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Zöckler, Otto 500
Zöckler, Otto 500
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* [[a:Rudolf Steiner|Rudolf Steiner]]: ''Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule von 1904 bis 1914'', [[GA 265]] (1987), ISBN 3-7274-2650-0 {{Vorträge|265}}
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Version vom 9. August 2023, 00:09 Uhr

Zur Einführung

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Seite 011

Zur Einführung

VOM GEISTESWISSENSCHAFTLICHEN SINN

DES KULTISCHEN

(Hella Wiesberger)

Um das Verhältnis von Rudolf Steiners erkenntniskultischer Arbeitsweise, von der die in diesem Band vorgelegten Dokumente sprechen, zu seinem Gesamtwirken sachgemäß bestimmen zu können, ist es notwendig, im Fol­genden nicht nur die äußere Geschichte dieses Wirkenszweiges, sondern vorgängig seine Auffassung vom Sinn und der Bedeutung des Kultischen als solchem zu berücksichtigen.


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Nach den Erkenntnissen der Anthroposophie lebte die Menschheit in alten Zeiten in dem instinktiv-hellsichtigen Bewußtsein, daß alles Welt- und Menschenleben bewirkt, gestaltet und getragen wird durch die Schöpferkräfte einer göttlich-geistigen Welt. Dieses Bewußtsein wurde im Laufe der Zeiten immer schwächer, bis es sich durch das einzig auf die physischen Weitgesetze gerichtete Verstandesdenken der Neuzeit völlig verlor. Es war dies notwendig, weil nur so der Mensch von der schöpferischen Geistigkeit des Universums bewußtseinsmäßig unabhängig werden und sich dadurch den Freiheitssinn erobern konnte. Nunmehr besteht die Aufgabe der menschlichen Entwicklung darin, aus dem freien, von der Weltgeistigkeit nicht bestimmten Intellekt sich das Bewußtsein vom Zusammenhang mit der Weltgeistigkeit neu zu erringen.

Diese Erkenntnis war es, die es zu einem Grundanliegen Rudolf Steiners werden ließ, dem modernen Verstandesdenken einen ihm gemäßen Weg zur Geist-Erkenntnis zu bahnen. Darum beginnt der erste anthroposophi­sche Leitsatz: «Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im


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Menschen zum Geistigen im Weltall führen möchte.»1) Die konkreten Mit­tel zum Beschreiten dieses Weges finden sich im Gesamtwerk vielfach dar­gestellt, paradigmatisch in den Grundwerken «Die Philosophie der Frei­heit» und «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?».

War es den alten Kulturen selbstverständlich, dasjenige, was von kosmischer Geistigkeit innerlich erlebt werden konnte, im äußeren Leben durch Symbol und Kultushandlungen zu pflegen und dadurch das soziale Leben zu gestalten, so mußte mit dem Dahinschwinden des Bewußtseins, mit der göttlich-geistigen Welt existentiell verbunden zu sein, auch das Verständnis für den Sinn des Kultischen verlorengehen. Und so können dem modernen abstrakten Verstandesdenken, das insbesondere im Verlaufe des 20. Jahr­hunderts zu der mehr und mehr die ganze Welt beherrschenden geistigen Macht geworden ist, die überlieferten Kultformen eigentlich nur noch als unverständliche Relikte vergangener Zeiten gelten. Gleichwohl vorhande­ne kultische Bedürfnisse kommen ja nicht aus dem Intellekt, sondern aus anderen Schichten der menschlichen Seele.

Somit stellt sich die Frage, welche Gründe Rudolf Steiner als einen durch und durch modernen Denker bewogen haben können, in seiner Eso­terischen Schule Kultformen zu pflegen und später auch für andere Zusam­menhänge Kultformen zu vermitteln. Um diese Frage vollgültig beant­worten zu können, müßte die ganze tief- und weitgespannte Fülle seiner geisteswissenschaftlichen Darstellungen vom Wesen und der Aufgabe des Kultischen für die Menschen-, die Menschheits- und die Erdenentwicklung aufgezeigt werden. Da dies hier nicht möglich ist, kann nur auf einige im Zusammenhang mit der vorliegenden Publikation wesentliche Aspekte hingewiesen werden.

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1) Siehe «Anthroposophische Leitsätze», GA 26


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Kultusverständnis urständet im geistigen Schauen

Wir brauchen zu unserem komplizierten sozialen Leben, das über die Erde hin ein Chaos zu verbreiten droht ... die Harmonie zwischen Erkenntnis, Kunst, Religion und Sittlichkeit.1)


Rudolf Steiners Grundauffassung vom Kultischen wurzelt in seinem mit modernen Erkenntnismitteln geschulten geistigen Schauen, dem sich der geistige Weltinhalt als «Urgrund und Prinzip alles Seins»2) offenbart und dessen Natur ein gleichermaßen erkennendes, künstlerisch-fühlendes und religiös-verehrendes Erleben hervorruft. Solange die Menschheit in einem instinktiven Hellsehen lebte, waren die Kulturen von solchem einheitlich wissenschaftlich-künstlerisch-religiös gestimmten geistigen Schauen ge­tragen: «Was der Mensch erkannte, dem bildete er den Stoff ein; er machte seine Weisheit zur schöpferisch künstlerischen. Und indem der Mysterienschüler das, was er lernte, in seiner Lebendigkeit als das die Welt durchwaltende Göttlich-Geistige empfand, brachte er ihm seine Kultushandlung dar, gewissermaßen die geheiligte Kunst zum Kultus umgeschaffen.»3)

Der Menschheitsfortschritt forderte, daß dieses einheitliche Erleben sich in die drei selbständigen Strömungen Religion, Kunst und Wissenschaft auseinandergliederte. Im weiteren Entwicklungsgang haben sich die drei immer weiter voneinander entfernt und jegliche Verbindung zu ihrem ge­meinsamen Ursprung verloren. Das führte dazu, daß das kulturelle und soziale Leben immer chaotischer geworden ist. Damit wieder richtung-gebende Aufgangskräfte wirksam werden können, müssen die drei «uralt heiligen Ideale», das religiöse, das künstlerische und das Erkenntnis-Ideal aus moderner Geist-Erkenntnis neu gestaltet werden. Dies betrachtete Rudolf Steiner als vornehmstes Anliegen der Anthroposophie, worauf er insbesondere bei wichtigen Anlässen in der anthroposophischen Bewegung hinwies, so zum Beispiel bei der Eröffnung der ersten Veranstaltung im Goetheanum-Bau.4)

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1) Ilkley, 5. August 1923

2) «Die Ideenwelt ist der Urgrund und das Prinzip alles Seins», Beginn des «Credo. Der Ein­zelne und das All», abgedruckt in «Wahrspruchworte», GA 40.

3) Berlin, 5. März 1922

4) Dornach, 26. September 1920


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Im Sinne des bei dieser Gelegenheit ausgesprochenen Wortes: «Wem die Natur ihre offenbaren Geheimnisse durch geistiges Schauen zu enthüllen beginnt, so daß er sie ideengemäß ausdrücken und künstlerisch gestalten muß, den drängt das Innerste seines Gemütes danach, das Erschaute und in Gestaltung Festgehaltene mit religiösem Sinn zu verehren. Für ihn wird Religion das Folgeerlebnis von Wissenschaft und Kunst»1), hatte es ihn von Anfang an dazu gedrängt, die Ergebnisse seines geistigen Schauens nicht nur nach der wissenschaftlichen, sondern auch nach der künstlerischen Sei­te hin auszugestalten: nach der Seite einer Bildhaftigkeit, die geistige Reali­täten enthält. Denn «Bilder liegen hinter allem, was uns umgibt; diese Bil­der haben alle gemeint, die von geistigen Urgründen gesprochen haben» (Berlin, 6. Juli 1915). Weil es ihm gerade im Hinblick auf das soziale Leben notwendig schien, das Wesen des Geistigen nicht nur wissenschaftlich, son­dern auch bildlich anschaubar auszugestalten, darum sollte alles dasjenige, was die Anthroposophie als Weltanschauung charakterisiert, durch ihren Repräsentanten, den Goetheanumbau, auch im Bilde da sein (Dornach, 23. Januar 1920). Nachdem durch den Baubrand in der Silvesternacht des Jahres 1922 diese bildhafte Ausgestaltung der Anschauung verlorengegangen war, brachte er das, was er mit dem Goetheanum hatte vor die Welt hinstellen wollen, in der gewissermaßen lapidaren Formel zum Ausdruck:

«Das Goetheanum war empfunden als ein körperhaftes Zeichen für die Gestaltung, welche die drei Hauptinteressen der Menschheit in den Tiefen der Menschenseele gegenwärtig erstreben. Diese Hauptinteres­sen sind das religiös-moralische, das künstlerische und das Erkenntnis­Interesse.»2)

Die Ausgestaltung des erkenntnismäßigen und künstlerischen Interesses liegt klar zutage. Wie aber steht es mit Bezug auf das religiöse Interesse? Wenn dies nicht in derselben klaren Weise wahrnehmbar ist, so ergibt sich das zum einen aus der Charakterisierung der Religion als «Stimmung» der Menschenseele für das hinter dem Sinnlichen liegende Geistige (Mannheim, 5. Januar 1911), zum andern aus der des öfteren zu findenden Aus­sage, daß das in sich religiös-moralisch wirkende Wesen der Anthroposo­phie nicht im konfessionellen Sinne religionsbildend auftreten könne, daß

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1) Autoreferat der Ansprache vom 26. September 1920 zur Eröffnung des ersten Hochschul­kurses am

Goetheanum, geschrieben iür die «Waldorf-Nachrichten», III.Jg. März 1921.

2) In einem Entwurf zu einem Artikel über das niedergebrannte Goetheanum.


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geisteswissenschaftliche Bestrebungen nicht «ein Ersatz» für religiöse Übung und das religiöse Leben sein sollten, daß man die Geisteswissen­schaft «nicht zur Religion» machen sollte, obwohl sie «in höchstem Maße» eine «Stütze», eine «Unterbauung» des religiösen Lebens sein kann (Berlin, 20. Februar 1917). Anthroposophie als Wissenschaft vom Übersinnlichen und die Anthroposophische Gesellschaft als deren Gemeinschaftsträger sollten nicht an ein bestimmtes Religionsbekenntnis gebunden sein, da die Anthroposophie ihrem Wesen nach interreligiös ist. Auch ihre zentralste Erkenntnis, die Erkenntnis von der Bedeutung des Christus-Geistes für die Menschheits- und Erdenentwicklung, beruht nicht auf derjenigen der christlichen Konfessionen, sondern auf der Einweihungswissenschaft, aus der alle Religionen einmal hervorgegangen sind. In diesem Sinne charakte­risiert er es einmal als einen «Grundnerv» der geisteswissenschaftlichen Forschungsaufgaben, den allen Religionen gemeinsamen übersinnlichen Wahrheitsgehalt herauszuarbeiten und dadurch «gegenseitiges Verständnis der einzelnen aus den Initiationen hervorgehenden religiösen Strömungen über die Erde zu bringen» (Berlin, 23. April 1912)1). Daraus ergibt sich als logische Folge, daß von der Anthroposophie her gesehen praktische Reli­gionsausübung innerhalb einer Konfession Privatsache des Einzelnen sein muß. Das findet sich auch in den Statuten der Gesellschaft von Anfang an ausgedrückt. 2)

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1) Dies gehörte auch schon zu den Zielen der Theosophischen Gesellschaft. (Punkt 2 der drei Grundsätze lautet: «durch Erforschung des Wahrheitskernes der Religionen, Wissen­schaften und Weltauffassungen aller Zeiten und Völker den Menschen zu einer höheren Erkenntnis zu führen.»)

2) Schon in den Statuten der Theosophischen und dann auch in denjenigen der Anthropo­sophischen Gesellschaft findet sich von Anfang an, daß die Mitgliedschaft nicht an ein Religionsbekenntnis gebunden ist.


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Das Ideal von der Sakramentalisierung des ganzen Lebens

Sakramentalismus ist ein Ausdruck dafür, daß die menschliche Handlung von Heiligkeit durchglüht ist.1)

Was bloß auf dem Kirchenaltar vollzogen wurde, das muß die ganze Welt ergreifen.2)


Die Fähigkeit, erleben zu können, wie im Kultischen geistig Wesenhaftes auf sinnenfällige Weise vollzogen wird, mußte dahinschwinden, weil es nun einmal entwicklungsgesetzlich bedingt ist, daß Kräfte verlorengehen müssen, um auf anderer Stufe neu erobert werden zu können. Dazu muß jede Entwicklung in einem siebengliedrigen Rhythmus verlaufen: von der ersten bis zur vierten Stufe evolutiv, von der fünften bis zur siebenten Stufe dagegen involutiv, also rückläufig. Das heißt: Die dritte, zweite und erste Stufe müssen als fünfte, sechste und siebente nochmals durchlebt werden, aber nun mit dem, was bis zur vierten Stufe als Neues errungen worden ist. Für die Erdenmenschheit besteht das neu zu Erringende in der Sonder- oder Ichheit, die sich in der Phase der Evolution physisch aus Geburt und Tod entwickelt und in der Phase der Involution sich zu Freiheit und Liebe vergeistigen soll. Letzteres aber erfordert, den zur Entwicklung der Son­derheit und des Freiheitssinnes notwendig gewesenen Egoismus zu opfern.

Auf dieses Grundgesetz der mikro­makrokosmischen Entwicklung fin­det sich im Gesamtwerk vielfach hingewiesen. Besonders anschaulich, weil in Diagrammen (S. 17 und 18) und Meditation gebracht, kommt es in den folgenden Aufzeichnungen zum Ausdruck:

Handschriftliche Eintragung in einem Notizbuch aus dem Jahre 1903 (Archivnummer 427)

Schreitend bewegst du durch des Denkens Macht dich auf den Fluten des Sonderseins und folgst sieben Richtkräften unter der Wahrheit Führung: Lust zieht dich hinab, die Richtkräfte stellend in des Unglaubens Gewalt; Geist zieht dich hinan, die sieben hebend zu der tönenden Sonne.

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1) Köln, 27. Dezember 1907

2) Dornach, 27. November 1916


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1. In dem Sondersein entdecke das Gesetz: denn das Gesetz wob der erste der Sieben in den Stoff.

2. In der Bewegung entdecke das Leben: denn das Leben goß der zweite der Sieben in den Stoff.

3. In dem Verlangen entdecke die Person: denn die Person prägte der dritte der Sieben in den Stoff.

4. In dem Gedanken entdecke dich: denn dem Ich schenkte der vierte der Sieben sein Selbst.

5. In deinem Verlangen entdecke die Entsagung: denn durch die Ent­sagung opferte sich der fünfte der Sieben, auf daß du Selbst seiest.

6. In deiner Bewegung entdecke die selige Ruhe: denn die selige Ruhe opferte der sechste der Sieben, auf daß du als Selbst lebend dich bewegst.

7. In deinem Sondersein entdecke dein ewiges Gesetz: denn als ewiges Gesetz hat der siebente der Sieben dein Selbst in Sonderheit geschaf­fen, und wird es als ewiges Gesetz aus der Sonderheit führen.


Die Kraft zur Rückentwicklung wurde der Menschheit geboren, als der den kosmisch-menschheitlichen Evolutions-Involutionsprozeß bewirkende Weltengeist Christus historisch in Erscheinung trat und durch das große Opfer auf Golgatha zum führenden Geist der Erde wurde:

« Daß der Mensch sich wieder zurückentwickeln kann zu einem Be­wußtsein von seiner geistigen Beziehung [zum Kosmos], das verdankt man dem Mysterium von Golgatha. Aber man muß das, was man dem Mysterium von Golgatha verdankt, aus freiem inneren Antrieb heraus suchen. Das Christentum setzt Freiheit voraus.» (Dornach, 11. Februar 1920)

Nachdem von unserem Zeitalter an diese Bewußtseins-Rückentwicklung einzusetzen hat, ergibt sich als notwendig, daß das christliche Freiheits­element auch dem Wesen des Kultus, dem Sakramentalismus einverleibt werden muß. Das heißt, daß zunehmend nach der Zukunft hin nicht mehr der eine für die anderen alle das Opfer zu vollbringen haben wird, sondern daß der eine mit dem anderen gemeinschaftlich das Gleichwerden der Menschen


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gegenüber dem Christus, der als Sonnenwesen auf die Erde heruntergestiegen ist, erleben soll (Dornach, 23. Dezember 1922). Freiheit, Indivi­dualismus im Religiösen, im Sakramentalismus, bedeute aber für die Gei­steswissenschaft nicht, daß jeder Mensch seine eigene Religion haben solle das müßte nur zur völligen Zersplitterung der Menschheit in einzelne Indi­viduen führen , sondern daß durch das Aufnehmen geisteswissenschaftli­cher Erkenntnisse eine Zeit kommen wird, «wenn sie auch noch so ferne liegt», in der die Menschheit immer mehr und mehr von der Erkenntnis der innerlichen Wahrheitswelt ergriffen werden wird. Und dadurch werde dann «trotz aller Individualität, trotzdem jeder die Wahrheit einzeln in sich finden wird, Übereinstimmung herrschen»; unter völliger Wahrung von Freiheit und Individualität wird man sich dann in freien Zusammen­hängen zusammenschließen (Berlin, 1. Juni 1908).

In diesem Sinne wurde immer wieder darauf hingewiesen, daß dasjenige, was bisher bloß auf dem Kirchenaltar vollzogen wurde, die ganze Welt er­greifen muß, daß alle menschlichen Tätigkeiten ein Ausdruck des Über­sinnlichen werden sollen. Insbesondere seit dem ersten Weltkrieg ist im­mer stärker betont worden, wie wichtig es für das ganze soziale Leben ist, sich wieder in ein harmonisches Zusammenleben mit dem Universum hin-einzufinden, da die Menschheit sonst dazu verurteilt ist, «immer mehr und mehr die Disharmonie im sozialen Zusammenleben zu entwickeln, und immer mehr und mehr Kriegsstoff über die Welt auszusäen». Zu aufstei­genden Kulturkräften wird man nicht wieder kommen, solange man vor allem in Wissenschaft und Technik neben einer abgesonderten Religion nur dem menschlichen Egoismus dient, solange man am Laboratoriums- und Experimentiertisch ohne das verehrende Bewußtsein für das «große Weltgesetz» forscht und experimentiert. «Der Laboratoriumstisch muß zum Altar werden», ist eine Formel, der man immer wieder begegnet.1)

Daß es dazu noch eines langen Weges bedürfen wird und darum Tole­ranz geübt werden sollte, sowohl von seiten derer, die die alten Formen weiterzupflegen haben, wie von seiten derer, die das Zukünftige erstreben sollten, geht aus den folgenden Äußerungen hervor:


«Freilich, so wahr es ist, daß in bezug auf das spirituelle Leben ein ganz neues Zeitalter anbricht, so wahr ist es auch, daß der Weg zu dem Christus,

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1) Heidenheim, 29. April 1918. Siehe auch «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit» (1911) GA 15; Dornach, 27. November 1916; Zürich, 9. Oktober 1918; Dornach, 30. Dezember 1922.


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der für viele Jahrhunderte der richtige war, es auch für viele Jahr­hunderte noch bleiben wird. Die Dinge gehen nach und nach ineinander über. Aber das, was früher richtig war, wird sich nach und nach in ein anderes verwandeln, wenn die Menschen dafür reif werden.» (Karlsruhe, 13. Oktober 1911)

«Gleich wie derjenige der dadurch, daß er den Geist des Mysteriums von Golgatha, den Christus, in seinem Innern so tief ergriffen zu haben glaubt, daß er unmittelbar, man möchte sagen mit diesem Christus pflegen kann mit Verständnis hinblicken muß auf die, welche die positiven Satzungen eines Bekenntnisses brauchen, welche den Christus-Diener brauchen, der ihnen immer wieder und wiederum Trost mit den Worten gibt: Deine Sünden sind dir vergeben sollten auf der ande­ren Seite tolerant sein diejenigen, welche sehen, daß Menschen da sind, die schon mit sich selbst fertig werden. Das mag alles ein Ideal sein im Erdendasein, aber wenigstens der Anthroposoph darf zu einem solchen Ideal aufblicken.» (Norrköping, 16. Juli 1914)


Aber nicht nur auf die Bedeutung des Kultischen für die individuelle, sondern auch für die ganze Menschheits- und Erdenentwicklung wurde hingewiesen. In Vorträgen, die in der Zeit gehalten wurden, in denen sich die religiöse Erneuerungsbewegung «Die Christengemeinschaft» begründe­te und in denen das Wort fiel, daß in dem Kultus die Mysterien stecken, die sich «in ihrer vollen Bedeutung» erst in der Zukunft offenbaren werden, «eben die Mysterien der kommenden Zeit», wurde ausgeführt, daß eine Zeit kommen werde, in der die Erde nicht mehr sein wird; alles, was heute an Stoffen die Naturreiche und die Menschenleiber ausfüllt, wird im Wel­tenall zerstäubt sein. Auch alle durch die maschinelle Technik bewirkten Vorgänge werden der Vergangenheit angehören. Aber dadurch, daß durch «richtige» Kultushandlungen, die aus einem «richtigen Erfassen der geisti­gen Welt» hervorgehen, in diese untergehenden Natur- und Kulturprozesse elementar-geistige Wesenheiten, die mit der Fortentwicklung der Erde zu tun haben, hereingerufen werden können, werde die Erde aus der Vernich­tung neu auferstehen (Dornach, 29. September 1922).

Eine andere tief in die Gesamtentwicklung von Menschheit und Kosmos hineinleuchtende Begründung für das Wort, daß in dem Kultischen die Mysterien der Zukunft liegen, ergibt sich aus jenem geisteswissenschaftli­chen Forschungsergebnis, wonach das Göttlich-Geistige des Kosmos durch das freie, aus dem Ich-Bewußtsein heraus selbstverantwortlich gewordene


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Menschentum in der Zukunft ein anderes Wesen als bisher offenbaren werde: «Nicht mehr dieselbe Wesenheit, die einst als Kosmos da war, wird da durch die Menschheit aufleuchten. Das Göttlich-Geistige wird im Durchgang durch das Menschentum ein Wesen erleben, das es vorher nicht offenbarte.»1) Für diese neue Offenbarungsweise des kosmischen Geistwe­sens werden somit auch erst in der Zukunft die entsprechenden Kultfor­men entstehen können, da das Wesen eines echten Kultus darin besteht, «daß er das Abbild ist von demjenigen, was in der geistigen Welt vorgeht» (Dornach, 27. Juni 1924).

Voraussetzung zu all dem ist die Spiritualisierung des Denkens. Erst davon ausgehend wird man dazu kommen können, nach und nach alle Lebensbetätigungen zu sakramentalisieren. Dann werden sich aus der Er­kenntnis der geistigen Wirklichkeiten heraus auch die alten Zeremonien ändern, weil es da, wo man Wirklichkeiten hat, keiner Symbole mehr bedarf (Karlsruhe, 13. Oktober 1911, und Arbeitervortrag Dornach, 11. September 1923).

Mit dem Ändern der Zeremonien sind hier die christlichen Sakramente gemeint, in denen für die traditionelle christliche Anschauung der Sinn des Christentums enthalten ist, deren Ursprung aber bereits in den antiken Mysterien zu suchen ist. Erst im 16. Jahrhundert mit der durch das Triden­tinum 1546 als allein authentisch erklärten Bibelübersetzung, der Vulgata trat an die Stelle des griechischen «mysterion» das lateinische «sacra­mentum». Der Begriff der Sakramente findet sich im kirchlichen Sprachge­brauch jedoch schon seit dem Kirchenvater Tertullian im 2. Jahrhundert. Hinsichtlich der Anzahl, Bedeutung und Wirkung war die Auffassung allerdings schwankend, bis die römisch-katholische Kirche auf dem Konzil von Ferrara-Florenz 1439 ihre Anzahl auf sieben festsetzte (Taufe, Abend­mahl, Buße, Firmung, Ehe, Ordination, letzte Ölung) und zum Dogma erhob, daß die Sakramente von Christus eingesetzte, aus einem sichtbaren Element (materia) und rituellen Worten (forma) bestehende Handlungen sind, durch die die heiligmachende Gnade übertragen wird.

Wenn dagegen die evangelische Kirche nur zwei Sakramente, die Taufe und das Abendmahl, anerkennt, so rührt dies nach Rudolf Steiners Darstel­lung im Vortrag Stuttgart, 2. Oktober 1921, davon her, daß man in der Zeit der Reformation schon keinen Sinn mehr für die innere Zahlenkonstitution

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1) Siehe «Anthroposophische Leitsätze» (Aufsatz «Menschheitszukunft und Michael-Tätigkeit»), GA 26.


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der Welt gehabt hat. Denn der Gedanke der sieben Sakramente sei ursprünglich aus der alten Erkenntnis hervorgegangen, daß die Gesamtent­wicklung des Menschen von Evolutions- und Involutionsprozessen be­wirkt wird. Mit den sieben Sakramenten sollte darum den sieben Stadien, durch die der Mensch im Leben einschließlich des Sozialen geht und in de­nen er teils evolutive, teils involutive Werte entwickelt, die entsprechenden Gegenwerte hinzugefügt werden. Die sieben Stadien im menschlichen Le­ben sind: Geburt, Stärke (Reife), Nahrung, Zeugung, Wiedererlangung, Rede, Verwandlung. Sie werden wie folgt charakterisiert. Die den Geburts­kräften innewohnende Involution ist der mit dem Geburtsprozeß einset­zende Sterbeprozeß; er sollte geheiligt werden durch das Sakrament der Taufe. Der gesamte Reifeprozeß einschließlich der Geschlechtsreife sollte geheiligt werden durch das Sakrament der Firmung (Konfirmation). Mit dem als «Nahrung» bezeichneten Prozeß ist die Verleiblichung des Geistig-Seelischen im Physisch-Leiblichen gemeint, das heißt, zwischen Geistig-Seelischem und Physisch-Leiblichem muß der richtige Rhythmus herge­stellt sein, damit das Seelisch-Geistige nicht in das Tierische hinuntersinkt, aber auch nicht in weltenfremde Geistigkeit sich verliert. Die diesem Evo­lutionsprozeß innewohnende Involution sollte geheiligt werden durch das Sakrament des Heiligen Abendmahles. Verbunden mit diesem rhythmi­schen Schwingungsprozeß zwischen Seelisch-Geistigem und Physisch-Leiblichem ist die Möglichkeit, auch in der Zeit immer wieder zurück-schwingen zu können durch das Erinnerungsvermögen. Zur vollständigen Entwicklung bedarf es der Erinnerung an vorhergehend erlebte Erdener­fahrungen. Die dem aus dem menschlichen Wesen evolvierenden Erinne­rungsvermögen innewohnende Involution sollte geheiligt werden durch das Sakrament der Buße, das die Gewissenserforschung, die Reue und den Vorsatz einschließt, die begangenen Fehler abzulegen und entsprechende durch sich selbst oder den Priester auferlegte Vergeltung auf sich zu neh­men, so daß der Erinnerungsvorgang durchchristet und zugleich ins Mora­lische hinaufgehoben wird. Mit diesen vier charakterisierten Prozessen sind die Evolutionsvorgänge seit der Geburt des Menschen erschöpft. Der Erinnerungsvorgang stellt schon eine starke Verinnerlichung dar, die Evc» lution nähert sich bereits der Involution. Ein natürlicher Involutionsvor­gang ist der Tod. Das entsprechende Sakrament ist die letzte Ölung. So wie vordem durch die entsprechenden natürlichen Lebensvorgänge das phy­sisch-leibliche Wesen angeregt worden ist, so soll nun durch den Ölungs-vorgang der in alter Naturerkenntnis als ein Verseeligungsvorgang angesehen


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wurde , das geistig-seelische Leben angeregt werden. «Es soll, im Rhythmus ausgedrückt, beim Tod das Physisch-Leibliche wieder ver­schwinden, das Geistig-Seelische wiederum Form gewinnen.» Das ist, was «Wandlung» genannt wird.

