wir das nicht können, so lange werden wir immer nur an uns selbst denken, und das bedeutet, zu großen Wert legen auch auf dasjenige, was in uns abgesondert wird als Harnsäure, Harnstoffe, die eigentlich dazu bestimmt sind, nicht in einen Kreis - Zelle, Eiweiß -, sondern in jenes fluktuierende Eiweiß übergeführt zu werden, das wir eigentlich ganz sind. Wir sind im Grunde genommen ein in lebhafter Bewegung fortwährend begriffenes lebendiges, aber großes Zellenhaftes; denn wir haben den Kohlenstoff in uns, wir bekommen den Sauerstoff, indem die Nahrungsmittel ätherisiert werden, wir bekommen den Stickstoff, indem die Nahrungsmittel durchstrahlt werden von der Nierentätigkeit, wir bekommen den Wasserstoff, indem die Leberfunktion hineinspielt im Zusammenhange mit der Sinnestätigkeit, wir bekommen auf diesem Wege schon auch den Schwefel, entwe der den unangemessenen, der heute zumeist geredet wird, der den ordentlichen Schwefel. Aber wir bekommen schon dasjenige, was not wendig ist, damit wir ein lebendiges Wesen sind, das aus Eiweiß, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff besteht, und auch aus Schwefel, aber wie gesagt, es muß eben ordentlicher Schwefel sein. Heute ist noch zuviel von der anderen Sorte vorhanden, von der Sorte, wie es die Studenten meInten von jenem Philosophieprofessor in Würzburg. Der war so langweilig geworden, daß er zuletzt noch zwei Studenten hatte; da konnte er sein Kollegium nur noch zu dreien lesen, aber man ist dann selbst der dritte. Und endlich war keiner mehr da. Und dann hat er an seiner Türe geschrieben gefunden «Schwefelbude». Die Sorte meine ich
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nicht; die ist heute zu sehr verbreitet. Aber was der Mensch sein muß, das ist ein durch und durch Lebendiges, durch und durch Durchseeltes, Durchgeistigtes. Und das kann man schon auch lernen, gerade wenn man es bis in die äußersten Verzweigungen des Stofflichen betrachtet. Dann werden wir erst eine Physiologie bekommen, dann werden wir auch erst etwas bekommen, was auch therapeutisch an die Menschennatur wirklich heran kann.
GEISTIGE ZUSAMMENHÄNGE IN DER GESTALTUNG DES MENSCHLICHEN ORGANISMUS Dritter Vortrag, Dornach, 23. Oktober 1922
#G218-1992-SE089 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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GEISTIGE ZUSAMMENHÄNGE IN DER GESTALTUNG
DES MENSCHLICHEN ORGANISMUS
Dritter Vortrag, Dornach, 23. Oktober 1922
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Sie werden schon aus allerlei früheren Betrachtungen ersehen haben, daß ich nicht die Phrase gerne gebrauche: Wir leben in einer Übergangszeit -, denn jede Zeit ist eine Übergangszeit, nämlich vom Früheren zum Späteren, und es handelt sich immer nur darum: inwiefern ist irgendeine Zeit eine Übergangszeit, was geht über?
Nun, in unserer Zeit ist tatsächlich für denjenigen, der hinein- schauen kann in die geistige Welt, ein sehr wichtiger Übergang vorhanden, und auf diesen wichtigen Übergang hat ja die Weisheit ältester Zeiten irnrner hingewiesen. In den Epochen, in denen von einer geistigen Welt in Wahrheit noch die Rede war, wenn auch nur aus alten traumhaften Erkenntnissen heraus, ist immer gesagt worden, nach Ablauf einer gewissen Zeit werde das sogenannte finstere Zeitalter zu Ende gehen und ein lichtes Zeitalter beginnen. Nun, wenn man die Worte der alten Weisen prüft und ernst nimmt, so kommt man ja wirklich darauf, daß sie gemeint haben, um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert, in der wir eben jetzt leben, sei dieser Übergang von dem finsteren in das lichte Zeitalter. Wir brauchen uns aber nicht etwa darauf einzulassen, durch Anthroposophie die alte traumhafte Weisheit zu erneuern. Ich habe oftmals gesagt, daß das durchaus nicht der Fall ist, sondern daß es sich bei Anthroposophie um dasjenige handelt, was man gegenwärtig durch geistige Forschung erkennen kann. Anthroposophie soll also nicht die Erneuerung irgendwelcher alter Weisheit sein, sondern eine gegenwärtige Erkenntnis. Aber in dieser Sache, bezüglich des Überganges aus dem finsteren Zeitalter in das lichte Zeitalter, muß die gegenwärtige Erkenntnis eben der alten Weisheit durchaus zustimmen.
So wenig man auch, wenn man gerade die Ereignisse der Gegenwart ins Auge faßt, vom Äußerlichen her sagen kann, wir treten als Menschheit, namentlich als zivilisierie Menschheit Europas etwa aus schlimmeren in bessere Zustände ein, so wahr ist auf der anderen Seite
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aber dennoch dasjenige, was schon die alte Weisheit gemeint 'hat mit dem Übertritt in das lichte Zeitalter, und was wir heute wieder meinen müssen. Wir müssen die Dinge nur in der richtigen Weise verstehen. Ich möchte zunächst an einem Beispiele klarmachen, wie der Unterschied eines in diesem Sinne gemeinten lichten Zeitalters und eines finsteren Zeitalters ist.
Die Menschen, die einstmals, etwa im so vorchristlichen Jahrtausend, von einem solchen finsteren und lichten Zeitalter gesprochen haben, die haben dieses finstere Zeitalter als die Folge von einem früheren lichten Zeitalter angesehen und haben die Meinung ausgesprochen, daß, nachdem das finstere Zeitalter eine Weile gedauert haben werde, wiederum ein lichtes Zeitalter kommen werde. Es wird also lehrreich sein, zurückzublicken, wodurch sich in wesentlichen menschlichen Angelegenheiten das lichte Zeitalter, das einmal vorhanden war, das etwa da war im 7. oder 8. vorchristlichen Jahrtausend, wodurch sich dieses lichte Zeitalter von dem späteren finsteren Zeitalter, aus dem wir Menschen nun heraustreten sollen, unterschieden hat.
Ich möchte das, wie gesagt, an einem Beispiel klarmachen, an dem Beispiel des Heilens. Das Beispiel des Heilens ist sehr gut anwendbar dabei, denn man kann daran sehr vieles sehen. In jenem alten hellen oder lichten Zeitalter heilte man nämlich nicht dadurch, daß man hin- blickte auf den physischen Menschenleib. Daran hat man gar nicht gedacht. Man hat überhaupt in jenem alten lichten Zeitalter nicht in dem Sinne von Krankheit gesprochen, wie man heute noch von Krankheit spricht, wie man aber aufhören wird in der Zukunft zu sprechen. Man hat in jenen alten Zeiten natürlich auch die Erscheinung gehabt, daß ein Mensch nach dieser oder jener Richtung einen Verfall seiner Organe erlebte, daß er nach dieser oder jener Richtung eben nicht gesund war, aber man hat nicht von Krankheit gesprochen, sondern man hat geradezu gesagt: Es gibt einen Tod, und der bemächtigt sich des Menschen. - Und man sah eine Art von Kampf zwischen Leben und Tod in dem Falle, wo wir heute sagen, der Mensch ist krank. Also in jenen älteren Zeiten sprach man nicht von Krankheit und Gesundheit, sondern man sprach davon, wenn ein Mensch in unserem Sinn krank geworden war: in dem kämpft der Tod. Und das Gesundmachen sah
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man als ein Bekämpfen, ein Austreiben des Todes an. Man sprach also eigentlich von Leben und Tod. Und Krankheit war nur ein spezieller Fall des Todes, möchte ich sagen, ein kleines Sterben; Gesundheit war das Leben.
Warum sprach man so? Man sprach aus dem Grunde so, weil man dazumal ganz vom ätherischen Leib des Menschen aus heilte. Man kümmerte sich sozusagen damals nicht um den physischen Leib des Menschen, sondern man heilte ganz und gar vom ätherischen Leib des Menschen aus.
Wie machte man das? Nun, sagen wir, der Mensch wäre dazumal von so etwas befallen worden, was wir heute eine Lungenentzündung, Pneumonie nennen. Die Krankheitsform der Lungenentzündung hatte einen etwas anderen Typus dazumal, aber man kann immerhin vOn dieser Krankheitsform sprechen. Da sagte man sich dazumal: Dieser Mensch ist zu stark abhängig geworden von der Erdengegend, in der er lebt. - Es war ja das in den Zeiten, wo Menschenwanderungen, wo das Verlassen der Orte seltener waren als heute. Die Menschen blieben zumeist, wenigstens die Mehrzahl der Menschen, ihr ganzes Leben an dem Orte, wo sie waren. Dennoch, man sagte in einem solchen Falle: Der Mensch ist zu stark abhängig geworden von dem Erdenflecke, auf dem er geboren ist. - Man wußte in jenen älteren Zeiten ganz genau: der Mensch hatte schon ein vorirdisches Dasein, er hat sozusagen durch die Überschau, durch sein Schicksal sich im vorirdischen Dasein seinen Erdenort selber bestimmt. So also sagte man sich: Wenn ein Mensch etwa vor dem vierzigsten Jahre oder noch früher von einer Lungenentzündung, von Pneumonie befallen wird, dann hat er sich seinen Erdenort eben nicht ganz richtig gewählt. Er paßt nicht recht zu seinem irdischen Aufenthalte. - Kurz, man leitete die Krankheit ab von dem Verhältnis seiner menschlichen Organisation zum Erdenflecke, auf dem der Mensch war.
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Wenn ich das aufzeichnen will, so wäre also das so (siehe Zeichnung Seite 91), wenn man sich so die Erde vorstellte, so sagte man sich, wenn da der Mensch lebt, so ist er zu stark abhängig von diesem Erdenfleck, und man muß den Menschen dadurch heilen, daß man ihn innerlich befreit von der äußerlichen Abhängigkeit von diesem Erdenfleck. Das kann man dadurch, daß man ihn in Beziehung bringt zu dem um- liegenden Kosmos, zu der äußeren Himmelswelt. Man sagte: Der Himmel ist dasjenige, was des Menschen Heimat war, bevor er hier auf der Erde war. Er paßt nicht recht auf die Erde herein. Man muß ihn heilen dadurch, daß man ihn in die richtige Beziehung zum Kosmos bringt. - Und das tat man dann etwa in der Weise, daß man sagte:Man muß also den Menschen, weil zuviel Erdenwirkungen in ihm sind, weil gewissermaßen zuviel Schwerkraft und das, was mit der Schwerkraft zusammenhängt, in ihm ist, man muß ihn erleichtern; man muß die überirdischen Kräfte in ihn hineinbringen. - Man sagte sich: Über- irdische Kräfte wirken in diesen oder jenen Pflanzenblüten. Also man bearbeitete diese oder jene Pflanzenblüten, indem man ihren Saft gewann. Man sagte sich: Diese Pflanze, die blüht zu einer gewissen Jahreszeit; sie blüht durch die Einflüsse des Kosmos zu dieser Jahreszeit. - Man erforschte nun, inwiefern der Mensch gerade durch diese Jahreszeit beeinflußt wird. Zu diesem Zwecke wurden ja in älteren Zeiten die Abhängigkeiten des Menschen von den Himmelserscheinungen in einer horoskopartigen Weise gesucht. Und man gab dann als Arzneien
dem Menschen dasjenige, was seinen Ätherleib in eine allgemeine Schwingung brachte. Man sagte sich so: Wenn das der Mensch ist (siehe Zeichnung S. 93, rot), dann ist das sein Ätherleib (hell), und er ist an Pneumonie erkrankt aus dem Grunde, weil sein Ätherleib in der Gegend der Lunge zu stark der Erde zuneigt (blau), und weil die Erdenkräfte auf ihn zu großen Einfluß haben. Jetzt bringt man ihm eben Säfte von Pflanzenblüten bei, welche in ihn hineinwirken und welche diese Kräfte überwinden (gelb). Man führte ihm also Kräfte zu, die ihn in Zusammenhang brachten mit dem Kosmos. Dadurch strebte man an, den ganzen Ätherleib in richtige Schwingungen zu versetzen, damit die unrichtigen einzelnen Schwingungen ausgeglichen werden. Also man fragte sich immer: Was muß man mit dem Ätherleib tun?
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Nun, warum konnte man denn überhaupt in dieser Weise vorgehen? Man konnte das aus dem Grunde, weil man eine deutliche Vorstellung vom menschlichen Ätherleib hatte. In jenen älteren Zeiten sah man nicht bloß den physischen Menschenleib, sondern man sah den physischen Menschenleib leuchten, man sah den Ätherleib. Der Mensch war ein Lichtwesen, und wie man heute am Inkarnat beurteilt, wenn zum Beispiel einer blaß ist, daß er krank ist, so beurteilte man seinen Gesundheitszustand an dem Ätherleib, an der Färbung, wenn er zum Beispiel rot oder blau oder grün wurde. Worauf gründete man also seIne Menschenkenntnis in der damaligen Zeit? Auf das Licht, auf dasjenige, was im Menschen Licht war. Es ist ganz wörtlich zu nehmen: es war das lichte Zeitalter, es war das Zeitalter, in dem man das, was im Menschen als Licht lebte, wirklich sah.
Wenn Sie vom heutigen Gesichtspunkte aus den Menschen nach Gesundheit und Krankheit betrachten, so werden Sie ja finden, daß auch heute gesagt werden muß: das Licht hat einen ungeheuer starken Einfluß auf die menschliche Gesundheit. Der Mensch muß darnach trachten, daß er die richtigen Quantitäten von Licht in seinen Organismus
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hereinbekommt. Wir wissen ja, wie Kihder, die im zarten Alter an Lichtmangel leiden, der Rachitis verfallen oder anderen Krankheiten, die eben durchaus mit dem Lichtmangel zusammenhängen - na- türlich auch mit anderen Dingen, niemals ist eine Krankheit nur aus einer Ursache abzuleiten -, aber solche Dinge, wie Rachitis zum Beispiel, hängen durchaus mit Lichtmangel zusammen. Man kann durchaus konstatieren, wie sehr, sagen wir, die Kinder der Rachitis ausgesetzt sind, die in der Stadt in Wohnungen sind, wo wenig Licht hinein- kommt,und wie wenig Kinder zu Rachitis neigen - im Durchschnitt natürlich -, die in gehöriger Weise dem Licht exponiert werden können. Also auch heute können wir durchaus sagen, daß der Mensch Licht in sich aufnimmt.
Aber das Licht, das heute der Mensch in sich aufnimmt, das ist, wenn ich mich so ausdrücken darf, mineralisches Licht. Der Mensch nimmt dasjenige Licht auf, was auf die Erde, auf die Mineralien gestrahlt und zu ihm zurückgestrahlt wird, oder was er direkt von der Sonne bekommt. Es ist mineralisches Licht. Auch das Licht, das auf die Wiesen, das auf den Baum fällt, wird in mineralischer Weise zu uns geleitet. Es ist totes Licht, das wir heute einsaugen durch unsere Haut, durch unseren ganzen Menschen. In jenem alten lichten Zeitalter, das dem finsteren Zeitalter vorangegangen ist, da waren sich die Menschen bewußt, daß dieses tote Licht eigentlich für sie keine Bedeutung hatte.
Solche Dinge weiß der heutige Geschichtsforscher, auch der Kulturhistoriker, gar nicht. Das Licht, das wir heute so sehr schätzen, das war für jene alten Menschen gar nicht etwas so Schätzenswertes. Ungefähr so unterschieden sie zwischen dem Lichte, das sie schätzten, und diesem heute von uns geschätzten Lichte, wie, sagen wir, wenn wir uns zu Tisch setzen und Teller und Löffel und Gabel haben, auf dem Teller irgendeinen Kuchen oder irgend etwas anderes Eßbares. Da essen wir den Kuchen; wir schätzen auch natürlich Messer und Gabel, aber wir essen sie nicht, sie sind dabei. So war für die Alten bei dem, was sie als Licht schätzten, das dabei, was wir heute vorzugsweise als Licht schätzen. Aber das, was sie als Licht schätzten, das kommt vom Pflanzenreich. Das nehmen wir heute gar nicht mehr in der Weise auf, wie es
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in alten lichten Zeiten aufgenommen worden ist. Wir erfreuen uns heute, wenn wir in die Sonne gehen können. Der alte Mensch erfreute sich, wenn er über eine Wiese, durch einen Wald ging, weil er in sich, durch seine Haut hereinsaugte das Licht, das zunächst der Wald aufgesogen hatte, das belebt war im Walde, belebt war auf der Wiese.
Und das andere, das tote Licht, das war die Zutat. Für uns ist die Zu- tat die Hauptsache geworden. Der alte Mensch lebte in dem Lichte, das ihm die Blumen, das ihm die Bäume des Waldes gaben. Für ihn war das ein Quell innerlichen Durchlebtwerdens mit Licht, mit innerlichem lebendigem Licht, und nicht mit totem Licht. Wir haben gar keine Vorstellung davon mit unserer abstrakten Freude am Walde, mit unserer abstrakten Freude an den Blumen, mit alldem, was im Grunde genommen, ich möchte sagen, im kosmischen Sinne philiströs ist. Es mag noch immer sehr schön sein, aber es ist philiströs im Gegensatz zu dem, was an innerlichem seelischem Jauchzen vorhanden war bei den alten Menschen im Angesichte des Waldes, der Wiese, im Angesichte überhaupt dessen, was da draußen lebte. Der alte Mensch fühlte sich verbunden mit seinen Bäumen, mit dem, was gerade die für ihn geeignete Pflanze war. Der alte Mensch fühlte Sympathie und Antipathie in der lebendigsten Weise mit dieser oder jener Pflanze. Wir gehen zum Beispiel über solche Wiesen, wie sie um das Goetheanum herum im Herbste sind. Wir urteilen philiströs, die Herbstzeitlose, das Colchicum autumnale sei vielleicht schön. Der alte Mensch ging an diesen Pflanzen so vorbei, daß er traurig wurde, daß seine Haut sogar sich etwas trocknete, während er an dem Colchicum autumnale vorbeiging. Er empfand sogar etwas von Schlaffwerden der Haare. Während, wenn er vorbeiging, sagen wir, an rot blühenden Pflanzen, meinetwillen an solchen Pflanzen, wie der heutige Mohn es ist, seine Haare flaumig, weich wurden. Also er erlebte das Licht der Pflanzenwelt absolut mit. Es war das lichte Zeitalter und darnach richtete sich sein ganzes Kulturleben, darnach richtete sich auch, daß er heilen konnte, das heißt, daß er den Tod bekämpfen konnte durch die Beobachtung und durch die B.ehandlung des Ätherleibes.
Das wirkte lange nach, und wir sehen zum Beispiel noch, wenn wir zu der älteren griechischen Medizin zurückgehen, zu Hippokrates,
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wie gesprochen wird von den Säften des Menschen, von schwarzer und heller Galle, von Blut und von Schleim. Damit waren eigentlich noch immer Erinnerungen an das alte lichte Zeitalter 'gemeint. Der Schleim war im Grunde genommen für den Ätherleib gemeint und zum Beispiel das Blut für jene Schwingungen, die der astralische Leib im Ätherleib bewirkt und so weiter. Also diese Nachwirkungen waren noch da, und im Grunde genommen bekam erst in der Zeit des Galen, als auch schon für das andere menschliche Kulturleben das Rechnen mit der bloßen physischen Welt heraufkam, auch die Anschauung des Menschen, insofern sie die Grundlage von Heilprozessen sein sollte, einen physischen Charakter. Man sah auf den menschlichen physischen Leib hin.
Aber so richtig war das doch erst an der großen Wende im 15. Jahr- hundert, in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, daß man gar nichts mehr wußte vom menschlichen Ätherleib, nicht einmal, wie er sich in den Temperamenten ausdrückt, daß man anfing, immer mehr und mehr bloß auf den physischen Leib des Menschen hinzuschauen. Es war auch die ältere physische Medizin noch etwas anderes, als sie später, namentlich im 18. und 19. Jahrhundert geworden ist. Die alte physische Medizin hatte noch immer Traditionen, wenigstens von dem früheren Heilen durch den Ätherleib, und man hat eigentlich den Eindruck von jener älteren, auch europäischen Medizin, daß man alte Grundsätze behalten hatte und sie nur auf das Physische übertragen hatte. Es wurde gewissermaßen der physische Menschenorganismus doch fortwährend unter dem Einfluß des ätherischen Organismus gesehen. Erst in der neueren Zeit, in der kopernikanischen Zeit, in der Galilei-Zeit, fing man an, immer mehr bloß den physischen Menschenleib zu betrachten, und man hörte auf, etwas zu wissen, was die früheren Zeiten ganz genau gewußt haben. Man denkt ja heute: Wenn der Mensch diesen oder jenen Stoff, den man da draußen in der Natur findet, ißt, so bleibt er im menschlichen Organismus im Grunde genommen dasselbe. Das ist aber nicht wahr. Annähernd dasselbe bleiben nur etwa die Salze; aber alles das - ich habe es ja gestern gesagt -, was im Tier- und Pflanzenreich ist, wird im menschlichen Organismus etwas ganz anderes. Der menschliche Organismus ändert es völlig. Man wußte, daß der
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physische Menschenorganismus in seiner inneren Zusammensetzung «nicht von dieser Welt ist», und man wußte, daß im Grunde genommen Krankwerden nichts anderes ist als eine Fortsetzung dessen, was durch das menschliche Essen geschieht. Und es gab tatsächlich eine Zeit, insbesondere unter den arabischen Ärzten, wo man jede Verdauung als einen partiellen Krankheitsprozeß ansah, wo man über die Verdauung die Ansicht hatte, die durchaus nicht etwa unrichtig ist: hat der Mensch gegessen, so hat er etwas Fremdes in sich hinein gebracht und er ist eigentlich krank. Er muß erst durch seinen inneren Organismus, durch die innere organische Funktion die Krankheit über winden. So daß man eigentlich fortwährend in einem «Ein-bißchenKranksein», «Ein~bißchen~die~Krankheit-Überwinden», «Ein-bißchen- Heilen» lebt. Man ißt sich krank und verdaut sich gesund. Das war tatsächlich eine Zeitlang, namentlich unter arabischen Ärzten, eine Anschauung, die durchaus - wenn Ich mich so ausdrücken darf - etwas sehr Gesundes hat, denn es gibt eigentlich keine Grenze zwischen dem, was man heute Sich-gesund-Essen nennt und dem Sich-krank-Essen. Denken Sie sich doch nur einmal, wie leicht es möglich ist, daß man
sich beim Essen verdirbt. Da geht gleich dasjenige, was man gerade noch, wie man sagt, normal überwinden kann, über in das, was man nicht mehr überwinden kann. Dann ist man eben krank. Aber die Grenze ist wirklich gar nicht zu ziehen.
Ebensowenig ist sonst selbst bei Quetschungen zum Beispiel auch die Grenze zwischen dem, was noch auf eine ganz naturgemäße Weise ausgeglichen wird, und dem, wo man zu Hilfe kommen muß durch einen Heilprozeß, gar nicht so ohne weiteres zu ziehen. So daß man also einmal in dem innerlich Krankwerden mit Recht eine Fortsetzung des Essens sah, ein nicht ganz richtiges Essen. Und so studierte man den täglichen Verdauungsprozeß, also das Sich gesund Verdauen; das studierte man.
So ist es auch eine ganz gute Sitte, daß der eine oder andere, der dies oder jenes nicht so ungesalzen vertragen kann, es sich weiter salzt; mancher muß es sich sogar pfeffern, mancher paprizieren, nicht wahr. Weil er die Dinge nicht so ohne weiteres vertragen kann, richtet er es sich zu. Da ist wiederum keine Grenze, wenn einer Pfeffer oder Paprika
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braucht als Heilmittel; da ist wieder keine Grenze, ob man nun Pfeffer oder Paprika gibt, damit man sich gesund verdauen kann, oder ob, wenn die Sache ärger wird, man etwas aus dem Mineralreich nimmt. Ob man das nun als Speisezusatz oder als Medizin gibt, darauf kommt es nicht an. Da ist wiederum ein Ineinanderlaufen, da ist wiederum keine Grenze.
Also das, was man genau wußte, das ist: wenn der Mensch überhaupt irgend etwas aus der äußeren Welt zu sich nimmt, so beeinträchtigt das seinen inneren Organismus, und er muß es unbedingt überwinden. Ob ich mir schließlich einen rostigen Nagel einstoße und mein Organismus ihn herausschwären muß, oder ob ich in meinen Magen etwas hineinbringe, was so nicht bleiben darf, und mein Organismus alle diese Prozesse durchmachen muß, damit er es assimiliert, das hat nur Gradunterschiede. Aber diese Erkenntnis, daß der menschliche Organismus nicht von dieser Erde ist, daß er auf dieser Erde sich nur erhalten kann, wenn er fortwährend angeregt wird, die Kräfte dieser Erde zu überwinden, die war vorhanden. Wir essen nämlich nicht, damit wir diese oder jene Speise in uns bekommen, sondern wir essen aus dem Grunde, damit wir die Kräfte innerlich entwickeln, die diese Speise überwinden. Wir essen, um Widerstand zu leisten gegen die Kräfte dieser Erde, und wir leben auf dieser Erde dadurch, daß wir Widerstand leisten.
Aber es wurde das allmählich vergessen. Man nahm die ganze Sache eben materialistisch, und man probierte schließlich nur noch, ob dieses oder jenes Substantielle in diesen oder jenen Pflanzen eine Hilfe gewährt. Ja, sehen Sie, das ist dasjenige, was man einmal gemeint hat und was wir heute wieder meinen müssen mit dem finsteren Zeitalter. Es ist ja alles finster geworden. Man hat früher auf den hellen Ätherleib hingeschaut; der war einem der Mensch. Jetzt sieht man nichts mehr von diesem Licht. Man nimmt nur wahr, wo Stoffe sind, und man hält sich an das tote Licht. Aber dieses tote Licht hat für den Menschen zunächst nur abstrakte Begriffe, hat nur den Intellektualismus hergegeben. Heute stehen wir aber im Übergange zu der Notwendigkeit, in neuer Weise das Licht wiederum zu erkennen. Früher hat der Mensch in sich gewußt: er hat diesen lichten Ätherleib. Jetzt müssen
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wir immer mehr ausbilden das Erkennen, das ätherische Erkennen in der äußeren Welt, namentlich in der Pflanzenwelt.
Goethe hat damit den Anfang gemacht in seiner Metamorphosenlehre. Er hat allerdings das Ganze auch noch intellektualistisch abstrakt in Begriffe gefaßt. Das muß immer mehr und mehr zu Bildern werden. Und wir müssen uns klar sein darüber, daß wir eben dahin kommen müssen, das Pflanzliche in leuchtenden Bildern zu sehen. Während der Mensch geglänzt hat im früheren lichten Zeitalter, muß in Zukunft die Natur um uns herum, insofern sie Pflanzenwelt ist, in den mannigfaltigsten Imaginationen der Pflanzenformen erglänzen. Dann werden wir auch gerade durch dieses Erglänzen der Pflanzenformen in den Pflanzen wiederum die Heilmittel finden. Diese Notwendigkeit steht vor uns. Während ein inneres Licht geschaut haben die Menschen des früheren lichten Zeitalters, obliegt den Menschen der Gegenwart das Schauen in der äußeren Welt, wiederum ein Licht zu schauen, dieses Licht in der äußeren Welt.
Und dieses Licht kann angefacht werden, wenn man sich mehr und mehr in die Geisteswissenschaft vertieft. Sie können sagen: Geistes- wissenschaft, Anthroposophie - da lese ich doch auch nur Begriffe, und schließlich, wenn ich die «Geheimwissenschaft im Umriß» lese, dann sind da auch Begriffe drinnen; da habe ich doch nicht den Anlaß, nun auch wirklich zu schauen. - Doch, meine lieben Freunde! Diese «Geheimwissenschaft» hat ja ein doppeltes Ziel: Zunächst, daß man das kennenlernt, was drinnen steht; aber das ist noch nicht das Ganze.
Wenn Sie meine «Geheimwissenschaft» so gelesen haben wie ein an- Tiinafi deres Buch, dann kennen Sie nämlich erst das Zündhölzchen. Wenn Sie aber Feuer haben wollen, so dürfen Sie nicht sagen: Dieses Zündhölzel ist doch kein Feuer! Es ist doch Unsinn, zu sagen, wenn der mir ein Zündhölzel gibt, daß er mir Feuer gibt, es sieht doch nicht aus wie Feuer. Geheimwissenschaft schaut doch nicht aus wie Hellsehen! - Das wäre gerade so, wie wenn Sie sagen würden: Das Zündhölzel schaut doch nicht aus wie Feuer. - Es wird schon aussehen wie Feuer, wenn Sie das Zündhölzel erst anreiben. Und wenn es das erste Mal nicht geht, reiben Sie ein zweites Mal und so weiter. So ist es mit der «Geheimwissenschaft». Wenn Sie es so gelesen haben wie ein anderes
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Buch, dann ist es eben erst das Zündhölzel; aber wenn Sie es` richtig verrieben haben in Ihrem ganzen menschlichen Wesen, da werden Sie schon sehen, da zündet es. Es hat nur noch wenig gezündet! Aber es zündet, meine lieben Freunde. Und derjenige, der sagt: Das steht dem, was man eigentlich anstrebt, dem Hellsehen, ganz fern -, der will eben das Zündholz bloß angucken, nicht anzünden. Aber es wird nie ein Feuer, wenn Sie das Zündhölzel bloß angUcken. Also es ist tatsäc Mich so: man muß schon erst das Zündholz kennen, sonst wird man sich dem Wahn hingeben können, daß man mit der Stecknadel anzünden könnte. Sie können natürlich mit der Stecknadel - das heißt mit der modernen Wissenschaft - nicht anzünden; Sie können es nur mit dem Zündhölzel, mit dem wirklichen Zündhölzel anzünden; aber es ist so, man kann es anzünden!
Vor dieser Notwendigkeit steht eben das Menschengeschlecht heute, und vielleicht wird sich am meisten gerade an so etwas, wie es das medizinische Wissen und Können ist, zeigen, ob man den Übergang finden wird von dem bloßen Anschauen des Finsteren im Stofflichen - so daß man irgendwie anschaut eine Pflanzenblüte, so wie man es heute tut -, zu dem imaginativ bildhaften Anschauen durch Anzünden des Zündhölzels, um von da aus dann zu erkennen, wie dies oder jenes auf den Menschen wirkt. Und derjenige, welcher sich die Sache jetzt ein wenig überlegt, der wird sich sagen müssen: Das steht vor der heutigen Menschheit, sie soll aus der Finsternis wiederum ins Licht eintreten, sie soll lichtvoll urteilen lernen.
Ich will das noch einmal an einem Beispiel klarlegen. Nehmen wir einmal an, der heutige Arzt diagnostiziert meinetwillen Herzerweiterung. Er macht das in der Weise, wie man das heute macht, und er findet die Herzerweiterung. Man kann nicht viel anfangen mit einer solchen Diagnose. Man hat vielleicht probiert, ob dieses oder jenes da helfend wirken kann, aber man weiß ja keinen Zusammenhang. Man weiß keinen Zusammenhang, weil man die ganze Sache nicht durchschaut. Ein richtiges Durchschauen aber wird folgendes ergeben. Nehmen Sie einmal an, daß, wie ich Ihnen öfter auseinandergesetzt habe, der Mensch doch eigentlich seinen Organismus immer nach sieben Jahren erneuert. Ich habe Ihnen aber auch das letzte Mal gesagt, wie diese
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Erneuerung geschieht. Da werden immerfort vom Nierensystem aus die unverarbeiteten Stoffe gewissermaßen nach aufwärts oder auch nach vorne oder nach unten geschickt. Vom Kopfsystem aus wird die Abrundung vollzogen (siehe Zeichnung), so daß fortwährend vom Kopfsystem aus solche Wellen gehen (blau), welche die Form bewirken,
und vom Nierensystem aus solche Wirkungen stattfinden, die durch die Wellen abgebrochen und geformt werden (rot), viermal schneller, habe ich gesagt.
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Nehmenn Sie ein solches Organ wie das Herz (siehe Zeichnung Seite 102, hell). Auch da findet ungefähr nach sieben, acht Jahren bei je- dem Menschen ein solcher Austausch statt. Das Herz wird erneuert. Es wird neu gemacht. Dasjenige, was Sie an den Fingernägeln sehen, daß sie nach außen hin wachsen, immer nachwachsen, wenn man sie
abschneidet, das ist auch beim ganzen Menschen so: daß er vom Mittelpunkte her die Materie immer erneuert. Nun denken Sie aber einmal, es sei der rhythmische Mensch nicht in Ordnung, es sei so, daß für seine Organisation viel zu schnell diese Strahlen vom Nierensystem herschießen, daß also nicht das richtige Verhältnis von vier zu eins besteht. Das variiert für jeden Menschen, jeder Mensch ist in dieser Beziehung eine Individualität, aber es ist das mit Bezug auf seine ganze Menschheitskonstruktion
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der Fall. Nehmen Sie also an, es sei das nicht in Ordnung, es schlage ein zu schnelles Strahlen vom Nierensystem her. Was wird dadurch geschehen?
Dadurch kann nämlich das Folgende geschehen. Der Erneuerungsprozeß geschieht ja fortwährend - nehmen wir also an, bevor das alte Herz ganz heraußen ist, ganz weggeworfen ist (siehe Zeichnung, hell),
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ist das neue schon hineingeschoben (rot). Da geht es zu schnell. Wenn die Erneuerung zu schnell geht, so kommen solche Erscheinungen wie die Herzerweiterung. Am allerersten werden Sie an der beginnenden Herzerweiterung nachweisen können, daß an der Nierentätigkeit etwas nicht in Ordnung ist. Gerade wenn Sie diese Dinge ernst nehmen von der Erneuerung des Menschen in sieben, acht Jahren, da werden Sie sehen: wenn das schon nach sechs Jahren fertig ist, was erneuert werden soll, so ist das Alte noch nicht genügend fortgeschoben, und das Organ dehnt sich, oder strebt wenigstens darnach, sich zu dehnen. So muß man die Dinge anschauen lernen, in lebendiger Bewegung anschauen lernen. Das steht vor uns. Wir müssen vor allen Dingen das- jenige sehen, was man immer nur abgegrenzt hat. Wie diagnostiziert denn heute der Arzt?
Der heutige Arzt diagnostiziert so, daß er am liebsten außen auf- zeichnet die Konturen des Herzens, so recht eben dasjenige, was fertiges Organ ist. Es kommt gar nicht so sehr darauf an, hinzuschauen, wie das fertige Organ ist, denn es ist eben ein Organ, das immer wegflutet und wieder nachgeschoben wird. Und in diesem Weggehen und Nachschieben
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ist ein innerlich Beweglicheres, und wenn ich es aufzeichne, so ist es im Grunde genommen so, wie wenn ich den Blitz aufzeichne; es ist in einer fortwährenden Beweglichkeit. Ich muß also, wenn ich den Menschen erfassen will, ihn in seiner Lebendigkeit erfassen. Und diese Lebendigkeit, die finde ich heute nur, wenn ich die ganze Welt verstehe und den Menschen aus der Welt heraus.
Das steht vor uns: es muß alles in bewegliches Erkennen übergehen. Vor allen Dingen müssen wir eigentlich schon in der Schule anfangen mit der Beweglichkeit. Es ist etwas Fürchterliches, wenn wir die Kinder im Unbeweglichen halten in der Schule. Es ist zum Beispiel mir immer schon etwas Schweres, daß die Kinder, sagen wir, irgendein fertiges Dreieck haben, mit dem sie alle möglichen Sachen machen. Dieses Stillstehende ist eigentlich nichts. Man müßte im Grunde genommen so etwas haben, wo das Dreieck verschiebbar ist. Darauf kommt es an, daß das Kind richtig die Vorstellung bekommt, daß das alles nur in Bewegung erfaßt werden soll (siehe Zeichnung).
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Es ist natüriictl turchtbar schwer, sich über c1iese L)inge mit den- jenigen, die am liebsten ihren Frieden haben wollen und nur ja nicht so irgend etwas haben möchten, wo man als Mensch tätig sein muß, es ist schwer, sich mit solchen Menschen zu verständigen, die ihre Ruhe und ihren Frieden haben möchten, und die auch schon bös sind, wenn die Kinder spektakulieren, und nun auch noch die Unterrichtswerkzeuge spektakulieren sollen. Es ist etwas Furchtbares natürlich: aber es ist so, wir müssen zum Lebendigen übergehen. Und das alles zusammengefaßt,
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ergibt eben die Forderung, ins helle, lichte Zeitalter hinaufzukommen. Wir müssen eintreten aus dem finsteren ins helle lichte Zeitalter.
Und weil die Menschen es nicht können - das heißt, sie reden sich ein, daß sie es nicht können -, weil die Menschen nicht wollen, weil die Menschen an dem Alten hängen und nicht eintreten wollen ins Neue, und weil das Alte nicht mehr hereinpaßt, deshalb ist es, daß wir die schrecklichen Katastrophen in der Gegenwart erleben. Und wir werden sie noch mehr erleben, wenn die Menschen sich nicht bequemen, ins Neue einzutreten.
Das, was als Katastrophe auftritt, das ist ja die Reaktion des finsteren Zeitalters, das nicht mehr in die Gegenwart hereingehört. Aber da ist es natürlich furchtbar schwer, Verständnis zu finden, weil höchstens in dem Gegensatz zwischen dem Alter und der Jugend heute so etwas auftritt wie eine Ahnung von dem neuen lichten Zeitalter. Die Jugend sagt in der Regel: Ach, die Alten sind Philister. - Auch das hat ja seine Vorgänger. Der große deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte hat ja das schon vorgeahnt, indem er den klassischen Ausspruch tat, daß man eigentlich alle Dreißigjährigen totschlagen sollte, weil der Mensch eigentlich nur bis zu seinem dreißigsten Jahre anständig ist. Das ist ja ein berühmter Fichtescher Ausspruch, und da Goethe, als Fichte ihn getan hat, schon wesentlich älter war, so hat er sich furchtbar geärgert und hat dann diese ganze Lehre in seinem «Faust» im zweiten Teile verspottet. Es war ja auch ärgerlich, nicht wahr, für Goethe. So findet man, daß die Jugend ja schon damit einverstanden ist, daß die Alten Philister sind, aber bis jetzt ist es eben noch nicht zu großem Ernst gekommen mit solchen Dingen, weil die Jugend das bis zu einem gewissen Lebensalter macht, und dann in der Regel sogar ein noch größerer Philister wird, als die Alten es gewesen sind. Es geht ganz hübsch in das Philisterium über. Die Dinge müssen eben auch von dieser Seite aus innerlich genommen werden.
Ich meine also, daß es sich schon darum handelt, daß wir nun wissen: entweder Spenglerismus, das heißt Niedergang des Abendlandes, oder Sich-Anbequemen dem neu auftretenden Zeitalter des Lichtes gegenüber der Finsternis, in welcher die Menschen dem Kosmos gegenüber
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Regenwürmer waren. Das ist nicht anders. Aber es mußte in derGeschichte eine Zeitlang der Mensch Regenwurm sein, weil er sonst von dem Lichte ganz hingenommen wäre. Er konnte seine Freiheit nur erringen im finsteren Zeitalter, und zwar erst eigentlich am Ausgange des finsteren Zeitalters, in der neueren Zeit. Er konnte seine Freiheit nur dadurch erringen, daß das Licht ihn ungeschoren ließ, daß er ein Regenwurmdasein führen konnte.
Nun aber sagte ich Ihnen, die Menschen des älteren lichten Zeitalters haben vorzugsweise das Licht der Pflanzenwelt empfangen. Die Pflanzen tranken gewissermaßen das kosmische Licht, und der Mensch trank wiederum aus dem Becher das Licht, das ihm die Pflanzen dar- reichten.
Wir haben heute nur das tote Licht. Aber auf den Strahlen dieses toten Lichtes ist einstmals der Christus hereingezogen und hat das Mysterium von Golgatha vollbracht. Das ist das große Weltengeheimnis der neuen Zeit. Zwar haben wir das tote Licht. Das tote Licht kann uns nicht selig machen. Aber auf den Strahlen des toten Lichtes ist der Christus auf die Erde hereingezogen, hat das Mysterium von Golgatha vollbracht. Und wenn wir außer uns auch heute das tote Licht haben, dann können wir in uns den Christus beleben. Und mit dem Christus in richtiger Weise in uns, beleben wir alles Licht auf Erden um uns herum, tragen Leben in das tote Licht hinein, wirken selber belebend auf das Licht. Das heißt, wir müssen mit dem richtigen Christus-Impuls in das neue Zeitalter des Lichtes eintreten. Und die Verleugnung des Christus-Impulses ist es im Grunde genommen, welche die Menschen davon abhält, richtig zu sehen, wie ein finsteres Zeitalter in das lichte Zeitalter hinübergeht.
ES ist schon so. Wenn die Pflanze herauswächst aus der Erde
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(siehe Zeichnung S. 105), so entwickelt sie, wie ich Ihnen schon gezeigt habe, den Fruchtknoten oben noch mit den Kräften aus dem vorigen Jahre; nur die Blütenblätter wachsen aus dem Lichte dieses Jahres heraus. Dasjenige, was die Pflanze aus der Erde herauszieht, ist eigentlich vom vorigen Jahre. So daß es ein recht konserviertes Licht war, was die Pflanzen den Menschen einstmals im alten lichten Zeitalter gegeben haben. Wir müssen eben die Möglichkeit finden, das tote Licht mit demjenigen Gemüte in der Welt aufzufassen, das in uns erzeugt wird, indem wir die Kraft des Christus in der lebendigen Anschauung des Mysteriums von Golgatha aufnehmen. Dann beleben wir, wie ich es dargestellt habe, das Licht. Das können wir aber nur, wenn wir alle Dinge versuchen lernen so anzuschauen, wie ich das eben gerade in diesen Vorträgen versuchte, vor Ihnen auseinanderzusetzen.
DIE VERBORGENEN SEITEN DES MENSCHENDASEINS UND DER CHRISTUS-IMPULS Den Haag, 5. November 1922
#G218-1992-SE107 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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DIE VERBORGENEN SEITEN DES MENSCHENDASEINS
UND DER CHRISTUS-IMPULS
Den Haag, 5. November 1922
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Es ist mir immer eine Befriedigung, im Anschlusse an die öffentlichen Vorträge und öffentlichen Veranstaltungen, auch in dem Zweige hier im Haag sprechen zu können, und ich werde heute abend versuchen, Ihnen einiges zu sagen, das eine intimere Fortsetzung, eine Ergänzung sein kann dessen, was ich in der Lage war, in den öffentlichen Vorträgen auszusprechen. Es kommt ja vor allen Dingen für die Erkenntnis der geistigen Welt und für das Erringen eines inneren Zusammenlebens mit der geistigen Welt darauf an, dasjenige im richtigen Lichte zu sehen, was man nennen könnte die verborgene Seite des menschlichen Daseins. Die verborgenen Seiten des menschlichen Daseins sind es ja, welche für die Gesamtbeurteilung und Gesamtbewertung des menschlichen Lebens die wichtigeren sind. Das mag von äußerlich und materialistisch denkenden Menschen nicht gerne zugegeben werden, aber es ist doch so. Niemand kann das menschliche Dasein kennenlernen, der nicht auf dessen verborgene Seiten einzugehen vermag.
Vielleicht könnte man, wenn ich mich so ausdrücken darf, gegen die Götter einwenden, daß sie gerade das Wertvollste für den Menschen in seine verborgenen Lebensseiten hineingelegt haben, daß sie ihm nicht gewissermaßen in dem Offenbaren entgegengetragen haben, was ihm das Wertvollste ist. Wäre das so, dann würde der Mensch in einem höheren Sinne kraftlos bleiben. Gerade dadurch kommen wir ja zu geistig-seelischen Kräften, die dann unser ganzes Dasein durchdringen können, daß wir uns unsere eigentliche Menschenwürde und unser Menschenwesen erst erringen müssen, daß wir erst geistig-seelisch etwas tun müssen, um überhaupt im rechten Sinne Menschen zu werden. Und in diesem Überwinden, in dieser Notwendigkeit, erst etwas zu tun, um Mensch zu werden, liegt, was uns kraftvoll machen kann, was uns gerade im Innersten unseres Wesens mit Kräften durchdringen kann.
Und so will ich denn heute, um gewissermaßen dieses Leitthema, das ich angeschlagen habe, näher auseinanderzusetzen, Ihnen wiederum
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von einem gewissen Gesichtspunkte aus über die verborgene Seite des Menschendaseins sprechen, die sich in die Bewußtlosigkeit des Schlafes hüllt. Und ich will Ihnen dann einiges von dem mitteilen, was sich in Daseinszustände hüllt, die während des Erdenlebens unbewußt bleiben: in die Daseinszustände des vorirdischen Lebens und des Lebens nach dem Tode.
Das Schlafesleben spielt sich ja für den Menschen so ab, daß er mit dem Übergang der Träume - die aber ein höchst zweifelhaftes Dasein und eine höchst zweifelhafte Bedeutung für das menschliche Leben haben, wenn man sie einfach so hinnimmt, wie sie sich darstellen - in die Bewußtlosigkeit des Schlafes verfällt, aus der er erst wiederum herauskommt im Erwachen, wenn er mit seinem Ich und astralischen Leib untertaucht in seinen Ätherleib und physischen Leib, sich also dieser beiden Organisationen als eines Werkzeuges bedient, um seine physische Umgebung wahrzunehmen und dann innerhalb dieser physischen Umgebung durch seinen Willen zu arbeiten. Dasjenige aber, was über Geburt und Tod hinaus liegt, das hüllt sich gerade in jene Wesenheit des Menschen, die mit dem Einschlafen unbewußt wird. Und ich will Ihnen die Zustände, die da der Mensch durchmacht, so schildern, als wenn sie bewußt wären. Bewußt werden können sie nur für das imaginative, inspirierte und intuitive Bewußtsein. Aber es ist ja dies nur ein Erkenntnisunterschied gegenüber dem, was jeder Mensch in der Nacht durchmacht. Derjenige, der als ein moderner Eingeweihter, als ein moderner Initiierter in das Schlafesleben hineinschaut, der weiß, wie es ist. Aber dadurch wird das Schlafesleben auch für ihn selbst ja zu nichts anderem, als es für jeden Menschen ist, auch für den- jenigen, der es ganz unbewußt durchmacht. Und so kann man schon wirk!ichkeitsgemäß schildern, wenn man das, was unbewußt bleibt, einfach so schildert, als wenn der Mensch es bewußt durchmachte. Und das werde ich nun zunächst tun.
Nach dem Übergang über die Träume - ich deutete es schon an - geht der Mensch für das gewöhnliche Bewußtsein in die Bewußtlosigkeit über. Aber diese Bewußtlosigkeit stellt sich in ihrer Wirklichkeit für das höhere, für das übersinnliche Erkennen so dar, daß der Mensch unmittelbar nach dem Einschlafen wie in eine Art verschwimmenden
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Daseins kommt. Würde er seinen Zustand bewußt durchschauen, so würde er sich wie ausgegossen in einer ätherischen Welt fühlen. Er würde sich außerhalb seines Leibes fühlen, aber nicht engbegrenzt, sondern weit ausgegossen; seinen Leib würde er als etwas außer ihm befindliches Objektives verspüren, wahrnehmen. Dieser Zustand wäre eben, wenn er zum Bewußtsein kommen würde, im Seelischen des Menschen innerlich ausgefüllt von einer gewissen Angst oder Ängstlichkeit: man fühlt, man hat die feste Stütze seines Leibes verloren, man fühlt sich wie vor einem Abgrunde.
Was man die Schwelle zur geistigen Welt nennt, muß ja da sein aus dem Grunde, weil der Mensch sich erst vorbereiten muß dazu, solch ein Gefühl zu haben: das Gefühl, jene Stütze verloren zu haben, die der physische Leib abgibt, und jene Ängstlichkeit in der Seele zu tragen, die daher kommt, weil man zunächst einem ganz Unbekannten, Unbestimmten gegenübersteht.
Dieses Gefühl der Ängstlichkeit, wie gesagt, ist nicht da für den gewöhnlichen Schläfer; im Bewußtsein ist es nicht daß aber der Mensch macht es durch. Und was zum Beispiel im physischenTagesdasein Angst ist, das drückt sich, wenn auch in feinen Vorgängen des physischen Leibes, dennoch in eben solchen Vorgängen aus: es sind gewisse Gefäßtätigkeiten des physischen Leibes anders, wenn der Mensch in Angst ist, als wenn er nicht in Angst ist. Es geht also etwas objektiv vor, außer dem, was der Mensch im Bewußtsein als Unruhe und so weiter fühlt. Dieses Objektive einer seelisch-geistigen Angst, das macht der Mensch durch, indem er durch die Pforte des Schlafes in den Schlafzustand eintritt. Aber verbunden ist dieses Angstgefühl mit etwas anderem: mit einem Gefühl tiefer Sehnsucht nach einem GöttlichGeistigen, das die Welt durchflutet und durchwebt.
Würde der Mensch die ersten Augenblicke - oder auch vielleicht für viele Menschen Stunden - nach dem Einschlafen vollbewußt erleben, er würde zunächst in dieser Angst und in dieser Sehnsucht nach dem Göttlichen sein. Daß wir uns überhaupt während des wachen Tageslebens religiös gestimmt fühlen, das ist in erster Linie davon abhängig, daß dieses Angstgefühl und diese Sehnsucht nach dem Göttlichen, die wir in der Nacht durchmachen, herüberwirken in die Stimmung
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des Tages. Es sind, gewissermaßen ins physische Leben herein- projiziert, geistige Erlebnisse, welche uns mit der Nachwirkung jener Angst erfüllen, die uns überhaupt dazu treibt, erkennen zu wollen, was in der Welt das Wirkliche ist, und mit der Nachwirkung jener Sehnsucht erfüllen, die wir im Schlafe tragen und die sich im religiösen Fühlen während des Tagwachens aussprechen.
Nun aber ist das nur in den ersten Stadien nach dem Einschlafen so. Wenn der Schlaf weitergeht, dann tritt etwas Eigentümliches ein: die Seele ist wie zerspalten, wie in viele Seelen auseinandergespalten. Der Mensch würde sich, wenn er bewußt diesen Zustand durchlebte> den heute nur eben der moderne Eingeweihte ganz schauen kann, als viele Seelen vorkommen, und dadurch würde er meinen müssen, er habe sich selbst verloren. Alle die einzelnen Seelenwesen, die eigentlich nur Schattenbilder von Seelen sind, die stellen etwas dar, in das er sich verloren hat. Für diesen Zustand des Schlafes nimmt sich das Menschenwesen schon verschieden aus, je nachdem wir es vor oder nach dem Mysterium von Golgatha betrachten. Der Mensch braucht nämlich eine äußere kosmische Hilfe gegenüber diesem, wenn ich so sagen darf, Zerspaltetsein in viele Seelenabbilder.
In alten Zeiten, die dem Mysterium von Golgatha vorangegangen sind, haben die Eingeweihten, die alten Initiierten, den Menschen auf dem Umwege durch ihre Schüler, durch die Lehrer, die sie in die Welt für die Menschen hinausgeschickt haben, gewisse religiöse Anweisungen gegeben, welche GefüMe im wachen Tagesleben hervorgerufen haben. Und diese Anweisungen, die auch in Kultushandlungen dann von den Menschen ausgelebt worden sind, haben die Seelen verstärkt, so daß sie etwas wie eine Nachwirkung dieses religiösen Gestimmtseins nun wiederum hineingenommen haben in den Schlaf.
Sie sehen die Wechselwirkung zwischen Schlafen und Wachen! Auf der einen Seite erlebt der Mensch in seiner Gottessehnsucht im ersten Stadium des Schlafes etwas, was ihn im Wachleben dazu stimmt, Religion zu entwickeln. Wird diese Religion im wachen Tagesleben entwickelt - und sie wurde in alten Zeiten durch die Initiierten entwikkelt -dann wirkt das wiederum zurück auf das zweite Stadium nach dem Einschlafen: die Seele fühlt sich dann stark genug durch die
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Nachwirkung dieser religiösen Stimmung, gewissermaßen ihr Zerspaltetsein zu ertragen, überhaupt innerhalb der Vielheit wenigstens zu bestehen.
Das ist ja die Schwierigkeit von nichtreligiösen Menschen, daß sie keine solche nächtliche Hilfe haben gegenüber dem Zerspaltetsein in viele Seelen, und daß sie dann das, was sie erleben, ohne die religiöse Stärkung herübertragen ins Tagesleben. Denn alles, was da in der Nacht durchgemacht wird, das wird in seiner Nachwirkung herübergetragen ins Tagesleben. Es ist ja noch nicht so lange her, daß die Irreligiosität und Areligiosität unter der Menschheit eine so große Rolle gespielt hat wie im letzten, im 19. Jahrhundert. Die Menschen haben im- mer noch Nachwirkungen gehabt von dem, was frühere, ehrlichere religiöse Zeiten dem Menschen waren. Aber indem die irreligiösen Zeiten immer weitergehen, werden sie eine bedeutungsvolle Folge haben: die Menschen werden sich aus ihren Schlafzuständen die Nachwirkung dieses Gespaltenseins der Seele herübertragen in das Tagesleben, und das wird namentlich dazu beitragen, daß der Mensch während des Tageslebens in seinem Organismus nicht die zusammenhaltenden Kräfte haben wird, um die Wirkung der Nahrungsmittel in der richtigen Weise in seinem Organismus zu verteilen. Und die Folge der Irreligiosität wird im Laufe von gar nicht so fernen Zukunftszeiten sich in bedeutungsvollen Krankheiten der Menschen ausleben.
Man soll nur ja nicht glauben, daß das Geistig-Seelische in keiner Beziehung steht zu dem Physischen! Es steht nicht in solcher Beziehung, daß unmittelbar dasjenige, was sich heute an Irreligiosität entwickelt, von irgendwelchen dämonischen Göttern mit Krankheit bestraft wird. In dieser äußerlichen Weise spielt sich allerdings das Dasein nicht ab, aber ein innerlicher Zusammenhang ist dennoch vorhanden zwischen dem, was der Mensch geistig-seelisch durchmacht, und dem, was seine physische Beschaffenheit ist. Damit der Mensch während des Tagwachens gesund sein kann, hat er nötig, in sein Schlafesleben das Gefühl seiner Zusammengehörigkeit mit den göttlich-geistigen Wesenheiten hineinzutragen, in deren Geschehen er seinen eigenen ewigen Wesenskern während der Schlafenszeit einsenkt. Und nur aus dem richtigen Darinnenstehen in einer geistig-seelischen Welt zwischen dem Einschlafen
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und Aufwachen kann der Mensch die richtigen, auch geistig-seelisch gesundenden Kräfte für sein Tagwachen hervorholen.
Während dieses zweiten Schlafstadiums gelangt nun der Mensch dahin, an der Stelle seines gewöhnlichen physischen Bewußtseins nicht ein kosmisches Bewußtsein, wohl aber ein kosmisches Erleben zu haben. Wie gesagt, erst der Eingeweihte bringt sich dieses kosmische Erleben zum Bewußtsein, aber erleben tut es jeder Mensch in der Nacht vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Und während dieses zweiten Stadiums des Schlafes ist der Mensch in einem solchen Lebenszustande, daß sein Inneres Nachbildungen der Planetenbewegungen unseres Sonnensystems vollführt. Während des Tages erleben wir uns in unserem physischen Leibe. Wenn wir von uns als physischen Menschen sprechen, so sagen wir: In uns sind unsere Lunge, unser Herz, unser Magen, unser Gehirn und so weiter, das ist unsere physische Innerlichkeit. Im zweiten Stadium des Schlafes ist unsere geistig-seelische Innerlichkeit die Bewegung der Venus, die Bewegung des Merkur, die Bewegung der Sonne, die Bewegung des Mondes. Dieses ganze Wechsel- spiel der Planetenbewegungen unseres Sonnensystems, wir tragen es nicht direkt in uns, nicht die Planetenbewegungen selbst, aber Nachbildungen, astralische Nachbildungen davon, die sind dann unsere innere Organisation. Wir sind nicht ausgedehnt etwa in den ganzen planetarischen Kosmos; wir sind aber von einer ungeheuren Größe gegenüber unserer physischen Tagesgröße. Wir tragen nicht die wirkliche Venus während jedes Schlafzustandes in uns, aber ein Nachbild ihrer Bewegung. Und was sich da in unserem Geistig-Seelischen zwischen dem Einschlafen und Aufwachen im zweiten Stadium des Schlafes zuträgt, das sind solche Zirkulationen der Planetenbewegungen in astralischer Substanz, wie - angeregt durch die Atmungsbewegung - während des Tages unser Blut durch unseren physischen Organismus zirkuliert. So daß wir in der Nacht gewissermaßen ein Nachbild unseres Kosmos als unser Innenleben in uns zirkulieren haben.
Wir müssen zuerst das Zerspaltensein der Seele durchmachen, dann können wir diese Zirkulation der planetarischen Nachwirkung erleben. Wie gesagt, den alten Menschen vor dem Mysterium von Golgatha gaben ihre Eingeweihten Anweisungen, damit sie dieses Zerspalten
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sein der Seele ertragen konnten und damit die Seele sich zurechtfand in diesen Bewegungen, die jetzt ihr inneres Leben ausmachten. Nach dem Mysterium von Golgatha ist etwas anderes an die Stelle dieser alten Lehre getreten. Dasjenige ist eingetreten, was der Mensch innerlich als Gefühl, als Empfindung, als seelisches Leben und seelische Stimmung sich aneignen kann, wenn er sich so recht verbunden fühlt mit dem, was durch das Mysterium von Golgatha für die Menschheit auf der Erde durch den Christus geleistet worden ist. Wer sich verbunden fühlt mit Christus bis zu dem Grade, daß sich in ihm das Pauluswort erfüllt: «Nicht ich, sondern der Christus in mir», der hat in diesem Verbundensein mit dem Christus und dem Mysterium von Golgatha für seine Empfindung etwas entwickelt, was in den Schlaf hineln nachwirkt, so daß er nun die Stärke hat, die Zerspaltenheit der Seele zu überwinden und sich in dem Labyrinth der Planetenbahnen, die jetzt sein Inneres sind, zurechtzufinden. Denn zurechtfinden müssen wir uns doch, auch wenn wir nicht bewußt in unserem Inneren das tragen, was für die Seele die planetarische Zirkulation an der Stelle der Blutzirkulation während des Tages ist, die sich in dem zurückgelas senen physischen Leib fortsetzt.
Nachdem wir dieses durchgemacht haben, kommen wir in das dritte Stadium des Schlafes. Im dritten Stadium tritt hinzu - es bleiben nämlich immer die Dinge des ersten Stadiums, nur kommen die Erlebnisse des nächsten Stadiums hinzu -, im dritten Stadium des Schlafes kommt hinzu dasjenige, was ich das Fixsternerlebnis nennen möchte. Nachdem wir die Zirkulation der planetarischen Nachbildungen erlebt haben, erleben wir tatsächlich die Formungen der Fixsterne, das, was in älteren Zeiten die Tierkreisbilder zum Beispiel genannt wurde. Und was da erlebt wird, das ist notwendig für die Seelenseite des Menschen, weil er die Nachwirkung dieses Erlebnisses mit den Fixsternen hereintragen muß in sein waches Tagesleben, um überhaupt die Kraft zu haben, jederzeit seinen physischen Organismus von der Seele aus zu beherrschen und zu beleben.
Tatsächlich macht jeder Mensch während der Nacht ein ätherisches Vorstadium in Weltenangst und Gottessehnsucht durch, dann ein Planetarisches Stadium, in dem er in seinem astralischen Leib die Nachbilder
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der Planetenbewegungen fühlt, und er macht ein Fixsternerlebnis-Stadium durch, in dem er sich dann so fühlt - oder sich fühlen würde, wenn er Bewußtsein hätte -, daß er sein eigenes seelisch-geistiges Inneres als Nachbildung des Fixsternhimmels erlebt.
Nun, für denjenigen, der diese Stadien des Schlafes durchschaut, entsteht, ich möchte sagen, jede Nacht eine bedeutungsvolle Frage. Die Menschenseele, der astralische Organismus, die Ich-Wesenheit treten aus dem physischen Leibe hinaus, ihr Inneres wird erfüllt von Nachbildungen der Planetenbewegungen und der Fixsternanordnungen. Die Frage, die da entsteht, ist diese: Warum kehrt denn der Mensch an jedem Morgen, nach jedem Schlafe, wiederum in sein physisches Dasein zurück?
Und da stellt sich für die Initiationswissenschaft heraus, daß der Mensch tatsächlich nicht zurückkehren würde, wenn er nicht, indem er in die Planetenbewegungen und Fixsternformen eintritt, sich auch bei diesem Hinauswachsen in die Nachbildungen des kosmischen Daseins hineinleben würde in die Mondenkräfte.
Er lebt sich in die geistigen Mondenkräfte hinein, in diejenigen Kräfte des Kosmos, welche im physischen Monde und in den Veränderungen des physischen Mondes ihre Nachbilder haben. Während alle anderen planetarischen und Fixsternkräfte eigentlich den Menschen hinausziehen aus dem physischen Leibe, sind es die Mondenkräfte, die ihn immer wieder und wieder beim Aufwachen zurückbringen in sei- nen physischen Leib. Der Mond hängt überhaupt mit alledem zusammen, was den Menschen aus dem geistigen Dasein zum physischen Da- sein hinbringt. So ist es auch gleichgültig - es kommt ja nicht auf die physische Konstellation dabei an, obwohl diese eine gewisse Bedeutung hat -, ob es sich um Neumond, Vollmond, Wende, abnehmenden Mond handelt, in der geistigen Welt ist ja der Mond immer da: die Mondenkräfte sind es, die den Menschen zurückgeleiten in die physische Welt, in seinen physischen Leib.
Sie sehen, daß, indem ich Ihnen, wenn auch nur skizzenhaft schildere, was der Mensch durchmacht zwischen dem Einschlafen und Aufwachen, darin so etwas gegeben ist wie ein Abbild des Aufenthaltes des Menschen in der geistigen Welt überhaupt. Und so ist es auch. Wir erleben
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im Grunde genommen jede Nacht ein Abbild von dem, was wir durchmachen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Wenn wir durch Imagination, Inspiration und Intuition zurückschauen in das vorirdische Dasein, dann erblicken wir uns zunächst als geistig-seelische Menschenwesenheit in einem sehr frühen Stadium unseres vorirdischen Daseins. Wir erblicken uns so, daß wir ein kosmisches Bewußtsein haben. Da sind wir nicht in einem Leben, das nur Nachbildungen des Kosmischen in sich trägt wie im Schlafesleben, sondern da sind wir in der Tat ausgegossen über den wirklichen Kosmos. Und ungefähr um die Mitte des Lebens zwischen dem Tode und einer neuen Geburt fühlen wir uns als geistig-seelische Wesen vollbewußt - ja mit einem viel klareren, intensiveren Bewußtsein, als wir nur irgendwie auf Erden haben können - umgeben von göttlich-geistigen Wesenheiten, von den göttlich-geistigen Hierarchien. Und so wie wir auf Erden mit den Naturkräften arbeiten, wie wir als Werkzeuge die äußeren Naturgegenstände haben, so spielt sich eine Arbeit ab zwischen uns und den Wesen der höheren geistigen Hierarchien.
Und worin besteht diese Arbeit? Nun, diese Arbeit besteht darin, daß im Vereine mit einer ungeheuren Anzahl erhabener geistiger Wesenheiten des Weltenalls der geistig-seelische Mensch den kosmischen Geistkeim seines physischen Menschenleibes im Geistigen webt. So sonderbar Ihnen das erscheinen mag: den physischen Menschenleib als geistigen Keim herauszuweben aus dem kosmischen All, das ist die größte, bedeutsamste Arbeit, die überhaupt im Weltenall denkbar ist. Und daran arbeitet nicht nur die menschliche Seele in dem charakterisierten Zustande, daran arbeitet diese menschliche Seele im Zusammenhange mit ganzen Scharen göttlich-geistiger Wesenheiten. Denn wenn Sie sich das Komplizierteste vorstellen, was hier auf Erden gebildet werden kann, so ist das ein Primitives und Einfaches gegen jenes gewaltige Gewebe von kosmischer Größe und Grandiosität, das da gewoben wird und das dann zusammengeschoben, in sich verdichtet wird durch die Empfängnis und durch die Geburt, was mit physischer Erdenmaterie durchsetzt wird und physischer Menschenleib wird.
Wenn man hier auf Erden von einem Keime spricht, spricht man von einem kleinen Keime, der dann verhältnismäßig groß wird. Wenn
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wir jetzt gegenüber dem Menschenleib als Produkt des Geistigen von seinem kosmischen Geistkeim sprechen wollen, so ist der von riesiger Größe. Und indem der Mensch von jenem Zeitpunkte, den ich Ihnen angedeutet habe, gegen seine Geburt zu lebt, verkleinert sich immer mehr und mehr der geistig-seelisch grandiose Menschenkeim. Der Mensch arbeitet ihn weiter aus fortwährend im Hinblick darauf: das wird zusammengewoben und zusammengeschoben, verdichtet zu dem physischen Menschenleib.
Wirklich, nicht umsonst haben ältere Eingeweihte - allerdings aus einer Art von Hellsehen heraus, die nicht mehr die unsrige sein kann, aber die neuere Initiationswissenschaft zeigt uns dasselbe -, nicht um- sonst haben diese Eingeweihten den menschlichen Leib einen «Tempel der Götter> genannt. Er ist es, denn er wird von der menschlichen Seele jedesmal zwischen dem Tode und einer neuen Geburt im Vereine mit Götterwesenheiten aus dem Weltenall heraus gewoben. Und dann, auf die noch zu schildernde Art, wird ihm seine physische Gestalt gegeben. Indem der Mensch in dem angezeigten Stadium an dem Geistkeime seines physischen Leibes webt, ist er in einer Seelenverfassung, in einer Seelenstimmung, die man nur vergleichen kann mit dem, was der moderne Eingeweihte die Intuition nennt. Der Mensch lebt mit seiner Seele in den Göttertaten drinnen. Er ist ganz ausgeflossen in kosmisches Götterdasein. Er erlebt in diesem mittleren Zustande zwischen dem Tod und einer neuen Geburt mit, was die Götter leben.
Aber indem der Mensch dann weiterschreitet, indem er mehr gegen die Empfängnis oder die Geburt schreitet, ändert sich das. Gewissermaßen hat er dann für das Bewußtsein den Eindruck: Die göttlich- geistigen Wesen der höheren Hierarchien ziehen sich zurück von ihm. Und es erscheint ihm nur etwas wie eine Offenbarung, wie ein Abglanz, wie wenn die Götter sich zurückgezogen hätten und ihre Nebelnachbilder vor der Menschenseele noch stünden, und als ob eine Art Schleier gewoben würde als Nebelnachbild desjenigen, was früher in Realität gewoben worden ist. Das intuitive Bewußtsein, das man früher gehabt hat, geht jetzt über in ein kosmisches inspiriertes Bewußtsein. Man lebt nicht mehr mit den göttlich-geistigen Wesen, man lebt mit ihrer Offenbarung. Aber dafür bildet sich auch im Seelenbewußtsein
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immer mehr und mehr ein innerliches Ich heraus. Im, ich möchte sagen> Hochstadium des Lebens zwischen dem Tode und einer neuen Geburt lebt man ganz mit den göttlich-geistigen Wesenheiten der höheren Hierarchien; das Ich hat keine innere Stärke, es wird erst wiederum seiner selbst innerlich bewußt, wenn die Götter sich zurück- ziehen und nur die Offenbarung der Götter da ist. Der Schein der Götter, die Ausstrahlung, gelangt in eine Art inspiriertes Bewußtsein herein; dafür aber fühlt sich der Mensch als ein eigenes Wesen. Und was da in dem Menschen zunächst erwacht, das ist eine Art, ich könnte sagen, Begierde, eine Art Begehren.
In der Mitte zwischen dem Tod und einer neuen Geburt arbeitet der Mensch gewissermaßen aus einer tieferen inneren Befriedigung heraus an seinem Geistkeim für den physischen Leib. Er schaut zwar hin auf das Ziel als auf seinen physischen Leib im nächsten Erden- leben, aber er ist nicht von Begierde durchdrungen, sondern nur, man möchte sagen, von Bewunderung, was eigentlich, universell angesehen, dieser physische Menschenleib ist. In dem Augenblicke, wo der Mensch nicht mehr in Götterwelten, sondern in den Offenbarungen der Götter- weIten lebt, erwacht in ihm die Begierde, sich wiederum auf Erden zu verkörpern. Gerade indem das Ich-Bewußtsein immer stärker wird, erwacht diese Begierde, sich auf Erden wieder zu verkörpern. Man entfernt sich gewissermaßen von den Götterwelten, und man nähert sich dem, was man dann als Erdenmensch werden wird. Diese Begierde wird immer stärker und stärker, und auch das, was man äußerlich anschaut, verändert sich. Man hat ja vorher in IauterWesen, in den göttlich-geistigen Hierarchien gelebt, man wußte sich eins mit diesen göttlichen Hierarchien. Wenn man von seinem Inneren sprach, so war das der Kosmos; aber der Kosmos, das waren Wesen, Wesen mit erhabenen Bewußtseinsstufen, mit denen man zusammenlebte. Jetzt ist ein äußerer Schein da, und in diesem äußeren Scheine treten allmählich die ersten Bilder desjenigen auf, was dann die physischen Nachbilder der göttlich-geistigen Wesen sind. Aus dem Wesen, das man drüben kennengelernt hat als hohes Sonnenwesen, kommt der Schein, und in dem Scheine tritt auf gewissermaßen die Sonne von außen gesehen, von der Welt herein gesehen. Hier von der Erde sehen wir hinauf zur Sonne. Wir sehen da zunächst,
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wenn wir herunterkommen, die Sonne von der anderen Seite. Aber es taucht die Sonne, es tauchen die Fixsterne auf, und es tauchen hinter den Fixsternen die Planetenbewegungen auf. Und indem die Planetenbewegungen auftauchen, taucht eben eine ganz bestimmte Art von Kräften auf: die geistigen Mondenkräfte, die nehmen uns jetzt gefangen. Sie sind es auch jetzt, die uns nach und nach in das Erden- leben zurücktragen.
Das ist tatsächlich der Anblick, den der Mensch hat, indem er von den kosmischen Welten heruntersteigt zum irdischen Dasein: daß er aus einem Erleben göttlich-geistiger Hierarchien übergeht zu Bildern von ihnen. Aber die Wesensbilder werden allmählich Sternbilder, und der Mensch tritt ein in etwas, was er allerdings, ich möchte sagen, von hinten zunächst sieht: er tritt ein in das, was sich ihm hier von der Erde aus als Kosmos darstellt. Was da der Mensch vollbringt, das kann in seinen Einzelheiten durchschaut werden, und die moderne Initiationswissenschaft kann in dem Durchschauen dessen, was da der Mensch durchmacht, ziemlich weit kommen.
Gerade durch Einzelheiten auf diesem Gebiete lernt man eigentlich das Leben erst kennen. Denn niemand kennt das Leben, der den Menschen nur im Zusammenhang mit dem Erdendasein zu betrachten in der Lage ist. Was ist uns denn da viel unser Zusammenhang mit dem Erdendasein? In den ungeheuer langen Zeiten zwischen dem Tode und einer neuen Geburt ist uns ja die Erde zunächst nichts, und dasjenige, was uns nur, ich m&hte sagen, als Außerlichkeit entgegenleuchtet, das ist für uns in dieser langen Zeit in ganze Götterwelten gewandelt, in denen wir dann leben, und die erst wiederum sich in ihrer Außenseite als Sterne zeigen, wenn wir uns der Erde nahen für ein neues irdisches Dasein.
Was der Mensch zuerst als den Geistkeim seines physischen Leibes gewoben hat, das weiß er zunächst eins mit dem ganzen Weltenall, mit dem geistigen Weltenall. Dann, indem er nur die Offenbarung der göttlich-geistigen Welten sieht, wird das immer mehr und mehr sein Leib, der jetzt auch ein Nachbild des Kosmos ist. Und aus diesem seinem Leibe tritt die Begierde für ein irdisches Dasein auf, ein IchBewußtsein in seinem Leibe.
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In diesem Leibe ist nun noch vieles unberührt vom Erdendasein, denn es ist ja ein Geistleib. So zum Beispiel ist es für diesen Leib zunächst in einem gewissen Stadium noch völlig unentschieden, ob der Mensch bei seinem nächsten Erdendasein eine männliche oder eine weibliche Persönlichkeit sein wird. Denn während dieser ganzen Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt bis in ein sehr spätes Stadium, bevor man auf Erden geboren wird, hat es gar keinen Sinn, nach Mann und Weib zu fragen. Das sind ganz andere Verhältnisse als die, welche sich auf Erden spiegeln als Mann und Weib. Es gibt auch Verhältnisse, die sich in dem geistigen Dasein abspielen und die sich auf Erden spiegeln; aber das, was als Mann und Weib auf Erden auftritt, das gewinnt erst eine Bedeutung verhältnismäßig spät, bevor man zur Erde heiuntersteigt. Und wir können in den Einzelheiten verfolgen, wie das Menschenwesen - wenn es nach gewissen früheren, karmischen Zusammenhängen glaubt, im kommenden Erdendasein am besten dieses Erdendasein als Frau durchzumachen - beim Heruntersteigen nach dem irdischen Dasein, um sich dann mit dem physischen Menschenkeim zu verbinden, sich jene Zeit wählt, die hier auf Erden als die Vollmondszeit geschaut wird.
Also wir können sagen: Blicken wir von der Erde aus in irgendeiner Gegend nach dem Vollmond, dann haben wir diejenige Zeit, die sich die Wesen wählen, um zur Erde herunterzusteigen, die Frauen werden wOllen. Da erst wird das entschieden. Und die Neumondzeit ist diejenige Zeit, die sich die Wesen wählen, die Männer werden wollen. So daß also der Mensch durch das Mondentor in das irdische Dasein eintritt. Aber die Kraft, die der Mann braucht, um in das Erdenleben einzutreten, wird dann ins Weltenall hinausgeströmt; man geht ihr entgegen, indem man vom Weltenall hereinkommt, und sie wird vom Monde ausgestrahlt> wenn er für die Erde Neumond ist. Die Kraft, welche die Frau braucht, wird ausgestrahlt vom Monde, wenn er Vollmond ist; da ist seine beleuchtete Seite der Erde zu gerichtet, seine unbeleuchtete Seite geht ins Weltenall hinaus, und diese Kraft, die der Mond an seiner unbeleuchteten Seite ins Weltenall hinaussenden kann, die braucht das Menschenwesen, wenn es Frau werden will.
Was ich Ihnen jetzt geschildert habe, das zeigt Ihnen, daß der alte
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Gedanke der Astrologie, der nur durch die landläufigen Astrologen heute vollständig in die Dekadenz gebracht worden ist, seine gute Begründung hatte. Man muß nur die Dinge innerlich anschauen können, wie sie zusammenhängen. Man muß auch nicht bloß rechnend auf die physische Konstellation hinschauen, sondern das entsprechende Geistige davon durchschauen. Da ist es wirklich möglich, in Einzelheiten einzugehen.
Nicht wahr, in einem bestimmten Stadium kommt ja der Mensch aus dem Kosmos herunter. Aus dem geistigen Kosmos tritt er in den ätherischen Kosmos ein. Und ich rede eigentlich jetzt noch ganz vom ätherischen Kosmos; das Physische der Sterne kommt dabei weniger in Betracht, auch das Physische des Mondes kommt weniger noch in Betracht. Das wesentliche Moment, der wesentliche Augenblick> wo der Mensch die Entscheidung trifft, auf die Erde herunterzukommen, hängt, wie ich es geschildert habe, vom Mondstadium, von den Mondenverhältnissen ab. Aber der Mensch ist ja bei diesem Herunterkommen öfter dem Vollmond oder Neumond ausgesetzt, und so kann es sein, daß der Mensch sich zunächst gewissermaßen einem entscheidenden Neumond aussetzt, um Mann zu werden, oder einem entscheidenden Vollmond, um Frau zu werden. Dann aber - es geht ja das Heruntersteigen nicht so schnell, er bleibt längere Zeit exponiert -, dann kann er auch irgendwie sich noch entscheiden, wenn er durch den Neumond als Mann heruntersteigt, trotzdem noch dem kommenden Vollmonde sich auszusetzen. So daß er also die Entscheidung getroffen hat, als Mann herabzusteigen: er hat die Neumondkräfte dazu verwendet; aber er hat noch während seines Abstieges den weiteren Mondengang zu seiner Verfügung, den Vollmondgang. Da erfüllt er sich mit den Mondenkräften dann so, daß diese nun nicht auf sein Verhältnis als Mann oder Weib wirken, sondern vorzugsweise auf seine Hauptesorganisation und auf das, was mit der Hauptesorganisation von außen, vom Kosmos her zusammenhängt, wenn gerade die Konstellation eintritt, von der ich jetzt gesprochen habe. Wenn also der Mensch die Entscheidung getroffen hat: Ich werde Mann durch eine Neumondszeit - und dann noch im Weltenall weiterlebt, so daß er noch nicht ganz durch den Mondeneinfluß durchgegangen ist, sondern noch
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der nächsten Vollmondzeit ausgesetzt ist, dann bekommt er durch die Einwirkung der Mondenkräfte in diesem Zustande zum Beispiel braune Augen und schwarze Haare. So daß wir sagen können: Durch die Art und Weise, wie der Mensch an dem Mond vorbeikommt, wird nicht nur sein Geschlecht bestimmt, sondern seine Haarfarbe und seine Augenfarbe. Ist der Mensch zum Beispiel als Frau an dem Vollmond vorbeigegangen und setzt sich nachher noch dem Neumond aus, sokann er als Frau blaue Augen und blonde Haare bekommen.