Da sich mit dem Tod das individuelle Leben des Menschen erschöpft, beziehen sich die beiden noch fehlenden Stadien und Sakramente auf et­was, was nicht mehr individueller Natur ist. Es ist einmal das Wechselver­hältnis des Menschen mit dem Himmlisch-Geistigen, wie es unbewußt bei jedem Menschen vorhanden ist. Wäre das nicht der Fall, könnte man den Weg nimmermehr zurückfinden. Aber es sei ein tief im Menschen verbor­gener Involutionsvorgang, «noch verborgener als dasjenige, was im Men­scheninnern geschieht, wenn er mit seinem Organismus durch den Tod geht», ein Prozeß, der im Verlauf des individuellen Lebens überhaupt nicht zum Bewußtsein komme. Den diesem Involutionsprozeß entsprechenden Evolutionsvorgang hätte man gesehen in dem Sakrament der Priesterweihe, das dem entspricht, was «Rede» genannt wird.

Das, was als Siebentes in Frage komme, sei das Abbild des Geistig-Seeli­schen im Physisch-Leiblichen, wie es in Mann und Weib zum Ausdruck komme: «Man müßte sagen, das Heruntersteigen in das irdische Leben würde durch eine gewisse Grenze bezeichnet. Das Weib erreicht diese Grenze nicht vollständig, der Mann aber überschreitet sie. Darin besteht ei­gentlich der Gegensatz im Physisch-Leiblichen.» Weil beide also eine ge­wisse Unvollkommenheit in sich tragen, bestehe zwischen ihnen ein natur-gegebener Spannungszustand. «Wenn dazu der sakramentale Evolutions­wert gesucht wird, so haben wir den gegeben im Sakrament der Ehe.»

Dieser Grundgedanke der christlichen Esoterik in bezug auf den Sakra­mentalismus daß der Mensch als unvollkommenes Wesen ins Leben tritt, teils evolutive, teils involutive Werte entwickelt, denen, um ihn zu einem sich vollständig entwickelnden Wesen zu machen, auf sakramentale Weise die Gegenwerte hinzugefügt werden sollen sei schon nicht mehr verstan­den worden, seitdem man begonnen hatte «selbstverständlich wiederum mit Recht» über das Sakramentale zu diskutieren. Heute jedoch hätten wir wiederum sehr nötig, zu Involutionswerten zu kommen.


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Spirituelles Denken als geistige Kommunion,

als Beginn eines der Menschheit der Gegenwart gemäßen kosmischen Kultus

Daß all dasjenige, was unser Verhältnis zur Welt ist, zunächst sich als kosmischer Kultus erkennt im Menschen, das ist der erste Anfang dessen, was ge­schehen muß, wenn Anthroposophie ihre Mission in der Welt vollziehen soll.1)


Wenn Rudolf Steiner mit der Vergeistigung der Sakramentsformen bei der Kommunion ansetzt, so zeigt sich dies wiederum entwicklungsgesetzlich bedingt dadurch, daß im Sakrament der Kommunion der involutive Ge­genwert zu der Verleiblichung des Seelisch-Geistigen im Physischen des Menschen liegt. Nachdem die letzte Stufe des Verleiblichungsprozesses die Bindung des Denkens an das physische Gehirn gewesen ist, muß mit der Rückentwicklung, der Wiedervergeistigung, auch bei diesem physisch ge­wordenen Denken, der Intellektualität, eingesetzt werden.

Schon in seiner ersten eigenen Buchpublikation, in der Schrift «Grund­linien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung» (1886) setzte er an diesem Punkte ein, indem er erkenntniswissenschaftlich be­gründete, wie im reinen, das heißt sinnlichkeitsfreien Denken eine Vereini­gung mit der Weltgeistigkeit vollzogen wird, was dann auch ein Jahr später mit dem sakramentalen Ausdruck «Kommunion» bezeichnet wird, wenn es heißt:

«Wer dem Denken seine über die Sinnesauffassung hinausgehende Wahr­nehmungsfähigkeit (zuerkennt), der muß ihm notgedrungen auch Ob­jekte zuerkennen, die über die bloße sinnenfällige Wirklichkeit hinaus liegen. Die Objekte des Denkens sind aber die Ideen. Indem sich das Denken der Idee bemächtigt, verschmilzt es mit dem Urgrunde des Wel­tendaseins; das, was außen wirkt, tritt in den Geist des Menschen ein; er wird mit der objektiven Wirklichkeit auf ihrer höchsten Potenz eins. Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen. Das Denken hat den Ideen gegenüber dieselbe Bedeutung wie das Auge dem Licht, das Ohr dem Ton gegenüber. Es ist Organ der Auffassung.»2)

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1) Dornach, 31. Dezember 1922

2) Siehe «Goethes naturwissenschaftliche Schriften», herausgegeben und kommentiert von Rudolf Steiner. Vorrede zu Band II. S. IV (1887), GA 1 b; die Einleitung allein siehe GA 1.


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Da der Inhalt der Anthroposophie nichts anderes ist, als was auf diese Weise aus der Welt der ideellen, der geistigen Wirklichkeit erforscht wer­den konnte und was seiner Natur nach moralisch-religiösen Charakters ist, versteht es sich von selbst, daß auch in deren Anfangszeit ausgesprochen wurde, daß durch ihre Lehren bewirkt werden soll, das ganze Leben bis in seine alleralltäglichsten Verrichtungen hinein zu heiligen, zu sakramentali­sieren, ja daß darin sogar einer der tieferen Gründe für ihr Auftreten liegt (Berlin, 8. Juli 1904). Auch wird durchsichtig, warum es in den für den hier betrachteten Zusammenhang so gewichtigen Vorträgen über «Die geistige Kommunion der Menschheit» heißt, daß die im spirituellen Denken zu er­lebende geistige Kommunion der «erste Anfang» dessen ist, was geschehen muß, wenn Anthroposophie «ihre Mission in der Welt» vollziehen soll (Dornach, 31. Dezember 1922).

Wie durch die im Geistigen vollzogene Kommunion aus dem Symbo­lum des Abendmahles Wirklichkeit werden kann, wird im Vortrag Kassel, 7. Juli 1909, so charakterisiert: Die Menschheit ist erst im Anfange der christlichen Entwickelung. Deren Zukunft liegt darin, daß die Erde als Körper des Christus erkannt wird. Denn durch das Mysterium von Gol­gatha wurde in der Erde ein neuer Lichtmittelpunkt geschaffen; bis in ihre Atome hinein wurde sie mit neuem Leben erfüllt. Darum konnte Christus beim Abendmahl, als er das Brot brach, das aus dem Korn der Erde kommt, sagen: «Dies ist mein Leib!», und indem er den Rebensaft gab, der aus dem Saft der Pflanzen kommt, konnte er sagen: «Dies ist mein Blut!» Wörtlich heißt es weiter: «Weil er die Seele der Erde geworden ist, konnte er zu dem, was fest ist, sagen: Dies ist mein Fleisch und zu dem Pflanzensaft: Dies ist mein Blut!, so wie Sie zu Ihrem Fleisch sagen: Dies ist mein Fleisch und zu Ihrem Blut: Dies ist mein Blut! Und diejenigen Men­schen, welche imstande sind, den richtigen Sinn dieser Worte des Christus zu fassen, die machen sich Gedankenbilder, die anziehen in dem Brot und in dem Rebensaft den Leib und das Blut Christi, die anziehen den Christus-Geist darinnen. Und sie vereinigen sich mit dem Christus-Geist. So wird aus dem Symbolum des Abendmahles eine Wirklichkeit.»

Jedoch, so heißt es weiter: «Ohne den Gedanken, der an den Christus anknüpft im menschlichen Herzen, kann keine Anziehungskraft ent­wickelt werden zu dem Christus-Geist beim Abendmahl. Aber durch diese Gedankenform wird solche Anziehungskraft entwickelt. Und so wird für alle diejenigen, welche das äußere Symbolum brauchen, um einen geistigen Actus zu vollziehen, nämlich die Vereinigung mit dem Christus, das


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Abendmahl der Weg sein, der Weg bis dahin, wo ihre innere Kraft so stark ist, wo sie so erfüllt sind von dem Christus, daß sie ohne die äußere physische Vermittelung sich mit dem Christus vereinigen können. Die Vorschule für die mystische Vereinigung mit dem Christus ist das Abend­mahl die Vorschule. So müssen wir diese Dinge verstehen. Und ebenso wie alles sich entwickelt vom Physischen zum Geistigen hinauf unter dem christlichen Einfluß, so müssen sich zuerst unter dem Christus-Einfluß heranentwickeln die Dinge, die zuerst da waren als eine Brücke: vom Physischen zum Geistigen muß sich das Abendmahl entwickeln, um hinzuführen zur wirklichen Vereinigung mit dem Christus. Über diese Dinge kann man nur in Andeutungen sprechen, denn nur wenn sie aufge­nommen werden in ihrer vollen heiligen Würde, werden sie im richtigen Sinne verstanden.»

Im gleichen Sinne heißt es im Vortrag Karlsruhe, 13. Oktober 1911, wie dann, wenn sich der Mensch durch das Kennenlernen der Erkenntnisse der höheren Welten, durch Konzentrations- und Meditationsübungen in sei­nem Innern ganz mit dem Elemente des Geistes zu durchdringen vermag, die in ihm lebenden meditativen Gedanken «ebendasselbe sein (werden), nur von innen heraus, wie es das Zeichen des Abendmahles das geweihte Brot von außen gewesen» ist. Friedrich Rittelmeyer berichtet in seinem Erinnerungsbuch «Meine Lebensbegegnung mit Rudolf Steiner», daß er auf die Frage: «Ist es nicht auch möglich, Leib und Blut Christi zu empfangen ohne Brot und Wein, nur in der Meditation?» zur Antwort erhielt: «Das ist möglich. Vom Rücken der Zunge an ist es dasselbe.»

Im Vortrag Dornach, 31. Dezember 1922 wird mit den Worten, daß spi­rituelle Erkenntnis «der Beginn eines der Menschheit der Gegenwart gemä­ßen kosmischen Kultus» ist, der «dann wachsen kann», angedeutet, daß die Vereinigung mit dem Weltengeiste weiter vertieft werden kann. In anderen Zusammenhängen findet sich darauf hingewiesen, wie es dazu eines be­stimmten darzubringenden Opfers bedarf, durch das man über das allge­meine Erleben der geistigen Kommunion hinaus dann zu wirklich konkre­ten kosmischen Erkenntnissen gelangen kann. Was dabei zu opfern ist, wird mit dem terminus technicus «Opfer des Intellektes» bezeichnet. Dar­unter sei jedoch keineswegs der Verzicht auf das Denken als solches, son­dern vielmehr der Verzicht auf den Egoismus, den Eigenwillen im Denken zu verstehen, der im willkürlichen Verbinden der Gedanken bestehe. Aus­führungen darüber enthalten zwei Vorträge aus dem Jahre 1904 und zwei Vorträge aus den Jahren 1923 und 1924.


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Die beiden Vorträge aus dem Jahre 1904 sind allerdings nur in einer rnangelhaften Nachschrift überliefert und deshalb bis heute ungedruckt. Darum sei hier das in Frage Kommende wörtlich angeführt. In dem Vor­trag vom 1. Juni 1904 heißt es, daß es zum Lesenkönnen in der Akasha­Chronik, zum Erforschen der kosmischen Evolution, gewisser Vorbedin­gungen bedarf, deren eine darin bestehe,

«daß man seine eigenen Gedanken zur Verfügung stellt diesem Prinzip, dieser Kraft und diesen Wesenheiten, die wir in der theosophischen Sprache die Meister nennen.1) Denn letzten Endes muß uns der Meister die nötigen Anweisungen geben, um die Akasha-Chronik lesen zu kön­nen. Sie ist geschrieben in Symbolen und Zeichen, nicht in Worten einer jetzt bestehenden oder einer der bestanden habenden Sprachen. Solange man nur die Kraft anwendet, die der Mensch gewöhnlich anwendet beim Denken und jeder Mensch, der nicht ausdrücklich daraufhin gelernt hat, wendet diese Kraft an , kann man nicht in der Akasha-Chronik lesen.

Wenn Sie sich fragen: Wer denkt?, so werden Sie sich sagen müssen: Ich denke. Sie verbinden Objekt und Prädikat miteinander, wenn Sie einen Satz bilden. Solange Sie selbst es sind, der die einzelnen Begriffe verbindet, so lange sind Sie nicht imstande, in der Akasha-Chronik zu lesen. Sie sind nicht imstande zu lesen, weil Sie Ihre Gedanken mit dem eigenen Ich verbinden. Sie müssen aber Ihr Ich ausschalten. Sie müssen verzichten auf jeden eigenen Sinn. Sie müssen lediglich die Vorstellungen hinstellen, um die Verbindung der einzelnen Vorstellungen durch Kräfte außerhalb von Ihnen, durch den Geist, herstellen zu lassen.

Es ist also der Verzicht nicht auf das Denken, wohl aber darauf, von sich aus die einzelnen Gedanken zu verbinden notwendig, um in der Akasha-Chronik zu lesen. Dann kann der Meister kommen und Sie lehren, durch den Geist von außen Ihre Gedanken zusammenfügen zu lassen zu dem, was Ihnen der universelle Weltengeist über das, was in der Geschichte sich vollzogen hat, zu zeigen vermag. Dann urteilen Sie nicht mehr über die Tatsachen, sondern dann spricht zu Ihnen der universelle Weltengeist selbst. Und Sie stellen ihm Ihr Gedankenmaterial zur Verfügung.

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1) Über die Meister siehe den Band «Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abtei­lung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914», GA 264.


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Nun muß ich etwas sagen, was vielleicht etwas Vorurteil erweckt. Ich muß sagen, was heute vorbereitend notwendig ist, um zu der Ausschal­tung des Ich zu kommen, um in der Akasha-Chronik lesen zu können. Sie wissen, wie es eine heute verachtete Sache ist, was die Mönche im Mittelalter gepflegt haben. Sie haben nämlich gepflegt das Opfer des Intellekts. Der Mönch hat nicht so gedacht, wie der heutige Forscher denkt. Der Mönch hatte eine bestimmte heilige Wissenschaft, die heilige Theologie. Über den Inhalt hatte man nicht zu entscheiden. Man sprach deshalb davon, daß der Theologe im Mittelalter seinen Verstand dazu zu gebrauchen hat, die gegebenen Offenbarungen zu erklären und zu verteidigen.1) Das war, wie man sich auch heute dazu stellen mag, eine strenge Schulung in der Hinopferung des Intellektes an einen gegebenen Inhalt. Ob das nun nach modernen Begriffen etwas Vorzügliches oder etwas Verwerfliches ist, davon wollen wir absehen.

Dieses Opfer des Intellektes, das der Mönch des Mittelalters brachte, führte zu der Ausschaltung des von dem persönlichen Ich ausgehenden Urteils, es führte ihn dazu, zu lernen, wie man den Intellekt in den Dienst eines Höheren stellt. Bei der Wiederverkörperung kommt dann das, was damals durch dieses Opfer hervorgebracht wurde, zur Aus­wirkung und macht ihn zum Genie des Anschauens. Kommt dann das höhere Schauen hinzu, dann kann er die Fähigkeit anwenden auf die Tat­sachen, die in der Akasha-Chronik zu lesen sind.» (Berlin, 1. Juni 1904)

In dem einige Wochen später gehaltenen Vortrag heißt es:

« Je weiter man auch auf dem Erkenntnisweg vorwärtsdringt, um so mehr wird man sich auch Devotion aneignen müssen; man wird immer devotioneller und devotioneller werden. Aus dieser Devotion fließt dann die Kraft zu den höchsten Erkenntnissen. Wer es dazu bringt, darauf zu verzichten, seine Gedanken zu verbinden, der gelangt zu dem Lesen der Schrift in der Akasha-Chronik Eines ist aber dabei notwendig: das persönliche Ich so weit ausgeschaltet zu haben, daß es keinen Anspruch darauf macht, die Gedanken selbst zu verbinden.

Es ist gar nicht so leicht, das zu verstehen, denn der Mensch macht darauf Anspruch, das Prädikat mit dem Subjekt zu verbinden. So lange

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1) Über die beiden Wahrheitsarten die Erkenntnis- und die Offenbarungswahrheiten in der modernen Geisteswissenschaft siehe den Vortrag Liestal, 16. Oktober 1916 in «Philo­sophie und Anthroposophie», GA 35, sowie die Studie von Hans Erhard Lauer «Erkenntnis und Offenbarung in der Anthroposophie», Basel 1958.


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er das aber tut, ist es ihm unmöglich, wirklich okkulte Geschichte zu studieren. Wenn er in Selbstlosigkeit, aber auch in Bewußtheit und Klar­heit die Gedanken aufsteigen läßt, dann tritt ein Ereignis ein, welches, von einem gewissen Gesichtspunkte aus, jeder Okkultist kennt, nämlich das Ereignis, daß sich die Vorstellungen, die Gedanken, die er früher nach seinem persönlichen Standpunkte zu Sätzen, zu Einsichten geformt hat, jetzt durch die geistige Welt selbst formen, so daß nicht er urteilt, sondern in ihm geurteilt wird. Es ist dann so, daß er sich hingeopfert hat, auf daß ein höheres Selbst geistig durch seine Vorstellungen spricht.

Das ist okkult aufgefaßt das, was man im Mittelalter das (Opfer des Intellektes genannt hat. Es bedeutet das Aufgeben meiner eigenen Mei­nung, meiner eigenen Überzeugung. So lange ich selbst meine Gedanken verbinde, und meine Gedanken nicht höheren Gewalten zur Verfügung stelle, die auf der Tafel des Intellektes dann gleichsam schreiben, so lange kann ich nicht okkulte Geschichte studieren.» (Berlin, 25. Juli 1904)


In den beiden Vorträgen Penmaenmawr, 31. August 1923, und Prag, 5. April 1924 tritt der Begriff «Opfer des Intellektes» wieder auf, und zwar im Zusammenhang mit dem Forschungsergebnis über eine verlorengegangene episch-dramatische Dichtung aus den ersten vier christlichen Jahrhunder­ten. Diese Dichtung sei durch die Mysterienlehrer jener Zeit geschaffen worden, weil sie voraussahen, daß die Menschen in der Zukunft mehr und mehr den Intellekt entwickeln werden, der ihnen zwar die Freiheit brin­gen, aber auch das Hellsehen nehmen werde, wodurch eine schwere Krise über sie kommen müsse, weil sie mit ihrem Verständnis nicht mehr hinaufreichen werden zu jenen Regionen, aus denen die eigentlichen tieferen Grundlagen der Erden- und Menschheitsentwicklung und die kosmische Bedeutung des Christentums verstanden werden können. Diese Voraus­sicht habe bei jenen Mysterienlehrern die große Sorge erzeugt, ob die Menschheit sich wirklich werde reif machen können für dasjenige, was durch das Mysterium von Golgatha in die Welt gekommen ist und darum kleideten sie die Lehre, daß es des Opfers des Intellektes bedarf, um den Christus in seiner kosmischen Bedeutung verstehen zu können, in ein «Mysteriendrama»1), in dieses verlorengegangene epische Drama. In ergrei­fender Weise sei darin dargestellt worden, wie sich ein junger Held durch

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1) Den Ausdruck «Mysteriendrama» hat sich Rudolf Steiner bei seinen Notizbucheintra­gungen zu dem Vortrag Prag, 5. April 1924, notiert. Notizbuch-Archivnummer 336.


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seine Bereitschaft, das Opfer des Intellektes zu bringen, die Hellsichtigkeit für die kosmische Bedeutung des Christentums erworben habe. Und jene Mysterienlehrer hätten mit dieser Dichtung es sei die größte gewesen, die das Neue Testament hervorgebracht habe wie eine Art Testament die Aufforderung vor die Menschheit hinstellen wollen zu dem «Sacrificium intellectus». Denn wenn die Verbindung mit dem, was durch das Myste­rium von Golgatha in die Menschheit hineingekommen ist, gefunden werden soll, dann müßte dieses Sacrificium im Grunde genommen von allen, die zum Geistesleben, zur Gelehrsamkeit streben, geübt werden:

«Über jeden gelehrt werdenden, weise werden wollenden Menschen müßte kultische Haltung, Opferhaltung kommen.» (Penmaenmawr, 31. August 1923, und Prag, 5. April 1924). Denn «Opfer ist das Gesetz für die geistige Welt» (Berlin, 16. Februar 1905); «Opfer muß sein, ohne Opfer gibt es kein Werden, keinen Fortschritt», heißt es in Notizen von einer Instruktions­stunde in Basel am 1. Juni 1914.

Künstlerisch gestaltet findet sich das «Opfer des Intellektes» im dritten Mysteriendrama «Der Hüter der Schwelle». In einem geistdramatischen Augenblick leistet darin die Geistesschülerin Maria unterstützt von dem Geisteslehrer Benediktus, der charakteristischerweise in diesem im Geist-gebiet spielenden Bild im Priestergewand auftritt vor Luzifer, dem Reprä­sentanten der egoistischen Kräfte, das Gelöbnis, in Zukunft von allem Wissen die Eigenliebe stets femzuhalten:


Niemals will ich künftig

Von jener Seligkeit mich finden lassen,

Die Menschen fühlen, wenn Gedanken reifen.

Zum Opferdienst will ich das Herz mir rüsten,

Daß stets mein Geist nur denken kann, um denkend

Des Wissens Früchte Göttern hinzuopfern.

Erkenntnis wird mir dann zum Weihedienst.


Aus den angeführten Vorträgen vom Jahre 1904 wird deutlich, daß das Opfer, das die Geistesschülerin Maria zu bringen gelobt, dem gleichkommt, was dort als «Opfer des Intellektes» charakterisiert ist.

Außer den Hinweisen auf die Spiritualisierung des Sakramentes der Kommunion im spiritualisierten Denken, finden sich auch noch Hinweise auf die Spiritualisierung des Sakramentes dem Taufe. Diese weist, im Gegen­satz zur geistigen Kommunion als einem individuellen Geschehen im Inne­ren des Menschen, auf die Spiritualisierung der äußeren Arbeit. Anfänge


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dazu könnten heute schon in Erziehung und Unterricht gemacht werden, wenn einmal jedes Menschenkind unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden wird, daß es auf seine ganz persönliche Art die Kraft des Christus-Geistes in die Welt mit hereinbringt.1) In einem anderen Zusammenhang findet sich die Bemerkung: «Dasjenige, was früher als Symbolum des Sa­kramentes der Taufe in den Mysterien vollzogen wurde, sollte heute ins au­ßere Geschehen, in die äußere Tat eingeführt werden. Spiritualisierung der menschlichen Arbeit, Sakramentalisierung im äußeren Geschehen, das ist die wahre Taufe.»2)

Die für verschiedene Gemeinschaften geschaffenen Kultformen

Kultus bindet die Menschen. die im Kultus sich vereinigen, aneinander.3)

Inwiefern Kultus gemeinschaftsbildend wirkt, wurde eingehend im Jahre 1923 behandelt, als durch verschiedene seit dem Ende des ersten Weltkrie­ges entstandene Tochterbewegungen und durch den Brand des Goetheanum eine grundlegende Neuorganisierung der Anthroposophischen Gesell­schaft notwendig geworden war. Das Problem «Gemeinschaftsbildung» war damals besonders aktuell geworden, einerseits durch die in die Gesell­schaft hereinströmende Jugend, die größtenteils aus der damaligen mit dem Gemeinschaftsideal ringenden Jugendbewegung (Wandervogelbewegung) kam, andererseits durch die im Herbst 1922, kurze Zeit vor dem Baubrand, begründete religiöse Erneuerungsbewegung «Die Christengemeinschaft». Diese Bewegung hatte sich gebildet, nachdem um 1920/21 junge Theolo­gen, zumeist noch Studenten, an Rudolf Steiner mit der Frage herangetre­ten waren, ob er nicht auch ihnen in ihrem Bedürfnis nach einer geistigen Erneuerung des religiösen Berufes raten und helfen könne. Seine Antwort ging dahin, daß er selbst die Geisteswissenschaft zu bringen habe und nicht irgendwie religionsbegründend wirken könne; wenn sie jedoch mit einer Schar von 30 bis 40 Gleichgesinnten das durchführten, was sie vorhätten,

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1) Dornach, 27. November 1916.

2) In Notizen von einer esoterischen Stunde, Hamburg, 28. November 1910

3) Dornach, 3. März 1923


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so würde das etwas ganz Großes für die Menschheit bedeuten.1) Denn er war überzeugt, daß für diejenigen Menschen, die den Weg zum Geistigen über das religiöse Praktizieren suchen wollen, die Erneuerung des christ­lich-religiösen Lebens eine tiefe Notwendigkeit sei. Und so leistete er dieser jungen Bewegung allerdings nicht als deren Begründer, sondern wie er sagte, als «Privatmann» auf das Tatkräftigste die erbetene Hilfe. Er gab in Vorträgen die Grundlagen für das, «was eine künftige Theologie braucht» und gab vor allem «einen gültigen und spirituell kräftigen, spirituell von Wesenheit erfüllten Kultus», denn eine Gesundung des religiösen Lebens müsse durch eine gesunde Gemeinschaftsbildung entstehen, die wiederum nur in einem Kultus gegeben sei (Dornach, 31. Dezember 1922, und 3. März 1923).