So grotesk sich das ausnimmt, so sind wir durchaus prädestiniert durch die Art unseres Erlebens aus dem Kosmos heraus, wie wir als Seelisch-Geistiges in unseren physischen und ätherischen Organismus hier hineinarbeiten. Es ist durchaus vorher nicht entschieden, ob wir ein Blondkopf oder ein Schwarzkopf werden. Das entscheiden erst beim Vorbeigehen, beim Heruntergehen aus dem Kosmos in das irdische Dasein die Mondenkräfte.
Und ebenso wie wir am Monde vorbeikommen, der uns eigentlich hereingeleitet ins irdische Dasein, so kommen wir ja an den anderen Planeten vorbei. Es ist nicht einerlei, ob wir zum Beispiel in der einen oder in der anderen Art, sagen wir, am Saturn vorbeikommen. Wir können zum Beispiel am Saturn dadurch vorbeikommen, daß zusammen- wirken durch die besondere Konstellation die Kraft des Saturn mit der Kraft des Löwen im Tierkreise. Dadurch, daß wir gerade die Region des Saturn passieren, wenn der Saturn in seiner Kraft verstärkt wird durch den Löwen im Tierkreise, dadurch gewinnen wir in der Seele, allerdings bedingt durch unser vorhergehendes Karma, die Kraft, äußeren I,ebenszufällen gescheit zu begegnen, so daß sie uns nicht im- mer niederwerfen. Steht der Saturn mehr, sagen wir, unter der Gewalt des Steinbocks,, dann werden wir schwache Menschen, die zusammensinken unter den äußerlichen Lebensverhältnissen.
Alles das tragen wir in uns, indem wir von dem Kosmos herein unser irdisches Da in vorbereiten. Natürlich kann das durch die entsprechende Erziehung besiegt werden, aber nicht dadurch, daß wir nach Ansicht der Materialisten sagen: Das ist alles Unsinn, das braucht man alles nicht zu berücksichtigen -, sondern gerade dadurch kann es besiegt werden, daß wir diese Kräfte entwickeln, daß wir sie wirklich
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entwickeln. Und die Menschheit wird in der Zukunft wiederum lernen, nicht bloß hinzuschauen - und gegen dieses Hinschauen soll gar nichts eingewendet werden -, ob ein Kind gute Milch bekommt und gute Nah- rung, sondern die Menschheit wird auch wiederum lernen, hinzu- schauen, ob in diesem oder jenem Menschen Saturnkräfte oder Jupiterkräfte unter diesem oder jenem Einfluß wirksam sind.
Sagen wir, wir finden an einem Menschen, daß er durch sein Karma in sich trägt Saturnkräfte unter dem ungünstigsten Einfluß, zum Beispiel unter dem Einfluß des Steinbocks oder Wassermanns, so daß er allen Lebensschwierigkeiten ausgesetzt ist, dann werden wir sorgfältigst nach anderen Kräften in diesem Menschen suchen, wenn wir ihn stark machen wollen. Wir werden uns zum Beispiel fragen: Hat er den Durchgang durch die Jupitersphäre, durch die Marssphäre oder durch irgendeine andere Sphäre durchgemacht? - Und man wird immer eines durch das andere korrigieren und paralysieren können.
Man wird eben lernen müssen, den Menschen nicht nur im Zusammenhange mit dem zu denken, was er im irdischen Dasein zu essen oder zu trinken beginnt, sondern man wird den Menschen im Zusammenhange betrachten müssen mit dem, was er dadurch wird, daß er durch die kosmischen Welten hindurchgeht zwischen dem Tode und
einer neuen Geburt.
Wenn der Mensch schon nahe ist seiner irdischen Laufbahn, dann tritt eigentlich für ihn eine Art von Verlust seines Wesens ein. Er war ja, wie Sie aus meiner Darstellung ersehen, verbunden mit dem, was er sich als den Geistkeim seines physischen Leibes gewoben hat. Er hat dann diesen Geistkeim noch durchwoben mit den Erfahrungen des Heruntersteigens durch Fixsterne und Planeten. In einem bestimmten Stadium, ganz nahe schon an der Konzeption und Geburt, ist der Geist keim nicht mehr da. Dieser Geistkeim ist mittlerweile mit seinen Kräften als Kraftsystem auf die Erde hinuntergestiegen. Er ist dem Menschen entfallen. Er hat sich auf Erden selbständig mit der physischen
Vererbungssubstanz verbunden, die durch die Vorfahren, durch Vater und Mutter gegeben werden. Was da im Organismus gewoben wird, geht eher auf die Erde hinunter als der Mensch als geistig-seelisches Wesen selbst. Und dann, wenn der Mensch so fühlt, daß er eigentlich
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dasjenige, was er im Kosmos erst selbst gewoben hat, abgegeben hat an die Eltern, dann ist er im letzten Stadium vor seinem irdischen Dasein imstande - weil er eben nicht mehr zu weben hat an seinem physischen Leib, der im wesentlichen fertig und auch schon der Vererbungsströmung abgegeben und eingegliedert ist -, dann ist er imstande, aus dem Weltenäther heraus anzuziehen, was er selber als Ätherorganismus braucht. Jetzt zieht er seinen Ätherorganismus zusammen. Und zusammen mit diesem Ätherorganismus verbindet er sich mit dem, was er nun selber vorbereitet hat durch die Eltern. Er übernimmt seinen physischen Leib, in dem dieses ganze kosmische Gewebe des Geistkeimes zusammengezogen ist, und in das hineinverwoben ist, was der Mensch selber beim Heruntersteigen damit verbunden hat, indem er durch diese oder jene Sternenregion durchgegangen ist. Er geht ja nicht nach Willkür durch Neumond oder Vollmond durch und läßt sich dadurch etwa nach Willkür Mann oder Weib werden, oder schwarze oder blonde Haare haben, oder blaue oder braune Augen, sondern das alles hängt innig zusammen mit dem, was die Ergebnisse seines früheren Karma sind.Aus alledem aber werden Sie ersehen, daß der Mensch, während er im Schlafzustande nur Nachbilder der planetarischen Welt, der Fixsternwelt als sein Inneres durchmacht, er jetzt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt diese Welten in ihrer Wirklichkeit durchmacht. Er geht durch sie hindurch, sie werden sein Inneres. Und die Mondenkräfte sind es immer, die uns auf die Erde zurückbringen. Sie unterscheiden sich wesentlich dadurch von allen anderen Sternenkräften, daß sie uns auf die Erde zurückbringen. Sie bringen uns im Schlafe auf die Erde zurück, sie bringen uns auch auf die Erde zurück, wenn wir alles das, was ich skizzenhaft geschildert habe, durchgemacht haben, um wiederum zu einem Lebenslauf auf die Erde zu kommen.
Aber sehen wir uns noch einmal dasjenige an, was da zwischen dem Einschlafen und Aufwachen als astralische und Ich-Organisation außerhalb des physischen Leibes ist. Aus physischen Knochen und physischem Blut ist es nicht gewoben, es ist ein Geistig-Seelisches. Aber hin- ein verwoben ist unser ganzer moralischer Wert. So wie wir hier wachend aus Knochen und Blut und Nerven bestehen, so besteht das, was
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beim Einschlafen aus uns herausgeht und beim Aufwachen in uns wieder hereingeht, aus den real gewordenen Beurteilungen unserer eigenen moralischen Taten.
Habe ich während des Tages eine gute Handlung vollbracht, so ist ihre Wirkung abbildlich in meinem Schlafesleib in dem GeistigSeelischen drinnen, das in der Nacht herausgeht. Meine moralische Qualität lebt da drinnen. Und wenn der Mensch durch die Pforte des Todes geht, da trägt er realisiert seine ganze moralische Bewertung mit. Der Mensch erzeugt in der Tat in sich einen zweiten Menschen zwischen Geburt und Tod im Erdenleben. Dieser zweite Mensch, der jede Nacht aus dem Leibe herausgeht, der ist das Ergebnis unseres moralischen oder unmoralischen Lebens, und das geht mit uns durch die Todespforte.
Dieses Ergebnis, das unserem ewigen Wesenskern eingegliedert ist, es ist ja nicht das einzige, was wir in dem Geistig-Seelischen haben, das in der Nacht aus uns herausgeht. Aber gerade nach dem Tode, wo wir zuerst im Ätherleib, dann im Astralleib sind, sehen wir kaum etwas anderes an uns selbst als diese moralische Wesenheit des Menschen. Ob einer gut oder böse war, das schaut man an: man ist es. Wie man hier ein Haut- oder ein Nerven- oder ein Blut- oder ein Knochenmensch ist, so ist man dort in seiner eigenen Anschauung das, was man moralisch oder unmoralisch war.
Und nun macht man nach dem Tode den Weg hinaus, zuerst durch die Mondensphäre, dann durch die Fixsternsphäre, bis eben in die Zeit hinein, wo man beginnen kann mit den Wesen der höheren Hierarchien zu arbeiten an dem Geistkeim des nächsten physischen Leibes. Aber trüge man dieses Moralische bis in die höchsten Welten hinauf, wo man seinen künftigen physischen Organismus im Geistkeime zu weben hat, da würde dieser physische Organismus eine richtige Mißgeburt werden. Es muß eben eine Zeitlang zwischen dem Tode und einer neuen Geburt der Mensch herausgehoben sein aus dem, was seine moralische Qualität ist. Ja, er läßt die moralische Qualität in der Mondensphäre zurück.
Es ist in der Tat so, daß wir beim Hinausgehen aus der Mondensphäre unseren moralischen oder unmoralischen Menschen in der Mondensphäre
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zurücklassen und in die reine Sphäre der Götter eintreten, wo wir an unserem physischen Leibe weben können.
Nun muß ich wiederum auf den Unterschied zwischen den älteren Zeiten vor dem Mysterium von Golgatha und denjenigen Zeiten, die dem Mysterium von Golgatha nachgefolgt und heute noch sind, zurückkommen. Die älteren Initiierten haben ihren Schülern und durch diese Schüler der ganzen Menschheit der damaligen Zivilisation klar- gemacht: Um den Übergang finden zu können aus derjenigen Welt, die ich in meiner «Theosophie> die Seelenwelt genannt habe, und die eigentlich noch ganz in der Mondensphäre durchgemacht wird, um den Übergang zu gewinnen in die Welt, die ich dann das Geisterland genannt habe, muß der Mensch jene Gefühle hier auf Erden sich aneignen, durch die er von dem geistigen Sonnenwesen hinaufgeleitet wird, nachdem er in der Mondensphäre dieses ganze Gepäck seiner moralischen Nachwirkungen zurückgelassen hat.
Sehen Sie, alles dasjenige, was uns die Geschichte über die drei ersten christlichen Jahrhunderte, auch noch über das 4. Jahrhundert erzählt, ist ja im Grunde genommen eine Fälschung; denn das Christentum war in diesen Jahrhunderten etwas ganz anderes. Es war etwas anderes, weil diejenige Auffassung in ihm geherrscht hat, die noch aus dem Verstehen der alten Initiationswissenschaft herstammte. Man wußte aus dieser Initiationsweisheit, daß das ganz hohe Sonnenwesen den Menschen aus der Mondensphäre drüben in dem Leben nach dem Tode hinausführte, nachdem er sein moralisches Gepäck zurückgelass`en hatte, und ihn wiederum hereinführte beim Zurückkehren in die Mondensphäre. Dadurch hatte der Mensch die Kraft - die er nicht durch sich selbst hätte haben können -, sich diesen moralischen Menschen in einer gewisscfi Zeit vor der Geburt einzugliedern, damit er dann auf Erden in der Seele sein Schicksal erfüllen könne, damit das nicht in den Leib hineingehe, denn sonst würde ja der Mensch als Mißgeburt geboren werden und ganz krank sein im Leibe. Es muß das wiederum in der Mondensphäre beim Heruntersteigen übernommen werden, damit es nicht in den Leib hineinkommt.
Diejenigen Eingeweihten, die zur Zeit des Mysteriums von Golgatha, ja noch etwa drei bis vier Jahrhunderte hinterher gelebt haben,
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haben dann ihren Schülern gesagt: Das hohe Sonnenwesen war früher nur oben in den geistigen Welten. Aber mit dem Fortschritte der Menschheit ist das Ich-Bewußtsein auf Erden so hell geworden> daß es um so stärker verdunkelt wird in der geistigen Welt. Je heller nämlich unser Ich-Bewußtsein nur durch den physischen Leib hier unten auf Erden ist, desto dunkler ist es oben. Der Mensch könnte nicht mehr an das Sonnenwesen heran, er würde nicht den Übergang finden durch seine eigene Kraft nach dem Tode aus der Mondensphäre in die höheren Sphären, wenn der Christus nicht heruntergestiegen wäre und durch das Mysterium von Golgatha gegangen wäre. Das Wesen, das der Mensch früher nach dem Tode nur in der geistigen Welt angetroffen hat, das ist heruntergestiegen, lebt nach dem Mysterium von Golgatha hier auf der Erde. Der Mensch kann ein Verhältnis zu ihm gewinnen nach dem Paulusworte: «Nicht ich, sondern der Christus in mir.» Dadurch nimmt sich der Mensch hier von dieser Erde Kraft mit, die ihm der Christus hier auf dieser Erde gibt, um sein Moralwesen, das er als ein selbständiges Wesen in sich erzeugt, in der Mondensphäre zurück- zulassen, überzugehen in die höheren Sphären, um da nun zu weben an dem Geistkeim seines physischen Leibes. Und dadurch hat er die Kraft, dann wiederum beim Heruntersteigen durch die Mondensphäre, aus freier Wahl sein Karma zu übernehmen, seine guten und seine bösen Taten in ihren Nachwirkungen. Wir sind freie Menschen geworden im Verlaufe der geschichtlichen Entwickelung. Wir sind es aber deshalb geworden, weil wir schon aus freier innerer Stärke durch die ChristusKraft, die wir uns hier auf Erden erwerben, unser Karma beim Herunterstieg zur Mondensphäre übernehmen. Ganz gleichgültig, ob uns das hier auf Erden gefällt oder nicht gefällt, wir tun es, wenn wir hier auf Erden rechte Christen werden, in diesem Stadium, das ich eben beschrieben habe.
So habe ich mich bemüht, Ihnen einiges zu zeigen von dem, wie die moderne Initiationswissenschaft hineinschauen kann in die Welten, die wir die verborgenen Seiten des Menschendaseins nennen können, wie eigentlich alles, was am Menschen ist, nur dadurch aufgeklärt werden kann, daß man in diese verborgenen Seiten hineinschaut. Und ich habe zugleich versucht, im Zusammenhange damit Ihnen zu zeigen, was
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für die jetzigen Menschen der Christus-Impuls ist; denn auf ihn müssen wir immer wieder zurückkommen. Der Mensch kann nicht ein volles Menschenwesen sein in der Zeit nach dem Mysterium von Golgatha, wenn er nicht den Weg zu diesem Christus-Impuls findet. Und daher muß er schon so werden, daß eine anthroposophische Geisteswissenschaft gerade den Christus-Impuls in der rechten Weise immer mehr und mehr beleuchtet. Denn die Art und Weise, wie er aus einem verdunkelten Bewußtsein heraus beleuchtet worden ist in der Vergangenheit, die würde ja einem großen Teil der Menschheit - denken Sie an die Orientalen, denken Sie an die Bewohner anderer Erdteile - die Möglichkeit nehmen, sich zum Christentum zu bekennen. Dasjenige Christentum, das anthroposophisch geisteswissenschaftlich vertieft ist, wird in der Tat - wenn man nur einmal richtig den Nerv der Geistes- wissenschaft, wie sie hier gemeint ist, verstehen wird - gerade von den orientalen, die eine alte Geistigkeit, wenn auch in der Dekadenz, in sich haben, aufgefaßt werden, mit Sehnsucht aufgefaßt werden.
Auf diesem Wege allein kann jener Friede über die Erde kommen, der aus der Seele und aus dem Geiste der Menschen kommen muß, und der der Erde - das fühlt jeder Unbefangene heute - so notwendig ist.
Man wird sich noch viel mehr überzeugen müssen, wie wertlos im Grunde genommen heute alles Denken über äußere Institutionen ist, und wie notwendig es dagegen ist, unmittelbar sich an die Seelen zu wenden. An die Seelen aber kann man sich nicht wenden, wenn man diesen Seelen nicht etwas zu sagen weiß über die eigentliche Heimat der Seele, über das, was der Mensch erlebt jenseits des physischen Daseins in denjenigen Bewußtseinszuständen, von denen ich Ihnen heute gesprochen habe. Mögen diese Bewußtseinszustände auch während des irdischen Lebens nicht vorhanden sein, ihre Wirkungen sind vorhanden. Oh, derjenige, der das Leben durchschaut, er sieht in jedem Menschenantlitz ein Abbild der kosmischen Schicksale, die der Mensch durchgemacht hat zwischen dem Tode und einer neuen Geburt!
Ich habe Ihnen heute geschildert, wie das Schicksal, ob man Mann oder Frau geworden ist, aus dem Kosmos heraus begriffen werden kann, wie selbst die Farbe der Augen, die Farbe der Haare erst begriffen werden können, wenn man ins kosmische Dasein hineinschauen
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kann. Nichts in dieser Welt ist verständlich, wenn es nicht 'aus dem Kosmos heraus verstanden wird. Dann erst wird der Mensch sich richtig als Mensch fühlen, wenn wir ihm wieder aus einer wirklichen GeistErkenntnis heraus zu sagen wissen, welches sein Zusammenhang ist mit dem, was hinter dem sinnlich-physischen Dasein steht. Wenn es auch die Menschen der Erde heute noch nicht wissen, unbewußt lechzen sie nach einem solchen Wissen. Und was sich konvulsivisch heute entwickelt auf allen Gebieten, sei es auf dem Gebiete des geistigen, des äußeren rechtlichen oder des wirtschaftlichen Lebens, alles ist zum Schluß eine Wirkung des Geistigen. Alles das kann nur dadurch von Niedergangskräften zu Aufgangskräften gebracht werden, daß der Mensch wiederum etwas wissen lernt von seinem Zusammenhange mit dem außerphysischen Dasein; denn dieses physische Dasein ist nichts, wenn es nicht im Zusammenhange gesehen wird mit dem überphysischen Dasein. Dieser physische Menschenleib gewinnt erst seine Bedeutung, wenn wir ihn gewissermaßen als den Zusammenfluß all jener Hoheitskräfte sehen, die zwischen dem Tode und einer neuen Geburt gewoben werden. Das ist ja die Tragik der materialistischen WeIterkenntnis, daß sie zuletzt das Materielle selber nicht kennt. Wir legen den menschlichen Leib auf den Seziertisch, durcbforschen ihn sorgfältig nach seinen Geweben und nach seinen einzelnen physischen Bestandteilen. Wir tun das, weil wir die Materie kennenlernen wollen. Wir lernen sie aber auf diesem Weg nicht kennen, denn sie ist Wirkung des Geistes, und wir kennen sie erst, wenn wir sie in jene Stadien zurückverfolgen können, wo sie aus dem Geiste heraus gesponnen wird. Gerade das physisch-materielle Dasein wird für die Menschen erst verständlich werden, wenn sie mit ihrer Seele in das Seelische und Geistige kosmisch hineingeführt werden.
Durchdringen wir uns mit dem Bewußtsein, daß wir immer mehr verstehen sollen, wie wir zusammenhängen mit dem Geistig-Seelischen des Kosmos, dann werden wir richtige Anthroposophen. Und bei Ihnen werde ich ja wohl nicht verlacht werden, wenn ich sage: Die Welt braucht heute richtige Anthroposophen, die aus jenem Bewußtsein heraus einen Aufstieg der Menschheit bewirken, das sich ergibt aus dem Erleben des Geistigen, wenn wir es zunächst auch nur in dem Abbilde
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begreifen sollten, wenn wir auch nicht selber hellsehend erkennen. Wir brauchen noch nicht hellseherisch zu sein, um wohltätig zu wirken im Besitze einer Geist-Erkenntnis. Geradesowenig wie der Mensch zu wissen braucht, woraus Fleisch besteht, wenn er Fleisch ißt, und dieses Fleisch ihn doch nährt, ebensowenig braucht der Mensch hellseherisch zu sein, um durch seine Arbeit seinen ganzen Zusammenhang mit dem Leben der höheren Welten zu bewirken. Wie wenn der Mensch das Geistige verzehren würde, so ist es, wenn er es annimmt vor dem Hellsehen. Und das Hellsehen fügt im Grunde genommen nichts zu dem hinzu, was wir durch das Geisteswissen der Welt werden können. Es befriedigt nur unsere Erkenntnis, die muß einmal da sein. Es müssen natürlich Leute da sein, die die Zusammensetzung des Fleisches untersuchen, aber zum Essen ist diese Erkenntnis nicht notwendig. So müssen auch Heliseher da sein in der neuen Zeit, die untersuchen können, wie des Menschen Zusammenhang mit der geistigen Welt ist; aber um das, was die Menschheit braucht, zu bewirken, ist notwendig, daß wir gesunde Menschenseelen sind. Die werden seelische Verdauungskraft fühlen, wenn ihnen von der Wissenschaft des Geistigen gesprochen wird, die werden dieses Geistige aufnehmen, es verdauen, es in ihre Arbeit eingliedern. Und das brauchen wir heute über die ganze zivilisierte Welt hin: äußere Menschenarbeit, die im rechten und wahren Sinne durchgeistigt ist.
ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE UND NACH DEM TODE IN DER GEISTIGEN WELT Erster Vortrag, London, 12. November 1922
#G218-1992-SE130 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE`
UND NACH DEM TODE IN DER GEISTIGEN WELT
Erster Vortrag, London, 12. November 1922
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Sie werden sich erinnern, daß ich das letzte Mal, als ich hier vor Ihnen sprechen durfte, Ihnen die Erlebnisse der Menschenseele während des Schlafes geschildert habe, und ich möchte heute in einer gewissen Weise Ihnen eine Fortsetzung der Betrachtungen geben, die ich damals vor Ihnen dargestellt habe.
Es ist wirklich so, daß derjenige Mensch, welcher das Menschenleben nur von der Tagesseite her kennt, eben auch nur die Hälfte dieses Menschenlebens kennt, denn Allerwichtigstes geht während des Schlafes vor sich. Ich brauche in Ihrer Gegenwart nicht auseinanderzusetzen, wie die Erkenntnisse, von denen ich Ihnen auch heute wiederum sprechen will, gewonnen sind durch jene exakte Clairvoyance, die ich auch hier in London schon geschildert habe. Ich werde also voraussetzen, daß Sie annehnien, dasjenige, was ich sagen werde, ist aus dieser exakten clairvoyanten Wissenschaft heraus gesprochen.
Wenn der Mensch aus dem Tagesbewußtsein in das Schlafbewußtsein übergeht, das ja für die Menschen der Gegenwart im Grunde ein unbewußter Zustand ist, dann ist er nicht in seinem physischen Leibe und nicht in seinem ätherischen Leibe. Er ist während des Schlafens ein rein geistiges Wesen. Und was er als dieses geistig-seelische Wesen zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen erlebt, das habe ich Ihnen von der einen Seite das vorige Mal geschildert. Ich will es heute von einer anderen Seite betrachten.
Sie erinnern sich, daß der Mensch im Schlafe durchlebt erstens das Eindringen seiner Wesenheit in den Weltenäther, wodurch ihn eine gewisse Angst überkommt vor dem Unbekannten, Unbestimmten, Undifferenzierten. Sie erinnern sich ferner, daß in diesem Augenblicke in der Seele etwas aufwacht, was man mit einem Ausdrucke, der aus dem Bewußtsein genommen ist, nennen kann: die Sehnsucht nach dem Göttlichen. - Sie erinnern sich ferner, daß der Mensch dann im zweiten Stadium des Schlafes durchmacht Nachbildungen der Planeten-
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bewegungen, und daß für denjenigen, der eine Beziehung zu dem Mysterium von Golgatha hat, Christus als Führer auftritt für die sonst chaotischen Erlebnisse, die man hat, während man Nachbildungen des Sternen-Planetenlebens im Schlafe durchlebt. Dann kommt das Fixsternerlebnis. Man ist aus der Planetensphäre - nur in der Nachbildung - heraus und erlebt die Konstellationen der Fixsterne. Man erlebt also tatsächlich vom Einschlafen bis zum Aufwachen das ganze kosmische außerirdische Dasein. Und ich habe Ihnen auch gesagt, daß die Mondenkräfte, das, was geistig der Offenbarung der Mondenerscheinungen entspricht, den Menschen immer wiederum am Morgen oder überhaupt beim Aufwachen in seinen physischen und in seinen ÄtherIeib zurückbringen.
Nun möchte ich Ihnen heute zunächst noch von einer anderen Seite schildern, wie dieses Erleben zwischen dem Einschlafen und Aufwachen ist. Wenn wir während des Tages unser Bewußtsein haben, so haben wir ja, wenn wir nicht in die materialistischen Vorstellungen der modernen Menschheit uns einspinnen, eine moralische und eine religiöse Grundlage unseres Lebens. Der Mensch muß fühlen außer dem, daß er Naturerkenntnis hat, daß er moralische Verpflichtungen, Verantwortungen hat, und ferner, daß er mit seinem ganzen Wesen in einer geistigen Welt darinnen ruht. Das letztere können wir nennen das religiöse Bewußtsein. Dieses moralische und religiöse Bewußtsein hat der Mensch während des Wachzustandes. Aber das religiöse Bewußtsein hat der Mensch im Wachen nur dadurch, daß er in seinem physischen Leibe ist. In diesem physischen Leibe ist ja der Mensch nicht allein, sondern es sind mit ihm zusammen Geister höherer Weltordnungen, und er lebt in seinem physischen Leibe zusammen mit Geistern höherer Weltordnungen. Und er lebt in seinem ätherischen Leibe zusammen mit demjenigen, was diese Geister höherer Weltordnungen mit dem Moralischen meinen.
Also das religiöse Bewußtsein des Menschen ist abhängig von seinem Leben im physischen Leibe, im physischen Körper; das moralische Leben ist abhängig von dem Leben im ätherischen Leibe. Und das führt uns dazu, darauf aufmerksam zu werden, daß der Weltenäther, aus dem unser Ätherkörper genommen ist, zwei Glieder hat. Das eine
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Glied dieses Weltenäthers ist Wärme, Licht, chemischer Äther, Lebensäther. Aber all diesem Ätherischen, das in der Wärme, im Lichte, in den chemischen Vorgängen und im Leben existiert, alldem liegt zugrunde ein moralisches Wesen des Weltenäthers. Dieses moralische Wesen des Weltenäthers ist aber nur vorhanden in der Nähe der Gestirne
und Planeten. Also wenn Sie auf Erden leben, dann sind Sie, obwohl Sie es bei Tage nicht wissen, auch in dem Weltenäther als moralische Essenz drinnen. Und wenn Sie wandern durch die Welt der Gestirne,sind Sie in dem Weltenäther auch in der moralischen Essenz, wenn Sie in der Umgebung eines Gestirnes sind. Zwischen den Gestirnen wird das Moralische aus dem Ather durch das Sonnenlicht herausgetrieben; das Sonnenlicht - nicht die Sonne selber, die Sonne ist ein Weltenkörper, sie hat in sich geradezu für uns Menschen den Urquell des moralischen Athers -, aber indem die Sonne scheint, vertreibt sie durch ihr Licht die moralische Essenz des Äthers. Und so, wenn wir durch unser Auge in die Welt hinausschauen, sehen wir Blumen, sehen wir Quellen, sehen wir das alles, ohne daß wir es mit Moralischem durchziehen, durchschauen, weil uns das Sonnenlicht das Moralische heraustötet.
Und wenn wir nun beim Einschlafen aus unserem physischen und Ätherleib herausgehen, dann haben wir als geistig-seelische Menschen- wesen nichts anderes, als was wir uns zunächst während des irdischen Lebens durch das Anschauen der Natur erworben haben. Wir lassen in unserem Bette - so paradox das klingt - auch die religiöse Empfindung und die moralische Empfindung zurück mit dem physischen und mit dem Atherleihe, und wir leben als ein amoralisches Wesen zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen. Aber in dieser Zeit leben wir in einer Welt, die sonst von dem Sonnenlichte durchschienen ist. Und dadurch, daß die moralische Weltordnung aus dem Äther heraußen ist, dadurch hat Zugang zu diesem Ather, in den wir uns mit dem Einschlafen hineinbegeben, die ahrimanische Wesenheit. Diese ahrimanische Wesenheit spricht zu den Menschen während des Schlafes. Und was diese ahrimanische Wesenheit spricht, das ist im Grunde genommen eine fatale Sache, denn diese ahrimanische Wesenheit wird mit Recht der Lügengeist genannt, aus dem Grunde, weil er dem schlafen
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den Menschen die Dinge so darstellt, als wenn das Gute böse und das Böse gut wäre.
Es ist neulich durch die Zeitungen eine Notiz gegangen über etwas, das heute auch schon die Naturwissenschaft erforscht hat, die Frage, warum Verbrecher einen so guten Schlaf haben, während gerade moralische Menschen mit einem guten Gewissen oftmals einen schlechten Schlaf haben. Das erklärt sich aus dem, was ich Ihnen jetzt sage. Derjenige, der ein starkes Gewissen entwickelt, der also ein inniger Mensch ist, ein moralisch empfindender Mensch, bei dem geht in die Seele so tief das moralische Empfinden hinein, daß er es in den Schlaf hinüber- nimmt, und dann schläft er schlecht, wenn er glaubt, viel Böses getan zu haben. Wer aber ein schlechter Mensch ist, wer kein stark entwickeltes moralisches Gewissen hat, der nimmt nichts in den Schlaf hinüber von Gewissensbissen. Und dann hat er ein reines geistiges Ohr für die Einflüsterungen des Ahriman, der ihm das Böse gerade als gut darstellt. Daher ist der Verbrecher im Schlafe so zufrieden.
Die Menschen sagen: Das ist doch ungerecht, daß die Verbrecher gut schlafen und die guten Menschen schlechten Schlaf haben! -, was heute, wie gesagt, schon eine naturwissenschaftliche Entdeckung ist. Aber es ist so aus dem Grunde, den ich Ihnen angeführt habe. In der Tat ist die Verführung zum Bösen während des ScMafzustandes eine ungeheuer große, und der Mensch bringt sich aus dem Schlaf am Morgen leicht die dämonischsten Versucherkräfte mit. Wenn man dann wiederum in seinen physischen und ätherischen Leib hineinkommt, dazin wachen erst wiederum die Gewissensbisse auf bei demjenigen, der kein sehr guter Mensch ist. Also es ist so, daß dem Menschen in der Tat als Erdenmensch während der Zeit seines Schlafes alle Möglichkeit gegeben ist, dem versuchenden Ahriman zum Opfer zu fallen.
Das aber ist erst im Laufe der Zeit so stark geworden, wie es jetzt ist. Erst in unserem Zeitalter sind die Menschen im höchsten Grade wahrend des ScMafes den dämonischen Mächten ausgeliefert, die ihnen das Böse, während sie schlafen, als gut vorstellen. Das war in älteren Zeiten der Menschheitsentwickelung nicht der Fall. In älteren Zeiten der Menschheitsentwickelung hatte der Mensch, wie ich Ihnen oftmals gesagt habe, kein so starkes Ich-Bewußtsein wie jetzt. Er hatte während
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des Tagwachens ein schwächeres Ich-Bewußtsein; das bewirkte, daß er während des Schlafes auch nicht so rein in das Böse hineinsegelte, wie er es jetzt tut. Jetzt haben wir in der Tat für die Menschheitsentwickelung ein entscheidendes Zeitalter, eine Krisis. Die Menschen müssen sich wapPnen gegen die Mächte des Bösen, die an sie herantreten. Davor waren die Menschen der älteren Zeiten geschützt, denn indem sie einschliefen, gingen sie mehr in die Gruppenseele hinein. Da lebte der Mensch während des Schlafes mehr in der Gruppenseele. Dieses Leben in der Gruppenseele ist etwas, das wir ja noch während des Wachens bis zu einem gewissen Grade entwickeln, wir fühlen uns als Volk, wir fühlen uns sogar oftmals als Stamm, wir fühlen uns, wenn wir etwas aristokratische Allüren haben, als Glieder einer Familie; aber der Schlaf nimmt wirklich dem Menschen heute dieses Gruppenseelengefühl schon ganz weg. Im Schlaf kann der Mensch heute nicht mehr gut Aristokrat sein. Ja, der Schlaf erzieht viel mehr, als Sie meinen, allerdings auf der einen Seite zum Bösen, auf der anderen Seite aber zur Demokratie. Er ist schon ein großer Lehrmeister, der Schlaf. Die älteren Menschen, sie gingen, wenn sie schliefen, in die Gruppenseele über. Sie brachten sich dann mit dem Aufwachen, indem sie wiederum in ihren physischen und in ihren Ätherleib zurückkehrten, ein starkes Bewußtsein von der Zusammengehörigkeit mit ihrer Gruppe mit. Das ist die eine Seite des Menschen, das, was er ist während des Schlafes.
Aber der Mensch hat ja dasselbe, was er im Schlaf drinnen hat, was nur dem Bösen so stark ausgesetzt ist, wie ich es jetzt beschrieben habe, in der gegenwärtigen Zeit, das hat er ja auch in sich. Nur muß er es wahrend des Tagwachens in das moralische und in das religiöse Bewußtsein eintauchen, einströmen lassen. Das Religiöse wird ihm gegeben von den Mächten, die mit dem physischen Leib leben, und das Moralische von den Mächten, die mit dem Ätherleib leben.
Es ist das alles mit dem Mysterium von Golgatha eben anders geworden für die Entwickelung der Menschheit. Wie aber der alte Mensch während des Schlafes stark im Gruppenbewußtsein drinnen lebte, so lebte er, wenn er wiederum untertauchte beim Wachen in seinen physischen und in seinen Ätherleib, mehr in sich. Aber da ist wiederum ein Unterschied zwischen dem alten Menschen und dem modernen
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Menschen. Der alte Mensch, wenn er aufwachte und untertauchte in seinen physischen Leib und Ätherleib, hatte, bevor er ganz wach wurde, ein deutliches Bewußtsein von seinem Leben, bevor er auf die Erde heruntergestiegen war, und ebenso wiederum vor dem Einschlafen. So daß also dieser ältere Mensch, während er auf der einen Seite ein starkes Gruppenbewußtsein entwickelte, auch ein starkes Bewußtsein von seiner Zusammengehörigkeit mit dem Leben außer der Erde hatte. Er wußte, wie er heruntergekommen ist aus der geistigen Welt, dann durch die Sternenwelt gegangen ist und sich einen physischen Leib eigentlich ausgewählt hat hier auf Erden. Dieses Bewußtsein wurde später verdunkelt. Dafür wurden die Menschen gescheit, was wir heute gescheit nennen. Sie wurden durchdrungen von Urteils- kraft, Diskrimination und solchen Dingen. Das kam erst im Laufe der Entwickelung, und deshalb können wir gerade am Morgen so gut urteilen, weil uns unser physischer Leib die Kraft des Urteils gibt. Wir dringen mehr in unseren physischen und Ätherleib ein als der alte Mensch. Der alte Mensch hatte daher ein Bewußtsein von dem vorigen Dasein; wir haben mehr ein Bewußtsein von dem irdischen Dasein. Wir setzen uns fest in unseren physischen und Ätherleib hinein. Das tat der alte Mensch nicht. Der alte Mensch trug den physischen und Ätherleib mehr an sich, er hat ihn mehr als etwas Äußerliches gefühlt, so wie wir heute unsere Kleider fühlen. Dieses Gefühl haben wir nicht mehr. Wir sagen nicht mehr, wie es der alte Mensch getan hat, wenn er zur Türe hereinging: Ich trage meinen Menschen zur Türe herein -; er meinte den physischen Menschen. Das war durchaus in alten Sprachen eine natürliche Redensart. Wir werden ganz gewiß sagen: Ich - indem wir unser Ich ganz fest in den physischen Leib hinunterdrängen - gehe zur Türe herein. - Wir finden es ganz selbstverständlich, daß wir das sagen.
Nun, dadurch aber auch ist den Menschen verlorengegangen das Bewußtsein ihres Zusammenhanges mit der geistigen und mit der Sternenwelt. Der Mensch früherer Zeiten wußte eben, er hängt mit der Sternenwelt und hinter der Sternenwelt noch mit der geistigen Welt zusammen und ist aus diesen Welten zum irdischen Dasein heruntergestiegen. Der moderne Mensch sagt: Ich brauche zum Leben Fleisch
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und Gemüse und Eier. - Das sind alles Produkte der physischen Welt, mit denen wir es zu tun haben von der Geburt bis zum Tode. Glauben Sie nicht, daß ich Verachtung aussprechen will über diese Dinge; diese Dinge sind ja alle sehr gut und gehören zum Leben, das soll absolut an erkannt werden in seiner vollen Bedeutung. Aber ich will nur sagen, daß der alte Mensch wußte, er braucht zu diesem Leben nicht nur die Kraft der Erde, die im Rindvieh und im Kohl und im Ei liegt, sondern er braucht zu der Kraft zum Leben auch Jupiter und Venus und Saturn. Er hat gewußt: Wie ich hier auf der Erde Eier essen muß, so muß ich, wenn ich herabsteige aus der geistigen Welt, die Kraft des Jupiter und der Venus in mich aufgenommen haben, sonst könnte ich gar kein Erdemnensch sein. - Wie sich der moderne Mensch verbunden fühlt mit der Erde und wie er die große Besorgnis hat: Was soll ich nur essen, damit ich einen gesunden Körper habe? -, so fühlte sich der alte Mensch gedrungen, ein Verhältnis zu den Sternen zu haben. Und er sagte sich:Wenn ich hier auf der Erde dieses oder jenes nicht kann, dann habe ich eben beim Herabsteigen zu den Sternen mich nicht richtig benommen und muß das beim nächsten Durchgang durch die Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt korrigieren. - Also der Mensch entwickelte in alten Zeiten etwas für das Leben, was man nennen kann: eine spirituelle Diät. Es gab in den alten Mysterien Führer und Leiter, die waren so etwas Ähnliches, wie der moderne Arzt ist. Aber der moderne Arzt gibt nur Anweisungen über den Körper. Das ist ja ganz selbstverständlich und soll auch nicht gescholten werden. Aber die alten Führer in den Mysterien, die in dieser Beziehung auch Ärzte waren, gaben Anweisungen darüber, wie man, wenn man unter diesen oder jenen Gebrechen litt, sein Verhältnis zur Venus oder zum Saturn zu verbessern hatte. Das bestand dann darin, daß sie den Leuten gewisse seelische Anweisungen gaben. Sagen wir zum Beispiel, solch ein alter Arzt in den Mysterien fand: Der Mensch, der Heilung bei ihm suchte, hat eine zu starke Anziehung zu seinem physischen Leib; dieser ist ihni nicht genug Kleid bloß, sondern er lebt zu stark mit seinem physischen Leib. - So ungefähr, wie wenn ein Mensch der heutigen Zeit immer in seinen Kleidern schliefe, so kam einem solchen Arzt ein Mensch vor, der ein gewisses Gebrechen hatte, wodurch er stark an
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seinen physischen Leib gebunden war. Dann sagte ein solcher Arzt zu einem solchen Kranken: Versuche, wenn des Abends der Vollmond aufgeht, dich ein wenig zu ergehen im Vollmonde, und während du dich ergehst, dies oder jenes Mantram zu sagen.
Warum tat das der Arzt der alten Mysterien? - Er tat es aus dem Grunde, weil er wußte: Wenn der Mensch nun im Mondenlichte spazIerengeht und Mantrams aufsagt, so wirkt das der Saturnkraft entgegen; der Saturn gewinnt weniger Macht über diesen Menschen. Und es wußte dieser alte Arzt in den Mysterien, daß dieses Haften am physischen Leibe, dieses volle Drinnenstecken im physischen Leibe die Ursache davon ist, daß der Mensch sich zu stark an den Saturn gehalten hat, als er von der geistigen Welt durch die Sternenwelt ins irdische Dasein hereingegangen ist. Von dieser zu starken Sympathie mit dem Saturnleben hat der Mensch dieses Gebrechen erhalten. Mond und SatuIn sind einander entgegenwirkende Himmelskörper. Also kurierte ein alter Arzt durch die Mondenkräfte die Schäden der Saturnkräfte. Er gab also eine spirituelle Diät. Das gab es in alten Zeiten.
Wir haben eine physische Diät, die ja für uns ganz angemessen ist. Aber in den alten Zeiten brauchte man eine spirituelle Diät. Diese spirituelle Diät müssen wir nun zu unserer physischen noch hinzuzufügen lernen. Das ist die Aufgabe der Gegenwart, daß wir Menschen uns wiederum zu der physischen Diät aneignen einen Sinn für die spirituelle Diät. Und dann werden wir unsere Aufgaben gerade gegenüber der jetzigen Zeit im Erdenleben lösen können. Das ist dasjenige, was ich Ihnen im ersten Teil sagen wollte.
Da ich zu meiner Befriedigung noch zwei Vorträge an diesem Orte vor Ihnen halten darf, so brauche ich heute nicht so zu eilen, wie das sonst geboten ist, und werde Ihnen daher mit aller Langsamkeit einiges von dem sagen können, was ich Ihnen während dieser meiner Anwesenheit gerne sagen möchte.
Hinschauen nach dem vorirdischen Leben, nach dem Leben, das der Mensch in der geistigen Welt zugebracht hat, bevor er sich mit seinem physischen und ätherischen Leib hier auf Erden vereinigt hat, das haben die alten Menschen durch ein elementarisches Hellsehen,
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durch eine elementare Clairvoyance gekonnt; das kann heute nur erreicht werden durch wirkliche spirituelle Wissenschaft, wie sie angestrebt wird in der Anthroposophie.
Dann aber wird durch das Hinschauen des inspirierten Bewußtseins auf die Zeit, die wir zugebracht haben, bevor wir zu der Erde als Menschen heruntergekommen sind, dann wird durch dieses Hin- schauen klar, wie wir eine Zeitlang leben in einer rein geistigen Welt, in einer Welt, in der nicht Reiche sind, nicht Mineral reich, nicht Pflanzenreich, nicht Tierreich, in der auch zunächst die Sterne, die wir in dem Umkreis des Irdischen erblicken, nicht sind, in der aber um uns herum die Wesenheiten der höheren Hierarchien sind. Wir leben also eine Zeitlang zwischen dem Tode und einer neuen Geburt unter geistigen Wesenheiten. Dann erst dringen wir durch den Sternenhimmel auf die Erde herunter, und wir gehen mit einer größeren oder geringeren Sympathie durch die eine oder die andere Sternensphäre durch. Und da ist es so, daß wir uns wirklich unser irdisches Dasein vorbereiten.
Nach der Art und Weise, wie wir uns verhalten zu den Sternensphären, durch die wir durchgehen, wird unser irdisches Dasein. Und ich möchte Ihnen das durch ein Beispiel zunächst veranschaulichen.
Wir gehen, wenn wir aus der rein geistigen Welt herauskommen, zunächst durch die Fixsternsphäre, von der will ich heute noch nicht sprechen; das nächste Mal dann. Wir gehen dann durch die Saturnsphäre, durch die Jupitersphäre, Marssphäre, durch die Sonnensphäre, durch die Merkursphäre, Venussphäre, durch die Mondensphäre und kommen allmählich auf die Erde herunter. Sie sehen daraus, daß, indem wir aus der rein geistigen Welt eintreten in die Sternensphäre, wir gewissermaßei1 von der anderen Seite an die Sterne herankommen. Wir sehen hier zum Beispiel auf der Erde den Jupiter von einer gewissen Seite, wenn wir auf der Erde stehen. Wenn ein Menschenwesen, das aus der geistigen Welt durch die Sternensphäre herunterkommt, sich der Erde nähert, so sieht es den Saturn von der anderen Seite> und so alle Sterne. Das Wesen kommt also gewissermaßen von hinten an den Stern heran, sieht immer das Entgegengesetzte von dem, was physisch die Menschen auf der Erde sehen. Aber das Menschenwesen, das aus der geistigen Welt an die Erde herankommt, das sieht nicht so, wie wir sehen. Es hat ja noch
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keine Augen, die bekommt es erst durch den physischen Leib. Es sieht also das Geistige des Saturn, des Jupiter, des Mars, der Sonne, das Geistige von Venus, Merkur, Mond. Sie sehen, darnach muß das Wesen, je nachdem es mit Sympathie oder AntipaU~ie durchgeht durch die eine oder durch die andere Sphäre, die Kräfte dieser Sphäre, also die Saturn-, Jupiter- und so weiter -kräfte aufnehmen beim Heruntersteigen.
Nun kann es so sein. Ein Menschenwesen, das im früheren Erden- leben in einer bestimmten Weise gelebt hat, das bekommt beim Heruntersteigen zu einem neuen Leben die Impression: Es ist gut für mich, wenn ich das nächste Mal als Frau auf die Erde heruntersteige, wenn ich mich also in einem weiblichen Körper verkörpere. - Das ist durchaus ein Gegenstand der Erwägungen für die heruntersteigende Menschenseele, ob sie Mann oder Frau werden will. Denn davon hängt ia türlich das ganze Schicksal im wesentlichen auf der Erde ab. Es ist nicht einerlei, ob man als Mann oder Frau in einem Erdenleben sein Dasein zubringt. Aber für die Menschenseele ist es nicht genügend, einfach sich zu überlegen: Ich werde Mann oder Frau! - Das muß vorbereitet werden. Und das wird so vorbereitet, daß die Menschenseele, wenn sie Frau werden will, sich der Erde dann nähert, wenn w1r von der Erde den Mond als Vollmond sehen. Wenn wir von der Erde aus den Mond als Vollmond sehen, dann sieht die Menschenseele das Geistige des Mondes, wenn sie hereinkommt aus der geistigen Sphäre, dann sieht sie ihn dunkel, das heißt, mit bestimmten Wesen ausgerüstet; sie sieht ihn ja geistig. Und diese Wesen, die bereiten die Seele so vor, daß sie auf der Erde die Anziehungskraft zum weiblichen Leibe erhält.
Wenn aber von der Erde aus gesehen werden kann Neumond, dann sieht die Seele, die heruntersteigt, von der anderen Seite den beleuchteten Mond, also das in den Weltenraum hinausstrahlende Licht, das heißt, das Geistige davon. Und dann kann sie Mann werden.
So hängt es davon ab, wie die Seele durch die Sternensphäre hindurchgeht, ob sie Kräfte zum Männlichen oder zum Weiblichen auf- nimmt. Ebenso aber, wie die Seele durch die Mondensphäre durchgeht, geht sie ja zum Beispiel durch die Merkur- und Venussphäre hindurch. Wenn die Seele Mann oder Frau wird durch die Mondensphäre, so wird sie andererseits mit Sympathie ausgestaltet - denn sie könnte ja in
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der oder jener Familie Mann oder Frau werden -, für die Familie wird sie ausgestaltet durch die Sphäre der Venus.
Also derjenige Mensch, der als Seele heruntersteigt auf die Erde, kann entweder zu einer Zeit heruntersteigen, zu der die Venus auf der ganz anderen Seite der Erde ist, zu der er die Venussphäre gar nicht zu durchschreiten braucht. Dann wird er ein Mensch sein, dem an seiner Familie nicht viel liegt. Oder aber er wird durch die Venussphäre gehen und gerade denjenigen Weg wählen beim Durchgange durch die Venussphäre, der ihn zu einer bestimmten Familie hinleitet. Das ist also die Möglichkeit für die Seele, sich für eine bestimmte Familie vorzubereiten, wenn der Mensch sozusagen den Strahl wählt, der von der Venus nach dieser Familie hingeht. Er nähert sich dann von der anderen Seite, der dunklen Seite der Venus, der Erde und gelangt auf diese Weise in eine bestimmte Familie hinein. Ebenso geht er durch die Merkursphäre, durch die er in ein bestimmtes Volk hineinkommt. Also wiederum: wenn die Gegend dieses Volkes bestrahlt wird von den Merkurstrahlen und er von der anderen Seite kommt nach der dunklen Seite des Merkur, so ist das für ihn der Weg, zu diesem Volke hinzu gehen.
So also sind die Menschenseelen präpariert durch den Mond, wobei wir immer das Geistige berücksichtigen, ob man Mann oder Frau wird, durch die Venus, ob man der oder jener Familie angehört, durch den Merkur, ob man diesem oder jenem Volke angehört.
Das sind Dinge, die Ihnen zeigen, wie das ganze Leben des Menschen auf der Erde durchaus davon abhängt, wie er sich sein Verhältnis gestaltet beim Heruntersteigen. Das ist etwas, was wir wiederum wissen, lernen müssen. Wir müssen einfach wiederum dazu kommen, uns ebenso als Geschöpfe der Sternenwelt zu fühlen, wie wir uns auf der Erde als Geschöpfe von Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Schwefel und so weiter fühlen. Wir sind nicht bloß aus Eiweiß und einigen anderen Stoffen zusammengesetzte physische Menschen, sondern wir sind Menschen, die zusammengesetzt sind aus allen Kräften des Weltenalls, nur daß diese Kräfte des Weltenalls auf uns wirken im Heruntersteigen. Dann haben wir sie in uns. Und wir haben gewissermaßen eine Erinnerung daran im Schlafe.
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Aber die Erinnerung, die` ist ja immer, wie Sie wissen, schwächer als das Erlebnis. Denken Sie nur, wenn Sie ein Todeserlebnis eines lieben Menschen haben, wie sich das abschwächt nach einiger Zeit. So schwächt sich im Schlafe dieses lebhafte Drinnenstehen in der geistigen und Sternenwelt ab. Und daher ist der Mensch eben im Schlafe ausgesetzt alledem, wovon ich Ihnen im Anfang der heutigen Auseinandersetzungen erzählt habe. Im Schlafe haben wir eben nur ein schwaches Nachbild, gewissermaßen eine kosmische Erinnerung an die geistigen und Sternenerlebnisse, die wir zwischen Tod und dieser Geburt haben.
ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE UND NACH DEM TODE IN DER GEISTIGEN WELT Zweiter Vortrag, London, 16. November 1922
#G218-1992-SE142 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE
UND NACH DEM TODE IN DER GEISTIGEN WELT
Zweiter Vortrag, London, 16. November 1922
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Ich werde Ihnen einiges mitzuteilen haben über die geistigen Mächte und Wesenheiten, die übersinnlich in der Umgebung des Menschen leben und an seinem irdischen Dasein einen Anteil haben. Sie werden begreifen, daß alles, was zwischen geistigen Wesenheiten in der über- sinnlichen Welt sich ereignet, und was solche geistigen Wesen miteinander zu tun haben, sich unterscheidet von dem, was Menschen zu tun pflegen während ihres Erdendaseins, und daß es daher eigentlich schwierig ist, in der menschlichen Sprache, die ja für menschliche Verhältnisse geschaffen ist, sich über das Wesen und die Tätigkeiten der übersinnlichen Intelligenzen, sagen wir, der übersinnlichen Wesenheiten auszusprechen. Da es aber in unserer Zeit doch geschehen muß, so muß es bildlich geschehen. Und da werden Sie eben verstehen, daß mancher Ausdruck so geprägt wird, als ob er aus menschlichen Verhältnissen heraus wäre. Er bezeichnet schon das Richtige, aber er ist natürlich, da er von menschlichen Verhältnissen hergenommen ist, bildlich.
Wir haben als Menschen die Natur um uns, die Natur mit ihren verschiedenen Reichen, mit dem mineralischen, dem pflanzlichen, dem tierischen Reiche, und wir können sagen, auch mit dem physischen Menschenreiche. Das, was wir da als Natur um uns herum haben, hat hinter sich gewissermaßen eine zweite Natur, aber eine geistige, eine übersinnliche Natur. Der Mensch nimmt mit seinen Sinnen die gewöhnliche Natur wahr. Die übersinnliche Natur, die dahinter ist, die nimmt er nicht wahr; aber sie hat deshalb doch einen großen Einfluß auf sein Erdendasein.
Das zweite, was zu berücksichtigen ist, ist das, daß der Mensch eine physische Natur in sich hat, daß er, wenn er in sein Inneres blickt, diese physische Natur wahrnimmt als seine Instinkte, als seine Leidenschaften. Das ist alles selbstverständlich astral, aber es strömt aus der physischen Natur auf. Was der Mensch auf diese Art wahrnimmt in sich durch seine Instinkte, Triebe, Leidenschaften, das hat wiederum
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etwas, wir können jetzt sagen, unter sich, gewissermaßen ein Reich von Wesenheiten, die eine innige Beziehung haben zum Menschen, aber die untermenschlicher Natur sind. So daß wir, wenn wir um uns herumsehen mit unseren Sinnen, gewissermaßen die Oberfläche der Natur sehen, das Äußere der Natur, dahinter müssen wir ahnen die übersinnliche Natur. Und wenn wir in uns hineinschauen und uns selber wahrnehmen durch unsere Triebe, Instinkte, Leidenschaften, dann müssen wir unter diesem, was sich da in uns äußert, eine untersinnliche Natur ahnen. Die übersinnliche Natur, die Natur, die um uns herum ist, sie kann nur derjenige beurteilen, der, mit geistiger Einsicht ausgestattet, seine Blicke nicht so wie die Naturwissenschaft auf das richtet, was innerhalb der strengen Naturgesetze verläuft. Niemals wird sich in dem, was so die Naturwissenschaft erforschen kann, die hinter der Natur stehende übersinnliche Natur zeigen. Diese zeigt sich aber, wenn man seinen geistigen Blick schärft für das, was nicht gesetzmäßig ist, sondern wovon man gewöhnlich sagt: Es unterliegt dem Zufall.
Dem Zufall unterliegt in der Welt, die um uns herum ist, alles das, was sich darstellt im Wetter, in den Unregelmäßigkeiten der Atmosphäre während des Jahreslaufes. Wenn Sie die Einzelheiten, sagen wir, eines Londoner Nebels ins Auge fassen, so werden Sie sie zwar im großen ganzen auf gewisse Regeln zurückführen können, aber nicht im einzelnen. Im einzelnen sagt man bei denjenigen Dingen, die Wind und Wetter bedeuten: Sie unterliegen dem Zufall. - Und wenn Sie auch in den Zeitungen geschrieben finden, was für ein Wetter in der nächsten Zeit sein wird, so werden Sie darauf nicht mit derselben Sicherheit bauen wie darauf, daß die Sonne am nächsten Morgen aufgeht. Naturgesetze sind demnach etwas ganz anderes als das, was in Wind und Wetter sich offenbart, und was in gewisser Beziehung von den Menschen zunächst als Zufall bezeichnet wird in den Naturerscheinungen. Man kann sich eine gewisse prophetische Gabe für Wettererscheinungen aneignen. Die kann man aber nicht auf Naturgesetze bringen; sie ist etwas Inspiriertes oder Intuitives.
Nun, in alledem, was sich so in Wind und Wetter äußert, leben Wesenheiten, die nur deshalb nicht gesehen werden, weil sie keinen Körper haben, der für die Sinne, welche Erdenwesen eigen sind, sichtbar ist.
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Diese Wesenheiten, die in Wind und Wetter leben, sind aber deshalb doch vorhanden. Sie haben einen Körper, der nur aus Luft und Wärme besteht, der in sich kein Wasser, keine Flüssigkeit und keine feste Erde hat. Sie haben einen Körper, der nur aus Luft und Wärme besteht.
Dieser Körper bildet sich, löst sich auf, macht rasche Verwandlungen durch. Was man sieht in Wolkenbildungen, was man fühlt in Windbildungen, das ist nur ein äußerer Ausdruck davon, das sind mehr die Taten dieser Wesenheiten. Der Körper ist mehr dahinter; aber er ist ein Luft- und Wärmekörper. So daß wir, wenn wir hinausschauen in unsere Atmosphäre, in den Umkreis der Erde, in dem wir als Menschen sind, um uns herum eine Welt von Wesenheiten haben, die Luft- und Wärmewesen sind. Diese Luft- und Wärmewesen sind von derjenigen Art, die ich in meinen Schriften und Vorträgen öfters luziferische Wesen genannt habe.
Diese luziferischen Wesen haben ein ganz besonderes Streben in bezug auf den Menschen. Sie sind, trotzdem sie in dem uns oftmals unangenehmen Wetter leben, Wesenheiten, welche außerordentlich auf das moralische Element in der menschlichen sozialen Ordnung halten. Sie halten so stark auf das moralische Element, daß sie die Ansicht haben, der Mensch sollte gar nicht einen wirklichen physischen Körper haben; mindestens sollte der Mensch nicht einen Leib haben, in dem sich die irdische und die wässerige Natur findet. Sie möchten in ihrer Art den Menschen gestaltet haben, weil sie ihn dann, ohne daß er eine Freiheit darinnen hätte, ganz zu moralischen Wesen machen würden. Er würde gar keine physische Natur haben. Er würde ganz allein ein moralisches Wesen sein. Und diese Wesenheiten kämpfen im Laufe eines Jahres in furchtbarster Art immerfort darum, den Menschen von der Erde loszureißen, ihn in ihre Sphäre hineinzubekommen, ihn erdenfremd und erdenlos zu machen. Diese Wesenheiten sind besonders gefährlich allen schwärmerischen, zu einer nebelhaften Mystik veranlagten Menschen. Diese schwärmerischen, zu einer nebelhaften Mystik veranlagten Menschen verfallen sehr leicht diesen Wesenheiten, welche den Menschen hinwegführen möchten von der Erde, ihm eine Art Engelwesenheit geben möchten, damit er nur ja keinen Versuchungen unterliegt gegenüber dem Unmoralischen.
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So sonderbar und paradox es klingt, in diesen Mächten, die sich in Wind und Wetter äußern und die in Wind und Wetter durch den Luftkreis pulsieren, in denen haben wir diejenigen Wesen, die zwar die menschliche Freiheit über alles hassen und die nichts wissen wollen von der menschlichen Freiheit, die die menschliche Freiheit vernichten möchten, die aber die Menschen zu moralischen Automaten machen möchten, zu lauter guten Engelsnaturen. Und sie kämpfen, wenn ich mich eines irdischen Ausdruckes bedienen darf, bis «aufs Messer», um das zu erreichen.
Nun haben wir aber diesen Wesenheiten gegenüber, die sozusagen in der Luft ihre Festungen bauen - mißverstehen Sie den Ausdruck nicht, ich sagte, ich muß mich bildlich ausdrücken -, diesen Wesen gegenüber haben wir andere, die ich schon das letzte Mal in einem gewissen Zusammenhange erwähnt habe. Es sind diejenigen Wesen, welche etwas zu tun haben mit dem, was sich im Menschen äußert an Instinkten, an Trieben, an Begierden, an Leidenschaften. Aber diese Wesenheiten sind nicht etwa im Menschen drinnen. Im Menschen drinnen sind nur ihre Wirkungen. Diese Wesenheiten leben unmittelbar auf der Erde, aber so, daß der Mensch sie nicht sehen kann, weil sie niemals einen so geformten Leib bekommen, daß der Mensch sie sehen kann. Sie haben nämlich nur einen Leib, der in dem irdischen und in dem wässerigen Elemente lebt. Und ihre Taten im Erdengeschehen sind Ebbe und Flut, die Vulkanerscheinungen, die erdbebenartigen Erscheinungen. Diese Erscheinungen, denen ja die Naturwissenschaft, wie Sie wissen, auch außerordentlich ratlos gegenübersteht, zeigen dem geistig geschärften Blick als das hinter ihnen Stehende eine Welt von untermenschlichen Wesenheiten. Und diese untermenschlichen Wesenheiten stehen in der Gewalt derjenigen Mächte, die ich in anderem Zusammenhange immer die ahrimanischen Mächte nenne. Und diese ahrimanischen Mächte mit ihren verschiedenen Untergeistern - bis zu den koboldartigen Erscheinungen sind diese Untergeister im irdischen und im wässerigen Elemente der Erde enthalten -, diese ahrimanischen Wesenheiten, die haben sich nun sozusagen eine andere Aufgabe gestellt. Wenn man auf alle diese Wesenheiten hinschaut, so kann man ihnen gar nicht böse sein. Wie sollte man den luziferischen Wesenheiten böse
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sein? Sie wollen das Allerbeste, nämlich den Menschen zu einem moralischen, selbstverständlichen Wesen machen. Nur würde er niemals unter ihrem Einflusse ein freies Wesen sein können, sondern ein moralischer Automat. Sie wollen aber das Beste für den Menschen. Die an- deren Wesenheiten, die haben sozusagen ihre Festungen unmittelbar unter der Erdoberfläche, aber ihre Wirkungen, die gehen in den menschlichen Stoffwechsel hinauf. Und was Sie sehen als Ebbe und Flut aufsteigen, oder was Sie in vulkanischen oder erdbebenartigen Wirkungen nur seltener sehen, das ist immerfort vorhanden in einem Ebben und in einem Fluten im Stoffwechsel des Menschen. Das sind die ahrimanischen Wirkungen.
Während also die luziferischen Geister ihre Festungen in der Luft bauen, um gegen das Irdische für das Moralische zu kämpfen, kämpfen diese Wesenheiten darum, den Menschen zu verhärten, ihn sich ähnlich zu machen. Er würde dadurch im Materiellen unendlich klug werden; unendlich gescheit, unglaublich intelligent würde er werden. Diese Wesenheiten können das nicht direkt erreichen, sie möchten es indirekt erreichen. Deshalb ist es in der Tat ihren wirklich jahrtausendealten Anstrengungen im Erdenleben schon gelungen, ein ganzes Geschlecht solcher untermenschlicher Wesenheiten auszubilden. Sie machen das so, daß sie sich der Instinktnatur der Menschen bemächtigen, wenn diese Instinktnatur besonders wüst und stark ist; sie reißen gewissermaßen diese Instinktnatur an sich. Der Mensch ist dann während seines Lebens verfallen diesen ahrimanischen Mächten.
Wenn der Mensch während seines Lebens verfallen ist den ahrimanischen Mächten, so daß er seinen Leidenschaften, Instinkten, Trieben ganz hingegeben ist, daß er ein wüster Mensch ist, dann können sie das herausreißen nach dem Tode. Und auf diese Weise gibt es nämlich schon eine ganze Bevölkerung, eine untermenschliche Bevölkerung der Erde. Die ist wirklich vorhanden, die ist im Wasser und im Irdischen vorhanden.
Und wenn wir fragen, was die ahrimanischen Wesenheiten mit dieser untermenschlichen Bevölkerung vorhaben, so ist es das, daß sie denken: Jetzt werde ich aus einem Menschen herausziehen diese Instinktnatur; daraus mache ich ein irdisch-wässeriges Wesen. - Diese irdischwässerigen
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Wesen bevölkern tatsächlich die Schichte, die unmittelbar unter der Erdoberfläche liegt. Da sind sie drinnen. Diejenigen Menschen, die in Bergwerken schauen können, die kennen diese Wesenheiten sehr gut. Es sind Wesenheiten, die dadurch vorhanden sind, daß sie dem Menschen im Momente des Todes entrissen worden sind. Und da wartet Ahriman, da warten die ahrimanischen Mächte darauf, daß die Menschen einmal in einer solchen Inkarnation herunterkommen durch ein Karma, das durch die Instinkte, Triebe, Leidenschaften bewirkt wird, daß sie herunterkommen, daß ihnen nun ein solches Wesen besonders gut gefällt, daß Menschen in einem bestimmten Erden- leben sagen: Ich will nicht wieder zurück in die geistige Welt, ich will, nachdem ich meinen physischen Körper verlassen habe, aus dem man ja doch wiederum herausgeht zu einem übersinnlichen Leben, mich verkörpern in einem solchen untersinnlichen Wesen. Dafür bleibe ich dann mit der Erde vereint. Ich sterbe nicht mehr, ich bleibe mit der Erde vereint. Ich wähle, ein untersinnliches Wesen zu Sein.
Und in der Tat, so paradox es klingt - man muß darüber erstaunt sein, weil ja die ahrimanischen Wesen eben außerordentlich klug sind -, aber sie sind immer der Meinung, das kann man ganz richtig konstatieren, daß sie imstande sein werden, so viel Menschen auf diese Weise hereinzulocken in ihr Geschlecht, daß die Erde sich einmal mit lauter solchen ahrimanischen untermenschlichen Wesen bevölkern werde. Und dadurch wollen sie die Erde selbst unsterblich machen, so daß sie nicht zerstäubt im Weltenraum.
So haben wir tatsächlich in unserer irdischen Menschheitsumgebung zwei Heerscharen, die Heerschar in der Luft, die den Menschen moralisch machen möchte, aber ihn wegheben würde von der Erde, und die ahr`imanischen Wesenheiten unmittelbar unter der Erdoberfläche, die den Menschen herunterziehen möchten, die ihn immer an der Erde halten möchten.
Diese beiden Arten von Wesenheiten sind im mineralischen Reich, im pflanzlichen Reich, im tierischen Reich und auch im gewöhnlichen physischen Reich des Menschen. Insofern er nicht übermäßig in Trieben, in Leidenschaften, in Begierden lebt, sind sie dort so, daß sie sich miteinander vertragen müssen.
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Mit Bezug auf das Mineralreich hat, ich möchte sagen, diejenige Gottheit, welche zum Beispiel in der christlichen Religion die Vatergottheit genannt wird, in uralten Zeiten mit Bezug auf die Mineralien, Pflanzen, Tiere und auch den äußerlich tierisch-physischen Menschen Frieden gestiftet. Also in Mineralien, in Pflanzen, in Tieren und auch in derjenigen tierischen Natur des Menschen, die nicht heraufgenommen wird ins Seelische, wo der Mensch sich nicht anstecken läßt durch seine Triebe, Begierden und Leidenschaften, da ist Friede gestiftet durch den Vatergott in uralten Zeiten.
Also wenn Sie einen Kristall, ein Mineral in die Hand nehmen oder eine Pflanze, da werden Sie nicht bemerken, daß da Streit ist zwischen diesen beiden Arten von Wesenheiten. Aber in dem Augenblicke, in dem Sie die Durchdringung des Menschenleibes mit der Seele ins Auge fassen, da werden Sie sehen, es liegt so etwas vor, daß diese Wesen sich zueinander so verhalten, daß die luziferischen Wesenheiten zu den ahrimanischen sagen: Wir haben dem Vatergott versprochen, daß wir um die Mineralien, die Pflanzen, Tiere und auch um den Menschen, solange er noch ein unbewußtes altes Wesen war, das noch nicht nach- dachte, das selber wie ein Tier lebte, daß wir über sie nicht streiten, nicht kämpfen, aber um den Menschen, der sein Selbstbewußtsein errungen hat, da wollen wir bis aufs Messer kämpfen. - Und um den Menschen herrscht eben zwischen den Luft-Feuerwesen und zwischen den Erd-Wasserwesen ein furchtbarer Krieg. Und das ist dasjenige, in was man hineinsehen muß. Heute ist die Menschheit groß geworden in bezug auf die Erkenntnis der äußeren Natur. Ja, in der vertragen sich die luziferischen mit den ahrimanischen Wesen. Aber der Mensch weiß nichts von dem, was jenseits der Sinnenwelt lebt, von der übersinnlichen Natur und von der untermenschlichen Natur. Diese beiden Reiche bergen Wesenheiten, die diesen furchtbaren Kampf um den Menschen kämpfen, den ich Ihnen charakterisiert habe.
Die Wesenheit, welche im Alten Testament Jahve genannt wird, diese Wesenheit - wenn man sich des Ausdruckes bedienen darf, ich habe ja im Anfang gesagt, wie ich diese Ausdrücke gebrauche - hat im Mond ihren Sitz, das heißt, sie gehört im Kosmos als geistiges Wesen zu dem, was in den physischen Mondenerscheinungen seinen Ausdruck
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hat. Diese Mondwesenheit, also Jahve, hat nun in der Weltenordnung das Folgende als Aufgabe. Sie ist vor allen Dingen damit, wenn ich so sagen darf, beauftragt, den Menschen, der aus der geistig-seelischen Welt heruntersteigt zur Erde, um sich mit einem Körper zu umkleiden, zur Erde herunterzuführen. Aber diese Jahvewesenheit behält sich vor, auch noch mit den Menschen auf Erden zu tun zu haben, nämlich alles das zu regulieren, was sich auf die Fortpflanzungskräfte bezieht. Also diese Jahvewesenheit, die sozusagen im Monde ihren Sitz hat, führt den Menschen zur Erde herunter und möchte alles das, was im Menschen mit den Trieben und Instinkten des Fortpflanzungswesens zusammenhängt, durch sich beherrschen. Aber das Fortpflanzungswesen kann nicht allein für sich geregelt werden. Es hängt mit den anderen Instinkten und Trieben des Menschen zusammen. Und deshalb braucht die Jahvewesenheit Gehilfen. Und die Wesenheiten, welche die Jahvewesenheit zu Gehilfen braucht, daß zum Beispiel im Menschen die Instinkte, die mit dem Essen und Trinken zusammenhängen, im Einklange sind mit den Fortpflanzungsinstinkten, daß überhaupt die Triebe und Instinkte geregelt sind, diese Hilfswesen findet Jahve - wenn ich ihn so nennen darf -, der Mondengott, in Merkur und Venus.
Also wir haben gewissermaßen im geistigen Weltenall ein Bündnis zwischen dem Monde, der Jahvewesenheit in dem Monde und alledem, was den Mond mit Jahve zusammen mitbewohnt, und den Wesenheiten in Merkur und Venus. Die Wesenheiten, die in diesem Bündnis stehen, wollen eigentlich alles, was fleischlich und vom Blute im Inneren des Menschen ist, vom Monde, vom Merkur und von der Venus aus beherrschen. Der Mensch ist eben nicht bloß ein irdisches Wesen, sondern es spielen die Wirkungen aus dem Weltenall in ihn herein.
Wenn wir nun diejenigen Wesen, die ich früher die ahrimanischen genannt habe und die ihre Festung unmittelbar unter der Oberfläche der Erde haben und die irdische und Wasserwesen sind, betrachten, so stehen sie zu Jahve, zu den Merkur- und zu den Venuswesen in dem Verhältnis, daß sie nicht reif genug dazu geworden sind, um in der Art, wie Jahve den Mond bewohnt, oder seine Gehilfen den Merkur oder die Venus bewohnen, zu diesen Weltenkörpern hin zu kommen. Sie sind verurteilt in der Weltenordnung, nicht ihre Sitze in Mond, Venus,
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Merkur zu haben, sondern unter der Oberfläche der Erde. Sie können sich daher denken, daß diese Wesenheiten, obzwar sie aller Moralität entbehren, nicht nur den Kampf gegen die Luft-Feuerwesen, sondern vor allen Dingen gegen Jahve, die Venusmächte und die Merkurmächte führen und dasjenige, was Jahves rechtmäßige Herrschaft ist, ihm entreißen wollen. Jahve ist eben der Regler der instinktiven Menschen- natur. Aber indeni er sie von außerhalb der Erde regelt, bleibt sie einer anderen Gewalt zwar untertan als den moralischen Gewalten, aber sie würde nicht unmoralisch werden. Durch Jahves rechtmäßige Herrschaft ist eben das Menschengeschlecht auf der Erde geworden, wie wir es kennen. Dazu waren diese Monden-, Merkur- und Venusinächte notwendig.
Gegen das Jahvegeschlecht, was also die Menschen sind, begründen diese ahrimanischen Wesenheiten dieses andere Geschlecht, von dem ich Ihnen gesprochen habe. Und ein wesentliches Mittel für sie ist das, was ich Ihnen schon das letzte Mal hier charakterisiert habe. Sie gehen, während der Mensch schläft, an ihn heran und sagen ihm, das Gute sei böse und das Böse sei gut. Das nimmt der Mensch mit einer furchtbaren Leichtigkeit auf, während er schläft, und bringt es dann in seinen physischen und in seinen Ätherleib hinein. Und diese ahrimanischen Wesenheiten glauben eben ihr Ziel durch diese Einflüsterungen des ruchlos Bösen zu erringen, so daß wir sagen können: Der Mensch sollte eigentlich ganz abhängig sein in bezug auf seine niedere Natur von höheren Mächten, von den Mond-, den Venus-, den Merkurmächten. Die niedere Natur ist an sich nicht böse und niedrig; sie ist es dadurch, daß in ihr die Jahve-feindlichen Mächte in den Menschen eindringen auf die geschilderte Art. Jahve möchte, daß diese Wesenheiten nur in Ebbe und Flut, in den vulkanischen Erscheinungen, in Erdbeben sich äußern. Aber diese Wesenheiten machen alle Anstrengungen, sich auch im Menschen geltend machen zu können, und sind also in ihrer Festung nicht nur so, daß sie Ausfälle machen gegen die Luft- und Feuerwesen, sondern sie machen vorzugsweise ihre Ausfälle gegen Jahve und seine Gehilfen auf der Venus und auf dem Merkur.
So steht der Mensch in einem Kampf darinnen, der auf der einen Seite geführt wird von Jahve und seinen Scharen, die da kämpfen für
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die Gerechtigkeit im Weltenall. Und auf der anderen Seite stehen die Scharen des Ahriman, der in bezug auf seine Klugheit den Menschen weit überragt, der ganz und gar die moralische Natur verleugnen möchte, dafür aber den Menschen zu einem Automaten der Klugheit machen möchte.
Da haben Sie dasjenige, was im Menschen spielt, von unten herauf, möchte ich sagen, von der Erde und dem Wasser aus und was sich dadurch in den Menschen hereinerstreckt, daß ja der Mensch die Produkte essen muß, die aus der Erde und dem Wasser stammen. Von der Luft nährt er sich ja nicht, von der bloßen Wärme auch nicht.
Auf der anderen Seite stehen die Wesenheiten, welche in Luft und Wärme ihre Körperlichkeit haben. Sie sind ebenso unreife Wesen wie die Jahve-feindlichen Wesen. Aber diejenigen Wesen, die ihnen gegenüber den Reifezustand darstellen, die wohnen auf Mars, Jupiter, Saturn. So daß nun diese Luft-Feuerwesen nicht bloß von ihren Festungen in der Luft Ausfälle gegen die ahrimanischen Mächte machen, sondern daß sie gegen alles das kämpfen, was an Wirkungen ausgeübt werden soll von Mars, Jupiter, Saturn auf den Menschen.
Mars, Jupiter und Saturn, die fernen Planeten, die haben die Wirkungen auf den Menschen - das heißt, ihre geistigen Wesenheiten haben die Wirkungen auf den Menschen -, die vorzugsweise in den Augen, in den Ohren, kurz, in den Sinnesorganen an der Oberfläche des Menschen leben. Während Mond, Venus, Merkur im Inneren des Menschen, in den inneren Organen ihre Wirkungen haben, haben Saturn, Jupiter, Mars außen in den Sinnesorganen ihre Wirkungen. Die Wirkungen zum Beispiel vom Saturn sitzen ganz wesentlich im menschlichen Auge. Diese Wesenheiten, also die Saturnwesenheiten, die Jupiterwesenheiten, die Marswesenheiten wollen den Menschen zum wirklichen Erdenmenschen machen, das heißt, sie wollen ihm Sinne geben, welche ordentlich eingesetzt sind einem physischen Menschenorganis mus und an der Oberfläche bleiben. Sie wollen ihm Nerven geben, die von den Sinnen ausgehen und sich ins Innere hineinerstrecken. Saturn gibt die Sinne. Jupiter gibt dann die Nervenfortsetzungen der Sinne und Mars ist eine solche Gewalt, welche zum Beispiel die Sprache gibt. Also alles> was an der Oberfläche des Menschen ist, wollen diese Wesenheiten
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an den Menschen heranbringen. Es sind Einstülpungen der menschlichen Haut nach innen, diese Sinne und die Nerven.
Die Luft- und Feuerwesen, von denen ich Ihnen gesprochen habe, die aber kämpfen nun gegen Jupiter, Saturn und Mars wiederum einen Kampf bis aufs Messer. Sie sitzen in ihren Festungen in der Luft und sie entfalten insbesondere in den Blitzen, in all dem, was feurig ist, in der Luft ihre Gewalten. Und sie sind es, die den ganzen Menschen als physischen Menschen so machen möchten, wie eigentlich nur das Auge außen und das Ohr und die Nase sein dürfen, wie er an der Oberfläche sein soll. Sie möchten die Oberfläche durch den ganzen Menschen durchgießen, so daß der Mensch nichts anderes tun würde, als nur sehen und hören, daß er nichts essen und nichts trinken, sondern nur sehen und hören und ein engelartiges Wesen werden würde.
Nun, diese Wesen, die Marswesen, die Jupiterwesen, die Saturnwesen benehmen sich in der Tat in der äußeren Natur - wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf von so erhabenen Wesen - ganz ordentlich. Sie durchdringen das, was uns in der äußeren Natur erscheint als bloße Natur, mit Moralität. Sie bringen die Moralität an den Menschen heran, sie zieht tatsächlich durch die Sinne ein.
Aber die Luft- und Feuerwesen, die wollen den Menschen ganz mit seiner Sinnennatur durchdringen, so daß er einfach, indem er mit seinen Sinnen sieht, nichts anderes sieht als das, was moralisch ist. Also sie wollen ihn zu einem moralischen Automaten machen.
Und so sehen Sie, wenn Sie in der Natur um sich schauen: Alles, was sich durch Kräfte äußert, das kommt von den Marswesen. Was sich äußert durch Naturgesetze, kommt von den Jupiterwesen, und was Farbe und Ton ist, von den Saturnwesen. Aber diese Wesenheiten, die Luft- und Feuerwesen, wollen den ganzen Menschen nicht zum physischen Leibe werden lassen, sondern nur zur Kraft, zum Gesetz, das heißt, zum Gedanken und zur Farbe und zum Ton. Sie wollen ihn ganz verdünnen, ihn, wie gesagt, zu einem engelartigen Wesen machen.
So sehen Sie, während sich in der äußeren Natur gut vertragen Mond, Merkur, Venus, Jupiter, Mars, Saturn, und durch die Sonne im Gleichgewichte gehalten werden, führen sie für die menschliche Natur einen zweifachen Kampf auf. Erstens kämpfen die ahrimanischen und
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luziferischen Wesen gegeneinander; zweitens aber bekämpfen die luziferischen Wesen alles außerhalb der Sonne liegende Marshafte, Jupiterhafte, Saturnhafte; und dann wiederum bekämpfen die ahrimanischen Wesenheiten alles Mondhafte, Venushafte, Merkurhafte.
Hinter der Natur und im Menschen lebt also tatsächlich ein harter Kampf, und innerhalb dieses harten Kampfes muß sich der Mensch seinen Fortschritt und seine Freiheit erringen. Das hat er in älteren Zeiten getan durch die Lehre der alten Mysterien, das muß er in der jetzigen Zeit tun durch dasjenige, was durch geistige Forschung hervorgebracht werden kann über das, was hinter der Natur und unterhalb des Menschen ist. Denn unwissend sein mit Bezug auf diese Dinge, würde der Menschheit in der Zukunft zum größten Verderben gereichen müssen.
Sie sehen aus meiner Darstellung, daß diejenigen Wesen, die ich auch heute hier wiederum luziferische und ahrimanische Wesen genannt habe, in bezug auf gewisse Eigenschaften außerordentlich stark entwickelt sind, die luziferischen Wesenheiten in bezug auf Moralität, die ahrimanischen Wesenheiten in bezug auf Klugheit, Intelligenz. Und dennoch ist es so, daß diese Wesenheiten auf beiden Seiten immer wieder und wieder glauben, daß sie ihre Ziele erreichen werden. Und im- mer von neuem beginnen sie, für diese ihre Ziele in der Weise zu kämpfen, wie ich Ihnen das heute dargestellt habe. In bezug auf das Erringen dieser Ziele erleben sie aber zugleich auf der Erde im weitesten Umkreise Enttäuschungen. So daß, wenn man durch das moderne Initiationswesen solchen luziferischen oder ahrimanischen Wesenheiten hinter der Natur oder unter dem Menschen begegnet, man sie in einem fortwährenden Siegestaumel auf der einen Seite trifft. Sie dringen vor ihren Zielen, wollen von ihnen nicht ablassen olauben immer wie zu,der und wiederum an ihren Sieg. Auf der anderen Seite aber werden sie von der Erde aus immer wieder enttäuscht. Und diese Stimmung eines gewissen Siegestaumels und fortwährender Enttäuschungen macht eigentlich das Leben dieser Art von Wesenheiten aus.
Und da stellt sich im einzelnen das Folgende heraus. Man kann zunächst aufmerksam darauf machen, wie die luziferischen und ahrimanischen Wesenheiten von der Erde aus durch die physische Wesenheit
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des Menschen enttäuscht werden. Man bekommt den stärksten Ein- druck von den Enttäuschungen Ahrimans und Luzifers, wenn man In Krankenhäusern oder an Krankenbetten und in Irrenhäusern verweilt; denn durch beides erlebt Ahriman, erlebt Luzifer eben seine starken Enttäuschungen. Denn diese Wesenheiten führen einen harten Kampf, wie ich Ihnen gezeigt habe, um die Natur des Menschen. Aber es wird ihnen nicht wohl in bezug auf ihre Ziele, wenn sie innerhalb der menschlichen Natur gegeneinander einen Sieg erringen.
Etwas anderes ist es mit dem Siege, den Ahriman gegen die Mondgottheiten, Venusgottheit und Merkurgottheit erringt, und etwas anderes ist es um den Sieg, den die Luft- und Feuergeister gegen Jupiter, Mars, Saturn erringen. Das sind aber niemals vollständige Siege. Sie werden es nur dadurch, daß sie verstärkt werden durch das, was an Erfolg diese Wesenheiten gegeneinander haben. Aber eigentlich sind diese Erfolge, die diese Wesenheiten gegeneinander haben, in den weitaus meisten Fällen eben Scheinerfolge, und daher die Enttäuschung. Denn nehmen Sie einmal an, es gelingt den ahrimanischen Mächten, im menschlichen physischen Körper einen Sieg zu erringen über die luziferIschen Mächte, über diejenigen Mächte, die den Menschen ganz durchsetzen wollen mit dem, was nur an der Oberfläche in den Sinnen sein soll, dann verfällt der Mensch durch diesen Sieg der ahrimanischen Mächte in solche Erkrankungen, wie Geschwulstbildungen, Karzinombildungen oder Stoffwechselkrankheiten, wie Diabetes, Zuckerkrankheit.
Wenn irgendwo in einer physischen Menschennatur diese Krankheiten auftreten, dann hat Ahriman gegen Luzifer einen Sieg errungen, der aber damit verknüpft ist, daß die physische Natur des Menschen zeitweilig ruiniert ist. Dann taugt diese physische Natur dem Ahriman nicht dazu, die Instinkte, Triebe herauszureißen und sein eigenes Geschlecht daraus zu bilden. Daraus bekommen Sie eine vielleicht paradoxe, aber richtige Ansicht von der Krankheit. Sie ist in vielen Fällen das einzige Mittel der guten Mächte, den Menschen vor den Fängen von Ahriman zu retten.
Und wenn Luzifer einen Sieg erringt in der menschlichen Natur, wenn also über die ahrimanischen Mächte, die den Menschen verhärten
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möchten, die ihn herunterziehen möchten in ihr Geschlecht von bloßen irdischen und Wasserwesen, luziferische Mächte einen Sieg erringen, so verfällt der Mensch in die empfindlichen katarrhalischen Krankheiten oder in irrsinnige Zustände. Wiederum wird dadurch dem Luzifer sein Sieg streitig gemacht.
Daher ist es, daß diese ahrimanischen und luziferischen Mächte fortwährend mit aller Kraft an dem Herbeiführen ihrer Siege arbeiten, daß sie aber eben traurig und enttäuscht werden an Krankenbetten, in Krankenhäusern und in Irrenhäusern. Denn da zeigt sich ihnen, daß sie zwar kämpfen können, daß sie aber unmöglich eigentlich siegen können.
Wenn Sie einen Einblick haben in die ätherische Natur des Menschen, nicht in die physische Natur bloß, sondern in die ätherische Natur, dann haben Sie da eben solche Bedingungen für Enttäuschungen der ahrimanischen und luziferischen Mächte, denn wenn im Ätherleibe die luziferischen Mächte über die ahrimanischen Mächte siegen, wird der Mensch zum Gewohnheitslügner. Aber indem der Mensch zum Gewohnheitslügner wird, wird er ja nicht moralisch, sondern er fällt gerade aus der Welt, in die ihn Luzifer hineinhaben möchte, heraus. Luzifer entreißt den Menschen scheinbar der Erdenwelt; aber er macht ihn statt zu einem moralischen Automaten zu einem Lügner.
Und indem der Mensch zu einem Gewohnheitslügner wird, zu einem habituellen Lügner, ist in diesem Verlogenmachen des Menschen, so paradox es wiederum klingt, zunächst eine Waffe da der guten Mächte, um den Menschen Luzifer zu entreißen. Denn, daß der Mensch zum Lügner wird, kann dann im weiteren Verlaufe des Karma wenigstens ausgebessert werden, während, wenn Luzifer siegen würde, das Menschengeschlecht eben verlorengehen würde, hinaufgehoben würde von der Erde.
Und wenn im Ätherleibe Ahriman siegt, wenn er siegt oder nahe daran ist an seinem Siege, dann wird der Mensch ein Besessener, und er wird von der Klugheit innerlich besessen. Dadurch aber, daß er von der Klugheit innerlich besessen wird, bleibt die Klugheit in ihm. Sie hat ihn dann. Sie durchsetzt ihn dem Ätherleibe nach. Und wiederum kann Ahriman nicht die Instinkte und Triebe hinunterziehen, weil sie durch die Besessenheit im Ätherleibe sitzengeblieben sind.
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So ist in weitem Umkreise durch den Erfolg der Lügenhaftigkeit und den Erfolg der Besessenheit beim Menschen ein fortwährender Grund da für die luziferischen und ahrimanischen Mächte, ihren großen Enttäuschungen zu verfallen.
Und wiederum, wenn Sie auf den astralischen Leib hinschauen - nehmen Sie an, in dem astralischen Leib siegen die ahrimanischen Mächte oder sie seien nahe daran, zu siegen -, dann kann der Mensch dadurch ein wüster Egoist werden, ganz egoistisch. Dadurch hält er aber, indem er wüst, egoistisch wird, seine Instinkte in sich zusammen. Ahriman kriegt sie nicht zum Herausziehen. Und auf diese Weise entgeht auch gerade durch die wüsten Egoisten dem Ahriman seine Beute.
Und wiederum, siegt Luzifer, oder ist er nahe daran, zu siegen, so kann der Mensch übergehen in seinem astralischen Leibe zu dem, was man einen Ich-losen Träumer nennt, der eigentlich gar nicht recht bei sich ist. Solche Dinge gibt es; mindestens kann der Mensch zeitweilig solchen Zuständen unterworfen sein. Dann ist das wiederum die große Enttäuschung für die luziferischen Mächte. So sehen Sie, wie viele Quellen der Enttäuschung es für die ahrimanischen und die luziferischen Mächte auf der Erde gibt.
Aber Sie sehen daraus zugleich, worinnen der Mensch eigentlich steht. Er stand schon in alten Zeiten, als die alten Initiationsmysterien bestanden, in diesem Kampfe hinter der physischen Welt drinnen. Da waren es die Boten des Vatergottes, welche die Lehrer der Mysterien waren, die ersten großen Lehrer der Mysterien. Von ihnen waren die Schüler die Gurus, und von diesen waren wieder die Schüler die Chelas, die untergeordneten Schüler. Aber die höchsten Gurus hat- ten ja ihre Unterweisungen unmittelbar von den Gottesboten, von den Boten des Vatergottes. Und weil Krankheiten, wie ich es Ihnen geschildert habe, die Quellen der großen Enttäuschungen sind für Ahriman und Luzifer, weil Luzifer und Ahriman gewissermaßen durch die Krankheiten betäubt werden in ihren Enttäuschungen - so ungeheuer gescheite und moralische Wesen die ahrimanischen und luziferischen Wesen sind, unterliegen sie dann, weil ihr Bewußtsein ein besonders klares, helles ist, um so mehr der Umnebelung -, so konnten gegenüber
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den Krankheiten die Götterboten, ungestört von Ahriman und Luzifer, die Heilmittel finden, so wie ich es Ihnen das letzte Mal gesagt habe, wie man mit den Mondmitteln die Saturnschäden kuriert und dergleichen.
Das war in den alten Mysterien, wo unmittelbar die Boten des Vatergottes den Menschen aus der Verwirrung reißen konnten, in die er gestellt ist durch den Kampf hinter der Natur und unter dem Menschen, von dem ich Ihnen erzählt habe.
In der neueren Zeit ist die Verwirrung, der der Mensch da gegenübersteht, keine geringere als in alten Zeiten. Und daß der Mensch mit seinem gewöhnlichen Bewußtsein nichts davon weiß, das macht nichts aus, die Verwirrung ist dennoch da. Der Mensch wird hin- und hergerissen in dem Kampfe, der da um ihn aufgeführt wird hinter der Natur und unter ihm.
Und wenn man dann die Schwelle überschreitet, hineinschaut mit Bewußtsein in die geistige Welt und in diesen furchtbaren Kampf, wenn man dieses verwirrende Spiel um den Menschen hinter der Natur und unter ihm beobachtet, dann schaut man in der Gegenwart vergeblich nach diesen Gottesboten aus, die zum Beispiel den alten Mysterienärzten den Merkurstab in die Hand gegeben haben und ähnliche Symbole für das Heilen. Man kommt überhaupt nicht mehr zurecht gegenüber jenem ungeheuren Kampfe, der geführt wird zwischen den zurückgebliebenen oberen Wesen, den zurückgebliebenen Mars-, Jupiter-, Saturnwesen und den zurückgebliebenen unteren Wesen, den Mond- wesen, Venuswesen, Merkurwesen. Und tatsächlich ist es so, daß, wenn Sie die Schwelle überschreiten, Sie hineingestellt sind in diesen furchtbaren Kampf der oberen Mächte mit den unteren Mächten. Wie zwei Heereslager stehen sich gegenüber die Luft- und Feuerwesen als unrecht geratene Saturn-, Jupiter-, Marswesen, die Erd-Wasserwesen als unrecht geratene Mond-, Venus-, Merkurwesen. Und der Kampf spielt sich ab jenseits der Schwelle in einer furchtbaren Art, so daß die Sonne zuerst ganz feurig wird, dann verdunkelt wird und zum Schlusse einem erscheint wie eine furchtbare schwarze Scheibe.
So war es bei den alten Eingeweihten nicht. Die sahen dann durch die schwarz gewordene Scheibe hindurch. Und gerade aus dieser
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schwarz gewordenen Scheibe kamen ihnen die Gottesboten des Vaters entgegen, die zum Beispiel die Träger der Heilkunde in alten Zeiten waren.
Wir Neueren überschreiten die Schwelle, und es steht da allerdings auch dieser furchtbare Kampf. Die Sonne wird rot, die Sonne wird schwarz, aber sie bleibt eine schwarze Scheibe. Und wir sind zurückgewiesen und müssen, um uns zurechtzufinden in diesem verwirrenden Kampfe, auf der Erde selber suchen.
Da, da werden wir an den Christus gewiesen, der dann als geistiges Wesen, das sich mit der Erde verbunden hat durch das Mysterium von Golgatha, dasteht und einem sagt: Verzweifle nicht darüber, daß die Sonne schwarz geworden ist; sie ist schwarz geworden, weil ich, der Sonnengott, nicht mehr in ihr bin, sondern heruntergestiegen bin und mich mit der Erde verbunden habe. - Und wenn man dann mit aller iiineren Hingebung, mit geschärfter Erkenntnis dessen, was eben durch das Wissen von dem Mysterium von Golgatha kommt, an den Christus herantritt, dann wird einem zwar die Sonne nicht wieder hell - sie bleibt eine schwarze Scheibe -, aber sie beginnt einem alles, was der Christus einem sagt, hörbar zu machen, und man erfährt die Verwandtschaft des Christus mit der Sonne. Die Sonne wird gewissermaßen, obwohl sie eine schwarze Scheibe bleibt, zu demjenigen Wesen, das einen befähigt, auf den Christus hinzuhören, wenn man sich zu nächst durch ein richtiges seelisches Verhältnis zu ih1n herangebildet hat.
Und der Christus ist es dann, der in dem Menschen die Mittel an- gibt, wie man die oberen Mächte mit den unteren Mächten versöhnt; wie man das, was oberhalb der schwarzen Sonnenscheibe ist an denjenigen Mächten, welche als Luft- und Feuerwesen um unsere Erde herum sich kundgeben, versöhnt mit dem, was sich als untere Wesen kundgibt. Und man erlangt dann gerade als Mensch Leitsätze sowohl für das Heilen von Krankheiten wie für das Verständnis all der anderen Ubel, welche Luzifer und Ahriman immer enttäuschen. Und man gelangt dazu, durch die Kraft des Christus und durch die Kraft des Mysteriums von Golgatha das, ich möchte sagen, Wunderbare sagen zu können: Ihr Geschöpfe Ahrimans und Luzifers, ihr werdet
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enttäuscht durch Übel, die durch euch auf Erden entstehen müssen, indem ihr gerade zu euren Siegen, zu euren partiellen Siegen kommt. Diese eure Enttäuschungen, die müssen immer wieder kommen, denn immer wiederum werdet ihr Kranke und Besessene und Lügner und Selbstsüchtige und Ich-lose erzeugen. Und so werdet ihr von Freudentaumel zur traurigsten Enttäuschung eilen.
Aber dem Erdenmenschen ist, wenn er das rechte Verhältnis zum Christus findet, selbst dieses an die Hand gegeben, in dem Momente nicht zu verzweifeln, wo er die Verzweiflung höherer Wesen, als er selber ist, findet, höherer Wesen, die aber eben einen anderen Weg gehen wollen als diejenigen Gotteswesen, denen der Mensch zugehört und denen er treu bleiben soll im weiteren Erdenverlaufe. Der Mittelpunkt dieser Gotteswesen ist eben das Christuswesen, das einstmals durch die Sonnenscheibe zu den alten Eingeweihten gesprochen hat, das von der Erde aus mit Hilfe der Sonne nun weiter zu uns spricht; so daß wir, wenn wir von dem Christus heute sprechen, von demjenigen sprechen, der uns auf der Erde zur Seite treten kann als der Führer, der uns herausführt aus dem furchtbaren Widerstreit der ahrimanischen und luziferischen Mächte untereinander und gegen die oberen und unteren Götterwelten.
ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE UND NACH DEM TODE IN DER GEISTIGEN WELT Dritter Vortrag, London, 19. November 1922
#G218-1992-SE160 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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ERLEBNISSE DER MENSCHENSEELE IM SCHLAFE
UND NACH DEM TODE IN DER GEISTIGEN WELT
Dritter Vortrag, London, 19. November 1922
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Ich möchte heute die Betrachtungen, die wir hier an diesem Orte in der letzten Zeit angestellt haben, zu einem gewissen Abschlusse bringen. Ich möchte Sie zunächst darauf aufmerksam machen, daß Sie ja bereits wissen, wie die nächsten Schicksale des Menschen nach dem Tode sind. Zunächst hat der Mensch seinen physischen Leib abgelegt und er Ist in einer Lage, in der er sonst während des Erdenlebens durch das gewöhnliche Bewußtsein nicht sein kann. Er hat sein Ich, seinen astralischen Leib und seinen Ätherleib um und an sich. Dieser Ätherleib bleibt sonst in der ganzen Zeit, von der Geburt bis zum Tode, mit dem physischen Leib vereinigt, und während des Schlafes ist ja der Mensch nur in seinem Ich und in seinem Astralleib außerhalb des Ätherleibes und außerhalb des physischen Leibes. Wenn nun der Mensch nach dem Tode kurze Zeit - die Zeit dauert ja nur nach Tagen - seinen Ätherleib, diesen Bildekräfteleib noch an sich hat, dann ist er dadurch imstande, zurückzublicken auf seinen ganzen Erdenlebenslauf. Der Erdenlebenslauf ist ja eigentlich enthalten in diesem ätherischen Leibe. Und ich habe auch in den öffentlichen Vorträgen gesagt, wie der Mensch, wenn er durch Initiation seinen Ätherleib freibekommt, den Lebenslauf des Erdenlebens überschauen kann.
Aber man kann nicht lange den Ätherleib an sich behalten nach dem Tode, denn dieser Ätherleib hängt ja eigentlich zusammen mit dem ganzen Kosmos; er will sich immer in den Kosmos ausbreiten. Wenn wir im Leben für einen Augenblick unseren physischen Leib verlieren würden, würde sogleich der Ätherleib wie durch eine elastische Kraft die Tendenz bekommen, sich in den ganzen Kosmos aufzulösen. Und nur durch den physischen Leib, in dem dieser Ätherleib immer drinnenbleibt, wird er während des Lebens zusammengehalten. Hat man nicht mehr die zusammenbindende Kraft des physischen Leibes, dann beginnt der Ätherleib sich auszubreiten und er wird nach einigen Tagen durch seine große Ausbreitung nicht mehr für uns da sein. Sie wissen
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ja, wenn Sie einen kleinen Wassertropfen nehmen, dann ist er da; wenn Sie ihn erwärmen, so breitet er sich nach allen Seiten aus und er ist nicht mehr da. Sie können ihn nicht mehr sehen. So breitet sich der Ätherleib nach dem Tode aus und er ist nach wenigen Tagen eben nicht mehr da.
Die Initiationsweisheit zeigt, daß dieses nur wenige Tage dauert, weil man durch die Initiationsweisheit dazu kommt, gewissermaßen künstlich im Erdenleben den Ätherleib zu benutzen. Er bleibt dann im physischen Leib drinnen, aber man benutzt ihn, indem man auf den physischen Leib keine Rücksicht nimmt und dann hat man auch den Rückblick auf sein Erdenleben. Man hat dann aber auch, indem man den Rückblick auf sein Erdenleben hat, in diesem Ätherleib zugleich eine Spiegelung des ganzen Weltenalls erglänzen. Es ist der ganze Sternenhimmel zugleich im Ätherleib drinnen. Sie können den Ätherleib abgesondert von diesem physischen Leib gar nicht schauen, ohne daß der Atherleib Ihnen überall die Sternenwelt, die Planeten und die Fixsterne zeigt. Und diese Planeten und diese Fixsterne nehmen zuletzt den Ätherleib auf. Und da ist es so, daß die Initiationswissenschaft, die Initiationsweisheit eben höchstens drei bis vier Tage lang die Bilder festhalten kann, die sie auf diese Weise im Ätherleib hat; dann verschwinden sie, und man muß vorher, wenn man überhaupt einen Zusammenhang damit behalten will, in seinen physischen Leib zurückkehren, damit der Ätherleib zusammengehalten wird. So schwindet einem also auch dieser Ätherleib wenige Tage nach dem Tode dahin.
Aber man gliedert sich selbst dadurch immer mehr und mehr in die Sternenwelt ein.
Man füMt sich zunächst, nachdem man den Ätherleib abgelegt hat, fremd iimerhalb der Sternenwelt. Was einem sozusagen bekannt vor- kommt aus der Sternenwelt, das sind nur die Mondenkräfte. Der Mond tritt auf, so daß man ihn auf der einen Seite hat in einem Nachbilde seiner physischen Gestalt. Aber sogleich lernt man im genaueren kennen, was mit dem Monde für geistige Kräfte verbunden sind. Man lernt tatsächlich kennen, daß mit dem Monde verbunden ist die Jahvekraft des Weltenalls, wie ich es das letzte Mal charakterisiert habe. Der Mond verwandelt sich sozusagen für denjenigen, der durch die Pforte
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des Todes gegangen ist, in eine Kolonie geistiger Wesenheiten, deren Anführer Jahve ist. Und jetzt lernt man dasjenige nach dem Tode kennen, wovon die Initiationswissenschaft eben dadurch sprechen kann, daß sie schon in das Erdenleben Bilder von diesen Dingen hereinbekommt. Man lernt erkennen, was es bedeutet, daß der Mensch auf Erden stirbt. Man lernt die Bedeutung des Todes gerade durch die Monden-, durch die Jahvekräfte kennen.
Wenn wir den Tod auf Erden betrachten, dann stellt er sich so dar, daß der physische Leib eines Menschen leblos wird, daß alles das, was von dem Geistig-Seelischen und Ätherischen den physischen Leib durchdrungen hat, aus dem physischen Leibe verschwunden ist. Der physische Leib wird von den Kräften der Erde, von den Elementen der Erde übernommen, entweder von den Kräften des Irdischen, des Wässerigen, wenn er begraben wird, oder des Feurigen und Luftartigen, wenn er verbrannt wird. Also der menschliche physische Leib wird von den Erdenkräften übernommen. Er ist von dem Menschenwesen abgelegt worden. Was heißt das eigentlich: Der physische Leib ist von dem Menschenwesen abgelegt worden und ist übergetreten in einen Zustand der Zerstörung? - Das ist so: wenn der Mensch geboren wird und die kindlichen Wachstumskräfte in sich hat und auch wenn der Mensch noch vor der Geburt steht im embryonalen Zustande, wenn er aber eben leiblich bereits der Erde im Körper der Mutter angehört, dann sind es dieselben Kräfte, welche uns entgegentreten als zerstörende Kräfte beim Tode, dieselben Kräfte, welche den menschlichen physischen Leib verlassen im Tode, welche also im Tode erscheinen, weil der physische Leib zerfällt> dieselben Kräfte, die an diesem physischen Körper mit aufbauen. Der Mensch geht durch seine Äthererlebnisse und dann durch seine astralischen Erlebnisse in eine geistige Welt über, aber hier auf der Erde löst sich ebenfalls von dem physischen Leib etwas los, was als Geistiges erscheint, als etwas, was gewissermaßen aus dem menschlichen Leibe heraustritt. Man möchte sagen: Nach der einen Seite geht der wirkliche Mensch, nach dieser anderen Seite geht ein anderes Wesen aus dem Menschen heraus. - Es ist das schon so, daß der physische Leib des Menschen mit dem Tode daliegt, der Mensch selbst verläßt ihn, aber ein anderes Wesen verläßt ihn zugleich. Dieses andere
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Wesen, das sind eben die auch auf Erden lebenden Mondenkräfte. Denn die Mondenkräfte sind zwar, wenn ich so sagen darf, konzentriert in dem kosmischen Monde, aber sie erstrecken ihre Wirksamkeit weithin. Das zeigt sich auf der Erde in den Todeskräften. Diese Todeskräfte sind zugleich die Geburtskräfte. Sie führen den Menschen herein in das Leben und sie erscheinen, wenn der Mensch aus dem Leben hinaustritt. Man bekommt auf diese Art eine Anschauung über den Zusammenhang der Geburt und des Todes. Und wenn man alle Menschen nimmt, die in aufeinanderfolgenden Zeiten sterben, so ist es so, daß aus jedem Menschen gewissermaßen die Erscheinung des Todes heraustritt und sich wiederum vereinigt mit einer geistigen Atmosphäre, die die Erde umgibt wie die Luftatmosphäre und welche dasjenige enthält, was der Tod hergibt und was die Geburt gleich wiederum empfängt. Aus den Kräften, die gewissermaßen aus den Leichnamen der Menschen aufsteigen, werden die Menschen wiederum herausgeboren. Ja, unsere Wachstumskräfte hängen geistig eben innig zusammen mit dem, was von Todeskräften, von den durch den Tod erscheinenden Kräften die Erde umgibt.
Nun betrachten Sie das Folgende. Diese Todeskräfte, die auch die Geburtskräfte sind, sind die Mondenkräfte. In diese Mondenkräfte ist hineingemischt alles das, was der Mensch an moralischen Wertkräften von seiner Geburt bis zum Tode aufgehäuft hat. Ist man in irgendeiner Beziehung gut gewesen, so findet sich in dieser Sphäre der Todesmondenkräfte gewissermaßen ein eigenes Wesen, welches in sich enthält eiIie Kraft, die geblieben ist von unserem Gutsein. Dieses Wesen hat in sich auch alles das, was geblieben ist von unserem Bösesein. Und während wir auf Erden leben, bilden wir dieses Wesen aus. Das gewöhnliche Bewußtsein weiß nichts davon, aber wir tragen es in uns. Wir tragen es so in uns, daß wir es jede Nacht, wenn wir schlafen, verlassen; wenn wir aus unserem physischen Leibe herausgehen, so bleibt dieses Wesen in dem physischen Leibe drinnen. Ich habe Ihnen ja gesagt, daß die moralischen Empfindungen und die religiösen Empfindungen in dem physischen und in dem Ätherleib zurückgelassen werden. Und da wird auch zurückgelassen ein wirkliches Wesen, das wir als unseren Karmaträger während unseres Erdenlebens ausbilden. Dieses
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Wesen bleibt aber mit uns im Zusammenhange, solange wir in der Sphäre der Mondenkräfte sind. Und weil dieses Wesen uns in den Mondenkräften, also in der Nähe der Erde erhält, bleiben wir in der nächsten Zeit nach dem Tode sowohl mit diesen Mondenkräften wie auch mit unserem Karma so verbunden, daß wir wirklich zurück durchleben müssen alle Handlungen, die wir zwischen der Geburt und dem Tode gemacht haben auf der Erde, daß wir die durchleben müssen in einer geistigen Art, mit dreifacher Schnelligkeit - wie ich im öffentlichen Vortrag gesagt habe -, wie wir sie auf Erden durchgemacht haben. Aber wir müssen sie durchleben, rückwärts durchleben und bringen so eine Zeit nach dem Tode zu, indem wir zwar nicht mehr durch den physischen Leib, den wir abgelegt haben, mit den Todesmondenkräften verbunden bleiben, aber indem wir als geistig-seelische Wesen Handlungen verrichten müssen, welche mit unseren Erdenhandlungen im innigen Zusammenhange stehen. Also wir machen unser Leben noch einmal in rückwärtiger Reihenfolge durch, und dadurch kommt uns unser Karma erst recht zum Bewußtsein.
Und Sie müssen schon das, was geistiger Art ist, auch in geistiger Weise behandeln. Wenn Sie einen Menschen auf Erden lieb gehabt haben, so können Sie sich ja vielleicht die Empfindung bilden: Ach, der Mensch muß jetzt nach dem Tode alles das durchleben, was er vielleicht an Schlechtem, an Unvollkommenem gemacht hat! - Sie kommen dann von Ihrem Irdisch-Physischen zu einem gewissen Bedauern, daß dieser Mensch das durchzumachen hat. Wenn Sie aber denjenigen, der durch die Pforte des Todes gegangen ist, selbst fragen würden, ob er die Sache auch so beurteilt, so würde er Ihnen sagen: Nein. - Er würde Ihnen sagen: Ich möchte nicht dieses nachirdische Leben anders durchmachen, als daß ich mit dem Urteil, das ich jetzt als geistig-seelisches Wesen habe, alles wiederum erlebe, damit es sich recht in meine wahre Seelenwesenhaftigkeit einprägt. Denn wenn ich irgendeine Handlung begangen habe, die mich als unvollkommenen Menschen erscheinen läßt, und ich sie nicht so in mir wiederum erleben würde, so würde ich ja nicht den Drang in mir empfangen, sie auszugleichen. Ich würde mich nicht von dieser Unvollkommenheit befreien wollen. Ich bekomme gerade dadurch, daß ich die Handlung noch einmal in seelischgeistiger
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Weise erlebe, den Trieb, sie zu überwinden durch eine vollkommene Handlung. - Der Tote möchte um keinen Preis dieses Wiederdurchmachen missen; denn das gibt ihm die Kraft, seine Menschheit in ganzer Weise zu erreichen. Sie müssen sich eben klar sein, daß geradeso wie die Erde vom Tale aus gesehen anders ausschaut als von einer Bergspitze, das Leben anders ausschaut von hier, von der physischen Welt aus, als von drüben. Und so kann man oftmals sagen: Man beurteilt überhaupt die Zusammenhänge des Erdenlebens mit dem über- physischen Leben, mit dem Leben nach dem Tode, nicht ganz richnug.
Nehmen wir einen anderen Fall. Sagen wir, Sie seien ein sehr guter Anthroposoph, Sie seien begeistert für die Anthroposophie und hätten einen Hausgenossen, jemanden, mit dem Sie eng verbunden sind, der die Anthroposophie haßt wie seinen schlimmsten Feind. Nun können Sie vielleicht sagen, Sie bedauern es ungeheuer, daß Sie dem Betreffenden einen großen Schmerz bereiten dadurch, daß Sie selber Anhänger der Anthroposophie sind und er diese Anthroposophie haßt. Das ist vom Standpunkte des irdischen Lebens gesehen vielleicht richtig beurteilt. Aber sehr häufig stellt es sich von der anderen Seite aus so dar, daß der Betreffende es in seinem Karma liegen hatte,einfach nicht an die Anthroposophie herankommen zu können wegen der Abhaltungen, die er aus einem früheren Leben mitgebracht hatte und die seinen Kopf einfach zu einem Hasser der Anthroposophie machen. Sein Kopf kann nicht heran an die Anthroposophie. Er wird gleich unruhig, er wird gleich aufgeregt, wenn er nur von Anthroposophie etwas hört. Es braucht aber noch nicht sein Herz der Anthroposophie abgeneigt zu sein. Wenn der Betreffende dann stirbt, so kann sich herausstellen, daß er in einer ganz intensiven Weise ein Verlangen nach der Anthroposophie nach dem Tode hat; so daß Sie oftmals das Richtige tun, wenn Sie sich gerade an jemanden, der die Anthroposophie hier im Leben gehaßt hat, nach seinem Tode mit Gedanken aus der Anthroposophie wenden, um sie ihm zuzuführen.
Man kann schon sagen, so sonderbar und paradox es klingt: Manche Glieder einer Familie, die furchtbar gewütet haben, weil ein anderes Mitglied der Familie anthroposophisch geworden ist, die sind nach ihrem Tode die intensivsten Anhänger geworden. Also Sie müssen
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das, was ich auch bei meinem vorigen Aufenthalte hier an diesem Orte zu Ihnen sagte, daß man von drüben das Leben ganz anders beurteilt als von hier, das müssen Sie auch in dieser Beziehung ganz ernst nehmen.
Und so können wir sehen, wie der Mensch ein ganz anderer wird. Denken Sie sich, Sie haben hier im physischen Erdenleben Ihr Gehirn da drinnen in der Schädelhöhle, etwas weiter drunten die Lunge, dann die anderen Organe und außen die Sinne. Durch alles nehmen Sie die äußere Welt wahr, durch alles das, was da in Ihrer Haut eingeschlossen ist, nehmen Sie die äußere Welt wahr. Jetzt dringen Sie hinaus. Zuerst scheinen die Sterne nur herein in Ihren Ätherleib; wenn Sie den aber abgelegt haben, identifizieren Sie sich selbst mit den Sternen. Vorher haben Sie ein Gehirn da drinnen gehabt, jetzt haben Sie die geistige Wesenheit von Venus, Merkur, Sonne und so weiter in sich hineinbe kommen. Jetzt können Sie sagen: So wie ich auf Erden Lunge, Herz, Niere und so weiter in mir habe, so ist nun in meinem Inneren Mond,Merkur, Sonne und so weiter. - Sie sind identisch mit dem Weltenall in Ihrem Inneren. Glauben Sie, daß Ihnen das Weltenall denselben Verstand erhält wie Ihr Gehirn? - Da sieht sich eben die Welt anders an; wenn man von der Sonne auf die Erde schaut, sieht die Erde anders aus, als wenn man von der Erde auf die Sonne schaut. So macht man tatsächlich, indem man in Zusammenhang bleibt mit Mond, Merkur, Venus, dieses rückwärtige Erleben durch. In dieser Zeit ist der Zusammenhang mit den äußeren Sternen, mit Jupiter, Mars, Saturn schwach entwickelt, und der Zusammenhang mit den Fixsternen ist erst recht schwach entwickelt.
Nachdem man auf diese Weise die Handlungen durchgemacht hat, zurückgelaufen ist mit den Handlungen bis zu seiner Geburt, ist es so,daß man diese Handlungen eben vom Sternenstandpunkte aus beurteilt. Man bekommt jetzt über sich nicht das Urteil, daß man bloß zurückschaut, sondern man bekommt das Urteil nach vorwärts; man bekommt das Urteil: Dies mußt du tun, um auszugleichen diese Handlung; dies mußt du tun, um auszugleichen eine andere Handlung. -
Darinnen steht man für die nächsten zwanzig, dreißig Jahre seines Lebens nach dem Tode, je nachdem man alt geworden ist, etwa ein
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Drittel der irdischen Zeit. Kinder machen das sehr kurz durch. Es kommt kaum in Betracht bei ganz kleinen Kindern, wie Sie sich denken können nach meinen Ausführungen. Man durchlebt auf diese Weise tatsächlich, indem man noch einen geistig-seelischen Zusammenhang hat mit seinem Irdischen, sein Leben rückwärts noch einmal. Und wenn man angekommen ist bei der Geburt, dann stellt sich das heraus, daß einem von alldem die Erinnerung bleibt. Es ist jetzt gerade so, wie wenn man wieder einen Leib ablegen würde. Man sagt, man legt den astralischen Leib ab. Aber was in Wirklichkeit geschieht, ist, daß sich das lebendige Tun, in dem man vorher war, verwandelt in ein Gedankenbild, nur daß jetzt ein ganz anderes Bewußtsein, ein Sternenbewußtsein denkt, während hier ein irdisches Bewußtsein gedacht hat.
Und jetzt treten Sie Ihren weiteren Weg in der geistigen Welt an, indem Sie mit denjenigen Wesen leben müssen, deren physischer Abglanz Sonne und Mond und Sterne sind. Sie müssen mit den Geistern der Sterne jetzt weiterleben. Da tragen Sie dann hinein die Erinnerung an das Karmawesen, das Sie vorher mit Ihrem astralischen Leib abgelegt haben. «Abgelegt haben» heißt aber nichts anderes, als daß alles das, in dem man vorher tätig darinnen gesteckt hat, eben jetzt eine Erinnerung ist, die wir als kosmischer Mensch haben. Wir treten ein in eine rein geistige Welt, belastet mit der Erinnerung an das, was uns unser Erdenleben gelassen hat.
Solange der Mensch dieses Rückwärtsdurchleben seines verflossenen Erdenlebens durchmacht, so lange steht er eigentlich in der Planetensphäre. Man kann sagen: Indem der Mensch vorschreitet von den geistigen Mondenkräften zu den Venus-, Merkur-, Sonnen-, Mars-, Jupiterkräften bis zu den Saturnkräften, also solange er zwischen der Monden- und Saturnsphäre ist, mit anderen Worten, solange er in sich füMt den Planetenkosmos, so lange befindet er sich in diesem Rückwärtsdurchleben seines verflossenen Erdenlebens.
Ich habe Ihnen schon in den letzten Tagen gesagt, wie die Mondenkräfte und die Saturnkräfte einander entgegenarbeiten. Der Mond enthält diejenigen Kräfte, die den Menschen herunterbringen zum Irdischen und immer wieder an der Erde festhalten wollen. Der Saturn möchte ihn hinausführen in das Sternen-Weltenall, so aber, daß, wenn
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der Mensch zwischen dem Tode und einer neuen Geburt in dieses Sternen-Weltenall eintritt, er nicht den physischen Abglanz der Sterne sieht, sondern mit den Wesen lebt, die zu den betreffenden Sternen gehören.
Passieren wir also nach dem Tode die Sphäre des Saturn, so werden wir reif für ein Erleben der rein geistigen Welt. Ich habe diesen Übergang charakterisiert in meinem Buche «Theosophie» als den Übergang aus der Seelenwelt in das Geisterland. Diesen Übergang kann der Mensch, weil ihm die Erinnerung an das verflossene Erdenleben an- haftet, wie ich es dargestellt habe, nicht durch eigene Kräfte durchführen. Er braucht einen Helfer in der geistigen Welt.
Nun, auch darauf habe ich ja hier aufmerksam gemacht, wie es mit diesem Helfer ist. In der Zeit, die vor dem Mysterium von Golgatha liegt, haben die Eingeweihten der Mysterien ihren Schülern sagen können: Ihr werdet, wenn ihr in der richtigen Weise eure Opferkräfte hinaufgeschickt habt in die geistige Welt, das hohe Sonnenwesen finden können, das euch begleitet von der Zeit an, wo ihr die Sonnensphäre verlaßt, das euch aber begleitet in seiner geistigen Wesenheit nach der anderen Seite, wo die Sonne gewissermaßen geistig in den Weltenraum hinausscheint, wie sie physisch auf die Erde herunterscheint. Dieses hohe Sonnenwesen wird euch begleiten, wird euch bringen bis zur Saturnsphäre, dann weiter hinaus bis in die Sternensphäre. Gewissermaßen wird euch die geistige Sonne scheinen, so daß ihr den Übertritt gewinnen könnt aus der Seelenwelt ins Geisterland.
Durch das Mysterium von Golgatha ist es so geworden, daß dieses Sonnenwesen heruntergestiegen ist auf die Erde, in dem Menschen Jesus von Nazareth Leib angenommen hat, und der Mensch dadurch, daß er auf Erden sein Gemüt, seine Gefühle hinwendet zu dem Christus und dem Mysterium von Golgatha, er schon hier auf Erden die Kraft empfängt, um über die Sonnen- und Saturnsphäre hinaus in das Geisterland, das heißt, in die Sternenwelt eintreten zu können. Da ergibt sich dann der Zustand, den er weiter durchmacht zwischen Tod und neuer Geburt. Um Ihnen diesen Zustand zu schildern, den der Mensch jetzt, in der Zeit nach dem Mysterium von Golgatha durch-
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machen kann durch die Kraft des Christus, die er aufgenommen hat, muß ich Ihnen das Folgende sagen. Zunächst muß ich Sie aufmerksam darauf machen, was es eigentlich heißt, wenn man da draußen in der Sternenwelt ist, das heißt im Geisterland, was es eigentlich heißt: Man hat die Erinnerung an das Erdenleben! - Das wird Ihnen in der folgenden Weise begreiflich werden.
Kommt man über die Saturnsphäre hinaus, so tritt man ein in das- jenige, was alte Weltanschauungen genannt haben den Tierkreis. Er ist nur der Repräsentant für den Fixsternhimmel, das heißt für das Geisterland überhaupt; aber gerade wenn man zusammenfaßt die einzelnen Sterne, die den Tierkreis ausmachen, bekommt man den Weg, den der Mensch dann durchzumachen hat. Diesen Weg macht der Mensch durch, uIn den Geistkeim seines nächsten physischen Leibes aus dem ganzen Kosmos heraus mit den geistigen Wesenheiten der Hierarchien zusammen aufbauen zu können.
Wenn Sie etwa sagen würden: Hier auf der Erde haben wir eine interessante Arbeit, da können wir die Kultur fördern, da können wir für die Menschen arbeiten und so weiter, aber es muß höchst einförmig sein, was wir da oben vollbringen, wenn wir da nur unseren Leib, unseren eigenen Körper erzeugen -, dann würden Sie ganz fehlgehen. Denn alles, was Sie zusammen auf der Erde vollbringen können, ist nicht von der Größe und Mannigfaltigkeit dessen, was Sie vollbringen, wenn Sie aus den Sternenwelten heraus den menschlichen Leib,den «Tempel der Götter» formen. Das ist eine viel mannigfaltigere, großartigere Arbeit. Und Sie formen ja nicht nur einfach Ihren Leib, Sie formen ihn, wie Sie gleich sehen werden, so, daß dieser Leib eigentlich der ganzen Menschheit angehört, indem Sie, je nachdem Ihr Karma Sie riiit dem oder jenem Menschen zusammengebracht hat, wiederum den neuen Leib so formen, daß er die Tendenz bekommt, in richtiger Weise rnit diesen Menschen wieder zusammenzukommen, um mit ihnen das Karma auszugleichen. Also Sie arbeiten ja da in einem viel höheren Maße für die ganze Menschheit, als Sie es auf der Erde jetzt tun könnten. Und wie arbeiten Sie? - Das will ich Ihnen im einzelnen beschreiben; ich bitte Sie nur, darauf aufmerksam zu sein, daß ich mich sinnbildlich ausdrücken muß, wie schon das letzte Mal gesagt, wenn ich
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von diesen erhabenen Welten spreche, denn die menschlichen Begriffe sind heute nicht so geformt, daß man sich ohne Bilder ausdrücken kann.
Sie müssen tatsächlich den Geistkeim Ihres ganzen physischen Leibes aufbauen. Er wird aus den Einzelheiten des Weltenalls aufgebaut.
Indem Sie zum Beispiel durchleben jene geistigen Wesenheiten, deren physischer Abglanz das Sternbild des Widders ist, arbeiten Sie mit den Hierarchien des Widders zusammen an Ihrem Haupte, an Ihrem kommenden Haupte, das tatsächlich ein Kosmos ist, das sich nur dann zusammenzieht im physischen Leibe; aber in Ihrem Haupte tragen Sie den ganzen Kosmos, vom Widder aus gesehen, in sich. Nun aber, in- dem Sie da auf dem Schauplatz des Widders mit der Hierarchie des Widders arbeiten, scheinen die Planeten, geradeso wie sie auf die Erde herunterscheinen, geistig nach der anderen Seite. Nehmen wir nun zum Beispiel an, Sie arbeiten weiter, Sie arbeiten vom Sternbilde des Widders aus weiter bis zum Sternbilde des Stieres. Während Sie im Sternbilde des Stieres mit den Hierarchien zusammenarbeiten, arbeiten Sie den Zusammenhang Ihrer Kehlkopfpartie mit Ihrer Lungenpartie. Indem nun der Mars aus der Planetensphäre hinaufscheint nach der Sphäre des Stieres, drückt sich in der Bewegung des Mars alles dasjenige aus, was Sie auf der Erde verfehlt oder richtig gemacht haben durch Ihre Sprechwerkzeuge. Jede Unwahrheit, die der Mensch gesagt hat, die scheint ihm geistig der Mars in die Stiersphäre hinein, wenn der Mensch sich durch die Stiersphäre hindurcharbeitet. Sie können sich also denken, was diese Erinnerung ist, die wir da haben in unseren eigenen Taten. Wir finden nach dem Tode, daß diese Erinnerung in das Weltenall hineingeschrieben ist und sogar aus dem Weltenall als Logos nach der anderen Seite hin spricht. So daß wir an unserem künftigen Leibe in bezug auf diese Partie der Sprachwerkzeuge so arbeiten müssen, daß wir gestört oder gefördert werden, je nachdem wir die Wahrheit gesagt oder gelogen haben.
Und so ist es, wenn wir zum Beispiel durch das Sternbild des Löwen gehen. Da werden uns alle unsere Unvollkommenheiten von der Sonne her beschienen, all die Unvollkommenheiten, die wir durch unser oberflächliches oder tieferes Herz begangen haben, unsere Sympathien und
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Antipathien, die mit unserem Temperamente, mit unserer Blutzirkulation auf der Erde zusammenhängen; so daß wir an unserem künftigen Leibe so aufbauen, daß uns unser ganzes früheres Leben als Planetensprache in den Weltenraum hinaus ertönt.
Ja, es ist so - so sonderbar es vom Erdenstandpunkte aus erscheint , daß, wenn wir von da draußen die Planetenbewegungen anschauen,wenn wir anschauen, wie der Mars, sagen wir, seine Bewegungen nach dem Stier hin ausführt, diese Bewegungen eine Schrift bilden, die zu gleicher Zeit tönt, und das ist die Sternenschrift, die von unseren eigenen Taten in den Weltenraum eingeschrieben ist. Kein Wunder, daß, wenn wir wieder zurückkehren, wir dasjenige vorbereiten, was dann unserem Karma entsprechend zu uns gehören wird. Denn wir können unseren künftigen physischen Leib nur vorbereiten unter dieser fort- währenden Sternensprache.
Und so arbeiten wir uns durch das geistige Gebiet hindurch, durch jenes geistige Gebiet, welches wir um so länger durchwandern, je größer das Verhältnis ist zwischen dem Bewußtsein in unserem Erden leben, dem ganzen Erdenleben - ich habe es auch im öffentlichen Vortrage gesagt -, und dem anderen Bewußtsein, das wir als Kind gehabt haben, wo wir noch dumpf lebten; denn wir sind jetzt in einem Bewußtsein, das über unser Erdenbewußtsein hinausgeht. Im Erdenbewußtsein sind wir als erwachsene Menschen in einem Bewußtsein, das über das Traumesbewußtsein des Kindes hinausgeht. Es sind drei Stufen des Bewußt seins. Wenn der Mensch dreißig Jahre alt geworden ist und bis zu seinem fünften Jahre durchgemacht hat das Traumbewußtsein, dann hat er sechsmal länger in dem höheren Bewußtsein gelebt. Nun lebt er wiederum sechsmal länger als seine ganze Erdenlaufbahn in jenem höheren Bewußtsein, das er draußen in der Sternenwelt hat; so daß man einfach begreift: Wenn ein Kind stirbt, so lebt es außerordentlich kurz zwischen dem Tode und einer neuen Geburt; je älter der Mensch wird, desto mehr Zeit hat er dort zuzubringen; denn desto mehr verdunkelt ist hier auf der Erde sein überirdisches Bewußtsein, das er nach dem vorigen Tode durchgemacht hat, desto länger muß er daran arbeiten, es wieder hell zu machen, denn wir müssen ganz in die Helle hineinkommen.
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Wenn wir ganz in die Helle hineinkommen, dann tritt eben jene Zeit ein zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, die ich in dem einen Mysterium genannt habe die Mitternachtszeit des menschlichen geistigen Daseins, die Mitternachtsstunde zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. In dieser Zeit, die ungefähr in der Mitte zwischen dem Tode und einer neuen Geburt drinnen liegt, haben wir das Bewußtsein, das uns in der geistigen Welt unter den Wesen der geistigen Hierarchien leben läßt, am hellsten. Aber zu gleicher Zeit erleben wir auch am stärksten in uns: Da unten in der Planetensphäre steht ja alles dasjenige, was du als Mensch verrichtet hast; das darfst du nicht verlassen - sagt man sich -, das kannst du hier nicht ändern, das kannst du nur ändern, wenn du wieder auf die Erde hinuntersteigst.
Da beginnt der Drang, der Trieb, wiederum nach der Erde hinunterzusteigen, gewissermaßen die Entscheidung zu treffen zwischen Saturn und Mond. Man folgt wiederum den aufdämmernden Mondenkräften, um den Weg nach der Erde zurück anzutreten, bei einem Menschen, der im vorigen Leben erwachsen war, eben nach Jahrhunderten.
Und je mehr wir uns wiederum der Planetensphäre nähern, und namentlich in die Sphäre von Merkur, Venus und Mond kommen, desto mehr schwindet uns das Bewußtsein, das wir gemeinsam mit den geistigen Wesen der höheren Hierarchien haben, dahin. Das heißt, wir bekommen ein Bewußtsein, das jetzt nur die Offenbarungen dieser geistigen Wesenheiten enthält. Früher fühlten wir uns unter diesen geistigen Wesen darinnen. Wenn wir vorbereitet haben das menschliche Haupt für das spätere Leben, so fühlen wir: wir arbeiten zusammen mit den geistigen Wesenheiten. Jetzt erscheinen uns die gei&tigen Wesenheiten wie in Bildern. Dafür aber tritt auch die Wirkung der Mondenkräfte in uns auf. Wir fühlen uns sozusagen wiederum als ein Wesen, das eigentlich in sich leben sollte. Wir sind ja noch nicht in einem physischen Leibe, aber wir haben ein Vorgefühl von einem In-sich-Leben, von einem Wiederum-dem-Kosmos-Entfremdetsein. Wir haben nicht mehr den Anblick der geistigen Wesenheiten, wie sie sind, sondern wir haben ihre Abbilder.
Und während wir diese Abbilder durchgehen, entschwindet uns immer mehr und mehr dasjenige, was wir als den Geistkeim unseres physischen
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Organismus auferbaut haben, und wir müssen wahrnehmen: dieser Geistkeim des physischen Organismus ist uns entfallen und ist nun hinuntergegangen zu einem physischen Elternpaar und lebt sich ein als die Kräfte der Fortpflanzungsströmung auf der physischen Erde. Es ist wirklich so, daß dasjenige, was wir als den physischen Leib vorbereiten, zusammenschrumpft und in die Fortpflanzungsstromungen eines physischen Elternpaares fällt. Und wir sind zurückgelassen als geistig-seelisches Wesen, das seine Zugehörigkeit zu dem, was ihm da hinunter entfallen ist> empfindet, aber sich nicht unmittelbar damit vereinigen kann. Es kann sich erst vereinigen, wenn es jetzt in diesem Zustand die Ätherkräfte, die im ganzen Kosmos sind, zu seinem Ätherleibe heranzieht. Und nachdem uns der Geistkeim unseres physischen Leibes entfallen ist, der nun unten unseren physischen Leib im Körper der Mutter vorbereitet, sammeln wir die Kräfte, um unseren Ätherleib zu bilden. Und mit diesem Ätherleib vereinigen wir uns dann, nachdem der menschliche Keim schon eine Zeitlang im Leibe der Mutter war.
Das ist der Vorgang des Wieder-Zurückkehrens zum Erdendasein. Und indem wir vorher nur die Bilder der geistigen Wesenheiten gehabt haben, gliedern wir uns alles dasjenige ein, was wir nur durch die Mondenkräfte uns eingliedern können, was Erinnerung war an unser Karmawesen. Das gliedern wir uns jetzt wiederum ein als wirkliche Kräfte. Die nehmen wir mit auf in den Ätherleib, gliedern sie auch ein. Deshalb erscheinen wir auf dieser Erde so, daß wir das Ausleben unseres Schicksals, unseres Karma bewirken; während des Durchgehens durch die Mondenkräfte entwickeln wir die Sehnsucht, unser Karma auf der Erde auszuleben.
So ist der Kreislauf, den der Mensch durchläuft vom Tod zur Geburt, indem er einen Aufstieg bis zum selbständigen Bewußtsein in der Geistsphäre erlebt, und ihm -dieses Bewußtsein wieder abgedämmert wird, indem er die Geistsphäre nur im Bilde hat. Während er sie nur im Bilde hat, nimmt er den Willen in sein Karma, in sich auf, kehrt zu der Erde zurück, um im physischen Leibe weiterzuarbeiten, bis er dann durch eine Reihe von Erdenleben eben dahin kommt, eine andere Daseinsmetamorphose antreten zu können.
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Für die jetzige Gegenwart der Erdenzeit ist es ja so, daß der Mensch, indem er heruntersteigt aus der Sternensphäre, die Erinnerung an sein früheres Erden dasein hat und an diese Erinnerung anknüpft. Er bereitet sich selber in der Sternensphäre seinen physischen Leib vor und vereinigt sich dann, indem er heruntersteigt, mit diesem seinem physischen Leibe. Aber wir stehen in einer sehr wichtigen Periode des Erdendaseins. Und die Wichtigkeit dieser Periode des Erdendaseins verstehen wir nur, wenn wir wissen, daß wir unseren physischen Leib vorbereitend erarbeiten in der Sternensphäre und ihn dann um uns kleiden, wenn wir auf die Erde herunterkommen. Aber in diesem Punkte bereitet sich etwas Wesentliches gerade in unserem Zeitalter vor.
Ich habe oftmals darauf aufmerksam gemacht, wie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts von der geistigen Welt aus Änderungen eingetreten sind im ganzen Verlaufe des menschlichen Erdenlebens. Ich habe darauf aufmerksam gemacht, wie in der Tat in einer gewissen Weise offen geworden ist das Tor der Erkenntnis gegenüber der geistigen Welt, wie man, wenn man das Nötige von sich aus tut, in der Tat erkennend eindringen kann in die geistige Welt, was durch viele Jahrhunderte hindurch, während sich die materielle Erkenntnis bildete, nicht möglich war. Die Änderung ist in der geistigen Welt dadurch eingetreten, daß an die Stelle früherer führender Wesenheiten diejenige Wesenheit getreten ist, welche wegen der Ähnlichkeit ihrer Eigenschaften mit dem, was in der Tradition als das Michael-Wesen bezeichnet wird, eben auch mit dem Namen Michael bezeichnet werden kann. Und man kann sagen: Die Michael-Wesenheit hat die geistige Führung der Menschheit übernommen. - Auf der Erde hier ist das Äquivalent dafür, daß Michael eingreift in das Seelen- und Geistesleben der Menschheit, daß eben immer mehr und mehr Menschen auch wirklich davon durchdrungen werden, daß der Mensch nicht nur durch seinen physischen Leib hier mit dem Reiche der Erde zusammenhängt, sondern daß er durch sein Seelisch-Geistiges in einem fortdauernden Zusammenhange steht mit der geistigen Welt.
Also das Hineinwachsen in die Geist-Erkenntnis, das ist die eine Seite, die mit der Michael-Herrschaft zusammenhängt. Die andere Seite ist aber dasjenige, was aus einer wirklichen ehrlichen Durchdringung
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mit dieser Geisteswissenschaft für das Menschengemüt, für die Menschenseele hervorgeht, und das ist, daß tatsächlich, indem das Licht dieser geistigen Wissenschaft sich ausbreiten wird, dieses Licht nicht nur eine Theorie bleiben wird, sondern einströmen wird in das menschliche Fühlen und als sich verbreitende Menschenliebe da sein wird.
Was man in den letzten Jahrhunderten aufgespeichert hat, das steht ja eigentlich zu dem Menschen nur in dem Verhältnis, daß es ein Kopfwissen wird, aber ein Kopfwissen, das nicht ausströmt in den ganzen Menschen. Ja, das ist wie eine seelische Geschwulst, das ist etwas, was nach und nach verhärtet, weil es nicht die richtigen Kräfte aus dem übrigen Organismus bekommt. Wenn wir immer nur im Kopf gescheiter werden und nicht aus unserem übrigen Organismus das nötige Fühlen diese Gescheitheit durchströmt, dann werden wir Wesen, die eigentlich etwas wie ein seelisch-geistiges Krebsgeschwür, wie eine seelisch-geistige Krebsgeschwulst haben. Es kann auch der Kopf nicht gedeihen, geistig gedeihen, wenn nicht der übrige Mensch liebend und das Geliebte auch wollend in der Welt steht.
Was in dem Menschen die Michael-Herrschaft will, wird der Mensch erst begreifen, wenn er dieser Michael-Herrschaft entgegenkommt durch seine eigenen Eigenschaften. Er kann ihr nur entgegenkommen, wenn er spirituell aufgeklärt und von allgemeiner, gerade aus der spirituellen Aufklärung kommender Menschenliebe erfüllt sein wird. Dann wird man immer mehr und mehr verstehen, was diese MichaelHerrschaft bedeutet.
Das Volk des Alten Testaments hat auch von einer Michael-Herrschaft gesprochen und es meinte, daß Michael damals der Diener Jahves war. Das heißt, Michael hat dazumal in den Kräften gewirkt, welche die Jahvekräfte sind. Er war der Diener des Jahve. Er hat all dasjenige mitbekämpft, was zu bekämpfen ist als ahrimanische Mächte, von denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe. In unserem Zeitalter ist Michael bestimmt, immer mehr und mehr die dienende Wesenheit des Christus zu werden; so daß die Aussage, die Michael-Herrschaft tritt regelnd ein in die Menschengeschicke, zugleich heißt, daß wahr werden soll das Wort: Die Christus-Herrschaft soll sich auf der Erde ausbreiten. - Michael trägt gewissermaßen vorne das Licht der
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spirituellen Erkenntnis, hinten trägt Christus die Forderungen der allgemeinen Menschenliebe. Dadurch aber ändert sich nicht nur etwas für die Erde, sondern dadurch ändert sich auch manches für das Leben, das der Mensch zwischen dem Tode und einer neuen Geburt durch- macht.
Es ist von alten Zeiten der Erdenentwickelung her so, daß der Mensch eben in der Weise, wie ich es charakterisiert habe, sich seinen physischen Leib als Geistkeim vorbereitet und ihn dann, wenn er das Erdendasein betritt, übernimmt. Aber seit der Christus-Michael-Herrschaft wird der Mensch immer mehr und mehr in die Lage versetzt - gegenwärtig sind es wenige Menschen, immer mehr und mehr sollen es werden -, bevor er auf die Erde heruntersteigt, noch eine Entscheidung zu treffen. Denn das Licht der spirituellen Erkenntnis leuchtet so, daß es zu gleicher Zeit beleuchtet diese Erde und das überphysische Reich, so daß der Mensch durch die Michael-Herrschaft eine Entschei-" dung zu treffen lernt, wenn er zwar schon sein Karma übernommen hat in seinem Ätherleib, aber nun den Weg zu seinem physischen Leib antritt. Wird nun auf der Erde immer mehr und mehr spirituelle Erkenntnis verbreitet, und wird der Mensch immer mehr und mehr in sich erleben diese allgemeine Menschenliebe, so wird folgende Möglichkeit vor dem Herabsteigen in das Erdenleben für die zukünftige Menschheit eintreten. Der Mensch wird sich sagen können: Diesen Leib habe ich vorbereitet; aber indem ich diesen Leib hinuntergeschickt habe auf die Erde und mein Karma in meinen Ätherleib, den ich zu- sammengezogen habe, hineingenommen habe, da sehe ich, daß dieses Karma so liegt, daß ich durch das, was ich in früheren Erdenleben vollbracht habe, diesen oder jenen anderen Menschen schwer geschädigt habe.
Wir sind ja immer der Gefahr ausgesetzt, durch das, was wir vollbringen, andere Menschen zu schädigen. Das Urteil über dasjenige, was wir einem anderen Menschen angetan haben, wird ganz besonders heil leuchten in diesem Momente, wo wir noch im Ätherleib sind, wo wir noch nicht den physischen Leib bezogen haben. Da aber wirkt in Zukunft auch das Licht des Michael und die Liebe des Christus. Und wir werden in die Lage versetzt, eine Änderung in unserer Entscheidung
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herbeizuführen, den Leib, den wir zubereitet haben, einem anderen zu übergeben und selber denjenigen Leib zu übernehmen, der bereitet worden ist von dem, den wir besonders geschädigt haben. Das ist der gewaltige Übergang, der von unserer Zeit in die Zukunft hinein in bezug auf das geistige Leben der Menschen stattfindet.
Wir werden in der Lage sein, in einen Leib einzuziehen, der von einem Menschen hat zubereitet werden müssen, den wir besonders geschädigt haben; und der andere wird in der Lage sein, in unseren zu- bereiteten Leib einzutreten. Und dadurch wird das, was wir auf Erden werden vollbringen können, in einer ganz anderen Weise sich karmisch ausgleichen können als sonst. Wir werden gewissermaßen als Menschen in die Lage kommen, unsere physischen Leiber auszutauschen.
Die Erde könnte niemals ihr Ziel erreichen, wenn nicht das eintreten würde; niemals würde sonst auf der Erde die Menschheit ein Ganzes werden können. Und das muß sein! Es muß für die Erdenentwickelung eine Zeit kommen zur Vorbereitung von zukünftigen planetarischen Zuständen der Erde, in der es unmöglich ist, daß der einzelne irgend etwas auf der Erde genießt auf Kosten des anderen. Geradeso wie sich das einzelne Blatt oder das einzelne Blütenblatt der Pflanze als ein Glied der ganzen Pflanze fühlt und Leid und Freude der ganzen Pflanze miterlebt - bildlich gesprochen -, so muß eine Zukunft über die Erde kommen, in der der einzelne kein Glück haben will auf Kosten des Ganzen, in der er sich als ein Glied der ganzen Menschheit fühlt. Das aber hat sein geistiges Äquivalent darin, daß wir für die anderen den physischen Leib zubereiten lernen.
Wir treten also als Menschen aus einer Zeit heraus, in der gewissermaßen jeder eine Kontinuation hatte in bezug auf den physischen Leib; wir treten in eine Zeit ein, die durch die Michael-Herrschaft herbeigeführt wird, wo wir auch an den physischen Geistkeimen der Menschenleiber so arbeiten, daß wir einer für den anderen arbeiten können. Und im Verlaufe der Erdeninkarnationen wird sich das so einstellen, daß wir durch dieses gegenseitige Arbeiten im Geistigen vorbereiten eine noch spätere, kommende Zeit - wenn man deren Wesen ausspricht, so wird es ein vollständiges Paradoxon sein, aber es ist doch so-, wo die Menschen auch auf der Erde mit ihren Seelen in diejenigen
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Leiber eintreten können, die sie besonders geschädigt haben, und herübernehmen können die Seele in ihren Leib. Das wird eintreten, wenn die Erde selbst in andere Zustände übergegangen sein wird. Aber das, was ich Ihnen heute gesagt habe als eine Tatsächlichkeit, die durch die Michael-Herrschaft in der geistigen Welt eintritt, wird die Vorbereitung dazu sein.
Gerade an diesem Beispiel sehen Sie so recht das Wesen der ideellen Magie. Wenn Sie hier auf der Erde die Erleuchtung auf sich wirken lassen, die von der spirituellen Wissenschaft kommt, so fördern Sie die Michael-Herrschaft. Sie fördern diejenigen Kräfte, die herbeiführen, daß die Menschen füreinander in dem Grade leben können, daß sie erst die Entscheidung treffen über das, was sie als physischen Leib übernehmen wollen, nach dem, was dann das Beste ist für die ganze Menschheit. Darnach entscheidet man sich, indem man sich den physischen Leib wählt. Indem Sie das auf der Erde vorbereiten durch Menschen- weisheit und Menschenliebe, vollführen Sie etwas, was in der geistigen Welt Wirklichkeit hat. Das ist wirkliche ideelle Magie. Das ist, was in älteren Zeiten wahre weiße Magie genannt worden ist. Es ist dasjenige, in das die Menschheit eintreten muß.
Und so wollte ich Sie noch aufmerksam machen auf dieses wichtige Moment, das im gegenwärtigen Augenblicke der Menschheit in die Entwickelungsbahn der Menschheit hereingetreten ist. Wir dürfen nicht mutlos zurückschrecken, wenn es sich darum handelt, Tatsachen der geistigen Welt zu enthüllen, welche in das Menschenleben herein- spielen. Denn die Zukunft der Menschheit hängt davon ab, daß der Mensch lerne, mit der geistigen Welt ebenso zu leben, wie er hier auf der Erde mit der physischen Welt lebt. Und nur dadurch, daß wir gewissermaßen als Menschheit wiederum in der geistigen Welt heimisch werden, wie es die Urmenschheit war, indem wir richtig begreifen das Christus-Wort: «Mein Reich ist nicht von dieser Welt», werden wir die Zukunft der Menschheit fördern. Dann begreifen Sie im richtigen Sinne das Christus-Wort: «Mein Reich ist nicht von dieser Welt.» Aber er ist ja gerade heruntergestiegen auf die Erde; er hat sich ja gerade mit der Menschheit vereinigt. Hätte er nicht eigentlich sagen wollen: Mein Reich ist von dieser Welt? - Er hat es nicht gesagt, aus dem Grunde,
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weil er hier allmählich die Erde zu einem Reiche machen wollte, das nicht im Irdischen aufgeht, das nach und nach einläuft in einen geistigen Zustand. Sein Reich ist nicht so, wie es war bis zu dem Mysterium von Golgatha und wie es sich dann, gewissermaßen durch das Beharrungsvermögen weiterlaufend, auch nachher fortgesetzt hat. Sein Reich ist so, daß der Geist hier auf der Erde herrschen wird. Und dies wird werden, wenn von der Menschheit in richtiger Weise die Michael-Herrschaft verstanden wird. Die aber wird nur in richtiger Weise verstanden, wenn geistige Erleuchtung und christliche Menschenliebe gesucht werden, wie ich es angedeutet habe.
EXAKTE ERKENNTNIS DER ÜBERSINNLICHEN WELTEN IM SINNE DER ANTHROPOSOPHISCHEN GEISTESWISSENSCHAFT Erster halböffentlicher Vortrag, London, 17. November 1922
#G218-1992-SE180 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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EXAKTE ERKENNTNIS DER ÜBERSINNLICHEN WELTEN
IM SINNE DER
ANTHROPOSOPHISCHEN GEISTESWISSENSCHAFT
Erster halböffentlicher Vortrag, London, 17. November 1922
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Es ist zweifellos, daß sich in der Gegenwart eine große Zahl von Menschen danach sehnt, etwas zu wissen von den geistigen, von den über- sinnlichen Welten, und selbst Männer der Wissenschaft haben sich ja in der neueren Zeit vielfach damit befaßt, Wege zu finden, durch die man zur Erkenntnis der übersinnlichen Welt kommen kann. Allein bei allen diesen Versuchen, in die übersinnliche Welt hineinzukommen, stellt sich dem modernen Menschen ja immer das in den Weg, was aus der modernen Wissenschaft heraus als Urteilsfähigkeit folgt, was an Autorität aus dieser modernen Wissenschaft heraus vorhanden ist. Und gegenüber so mancher Quelle, aus der man zu schöpfen glaubt für die Erkenntnis der übersinnlichen Welt, macht sich das Urteil geltend: Ja, aber eine exakte Erkenntnis, wie wir sie gewöhnt sind in der Wissenschaft zu entwickeln, eine exakte Erkenntnis der übersinnlichen Welten kann es doch nicht geben, denn all das hält nicht stand.
Demgegenüber strebt jene anthroposophische Geisteswissenschaft, von der ich Ihnen heute und in den nächsten Tagen mir erlauben werde zu sprechen, eine wirklich exakte Erkenntnis der übersinnlichen Welt an. Eine exakte Erkenntnis nicht dadurch, daß in demselben Sinne, wie für die Wissenschaft der äußeren Welt, Experimente gemacht werden, sondern so, daß innere Fähigkeiten der Seele, die sonst im alltäglichen Leben und in der gewöhnlichen Wissenschaft im Menschen nur schlummern, auf eine solche Art entwickelt werden, daß bei all dieser Entwickelung die menschliche Besonnenheit so aufrechterhalten bleibt, wIe das nur in der exakten Wissenschaft geschieht. Während man also in der exakten Wissenschaft sein Bewußtsein so behält, wie man es im gewöhnlichen Leben hat, und dann sich in den Methoden exakt verhält bei der Untersuchung der äußeren Welt, verfährt man in der anthroposophischen Geisteswissenschaft so, daß man sich eines Tages unterwirft dem, was ich nennen möchte intellektuelle Bescheidenheit,
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indem man sich sagt: Du warst einmal Kind, du hast damals Fähigkeiten gehabt, die nicht im entferntesten an diejenigen Fähigkeiten heranreichen, die du jetzt als erwachsener Mensch hast, und die du dir angeeignet hast durch Erziehung, durch das Leben. - Gerade so,wie man von der Kindheit auf gewisse Fähigkeiten entwickelt hat,die vorher eben nicht da waren, so kann man sich sagen, gibt es vielleicht auch im erwachsenen Menschen Fähigkeiten, die bei ihr1i schlummern, so wie seine jetzigen Fähigkeiten geschlummert haben in der Seele des Kindes. Und man kann durch gewisse Methoden diese Fähigkeiten aus der Seele herausholen.
Nun müssen bei der anthroposophischen Geisteswissenschaft, die hier gemeint ist, diese Fähigkeiten auf eine solche Art aus der Seele herausgeholt werden, daß die Methoden, die man dann, bevor man an eine Erkenntnis geht, auf seine eigene Entwickelung anwendet, eben in dieser eigenen Entwickelung exakt vor sich gehen. Man präpariert sich also für das Schauen in die höhere Welt hinein so, daß die Präparation, die man auf sich selber anwendet, eine exakte Methode voraussetzt. Deshalb kann man, wie ich mir schon erlaubte, bei meinen letzten Vor- trägen hier in diesem Saale zu sagen, auf diese Art zu einer exakten Clairvoyance, zu einem exakten Hellsehen kommen. Es ist auf eine exakte Weise erworben, wie man sonst mit den gewöhnlichen Erkenntnissen eben auf exakte Weise die Natur erforscht.
Ich werde heute weniger zu sprechen haben von der Art und Weise, wie man sich dieses exakte Hellsehen erwirbt. Ich werde das Entsprechende gelegentlich erwähnen, denn ich habe bereits in den erwähnten vorigen Vorträgen von den Methoden gesprochen, durch die man zur exakten Clairvoyance kommt, und man kann sich über diese Methoden unterrichten namentlich aus dem Buche, das ins Englische übersetzt ist und das im Englischen eben den ~itel trägt: «The Way of Initiation.»
Dagegen möchte ich zunächst heute darauf aufmerksam machen, wodurch dem Menschen im gewöhnlichen Leben versagt ist, einzudringen in die höheren Welten. Das ist ihm vor allen Dingen dadurch versagt, daß er nur immer im gegenwärtigen Augenblicke die Welt wahrnehmen kann. Durch unsere Augen können wir nur im gegenwärtigen Augenblicke die Welt und ihre Erscheinungen sehen. Durch unsere
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Ohren können wir nur im gegenwärtigen Augenblicke Töne 'hören. Und so ist es mit allen unseren Sinnen. Alles, was zunächst die Vergangenheit unseres eigenen Erdenlebens ist, können wir nur in der Er- innerung wissen, das heißt in abgeblaßten Gedanken. Man vergleiche nur einmal, wie lebendig, wie konkret dasjenige war, was wir im Dasein vor zehn Jahren durchgemacht haben, und wie blaß, schattenhaft der Gedanke ist, mit dem wir uns heute daran erinnern.
Und so ist alles, was über den gegenwärtigen Augenblick hinausgeht, für das gewöhnliche Bewußtsein des Menschen so, daß es in ihm nur in der schattenhaften Erinnerung leben kann. Aber diese schattenhafte Erinnerung kann zu einem höheren Leben angefacht und angefeuert werden. Und das geschieht durch diejenigen Methoden, die ich, wie gesagt, heute weniger erörtern will, durch die Methode der Meditation in Gedanken, der Konzentration auf Gedanken, der Selbsterziehung und so weiter.
Derjenige, der solche Methoden auf sich anwendet, wodurch er lernt,in Gedanken ebenso intensiv zu leben, wie man sonst nur in den äußeren Sinneseindrücken lebt, der erlangt eine gewisse Fähigkeit, die dar- Innen besteht, daß er nicht nur im gegenwärtigen Augenblicke die Welt betrachten kann. Solche Übungen, welche dazu führen, daß man nicht nur im gegenwärtigen Augenblicke die Welt betrachten kann, müssen allerdings lange Zeit, je nach den betreffenden Anlagen des Menschen, in sorgfältiger und systematischer, eben in exakter Meditation und Konzentration ausgeführt werden. Manche Menschen bringen gerade in der gegenwärtigen Zeit die Fähigkeit, die man auf diese Weise aus- bilden kann, schon bei ihrer Geburt mit. Das heißt, sie ist nicht gleich bei der Geburt so da, daß sie offenbar werden kann, aber sie tritt aus dem Inneren hervor in einem gewissen Zeitpunkte des Lebens, und man weiß, man hätte sich sie nicht im gewöhnlichen Leben erworben, wenn man sie nicht schon durch die Geburt mitgebracht hätte. Diese Fähigkeit besteht darin, daß man in den Gedanken drinnen so leben kann, wie man sonst durch seinen Körper in der sinnlichen Welt lebt.
Man nehme eine solche Aussage nicht allzu leicht. Man bedenke, daß der Mensch alles das, wodurch er sich selbst ein Dasein zuschreibt, seinem Miterleben mit der Sinneswelt verdankt. Wenn der Mensch
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so weit kommt, daß er, ohne daß er sich auf die Eindrücke der Augen, der Ohren, auf die Eindrücke anderer Sinne verläßt, dennoch ein inneres Leben entwickelt, das nun innerlich intensiv ist, wie sonst nur das Leben der Sinne, ein inneres Leben, das nicht bloß in schattenhaften Gedanken lebt, sondern in innerlich lebendigen Gedanken, daß man die Gedanken so erlebt, wie man sonst nur die Sinneseindrücke erlebt, dann erlebt man allerdings ein zweites Dasein, dann erlebt man ein anderes Selbstbewußtsein. Man erlebt geradezu dasjenige, was ich nennen möchte: Aufwachen, nicht außerhalb des Leibes, sondern im Innern des Menschen zu einem Leben erwachen, trotzdem der physische Leib so ruhig und durch die Sinne so unempfänglich ist, wie er sonst nur im Schlafe ist.
Wenn wir in uns selbst hineinschauen, finden wir, daß wir eigentlich nur dasjenige wissen im gewöhnlichen Leben, was wir durch die Sinne aufgenommen haben. Wir wissen von unserem eigenen Inneren durch unmittelbare Wahrnehmungen nichts. Wir können durch das gewöhnliche Bewußtsein nicht hineinschauen in unsere innere Organisation. Wenn wir ein Selbstbewußtsein im reinen Denken erwerben, dann lernen wir ebenso nach innen schauen, wie wir sonst nach außen schauen können.
Dann fühlen wir etwa das Folgende: Wenn wir sonst nach außen schauen, muß die Sonne oder ein Licht da sein, welches seine Strahlen wirft auf die Gegenstände um uns her. Durch dieses Licht, das außer uns ist, sehen wir die Gegenstände um uns her. Wenn wir uns bewußt werden in diesem zweiten Dasein im reinen Denkprozesse, der aber dann ein Anschauungsprozeß ist, der so farbig und intensiv ist wie sonst die Sinneswahrnehmung, dann empfinden wir gewissermaßen - ja,, nicht nur gewissermaßen, sondern im eigentlichen Sinne, nur ist der Sinn geistig gemeint -, wir empfinden ein inneres Licht, ein Licht, durch das wir in unser eigenes Inneres so hineinleuchten, wie wir sonst die Gegenstände beleuchtet bekommen durch die äußeren Lichter.
Deshalb kann man diesen Zustand des menschlichen Erlebens eine Clairvoyance, ein Hellsehen nennen. Und dieses Hellsehen bei dem erwachten Selbstbewußtsein im Geiste, dieses Hellsehen bringt zunächst die Fähigkeit hervor, daß man in jedem Momente, den man auf Erden erlebt hat, wiederum drinnen sein kann.
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Man kann zum Beispiel ganz gut erleben: Du warst achtzehn Jahre alt. Mit diesen achtzehn Jahren gingst du durch diese oder jene Erlebnisse. - Man hat aber nicht nur eine Erinnerung an diese Erlebnisse, man erlebt sie mehr oder weniger stark ja wieder. Man ist abermals der Mensch, der man mit achtzehn Jahren oder mit fünfzehn Jahren oder mit zehn Jahren gewesen ist. Man kann sich versetzen in jeden Augenblick seines Lebens, und man gelangt dadurch zu einem inneren erleuchteten Anschauen dessen, was man gegenüber dem Raumesleib, der unsere Sinne enthält und uns die äußere Anschauung liefert, einen Zeitleib nennen kann.
Aber dieser Zeitleib ist auf einmal da. Nicht daß man ihn in Momenten hintereinander erlebt, er ist auf einmal da. Er ist da in seiner inneren Beweglichkeit. Man überschaut sich in seinem ganzen bisherigen Erdenleben, wie man sich sonst nur in schattenhaften Gedanken an dieses Erden leben erinnert. Man durchleuchtet seinen ganzen Erden- lauf, aber so, daß man in jedem Momente drinnensteht.
Wenn lnan diese innere Erleuchtung erlebt, dann weiß man, man trägt nicht nur diesen physischen Menschenleib, diesen Raumesleib an sich. Man weiß, der Mensch trägt einen zweiten, einen feineren Leib in sich, einen Leib, der eigentlich gewoben ist aus den Bildern des bisherigen Erdenlebens, aber aus solchen Bildern, die zu gleicher Zeit dieses Erdenleben selber schöpferisch gestalten, nämlich unseren Organismus und unsere Tätigkeiten gestalten, unseren Organismus, in dem wir sind, unsere Tätigkeiten, die wir ausgeübt haben. So lernt man einen zweiten Menschen in sich kennen.
Und diesen zweiten Menschen, den man kennenlernt auf diese Art, den nimmt man so wahr, daß er sich in der Tat erlebt - wie sich der physische Raumesleib in einer physischen Welt erlebt - in einer feinern ätherischen, ich möchte sagen, in einer durchleuchteten Welt. Die Welt ist noch einmal da. Die Welt ist in feineren Gestalten da. Allem Physischen liegen feinere ätherische Gestaltungen zugrunde, die man auf diese Weise schaut.