Nachdem durch die Begründung der «Christengemeinschaft» in der Anthroposophischen Gesellschaft eine gewisse Unsicherheit in bezug auf das Verhältnis der beiden Bewegungen entstanden war, sah er sich veran­laßt, das Thema Gemeinschaftsbildung und Kultus zu behandeln. Ausge­hend von der Frage, ob die Gemeinschaftsbildung, die durch die «Christen-gemeinschaft» aufgetreten ist, die in der Gegenwart einzig mögliche sei, oder ob sich innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft auch eine an­dere Möglichkeit finden ließe, stellte er die zwei Pole der durch den Kultus möglichen Gemeinschaftsbildung dar. Während der bekannte Pol im religi­Ösen Kultus darin liege, daß durch Wort und Handlung Wesenheiten der übersinnlichen Welten auf den physischen Plan heruntergeholt werden, handle es sich bei dem anderen Pol um einen «umgekehrten» Kultus, der dann entstehen könne, wenn man sich in anthroposophischen Arbeitsge­meinschaften durch gemeinsame Erkenntnisbemühung zu den übersinnli­chen Welten hinauf erhebe. Wenn eine Menschengruppe sich zusammen-finde, um gemeinsam dasjenige zu erleben, was aus der übersinnlichen Welt heraus durch Anthroposophie geoffenbart werden kann, «dann ist dieses Erleben in einer Menschengruppe eben etwas anderes als das einsame Erleben». Wenn dies in der richtigen Gesinnung erlebt werde, so bedeute das einen Prozeß des Aufwachens an der anderen Menschenseele und ein Sich-Erheben zur Geistgemeinschaft: «Wenn dieses Bewußtsein vorhanden ist und solche Gruppen in der Anthroposophischen Gesellschaft auftreten, dann ist in diesem, wenn ich so sagen darf, umgekehrten Kultus, in dem anderen Pol des Kultus, etwas Gemeinschaftsbildendes im eminentesten

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1) Emil Bock in «Wir erlebten Rudolf Steiner. Erinnerungen seiner Schüler», herausgegeben von M.J. Krück von Porturzyn, 1. Auilage Stuttgart 1956.


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Sinne vorhanden» und daraus könne diese «spezifisch anthroposophische Gemeinschaftsbildung» erwachsen (Dornach, 3. März 1923).

Diese ohne äußeres Zeremoniell mögliche Form kultischen Erlebens liegt offensichtlich in der Linie des durch spirituelle Erkenntnis erlebbaren kos­mischen Kultus. Gleichwohl hätte Rudolf Steiner, wenn er noch längere Zeit hätte wirken können, auch einen äußerlich zu vollziehenden Kultus geschaffen, gewissermaßen als eine wirksame Hilfe auf dem schweren We­ge zu dem im rein Geistigen zu suchenden kosmischen Kultus. Denn das Erleben des kosmischen Kultus als geistig-mystische Vereinigung des Men­schengeistes mit der Weltgeistigkeit sollte wohl immer angestrebt werden, kann aber, wenigstens heute noch, sicherlich nur selten wirklich erlebt werden. Das deutete auch Rudolf Steiner einmal mit den Worten an: «Ich erinnere daran, daß ein großer Mystiker der alexandrinischen Schule in ho­hem Alter gestand, daß er nur wenige Male im Leben jenen großen Augen­blick erlebt habe, in dem die Seele sich reif fühlt, so sich zu vertiefen, daß der Geist des Unendlichen wach wird und jener mystische Augenblick ein­tritt, wo der Gott in der Brust vom Menschen selber erlebt wird. Das sind Mittagsaugenblicke, wo die Sonne des Lebens am höchsten steht, in denen so etwas erlebt werden kann, und für diejenigen, die immer mit ihren ab­strakten Ideen zur Hand sein wollen, daß sie sagen: Wer einmal richtige Gedanken hat, dann muß ihn das zum Höchsten führen für die sind solche Mittagsstunden des Lebens, die man als Gnade des irdischen Lebens ansehen muß, keine Zeit, zu der sie gerne reisen wollen;1) für solche Ab­straktlinge muß jederzeit der Augenblick da sein, die Welträtsel zu lösen.» (Heidelberg, 21. Januar 1909).

Daß Rudolf Steiner im Jahre 1923, dem Jahr der Neugestaltung der An­throposophischen Gesellschaft, in Betracht zog, auch wieder eine anthro­posophische Kultusform zu gestalten, ergibt sich aus zwei seiner Äußerun­gen im Frühjahr 1923. Die eine fiel bei der Schilderung des «umgekehrten» Kultus als einer spezifisch anthroposophischen Form der Gemeinschafts­bildung. Da fügte er zu der Ausführung, daß viele Menschen zur Anthro­posophischen Gesellschaft kommen und nicht nur die anthroposophische Erkenntnis in abstracto, sondern eben aus dem Drang unseres Bewußt-seinsseelenzeitalters heraus auch entsprechende Gemeinschaftsbildungen suchen, die Bemerkung hinzu: «Man könnte nun sagen: die Anthropo­sophische Gesellschaft könnte ja auch einen Kultus pflegen. Gewiß, das


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1) Bezieht sich auf eine Redewendung der Irrlichter in Goethes «Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie», dem dieser Vortrag galt.


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könnte sie auch; das gehört aber jetzt auf ein anderes Feld» (Dornach, 3. März 1923). Die andere Äußerung war die Antwort auf eine ihm in einem persönlichen Gespräch gestellte Frage nach einem Kultus für die anthro­posophische Bewegung. Der Fragesteller, René Maikowski, hat dieses Gespräch wie folgt festgehalten und zur Wiedergabe zur Verfügung gestellt:

«Nach der Begründung und beim Aufbau der Freien Gesellschaft, die auf Anregung von Rudolf Steiner nach der Delegiertenversammlung Ende Februar 1923 in Stuttgart entstanden war und zu deren Comité ich gehör­te, war hier, wie auch anderorts in der Bewegung, vielfach über das Ver­hältnis unserer Arbeit zu derjenigen der Christengemeinschaft gesprochen worden, insbesondere nach Rudolf Steiners Vortrag vom 30. Dezember 1922. Es kam in unserem Mitarbeiterkreis zu einem Gespräch über unsere Aufgaben und unsere Arbeitsweise. Von einigen wurde festgestellt, daß die Christengemeinschaft es mit ihrer Arbeit leichter habe, da sie durch ihren Kultus eine tragende spirituelle Substanz habe und dadurch dem Bedürfnis nach unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geistigen entgegenkommen könnte, mehr als durch die Vortragstätigkeit, auf die sich unsere Arbeit vor allem beschränkte. So tauchte bei einigen Freunden die Frage auf, ob es wohl denkbar wäre, daß für die Gesellschaft auch einmal ein Kultus gege­ben werden könnte. Die Meinungen waren geteilt. Ich wandte mich darauf-es war im Frühjahr 1923 mit dieser Frage an Dr. Steiner selbst, den ich wiederholt auf Reisen begleiten durfte. Zu meiner Überraschung ging er auf den Gedanken einer kultischen Arbeit für die Gesellschaft als durchaus positiv ein. Er erklärte, daß es ja vor dem Kriege auch ein Kultisches gege­ben habe. In der Zukunft werde das aber eine andere Gestalt erhalten müs­sen. Es käme auch nicht die Form der Christengemeinschaft in Frage. Er charakterisierte darauf die andersartigen Grundlagen von Anthroposophie und Christengemeinschaft. Beide Bewegungen stellten einen verschiedenen Weg dar und hätten zum Teil verschiedene Meister. Eine kultische Arbeit in der anthroposophischen Bewegung müsse aus demselben geistigen Strom hervorgehen wie die Schulhandlungen, gewissermaßen eine Fortset­zung dessen werden, was in Form und Inhalt in der Opferfeier der Schule gegeben wurde. Und er deutete an, daß er darauf zurückkommen werde, nachdem er danach gefragt worden sei.»

Zu dieser neuen Gestaltung des anthroposophischen Erkenntniskultus ist es allerdings nicht mehr gekommen. Nach seinem Tode versuchte Marie Steiner eine Art Ersatz zu schaffen durch die Art, wie sie den am Goethe­anum


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veranstalteten Feiern, insbesondere der Jahresfeste, einen künstle­risch-kultischen Charakter gab.

Rückblickend zeigt sich, daß durch die an Rudolf Steiner herangetrage­nen Bedürfnisse verschiedener Lebenskreise eine Fülle von Ritualtexten entstanden ist.

Als erste entstanden die Texte für die Ritualien des interreligiösen Er­kenntniskultus, wie er innerhalb der Esoterischen Schule vom Jahre 1906 bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges im Sommer 1914 gepflegt worden war.

Kurz vor oder unmittelbar nach dem Ende des Krieges (Ende 1918) war er um eine Neugestaltung kirchlicher Ritualien gebeten worden. Diese Bitte kam von einem schweizerischen anthroposophischen Freund, Hugo Schu­ster, der von Rudolf Steiners Christus-Darstellungen so tief ergriffen worden war, daß es ihn zum Priesterberuf gedrängt hatte. Und nachdem er im Som­mer 1918 innerhalb der altkatholischen Kirche in der man schon damals die Ritualien in deutscher Sprache las geweiht worden war, erhielt er von Rudolf Steiner um die Jahreswende 1918/19 ein Ritual für Bestattungen und im Verlaufe des Frühjahres 1919 eine Neuübertragung der «Messe».1)

Auch andere im Priesterberuf stehende oder gestanden habende Freunde der Anthroposophie erhielten auf entsprechende Ansuchen hin Ritualtexte. Pastor Wilhelm Ruhtenberg, der an der 1919 begründeten Freien Waldorf­schule in Stuttgart Lehrer geworden war, erhielt 1921 ein Tauf- und ein Trau-Ritual. Wie es dazu gekommen war, wurde so überliefert:

«Schon 1921 wurde Pastor Ruhtenberg häufig von anthroposophischen Freunden gebeten, sie zu trauen und ihre Kinder zu taufen. Darauf bat er Rudolf Steiner um ein Taufritual. Nachdem er es erhalten hatte, empfand er den schwarzen Talar mit den weißen Bäffchen als nicht mehr angemes­sen und fragte nach einem neuen Gewand. Rudolf Steiner zeichnete ihm das Gewünschte auf und gab dazu die Farben an. Mit dem Trauritual ver­hielt es sich nach Ruhtenbergs Bericht folgendermaßen: Als einmal ein Bräutigam zu mir kam und sagte, Dr. Steiner, den er um die Trauung gebeten hatte, habe ihn zu mir geschickt, wollte ich den Mann nicht eine Fehlbitte tun lassen und traute ihn. Danach aber ging ich zu Dr. Steiner und sagte zu ihm: Herr Doktor, wenn Sie mir jemanden schicken, den ich trauen soll, dann, bitte, geben Sie mir auch ein Ritual. Einige Wochen später, als ich bei meiner Klasse in der Eurythmiestunde saß, öffnet sich die Saaltür; Dr. Steiner kam auf mich zu, übergab mir einige Blätter und sagte:


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1) Näheres siehe unter «Einzelne Hinweise».


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Hier bringe ich Ihnen das Trauungsritual. Ich setzte mich sogleich hin, um mit brennender Neugier mich in das Ritual zu vertiefen. Nach der Stunde, im Sprechzimmer, fragte ich nach dem Gewande für diese Hand­lung. Ich trug noch die Skizze vom Taufgewande bei mir, und Dr. Steiner schrieb dazu die Farben für die Trauung, die Form des Gewandes blieb die gleiche. »1)

Vordem hatte auch schon ein anderer Lehrer, Johannes Geyer, der frü­her ebenfalls Pfarrer gewesen war, für die Taufe eines Kindes, um die er von einem anthroposophischen Freund gebeten worden war, ein Taufritual erhalten.

Auch für den freien christlichen Religionsunterricht der Waldorfschule waren Ritualien gestaltet worden, nachdem man an Rudolf Steiner die Fra­ge herangetragen hatte, ob nicht für die Schüler des freien Religionsunter­richtes an den Sonntagen eine religiöse Feier eingerichtet werden könnte. Die Antwort lautete, daß dies dann schon ein Kultus sein müßte. So ent­stand noch vor Neujahr 1920 das erste Ritual, die «Sonntagshandlung». Auf weitere Fragen gestaltete er die drei anderen Handlungen: in der Weih­nachtszeit 1920 die «Weihnachtshandlung»; 1921 die «Jugendfeier» für die kirchliche Konfirmation stehend; im Frühjahr 1923 für die beiden oberen Klassen die «Opferfeier» für das Meßopfer stehend.

Die «Opferfeier» war entstanden, nachdem Rudolf Steiner in einer Bespre­chung mit den Religionslehrern am 9. Dezember 1922 berichtet wurde, daß eine Schülerin der oberen Klassen gefragt habe, ob diese nicht eine Sonntagshandlung erhalten könnten, die über die Jugendfeier hinaus weiterführe. Er habe diese Anregung besonders nachdenklich aufgenommen und sie als von weittragender Bedeutung bezeichnet; er wolle sie weiter erwägen. Eine Messe wolle er in die mit dem freien Religionsunterricht verbundenen Handlungen nicht hereinnehmen, aber «etwas Messe-Ähnliches» könne man machen. Wenige Monate später, im März 1923, wurde der Handlungstext übergeben und am Palmsonntag, den 25. März 1923, konnte die «Opferfeier» für die Schüler der elften Klasse und die Lehrer zum erstenmal gehalten werden.2)

Auf einen in der Lehrerkonferenz vom 16. November 1921 geäußerten Wunsch nach einer besonderen Sonntagshandlung nur für die Lehrer, ist er allerdings nie zurückgekommen.

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1) Aus der biographischen Skizze «Wilhelm Ruhtenberg» in «Der Lehrerkreis um Rudolf Steiner in der ersten Waldorfschule», Stuttgart 1977, S. 210f

2) Maria Lehrs-Röschl in «Zur religiösen Erziehung. Wortlaute Rudolf Steiners für Waldorfpädagogen», Stuttgart 1985.


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Als durch das Wirken der im Herbst 1922 begründeten «Christenge­meinschaft» in der Schule die Frage aufgekommen war, ob denn der freie Religionsunterricht und die «Handlungen» nunmehr noch berechtigt seien, habe sich Rudolf Steiner unmißverständlich dahingehend ausgesprochen, daß beide Arten von Religionsunterricht, der freie christliche wie derjenige der «Christengemeinschaft», ihren eigenen Charakter, ihre eigenen Ziele und volle Berechtigung für die Zukunft hätten. Als einige Eltern wunsch­ten, ihre Kinder sollten an beiden Unterrichtsarten teilnehmen, ließ er sofern es nicht gesundheitsbelastend werde auch dieses gelten. (Damals wurde der Religionsunterricht der Christengemeinschaft nicht in der Schu­le, sondern in deren eigenen Räumen erteilt.) Die immer gleichbleibende Grundhaltung größtmöglicher Toleranz in religiösen Fragen spricht auch aus der Art, wie er den Unterschied in der Zielsetzung der beiden Arten des Religionsunterrichtes charakterisierte: «Der innere Sinn unserer Ju­gendfeier ist, daß der Mensch ganz allgemein in die Menschheit hineinge­stellt wird, nicht in eine bestimmte Religionsgemeinschaft; die Christen-gemeinschaft aber stellt ihn in eine bestimmte Religionsgemeinschaft hin­ein». Doch und das habe er mehrfach betont «eine Diskrepanz zwischen beiden in inhaltlicher Beziehung kann es eigentlich nicht geben».1) Und als ihm von seiten der «Christengemeinschaft», der das Ritual der «Jugendfeier» auch für ihren Aufgabenbereich (Konfirmation) zur Verfügung gestellt worden war, die Frage gestellt wurde, ob dieses Ritual für ihren sakramen­talen Zusammenhang nicht einiger Änderungen bedürfe, habe er in «tem­peramentvoller» Weise entwickelt, daß es gerade «lehrreich» sei, das gleiche Ritual «als den Ausdruck verschiedener Lebenszusammenhänge» verwen­det zu wissen.2)

Ähnlich äußerte er sich im Zusammenhang mit der «Opferfeier». Maria Lehrs-Röschl berichtet a. a. O., wie nach dem ersten Vollzug dieser Hand­lung Lehrerkollegen darum ersuchten, die Feier für die Lehrer allein zu wiederholen. Da die Ausführenden der Handlung zu der Auffassung neig­ten, die Handlung solle nur für Schüler unter Teilnahme von Lehrern und Eltern stattfinden, sei sie gebeten worden, Rudolf Steiner darüber zu befra­gen: «Ich fragte ihn in einer Formulierung, die bereits zeigte, ich sei der Meinung, es gehe nicht an, die Opferfeier anders als für Schüler zu halten.

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1) Siehe «Konferenzen mit den Lehrern der Freien Waldorfschule in Stuttgart 1919 bis 1924», Band 1 (Einleitung von Erich Gabert), GA 300, S. 41.

2) Auf die später nochmals gestellte Frage, hat er dann die gewünschten Änderungen vorge­nommen. Von Emil Bock den Priestern der «Christengemeinschaft» überliefert.


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Rudolf Steiner aber blickte mich mit weit geöffneten Augen an (ich kannte diese Geste als seinen Ausdruck überraschten, leicht mißbilligenden Er­staunens) und sagte: Warum nicht? Diese Handlung kann überall gehalten werden, wo Menschen sind, die sie wünschen!»

Für den Aufgabenbereich der «Christengemeinschaft» waren, außer dem völlig neu gestalteten Meßopfer «Menschenweihehandlung» und den ihr übergebenen schon früher entstandenen Ritualien, nach und nach die noch fehlenden entstanden. Das zuletzt gestaltete Ritual war dasjenige für die Einsetzung des Erzoberlenkers. Es entstand noch kurze Zeit vor Rudolf Steiners Tod.

Die Fülle der so entstandenen Ritualien ist um so erstaunlicher, als Ru­dolf Steiner selber einmal äußerte, daß es schwierig sei, Kultus zu gestalten:

«Daß das Kultusartige an sich schwierig zu gestalten ist, können Sie schon daraus ersehen, daß seit langer Zeit man alles Kultusartige darauf be­schränkt hat, das Traditionelle zu übernehmen. Alle Kultformen, die man heute hat, sind eigentlich uralt, nur in dem einen oder anderen etwas umgestaltet.» (Stuttgart, 14. Juni 1921).

Daraus folgt, daß derjenige, der Kultus zu gestalten unternimmt, wenn dieser ein wahres Spiegelbild von Vorgängen in der geistigen Welt werden soll, in einem souveränen Verhältnis zur Geistwelt stehen muß. Er wird je­doch auch über künstlerisches Gestaltungsvermögen verfügen müssen. Denn Kultformen als Spiegelbilder geistiger Vorgänge sind keineswegs Photographien gleichzusetzen, sondern sind auf physischen Mitteln beru­hende selbständige Gestaltungen. Eine ergänzende Erklärung hierfür scheint in der folgenden Aussage gegeben zu sein: «Indem sich der Mensch in die nächste Stufe des Daseins hinauferhebt, ergeben sich ihm Bilder, die wir aber jetzt nicht mehr so anwenden wie unsere Gedanken, so daß wir fragen: wie entsprechen diese Bilder der Wirklichkeit? , sondern die Din­ge zeigen sich in Bildern, die aus Farben und Formen bestehen; und durch die Imagination muß der Mensch selber die Wesenheiten, die sich ihm so symbolisch zeigen, enträtseln.» (Berlin, 26. Oktober 1908). Konkret findet sich dies einmal am Beispiel des Totenkultus veranschaulicht und daran die Bemerkung geschlossen: «Er könnte noch komplizierter sein, aber in sei­ner Einfachheit, so wie er jetzt ist, kann ja schon dasjenige, was dadurch er­obert werden soll, für die Menschheit erobert werden.» (Dornach, 27. Juni 1924). Der Ausdruck «erobern» deutet wiederum darauf hin, wie schwierig es sein muß, Kultus zu gestalten.

Die Einfachheit ein auffallendes Merkmal aller seiner Ritualien begründete


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er einmal damit, daß ein komplizierter Kultus die Menschen von heute nicht befriedigen würde und man ihn deshalb «außerordentlich ein­fach» gestalten müsse (Stuttgart, 14. Juni 1921). Aber gerade die Einfachheit zeugt wiederum von einem starken künstlerischen Gestaltungsvermögen. Nun sind auch Kunst und Kultus ihrem Ursprung nach eng miteinander verwandt, da sie beide in der gleichen geistigen Region urständen: «Mit der Menschheitsevolution entwickelt sich der Ritus, lebendiges Bild der geisti­gen Welt, bis hin zu den Sphären der künstlerischen Produktion. Denn die Kunst geht gleicherweise aus der Astralwelt hervor und der Ritus wird Schönheit.» (Paris, 6. Juni 1906). Eine für diesen Zusammenhang interes­sante Begebenheit wurde von Emil Bock überliefert: «Als ich so im Früh­jahr 1923 das Kinderbegräbnis-Ritual von ihm entgegennehmen durfte, strahlte er selbst vor Beglückung über diese besondere Art des Schöpfer­tums, das zugleich die höchste Kunst des Empfangens war. Zweimal trat er an jenem Tage es war bei Gelegenheit einer Tagung auf mich zu mit den Worten: Ist der Text nicht schön!»1)

Ein anderes Charakteristisches ergibt sich aus dem esoterischen Prinzip der Kontinuität, einem seiner wesentlichsten Leitmotive:

«Das Künftige ruhe auf Vergangenem / Vergangenes ertrage Künftiges / Zu kräftigem Gegenwartssein».2)

Wo immer es möglich war, knüpfte er um des kontinuierlichen Fortganges der Entwicklung willen das neu Erforschte an das überlieferte Alte an. So auch für seine Ritualgestaltungen. Daß es notwendig war, die Vergangen­heitsströmung zu berücksichtigen, findet sich einmal so formuliert: «Um die Kontinuität der Menschheitsentwicklung aufrecht zu erhalten, dazu ist heute noch notwendig, an Ritual und Symbolik gewissermaßen anzuknüp­fen» (Dornach, 20. Dezember 1918), ist darin doch etwas bewahrt, was wie­der auferweckt werden kann und auch wieder auferweckt werden wird, wenn man einmal den Weg gefunden haben wird, um die Kraft, die von dem Mysterium von Golgatha ausgeht, wiederum in alles menschliche Tun hineinzubringen (Dornach, 29. September 1922). Und auf die sich in der Gegenwart erst anfänglich offenbarende Zukunftsströmung deuten die Worte: «In unserer Zeit ist es nur möglich zu Symbolen zu kommen, wenn man sich ganz liebevoll vertieft in die Weltgeheimnisse; und eigentlich

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1) Emil Bock in «Wir erlebten Rudolf Steiner. Erinnerungen seiner Schüler», herausgegeben von M.J. Krück von Porturzyn, 1. Auflage Stuttgart 1956.

2) Aus «Zwölf Stimmungen» in «Wahrspruchworte», GA 40.


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kann nur aus der Anthroposophie heraus heute ein Kultus oder eine Sym­bolik erwachsen.» (Stuttgart, 14. Juni 1921). Im gleichen Sinne heißt es in einem Vortrag über verschiedene Kulte, daß heute in einen Kultus hereinge­bracht werden müsse, was durch moderne geisteswissenschaftliche Schulung an Gesetzen der Weltgeistigkeit wahrgenommen werden kann, und daß man mit dem Aufbau eines solchen Kultus «höchstens wieder am Anfange» stehen könne (Dornach, 11. September 1923, Vortrag für die Arbeiter am Goetheanumbau).

Auf die Verbindung von Vergangenheits- und Zukunftselementen in der Gestaltung der «Menschenweihehandlung» für die «Christengemeinschaft» wurde einmal wie folgt hingewiesen: «Dieser Kultus berücksichtigt durch­aus die historische Entwicklung der Menschheit, trägt daher in vielen sei­ner Einzelheiten und auch in vielem, was in seiner Totalität auftritt, eine Fortführung des Historischen in sich; aber er trägt überall auch die Ein­schläge desjenigen, was sich erst heute dem übersinnlichen Bewußtsein aus der geistigen Welt offenbaren kann.» (Dornach, 3. März 1923).1) In ähnli­cher Weise äußerte er sich zur Übertragung des Messetextes für Pfarrer Schuster, der ihn gebeten hatte, «einiges aus den gangbaren katholischen Ritualien nicht in der sonderbaren Übersetzung zu bringen, in der man es heute vielfach genießt, sondern in eine Form zu bringen, die eigentlich ur­sprünglich darin lag»; und dann sei, obwohl es sich nur um eine Überset­zung gehandelt habe, doch eigentlich «etwas Neues» daraus geworden. Auch vom Bestattungsritual sagte er in demselben Zusammenhang: «Na­türlich mußte man anknüpfen an die gewöhnlichen Bestattungsrituale. Aber dadurch, daß man das gewöhnliche Ritual nicht lexikographisch, son­dern richtig übersetzt hat, ist etwas anderes herausgekommen.» (Stuttgart, 14. Juni 1921)

Auf ein Charakteristisches der Ritualien weist auch der folgende überlie­ferte Ausspruch: «Man kann in einer Zeit nur einen Kultus rechtmäßig aus der geistigen Welt herunterholen.»2) Die Frage, wie die verschiedenen Kult­formen mit diesem einen möglichen Kultus übereinstimmen, dürfte dahin­gehend beantwortet werden können, daß die für verschiedene Lebenskreise gegebenen Kulte Erkenntniskult der Esoterischen Schule, Handlungen

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1) Mit diesem Hinweis auf die historische Entwicklung sind offenbar die vier Teile des christlichen Meßopfers Evangelium, Opferung, Wandlung, Kommunion gemeint, die «den Weg des Einzuweihenden aus den alten heidnischen Mysterien» darstellen (Dornach, 11. Januar 1919; München, 4. November 1906).

2) Carl Unger, «Zur Frage des Verhältnisses der Christengemeinschaft zur Anthroposophi­sehen Gesellschaft» in «Schriften II«, Stuttgart 1964.


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für den freien Religionsunterricht der Waldorfschule, kirchlicher Kultus für die «Christengemeinschaft» mit diesem «einen» Kultus im Tieferen wesensgleich sein müssen. Es scheint sich dies zu bestätigen durch eine an­dere von Emil Bock überlieferte Aussage, wonach mit der «Opferfeier» ver­sucht worden sei, das der Menschenweihehandlung der «Christengemeinschaft» Entsprechende zu geben, soweit es durch Laien, das heißt durch nicht zum Priester Geweihte, ausgeübt werden könne. Maria Lehrs-Röschl knüpft daran a.a.O. die Bemerkung: «Was in der Entwicklung der Chri­stenheit als Sehnsucht und Streben nach Laienpriestertum immer wieder erstand allerdings auch immer wieder verfolgt und schließlich zum Ver­schwinden gebracht wurde , das hat hier [mit der Opferfeier] durch Ru­dolf Steiner eine neue Keimlegung erfahren.» Aus all dem kann offensicht­lich werden, daß für Rudolf Steiner esoterischer Erkenntniskult, freireligi­öser Kultus und kirchlicher Kultus in keinem Widerspruch zueinander standen. Einmal weil ihm, wie überall, so auch in religiösen Fragen, die Freiheit des Einzelnen als oberstes Gebot galt und als rechtes Christentum nur das, welches «absolute Religionsfreiheit» möglich macht (Zürich, 9. Oktober 1918). Zum andern, weil nur durch die Ausweitung des Kulti­schen in alle Lebenszweige hinein der Weg zu dem hohen Ideal, das ganze Leben zu sakramentalisieren, beschritten werden kann. Die notwendige Voraussetzung dazu ist allerdings, daß spirituelle Gedanken und Empfin­dungen «ebenso weihevoll das Innere durchdringen und durchgeistigen, wie in dem besten Sinne der inneren christlichen Entwickelung das Abend­mahl die Menschenseele durchgeistigt und durchchristet hat». Wenn dies möglich werde, und nach Rudolf Steiner wird es möglich werden, dann sei man in der Entwicklung wiederum um eine Etappe weitergeschritten und es werde dadurch «wieder der reale Beweis geliefert werden», daß das Christentum größer ist als seine äußere Form (Karlsruhe, 13. Oktober 1911).