Und man erlebt das Eigentümliche, daß man alles, was man in diesem feineren Leibe erlebt, nur kurze Zeit festhalten kann. Meistens ist es so, daß derjenige, der sich diese exakte Clairvoyance erworben hat
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und dadurch seinen Äther- oder Bildekräfteleib, wie ich ihn auch nennen möchte, durchleuchtet hat, daß er das Ätherische der Welt, das Ätherische seiner selbst wahrnimmt, daß er aber auch zu gleicher Zeit erkennen muß, wie ungeheuer schnell die Eindrücke verschwinden.
Man kann sie nicht festhalten. Man bekommt eine Art von Ängstlichkeit, nur rasch wieder zurückzukehren zu den Wahrnehmungen des physischen Leibes, damit man eine innerliche Festigkeit als Mensch, als Persönlichkeit habe. Und man erlebt sich in seinem Ätherleib. Man erlebt auch Dinge der höheren Welt in diesem Ätherleib, dasjenige, was in der höheren Welt ätherisch ist. Aber man schaut zugleich, wie flüchtig alle diese Eindrücke sind, man kann sie nicht lange festhalten, man kann sie nur dadurch festhalten, daß man sich irgendwie hilft.
Ich möchte als Beispiel anführen, wie ich mir selber helfe, um die Eindrücke dieses ätherischen Schauens nicht allzu schnell verschwinden zu lassen: Ich versuche jedesmal, nachdem solche Eindrücke da sind, sie nicht nur zu schauen, sondern sie aufzuschreiben; so daß die Tätigkeit, die ausgeübt wird, nicht nur ausgeübt wird durch die ab- strakten Fähigkeiten der Seele, sondern festgehalten wird durch das Aufschreiben. Es kommt nicht darauf an, daß man die Dinge hinterher liest, aber es kommt darauf an, daß man eine stärkere Tätigkeit ein- fließen läßt in diejenige Tätigkeit, die zunächst eine rein ätherische ist.
Dadurch gießt man sozusagen das, was ungeheuer flüchtig und flüssig ist und was schnell hinweghuscht, in seine gewöhnlichen menschlichen Fähigkeiten hinein. Es geschieht das alles nicht wie beim Medium unbewußt, sondern es geschieht mit vollem Bewußtsein. Aber man gießt das alles in seine gewöhnlichen menschlichen körperlichen Fähigkeiten hinein. Dadurch kann man es festhalten. Dadurch kommt man auch in die Lage, etwas sehr Wichtiges zu begreifen. Man kommt in die Lage, zu begreifen, wie festzuhalten ist eine übersinnlich-ätherische Welt zunächst - wir werden nachher von anderen übersinnlichen Welten sprechen -, aber eine übersinnlich-ätherische Welt, die einen selbst umfaßt in seinem bisherigen Lebenslauf und die das Ätherische der äußeren Natur umfaßt bis in die Sternenwelt hinauf. Man lernt diese ätherische Welt kennen. Man lernt sich selber in dieser ätherischen Welt erleben; und man weiß, daß, ohne daß man an den physischen Leib
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wieder herankommt, es unmöglich ist, diese Welt länger als höchstens zwei bis drei Tage festzuhalten. Wenn man die Fähigkeiten sehr stark ausgebildet hat, kommt es dazu, daß man diese Welt zwei bis drei Tage festhalten kann. Und da man dann durch Dinge, von denen ich gleich nachher sprechen werde, dies alles überschauen kann als moderner Eingeweihter, so weiß man auch zu beurteilen, was das ist, das man da, ohne sich auf die körperlichen Fähigkeiten zu stützen, in seinem Ätherleib oder in seinem Bildekräfteleib festhält. Es ist dasjenige, was man, wenn der Mensch durch die Todespforte schreitet aus dem physischen Leib, der zerfällt und abgelegt wird, was man da zunächst aus seinem höheren Selbstbewußtsein heraus schaut, und was aus diesem Grunde auch nicht länger als zwei bis drei Tage nach dem Tode des physischen Leibes bei dem menschlichen Selbstbewußtsein verbleiben kann.
So erlebt man durch die Gestaltung der exakten Clairvoyance die ersten Zustände, die beim Menschen nach dem Tode eintreten; man erlebt sie aus dem Grunde, weil man sie erkennend vorerlebt.
Dasjenige, was der Eingeweihte erkennend vorerlebt, das tritt nun bei jedem Menschen ein, wenn er seinen physischen Leib ablegt. Aber der Mensch würde weiter kein Bewußtsein haben - wodurch er trotzdem ein Bewußtsein hat nach dem Tode, das werde ich nachher erklären -, der Mensch würde kein Bewußtsein all die Zeit hindurch haben, in der er durch die höhere Erkenntnis seinen Äther- oder Bildekräfteleib festhalten kann, das heißt zwei bis drei Tage.
Zwei bis drei Tage nach dem Tode hat also der Mensch ein im Ätherleib lebendes Bewußtsein von der ätherischen Welt. Dann legt er dieses Bewußtsein ab. Er erlebt, wie der Ätherleib gewissermaßen von ihm abfällt, wie zuerst der physische Leib abgefallen ist, und wie er nötig hat, in ein anderes Bewußtsein überzugehen, um nach dem Tode als bewußtes Menschenwesen weiterzuleben.
Das, was ich Ihnen hier schildere als die ersten Augenblicke gewissermaßen - denn gegenüber dem Weltendasein sind es die ersten Augenblicke -, das darf derjenige, der sich die charakterisierte Fähigkeit erworben hat, in die höhere Welt hineinzuschauen, behaupten, weil er das vorerlebt, was sonst im Menschenleben normal nach dem Tode eintritt. Dadurch, daß er jenes starke Selbstbewußtsein sich erworben
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hat, das nicht mehr auf den Leib angewiesen ist, erlebt er diese Momente unmittelbar nach dem Tode schon in diesem Bewußtsein vor.Er gelangt dazu, sein eigenes höheres Leben zu beleuchten, und er gelangt dadurch dazu, jenes Licht in sich selber zu erkennen, wodurch er nach dem Tode in den ersten zwei bis drei Tagen eine Welt um sich herum hat, die anders ist als diejenige Welt, die wir um uns herum haben, wenn wir durch unsere Sinne hinausschauen in unsere Umgebung während unseres Erdenlebens zwischen Geburt und Tod.
Was nach diesen Tagen eintritt, das will ich, nachdem dieser Teil des Vortrages übersetzt ist, weiter auseinandersetzen.
Um den übersinnlichen Teil des irdischen Lebenslaufes zu überschauen, der in seinem Charakter, wie ich gesagt habe, noch einige Tage nach dem Tode nachlebt, braucht man die geschilderte innere Erleuchtung. Man muß gewissermaßen in sich selber das geistige Licht anfachen, das nach innen leuchtet. Dann kommt man darüber hinaus, bloß in dem gegenwärtigen Augenblicke wahrzunehmen, wie das durch die Sinne möglich ist.
Um zu weiteren Erkenntnissen in der übersinnlichen Welt zu kommen, ist notwendig, daß sich nicht nur der Wahrnehmungszustand beim Menschen ändere, sondern daß sich auch der Lebenszustand selber ändert. Wir Menschen haben im gewöhnlichen Leben einen solchen Lebenszustand, daß unser Leben eingeschlossen ist in unseren physischen Raumeskörper. Die Grenzen unserer Haut sind zu gleicher Zeit die Grenzen unseres Lebens. Unser Leben reicht so weit, als unser Körper reicht. Innerhalb eines solchen Erlebniszustandes kann man nicht hin- auskommen über dasjenige, was ich bis jetzt beschrieben habe an Erkenntnissen der höheren Welten. Man kann für Erkenntnisse der höheren Welten erst dadurch hinauskommen aus dem gewöhnlichen Erleben, daß man sich ein Erleben aneignet, das nicht eingeschlossen ist in die Grenzen des Raumesleibes, sondern das miterlebt die ganze Welt, die sonst um einen herum ist.
Und auch ein solches Miterleben kann für die Erkenntnisse der höheren Welten erworben werden. Ich will nur, wie ich schon gesagt habe, gelegenflich einiges anführen von den Methoden des modernen Einge
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weihten, durch die er Erkenntnis der höheren Welten exakt erwirbt. Das übrige ist in der genannten Schrift zu finden.
Wenn man nicht nur sich die Fähigkeit erwirbt, ein zweites Dasein im Gedankenleben zu haben, das noch immer eingeschlossen bleibt in den Raumesleib, sondern wenn man sich die Fähigkeit erwirbt, außer seinem Leibe zu leben, dadurch, daß man nicht bloß Gedanken intensiv in seinem Bewußtsein leben läßt, sondern sie auch ganz übungsgemäß, durch systematische Übungen aus seinem Bewußtsein immer fort schaffen kann, dann erwirbt man sich diesen Erlebenszustand außer halb des Leibes. Ich will ein einfache Übung angeben.
Man nehme an, man schaue einen Kristall an. Man hat durch seine Augen diesen Kristall vor sich. Derjenige, der ein bloßes Medium sein will oder zu einer Art von Hypnose kommen will, der starrt diesen Kristall an, und der Eindruck, den der Kristall auf ihn macht, versetzt ihn in einen Zustand der Unbesonnenheit. Damit hat anthroposophische Geisteswissenschaft nichts zu tun. Sie muß zu ganz anderen Übungen ihre Zuflucht nehmen. Für sie handelt es sich darum, daß, indem man einen Kristall anschaut, man zuletzt dazu kommt, von ihm abzusehen, zu abstrahieren, wie man sonst von Gedanken nur abstrahiert. So hat man einen Kristall vor sich und lernt durch ihn nicht physisch, aber seelisch durchzuschauen, so daß man seine Augen nicht benützt, um ihn anzuschauen, trotzdem man sie voll offen hat, und man gestaltet das seelische Erkennen so, daß man den Kristall nicht mehr vor sich hat, daß man ihn für die Anschauung wegschafft. Man kann diese Übungen auch so machen, daß man eine Farbe, die man vor sich hat, wegschafft, so daß man sie, trotzdem man sie vor sich hat, nicht mehr schaut.
Und so kann man insbesondere Übungen machen dahingehend, daß man Gedanken, die durch das äußere Leben im gegenwärtigen Augenblicke auftauchen, oder aber in früheren Momenten des Erdenlebens durchgemacht worden sind und jetzt als Erinnerungen auftauchen, daß man solche Gedanken fortschafft, das Bewußtsein von ihnen leer macht, damit man bloß wacht und eigentlich nichts von der äußeren Welt in seinem Bewußtsein hat.
Macht man solche Übungen, dann findet man in sich die Möglichkeit, mit seinem Leben nicht mehr innerhalb der Grenzen seines Raumesleibes
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zu bleiben, sondern über denselben hinauszugehen. Man erlebt dann das Leben der ganzen Umwelt mit, die man sonst nur in ihren sinnlichen Erscheinungen anschaut.
Dadurch tritt vor allen Dingen im ganz besonnenen Bewußtsein etwas auf, was ich vergleichen kann mit einer Erinnerung an das Leben, das man im Schlafe zubringt, an das Leben, das man zubringt vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Geradeso wie man sich für das gewöhnliche Wahrnehmen auf den gegenwärtigen Augenblick beschränkt sieht, so sieht man sich für das gewöhnliche Leben beschränkt auf dasjenige, was man immer im wachen Zustande erlebt hat.
Denken Sie nur, wenn Sie sich zurückerinnern an Ihr Leben, so sind ja immer die Zeiten, die Sie durch den Schlaf haben, für das gewöhnliche Bewußtsein leer. Was da die Seele vom Einschlafen bis zum Aufwachen immer erlebt hat, das tritt nicht in der Erinnerung auf, so daß wir in der Erinnerung eigentlich immer eine unterbrochene Strömung haben. Wir nehmen nur nicht immer Notiz davon.
Dasjenige aber, was die Seele jedesmal zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen erlebt, das steht wie eine intensive Erinnerung vor demjenigen Bewußtsein, das so erwacht ist, daß der Mensch mit ihm außerhalb seines Leibes leben kann. Dadurch tritt die zweite Stufe der Erkenntnis der übersinnlichen Welten ein, und wir können zunächst gewahr werden, was wir durchmachen als Seele, wenn unser Leib, unser physischer Leib, ruhig, wie seelenlos, ohne Wahrnehmung, ohne Willensäußerungen in Ruhe schlafend beharrt. Wir können uns dadurch im gewöhnlichen Tagesleben gewissermaßen erinnern an dasjenige, was wir außerhalb des Leibes jedesmal zwischen dem Einschlafen und Aufwachen erlebt haben. Nur müssen wir uns eben klar sein, daß, was da auftritt, von uns in der richtigen Weise beurteilt werden muß. Wir lernen ja kennen, daß das, was die Seele erlebt vom Einschlafen bis zum Aufwachen, außerhalb des Leibes erlebt wird. Wir können es nur anschauen, wenn wir ein Bewußtsein, einen Lebenszustand entwickeln können außerhalb des Leibes. Und wir lernen jetzt nicht nur etwas kennen, was gewissermaßen durch ein inneres Licht bestrahlt wird, wie unser eigener Zeitleib, wie ich das geschildert habe, sondern wir lernen jetzt in der Tageserinnerung, die nur zu dieser exakten
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Clairvoyance höherer Art aufgestiegen ist, dasjenige erkennen, was wir jedesmal zwischen dem Einschlafen und Aufwachen wirklich erleben. Nur ist zunächst dieses Erleben etwas 'Frappierendes. So wie wir im Tagesleben im gewöhnlichen Bewußtsein in unserem physischen Leibe leben, in uns Lunge, Herz und so weiter haben, so haben wir
vom Einschlafen bis zum Aufwachen tatsächlich nicht ein persönliches menschliches Bewußtsein, sondern ein kosmisches Bewußtsein. Wir haben ein Bewußtsein, als ob in uns - so paradox das klingt, es ist der anschauenden Erkenntnis dieses wahrnehmbar - leben würden Nachbildungen der Planeten- und Sternenwelten. Wir fühlen uns im Alleben des Kosmos. Wir schauen gewissermaßen die Welt an von dem Gesichtspunkte des Allebens im Kosmos.
Und indem wir das, was wir sonst um uns haben, dann innerlich in uns erleben, gehen wir - und zwar im wirklichen Lebenszustande rückwärts - jedesmal beim Schlafen dasjenige durch, was wir hier im physischen Leben durchlebt haben vom vorigen Aufwachen bis zum Einschlafen.
Wenn wir also zum Beispiel regelmäßig einen Tag durchwacht haben und dann in der Nacht schlafen, dann zeigt es sich, daß wir, indem wir einzuschlafen beginnen, die letzten Erlebnisse, die wir am Abend gehabt haben, bevor wir in den Schlaf gekommen sind, rückwärts erleben, dann die mehr am Nachmittag liegenden. Und so erleben wir rücklaufend das ganze Tagesleben die Nacht hindurch.
Wie gesagt, es handelt sich für die exakte Clairvoyance, von der ich hier sprach, darum, daß man im gewöhnlichen Tagesleben diese Rückerinnerung an diese nächtlichen Erlebnisse hat. Gerade so, wie man sich in der gewöhnlichen Erinnerung rückerinnert an das, was man im Tagesbewußtsein vor Jahren erlebt hat, so kann man durch die exakte Clairvoyance erleben dieses rückwärtige Erleben des Tageslebens. Und so hat man in der Tat etwas wie eine erweiterte Erinnerung in dieser exakten Clairvoyance vor sich. Man schaut zurück auf sein schlafendes Erleben. Man weiß, daß man schlafend außerhalb des physischen Raumesleibes erlebt, daß man in einer wirklichen Weltwesenheit, die gewissermaßen ein Nachbild der ganzen Welt in sich im Bewußtsein hat, daß man in einer solchen Weltwesenheit sein eigenes
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Tagesdasein rückwärts erlebt. Und man findet dann auch, daß dieses Tagesdasein im rückwärtigen Erleben nicht so lange braucht, als es hier in der physischen Welt braucht. Man lernt allmählich, indem man wirklich Forscher wird auf diesem Gebiete, das heißt in systematischer Weise, immer mehr und mehr die Dinge kennen durch eine exakte Erfahrung, man lernt erkennen, wie dieses Rückwärtserleben dreimal so schnell vor sich geht als das physische Erleben im gewöhnlichen Bewußtsein. So daß also jemand, der etwa zwei Drittel seiner Zeit wach ist und dann ein Drittel der Zeit schläft, in diesem Drittel der Zeit auch dasjenige durchlebt, was er in den zwei Dritteln im physischen Dasein durchgemacht hat. So daß man also kennenlernt ein Leben, das der Mensch außer seinem Leibe entfaltet, das rückwärts verläuft mit dreifacher Schnelligkeit.
Indem man sich im gewöhnlichen Tagesleben durch exakte Clairvoyance an dieses nächtliche schlafende Leben erinnert, weiß man zu gleicher Zeit, daß dieses schlafende Rückerleben keine eigene Bedeutung hat. Das, was man im Tagesbewußtsein hat in der exakten Clairvoyance, ist schon eine Erinnerung. Aber dasjenige, woran man sich als an die Schlafeserlebnisse erinnert, das zeigt, daß es keine eigene Bedeutung hat, sondern nur eine Vorbedeutung. Und das ist so. Fragen Sie sich, wie beurteilen Sie eine Erinnerung an ein Erlebnis, das Sie vor zwanzig Jahren gehabt haben? - Sie sagen sich: Ich erlebe in schattenhaften Gedanken. Aber diese Erinnerung bietet mir durch ihr eigenes Wesen die Garantie, daß ich keine Phantasie vor mir habe, sondern daß sie ein Abbild ist dessen, was in der Vergangenheit meines Erdenlebens von mir wirklich, tatsächlich einmal erlebt worden ist. So wie die Erinnerung in sich eine Garantie enthält, daß sie sich auf etwas ganz anderes bezieht, was wirklich in der Vergangenheit ist, so trägt dasjenige, auf das man hinsieht als auf ein nächtliches Erleben, die Garantie in sich, daß es keine eigene Bedeutung hat, sondern auf ein Zukünftiges weist.
Man braucht der Erinnerung nicht zu beweisen, daß sie sich auf ein Vergangenes bezieht. Man braucht ebensowenig, wenn man die exakte Clairvoyance erlangt hat, demjenigen, was man da überschaut von seinen nächtlichen Erlebnissen, zu beweisen, daß es nicht eine Phantasterei der Gegenwart ist. Man sieht ihm an, daß es sich auf die
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Zukunft des Menschen bezieht, und zwar auf jene Zukunft des Menschen, wo der Mensch seinen physischen Leib mit dem Tode wirklich abgelegt haben wird, wie er ihn jetzt bloß in der exakten Clairvoyance bildhaft abgelegt hat.
Und dadurch lernt man erkennen, was der Mensch erlebt nach dem Tode, wenn er die drei Tage absolviert hat, von denen ich gesprochen habe. Ja, man lernt durch diesen erinnerungsähnlichen Vorgang auch die Bedeutung der zwei bis drei Tage nach dem Tode erkennen, wo man sich wie in einem Weltbewußtsein fühlt, in einem kosmischen Bewußtsein, wo man das Ätherische von sich nun von dem Kosmos aus noch einmal überschaut, wo man zurückblickt auf dasjenige, was man durchlebt hat in seinem irdischen Lebenslauf. Und man lernt erkennen, was man nachher erlebt, und zwar so, daß sich anschließt an das Todesereignis ein Leben, das dreimal 50 schnell verläuft als das Erden- leben. Man lernte ja das kennen durch die Anschauung der nächtlichen Erlebnisse.
Man weiß, an die ätherische Anschauung, die nur kurze Zeit nach dem Tode dauert, schließt sich ein Leben an, das zwanzig, dreißig Jahre oder auch kürzer dauert, je nachdem der Mensch in seinem Erdenleben alt geworden ist. Ungefähr - das alles ist ja approximativ - dreimal so schnell als das Erdenleben verläuft dieses Leben. Ist also jemand dreißig Jahre alt geworden, so erlebt er dasjenige Leben, das ich jetzt meine, nach dem Tode dreimal so schnell, also in zehn Jahren. Ist jemand sechzig Jahre alt geworden, erlebt er rückwärts sein Leben, nach dem Tode, in zwanzig Jahren; aber alles approximativ genommen.
Das alles wird erkannt, wie durch eine Erinnerung eine durchlebte Tätigkeit erkannt wird, in der exakten Clairvoyance. Und so lernen wir erkennen, daß sich an unseren Tod ein übersinnliches Erleben anschließt, ein Erleben in der übersinnlichen Welt, welches ein Rückwärtserleben unseres ganzen Erdenlebens ist. Jede Nacht durchleben wir den vorhergehenden Tag. Nach unserem Tode erleben wir rückwärts verlaufend unser ganzes Erdenleben. Wir machen alles wieder durch. Und wir eignen uns, indem wir alles, was wir im Erdenleben durchgemacht haben, in einer geistigen Form wieder durchmachen, ein zutreffendes Urteil über unseren eignen moralischen Wert an.
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Wir gliedern uns gewissermaßen durch diese Zeit, die wir nach dem Tode durchmachen, ein Bewußtsein ein von unserer moralischen Persönlichkeit, von unserem moralischen Werte, wie wir uns hier auf dieser Erde ein Bewußtsein aneignen von dem Leben im Fleische und im Blute. Wir leben nach dem Tode in demjenigen, was wir als moralischer Mensch hier auf Erden waren. Indem wir alle die Ereignisse wieder durchmachen, rückwärts verlaufend, und dadurch nicht mehr abgezogen sind von der moralischen Beurteilung durch unsere Instinkte, Triebe, Leidenschaften, sondern sie rein geistig überschauen, lernen wir ein zutreffendes, ein richtiges Urteil über unsere eigene moralische Qualität kennen.
Zu dieser Beurteilung ist diejenige Zeit notwendig, von der ich eben gesprochen habe. Haben wir diese Zeit nach dem Tode absolviert, dann schwindet das hin, was moralisches Innenleben ist, die Rückerinnerung an unseren moralischen Wert auf der Erde, und wir mü&sen weiterschreiten durch die geistigen Welten mit einem anderen Bewußtsein, das nun auch durch exakte Clairvoyance kennengelernt werden kann.
Da ist dann notwendig, daß der Mensch nicht nur leben lernt außerhalb seines Raumesleibes, sondern daß er leben lernt in einem ganz anderen Bewußtsein, als er es hier innerhalb der physischen Welt hat.
Dann lernt der Mensch erkennen, wie sich anschließt an das Erleben seiner moralischen Qualität durch ein Drittel der Zeit seines vorangehenden Erdenlaufes ein übersinnliches, ein geistiges Erleben. Er lernt erkennen, was sich anschließt. Es schließt sich dann an ein anderes,ein rein geistiges Leben. Dazu muß aber erst die Möglichkeit gewonnen werden, daß die exakte Clairvoyance aufsteigt von dem gewöhnlichen Bewußtsein zu einem reinen, höheren Bewußtsein und daß sie dieses höhere Bewußtsein voll beurteilen lernt.
So habe ich versucht, Ihnen zwei Zustände nach dem Tode zu schildern. Den dritten werde ich sogleich nachher schildern, wenn die bisherige Darstellung übersetzt ist.
Wenn Sie dieses Hineinschauen in das Rückwärtserleben während des Schlafzustandes ins Auge fassen, so wie ich es geschildert habe, so
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werden Sie sehen, daß in diesem Rückwärtserleben der Mensch zwar außerhalb seines physischen Raumesleibes ein Leben hat; er ist gewissermaßen außer sich, neben sich. Aber dieses Leben ist, ich möchte sagen, so, daß man sich in ihm nicht bewegen kann. Man muß im Grunde genommen das ausführen, nur in der anderen Richtung, was man ausgeführt hat während des gewöhnlichen Bewußtseins am Tage. Und auch derjenige, welcher durch exakte Clairvoyance einen über- sinnlichen Einblick in diese Erlebnisse erhält, von denen ich gesprochen habe, der fühlt sich wie hineingebannt in eine Welt, an die er sich erinnert im Tagesbewußtsein der Clairvoyance, aber in der er sich nicht bewegen kann, in die er eingespannt, gefesselt ist. Dasjenige, was man als einen dritten Zustand der höheren Erkenntnis und des höheren Lebens erringen muß, das ist die freie Bewegung in der geistigen Welt. Sonst kann man nicht eintreten in die Erkenntnis des rein geistigen, des rein übersinnlichen Bewußtseins.
Man muß hinzuerwerben zu der exakten Clairvoyance das, was ich bezeichnen werde als ideelle Magie. Wohl zu unterscheiden von der unrichtigen Magie, die äußerlich ausgeführt wird, die mit vielem Scharlatanhaften verknüpft ist; wohl zu unterscheiden davon ist dasjenige, was ich jetzt meine als ideelle Magie.
Unter dieser ideellen Magie verstehe ich das Folgende: Wenn der Mensch für das gewöhnliche Bewußtsein sein Leben überblickt, dann sieht er, wie er eigentlich mit jedem Jahr und mit jedem Jahrzehnt ein anderer geworden ist in einer gewissen Beziehung. Die Gewohnheiten haben sich, wenn auch langsam, so doch geändert. Gewisse Fähigkeiten hat man sich angeeignet, gewisse Fähigkeiten sind auch verschwunden. Wer sich ehrlich anblickt in bezug auf gewisse Fähigkeiten des Erdenlebens, der kann sich jeweilig sagen, daß er ein anderer geworden ist. Aber das hat das Leben aus uns gemacht. Wir haben uns ganz hingegeben dem Leben, und das Leben erzieht uns, trainiert uns, bildet unsere Seelenformation aus.
Aber wer in die übersinnliche Welt erkennend eintreten will, wer mit anderen Worten ideelle Magie erwerben will, der muß nicht bloß seine Gedanken innerlich so intensiv machen, daß er ein zweites Dasein von sich dadurch erkennt, wie ich es geschildert habe, sondern er muß
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auch seinen Willen befreien von der Gebundenheit an den physischen Leib. Wir können unseren Willen im gewöhnlichen Leben nur in Bewegung bringen dadurch, daß wir uns unseres physischen Leibes, unserer Beine, unserer Arme, unserer Sprachwerkzeuge bedienen. Der physische Leib ist die Grundlage für unser Willcnsleben. Aber wir können folgendes machen, und das hat wiederum in ganz systematischer Weise derjenige durchzuführen, der als Geistesforscher zur ideellen Magie kommen will und diese hinzu erwerben will zu der exakten Clairvoyance. Er hat zum Beispiel einen so starken Willen zu entwickeln,daß er sich in einem bestimmten Zeitpunkt seines Lebens sagt: Du sollst dir eine bestimmte Gewohnheit abgewöhnen, und dafür eine andere deiner Seele einverleiben.
Man wird, wenn man energischen Willen angewendet hat, manchmal Jahre brauchen, um sich in dieser Beziehung ganz umzuwenden für gewisse Erlebnisformen, aber man kann das. Man kann sozusagen nicht bloß das Leben durch den physischen Leib sich Erzieher sein lassen, sondern man kann diese Erziehung, diese Selbstzucht nun auch selbst in die Hand nehmen.
Durch solche energischen Willensübungen, die ich wiederum in den genannten Büchern beschrieben habe, gelangt derjenige, der im modernen Sinne ein Eingeweihter, ein Initiierter werden will, dazu, nun nicht bloß das nachzuerleben im Schlafe, was er am Tage erlebt hat. Er gelangt dazu, Zustände herbeizuführen, die nicht Schlaf sind, die bei voller Besonnenheit erlebt werden und die ihm aber dennoch die Möglichkeit bieten, während er schläft, beweglich zu sein, etwas zu tun, so daß er außerhalb seines Leibes nicht bloß passiv ist, wie das beim gewöhnlichen Bewußtsein der Fall ist, nicht bloß passiv ist in der geistigen Welt, sondern handeln kann in der geistigen Welt, tätig sein kann in der geistigen Welt. Der Mensch bringt sich sonst während seines Schlafzustandes nicht weiter. Derjenige, der in diesem Sinne ein moderner Initiierter wird, der trägt die Fähigkeiten, tätig zu sein, zu handeln, in sein Wesen als Mensch auch für das Leben hinein, das zwischen dem Einschlafen und Aufwachen erlebt wird. Und wenn man so den Willen in das menschliche Wesen hineinträgt in dem Zustande, in dem dieses Wesen außerhalb des Leibes lebt, dann gelangt man dazu,
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ein ganz anderes Bewußtsein in sich auszubilden: dasjenige Bewußtsein, das nun wirklich schauen kann, was der Mensch erlebt in der Zeit, die sich an die geschilderte nach seinem Tode anschließt. Und da erlebt man tatsächlich durch dieses andere Bewußtsein die Möglichkeit, hineinzuschauen in unser nachirdisches Erdenleben ebenso wie in unser vorirdisches Erdenleben. Man schaut hinein, wie man ein Leben durchlebt, welches ebenso eine geistige Welt durchläuft, wie das physische Erdenleben eine physische Welt durchläuft. Man lernt sich er- kennen als reiner Geist in einer geistigen Welt, wie man sich hier, innerhalb der physischen Erde, als physischer Leib innerhalb der physischen Welt erkennt. Und es bietet sich einem nun die Möglichkeit, auch ein Urteil darüber zu bekommen, wie lange dieses Leben, ich möchte sagen, nach der moralischen Bewertungszeit, die ich früher geschildert habe, dauert.
Indem man nämlich auf diese Weise den Willen durch ideelle Magie in sein Seelenleben hineinträgt, lernt man dieses Bewußtsein, das man als erwachsener Mensch hat, erkennen und in der richtigen Weise zu vergleichen mit dem dumpfen Bewußtsein, das man in der ersten Zeit seines Erdenlebens als kleines Kind, als Säugling gehabt hat.
Sie wissen, daß das gewöhnliche Bewußtsein sich nicht an diese allerersten Jahre der Kindheit zurückerinnern kann. Da lebt der Mensch wie in einem dumpfen Bewußtsein; wie schlafend lebt er sich herein in die Welt. Und unser gewöhnliches Bewußtsein als Erwachsener ist hell und intensiv und durchleuchtet, eben gegenüber diesem dumpfen, finsteren Bewußtsein, in das wir zurückblicken und das wir gehabt haben, während wir die erste Lebenszeit hier auf Erden durch- machten. Aber derjenige, der in der geschilderten Weise zur ideellen Magie aufsteigt, der lernt den Unterschied erkennen zwischen seinem gewöhnlichen Wachbewußtsein als erwachsener Mensch, und diesem dumpfen Kindheitsbewußtsein. Er lernt gewissermaßen erkennen, daß er wie über eine Stufe heraufsteigt von dem dumpfen Kindesbewußt sein zu dem helleren Bewußtsein als Erwachsener. Und aus dem Verhältnis, das er ja kennt, zwischen dem kindlichen Bewußtsein, das wie ein Traumbewußtsein ist, und seinem Bewußtsein während der Erwachsenheit, aus diesem Verhältnis lernt er auch beurteilen das andere
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Verhältnis zwischen seinem Bewußtsein als Erwachsener und jenem durchleuchteten Bewußtsein, in das er nicht nur exakte Clairvoyance, sondern ideelle Magie hineingetragen hat, so daß er sich in der geistigen Welt jetzt frei bewegen kann.
Ich möchte sagen, wir lernen uns in der geistigen Welt frei bewegen, geradeso wie wir uns als Körper haben frei bewegen gelernt während des physischen Erdenlebens aus der Kindheit heraus, wo wir uns nicht bewegen konnten. Man lernt also hinzu erkennen zu dem Verhältnis, das man von der ersten Kindheit zu dem gewöhnlichen Bewußtsein hat, das andere Verhältnis des erwachsenen Bewußtseins zu einem höchsten, rein geistigen Bewußtsein.
Dadurch aber lernt man auch erkennen, wie man nicht nur in dem nachirdischen Leben, nach dem Tode, ein Geist ist unter Geistern, mit denen man zusammen arbeitet, sondern man eignet sich auch ein Urteil darüber an, wie lange dieses geistige Leben unter geistigen Wesenheiten dauert. Wiederum müßte ich das Beispiel von dern Erinnern an ein gewöhnliches Erlebnis anführen. Man sieht ein: Wie die Erinnerung in sich vergangene Wirklichkeit trägt, so trägt dasjenige, was man jetzt erlebt, in sich ein richtiges Urteil darüber, daß man in dem höheren Bewußtsein des Initiierten nicht etwas hat, was eine eigene Bedeutung hat, sondern etwas, was hinweist auf das Leben als Geist unter Geistern nach dem Tode. Und man lernt erkennen, wie sich dieses rein geistige Leben zu dem Erdenleben verhält, das man hier zwischen Geburt und Tod durchgemacht hat.
Sieht man nämlich als Initiierter zurück auf sein allererstes Kindheitsleben, so weiß man, es wird einem immer leichter möglich, in die geistige Welt hineinzuschauen, je älter man wird. Gewiß, es gibt verhältnismäßig jugendliche Personen, die gut hineinsehen können in die geistige Welt. Aber exakter und klarer wird dieses Hineinschauen mit jedem Jahre, mit dem man älter wird. Man erlangt immer mehr und mehr die Fähigkeit, in dieses andere Bewußtsein hinüberzugehen; dadurch lernt man erkennen, wie sich ein Bewußtsein zu dem anderen verhält. Man lernt folgendes erkennen: Man ist zum Beispiel vierzig Jahre alt geworden und man hat ja nur die Möglichkeit, sich zurückzuerinnern, sagen wir, bis zu seinem dritten, vierten Jahre. Man betrachtet
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diese Verhältnisse, wievielmal die vierzig Jahre mehr sind, als das unbewußte traumhaft kindliche Bewußtsein. Man lernt erkennen, wie das Leben im Geiste nach dem Tode ebensovielmal länger sein wird, als dieses Erdenleben im ganzen länger ist als das Leben als kleines Kind im traumhaften Zustande; das erstreckt sich auf viele Jahrhunderte. So daß sich anschließt an das Nacherleben des moralischen Zustandes ein rein geistiges Leben des Menschen als Geist unter Geistern, das nach Jahrhunderten dauert. In diesem Erleben hat der Mensch die Aufgaben der geistigen Welt ebenso um sich, wie er hier im Erden- leben die Aufgaben der physischen Welt um sich hat.
Aber diese Aufgaben, die zeigen sich für jene exakte Clairvoyance, die unterstützt wird von dem, ich möchte sagen, Herumwandeln in der geistigen Welt, durch ideelle Magie, sie zeigen sich dadurch, daß aus dem Wesen der geistigen Welt, in der man nach dem Tode lebt, alles dasjenige an Kräften herausgearbeitet wird, was dann hinführt zu einem folgenden Leben auf der Erde. Dieses folgende Leben auf der Erde steht einem als Ziel bevor, vom Anfange an des Lebens nach dem Tode. Und dieses Leben auf Erden im Menschen ist ja ein wirklicher Mikrokosmos. Dieser Mikrokosmos wird herausgearbeitet aus einem gewaltigen Erleben in der geistigen Welt nach dem Tode.
Sehen Sie, wenn man hier in der physischen Welt von einem Keime spricht, dann ist der Keim klein und entfaltet sich; nachher wird er eine große Pflanze oder ein großes Tier. Ich könnte auch von einem Geistkeim sprechen, den der Mensch ausbildet nach seinem physischen Leben auf Erden, nach dem Tode. Er arbeitet im Zusammenhang mit geistigen Wesenheiten aus den Geistkräften der Welt einen Geistkeim heraus für sein späteres Erdenleben. Und dieses Erarbeiten ist nicht etwa eine Wiederholung des Erdenlebens, sondern das schließt Betätigungsweisen, Wesenhaftes in sich, das größer und gewaltiger ist, selbstverständlich, als all das, was auf Erden erlebt werden kann. Das Zubereiten des künftigen Erdenlebens unter den Erfahrungen der geistigen Welt, das ist es, was der Mensch zunächst für sich erlebt im nach- irdischen Leben.
Und dazu kommt, daß ja das kosmische Bewußtsein auftritt, wie ich es geschildert habe. Dadurch, daß in dem einen Menschen das
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kosmische Bewußtsein auftritt, und in dem anderen Menschen ebenso, ja, dieses kosmische Bewußtsein allnächtlich schon vorhanden ist, wenn auch in einem dumpfen Zustande, so daß es kein wirkliches Bewußtsein ist, sondern - wenn ich den paradoxen Ausdruck gebrauchen darf ein unbewußtes Bewußtsein ist, dadurch leben die Menschen, indem sie als geistige Wesen leben, nicht nur mit anderen geistigen Wesenheiten zusammen, die niemals auf die Erde kommen, sondern eben in der reinen Geisteswelt wohnen; sie leben vielmehr dadurch auch mit all den Seelen zusammen, die entweder in physischen Menschenleibern verkörpert sind, oder aber, die selbst durch die Pforte des Todes gegangen sind und dasselbe durchmachen wie sie: durchmachen das kosmische Bewußtsein, das alle gemeinsam haben.
Und es ist wirklich so, daß dasjenige, was sich hier angesponnen hat auf Erden von Seele zu Seele, in der Familie, unter Menschen, wo wir uns gefunden haben dadurch, daß wir uns in physischen Menschenleibern begegnet sind, wir uns dadurch aber auch als Seelen gefunden haben, es ist so, daß wir das alles, was wir hier auf Erden gefunden haben, dann abgelegt haben; was wir erleben als Liebende, was wir erleben als Freunde, als uns sonst nahestehende Menschen, was wir erleben durch unsere physischen Erfahrungen im physischen Leibe, das streifen wir ab, das legen wir ab, ebenso wie wir diesen physischen Leib selber ablegen. Aber dadurch, daß wir hier Verhältnisse des Familienhaften, der Freundschaft, der Liebe entwickelt haben, pflanzt sich das geistig fort durch die Pforte des Todes hinein in jene GeistErlebnisse, die ein späteres Leben aufbauen. Und wir arbeiten nicht nur für uns allein, sondern wir arbeiten - sogar schon in der Zeit, wo wir die moralische Beurteilung unseres vergangenen Lebens haben - mit den Menschenseelen zusammen, die uns hier wert und lieb geworden sind in der Welt.
Das alles wird durch exakte Clairvoyance und durch ideelle Magie nicht nur etwas, was dem Glauben unterliegt, sondern es wird eine wirkliche Erkenntnis. Es dringt herein in das unmittelbare Anschauen des Menschen. Ja, wir können sogar sagen: Hier in der physischen Welt ist ein Abgrund zwischen den Seelen, auch wenn sie sich noch so lieb haben, denn sie begegnen sich innerhalb ihrer Körperhaftigkeit,
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und sie können nur in solche Wechselverhältnisse treten, die durch körperliche Beziehungen vermittelt sind. Aber wenn der Mensch selber in der geistigen Welt ist, dann ist nicht einmal das der Fall, daß der physische Leib, der hier einem zurückgelassenen geliebten Wesen eigen ist, ein Hindernis ist, um mit seiner Seele zusammen zu leben. So wie man sich aneignen muß für das Hineinschauen in die geistige Welt die Fähigkeit, durchzuschauen durch irdische Gegenstände, wie ich es geschildert habe, so hat derjenige, der durch die Pforte des Todes gegangen ist, Gemeinschaft durch den Körper hindurch mit den Seelen, die er hier als ihm nahestehende zurückgelassen hat. Er erlebt sie auch noch, solange sie auf der Erde sind, bis zu ihrem eigenen Tode, als Seelen.
Das möchte ich zunächst heute im Beginne dieser drei Vorträge gesagt haben über dasjenige, was Einsichten geben kann in das wirkliche übersinnliche Leben des Menschen. Ich möchte darauf hingewiesen haben, daß dadurch, daß exakte Clairvoyance und ideelle Magie angestrebt werden, tatsächlich in solcher Weise - wissenschaftlich erkennend - über die höheren Welten gesprochen werden kann, wie durch die exakte Naturerkenntnis über die Sinneswelt gesprochen werden kann. Und man wird sehen, indem man sich immer mehr und mehr einleben wird - denn Menschen werden schon da sein, die ihre Fähigkeiten entwickeln werden, um sich in diese Welten einzuleben -, man wird sehen, daß keine Wissenschaft, so vollkommen sie sich auch entwickelt hat, ein Hindernis dafür sein kann, das anzunehmen, was mit echter wissenschaftlicher Gesinnung durch exakte Clairvoyance und durch ideelle Magie an Erkenntnissen dem Menschen gegeben werden kann über das, was er durchmacht, nicht nur hier auf dieser Erde zwischen Geburt und Tod, sondern auch zwischen dem Tode und einer neuen Geburt bis zu einem Wiederkehren in einem Erdenleben.
Wie diese wiederkehrenden Leben sind und inwiefern sie ein Ende erreichen, davon will ich dann morgen sprechen, wenn ich mir gestatten werde, darzustellen, welche Beziehung das Christus-Ereignis, das Ereignis von Golgatha hereingebracht hat in das menschliche Erdenleben.
Da werde ich zu zeigen haben, daß diejenige Erkenntnis, von der ich gesprochen habe, insofern sie den Menschen als einzelnen angeht,
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hinleuchtet auf die ganze Entwickelung des Menschengeschlechtes durch das Leben der Erde, und dadurch auch hinleuchten kann auf dasjenige, was eigentlich durch den Eintritt des Christus in das Erden- leben für die Menschheit geschehen ist.
Und so soll gezeigt werden durch diese Vorträge auf der einen Seite, daß man nicht gegen die heutige exakte Naturwissenschaft zu gehen braucht, wenn man von übersinnlichen Erkenntnissen spricht. Und das soll der Gegenstand des morgigen Vortrags sein, daß auch das für das Erden leben der Menschheit wichtigste Ereignis, das Christus-Ereignis, in einer neuen Gestalt, in einer leuchtenderen Gestalt, vor die menschliche Seele tritt, wenn diese menschliche Seele sich bereit erklärt, anzunehmen die hier gemeinten Erkenntnisse der übersinnlichen Welt.
Die Beziehung der anthroposophischen Geisteswissenschaft zum Christentum zu erörtern, wird dann meine Aufgabe morgen sein.
CHRISTUS VOM GESICHTSPUNKTE DER ANTHROPOSOPHIE Zweiter halböffentlicher Vortrag, London, 18. November 1922
#G218-1992-SE202 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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CHRISTUS VOM GESICHTSPUNKTE
DER ANTHROPOSOPHIE
Zweiter halböffentlicher Vortrag, London, 18. November 1922
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Von zwei Seiten, unter manchem anderen, erheben sich gerade in der Gegenwart Gegnerschaften gegen dasjenige, was ich anthroposophische Geisteserkenntnis nenne. Die eine Gegnerschaft habe ich gestern mit einigen Worten berührt. Es ist die naturwissenschaftliche, welche der Anschauung ist, daß übersinnliche Erkenntnisse von der Art, wie ich sie gestern dargestellt habe, überhaupt für die menschlichen Erkenntniskräfte nicht zu erringen sind. Und so wird denn Anthroposophie von dieser Seite vielfach als etwas Unmögliches dargestellt.
Eine andere Gegnerschaft soll uns heute mehr beschäftigen. Es ist die, welche von Persönlichkeiten ausgeht, welche die Empfindung haben, daß Anthroposophie ihnen und manchen ihrer Mitbekenner das Verhältnis zu dem Christus nirnmt. Solche Persönlichkeiten sind zum großen Teil in ihrer Art außerordentlich fromme Christen, und gerade aus der Frömmigkeit ihrer Seele heraus kommen sie zu dieser Gegnerschaft. Sie finden vor allen Dingen, daß das Verhältnis des Menschen zum Christus gewonnen werden soll durch die einfache, naive Frömmigkeit des Herzens und der Seele. Sie finden, daß alles das, was in erkenntnismäßiger Weise von dem Christus sprechen will, nur verwirrend wirkt für die einfache, naive Herzensfrömmigkeit, und sie möchten am liebsten, daß das Streben nach dem Christus, aus ihrem einfachen menschlichen Herzen heraus, nicht gestört werde - bei niemandem - dadurch> daß auch über den Christus in erkenntnismäßiger Weise irgend etwas erstrebt wird.
Was sich an Empfindungen bei diesen Menschen ergibt, das ist gewiß wohl zu beachten. Aber dennoch sind solche Menschen gerade der Anthroposophie gegenüber in einem starken Irrtum befangen. Und wenn sie das Richtige erkennen würden, so würden sie finden, daß gerade der sichere Weg, den sie zu dem Christus suchen, ihnen durch die Anthroposophie geebnet wird. Sie würden finden, daß alles, was sie in der einfachen Frömmigkeit ihres Herzens an Sehnsuchten zu dem
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Christus hinzieht, im wesentlichen verstärkt wird durch all dasjenige, was die Anthroposophie über den Christus zu sagen hat.
Ich möchte Ihnen von verschiedenen Seiten aus das, was ich eben behauptet habe, klarlegen. Und die erste dieser Seiten soll eine Betrachtung dessen sein, was die Menschen zu den verschiedenen Zeiten der Menschheitsentwickelung auf Erden als ihr religiöses Leben, als ihr religiöses Bewußtsein empfunden haben.
Gehen wir in dieser Beziehung ein wenig in alte Zeiten der Menschheitsentwickelung zurück. Sie werden aus dem weiteren Fortgang meiner heutigen Darstellungen sehen, daß dieser historische Ausblick nicht überflüssig ist, sondern gerade manches, was von Mißverständnissen in der Gegenwart vorhanden ist, aufklären kann. Diese sehr alten Zeiten der Menschheitsentwickelung kann man allerdings nicht durch äußerliche historische Dokumente erreichen, sondern nur mit den Mitteln derjenigen Geisteswissenschaft, von der ich Ihnen gestern gesprochen habe; nur innerlich kann man sie erkennen durch ein solches Anschauen, wie ich es gestern als das Mittel dargelegt habe, um die über- sinnliche Natur des Menschen und die übersinnlichen Schicksalserlebnisse des Menschen zu erschauen. Wenn wir in solche alte Zeiten zurückgehen, 'so finden wir, daß dazumal die Menschen auf diejenigen gehört haben, die Schüler der sogenannten Mysterien waren. Die alten Mysterien, von denen kaum irgendwelche äußerliche historische Dokumente vorhanden sind - denn was vorhanden ist, liegt so spät, daß es keine eigentlichen Einblicke in die Mysterien gibt -, diese alten Mysterien waren Geistesstätten der Menschheit, in denen Kunst, Religion und Wissenschaft eines waren. Und die großen Lehrer dieser Mysterien, welche die Gurus waren ihrer Schüler, sie genossen eine schier übermenschliche Verehrung. Und auf die Schüler solcher Mysterienlehrer hörte dann die weitere Menschheit hin, wenn sie die Bedürfnisse ihrer Frömmigkeit befriedigen wollte. Man nahm dasjenige auf, was in einem hingebungsvollen, verehrungsvollen Leben die Schüler der Mysterienlehrer sich als eine Einsicht in die Welt und ihre Ordnung errungen haben. Und ich möchte, um das zu beleuchten, was auch in der Gegenwart Frömmigkeit sein kann, was in der Gegenwart namentlich Christus-Verehrung sein kann, das Verhältnis eines solchen alten
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Schülers zu seinem Guru, zu seinem Lehrer in den Mysterien, einmal ein wenig zeichnen.
Da begegnet uns zunächst eines: Diese Lehrer waren von denen, die ihr Wesen zu erkennen glaubten, angesehen als Menschen, deren Inneres erfüllt war von göttlicher Kraft selber. Menschen wurden in diesen Mysterienlehrern gesehen, in denen - wenn sie aus der Begeisterung ihrer Mysterienstätten und ihrem Opferkultus heraus sprachen - für ihre Schüler nicht der Mensch sprach, sondern durch menschlichen Mund die göttlichen Weltenmächte sprachen.
Das war keine sinnbildliche Vorstellung, sondern das war für jene alten Mysterienschüler eine durchaus reale Empfindung. Und Sie können sich denken, wie tief das Gefühl der Verehrung eines solchen Schülers für seinen Lehrer war, wenn er wußte, daß aus dem Lehrer nicht ein Menschliches, sondern ein Göttliches zu ihm spricht, daß aus dem Lehrer dasjenige zu ihm spricht, was er sein Göttliches nannte. Was uns heute paradox erscheint, was aber besonders charakteristisch ist für die Anschauung, welche die Schüler von den alten Mysterienlehrern hatten, das ist dieses, daß sie der Meinung waren: In noch älteren Zeiten der Menschheitsentwickelung, in jenen Zeiten, in denen die Erdenentwickelung ihren Anfang genommen hat, da seien göttlich-geistige Wesenheiten selber herabgestiegen auf die Erde, in der Art, wie das sein kann, in geistiger Art selbstverständlich. Und diese geistig- göttlichen Wesenheiten, die nicht einen menschlichen Leib angenommen haben, die sich aber dennoch durch die Mittel der geistigen Erkenntnis verständigen konnten mit den ersten Gurus, mit den ersten Mysterienlehrern, diese göttlich-geistigen Wesenheiten haben die erste Anweisung gegeben über dasjenige, was den Menschen gelehrt werden sollte als eine Lehre, die sie in den richtigen Zusammenhang bringen konnte mit der geistigen Welt. Und so meinte man, daß von Generation zu Generation das einstmals von den Göttern selbst den Menschen Überlieferte weitergepflegt worden ist und so auf die Schüler eines jeden Zeitalters gekommen ist.
Sie werden sagen: Das führt zu einer Erklärung des Ursprungs der Menschenweisheit in übersinnlichen Welten. - Aber wir berühren ja da ein Gebiet, wo selbst heute noch, wenn wir nur zum Beispiel an die
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Erklärung denken, welche die Menschen über die Sprache haben, die Menschen sich durchaus unklar sind über den Ursprung des betreffenden Gebietes. Gewiß, es gibt Menschen, welche meinen, daß aus dem Tierlaut heraus, im Sinne der Darwinschen Theorie, sich die menschliche Sprache entwickelt habe. Aber es gibt, und hat, namentlich vor noch gar nicht langer Zeit, Menschen gegeben, welche auch der Sprache einen göttlichen Ursprung zugeschrieben haben.
Nun, ich will mich nicht weiter verbreiten über das, was hier wirklich zugrunde liegt, denn das würde heute zu weit führen. Uns mag ja genügen: was die eigentlich frommen Gefühle bei den Guruschülern bildete, war die Meinung, daß das, was sie von den Lehrern hörten, ein mal der Menschheit von den Göttern selber überliefert worden ist.
Und zu welchem Ziele sollte eine solche Schülerschaft führen? Nun, eine solche Schülerschaft bestand ja darinnen, daß zunächst, aus dem unendlich starken Gefühl der Verehrung und Anhänglichkeit zum Guru, der Schüler mit demjenigen, was ihn mit den geistigen Welten verband, ganz hingegeben sein sollte an seinen Lehrer. Er sollte gewissermaßen diesen Lehrer als den einzigen Strom betrachten, durch den das Göttliche zu ihm dringt. Alles, was ein solcher Schüler an sich hatte, was er in seiner Seele entwickelte, von dem sagte er sich: Ich verdanke es dem Lehrer. - Und der Lehrer gab ihm vor allen Dingen Anweisungen; erstens über die Führung der Gedanken. Die Gedanken sollten so geführt werden, daß der Mensch denken lernte, indem er nicht hinsah auf die Sinneswelt, sondern indem er das Gemüt durch diejenige Kraft, die der Guru, der Lehrer, wie in einer erlaubten Suggestion in seine Seele selber pflanzte, indem der Schüler all seine Gedanken nach dem Übersinnlichen hinwendete. Während sonst die Gedanken gewissermaßen in der Sinnesbeobachtung anstoßen an die äußeren Dinge - wir denken den Tisch, das heißt: unser Gedanke stößt an den Tisch an; wir denken den Baum: der Gedanke wird durch den Baum aufgehalten, er stößt an den Baum an -, sollten durch den Einfluß des Guru die Gedanken durchsichtig werden, so daß der Schüler nichts sah, was in der Welt ist, sondern daß er durch die Gedankenschau in jene Welten hineinsah, welche ich gestern Ihnen aus der modernen Initiationswissenschaft heraus beschrieben habe, in die übersinnlichen
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Welten. Der Schüler sollte diese übersinnlichen Welten auch erleben. Dazu wurden ihm Anweisungen gegeben in bezug auf die Sprache. Wenn wir im gewöhnlichen Leben sprechen, dann teilen wir Gedanken, die wir entweder selbst haben, oder die wir erhalten haben, einem anderen mit. Kurz, dasjenige, was in unsere Sprache einfließt, das lebt auf der physischen Erde. Der Guru gab seinem Schüler mantrische Sprüche, die in einer halb rezitativen, halb gesprochenen Art den Schüler dazu bringen sollten, lebensvoll in seiner Sprache nicht nur dasjenige, was die Worte bedeuten, zu hören, sondern die ihn dazu befähigen sollten, in dem hinströmenden Satze die göttliche Weltenströmung selber zu erleben. Der Satz sollte so ausgesprochen werden, daß sein menschlicher Inhalt bedeutungslos ist, daß aber in dem Satze hin- strömt dasjenige, was als Göttliches in der Welt und im Menschen lebt. So sollte der Schüler durch die Gedanken, die ihm durchsichtig wurden, das Göttliche sehen. Er sollte durch die mantrischen Sprüche nicht dasjenige hören, während er sie rezitierte, was in ihrer Bedeutung liegt, sondern die durch sie dahinströmende göttliche Kraft selber sollte durch dasjenige, was im Opfer lag, zu den Handlungen hingeführt werden. Er sollte durch das, was im Opfer lag, seinen Willen nach dem Göttlichen hin richten, seinen Willen und seine ganze menschliche Persönlichkeit. Die Opferhandlungen waren vielfach damit verknüpft. Sie können es heute noch an der Buddha-Stellung sehen; Sie können es daran sehen, daß die menschlichen Gliedmaßen nicht in eine solche Lage gebracht wurden, wie sie zu äußeren irdischen Verrichtungen geeignet sind, sondern in solche Lagen, daß sie ungeeignet für irdische Verrichtungen sind, daß der Mensch daher schon durch die Haltung, die Stellung seiner Gliedmaßen, aus dem Irdischen ganz herausgehoben ist, und dadurch auch mit seinen im Geiste sich vollziehenden Handlungen zu dem Göttlichen hingelenkt ist.
Was sollte mit alldem erreicht werden? Nun, das Gemüt, die Seele des Schülers sollte das, was auf der Erde als Böses, als Sündhaftes, als Abfall von dem Göttlichen von den Menschen verrichtet wird, durch diese dreifache Hinlenkung ihrer selbst zu dem Göttlichen hinaufheben, hinaufströmen lassen in diejenigen Welten, welche die übersinnlichen sind und die ich Ihnen gestern beschrieben habe. Ich habe Ihnen
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gestern beschrieben, daß man auch mit der neueren Initiationswissenschaft eindringen kann in diejenigen Welten, in denen der Mensch als geistig-seelisches Wesen lebt, bevor er sein Erdendasein antritt, aus denen er heruntersteigt, um sich mit dem Leib zu verbinden, der ihm durch Vater und Mutter gegeben wird, und in die er wiederum zurück- kehrt, wenn er durch die Pforte des Todes gegangen ist, um ein weiteres Erdenleben da vorzubereiten, wie ich es gestern beschrieben habe. Daß nicht nur der betrachtende Blick des Schülers hinaufgelenkt werde in die übersinnlichen Welten, sondern daß in dem Schüler eine Kraft entstehe, eine Kraft des gebetartigen Denkens, eine Kraft des mantrischen Rezitativs, in dem das Göttliche strömte, eine Kraft der Hingebung von 0pferhandlungen, daß in dem Schüler eine große Kraft entstehe, welche dasjenige, was hier auf der Erde sündhaft ist, hinauflenkt in diese übersinnlichen Welten, das war der Zweck dieser göttlichen Lehrer in den alten Mysterien mit ihren Schülern. Und daß diese Schüler wiederum die anderen Menschen lehrten in dem Sinne, in dem sie selber erzogen wurden in diesen Mysterien, das bildete den zivilisatorischen Inhalt jener alten Zeiten.
Was war denn die Vorausseötzung dazu, daß man überhaupt so etwas machte? Nun, die Voraussetzung war diese, daß der Mensch hier auf Erden in einer Welt lebt, die gegenüber der göttlichen eine solche ist, die den Menschen in seiner Wesenheit nicht voll umfaßt. So dachte sich der alte Guruschüler und so lehrte ihn der Guru: Diese Welt, in der du lebst zwischen Geburt und Tod, sie umfaßt zwar die 'anderen Naturreiche, die mit ihrem Wesen in ihr in einer gewissen Weise aufgehen; aber sie umfaßt nicht die tiefere Wesenheit des Menschen. Und dasjenige, was der Mensch vollziehen kann zwischen Geburt und Tod - wir wollen ganz absehen davon, daß es in vieler Beziehung als ganz sündhaft dargestellt wurde in alten Zeiten -, wurde jedenfalls so dargestellt, daß der Mensch sich zu sagen hatte: Dasjenige, was ich hier auf der Welt erleben kann zwischen Geburt und Tod, was ich verrichten kann, was ich vollziehen kann an Taten, das reicht nicht heran an mein volles Menschenwesen, denn mein volles Menschenwesen gehört den übersinnlichen Welten an. - Und in jenen alten Zeiten hatten alle, die Guruschüler waren, aus einem alten primitiven Hellsehen
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heraus, das sie sich nicht zu erwerben brauchten, das sie in jene`n alten Zeiten der Menschheit als traumhaftes Hellsehen selber hatten, aus dem heraus hatten sie in gewissen Momenten ihres Lebens eine deutliche Einsicht davon, daß sie tatsächlich, bevor sie zur Erde herunter- gestiegen waren, in einer übersinnlichen Welt lebten, daß sie nach dem Tode wiederum in eine übersinnliche Welt eingehen werden. Und so sagten sie sich: Wenn ich als Mensch nur das vollbringe und nur mit dem zusammenhänge, was hier auf der physischen Erde vorhanden ist und möglich ist, bin ich nicht ein ganzer Mensch. Ich muß meine Kräfte hinauflenken in die geistigen Welten. Ja, da auf der Erde sind sie nicht, aber droben. - So war ja die Vorstellung jener alten Mysterien, daß aus den Opferhandlungen, die vollbracht wurden in dem Zeichen der hellsichtigen Gedanken, in göttlich tönenden Mantrams der Opferhandlung selber, daß in dieser Strömung dasjenige von dem Irdischen in das Überirdische hinübergeleitet wird, was der Mensch hier auf der Erde in seinen Handlungen nicht in Ordnung bringen kann, was erst in Ordnung gebracht werden kann in übersinnlichen Welten, weil diese übersinnlichen Welten zu dem ganzen Menschen gehören.
Und das sagten und lehrten in einer sehr tatsächlichen Weise die alten Guru ihren Schülern: Wenn der Mensch nun durch die Pforte des Todes tritt, da weiß er, wie das, was er hat auf Erden vollbringen können, nicht genügt für sein volles menschliches Wesen, wie beim Durchgang durch die geistige Welt nach dem Tode ein Ausgleich stattfinden muß, wie dasjenige, was auf Erden schlecht gemacht werden kann, nur unvollkommen gemacht werden kann, unweise gemacht werden kann, wie das seinen Ausgleich finden muß.
Und nun, unter all den Erkenntnissen, die man auf die gestern geschilderte Art über die übersinnlichen Welten gewinnt, ist auch diejenige, daß man erkennt, wie das, was auf der Erde unvollkommen bleibt, in der übersinnlichen Welt in die Vollkommenheit hineingetragen werden kann.
Das war aber anders für jene alten Zeiten der Mysterien und muß, wie wir gleich nachher sehen werden, heute anders werden. In jenen alten Zeiten lernten die Guruschüler von ihren Lehrern: Wenn der Mensch durch die Pforte des Todes in die übersinnliche Welt tritt,
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dann tritt ihm in einer gewissen Zeit ein hohes geistiges Wesen entgegen; dieses hohe geistige Wesen, das hat seinen äußeren Ausdruck in der Sonne und ihrem Erscheinen. - Daher nannten diese alten Mysterienweisen dieses Wesen das hohe, göttliche Sonnenwesen. Und so wie man den Menschen hier auf der Erde ansieht in seiner äußeren Physiognomie und sich sagt, daß in ihm sich die Seele ausdrückt durch die Physiognomie, durch die Mimik, so sahen die alten Menschen hin auf die Bewegungen der Sonne, auf die Erscheinungen auf der Sonne. Und sie sahen darinnen den physiognomischen Ausdruck, den äußeren Abglanz in bezug auf die Mimik in der Bewegung der Sonne; in dem Walten der Sonne sahen sie die Geste für das hohe Sornenwesen, dessen sie hier auf der Erde nicht ansichtig werden können, das ihnen aber begegnet, wenn sie durch die Todespforte gegangen sind, und das hilft, das auf der Erde nur unvollkommen Errungene da vollkommen zu machen: Bauet in Herzensfrömmigkeit auf das hohe Sonnenwesen, damit ihr es findet, damit nach eurem Tode euer Unvollkoinmenes durch dieses Wesen, das ihr in geistigen Welten antreffen werdet, das ihr auf der Erde hier nicht treffen könnet, damit dieses Wesen euch hilft, in der rechten Weise durch die geistige Welt durch- zugehen! - Nun, von diesem We~en, das also alles Unvollkommene von den Menschen ins Gleichgewicht bringt, von diesem Wesen redeten so, wie ich es angedeutet habe, die alten Guru, die alten Lehrer.
Und als das Mysterium von Golgatha herankam, war allerdings die alte Mysterienweisheit schon im Verfallen. Es war wenig mehr von ihr vorhanden; aber es waren Traditionen vorhanden, es waren Reste vorhanden. Es waren Eingeweihte in dem alten Sinne vorhanden, die noch mit derselben Hingebung, mit derselben Frömmigkeit, mit derselben Gläubigkeit festhielten an dem göttlichen Vater, der einstmals als Vatergott die göttlichen Sendboten auf die Erde geschickt hat, von denen die ersten Guru gelernt hatten. Und sie wußten, daß der große Trost des Lebens in alten Zeiten den Mysterienschülern gegeben worden ist dadurch, daß ihnen gesagt wurde: Nach dem Tode findet ihr das hohe Sonnenwesen, das alles Unvollkommene auf der Erde euch in das Vollkommene umzusetzen hilft, das hinwegnimmt von euch das drückende Bewußtsein, daß ihr eigentlich Abgefallene der göttlichgeistigen
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Weltenordnung seid. Dieses hohe Sonnenwesen aber,` das mußte heruntersteigen auf die Erde, mußte in dem Menschen Jesus von Nazareth Menschheit annehmen und ist, seitdem der Tod des Jesus Christus auf Golgatha erfolgt ist, nicht mehr zu suchen in den übersinnlichen Welten, sondern ist zu suchen unter den Menschen.
So haben die Eingeweihten, die Initiierten, zur Zeit des Mysteriums von Golgatha und auch noch bis in das 3. Jahrhundert hinein gesprochen. So daß diese Eingeweihten denen, die auf sie hören wollten, sagen konnten: Was ihr als eigentliches heilendes Wesen ersehnt, das hatte die Menschheit der alten Zeiten. Das ist durch eine Gottestat heruntergestiegen auf die Erde, ist in einem Menschen erschienen und lebt seither in übersinnlicher Art innerhalb der Menschheitsentwickelung. - Und während die alten Schüler in die Mysterien hineingehen mußten und hinaufblicken mußten auf ihre Opferweihehandlungen, auf dasjenige, was der Kultus in ihnen anregte in übersinnlichen Welten, müssen die Menschen der neueren Zeit lernen, auf Erden selbst ein unmittelbares Verhältnis zu dem Christus-Wesen zu gewinnen, das heruntergestiegen ist und Mensch geworden ist wie andere Menschen.
Das war die Stimmung, welche von den Zeitgenossen des Mysteriums von Golgatha und noch von vielen Eingeweihten der ersten drei christlichen Jahrhunderte verbreitet worden ist, wovon allerdings die historischen Schriften wenig verkünden, weil man alles dasjenige, worinnen die Verkündigung gelegen hat, eigentlich ausgerottet hat. Aber durch diejenige Einsicht in die Weltenordnung, von der ich gestern gesprochen habe, kommt man darauf, daß solche Stimmung als die Christenstimmung der ersten drei Jahrhunderte unter denjenigen verbreitet war, die auf die damals noch vorhandenen Eingeweihten hören wollten, bis dann diese Christus-Stimmung verlorengegangen ist und heute wiederum erneuert werden muß. Davon will ich dann, nachdem dieses übersetzt ist, im zweiten Teil meiner Darstellungen reden.
So hatten die Menschen an dem Verhältnisse, das der Schüler zu seinem Lehrer entwickelte, aus diesem verehrenden, hingebungsvollen Verhältnisse allmählich gelernt, hinaufzuschauen zu dem Göttlichen. Und in dem Lehrer selbst, in dem Guru wurde gesehen der Vermittler
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des Göttlichen, der gewissermaßen das Göttliche auf die Erde herunterströmen ließ, und hinwiederum die Frömmigkeit, die der Mensch hinaufschicken wollte in die geistige Welt, hinaufleitete. So war eine Summe von Gefühlen und Empfindungen da, welche durch Vererbung von Generation zu Generation in das menschliche Gemüt, in die menschliche Seele eingezogen ist. Und von denen, welche die ersten christlichen Lehrer geworden sind - von deren Innigkeit, von deren Verehrungsmöglichkeit heute nur wenige noch eine Ahnung haben -, von jenen ersten christlichen Lehrern ist diese Verehrung bei solchen, die auf sie hören wollten, nun hingelenkt worden, nicht zu Gurus im alten Sinne, sondern zu dem Christus, der aus den geistigen Welten heruntergestiegen ist und in dem Menschen Jesus von Nazareth eben Menschheit, Leib angenommen hatte. Diese Summe von Gefühlen pflanzte sich nun zunächst fort, pflanzte sich durch Jahrhunderte fort und wurde hingeschickt zu demjenigen, von dem die äußere christliche Geschichte verkündete, daß er durch das Mysterium von Golgatha, daß er durch den Tod für die Menschen hindurchgegangen sei, damit die Menschheit ihn fortan auf Erden finden könnte.
Die neuere Initiationswissenschaft, von der ich Ihnen gestern hier gesprochen habe, sie dringt nun wiederum an dieses Christus-Mysterium heran, sie versucht wiederum nahezukommen dem Geheimnis von Golgatha. Warum ist das notwendig?
Allerdings, während durch das christliche Mittelalter ein Zug von Frömmigkeit und Religiosität ging, der wie die Fortsetzung war jenes Verehrungsstromes, den die Schüler der alten Gurus für diese Lehrer hatten, verglomm, dämmerte ab in der Menschheit immer mehr und mehr, was wie ein altes traumhaftes Hellsehen in alten Zeiten der Menschheitsentwickelung vorhanden war. Was da vorhanden war, das können wir durch anthroposophische Geisteswissenschaft durchaus auch außerhalb der historischen Dokumente feststellen: In jenen alten Zeiten hatten die Menschen die Möglichkeit, sich zu gewissen Zeiten in eine Art traumhaftes Hellsehen zu versetzen. Dadurch nahmen sie die Welt wahr, aus der sie selber heruntergestiegen waren zu ihrem irdischen Dasein. Aber dieses Wissen von dem Ewigen in der Menschenseele,
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das war allmählich der Menschheit verlorengegangen. Unter dem Einflusse dieses Wissens hätten nämlich die Menschen niemals sich das Gefühl der menschlichen Freiheit erringen können. Und dieses Gefühl der menschlichen Freiheit, das zur völligen Menschlichkeit gehört, sollte einmal einziehen in den Menschen. Und die Zeit, in der dieses Gefühl der menschlichen Freiheit eingezogen ist, war die des Mittelalters; sie war aber auch diejenige, wo jenes alte Bewußtsein hinabdämmerte, das nimmermehr hätte ein freies sein können. Denn wenn der Mensch hinschaute auf das, was der Mensch war als seelisches Wesen unter geistigen Wesen im vorirdischen Dasein, so fühlte er sich abhängig, fühlte sich nicht frei. Man möchte sagen, es kam eine Zeit der Abdämmerung des alten Hellsehens, und im Dämmerzustande gegenüber der geistigen Welt entwickelte die Menschheit ihr Freiheits gefühl, das bis zu einem gewissen Kulminationspunkt gekommen ist in unserer modernen Zivilisation. Dadurch aber konnte ja die Menschheit nicht hineinschauen in jene übersinnlichen Welten, aus denen der Christus in den Jesus von Nazareth herabgestiegen ist. Und so wurde die Verehrung des Christentums zunächst eine traditionelle. Man verließ sich auf das, was historisch überliefert war, und man appellierte an dasjenige, was vererbt war an alter Guruverehrung. So konnte man zu dem göttlichen Wesen, welches durch das Mysterium von Golgatha gegangen war, alle menschliche Verehrung hinleiten, die der Mensch sich erworben hatte mit Bezug auf sein Verhältnis zu dem Göttlichen; aber indem der Mensch immer mehr und mehr in diesem Dämmerzustande des Bewußtseins ein Naturwissen ausbildete, wie es die alten Zeiten niemals gehabt haben, kam man immer mehr und mehr ab auch nur von der Ahnung, daß eine geistige Welt durch Menschenerkenntnis zu erringen ist.
Diejenige geistige Erkenntnis aber, von der ich Ihnen gestern gesprochen habe, sie ist eine wirkliche Fortsetzung der Naturerkenntnis. Und alles, was ich Ihnen gestern erzählt habe, was so an den Menschen herantritt, daß er durch Meditation, Konzentration hinaufgelangen kann mit seiner Erkenntnis in die geistige Welt, das entwickelt sich besonders stark, wenn man als moderner Mensch nicht haften bleibt an dem, was die Naturwissenschaft über die äußere Welt zu sagen
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hat, sondern wenn man Innerlich ringt mit dem, was sie einem sagt, wenn man aufnimmt die Gedanken als durchaus exakt wissenschaftliche, dann aber sie mit seiner Innersten Menschlichkei,t vereinigen möchte. Dann tritt etwas auf, was zunächst unbestimmt ist: eine gewisse Stimmung, eine Verfassung der Seele. Nimmt man in diese herein das Meditieren, das Konzentrieren in der Gedankenwelt und in der Willenswelt, so wird die Seele hinaufgeleitet, so wie ich es gestern beschrieben habe, in die geistigen, in die übersinnlichen Welten. Und man erwirbt sich dadurch die Möglichkeit, zu verstehen, was das Übersi:miiche ist. Man lernt von der Erde, über die einen die Naturwissen schaft so unterrichtet, hinwegschauen in eine übersinnliche Welt, die zur Erde hinzugehört, die insbesondere dann zur Erde hinzugerechnet werden muß, wenn man auf der Erde den Menschen verstehen will.
Und da entstehen dann im tiefsten Inneren des anthroposophischen Kämpfers Fragen von weittragendster Bedeutung. Und wenn er Antwort sucht auf diese Fragen, dann führen ihn die Antworten wiederum hin zum Verständnisse auch des Mysteriums von Golgatha.
Man hat auf der einen Seite gelernt, das Geistige zu schauen, nachdem man sein Bewußtsein hinweggehoben hat von der Erde, nach dem man es erreicht hat, außerhalb des menschlichen Leibes wahrzunehmen, und sogar, wie ich gestern geschildert habe, zu handeln in ideeller Magie. Kurz, man hat gelernt in diesem leibfreien Zustande mit der Erkenntnis und mit dem Willen hineinzugehen in eine geistige Welt.
Wenn man dann, ausgerüstet mit diesem inneren Verständnisse der geistigen Welt, wiederum hinschaut zu dem Christus, zu demjenigen, was einem als das Mysterium von Golgatha unter den Erdenereignissen erscheint, dann bleibt man nicht stehen, wie so mancher moderne Theologe, bei dem Menschen Jesus von Nazareth. Denn man versteht nicht bloß im materialistischen Sinne dasjenige, was mit dem Mysterium von Golgatha geschehen ist, man versteht es so, daß man den Menschen Jesus von Nazareth mit dem göttlichen Christus durchdrungen erschaut, weil man sich angeeignet hat die Fähigkeit für das Geistige. Mit der Fähigkeit, das Geistige zu erkennen, gelangt man auch dazu, dieses Geistig-Göttliche in dem Christus wiederum zu schauen. So gelangt
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gerade diese jetzt moderne Theosophie, weil sie das Göttlich-Geistige wiederum in unmittelbarer Erkenntnis erlangt, dazu, durch die Erkenntnis dieses Geistigen gerüstet, hinschauen~zu können auf den Jesus von Nazareth und in ihm wiederum den Christus, der nur als geistiges Wesen erkannt werden kann, zu erkennen. Mit der Erkenntnis, die man sich für Überirdisches erwirbt, gelangt man an den Christus heran, um in dem Christus selbst das Überirdische, das Göttliche in dem Gott- menschen zu schauen.
Die moderne Anthroposophie führt gerade durch volle Erfassung der geistigen Welt wiederum zu dem Christus hin. Und sie führt gerade dann zu ihm, wenn man sich in dieser Weise vorbereitet hat durch Anthroposophie. Um das völlig verständlich zu machen, möchte ich hinweisen, wie der moderne Mensch irrtümlich und richtig sich der geistigen Welt nahen kann. Sehen Sie, man möchte sagen, die heutigen Nachfolger derjenigen, welche einstmals unter dem Einflusse der Mysterien gestanden haben und in dem herabgedämmerten Bewußtsein der Menschheit, das aber hineinschauen konnte in gewisse Zustände des vorirdischen Daseins und in diesem herabgeminderten Bewußtsein in der Opferhandlung das Geistige hinaufströmen lassen wollte zum Göttlichen, die Nachfolger dieser alten Frommen sind heute Leute, die auf eine durchaus fragwürdige Weise mit der geistigen Welt in Beziehung treten wollen. Damals blieb bei den Frommen das äußere Seelenleben stehen im Seelischen, sie lenkten ihren seelischen Sinn hin in die über- irdischen Welten. Diese fromme Stimmung hat sich als die christliche Stimmung bei jenen Frommen fortgepflanzt, von denen ich im An- fange meines heutigen Vortrags gesprochen habe und die bei dieser naiven Frömmigkeit stehenbleiben wollen. Naiv ist sie heute deshalb, weil der Mensch nicht mehr hineinschaut in das übersinnliche Dasein durch sein natürliches Bewußtsein, und weil der Mensch durch diese naive Frommheit nicht hinaufgeleitet wird wie die alten Guruschüler in die übersinnlichen Welten, sondern hier auf der Erde verbleibt in seinem physischen Leibe. Das ist ja das Charakteristische dieser naiven Frömmigkeit, daß sie bei den Gefühlen, bei den Empfindungen bleibt, bei der Empfindung, die die Seele hat, wenn sie sich in sich selber, in die eigene Menschlichkeit versenkt. Wenn sich der Mensch in die eigene
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Menschlichkeit versenkt, dann kommt er allerdings dazu, zu wissen, daß in dem, was da unten im physischen Leibe ist, nicht bloß Fleisch und Blut ist, daß da allerdings Geistiges ist. Dieses Geistige, das der Fromme hinlenken will zu dem Göttlichen, will derjenige, der heute, ich möchte sagen, der unrichtige Nachfolger der alten Guruschüler ist, als mediale Persönlichkeit in Handlung umsetzen.
'Was ist denn eine mediale Persönlichkeit? Eine mediale Persönlichkeit ist eine solche, welche das Geistige aus dem physischen Leibe sprechen, aus dem physischen Leibe schreiben läßt, oder auch auf eine andere Weise noch sich kundgeben läßt. Daß die Medien sich äußern, Indem ihr Bewußtsein, aus dem sonst das Schreiben und Sprechen kommt, herabgedämmert ist, wie einst bei den Guruschülern der alten Zeiten, das beweist, daß der menschliche Leib nicht bloß der physische Ist, daß aus ihm spricht ein Geistiges, aber ein mechanisches Geistiges, ein Geistiges untergeordneter Art. Diese medialen Persönlichkeiten, sie wollen das Geistige unmittelbar in ihrem Leib nicht nur erleben, sie wollen es auch offenbaren bei sich. Und es spricht tatsächlich ein Geistiges, das im Leibe wohnt, wenn das Medium spricht oder schreibt. Was ist die Eigentümlichkeit solcher medialer Persönlichkeiten mit ihrer Offenbarung in bezug auf das Göttliche? Die Eigentümlichkeit ist diese - Sie wissen es vielleicht -: sie werden redselig, sie werden schreibselig, sie schreiben gern, sie reden gern, aber sie mischen Unzähliges, das der gewöhnlichen Logik als fragwürdig erscheinen muß, hinein in das, was durch ihren Körper der Geist kundgibt. Diese medialen Persönlichkeiten sind gerade der Beweis, daß wir nicht auf die alte Art zurückgreifen dürfen zu der Verbindung mit dem Göttlich-Geistigen, daß wir eine andere Art suchen müssen.