I DOKUMENTE ZUR GESCHICHTE DER ERKENNTNISKULTISCHEN ABTEILUNG

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I

DOKUMENTE ZUR GESCHICHTE

DER ERKENNTNISKULTISCHEN

ABTEILUNG

Ich hatte immer Achtung vor dem historisch Gegebe­nen. In ihm lebt der Geist, der sich im Menschheitswer­den entwickelt. Und so war ich dafür, daß, wenn irgend möglich, Neu-Entstehendes an historisch Vorhandenes anknüpfe. («Mein Lebensgang», 36. Kapitel)

Wer gleich mir seine eigenen Wege wandelt, muß man­ches Mißverständnis über sich ergehen lassen. (Vorrede zur 1. Auflage 1901 der Schrift «Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung», GA 7)



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Vorbemerkungen des Herausgebers

Zur Geschichte der erkenntniskultischen Abteilung


So wie der Band «Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abtei­lung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914» dokumentiert, daß und warum Rudolf Steiner die erste Abteilung seiner Esoterischen Schule aus Gründen der historischen Kontinuität anfänglich an die bestehende Schule der Theo­sophischen Gesellschaft anschloß, ebenso dokumentiert der vorliegende Band, warum und in welcher Weise auch für deren zweite und dritte Abtei­lung den erkenntniskultischen Arbeitskreis die historische Kontinuität zu einem bereits bestehenden mit Kultsymbolik arbeitenden Zusammen­hang gewahrt wurde.

Nachdem bekannt geworden war, daß es sich dabei um die sogenannte ägyptische Maurerei gehandelt hatte,1) wurde er von gewissen Seiten in ab­träglichem Sinne zum «Freimaurer» gestempelt. Zu diesem Vorwurf nahm er selbst zweimal Stellung. Einmal in dem kurze Zeit nach dem formellen Anschluß geschriebenen Brief an den Theosophen und Freimaurer A. W. Sellin vom 15. August 1906 und dann in dem eine Woche vor seinem Tode niedergeschriebenen Abschnitt seiner Autobiographie «Mein Lebensgang» (36. Kapitel). Den nach seinem Tode erfolgten Angriffen von seiten natio­nalsozialistischer Publizisten entgegnete Marie Steiner-von Sivers, die Mit­begründerin und Mitleiterin des Arbeitskreises, mit einem Aufsatz, dem sie den Titel gab: «War Rudolf Steiner Freimaurer?» Alle diese und andere Dokumente sind in dem ersten Teil des vorliegenden Bandes zusammenge­faßt und zwar in chronologischer Reihenfolge, ausgenommen der Brief an Sellin, der seines grundsätzlich aufklärenden Inhaltes wegen an den Anfang gestellt wurde.

Durch die Frageform, die Marie Steiner-von Sivers dem Titel ihres Auf­satzes gab, ist bereits darauf hingewiesen, daß hier in der Tat ein Problem besteht. Denn diese Frage ist sowohl bejahend wie verneinend zu beant­worten. Bejahend, wenn nur auf die äußerliche Tatsache des Anschlusses geschaut wird und nicht auch auf die Gründe, die Rudolf Steiner dazu be­wogen haben. Verneinend, weil er sich selbst trotz des formellen Anschlus­ses nie als «Freimaurer» im üblichen Sinne verstand, keinerlei Verbindungen

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1) Siehe unter «Einzelne Hinweise».


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zur regulären Freimaurerei hatte und von dieser da die ägyptische Maurerei als irregulär gilt auch nie als zu ihr gehörig betrachtet worden ist.

Um diesen scheinbaren Widerspruch zu klären und die Tatsache des An­schlusses verständlich werden zu lassen, soll zuerst auf die Frage, warum gerade an die ägyptische Maurerei angeknüpft wurde, eingegangen werden.

Warum an die ägyptische Maurerei angeknüpft wurde

Wir können die ganze moderne Kultur durchneh­men: sie erscheint uns als eine Erinnerung des alten Ägyptertums. Das sehen wir selbst in dem Ein­weihungsprinzip.1)


Die ägyptische Maurerei führt sich ihrer Ursprungslegende gemäß auf den legendären ersten ägyptischen König Menes hebräisch Misraim zurück, der ein Sohn des biblischen Noah-Sohnes Ham gewesen sei, das Land in Besitz genommen, ihm seinen Namen gegeben (Misraim = alter Name Ägyptens) und die Isis-Osiris-Mysterien eingerichtet habe. Zu Beginn der christlichen Zeitrechnung habe der vom heiligen Markus zum Christen­tum bekehrte ägyptische Priesterweise Ormus die ägyptischen Mysterien mit denen des neuen Gesetzes vereinigt. Seitdem seien sie als altägyptische Maurerweisheit bewahrt worden. In diesem Sinne wurde sie von denen, die den Misraim-Ritus im Beginne des 19. Jahrhunderts von Italien nach Frankreich brachten, als «Wurzel und Ursprung aller freimaurerischen Riten» erklärt.2) Nach Rudolf Steiner wurde König Misraim, nachdem er Ägypten erobert hatte, in die damaligen ägyptischen Mysterien eingeweiht, deren Geheimnisse noch aus der alten Atlantis stammten. Von da an habe

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1) Stuttgart, 16. August 1908. In diesem Sinne liegen auch in Rudolf Steiners vier Mysterien­dramen, in den beiden Einweihungsszenen in einem ägyptischen Tempel (7. und 8. Bild von «Der Seelen Erwachen») die Ausgangamotive für die Schicksalaverbundenheit der Persönlichkeiten, die als moderne Geistsucher in den Mysteriendramen gestaltet sind, in der ägyptischen Zeit. Siehe auch Vortrag Dornach, 27. Dezember 1918.

2) Lennhoff/Posner, Internationales Freimaurer-Lexikon, Artikel «Misraim-Ritus»; vgl. auch Rudolf Steiners Ausführungen Berlin, 16. Dezember 1911 auf Seite 94 dieses Bandes. Auch der Freimaurer Joseph Schauberg weist in seinem Hauptwerk «Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei mit besonderer Rücksicht auf die Mythologien und «Myste­rien des Altertum», Schaffhausen 1861 in Band II die kulturgeschichtliche Richtigkeit vom ägyptischen Ursprung der maurerischen Symbolik nach.


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es eine fortdauernde Tradition gegeben. Die neue Freimaurerei bilde nur eine Fortsetzung dessen, was damals in Ägypten begründet worden sei (Berlin, 16. Dezember 1904).

Zu den Geheimnissen der alten Mysterien gehört die Erfahrung von der Unsterblichkeit des menschlichen Geistes1) und auch die okkulte Freimau­rerei wollte diese Erfahrung vermitteln. In dieser Richtung dürfte wohl die tiefere Begründung für das Wort Rudolf Steiners (S. 67) liegen, wonach er an den Memphis-Misraim-Orden deshalb anknüpfte, weil dieser «vorgab», sich in der Richtung der okkulten Freimaurerei zu bewegen. In dessen «Manifest» von 1904 hieß es nämlich, daß er im Besitze von aus alten My­sterien überlieferten praktischen Mitteln sei, durch die man schon in die­sem irdischen Leben in Stand gesetzt würde, sich «Beweise reiner Unsterb­lichkeit» zu verschaffen.2)

Wenn Rudolf Steiner darum, der esoterischen Verpflichtung zur Konti­nuität folgend, an diese Strömung angeknüpft hatte, so dachte er gleich­wohl nicht im geringsten, in deren Sinne zu wirken. Vertrat er doch von Anfang an auf das nachdrücklichste, daß die moderne Zeit nach einer ihr gemäßen neuen Weisheit zu suchen habe, die aus der Erkenntnis der Bedeu­tung des Mysteriums von Golgatha erfließt und daß ein reales Wissen von der Unsterblichkeit heute nur über ein tieferes Verständnis des Mysteriums von Golgatha erworben werden könne (Berlin, 6. Mai 1909).

Die Notwendigkeit einer neuen Weisheit charakterisierte er bei einer seiner Darstellungen der alten ägyptischen Weisheit einmal wie folgt:

« Unsere Zeit muß nicht eine uralte Weisheit gebären, sondern eine neue Weisheit, die nicht nur in die Vergangenheit hineinweisen kann, sondern die prophetisch, apokalyptisch wirken muß, in die Zukunft hinein. Wir sehen eine uralte Weisheit bewahrt in den Mysterien der vergangenen Kulturepochen; eine apokalyptische Weisheit, zu der wir den Samen legen müssen, muß unsere Weisheit sein. Wir brauchen wiederum

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1) Es ist in diesem Zusammenhang interessant, daß nach Rudolf Steiner gerade das «ägyptische Totenbuch» das einzige Dokument der alten Mysterienweisheit darstellt, das fast vollständig erhalten geblieben ist. So mündlich überliefert von dem Ägyptologen Gregoire Kolpaktchy, der auf Anregung Rudolf Steiners das ägyptische Totenbuch übersetzte, denn das könne nur einer, der nicht nur den hieroglyphischen, sondern auch den okkulten Schlüssel habe. Siehe »Das ägyptische Totenbuch», übersetzt und kommentiert von Kolpaktchy, Otto Wilhelm Barth Verlag, 1970.

2) Siehe Vortrag Berlin, 9. Dezember 1904, in dem das Manifest des Großorients der «Ver­einigten Schottischen, Memphis-Misraim-Maurerei» im Zusammenhang mit der Unsterb­lichkeitsfrage besprochen wurde.


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ein Einweihungsprinzip, damit die ursprüngliche Verbindung mit der geistigen Welt wieder hergestellt werden kann. Das ist die Aufgabe der anthroposophischen Weltbewegung.» (Stuttgart, 5. August 1908)

Aufschlußreich ist auch noch jenes geisteswissenschaftliche Forschungsergebnis, wonach von der dritten nachatlantischen Kulturepoche, der ägyptisch-chaldäischen, geheimnisvolle Kanäle zu der fünften, der gegen­wärtigen nachatlantischen Kulturperiode, gehen:

«Wir können die ganze moderne Kultur durchnehmen: sie erscheint uns als eine Erinnerung des alten Ägyptertums. Das sehen wir selbst in dem Einweihungsprinzip. Denn als das moderne Leben ein Einwei­hungsprinzip erhalten sollte in dem Rosenkreuzertum, was war es? Jener harmonische Zusammenklang von ägyptischer Erinnerung in der Weisheit mit dem christlichen Kraftimpuls.» (Stuttgart, 16. August 1908)


An anderer Stelle wird von der Anthroposophie direkt als von der neuen Isis-Weisheit des neuen Zeitalters gesprochen. Sogar eine neue Isis-Legende wird entwickelt und im Zusammenhang damit angedeutet, daß hinter der Holzskulptur «Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahri­man», die im ersten Goetheanumbau an zentraler Stelle aufgestellt werden und dem Besucher den Grundimpuls der Anthroposophie künstlerisch ge­staltet anschaubar machen sollte, sich noch ein anderes, ein «unsichtbares» Standbild finde: die neue Isis, die Isis eines neuen Zeitalters (Dornach, 6. Januar 1918). Auch auf eine tiefe Beziehung zwischen dem Isis-Mysterium und dem Gralsmysterium, welches das verchristlichte Wiederauftauchen des ägyptischen Mysterienwesens einschließe, sowie zu der Parzival-Gestalt als einem «Vorbild für unsere spirituelle Bewegung» wird hingewiesen (Dornach, 6. Januar 1918; Berlin, 6. Februar 1913; Berlin, 6. Januar 1914).

Eine weitere Begründung dafür, warum gerade an die ägyptische Maure­rei angeknüpft wurde, erhellt aus dem Forschungsergebnis, wonach die heutige Menschheit sich in entgegengesetzter Lage wie die altägyptische befinde. Denn so, wie einst die spirituell orientierte altägyptische Mensch­heit, indem sie die Menschenform mumifizierte, weltgeschichtlich die In­tellektualität, das an das physische Gehirn gebundene Denken vorbereitete, so müsse die heutige Menschheit sich zur Intellektualität wiederum die Spi­ritualität aneignen und zwar auf dem Umwege über eine der ägyptischen Mumie analoge Erscheinung, nämlich die alten Kultformen. Diese seien deshalb eine den ägyptischen Mumien analoge Erscheinung, weil im Gegensatz


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zu alten Zeiten, in denen wahrgenommen werden konnte, wie durch ritusmäßige Handlungen geistige Wesenhaftigkeiten angezogen wur­den, dies heute weder in Logen noch in Kirchen mehr der Fall sei. In deren Handlungen sei heute ebensowenig mehr geistiges Leben, wie in der ägyptischen Mumie das Leben dessen war, den man mumifiziert hatte. Trotzdem sei in diesen mumifizierten Riten etwas bewahrt, was wieder «auferweckt» werden könne und auch wieder auferweckt werden würde, wenn man einmal den Weg gefunden haben werde, um die Kraft, die von dem Myste­rium von Golgatha ausgeht, in alles menschliche Tun hineinzubringen (Dornach, 29. September 1922).

Schon diese wenigen angeführten geisteswissenschaftlichen Forschungs­ergebnisse dürften genügend verständlich werden lassen, warum Rudolf Steiner für seine erkenntniskultische Arbeit gerade an die ägyptische Maurerei angeknüpft hatte.

Zur äußeren Vorgeschichte

Ich will meinen Schritt bloß vom Standpunkte ok­kulter Loyalität betrachtet wissen.1)


Das Jahr 1902 wurde für die theosophischen Zusammenhänge von drei Er. eignissen gekennzeichnet. Rudolf Steiner und Marie von Sivers übernah­men die Leitung der in Gründung befindlichen deutschen Sektion der 1875 durch H.P. Blavatsky u. a. gegründeten Theosophischen Gesellschaft. Annie Besant, die Nachfolgerin Blavatskys in der Leitung der Esoteric School of Theosophy jedoch damals noch nicht Präsidentin der Theoso­phischen Gesellschaft wurde in die sogenannte gemischte Freimaurerei aufgenommen.2) John Yarker, Ehrenmitglied der Theosophischen Gesell­schaft und Generalgroßmeister der ägyptischen Maurerei, des Ordens der Alten Freimaurer vom Memphis- und Misraim-Ritus für Großbritannien und Irland, erteilte Theodor Reuß, Heinrich Klein und Franz Hartmann, die in England sowohl der Freimaurerei wie auch der Theosophischen Gesell­schaft angehörten, eine Stiftungsurkunde dieser Lehrart für Deutschland.3)

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1) Brief an Sellin vom 15. August 1906.

2) Siehe unter «Einzelne Hinweise».

3) Siehe unter «Einzelne Hinweise».


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Wenn es in Rudolf Steiners Autobiographie heißt, daß man ihm und Marie von Sivers einige Zeit nach der Gründung der deutschen Sektion 1902 die Leitung einer mit Kultsymbolik der alten Weisheit arbeitenden Gesellschaft angetragen habe, so kam dieser Vorschlag nicht, wie angenom­men werden könnte, von dem Hauptvertreter der deutschen Memphis­-Misraim-Gesellschaft, Theodor Reuß, sondern, wie Marie Steiner in ihrem Aufsatz «War Rudolf Steiner Freimaurer?» berichtet, von einer Persönlich­keit, die von Rudolf Steiner den Eindruck gewonnen hatte, daß er von gei­stigen Dingen mehr verstünde als alle Maurer. Privat äußerte sie dazu noch, daß es sich um einen Tschechen gehandelt habe. Daß dieser mit der Memphis-Misraim-Maurerei verbunden gewesen sein muß, ergibt sich aus der Bemerkung im «Lebensgang»: «Hätte sich das Angebot von seiten der angedeuteten Gesellschaft nicht eingestellt, so hätte ich die Einrichtung einer symbolisch-kultischen Betätigung ohne historische Anknüpfung getroffen.«

Das Angebot dürfte um 1903/04 gemacht worden sein. Denn seit Mai 1904 wurde bereits durch eine Reihe entsprechender Vorträge eine sym­bolisch-kultische Arbeitsweise vorbereitet. Am 15. September 1904 lernte Rudolf Steiner in Hamburg bei einem Vortrag, den er dort zu halten hatte, den Freimaurer A. W. Sellin kennen. Bei diesem muß er sich nach dem deutschen Memphis-Misraim-Orden erkundigt haben, wie aus dessen Be­richt vom 12. Dezember 1904 hervorgeht. Aber schon bevor dieser erste Bericht Sellins eingetroffen war, hatte Rudolf Steiner Reuß von sich aus aufgesucht. Denn in seinem Berliner Vortrag vom 9. Dezember 1904, in dem er über Hochgradmaurerei und den Memphis-Misraim-Orden sprach, wurde bereits aus dessen Organ «Oriflamme» zitiert, während sich Sellin noch darum bemühen wollte. Rudolf Steiners erstes Gespräch mit Reuß muß somit zwischen dem 15. September und 9. Dezember 1904 stattge­funden haben. Die weiteren Gespräche lassen sich nicht datieren. Am 24. November 1905 traten Rudolf Steiner und Marie von Sivers dem Memphis-Misraim-Orden bei. Die Verhandlungen über die Modalitäten für den Charter zur selbständigen Führung eines Arbeitskreises zogen sich jedoch bis Anfang 1906 hin. Der Vertrag wurde am 3. Januar 1906 abgeschlossen.

Das Faktum, daß Rudolf Steiner in seiner Autobiographie nicht den Namen Reuß, sondern nur den Namen Yarker genannt hat, wird von geg­nerischer Seite gerne so ausgelegt, als ob er seine Beziehung zu Reuß hätte verschleiern wollen, weil dieser bald darauf in Freimaurerkreisen als Okkultist


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in schlechten Ruf geraten war. Dies kann jedoch schon deshalb nicht der wirkliche Grund gewesen sein, weil zur Zeit der Niederschrift der Autobiographie längst öffentlich bekannt gewesen ist, daß das Doku­ment von Reuß ausgestellt worden war. Vielmehr dürfte auch hier das Mo­tiv der historischen Kontinuität bestimmend gewesen sein. Denn Yarker schon im Vortrag vom 16. Dezember 1904 als «bedeutsamer Charakter» und «ausgezeichneter Maurer» bezeichnet war damals der für Europa maßgebende Repräsentant der ägyptischen Maurerei und auch im Verhält­nis zur Theosophischen Gesellschaft eine zentrale Gestalt. Er war deren Ehrenmitglied, offenbar deshalb, weil er an der Begründung im Jahre 1875 entscheidend beteiligt gewesen ist, wie es in der in Rudolf Steiners Biblio­thek befindlichen Schrift des Italieners Vincenzo Soro «La Chiesa del Para­cleto» (Todi 1922, S. 334) heißt: «Bei der Gründung der Theosophischen Gesellschaft hatten die erlesensten Häupter der internationalen Freimaure­rei zusammengewirkt, unter ihnen hervorragend John Yarker, engster Freund von Garibaldi und Mazzini.»1)

Die Theosophische Gesellschaft, ursprünglich mit ausgesprochen westli­chem Charakter, sollte die Bahnbrecherin für die der modernen Zeit not­wendige Popularisierung übersinnlicher Wahrheiten werden. Durch das er­ste große Werk ihrer Begründerin, H.P. Blavatsky, «Die entschleierte Isis» («Isis Unveiled», 1877) war eine Fülle von Erkenntnissen des alten abend­ländischen Okkultismus publik geworden. Sie erhielt dafür von Yarker den höchsten Adoptionsgrad der ägyptischen Maurerei.2) Auch verhandel­ten beide miteinander über die Einrichtung eines Rituals für die Theoso­phische Gesellschaft.3) Dieser Plan wurde jedoch damals nicht realisiert. Als Blavatskys Nachfolgerin, Annie Besant, später im symbolisch-kulti­schen Arbeitsbereich aktiv wurde, geschah dies innerhalb einer anderen maurerischen Strömung.4)

Rudolf Steiner hatte somit gute Gründe, in seiner Autobiographie nur den Namen Yarkers zu nennen, denn nur dieser nicht Reuß, der lediglich

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1) Der italienische Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi (1802 1882) soll nach Robert Ambe­laln «cérémonies et rituels de la maçonnerie symbolique», Paris 1978, im Jahre 1881 Großmeister der Memphis-Misraim-Maurerei in Italien geworden sein. Giuseppe Mazzini (1805 1872). Über beide siehe Rudolf Steiners Vortrag Stuttgart, 9. April 1924.

2) Am 24. November 1877. Vielleicht war es ein bloßer Zufall, aber tatsächlich vollzogen Rudolf Steiner und Marie von Sivers ihren persönlichen Anschluß an die Misraim-Strö­mung ebenfalls an einem 24. November (1905).

3) Josephine Ransom, A ahort History of the Theosophical Society, Adyar 1938, S. 99f.

4) Vgl. hierzu unter «Einzelne Hinweise».


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als Vertreter des Ordens in Deutschland an einem Platz stand, der für die Absichten Rudolf Steiners nicht zu umgehen war repräsentierte alles dasjenige, was im Hinblick auf die gebotene historische Kontinuität maßgebend war.


Zur inneren Vorgeschichte

Man erhält keine Belohnung, sondern eine schwere Aufgabe.1)


Ein besonders Zeugnis davon, wie für Rudolf Steiner einzig und allein die eigene innere Situation entscheidend gewesen ist, gibt der wenige Tage nach dem Eintritt in die Memphis-Misraim-Maurerei an Marie von Sivers gerichtete Brief vom 30. November 1905. Daraus geht hervor, daß er nicht aus persönlichem Gutdünken, sondern in Übereinstimmung mit den «ok­kulten Mächten», das heißt mit der geistigen Welt, handle und daß er, da «vorläufig es allen okkulten Mächten wertlos erscheint», für seinen einzu­richtenden Arbeitskreis an diesen Orden anzuknüpfen, er noch nicht sagen könne, ob die Sache überhaupt gemacht werden könne. Diese Frage scheint sich ihm erst in den letzten Wochen des Jahres geklärt zu haben. Denn am 2. Januar 1906 wurde mit dem nunmehr ersten für Männer und Frauen ge­meinsam gehaltenen Vortrag über die königliche Kunst in neuer Form die innere Konstituierung des Kreises abgerundet. Wenn es in diesem Vortrag heißt: « und kann man auch heute die Freimaurerei nur als eine Karika­tur der großen königlichen Kunst bezeichnen, so dürfen wir doch nicht verzagen in dem Bemühen, die in ihr schlummernden Kräfte wieder aufzu­wecken; eine Arbeit, die uns obliegt auf einem Gebiete, das mit der theoso­phischen Arbeit parallel läuft», so erhält diese Aussage eine nähere Begrün­dung durch ein Wort aus einem kurze Zeit später, am 9. April 1906 in Bre­men gehaltenen Vortrag über Freimaurerei. Demnach besteht eine innere Beziehung zwischen der Theosophie und dem Freimaurertum insofern, als die Theosophie mehr die ideelle, die studierende und das Maurerisch-Kultische mehr die praktische Seite des esoterischen Arbeitens darstelle. Während man aber in der freimaurerischen Welt die Zeremonien und die

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1) Von Marie Steiner-von Sivers und Klara Walther üherlieferte persönhiche Äußerung Rudolf Steiners.


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Wirksamkeit der Ritualformen nicht mehr verstehe, könne die Theoso­phie wieder von der inneren Wahrheit dieser Zeremonien, von dem Geist, der den Zeremonien und Symbolen zugrundeliegt, sprechen.1)

Ein weiteres Zeugnis dafür, daß er nicht willkürlich handelte, ist seine überlieferte mündliche Äußerung, daß ihm die Aufgabe, den Misraim-Dienst für die Zukunft zu retten, aufgrund seiner damaligen okkulten For­schungen über den Regenbogen geworden war; man erhalte keine Beloh­nung, sondern eine schwere Aufgabe.

Worin die Schwere dieser Aufgabe gelegen haben mag, hat er offenbar nicht direkt erklärt. Sie dürfte aber wohl in Zusammenhang gesehen wer­den mit jener gewichtigen Aussage in den Vorbereitungsvorträgen: «Ich habe mir vorbehalten, eine Einigung zu erzielen zwischen denen aus Abels und denen aus Kains Geschlecht.» (Berlin, 23. Oktober 1905, Vortrag für Männer). Diese Intention die im Ursprung der Erdenmenschheit erfolgte Polarisierung in die beiden entgegengesetzt strebenden Hauptströmungen durch den Christus-Impuls zu überwinden lag aber nicht nur der erkennt­niskultischen Arbeit, sondern seinem ganzen Wirken zugrunde.

Die Äußerung, daß ihm die Aufgabe aufgrund seiner Regenbogenforschung geworden war, wird in gewisser Weise begründet durch deren Erwähnung in Vorträgen, die in der Zeit, in der der erkenntniskultische Arbeitskreis vorbereitet wurde, gehalten worden sind. Da heißt es:


«Der Regenbogen hat eine besondere Bedeutung in der okkulten Weis­heit. Sie kennen den Regenbogen, der nach der Sintflut erscheint. Jetzt finden wir dieses Symbol wiederholt in den nordischen Mythen. [Ein Regenbogen führt von Walhall zur Erde.]

Es bedeutet das den Übergang aus der atlantischen in die nachatlanti­sche Zeit. In der atlantischen Zeit war die Luft viel dichter, das Wasser viel dünner als heute; ein Regenbogen war in jener Zeit nicht möglich. Es war in Wahrheit ein Nebelreich, ein Niflheim. Im Norden wächst das Menschengeschlecht aus Nebelmassen heraus. Aus diesem Nebelreich sollten sich die Wassermassen bilden, die den Kontinent Atlantis über­fluteten. Einen Regenbogen gab es also nicht im atlantischen Zeitalter. Die okkulte Forschung hat es erforscht, was diese Erklärung bedeutet.» (Berlin, S. Mai 1905)

Und in einer Fragenbeantwortung nach einem halben Jahr später

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1) Nach stichwortarigen Notizen von Marie Steiner-von Sivers, vgl. S. 137.


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gehaltenen Vortrag heißt es auf die Frage, ob über Noah und die Sintflut noch weiteres gesagt werden könne:


«Die Frage bezüglich Noah hängt zusammen mit meinen allerletzten okkulten Forschungen. Niemand wird im Luzifer1) etwas finden, was ich dazumal, als ich die Artikel schrieb, noch nicht gewußt habe. Jetzt aber weiß ich etwas mehr. Jetzt sind mir die klimatischen Verhältnisse klar und anschaulich geworden. Ich habe etwas verstehen gelernt, was ich dazumal schon angeführt hätte, wenn ich es dazumal schon verstan­den hätte. Die Stelle von Noah habe ich damals allegorisch genommen. Sie war mir ein Bild für die tiefe seelische Bedeutung. Nun aber weiß ich, daß dieser Regenbogen in der Bibel einer wirklichen Tatsache entspricht.