Diese andere Art nun sucht die anthroposophische Geisteswissenschaft. Und vielleicht darf ich über diese andere Art gerade aus einem bestimmten Grunde heraus sprechen. Diese andere Art, sich der geistigen Welt zu nähern - wenn man in ganz sichtbarer Weise die naturwissenschaftlichen Ergebnisse ernst nimmt, wenn man sie hinnimmt als die großen Errungenschaften der neueren Zivilisation -, diese andere Weise, die kommt zunächst, indem sie sich den geistigen Welten nähern will, nur außerordentlich schwer dazu, ich möchte sagen, die Sprachorgane
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zu bewegen, ja auch nur die Gedanken zu hegen, oder gar in medialer Weise zu der Schrift zu greifen. Wenn man erfaßt wird durch die Meditation, durch die Konzentration von jenem Geiste in sich, von dem ich gestern gesprochen habe, ja, dann möchte man am liebsten zunächst stumm werden! Während die mediale Persönlichkeit redselig wird und das Geistige aus sich heraus durch die Sprachorganisation ertönen läßt,möchte man, wenn man als gewissenhafter, naturwissenschaftlich gebildeter Mensch für die übersinnliche Erkenntnis von dem Geiste ergriffen wird, wie ich es gestern geschildert habe, am liebsten zunächst stumm werden, nicht sprechen von jenem zarten Erlebnis, das sich in der Seele kundgibt. ja man möchte sich sogar die Gedanken verbieten, weil man das Denken gelernt hat an den physisch-irdischen Dingen. Man möchte die Gedanken nicht laufen lassen, nicht strömen lassen in seiner Seele, weil man eine gewisse innere Ängstlichkeit hat, den Gedanken, den man an den äußeren physisch-sinnlichen Dingen heran- zog, halb unbewußt auf das Geistige hinzuwenden, in das man durch jene innere Verfassung gelangt, von der ich gesprochen habe, weil man glaubt, daß dieses Geistige, indem man den Gedanken auf es anwendet, einem nicht nur entschlüpft, sondern daß man es profaniert, daß man es entstellt. Am allerwenigsten möchte man zum Schreiben übergehen,denn man weiß, daß in jenen alten Zeiten, in denen die Gottesverehrung in eine Tätigkeit übergeführt worden ist durch Opferhandlungen, durch die Einschaltung des menschlichen Leibes, nicht zum Schreiben gegriffen worden ist. Das Schreiben ist etwas, was erst mit dem auf die sinnlich-physische Natur gerichteten Intellekt und Verstand in die Menschheit eingezogen ist; das Schreiben findet man, indem man er- griffen wird von der Erkenntnis des Göttlich-Geistigen, zunächst als etwas, was man weit von sich wegschieben möchte. Und so wird man, in dem man ergriffen wird von dieser Erkenntnisfähigkeit für das Göttlich-Geistige, für die übersinnliche Welt, zunächst erst innerlich stumm in bezug auf seine Gedanken; man wird stumm erst recht in bezug auf seine Sprache und in bezug auf dasjenige, was man irgendwie niederschreiben wollte über das Göttliche.
Ich sagte, daß ich gerade über diese Erfahrungen sprechen darf, denn diese Erfahrungen sind meine eigenen. Es sind solche, die ich
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wohl kennenlernte in derjenigen Entwickelung, die ich selber aus der Naturwissenschaft heraus durchgemacht habe, hin zum Begreifen der geistigen Welten, zum Erschauen der geistigen Welten, und hin zu dem Erschauen des Mysteriums von Golgatha durch diese geistigen Welten. Aber Sie werden auch verstehen, daß derjenige, der nun mit dieser modernen, anthroposophischen Geisteswissenschaft an das Mysterium von Golgatha herantritt, Schwierigkeiten hat. Das Mysterium von Golgatha muß erfaßt werden in seiner ganzen Majestät und Größe, wie es sich in der Geschichte der Menschheit offenbart. Man muß hin- schauen lernen auf das historische Faktum, wie der Gott durch den Menschen Jesus von Nazareth durch den Tod gegangen ist auf Golgatha. Man muß in einem vollständig sinnenfreien Bilde anschauen das größte historische Ereignis. Aber eben gerade zu diesem sinnenfreien Erfassen desselben in Gedanken, zu dem Darstellen durch das Wort, zu dem Darstellen vielleicht gar durch die Schrift, ringt man sich in der Weise, wie ich es dargetan habe, außerordentlich schwer durch.
Was man sich aber aneignet auf diesem Wege, das ist: innerliche Ehrfurcht, innerliche Scheu vor dem großen Mysterium, das sich auf Golgatha abgespielt hat. Es gießt sich etwas aus über die Seele dessen, der in der Weise, wie ich es Ihnen geschildert habe, in seinen Gedanken und in seinen Worten stumm geworden ist, der nicht sich regen möchte, wenn das Göttlich-Geistige in ihm ihn hinzieht zu dem MysterIum von Golgatha. Es gießt sich aus über die Seele eines solchen das tiefste, ehrfurchtsvolle Fühlen: man möchte sich ihm nicht nahen. Und so wird aus dem, was der anthroposophische Weg ist, nicht nur etwas,was Erkenntnis ist. Erkenntnis ist es zuerst. Erkenntnis ist es im Hinaufschauen in die übersinnlichen Welten, aber es ergießt sich in das FüMen, es wird sche`ue Ehrfurcht. Es wird etwas, was viel tiefer die menschliche Seele ergreift, als nur irgend dasjenige, was die Menschen jemals ergriffen hat, was der Schüler für seinen alten Guru fühlte. Und es bildet sich dieses Fühlen zuerst heraus als ein tiefstes Bedürfnis, zu erfassen den Christus Jesus auf Golgatha. Ganz wandelt sich durch eine innerliche Seelenmetamorphose dasjenige um, was zuerst übersinnliches Schauen ist, in das Fühlen. Und dieses Fühlen sucht den Gottmenschen auf Golgatha. Und es kann ihn finden, weil es gelernt hat
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das Geistige zu schauen. Es spricht nicht von dem Menschen Jesus von Nazareth, sondern es lernt erkennen diesen Menschen Jesus von Nazareth, aber es lernt auch erkennen, daß in ihm innerhalb des Erdenlebens der Christus als geistig-göttliche Wesenheit wirklich zu schauen ist. So strömt aus anthroposophischer Geisteswissenschaft Erkenntnis des geistigen Christus, so strömt aber auch dem Göttlichen gegenüber jene wahre Verehrung aus, durch das, was in der Erkenntnis des Über- sinnlichen leben kann.
Wie das dann zur Befruchtung des Christentums führen kann, das lassen Sie mich noch in dem kurzen dritten Teil darlegen, nachdem der zweite Teil übersetzt ist.
Gerade derjenige, welcher in der geschilderten Weise zunächst, wenn die übersinnliche Erkenntniskraft ihn ergreift, in Gedanken und Worten stumm werden möchte, der sich seines Organismus nicht bedienen möchte, um das zu äußern, was in ihm lebt, gerade der erlebt beim Übergange - indem er sich entschließt, über dasjenige, was in seinem Inneren lebt, auch äußerlich zu reden - etwas, das ihn berechtigt, von der Geistnatur des Christus Jesus zu sprechen. Was man bei diesem Übergange erlebt, wenn man sich zu dem Entschluß aufrafft: du denkst nun doch in Gedanken das Geistige, du sprichst über das Geistige, du schreibst über das Geistige, was man da erlebt, das ist: daß man für alles Sprechen und Denken dieses Geistigen sich aus dem physischen Leibe herausgehoben fühlt. Dann kann man eben nicht denken, nicht sprechen, denn zum Denken gehört der physische Leib, zum Sprechen gehört der physische Leib; man fühlt sich aber in einer gewissen Weise seinem physischen Leibe entfremdet. Während die mediale Person sich ganz drinnen fühlt im physischen Leibe, das Bewußtsein sogar abtötet, um ganz im physischen Leibe nur zu leben und das Geistige sprechen zu lassen, hebt sich durch ein verfeinertes Bewußtsein, ein erhöhtes Bewußtsein derjenige, den ich jeut meine als den übersinnlichen Erkenner, aus seinem physischen Leibe heraus. Die physische Welt wird durch all dasjenige, was er als geistige Welt erlebte, für ihn so, daß er sie außerordentlich schwer ergreifen kann: er findet nicht seine Sprache, nicht die naive Tätigkeit seines Denkens, er findet nicht seine
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Arme, er findet den ganzen physischen Leib nicht. Man muß das Erlebnis durchmachen, erst wiederum diese physische Welt, erst wiederum die Gedanken und die Sprache zu finden für das, was man in der übersinnlichen Welt erlebt. Das aber ist etwas, das einen in die Lage bringt, wie wenn man sich das Leben neuerdings, ein zweites Mal, er
obern müßte, wie wenn man durch eine selbstgeschaffene Geburt durch- schreiten müßte. Das aber lehrt einen auch kennen die Tiefen des Menschenwesens. Denn indem man dieses Menschenwesen zum zweiten Mal erfaßt, um es zum Instrument des Denkens und Aussprechens des Geistigen, des Übersinnlichen zu machen, lernt man es kennen. Und man lernt es jetzt so kennen, daß man in derselben Art übersinnlich, wie die übersinnliche Erkenntnis ist, von der ich gestern und heute gesprochen habe, nun weiß: dringt man durch übersinnliche Erkenntnis in seinen Organismus ein, so findet man auch da den Christus, indem dieser durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist. Und man hat jetzt erfaßt nicht nur den einmal auf die Erde herabgestiegenen, durch den Tod durchgegangenen Christus, man hat den Christus erlebt, der deshalb durch den Tod gegangen ist, um fortan in die Menschheit, die ganze Menschheit sich auszugießen, so daß der Mensch ihn finden kann, wenn er tief genug in sich hinuntersteigt. Das erlebt der in der übersinnlichen Erkenntnis seinen Leib noch einmal und jetzt fester Erfassende. Und was er so sich an Christus-Erkenntnis erwirbt, das kann er dann allerdings in jene Worte kleiden, welche in sich enthalten eine wahre Botschaft von dem Christus. Denn er weiß es: der Christus ist auf Golgatha gestorben, der Christus hat sich durch den Tod ausgegossen in die Geburtskräfte des Menschen, er lebt seither in den menschlichen Wesen. Die können ihn finden, wenn sie tief genug in sich hineingehen. Der also modern Initiierte weiß, daß das Pauluswort eine tiefe Wahrheit hat: «Nicht ich, sondern der Christus in mir.» Den Christus in mir finde ich, wenn ich tief genug in meine Menschheit hineinsteige.
Dann aber braucht der Eingeweihte nicht etwa lauter Eingeweihte zu machen, um Christen zu machen, sondern dann findet er die Möglichkeit, mit dieser Christus-Erkenntnis ausgerüstet, die neuen Wege auch für die primitive, einfache Frömmigkeit zu finden. Diese einfache,
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primitive Frömmigkeit kann den Christus finden. Die W`ege der heutigen Frömmigkeit, sie müssen allerdings etwas anders sein, wie die Wege der alten, zu den Füßen des Guru geoffenbarten Frömmigkeit. Diese muß eine innerliche sein, denn nicht mehr soll der Mensch den Strom seines Empfindens für das Göttliche hinaufsenden in eine übersinnliche Welt, er soll in sich hineindringen, um den Christus,der seit dem Mysterium von Golgatha lebendig auf der Erde lebt, in sich zu finden. Und wenn der einfache Fromme sich heraufrankt dadurch, daß ihm gesagt werden kann aus anthroposophischer Geisteswissenschaft heraus: Es ist keine Illusion, daß du, wenn du tief genug in dich hineindringst, den Christus findest, der ist keine Illusion, der ist in deinen Tiefen, weil er in deine eigenen Tiefen heruntergestiegen ist durch den Tod auf Golgatha -, dann weiß der anthroposophische Geisteswissenschafter, wenn er also zu dem einfachen Frommen spricht, daß er eben eine Wahrheit sagt, daß er ihm nicht nur etwas sagt zum Ausbil den der Gefühle, sondern daß er ihm ein Ziel zeigen kann, das auch der einfache Fromme finden kann. Und so können die modernen Wege von dem einfachen Frommen gegangen werden. Während es sich früher darum handelte, daß an der Guruverehrung und Guruachtung sich entwickelten die durchsichtigen Gedan~en, das göttliche Tönen des Mantram, sich die Opfergeste entwickelte, so soll derjenige, der im modernen Sinne seinen Weg zu Christus finden will, vor allen Dingen Verinnerlichung der Seele finden. Er soll lernen können, in sein Inneres hineinschauen, um auch dann noch in seinem inneren Gefühl, in seinem inneren Erleben etwas zu haben, wenn er die Blicke abwendet von der äußeren Welt. Und er soll da finden können diejenige Kraft, die ihn durch die Pforte des Todes führt, indem er hier auf Erden mit ihr bekannt wird in der Hingebung an den Christus und das Mysterium von Golgatha.
Der alte Guru hatte seinen Schülern und der ganzen Menschheit gesagt: Wenn ihr durch die Pforte des Todes schreitet, werdet ihr finden das hohe Sonnenwesen, das ausgleicht die Unvollkommenheiten der Erde. - Der moderne Lehrer sagt: Wenn ihr hier auf Erden das Verhältnis gewinnt zu dem herabgestiegenen Christus, wenn ihr mit aller inneren Verehrung, inneren Anbetung, mit verinnerlichtem Seelen-
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leben euer Verhältnis findet hier auf Erden zu dem Christus und zu dem Mysterium von Golgatha, dann erströmt in eurem Inneren eine Kraft, die nicht mit euch stirbt, die ihr durch die Pforte des Todes traget und die mit euch dasjenige vollführen wird, das ihr hier auf Erden, solange ihr den physischen Leib traget, nicht vollführen könnt.
Was in alten Zeiten mit dem Menschen das hohe Sonnenwesen vollführt hat, das wird mit euch vollführen die Christus-Kraft, wenn sie In eurem eigenen Wesen bleibt, das im Tode leibfrei geworden ist. Es wird wirken die Christus-Kraft in der Erde in dem, was noch in dem Menschen unvollkommen iSt, und es wird die Möglichkeit gegeben sein, daß die Menschen sich auf der Erde finden in dieser Anerkennung des Christus im sozialen Leben. - Denn dasjenige, was also sie durchdringt mit innerer Kraft, als die Kraft, die vom Christus aus- strömt, die beleuchtet werden kann durch die anthroposophische Geisteswissenschaftslehre, diese Kraft, sie kann in die Handlungen, in den Willen des Menschen eingreifen, kann Impuls der Willenshandlungen werden und so in das soziale Leben einströmen. In das soziale Leben können einströmen die Christus-Kräfte.
Ja, man redet heute viel von sozialen Reformen, redet viel vom sozialen Fortschritt. Wer wird der große Reformator des sozialen Lebens sein, wenn die Handlungen unter den Menschen einmal ausgeführt werden im sozialen Leben im Auftrag des Christus Jesus, so daß die Welt durchchristet werden kann? Wer wird der große, auch soziale Reformator werden, der Friede wird stiften können im sozialen Streit der Erde? Der Christus allein wird es sein können, wenn die Menschen untereinander ein soziales Leben werden haben können, das ihnen in gewissen Momenten des Lebens zu einer Weihehandlung werden wird, wo sie zu dem Christus so aufschauen, daß Sie nicht sagen: Ich -, daß sie sagen: Wenn auch nur zwei oder drei, und wenn viele im Namen des Christus vereinigt sind, so ist der Christus mitten unter ihnen. - Und die soziale Tätigkeit wird eine Opferweihehandlung, sie setzt das fort, was die alte Kultushandlung war. Der Christus muß, indem er lebendig heute in dem Menschenwesen wirkt, auch selber der große soziale Reformator werden.
In der Durchchristung des sozialen Lebens liegt das zweite. Und
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nun frage ich Sie: Kann dasjenige, was die Menschen ersehnen, was der einfache Fromme ersehnt, daß er in seiner Seele die Christus-Kraft finden kann, daß er, indem er im sozialen Leben unter anderen Menschen handelt, finden kann, er handle im Auftrag des Christus, so daß seine Taten im Auftrage des Christus vollführte Taten sind, kann dieser einfache Fromme die Gewißheit seiner Taten erlangen, wenn der moderne Eingeweihte zu ihm kommt und sagt: So ist es, es ist ausgegangen vom Tode von Golgatha dasjenige, was du finden kannst durch deine naive innerliche Seelenfrömmigkeit, was du finden kannst, wenn du dich besinnst auf dich selber und auf das, was als der Christus in dir lebt. Und es ist dies wirklich aus dem Christus herströmend. Und es ist das, was du im sozialen Leben ausführst mit dem Bewußtsein, es als Christus-Impuls zu tun, es ist in solchem Auftrage ausgeführt, weil Christus unter den Menschen lebt, wenn sie ihn finden. - Und sie finden ihn durch sich selber, durch Verinnerlichung im sozialen Leben, so wie sie dann die wahre, hingebungsvolle Liebe finden, welche die Brücke schlägt von Menschenherz zu Menschenherz, welche ein übersinnliches Element in das Fühlen hineinbringt, wie das Licht, das innerlich erleuchtet, ein übersinnliches Element in das Erkennen hinein- bringt.
Und so ist es möglich, daß die einfachen Frommen lernen, nicht mehr zu sagen: Unser Weg - was wir nur in einfacher Frömmigkeit anstreben wollen - wird gestört durch die Erkenntnis, welche angestrebt wird von der anthroposophischen Geisteswissenschaft. - Nein! Durch die Fortpflanzung der rein äußerlichen Naturwissenschaft würde diese Frömmigkeit allmählich vollständig hinabdämmern und verfinstert werden. Indem aber die anthroposophische Geisteswissenschaft eine Erkenntnis des Übersinnlichen und dadurch eine wirkliche Erkenntnis der Christus-Wesenheit als einer übersinnlichen Wesenheit bringen wird, kann dasjenige ihm werden, was gerade der wahrhaft Fromme ersehnen muß: Gewißheit über das, was in seiner Seele lebt, Gewißheit über das, was in seiner Hand lebt, wenn er sie liebend in die Tätigkeit umsetzt, um eine Christus-Handlung auszuführen, eine Handlung im Sinne des Christus-Impulses. Dasjenige, was gerade der Fromme ersehnt, es wird als eine Erkenntnisgewißheit in die Welt einziehen
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können durch das, was anthroposophische Geisteswissenschaft sein möchte. Deshalb darf diese sagen: Sie stört nicht den wahrhaft Frommen die Wege, sie führt nicht die Menschen von dem Christus hinweg. Sondern so wie sie sagen darf: Nicht gegen die moderne Wissenschaft in die Geisteswelt hinein, sondern mit derselben und mit Achtung derselben; so darf sie sagen: Nicht ohne den Christus soll die Menschheit hinein in die weitere Zukunft, sondern mit dem Christus, mit dem wirklich erkannten und gefühlten und mit seiner Wesenheit in der Welt wirkend gewollten Christus.
MORALISCHE ERZIEHUNG VOM GESICHTSPUNKTE DER ANTHROPOSOPHIE Dritter balböffentlicher Vortrag, London, 19. November 1922
#G218-1992-SE224 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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MORALISCHE ERZIEHUNG
VOM GESICHTSPUNKTE DER ANTHROPOSOPHIE
Dritter balböffentlicher Vortrag, London, 19. November 1922
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Anthroposophie, wie ich mir erlaubte, sie in den zwei letzten Tagen hier zu charakterisieren, will nicht bloß eine theoretische Ansicht sein, durch die der Mensch sich über das Unerfreuliche, das Schmerzliche und Unglückliche des Lebens hinwegsetzen, sich in eine mystische Welt flüchten kann, sondern sie will etwas sein, das namentlich in das praktische Leben des Menschen einzugreifen vermag. Sie muß eine praktische Angelegenheit des Daseins werden aus dem Grunde, weil diejenige Geisteserkenntnis, von der ich gestern und vorgestern gesprochen habe, ja führen soll zu einer wirklichen Durchdringung, zu einer wirklichen Anschauung der geistigen Welt, die nicht nur für sich ein abgesondertes Dasein führt, sondern die eingreift in alles materielle Geschehen. Wenn wir im Leben dem Menschen gegenüberstehen, so haben wir es gar nicht nur mit dem zu tun, was unsere Augen an ihm wahrnehmen können, was unser Sprachvermögen durch seine Rede zu verstehen vermag, was wir vielleicht sonst an Äußerungen, an Offenbarungen seines Wesens durch das gewöhnliche Bewußtsein empfangen können, sondern wir haben es zu tun mit einem geistigen, mit einem spirituellen Wesen, das in ihm lebt, mit einem solchen spirituellen, mit einem solchen übersinnlichen Wesen, das fortwährend eingreift in seine materielle Organisation.
Mit derjenigen Erkenntnis, welche wir uns ei`werben durch unsere gewöhnliche Sinnesanschauung, und durch den Intellekt, der an diese Siiinesanschauung gebunden ist, können wir ja niemals viel von der Welt begreifen. Man gibt sich zwar der Illusion hin, daß man einmal, wenn die Wissenschaft, wie man sagt, vollkommener sein wird, mehr begreifen wird von der Welt durch die Intelligenz, durch die Sinnesbeobachtung und durch das Experiment, als gegenwärtig. Aber wer das ganze Verhältnis des Menschen zur Welt so beurteilen kann, wie es sich ergibt aus den beiden Vorträgen, die ich hier halten durfte, weiß, daß man mit der Sinnesanschauung und mit dem Intellekt nur das Mineralreich begreifen kann. Schon wenn es sich um das Pflanzenreich
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handelt, muß man sich darüber klar sein, daß ein viel Feineres gesetzmäßig und kraftmäßig aus dem Weltenall eingreift in die Pflanzenwelt, als das, was Verstand und Sinne begreifen können. Noch mehr ist das dann der Fall bei der tierischen, bei der animalischen Welt, und am meisten ist das der Fall beim Menschen. Denn Pflanzen - diese am wenigsten -, Tiere und Menschen, sind auch in ihrer physischen Organisation durchaus so, daß dasjenige, was in ihnen als Kräfte wirkt im Materiellen, so wirkt wie eine ideelle Magie. Und wer glaubt,daß er irgendeinen Vorgang, den er im Laboratorium verfolgt hat, auch in derselben Weise in dem Tiere oder in dem Menschen organismusverfolgen könne, der täuscht sich gar sehr. Denn mit dem tierischen und menscMichen Organismus wird der rein physikalische Vorgangcin gefangen in eine ideelle Magie. Und innerhalb des Menschen verstehen wir dann etwas, wenn wir diese ideelle Magie durchschauen, wenn wir also imstande sind, den Menschen so zu beurteilen, daß wir in ihm gewissermaßen durch seine materiellen Vorgänge hindurch schauen, wie das Spirituelle fortwährend in ihm tätig ist.
Die Einsicht in eine solche spirituelle Magie kann dem Menschen nur kommen durch diejenigen Erkenntnisse, von denen ich gestern und vorgestern hier gesprochen habe. Ich habe zeigen können, daß eine erste Stufe dieser Erkenntnis den Menschen so zeigt, daß er nicht nur im gegenwärtigen Augenblicke zu der Welt ein Verhältnis hat, sondern daß er sich zurückversetzen kann in jenes Lebensalter, das er durchgemacht hat seit seiner irdischen Geburt. Man kann, sagte ich, sich zurückversetzen in die Zeit, da man achtzehn, fünfzehn Jahre alt war, und man erlebt das, was man damals erlebt hat, nicht nur in der schattenhaften Erinnerung, man erlebt es so, daß man mit Intensität und Kraft darinnensteckt, wie man dazumal drinnengesteckt hat. Man wird wiederum fünfzehn-, zwölfjährig und so weiter. Man macht in sich diese geistige Metamorphose durch. Dadurch aber ist man in der Lage, im Menschen einen zweiten Organismus, einen feinen Organismus, den man deshalb ätherisch nennen kann, weil er kein Gewicht hat wie der Raumeskörper, einen solchen feineren Organismus wahrzunehmen. Dieser feinere Organismus ist aber ein Zeitorganismus. Man hat auf einmal in einer Gesamtanschauung dasjenige alles an sich, was
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diesen ätherischen Organismus als ein Geschehen in der Zeit ausmacht. Aber man weiß, daß man dennoch einen Organismus an sich hat, und man lernt erkennen, daß der Mensch sich in diesem feineren Zeitorganismus so befindet, wie er sich sonst im Raumesorganismus befindet.
Wenn man zum Beispiel merkt, daß der Mensch, sagen wir, an einem bestimmten Kopfschmerz leidet, muß man sich sagen können, daß man vielleicht die Heilung von irgendeinem inneren Organ des Leibes aus bewirken muß, daß man durchaus nicht die Heilung bloß gegenüber dem Kopfe vornehmen kann, sondern gegenüber einem Organe, das weit abliegt vom Kopfe. In dem Raumesorganismus, den wir an uns tragen, hängt eben alles zusammen. Aber so ist es auch mit dem ätherischen Zeitorganismus, der ganz besonders regsam ist im frühesten Kindesalter des Menschen, der aber in Beweglichkeit ist durch das ganze Leben hindurch und in dem die Kräfte sind, die zum Beispiel in der folgenden Art wirken: Man nehme an, jemand hat als fünfunddreißigjähriger Mensch die Möglichkeit, einer neuen Lebenssituation entgegenzutreten; wenn er nun dieser Lebenssituation gewachsen ist, so daß er in die Lage kommt, das Richtige zu tun in dieser Lebenssituation, so kann er sich bewußt werden, daß er einmal vielleicht als zwölfjähriges, als achtjähriges Kind, das Wichtigste von dem gelernt hat, was ihm die Möglichkeit bietet, jetzt sich schnell in diese Situation hineinzufinden. Und eine gewisse Freude strahlt aus im fünfunddreißigsten Jahre von dem, was im achten oder im zwölften Jahre durch den Erzieher, durch den Lehrer an das Kind her- angetreten ist, weil das, was im achten oder zehnten Jahre im menschlichen Ätherleib vor sich geht durch den Erzieher, durch den Unterricht, geradeso wirkt wie ein Organ, das weit vom Kopfe abliegt, auf die Gesundung des Kopfes wirkt, wenn wir es heilen. So wirkt das im sechsten oder zwölften Jahre Erlebte im fünfunddreißigsten Jahre und später nach und erzeugt eine freudige Stimmung oder eine Depression. Die ganze Lebensverfassung des Menschen noch im spätesten Erwachsenenzustande ist abhängig von dem, was der Erzieher in dem Ätherleibe des Menschen ausbildet, wie das eine Organ des menschlichen Raumesleibes abhängig ist von dem anderen. Wenn man das bedenkt, dann muß man sich sa~n: Diejenige Erkenntnis, die herauskommt
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aus einer Anschauung, wie dieser ätherische Leib sich entwickelt, wie seine einzelnen Tatsachen zusammenhängen, diese Erkenntnis kann erst die richtige Grundlage geben für die erzieherische Behandlung des Menschen. Und wenn man dies, was ich eben ausge sprochen habe, in der richtigen Weise zu Ende denkt, dann sagt man sich: Ja, wie der Maler oder der andere Künstler die Technik lernen muß zu seiner Kunst, so ist es notwendig für den Erzieher, für den Lehrer, daß er sich aneignet eine, und zwar jetzt im ideellsten Sinne gemeinte Technik des Erziehens. Wie der Maler beobachten muß in seiner Art - nicht wie der Laie - die Formen, wie er beobachten muß die Farben und ihre Zusammenstimmungen oder ihre Dissonanzen, und wie er aus der Beobachtung heraus dasjenige gewinnen muß, was dann in die Handhabung der Farben, in die Handhabung des Stiftes hineingeht, wie er sich aneignen muß etwas, was durch seinen ganzen Menschen wirkt, und was beruht auf der Möglichkeit, daß er richtig beobachten kann, so muß der Erzieher, muß der Lehrer dasjenige verwerten können, das die Beobachtung dessen ergibt, was spirituell im Menschen arbeitet und was seinen ganzen Lebenslauf zu einer organischen Einheit macht. Denn das Erziehen kann nicht eine Wissenschaft sein, das Erziehen muß eine Kunst sein. Bei der Kunst muß man sich aneignen: erstens die besondere Beobachtungsgabe; zweitens muß man sich aneignen die Handhabung desjenigen, was man in fortwährender Beobachtung, in fortwährendem Kampfe mit dem Stoffe zu tun hat. So ist die spirituelle Wissenschaft, wie sie hier gemeint ist, die anthroposophische Geisteswissenschaft, dasjenige, was die Grundlage abgebeii kann für eine wirkliche, wahrhaftige Erziehungskunst.
Sie ist das aber auch noch in einer anderen Beziehung: Wenn das Erziehen wirklich kraftvoll sein soll, so mUß es das, was im Menschen aus dem tiefen Inneren seiner Wesenheit als Kindheit sich heraus entwickeln will, in der richtigen Weise pflegen. Es muß diese Erziehungskunst durchaus in der Lage sein, das Kind so zu beurteilen, daß es ihm erscheint, wie wenn es ihm übergeben wäre durch eine göttlich-moralische Mission. Nur das, was uns als Erzieher oder Lehrer innerlich moralisch selber erhebt an der Erziehung, was wie eine religiöse Andacht unser erzieherisches Handeln durchdringt, gibt jene Kraft her, durch
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die wir in die Lage kommen, neben dem Kinde so zu wirken, d`aß alle Anlagen, die in ihm liegen, aus ihm heraus entfaltet werden. Mit anderen Worten: jedes Erziehen und Unterrichten muß selber eine moralische Handlung sein, muß durchaus moralischen Impulsen entspringen. Und diese moralischen Impulse müssen angewendet werden auf eine so geartete Menschenerkenntnis und Menschenbeobachtung, wie ich sie eben jetzt charakterisiert habe.
Wenn wir dies beachten, dann sehen wir allerdings, wie der Mensch in seinem Leben in einer viel deutlicheren Weise gewisse Lebensabschnitte hat, als man das gewöhnlich meint. Gewöhnlich sieht man in einer äußerlichen Weise zum Beispiel das an, daß der Mensch, wenn er so ungefähr im siebenten Lebensjahre steht, die zweiten Zähne bekommt. Man sieht manchmal, welche körperlichen Zustände diesen Zahnwechsel begleiten, aber man sieht nicht genauer hin, welche Verwandlung mit dem Menschen während dieses Zahnwechsels vor sich geht. Derjenige, der richtig zu beurteilen vermag, wie der Mensch vor seinem siebenten Lebensjahre war und wie er nachher ist, der sieht, daß sich nach diesem siebenten Lebensjahre aus den Tiefen des menschlichen Wesens heraus Kräfte entwickeln, die vorher tief im Organismus verborgen waren. Wenn wir die Sache recht ansehen, dann müssen wir uns nämlich das Folgende sagen: Der Zahnwechsel ist ja nicht nur ein einmaliges, plötzliches Ereignis im menschlichen Leben. Der Zahnwechsel, der im siebenten Lebensjahre eintritt, der sich zwar nicht wiederholt, ist aber ein Ereignis, das das ganze Leben von dem Bekommen der ersten Zähne bis zum Zahnwechsel ausfüllt. In der ganzen Zeit drängen und treiben die Kräfte, die zuletzt die zweiten Zähne herausstülpen aus dem Kinde, im menschlichen Organismus. Und im Zahnwechsel ist nur ein Abschluß vorhanden für dasjenige, was in dem ganzen ersten Lebensabschnitt des Kindes wirkt. Nun zahnt ja das Kind nicht wiederum in seinem Leben. Was heißt das? Das heißt, das Kind hat in seinem physischen Organismus bis zum siebenten Lebensjahr Kräfte entwickelt, die es braucht, bis es die zweiten Zähne bekommen hat, die es dann nicht mehr braucht für seinen physischen Organismus, weil es nicht wiederum einem Zahnwechsel unterliegt. Was wird aus diesen Kräften?
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Diese Kräfte erkennen wir wiederum, wenn wir mit einer übersinnlichen Erkenntnis den Menschen ansehen können, in dem veränderten Seelenleben des Kindes zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife; dieses Seelenleben wird anders. Es gliedert sich eine andere Art von Gedächtnishaftem der Seele ein. Das Kind richtet sich anderer Weise zu seiner Umgebung. Und wenn wir geistig, spiriruell, nicht bloß physisch zu beobachten verstehen, dann stellt sich die Sache so dar, daß wir uns sagen müssen: Dasjenige, was wir in der Seele des Kindes vom ungefähr siebenten bis vierzehnten Jahre sehen, das war vorher in seinem physischen Organismus, war also noch eine Betätigung, die zusammenhängt, die ein einzelnes Glied hat in dem Zahiiwechsel, die aber viele Vorgänge in dem menschlichen Organismus bewirkt, und die nunmehr mit dem siebenten Jahre aufhört in physischer Weise tätig zu sein und beginnt, seelisch tätig zu sein. Wir können also sagen: Willst du dasjenige beurteilen, was als besondere Kräfte im Seelischen des Kindes zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife wirkt, so mußt du hinschauen auf das, was physisch in dem Kinde vorgeht von seiner Geburt bis zum Zahnwechsel. Da arbeiten die seelischen Kräfte, die dann noch im physischen Organismus sich als seelisch-geistig offenbaren. Und die Folge davon ist, daß das Kind, wenn wir es richtig betrachten - am meisten solange es noch ein Säugling ist, aber auch noch in einer gewissen Weise bis zum Zahnwechsel hin -, in einer feineren, nicht in einer groben Art ganz Sinnesorgan ist. In einer feineren Art, möchte ich sagen, ist das Kind ganz eine Art von tastendem Auge. Wie das Auge, indem es die Gegen- stände um sich her sieht, innerlich nachbildet dasjenige, was draußen ist, so dat der Mensch ein innerliches Bild von dem hat, was die Gegenstände draußen darstellen, wie das Auge ein innerliches Bild hat, so hat das Kind in seinem frühesten Lebensabschmötte zwar kein Sehbild, aber ein anderes Wahrnehmungsbild. Es ist ganz Sinnesorgan,
wenn ich mich so ausdrücken darf. Ich möchte das anschaulich so aussprechen: Nehmen wir den Säugling. Wir als erwachsene Menschen haben unseren Geschmack auf der Zunge und im Gaumen, und das Kind - das zeigt uns die spirituelle Wissenschaft, von der ich Ihnen hier in diesen Tagen gesprochen habe - hat einen Anflug von Geschmack
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durch den ganzen Organismus hindurch: es ist ganz Geschmacksorgan. Es ist auch noch ganz Geruchsorgan, auch ganz in einer gewissen innerlichen Beziehung innerliches Tastorgan. Also es hat seine ganze Organisation eine sinnesgemäße Natur, und diese sinnesgemäße Natur strahlt im ganzen Organismus des Kindes aus. Dadurch ist das Kind bis zum siebenten Jahre dazu veranlagt, alles dasjenige, was in seiner Umgebung vorgeht, innerlich nachzubilden und sich selber danach zu entfalten. Wer mit demjenigen Sinne, der feiner organisiert wird, wenn man zugleich geisteswissenschaftlich erkennen kann, ein Kind betrachtet, wie es jede Geste, die derjenige, der in seiner Umgebung ist, macht, auf sich bezieht, innerlich nachbildet und sie selbst darstellen will, wie das Kind so ganz in dem lebt, was die Menschen seiner Umgebung tun, der sieht, wie das Kind ein nachahmendes Wesen bis zum Zahnwechsel ist. Und aus dieser Nachahmung geht ja dasjenige hervor, was die wesentlichste Gabe ist für das erste Lebensalter des Kindes. Es geht die menschliche Sprache hervor, die ganz allein darauf beruht, daß das Kind in das sich hineinlebt, was die Menschen seiner Umgebung sind und tun, und durch Nachahmung, indem es innerlich sich anpaßt an das, was in seiner Umgebung geschieht, die Sprache ausbildet. Wir können daher, wenn wir als Erzieher neben dem kleinen Kinde in seiner ersten Lebensepoche stehen, nicht anders, als mit diesem nachahmenden Prinzip als dem allerwichtigsten in der Erziehung rechnen. Und man muß sich dann sagen: Wir können das ganz kleine Kind nur dadurch erziehen, daß wir in seiner Umgebung jene Tätigkeiten und Vorgänge hervorrufen, die das Kind nachmachen soll, damit es stark an Geist, Seele und Leib werde. Denn das, was sich da nicht nur seinem Geist und seiner Seele, sondern auch seinem Leibe einpflanzt, wie sich innerlich die Organe verstärken, das bleibt als eine Konstitution das ganze Leben hindurch. Wie ich mich neben einem Kinde von vier Jahren benehme, daran hat das Kind bis in sein sechzigstes Jahr hinauf in seinem Leben zu tragen; so daß es mein Verhalten neben ihm im spätesten Lebensalter als sein Schicksal empfindet.
Wir können dies etwa durch ein solches Beispiel erörtern: es kommen zu einem, wenn man mit solchen Dingen zu tun hat, Menschen,
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die sagen einem zum Beispiel das Folgende: Ach, mein Kind war immer ein braves Kind, es hat niemals etwas Unrechtes getan, und nun verfällt mir mein Kind in ein furchtbares Unrecht! - Frägt man genauer nach, was geschehen sei, erfährt man zum Beispiel: Ja, es hat der Mutter Geld gestohlen. - Wenn man in diesen Dingen bewandert ist, frägt man zunächst: Ja, wie alt ist das Kind? - FünfJahre! - Es ist also in erster Linie in ihm noch das nachahmende Prinzip in Tätigkeit. Man bekommt heraus: das Kind hat jeden Tag gesehen, daß die Mutter aus dem Schrank Geld nimmt; das ahmt es nach, hat überhaupt noch nicht irgendwie einen Impuls von Gut und Böse, sondern es hat nur den Impuls, dasjenige zu tun, was in seiner Umgebung getan wird. Wenn wir glauben, daß man mit Geboten von Gutem und Bösem an dem Kinde irgend etwas machen könne, geben wir uns der stärksten Illusion hin. Durch das, wodurch wir erziehen können, bewirken wir nur etwas, wenn wir vor das Kind hinstellen das Vorbild, das es nachahmen kann. Das geht bis in die Gedanken hinein. 0h, zwischen demjenigen, der erziehen soll, und dem Kinde, ist ein feiner, innerlicher geistiger Zusammenhang! Und wir sollten uns selbst in der Nähe des Kindes befleißigen, nur diejenigen Gedanken und Empfindungen zu haben, welche auch von dem Kinde innerlich als Gedanken und Empfindungen nachgeahmt werden können. Denn, sehen Sie, es ist eben das Kind seelisch ganz Sinn, und es nimmt in den feinsten Regungen, von denen sich unsere Erwachsenensinne gar nichts träumen lassen, dasjenige wahr, was in seiner Umgebung vorgeht.
Indem das Kind den Zahnwechsel durchgemacht hat, sind diejenigen Kräfte, die vorher tief in seinem Organismus drinnen sitzen, seelische Kräfte geworden. Nun kann es, während es früher hingegeben war seiner Umgebung, auch als Seele der Seele gegenüberstehen, in einer solchen Empfindung, die jetzt gegenüber dem bloßen Nachahmen ein Sich-Fügen der selbstverständlichen Autorität ist. Wir haben wirklich dieses, daß wir in den ersten Kindesjahren bis zum Zahnwechsel so sind, daß wir uns ganz verbinden möchten mit der Umgebung und uns ganz hingeben möchten an die Umgebung. Das ist, ich möchte sagen, das physische Gegenbild der religiösen Empfindung. Die religiöse Empfindung, die gibt sich im Geiste hin an den Geist; das
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Kind gibt sich mit seinem Körper hin seiner physischen Umgebung`. Es ist das physische Korrelat, das physische Gegenbild des Religiösen.
Wenn das Kind dann das siebente Jahr überschritten hat, dann gibt es sich nicht mit seinem Körper hin seiner physischen Umgebung,sondern mit seiner Seele der Seele. Der Lehrer tritt an seine Seite, und es ist notwendig für das Kind, daß es den Lehrer ansieht als eine Quelle alles dessen, was für es Gut und Böse ist, daß es jetzt ebensoviel gibt auf das, was der Lehrer sagt und an ihm heranerzieht, wie es früher auf die Geste, auf die äußere Betätigung in der Umgebung gegeben hat. Und jetzt tritt nun bei dem Kinde zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre ungefähr der Drang auf, sich einer selbstverständlichen Autorität hinzugeben, so daß das Kind werden will, wie diese Autorität ist. Die Liebe zu dieser selbstverständlichen Autorität, das Hinhorchen auf sie, das ist jetzt ebenso Prinzip, wie es früher die Nachahmung war.
Wer, wie ich, in dem Beginn der neunziger Jahre eine «Philosophie der Freiheit» geschrieben hat, dem werden Sie nicht zutrauen, daß er hier für irgendein unberechtigtes Autoritätsprinzip eintritt. Was ich meine, ist: daß es wie ein Naturgesetz im menschlichen Leben ist, wenn zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre ungefähr der Mensch dem Lehrenden, dem Erziehenden so gegenüberstehen muß, daß für ihn nicht intellektuell gilt: das ist gut, das ist wahr, das ist böse, das ist falsch oder häßlich, sondern daß für ihn gilt: das ist gut, weil der Lehrer, weil der Erzieher es für gut findet; das ist schön, weil der Erzieher es schön findet. Alle Weltengeheimnisse müssen auf dem Umwege des geliebten Lehrers oder Erziehers an das Kind herankommen. Das ist das Prinzip der menschlichen Entwickelung ungefähr zwischen dem siebenten und dem vierzehnten Jahre. So daß wir sagen können, das Kind ist durchdrungen in seiner ersten Lebensepoche wie von einem ins Physische umgesetzten religiösen Hingegebensein an die Umgebung. Das Kind ist durchdrungen von seinem Zahnwechsel bis zur GescMechtsreife von einem ästhetischen Auffassen der Umgebung, einem ästhetischen, von Liebe durchdrungenen Auffassen der Umgebung.
Es verlangt, daß ihm gefalle dasjenige, was ihm der Lehrer, der Erzieher gegenüberstellt und daß ihm mißfalle das, was dieser von ihm
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abhalten will. In die innere Anschauung soll das hineingehen, was erzieherisch wirken soll in diesem Lebensalter. So müssen wir sagen:Vorbild muß der Lehrer und Erzieher sein für die erste Lebensepoche, Autorität im edelsten Sinne, selbstverständliche Autorität, die er durch seIn Wesen, durch seinen Charakter sein kann, soll er sein in der zweiten Lebensepoche. Dann tragen wir als Lehrer schon das in uns, wodurch sich das Kind neben uns, man möchte schon sagen, in der richtigen Weise selbst erzieht. Das Wichtige in der Selbsterziehung ist die moralische Erziehung. Von der werde ich gleich nachher zu sprechen beginnen, wenn der erste Teil übersetzt sein wird.
Wenn man sagen kann, daß das Kind bis zu seinem siebenten Jahr ganz Sinnesorgan ist, so muß man es nach dem Zahnwechsel, nach dem siebenten Jahre so ansehen, daß das Prinzip der sinnlichen Auffassung mehr an die Oberfläche der Menschenorganisation getreten ist und sich zurückgezogen hat von dem Inneren. Aber es ist bei dem Kinde noch so, daß Sinneseindrücke noch nicht in die Sinnesorgane hinein ordnend, regUlierend eingreifen können. Und so sehen wir, daß das Kind vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife das an sich hat, daß es seiner gesamten Sinnesorganisation seelisch hingegeben sein will, daß es aber noch nicht von innen heraus mit dem Willen teilnimmt an dieser Sinnesorganisation. Das Teilnehmen von innen an der Sinnesorganisation macht intellektuelle Menschen. Solche intellektuelle Menschen werden wir erst nach der Geschlechtsreife. Eigentlich sind wir erst dann in der richtigen Weise dazu veranlagt, die Welt nach dem Intellekt zu beurteilen. Denn intellektuell beurteilen heißt, persönlich, aw der inneren Freiheit heraus urteilen. Das eignen wir unserst an, wenn wir die Epoche der Geschlechtsreife angetreten haben. Das aber macht notwendig, daß wir das Kind im schulpflichtigen Alter, also vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife, nicht in intellektualistischer Weise erziehen, daß wir es auch nicht moralisch-intellektuell erziehen. Das Kind will in den ersten sieben Lebensjahren in der äußeren sinnlichen Wirklichkeit das vor sich haben, was es nachahmen kann. Das Kind will dann nach dem siebenten Jahre von seiner Erzieherautorität hören, was es tun kann und was es nicht tun kann,
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was es für wahr halten soll, oder nicht für wahr halten soll, für unrecht und so weiter.
Nun aber beginnt so zwischen dem neunten und zehnten Jahre sich etwas außerordentlich Wichtiges in dem Kinde zu regen. Der Erzieher, der wirklich ein Menschenbeobachter ist, weiß, daß das Kind irgend- einmal zwischen dem neunten und zehnten Jahre ganz besonders stark etwas braucht. Das Kind hat zwar nicht intellektualistische Zweifel, aber es hat eine innerliche Unruhe, es hat etwas von dem, was eine innerliche Frage, möchte ich sagen, in kindlicher Art an das Schicksal ist, was es nicht aussprechen kann, was es auch noch nicht auszusprechen braucht; aber es empfindet es halb traumhaft, halb unbewußt. Man soll nur einmal mit dem richtigen Erzieherblicke gesehen haben, wie die Kinder gerade an dieses Lebensalter herankommen. Sie wissen genau: von dem Erzieher, zu dem sie mit Liebe hinaufschauen, wollen sie etwas ganz Besonderes. Man kann ihnen gewöhnlich das auch nicht so beantworten, daß man ihnen eine intellektualistische Frage beantwortet. Es handelt sich vielmehr darum, daß sich gerade in diesem Lebensalter ein besonders intensives und intimes Vertrauensverhältnis herausbilde, daß man in dem Kinde die Meinung hervorrufe: man spricht in diesem Lebensalter ganz besonders viel zu ihm, man ist ganz besonders lieb zu ihm. In diesem Empfangen der Liebe, in diesem Vertrauenfassen zu dem Erzieher, liegt die Beantwortung einer kindlichen Lebensfrage von der allergrößten Bedeutung. Denn, worinnen besteht diese Lebensfrage? - Wie gesagt, das Kind stellt sie nicht mit dem Verstand, es stellt sie mit dem Gefühl, mit dem ganzen unterbewußten Menschen. Aber wir können sie formulieren und es formuliert nicht. Da müssen wir sagen: bis zu diesem Lebensalter hat das Kind naiv, ohne weiteres die Autorität des geliebten Erziehers hingenommen. Jetzt Lst in ihm das Bedürfnis erwacht: Gut und Böse noch in einer neuen Weise zu empfinden, so wie wenn sie in der Welt als Kräfte vorhanden wären. Bisher schaute es gewissermaßen auf zum Erzieher; jetzt möchte es durch den Erzieher durchschauen und sich sagen können: dieser Erzieher ist nicht nur der Mensch, der da sagt, es ist etwas gut oder böse, sondern dieser Erzieher sagt es, weil er ein Geistesbote ist, ein Gottesbote, er weiß es aus höheren Welten. - Wie gesagt, das Kind
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sagt es sich nicht durch den Verstand, aber es fühlt das. Und seine besondere Frage, die auch gefühlsmäßig auftaucht, die sagt einem: das und das eignet sich für dieses Kind. So daß sich wirklich zeigt: es wurzelt in einem Tieferen das, wovon man sagt, es sei gut oder böse, wahr oder falsch. Dann faßt das Kind neues Vertrauen.
Das ist aber auch der Zeitpunkt, wo man mit der moralischen Erziehung zu etwas anderem übergehen kann als zu der bloßen Nachahmung, oder daß wir sagen, etwas sei gut oder böse. Es ist dieser Zeitpunkt zwischen dem neunten und zehnten Jahr derjenige, wo man anfangen kann, dem Kinde in bildhafter Weise - denn es ist ganz seinen Sinnen, ohne den Intellekt hingegeben - das Moralische vor- zuführen. Man muß überhaupt in dem ganzen schulpflichtigen Alter zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife das Kind bildhaft erziehen, durch Bilder erziehen, durch Bilder für alle Sinne. Denn wenn es auch nicht mehr ganz Sinn ist, so lebt es doch in seinen Sinnen, die sich jetzt an seiner Körperoberfläche offenbaren. Wie man das Kind von sieben oder sechs Jahren an im allgemeinen durch Lesen oder Schreiben zu erziehen hat, das werde ich morgen in dem Abendvortrag im besonderen auszuführen haben. Jetzt möchte ich nur eingehen auf die moralische Seite der Erziehung.
Wenn das Kind angelangt ist bei diesem Zeitpunkt zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre, dann dürfen wir beginnen, ihm vor- zuführen Bilder, die seine Phantasie vor allen Dingen anregen, Bilder von guten Menschen, Bilder von solchen Menschen, die in ihm ein Gefühl, eine Sympathie mit dem, was diese Menschen tun, hervorrufen. Merken Sie wohl, ich sage nicht, man soll dem Kinde sittliche Gebote vordozieren; ich sage nicht, man soll mit dem moralischen Urteil an den Intellekt herangehen. - Man soll an das Ästhetische, an die Phantasie herangehen. Man soll ein Gefallen oder Mißfallen auch an dem Guten oder dem Schlimmen, an dem Rechten oder Unrechten wecken, an dem Erhabenen, an der sittlichen Tat, oder auch an dem in der Welt herbeigeführten Ausgleich für unrichtige Handlungen. Hat man vorher sich selber hinzustellen gehabt vor das Kind, um ein sittlicher Regulator zu sein, so hat man jetzt Bilder hinzuzufügen, Bilder, die nun nicht mehr auf etwas anderes wirken als auf die in dem Sinnen
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wesen sich auslebende Phantasie. So soll das Kind zunächst bis zur Geschlechtsreife hin aufnehmen die Moralität als Gefühl. Es soll fest werden in dem Gefühlsurteil: Das ist etwas, womit ich Sympathie habe, das Gute; das ist etwas, wogegen ich Antipathie habe, das Böse. - Sympathien und Antipathien, Gefühlsurteile, sollen die Grundlage des Moralischen ausmachen.
Wenn man so einsieht, wie ich es dargelegt habe, daß der menschliche Zeitleib ein Organismus ist, in dem alles zusammenhängt, dann wird man sich sagen: es kommt darauf an, daß man in der rechten Zeit das Rechte tut für das Kind. Sie können eine Pflanze nicht so wachsen lassen, daß sie gleich Blüte wird. Das Zur-Blüte-Werden, das muß später geschehen. Sie müssen die Pflanze zuerst in der Wurzel pflegen. Wenn Sie die Wurzel zur Blüte machen wollten, würden Sie einen Unsinn machen. Wenn Sie dem Kinde zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechts reife intellektualistisch formulierte Moralurteile beibringen wollten, so wäre das so, wie wenn Sie die Pflanzenwurzel zur Blüte machen wollten. Sie müssen zuerst den Keim, die Wurzel pflegen; das ist: die Moralität im Gefühl. Wenn das Kind die Moralität im Gefühl gepflegt hat, dann wird es nach der Geschlechtsreife erwachen zur Intelligenz, und dann setzt es selber dasjenige, was es im Gefühl gehabt hat zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife, durch die Geschlechtsreife durch die innere Entwickelung fort. Dann kann in ihm selber erwachen das moralische, intellektuelle Urteil. Und das ist etwas so Wichtiges für das Leben, daß alle Moralerziehung darauf fundiert werden muß! Wie Sie eben nicht die Pflanzenwurzel zur Blüte machen können, sondern warten müssen, bis sich die Wurzel entfaltet und die Pflanze zuletzt zur Blüte kommt, sich zur Blüte entfaltet, so müssen Sie gewissermaßen die moralische Wurzel pflegen in dem Gefühlsurteil, in der Sympathie für das Moralische. Und dann müssen Sie den Menschen durch die eigene Kraft des menschlichen Wesens selber sein Gefühl in den Intellekt hineintragen lassen. Dann hat er die tiefe innere Befriedigung darüber, daß in ihm nicht im späteren Leben bloß Er- innerungen leben an das, was einem die Erzieher gesagt haben, daß es richtig oder unrichtig im Moralischen sei, sondern es lebt mit innerer Freudigkeit, mit innerer Kraft das ganze seelische Leben erfüllend so,
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es selber zum moralischen Urteil in der richtigen Zeit in Freiheit erwacht ist. Daß man das Kind nicht sklavenmäßig erzieht zu irgendeiner moralischen Richtung, sondern daß man die moralische Richtung vorbereitet, so daß sie aus dem freiwachsenden Seelenwesen des Menschen selber aufsprießt, das rüstet den Menschen zugleich nicht nur mit moralischem Urteil, sondern mit moralischer Kraft aus. Und das ist es, was uns Immer wieder und wieder darauf hinweist, wenn wir eine spirituelle Grundlage der Erziehung anstreben, daß wir alles in der richtigen Weise und Zeit an den werdenden Menschen heranbringen.
Nun werden Sie mich fragen: Ja, wenn ich das Kind so erziehen soll, daß ich sein moralisch-fühlendes Urteil zwischen dem Zahnwechsei und der Geschlechtsreife einpflanze, und nicht so, daß ich ihm Gebete gebe, an seinen Intellekt appelliere, an was soll ich dann appellieren? - Ja, jenes selbstverständliche Autoritätsverhältnis, das führt zu Imponderabilien zwischen dem Erzieher und dem Kinde! Das will ich nun durch ein Beispiel veranschaulichen. Ich kann bildhaft dem Kinde beibringen wollen etwas über die Unsterblichkeit des menschlichen Seelenwesens; bildhaft beibringen, nicht durch Wissenschaftliches. Wissenschaft ist eigentlich für das Kind im Grunde genommen bis zur Geschlechtsreife nicht da. Ich muß Natur und Geist in eins verweben, und ich sage zu dem Kinde vielleicht etwas, was ich in ein künstlerisches Bild forme: Sieh einmal> die Schmetterlingspuppe ist da; der Schmetterling kriecht aus der Puppe heraus. Wie der Schmetterling aus der Puppe auskriecht, so die Seele aus dem menschlichen Leibe,wenn der menschliche Leib dem Tode verfällt. - Ich rege dadurch seine Phantasie an> ich bringe ein lebendiges moralisches Bild vor seine Seele. Das kann ich in zweifacher Weise bringen. Ich kann sagen: Ich bin also ein gereifter Erzieher, furchtbar gescheit; das Kind ist klein, furchtbar dumm, und weil sich das Kind noch nicht zu meiner Höhe erhoben hat, so forme ich für es ein Bild. Das Bild gestalte ich so: ich weiß, das hat für mich keinen Wert, aber ich forme es für das Kind. - Wenn ich mir dieses sage und mit dieser Gesinnung dem Kinde das Bild beibringen will: es wirkt nicht in der Seele, es geht wieder ebenso heraus, wie es hineingegangen ist; denn es wirken Imponderabilien zwischen dem Erzieher und dem Kinde. - Wenn ich aber so sage: Ich
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bin eigentlich nicht viel klüger als das Kind -, oder vielleicht: Das Kind ist im Unterbewußten viel klüger als ich -, wenn ich für das Kind Ehrfurcht habe, und mir in bezug auf dieses Bild sage: Ja, das Bild bilde ich gar nicht selber, sondern die Natur selbst hat in dem auskriechenden Schmetterling das Bild vor uns hingestellt, ich glaube mit derselben Intensität an dieses Bild, wie das Kind glauben soll -, wenn ich diese Stärke der eigenen Glaubenskraft in mir habe, dann sitzt das Bild in der Seele des Kindes, dann wirken diejenigen Dinge, die nicht in der groben Welt liegen, sondern die in der feineren Welt zwischen dem Erzieher und dem Kinde leben. Und das, was so zwischen dem Erzieher und dem Kinde sich abspielt an Imponderabilien, das ersetzt reichlich all das> was an intellektueller Lehre vom Lehrer auf das Kind übergehen könnte! Das Kind erhält auf diese Weise Gelegenheit, sich frei neben dem Lehrer zu entwickeln. Der Lehrer sagt sich: ich lebe in der Umgebung des Kindes, muß diejenigen Gelegenheiten herbeiführen, durch die sich das Kind möglichst selbst erzieht. Aber dann muß ich auch in dieser Weise neben dem Kinde stehen, daß ich mich nicht ungeheuer erhaben fühle, sondern nur als ein Mensch, der ein paar Jahre älter ist. Man wird ja nicht immer - hier nur in relativer Weise anwendbar - gescheiter; also man braucht sich nicht immer über das Kind zu erheben, sondern man soll nur ein Helfer der Entwickelung des Kindes sein. Wenn man die Pflanze als Gärtner pflegen soll, so schiebt man ja auch nicht den Saftstrom, der von der Wurzel nach der Blüte geht, sondern man bereitet die Umgebung ringsumher so zu, daß der Saftstrom sich entfalten kann. So selbstlos muß man sein als Erzieher, daß sich die inneren Kräfte des Kindes entfalten können, dann wird man ein guter Erzieher, und dann wird das Kind in der richtigen Weise gedeihen können.
Wenn in einer solchen Weise das Moralische in dem Menschen entwickelt wird, dann bildet sich, so wie bei der Pflanze, ein Teil nach dem anderen aus. Zunächst das Moralische genau so, wie es der menschlichen Natur entspricht, indem es sich offenbart im nachahmenden menschlichen Organismus. Da befestigt es sich gewissermaßen in der geschilderten Weise, damit der Mensch später im Leben auch die nötige
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innere, auch durch den physischen Organismus gehaltene Kraft hat, um im Moralischen sicher zu sein, sonst kann er vielleicht durch den physischen Organismus erlahmen, schwach werden und ein gutes moralisches Urteil haben, aber ihm nicht folgen können. Wenn das Vorbild in der ersten kindlichen Lebensepoche ein stark und intensiv wirkendes war, bildet sich moralische Festigkeit aus. Wenn vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife die Sympathie- und Antipathiekräfte für das Gute und gegen das Böse in der richtigen Weise den Menschen ergriffen haben, dann hat auch später der Mensch an dem Moralischen die richtige Erhebung gegenüber den und jenen Depressionen, die ihn davon abhalten, das zu tun, was für das Moralische notwendig ist. In seinem Organismus hat er als nachahmendes Wesen dasjenige ausgebildet, was für seine Seele notwendig ist, auf die Art ausgebildet, wie sein Moralgefühl, seine Empfindung, seine Sympathie und Antipathie gepflegt worden sind in der zweiten menschlichen Lebensepoche. Und in der dritten Lebensepoche erwacht in der freien menschlichen EntwIckelung, an dem Leben orientiert für den Geist: das moralische Urteilen im Intellekt, so wie die Pflanze zur Blüte und zur Frucht er- wacht an dem Sonnenlichte. Im Geiste setzt sich das Moralische nur dann richtig fest, wenn das, was in Körper und Seele für das Moralische vorbereitet ist, an dem Leben erwacht, frei, wie frei erwacht die Blüte und die Frucht der Pflanze an dem Sonnenlicht.
Dann aber, wenn in dem Menschen das Moralische also entwickelt wIrd, so daß der Mensch gewissermaßen selbst in seiner inneren Freiheit geachtet wird, dann verbindet sich mit dem Menscheninneren der moralische Impuls so, daß der Mensch wirklich empfinden kann: das ist etwas, was zu ihm gehört. Und er fühlt sich dann in seinen moralischen Kräften, seinem moralischen Wirken so, wie er sich körperlich in dem Zirkulieren seines Blutes in seinen Wachstumskräften fühlt. Wie er das natürliche Leben so zu ihm gehörig betrachten muß, daß es seinen ganzen Körper bis an die Oberfläche der Haut durchpulst und durchkraftet, so fühlt er, weil er es in der richtigen Weise an sich selber entwickelt hat, das Moralische.
Und was kommt dann? Dann kommt es über den Menschen, daß er sich sagt: Bin ich nicht moralisch, so bin ich verstümmelt. - Wie man
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sich dem Physischen gegenüber sagt: Wenn mir ein Glied fehlt, bin Ich verstümmelt -,so lernt man sich sagen durch die angedeutete moralische Entwickelung: Wenn ich nicht mich mit Moralität ausfülle, wenn ich nicht mein äußeres Handeln durch Moralität durchzogen sein lasse, bin ich ein verstümmelter Mensch.
Das, bei einer sonst gut geleiteten Erziehung, als ein Urteil im Menschen begründen, daß er ein verstümmelter Mensch ist, wenn er nicht moralisch ist, das ist der stärkste moralische Antrieb, der im Menschen überhaupt entwickelt werden kann. Denn man braucht den Menschen nur in der rechten Weise zu entwickeln, dann will er ein ganzer Mensch sein. Dann aber, wenn man ihn so entwickelt, daß er ein ganzer Mensch sein will, dann entwickelt er ganz von selber, gerade durch ein solches Herankommen des Moralischen an sich selber, auch die innerliche Hinneigung zum Geistigen im Menschen. Und dann sieht er dasjenige, was die Welt als das Gute durchflutet, ebenso an als in ihm wirksam, wie er ansieht die Naturkräfte als In seinem Körper wirksam. Dann versteht er, wenn man ihm etwa bildhaft sagen will: Ja, da liegt ein Hufeisen, ein als Hufeisen gestaltetes Eisen. Da kommt einer und sagt: Dieses Hufeisen kann man als Magnet verwenden, denn es hat innere Kräfte! - Dann kommt aber ein anderer, der sagt: Ach was, Eisen ist Eisen, da gebe ich nichts darauf; ich verwende dieses Hufeisen zum Beschlagen meines Pferdes. - Ja, sehen Sie, so etwa wie der letztere, ist derjenige, der nicht durch die verschiedenen Entwickelungsgänge des Lebens dazu kommen kann, im ganzen Menschen das Geistige des Lebens zu sehen. Derjenige von den beiden, der nur auf das Äußerliche blickt, nicht auf das, was spirituell im Menschen waltet und webt, der ist so, daß er ein wie ein Hufeisen gestaltetes Magneteisen eben zum Pferdebeschlagen verwendet. Das heißt, man erzieht den Menschen nicht für den richtigen Blick im Leben und nicht zur Entfaltung der richtigen Kräfte im Leben. Das wird, wenn es im spirituellen Sinne erfaßt, gefühlt und in den Willen übergeführt ist, der stärkste Antrieb auch im Sozialen sein.
Nun, wir stehen heute unter dem Zeichen der sozialen Frage. Diese soziale Frage, sie hat gewiß ihre volle Berechtigung, und ich wäre ja froh, wenn ich mehr über sie sagen könnte, allein meine Zeit zu sprechen
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ist zu Ende. Kurz nur noch will ich sagen: diese soziale Frage, sie hat außerordentlich viele Seiten, und vieles wird notwendig, um allen Einzelheiten dieser sozialen Frage so nahe zu kommen, daß dasjenige entstehe, was ein Mensch, der heute unbefangen ist, dennoch für die Menschenzukunft an einer Umformung des sozialen Lebens ersehnen muß. Aber alles das, was wir etwa erdenken und auch praktisch ein- führen können als äußere Institutionen, was wir sonst ausdenken in den vielen Schemen, die über das soziale Leben heute existieren, es erscheint dem, der das Moralische im Lichte des Spirituellen sieht, so, daß er sagt: Die soziale Frage zu behandeln ohne die moralische Frage, ist, wie wenn man ein Zimmer ohne Licht hätte und die Gegenstände darin suchen sollte, ohne daß Licht drinnen ist.
Die soziale Frage kann erst durch eine wirkliche Erfassung der moralischen Frage in das richtige Beurteilungsfeld gerückt werden. Wer das Leben in seinem ganzen Zusammenhange betrachtet, der wird sich sagen müssen: Die moralische Frage ist wie das Licht, welches das soziale Leben beleuchten muß, wenn die soziale Frage in einem menschlich-wahren Sinn zu dem kommen soll, was man ein Religiöses nennt. Daher ist es vor allen Dingen auch in sozialer Beziehung notwendig, daß der Mensch heute einen Standpunkt gewinne zur moralischen Frage. Und ich denke, es ist vielleicht möglich gewesen zu zeigen, daß dasjenige, was ich hier eine spirituelle Wissenschaft, eine anthroposophische Geisteswissenschaft nenne, auch in diesem Sinne ehrlich an die großen Zeitenfragen der Gegenwart herantritt, und daß sie es ernst mit der moralischen Frage und mit der Heran-Erziehung des moraiischen Menschen meint.
ERZIEHUNGSKUNST DURCH MENSCHENERKENNTN`IS Öffentlicher Vortrag, London, 20. November 1922
#G218-1992-SE242 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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ERZIEHUNGSKUNST DURCH MENSCHENERKENNTN`IS
Öffentlicher Vortrag, London, 20. November 1922
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Es könnte sonderbar erscheinen, daß von dem Gesichtspunkt einer ganz bestimmten 'Weltanschauung - der anthroposophischen Geistes- wissenschaft - über praktische Erziehungsfragen gesprochen werden soll. Allein die Veranlassung, über Erziehung zu sprechen, stammt in diesem Falle aus der Erziehungspraxis selbst.
Sie haben eben gehört, daß diejenige Erziehungskunst, von der ich mir erlauben werde, heute abend zu Ihnen zu sprechen, praktisch ausgeübt wird in der Waldorfschule. Und diese Waldorfschule hat ja auch dazu geführt, dasjenige, was vorher mehr an Ideen, an Zielrichtungen aus der von mir vertretenen Weltanschauung über Erziehung gesagt werden konnte, in breiterem Umfange auszugestalten. Als vor einigen Jahren gerade die Erziehungsfragen, man möchte sagen, in aller Munde waren, da handelte es sich darum, daß der Stuttgarter Industrielle Emil Molt eine Schule begründen wollte, zunächst für die Kinder seines Industriellen Etablissements. Er wandte sich dazu an mich, um dieser Schule einen entsprechenden pädagogischen Inhalt und eine pädagogische Richtung zu geben.
Zunächst hatte man es mit einem Schülermaterial einer ganz bestimmten Klasse und auch mit einem Schülermaterial einer bestimmten Gesellschaft, die eine 'Weltanschauung pflegt, zu tun: man hatte es zu tun mit den Proletarierkindern des industriellen 'Waldorfunter nehmens, und man hatte es zu tun mit einer Anzahl von Kindern aus der Anthroposophischen Gesellschaft. Aber sehr bald erweiterte sich die Aufgabe dieser Schule. Während wir begonnen haben mit etwa hundertfünfzig Kindern in acht Schulklassen, haben wir heute elf Schulklassen mit über siebenhundert Kindern. Das hat dazu geführt, daß ich im August dieses Jahres eingeladen wurde, über die Prinzipien dieser Waldorfschule hier in England, in Oxford, einen Vortragszyklus zu halten, nachdem einige Freunde der anthroposophischen Weltanschauung bereits zu Weihnachten im Goetheanum in Dornach erschienen waren, um dort einen Vortragszyklus über diese Erziehungskunst
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anzuhören. Aus dem Oxforder Vortragsunternehmen ist dann die Erziehungs-Union hervorgegangen, die sich hier gegründet hat und welche die Absicht hat, die Erziehungsprinzipien, von denen ich heute abend zu sprechen habe, auch in England in einem weiteren Umfange zur Einführung zu bringen.
Ich mußte diese Veranlassungen erwähnen, damit Sie heute abend nicht die Vorstellung haben, daß es sich um theoretische Auseinandersetzungen handelt, sondern damit sie Einsicht darein haben, daß aus einer wirklich praktischen Erziehungskunst heraus gesprochen werden soll. Ich mußte das um so mehr tun, weil ich ja selbstverständlich heute abend nur in der Lage sein werde, einige wenige Andeutungen zu geben. Diese Anregungen, die ich geben werde, werden um so un vollstän&öger sein müssen, als es sich wirklich bei den Erziehungs prinzipien, von denen ich hier spreche, nicht um ein Programm handelt, sondern um eine Praxis. Und wenn es sich um eine Praxis handelt, kann man immer nur einiges, ich möchte sagen, beispielsweise aus dieser Praxis anführen. Wer von einem Programm ausgeht, hat es leichter: Er führt allgemeine Sätze an, allgemeine Maximen. Das geht gerade bei der besonderen Eigentümlichkeit jener Erziehungsprinzipien nicht, von denen die Waldorfschul-Erziehung ausgeht. Ich sagte schon,daß es sich handelt um eine Begründung der Pädagogik und Erziehung aus einer geisteswissenschaftlichen Weltauffassung heraus, einer solchen Weltauffassung, welche zu einer wirklichen Menschenkenntnis und dadurch auch zu einer wirklichen Erkenntnis des Wesens des Kindes führen kann.
Wenn der Maler oder ein anderer Künstler seine Kunst ausüben will, muß er sich zweierlei aneignen. Er muß sich erstens - nehmen wir das Beispiel des Malers - eine gewisse Beobachtungsgabe aneignen für Form und Farbe. Er muß aus dem Farb- und Formwesen heraus schaffen können. Er kann nicht ausgehen von einer theoretischen Erkenntnis, er kann nur ausgehen von einem lebendigen Drinnenleben im Form- und Farbenwesen. Dann erst kommt das, was er sich als zweites anzueignen hat: die Technik selbst. Erziehungswesen wird hier von anthropesophischer Geisteswissenschaft nicht aufgefaßt als eine Wissenschaft, nicht als eine theoretische Erkenntnis, sondern als eine
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wirkliche Kunst, als eine Kunst, die es mit dem edelsten Material, das wir in der Welt haben, zu tun hat: mit dem Menschen selber, mit dem Kinde, das in so wunderbarer 'Weise uns die tiefsten 'Welträtsel offenbart, indem es von Jahr zu Jahr, ja man möchte sagen, von Woche zu 'Woche uns schauen läßt, wie herauskommt aus der Physiognomie, aus der Geste, aus alledem, was sonst die Äußerungen des Lebens des Kindes sind, wie da herauskommt das Geistige, das Seelische, das tief innerlich verschlossen ist in dem Kinde als eine göttliche Mitgift aus geistigen 'Welten. Die Anschauung, von der ich hier spreche, geht davon aus, daß ebenso wie es notwendig ist für den Maler, eine Beobachtungsgabe, die Tätigkeit wird durch seine Hände, seine Seele, seinen Geist, eine Beobachtungsgabe für Farbe und Form sIch anzueignen, so ist es notwendig für den Erziehungskünstler, daß er verfolgen kann die ganze 'Wesenheit des Menschen, wie sie sich offenbart in dem Kinde. Das aber kann man nicht, wenn man nicht aufsteigt von der Beobachtung desjenigen, was das gewöhnliche Bewußtsein dem Menschen gibt an Menschenbeobachtung, wenn man nIcht aufsteigen kann zu einer wirklichen Beobachtung des seelischen und des geistigen Lebens. Und das will gerade anthroposophische Geisteswissenschaft. Was man heute Erkenntnis nennt, kann sich eigentlich nur beschäftigen mit dem, was körperlich ist, was zu den Sinnen spricht. Wie lernen wir als Menschen heute, wenn wir nicht aufsteigen zu einer wirklichen Geisteserkenntnis, das Seelische kennen? Eigentlich nur dadurch, daß wir in uns selbst die Äußerungen, die Tätigkeiten des Seelischen kennenlernen. 'Wir lernen kennen, indem wir Selbstbeobachtung erstreben, unser Denken, wir lernen kennen unser Fühlen, unser 'Wollen. Das sind Eigenschaften des Seelischen. Das Seelische selbst haben wir nur, ich möchte sagen, durch ein Urteil. Das Sinnliche sehen wir, das Sinnliche nehmen wir wahr. Das Seelische haben wir nur, indem wir von Eigenschaften unseres eigenen Inneren uns das Urteil bilden, daß uns selbst so etwas zugrunde liege wie ein Seelisches.
Anthroposophische Geisteswissenschaft, wie ich sie hier meine, geht nIcht aus von diesem gewöhnlichen Bewußtsein, sondern sie sucht in der Menschenseele schlummernde Kräfte auf ganz systematische 'Weise zu entwickeln, so daß daraus entsteht - bitte erschrecken Sie nicht
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vor dem Ausdrucke - eine Art exakten Hellsehens, exakte Clairvoyance. Dadurch schaut man hindurch von den Eigenschaften des Seelischen auf das wirkliche Seelische. Und man lernt dieses Seelische durch ein geistiges Schauen gerade so erkennen, wie man erkennen lernt die sinnliche Farbe durch das Auge, die sinnlichen Töne durch die Ohren. Den Geist aber, der in der Welt waltet, kennt das gewöhnliche Bewußtsein eigentlich nur durch eine Schlußfolgerung. Wir können immer nur, wenn wir in dem gewöhnlichen Bewußtsein verharren,sagen: Wir sehen Naturerscheinungen, Seelenerscheinungen. Wir schlie&n daraus, daß all dem ein Geistiges zugrunde liegt. Unsere Gedanken beschäftigen sich damit, zu schließen, daß dem Körperlichen ein Seelisches, ein Geistiges zugrunde liegt. Anthroposophische Geistes- wissenschaft entwickelt in der Seele schlummernde Kräfte, die GeistesSinnesorgane, wenn ich mich des paradoxen Ausdrucks bedienen darf, durch die man den Geist nicht nur erschließen kann, sondern in lebendigem Denken selbst erlebt.
Dann erst, wenn man die Seele schaut, den Geist in lebendigem Denken erleben kann, dann kann man wirkliche Menschenerkenntnis h,aben. Dann kommt durch eine Geisteswissenschaft eine solche lebendige Menschenerkenntnis zustande, welche den Menschen durchdringen kann, so daß er in dem heranwachsenden Kinde in jedem Momente des Lebens schauen kann, wie das Geistige, wie das Seelische in dem Kinde wirkt. Er sieht das Kind nicht nur, wenn ich so sagen darf,durch die Sinne von außen an, sondern er sieht, wie sich in den sinnlichen 0ffenbarungen das Seelische äußert. Denn er geht aus von dem, was nicht nur seelische Offenbarung, sondern unmittelbar seelischeSuhstanz ist, die gesehen werden kann wie die Farbe von den Augen.
Er geht davon aus, wie der Geist in dem Kinde wirkt, weil er erkennt, weii ihm diese Erkenntnis eine Wissenschaft liefert, die in lebendigem Denken den Geist selber erfaßt.
So geht diese Erziehungskunst, von der ich hier spreche, von einer Iehendigen Menschenerkenntnis, von einer Erfassung des Werdenden im Kinde in jedem Augenblicke des Lebens aus. Erst wenn man in dieser Weise, ich möchte sagen, das edelste Material, das wir haben können für eine Kunst, das Material für eine Erziehungskunst wenn
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man in dieser 'Weise den Menschen durchschaut, wenn man wirklich auch erzieherisch für den Menschen wirkt, dann sieht man ganz andere Dinge, als man mit dem gewöhnlichen Bewußtsein sehen kann. Und dann kann man aus einer solchen 'Wissenschaft heraus Lehrern und Erziehern Anleitung geben, wie sie im unmittelbaren praktischen Verkehre mit dem Kinde auch ausbilden können dasjenige, was als Seele selbst erschaut werden kann, als Geist selbst erlebt werden kann.
Im Kinde - das zeigt eben eine lebendige Beobachtung - ist der Geist in nicht geringerem Maße vorhanden als in dem Erwachsenen; aber dieser Geist ist tief im Inneren des Kindes verscMossen, muß sich den Leib erst erobern. Und wir bekommen einen Eindruck davon, in welch wunderbarer 'Weise der Geist, der als göttliche Mitgift dem Kinde gegeben ist, in dem kindlichen Organismus wirkt, wenn wIr diesen Geist selber sehen können, bevor er durch die Sprache zu uns redet, bevor er durch intellektualistisches Denken sich uns offenbaren kann. Da bekommt man einen Eindruck davon, wie durchaus nicht gesagt werden darf: die physische Natur des Menschen ist das eine, das Geistige ist das andere. Im Kinde schaut man die physische Natur so, daß unmittelbar, viel mehr als das beim Erwachsenen jemals der Fall sein kann, das Geistige innerlich an dem Physischen arbeitet, das Geistige ganz das Physische durchtränkt. Als Erwachsene haben wir Geist, indem wir den Geist brauchen, um über die 'Welt zu denken. Das Kind hat Geist, indem es den Geist braucht, um selbst erst wie der geistige Bildhauer den eigenen Organismus zu gestalten. Und viel mehr als man glaubt, ist der physische Organismus des Menschen durch das ganze folgende Erdenleben hindurch ein Geschöpf desjenigen, was das im Kinde verschlossene Geistige gerade an diesem physischen Organismus verrichtet. Dafür gestatten Sie mir, Ihnen zunächst, damit ich nicht bloß in abstrakten Gedanken rede, sondern in konkreten, einiges beispielsmäßig zu sagen.
'Wer nur äußerlich, mit physischer 'Wissenschaft das Kind ansieht,das Kind so anschaut, wie uns der Seziertisch oder die gewöhnliche Physiologie seine Organisation gibt - nicht eine geistige Durchschauung -, der sieht nicht, wie alle einzelnen Gesten, die auf das Kind geschehen, sich im physischen Organismus auswirken, ausleben. Ich will
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einmal sagen: das Kind wird angeschrien; es ist in irgendeiner Tätigkeit, es wird von dem Erwachsenen angeschrien. Es gibt einen ganz anderen Eindruck auf das Kind, wenn es vom Erwachsenen angeschrien wird, als wenn wir einen Erwachsenen anschreien. Wenn wir das Kind anschreien, so müßten wir bedenken, daß das Kind noch ganz anders organisiert ist als der Erwachsene. Der Erwachsene hat seine Sinnesorgane an der Oberfläche seines Organismus; er beherrscht dasjenige, was ihm die Sinnesorgane geben, mit seinem Intellekt. Er gestaltet aus dem Inneren heraus gegenüber den Sinneseindrücken den voll entwickelten Willen. Das Kind ist ganz hingegeben der äußeren Welt. Das Kind ist, wenn ich mich so ausdrücken darf - es ist nicht bildlich, es ist ganz real gemeint -, das Kind ist ganz Sinnesorgan. Ich möchte mich ganz deutlich aussprechen: Betrachten wir einen Säugling. Wenn wir ihn mit der äußeren Erkenntnis anschauen, so scheint es uns so, als ob er ebenso empfinden würde, ebenso die Welt betrachten würde wie ein Erwachsener, nur daß sein Intellekt, sein Wille noch nicht so ausgebildet ist wie bei einem Erwachsenen. Das ist nicht der Fall. Der Erwachsene fühlt sozusagen den Geschmack bloß auf Zunge und Gaumen. Was beim Erwachsenen schon an die Oberfläche des Organismus getreten ist, durchdringt beim Kinde den Organismus viel tiefer nach dem Inneren hin. Das Kind wird gewissermaßen ganz Geschmacksempfindung, wenn es die Nahrung zu sich nimmt, ebenso ganz Lichtempfindung, wenn Licht, wenn Farben in seine Augen dringen. Es ist nicht bloß bildlich gesprochen, es ist eine Wirklichkeit: wenn das Kind dem Lichte ausgesetzt wird, so vibriert das Licht nicht nur durch sein Nervensystem, es vibriert durch seine Atmung,durch sein Blutsystem, es vibriert so durch den ganzen Organismus, wie das Licht beim Erwachsenen im Auge allein tätig ist. Das Kind ist innerlich ganz Sinnesorgan. Und wie das Auge hingegeben ist an die Welt, ganz im Lichte lebt, so lebt das Kind ganz in seiner Umgebung. Es trägt den Geist in sich, um das, was in seiner physischen Umgebung lebt, mit seinem ganzen Organismus aufzunehmen. Wenn wir daher das Kind anschreien, so ist sein Organismus in einer ganz bestimmten Tätigkeit. Dadurch, daß wir es anschreien, vibriert in dem Kinde viel stärker etwas in sein Inneres, als das beim Erwachsenen, der Gegenkräfte
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hat, die sich im Inneren regen, der Fall sein kann. Und das, was da bewirkt wird wie ein Stocken des seelisch-geistigen Lebens des Kindes, das überträgt sich beim Kinde unmittelbar auf die körperliche Organisation. Und kommt es öfter vor, daß wir ein Kind anschreien,auch etwa in Schrecken versetzen, dann wirken wir nicht bloß auf die Seele des Kindes, dann wirken wir auf die ganze physische Organisation des Kindes. Die Gesundheit des erwachsenen Menschen bis ins späteste Alter liegt in unserer Hand, je nachdem wir uns in der Umgebung des Kindes verhalten.
Das wichtigste Erziehungsmittel für ein Kind im ersten Lebensalter ist, wie man sich selber als Erwachsener in seiner Umgebung verhält. Ist das Kind ausgesetzt einem fortwährenden Leben und Treiben, das schnell verläuft, einem Hasten in seiner Umgebung, so wird einfach seine ganze physische Organisation die Neigung in sich aufnehmen, innerlich zu hasten. Und wer ein Menschenkenner ist, so daß er vom Geiste und von der Seele in der Beobachtung ausgehen kann, der sieht einem Kinde im elften, zwölften Lebensjahre an, ob es so behandelt worden ist, daß es in einer unruhigen, hastenden Umgebung war, oder in einer ihm angemessenen Umgebung, oder In einer zu langsamen Bewegung der Umgebung. 'Wir sehen es am Schritt des Kindes. 'Wenn das Kind in einer Umgebung war, die hastet, in der alles mit übermäßiger Schnelligkeit verläuft, in der die Eindrücke fortwährend wechseln, so tritt das Kind mit leisem Schritt auf. Es prägt sich die Art und 'Weise, wie das Kind seine Umgebung aufnimmt, bis zum Schritt, bis zum Schreiten, in seiner physischen Organisation aus. 'Wenn das Kind in einer Umgebung ist, die ihm nicht genügende Anregung gibt, die es fortwährend zur Langeweile treibt, so sehen wir umgekehrt, wie das Kind mit einem viel zu schweren Tritt im späteren Leben durch die 'Welt geht. Ich erwähne diese Beispiele, weil sie besonders frappant sind, und weil sie zeigen, wie die Menschenbeobachtung sich verfeinern kann. Man sieht aus diesem Beispiel, was wir dem Kinde mitgeben können, wenn wir es in der richtigen Weise im ersten Lebensalter beobachten können. Denn in diesem ersten Lebensalter des Menschen ist das Kind dasjenige, was ich nennen möchte ein nachahmendes Wesen für seine ganze Umgebung, ein nachahmendes
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Wesen auch in bezug auf das, was es tun soll im Seelischen, auch im Moralischen. Ich möchte auch dafür ein Beispiel anführen.
Wer im Leben mit solchen Dingen viel zu tun gehabt hat, kann ja solche Dinge erfahren. Zu mir kam zum Beispiel einmal ein Vater, der sagte: Unser Junge war bisher immer ein braves Kind, hat alles das getan, was unser moralisches Wohlgefallen hervorgerufen hat; jetzt hat er Geld gestohlen! - Nun, wer die menschliche Wesenheit wirklich erkennt, der stellt in einem solchen Falle die folgende Frage: Ja, wo- her hat das Kind das Geld genommen? - Es wird einem gesagt: Aus dem Schranke. - Wer nimmt tagtäglich - so frägt man weiter - Geld aus dem Schrank? - Die Mutter! - Das Kind hat eben Tag für Tag gesehen, daß die Mutter Geld genommen hat aus dem Schrank. Das Kind ist ein nachahmendes Wesen, ist als seelischer Sinnesorganismus ganz der Umwelt hingegeben, tut, indem es sein eigenes Wesen in Bewegung bringt, dasselbe, was es in seiner Umgebung sieht. Das Kind richtet sich gar nicht nach Ermahnungen in dem ersten Lebensalter, es richtet sich nicht nach Geboten und Verboten - die haften nicht stark in seiner Seele -, das Kind richtet sich lediglich nach dem, was es in seiner Umgebung sieht. Nur sieht es viel, viel genauer als der Erwachsene, wenn es auch das Gesehene sich nicht zum Bewußtsein bringt. Und es prägt seinem Organismus das ein, was es in der Umgebung schaut. Der ganze Organismus wird ein Abbild dessen, was das Kind in der Umgebung schaut.
In unserer heutigen Erkenntnis überschätzen wir das, was wir die Vererbung nennen, gar sehr. Man redet, wenn man die Eigenschaften des Menschen im späteren Leben sieht, davon, daß er das meiste vererbt hätte auf dem Wege eben des rein physischen Übertragens durch die Generationen. Wer ein wirklicher Menschenkenner ist, sieht aber, wie sich die Muskeln des Kindes herausbilden nach den Eindrücken seiner Umgebung, je nachdem wir es sanft und milde, mit Liebe, oder in sonstiger Weise behandeln, wie sich Atmung und Blutzirkulation richten nach den Gefühlen, die das Kind erlebt. Erlebt das Kind es oft, daß irgendein Mensch seiner Umgebung in Liebe sich ihm naht, so daß er aus einem instinktiven Miterleben mit dem Kinde das Tempo einschlägt, das die innere Wesenheit des Kindes fordert, so bekommt
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das Kind in bezug auf die feinere Organisation einen gesunden Atmungsapparat. Fragen Sie, woher die Anlagen für einen brauchbaren physischen Organismus beim erwachsenen Menschen kommen, dann schauen Sie zur Beantwortung dieser Frage hin auf das, was auf das Kind, das ein einziges großes Sinnesorgan ist, aus der Umgebung heraus gewirkt hat, was aus den 'Worten, was aus den Gesten, was aus dem ganzen Verhalten der Umgebung des Kindes in die Muskeln, in die Blutzirkulation, in die Atmung hineingegangen ist. Sie werden sehen, daß das Kind nicht nur ein Nachahmer ist in bezug auf das Sprechen- lernen, das ja ganz auf Nachahmung beruht - wobei es ja auch im Physischen seine Sprachorganisation erst ausgestaltet und stärkt -, sondein daß das Kind in seinem ganzen Organismus, und zwar in der feineren Gliederung dieses Organismus, gerade im Physischen ein Abdruck dessen ist, was wir in seiner Umgebung vollbringen.
Und so können wir sagen: 'Wie der Mensch bis ins höchste Alter durchs Leben schreitet, indem er seinen physischen Organismus in starker oder schwacher 'Weise ausgebildet hat, inwiefern sich der Mensch auf seinen physischen Organismus verlassen kann, das hat er zu danken - oder auch nicht zu danken - den Eindrücken, welche die Umgebung auf das ganz kleine Kind zu machen versteht.
Das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe in bezug auf den werdenden Menschen als ein nachahmendes Wesen, erstreckt sich auf das erste Lebensalter des Kindes, das sich einer wirklichen Menschenerkenntnis zeigt als das von der Geburt bis zum Zahnwechsel, bis ungefähr zum siebenten Jahre. In diesem siebenten Jahre ändert sich für das Kind mehr, als man gewöhnlich meint. 'Was dann in der Entwickelung des Kindes eintritt und was man durchschauen muß als Grundlage für eine wahre Erziehungspraxis und Erziehungskunst, das will ich dann Im zweiten Teil des Vortrags erläutern, nachdem der erste Teil übersetzt sein wird.
Ungefähr um das siebente Jahr herum tritt mit dem Zahnwechsel nIcht nur dieses physische Symptom für eine Umwandlung der physischen Menschennatur auf, sondern es tritt im Kinde auch eine vollständige Umwandlung des seelischen 'Wesens ein. 'Wenn das Kind bis
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zum Zahnwechsel hin im wesentlichen ein nachahmendes Wesen ist, und es in seiner Natur liegt, darauf angewiesen zu sein, seinen physischen Organismus unter den Kräften der Nachahmung auszubilden, so beginnt ungefähr um das siebente Jahr, mit dem Zahnwechsel, für das Kind die Notwendigkeit, an seine Umgebung nun nicht mehr physisch hingegeben zu sein, sondern seelisch hingegeben sein zu können. Wenn alles, was in der Umgebung des Kindes bis zum Zahnwechsel hin sich findet, ich möchte sagen, in die Tiefen des kindlichen Wesens eindringt, so dringt in das Kind für die zweite Lebensepoche, vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife, dasjenige ein, was gebaut ist auf die selbstverständliche Autorität derer, die erziehen oder unterrichten. Diese selbstverständliche Autorität drückt sich darin aus, daß das Kind nicht etwa irgendwie aus seiner Natur heraus lernen möchte dasjenige, was ihm entgegengebracht wird an Künsten der Erwachsenen, an Lesen und Schreiben und dergleichen. Es ist ein unermeßlich großer pädagogischer Irrtum, wenn man glaubt, daß das Kind überhaupt den geringsten Drang hat, diejenigen Dinge sich anzueignen, welche Verständigungsmittel, Offenbarungsmittel für das, was Sie wissen, also für den Erwachsenen, sind! Alles, was im Kinde wirklich entwickelnd wirkt, das ist das, was aus dem liebevollen Hingegebensein an die selbstverständliche Autorität hervorgeht. Das Kind lernt die Dinge, wenn es sie lernt, nicht aus irgendeinem Grunde, der im Unterricht ist; das Kind lernt, weil es sieht, daß der Erwachsene sie kennt und handhabt, weil es von dem Erwachsenen, der seine selbstverständliche Erzieherautorität ist, hört: Das ist das, was man als Richtiges tun soll und so weiter. Das geht bis in die Moralgrundsätze hinein.
Ich konnte anführen, wie bis zum Zahnwechsel auch das Moralische vom Kinde durch Nachahmung aufgenommen werden muß. Vomsiebenten bis ungefähr vierzehnten Jahr, vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife muß alles durch die liebevolle Hingabe an die selbstverständliche Autorität aufgenommen werden. Nicht irgendwie intellektualistisch dürfen wir dem Kinde beikommen mit einem Gebote: das ist gut oder das ist böse, sondern das Kind muß in der Empfindung heranwachsen, das für gut zu finden, was ihm die selbst- verständliche Autorität als gut offenbart. Und es muß an demjenigen
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Mißfallen haben als an dem Bösen, was ihm die selbstverständliche Autorität als solches hinstellt. Keine anderen Gründe für das Gefallen oder Mißfallen am Guten oder Bösen dürfen sich für das Kind ergeben, als die sind, welche die neben ihm stehende Autorität ihm für das Gute oder Böse offenbart. Nicht weil ihm die Sache an sich nach dem Intellekt gut oder böse erscheint, sondern weil der Erzieher es so findet. Das ist das, worauf es beI einem wirklichen, wahren Erziehen an- kommen muß. Worauf es ankommt, das ist, daß alles Moralische, auch alles Religiöse bei dem Kind vom Zahnwechsel bis zur Geschlechts- reife durch den Menschen herankommen muß. Das menschliche Verhältnis des Lehrers, des Erziehers, das ist es, worauf alles ankommen muß. Was wir glauben dem Kinde beizubringen, indem wir an seIne Urteilskraft appellieren, das bringen wir ihm so bei, daß es eigentlich vieles im Kinde innerlich ertötet. Das Kind ist zwar jetzt nicht mehr ganz Sinnesorgan, aber es hat, obwohl es seine Sinnesorgane an die Oberfläche des Körpers bereits verlegte, seine ganze Seele drinnen. Und es bringt nichts heraus aus dem Intellektualistischen, durch welches die Sinne irgendwie organisch geregelt, gesetzmäßig gemacht werden, sondern es kann gerade dann sich an die selbstverständliche Autorität der Erzieherpersönlichkeit hingeben, wenn ihm alles im beseelten Bilde entgegentritt.
Aber das fordert von uns, daß wir die Erziehung zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife durch und durch künstlerisch gestalten, überall vom Künstlerischen ausgehen. Bringen wir an das Kind die Buchstaben heran, durch die es lesen lernen soll, schreiben lernen soll, so sind diese Buchstabenformen heute, in unserer gegenwärtigen Zivilisation solche, zu denen das Kind gar kein Verhältnis, gar keine Beziehungen hat. 'Wir wissen ja, daß diese Buchstabenformen ausgegangen sind in gewissen Zivilisationen von der bildne`rischen Nachahmung äußerer Vorgänge und Dinge selber; von der Bilderschrift ist die Welt ausgegangen. Indem wir die Schrift` an das Kind heranbringen, müssen wir auch wiederum von dem Bilde ausgehen. Wir befolgen daher in Stuttgart, in der 'Waldorfschul-Erziehungskunst dies, daß wir überhaupt nicht mit den Buchstaben als solchen, sondern daß wir künstlerisch mit dem Mal- und Zeichenunterricht beginnen.
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Das ist schwierig bei dem Kinde, das mit sechs oder sieben Jahren die Schule betritt; aber die Schwierigkeit wird überwunden werden. Und sie wird überwunden, wenn wir in der richtigen Weise mit unserer Autorität neben dem Kinde so stehen, daß das Kind tatsächlich in sichdas Gefühl bekommt: das, was der Erzieher aus der Farbe, aus der Form heraus bildet, das will ich auch nachmachen, denn ich will so werden wie er. - Auf diesem Umwege muß alles erlernt werden. Das kann aber nur erlernt werden, wenn nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich tatsächlich ein Verhältnis zwischen dem Lehrer und dem Schüler ist, welches über alles, was an Unterricht und Erziehung gegeben wird, das Künstlerische ausgießt. Denn zwischen dem Erziehenden und dem Kinde wirken eben Imponderabilien. Da wirkt nicht nur das, was man sich an Geschicklichkeit in der Erziehung angeeignet hat und dergleichen, da wirkt vor allen Dingen Gesinnung, da wirkt gefüMsmäßige Empfindung, da wirkt die ganze Seelenverfassung des Lehrers. Sie aber kann eine entsprechende Richtung bekommen, wenn man an das Geistige der Welt als Lehrer auch heranzugehen vermag.
Ich will auch da wieder ein Beispiel gebrauchen, um das, was ich meine, zu charakterisieren, ein Beispiel, das ich besonders gern gebrauche. Nehmen wir an, wir wollen das Kind im Moralisch-Religiösen anregen. Es wird das ungefähr, in der richtigen Art, in das neunte, zehnte Lebensjahr fallen. Man kann bei der Erziehung, die ich meine, durchaus von der Entwickelung des Kindes ablesen, was man ihm in jedem Jahre, ja Monate, beizubringen hat. Ich will ihm, sagen wir, im neunten, zehnten Lebensjahre beibringen eine Vorstellung von der Unsterblichkeit der Menschenseele. Ich kann intellektualistisch darüber herumreden, das wird auf das Kind nicht nur ohne Eindruck bleiben, es wird sogar das Kind seelisch verkümmern; denn es mischt sich, wenn ich intellektualistisch über das Moralisch-Religiöse vor dem Kinde doziere, nichts Seelisches hinein! Das Seelische beruht auf Imponderabilien, die zwischen dem Lehrer und dem Kinde wirken müssen. Ich kann dem Kinde bildhaft, im Symbolum, im Bilde künstlerisch beibringen, was es erleben soll über die Unsterblichkeit der Seele. Ich kann ihm sagen: Sieh dir die Schmetterlingspuppe an, der Schmetterling durchbricht diese Puppe, fliegt aus ihr aus, bewegt sich dann im
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Sonnenschein. - So ist es mit der Menschenseele: sie ist im menscMic`hen Organismus wie der Schmetterling in der Puppe; sie verläßt, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes tritt, den Organismus und bewegt sich fortan in der geistigen 'Welt.
Nun kann man in einer zweifachen Weise das dem Kinde bei bringen wollen. Man kann als Lehrer sich selbstverständlich sehr gescheit fühlen und sich sagen: Ich bin gescheit, das Kind ist dumm; das Kind kann nicht verstehen, was ich durch meine Gescheitheit mir zurechtlege über die Unsterblichkeit der Seele. Ich forme es ihm in ein Bild, ich bemühe mich, dieses Bild zu formen.
Ja, wenn ich das Bild für das Kind nur zurechtrücke und mich selber über das Bild ungeheuer erhaben fühle, so wird das auf das Kind einen Eindruck machen, der bald wieder vorübergeht, der durch aus auch innerlich etwas verdorrt in dem Kinde. Aber ich kann in eIner anderen 'Weise mich zum Kinde stellen durch meine Gemütsempfindung, kann mir sagen: Ich glaube selbst an dieses Bild. Dieses Bild fabriziere ich nicht; die göttlich-geistigen Mächte stellen selber in die Natur hinein die Schmetterlingspuppe und den ausflatternden Schmetterling, um vor mich ein Bild hinzustellen, ein reales Bild, das durch die Natur selber hineingestellt ist in die 'Welt für das, was ich begreifen soll als Unsterblichkeit der Seele. Die Unsterblichkeit der Seele tritt mir auf einer einfacheren, primitiveren Stufe, in dem auskriechenden Schmetterling entgegen. Gott selber hat mir das zeigen wollen an dem auskriechenden Schmetterling. - Erst wenn ich in die- ser Weise meinen Bildern gegenüber selbst Gläubigkeit entwickeln kann, dann spielt sich dieses eigentümliche, unsichtbare Übersinnliche zwischen mir und dem Kinde ab. Und wenn ich meine eigene Auffassung mit solcher Seelenvertiefung ausbilde und vor das Kind hinstelle, dann bleibt dieses Bild etwas, was für das ganze Leben in dem Kinde wurzelt und sich weiter entwickelt. 'Was wir erreichen, wenn wir alles umsetzen können in bildhaften Unterricht zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife, das ist, daß wir dem Kinde nicht etwa fertige Begriffe beibringen, an denen es festhalten soll, die möglichst genau sein sollen. Wenn wir dem Kinde fertige Begriffe beibringen, so ist es, wie wenn wir seine Hand einspannen wollten in eine Maschine, so daß
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es sich nicht frei entwickeln kann. Worum es sich handelt, ist, daß wir dem Kinde innerlich bewegliche Begriffe beibringen, solche Begriffe, die wachsen wie unsere Glieder, so daß dasjenige, was wir vor dem Kinde entwickeln, in neuen Jahrzehnten, im achtzehnten, im zwanzigsten, im vierzigsten Jahre seines Lebens etwas ganz anderes geworden sein kann.Diese Dinge kann aber nur der beurteilen - und bei ihm geht es in eine selbstverständliche Erziehungskunst über -, der nicht nur in der Gegenwart das Kind anschaut und frägt, was es für Bedürfnisse, was es für Entwickelungskräfte hat, sondern der das ganze menschliche Leben überschauen kann. Da möchte ich Ihnen ein Beispiel geben. Nehmen wir an, wir bringen es beim Kinde dahin, daß wir zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife jene innere Hingabe an den Erzieher herausbekommen. Ich möchte durch ein Beispiel die Stärke, die da eintreten muß, veranschaulichen. Wer solche Dinge durchschaut, der weiß, welches Glück seines Lebens es bis in die spätesten Jahre ist, wenn er in der Kindheit etwa in der Lage war, von seiner Umgebung zu hören von einem sehr verehrten Verwandten, den er bisher noch nicht gesehen hat. Er darf ihn eines Tages besuchen. Er geht mit scheuer Ehrfurcht, nach alldem, was er gehört hat, nach dem ganzen Bilde, das ihm entworfen worden ist, den Gang zu diesem Verwandten. Mit scheuer Ehrfurcht sieht er, wie die Türe geöffnet wird. Es ist ein Ungeheures um ein solches Hinschauen zu etwas Verehrungswürdigem. Wenn man so hat verehren können, so zu einem Menschen hat hinschauen können, 50 ist das etwas, was sich tief einwurzelt in die menschliche Seele, und wovon man im spätesten Lebensalter noch die Früchte haben kann! So ist es aber mit allem, was an beweglichen, lebendigen Begriffen an das Kind herangebracht wird, nicht in es hineingepreßt wird. Wer das bei einem Kinde erreicht, daß das Kind in scheuer Ehrfurcht wirklich zu dem Erzieher hinaufschaut als der selbstverständlichen Autorität, der erzeugt etwas in dem Kinde für das späteste Lebensalter, das ich ausdrücken möchte in dem Folgenden: Wir wissen, es gibt Leute, welche, wenn sie ein gewisses Lebensalter erreicht haben, für die Umgebung, in der sie sich aufhalten, eine Wohltat sind, deren Worte gar nicht viele zu sein brauchen; sie wirken wie
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segnend, ihre Worte. Es ist etwas, das die Stimme durchdringt, es ist nicht der Inhalt der 'Worte. Es ist ein Segen für die Menschen, in der Zeit der Kindheit in die Nähe solcher Menschen zu kommen. 'Wenn wir zurückgehen bei solch einem Fünfzig-, Sechzigjährigen und schauen, was ihm im kindlichen Leben zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife gegeben worden ist, was er gelernt hat, so kommen wir darauf, daß er verehren gelernt hat, ein Verehren im Moralischen, das ihn in der richtigen 'Weise aufschauen lehrte, religiös, zu den höheren Mächten der 'Welt; ein Mensch, der in der richtigen 'Weise, wenn ich so sagen darf, beten lernte. 'Wer in der richtigen Weise beten gelernt hat, bei dem wandelt sich das, was er innerlich an dem Vere`hren lernte, im Alter in segnende Kräfte, in die Kräfte, durch die er eine Wohltat für seine Umgebung sein kann. Und ich möchte sagen, um es möglichst bildlich auszudrücken: Derjenige, der nie gelernt hat die Hände zu falten als Kind, um zu beten, der kann auch niemals in seinem Leben die Kraft entwickeln, die Hände zum Segnen auszubreiten.
Darum handelt es sich, daß wir uns nicht einige abstrakt angeeignete Ideen bilden und in das Kind hineinstopfen, sondern daß wir wissen, wie wir mit dem Kinde verfahren müssen, wenn wir In seIne Seele etwas hineinbilden wollen, das für das ganze Leben von fruchtbringender Bedeutung ist. Und so werden wir nicht das abstrakte Lesen und Schreiben unmittelbar an das Kind heranbringen, sondern init dem Schreiben beginnen, aber aus dem Künstlerischen heraus, in- dem wIr aus dem Bild heraus alles das entstehen lassen, was an abstrakten Buchstaben in der 'Welt existiert. Indem wir zunächst das Kind so schreiben lehren, entsprechen wir dadurch seinen Bedürfnissen, nicht nur seine Beobachtung hinzuwenden, sondern seinen ganzen Menschen, nicht nur den Kopf. 'Wir werden zunächst das Kind schreiben lehren; denn wenn das Kind das Schreiben auf diese 'Weise aufnImmt, daß es aus dem Bilde heraus mit dem ganzen Menschen beteiligt ist, nicht bloß mit dem Kopf, geben wir ihm das Richtige. Hat es so schreiben gelernt, dann kann es das Lesen lernen.
'Wer zu stark befangen ist im heutigen Schulwesen, der wird sagen: Ja, aber da lernt das Kind langsamer lesen und schreiben, als es dies bisher gelernt hat. - Aber es handelt sich darum, ob dasjenige Tempo,
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das heute eingehalten ist, richtig ist! Im Grunde genommen ist es überhaupt nur richtig, wenn das Kind erst nach dem achten Jahre zu dem Lesen herangezogen wird! So daß das alles aus dem Bildnerischen, Künstlerischen heraus entwickelt wird.
Derjenige, der ein Menschenkenner geworden ist durch wirkliche Seelen- und Geistesanschauung des Menschen, wird in feinster Weise den Menschen beobachten können, und dann wird aus der Beobachtung die erzieherische Kunst fließen. Nehmen wir an, wir haben ein Kind, das zu stark mit seinen Beinen auf die Erde auftritt; es rührt das davon her, daß 'in unrichtiger Weise auf das Kind seelisch eingewirkt worden ist vor dem Zahnwechsel. Aber wir können noch manches gut machen, indem wir von innen heraus, durch die Bilder, die wir an- regen, Künstlerisches heranbringen und das, was der Mensch gestaltet hat bis zum Zahnwechsel, nach dem Zahnwechsel beleben lassen. Daher wird der, welcher ein wirklicher Menschenkenner ist, ein Kind, das einen stark auftretenden Schritt hat, vorzugsweise damit beschäftigen, daß er es künstlerisch heranzieht zum Malerischen, Zeichnerischen. Dagegen ein Kind, das einen zu leichten, tänzelnden Schritt hat: die ganze spätere Charakterbildung, ungeheuer tiefes Moralisches hängt davon ab, daß wir ein solches Kind mehr zum Musikalischen an- regen. Und so können wir in jedem einzelnen Fall sagen, wenn wir hineinschauen können in den Menschen, wie wir das heranbringen sollen, was wir ins Bild gießen.
Wir können sagen: Bis zum Zahnwechsel hin wird das Kind in seiner Eltern- und Familienumgebung seine nächste, naturgemäße Umgebung haben. Aber wir müssen nachkommen durch Kinderschulen, Spielschulen. Wir machen nur das Richtige durch das, was wir als Spielen, als kindliche Betätigung entwickeln sollen, wenn wir wissen, wie das in das Kind, in den physischen Organismus hineingeht. Man soll sich nur vorstellen, wie ein Kind, das zum Beispiel eine fertige Puppe bekommt, eine sogenannte recht «schöne» Puppe, die sogar ein schön gemaltes Antlitz hat, also möglichst «fertig» ist, wie ein solches Kind - diese Dinge lassen sich nicht durch die grobe Anatomie beobachten - ein schwerflüssiges Blut bekommt, wie seine physische Organisation gestört wird. Wir wissen gar nicht, wie schwer wir da
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sündigen, wie das auf das Kind wirkt! Stellen wir ihm aus ein paar Lappen selber die Puppe zusammen, indem wir sie neben dem Kinde machen, malen wir auf die Puppenlappen die Augen drauf, so daß das Kind dies in der Beweglichkeit, im Entstehen vor sich hat, dann nImmt das Kind das in die Beweglichkeit seines Organismus auf; es geht über in sein Blut, in sein Atmungssystem.
Haben wir zum Beispiel ein melancholisches Kind vor uns; wer ohne jede Seelenanschauung, äußerlich das Kind nur betrachtet, wird sagen: ein melancholisches Kind, innerlich schwarz - wir müssen recht lebhafte Farben in seine Umgebung bringen, müssen seine Spiele möglichst rot und gelb machen, müssen ihm Kleider anziehen, die möglichst hell sind, damit das Kind durch die hellen Farben aufwacht, aufgeweckt wird. - Nein, das wird es nicht! Denn, sehen Sie, das erzielt nur eInen innerlichen Schock in dem Kinde, muß geradezu alle Lebenskräfte in die entgegengesetzte Richtung treiben. Gerade blaue oder blauviolette Farben und Spielgegenstände müssen wir in die Nähe eines Kindes bringen, das ein melancholisches, in sich verschlossenes Kind ist; während wir das Kind, das innerlich tätig ist, anregen dadurch, daß wir Hellfarbiges in seine Umgebung bringen. Dadurch stellt es seInen eigenen Organismus mit der Umgebung in eine HarmonIe hinein, und es gesundet für das, was vielleicht in ihm zu flatterhaft ist, zu nervös ist, gerade an der Beweglichkeit und dem Hellen in der Umgebung.
So kann man bis ins einzelnste hinein, bis in die unmittelbare Hilfe der Praxis, das, was neben dem Kinde erzieherisch, unterrichtlich zu tun ist, aus wirklicher Menschenerkenntnis heraus gewinnen. Wenn man in dieser 'Weise erzieht, wird man einsehen, daß es im Grunde genommen zwar den Einbildungen entsprechen kann, die wir uns machen darüber, was das Kind in diesem oder jenem Alter lernen soll, was wir in es hineinpfropfen sollen, wie wir es betätigen sollen. Derjenige aber, der weiß, daß das Kind dennoch aus seiner Umgeb,ung nur das nehmen kann, was in seinem Organismus veranlagt ist, der wird sich so sagen: Nehmen wir an, ein Kind ist dazu veranlagt, niclit fort- dauernd in robuster Art sich in der Außenwelt zu betätigen, sondern etwas auch im Kleinen zu arbeiten, ich möchte sagen, ins Künstlerische
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hinüber zu arbeiten. Wenn man dieses Kind - weil man selber eigensinnig auf das aus ist - robust äußerlich arbeiten läßt, dann verkümmern gerade die Anlagen, welche in dem Kinde sind für irgendeine feinere Arbeit; und diejenigen Anlagen, die man ausbilden möchte, weil man sich selber einbildet, daß sie allgemein menschliche sind, weil man sie bei jedem Menschen ausbilden muß, verkümmern erst recht.
Das Kind kümmert sich nicht darum; es führt die Arbeit zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife aus, aber es bleibt nichts in ihm,es wächst nichts heran in dem Kinde von dem, was in dieser Weise in es hineingepfropft wird. Überall kommt es bei dem Erziehungsprinzip, um das es sich hier handelt, darauf an, daß der Erziehende einen feinen Sinn hat, was im Kinde vorhanden ist, und daß er aus dem, was er im Kinde körperlich, seelisch, geistig beobachtet, in jedem Augenblick das Richtige aus seinem Lehrinstinkte heraus zu tun weiß.
Auf diese Weise wird der Lehrer eigentlich die Pädagogik für das Kind mit seinem Heranwachsen beobachten können. In der Waldorfschul-Pädagogik ist der Lehrplan vom Kinde abgelesen. Alles, was nicht nur von Jahr zu Jahr, was von Monat zu Monat, von Woche zu Woche getrieben werden muß, ist vom Kinde abzulesen, damit dem Kinde das entgegengebracht werden kann, was es durch seine innere Natur fordert. Der Lehrberuf ist derjenige, der die größte Selbstlosigkeit fordert, der darum gar nicht duldet, daß man irgendwie ein vor gefaßtes Programm hat, der ganz und gar darauf aus sein muß, das Kind so zu behandeln, daß man durch das Verhältnis, das man zu dem Kinde hat, indem man neben ihm steht, im Grunde genommen nur die Gelegenheit herbeiführt, daß sich das Kind selbst entwickeln kann.
Das wird man vom siebenten bis vierzehnten Jahr, gerade im elementarschulpflichtigen Alter am besten können, wenn man vollständig darauf verzichtet, an den Intellekt zu appellieren, sondern wenn man alles in das Künstlerische leitet. So läßt sich das Physische, wie auch das Seelische, wie auch das, was schon das Geistige ausbilden soll, in diesem Alter ins Bild kleiden. Wir sollen namentlich das Moralische ins Bild kleiden, wenn das Kind im neunten, zehnten Lebensjahre ist. Wir sollen nicht moralische Gebote geben, nicht sagen: Das ist gut oder das ist böse -, sondern vor das Kind hinstellen, an das Kind heranbringen
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gute Menschen, wodurch es eine Sympathie für das Gute g`ewinnen kann. Oder vor es hinstellen böse Menschen, wodurch es gegenüber dem Bösen eine Antipathie gewinnen kann. Wir können durch das Bild in seinem Gemüte die moralische 'Wesenheit erwecken.
Das sind allerdings nur Andeutungen. Ich habe sie geben wollen für das zweite Lebensalter des Menschen. 'Wie sich dann das Ganze zu einer grundlegenden Erziehung, nicht einer Erziehung bloß für den Augenblick des Kindesalters, sondern für das ganze menschliche Leben ergibt, das will ich im dritten, ganz kurzen Teil meines Vortrages sagen, nachdem der zweite Teil übersetzt sein wird.
Inwiefern durch die hier geschilderte Erziehungskunst von dem kindlichen Lebensalter an auf das ganze Leben des Menschen, von der Geburt bis ium Tode, die richtige 'Wirkung erzielt sein soll, das werden Sie am besten bemerken können, an dem einzelnen Fall der Erziehung, durch die sogenannte eurythmische Kunst. Das, was als eurythmIsche Kunst in diesen Tagen auch in öffentlichen Vorstellungen in London gezeigt worden ist, ist etwas, was nun auch eine pädagogisch- didaktische Seite hat.
Eurythmische Kunst besteht darinnen, daß man tatsächlich aus der Tiefe der Menschennatur Bewegungen des einzelnen Menschen oder von Menschengruppen so hervorruft, daß alles, was an solchen Bewegungen auftritt, in derselben 'Weise gesetzmäßig aus dem menschlichen Organismus fließt wie die menschliche Lautsprache oder der Gesang. In dieser eurythmischen Kunst ist auch jede einzelne Geste, jede einzelne mimische Offenbarung nichts irgendwie 'Willkürliches, sondern man hat in ihr eine wirkliche, sichtbare Sprache vorliegen, so daß eurythmisch, das heißt sichtbar ebenso gesungen werden kann durch gewIsse Bewegungen, wie gesprochen werden kann. 'Was in der Lautsprache zurückgehalten wird an Bewegungsmöglichkeit des ganzen Menschen, und was nur übergeht in Metamorphose in den hörbaren Laut, das wird in der eurythmischen Kunst als eine sichtbare Sprache ausgestaltet.
Nun haben wir in der 'Waldorfschule diese Eurythmie eingeführt von der untersten Volksschulklasse bis zu der höchsten. Und es zeigt
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sich, daß tatsächlich das Kind sich hineinstellt in diese sichtbare Sprache, wo ebenso, wie ein Laut irgend etwas bedeutet als see,lischer Ausdruck in der hörbaren Sprache, so jede Finger-, jede Handbewegung, jede Bewegung des ganzen Leibes eben ein wirklicher Sprachlaut ist, nur in Sichtbarkeit. Man sieht, daß das Kind im Alter des Zahnwech sels und noch darüber hinaus, bis zur Geschlechtsreife, sich ebenso selbstverständlich in diese Sprache hineinlebt, wie es sich als ganz kleines Kind in die Lautsprache hineingefunden hat. Es zeigt sich, daß sein ganzer Organismus, nach Leib, Seele und Geist - denn eurythmische Kunst ist zugleich geistig-seelisches Turnen, ist geistig-seelische Gymnastik - mit derselben Selbstverständlichkeit sich hineinfindet in diese curythmische Sprache, wie es sich in die Lautsprache hineingelebt hat; daß es empfindet, daß ihm damit etwas gegeben wird, was aus seinem ganzen Organismus unmittelbar folgt. Damit aber ist neben die Gymnastik, die ihr Wesen ableitet mehr von der Beobachtung des äußeren physischen Leibes, in der Eurythmie durch die Beobachtung des Geistig-Seelischen etwas hingestellt, wo der Mensch in jeder Bewegung sich erfühlt nicht nur als Leib, als durchseelter Leib, sondern als durchgeistigte Seele im von der Seele gestalteten Leib. Wiederum: was der Mensch erlebt als eurythmische Kunst, wirkt einerseits in einer ungeheuer lebendigen Weise auf all das, was in ihm als Anlagen sind, und wirkt auf der anderen Seite ebenso in seiner Fruchtbarkeit, in seiner Wirksamkeit auf das ganze Leben.
Sie können das Kind äußere Gymnastik noch so gut machen lassen,wenn diese Gymnastik nur nach Regeln des Körpers gemacht ist, so werden Sie durch das Treiben der Gymnastik das Kind nicht schützen, sagen wir, im späteren Alter vor allerlei Stoffwechselkrankheiten, Riicwnatismen selbst, also Krankheiten, die später zu Stoffwechselkrankhciten werden. Denn, was man aus der Gymnastik herausholt, das verdichtet eher den physischen Leib. Aber das, was Sie herausholen, indem Sie jede einzelne Bewegung aus dem Geist und der Seele herausholen, das macht Geist und Seele für das ganze Leben zum Beherrscher des Seelischen, des Physischen. Sie verhindern durch bloße äußerliche Gymnastik den sechzigjährigen Leib nicht daran, brüchig zu werden. Sie verhindern aber, wenn Sie das Kind in der Weise erziehen,
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daß Sie seine Bewegungen aus der Seele heraus als Gymnastik machen lassen, Sie verhindern es, daß der Körper brüchig wird in seinem sechzigsten Jahre, wenn er es auch sonst geworden wäre, wenn Sie also bildlichen Unterricht erteilen zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife, daß Sie dieses Bild, das sonst die Seele beschäftigt, übertreten lassen geistig-seelisch in den Körper. Also diese bildhafte Sprache ist nichts anderes als durchseelte, durchgeistigte Gymnastik. Das aber zeigt Ihnen, daß diese durchseelte und durchgeistigte Gymnastik darauf ausgeht, gleichmäßig nach Leib, Seele und Geist das Kind zu entwickeln, damit das, was man veranlagt im kindlichen Lebensalter, Früchte trägt durch das ganze Alter hindurch. Das können wir nur, wenn wir uns so fühlen wie der Gärtner, der eine Pflanze zu pflegen hat: er will nicht etwa eingreifen in die Säftebewegung, künstlich etwas einpfropfen, er führt äußerlich die Gelegenheit herbei, so daß die Pflanze sich entwickeln kann; er hat eine selbstverständliche innere Scheu, in dieses innere 'Wachstum der Pflanze hin- einzugreifen. Diese ehrfürchtige Scheu müssen wir haben vor dem, was im Kinde sich ins Leben hinein entwickeln will. So werden wir nicht zum Beispiel in einseitiger 'Weise immer darauf sehen, daß wir dem Kinde etwas beibringen. Das Autoritätsprinzip, wie ich es angeführt habe, das muß im tiefsten Sinne seelisch in das Kind hinüberwalten. Und es muß so sein> daß das Kind die Möglichkeit hat, Dinge in sich aufzunehmen, die es noch nicht intellektuell durchschauen kann, sondern aufnimmt, weil es den Lehrer liebt. Dann nehmen wir dem Kinde nicht die Möglichkeit in späterer Zeit, ein Erleben zu haben, das es sonst nicht hat. Wenn ich alles schon als Kind begriffen habe, dann habe ich etwa folgendes Erlebnis nicht: Nehmen wir an, in meinem fünfunddreißigsten Jahre käme etwas, das sich mir so darbietet, daß ich diese oder jene Sache von einer geliebten Lehrerpersönlichkeit, von einer geliebten Autorität, auf Autorität hin, auf den liebenden Glauben hin dazumal angenommen habe -, jetzt bin ich reifer, jetzt dämmert mir ein ganz neues Verständnis dafür auf! Dieses Faktum, daß man im gereiften Alter zurückkommen kann auf etwas, das man früher aufgenommen hat, noch nicht vollkommen durchschaut hat, jetzt aber in der Reife belebt, das gibt eine innere Befriedigung, das gibt eine
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Erkraftung des Willens, die wir dem Menschen nicht nehmen dürfen, wenn wir vor seiner Freiheit die nötige Achtung haben und ihn als freies 'Wesen erziehen wollen. Als freies Wesen den Menschen zu erziehen, das liegt dem hier gemeinten Erziehungsprinzip zugrunde. Deshalb sollen wir auch nicht in das Kind hineinpflanzen eine Entwickelung des Willens durch intellektuell moralische Urteile. Wir sollen uns klar sein, daß wenn wir in dem kindlichen Gemüt ungefähr zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahr moralische Anschauungen entwickeln, indem das Gemüt Sympathie und Antipathie entwickelt, das Kind dann, wenn es geschlechtsreif geworden ist und dem Leben gegenübersteht, das intellektuell-moralische Gefühl und das, was es will, durchschaut, daß dasjenige, was den Willen durchzieht, was aus dem Willen heraus das früher entwickelte ästhetische Gefühl an dem Moralischen belebt, daß das, indem es aus der Freiheit am Leben sich entzündet, gerade dem Menschen Stärke, innere Sicherheit gibt.
Sehen Sie, wer in der hier gemeinten Weise die richtige Erziehungskunst anwenden will, der sieht nicht bloß auf das kindliche Alter, der sieht hin auf den Menschen, auch wenn er ins späteste Lebensalter eingetreten ist. Denn er will, daß das, was er in den Menschen hineinpflanzt, sich wirklich so verhält wie die Blume, die aus den inneren Naturverhältnissen heraus wächst und gedeiht. 'Wenn wir die Blume einsetzen, können wir nicht wollen, daß sie sich schnell entwickle; sondern wir warten ab, daß sie sich langsam entwickle von der Wurzel, zum Stengel, zum Blatt und zur Blüte und Frucht sich entfalte, und sich am Lichte der Sonne frei entwickelt. Das ist dasjenige, was wir uns vorhalten als Ziel für eine richtige Erziehungskunst. Wir wollen das pflegen im Kinde, was die Wurzel des Lebens ist, wollen es aber so pflegen, daß sich nach und nach, beweglich, das Leben aus demjenigen heraus umgestaltet, physisch, seelisch und geistig, was wir für das Kindheitsalter, für das Jugendalter pflegen. Dann können wir sicher sein, daß wir mit voller Achtung vor der menschlichen Freiheit den Menschen eben als freies 'Wesen so in die Welt hineinstellen durch unsere Erziehung, daß wirklich dasjenige, was die 'Wurzel der Erziehung Ist, frei sich entwickle - nicht durch unser ihn zum Sklaven machendes Hineinpfropfen -, sodaß e& sich auch noch im späteren Leben, auch unter
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den verschiedensten Gegebenheiten, wenn er ein freier Mensch s`ein will, dann entsprechend entwickeln kann.
Allerdings, diese Erziehungsprinzipien stellen die größte Anforderung an den Lehrer. Das tun sie; aber können wir überhaupt nur voraussetzen, daß das, was zunächst in dieser 'Welt hier auf Erden das allervollkommenste 'Wesen ist - der Mensch -, daß das in einfacher 'Weise behandelt werden kann, ohne daß man mit voller Vertiefung in die Eigenheiten dieses 'Wesens auch wirklich eindringt? Sollen wir denn nicht glauben, daß gerade dem Menschen gegenüber dasjenige, was wir an ihm tun, etwas wie Verehrung, manches eine Art religiöser Dienst sein muß? 'Wir müssen das glauben, daß die Erziehungskunst von uI,,s die größte Selbstlosigkeit verlangt, daß wir uns völlig vergessen können und in die 'Wesenheit des Kindes untertauchen müssen, um schon im Kinde das zu schauen, was dann im erwachsenen Menschen für die Welt gedeihen soll. Selbstlose Umsicht und wirklich der 'Wille, sich in die menschliche Natur für eine wahre Menschenerkenntnis hinein zu vertiefen, das sind die Grundbedingungen einer wahren Erziehungskunst.
Warum sollten wir es nicht als eine Notwendigkeit anerkennen, uns einer solchen Erziehungskunst hinzugeben, wenn wir uns doch sagen müssen, daß aus dem ganzen Menschenleben heraus, aus dem sie ja auch gewonnen ist, die Erziehung das Edelste ist! Die Erziehung ist das Edelste in allem Menschenleben auf Erden.
Das ist doch der Fortschritt. Derjenige Fortschritt, den wir durch die Erziehung pflegen, der besteht darinnen, daß die uns aus den göttlichen 'Welten geschenkten jungen Generationen so entwickelt werden durch das, was wir als ältere Generation uns entwickelt haben, daß diese jüngere Generation über uns hinaus eInen weiteren Schritt im Menschheitsfortschritt macht. Sollte es nicht als das Richtige jedem Einsichtsvollen erscheinen, daß, indem man so Menschheitsdienst leistet, indem man also das Beste und Schönste der älteren Generation der jüngeren Generation zum Opfer bringt, daß man so auch in der schönsten, in der menschheitswürdigsten Weise Erziehungskunst treibt?
BEZIEHUNG DES ERDENLEBENS DES MENSCHEN ZUM LEBEN ZWISCHEN TOD UND NEUER GEBURT Stuttgart, 4. Dezember 1922
#G218-1992-SE265 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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BEZIEHUNG DES ERDENLEBENS DES MENSCHEN
ZUM LEBEN ZWISCHEN TOD UND NEUER GEBURT
Stuttgart, 4. Dezember 1922
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Es gereicht mir zur großen Befriedigung, daß ich gewissermaßen auf der Durchreise heute wiederum zu Ihnen sprechen kann, und ich möchte diese Gelegenheit dazu benützen, um manches nach einer gewissen Richtung hin weiter auszuführen, was gerade Gegenstand der letzten beiden Vorträge war, die ich hier halten durfte. Ich sprach ja dazumal über die Beziehungen des Menschen zur geistigen Welt, insofern sie erkannt werden können durch Aufhellung der für das gewöhnliche Bewußtsein unbewußt verlaufenden Vorgänge während des Schlafes, und insofern sie aufgehellt werden können dadurch, daß man geisteswissenschaftlich hineinleuchtet in die Erlebnisse, die der Mensch durchzumachen hat in der geistigen Welt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt.
Heute möchte ich davon sprechen, wie das Leben, das der Mensch hier auf der Erde zwischen der Geburt und dem Tode zubringt, in einer gewissen Beziehung ein umgewandeltes Abbild ist desjenigen, was durchlebt wird in den geistigen Welten zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Man versteht das menschliche Leben auf Erden eben nur dann, wenn man die einzelnen Äußerungen dieses Lebens beziehen kann auf dasjenige, was ihnen entspricht in der geistigen Welt, in der ja der Mensch, man möchte sagen, den Hauptteil seines Daseins zuzubringen hat.
Nun möchte ich zunächst vorzugsweise sprechen von den seelischen Äußerungen des Menschen, insofern sie als irdische seelische Äußerungen bezogen werden können auf Erlebnisse der geistigen Welt. Sie können ja entnehmen aus demjenigen, was ich in meinen beiden letzten Vorträgen hier vorgebracht habe, daß die Erlebnisse der Menschenseele zwischen dem Tode und einer neuen Geburt in der geistigen Welt wesentlich andere sind als diejenigen, die der Mensch hier zwischen der Geburt und dem Tode hat. Hier, zwischen der Geburt und dem Tode hat er ja alle seine Erlebnisse durch die Vermittlung seines Körpers,
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sei es seines physischen Leibes, sei es seines ätherischen Leibes. Gar nichts, was der Mensch hier auf Erden erlebt, kann erlebt werden, ohne daß es sich stützt auf das Leibliche. Man könnte zum Beispiel sehr leicht glauben, daß das Denken ein rein geistiger Akt sei, und so, wie es sich auf Erden in der Menschenseele vollzieht, nichts zu tun habe mit dem körperlichen Dasein. Das ist ja nach einer Richtung hin zutreffend. Aber so selbständig geistig das Denken des Menschen auch ist, so könnte dieses Denken hier im irdischen Dasein nicht verlaufen, wenn der Mensch nicht sich auf seinen Leib und dessen Vorgänge stützen könnte. Ich darf einen Vergleich gebrauchen, den ich bei dieser Gelegenheit öfters auch schon hier angewendet habe. Wenn ein Mensch über den Erdboden geht, so hat ja ganz gewiß der Erdboden nichts Wesentliches in sich, was den Menschen ausmacht; der Mensch trägt innerhalb seiner Haut sein Wesentliches. Aber der Mensch könnte sich als physischer Mensch ohne die Stütze des Erdbodens eben überhaupt nicht im physischen Dasein befinden.
Und so ist es mit dem Denken, das als Vorgang der Seele lebt. Es ist seinem Wesen nach ganz gewiß nicht irgendein Gehirnvorgang, aber es könnte nicht verlaufen, wenn es nicht das Gehirn zur Stütze hätte hier im physischen Leben. Nur wenn man im Sinne dieses Bildes die Sache ansieht, hat man von der Geistigkeit und auch von der körperlichen Bedingtheit des menschlichen Denkens eine richtige Vorstellung. Kurz, es ist nichts im Menschen hier im Erdendasein, was sich nicht stützen müßte auf das körperliche Dasein. Wir tragen mit Bezug auf unser körperliches Dasein in uns unsere Organe: Lunge, Herz, Gehirn und so weiter. Im gewöhnlichen gesunden Leben ist unser Bewußtsein nicht erfüllt mit der Wahrnehmung unserer inneren Organe. Eigentlich nehmen wir es erst wahr, wenn wir an irgendeinem Organe krank sind, und zwar auch in einer recht unvollkommenen Weise. Wir können niemals sagen, daß wir von einem Inneren Organ durch unmittelbare Anschauung wissen, wenn wir nicht Anatomie studieren, und dann haben wir ja auch nur das tote und nicht das lebende Organ vor uns. Wir können niemals sagen, daß wir von einem inneren Organ eine solche Anschauung, eine solche Wahrnehmung hätten wie von einem äußeren Gegenstande. Das ist gerade das Charakteristische, daß
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wir während des Erdendaseins durch unmittelbares Bewußtsein unser körperliches Inneres nicht kennen. Am wenigsten kennt ja der Mensch hier auf Erden dasjenige, was er gewöhnlich für das Wertvollste im körperlichen Dasein ansieht, das Innere seines Kopfes. Denn wenn er anfängt das kennenzulernen, so ist das in der Regel die unangenehmste Bekanntschaft, die Kopfschmerzen und alles, was damit zusammen- hängt. Im geistigen Dasein, zwischen dem Tode und einer neuen Geburt ist das gerade Gegenteil der Fall. Da kennen wir wirklich unser Inneres. Da ist es so, wie wenn wir hier auf Erden gar nicht die Bäume und die Wolken außer uns sehen würden, sondern in der Hauptsache immer in uns hineinsehen würden und uns sagen würden: Da ist die Lunge, da ist das Herz, da ist der Magen. - In der geistigen Welt schauen wir in unser Inneres hinein. Nur ist dasjenige, was wir sehen, die Welt der geistigen Wesenheiten, die Welt, die wir ja kennenlernen aus unserer anthroposophischen Literatur als die Welt der höheren Hierarchien. Das ist unsere Innenwelt. Und wir fühlen uns eigentlich zwischen dem Tode und einer neuen Geburt als die ganze Welt - wenn ich vom Ganzen spreche, so ist das nur uneigentlich gesprochen, aber es ist trotzdem die volle Wahrheit -, wir fühlen uns jeweils jeder als die ganze Welt. Und in uns fühlen wir gerade in dem wichtigsten Momente unseres geistigen Daseins zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, in uns fühlen wir, erleben wir die Welt der geistigen Wesenheiten, und von ihnen haben wir ein Bewußtsein. Ebenso wahr ist es, daß wir da ein Bewußtsein haben von unserem Inneren als den Geistern der höheren Welt, wie wir hier kein Bewußtsein von unserem Inneren haben, von der Leber, von der Lunge und so weiter. Das ist eben gerade das Charakteristische, daß im Grunde genommen in der geistigen Erfahrung alles umgekehrt ist gegenüber der physischen Erfahrung hier. Nur kommt man erst nach und nach durch die Initiationswissenschaft darauf, wie man sich diese Umkehrung zu denken hat.
Aber nun gibt es doch einen wesentlichen Vorgang, oder eigentlich könnte ich sagen, eine Gruppe von Vorgängen, welche sich gerade bezieht auf dieses innerliche Zusammenleben mit den Wesen der höheren Hierarchien. Wenn das immer so wäre, daß wir nur in der geistigen
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Welt innerlich wahrnehmen würden die Welt der höheren Hierarchien, wir würden niemals zu uns selber kommen. Wir würden zwar wissen: In uns leben diese und jene Wesen, aber wir würden in der geistigen Welt niemals zu uns selber kommen. Daher gibt es im Erleben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt einen Rhythmus. Dieser Rhythmus besteht darin, daß wir abwechselnd in unser Inneres schauen und erleben jene Welt der geistigen Wesenheiten, die in unserer anthroposophischen Literatur beschrieben ist; dann dämpfen wir gewissermaßen dieses Bewußtsein ab. Wir machen es diesem geistigen Inneren gegenüber so, wie wir es hier im physischen Leben machen, wenn wir die Augen schließen und mit den Ohren nicht mehr hören, wenn wir schlafen. Aber das Schlafen bedeutet hier etwas anderes. Wenden wir - wenn ich mich so ausdrücken darf - unsere Aufmerksamkeit ab von der Welt der geistigen Wesenheiten in uns, dann fangen wir an uns selber wahrzunehmen. Allerdings ist es dann so, wie wenn wir außer uns wären, aber wir wissen: dieses Außer-Uns sind wir selber. Wir nehmen uns also abwechselnd selber wahr in der geistigen Welt, oder wir nehmen wahr die Welt der geistigen Wesenheiten.
Sehen Sie, diesen rhythmischen Vorgang, der sich immer wiederholt, den könnte man vergleichen mit zweierlei hier im physischen Erdendasein. Man könnte ihn dem Einatmen und Ausatmen vergleichen, man kann ihn aber auch vergleichen mit Schlafen und Wachen. Beides sind hier im physischen Erdendasein rhythmische Vorgänge, beide lassen sich vergleichen mit dem, was ich Ihnen eben beschrieben habe. Aber nun handelt es sich darum, von solchen Vorgängen in der geistigen Welt, die zwischen dem Tode und einer neuen Geburt verlaufen, nicht nur etwas Abstraktes zu wissen, und, ich möchte sagen, die spirituelle Neugierde zu befriedigen, sondern es handelt sich darum, das irdische Leben als ein Abbild des überirdischen zu erkennen. Und fragen muß man sich: Was spielt sich denn hier im irdischen Leben ab, was wie ein Erinnerungsvermögen - das ja der Mensch im gewöhnlichen Bewußtsein nicht hat, aber wie ein Erinnerungsvermögen, das Wesenheiten der höheren Hierarchien, Archangeloi haben würden -, was spielt sich denn hier im physischen Erdenleben ab, was wie eine Erinnerung an dieses Sich-Hineinleben in die Welt geistiger Wesenheiten
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und wiederum an dieses Erleben seines eigenen Selbstes in der geistigen Welt ist? Was spielt sich hier ab?
Nun, wenn wir in der Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt jenes Erleben nicht hätten, durch das wir hineinschauen in uns und die Welt des Geistes erleben, so gäbe es hier auf der Erde keine Moral. Dasjenige, was wir von diesem Erleben der Geistesweltwesen zurückbehalten, wenn wir durchgehen durch das Embryonalleben und ins Erdenleben hereingehen, das, was wir zurückbehalten, ist die Neigung für das moralische Leben. Die Neigung für das moralische Leben ist bei dem Menschen um so stärker, je mehr er in heller Klarheit dieses Zusammensein mit den Geistern der höheren Welt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt erlebt hat. Und derjenige, der in diese Dinge hineinschaut mit rechtem geistigem Sinn, der weiß, daß die unmoralischen Menschen hier auf der Erde infolge ihres früheren Erdenlebens ein zu dumpfes Erleben hatten, wenn sie hineinschauten in dieses geistige Dasein. Aber wiederum, wenn wir nur das erleben könnten zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, was uns eins macht mit den Wesen der höheren Welt, wenn wir niemals in der geistigen Welt zu uns selbst kommen würden, dann könnten wir unmöglich hier auf der Erde jemals zur Freiheit, zum Freiheitsbewußtsein kommen, zum Bewußtsein unserer Persönlichkeit, was ja im Grunde genommen identisch ist mit dem Freiheitsbewußtsein. Indem wir also Moral und Freiheit hier auf der Erde entwickeln, sind Moral und Freiheit Erinnerungen an jenen Rhythmus, den wir oben in der geistigen Welt, zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, in der geschilderten Weise erleben.
Aber wir können, indem wir den Blick auf die Seele lenken, noch genauer sagen, was in der Seele vorhanden bleibt als Nachklang, auf der` einen Seite jenes Einswerdens mit den geistigen Wesen, auf der anderen Seite jenes geistigen Selbstbewußtseins, das wir abwechselnd damit erleben. Dasjenige, was uns bleibt als ein Nachklang hier im Erdenleben innerhalb unserer Seele des Einswerdens mit den Wesen der geistigen Welt, ist die Fähigkeit, zu lieben. Diese Fähigkeit, zu lieben, hängt inniger, als man denkt, eben zusammen mit dem moralischen Leben. Denn ohne die Fähigkeit, zu lieben, gäbe es hier auf Erden kein
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moralisches Leben. Jedes moralische Leben geht hervor aus dem Verständnis, das wir der anderen Menschenseele entgegenbringen, geht hervor aus dem Bestreben, das, was wir tun, zu vollbringen aus dem Verständnis der anderen Menschenseele heraus. Wie wir uns selbstlos verhalten zu den anderen Menschen, das heißt, wie wir in Liebe moralisch werden können, das ist im wesentlichen ein Nachklang des Zusammenlebens mit den geistigen Wesen in der Welt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Und was bleibt uns von dem, ich möchte sagen, einsamen Erleben - denn so stellt es sich dar -, vom einsamen Erleben unseres Selbstes in der geistigen Welt? Denn wir fühlen uns einsam, wenn wir gewissermaßen ausatmen. Es ist Einatmen wie Erleben der geistigen Wesen, Ausatmen wie Erleben unseres Selbstes. Aber Einsamkeitsgefühl, sehen Sie, der Nachklang dieses Einsamkeitsgefühles, der ist hier auf Erden die Fähigkeit des Gedächtnisses, der Erinnerung. Wir würden kein Gedächtnis haben als Menschen, wenn das nicht ein Nachklang wäre dieses eben beschriebenen Einsamkeitsgefühles. Wir sind eigentliche Menschen in der geistigen Welt dadurch, daß wir uns, ich kann nicht sagen, auf uns selbst zurückziehen können, sondern uns freimachen können von dem, was in uns ist an höheren Geistern. Dadurch sind wir Menschen, selbständige Menschen in der geistigen Welt. Und hier auf Erden sind wir selbständige Menschen dadurch, daß wir uns an unsere Erlebnisse erinnern können. Denken Sie sich nur, was es wäre mit Ihrer Selbständigkeit, wenn Sie immer nur In der Gegenwart leben könnten mit Ihren Gedanken. Ihre erinnerten Gedanken machen ja das aus, wodurch Sie eine Innerlichkeit überhaupt haben. Das Gedächtnis macht uns hier auf Erden zur Persönlichkeit. Dieses Gedächtnis ist eben der Nachklang jenes Einsamkeitserlebnisses in der geistigen Welt, das ich beschrieben habe.
Nun, warum steigen wir denn überhaupt aus der geistigen Welt hier herunter in die physische? Sie können aus dem, was ich das letzte Mal hier beschrieben habe, entnehmen, daß die Kräfte, die uns zusammenhalten mit den höheren geistigen Wesenheiten, eben schwächer werden. Hier im physischen Leben werden wir alt, weil die Kräfte, die uns zusammenhalten mit der physischen Erde, schwächer werden; dort drüben werden die Kräfte eben schwächer, die uns zusammen
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halten mit den geistigen Wesenheiten. Vor allen Dingen werden auch diejenigen Kräfte schwächer, die uns befähigen, uns zu erfassen innerhalb der geistigen Wesenheiten und ein Mensch zu sein, ein selbständiger. Wir verlieren zuerst innerhalb der geistigen Welt - ziemlich lange bevor wir auf die Erde heruntersteigen - die Fähigkeit, mit den geistigen Wesen zusammenzuleben. Ich habe es ja das letzte Mal mitgeteilt: mit den geistigen Wesen zusammen formen wir den Geistkeim unseres physischen Leibes; den schicken wir aber als erstes herunter, dann nehmen wir den Ätherleib und kommen nach. Das habe ich Ihnen das letzte Mal geschildert. Wir verlieren zuerst die Fähigkeit, mit den Geistwesen der geistigen Welt zu leben; die dämmert herunter. Und wir fühlen, wie wir durch die Mondenkräfte immer mehr uns der Erde annähern. Wir fühlen uns als ein Selbst, aber immer weniger fühlen wir diese Fähigkeit, uns innerhalb des geistigen Gebietes zu erfassen, zu erhalten; sie wird immer schwächer und schwächer. Wir fühlen immer mehr und mehr etwas, wie wenn wir ohnmächtig würden innerhalb der geistigen Welt. Das bringt uns dazu, das Bedürfnis zu haben, das, was wir nicht mehr in uns selber tragen können, dieses Selbstgefühl, auf ein Äußeres, nämlich auf unseren Körper zu stützen, auf einen Körper zu stützen. Ich möchte sagen, wir verlernen allmählich das Fliegen und müssen gehen lernen. Sie wissen, es ist bildlich gesprochen, aber das Bild bedeutet durchaus wiederum eine Wahrheit, eine Wirklichkeit. Und so leben wir uns in unseren Körper hinein. Das Einsamkeitsgefühl stützt sich auf den Körper und wird zu der Fähigkeit des Gedächtnisses, und das Gemeinschaftsgefühl müssen wir uns auf Erden erst wiederum erobern. Und diese Eroberung, die zeigt sich eigentlich so recht in ihrer ganzen Bedeutung, wenn wir geisteswissenschaftlich den Schlafzustand studieren.
Von einer gewissen Seite aus habe ich Ihnen diesen Schlafzustand das letzte Mal, als ich hier war, beschrieben. Ich will jetzt zu den Vorgängen, die ich dazumal beschrieben habe, noch andere hinzufügen. Ich weiß, daß solche Dinge leicht mißverstanden werden. Es kommt immer wieder und wiederum vor, daß Leute sagen: Nun ja, da hat er uns das letzte Mal doch beschrieben, was der Mensch erlebt zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen, und jetzt erzählt er uns etwas
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anderes. Ja, meine lieben Freunde, wenn ich Ihnen einmal erzähle, was ein Hofrat in seiner Kanzlei erlebt, so ist das nicht ein Widerspruch damit, wenn ich Ihnen das nächste Mal erzähle, was er im Kreise seiner Familie erlebt. Die Dinge gehen eben ineinander. Und so müssen Sie sich klar darüber sein, daß, wenn ich Ihnen von den Erlebnissen zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen erzähle, da noch manches andere hineingeht, wie in das Leben eines Hofrates außer dem Büroleben auch noch das Familienleben hineingehen kann.
Und so erlebt der Mensch zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen tatsächlich eine Art von rückwärtiger Wiederholung desjenigen, was er während des Tages verrichtet hat. Es ist nicht bloß, daß der Mensch vom Einschlafen bis zum Aufwachen - der Schlaf kann auch kurz sein, dann schieben sich eben die Dinge zusammen -, es ist nicht nur so, daß der Mensch zwischen dem Einschlafen und dem Auf- wachen etwa einen Rückblick hat auf seine Tageserlebnisse, einen unbewußten Rückblick - es müßte ja natürlich ein unbewußter Rückblick sein -, nein, wenn die Seele wirklich hellseherisch wird während des Schlafes, oder wenn sie sich hellseherisch rückerinnert an dasjenige, was sie erlebt hat zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen, da zeigt sich, daß der Mensch wirklich das rückwärtslaufend erlebt, was er erlebt hat seit dem letzten Aufwachen. Wenn man also regelmäßig lebt in der Nacht, so macht man rückwärts ablaufend das durch, was man bei Tag getan hat. Das letzte Ereignis spielt sich ab unmittelbar nach dem Einschlafen und so fort. Der ganze Schlaf wirkt dabei eben merkwürdig ausgleichend. Ich kann Ihnen ja nichts anderes erzählen als dasjenige, was man durch Geisteswissenschaft erforschen kann.
Wenn Sie eine Viertelstunde schlafen, so weiß gewissermaßen der An- fang des Schlafes, wann das Ende sein wird. Und Sie erleben in der einen Viertelstunde auch das zurück, was Sie seit dem letzten Aufwachen vollbracht haben. Es verteilt sich ganz ordentlich, so wunderbar einem das erscheint. Und dieses Zurückerleben, das ist, ich möchte sagen, etwas, was zwischen der vollen Wirklichkeit und zwischen dem Schein liegt. Es ist so: Wenn man ein Erinnerungsbild hat an etwas, was man im physischen Leben vor zwanzig Jahren erlebt hat, so hat man nicht als gesunder Mensch, als besonnener Mensch die Vorstellung:
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Das erlebst du jetzt -, sondern im Erinnerungsbild selbst liegt es, daß man es auf ein vergangenes Erlebnis bezieht. Derjenige, der hellseherisch das durchschaut, was die Seele im Schlafe rückwärtsgehend erlebt, der bezieht es nicht auf die Gegenwart, sondern er bezieht es auf die Zukunft nach dem Tode, und er weiß: ebenso wie der, der sich erinnert an das, was er vor zwanzig Jahren erlebt hat, daß das vor zwanzig Jahren war, so weiß derjenige, der den Schlafzustand hellseherisch durchschaut, daß dies nicht für die Gegenwart Bedeutung hat, sondern daß es das Vorbild ist für das, was nach dem Tode zu erleben ist: daß wir also durchmachen müssen rückwärtsverlaufend, wiedertuend alle die Taten, die wir auf der Erde getan haben. Deshalb ist dieses Bild im Schlafe halb Wirklichkeit und halb Schein, denn es bezieht sich auf Zukünftiges. Es ist also für das gewöhnliche Bewußtsein ein unbewußtes Durchmachen desjenigen, was der Mensch in der Seelenwelt, wie ich sie in meinem Buche «Theosophie» genannt habe, eben zu durchleben hat. Und das intuitive und inspirierte Bewußtsein, wie ich es ja beschrieben habe in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», die entnehmen aus der Beobachtung des Schlafes, was der Mensch durchzumachen hat in dem ersten Stadium nach dem Tode. Es sind nicht Dinge, die aus dem Blauen heraus konstruiert werden, sondern es sind Dinge, die einfach beobachtet werden, wenn die Beobachtungsgabe dazu erworben ist. So also lebt der Mensch dasjenige durch vom Einschlafen bis zum Aufwachen ohne seinen Leib, was er mit seinem Leib beim Wachen getan hat.
Nun kommen wir zu einer außerordentlich subtilen Vorstellung. Denken Sie sich einmal, wir müssen mit unserem Ich und unserem astralischen Leib äußerlich unsere Taten noch einmal durchleben. Die Fähigkeit, das zu tun, eignen wir uns um so mehr an, je mehr wir Liebe entfalten können. Das ist das Geheimnis des Lebens in bezug auf die Liebe. Kann der Mensch in der Liebe wirklich aus sich herausgehen, gewissermaßen seinen Nächsten als sich selbst lieben, so lernt er das, was er im Schlafe braucht, um da voll ohne Qual zurückerleben zu können dasjenige, was er eben zurückerleben muß. Denn da muß er ganz außer sich sein. Ist der Mensch ein liebloses Wesen, dann gibt das eine Spannung, wenn er nun außer sich seine Taten, die er in Lieblosigkeit vollbracht
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hat, wiederum erleben soll. Das engt ihn ein. Lieblose Menschen schlafen, wenn ich mich bildhaft ausdrücken darf, engbrüstig. Und so wird, während wir schlafen, dasjenige eigentlich für uns Menschen recht fruchtbar, was wir durch die Liebe im Leben in uns hineinverpflanzen. Und in dem, was da sich entwickelt zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen - es geht ja hervor aus meiner gerade gegebenen Darstellung -, haben wir dasjenige, was durch die Pforte des Todes hinausgeht und dann da draußen weiterlebt in der geistigen Welt. Es verliert sich selbst in den Zuständen zwischen dem Tod und einer neuen Geburt das Zusammenleben mit den geistigen Wesen der höheren Welten; wir erringen es uns keimhaft wiederum während unseres Erdenlebens durch die Liebe. Denn die Liebe enthüllt ihren Sinn, wenn der Mensch mit seinem Ich und seinem astralischen Leib außerhalb seines physischen und Ätherleibes im Schlafe ist. Des Menschen Wesenheit wird weit zwischen dem Einschlafen und Aufwachen, wenn er liebevoll ist, und bereitet sich gut vor zu demjenigen, was nach dem Tode geschehen soll mit ihm. Des Menschen Wesenheit wird eng, wenn er lieblos ist, und bereitet sich schlecht vor für dasjenige, was nach dem Tode mit ihm geschehen soll. In der Liebe-Entfaltung liegt vorzugsweise das, was Keim ist für jenes Geschehen, das nach dem Tode sich abspielt.
Die Erinnerung ist während unseres Erdenlebens, zwischen der Geburt und dem Tode, etwas außerordentlich Flüchtiges; es sind ja nur Bilder, die in unserem Gedächtnis vorhanden sind. Denken Sie, wie wenig das ist von den Ereignissen, die wir durchleben, was uns da in den Erinnerungsbildern bleibt. Man soll sich nur einmal vorstellen, was man vielleicht für einen namenlosen Schmerz durcherlebt hat beim Tode irgendeiner nahestehenden Persönlichkeit, und soll sich den inneren Seelenzustand für einen solchen Fall einmal lebhaft vorstellen, und dann sich vorstellen, wie sich das ausnimmt als inneres Erlebnis, wenn man nach zehn Jahren das Erinnerungsbild rege werden läßt an dasjenige, was man damals erlebt hat. Abgeblaßt, fast abstrakt geworden ist es. So ist es mit unserer Erinnerungsfähigkeit. Sie ist blaß und abstrakt gegenüber der Vollfrische unseres Lebens. Warum ist unsere Erinnerung schwach und schattenhaft? Sie ist ja eben der Schatten
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unseres Selbsterlebnisses zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Da drinnen ist die Fähigkeit der Erinnerung, so daß sie uns eigentlich unser Dasein gibt. Was uns hier auf der Erde Fleisch und Blut gibt, das gibt uns zwischen dem Tode und einer neuen Geburt die Fähigkeit der Erinnerung. Da ist die Erinnerung vollsaftig und stark - wenn ich diese Ausdrücke von Geistigem gebrauchen darf -, sie gebraucht des Fleisches und wird schwach. Und wenn wir sterben, dann ist wenige Tage - ich habe das oftmals beschrieben und Sie finden das auch in meinen Büchern - der letzte Rest der Erinnerung im ätherischen Leibe noch vorhanden. Gehen wir durch die Pforte des Todes, schauen wir zurück auf unser verflossenes Erdenleben, dann blaßt diese Erinnerung ab. Und es windet sich aus dieser Erinnerung dasjenige heraus, was uns die Kraft der Liebe auf Erden eben an Kraft für das Leben nach dem Tode gegeben hat. So ist die Kraft unserer Erinnerung die Erbschaft, die wir haben von unserem vorirdischen Leben, und so ist die Kraft der Liebe die Keimeskraft für dasjenige, was wir haben nach unserem Tode. So bezieht sich das Erdenleben auf die geistige Welt.
Aber ich habe ja vergleichen müssen dasjenige, was der Mensch erlebt im Zusammenhang mit den höheren Wesen der geistigen Welt, abwechselnd mit seinem Selbsterlebnis in der geistigen Welt, mit dem Atmen, Einatmen, Ausatmen. Gewissermaßen kann man auch wiederum in unserem Atmungsprozeß und in demjenigen, was zusammenhängt mit unserem Atmungsprozeß, in dem Sprach- und Singprozeß, in den Sprach- und Singvorgängen ein Abbild dieses Atmens in der geistigen Welt erkennen. Und zwar in der folgenden Weise: Nicht wahr, unser Leben in der geistigen Welt, zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, geht eigentlich so vor sich: Einblick in das eigene Innere, Einswerden mit den Wesen der höheren Hierarchien; Ausblick aus dem eigenen Inneren, Einswerden mit sich selbst. So geht es vor sich wie Einatmen und Ausatmen. Wir atmen da nur in uns selber hinein, und atmen uns da selber heraus, und das Atmen ist ein Geistiges. Hier auf dieser Erde wird dieser Atmungsprozeß, wie ich eben dargestellt habe, zur` Erinnerung und zur Liebe. Und in der Tat: Erinnerung und Liebe wirken auch wie ein Atmen hier im physischen Erdenleben
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zusammen. Und Sie können sogar, wenn Sie dieses physische Leben richtig mit Seelenaugen betrachten können, an einer wichtigen Offenbarung des Atmens - im Sprechen und Singen - das Zusammenwirken von Erinnerung und Liebe immer beobachten, sogar physiologisch.
Studieren Sie das Kind bis zum Zahnwechsel. Zu dem interessantesten Studium am Kinde bis zum Zahnwechsel gehört dasjenige, wie sich allmählich die Kraft des Gedächtnisses, die Erinnerungskraft ergibt. Die ist erst ganz elementar. Das Kind hat eine gewisse Erinnerung, aber selbständige Kraft wird diese Erinnerung erst gegen die Zeit des Zahnwechsels hin. Ungeheuer interessant ist es zu beobachten, wie sich die Kraft des Erinnerns herausarbeitet in der ersten menschlichen Lebensepoche. Sie ist eigentlich erst fertig ausgebildet, wenn das Kind schulfähig geworden ist. Da können wir erst auf die Erinnerung bauen. Früher machen wir den Menschen steif und für das spätere Leben seelisch sklerotisch, wenn wir zu stark auf seine Erinnerung bauen. Beim Kinde handelt es sich darum - beim Kinde bis zum Zahnwechsel -, daß die Gegenwartseindrücke richtig sind. Auf die Erinnerung dürften wir erst bauen zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife.
Heute ist unsere physiologische Wissenschaft noch nicht so weit, um die Einzelheiten dieses eben geschilderten Vorganges genau zu beschreiben. Geisteswissenschaft kann das, und die physiologische Wissenschaft wird ihr gewiß nachfolgen, denn die Dinge sind auch durch ganz exaktes Beobachten der Menschennatur herauszubekommen. Wir können sagen, wenn wir einen Laut oder einen Ton von uns geben, dann wirkt erstens der Kopf mit. Aber aus dem Kopfe ist es dieselbe Fähigkeit, die innerlich seelisch die Erinnerung gibt, die gewissermaßen in den Laut und in den Ton hineinschießt; das kommt von oben. Und daß irgendein Wesen sprechen kann, ohne eine Erinnerungsfähigkeit zu haben, das können Sie sich doch nicht vorstellen. Wenn man immer vergessen würde das, was im Laut oder im Ton liegt, so würde man natürlich niemals sprechen oder singen können. Es ist geradezu die verkörperte Erinnerung, die im Ton oder im Laute liegt, auf der einen Seite. Auf der anderen Seite: welchen Anteil die Liebe, auch im physiologischen Sinne, an dem hat, was im Atmungsprozeß zum Sprechen und Singen wird, dafür ist Ihnen ja ein deutliches Zeugnis, daß nun in
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der zweiten wichtigen Epoche des Lebens, wenn also die Liebe physiologisch zum Ausdruck kommt, beim männlichen Geschlechte sogar erst die volle innere Fülle des Tones auftritt; das kommt von unten. Da haben Sie die beiden Elemente zusammen. Von oben dasjenige, was physiologisch der Erinnerung zugrunde liegt, und von unten dasjenige, was physiologisch der Liebe zugrunde liegt: das bildet den Sprach- und Gesangston. Da haben Sie das wechselweise Zusammenwirken. Es ist gewissermaßen auch ein Atmungsprozeß, der durch das ganze Leben hindurchgeht. Wie wir den Sauerstoff einatmen und die Kohlensäure ausatmen, so verbindet sich in uns die Kraft der Erinnerung mit der Kraft der Liebe, begegnet sich in der Sprache, begegnet sich im Ton. Und wir können sagen: Sprechen und Singen sind beim Menschen ein wechselseitiges Sich-Durchdringen von der Kraft der Erinnerung mit der Kraft der Liebe. In dem liegt außerordentlich Bedeutsames für die Enthüllung des eigentlichen Ton- und Lautgeheimnisses.
So ist schon etwas Wahres in dem, was ältere Sprachen zum Ausdruck bringen dadurch, daß sie die Summe der Weltenkräfte und Weltengedanken den Logos nennen, der das Jenseitige, das Übersinnliche desjenigen ist, was physisch in der Sprache zum Ausdruck kommt. Wir atmen nicht nur die höheren Wesen ein und aus, sondern wir sprechen gewissermaßen - obwohl dieses Sprechen zugleich ein Singen ist - zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, in diesem Wechselverhältnis zwischen Aufgehen in den geistigen Wesen der höheren Welt und Zu-sich-selbst-Kommen, wir sprechen mit den Wesenheiten der höheren Hierarchien. Denn es ist ein geistiges Sprechen zugleich. Wenn wir in dem Zustande sind, daß wir eins werden mit den Wesen der geistigen Welt, dann schauen wir sie, wenn auch in uns selber, an. Wenn wir wieder sie los werden und zu uns selber kommen, dann haben wir den Nachklang, da sind wir wir selbst. Dort drücken sie ihr eigenes Wesen in uns aus, dort sagen sie uns, was sie sind, dort lebt der Logos in uns. Wenn wir zu uns kommen, auf Erden, ist es umgekehrt: da drücken wir unser eigenes Wesen aus, wenn wir sprechen und singen. Denn es ist das eigene Wesen des Menschen, was wir ausdrücken im Gesang und in der Sprache. Unser ganzes Wesen drücken wir im Ausatmungsprozesse aus; während wir das ganze Wesen der Welt im Logos empfangen,
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wenn wir uns des Zusammenseins mit den Geistwesen entledigen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt.
Nun ist es aber so, daß wir, wenn wir denk Übergang durchmachen von der geistigen Welt in die physische herein, gewissermaßen durch das große Vergessen zugleich gehen. Wer sieht hier in der schwachen, schattenhaften Kraft der Erinnerung durch das gewöhnliche Bewußtsein den Nachklang dessen, was wir eigentlich als ein Selbst in der geistigen Welt waren? Und wer erkennt noch in der Sprache, in dem Teil, der aus der Erinnerung kommt, das Nachvibrieren des Selbstes? Und wer erkennt in der Gestaltung der Sprache, im Singen und Sprechen, in dem Ausbilden der Plastik der Sprache, wer erkennt mit dem gewöhnlichen Bewußtsein den Nachklang der Wesenheiten der höheren Hierarchien? Dennoch, ist es denn nicht so, daß derjenige, der versteht die Sprache anzuhören ohne ihr Nützlichkeitsmoment, der hinhorchen kann auf dasjenige, was die Töne durch ihre selbsteigene Wesenheit äußern, daß der doch eine Ahnung bekommt, namentlich wenn er künstlerischen Sinn hat, wie sich im Sprechen und Singen mehr offenbart als das, was das gewöhnliche Bewußtsein hat? Und warum bilden wir denn um dasjenige, was die gewöhnliche Sprache ist, die wir als Nützlichkeitsfähigkeit hier auf der Erde haben, warum bilden wir sie denn um im Gesang, indem wir ihre Eigenschaften als Nützlichkeitsfähigkeit abstreifen und sie zum Ausdruck unseres eigenen Wesens machen in der Deklamation, im Gesang? Warum bilden wir sie denn da um? Was tun wir denn da?