Auf der alten Atlantis waren andere klimatische Verhältnisse. Die Verteilung von Luft und Wasser war anders , so daß man findet, daß auf der alten Atlantis die Bildung eines Regenbogens noch nicht möglich war. Solche Verhältnisse sind erst möglich geworden, als die Atlantis überflutet wurde und die neuen Kontinente emporstiegen. Nun wird [in der Bibel] angedeutet, wie der Regenbogen hervorgeht aus der Sintflut.» (Berlin, 22. Oktober 1905, Fragenbeantwortung)

Stellt man sich die Frage, was die Aufgabe, den Misraim-Dienst zu retten, mit der Regenbogenforschung zu tun haben kann, so ergibt sich eine Antwort, wenn die Charakterisierung des Misraim-Dienstes als «das Bewirken der Vereinigung des Irdischen mit dem Himmlischen, des Sichtbaren mit dem Unsichtbaren» (Berlin, 16. Dezember 19112)) in das Bild einer Brücke übersetzt wird. Dann wird der Zusammenhang von Regenbogenforschung und Misraim-Dienst sofort einsichtig. Gilt doch zum einen der Regenbo­gen seit jeher als Symbol dieser Brücke vom Unsichtbaren zum Sichtbaren, und zum andern ging Rudolf Steiners Grundintention von aflem Anfang an dahin, für alle Gebiete solche Brücken zu bauen.

Wie das Brückenbauen auf dem Gebiete der Kunst im Zusammenhang mit dem neuen Misraim-Dienst in Angriff genommen werden sollte, geht aus dem Brief an Marie von Sivers vom 25. November 1905 hervor, in dem es über den tags zuvor vollzogenen Anschluß an die alte Misraim-Strömung heißt: «Es wäre nun die Aufgabe, das maurerische Leben aus den veräußerlichten

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1) Gemeint ist die Zeitschrift «Luzifer», später «Lucifer-Gnosis» und die darin erschienenen Aufsätze «Aus der Akaaha-Chronik», GA-Nr. 11; siehe den Artikel «Unsere atlantischen Vorfahren».

2) Vgl. auf Seite 94.


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Formen aufzufangen und neu zu gebären (), religiösen Geist in sinnlich-schöner Form zu gestalten.»1)

Die erste Gelegenheit dazu ergab sich bald darauf, als zu Pfingsten 1907 die Durchführung des jährlichen Kongresses der Föderation europäischer Sektionen der Theosophischen Gesellschaft der deutschen Sektion oblag und dieser nun nach Rudolf Steiners Modellen, Skizzen und Angaben so gestaltet wurde, daß ein harmonisches wissenschaftlich-künstlerisches-religiöses Erleben vermittelt werden konnte. Auch der Regenbogen trat in den nach Rudolf Steiners Skizzen gemalten Siegelbildern der Apokalypse des Johannes in Erscheinung, und zwar gegenüber deren traditionellen Wiedergaben als ein neues Element. Und mit der Aufführung des «Heiligen Drama von Eleusis», das ja kulturhistorisch die Geburt der dramatischen Kunst in Europa bedeutet, sollte, wenn auch in noch so schwacher Form, eine «Anknüpfung an das alte Mysterienwesen» gegeben werden.2)

Dieser letztere Hinweis erhält eine besondere Nuance durch die Überlie­ferung, daß durch den Misraim-Ritus die eleusinischen Mysterien wieder erneuert werden sollten.3) Die Stifterin dieser berühmtesten Mysterien des Altertums, die Göttin Demeter, personifizierte für die Griechen ja dasselbe wie die Isis für die Ägypter.

Wenige Jahre nach dem Münchner Kongreß von Pfingsten 1907 ent­stand Rudolf Steiners erstes Mysteriendrama und man ging daran, dafür ei­nen eigenen Bau zu errichten. Nachdem dafür in kurzer Zeit eine Fülle von neuen Kunstformen geschaffen worden waren, wurden auch diese, genauso wie die Geisteswissenschaft selber, als «Synthese zwischen Himmels- und Erdenauffassen» charaktensiert.4) Also wiederum bildlich genommen als Brücke. Später gebrauchte er sogar selber das Wort vom Brückenschlagen. Bei der Darstellung dessen, wie gerade die Kunst eine hervorragende Repräsentantin für das Brückenschlagen zwischen dem Unsichtbaren und dem Sichtbaren sei, weil sie dasjenige, was sonst innerlich seelisch bleibt, äußerlich verkörpert anschaubar macht, sagte er, rückblickend auf sein zwanzigjähriges Bemühen, gemeinsam mit Marie Steiner-von Sivers «die okkulte Strömung in die Kunst einlaufen zu lassen», wörtlich: «Alles dasje­nige, was in der anthroposophischen Bewegung da entstanden ist, ist aus

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1) Siehe den Brief auf Seite 80.

2) Siehe «Bilder okkulter Siegel und Säulen. Der Münchner Kongreß Pfingsten 1907 und

seine Auswirkungen», GA 284.

3) Vgl. Karl Heise in «Entente-Freimaurerei und Weltkrieg», Basel 1919, S. 115.

4) Vortrag Dornach, 20. September 1916.


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dem Impuls heraus entstanden, die Brücke zu schlagen herüber vom Geisti­gen ins Physische.»1)

Lag demnach sowohl hinter der Anthroposophie als Wissenschaft vom Geiste, wie hinter der aus ihr erbildeten künstlerischen Formensprache die Intention, die Brücke vom Unsichtbaren zum Sichtbaren zu schlagen, so stand diese auch hinter den Bestrebungen, das soziale Leben auf neue Er­kenntnisse zu bauen. Es läßt sich dies gerade an den Fakten zur Konstituie­rung des neuen Misraim-Dienstes ablesen.

Zur Konstituierung des neuen Misraim-Dienstes

Es hat also, was ich begründet habe, selbst mit dem

nichts zu tun, was früher in Deutschland vorgab, «Memphis-Misraim-Grade» zu tragen.2)


Die Konstituierung vollzog sich völlig unabhängig von den Verhandlun­gen, die mit Reuß über die legale Ermächtigung zur selbständigen und völ­lig unabhängigen Führung eines Arbeitskreises geführt wurden. Wenn die Verhandlungen zu keinem Ergebnis geführt hätten, so hätte Rudolf Steiner auch ohne Rücksicht auf die historische Kontinuitat seinen Arbeitskreis eingerichtet. Mit der Vorbereitung hatte er ja schon geraume Zeit vor Be­ginn der Verhandlungen nämlich unmittelbar nachdem er Mitte Mai 1904 die äußeren Belange in bezug auf die erste Abteilung seiner Esoteri­schen Schule mit Annie Besant in London geregelt hatte begonnen: durch eine Reihe von Vorträgen, die sich vom 23. Mai 1904 bis zum 2. Januar 1906 erstreckten («Die Tempellegende und die Goldene Legende», GA 93), und einen von September bis November 1905 gehaltenen esoterischen Lehrgang von 31 Vorträgen («Grundelemente der Esoterik», GA 93a).

Wann und wie Rudolf Steiner die Mitglieder der deutschen Sektion über seine Absicht, eine erkenntniskultische Arbeitsweise einzurichten, orien­tierte, darüber liegen keine Unterlagen vor. Lediglich aus dem Brief eines Leipziger Mitgliedes3) vom 17. Februar 1905 ist zu entnehmen, daß er die­sem davon gesprochen hatte, «daß [er] in nächster Zeit versuchen würde, die okkulten Lehren der Theosophie in die Freimaurerei einzuführen»,

1) Vorrag Torquay, 20. August 1924.

2) Brief an Sellin.

3) Rudolf Jahn, von 1905 bis 1908 Vorsitzender des Leipziger Zweiges.


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womit selbstverständlich die Freimaurerei als Sache und nicht als Organisa­tion gemeint war. Hatte er doch schon in seinem Berliner Vortrag vom 16. Dezember 1904 geäußert: «Wenn Sie etwas über deutsche Memphis-Mis­raim-Richtung hören, so dürfen Sie nicht glauben, daß dies heute schon eine Bedeutung für die Zukunft hat. Es ist nur der Rahmen, in den einmal ein gutes Bild hineingesetzt werden kann.» Im weiteren findet sich festge­halten, daß er am Schluß seines Berliner Zweigvortrages vom 16. Oktober 1905 ankündigte, bei der für den 22. Oktober festgesetzten Generalver­sammlung der deutschen Sektion über Fragen im Zusammenhang mit der Freimaurerei sprechen zu wollen und daß man deshalb so viel wie möglich auch auswärtige Mitglieder einladen möge. In der Generalversammlung kündigte er dann an, daß er am nächsten Tag «nach altem Usus», der erst in der theosophischen Weltanschauung überwunden werde, für Herren und Damen getrennt über okkulte Fragen im Zusammenhang mit der Freimau­rerei sprechen werde. Daraufhin sprach er, damit das Thema des nächsten Tages vorbereitend, über das grundsätzliche Verhältnis der Theosophi­schen Gesellschaft zum Okkultismus. Am andern Vormittag (23. Oktober) folgte zuerst für Männer, dann für Frauen ein Vortrag über Freimaurerei und Menschheitsentwicklung.

Zwei Tage später, am 26. Oktober 1905, wurde zwar nicht in äußerli­chem, aber um so mehr in innerlichem Zusammenhang mit den Intentio­nen der erkenntniskultischen Arbeit zum ersten Male und zwar in einem öffentlichen Vortrag das soziale Hauptgesetz der Zukunft entwickelt: daß die Arbeit einerseits befreit werden müsse von ihrem Warencharakter, in­dem sie von der Entlohnung getrennt werde, und andererseits dadurch ge­heiligt werden könne als ein Opfer des Einzelnen an die Gesamtheit. In der Zukunft werde gearbeitet werden um der Mitmenschen willen, weil sie das Produkt unserer Arbeit brauchen.1)

Der Zusammenhang zwischen dem öffentlichen Hinstellen dieses sozia­len Hauptgesetzes der Zukunft und dem Beginn der erkenntniskultischen Arbeit ergibt sich einerseits aus der Bedeutung des Bilddenkens für das soziale Leben, andererseits aus dem der erkenntniskultischen Arbeit zu­grundeliegenden Motiv, zu selbstlosem sozialen Handeln aus moralischer

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1) Vortrag Berlin, 26. Oktober 1905 über »Die soziale Frage und die Tbeoaophie», abgedruckt in »Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe» Nr.88. In dem Aufsatz »Theosophie und soziale Frage» (heute »Geisteswissenschaft und soziale Frage»), der in der Oktobernummer 1905 der Zeitschrift »Lucifer-Gnosis» begann, wird das soziale Hauptgesetz erst in der dritten Folge behandelt, die erst ein Jahr später, im September 1906, erschienen ist.


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Selbstverantwortung zu impulsieren, so wie einstmals aus den Mysterien die Anweisungen für das moralische Leben gegeben wurden. So lassen sich im Sinne des Goethe-Wortes «Nichts ist drinnen, nichts ist draußen, denn was innen, das ist außen», die Konstituierung des neuen Misraim-Dienstes und die gleichzeitige Veröffentlichung des sozialen Hauptgesetzes der Zu­kunft als zwei Pole ein und desselben Impulses erkennen. Die Intention zum Brückenschlagen kann hier deutlich wahrgenommen werden.

Mit dem am 2. Januar 1906 für Männer und Frauen gemeinsam gehalte­nen Vortrag über die königliche Kunst in neuer Form wurde die innere Konstituierung abgerundet. Anderntags erfolgte die schriftliche Vereinba­rung mit Reuß, wonach Rudolf Steiner berechtigt war, einen selbständigen aymbolisch-kultischen Arbeitskreis einzurichten. Für die Aufnahme von Frauen wurde Marie von Sivers autorisiert, jedoch waren in Rudolf Steiners Arbeitskreis von Anfang an Frauen und Männer immer gleichberech­tigt. Hierzu findet sich in Notizen vom Vortrag über Freimaurerei in Bre­men am 9. April 1906, die sich Marie von Sivers gemacht hat, die folgende aufschlußreiche Notiz: «Weil der Freimaurer die Frau an die Familie ge­bannt wissen wollte, schloß er sie von der Loge aus. Auf höheren Planen geschah etwas, was zu einer Notwendigkeit macht, daß jetzt die Frau zu aller Kulturarbeit herangezogen wird. Im okkulten Zusammenarbeiten von Mann und Frau liegt die zukünftige Bedeutung der Freimaurerei. Die Auswüchse der Männerkultur müssen zurückgestaut werden durch die okkulten Kräfte der Frau.»1)

Vom Beginn des Jahres 1906 an wurde nun auch überall, wo sich esoteri­sche Schüler Rudolf Steiners befanden, erkenntniskultisch gearbeitet. Die ersten Logen, die eingerichtet wurden, waren die in Berlin, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. Nach der Aufnahme des hundertsten Mitgliedes Ende Mai 1907, ging vereinbarungsgemäß die Leitung des Misraim-Ritus in Deutschland auf Rudolf Steiner über. Von da an repräsentierte er geistig und historisch legal ganz allein den Misraim-Dienst, bis er ihn nach Aus­bruch des ersten Weltkrieges im Sommer 1914 für aufgelöst erklärte. Bis dahin waren rund 600 Mitglieder aufgenommen worden.

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1) In einem Brief (ohne Datum) von Paula Moudrá, einer Schriftstellerin aus Böhmen, die im November 1907 in Prag mit Rudolf Steiner wegen ihrer Aufnahme gesprochen hatte und von ihm aufgefordert worden war, ihm noch eine schriftliche Anfrage zu stellen, heißt es:

«Sie deuteten auf ein wichtiges Ereignis in der astralen Welt im November 1879, nach dem die Frau jetzt zur Einweihung zugelassen wird. Ich halte es für höchst wichtig, daß meine Annäherung zu Ihnen und meine Bitte um Annahme gerade im November 1907 geschah.»


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«Einschlafen» des Arbeitskreises durch den Aushruch des ersten

Weltkrieges und die kriegsbedingte Stellungnahme gegen die Freimaurerei

Eine Sache, die der ganzen Menschheit ohne Rassen-

und Interessen-Unterschiede dienen sollte, wird aus

einer guten eben eine schlechte, wenn sie zur Macht­-

grundlage einzelner Menschengruppen gemacht wird.1)


In der Schilderung, die Rudolf Steiner in seiner Autobiographie «Mein Lebensgang» von der erkenntniskultischen Einrichtung gibt, heißt es, daß diese mit dem Ausbruch des Krieges im Sommer 1914 einschlief, weil sie, obwohl nichts von einer Geheimgesellschaft vorlag, doch für eine solche genommen worden wäre. Marie Steiner berichtet in ihrem Aufsatz «War Rudolf Steiner Freimaurer?», daß er damals die Einrichtung für aufgeho­ben erklärte und zum Zeichen dafür das darauf bezügliche Dokument zer­rissen habe.2) Letzteres offensichtlich deshalb, weil ihm durch den Kriegs­ausbruch offenkundig geworden war, daß durch gewisse westliche Geheimgesellschaften die Freimaurerei als eine «ursprünglich gute und notwendige Sache», die ohne Unterschiede der ganzen Menschheit dienen sollte, in den Dienst des «Völkeregoismus und der eigensüchtigen Interessen einzelner Menschengruppen» gestellt worden war.3)

Es war dieser Mißbrauch für politische Sonderzwecke, den er für die ka­tastrophale Entwicklung, die durch den Weltkrieg 1914 eingeleitet wurde, mitverantwortlich machte und streng verurteilte. In Vorträgen der Kriegsjahre 1914 bis 1918 findet sich dies eingehend dargelegt.4) Es lag ihm damals ungeheuer viel daran, soviel als möglich zu einer Urteilsbildung über die okkulten Hintergründe, die zum Ausbruch des Krieges führten und vor al­lem zu einer offenen Klarlegung der Kriegsschuldfrage beizutragen. Darum schrieb er auch ein Vorwort zu der Schrift «Entente­Freimaurerei und der

1)/3) Aus Rudolf Steiners Vorwort zu Karl Heise «Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg», Basel 1919, wieder abgedruckt in «Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe» Nr.24/25 Ostern 1969.

2) Nicht zu verwechseln mit dem «Vertrag und brüderliches Übereinkommen« auf S. 82 in vorliegendem Band.

4) Siehe die siebenbändige Reihe »Kosmische und menschliche Geschichte», insbesondere «Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit». Erster und zweiter Teil, «Mitteleuropa zwischen Ost und West» und »Die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkrieges», GA 170ff.


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Weltkrieg» von Karl Heise, als er von diesem darum gebeten worden war. Wie gut oder schlecht diese Schrift auch sein mag, sie war jedenfalls der erste Versuch, die von Rudolf Steiner aufgezeigten Tendenzen durch äußere Dokumente zu belegen.

Die damalige scharfe Verurteilung der politischen Sondertendenzen ge­wisser westlicher Geheimgesellschaften bezog sich selbstverständlich nicht auf die maurerische Sache als solche. Es bestätigt sich dies zum Beispiel auch dadurch, daß er kurz nach Beendigung des Krieges einem Mitglied sei­ner «eingeschlafenen» symbolisch-kultischen Einrichtung dazu riet, sich in die Freimaurerei aufnehmen zu lassen. Das geht aus dessen Brief an Rudolf Steiner vom 25. Februar 1919 hervor, in dem es u.a. heißt: «Am 13. Fe­bruar habe ich mich nun, ebenfalls Ihrem Rate folgend, in den Freimaurerorden aufnehmen lassen. Und zwar bin ich der zum Verbande der Großen National-Mutterloge in den Preußischen Staaten gen. Zu den drei Weltkugeln gehörigen Johannisloge Vom Fels zum Meerbeigetreten, dersel­ben Loge, der auch unsere Freunde A. W. Sellin und Kurt Walther, sowie Hackländer in Wandsbeck angehören. Ich hoffe, daß es mir im Laufe der Zeiten vergönnt sein wird, in diesem Kreise das Interesse für den anthropo­sophisch orientierten Okkultismus zu wecken und wach zu halten. Unter diesem Gesichtspunkt habe ich den Schritt unternommen. Möchte sich nun bald auch in unserer okkulten Gemeinschaft die Wiederaufnahme der Zusammenkünfte ermöglichen lassen !»1)

Die Toleranz gegenüber der maurerischen Sache kam einige Jahre später nochmals zum Ausdruck, als 1923 anläßlich der Bildung der englischen Landesgesellschaft die Frage auftauchte, ob der als Generalsekretär vorgese­hene Mann für dieses Amt wirklich in Frage kommen könne, da er Frei­maurer sei, und Rudolf Steiner darauf folgenderart antwortete:

«() Ich habe immer gesagt, wenn es sich darum gehandelt hat, ob man aus irgendeiner anderen Bewegung also in diesem Falle war die Frei­maurerei gemeint hereinkommen soll in die an throposophische Bewe­gung: Es handelt sich wirklich nicht darum, was jemand in einer anderen Bewegung ist, sondern darum, daß, wenn er in diese anthroposophische

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1) Johannea Geyer, damals Pastor in Hamburg, von Herbst 1919 an Lehrer an der Freien Wal­dorfachule in Stuttgart. Von 1912 an der Esoterischen Schule Rudolf Steiners zugehörig. Nach der Lebenaakizze in «Der Lehrerkreis um Rudolf Steiner in der ersten Waldorfschu­le«, Stuttgart 1977, soll er in freimaurerischen Zusammenhängen zahlreiche Vorträge über die geistigen Ursprünge der Freimaurer-Symbolik vom Gesichtspunkte der Anthroposo­phie Rudolf Steiners gehalten und dadurch hohe Anerkennung gewonnen haben.


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Bewegung hereinkommt, er ein guter Anthroposoph ist. Es handelt sich also wirklich nicht darum, ob einer, sagen wir, einer Schusterinnung oder Schlosserinnung noch außerdem angehört. Ich vergleiche nicht, ich sage nur das Prinzipielle: Es braucht ja gar nicht dadurch, daß er einer Schuster- oder Schlosserinnung und so weiter angehört, in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen dasjenige, was anthroposophisch in ihm ist. Wenn er ein guter Anthroposoph ist, so ist das für die anthroposophische Bewegung das, worauf es ankommt. Ob er ein guter oder schlechter oder mittelmäßiger Freimaurer außerdem ist, geht ja die Anthroposo­phische Gesellschaft gar nichts an. () Es wäre ein unverständiges Ur­teil, wenn man überhaupt den Wert eines Mitgliedes als Anthroposoph davon abhängig machte, ob es nun Freimaurer ist oder nicht.

Ich habe [früher schon einmal] gesagt, daß eine Anzahl gerade der ältesten und wertvollsten Mitglieder Freimaurer sind. Ich kann mir gar nicht denken, woraus ein Hindernis erwachsen sollte aus irgendeiner Form der Freimaurerei für das Angehören zur Anthroposophischen Ge­sellschaft. Ich kann mir das gar nicht denken. Ich finde, die anthroposo­phische Bewegung will selber etwas sein. Nicht wahr, sie würde eben nicht fruchtbar sein können in der Welt, wenn sie nicht aus sich herauslassen Sie mich den Ausdruck gebrauchen , aus ihrem eigenen Samen heraus positiv wirkte. Darauf kommt es an, was sie positiv wirkt. Wie das sich nun ausnimmt, wenn man es mit dem einen oder anderen ver­gleicht, darauf kommt es doch nicht an. Wenn ich mir einen Anzug kaufe, so handelt es sich darum, daß er meinem Geschmack entspricht, aus meinen Intentionen hervorgeht. Was hat das damit zu tun, daß einer kommt und sagt: Der Anzug schaut ja nicht so aus, wie derjenige, den der andere anhat. Es handelt sich ja wirklich gar nicht darum, daß man den Anzug des anderen anziehen soll, sondern seinen eigenen. Man zieht doch nicht, wenn man Anthroposoph wird, die Freimaurerei an. Also es ist eigentlich ganz unmöglich, dieses Urteil zu fällen.

Aber etwas anderes ist natürlich hinter einer solchen Sache. Es wird verzeihen Sie, daß ich das so sage , es wird meiner Meinung nach die Anthroposophie gerade auch nicht immer von den Mitgliedern hoch genug eingeschätzt. Es ist eine solche Tendenz in der gegenwärtigen Menschheit, daß man immer dasjenige, was älter ist, was mehr Getue an sich hat, was mehr geheimnisvoll tut und so weiter, nun höher schätzt, und daß man das, was offen und ehrlich einfach auftritt, dann abschätzt nach dem Maßstab des Getues und dergleichen, was sich so ein Ansehen


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gibt in einer unbestimmten Weise. Es ist eine Art von Herabwürdigung der anthroposophischen Bewegung, wenn man sie so taxiert, daß man sagt, sie kann geschädigt werden dadurch, daß dieses oder jenes Mitglied aus dieser oder jener anderen Bewegung herkommt. Sie müßte doch furchtbar schwach sein, wenn sie geschädigt werden könnte durch solche Dinge !»1)

Warum RudolfSteiner seinen Kreis nicht als «Geheimgesellschaft»

verstanden wissen wollte

«Eine Geheimgesellschaft war damit nicht ge­schaffen.»2)


Es handelte sich für Rudolf Steiner dabei nicht in erster Linie um das Prin­zip des Geheimhaltens, vielmehr um den grundsätzlichen Unterschied zwi­schen seiner Art des symbolisch-kultischen Arbeitens und derjenigen in den sogenannten «Geheimgesellschaften». Er sah eine Hauptforderung dar­in, daß das, was Symbole, Zeichen, Griff und Wort usw. ausdrücken, durch entsprechende aus realer Geistesanschauung stammende Erklärungen auch verstanden werden könne. Unter «erklären» sei aber nicht zu verstehen, daß man sage, dieses Symbol bedeute das und jenes Symbol bedeute dies, «denn da kann man jedem jedes Zeug vormachen», sondern der Unterricht müsse so geartet sein, daß man «zunächst aus dem Gang der Erden- und Menachheitsentwickelung die Geheimnisse enthüllt und dann daraus die Symbolik entstehen läßt», das heißt, daß man zuerst das begriffen haben muß, was der Verstand erfassen kann: den Inhalt der Geisteswissenschaft.

Dagegen sei das Arbeiten mit bloßer Anschauung der Symbolik, wie sie heute in den okkulten Gesellschaften in der Regel gepflegt werde, eine nicht mehr berechtigte Fortsetzung dessen, was in früheren Zeiten berech­tigt gewesen sei. Denn da verfügte der Mensch über eine stärkere Sensitavi­tät seines Ätherleibes, wodurch er zu einem entsprechenden inneren Erle­ben kommen konnte. Dem Menschen des modernen Bewußtseinsseelen-zeitalters, für den anstelle des sensitiven Ätherleibes der an das physische Gehirn gebundene Verstand maßgebend geworden sei, müßten Symbole,

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1) London, 2. September 1923.

2) «Mein Lehenagang», siehe auf Seite 95 im vorliegenden Band.


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Zeichen, Griff und Wort etwas Äußerliches bleiben; er kann sie nicht mit seiner Bewußtseinsseele verbinden. Trotzdem aber wirkten sie auf den Ätherleib, d.h. auf das Unbewußte. Auf das Unbewußte zu wirken, ohne zuerst über das Bewußtsein zu gehen, sei aber in unserer Zeit nicht erlaubt. Denn die Folge davon sei, daß man

«wenn man will, die Leute zu gefügigen Werkzeugen für allerlei Pläne machen kann, ganz selbstverständlich. Denn wenn Sie den Ätherleib be­arbeiten, ohne daß der Mensch es weiß, so schalten Sie dieselben Kräfte, die er sonst an seinem Verstande hätte, aus, wenn Sie nicht dann dem Verstande etwas geben, was heute Geisteswissenschaft sein muß. Die schalten Sie aus, und Sie machen dann solche Brüderschaften zu einem Werkzeug für diejenigen, die ihre Pläne, ihre Ziele verfolgen wollen. Sie können dann solche Brüderschaften gleichzeitig irgendwie dazu verwen­den, irgendwelche politischen Ziele zu verfolgen, oder Sie können das Dogma aufstellen, sei der äußere physische Träger des Chri­stus Jesus.1) Und diejenigen, die also präpariert sind, werden sich zu In­strumenten machen, um das in die Welt hinauszutragen. Man braucht dann nur in der entsprechenden Weise unehrlich und unrechtschaffen zu sein, dann kann man alles mögliche auf diesem Wege erreichen da­durch, daß man sich zunächst Instrumente schafft.

Und nun nicht wahr, die Dinge folgen ja alle aus der wirklichen Erkenntnis , wer das weiß, wie sich der fünfte nachatlantische Zeitraum vom vierten nachatlantischen Zeitraum unterscheidet und das wird bei uns immer wieder und wiederum gesagt , der weiß eben, warum es so sein muß, daß zuerst Bekanntschaft mit der Geisteswissenschaft vorhan­den sein muß und dann erst Einführung in die Symbolik gegeben werden kann. Da, wo es wirklich ehrlich gemeint wird mit einer geisteswissenschaftlichen Bewegung, wird selbstverständlich dieser Gang eingehalten. Denn derjenige, der auch nur dasjenige kennengelernt hat, was zum Beispiel

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1) Alcyone = Ordenaname für Jiddu Krishnamurti (18951986), für den 1911 von Annie Besant und C. W. Leadheater der Orden «Star of the East» begründet worden war. Der damals ganz junge Krishnamurti wurde zum Träger der zu erwartenden Neugeburt Christi als kommender Weltlehrer proklamiert. Der Orden breitete sich rasch über die ganze theosophische Welt aus. Nur Rudolf Steiner lehnte dies als okkulten Unfug energisch ab. Darum wurde 1913 die von ihm geleitete deutsche Sektion aus der Theosophischen Ge­sellschaft offiziell ausgeschlossen. Krishnamurti löste im Jahre 1929 dann selbst den Orden auf und distanzierte sich öffentlich von der ihm zugedachten Rolle. Auch seine Verbin­dung zur Theosophischen Gesellschaft löste er, da nach seiner Auffassung für die geistige Entwicklung jede Organisation nur hindernd sein könne.


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in meiner Theosophieoder in der Geheimwissenschaft steht und versucht hat, es zu begreifen, der wird niemals einen Schaden durch irgendwelche Überlieferung von Symbolen nehmen können.» (Berlin, 4. April 1916)

Hinter der Abneigung unserer Zeit gegen die sogenannten «Geheimge­sellschaften» dürfte somit instinktiv das berechtigte Empfinden liegen, daß es nicht rechtens ist, zeremonielle Wirkungen für Sonderzwecke auszunützen. Rudolf Steiner hat dies stets streng verurteilt, dabei aber immer auch betont, daß dies keineswegs für alle, sondern nur für gewisse okkulte Ver­bindungen zutreffe.

Aufgrund des Angeführten und der Tatsache, daß in seiner symbolisch-kultischen Tätigkeit alles auf das allgemeine Menschliche und das vollbewußte Durchdringenkönnen der Kultsymbolik ausgerichtet war daher auch die Bezeichnung «Erkenntniskult» , kann einsichtig werden, warum er seinen Kreis trotz der Geheimhaltungsverpflichtung nicht als «Geheim­gesellschaft» verstanden wissen wollte.

Briefe u. Dokumente • Rudolf Steiner u.a. an A.W. Seilin

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Briefe und Dokumente

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Rudolf Steiner an A.W. Seilin

Berlin W 30, 15. August 1906

Motzstraße 17

Sehr verehrter Herr Direktor!

Endlich ist es mir möglich, Ihnen den vor langer Zeit angekündig­ten Brief zu schreiben. Vor allen Dingen aber bitte ich Sie ich be­ziehe mich auf einige Sätze Ihres letzten Briefes bei mir nie voraus­zusetzen, daß ich durch irgend etwas verletzt sein könnte. Streichen Sie bitte dieses Wort ganz aus dem Lexikon unseres Verkehres.1)

Und nun will ich, ohne weiteres, zur Sache übergehen. Die von Ihnen geäußerten Bedenken in bezug auf einen Teil meiner okkulten Tätigkeit beruhen auf ganz irrtümlichen Voraussetzungen. Und ebenso sind die Dinge falsch, die Sie wohl von andern haben er­zählen hören.

Reden wir ganz offen: In meine okkulte Tätigkeit war ich genö­tigt vor kurzem etwas aufzunehmen, was man nach gewissen Vor­aussetzungen bezeichnen könnte als sich in der Richtung der okkul­ten Freimaurerei bewegend. Ich bitte Sie nun jedes meiner Worte und meiner Wendungen ganz genau zu nehmen. Ich gebrauche ge­wisse Wendungen nicht, um etwas zu verklausulieren, sondern um ganz genau die wirklichen Tatsachen zu schildern.

Nun gab es in Deutschland einen sogenannten «Memphis- und Misraim-Orden», der vorgab so zu wirken, wie es in der angegebe­nen Richtung liegt. Dieser Orden bezeichnete sich als freimaureri­sche Organisation. Und er «bearbeitete» «Grade», von denen die drei ersten mit der anerkannten Freimaurerei übereinstimmten.2) Mit dieser «anerkannten» Freimaurerei haben meine okkulten Bestre­bungen zunächst nicht das geringste zu tun. Sie können und wollen ihr nicht ins Gehege kommen. Die Freimaurerei hat nicht den ge­ringsten Grund, sich irgendwie zunächst mit diesen Bestrebungen zu befassen.

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1) Sellin hatte um Aufklärung in der Misraim-Angelegenheit gebeten (siehe seinen Brief an Marje Steiner vom 9. April 1925). Der von Rudolf Steiner erwihnte Brief Sellins liegt nicht vor.

2) Die drei Johannesgrade.


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Als ich nun anfangen wollte, in der angegebenen Richtung zu wirken, oblag es mir für gewisse Vorgänge der höheren Plane bei de­nen, die solches suchten, ein Ritual einzuführen. Dieses Ritual kann kein anderes sein, als das Spiegelbild dessen, was Tatsache der höheren Plane ist. Dieses Ritual ist kein anderes als dasjenige, welches der Okkultismus seit 2300 Jahren anerkennt, und das von den Meistern der Rosenkreuzer fur europaische Verhältnisse zubereitet worden ist. Wenn in diesem Ritual sich etwas findet, was in die drei Johan­nesgrade herübergekommen ist, so beweist das nur, daß diese Johan­nesgrade etwas aus dem Okkultismus aufgenommen haben. Meine Quelle sind nur der Okkultismus und die «Meister».1)

Nun hatte ich zwei Wege. Entweder den sogenannten Orden ganz zu ignorieren, oder mich mit ihm auseinanderzusetzen. Das er­stere wäre nur in einem einzigen Falle möglich gewesen: wenn der Orden eine Verständigung zurückgewiesen hätte. Im andern Falle ware es im Sinne gewisser historischer Konzessionen, die der Okkul­tismus machen muß, illoyal gewesen.

Was ich nun getan habe, sage ich Ihnen in der Voraussetzung Ihrer völligen Verschwiegenheit.

General-Großmeister jenes Ordens war ein gewisser Theodor Reuß. Was dieser nun sonst getan hat, gehört nicht in die Diskus­sion. Es mag, was immer, sein. In Betracht kam nur die Tatsache, daß er General-Großmeister jenes Ordens war, der vorgab, in der angegebenen Richtung zu wirken. Mit dieser Tatsache hatte ich mich auseinanderzusetzen. Ich mußte zu diesem Zwecke den ge­nannten Theodor Reuß aufsuchen, den ich vorher nie gesehen hatte, über dessen Verhältnisse nie etwas auf irgendeinem Wege [zu mir] gedrungen war. Es wäre natürlich für mich ein leichtes gewesen, mich über diese Verhältnisse zu informieren. Aber sie gingen mich absolut nichts an.

Herrn Reuß habe ich nun gesagt, was sich in die folgenden Sätze formulieren läßt: Ich will nichts, aber auch gar nichts von Ihrem Or­den. Ich werde aber in einer Richtung wirken, von der der Orden

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1) Siehe «Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Ahteilung der Esoterischen Schule

1904 bis 1914», GA 264.


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vorgibt, daß es die seinige ist. Es kommt nun nur darauf an, daß der Orden für sich, nicht für mich, anerkennt, daß ich dies im Sinne der Grade tue, die der Orden als die seinigen in Anspruch nimmt. Ich mache zur Bedingung, daß der Orden mir nichts mitteilt von seinen Ritualien. Niemand soll je sagen können: ich habe von dem Orden etwas empfangen. Ich will meinen Schritt bloß vom Standpunkte okkulter Loyalität betrachtet wissen. Und es darf niemand ein Recht empfangen, ihn je anders zu deuten.

Reuß sagte ziemlich kurz: das könne er nicht, denn dies mache ihn unmöglich in seinem Orden. Ich ging nun zunächst weg. Was sachlich geschehen ist, und noch geschehen wird, ist und wird ge­schehen, ob mit oder ohne den genannten Orden. Nach einigen Ta­gen forderte mich Reuß zu weiteren Unterhandlungen auf. Er stellte nun seinerseits keine anderen weiteren Forderungen, als daß ich rein geschäftlich im praktischen Sinne sein Recht anerkenne, für jeden, der sich in die Richtung, die der Orden als die seinige betrachtet, be­gibt, eine Taxe keine andere als die übliche zu empfangen. Alle weiteren Verhandlungen betrafen nun lediglich Formalien. Ich konstituierte, was zu konstituieren war, ohne daß Herr Reuß jemals da­bei bei irgend etwas gewesen wäre. Herr Reuß hat seinerseits alles anerkannt, was ich getan habe. Ich aber habe sachlich den Or­den völlig ignoriert. Um, wie er sagte, nicht gegen seine Ordensregel zu verstoßen, hat mir Reuß Diplome und Ritualien gegeben. Das heißt, er hat sie mir ins Haus gebracht. Ihm dies alles abzukaufen, wäre, wenn auch kein anderer Grund dagegen vorläge, schon des­halb von mir die größte Dummheit gewesen, weil in all dem Zeug nichts stand, was man nicht für ganz geringes Geld bei jedem belie­bigen Antiquar kaufen könnte. Daß Reuß für jedes Mitglied einfach die Taxe erhält, die er rechtlich zu beanspruchen hat, ist lediglich eine loyale Anerkennung eines Rechts, das ihm einmal zusteht, gleichgültig, was sonst mit ihm «los» ist.

Was nun vorgeht in den «Logen», die konstituiert worden sind, das kann natürlich nur erfahren, wer ihr Mitglied ist.1) Ich selbst kann darüber nur einiges Wenige sagen. Aber dies ist objektiv ganz

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1) Sellin wurde offensichtlich erst später Mitglied.


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genügend. Erstens ist der Name Reuß in diesen Logen nie genannt worden. Zweitens kann niemand von mir Eingeführter ein Diplom aufweisen, das von Reuß herrührte. Drittens ist nie etwas geschehen, was irgendwie die Loyalität gegenüber der Freimaurerei verletzte. Viertens ist jeder über das Verhältnis der Sache zur Maurerei aufge­klärt worden. Endlich fünftens: sind innerhalb unserer «Logen» nur Theosophen. Wollten ehemalige Mitglieder des genannten Ordens bei uns eintreten, so müßten sie nachweisen, daß sie die Grade nicht nur tax- und diplommäßig zu Recht tragen, sondern daß sie sie «inner­lich» haben.

Es hat also, was ich begründet habe, selbst mit dem nichts zu tun, was früher in Deutschland vorgab, «Memphis- und Misraim-Grade» zu tragen. Und mich geht alles das auch nicht das geringste an, was sich um Reuß und seiner Genossen Orden herum abspielt. Es sind sogar hieher naive Menschen ins Haus gekommen, um in geschäfti­ger Weise anzubringen, was sie von Reuß wissen, oder gar mich zu «warnen». Aber das alles geht in Wahrheit mich nicht das allerge­ringste an. Auch das nicht, daß sich Leute, die sich früher haben von Reuß «Grade» geben lassen, dupiert fühlen und jetzt erbost sind. Ich verstehe diese Erbosung; aber loyal ist es nicrit, daß von dieser Seite ich überhaupt ins Spiel gebracht werde.1)

Sie sehen, verehrtester Herr Direktor: wie sehr von meiner Seite alles in Ordnung ist. Ihnen habe ich geantwortet, weil Sie mich in loyaler Weise gefragt haben. Was mit den Leuten zu machen ist, die mir etwas anhängen möchten durch Erzählung von Dingen, von denen sie nichts wissen können, mag die Zukunft zeigen.

*

Heute habe ich Ihnen nun auch etwas zu Ihren Übungen zu sagen 2)

Herzlichen Gruß

ganz Ihr

Dr. Rudolf Steiner

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1) Siehe hierzu die Briefe von Emil Adryánij auf Seite 88.

2) Dieser Teil des Briefes ist enthalten in dem Band «Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914«, GA 264.


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Ergänzung zu dem vorstehenden Brief an A. W. Sellin

Der vorstehend wiedergegebene Brief wurde vom Empfänger A. W. Sellin nach dem Tode Rudolf Steiners Marie Steiner zur Verfügung gestellt. In seinen Begleitzeilen vom 9. April 1925 heißt es dazu:

Es drängt mich, Ihnen anbei zwei Briefe des lieben Hingegangenen zur Verfügung zu stellen, die möglicherweise in der Zukunft eine Bedeutung för die Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft erlangen werden. Jedenfalls sind sie bei Ihnen besser aufgehoben als bei mir.1)

Der erste, am 15. August 1906 an mich gerichtete Brief beschäftigt sich mit der Entstehungsgeschichte der «Mystica aeterna»2) und ist die Antwort auf meine dieserhalb an den Doktor gerichtete Anfrage.3)

Diese Anfrage war für mich, der ich damals mitten im deutschen Logenleben stand, umso wichtiger, als Reuß so indiskret war, in Nr.1, 5. Jahr­gang seiner Zeitschrift «Oriflamme» den Text seiner Erlaubniserteilung für die Gründung eines Kapitels und eines Großrats der Adoptionsmaurerei unter dem Namen «Mystica aeterna» zu veröffentlichen und Dr. Steiner als stellvertretenden Großmeister, Sie als Groß-Sekretärin dieser neuen Verei­nigung namhaft zu machen.4)

Diese Indiskretion des Reuß, der die genannte Nummer seiner Zeit­schrift an zahlreiche Freimaurerlogen geschickt hatte, hat mir später große Verdrießlichkeiten im Freimaurerbunde bereitet, welche ich nur allmäh­lich auf Grund der vom Doktor in dem beifolgenden Brief gegebenen Auf­klärung habe überwinden können.

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1) Der zweite Brief ist an einen anderen Adressaten gerichtet und gilt anderen Zusammenhängen.

2) Offizieller Name des erkenntniskultischen Arbeitskreises.

3) Eine schriftliche Anfrage liegt nicht vor; es könnte auch mündlich gefragt worden sein.

4) vgl. Seite 87.


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A. W. Sellin an Rudolf Steiner

Drei Berichte über Memphis-Misraim-Maurerei


I


Hamburg, 12. Dezember 19041)


Ägyptische Maurerei

Als Begründer der sogenannten ägyptischen Maurerei gilt Cagliostro.2) Die­ser war nach seiner eigenen Behauptung in London in den Freimaurerbund aufgenommen worden, was aber nicht erwiesen ist.

Zu der Begründung der genannten Lehrart soll ihm ein gewisser George Coston die erste Idee und die Papiere gegeben haben.

Cagliostro versuchte Logengründungen im Haag und in Rußland, aber ohne Erfolg, dagegen gelang es ihm am 8. Oktober 1779 in Straßburg seine erste Loge vom Rite égyptien zu errichten. Dieselbe bestand bis 1783.

Im Oktober 1784 errichtete Cagliostro in Lyon mit 12 Mitgliedern der dortigen Freimaurerloge eine Mutterloge seiner ägyptischen Maurerei unter dem Namen «La sagesse triomphante» und am 5. Juli 1785 eine solche in Paris.

Damals war Cagliostros Ansehen so gestiegen, daß der in Paris tagende Freimaurerkonvent alles aufbot, um von ihm Belehrung zu erlangen, ob­gleich er diese nur unter der Bedingung erteilen wollte, daß die Philalethen verpflichtet würden, ihr gesamtes maurerisches Archiv den Flammen zu opfern. Nach Erfüllung dieser Bedingung wollte er den Freimaurern zei­gen, wie sie befähigt werden könnten durch Handlungen und Tatsachen, sowie durch Sinneswahrnehmungen zu erkennen, zu welcher Wissenschaft die wahre Maurerei die Symbole darbiete und den Weg andeute.

Am 21. November 1786 erfolgte Cagliostros Entlarvung in der Anti­quity-Lodge in London durch den Optiker Mach und damit der Zusam­menbruch des Systems, an dessen Spitze er als Großkophta stand.

Dasselbe war Männern und Frauen zugänglich, bestand aus einer Stufen­leiter von 90 Graden und verhieß Vollkommenheit durch physische und sittliche Wiedergeburt aller, die daran glaubten. (Vgl. Goethe, Neue Schrif­ten 1792, S.243284)

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1) Ein Begleitbrief zu diesem Bericht liegt nicht vor.

2) Siehe Vortrag Berlin, 16. Dezember 1904.


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Der Graf von Saint Germain hat in Beziehungen zu Cagliostro gestanden und dessen System, wahrscheinlich in umgemodelter Form, an deutsche Fürstenhöfe (Ferdinand von Braunschweig, Friedrich August von Braun­schweig, Carl von Hessen u. a.) gebracht. Namentlich Carl von Hessen, der den Grafen Saint Germain bis zu seinem Tode verpflegt hat, ist okkulten Studien mit großem Eifer zugetan gewesen, wozu dieser die Anregung ge­geben hatte. Von ihm erschien u. a. im Jahre 1824 in Kopenhagen eine «Erklärung über den Zodiakalstein des Tempels zu Dendera».

Der Rite de Memphis oder wie er sich selbst nannte «der orientalische Freimaurerorden von Memphis» soll nach der Ordenssage von einem im Jahre 46 n.Chr. durch den Hl. Markus zum Christentum bekehrten Ormus oder Ormuzd und einer unter ihm vereinigten Essenerschule herrühren. Er soll schon 1150 durch schottische Ritter nach Edinburg verpflanzt wor­den und der Vorläufer der heutigen Freimaurerei gewesen sein.

In Edinburg selbst weiß man von dieser Geschichte nichts, dagegen ist be­kannt, daß ein gewisser Samuel Honis aus Kairo 1815 die erste Großloge dieser Lehrart in Paris gegründet hat, die aber nur bis 1816 von Bestand gewesen ist.

1838 wurde dort ein zweiter Versuch mit der Einführung dieser Lehrart durch Begründung der Loge Osiris gemacht, der aber wieder fehlschlug, denn schon 1843 wurde der Orden polizeilich aufgehoben.

1848 erfolgte der dritte Versuch, und zwar wurde der Orden dann in

90 «Grade des Wissens» eingeteilt. Der oberste Grad (das Sanctuaire) sollte auf die Verwaltung keinen Einfluß haben und ganz esoterisch sein.

1851 wurde der Orden in Frankreich verboten und der Sitz seiner Ver­waltung nach London verlegt. Dort machte er bessere Fortschritte und er­richtete Tochterlogen in Genf, Brüssel, New York und Australien. Seine 90 Grade wurden auf 30 herabgemindert, und in dieser Gestalt suchte man ihn 1861 auch in Deutschland einzuführen, was aber infolge des Widerspruchs der maurerischen Behörden der altpreußischen Großlogen mißlang.

In anderen Ländern, wie in England, Irland, Schottland, Italien, Rumä­nien, Ägypten, Ostindien, Kanada, den Vereinigten Staaten von Nordame­rika und Australien gelang seine Verbreitung, zumal seitdem er sich mit dem Rite de Misraim verschmolzen hatte.

Der Rite de Misraim oder auch Rite Egyptien wurde im Anfang des 19. Jahrhunderts durch den jüdischen Kaufmann Michel Bédarride von Italien nach Frankreich gebracht und dort ausgestaltet. Die Ordenssage behauptet, Misraim, ein Sohn Hams, sei nach Ägypten gezogen, habe dasselbe in Besitz genommen und es nach seinem Namen benannt (Misraim, d. i. Ägypten).


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Von ihm habe sich eine uralte Geheimlehre über alle Länder und Zeiten verbreitet und sei an allen Philosophenschulen und mystischen Geheim­bünden, von den verschiedensten Religionen und Maurereivereinigungen, wenn schon mit mancherlei Änderungen benutzt worden, nämlich die Lehre von der Isis und dem Osiris, der Natur und dem Schöpfer.

Das System ist in vier Serien eingeteilt, von denen die erste die symboli­sche, die zweite die philosophische, die dritte die mystische und die vierte die hermetisch-kabbalistische benannt ist.

Man unterscheidet 17 Klassen und 90 Grade, die aber ungleich verteilt sind. Die Inhaber des 87. 89. Grades sind mit der Verwaltung der drei ersten bis zum 77. Grade reichenden Serie betraut. Der Souverain Prince des 78. Grades ist der Chef der vierten Serie, und den 90. Grad nimmt der unbekannte Souverain Grand maître absolu puissant suprême de l'ordre ein.

Der Bankerott des Begründers des Ordens in Frankreich, Bédarride, hat die weitere Verbreitung des letzteren nicht gehindert, was in der freimaure­rischen Literatur, in der man sonst für die inneren Einrichtungen nament­lich für die den Oberen zu erweisenden Ehrenbezeugungen nur Spott und Hohn übrig hat, auf die mustergültige Einrichtung der Wohltätigkeitsübung zurückgeführt wird.

Über die Verbreitung des jetzt verschmolzenen «Ordens von Memphis und Misraim» ist schon an anderer Stelle die Rede gewesen.

In Hamburg ist er seit wenigen Jahren vertreten und wird im Adreßbuch folgendermaßen aufgeführt: A. & A. Schottischer (33.°) und A. & P. Ritus von Memphis und Misraim (95.°). Kapitel «Phönix zur Wahrheit» Nr.3 im Tale von Hamburg.1) Arbeitsloge jeden zweiten Donnerstag im Monat. Symb. (St.Joh.) Loge «Phönix» im O. Hamburg. Arbeitsloge jeden ersten, dritten und vierten Donnerstag im Monat.

Arbeit und Jurisdiktion des Großorients und des Souveränen Sanktuariums für Deutschland in Berlin. Freundschafts-Repräsentant für Amerika: Franz Held, Borgfelde, Henriettenallee 18. Anfragen sind zu richten an den ersten Sekretär M. Lupschewitz, Dillstraße 4 oder Schatzmeister A. Paasch, St. G. Steindamm 68/II.

Der Orden ist vom deutschen Großlogenbunde nicht anerkannt, doch bemüht er sich, einzelne Brüder aus hiesigen Lehrarten zu sich herüberzu­ziehen, namentlich durch Verteilung einer Zeitschrift, die fast lediglich Arbeiten von Dr. F. Hartmann enthalten soll. Ich werde versuchen, mir

diese Zeitschrift zu verschaffen.

A. W. Sellin

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1) «Tal» Bezeichnung für freimaurerische Behörden.


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II


Hamburg, den 14. Dezember 1904

Sehr geehrter Herr Doktor!

Zunächst habe ich noch folgendes über die bewußte Großloge ermittelt:

Sie wurde vor etwa zwei Jahren unter dem Namen «Groß-Orient des Schottischen und Angenommenen 33.° Ritus und Souveränes Sanktuarium des Adler- und Pelikan-Ritus 95.° von Memphis- und Misraim» in Berlin er­richtet und hat den bestehenden Großlogen anderer Lehrarten ihre Konsti­tuierung ordnungsmäßig angezeigt, worauf diese aber nicht reagiert haben.

Aus ihrer offiziellen Kundgebung an die maurerischen Körperschaften Deutschlands geht folgendes hervor:

Der neue Groß-Orient ist auf Veranlassung deutscher Freimaurer, welche im Auslande in Logen dieser Lehrart aufgenommen, errichtet worden.

Der Souveräne General-Großmeister Br.John Yarker, 33.°, 90.°, 96.° hat den Br. Dr. Franz Hartmann, 33.°, 95.° (aufgenommen in den Bund in der Washington-Loge Nr.12, Orient Georgetown, Amerika), Heinrich Klein 33.°, 95.° (aufgenommen in den Bund in der Pilger-Loge Nr. 238 im Orient London) und Theodor Reuß 33.°, 96.° (aufgenommen in den Bund in der Pilger-Loge Nr. 238 in London) und den mit denselben verbundenen Brü­dern einen Freibrief zur Konstituierung eines Groß-Orient und Souveränen Sanktuarium des Ritus für das Deutsche Reich ausgestellt.

Oberster geistiger Leiter und Ehren-Großmeister desselben ist der Br. Dr. Carl Kellner, 33.°, 90.°, 96.° (aufgenommen in den Bund in der Loge Humani­tas in Wien), Direktor der Kellner-Partington Paper Pulb-Fabriken Hallein, Liverpool, Manchester etc. und Mitglied des K. K. Industrierates in Wien.

Reuß ist zu sprechen Berlin W. im Columbia-Bureau, Equitable-Palast, Leipzigerstrasse 101/102.

Die Mehrzahl der 33 respektive 95 Grade sind als «Erkenntnisstufen» zu betrachten, welche schriftlich bearbeitet werden und ein Studium der ver­schiedenen Religions- und Philosophie-Systeme bedingen. Beförderungsge­bühren werden nicht genommen.

In den Hochgraden dieser Lehrart sind, einem Manifest des Groß-Orients zufolge1), Geheimnisse vorhanden, «die auf den Orden durch

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1) Dieses Manifest ist abgedruckt und von Rudolf Steiner besprochen im Vortrag Berlin, 9 Dezember 1904.


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mündliche Überlieferung von den Vätern aller wahren Freimaurerei, den weisen Männern des Ostens überkommen und nur mündlich weiterge­geben werden.»

Selbstverständlich heißt es in dem Manifest hängt aber der Erfolg die­ses praktischen Unterrichtes zur Erlangung dieses Geheimnisses wiederum ganz vom Kandidaten selbst ab.

Diejenigen Brr., welche das Geheimnis gefunden hatten, bewahrten es als ein köstliches, seibsterrungenes Eigentum, und um von den Alltagsmen­schen nicht verkannt oder gar verspottet zu werden, verbargen sie es unter Symbolen, so wie wir das heute noch tun.

Unsere Hochgrade geben mit Hilfe dieser Symbole dem Bruder die Möglichkeit, einen sicheren Beweis für die Unsterblichkeit des Men­schen zu erlangen. Er bedarf der Überzeugung von seinem Fortleben nach dem Tode, um in diesem Leben wahrhaft glücklich sein zu können. Daher haben auch die Mysterien aller Religionen und Weisheitsschulen sich mit dieser Frage als ihrer höchsten und vornehmsten Aufgabe beschäftigt. Die Kirche tut dies auch, aber sie verweist den Suchenden auf den Weg der Gnade. Unser Orden stellt es jedoch in die Möglichkeit eines jeden Su­chenden, mittelst praktischer Mittel sich mit dem Weltbewußtsein, der Ur-Schöpferkraft, bewußt und selbst gewollt schon in diesem Leben zu vereinen.