Nun, wir bekommen die richtige Vorstellung darüber, wenn wir uns sagen: Du warst, bevor du auf diese Erde herabgestiegen bist, in der geistigen Welt, hast darin so gelebt, wie es beschrieben worden ist. Es trat das große Vergessen ein. Du erkennst in demjenigen, was dein Mund äußert, was deine Seele erinnert, wie deine Seele liebt, nicht den Nachklang desjenigen, was du in der geistigen Welt warst. Aber in der Kunst treten wir gewissermaßen einige Schritte zurück vom Leben, und wir treten einige Schritte näher demjenigen, was wir waren im vorgeburtlichen Leben und was wir werden im nachtodlichen Leben. Und wenn wir auf der einen Seite erkennen können, wie die Erinnerung der Nachklang ist dessen, was wir im vorirdischen Leben gehabt haben,
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wie die Liebe-Entfaltung der Keim ist zu demjenigen, was wir nach dem Tode haben werden, wenn wir gewissermaßen durch die Geist-Erkenntnis Vergangenheit und Zukunft des Menschenseins vergegenwärtigen: in der Kunst rufen wir in die Gegenwart selber - soweit es eben dem Menschen möglich ist innerhalb seiner physischen Organisation -, in der Kunst rufen wir in die Gegenwart herein dasjenige, was uns mit dem Geiste zusammenbindet.
Sehen Sie, das gibt der Kunst ihren eigentlichen Glanz, daß sie uns in naiver Weise versetzt in die geistige Welt in unmittelbarer Gegenwart. Derjenige, der in das Innere des Menschenlebens zu schauen vermag, der sagt sich: Der Mensch erinnert sich gewöhnlich ja nur an die Dinge, die er in dem unmittelbar vorangehenden Erdenleben durch- gemacht hat. Aber die Kraft, durch die er sich an diese irdischen Erlebnisse erinnert, diese Kraft ist nur die abgeschwächte Kraft seines eigentlichen Selbstdaseins im vorirdischen Leben. Und die Liebe, die der Mensch hier als allgemeine Menschenliebe entfalten kann, ist die abgeschwächte Keimeskraft desjenigen, was voll erblühen wird nach dem Tode: Vergangenheit, Zukunft. Und so wie zum Beispiele im Gesang und im deklamatorischen Sprechen sich wirklich verbinden muß das, was der Mensch ist, eben Erinnerung, mit demjenigen, wie der Mensch sich der Welt geben kann, Liebe, so ist es eben in aller Kunst so: Der Mensch erlebt in der Gegenwart den Zusammenklang seines Selbstes mit dem Äußeren, und ohne daß der Mensch fähig ist, gewissermaßen sein Inneres - sei es nun der Laut, sei es der Ton, sei es die Verrichtung des Malens, sei es irgendein anderes Künstlerisches -, ohne daß der Mensch fähig ist, an seine 0berfläche zu tragen dasjenige, was er ist, was das Leben aus ihm gemacht hat, was im Grunde genommen doch der Inhalt seiner Erinnerung ist, kann er nach der einen Seite hin kein Künstler sein. Und der ist kein wahrer Künstler, der im ausgesprochensten Sinne auch in seiner Kunst ein Egoist sein will. Nur derjenige, der Sinn hat, gewissermaßen in die Welt auszufließen, eins zu werden mit anderen, der Liebe-Entfaltung hat, der kann diese Liebe-Entfaltung mit seinem eigenen Wesen in eins vereinigen. Altruismus und Egoismus fließen in eines zusammen. Sie fließen am innigsten natürlich in den tönenden Künsten, aber sie fließen auch in den bildenden
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Künsten in eins zusammen. Und wenn wir durch eine gewisse Vertiefung unserer Erkenntniskräfte enthüllen, wie der Mensch nach Vergangenheit und Zukunft zusammenhängt mit einer übersinnlichen Welt, so können wir auf der anderen Seite auch uns sagen, daß der Mensch ahnend in der Gegenwart diesen Zusammenhang hat eigentlich in der Kunstproduktion oder im Kunstgenuß. Und eigentlich ist immer die Kunst nicht in ihrer vollen Geltung, wenn sie nicht in einem gewissen Sinn doch eine Art Anklang an etwas Religiöses hat. Nicht daß sie religiös-frömmelnd sein muß, es kann eine lustige Kunst auch diesen Anklang an das Religiöse haben.
Aber ein voller Beweis dafür ist auch, wie dasjenige sich entwickelt hat, was Kunst ist. Sie war ja ursprünglich eins mit dem religiösen Leben. Dasjenige, was Kunst war, war durchaus verwoben in einen Kultus in den Urzeiten der Menschheit, in den religiösen Kultus. Dasjenige, was der Mensch als seine Götterbilder formte, das war die Quelle der Plastik. Erinnern wir dabei zum Beispiel an die samothrakischen Mysterien, auf die Goethe im zweiten Teile seines «Faust» anspielt, wo er von den Kabiren spricht. Ich habe versucht, in meinem Atelier in Dornach diese Kabiren nachzubilden. Was habe ich herausbekommen? Es war etwas sehr Interessantes. Ich habe einfach mir die Aufgabe gestellt, herauszubekommen durch Anschauung, wie innerhalb der samothrakischen Mysterien die Kabiren ausgesehen haben müssen. Und denken Sie: Ich habe drei Krüge, allerdings plastisch-künstlerisch gestaltete Krüge bekommen! Ich war anfangs selbst erstaunt, obwohl Goethe auch von Krügen spricht. Die Sache wurde mir erst erklärlich, als ich darauf kam: diese Krüge standen auf einem Altar, da wurde etwas Weihrauchähnliches hineingebracht, das Opferwort wurde gesungen, und aus der Kraft des Opferwortes, das in älteren Menschheitszeiten noch eine ganz andere schwingungserregende Gewalt hatte als heute, gestaltete sich der Opferrauch zu dem Bilde der Gottheit, das gesucht wurde. Sie haben unmittelbar in der religiösen Verrichtung den sekundierenden Gesang, der unmittelbar in der Plastik des Rauches sich auslebt.
Die Menschheit hat wirklich die Kunst aus dem religiösen Leben herausgezogen. Und Schiller hat recht, wenn er sagt: «Nur durch das
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Morgenrot des Schönen dringst du in der Erkenntnis Land», was gewöhnlich in den Büchern so gedruckt steht: «Nur durch das Morgentor des Schönen dringst du in der Erkenntnis Land.» Wenn einmal ein Künstler einen Schreibfehler macht, so wird natürlich von der Nachwelt dieser Schreibfehler weiter überliefert. Es heißt natürlich: «Nur durch das Morgenrot des Schönen dringst du in der Erkenntnis Land.» Das heißt mit anderen Worten: alles Wissen ist aus der Kunst genommen. Es gibt im Grunde genommen kein Wissen, das nicht mit der Kunst innig verwandt wäre. Nur das Wissen, das sich auf das Äußere, Nützliche bezieht, scheint keinen Zusammenhang mit der Kunst zu haben. Aber dieses Wissen kann sich in der Welt nur auf das erstrecken, was der bloße Farbenreiber von der Malerei weiß. Sobald man in der Chemie oder Physik über dasjenige hinausgeht - ich spreche bildlich, Sie wissen, was gemeint ist -, was das bloße Farbenreiben bedeutet, so wird die Wissenschaft zum Künstlerischen. Und wenn das Künstlerische in der richtigen Weise in seiner Geistigkeit erfaßt wird, dann geht es allmählich über in das Religiöse. Kunst, Religion und Wissenschaft waren einstmals eins. Aber wir sollen auch noch ahnen in ihnen ihren gemeinsamen Ursprung. Das können wir nur, wenn wir in der Menschheitszivilisation, in der Menschheitsentwickelung wiederum zum Geist zurückkehren, wenn wir die Beziehungen ernst nehmen, die zwischen dem Menschen hier in seinem physischen Erdendasein und der geistigen Welt bestehen. Das müssen wir von den verschiedensten Gesichtspunkten aus zu unserer Erkenntnis machen.
Einen dieser Gesichtspunkte wollte ich heute einnehmen, um Ihnen wiederum von einer gewissen Seite her zu schildern, wie der Mensch mit der geistigen Welt zusammenhängt. Ich hoffe, daß wir ergänzend wiederum in nicht allzu ferner Zeit hier diese Betrachtungen fortsetzen können.
DIE ERLEBNISSE DES MENSCHEN IM ÄTHERISCHEN KOSMOS Berlin, 7. Dezember 1922
#G218-1992-SE282 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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DIE ERLEBNISSE DES MENSCHEN
IM ÄTHERISCHEN KOSMOS
Berlin, 7. Dezember 1922
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Es gereicht mir zu einer großen Befriedigung, wieder einmal zu Ihnen sprechen zu können, sprechen zu können in dem Zweige unserer Anthroposophischen Gesellschaft, in welchem ich durch viele Jahre den Hauptteil meiner Tätigkeit entfalten durfte. Ich möchte Ihnen heute sprechen über einiges, wovon ich glauben muß, daß es gerade in der Gegenwart wichtig ist, betrachtet zu werden, ich möchte Ihnen von einem gewissen Gesichtspunkte aus sprechen über die Beziehungen des Menschen zur übersinnlichen Welt.
Eigentlich ist ja dies das ständige Thema, über das wir innerhalb der anthroposophischen Bewegung sprechen. Aber Sie werden sich ja schon daran gewöhnt haben, daß die Wahrheiten über die übersinnlichen Welten erst dann in den Vollbesitz des menschlichen Gemütes kommen können, wenn sie von den verschiedensten Gesichtspunkten aus betrachtet werden, so daß sich gewissermaßen, wie ich das oftmals aussprach, durch die Aufnahme von Bildern von den verschiedensten Seiten her ein Gesamteindruck eben ergeben kann.
Sie wissen, daß sich der geisteswissenschaftlichen Betrachtung er- gibt, wie das Menschenleben während des Erdendaseins in zwei zeitlich auseinanderliegende Teile zerfällt: in den vollbewußten Wachzustand und in den Schlafzustand. Sie wissen auch, daß während des Schlafzustandes jene Glieder der menschlichen Wesenheit, die wir bezeichnen als den physischen Leib, den ätherischen oder Bildekräfteleib, den astralischen Leib und das Ich, getrennt sind, so daß der Mensch gewissermaßen im physischen Dasein zurückläßt seinen physischen Leib und seinen ätherischen Leib, und daß er in seinem astralischen Leib und in seiner Ich-Wesenheit ein ihm unbewußtes Dasein zunächst führt außerhalb des physischen Leibes und des Ätherleibes. Wenn man zu höheren Erkenntnissen aufsteigt, so ist es ja nicht etwa so, daß man durch dieses Aufsteigen selbst, durch die Erkenntnis, für das menschliche Wesen etwas gewinnt, geradesowenig wie wir für unsere Verdauung
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dadurch etwas gewinnen, daß wir theoretisches Wissen über diese Verdauung haben, oder wie wir wenigstens nichts gewinnen für das unmittelbare Wesen der Verdauung, wie es in unserem normal organisierten Menschenwesen abläuft. Man kann schon sagen: Höhere Erkenntnis bringt nichts Neues in den Menschen herein. Das ist alles schon im Menschen, was die höhere Erkenntnis liefert. Aber es ist doch so, daß dasjenige, wovon man bestimmt sagen kann, daß es nichts Neues in den Menschen hineinbringt, auf dasjenige hinweist,was dem Menschen für das gewöhnliche Bewußtsein unbekannt bleibt, und was, indem es nicht nur erkannt wird, sondern indem es mit dem vollen Seeleninhalt, mit allen Seelenkräften erlebt wird, allerdings ein Höheres in das Menschenwesen dann hineinträgt: nicht die Erkenntnis als solche, sondern das Erleben dieser Erkenntnis.
Damit aber habe ich auf das hingewiesen, was ich darstellen möchte als ein Dreifaches innerhalb des anthroposophischen Strebens. Zuerst liegt ja das vor, daß einzelne Menschen da sein müssen, welche sich die geisteswissenschaftlichen Methoden so aneignen, daß sie durch das höhere Schauen in den übersinnlichen Welten eine Erkenntnis über diese übersinnlichen Welten bringen können. Wie man das Erwerben dieser Erkenntnisse während des Erdendaseins nennt, darauf kommt es ja weniger an. Wenn man mit dem Ausdrucke Hellsehen nicht diejenigen nebulosen mystischen Vorstellungen verknüpft, die sehr häufig mit diesem Ausdrucke verknüpft werden, so kann man eben von hellseherischer Erkenntnis sprechen. Durch diese kommt also zunächst das zustande, was in unserem heutigen Zeitalter immer mehr und mehr in die Gemüter der Menschen als Lebensinhalt einziehen muß.
Das zweite ist, daß durch den gewöhnlichen, wie man sagt, gesunden Menschenverstand, wenn er nur unbefangen genug ist, dasjenige eingesehen werden kann, was durch die hellseherische Erkenntnis sich offenbart. Ich habe es ja oft betont: man braucht nicht selbst ein Hellseher zu sein, um das einzusehen, was sich durch die hellseherische Forschung offenbart. Aber es ist auch für den, der selber zur hellseherischen Anschauung kommt, wichtig, daß er das, was er schaut, in die gewöhnlichen menschlichen Begriffe umsetzt. Denn das ist ja gerade die Bedeutung, die das Hellseherische für den Menschen in der
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gegenwärtigen Zeit seiner Entwickelung hat: daß es sich in jene Begriffe umsetzen läßt, welche wir überhaupt in der heutigen Zivilisation als die Begriffe des Menschen haben. Also man muß, ob man Hellseher oder Nichthellseher ist, das, was sich durch hellseherische Forschung offenbart, verstehen.
Und das dritte ist dieses: was sich nun also aus der hellseherischen Forschung in die Begriffe umsetzt, was vorgestellt werden kann aus der hellseherischen Forschung, das muß innerlicher Lebensinhalt werden, muß so werden, daß der Mensch dadurch begreift: Ich bin ein Wesen, das nicht nur gebunden ist an das Erdendasein zwischen Geburt und Tod, sondern ich bin ein Wesen, für das das Erdendasein nur eine Phase, nur eine vorübergehende Metamorphose ist. - Und es soll ja in die Seele einziehen alles das, was an das menschliche Gemüt da- durch herankommen kann, daß Anthroposophie in diesem Sinne Lebensinhalt wird. Erstens weiß sich der Mensch dadurch als ein Angehöriger der geistigen Welten, und er weiß auch, daß das Erdendasein seine Aufgaben bekommen muß aus den geistigen Welten heraus. Zweitens aber weiß sich der Mensch dadurch verantwortlich gegenüber den geistigen Welten. Das alles hebt ihn über das bloße Erdendasein hinaus, aber nicht so, daß er es schwärmerisch-mystisch verläßt und es gering achtet, sondern indem er gerade aus der übersinnlichen Welt sich für das Erdendasein seine Aufgaben holt und den ganzen Duktus, den ganzen Status seines Erdendaseins dadurch beeinflußt.
Dieses ist für unsere Zeit ganz besonders wichtig, daß wir erstens hinzuhorchen lernen auf das, was durch die hellseherische Forschung gesagt werden kann; daß wir sodann uns bemühen, durch den gesunden Menschenverstand den Inhalt dieses Erforschten zu begreifen, und daß wir diesen Inhalt zur Lebensarbeit, zur Durchleuchtung des Lebens mit Aufgaben, zur Erhöhung der Verantwortung des Lebens gegenüber den geistigen Welten machen. Indem ich mit diesen Worten gerne, ich möchte sagen, die Farbennuance geben möchte, von der ich meine, daß sie meine heutigen Ausführungen durchdringen soll, möchte ich wieder einiges Ihnen Neue über die Beziehungen des Menschen zur übersinnlichen Welt geben.
Der Mensch, der hier auf der Erde lebt, öffnet seine Sinne der
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physischen Welt. Er nimmt, indem er in sich hineinblickt, sein Denken, sein Fühlen und sein Wollen in einer gewissen Weise wahr. Was er durch seine Sinne wahrnimmt und zu seinem Seeleninhalt macht, das nennt er seine irdische Umgebung. Beachten Sie, daß, indem wir als Erdenmenschen in dieser physischen Umgebung stehen, wir eigentlich recht gut bekannt sind mit dem, was wir die Außenwelt, die natürliche Außenwelt nennen, soweit sie in unserem Horizonte liegt, daß wir aber im Grunde genommen durch das unmittelbare Bewußtsein recht weiiig bekannt sind mit dem, was - sogar oft physisch - innerhalb unserer eigenen Wesenheit liegt. Der Mensch lernt wohl durch eine äußere Wissenschaft seine inneren Organe kennen, aber eben erst dann, wcim er diese inneren Organe auf dem Seziertische oder dergleichen zu äußeren Wesen macht. Durch ein In-sich-Hineinschauen kann der Mensch seine Lungen, sein Herz und so weiter mit der gewöhnlichen Erkenntnis ja nicht kennenlernen. Wir lernen unsere inneren Organe h&hstens füMen, wahrnehmen, wenn sie krank sind. Im gesunden Zustande nimmt der Mensch sein Inneres eigentlich nicht wahr. Er lebt in seinem Inneren, er hat es an sich tätig. Aber gerade indem er darin lebt, gewissermaßen in ihm steckt und es selber ist, nimmt er es nicht so wahr, wie die Außenwelt, die er eben nicht selbst ist.
Dies zeigt uns, daß wir hier während unseres Erdendaseins den Blick auf die Außenwelt richten und eben eine Welt mit Inhalt um uns herum haben, daß wir dann, wenn wir nach innen blicken, ein allgemeines, unbestimmtes Gefühl von einem Ich haben, von dem wir,wenn wir ehrlich mit uns sind, sagen müssen: Es ist recht dunkel, recht unklar. - Und daß wir wechseln können zwischen diesem Hinein- schauen in unser Inneres, wobei uns eben ein ziemlich Unklares, Dunkles in der Seele erlebbar wird, und zwischen dem Erleben der in sich konkreten, überall bestimmten, inhaltvollen Außenwelt. Zwischen beidem können wir mit unserem Bewußtsein wechseln. Das ist im wesentlichen unsere Erfahrung zwischen Geburt und Tod.
Zwischen dem Tode und einer neuen Geburt ist die Erfahrung eine wesentlich andere. Gerade in jenen Zeiten des Daseins zwischen Tod und neuer Geburt, die sich etwa vergleichen lassen mit dem mittleren Teile unseres Erdenlebens, wo wir etwa als Dreißig-, Vierzigjährige
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auf der Höhe des Gebrauches unserer physischen Kräfte sind, gerade in der Zeit, die also die mittlere zwischen Tod und neuer Geburt ist, da ist es umgekehrt gegenüber dem Erdenleben. Da blicken wir in unser Inneres durch ein anderes Bewußtsein, das wir dann haben, und indein wir in unser Inneres dann blicken, haben wir ein so Konkretes, ein so Inhaltvolles, wie wenn wir hier auf der Erde in die Außenwelt blicken. Nur, wenn wir hier auf der Erde in die Außenwelt blicken, haben wir die Wesen der drei oder vier Reiche um uns herum, die Wesen des mineralischen, des pflanzlichen, des tierischen Reiches und des physischen Menschenreiches. Wir haben sie um uns herum, indem sie sich uns darstellen als sinnenfälliger Inhalt. Wenn wir zwischen Tod und neuer Geburt in der gekennzeichneten Zeit in uns selbst hineinschauen - das ist schon so-, dann haben wir in uns nicht Dinge der Natur, sondern wir haben in uns eine Welt von Wesenheiten, eine Welt von jenen Wesenheiten, die wir beschreiben als die Wesenheiten der höheren, der geistigen Hierarchien. Hier haben wir Weltwahrnehmung, Außenwahrnehmung, Wahrnehmung von Dingen, in der geistigen Welt haben wir Innenwahrnehmung, Wesenswahrnehmung. Wir schauen in uns hinein, aber wir finden nicht solche Organe,wie wir sie hier auf der Erde in uns tragen, sondern wir finden die ganze Welt von Wesenheiten, wenn wir eben das richtige Bewußtsein dafür haben können. Und der, welcher diese Wesenheiten der höheren Hierarchien beschreibt, beschreibt eigentlich nichts anderes als die Außenerfahrung des Menschen zwischen Tod und neuer Geburt. Und wenn wir so, wie wir hier den Blick von der Außenwelt zurückwenden können auf uns selbst, nun umgekehrt zwischen Tod und neuer Geburt den Blick von innen, wo wir die Wesen der höheren Hierarchien in uns finden, nun hinwenden nach außen, dann finden wir uns selbst, dann kommen wir zu uns selbst. Außenwelt ist dort eigentlich Innenwelt, Innenwesen ist dort Außenwesen, in der Art, wie ich es eben auseinandergesetzt habe.
Dasjenige aber, was wir dort als eine innere, vollinhaltliche Welt von geistigen Wesenheiten in uns erblicken, das stellt sich uns hier, während des Erdendaseins, in seinem Abbilde dar, stellt sich uns so dar, daß wir die sinnlichen Abbilder jener Wesenheiten sehen, die wir
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sonst in unserem Inneren zwischen Tod und neuer Geburt wahrnehmen. Allerdings sehen wir hier nicht dieselben Wesen, sondern gewissermaßen die Wohnplätze dieser Wesen, und das ist - weil sich immer eine ganze Anzahl dieser Wesen in Gemeinsamkeit befinden - die Sternenwelt um uns herum. Also was beschreiben wir, wenn wir voller Erkenntnis - nicht mit jener Maulwurfserkenntnis zwischen Geburt und Tod, die dem gewöhnlichen Bewußtsein eigen ist - von den Sternen, zum Beispiel von der Sonne reden? Die Sonne bietet uns gegen- über dem sinnlichen Anblick ein gewisses Bild: was sich aber hier als das Bild der Sonne uns darstellt, das erleben wir zwischen Tod und neuer Geburt als ein Reich geistiger Wesenheiten. Wir sehen da nicht die Sonne so, wie sie jetzt hier ist, sondern ein Reich geistiger Wesenheiten. Wir haben hier, vom Erdendasein aus, etwas wie eine Art Erinnerung, wodurch wir wissen: dieses Reich geistiger Wesenheiten entspricht, von der Erde aus gesehen, der Sonne. Und so ist es auch für die anderen Sterne. Das heißt, unser geistiges Bewußtsein zwischen Tod und neuer Geburt wird ein kosmisches Bewußtsein. Wir sind da nicht wie innerhalb unserer Haut hier, wir sind wahrhaftig die ganze Welt. Nur darf man es sich nicht räumlich vorstellen. Aber wir sind die ganze Welt, wir tragen den Sternenhimmel in uns. Und es ist so: wie wir hier auf der Erde unsere Lungen, unser Herz, unseren Magen und so weiter in uns tragen, so tragen wir zwischen Tod und neuer Geburt die Sonne, den Mond, den Saturn, die anderen Sterne in uns als unsere inneren 0rgane, aber sie sind geistige Wesenheiten. Es ist ihr geistiges Korrelat, ihr geistiges Urbild, was wir dann in uns tragen.
Wir würden, wenn wir immer in diesem Zustande wären, in der geistigen Welt niemals zu uns kommen, wir würden uns immer eins fühlen mit der Welt der höheren Hierarchien. Aber das kann nicht sein. Das wäre genau so, wie wenn wir hier auf der Erde bloß einatmen wollten und niemals ausatmen. Daher besteht unser Leben zwischen Tod und neuer Geburt in einem rhythmischen Wechsel: in einem Leben in diesen höheren Hierarchien und - im kosmischen Bewußtsein - in einem Herausschauen; das heißt dort: zu uns selbst kommen. Wie wir hier Einatmung und Ausatmung im Wechsel haben - ich könnte auch sagen: Wachen und Schlafen -,so wechseln wir dort
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mit dem Erleben der hierarchischen geistigen Welt, und dem Erleben von uns selbst, wo wir einsam in unsere eigene Seele zusammengezogen sind, wo wir zu uns selbst kommen. So entsteht dadurch der rhythmische Wechsel im Erleben des Menschen zwischen dem Ausgebreitetsein über das ganze Weltensein, und dem Zu-sich-Kommen: Ausgebreitetsein über das ganze Weltensein - Zu-sich-Kommen und so weiter.
Dieses Leben zwischen Tod und neuer Geburt innerhalb der geistigen Welt, deren physischer Abglanz die Sternenwelt ist, dieses Leben ist wahrhaftig nicht weniger reich als das Erdenleben. Aber wir können im Erdenleben eigentlich nur das Resultat - und zwar in seinem sehr undeutlichen Zustande - dessen erkennen, was wir zwischen Tod und neuer Geburt erleben. Denken wir uns etwa folgendes: Wir leben hier im Erdenleben auf der Erde, der eine verfertigt Schuhe, der andere Röcke, der dritte schneidet den Menschen die Haare, der vierte baut Lokomotiven und so weiter. Indem wir dies hier auf der Erde im physischen Dasein tun, kommt die sogenannte menschliche Kultur, die Zivilisation zustande. Denken Sie sich nun, diese ganze Zivilisation würde in ihren Hervorbringungen von Zeit zu Zeit in eine Art Resultat zusammengefaßt werden auf einem ganz anderen Gebiete, zum Beispiel auf der Sonne, so könnte man ja nicht gleich von dem, was auf der Sonne dort ist, mit einem Sonnenbewußtsein erkennen, daß dies das Ergebnis der Erdenzivilisation ist. Nehmen wir einmal an, alles das, was hier auf der Erde, wie ich es angedeutet habe, zustande kommt, gäbe eben auf der Sonne ein einziges Ergebnis in vielen Exemplaren. So ist es nämlich in Wirklichkeit mit dem, was wir tun im geschilderten Zusammenhange mit den Wesen der höheren Hierarchien zwischen Tod und neuer Geburt: wir arbeiten dort mit diesen Wesen an der Geistform unseres physischen Erdenleibes. Und diese Arbeit, die da verrichtet wird, wo der Mensch zwischen Tod und neuer Geburt zusammenarbeitet mit den Wesenheiten der höheren Hierarchien, um die Geistform des physischen Erdenleibes zustande zu bringen, diese Arbeit ist wahrhaftig eine reichere, eine vielartigere als das, was wir hier als Kulturarbeit im physischen Dasein vollbringen, wenn auch dann der physische Menschenleib, der vor uns steht, uns nicht gleich verrät, daß er das Ergebnis der Arbeit von Götterwesenheiten im Zusammenhange
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mit dem Menschen in der Zeit seines Daseins zwischen Tod und neuer Geburt ist. Aber ältere Weltanschauungen haben wohl gewußt, was sie sagten, wenn sie den menschlichen Leib einen «Tempel der Götter» nannten. Denn dieser menschliche Leib ist tatsächlich,so wenig wir mit dem gewöhnlichen Bewußtsein hier auf der Erde das beachten, das Allerkomplizierteste, das es im Weltenall überhaupt gibt. Und das, was ein einzelner Menschenleib ist, das ist eben die zusammengeflossene Arbeit unzähliger Wesen, zu denen wir aber selbst gehören; denn wir arbeiten mit an dem Leibe, mit dem wir uns in einer Erdeninkarnation umkleiden, nur könnten wir ihn nicht einzeln für uns erarbeiten, sondern wir müssen ihn in Gemeinschaft mit unzähligen geistigen Wesenheiten verschiedenster Rangordnungen erarbeiten.
Wenn wir vom Gesichtspunkte des Erdenlebens aus sprechen, so sind wir gewohnt, dasjenige einen Keim zu nennen, was anfangs klein ist und dann groß wird im physischen Sinne. Wenn wir das, was da der Mensch ausarbeitet zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, den Geistkeim des physischen Leibes nennen, so müssen wir sagen, dieser Geistkeim ist so groß wie das Weltall und wird dann, indem er durch das Embryonalleben des Menschen geht, eben «klein» im physischen Leben. In dem kleinen Menschenkeim steckt ein Abbild des großen Geistkeimes drinnen, der von dem Menschen im Zusammenhange mit den höheren Wesenheiten ausgearbeitet worden ist. So daß wir, indem wir schauend hineinblicken in die Welt, die der Mensch durchlebt zwischen Tod und neuer Geburt, eigentlich sehen, wie aus den Aufgaben des Makrokosmos heraus der Mikrokosmos, der menschliche Leib, in immer neuen Exemplaren geformt wird. Und das ist eine erhabenere Aufgabe als alle Kulturarbeit, die der Mensch zwischen Geburt und Tod verrichtet. Und das Leben, das der Mensch durch- macht, indem er also aus dem Weltenall heraus an dem Menschenkeim arbeitet, dieses Leben ist ein vielseitigeres, reichhaltigeres als das, welches wir hier auf der Erde verbringen, indem wir etwa Schuhe fabrizieren, Röcke machen, Kinder unterrichten, Staaten regieren und so weiter, ich könnte natürlich das Verzeichnis lange fortsetzen. Es muß eben durchaus derjenige, der die Welt durchschauen will, sich damit bekanntmachen, daß es etwas ungeheuer Erhabenes ist, den Menschen
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leib, wie er hier im physischen Abbilde da ist, aus den Aufgaben des Weltalls heraus zu gestalten, und daß das Erleben dieses Gestaltens etwas Ungeheures, in bezug auf Erhabenheit, gar nicht mit dem zu Vergleichendes ist, was der Mensch hier vollbringt, wenn er auch die schätzbarsten Kulturprodukte des physischen Erdenlebens mitfabriziert.
So steht eigentlich der Mensch zwischen Tod und neuer Geburt in der geistigen Welt drinnen: er hat eine Außenwelt, die ist er selbst; sein Blick geht hin auf das künftige Erdenleben, und in dem Anblick, in der Perspektive dieses künftigen Erdenlebens liegt eben das, daß er sich in sich selbst zusammenzieht, daß er zu sich selbst kommt. In dem Moment, wo sein Bewußtsein erfüllt ist von dem Hinschauen auf sein künftiges Erdenleben und von dem Zurückschauen auf sein früheres Erdenleben, da ist er bei sich. In dem Moment, wo er mit den Wesen der höheren Hierarchien zusammenarbeitet an der Aufgabe, den komplizierten physischen Leib zustande zu bringen im Geistkeim, da ist er gewissermaßen außer sich, aber er ist eins geworden mit der geistigen Wesenheit, er lebt mit in der geistigen Wesenheit draußen. Gerade in diesem Hochpunkt des Erlebens zwischen Tod und neuer Geburt, den ich in einem meiner Mysteriendramen die Mitternachtsstunde des menschlichen Daseins genannt habe, da erlebt der Mensch als sein Inneres das, was er als den Fixsternhimmel hier im Ab- bilde sieht. Der Fixsternhimmel oder sein Repräsentant - wie es die alten Weltanschauungen auch bezeichnet haben -, der Tierkreis, von hier aus gesehen, ist das physische Abbild der geistigen Welt, in welcher der Mensch zwischen Tod und neuer Geburt lebt, und die er als seine innere Welt erlebt.
Das geht dann durch einige Zeit weiter, und der Mensch verläßt dann gewissermaßen dieses lebendige, dieses regsame, dieses vom irdischen Standpunkte aus erhaben zu nennende unmittelbare Arbeiten mit den Geistern der höheren Hierarchien. Und das Nächste, was dann sein Erleben ist, das ist der Standpunkt des Miterlebens mit jenen höheren Wesen, die Offenbarungen höherer Wesen sind. Von einem gewissen Zeitpu,nkte an weiß der Mensch: Ja, das unmittelbare Mittun mit den höheren Wesen ist nicht mehr da, aber die höheren Wesen zeigen sich
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mir im Abbilde. Vom Erdenstandpunkte aus gesehen, kann man dies so bezeichnen: der Mensch findet den Übergang von der Fixsternwelt in die Planetenwelt. Indem der Mensch die Planetensphäre durch- schreitet beim Vorschreiten gegen ein Erdendasein zu, fühlt er nicht mehr das Leben der höheren Welten als sein inneres Leben; vorher fühlte er es als sein inneres Leben. Hier in der physischen Welt fühlen wir unsere Blutzirkulation, unsere Atmung und so weiter, als unser Innenleben, dort im Leben zwischen Tod und neuer Geburt fühlen wir das Leben und Wesen der höheren Hierarchien als unser Innenleben. Wir stehen in einer geistigen Wirklichkeit drinnen und tun mit.
Nun, von einem gewissen Zeitpunkte an sagen wir uns: Jetzt tun wir nicht mehr mit, jetzt erscheint uns wie in einem Bilde dasjenige, woran wir früher mitgetan haben; früher waren wir in der Tatsächlichkeit der geistigen Welt drinnen, jetzt sind wir in ihren Offenbarungen.
Das heißt aber in Wirklichkeit: wir sind aus der Sphäre der FixsternweIt übergetreten in die Planetensphäre.
Da haben wir zunächst eine gewisse Schwierigkeit zu überwinden: das ist der Eintritt in die Saturnsphäre. Von dem Saturn strahlen bestimmte geistige Kräfte aus. Wenn wir nämlich durch den Tod gegangen sind, ist es ja so, daß wir zuerst in die Planetensphäre gehen und dann erst in die Fixsternsphäre kommen; denn wir gehen ja dann den Weg, den ich jetzt eben beschrieben habe, in der umgekehrten Folge. So ist, wenn wir durch den Tod aus dem Erdenleben hinausgehen, der Saturn der Wohnplatz derjenigen Wesenheiten, die uns nicht auf der Erde lassen wollen, die uns von der Erde hinwegheben wollen, uns befreien wollen von unseren irdischen Kräften und hinausbefördein wollen in die Welt der reinen Geistigkeit. Ich habe dieses Erleben in meiner «Theosophie» von einem anderen Gesichtspunkt aus beschrieben als den Übergang von dem Leben im Seelenlande in das Geisterland. Es verhalten sich diese beiden Schilderungen so, wie man zum Beispiel auch einen Baum immer von verschiedenen Seiten aus photographieren kann: es ist immer dasselbe, schaut aber immer anders aus. Beim Rückgange, einem neuen Erdenleben entgegen, haben wir also diesen Einfluß der Saturnwesen. Und diejenigen Menschen, die durch ihr vorheriges Erdenleben ein solches Karma haben, daß bei ihrer
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Rückkehr zu einem neuen Erdenleben die Saturnkräfte einen g`roßen Einfluß auf sie haben, werden leicht erdenfremde Menschen; Menschen, die entweder davon schwärmen, wie das Irdische eigentlich wertlos sei, und wie man sich in ein begriffliches Wolkenkuckucksheim hineinflüchten solle, oder Menschen, die, weil sie die menschlichen Verhältnisse nur oberflächlich ansahen, eine Neigung entfalten, spiritistische Sitzungen und dergleichen zu veranstalten, in denen sich die verschiedensten geistigen Wesenheiten tummeln können. Das alles wird dadurch bewirkt, daß der Mensch sich in seinem vorherigen Erden- leben ein solches Karma erworben hatte, durch das er beim Rückgange zur Erdensphäre mit den Saturnkräften in eine stärkere Beziehung kommt.
Indem aber der Mensch in die Planetensphäre eintritt und der Sonnensphäre sich nähert, kommt er auch unter den Einfluß des Gegenparts der Saturnkräfte, das heißt derjenigen geistigen Wesenheiten, die ihren Wohnplatz im Monde haben. Diese Wesenheiten haben vor allen Dingen die Aufgabe, den Menschen ins Erdendasein wieder hin- einzuführen, so daß also derjenige Mensch, der von den Mondenkräften Gewirktes aufnimmt, eben doch fix im Erdendasein steht, obwohl es auf der anderen Seite natürlich die Mondenkräfte wieder sein können, die den Menschen gar zu stark durchdringen mit dem rein physischen Dasein, das heißt mit der Vorliebe, mit der Neigung für dieses rein physische Dasein.
So können wir sagen: Hier im Erdenleben gehen wir herum zwischen Bäumen, Blumen, Gräsern, Tieren und so weiter, zwischen dem Tode und einer neuen Geburt wandeln wir unter Sternen. Und es ist gar nicht so unreal, wenn Sie sich einfach in einem umfassenden Bilde die Vorstellung bilden, daß Sie während des Erdenlebens hier auf der Erde sind, nach dem Tode die Sphären der Planeten passieren, indem Sie die Mondensphäre verlassen, die Neigung für das Erdenleben verlieren, durch den Saturn hinausbefördert werden, in der Fixsternsphäre verhältnismäßig gegenüber dem Erdendasein sogar sehr lange leben, dann wieder zurückkehren, in die Planetensphäre eintreten, und insbesondere, inden Sie in den Mondeneinfluß kommen, wird Ihnen im übersinnlichen Dasein durch dasjenige, was die Monden
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kräfte sind, die Veranlassung, ins Erdenleben wieder zurückzukehren. Es drängt Sie wieder, ins Erdenleben zurückzukehren. Wie wir hier auf der Erde in gewissen Beziehungen stehen zu dem, was wir unsere sinnliche Umgebung nennen, so tun wir es auch bei diesem Leben durch die Sternenwelt hindurch. Und das hat alles für unser Arbeiten mit den Wesen der höheren Hierarchien an dem Geistkeim des physischen Menschenleibes eine große Bedeutung. Denn bis wir beim Wiederherabstieg zu einem neuen Erden leben in die Planetensphäre kommen, bleibt es sogar in unserem Wesen, das wir uns da für das künftige Erdenleben aufbauen, unentschieden, ob wir zum Manne oder zum Weibe werden. Ja, das bleibt sogar noch für eine gewisse Zeit unentschieden, wo wir schon als seelisch-geistige Wesen in der Planetensphäre sind. In der Fixsternsphäre auch nur von etwas Ähnlichem zu reden, wie wir es hier haben als Mann und Weib, wäre sogar der reine Unsinn. Aber in dem Bilde, das ich nun angefangen habe zu malen, können Sie sich, wenn Sie sich von der Erde entfernen, ganz gut vorstellen: hier haben Sie den Mond von vorn gesehen; dann haben Sie ihn von hinten gesehen. Venus, Merkur und Sonne sehen Sie eben falls von hinten, dann sehen Sie die Tierkreissphäre und so weiter. Aber indem Sie diese Sphären passieren, verwandelt sich das, was für Uiis hier sonst physisches Abbild ist, in eine Summe von geistigen Wesenheiten, die Sie anschauen. Indem Sie den Mond von hinten anschauen, sehen Sie geistige Wesenheiten, zum Beispiel diejenigen geistigen Wesenheiten, welche vorzugsweise die Eingeweihten des Alten Testamentes interessiert haben: die Jahvewesenheit und die zu ihr gehörigen Wesenheiten. Wenn Sie aber jetzt wieder zur Erde zurückkehren, können Sie durch Ihr früheres Karma, indem Sie sich der Mondensphäre nähern, denjenigen Zeitpunkt sich aussuchen, wo, von der Erde aus gesehen, am Himmel Vollmond steht; das heißt, Sie sehen, von der Erde aus geschaut, Vollmond, die beleuchtete Mondenscheibe, aber von rückwärts aus gesehen schaut man beim Herannahen an die Erde dann den Mond schwarz. Wählen Sie sich diesen Zeitpunkt für Ihre An- näherung an die Erde gerade so, daß gewissermaßen die schwarze, von der Sonne unbeeinflußte Mondensphäre auf Sie hineinwirkt, wo also auf der Erde Vollmond ist, dann werden Sie mit einem weiblichen
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Dasein auf der Erde erscheinen. Wählen Sie dagegen jene Zeit, in welcher wir hier auf der Erde den Mond nicht sehen, wo also Neumond ist und wo die Sonnenwirkungen nach allen Seiten frei in den Weltenraum hineingehen, dann richten Sie sich ein männliches Erdendasein ein. Sie sehen also, bis zur Form des Männlichen und Weiblichen müssen wir das, was wir hier auf der Erde im physischen Leibe sind, aus den Erlebnissen herleiten, die wir gewissermaßen in der Sternensphäre, das heißt in der geistigen Sphäre, von der anderen Seite aus gesehen, zwischen Tod und neuer Geburt haben. In allen Einzelheiten lassen sich diese Dinge verfolgen. So wie wir auf der Erde sagen können, was der Mensch dadurch hat, daß er zum Beispiel Kohl oder Eier oder Ochsenfleisch ißt - denn davon ist auf der Erde sein physisches Dasein abhängig -, so gibt es überall die entsprechenden Beziehungen in den geistigen Welten, deren Ergebnis dann in der Formung und inneren Durchlebung des Menschen auf der Erde auftritt. Hier auf der Erde essen wir Ochsenfleisch oder Eier; in der geistigen Welt, zwischen Tod und neuer Geburt, wählen wir uns, je nachdem es unserem Karma entspricht, für die Zeit des Überganges den Neumonddurchgang oder den Vollmonddurchgang und werden dadurch Mann oder Weib. Aber das volle Menschendasein im Zusammenhange mit dem Weltendasein läßt sich eben nur begreifen, wenn wir nicht bloß das ins Auge fassen, was hier zwischen Geburt und Tod sich abspielt, sondern wenn wir das im Erdenleben sich Abspielende auffassen können im Zusammenhange mit dem, was zwischen dem Tode und einer neuen Geburt für den Menschen vor sich geht.
Das ist nun etwas, was der Mensch heute noch nicht in seiner vollen, realen Bedeutung auch für das Erdenleben einsieht. Aber man kennt ja heute den Menschen eigentlich eben nur so, wie der Maulwurf die Museen kennt. Der Maulwurf, der den Boden unter den Museen durchwühlt, kann vielleicht seine Erfahrungen darüber aufzählen; aber darin wird nicht viel sein von dem, was ja doch über ihm ist. So ungefähr ist der Welt gegenüber in dem, was uns eine Erdenwissenschaft sein kann, solch ein «Maulwurfsstandpunkt» eingenommen; nur daß der Maulwurf auch leben könnte, ohne daß ein Museum über ihm ist - es hat nicht viel Zusammenhang mit ihm -, aber der
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Mensch ist mit dem, womit er zusammenhängt als mit der übersinnlichen Welt, innig verknüpft, er hängt damit zusammen. Ein Bewußtsein davon muß sich die Menschheit wieder erwerben. Es war einmal ein dumpfes, gedämpftes Bewußtsein für diese Dinge vorhanden, in das hineingeleuchtet wurde in den alten Mysterien, aber auch mit den alten Methoden. Diese alten Mysterien waren nicht einseitige Kultusstätten bloß. Ein Bedürfnis zu einseitigen Kultusstätten hat eigentlich erst die neuere Menschheit. Die neuere Menschheit muß schon abgesonderte Kulte treiben, weil sie egoistisch geworden ist und für das eigene Selbst eine Versicherung für die Unsterblichkeit haben will. Die kann gegeben werden, sie ist ja Tatsache. Aber der Mensch ist heute geneigt, das alles abgesondert voneinander zu treiben. Noch zu Paracelsus` Zeit war es nicht so, da war die Heilkunde noch Gottesdienst. Wir müssen - obwohl wir Übergänge haben müssen - doch wieder dazu kommen, alles Erdenwirken als eine Vollendung eines geistigen Wirkens anzusehen. Nur obliegt es heute dem Menschen, gewissermaßen abgeschnürt von der geistigen Welt während seines Erdendaseins die Erdenereignisse durchzumachen; er würde sonst sein Freiheitsbewußtsein nicht erringen können. Aber die Zeit ist erfüllt, in welcher der Mensch sich abgeschnürt halten darf vom geistigen Dasein. Er muß wiederum sein Bewußtsein mit innerer Erleuchtung vom geistigen Dasein durchdringen, und dazu kann er heute die alten Methoden nicht benützen. Er muß durchgehen durch das, was ihm in der Gegenwart nach dieser Richtung geoffenbart werden kann.
Denn nehmen Sie einmal an: irgendeine alte Mysterienstätte versorgte mit den Angelegenheiten der Mysterien eine umliegende Gegend. Da erstreckte sich die Sorge dieser Mysterienstätte auf alle Angelegenheiten der Menschen, die umher wohnten, auf alle diejenigen Angelegenheiten, die eben nur durch den Zusammenhang des Erdenlebens mit der geistigen Welt erfüllt, geordnet werden konnten. Nehmen wir an, es trat bei einem Menschen eine Krankheit auf. Da fragte man in jenen älteren Zeiten nun nicht: Was haben wir für Stoffe probiert, die eine Wirkung auf den Menschen nach dieser oder jener Richtung geäußert haben? - Am wenigsten fragte man sich nach der Wirkung von Stoffen, die man ausprobiert hat auf Tiere und so weiter. Das
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alles muß der Mensch heute durchmachen. Es ist jetzt nicht etwa eine abfällige Kritik der Medizin damit gemeint, sondern nur eine Ein- ordnung in den richtigen Ort der Erden- und Menschheitsentwickelung. Aber in den älteren Zeiten suchte ein Kranker, der mit irgend etwas behaftet war, eben seine Zuflucht in den Mysterienstätten; denn die Priester waren auch zugleich Künstler und Ärzte. Kunst, Religion und Wissenschaft waren eines; das wurde in den Mysterien gepflegt. In jenen alten Zeiten gab es noch eine Gesamtanschauung des Menschen. Man wußte: Wenn der Mensch in einem bestimmten Lebensalter von irgend etwas befallen wird, so hängt das nicht bloß mit der chemischen Mischung oder Entmischung seiner Stoffe zusammen, sondern von einem höheren Gesichtspunkte aus hängt es zusammen mit den Erfahrungen und Erlebnissen, die er durchgemacht hat, als er in der Sternenwelt war und von dort aus sein Erdendasein gesucht hat.
Nehmen wir also an, ein solcher Kranker kam in der Zeit zwischen seinem vierzehnten und einundzwanzigsten Lebensjahre hilfesuchend an eine Mysterienstätte, die zugleich Arztstätte war. Wenn nun in den alten Zeiten, wo auch in den Mysterienstätten nur ein instinktives, halb traumhaftes Wissen wirkte, ein solcher Kranker zur Behandlung kam, so war doch oftmals das Examen, das mit ihm durchgemacht wurde, dennoch heller, als die heutigen Examen sind. Denn ich habe wirklich Ärzte kennengelernt, die, wenn man mit ihnen in ein Gespräch kam über das Allerwichtigste an dem Patienten und sie fragte: Wie alt ist der Patient? - es nicht wußten. Als ob man überhaupt an irgendeines Menschen Gesundheit mitwirken könnte, wenn man nicht eine genaue Vorstellung über sein Lebensalter hat! Denn in jedem Lebensjahre muß der Mensch gewissermaßen anders kuriert werden, weil sich ja das menschliche Leben dauernd ändert. Es wird niemandem einfallen, zum Beispiel ein Blütenblatt zu nehmen, es in die Erde zu senken und zu glauben, es wüchse aus ihm eine neue Pflanze heraus, sondern er wird den Keim aus der Frucht nehmen und in die Erde senken, weil er weiß: die Entwickelung der Pflanze ist etwas. Und so muß auch das menschliche Leben betrachtet werden. Kam also ein hilfesuchender Kranker im Alter von vierzehn bis einundzwanzig Jahren - die Dinge sind approximativ - zu einem Mysterienarzt, so wußte dieser: es gibt eine
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Anzahl von Erkrankungen, die einfach etwas zu tun haben mit dem Durchgange des Menschen durch die Sonnensphäre bei seinem Heruntersteigen aus der Planetenwelt in die physische Welt. War der Kranke im Alter von fünfunddreißig bis zweiundvierzig Jahren, so wußte der Mysterienpriester, welche Krankheiten etwas zu tun haben mit dem Durchgange des Menschen durch die Saturnsphäre bei seinem Herabsteigen. Also er fragte sich vor allem nach dem Zusammenhang des Erdenlebens mit den Erfahrungen und Erlebnissen des Menschen im Dasein zwischen Tod und neuer Geburt: dann kannte er das, was hier auf der Erde wiederum vom Außenwesen in Beziehung steht zu den Wesenheiten der höheren Hierarchien beziehungsweise ihren physischen Abbildern, den Sternen. Nun stehen gewisse Pflanzen auf der Erde in einem innigeren Verhältnis zur Sonne als andere, und andere wiederum stehen in einem innigeren Verhältnis zum Saturn und so weiter. Den sprießenden, sProssenden Blütenpflanzen zum Beispiel werden Sie durch einen gesunden Instinkt ansehen können, daß sie in einem anderen Verhältnis zur Sonne stehen als ein Pilz oder eine Flechte an einem Baume. Und jemanden, der zwischen seinem vierzehnten und einundzwanzigsten Jahre beispielsweise von einer Erkrankung seines Magens oder seines Herzens befallen wird, den werden Sie ganz gewiß nicht mit Kramperl-Tee kurieren, wie ihn der alte Mysterienarzt nicht mit Kramperl-Tee behandelt hätte, sondern mit einem sonnenverwandten Pflanzensaft; aber dies aus der Erkenntnis des Zusammenhanges des Menschenlebens mit dem Weltenall heraus.
Diese Dinge sind sozusagen «verschüttete» Erkenntnis; sie müssen auf einer höheren Stufe, durchleuchtet mit unserer modernen Intelligenz, wiedergefunden werden, nachdem die Menschheit eine Zeitlang durch die Finsternis hindurchgegangen ist. Sie müssen wiedergefunden werden und sie können wiedergefunden werden, und eben die anthroposophische Weltanschauung ist der Anfang dieses Wiederfindens einer geistigen Erleuchtung der Menschheit auf allen Gebieten des Lebens.
Jetzt habe ich Ihnen dieses Herabsteigen des Menschen geschildert, bis er in die Planetensphäre eintritt. Dann kommt eine Zeit, nachdem schon der Mondeneinfluß da war, eigentlich eben begonnen hat, wo der Mensch jenen Geistkeim seines physischen Leibes, der aber schon
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sehr stark zusammengeschrumpft ist - die Ausdrücke sind natürlich grob, aber Sie werden sie nicht mißverstehen -, verliert. Dieser Geistkeim des physischen Leibes senkt sich früher herunter als der Mensch selbst, er wird einem Elternpaare übergeben, senkt sich ein in einen befruchteten Menschenkeim, bildet da das Wachstumselement, bevor der Mensch selbst herabgestiegen ist. Es ist also gewissermaßen eine Zeit da, wo der Mensch schon diesen physischen Keim dem Erdenleben übergeben hat, wo er gewissermaßen herunterschaut auf die Erde: Das soll er werden, der Mensch, dem ich zugehören werde -, wo der Mensch selbst aber noch für kurze Zeit frei im Kosmos lebt. Da zieht der Mensch jetzt aus der ätherischen Welt des Kosmos die Kräfte zu sei- nein Ätherleib zusammen, so daß er dann seinem Wesen nach besteht aus Ich-Wesenheit, astralischem Leib und ätherischem Leib. Und nachdem er sich so seinen Ätherleib erworben hat, schließt er sich nun zusammen mit dem, was sein physischer Keim geworden ist, den er selbst zuerst heruntergeschickt hat.
In diesem Voraussenden des physischen Menschenkeimes und im nachherigen Zusammenballen, wenn ich so sagen darf, des ätherischen Leibes liegt eine ungeheuer tiefe Weisheit. Denn nehmen Sie an, wir behielten unseren physischen Leib, während wir den ätherischen Leib zusammensammeln, und der physische Leib wäre nicht das von physischer Materie Durchdrungene, sondern eben die Kräfte, die von physischer Materie durchdrungen sein könnten im Mutterleibe, aber nehmen Sie an, wir schickten ihn nicht voraus, sondern durchdringen ihn noch mit dem Ätherleibe, bevor wir angekommen sind in die Substanz des physischen Embryos und bei dem, was uns da geboten wird. Was würde dann geschehen? Gerade dadurch, daß man wissen kann, was da geschehen könnte, fängt man an, die weisheitsvolle Lenkung des Weltenalls ungeheuer zu bewundern. Denn wenn das anders wäre, würde fortwährend bei jedem Gedanken, den wir fassen, jede Neigung, die wir zum Bösen haben, vor uns stehen. Es würde gleichsam ein lebendiges Gedächtnis desjenigen fortwährend da sein für das, was wir auch als kleinstes Böses auch nur im Gedanken oder in der Empfindung auf der Erde vollbracht hätten. Wir würden überwuchert sein von dem Inhalt des Gewissens, und zwar besonders von seinen bösen Seiten
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aus, und wir würden nicht einen neutralen Gedanken fassen können, würden zum Beispiel zu keiner Naturerkenntnis kommen können. Wollten wir neutral die Pflanzen betrachten nach den Naturgesetzen, so würden leicht in die Naturbetrachtung hinein sich etwa solche Gedanken mischen: Ach, was warst du doch damals mit siebzehn Jahren für ein schlechter Kerl, was hast du da vollbracht! - Das würde sich in die Naturbetrachtung hineinleben, und man würde zu keiner neutralen Anschauung kommen. Daß wir auseinanderhalten können unsere einfache neutrale Besonnenheit von dem, was in uns steckt an moralischen oder unmoralischen Instinkten, das verdanken wir der Tatsache, daß wir unseren physischen Geistkeim zuerst herunterschikken und uns erst dann, nachdem wir den Ätherleib gesammelt haben, mit dem physischen Leibe verbinden. Dadurch halten wir diese beiden so weit auseinander, daß im physischen Leibe das Gedächtnis aufge halten werden kann, daß es nicht immer da ist, daß es uns auch freiläßt, daß nicht immer unser ganzes, namentlich moralisches Leben vor uns steht, und daß wir im Ätherleibe die Gedanken der neutralen Besonnenheit fassen können.
Ich habe Ihnen jetzt das Herabsteigen des Menschen aus der geistigen Welt geschildert bis zu dem Momente, wo der Mensch sich mit der physischen Erdensubstanz vereinigt, um sodann weiter auf der Erde zu leben. Was stellt sich nun da heraus, indem wir hier angekommen sind? Ich sagte schon, es stellt sich heraus, daß wir uns sagen müssen: Erkenne ich, daß der Mensch zuerst die Formungskräfte seines physischen Menschenleibes herabschickt und dann nachfolgt, dann werde ich unbedingt zur Bewunderung der weisen Lenkung der Weltenangelegenheiten geführt. Wenn ich mit aller Lebendigkeit dies fasse, kann ich nicht da stehen wie ein Strohkopf, der eine Maschine verfertigt und sie nicht zu bewundern braucht, denn ich müßte ein ganz ausgedörrter Mensch sein, der eine so ungeheure Weisheit der Weltenführung geoffenbart bekommt und nicht die Bewunderung gegenüber dieser Weisheit in sich hervorquellend hätte! Und so ist es bei allen anthroposophischen Erkenntnissen.
Mit anderen Worten, die gewöhnliche Erdenerkenntnis, die wir im Wachzustande fassen, wendet sich an unseren Verstand, weniger
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schon an unser Gefühl. Das ist nicht der Fall bei denjenigen Erkenntnissen, die wir im innerlichen Erleben aus der geistigen Welt heraus bekommen. Die nehmen unseren ganzen Menschen in Anspruch, ja, es wird unser ganzes Wesen anders organisiert, indem wir uns diese Erkenntnisse aneignen. Die geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse wollen uns nicht, wie die physischen Erkenntnisse, kalt lassen in unserem Gemüt, aber sie sind indessen nicht weniger objektive Erkenntnisse. Wenn jemand etwa sagen würde: Erkenntnisse, die das Gemüt berühren, sind nicht objektiv, die sind ja subjektiv , so braucht man sich nur folgendes vorzustellen: Wenn einer vor Raffaels Sixtinischer Madonna steht, so müßte das ja auch ein sonderbarer Kauz sein, wenn er vor diesem Bilde nicht in Bewunderung käme; aber keiner wird sagen können: Das ist bloß subjektiv, die Raffaelsche Madonna ist nicht objektiv. - Denn es handelt sich nicht darum, daß wir keine Sympathie- oder Antipathiekräfte regsam fühlen sollten im Gemüt, wenn wir auf Objektives hinschauen, sondern darum, daß nicht durch unser Subjektives das Objektive gestört wird. Wenn wir freilich etwas deshalb anerkennen, weil es uns paßt, irgend etwas objektiv zu nehmen, dann sind wir nicht objektiv, da wir in diesem Falle etwas annehmen, weil es uns gefällt. Aber wenn etwas so objektiv vor uns träte wie solche Erkenntnisse, und wir dann in Bewunderung darüber ausbrechen, dann würde diese Bewunderung ganz gewiß nicht die Objektivität der Erkenntnis beeinträchtigen. Das ist das Wesentliche an den anthroposophischen, geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, daß sie nicht nur unseren Verstand, unseren Kopf, sondern unseren ganzen Menschen in Anspruch nehmen. Und wer immer mehr und mehr von solchen Wahrheiten kennenlernt, die sich auf das Leben des Menschen zwischen Tod und neuer Geburt »beziehen, dem sprießt ein Gefühlsleben auf und nachher auch ein Willensleben. Das heißt, der Mensch durchdringt die Impulse zu seinen Taten mit dem, was er erkennt aus den geistigen Welten heraus. Er fühlt sich hier auf der Erde als ein Erfüller dessen, was er im geistigen Leben zwischen Tod und neuer Geburt war.
So hat schon dasjenige, was von erlebter Anthroposophie kommt, eine Kraft, den ganzen Menschen von sich aus zu erfüllen, wie einst aus dem ganzen Menschen das instinktive Hellsehen, also der instinktive
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Zusammenhang mit der geistigen Welt, bei der alten Menschheit vorhanden war. Wodurch sind wir denn heute solche intellektuellen Kerle geworden, und weshalb sind es die alten Menschen nicht gewesen? Weil eben die alten Menschen auch das wußten, was an Vorschriften aus dem ganzen Menschen kam. Heute lernt der Mensch zum Beispiel Geometrie; da wird ihm kiargemacht, was eine Senkrechte ist. Nur aber schwebt das - man kann nicht einmal sagen: in der Luft -, was eine Senkrechte ist, das schwebt so im Ideellen, man weiß eben den Zusammenhang nicht. Niemals würde der Mensch zu einem Gefühl für eine Senkrechte gekommen sein, wenn er nicht selbst im Laufe seines Lebens ein Aufrechtgehender geworden wäre, so daß er das, was eine Senkrechte ist, in seinem Bewegungsvorgange fühlt. Und was so der ganze Mensch erlebt, das erlebt sein Kopf mit und macht es zur Senkrechten. Auf dieselbe Weise wird das, was der Mensch erlebt im Ausbreiten seiner Arme, zum Erleben der Waagerechten. Der Mensch,der ursprünglich in seinem Seelenleben als ganzer Mensch tätig war, hat sich allmählich beschränkt auf den Kopf, der alles nur bildlich darstellen kann. Und wie macht es nun der Kopf am Menschen? Ja, wenn ich gehe, so lebe ich anders, als wenn ich in einem Auto fahre: da geht das Auto, und ich bin ruhig. So macht es eigentlich im Menschen der Kopf: der ist faul, der hat sein Vehikel in meinem übrigen Organismus und läßt sich fahren, da kommt alles zur Ruhe, so wie wenn ich in einem Eisenbahnzuge sitze. Daher wird alles bildlich, abstrakt.
Zu dieser Abstraktheit sind wir im Laufe des Erdendaseins gekommen. Wir müssen aber wieder zu dem kommen, was uns das Geistige im Dasein ergreifen läßt. Und dieses ergreift dann den ganzen Menschen. Es ist dies der umgekehrte Vorgang, als er beim alten Menschen vor sich ging, aber durch diesen umgekehrten Vorgang können wir
wieder zur Erforschung des ganzen Menschen kommen. Auf diese Weise kommen wir dann auch wieder zu einer Kultur, die den ganzen Menschen erfüllt.
Es gibt nun Menschen, die heute hören, was von der Geisteswissenschaft aus dargestellt werden kann, und die dann sagen: Da gibt es solche sonderbaren Menschen, die verkünden heute eine geisteswissenschaftliche Wahrheit und meinen, die wäre für die Menschheit notwendig.
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Wir wollen gar nicht bezweifeln, daß es richtig sein kann, daß es diese Welten alle gibt, wovon die Geisteswissenschafter reden; aber, was gehen sie uns an? Wir können doch ruhig warten, bis wir zum Tode kommen, dann werden wir schon sehen, was es damit auf sich hat. Warum sollen wir uns hier anstrengen, zu begreifen, wie es in der geistigen Welt ist? - Aber so ist die Sache denn doch nicht. Es ist nämlich so: wenn man einsehen will, was die geistige Erkenntnis - eben die, die durch den gesunden Menschenverstand nach den Mitteilungen des Geistesforschers an den Menschen herankommen kann - bedeutet, so lernt man es am besten erkennen, wenn einem aus der Geistesforschung erklärt wird, wie die erste Stufe einer übersinnlichen Erkenntnis, die imaginative Erkenntnis erworben wird. Dafür will ich ein paar Züge anführen.
So wie der Mensch gewöhnlich lebt, hat er ja nur ein Gegenwartsbewußtsein. Er hat dieses Bewußtsein durch seinen physischen Leib. Der ist im Raume. Der Raum stellt die Gegenwart dar mit seinen drei Dimensionen. Der Mensch hat daher immer nur ein Gegenwartsbewußtsein. Und wenn er eine Erinnerung hat, so hat er eine Erinnerung von der Gegenwart; er lebt sich nicht hinein in das, was er etwa vor zehn Jahren erlebt hat, sondern nur in das Bild dessen, was er damals erlebte. Das ist daher genügend schattenhaft und abstrakt. Wenn man diejenigen Übungen ernsthaft macht, die ich in dem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» behufs Erlangung der imaginativen Erkenntnis beschrieben habe, so kommt man dazu, nicht bloß in der Gegenwart zu leben, sondern allmählich das Schattenhafte der Erinnerung zu überwinden und auch in seinen früheren Erlebnissen zu leben; so daß man im Jahre 1922 seine Erlebnisse etwa aus dem Jahre 1911 noch so mitzuleben vermag, wie man sie 1911 erlebt hat. Und wer sich insbesondere anstrengt mit einem Leben in Gedanken - das ist nicht ein Leben in Abstraktheiten, sondern in einem vollen Konkreten, durch das man in die Lage kommt, zu erfassen, wie das Leben in Gedanken Schicksalswendungen und alles mögliche bringt, tiefe Sympathie und Antipathie, wie sonst nur das derbe materielle Erdenleben -, der gelangt eben auch dazu, seinen Zeitleib zu erleben, wie er seinen Raumleib überhaupt durch das gewöhnliche Bewußtsein
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erlebt. Wenn ich mich zum Beispiel in die große Zehe schneide, tut mir diese wehe, und ich habe im Kopfe nicht nur eine Erinnerung dieses Wehtuns, weil der Kopf von der großen Zehe weit entfernt ist, sondern ich habe ein unmittelbar erlebtes Schmerzempfinden. Gewiß, der Kopf ist räumlich mit der großen Zehe verbunden, die Zeit erlebt man so nicht. Wenn man als dreißigjähriger Mensch an das zurückdenkt, was man als siebzehnjähriger erlebte, von dem man sich jetzt zeitlich entfernt hat, so ist das abgeblaßt. Wie gewaltig war, wenn Sie vor dreizehn Jahren einen lieben Menschen verloren haben, das Schmerz erlebnis damals gegenüber der heutigen Erinnerung. Aber wer durch die Übungen, wie sie in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?> beschrieben sind, diese imaginative Erkenntnis erlangt hat, so daß er versteht, in Gedanken zu leben, namentlich in reinen, sinnlichkeitsfreien Gedanken zu leben, wie ich es in der «Philosophie der Freiheit» geschildert habe, der lebt dann, wie er hier im Raumleib in jedem Teile lebt, so dort in jedem Teile seines Zeitenleibes gleichzeitig und in jeder Stärke. Man sieht, wenn man sich als fünfzig- oder sechzigjähriger Mensch zurückversetzt oder auch als ein achtzigjähriger, nicht nur fünf Jahre zurück - denn es dehnt sich das gegenwärtige Dasein über den ganzen Lebenslauf aus -: Man ist in jedem einzelnen Punkte unmittelbar gegenwärtig. Allerdings erkauft man diese Gegenwärtigkeit mit der Flüchtigkeit. Wenn Sie imstande sind, in noch so lebendiger Weise ein Erlebnis zu haben mit etwas, was in Ihr achtzehntes Jahr fällt: es entschwindet Ihnen zwar nicht so schnell wie ein Traum, aber Sie können es nicht halten, Sie müssen es vergessen. Und als Geistesforscher könnte man zum Beispiel, wenn es nicht an- dere Hilfen gäbe, in eine sehr üble Lage kommen. Man könnte die Beziehungen herstellen, durch die man etwas in der ätherischen Welt sehen kann, aber man vergißt es sogleich. Daher muß man auch zu allerlei Hilfen greifen - Einzelheiten darüber habe ich in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» angeführt -, damit dasjenige nicht gleich wieder entschwindet, was man sich auf diese Weise als ein geistig-ätherisches Anschauen erwirbt. Es verschwindet mit großer Sicherheit nach ein paar Tagen, und was der Mensch als seinen Ätherleib noch an sich trägt nach dem Tode, das verschwindet ebenso schnell.
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Man lernt nämlich das ganze Wesen des Ätherischen aus 'diesem Erleben heraus kennen, wie ich es jetzt beschrieben habe. Die Dinge, die man über das Leben nach dem Tode erzählt, sind nicht konstruiert, sondern aus einer lebendigen Erkenntnis heraus gewonnen. Aber wenn man nun solche Hilfen anwenden will, genügt nie eine bloße Kopftätigkeit. Ich scheue mich nicht, da von eigenen Erfahrungen zu reden, die ich machte, als ich bemerkte, wie flüchtig solche Erlebnisse im ätherischen Kosmos sind. Wenn man noch so viel schaut, so nimmt man, um seine Erlebnisse nach einer Woche anderen Menschen zu er- zählen, dann seine Zuflucht zu anderem. Aber diese Hilfen nimmt man nicht aus den Kopfmitteln. So war ein Mittel sehr günstig, das darin bestand, das Erlebte, wenn es noch dastand, aufzuschreiben, so daß die Tätigkeit nicht durch den Kopf gegangen ist, sondern durch die schreibende Hand. Es handelt sich in diesem Falle nicht um ein mediales Schreiben, auch nicht um den Zweck, die Sache aufgeschrieben zu haben. Das Aufschreiben - auch das Nachschreiben von Vorträgen - ist einem ohnedies, wenn man auf geistigem Gebiete steht, etwas außerordentlich Unsympathisches. Aber man hat dadurch eine Hilfe, dasjenige, was sonst flüchtig wird, zu fixieren, indem man den ganzen Organismus daran teilnehmen läßt, wie sonst, wenn man eine Zeichnung oder eine Malerei ausführt. Es bleibt dann im eigenen Organismus, man braucht es sich gar nicht wieder nachher anzueignen. Es handelt sich nur darum, die Sachen zu fixieren. Aber dazu kann man nicht Kopfhilfen brauchen. Wenn Sie Geistesforscher sind, können Sie es durch keine Kopfhilfen fixieren; Sie müssen es fixieren durch etwas, was Ihren ganzen Menschen in Anspruch nimmt. Ein solches Mittel wäre es, wenn Sie das Erlebte aufschreiben. Nehmen Sie aber keine Rücksicht darauf, daß Sie eine intellektuelle Tätigkeit hineinverarbeiten, sondern was in Frage kommt, ist nur der Duktus des Schreibens; oder Sie machen sich gar eine symbolische Zeichnung, malen ab oder dergleichen.
Daraus sehen Sie, wie innig mit dem ganzen Menschen das zusammenhängt, was dasein muß, damit man in die gewöhnlichen Vorstellungen herüberführen kann, was man in der geistigen Welt schaut. Wenn man es aber herüberführt, dann kann man es anderen Menschen
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mitteilen, die nicht selber geistig schauen können und die es dann mit ihrem gewöhnlichen, gesunden Menschenverstand durch dieselben Vorstellungen auffassen, in denen man es ihnen überliefert. Sie haben dann dieselben Vorstellungen über das, was ihnen der Hellseher darstellt.
Zum Auffinden der geisteswissenschaftlichen Wahrheiten braucht man die hellseherische Kunst; um mit diesen Wahrheiten zu leben, braucht man diese hellseherische Kunst nicht, sondern nur das gesunde Verständnis für das Dargestellte.
Aus dem hier Dargestellten sehen Sie aber noch etwas anderes. Was der Mensch geistig ist in seinem Ätherleibe, das lebt nicht im Raume,das lebt in der Zeit. Sehen Sie nun den physischen Organismus an, zum Beispiel das Auge: damit sehen Sie die sichtbaren Dinge. Wenn Sie das Auge ausreißen, sehen Sie die sichtbaren Dinge nicht mehr. Wenn Sie auf den geistigen Menschen hinschauen, so ist er gewissermaßen der ganze Strom, der von Leben zu Leben durchgeht, der einmal im Dasein zwischen dem Tode und einer neuen Geburt lebt, dann im physischen Erdenleben, dann wieder im Leben zwischen Tod und neuer Geburt und so weiter. Das ist eine Einheit. Die Menschen der alten Zeit bekamen in das Erdenleben ihr instinktives Hellsehen mit, das heißt einen Zusammenhang mit der geistigen Welt durch die Naturkräfte selbst, und das bildete sich bei ihnen so um, daß sie das auch wieder mitnehmen konnten durch den Tod; aber es durfte nicht das Wissen vom Geistigen aufhören. Beim neueren Menschen darf es auch nicht verschwinden. Der Mensch muß sich hier auf der Erde dieses Wissen vom Geistigen aneignen, denn er ist auf der Erde ein fortlaufender Strom. Wenn Sie ein Erdenleben hinter sich haben, das ganz und gar nichts vom Geistigen gewußt hat, so ist das für das geistige Leben gerade so, wie wenn Sie dem physischen Organismus das Auge ausreißen würden. Denn, was Sie sich hier auf der Erde als Wissen vom geistigen Leben erwerben, das gehört Ihnen an, das ist Ihr Auge, mit dem Sie später zwischen Tod und neuer Geburt «sehen». Und bleiben Sie hier auf der Erde «finster» in bezug auf das Wissen des geistigen Lebens, dann haben Sie nach dem Tode kein Auge; dann gehen Sie im Leben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt wie durch ein finsteres Tal. Denn dieses Auge müssen Sie haben durch das, was Sie hier sich
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erworben haben. Sie reißen das Auge des Geistes aus, indem Sie das Wissen von der geistigen Welt ausschließen.
Das ist eine Erkenntnis, mit der sich die Menschheit durchdringen muß. Jetzt, wo das alte instinktive Schauen des Geistigen vollständig herabgedämmert ist, muß sich die Menschheit klar werden, daß auf einem Wege, wie er durch die anthroposophische Bewegung angestrebt wird, Organe für das geistige Leben wieder erworben werden müssen. Es handelt sich also nicht darum, daß man sagen könnte: Wir wollen bis nach dem Tode warten, brauchen uns jetzt noch nicht für ein Begreifen der geistigen Welten anzustrengen, denn nach dem Tode werden wir schon sehen, wie es in den geistigen Welten ist. Gewiß, wir werden es nach dem Tode sehen. Aber wie in einem finsteren Kerker wird es für die Seele sein, wenn wir uns hier, im Leben zwischen Geburt und Tod, nicht das Auge für das Leben in den geistigen Welten erworben haben. Daher können Sie sehen, wie unmöglich es ist, wenn der Mensch es geradezu als ein Dogma aufstellt, er brauche sich hier im Erden- leben um das übersinnliche Dasein nicht zu kümmern. Denn wir leben vielmehr in einer Zeit, wo im wahren Sinne des Wortes derjenige seine übersinnliche Pflicht gegenüber dem Weltenrund auch erfüllt, der sich sage: Hier, im Leben zwischen Geburt und Tod, mußt du dir das Auge erwerben, damit es für dich in der geistigen Welt nach dem Tode nicht finster ist, und damit du das Licht, das dann um dich ist, auch erleben kannst.
Als ich vor einiger Zeit hier in diesem Kreise sprechen konnte, habe ich von einem gewissen Gesichtspunkte aus den Menschen in seinen Beziehungen zur geistigen Welt dargestellt und damit geschlossen, daß ich sagte: Man sehe aus alledem, wie man im gegenwärtigen Zeitalter an dem Punkt angekommen ist, wo ein Kern von Menschen sich bilden muß, der die Notwendigkeit einer geisteswissenschaftlichen Erkenntnis einsieht. - Aus dem, was ich heute wieder gesagt habe, kann man erst recht diese Notwendigkeit einsehen. Wir leben heute in einem Zeitalter, wo die geistige Welt sich uns während des Erdenlebens zeigen will. Wir dürfen ihr die Tore und die Fenster, durch die sie hereinkommen kann, nicht verschließen. Wir müssen das Licht der geistigen Welt hereinkommen lassen, müssen es hereinkommen lassen um
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des Erdenlebens willen, müssen es hereinkommen lassen um des Lebens willen, das wir durchleben zwischen Tod und neuer Geburt. Der Mensch muß die Stimmen hören, die auf geistige Art zu dem Menschen aus der geistigen Welt sprechen, und er muß sich sagen: Es ist an der Zeit, daß der Mensch wahrnehme das Licht des Geistes, daß er höre die Stimme des Geistes. - Und haben wir uns bekanntgemacht mit dem, was man in dieser Weise von einer geisteswissenschaftlichen Erkenntnis aus als die Notwendigkeiten der Zeit einsehen kann, dann herrscht in einem solchen Arbeitsraume die richtige Gesinnung, wenn man sich betrachtet als verpflichtet, die Menschheit dahin zu führen, daß sie erkennt: jetzt ist es an der Zeit, das Licht des Geistes zu schauen, die Stimme des Geistes zu hören und zu verstehen.
In diesen Gedanken, namentlich in diesem Gefühle und in erster Linie in dieser Gesinnung wollen wir zusammensein und zusammenhalten in den Zeiten, wo wir wieder räumlich getrennt sind. Das ist es, was ich Ihnen als einen Gruß sagen möchte, ein Gruß, dahingehend: Lassen wir das, was wir miteinander sprechen können, wenn uns das Schicksal zusammenführt, den Anlaß sein, daß es als Gedanke unter uns waltet, als eine Zusammengehörigkeit, die im Geistigen da ist, wenn wir auch nicht räumlich zusammensein können! Trotzdem schließt sich daran der Wunsch, daß es mir bald möglich sein möchte, in Ihrer Mitte einiges zur Fortsetzung des heute Dargestellten sprechen zu dürfen.
DER MENSCH UND DIE ÜBERSINNLICHEN WELTEN HÖREN, SPRECHEN, SINGEN, GEHEN, DENKEN Stuttgart, 9. Dezember 1922
#G218-1992-SE308 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
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HINWEISE
DER MENSCH UND DIE ÜBERSINNLICHEN WELTEN
HÖREN, SPRECHEN, SINGEN, GEHEN, DENKEN
Stuttgart, 9. Dezember 1922
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Das letzte Mal durfte ich Ihnen sprechen von gewissen spirituellen Tatsachen, die sich auf die Beziehung des Menschen zu übersinnlichen Welten erstreckten. Ich könnte auch ebensogut sagen, auf die Beziehung des menschlichen Erdendaseins zu dem Dasein zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Denn vom menschlichen Gesichtspunkte aus gesehen ist es ja so, daß des Menschen Leben zwischen Geburt und Tod durch sein Verwobensein mit der physisch-sinnlichen Welt, auch im wesentlichen diese physisch-sinnliche Welt darstellt, daß aber das Leben des Menschen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, weil der Mensch da ganz hineinverwoben ist in die geistige, übersinnliche Welt, vom menschlichen Standpunkte aus gesehen eben die übersinnliche Welt als solche darstellt.
Ich möchte heute für einige andere Tatsachen und für einige wichtige menschliche Folgerungen diese Betrachtung vor Ihnen fortsetzen. Vor allen Dingen kann man sich durch die anthroposophische Geisteswissenschaft so recht bewußt werden, wie der Mensch, der vor sich selber in der physischen Welt steht, in dieser physischen Welt ein wirkliches Abbild ist des Übersinnlichen. Wenn wir ein Mineralisches betrachten, so können wir nicht sagen, daß das so, wie es ist, unmittelbar ein Abbild ist des Übersinnlichen. Was es ist, das können Sie ja aus meinem Buche «Theosophie> entnehmen. Beim Menschen aber können wir sagen, daß er in vieler Beziehung gar nicht verstanden werden kann aus demjenigen, was wir in der physisch-sinnlichen Welt um uns herum sehen. Aus demjenigen, was wir in der physisch-sinnlichen Welt sehen, können wir verstehen, warum die Salzgestalt würfelförmig wird. Gewiß, solche Dinge sind heute der Wissenschaft noch nicht ganz durchsichtig, aber aus dem, was schon der Wissenschaft durchsichtig ist- kann man sagen, ein Salzkristall ist zu begreifen aus demjenigen, was unmittelbar im Bereiche des Sinnlich-Wahrnehmbaren erkundet werden kann. Ein menschliches Auge oder ein menschliches Ohr ist
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nicht zu begreifen aus demjenigen, was in der physisch-sinnlichen Welt mit physischen Sinnen wahrnehmbar ist. Es kann nicht daraus entstehen. Die Form, sowohl die innere Form wie auch die äußere Konfiguration eines Auges oder eines Ohres, sie bringt sich in der Anlage der Mensch durch die Geburt mit, und er erlangt sie auch nicht durch die Kräfte, die, sagen wir, durch die Befruchtung oder im Leibe der Mutter wirken. Man preßt allerdings alles dasjenige, was man in dieser Beziehung nicht versteht, in das Wort «Vererbung» hinein. Aber damit gibt man sich nur einer Illusion hin. Denn die Wahrheit ist doch diese, daß man in der inneren Formung eines Auges oder eines 0hres etwas hat, was veranlagt wird, gewissermaßen voraus im Geiste aufgebaut wird in dem vorirdischen menschlichen Dasein, und zwar in Gemeinschaft mit höheren geistigen Wesenheiten, mit den Wesenheiten der höheren Hierarchien. Der Mensch baut sich eben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt in vieler Beziehung seinen physischen Leib in einer Geistform, in einem Geistkeime auf, und versenkt dann diesen Geistkeim, nachdem er ihn gewissermaßen verkleinert hat, soweit es nötig ist, in die physische Vererbungslinie. Und dadurch füllt sich das Geistige mit physisch-sinnlicher Substanz aus und wird zum sinnlich-physischen Keim. Aber die ganze Form, die innere Form eines Auges, die innere Form eines Ohres, sie sind herausgestaltet aus der Arbeit, die der Mensch vollbringt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt mit übersinnlichen geistigen Wesen zusammen. Und deshalb können wir sagen: Wenn wir ein menschliches Auge betrachten, so dürfen wir nicht behaupten, dieses menschliche Auge sei wie ein Salzkristall begreifbar aus dem, was sinnlich um uns herum wahrgenommen werden kann, oder das Ohr sei begreifbar aus dem, was um uns herum wahrgenommen werden kann -, sondern wir müssen sagen: Wollen wir ein menschliches Auge begreifen, wollen wir ein menschliches Ohr begreifen, dann müssen wir unsere Zuflucht nehmen zu denjenigen Geheimnissen, die wir erkunden können in der übersinnlichen Welt, müssen uns klar sein darüber, daß so ein menschliches Ohr zum Beispiele - bleiben wir bei diesem stehen - aus der übersinnlichen Welt heraus gebildet wird und dann erst, nachdem es gebildet worden ist, seine sinnliche Aufgabe antritt innerhalb der Luftsphäre, überhaupt
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innerhalb der Erdensphäre, auf physische Weise Töne oder Laute zu hören. Wir können also sagen: in solcher Beziehung ist der Mensch Abbild von Vorgängen und von Wesenhaftem in der übersinnlichen Welt.
Betrachten wir eine solche Sache einmal in ihren Einzelheiten. Wenn Sie das menschliche Ohr in seiner innerlichen Formung ins Auge fassen, so treffen Sie zuerst, wenn Sie durch den äußeren Gehörgang durchsehen, auf das sogenannte Trommelfell. Hinter diesem Trommelfell sitzen kleine, winzig kleine Knöchelchen; die äußere Wissenschaft spricht von Hammer, Amboß, Steigbügel. Man kommt dann weiter hinter diesen Knöchelchen in das innere Ohr hinein. Ich will nicht ausführlich über diese Konfiguration des inneren Ohres sprechen. Aber schon die Bezeichnungen, die diese winzigen Knöchelchen haben, die man gleich hinter dem Trommelfell trifft, die Bezeichnungen, die diesen Knöchelchen die äußere Wissenschaft gibt, zeigen, daß eben diese äußere Wissenschaft gar keine Ahnung von dem hat, was da eigentlich vorliegt. Wenn man mit anthroposophischer Geisteswissenschaft diese Sache zu durchleuchten versteht, dann nimmt sich - ich will jetzt in der Betrachtung von innen nach außen gehen - dasjenige, was zuerst mehr auf dem inneren Teil des inneren Ohres aufsitzt, und was die Wissenschaft Steigbügel nennt, das nimmt sich aus wie ein umgewandelter, metamorphosierter menschlicher Oberschenkel mit seinem Ansatz an der Hüfte. Und dasjenige, was die Wissenschaft Amboß nennt, dieses kleine Knöchelchen, das nimmt sich aus wie eine umgewandelte Kniescheibe, und dasjenige, was von diesem Amboß dann zum Trommelfell hingeht, das nimmt sich aus wie ein umgewandelter Unterschenkel mit dem Fuß daran. Und der Fuß stützt sich in diesem Falle beim Ohr eben nicht auf den Erdboden, sondern auf das Trommelfell. Sie haben tatsächlich ein menschliches Glied im Inneren des Ohres, das umgewandelte Gliedmaße ist. Sie können auch sagen: Oberarm -, nur ist beim Arme die Kniescheibe nicht ausgebildet, es fehlt der Amboß; Sie können sagen: Unterarm - anderes kleines Gehörknöchelchen, das dann auf dem Trommelfell aufsitzt. Und ebenso wie Sie mit Ihren beiden Beinen den Erdboden befühlen, so befühlen Sie mit dem Fuß des kleinen Gehörknöchelchens das Trommelfell. Nur ist Ihr Erdenfuß,
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mit dem Sie herumgehen, grob gebildet. Da fühlen Sie grob den Fußboden mit der Fußsohle, während Sie das feine Erzittern des Trommelfells fortwährend abtasten mit dieser Hand oder mit diesem Fuße, den Sie da drinnen im Ohre haben. Wenn Sie weiter nach hinten gehen, so finden Sie darinnen die sogenannte Ohrschnecke. Diese Ohrschnecke, die ist mit einer Flüssigkeit gefüllt. Das alles ist zum Hören notwendig. Es muß sich das, was der Fuß abtastet am Trommelfell, fortsetzen nach dieser im Inneren der Ohrhöhlung liegenden Schnecke. Oberhalb unserer Oberschenkel liegt das Eingeweide. Diese Schnecke im Ohr ist nämlich ein sehr schön ausgebildetes Eingeweide, ein umgewandeltes Eingeweide, so daß Sie eigentlich sich vorstellen können, da drinnen im Ohre liegt in Wirklichkeit ein Mensch. Der Kopf ist in das eigene Gehirn hineingesenkt. Wir tragen überhaupt in uns eine ganze Anzahl von mehr oder weniger metamorphosierten Menschen. Das ist einer, der da drinnen sitzt.
Ja, was liegt denn da eigentlich vor? Sehen Sie, derjenige, der, nun nicht mit der bloßen groben sinnlichen Wissenschaft das Werden des Menschen studiert, sondern der weiß, daß dieser Menschenkeim, der sich im Leibe der Mutter ausbildet, eben das Abbild ist desjenigen, was im vorirdischen Leben vorangegangen ist, der weiß auch, daß in den ersten Stadien der Kindeskeimesentwickelung eigentlich im wesentlichen der Kopf veranlagt ist. Das andere sind kleine Ansatzorgane. Die Ansatzorgane, die als Stümpelchen da sind und die dann die menschlichen Beine und Füße werden, die könnten nämlich, wenn es nur auf die inneren Möglichkeiten ankäme, aus dem Keim heraus, der im Mutterleibe ist, ebensogut eine Art Ohr werden. Die haben durchaus die Anlage, ein Ohr zu werden. Das heißt, der Mensch könnte auch so wachsen, daß er nicht ein Ohr nur hier hätte und hier, sondern daß er ein Ohr nach unten hätte. Das ist zwar paradox gesprochen, aber diese Paradoxie ist völlige Wahrheit. Der Mensch könnte auch nach unten ein Ohr werden. Warum wird er denn kein Ohr nach unten? Er wird aus dem Grunde kein Ohr, weil er in einem gewissen Stadium schon seiner Keimesentwickelung in den Bereich der irdischen Schwerkraft kommt. Die Schwerkraft, die einen Stein zur Erde fallen läßt, die das Gewicht bedeutet, diese Schwerkraft lastet an dem, was ein
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Ohr werden will, gestaltet es um, und es wird der ganze untere Mensch überhaupt daraus. Unter der Wirkung der irdischen Schwerkraft wird das Ohr, das nach unten wachsen will, der untere Mensch. Warum wird denn das Ohr nicht auch so, daß es seine Gehörknöchelchen so zu hübschen Beinchen links und rechts macht? Einfach aus dem Grund, weil durch die ganze Lage des menschlichen Keimes im Mutterleib das Ohr davor geschützt ist, in den Bereich der Schwerkraft so zu kommen, wie die Beinstummeln; es kommt nicht in den Bereich der Schwerkraft. Daher bewahrt das Ohr noch dasjenige weiter fort, was es als Anlage im vorirdischen Dasein in der geistigen Welt erhalten hat; es ist ein reines Abbild dieser geistigen Welten. Was ist denn aber in diesen geistigen Welten? Nun, davon habe ich oftmals gesprochen, die Sphärenmusik ist eine Realität, und sobald wir in die geistige Welt kommen, die hinter der Seelenwelt liegt, sind wir in einer Welt, die überhaupt in Laut und Ton, in Melodie und Harmonie und Lautzusammenklängen lebt. Und aus diesen Laut- und Tonzusammenhängen formt sich das menschliche Ohr heraus. Daher können wir sagen, in unserem Ohre haben wir eine Erinnerung an unser geistiges, vorirdisches Dasein; in unserer unteren menschlichen Organisation haben wir vergessen das vorirdische Dasein und den Organismus angepaßt an die Erdenschwerkraft, an alles dasjenige, was vom Gewicht kommt. So daß, wenn man richtig versteht die Formung des Menschen, die Gestaltung des Menschen, man immer sagen kann, irgendein Organsystem zeigt, daß es angepaßt ist an die Erde, aber ein anderes Organsystem zeigt, daß es noch angepaßt bleibt an das vorirdische Dasein. Denken Sie doch, daß wir ja eigentlich, auch wenn wir schon geboren sind, noch fortsetzen dasjenige, was schon im Keimeszustand veranlagt wird. Aufrecht gehen, uns vollständig einfügen in die Schwerkraft, uns orientieren in den drei Dimensionen des Raumes, das lernen wir erst, wenn wir schon geboren sind. Aber das Ohr reißt sich heraus aus diesen drei Dimensionen des Raumes und behält die Eingliederung, die Anpassung in und an die geistige Welt. Wir sind als Menschen immer so gebildet, daß wir zum Teile eben ein lebendiges Denkmal sind für dasjenige, was wir im Verein mit höheren Wesen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt gemacht haben, und auf der anderen
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Seite ein Zeugnis dafür, daß wir uns eingliedern in das Erdendasein, das von der Schwerkraft, von dem Gewichte beherrscht wird.
Aber solche Umgestaltungen, sie sind nicht bloß in der Richtung verlaufend, wie ich eben gesagt habe, sondern auch in umgekehrter Richtung. Mit Ihren Beinen gehen Sie auf der Erde herum. Und Sie gehen - verzeihen Sie - zu guten, besseren und zu schlechteren Taten. Aber schließlich, für die Beinbewegungen bleibt es zunächst auf der Erde neutral, ob man zu guten oder zu bösen Taten geht. Aber ebenso wahr als es ist, daß sich der untere Mensch aus einer Ohranlage um- wandelt zu demjenigen, als was er auf der Erde steht mit seinen Beinen, ebenso wahr ist es, daß alles Moralische, was durch das Gehen bewirkt worden ist, ob Sie zu guten oder zu schlechten Taten gegangen sind, sich umwandelt, nachdem der Mensch durch die Pforte des Todes gegangen ist - nicht gleich, aber nach einiger Zeit - in Töne und Laute.
Wir nehmen also an; der Mensch sei zu einer schlechten Tat gegangen. Hier ist es höchstens so, daß wir nur verzeichnen können, wie sich die Beine bewegen. Aber den Beinbewegungen haftet die schlechte Tat an, wenn Sie durch die Pforte des Todes schreiten. Da verwandelt sich, nachdem der Mensch den physischen Leib abgelegt hat und nachdem er auch seinen Ätherleib abgelegt hat, alles, was in den Bewegungen der Beine lag, es verwandelt sich in einen Mißton, in eine Dissonanz in der geistigen Welt. Und der ganze untere Mensch verwandelt sich zurück in eine Kopforganisation. Die Art, wie Sie sich hier auf der Erde bewegen, wird, indem wir die moralische Nuancierung nehmen, zur Kopforganisation nach Ihrem Tode. Und Sie hören mit diesen Oh- ren, wie Sie sich moralisch benommen haben hier in der Erdenwelt. Ihre Moralität wird schöne, Ihre Unmoralität wird häßliche Musik. Und aus den konsonierenden oder dissonierenden Tönen heraus werden die Worte, wie von den höheren Hierarchien als Richtern gesprochen über Ihre Taten, von Ihnen gehört werden.
So können Sie an dem Menschen selber sehen, wie durch Wandlung und Umwandlung der Übergang von der geistigen Welt in die sinnliche und von der sinnlichen wiederum in die geistige Welt stattfindet. Ihre Hauptesorganisation ist erschöpft in der gegenwärtigen
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Erdeninkarnation. Da ist die Hauptesorganisation dazu gediehen, innerhalb des Sinnlichen das Geistige wahrzunehmen. Aber das Haupt verfällt nach dem Tode. Der andere Mensch außer dem Haupte wandelt sich nach dem Tode wiederum zurück geistig in ein Haupt, in eine Hauptesorganisation, und dieser andere Mensch wird im nächsten Erdenleben wiederum ein Haupt. So drückt sich schon in der menschlichen Gestalt die Tatsache der wiederholten Erdenleben aus. Niemand versteht das Haupt des Menschen, den Kopf, wenn er ihn nicht an- sieht als eine Umwandlung eines Leibes aus dem vorhergehenden Erdenleben. Niemand versteht den jetzigen Leib, wenn er in ihm nicht sieht den Keim eines Kopfes im nächsten Erdenleben. Und zum vollständigen Verständnis des Menschen gehört eben die Durchdringung dessen, was wir sinnlich wahrnehmen mit den Anschauungen über das Übersinnliche.
Wir können nach dieser Richtung noch manches andere Konkrete anführen. Ich habe Ihnen das letzte Mal gesagt, als ich hier zu Ihnen sprechen durfte, der Mensch erlebt in der Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt den Zustand, daß er ganz eins wird in seinem Inneren mit den Wesen der höheren Hierarchien. Da vergißt er sich eigentlich. Er ist die höheren Hierarchien selber. Er würde niemals zu sich kommen, wenn er nicht wiederum auslöschen könnte dieses Fühlen der höheren Hierarchien in sich. Dann geht er gewissermaßen aus sich heraus; aber er kommt gerade dadurch zu sich selber. Hier auf Erden kommen wir zu uns selber, wenn wir von der Außenwelt absehen und uns in unser Inneres konzentrieren. Zwischen dem Tode und einer neuen Geburt kommen wir zu uns selber, wenn wir von dem absehen, was in uns ist - nämlich die höheren Hierarchien -, dann kommen wir zu uns selber. Und die Kräfte, die uns bleiben von diesem Zu-uns-selber-Kommen, das sind die Kräfte der Erinnerung, des Gedächtnisses. Die Kräfte, die uns bleiben von dem Verbundensein mit den anderen Wesen der höheren Hierarchien, das sind die moralischen Kräfte, die Kräfte der Liebe, wodurch wir unser eigenes Wesen auf Erden liebend über die anderen Wesen ausdehnen. So daß wir in dem Liebenkönnen hier auf dieser Erde einen Nachklang haben zu dem Leben in Einheit mit den höheren Hierarchien, und in dein Erinnern, in
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dem Gedächtnisse haben wir einen Nachklang zu dem anderen Zu- stand, in dem wir auch sind zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, zu dem Uns-Befreien von den höheren Hierarchien und Zu-uns-selber-Kommen.
Nun sehen Sie, ich habe schon letzthin darauf hingedeutet, das ist etwas, was dem Atmungsprozeß ähnlich ist. Wir müssen einatmen, uns beleben; wir atmen sozusagen die Todesluft aus, denn in dem, was ausgeatmet wird, kann ja nicht gelebt werden. So atmen wir gewissermaßen geistig in der Welt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Wir vereinigen uns mit den Wesen der höheren Hierarchien, gehen wieder aus ihnen heraus. Hier auf dieser Erde haben wir einen Nachklang, ich möchte sagen, dieser Himmelsatmung. In dem, daß wir hier auf dieser Erde gehen können, passen wir uns der Schwerkraft der Erde an. Es ist das Gewicht. Umgewandeltes Ohr, habe ich gesagt. In einer ähnlichen Weise verspüren wir auch noch, wenn wir die Sache richtig betrachten können, wie wir in unserem Sprach-, in unserem Gesangsapparat eine Umwandlung desjenigen haben, was veranlagt ist in der geistigen Welt, die wir im vorirdischen Dasein durchmachen. Wir passen hier auf dieser Erde erst unsere Sprachorgane der Menschensprache an. In der Anlage zwischen dem Tode und einer neuen Geburt nehmen wir den Logos, das Weltenwort, die Weltensprache in uns auf> und aus dieser Weltensprache ist zunächst auch unser ganzes Sprach- und Gesangsorgan herausgebildet. So wie wir dieses nach unten sich streckende Ohr umwandeln in die Orientierungs- und Gehapparate, aber nicht so stark, wandeln wir auch das Sprach- und Gesangsorgan um. Beim Ohr, da bleibt nur ein treues Abbild, möchte ich sagen, desjenigen, was sich in der geistigen Welt im vorirdischen Dasein gebildet hat, beim Sprachorgan liegt die Sache mitten drinnen. Wir lernen ja erst sprechen hier auf der Erde. Aber das ist eigentlich nur eine Illusion. In Wahrheit bildet uns die Weltensprache unseren Kehlkopf und unsere ganzen Sprach- und GesangsOrgane. Nur vergessen wir den Weltenlogos, indem wir uns zur Erde neigen und durch das Keimesleben durchgehen. Und das, was sich ins Unbewußte hineingedrängt hat, das frischen wir hier auf, indem wir uns die Menschensprache aneignen.
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Aber in dieser Menschensprache, da ist in Wahrheit im Grunde genommen sowohl das Irdische deutlich wahrnehmbar, wie auch dasjenige, was vom Geistigen gebildet ist. Wir könnten keine Konsonanten sprechen, wenn wir nicht uns anpassen könnten an die Dinge der Außenwelt. In den Konsonanten haben wir immer Nachbildungen desjenigen, was die Außenwelt uns darbietet. Derjenige, der dafür ein Gefühl hat, der wird schon fühlen, wie ein Konsonant an etwas Eckiges, der andere an etwas Samtartiges ihn erinnert. Im Konsonanten haben wir etwas, worin wir uns anpassen an die Formen, an die Gestaltungen der Außenwelt. In den Vokalen geben wir unser eigenes Inneres. Wer A sagt, weiß, daß er etwas, was in seiner Seelenverfassung wie Verwunderung, wie Staunen lebt, im A zum Ausdrucke bringt. Im O ist ebenfalls ein Inneres, und jeder Vokal drückt ein Inneres aus.
Sehen Sie, es wird einmal eine von Geisteswissenschaft durchdrungene interessante Wissenschaft geben, die konstatieren wird, daß in Sprachen, in denen die Konsonanten vorwiegen, viel weniger die Menschen moralisch angeklagt werden können, weil sie viel weniger verantwortlich sind für ihre Taten als in solchen Sprachen, wo die Vokale vorwiegen. Denn die Vokale sind der Nachklang an unser Zusammenleben mit den geistigen Hierarchien. Das bringen wir mit, das tragen wir hier auf die Erde herein. Und es bleibt in uns. Es ist unsere eigene Offenbarung. In den Konsonanten passen wir uns an die äußere Welt an. Die ist irdisch, die Konsonantenwelt. Und würden wir uns eine Sprache denken können, die nur Konsonanten hat, so würde diese Sprache eine solche sein, von der etwa ein Eingeweihter sagen würde: Sie ist für das Irdische; willst du das Himmlische haben, dann mußt du die Vokale dazunehmen. Aber da gib acht, denn da wirst du dem Göttlichen gegenüber verantwortlich, das darfst du nicht so profan behandeln wie die Konsonanten.
Das haben ja die alten Hebräer getan. Da haben Sie ja die Vokale nur angedeutet, die Konsonanten bloß geschrieben. Kurz, in unserer Sprache klingt zusammen das Himmlische und das Irdische. Und wiederum sehen wir, wie wir etwas, das dem mittleren Menschen angehört, haben, was gleichsam nach zwei Seiten hingeordnet ist: nach dem Himmlischen und nach dem Irdischen. Der Kopf ist ganz nach dem
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Himmlischen hingeordnet, der andere Mensch nach dem Irdischen, strebt aber nach dem Himmlischen hin, strebt dahin so, daß er es wird,wenn er durch die Pforte des Todes getreten ist. Der mittlere Mensch,dem die Atmung angehört, und der Atmung eingegliedert Gesang und Sprache, verbindet das Himmlische mit dem Irdischen. Daher ist dieser mittlere Mensch in jeder Beziehung vorzugsweise die künstlerische Veranlagung des Menschen, die immer das Himmlische mit dem Irdischen verbindet. So können wir auch sagen: Nun ja, wenn wir den werdenden Menschen betrachten, er wird geboren ohne Orientierung in der Welt, er kann noch nicht gehen, nicht stehen. Er hat zwar schon die Aiilage, sich der Schwerkraft einzuordnen; das hat er schon vor der Geburt bekommen, indem die Schwerkraft sich seiner bemächtigt hat außerhalb des Kopfes. So etwas wie das Ohr und das Auge sind der Schwerkraft entrungen gewesen. Wir haben die Orientierung im Raume sich ausdrückend in dem Lernen des aufrechten Gehens und Stehens. Wir lernen das erst fertig, wenn wir schon geboren sind. Aus der geistigen Welt werden wir noch nicht so gestaltet, daß wir die Orientierung im Raume vollständig haben. Wenn wir so orientiert wären, könnten wir auf der Erde vielleicht schlafen, denn schließlich das Gehörknöchelchen, das den Fuß darstellt, das ist horizontal gerichtet. Wir könnten allenfalls schlafen, aber wir könnten nicht gehen. Ähnliches müssen wir vom Auge sagen. Also das eine, was wir fertiglernen hier auf der Erde, das ist die Anpassung unseres vorirdisch Erworbenen an die Schwerkraft der Erde. Das zweite, indem wir die Sprache und den Gesang lernen, ist die Anpassung an die Umgebung im Umkreis der Erde. Und dann lernen wir noch denken. Denn wir werden tatsächlich unorientiert zum Gehen und Stehen, sprachlos und nun schließlich auch gedankenlos geboren. Denn man kann nicht sagen, die kleinen Kinder können schon denken. Diese drei Dinge lernen wir fertig auf Erden. Aber diese Dinge sind alle drei metamorphosierte andere Fähigkeiten, die wir haben im vorirdischen Dasein. Sie zeigen alle drei, wie sie lebendige Denkmäler sind dessen, was im vorirdischen Dasein veranlagt war auf geistige Weise.
Nun aber, das letzte Mal habe ich Ihnen gezeigt: die Erinnerung ist hier auf der Erde der Nachklang unseres Bei-sich-Seins in der geistigen
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Welt. Die Liebe in allen Formen ist der Nachklang unseres Ausgegossenseins in die Welt der höheren Hierarchien. Und jetzt haben wir eigentlich schon unsere körperlichen Fähigkeiten, Gehen, Sprechen, Singen und Denken - das ist nur ein Vorurteil, wenn man glaubt, daß das Denken auf der Erde eine geistige Fähigkeit ist, das Erdendenken ist durchaus an den physischen Leib gebunden, ebenso wie das Gehen -, so daß wir die körperlich hervorragendsten Eigenschaften als Umwandlung, als Metamorphose vom Geistigen haben. Seelisch die hervorragendsten seelischen Fähigkeiten, Erinnerung, Liebe, Umwandlung aus dem Geistigen. Und was wir auf der Erde Geistiges haben, was ist denn das? Das ist gerade die sinnliche Wahrnehmung. Daß wir sehen> daß wir hören, daß wir riechen, schmecken und so weiter, das ist gerade die sinnliche Wahrnehmung, und die Organe dieser sinnlichen Wahrnehmung, die auf der äußeren Peripherie unseres Organismus liegen, die werden gerade aus den höchsten geistigen Regionen heraus gebildet. Aus der Sphärenharmonie das Ohr. So stark wird das Ohr aus der Sphärenharmonie heraus gebildet, daß es geschützt bleibt vor der Schwerkraft. Und die ganze Einlagerung des Ohres in dieser Flüssigkeit bezweckt, daß das Ohr geschützt ist gegen die Schwerkraft. Das Ohr ist auch in die Flüssigkeit so hineingelagert, daß die Schwerkraft nicht heran kann; dieses Ohr ist wirklich nicht ein Erdenbürger, dieses Ohr in seiner ganzen Organisation ist ein Bürger der höchsten geistigen Welt. Ebenso das Auge, und ebenso die anderen Sinnesorgane. Sehen wir auf den Körper im Gehen, Sprechen, Singen, Denken, so haben wir da die Umwandlung von Geistigem im vorirdischen Dasein. Sehen wir das Seelische, Erinnerung und Liebe: Umwandlung von Geistigem im vorirdischen Dasein. Sehen wir auf die Sinne: sie sind gerade Umwandlung des höchsten Geistigen im vorirdischen Dasein.
Hier ist es, wo wir mit anthroposophischer Geisteswissenschaft auf der einen Seite anknüpfen an den Goetheanismus, an dasjenige, was Goethe schon wußte, wo wir aber, ganz im Goetheschen Stile natürlich, weitergehen. Ich habe oftmals den Satz zitiert aus Goethe: Das Auge wird «am Lichte fürs Licht» gebildet. - Ja, aber nicht an dem Licht und für das Licht, das wir sehen. Das Licht, das wir sehen, von dem könnte nie ein Auge gebildet werden in seinen inneren Formkräften. Aber
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nehmen Sie einen Menschen, ein menschliches Antlitz. Nehmen Sie dieses menschliche Antlitz, die erhabene Stirn, die vorspringende Nase,die Augen, die Physiognomie. Wir fügen die Geste hinzu. Würden wir das bloß durch einen Registrierapparat räumlich aufnehmen, bekämen wir allerdings die Formen. Aber wenn wir einen Menschen anschauen, sind wir nicht damit zufrieden, daß wir räumlich die Formen mit einem Registrierapparat aufnehmen könnten, sondern wir schauen durch die räumlichen Bewegungen der Gesten auf das Seelische, das dahinter liegt. Sonnenlicht dringt zu uns. Draußen ist die Sonne, Sonnenlicht kommt zu uns. Das ist die vordere Seite. Die hintere Seite des Sonnenlichtes, der Geist des Sonnenlichtes ist dahinter. Und in dieser Seele und in diesem Geiste sind wir drinnen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Da ist das Licht etwas anderes. Wenn Sie vom Blick sprechen und Sie meinen das Seelische, das uns durch das Auge entgegenkommt, so meinen Sie eigentlich das, was hinter dem Auge liegt im Seelischen. Wenn ich jetzt von dem Geistigen im Lichte spreche, meine ich auch dasjenige, was in der Sonne dahinter liegt. Das ist der Geist des Lichtes, das ist die Seele des Lichtes. Das Auge, das schon fertig ist, sieht die Vorderseite des Lichtes, das Physische. Aber das Auge wird von dem Geistigen, von dem Seelischen des Lichtes, von dem, was dahinter liegt, gebildet. So müßte man sagen, wenn man den Goetheschen Satz verstanden hat: Das Auge sieht das Licht, wird aber gebildet durch die Seele, durch den Geist des Lichtes, bevor es hier auf dieser Erde physische Wesenheit annimmt.
Im ganzen Menschen sehen wir umgestaltete geistige Wesenheit, die wiederum zurückgestaltet wird. Sie übergeben mit dem Tode der Erde Ihre physischen Sinnesorgane. Aber dasjenige, was in den physischen Sinnesorganen lebt, das leuchtet auf zwischen dem Tode und einer neuen Geburt und wird gerade Ihr inneres Zusammensein mit den geistigen Wesenheiten der höheren Hierarchien. Und jetzt begreifen Sie, inwiefern die irdische tönende Welt der physische Abglanz der Himmelssphärenharmonien ist und wie der Mensch nicht ein Ergebnis dieser Erdenkräfte ist, sondern ein Ergebnis der Himmelskräfte und sich in diese Erdenkräfte hineinstellt. Und wir sehen, wie er sich hineinstellt. Er würde Ohr nach unten, und müßte, wenn er in dieser Situation
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bliebe, jedenfalls nicht gehen, sondern er müßte eine andere Art der Bewegung bekommen, er müßte sich auf den Wellen der Weltenharmonien bewegen, so wie sich im kleinen Nachbilde das Ohrknöchelchen auf den Wellen des Trommelfelles bewegt. Mit dem Ohre lernen wir hören, mit dem Kehlkopf und den Organen, die gegen den Mund zu liegen bis zum Munde hin, lernen wir sprechen und singen.
Sie hören, sagen wir, irgendein Wort: «Baum.» Sie können selbst das Wort «Baum» sprechen, verbinden damit einen Sinn. Was heißt das: Sie hören das Wort «Baum»? Das heißt, es lebt in Ihrem Ohre auf die Art, wie ich es jetzt geschildert habe, in Organen, die himmlischen Tätigkeiten nachgebildet sind, dasjenige, was Sie in dem einfachen Wort «Baum» aussprechen. Sie können das Wort «Baum» sagen. Was bedeutet das, Sie können das Wort «Baum» sagen? Das bedeutet, die irdische Luft wird durch den Kehlkopf und die Werkzeuge Ihres Mundes und so weiter in eine solche Formation gebracht, daß das Wort «Baum» zur Offenbarung kommt. Aber das ist das zweite Ohr gegenüber dem Hören. Das dritte ist aber etwas anderes, das nur nicht genügend wahrgenommen wird. Wenn Sie das Wort «Baum» hören, dann sprechen Sie mit Ihrem ätherischen Leibe leise - nicht mit ihrem physischen Leibe, aber mit ihrem ätherischen Leibe -, leise auch «Baum». Und durch die sogenannte eustachische Trompete, die vom Munde in das Ohr geht, tönt ätherisch das Wort «Baum» dem von außen kommenden Wort «Baum» entgegen. Die zwei begegnen sich und dadurch verstehen Sie das Wort «Baum». Sonst würden Sie das hören, und es wäre irgend etwas. Verstehen tun Sie es dadurch, daß Sie dasjenige, was von außen kommt, durch die eustachische Trompete zurücksagen. Und in- dem so die Schwingungen von außen sich begegnen mit den Schwingungen von innen und sich ineinanderlegen, versteht der innere Mensch dasjenige, was von außen kommt.
Sie sehen, wie wunderbar die Dinge im menschlichen Organismus ineinandergreifen. Damit ist aber etwas anderes verbunden, und das ist das Folgende. Stellen Sie sich vor, Sie haben die Absicht, den Menschen kennenzulernen in bezug auf seine Ohrenorganisation, Augenorganisation und Nasenorganisation und so weiter. Gut. Sie sagen sich, die Wissenschaft ist großartig vorgeschritten, und diese Fortschritte
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der Wissenschaft sind ja heute zwar etwas teuer zu erhalten, aber man kann sie immerhin doch erhalten, wenn man sich die nötigen Mark verschafft; man kauft sich eine Physiologie oder Anatomie, je nachdem man eben die Gestalt oder die Funktionen kennenlernen will, oder man läßt sich einschreiben an einer Universität und hört sich an, was da gesagt wird über das Auge, das Ohr, oder man liest es. Sie können ja dabei sehr vieles lernen, aber ich glaube, in einem gewissen Sinne bleibt Ihr Gemüt dabei doch kalt. Es ist schon so, es bleibt das Gemüt kalt. Lassen Sie sich ein Ohr beschreiben von der äußeren Physiologie: Ihr Gemüt bleibt kalt, wird gar nicht engagiert. Die Sache ist in diesem Sinne recht objektiv. Wenn ich Ihnen aber die Sache so beschreibe, wie ich Ihnen jetzt beschrieben habe, wie das Verstehen des Wortes zustande kommt, wie das Ohr ein Nachbild ist von himmlischer Tätigkeit, ich möchte einmal diejenige Seele kennenlernen, die dabei nicht in ein Gefühlsleben kommt, die nicht das Wunderbare der Sache empfindet, die nicht auch etwas fühlt bei einer solchen Darstellung. Man müßte ja wirklich innerlich vertrocknet sein, wenn man nicht von einer solchen Darstellung - gewiß, sie ist heute unvollkommen gegeben worden, sie könnte noch vollkommener gegeben werden, da würde das noch stärker hervortreten - zur Bewunderung der Welt und zur Bewunderung des Hereingestelltseins des Menschen aus der geistigen Welt in die physische käme.
Das ist das, was anthroposophische Geisteswissenschaft hat. Sie stellt ebenso objektiv dar wie die andere Wissenschaft. Denn da ist gar nichts Subjektives hineingemischt, wenn ich beschreibe, daß das Ohr aus den Himmelssphären heraus gestaltet ist. Aber sogleich wird das Gefühl, das Gemüt engagiert. Das zweite Glied des menschlichen Seelenlebens, das innig zusammenhängt mit dem, wie wir sind als ganze Menschen, wird dabei engagiert. Mit anderen Worten: das, was der Kopf erwirbt durch solche Wissenschaft, davon wird zugleich das Herz engagiert. Dadurch geht anthroposophische Wissenschaft auf das Herz des Menschen, sie ist nicht Kopfwissenschaft, ist Wissenschaft, die zugleich auf das Herz geht; füllt nicht nur den Kopf, sondern füllt den Menschen an, der Blutkreislauf zugleich hat, der Herz hat. Und wiederum, wenn Sie das ernst nehmen, was ich gesagt habe, wenn
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wir unsere Beine bewegen, nun ja, man kann den Mechanismus der Beinbewegung heute studieren. Aber nehmen Sie sich so ein Physiologiebuch, lassen Sie sich den Mechanismus der Beinbewegung auseinandersetzen, eines wird ganz gewiß bei Ihnen nicht angeregt: das Verantwortlichkeitsgefühl. In dem Augenblick, wo Sie erfahren, daß dasjenige, wozu, zu etwas Gutem oder etwas Schlechtem, die Beine sich bewegen, Ihnen nach dem Tode von Götterwelten entgegenklingt als Konsonanz oder Dissonanz, und die richtenden Worte über Ihre Handlungen Ihnen entgegenklingen, in demselben Augenblicke wird das Wissen von dem Menschen begleitet von dem Verantwortlichkeitsgefühl, das die Willenshandlungen dann begleitet. Und nicht nur unser Gefühlsleben, sondern auch unser Willensleben wird in Anspruch genommen von demjenigen, was wir ebenso objektiv lernen zunächst für den Kopf wie die äußere Wissenschaft. Aber es stößt in den Gefühlsmenschen und in den Willensmenschen hinein. Daher spricht anthroposophische Wissenschaft zu dem ganzen Menschen, während wir immer mehr und mehr dazu gekommen sind, nur dasjenige als Wissen zu betrachten, was nur zum Kopfe spricht. Aber was nur zum Kopfe spricht, läßt das Gemüt kalt und den Willen nimmt es gar nicht in Anspruch.
Wir stehen einmal in dieser Krisis darinnen. Daher aber muß auch das Wissen von den übersinnlichen Welten durch den ganzen Menschen erworben werden. Schon wenn man zur imaginativen Erkenntnis aufsteigt, muß man diese imaginative Erkenntnis in Tätigkeit erwerben. Die gewöhnliche Erkenntnis, sie erwirbt man sich in gewissen Kreisen, die besonders geeignet sind, sie zu erwerben; man ochst sie ein. Also man erwirbt sie sich, und man einverleibt sie dem Gedächtnisse. Kommt man durch solche Übungen, wie ich sie beschrieben habe in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» dazu, imaginative Erkenntnisse zu erwerben, oder ist man dazu veranlagt, daß einem die geistig-begriffliche Welt als Veranlagung mitgegeben ist, wie ich es beschrieben habe in meinem Buche über «Goethes Weltanschauung», ist man dadurch schon im ätherischen Erkennen darinnen, das zugleich ein Erleben ist, dann muß man sich nicht so passiv an die Welt hingeben. Man kann nicht Geisteswissenschaften ochsen - vielleicht ein schlechter
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Witz -, daher diejenigen, welche nur das Ochsen gewohnt sind, die Geisteswissenschaft verachten. Aber, nicht wahr, sie muß tätig erworben sein, Geisteswissenschaft. Man muß innerlich etwas tun dabei, in Regsamkeit sein, und dabei ist es noch immer so, daß sich dasjenige, was man zunächst in Imagination erwirbt, bald verliert. Es ist flüchtig, es verschwindet bald. Dem Gedächtnisse verleibt es sich nicht leicht ein. Nach drei Tagen ist sicher alles verschwunden, was man oben - also nur durch die gewöhnliche Anstrengung, daß man es zur Imagination gebracht hat - erreicht hat. Deshalb verfällt auch nach drei Tagen die Erinnerung im Ätherleibe nach dem Tode. Das ist dieselbe Tätigkeit. Man erinnert sich nach dem Tode durch seinen Ätherleib drei Tage ungefähr. Es ist verschieden. Sie können darüber nachlesen in meiner «Geheimwissenschaft im Umriß». Aber ungefähr drei Tage erinnert man sich, solange man den Ätherleib hat. Und ebenso weiß derjenige, der sich ein ätherisches Erkennen erworben hat, daß das nach drei Ta- gen verflogen ist, wenn er nicht alle Anstrengungen macht, es herunterzubekommen zu gewöhnlichen Begriffen.
Ich habe mir früher immer damit geholfen, daß ich alles dasjenige, was so errungen wurde, immer gleich niedergeschrieben oder in Zeichnungen niedergelegt habe; da ist nur der Kopf in Tätigkeit. Das ist nicht ein mediales Schreiben; es ist auch nicht aus dem Grunde niedergeschrieben, daß es nachher gelesen werden kann. Das würde auch ungeheuer schwer sein bei dem jetzigen Leben. Ich habe jetzt wieder, wie ich in Berlin war, gesehen, was für Stöße von Notizbüchern da aufgestapelt sind. Wollte ich irgend etwas davon lesen, so hätte ich es eben nicht, wenn ich in Dornach oder in Stuttgart bin. Es handelt sich nicht um das nachträgliche Lesen, sondern es handelt sich darum, in der Tätigkeit zu sein, die Kopftätigkeit ist. Dann vereinigt man das imaginative Denken mit dem gewöhnlichen Denken. Dann kann man es erinnern. Dann kann man darüber Vorträge halten. Wenn man nicht solche Anstrengungen machte, könnte man höchstens am nächsten Tag darüber reden; dann wäre es verschwunden, ebenso wie die Rückschau nach dem Tode nach drei Tagen verschwunden ist.
Sie sehen daraus also, daß schon das imaginative Denken sich an den ganzen Menschen richtet, und daß der ganze Mensch leben muß
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in einer solchen imaginativen Erkenntnis. Das ist bei den höheren Erkenntnissen noch viel mehr der Fall. Nun brauchen Sie sich nicht zu verwundern, daß dann auch eine solche Erkenntnis den ganzen Menschen anspricht. Aber man merkt dann auch, daß in der Welt eben noch vieles andere ist als dasjenige, was für die äußeren Sinne wahrnehmbar ist. Und man merkt vor allen Dingen, wie es möglich ist> in einer Welt zu leben, in der der Raum keine Bedeutung mehr hat. Das Musikalische ist schon ein Vorgeschmack, möchte ich sagen, für das Unräumliche. Denn das Räumliche ist ja draußen eigentlich, sagen wir, äußerlich vorhanden. Aber im Innerlichen, in dem, was durch das Musikalische eigentlich realisiert wird, da spielt ja das Räumliche höchstens im Nachklang eine Rolle. Aber bei der imaginativen Erkenntnis hört nach und nach das Räumliche ganz auf. Es wird alles zeitlich. Das Zeitliche im Imaginativen hat da die Bedeutung wie das Räumliche im Physischen. Und das führt jetzt zu etwas anderem. Das führt dazu, einzusehen, daß das Zeitliche ein Bleibendes eigentlich ist. Das Zeitliche ist wirklich ein Bleibendes. Und der, der zur imaginativen Erkenntnis aufsteigt, der lernt eben allmählich zunächst in jedem Punkte seines gewesenen Erdenseins wahrzunehmen. Man wird wiederum achtzehnjährig, wenn man schon ein ganz alter Kerl ist. Man nimmt die Jugend mit derselben Lebendigkeit wahr, wie man sie als Achtzehn- jähriger wahrnimmt. Ich meine so: nehmen Sie an, Sie haben, als Sie achtzehn Jahre alt waren, eine Ihnen nahestehende Persönlichkeit verloren. Denken Sie, wie lebendig es war, was Sie erlebt haben dabei.
Denken Sie, wie blaß das ist in der Erinnerung nach dreißig Jahren, es braucht nicht dreißig Jahre zu sein; es wird blaß. Selbst beim gefühlvollsten Menschen wird es blaß. Es muß auch im äußeren Erden- leben so sein. Aber deshalb, weil das verglimmt in der späteren Gegenwart, bleibt es dennoch vorhanden als wirkliches Glied der menschlichen Wesenheit. Und man kann sich in der Tat wieder zurückversetzen und man wird auch zurückversetzt nach dem Tode. Da erlebt man dasselbe mit derselben Intensität wieder. Das gehört zum Menschen: was er durchgemacht hat, bleibt, ist nur für die Anschauung ein Vergangenes. Daher hat es auch seine Bedeutung.
Würden Sie mit sieben Jahren geboren werden, also bis zum siebenten
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Jahre, sagen wir, in irgendeiner anderen Form des Daseins, zum Beispiel im Embryonalzustand sein, dann erst geboren werden, aber so geboren werden, daß Sie gleich die zweiten Zähne bekämen, daß Sie also die ersten Zähne schon während des Embryonalzustandes bekommen hätten, dann würden Sie niemals religiöse Menschen werden können. Denn die Veranlagung zur Religiosität würde nicht mehr weiterwirken können in ein solches Erdenleben hinein. Alles, was Sie an Religiosität in sich tragen, tragen Sie deshalb in sich, weil die ersten sieben Jahre des Lebens in Ihnen stecken. Sie nehmen sie nicht wahr als eine Gegenwart, aber sie stecken doch als Gegenwart in Ihnen. Wir sind ganz hingegeben an die Außenwelt in den ersten sieben Jahren. Darin ist religiöse Stimmung. Wir übertragen nur diese Stimmung auf anderes. In den ersten sieben Jahren haben wir den Nachahmungstrieb für alles, was uns umgibt. Später ist diese selbe Stimmung für Hingabe an Seelisch-Geistiges. - Und wenn wir im vierzehnten Jahre geboren würden, gleich geschlechtsreif, dann würden wir niemals moralische Menschen werden. Denn das Moralische müssen wir uns in innerer Ausbildung des Rhythmus zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre erwerben. Daher haben wir auch in der Volksschulerziehung so großen Einfluß auf die moralische Erziehung des Menschen. Dieses tragen wir später in uns. Wir tragen ja immer alles in uns. Wenn Sie sich in die große Zehe schneiden, dann ist das sehr weit vom Kopfe weg, aber Sie erleben doch durch den Kopf den Schmerz, den Sie da spüren. Wenn Sie heute religiös fühlen, so ist eigentlich das in Ihnen tätig, was Sie nur in bezug auf das Äußere seelisch bis zu Ihrem siebenten Jahre, bis zum Zahnwechsel erlebt haben. So wie Sie den Schmerz an der Zehe in Ihrer Kopftätigkeit spüren, so ist dasjenige, was Sie bis zu Ihrem siebenten Jahre erlebt haben, bei Ihrem vierzigsten Jahre tätig. Es ist da.
Das hat eine wichtige Konsequenz. Es gibt sehr viele Leute, die sagen: Nun ja, anthroposophische Geisteswissenschaft ist ja ganz hübsch, unterrichtet uns von den übersinnlichen Welten; aber wozu braucht man denn das zu wissen von den Erlebnissen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt? Wenn man stirbt, kommt man ja doch in diese Welten, da wird man das ja noch rechtzeitig genug erfahren. Wozu braucht
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man sich anzustrengen zwischen der Geburt und dem Tode? Man kommt ja doch hinein. - Ja, meine lieben Freunde, die Sache ist aber nicht so. Denn das Zeitliche ist Realität. Wie hier in der physischen Welt das Räumliche Realität ist, so ist für die übersinnliche Welt das Zeitliche und sogar das Überzeitliche Realität. Hier steckt im späteren Leben der kindliche Mensch noch in Ihnen. Wenn Sie durch die Pforte des Todes gehen, steckt überhaupt die ganze Zeit in einem einzigen Augenblick in Ihnen, gehört zu Ihnen, zu Ihrer Organisation. Sie können, indem Sie Mensch hier im Raume sind, sagen: Wozu brauche ich denn ein Auge? Das Licht ist ja doch um mich herum. Das Auge hat ja weiter keine Bedeutung, als das Licht zu sehen; aber herum ist es doch um mich. - Ja, so redet der auf einem anderen Gebiet, der sagt: Wozu brauchen wir Geisteswissenschaft auf Erden? Wenn wir ins Geister- reich einziehen, ist ja doch das geistige Licht um uns herum. - Das ist geradeso gescheit, wie wenn einer sagt: Das Licht ist ohnedies da, wozu brauche ich ein Auge? - Was jemand durch anthroposophische Geisteswissenschaft erfährt, das ist ja dann nicht verloren, das ist dann das Auge, wodurch er das geistige Licht wahrnimmt. Und wenn er hier auf Erden in unserem jetzigen Stadium der Menschheitsentwickelung keine geistige Wissenschaft entwickelt, dann hat er kein Auge, durch das er die geistige Welt wahrnehmen kann, und er ist wie geblendet durch das, was er erlebt.
In alten Zeiten war es so, daß die Leute noch als Nachblüte ihres vorirdischen Lebens ein instinktives Hellsehen hatten. Dieses ist vergangen und verglommen. Das ist nicht mehr da, dieses instinktive Hell- sehen. Die Menschen mußten sich in einem Zwischenstadium das Freiheitsgefühl erwerben. Aber die Menschen sind wiederum in das Stadium eingetreten, wo sie ein Auge brauchen für die geistige Welt, in die sie eintreten nach dem Tode. Und dieses Auge werden sie nicht haben, wenn sie es sich nicht hier auf Erden erwerben. So wie das physische Auge im vorirdischen Dasein erworben werden muß, so muß das Auge für das Wahrnehmen des Übersinnlichen nach dem Tode hier durch Geisteswissenschaft, durch geistiges Erkennen erworben werden. Nicht durch Hellsehen, das ist jedes Menschen eigene Sache, aber durch Verstehen mit dem gesunden Menschenverstande dessen,
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was durch die hellseherische Forschung erkundet wird. Es ist einfach nicht wahr, wenn gesagt wird, man muß selber in die geistige Welt hin- einsehen, wenn man die Dinge glauben wollte, die die Hellseher sagen.
O nein, so ist es nicht. Man gebrauche seinen gesunden Menschenverstand, und man wird einsehen, daß das Ohr eigentlich Himmelsorgan ist, man wird das durch seinen gesunden Menschenverstand einsehen. Gefunden werden kann eine solche Tatsache nur durch die hellseherische Forschung, wenn sie aber gefunden ist, kann sie durchschaut werden. Man muß sich nur darauf einlassen, die Sache durchzudenken und durchzufühlen. Und dieses Erkennen durch den gesunden Menschenverstand desjenigen, was aus der geistigen Welt heraus gegeben ist, nicht das Hellsehen, sondern dieses Erkennen, das gibt das geistige Auge nach dem Tode. Dieses geistige Auge muß sich der Hellseher ebenso erwerben, wie es der andere Mensch auch erwerben muß. Was man durch imaginative Erkenntnis erworben hat, was man er- schaut hat, verfällt nach wenigen Tagen. Es verfällt nur dann nicht,wenn man es auf den Standpunkt des gewöhnlichen Begreifens herunter- gebracht hat. Man ist gezwungen, diese Sache dann ebenso zu begreifen, wie sie der begreift, dem man sie mitteilt. Denn dasjenige, was die Aufgabe des Menschen auf Erden ist, ist ja nicht unmittelbar das Hell- sehen. Das Hellsehen muß nur da sein, damit man die übersinnlichen Wahrheiten finden kann. Aber das, was die Aufgabe des Menschen auf Erden ist, ist das Begreifen der übersinnlichen Wahrheiten mit dem gewöhnlichen gesunden Menschenverstand.
Das ist außerordentlich wichtig. Gerade das wollen auch feinere Geister der Gegenwart nicht zugeben. Als ich in Berlin einmal vor einiger Zeit in einem öffentlichen Vortrage das auseinandersetzte, da behauptete jemand, das wäre eine besondere Sünde gewesen, daß ich sagte, Geisteswissenschaft ist mit dem gesunden Menschenverstande einzusehen, denn - er stellte das nun als ein Dogma hin - der Verstand, der gesund ist, der sieht nichts Geistiges ein, und der, welcher Geistiges einsieht, von dem kann man sagen, daß er nicht gesund ist. Das wurde als eine Kritik tatsächlich eingewendet. Diese Dinge sind sehr charakteristisch, denn es beruht ja auf nichts anderem, als daß die Menschen sagen: Wer etwas Geistiges behauptet, hat überhaupt einen
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kranken Verstand. - Zu größerer Weisheit braucht man sich eben nicht aufzuschwingen als zu dieser. Aber diese Weisheit ist leider eine heute sehr verbreitete. Sie werden daraus ersehen, wie wahr das ist, was ich immer gesagt habe, daß heute die Zeit wieder gekommen ist, wo die Menschheit darauf angewiesen ist, Geistiges aufzunehmen, Geistiges sich einzuverleiben, mit Geistigem zu leben. Deshalb sollten wir nicht nur theoretisch anthroposophische Geisteswissenschaft erwerben, sondern wir sollten uns bewußt sein, daß in denjenigen, die diese Geisteswissenschaft erwerben, das Bewußtsein leben muß, den Kern einer Menschheit zu bilden, die sich immer mehr und mehr ausbreitet, und wiederum den erst ganz als Menschen ansieht, der sich seines Zusammenhanges mit dem Geistigen bewußt ist. Dann kommt nämlich über die Menschheit ein großartiges Gefühl, ein Gefühl, das vor allen Dingen auch wichtig ist, pädagogisch und didaktisch verarbeitet zu werden. Die gewöhnliche Kopferkenntnis ist eigentlich moralisch neutral. Sobald wir ins geistige Gebiet hinaufkommen, fühlen wir das geistige Gebiet überall durchdrungen von Moralität. Sie brauchen sich nur an das zu erinnern, was ich gesagt habe: im Zusammensein mit den höheren Hierarchien bilden wir die Liebe aus. Moralität auf Erden ist nur ein Nachbild eines Erlebnisses in den himmlischen Sphären. Aber wie erleben wir dann dasjenige, was wir «gut» nennen? Wir erleben es so, daß wir sagen: Der Mensch ist in Wahrheit nicht nur ein physisches, er ist auch ein geistiges Wesen. Wenn er wirklich sich in die geistige Welt einlebt, dann lernt er mit dem Geiste das Gute in sich aufnehmen.
Das ist im wesentlichen auch der Grundgedanke der «Philosophie der Freiheit». Der Mensch lernt mit dem Geiste das Gute aufnehmen. Wenn er das Gute nicht aufnimmt, ist er kein ganzer Mensch. Er ist ein verstümmelter, ein verkrüppelter Mensch. Er ist so, wie wenn ihm beide Arme weggeschossen wären. Wenn ihm beide Arme genommen sind, ist er physisch verkrüppelt. Wenn ihm das Gute fehlt, ist er seelisch-geistig verkrüppelt. Wandeln Sie diesen Gedanken mit seiner Wirkung auf Gefühl und Willen pädagogisch-didaktisch um und richten Sie die Erziehung so ein, daß der Mensch ein lebendiges Gefühl hat, wenn er geschlechtsreif wird, bis dahin muß es ausgebildet sein: Ich
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bin kein ganzer Mensch, ich habe nicht das Recht> mich Mensch zu nennen, wenn ich nicht gut bin - dann haben Sie einen guten moralischen Unterricht, einen moralischen Menschheitsunterricht gegeben, während alles Pochen auf moralisches Predigen und so weiter nichts ist. Nun, wenn Sie den Menschen so erziehen, daß er in sich das Moralische zu seinem Menschen, zu seinem individuellen Menschen gehörig betrachtet, und sich verkrüppelt fühlt, wenn er nicht das Moralische hat, eben gerade sich nicht ganz als Mensch fühlt, wenn er das Moralische nicht hat, kurz, wenn er das Moralische ganz in sich entdeckt, dann werden zwar allerlei Philosophen das schrecklich finden und es undeutsch, oder wie man will, nennen, während es gerade das reinste deutsche Produkt jedenfalls ist; aber es ist etwas, was das Geistige dann so nahe als möglich an den Menschen heranbringt, und zwar, wie wir heute es heranbringen müssen an das unmittelbar einzelne menschliche Individuum, weil nur die einzelne menschliche Wesenheit, das menschliche Individuum in dem heutigen Zeitalter zu seiner eigenen vollen Verantwortung kommt.
HINWEISE
#G218-1992-SE331 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
#TI
HINWEISE
Zu dieser Ausgabe
#TX
Die in diesem Band zusammengefaßten Vorträge Rudolf Steiners in Stuttgart, Dornach, Den Haag und Berlin waren an Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft gerichtet, ebenso die in London am 12., 16. und 19. November 1922 gehaltenen Vorträge. Daneben hielt Rudolf Steiner während seines Londoner Aufenthaltes drei halböffentliche Vorträge in der Steinway Hall (17., 18. und 19. November 1922) und am 20. November 1922 einen öffentlichen Vortrag «Erziehungskunst durch Menschenerkenntnis» auf Einladung der «Educational Union for die realisation of spiritual values» in der Morley Hall.
TextunterLagen: Die Vorträge in Dornach, London und Den Haag wurden von der Berufsstenographin Helene Finckli mitgeschrieben und von ihr in Klartext übertragen. Die Originalstenogramme liegen vor und konnten bei einigen unklaren Textstellen überprüft werden. Wer die Vorträge in Stuttgart und Berlin mitgeschrieben hat, ist nicht bekannt.
Für die 3. Auflage 1992 wurde der Band neu durchgesehen von Anna-Maria Balaster, mit erweiterten Inhaltsangaben und Hinweisen sowie einem Namenregister versehen.
Notizbucheintragungen Rudolf Steiners zu den Londoner Vorträgen sind veröffentlicht in «Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe» Nr. 106, 1991.
Der Titel des Bandes wurde vom Herausgeber H. W. Zbinden gewählt nach der 1945 erschienenen Einzelausgabe der Dornacher Vorträge vom 20., 22. und 23. Oktober 1922.
Die Titel der Londoner '/ortrage vom 18., 19. und 20. November 1922 entsprechen der Vorankündigung in «Das Goetheanum» vom 29. Oktober 1922 und dürften auf Rudolf Steiner zurückgehen. Dem Vortrag vom 19. November 1922 war bei seiner Erstveröffentlichung 1945 in «Das Goetheanum» der Titel «Erziehungs- und Unterrichtsfragen» gegeben worden, der dann auch für die Buchausgabe übernommen wurde. Für die Neuauflage von 1992 wurde wieder der ursprüngliche Titel eingesetzt. Die Titel aller anderen Vorträge dieses Bandes gehen auf die Herausgeber der früheren Einzelausgaben zurück.
Zu den Tafelzeichnungen: Die Original-Wandtafelzeichnungen und -anschriften Rudolf Steiners bei den Dornacber Vortragen sind - mit Ausnahme der zweiten Tafel vom 22. Oktober 1922 - erhalten geblieben, da die Tafeln damals mit schwarzem Papier bespannt wurden. Sie werden als Ergänzung zu den Vorträgen in einem separaten Band der Reihe «Rudolf Steiner, Wandtafelzeichnungen zum Vortragswerk» verkleinert wiederögegeben. Die in den früheren Auflagen in den Text eingefügten zeichnerischen Ubertragungen sind auch für diese Auflage beibehalten worden. Auf die entsprechenden Originaltafeln wird jeweils an den betreffenden Textstellen durch Randvermerke aufmerksam gemacht.
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Einzelausgaben:
Dornach, 20., 22., 23. Oktober 1922 «Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus>, Medizinische Schriftenreihe, 2. Heft, Dornach 1945
Den Haag, 5. November 1922 «Die verborgenen Seiten des Menschendaseins und der Christus-Impuls», Dornach 1939
London, 12., 16., 19. November 1922 «Erlebnisse der Menschenseele im Schlafe und nach dem Tode in der geistigen Welt», Dornach 1953
London, 17., 18. November 1922 «Exakte Erkenntnis der übersinnlichen Welten. Christus vom Gesichtspunkte der Anthroposophie», Dornach 1976
London, 19., 20. November 1922 «Zeitgemäße Erziehung im Kindheits- und Jugendalter>, Dornach 1971, 1976
Stuttgart, 4. Dezember 1922 «Erinnerung und Liebe. Die Erfassung des Künstlerischen in seiner Geistigkeit. Enthüllung des Ton- und Laut-Geheimnisses», Dornach 1936
Berlin, 7. Dezember 1922 «Die Erlebnisse des Menschen im ätherischen Kosmos», Dornach 1941
Folgende 10 Ttraöge waren in Zeitschriften veröffentlicht:
Stuttgart, 9. Oktober 1922 im «Nachrichtenblatt» «Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht», Beilage zur Wochenschrift «Das Goetheanum», 9.Jg. 1932, Nr.26-29.
Stuttgart, 14. Oktober 1922 im «Nachrichtenblatt», 9. Jg. 1932, Nr. 30-33, 37 London, 12. November 1922 in «Das Goetheanum», 6. Jg. 1927, Nr. 43-44 London, 16. November 1922 in «Das Goetheanum», 6. Jg. 1927, Nr. 45-47 London, 19. November 1922 in «Das Goetheanum», 6. Jg. 1927, Nr.48-51,
Schluß des Vortrages im «Nachrichtenblatt» 11.Jg. 1934, Nr.41. London, 17. November 1922 in «Das Goetheanum», 24. Jg. 1945, Nr. 5-7. London, 18. November 1922 in «Das Goetheanum», 24. Jg. 1945, Nr.8-11.
London, 19. November 1922 in «Das Goetheanum», 24. Jg. 1945, Nr. 12-15, und in «Die Menschenschule», 35. Jg. 1961, Heft 1, mit dem Titel «Erziehungs- und Unterrichtsfragen».
London, 20. November 1922 in «Die Menschenschule», 35.Jg. 1961, Heft 5. Stuttgart, 9. Dezember 1922 im «Nachrichtenblatt», 4. Jg. 1927, Nr. 15-18.
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Hinweise zum Text
Werke Rudolf Steiners innerhalb der Gesamtausgabe (GA) werden in den Hinweisen mit der BibliograPhie-Nummer angegeben. Siehe auch die Übersicht am Schluß des Bandes.
Zu Seite
12 wir werden das beim nöichsten Vortrag machen: Siehe den zweiten Vortrag dieses Bandes.
29 das letzte Mai: Siehe den Vortrag dieses Bandes.
37 Dfs wunderbare Wort uralter religiöser Zeiten. daß 'der Mensch ein Abbild des Gottes seiberistö 1.Mos. l,27.
47 möclevn er das Pauluswort e,füllt: 50 Nach dem Vortrag sPrach Rudolf Steiner noch folgende Worte zu den Zuhörern:
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51 Betrachtungen, wie wir sie vor kurzer Zeit hier angestellt haben: Rudolf Steiner «Die Grundimpulse des weltgeschichtlichen Werdens der Menschheit», GA216.
64 daß die Arterien des Auges einen eigenen Verlauf haben: In der Nachschrift steht «eigentlichen», was wohl ein Versehen ist.
67 Holzgruppe: Die von Rudolf Steiner geschaffene Holzplastik des Menschheitsrepräsenranten, welche im ersten Goetheanum hätte zur Aufstellung gelangen sollen und jetzt im zweiten Goetheanum in einem Sonderraum aufgestellt ist. Am Schluß des Vortrages sagte Rudolf Steiner: «Das soll dann in den nächsten Tagen geschehen. Da ich morgen aber nicht anwesend sein kann in Dornach, so bitte ich Sie, mir zu gestatten, daß ich die beiden Vorträge Sonntag um acht Uhr und Montag um acht Uhr hier abhalte. Ich möchte keinen Vortrag ausfallen lassen, aber morgen kann ich nicht so schnell zurück- kommen, daß ich den Vortrag sicher versPrechen könnte. »
81 Broschüre von Frau Dr. Kolisko: Lilly Kolisko (1893-1976) «Milzfunktion und Plättchenfrage», Stuttgart 1922.
83 Wolfram von Eschenbach, um 1170 - nach 1220.
Hartmann von Aue, ca. 1165 - ca. 1260.
Gottfried von Straßburg, lebte Ende des 12. bis Anfang des 13. Jahrhunderts.
84 Schreiber des Alten Testaments: Psalm 16, 7.
85 Arme Heinrich: Verslegende von Hartmann von Aue.
95 Hiopokrates von Kos, um 460-377 v. Chr.
Galen(os), 129-199.
104 johann Gottlieb Fichte, 1762-1814.
indem er den klassischen Ausspruch tat: «Wie sie über dreißig hinaus waren, hätte man zu ihrer Ehre und zum Besten der Welt wünschen mögen, daß sie stürben, indem sie von nun an nur noch lebten, um sich und die Umgebung immer mehr zu verschlimmern. » Diese Stelle ist aus dem Fragment «Episode über unser Zeitalter, aus einem republikanischen Schriftsteller» (Winter 1806/07), das in der von Fichtes Sohn herausgegebenen ersten Gesamtausgabe von Fichtes Werken VII. Band, Seite 519 ff. publiziert worden Ist.
Goethe... hat dann diese ganze Lehre in seinem «Faust» ... verspottet: Mit den Worten des Baccalaureus: «Hat einer dreißig Jahr vorüber, / So ist er schon so gut wie tot. / Am besten wärs, euch zeitig totzuschlagen.» «Faust» 11, 2. Akt, Gotisches Zimmer.
Spenglerismus: Oswald Spengler, 1880-1936, Kulturphilosoph. «Der Untergang des Abendlandes«, München 1922.
106 Am Schluß des Vortrages sagte Rudolf Steiner: «Ich muß nun wiederum die Vortragsreihe ein wenig unterbrechen. Der nächste Vortrag, der nach der Reise dann stattfindet, wird Ihnen angekündigt, meine lieben Freunde. »
107 in den öffentlichen Vortragen: Die Vorträge in Den Haag, Rotterdam und Delft in Holland vom 31. Oktober bis 6. November 1922 sind in der Gesamtausgabe noch nicht erschienen. Sie wurden veröffentlicht in «Das Goetheanum» 1941, Nr.35-48.
113, 126 Pauluswort: Galater 2, 20.
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129 Zeile 6/7:... um durch seine Arbeit seinen ganzen Zusammenhang mit dem Leben der höheren Welten zu bewirken. Diese Stelle wurde korrigiert nach einem Vergleich mit dem Originalstenogramm von Helene Finckh. In den bisherigen Auflagen lautete die Stelle: «... um durch seine Arbeit, durch seinen ganzen Zusammenhang mit dem Leben der höheren Welten zu wirken. »
130 Zu den in London gehaltenen Vortragen: Rudolf Steiner trug in deutscher Sprache vor und gliederte die Vorträge in drei Abschnitte, die jeweils unmittelbar ins Englische übersetzt wurden. Die Unterbrechungen sind durch Zwischenräume im Text gekennzeichnet.
130 das letzte Mal, als ich hier vor Ihnen sprechen du,fte: Im Vortrag vom 30. August 1922 in London über «Das Schlafeserleben des Menschen und das Leben zwischen Tod und neuer Geburt». In «Das Geheimnis der Trinität», GA214.
130 exakte Clairvoyance, die ich auch hier in London schon gesch ildert habe:Am 14. und 15. April 1922, enthalten im Band der Gesamtausgabe «Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung», GA211.
141 Am SchIuß des Vortrages sagte Rudolf Steiner: «Damit wollte ich Ihnen zunächst diese Betrachrungen hier einleiten. Sie sollen das nächste Mal, wenn wir zusammenkommen, fortgesetzt werden. »
156 Chelas, Guru: Guru heißt der Führer auf dem okkulten Entwicklungsweg in der orientaIischen Schulung. Chela (sprich Tschela) nennt man den SchüIer des Gutu.
157 wie ich es Ihnen das letze Mal gesagt habe: Siehe den vorhergehenden Vortrag dieses Bandes vom 12. November i922.
161 wie ich es das letzte Mal charakterisiert habe: Vergl. hierzu Seite 148 f. dieses Bandes.
164 wie ich im öffentlichen Vortrag gesagt habe: Siehe die Au`sfu~htungen in dem haIböffentlichen Vortrag vom i7. November 1922 auf Seite 191 f. dieses Bandes.
166 bei meinem vorigen Aufenthalte hier an diesem Orte: Siehe den Vortrag vom 30. August 1922 in «Das Geheimnis der Trinität«, GA2i4, Seite 173 ff.
171 ich habe es auch im öffentlichen Vortrage gesagt Vgl. Seite 197f. dieses Bandes.
172 die ich in dem einen Mysterium genannt habe: Im 6. Bild des vierten Mysteriendramas «Der SeeIen Erwachen«, Worte des «Hüters»: «Erkennet eure Weltenmitternacht!«, in «Vier Mysteriendramen», GA 14.
178 das Christus-Wort:
179 Am Schluß der vor MitgIiedern der Anthroposophischen Gesellschaft in London gehaltenen Vorträge führte Rudolf Steiner noch folgendes aus:
«Und nun, meine lieben Freunde, bin ich zum Abschied noch verpflichtet, ein paar Bemerkungen zu machen, die ich Sie bitte, gewissermaßen als ZweigMitteilungen hinzunehmen.
Nachdem ich jetzt dreimal hintereinander zu Ihnen sprechen durfte, habe ich nicht nur das Bedürfnis, den lieben Freunden hier für die Herbeiführung dieser Möglichkeit zu danken - was ich hiermit in allerherzlichster Weise tue -, sondern ich fühle auch die Verpflichtung, Sie auf einiges aufmerksam zu
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machen, damit keine Mißverständnisse in bezug auf die Auffassung unserer anthroposophischen Bewegung entstehen mögen.
Nicht wahr, unsere anthroposophische Bewegung soll ja nicht eine mystisch verschwommene, nebulose Theoretiker-Bewegung sein, die der Mensch sucht, um sich vom Leben zurückzuziehen, sondern sie soll eine Bewegung sein, durch die der Mensch das Geistige praktisch in alle Lebenssphären einführt. Und es gereicht gewiß zur tiefsten Befriedigung, daß zum Beispiel so etwas, wie die nun inaugurierte pädagogische Bewegung hier ins Leben getreten ist. Es ist das eine der Strömungen, durch welche Anthroposophie in die Welt einfließen kann; und so kann es ja mancherlei Bewegungen geben, durch die der Anschluß an die übrige Welt gesucht werden soll. Aber wir dürfen eines nicht vergessen: daß wir mit all diesen Bewegungen, die als Konsequenzen des Anthroposophischen auftreten, nichts erreichen können, wenn wir nicht den Impuls der Anthroposophie selbst in energischer Weise treiben. Dieser Impuls der Anthroposophie, der darauf ausgeht, das, was anthroposophisches Lehrgut ist, was anthroposophische Kräfte sind, wirklich hineinzutragen in die Welt, so daß die Erfassung des Anthroposophischen immer weiter und weiter sich ausbreitet, dieser Impuls ist es, auf den wir hauptsächlich unser Augenmerk lenken müssen. Und ich habe den Eindruck, daß hier ein guter Boden ist für die Verbreitung der Anthroposophie als solcher, für die Aufnahme der anthroposophischen Gedanken.
Nelimen wir nun dieses: Nehmen Sie an, es gelänge uns durch ein Wunder, viele Schulen zu gründen. Ja, aber was brauchen wir für diese Schulen? Wir brauchen für diese Schulen anthroposophisch gebildete Lehrlträfte, und wenn wir irgend etwas anderes begründen - gemacht muß es werden aus der Anthroposophie heraus. Bevor wir also daran denken können, daß Schulen gut wirken, brauchen wir wirkende Anthroposophen. Und es wäre hier ein guter Boden für unrnittelbare Verbreitung des anthroposophischen Impulses selber. Das müssen wir als die Hauptsache betrachten. Als die Hauptsache müssen wir dasjenige betrachten, was in die Gemüter der Menschen spirituelles Leben hineinbringt.
Man denkt zum Beispiel, daß das Eurythmische gefördert wird, wenn es in die Schulen hineinkommt, und es besteht vielleicht der Gedanke: Ja, in den Schulen, da fällt es nicht so auf, und wenn das Eurythmische so unvermerkt durch die Schule kommt, dann wird es schon gehen. - Besser ist es, wenn wir das Eurythmische, das ja ein unmittelbar aus der Anthroposophie Folgendes ist, auch vor alle Welt hinstellen, ohne uns mit ihm zu verstecken. Auch dafür werden Sie hier einen guten Boden finden, wenn Sie nur selber in die Hand nehmen, was in initiativer Weise an anthroposophisch Gemeintem vorhanden ist - sei es das Künstlerische, sei es dasjenige, was als Lehrgut wirkt - und wenn Sie das wirklich in die Welt als Anthroposophie tragen.
Dazu wird es ja vielleicht notwendig sein, daß in einer noch bewußteren Weise sich unsere lieben Freunde hier zusammenschließen und das Anthroposophische selber gerade hier in einer lebhafteren Weise noch in die Welt tragen.
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Bedenken Sie nur das, meine lieben Freunde, was ich einmal gesagt habe, in Dornach zuerst: Gerade die Englisch sprechende Bevölkerung der Erde hat durch die Rolle, die ihr zugefallen ist nach dem furchtbaren Kriege, auch eine große Verantwortung, nämlich: in erster Linie auf sich zu nehmen, was Verbreitung des spirituellen Lebens ist. Dieses kann nun wirklich gemacht werden durch das Ergreifen, durch das starke Ergreifen des anthroposophischen Impulses. Möge die Gesellschaft heute hier klein sein - glauben Sie an ideelle Magie! -, sie wird auch groß werden können, gerade weil hier viel Sehnsucht ist nach geistigem Leben. Hinter all dem, was sich auf der einen Seite als furchtbare Dekadenz geltend macht, die Sie nicht wegleugnen werden, macht sich aber vielleicht bei manchem recht unbewußt auch die Sehnsucht nach geistigem Leben geltend. Und wenn recht viel Begeisterung, recht viel Leben herrscht im anthroposophischen Impulse, dann könnte es hier gerade mit dem Spezifischen der Anthroposophie recht gut vorwärts gehen.
Ich habe den Eindruck, daß man die Anthroposophie mehr in den Hintergrund treten lassen möchte und Nebenströmungen mehr förderte. Ich möchte, daß nicht etwa das Mißverständnis entsteht, daß das mein Wunsch wäre. Die Nebenströmungen werden erst gedeihen, wenn ein mächtiger Impuls in der Anthroposophie selber wirkt. Dazu ist ein noch intensiveres ZusammenscMießen derjenigen Freunde notwendig, die hier in so lieber Weise die drei Veranstaltungen gefördert haben. Ich möchte, damit nicht Mißverständnisse in irgend einer Art entstehen, dies auch hier ausgesprochen haben. »
180 in den nachsten Tagen: Siehe die folgenden Vorträge vom 18. und 19. November 1922.
181 bei meinen letzten Vortrügen hier: Siehe London, 14. April 1922 «Erkenntnis und Initiation» und 15. April 1922 «Erkenntnis des Christus durch Anthroposophie»; veröffentlicht in «Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung», GA211.
181
202 habe ich gestern mit einigen Worten berührt: Siehe den vorhergehenden Vortrag dieses Bandes.
205 Guru: Siehe Hinweis zu Seite 156.
219 das Pauluswort: Galater 2, 20.
221 Wenn zwei oder drei im Namen des Christus vereinigt sind: Matth. 18, 20.
222 Korrektur Zeile 9 von unten: Indem aber die anthroposophische Geisteswissenschaft... Hier stand in früheren Auflagen irrtümlich «Naturwissenschaft», was auf einen Übertragungsfehler zurückzuführen ist. Die Korrektur erfolgte nach Prüfung des Originalstenogrammes.
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224 in den zwei letzten Tagen hier: Siehe die beiden vorhergehenden Vorträge dieses Bandes.
232
235 morgen in dem Abendvortrag: Siehe den folgenden Vortrag vom 20. November 1922. Dieser öffentliche Vortrag, der sich namentlich an Lehrer richtete, wurde veranstaltet von der «Educational Union for the Realisation of Spiritual Values», einer Vereinigung, die sich nach Rudolf Steiners pädagogischen Vorträgen in Oxford im August 1922 gebildet hatte.
236 Korrektur Zeile 22... durch die innere Entwickelung. In früheren Auflagen stand:
bis zur inneren Entwickelung. Die Korrektur erfolgte nach Prüfung des Originalsteno gramms.
237 KorrekturSeite 14:... jenes selbssverstünd/iche Autoritätsverhältnis. In früheren Auflagen hieß es irrtümlich «selbständige». Korrektur nach Prüfung des Originalstenogram~ mes.
241 Korrektur Zeile 5: ersehnen. In früheren Auflagen irrtümlich «ersehen».
242 Sie haben eben gehört: Bezieht sich wohl auf einIeitende Worte von seiten der «Educational Union» vor Beginn von Rudolf Steiners Vortrag.
Emil Molt, 1876-1936, Direktor der Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria, gründete 1919 die WaldorfschuIe, die zunächst für die Kinder der Angestellten und Arbeiter seiner Fabrik gedacht war. Er hatte Rudolf Steiner gebeten, die geistige Leitung der Schule zu übernehmen.
in Oxford einen Vortragszyklus zu halten: Rudolf Steiner: »Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst», GA 305.
zu Weihnachten im Goetheanum ... Vortragszyklus über Erziehungskunst: Rudolf Steiner: «Die gesunde Entwickelung des Menschenwesens. Eine Einführung in die anthroposophische Pädagogik und Didaktik», GA 303.
243 die Erziehungs~Union: Siehe Hinweis zu Seite 235.
260 was als eurythmische Kunst -.. in öffentlichen Vorstellungen in London gezeigt worden ist: Am 11. November 1922 fand in The Royal Academy of Dramatic Art in London eine öffentliche Eurvthrnieaufführung statt.
263 Zeile 6 von unten: Der mit «Dann können wir sicher sein, daß wir mit voller Ach- ..... .« eingeIeitete Satz ist im Stenogramm und in der Ausschrift Iückenhaft; es Iäßt sich aber der Sinn deutlich herauslesen, wenn das «dasjenige, was ... » auf «die Wurzel des Lebens ist» im vorhergehenden Satz, worauf es sich bezieht, wieder hineingenommen wird. Das Wort «Gegebenheiten» ist nur als «.. .heiten des Lebens» im Stenogramm vorhanden.
265 der letzten beiden Vortrüge: Siehe den ersten und zweiten Vortrag dieses Bandes.
280 die samothrakischen Mysterien, auf die Goethe im zweiten Teil seines «Faust» anspielt: Siehe «Geisteswissenschaftliche ErIäuterungen zu Goethes Faust», Band 11: «Das Faust-ProbIem. Die romantische und die klassische WaIpurgisnacht», GA273, sowie den Vortrag vom 21 - Dez. 1923 «Die Mysterien der samothrakischen Kabiren» im Band «Mysteriengestaltungen «, GA 232.
280 f. #SE218-339
282 in dem Zweige der Anthroposophischen Gesellschaft, in welchem ich durch viele jahre den Hauptteil meiner Ta~ügkeit entfalten durfte: Der Berliner Zweig, in dem dieser Vortrag stattfand, war von Rudolf Steiner und Marie Steiner-von Sivers im Jahre 1905 gegründet worden. Hier hatte er in den Jahren bis zum Beginn des 1. Weltkrieges in kontinuierlicher Arbeit seine Geisteswissenschaft vorgetragen.
290 in einem meiner Mysteriendramen: «Der Seelen Erwachen», 6. Bild.
297 Kramperl-Tee: Dialektausdruck für den von der Flechte Isländisches Moos (Cetraria islandica) bereiteten Tee.
306 Als ich vor einiger Zeit hier... sprechen konnte: Es ist nicht festzustellen, um welchen Vortrag es sich handelt, da die in Berlin gehaltenen Vorträge zur damaligen Zeit nur teilweise mitgeschrieben wurden.
307 zur Fortsetzung des heute Dargestellten: Rudolf Steiner hielt nur noch einen einzigen Vortrag im Berliner Zweig und zwar am 23. Mai 1923. Dieser Vortrag ist gedruckt im Band «Die menschliche Seele in ihrem Zusammenhang mit göttlich-geistigen Individualitäten», GA224.
308 Das letzte Mal: Siehe den Vortrag vom 4. Dezember 1922 in diesem Bande.
318 Das Auge wird
327 in Berlin... in einem öffentlichen Vortrage: Die öffentlichen Vorträge in Berlin wurden zwar mitgeschrieben, nicht jedoch die anschließenden Diskussionen. Es ist deshalb nicht festzustellen, um welchen Vortrag es sich handelte.
329 «undeutsch»: Von gegnerischer Seite waren Rudolf Steiners Gedanken verschiedentlich als «undeutsch» bezeichnet worden.
NAMENREGISTER
#G218-1992-SE340 Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus
#TI
NAMENREGISTER
#TX
Fichte, Johann Gottlieb 104
Galen 96
Goethe, Johann Wolfgang von 99, 104, 280, 318
Gottfried von Straßburg 83
Hartmann von Aue 83
Hippokrates 95
Kolisko, Lilly 81
Molt, Emil 242
Paracelsus 295
Raffael 300
Schiller, Friedrich von 280
Spengler, Oswald 104
Wolfram von Eschenbach 83 Steiner, Rudolf, Werke: Die Philosophie der Freiheit (GA4) 232, 303, 328 Goethes Weltanschauung (GA 6) 322 Theosopbie (GA9) 44, 125, 168, 273, 291, 308 Wie erlangt man Erkenntnisse derhöheren Welten? (GA 10) 29,181 (englische Ausgabe «The Way of Initiation») 273, 302, 303, 322 Die Geheimwissenschaft im Umriß (CA 13) 29, 41/42, 99, 323 Mysteriendramen (GA 14): Der Seelen Erwachen 290 Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit (GA 15) 31
Literatur
- Rudolf Steiner: Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus, GA 218 (1992), ISBN 3-7274-2180-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv. Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen. Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners. |