Der neue Groß orient gibt eine Zeitschrift unter dem Titel «Oriflamme» heraus, die von Max Perl in Berlin verlegt wird. Dr. Franz Hartmann soll die meisten Beiträge dafür liefern. Mir ist nur die «Historische Ausgabe der Oriflamme» vom Jahre 1904 bekannt geworden. Diese beginnt mit dem Gruße «Friede, Toleranz, Wahrheit!» und hält dann den Freimaurern ihre Unkenntnis betreffs der Entwickelung und des wahren Wesens der Frei­maurerei vor. Namentlich Findel sei als freimaurerischer Historiker ganz unzuverlässig; die für den Beweis dieser Behauptung angeführten Beispiele sind jedoch wenig oder gar nicht stichhaltig.

Der Verfasser verwirft das Hervorgehen der Freimaurerei aus der alten Werkmaurerei, und führt ihren Ursprung auf die Tempelritter zurück. Protokollarische Beweise seien dafür allerdings nicht zu erbringen, da es strengstens verboten gewesen, irgendwelche schriftliche Aufzeichnungen über die Versammlungen oder über die Zugehörigkeit zu den die Tradition der Tempelritterschaft pflegenden maurerischen und rosenkreuzerischen Körperschaften zu machen. Die für diesen Zusammenhang mit den Temp­lern vorhandenen Beweise würden nur Eingeweihten mitgeteilt.


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Die Richtigkeit dieser Behauptung ist natürlich unkontrollierbar, und die Aufrechterhaltung solcher historischen Geheimniskrämerei in unserer nach Öffentlichkeit drängenden Zeit mindestens unverständlich.

Glücklicherweise wird die Entstehung des schottischen 33.° Ritus, soweit dieselbe auf Dokumente Friedrich des Großen zurückgeführt wird (Char­lestoner System) als eine große Ordenslüge bezeichnet, und die Erklärung abgegeben, daß man es in dem mit dem Orden Memphis und Misraim ver­bundenen System mit dem gesetzmäßigen System des Brs. Cerneau zu tun habe.1)

Da nun aber der neue Orden seinem innersten Wesen nach ein durchaus theosophisches Gepräge trägt, so werde ich ihm eine ganz besondere Auf­merksamkeit zuwenden, und sogar direkte Fühlung zu seinen Führern suchen.

Sollte ich dabei die Überzeugung gewinnen, daß er der theosophischen Bewegung zu dienen vermag, so kann ja die Frage, wie dies am besten ge­schehen kann, gelegentlich zwischen uns erörtert werden.2)

Beifolgend sende ich Ihnen meinen Logenvortrag «Fürstliche Brüder», bitte aber um baldige Rücksendung desselben, da er ein Glied in einer gan­zen Serie von Vorträgen ist, und ich wahrscheinlich auf ihn noch einmal zurückzugreifen habe.

Mit herzlichem Gruß

Ihr ergebenster

A. W. Sellin.

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1) Sellin, dessen eigene Loge damals nach dem Cerneau-Ritus arbeitete, deutet hier auf den Gegensatz zwischen den beiden Schottischen 330-Systemen (Cerneau und Charleston). Durch das um 1801/02 in Charleston/USA geschaffene System sollen durch gefälschte Dokumente die ursprunglichen auf Cerneau (1763 1829) zurückgehenden Ritualien geän­dert worden sein. In der von Sellin angefihrten «Historischen Ausgabe der Oriflamme«, die von Yarker mitverfaßt wurde, heißt es, dsß man in bezug auf den Schottischen Ritus nach dem früheren rechtmäßigen Cerneau-System arbeite.

2) Rudolf Steiner muß wohl Sellin mündlich darüber orientiert haben, daß er in der Zwi­schenzeit schon selbst mit dem Orden Fühlung genommen hatte. Daraus erklärt sich auch, warum er im Brief vom 15. Augtist 1906 auf die Bemühungen Sellins von 1904 keinen Bezug nimmt. Vgl. hierzu auf Seite 50.


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III

Hamburg, 20. Dezember 1904

Lieber Herr Doktor!

Unter Bezugnahme auf mein Schreiben vom 14. d. M. übersende ich Ihnen anbei das letzte Heft der «Oriflamme», das einen Beitrag von Dr. Franz Hartmann enthält, der für Sie Interesse haben dürfte.

Im Septemberheft von 1903 der «Oriflamme» finde ich folgende merk­würdige Mitteilung:

«In Nordamerika gehören 50.000 Frauen dem nur aus Freimaurer­-Frauen, Töchtern und Witwen bestehenden Orden vom Eastern Star an. In London ist in diesem Jahre durch die bekannte Theosophin Frau Annie

Besant, die in Paris in den Freimaurerbund aufgenommen wurde, eine sogenannte gegründet und von Paris aus gestiftet worden.» Die letztere Notiz ist recht so zu verstehen, daß die von Frau Annie Be­sant in London gegründete «gemischte Loge» von Paris her eine Stiftungs­urkunde erhalten hat.1)

Ist Ihnen darüber etwas bekannt?

«Gemischte Logen» gibt es erst seit 1893. Damals war es Maria Deraismes in Paris, welche am 14. März 16 Frauen in den Freimaurerbund aufnahm, und die Schottenloge «Le droit humain» gründete.

Diese «gemischten Logen» sind von unseren deutschen Großlogen eben­sowenig anerkannt, wie die Memphis- und Misraim-Logen und die Adop­tionslogen, wie sie im Orden vom Eastern Star tätig sind.

Sehr lieb wäre es mir, wenn Sie mir das beifolgende Heft, sowie die bei­den Bundesblätter und meinen Vortrag zurücksenden möchten. Hoffent­lich gestattet es Ihre Zeit bei Ihrer Anwesenheit im Januar, mir eine Zwie­sprache über persönliche, meine innere Entwickelung betreffenden Fragen zu gewähren.

Mit brüderlichem Gruß und besten Wünschen für das kommende Fest Ihr Sie hochschätzender und treu verbundener

A. W. Sellin

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1) Vgl. unter «Einzelne Hinweise»


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Quittung über die Eintrittsgebühr für Rudolf Steiner und Marie von Sivers, Berlin 24. November 1905, ausgestellt von Theodor Reuß, unterschrieben von Max Heilbronner.



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Rudolf Steiner an Marie von Sivers (Auszüge1))

I

Nürnberg, 25. November 1905

Nun hast Du gestern selbst gesehen2), wie wenig noch übrig ge­blieben ist von den einstigen esoterischen Institutionen, die doch ein­mal ein physiognomischer Abdruck waren höherer Welten. In Wahrheit sollten die drei symbolischen Grade: Lehrling, Geselle, Meister die drei Stufen ausdrücken, auf denen der Mensch im Geiste sich selber d.h. sein Selbst innerhalb des Menschentypus findet. Und die Hochgrade sollten die Erhebung stufenweise andeuten, durch die der Mensch ein Bauer am Menschheitstempel wird. Und wie der gewordene Menschenorganismus d.h. der astrale, ätherische und physische Organismus ein Mikrokosmos der Vergangenheitswelt sind, so soll der von der Maurerei in Weisheit, Schönheit und Stärke zu errichtende Tempel das makrokosmische Abbild einer inneren mikrokosmischen Seelenweisheit, Seelenschönheit und Seelenstärke sein.

Im Materialismus hat die Menschheit das lebendige Bewußtsein von alle dem verloren und die äußere Form ist vielfach an Menschen übergegangen, die zum inneren Leben keinen Zugang haben.

Es wäre nun die Aufgabe, das maurerische Leben aus den veräu­ßerlichten Formen aufzufangen und neu zu gebären, wobei natür­lich das wiedergeborene Leben auch neue Formen hervorbringen müßte. Dies sollte unser Ideal sein: Formen zu schaffen als Ausdruck des inneren Lebens. Denn einer Zeit, die keine Formen schauen und schauend schaffen kann, muß notwendigerweise der Geist zum we­senlosen Abstraktum sich verflüchtigen und die Wirklichkeit muß sich diesem bloß abstrakten Geist als geistlose Stoffaggregation gegen­überstellen. Sind die Menschen imstande wirklich Formen zu ver­stehen z.B. die Geburt des Seelischen aus dem Wolkenäther der sixtinischen

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1) Vollständig in «Briefwechsel und Dokumente 1901 1925», GA-Nr. 262

2) Beim Eintritt am 24. November 1905.


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Madonna: dann gibt es bald für sie keine geistlose Materie mehr. Und weil man größeren Menschenmassen gegenüber Formen vergeistigt doch nur durch das Medium der Religion zeigen kann, so muß die Arbeit nach der Zukunft dahin gehen: religiösen Geist in sinnlich-schöner Form zu gestalten. Dazu aber bedarf es erst der Vertiefung im Inhalte. Theosophie muß zunächst diese Vertiefung bringen. Bevor der Mensch nicht ahnt, daß Geister im Feuer, in Luft, Wasser und Erde leben, wird er auch keine Kunst haben, welche diese Weisheiten in äußerer Form wiedergibt.


II

Karlsruhe, 30. November 1905

Die Freimaurer-Sache wollen wir nur ja bedächtig, ohne alle Überstürzung machen. Reuß ist kein Mensch, auf den irgendwie zu bauen wäre. Wir müssen uns klar darüber sein, daß Vorsicht so drin­gend dabei nötig ist. Wir haben es mit einem «Rahmen», nicht mit mehr in der Wirklichkeit zu tun. Augenblicklich steckt gar nichts hinter der Sache. Die okkulten Mächte haben sich ganz davon zu­rückgezogen. Und ich kann vorläufig nur sagen, daß ich noch gar nicht weiß, ob ich nicht eines Tages doch werde sagen müssen: das darf gar nicht gemacht werden. Ich bitte Dich daher, doch ja nichts anderes, als etwas ganz vorläufiges mit den Leuten zu besprechen.1) Wenn wir eines Tages sollten genötigt sein, zu sagen: da können wir nicht mit, so dürfen wir vorher nicht zu stark engagiert sein. Es sind bei der Sache zum Teil persönliche, zum Teil Eitelkeitsmotive im Spiel. Und vor beiden fliehen die okkulten Mächte. Sicher ist, daß vorläufig es allen okkulten Mächten wertlos erscheint, daß wir sol­ches tun. Doch ganz Bestimmtes kann ich auch heute noch nicht darüber sagen. Bemerken wir bei der nächsten Unterredung mit Reuß etwas Unrichtiges, dann können wir immer noch das Ange­messene tun.

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1) »Mit den Leuten» dünfte sich auf diejenigen Mitglieder beziehen, die von den Absichten in dieser Angelegenheit schon wußten


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Vertrag zwischen Theodor Reuß und Rudolf Steiner

Wortlaut nach dem von Reuß handgeschriebenen Original, datiert Berlin, 3. Januar 1906


GROSS-ORIENT DES SCHOTTISCHENA. & A. 33.° RITUS

SOUVERÄNES SANKTUARIUM

DES ORDENS DER ALTEN FREIMAURER

VOM MEMPHIS- U. MISRAIM-RITUS

Bureau

des

General-Großmeisters Berlin, S. W. 47, den 190


Vertrag und brüderliches Übereinkommen

Zwischen Theodor Reuß, Souveräner General-Großmeister ad vitam, 33.° 90.° 96.° und alleiniger Vorstand des Ordens der Alten Templer Freimaurer des Schottischen, Memphis- und Misraim-Ritus für das Deutsche Reich, und Br. Dr. Rudolf Steiner, Generalsekretär der Theosophischen Gesellschaft und Präsident des Mystischen Tempels und Kapitel «Mystica aeterna» 30.° 67.° 89.° in Berlin, ist heute folgender Vertrag und brüderliches Überein­kommen abgeschlossen und unterzeichnet worden.

Br. Dr. Steiner erhält hiemit von Theodor Reuß, unter Einhaltung der in diesem Vertrag festgelegten Voraussetzungen, die Berechtigung, nach seiner Auswahl und ohne vorher die Genehmigung des Br. Theodor Reuß einholen zu müssen, eine unbegrenzte Anzahl von Mitgliedern der Theo­sophischen Gesellschaft oder auch von solchen Personen, die der Theoso­phischen Gesellschaft nicht angehören, in seinem Kapitel und Mystischen Tempel «Mystica aeterna» in Berlin, in den Orden der Alten Templer Freimaurer vom Schottischen, Memphis- und Misraim-Ritus für das Deut­sche Reich aufzunehmen, und selbe bis zum 30. Grad A. & A. zu perfek­tionieren.

Br. Dr. Steiner verpflichtet sich dagegen für jeden Kandidaten, den er in den genannten Orden aufnimmt beziehungsweise in den Graden perfektioniert,


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an Br. Theodor Reuß eine Gebühr von Vierzig Mark (40 Mark) zu bezahlen,1) wofür der betreffende Kandidat, wenn er in den 18. Grad er­höht worden ist, von Theodor Reuß ein Diplom dieses Grades ausgefertigt erhält.2) Diese Gebühr ist fällig und an Theodor Reuß zahlbar am Tage der Aufnahme eines Kandidaten. Diese Gebühr kann in besonderen Fällen von Theodor Reuß gestundet werden. Ein Kandidat ist jedoch erst rechtmäßi­ges Mitglied des genannten Ordens, und hat erst Anspruch auf ein Grad- oder Mitglieds-Diplom, wenn die oben genannte Gebühr an Br. Theodor Reuß tatsächlich auch bezahlt worden ist. Wünscht ein Mitglied außer dem einen Diplom für den 18. Grad auch noch andere Diplome für andere Gra­de, so k9stet die Ausfertigung für jedes weitere Diplom je 10 Mark (zehn Mark), die vor der Ausfertigung an Br. Theodor Reuß zu zahlen sind. Über die Verwendung der von Br. Dr. Steiner für sich oder für seine Kandidaten und Mitglieder an Theodor Reuß gezahlten Gebühren oder Gelder steht weder Br. Dr. Steiner, noch den von ihm aufgenommenen oder seiner Or­ganisation angehörenden Mitgliedern eine Kontrolle nicht [sic!] zu, d.h. es steht denselben kein Recht zu, Rechnungslegung über die Verwendung zu verlangen. Br. Dr. Steiner hat kein Recht, selbständig Diplome für den Or­den oder für Theodor Reuß auszustellen. Für die Zeit seiner Abwesenheit von Berlin ernennt Br. Theodor Reuß den Br. Dr. Steiner zum Stellvertre­tenden General-Großmeister und General-Groß-Sekretär im Souveränen Sanktuarium Diese Ernennung tritt an dem Tage in Kraft, an dem Br. Dr. Steiner vier Kandidaten dem genannten Orden zugeführt haben wird, und sein Kapitel gegründet hat. Br. Dr. Steiner hat aber als Stellvertretender General-Großmeister vorläufig nur Jurisdiktion über die von ihm selbst dem genannten Orden zugeführten Mitglieder. Über diese übt er aber bis zum 30.° A. & A. die ausschließliche Jurisdiktion aus und erst, wenn selbe über den 30. Grad A. & A. steigen, fallen selbe unter die Jurisdiktion von Br. Th. Reuß. Wenn Br. Dr. Steiner für den hundertsten (100.) Kandidaten die in diesem Vertrage stipulierte Gebühr von Vierzig Mark (40 M.) an Br. Theodor Reuß bezahlt haben wird, ernennt Br. Theodor Reuß den Br. Dr. Rudolf Steiner zum Amtierenden General-Großmeister 33.° 90.° 96.° für das Deutsche Reich, mit Jurisdiktion über sämtliche im Deutschen Reiche bestehenden Organisationen des Ritus und Ordens. Bei der Zusam­menrechnung der genannten Zahl von Hundert Kandidaten sollen auch die

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1) Der übliche Aufnahmesatz; für den Charter mußten laut Mitteilung in der Wiener Frei­maurerzeitung (1929, Nr.7/8) 1.500 Mark bezahlt werden.

2) Solche Diplome sind nie vergeben worden, vgl. Seite 70.


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dem Orden von Schwester v. Sivers und Br. Dr. Steiner zugeführten Frauen mitgezählt werden. Alle gedruckten Rituale, Katechismen, Bücher, Logengegenstände müssen von Br. Dr. Steiner extra bezahlt werden.1)

Br. Dr. Steiner verpflichtet sich, die gesamte maurerische Bekleidung für seine Mitglieder ausschließlich von Fräulein Marta Gierloff zu beziehen, zu einer festgelegten Taxe. Br. Dr. Steiner verpflichtet sich, keine Personen, welche von der symbolischen Großloge in Leipzig oder von Br. Theodor Reuß (S.S.) ausgeschlossen, ausgetreten oder suspendiert worden sind, auf­zunehmen oder anzunehmen. Ferner verpflichtet sich Br. Dr. Steiner keine Loge oder andere freimaureri:. Organisation oder Behörde in Deutschland anzuerkennen oder mit selber in Verbindung zu treten, die vom S. Sanktua­rium, respektive von Br. Theodor Reuß aufgelöst oder suspendiert ist, oder die sich vom 5.5. bezw. von Br. Theodor Reuß losgesagt hat.

Br. Dr. Steiner verliert sofort alle Rechte und Grade im S. Sanktuarium und im genannten Orden, falls er diesen beiden letzten Bestimmungen ent­gegenhandelt. Selbstverständlich steht dem Br. Dr. Steiner die Führung eines Amtssiegels und die Benützung von Briefpapier mit dem Namen des Ordens zu, wie selbes von Br. Reuß selbst benützt wird. Als Amtssiegel führt Br. Dr. Steiner das diesem Vertrag im Abdruck beigefügte Siegel.

So geschehen, gelesen, genehmigt und unterschrieben am 3. Januar 1906, E. V. d. i. am dritten Januar neunzehnhundertsechs E. V.

zu Berlin

Groß-Lichterfelde

Theodor Reuß:.

33.° 90.° 96.°

(Stempel) (Stempel)


Nachbemerkung des Herausgebers

Von all den Bedingungen dieses Vertrages kam für Rudolf Steiner nur in Frage, daß er legal berechtigt war, Mitglieder nach seiner Wahl aufzunehmen, für die die reguläre Taxe zu entrichten war und daß nach Aufnahme des 100. Mitgliedes der Misraim-Ritus von ihm allein repräsentiert wurde. Vgl. hierüber seinen Brief an A. W. Sellin vom 15. August 1906, Seite 67 im vorliegenden Band.

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1) Vgl. hierzu Seite 69 f.


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Zur Aufnahme von Frauen durch Marie von Sivers

Nach einer handschriftlichen, nicht datierten und nicht unterzeichneten Vorlage von Theodor Reuß


ALTER ORDEN DER ÄGYPTISCHEN FREIMAUREREI

FÜR FRAUEN

Ehrenpräsidentin J. H. Prinzessin Maria de Rohan, Ehrenmitglied Frau Dr. Maria v. Kellner, Generalgroßmeisterin Frau Oberst Alice Leighton Cleater, Generalsekretärin Fräulein Marie von Sivers

Hauptquartier in Berlin

Nachdem durch die interessante Publikation der «Woche» (siehe Heft 33 Seite 1453) in Deutschland bekanntgeworden ist, daß in England, dem kon­servativen Mutterlande der modernen Freimaurerei, auch Frauen Aufnah­me in den Freimaurerorden finden, macht sich in deutschen Frauenkreisen der lebhafte Wunsch geltend, gleichwie in England, Frankreich, Spanien, Amerika, Indien usw. auch in Deutschland den Frauen Zutritt zur Frei­maurerei zu verschaffen.

Es wird daher hiedurch bekannt gemacht, daß Damen von Stand und Rang mit unabhängigem Einkommen Aufnahme in eine Hochgrad-Körperschaft der Adoptionsmaurerei, genannt Alter Orden der Ägyptischen Frei­maurerei für Frauen, finden können, wenn selbe sich an Fräulein v. Sivers, Motzstraße 17, Berlin W wenden. Dieser freimaurerische Frauen-Orden erteilt die gleichen Grade wie seine Schwesterorganisationen in Amerika, Frankreich, England etc. Mme. H. P. Blavatsky, die Gründerin der moder­nen theosophischen Bewegung in Europa, empfing am 24. November 1877 die Grade dieses Ordens. Anfragen müssen von einem frankierten adressierten Couvert begleitet sein.1)

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1) Ob dieser Wortlaut publiziert worden ist, war nicht zu ermitteln.


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Bekanntmachung des Übereinkommens vom 3. Januar 1906 in der «Oriflamme»1)


KAPITEL UND GROSSRAT «MYSTICA AETERNA»

i. T. v. B E R L I N

Dem Br. Dr. Rudolf Steiner, 33.°, 95.°, in Berlin und den mit demselben verbundenen Brüdern und Schwestern ist die Erlaubnis erteilt worden, in Berlin ein Kapitel und einen Großrat der Adoptionsmaurerei unter dem namen «Mystica aeterna» zu gründen. Br. Dr. Steiner wurde zum stellver­tretenden Großmeister mit Jurisdiktion über die von ihm aufgenommenen oder aufzunehmenden Mitglieder ernannt. Schwester Marie von Sivers wurde als General-Großsekretärin für die Adoptionslogen eingesetzt.

Berlin Ostern 1906 E. V.

Theodor Reuß, 33.°, 90.°, 96.°

Henry Klein, 33.°, 90.°, 95.°

Max Heilbronner, 33.°, 90.°, 95.°

Paul Kirmiss, 33.°, 90.°, 95.°

Maximilian Dotzler, 33.°, 90.°, 95.°

Ernst Pfreundtner, 33.°, 90.°, 95.°

Dr. Lauer, 33.°, 90.°, 95.°

Andreas Ullmer, 33.°, 90.°, 95.°

Joseph Brucker, 33.°, 90.°, 95.°

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1) «Amtliches Organ des Bundes der Alten Freimaurer vom Schottischen, Memphis- und Misraim-Ritus. Großorient in Deutschland«, 5.Jg. Heft 1, Januar Juni 1906.


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Rudolf Steiner an Michael Bauer (Auszug)


Berlin, 3. Juli 1906

Wegen Reuß brauchte sich Adriányj wahrlich nicht zu ereifern, wenigstens nicht, soweit ich dabei in Betracht kommen soll. 1) Mich geht nämlich Reuß ebensowenig an, wie mich die andern etwas an­gehen, die mit Reuß Logen gebildet haben. Ich habe mit dem allen gar nichts zu tun. Ich hatte mich nur mit Reuß in loyaler Weise auseinanderzusetzen. Im übrigen ist es höchst merkwürdig, daß jetzt die Leute über Reuß herfallen, die doch vorher sich für gar nichts ich meine natürlich damit nicht das Materielle haben Grade er­teilen lassen. Es sollte aber von mir niemand glauben, daß ich mit solchem Gradhandel etwas zu tun habe.

Aus zwei Briefen von Emil Adriányj an Rudolf Steiner


I

Nürnberg, 3. September 1906

Ich bedaure herzlich, daß es Ihnen Ihre Zeit nicht erlaubt hat, mir gele­gentlich Ihrer wiederholten Besuche in Nürnberg eine kurze Zeit ungestört Gehör schenken zu können, was zu vermitteln ich Herrn Bauer gebeten habe. Ich hätte Sie gerne um Ihre offene und ehrliche Meinung über eine gewisse Angelegenheit befragt, die jetzt mit Ihrem Namen sehr häufig in Verbindung zu hören ist. Persönlich bin ich über das, wie gewisse in be­stimmten Kreisen große Verwunderung erregende Vorkommnisse von Ih­nen beurteilt werden, sehr neugierig. Ebenso finde ich dafür keine Erklä­rung, wie es möglich ist, daß der Leiter der E.S. der Theosophischen Gesell­schaft in Deutschland mit ähnlichen Leuten in Verbindung treten konnte,

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1) Der Ungar Emil Adriányj (*1865) lebte von Beginn des Jalarhunderts an in Nürnberg. Freimaurer, Theosoph und kurze Zeit, bevor er sich mit Reuß überwaif, Großseltretir des Memphis-Misraim-Ordens; später namhafter freimaurerischer Schriftsteller.


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deren Namen allein schon höchst kompromittierend für das Renommé einer «Theosophischen Gesellschaft» sein muß, da doch die Gesellschaft sich nicht gescheut hat, wegen ähnlicher Vergehen schwarzer Magie eines ihrer ältesten und durch seine Werke überall bekannten Mitgliedes vor kurzer Zeit sang- und klanglos aus ihrer Mitte zu entfernen?1)


II

Nürnberg, 8. September 1906

Ich bestätige mit bestem Dank den Empfang Ihres geschätzten Schreibens vom 4. d. M. und nehme von seinem Inhalt mit Vergnügen Kenntnis.2)

Daß Ihr Name seit dem Erscheinen des Heftes 1/6 der «Oriflamme» stets in Verbindung mit Reuß genannt wird und auch in der freimaurerischen Presse pertraktiert wurde, hat wohl seinen Grund darin, daß Sie laut Zeug­nis dieser «Oriflamme» doch dem Orden und seinem Sanctuarium, wie auch der «Mystica aeterna» angehören. Welche Beurteilung seitens dieser Blätter der sonstige Inhalt der «Oriflamme» erfährt, belieben Sie aus mitfol­gender Abschrift einer Notiz der Braunschweiger Logen-Korrespondenz zu ersehen.3)

Schon im Interesse der T. S. bedaure ich dies und würde Ihnen gerne an­heimstellen, Ihre Erklärung, mit Reuß nichts gemeinsam zu haben, auch den maurerischen Blättern zuzustellen, zumal über Reuß demnächst wieder etwas zu lesen sein wird.

Es handelt sich dabei nicht nur um Ihr eigenes Prestige, sondern auch um den guten Ruf von Personen, die Ihnen mehr gelten müssen als die Reuß'sche Ordensmacherei, die Ihre Person als Referenz ausnützt.

Da Sie so freundlich waren, mir Ihre bündigen Ansichten über das, wes­sen Reuß beschuldigt wird, anzudeuten, so will ich Ihnen mit derselben Offenheit als meine sowohl aus älteren Reuß'schen Briefen, aus der neue­sten Erklärung Dotzlers, als auch aus einem gründlichen Studium des

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1) Bezieht sich auf den sog. «Fall Leadbeater». Vgl. den Band »Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914», GA 264, S. 263ff., sowie «The Elder Brother. A Biography of Charles Webster Leadbeater by Gregory Tillet», London 1982.

2) Dieser Brief Rudolf Steiners ist leider unbekannt.

3) Liegt nicht mehr vor.


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Cerneau-, Memphis- und Misraim-Ritus gewonnene Ansicht kundgeben, daß der Reuß'sche Orden selber absolut keine «Übungen» kennt, besitzt oder zu vergeben hat, noch im Ausland vergibt. Die Übungen, die Reuß einem von ihm ausgewählten inneren Schülerkreis bekanntgegeben hat, sind von ihm selber (angeblich nach Rücksprache mit Dr. Kellner) verfaßt beziehungsweise in Nachahmung der T. S. [Theosophical Society] mit dem jetzigen «A. Pr. Ritus» [Alter Primitiver Ritus] verquickt worden, wodurch die Reklame mit der «bewußten Vereinigung mit der Ur-Schöpferkraft» er­möglicht wurde.1) Eine tatsächliche Berechtigung zur Erteilung okkulter «Übungen» hat Reußens Orden nicht; nach der Richtung hin dürfte sich ein unwiderlegbarer Beweis schwer erbringen lassen. Jedenfalls aber bin ich der persönlichen Meinung, daß die T. S. bezüglich solcher Übungen der Mithilfe eines Reuß nicht bedurft hätte.2) Da der Genannte seine «Übun­gen» ohne jederlei Warnung (wie zum Beispiel jene der Mme. Blavatsky im Band III der «Secret Doctrine») und ohne auf die Notwendigkeit morali­scher Lebensführung zu dringen erteilt hat (die jetzt dazu gehörige «An­sprache an die Schüler des Okkulten Grades» wurde auf dieses hin erst von mir verfaßt, um dieses Versäumnis gutzumachen) und sich seine Erfolge anstatt auf der devachanischen, vorerst auf der Astralebene durch eine Art medianime Erscheinungen manifestieren, so bin ich bald nach Erhalt der ersten «Übung» zur Vermutung gekommen, daß Reuß auch auf diesem Ge­biet entweder ein Ignorant oder ein fürchterlich leichtsinniger Patron ist. Dazu kommt, daß bei vielen moralisch sehr hochentwickelten Personen die Übungen selbst nach Monaten keinerlei Erfolg hatten.

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1) Davon ist im Manifest der Historischen Ausgabe der »Vereinigten Schottischen, Memphis-und Misraim-Maurerei» die Rede. Siehe den Text im Vortrag Rudolf Steiners, Berlin, 9. Dezember 1904, in dem Band «Die Tempellegende und die Goldene Legende«, GA Nr.93, S. 97f.

2) Adriányj wußte offenbar nicht, daß Rudolf Steiner es nicht nötig hatte, Übungen von irgendeiner Seite entgegenzunehmen.


EDIKT des Souveränen General-Großmeisters der vereinigten Riten der Schottischen, Memphis- und Misraim-Freimaurerei, 33.° – 95.°, in und für Deutschland

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Bekanntmachung von Theodor Reuß über die Trennung der Vereinigten drei Riten (Schottische, Memphis, Misraim) in drei selbständige Körperschaften

in «Oriflamme», 5. Jahrgang Nr. 2 Juli Dezember 1906


EDIKT

des Souveränen General-Großmeisters der vereinigten Riten

der Schottischen, Memphis- und Misraim-Freimaurerei,

33.° = 95.°, in und für Deutschland.

Z. R. D. A. B. A. W.!1)

Souveräner General-Großrat der Alten Riten.

Deus meumque jus. Exitus acta probat. Spes mea in Deo est.

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Brüderlichen Gruß auf allen Punkten des Triangels!

Wir, Albert Karl Theodor Reuß, 33.°, 90.°, 96.°, Souveräner General-­Großmeister ad Vitam des Ordens der vereinigten Riten der Schottischen, Memphis- und Misraim-Freimaurer in und für das Deutsche Reich, Souve­räner General-Groß-Kommandeur, Absoluter Groß-Souverän, Souveräner Pontif, Souveräner Ordensmeister der Orientalischen Templer-Freimaurer, Magus Supremus Soc. Frat. R. C. S:. L:. 33.°, Termaximus Regens I.O. u.s.w. u.s.w., tun hierdurch kund und zu wissen, daß Wir uns bewogen ge­funden haben, kraft der Uns anvertrauten und übertragenen Gewalten und Machtbefugnisse, die Bearbeitung und die Verwaltung der unserer Jurisdik­tion in Deutschland und den deutschsprechenden Ländern unterstellten drei freimaurerischen Riten voneinander zu trennen und die drei Riten zu drei selbständigen freimaurerischen Körperschaften zu erheben.

Vom 24. Juni 1907 E.V. ab werden daher unter unserer obersten Juris­diktion in Deutschland bestehen:

Der Oberste Rat des Schottischen, Alten und Angenommenen 33.° Ritus für das Deutsche Reich.

Der General-Großrat (90.°) des ägyptischen Ritus von Mizraim.

Das Souveräne Sanktuarium (95.°) des Alten und Primitiven Ritus von Memphis.

Für jeden einzelnen Ritus ernennen wir je einen Amtierenden GeneralGroßmeister mit Jurisdiktion über die ihm unterstehenden Körperschaften.

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1) = Zum Ruhme des allmächtigen Baumeisters aller Welten!


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Die einzelnen Großbehörden erlassen ihre eigenen Verwaltungsgesetze, welche den allgemeinen Grundgesetzen der Riten nicht zuwiderlaufen dür­fen. Der Souveräne General-Großmeister ad Vitam bleibt letzte Entschei­dungsinstanz in allen Ritual- und Personalfragen. Die Großbeamten der einzelnen Groß behörden werden jährlich in geheimer Sitzung von den ver­sammelten Beamten der Kapitel und Großräte mit Dreiviertelmajorität ge­wählt. Die Rechte und Pflichten der Amtierenden General-Großmeister und alle weiteren Bestimmungen sind in der Konstitution vom 8. Septem­ber 1906 E.V. festgelegt.

Gegeben in unserem Sanktuarium am 10. Tage des Monats September A. D. 1906, A.O. 788.


(L.S.) Theodor Reuß, N. P. U. 33.°, 90.°, 96.°.

S. G. G. M. ad Vitam für das Deutsche Reich


Ernennung Rudolf Steiners zum Generalgroßmeister des Ägyptischen Ritus von Misrairn in Deutschland

Wortlaut der Originalhandschrift von Theodor Reuß, datiert 15. Juni1907

Memphis and Mizraim Rite of Masonry

Order of Oriental Templars and Esoteric Rosicrucians

Z:. R:. D:. A:. B:. A:. W:.!1)

Brüderlichen Gruß auf allen Punkten des Dreiecks!

An Alle die es angeht!

In Ausführung der Bestimmungen des brüderlichen Übereinkommens vom 3. Januar 1906 E.V. und des Ediktes vom 10. September A. D. 1906, A. O. 788, publiziert in der «Oriflamme», Heft 2, Jahrgang 5, 1906, E.V. ernenne ich hiermit Kraft der mir durch Patent vom 24. September 1902, E.V. verliehenen Rechte und Machtbefugnisse den

S. E. Br. Dr. Rudolf Steiner, 33.° 90.° 96.° in Berlin


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1) = Zum Ruhme des allmächtigen Baumeisters aller Welten!


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zum selbständigen

Amtierenden General Großmeister

des Obersten General Großrates des ägyptischen Ritus (90°) von Mizraim

in Deutschland

sowie der Adoptionslogen der ägyptischen Freimaurerei in Deutschland mit dem Rechte und der Verpflichtung, den Orden gemäß den Bestimmun­gen des Übereinkommens vom 3 Januar 1906 E.V. zu leiten.

Gegeben in unserem Sanktuariurn am fünfzehnten Juni A. D. 1907, A. O. 789 London und Berlin.

Theodor Reuß 33.° 90.° 96.°

Souveräner General Großmeister ad Vitam

Henry Klein 33.° 95.°

General Groß Registrar

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Rudolf Steiner zum Unterschied von Erkenntniskult und Freimaurerei

Aus Teilnehmer-Gedächtnisnotizen

von der Instruktionsstunde Berlin, 16. Dezember 1911

Man möge [könnte] meinen, daß man es hier zu tun habe, mit einer Einrichtung desjenigen was man im allgemeinen «Freimaurerei» nennt, aber es ist nicht so Wie geheim auch die Freimaurerei in frü­heren Zeiten betrieben worden sein mag, sie ist dennoch zu allen Zeiten etwas Äußerliches gewesen. Denn tatsächlich ist die Freimau­rerei ursprünglich in die Welt getreten durch einen Verrat aus den Mysterienschulen und daher kommt es, daß man viele Symbole, die man in der Freimaurerei findet, auch hier antrifft. Aus den Myste­rienschulen sind diese Symbole durch Schüler, die nicht genügend von deren Wert und Bedeutung durchdrungen waren, in für die Au­ßenwelt zwar geheime Gesellschaften geraten, aber niemals haben jene Geheimgesellschaften, die man kennt unter dem allgemeinen Namen der Freimaurerei, die wahre Tiefe der Symbole begreifen


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und erklären können, weil die Heiligkeit der Symbole an sich es mit sich bringt, daß sie außerhalb des okkulten Tempels nicht richtig verstanden werden können.1)

Bis jetzt hat unsere okkulte Strömung flir die Welt noch den Na­men der Freimaurerei getragen, weil man aus okkultem Standpunk­te immer an das Bestehende möglichst anknüpfen soll, aber von jetzt ab soll dieser Name für unseren Tempel in Wegfall kommen und sollen unsere Verrichtungen «Misraim-Dienst» genannt werden. Man möge dies, wenn man unseren okkulten Dienst andeuten will, mit den Buchstaben «M. D.» abkürzen. Die Bezeichnung «F. M.» [Freimaurerei] soll jetzt endgültig verschwinden, und damit ist für die Außenwelt und für alle Einrichtungen auf freimaurerischer Grundlage eine Freimaurerei in unserer Bewegung nicht vorhanden. Wenn bei uns angefragt werden sollte, ob zu unserer Bewegung auch eine Freimaurerei gehört, kann man, ohne eine Unwahrheit auszusprechen, dies verneinen. Was hier verrichtet wird, ist ein ok­kulter Dienst, genannt Misraim-Dienst, was so viel sagen will wie:

das Bewirken der Vereinigung des Irdischen mit dem Himmlischen, des Sichtbaren mit dem Unsichtbaren.

Misraim-Dienst war schon bekannt im alten Ägypten und gehör­te zu dem am meisten [geübten] okkulten Dienst in den Mysterienschulen. Dieser selbe Dienst wird auch jetzt in unserem Tempel ver­richtet, unter Hinzufügung der Ergänzungen und Reformen, die Markus bewirkt hat. Der Markus, der hier gemeint wird, ist jener Schüler des Petrus, einer der zwölf Apostel, der das Markus-Evange­lium geschrieben hat, als er als Bischof von Alexandrien in Ägypten weilte. Zusammen mit einem ägyptischen Eingeweihten hat er den okkulten Dienst (Kultus) neu geregelt, den wir jetzt kennen als Misraim-Dienst.

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1) Ergänzend hierzu die folgende Aussage aus dem Vortrag Köln, 27. Dezember 1907:

«Sie würden ganz fehlgehen, wenn Sie die Vorzeit mit ihrer tiefen Weisheit in den okkulten Schulen verkennen würden, oder sie in irgendeiner Weise durch unsere moderne Weisheit für überwunden halten würden. Wo Ihnen die okkulte Weisheit entgegentritt in Zeichen und Symbolen, da zeigt sie sich immer so, daß sie zu bestätigen ist durch unmittelbare okkulte Anschauung der Hellseher.»


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Aus Teilnehmer-Gedächtnisnotizen von der Instruktionsstunde

München, 30. August 1911

Durch Markus und Ormus, beide Schüler (Jünger) des Christus nach seiner Auferstehung, wurden die Mysterien und Rituale umgestaltet.


Aus Teilnehmer-Gedächtnisnotizen von der Instruktionsstunde Basel, 25. September 1912

Was hier verstanden werden soll, das ist, daß diese okkulte Bewegung mit keiner anderen in der Welt verglichen werden kann. Unsere Gegenwart bringt es mit sich, daß es zahlreiche okkulte oder halb­okkulte Strömungen gibt, aber man soll doch einsehen, daß diese unsere Bewegung nicht auf eine Linie gestellt werden darf mit ande­ren Bewegungen und daß diejenigen, die sich in dieselbe aufnehmen lassen, die Verantwortung fühlen müssen für die Aufgabe, die ihnen damit auferlegt ist. 1)

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Rudolf Steiner zur Geschichte der erkenntniskultischen Abteilung

Aus «Mein Lebensgang> (XXXVI. Kapitel)2)

Nicht eigentlich in den Rahmen dieser Darstellung gehört eine Ein­richtung, die innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft so entstanden ist, daß dabei an einen Zusammenhang mit der Öffent­lichkeit gar nicht gedacht worden ist. Sie soll nun doch charakteri­siert werden, weil auch von ihr her der Inhalt zu Angriffen auf mich genommen worden ist.

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1) Die hier noch folgenden Notizen von Ausführungen im Zusammenhang mit den damali­gen Schwierigkeiten mit der Theosophical Society sind abgedruckt in dem Band «Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914«, GA 264.

2) Erstmals als LXVIII. Folge in der Zeitschrift »Das Goetheanum» Nr.12 vom 22. März 1925, eine Woche vor Rudolf Steiners Tod, erschienen.


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Einige Jahre nach dem Beginne der Tätigkeit in der Theosophi­schen Gesellschaft trug man von einer gewissen Seite her Marie von Sivers und mir die Leitung einer Gesellschaft von der Art an, wie sie sich erhalten haben mit Bewahrung der alten Symbolik und der kultischen Veranstaltungen, in welchen die «alte Weisheit» verkörpert war. Ich dachte nicht im entferntesten daran, irgendwie im Sinne einer solchen Gesellschaft zu wirken. Alles Anthroposophische soll­te und mußte aus seinem eigenen Erkenntnis- und Wahrheitsquell hervorgehen. Von dieser Zielsetzung sollte um das Kleinste nicht ab­gegangen werden. Aber ich hatte immer Achtung vor dem historisch Gegebenen. In ihm lebt der Geist, der sich im Menschheitswerden entwickelt. Und so war ich auch dafür, daß, wenn irgend möglich, Neu-Entstehendes an historisch Vorhandenes anknüpfe. Ich nahm daher das Diplom der angedeuteten Gesellschaft, die in der von Yarker vertretenen Strömung lag. Sie hatte die freimaurerischen Formen der sogenannten Hochgrade. Ich nahm nichts, aber auch wirklich gar nichts aus dieser Gesellschaft mit als die rein formelle Berechtigung, in historischer Anknüpfung selbst eine symbolisch-kultische Betätigung einzurichten.

Alles was in den «Handlungen» inhaltlich dargestellt wurde, die innerhalb der von mir gemachten Einrichtung gepflogen wurden, war ohne historische Anlehnung an irgendeine Tradition. Im Besitze der formellen Diplomierung wurde nur solches gepflegt, das sich als Verbildlichung der anthroposophischen Erkenntnis ergab. Und ge­tan ist dies worden aus dem Bedürfnis der Mitgliedschaft heraus. Man strebte neben der Verarbeitung der Ideen, in die gehüllt die Geist-Erkenntnis gegeben wurde, etwas an, das unmittelbar zur An­schauung, zum Gemüt spricht. Und solchen Forderungen wollte ich entgegenkommen. Hätte sich das Angebot von Seite der angedeute­ten Gesellschaft nicht eingestellt, so hätte ich die Einrichtung einer smybolisch-kultischen Betätigung ohne historische Anknüpfung getroffen.

Aber eine «Geheimgesellschaft» war damit nicht geschaffen. Wer an die Einrichtung herantrat, dem wurde in der allerdeutlichsten Weise gesagt, daß er keinem Orden beitrete, sondern daß er als Teilnehmer


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von zeremoniellen Handlungen eine Art Versinnlichung, Demonstration der geistigen Erkenntnisse erleben werde. Wenn ei­niges in den Formen verlief, in denen in hergebrachten Orden Mit­glieder aufgenommen oder in höhere Grade befördert wurden, so hatte auch das nicht den Sinn, einen solchen Orden zu führen, son­dern eben nur teen, geistiges Aufsteigen in Seelen-Erlebnissen durch sinnliche Bilder zu veranschaulichen.

Daß es sich dabei nicht um die Betätigung in irgend einem beste­henden Orden, oder um Übermittelung von Dingen handelte, die in solchen Orden übermittelt wurden, dafür ist ein Beweis der, daß an den von mir eingerichteten zeremoniellen Handlungen Mitglieder der verschiedensten Ordensströmungen teilnahmen und in ihnen eben ganz anderes fanden als in ihren Orden.1)

Einmal kam eine Persönlichkeit, die zum erstenmal eine Hand­lung bei uns mitgemacht hatte, unmittelbar nach derselben zu mir. Diese Persönlichkeit war in einem Orden hochgraduiert. Sie wollte, unter dem Eindrucke des Miterlebten, mir ihre Ordens-Insignien übertragen. Denn sie vermeinte, sie könne nun, nachdem sie einen wirklichen Geist-Inhalt erlebt habe, weiter das im Formellen Stek­kenbleibende nicht mehr mitmachen. Ich brachte die Sache in Ord­nung. Denn Anthroposophie darf keinen Menschen aus den Lebenszusammenhängen, in denen er ist, herausreißen. Sie soll zu diesen Zusammenhängen etwas hinzufügen, aber nichts von ihnen nehmen. So blieb denn die betreffende Persönlichkeit in ihrem Orden und machte im weiteren bei uns die symbolischen Handlungen mit.2)

Es ist nur zu begreiflich, daß im Bekanntwerden von Einrichtun­gen wie die geschilderte, sich Mißverständnisse einstellen. Es gibt eben viele Menschen, denen gerade die Äußerlichkeit des Hinzuge­hörens zu etwas wichtiger erscheint als der Inhalt, der ihnen gege­ben

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1) Dabei handelte es sich aber immer um Persönlichkeiten, die mit der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners verbunden waren.

2) Es kann sich nur um Herman Joachim ( 1917 Berlin, Sohn des berühmten Geigers Joseph Joachim und Patenkind von Herman Grimm) gehandelt haben, der in der Großen Landes­loge der Freimaurer von Deutschland eines der höchsten leitenden Ämter inne hatte. Siehe Rudolf Steiners Nachruf in »Unsere Toten», GA 261.


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wird. Und so wurde auch von manchen Teilnehmern von dei Sache gesprochen, als ob sie einem Orden angehörten. Sie verstanden nicht zu unterscheiden, daß ihnen bei uns ohne Ordenszusammenhang Dinge demonstriert wurden, die sonst nur innerhalb von Ordenszusammenhängen gegeben wurden.

Es wurde bei uns eben auch auf diesem Gebiete mit den alten Tra­ditionen gebrochen. Es wurde gearbeitet, wie man arbeiten muß, wenn man in ursprünglicher Art den Geist-Inhalt erforscht aus den Bedingungen des vollbesonnenen Seelen-Erlebens,

Daß man später in Bescheinigungen, die von Marie von Sivers und mir bei der Anknüpfung an die historische Yarker-Einrichtung unterschrieben worden sind, hat die Ausgangspunkte für allerlei Verleumdungen nehmen wollen, ist etwas, das, um solche Verleum­dungen zu schmieden, das Lächerliche mit der Grimasse des Ernstes behandelt. Unsere Unterschriften waren unter «Formeln» gegeben. Das Übliche war eingehalten worden.1) Und während wir unsere Unterschriften gaben, sagte ich mit aller Deutlichkeit: das alles ist Formalität, und die Einrichtung, die ich veranlasse, wird nichts herübernehmen von der Yarker-Einrchtung.

Es ist selbstverständlich nachträglich leicht, Erwägungen darüber anzustellen, wieviel «gescheiter» es doch gewesen wäre, nicht an Einrichtungen anzuknüpfen, die sich später von den Verleumdern mit gebrauchen ließen. Aber ich möchte, in aller Bescheidenheit, be­merken, daß ich in dem Lebensalter, das hier in Betracht kommt, noch zu den Leuten gehörte, die bei andern, mit denen sie zu tun hatten, Geradheit und nicht Krummheit in den Wegen voraussetz­ten. An diesem Glauben an die Menschen änderte auch das geistige Schauen nichts. Dieses soll nicht dazu mißbraucht werden, die inne­ren Absichten der Mitmenschen zu erforschen, wenn diese Erfor­schung nicht im Verlangen der betreffenden Menschen selbst liegt. In andern Fällen bleibt die Erforschung des Innern anderer Seelen etwas dem Geist-Erkenner Verbotenes, wie die unberechtigte Öff­nung eines Briefes etwas Verbotenes bleibt. Und so steht man Menschen,

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1) Vgl. hierzu die «Ergänzung des Herausgebers» auf Seite 100.


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mit denen man zu tun hat, so gegenüber wie jeder andere, der keine Geist-Erkenntnis hat. Aber es gibt eben den Unterschied, den andern für geradlinig in seinen Absichten zu nehmen, bis man das Gegenteil erfahren hat, oder der ganzen Welt harmvoll gegenüberzustehen. Ein soziales Zusammenwirken der Menschen ist bei der letztern Stimmung unmöglich, denn ein solches kann sich nur auf Vertrauen, nicht auf Mißtrauen aufbauen.

Diese Einrichtung, die in einer Kult-Symbolik gab, was Geist-Inhalt ist, war für viele Teilnehmer an der Anthroposophischen Ge­sellschaft eine Wohltat. Da wie auf allen Gebieten des anthroposo­phischen Wirkens auch auf diesem alles ausgeschlossen war, was aus dem Rahmen des besonnenen Bewußtseins herausfiel, so konnte nicht an unberechtigte Magie, an Suggestionswirkungen und derglei­chen gedacht werden. Aber die Mitglieder bekamen das, was auf der einen Seite zu ihrer Ideen-Auffassung sprach, auch noch so, daß das Gemüt in unmittelbarer Anschauung mitgehen konnte. Das war für viele etwas, das sie auch wieder in die Ideengestaltung besser hineinführte. Mit dem Kriegsbeginn hörte dann die Möglichkeit auf, in der Pflege solcher Einrichtungen fortzufahren. Man hätte, trotzdem nichts von einer Geheimgesellschaft vorlag, die Einrichtung für eine solche genommen. Und so schlief diese symbolisch-kultische Abtei­lung der Anthroposophischen Bewegung seit Mitte 1914 ein.

Daß aus dieser für jeden, der die Sache mit gutem Willen und Wahrheitssinn ansieht, absolut einwandfreien Einrichtung heraus solche Persönlichkeiten, die daran teilgenommen haben, zu ver­leumderischen Anklägern geworden sind, ist eine jener Abnormitä­ten im Menschheits-Verhalten, die entstehen, wenn sich Menschen, die doch innerlich nicht echt sind, an Bewegungen mit echtem Geist-Inhalt heranmachen. Sie erwarten Dinge, die ihrem Trivial-Seelenleben entsprechend sind, und indem sie solche selbstverständlich nicht finden, wenden sie sich gegen die Einrichtung, der sie sich aber mit unbewußter Unaufrichtigkeit erst zugewendet haben.

Eine Gesellschaft wie die Anthroposophische konnte nicht an­ders, als aus den Seelenbedürfnissen ihrer Mitglieder heraus gestaltet werden. Es konnte nicht ein abstraktes Programm geben, das da besagte:


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in der Anthroposophischen Gesellschaft wird dies und das ge­tan, sondern es mußte aus der Wirklichkeit heraus gearbeitet werden. Diese Wirklichkeit sind aber eben die Seelenbedürfnisse der Mitglieder. Anthroposophie als Lebensinhalt wurde aus ihren eige­nen Quellen heraus gestaltet. Sie war als geistige Schöpfung vor die Mitwelt getreten. Viele von denen, die einen inneren Zug zu ihr hat­ten, suchten mit andern zusammenzuarbeiten. Dadurch ergab sich eine Gestaltung der Gesellschaft aus Persönlichkeiten, von denen die einen mehr Religiöses, andere Wissenschaftliches, andere Künst­lerisches suchten. Und was gesucht wurde, mußte gefunden werden können.

Ergänzung des Herausgebers

Die von Rudolf Steiner und Marie von Sivers unterschriebene übliche «Formel» liegt im Original nicht vor. Das von Reuß weitergegebene Origi­nal ist nach dem Bericht einer Augenzeugin vernichtet worden. Da jedoch Abschriften davon existieren, so sei hier der unverbürgte Wortlaut einer solchen Abschrift wiedergegeben, um nicht dem Vorwurf einer tendenzio­sen Auslassung ausgesetzt zu werden:

«Gelöbnis und Verpflichtung. Ich der eigenhändig Unterzeichnende, ge­lobe und verspreche hiermit feierlich, die Gesetze und Gebräuche des Alten und Primit. Ritus von M. u. M. O. T. O.1) getreu zu halten und zu befolgen, den O. nach besten Kräften vertreten zu helfen, das übliche Geheimnis streng zu bewahren, für die Erhaltung der Souverainen Sektion für das Deutsche Reich einzutreten und zu sorgen, und den Souv. Gen. Groß. ad vitam Dr. Th. Reuß als den sichtbaren Hüter unseres Geheimnisses, sowie als oberste und letzte Entscheidungsinstanz in allen Sachen rückhaltlos anzuerkennen. Ich gelobe ferner, daß ich niemandem erlauben werde, mich zu hypnotisieren, oder zu mesmerisieren, oder mich auf irgendeine andere Art in einen solchen passiven Zustand zu versetzen, daß irgend jemand, sei es eine profane oder andre Person oder Personen, Wesen oder Kräfte, mich dadurch veranlassen könnten, die Kontrolle über meine Gedanken,

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1) = Ordo Templis Orientis (Orientalischer Templer-Orden). Mit der späteren Entartung dieses Ordens Rudolf Steiner in Zusammenhang zu bringen, steht für jeden, der sein Leben und Werk kennt. außerhalb jeder Diskussion


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meinen Willen oder meine Taten zu verlieren, damit die mir an­vertrauten Geheimnisse durch mein Verschulden und meine Schwäche auch nicht auf diese Weise verraten werden. Sollte ich dieses mein Gelöbnis jemals brechen, so möge meine Seele ruhelos wandern durch den unermeß­lichen Raum Zeit ohne Ende. Ewiger Jehova höre meine Worte und hilf mein Gelöbnis erfüllen. Berlin d. 24.11.05. Rudolf Steiner.»


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Marie Steiner zur Geschichte der erkenntniskultischen Abteilung

Aus einem Gespräch mit Kurt Englert-Faye nach dessen Tagebuchaufzeichnung Dornach, 25. Februar 1933

Bei Frau Dr. Steiner. Ich bat sie, mir den genauen Sachverhalt zu erzählen über das Verhältnis Dr. Steiners zur Freimaurerei, da ich darüber Klarheit haben müsse, um der Behauptung von maurerischer Seite entgegentreten zu können: Dr. Steiner sei Freimaurer gewesen und dann, nachdem er sich in den Besitz der «Geheimnisse» gesetzt, abgefallen, um sie zu bekämpfen.

Sie gab mir die folgende Darstellung des Zusammenhanges:

In seinen Vorträgen über die verschiedensten Gegenstände der Anthropo­sophie schilderte Dr. Steiner u. a. auch mancherlei Dinge, die in gewisser Weise auch in der freimaurerischen Überlieferung enthalten sind, ohne Rücksicht oder Bezugnahme darauf, [sondern] aus seiner eigenen Geistesforschung heraus; denn nur Ergebnisse seiner eigenen Forschungsarbeit hielt er sich für berechtigt vorzulegen. Nun gab es unter den vielerlei Leu­ten, die sich nach und nach in den Gruppen der Gesellschaft einfanden, auch Persönlichkeiten, die Mitglieder von Freimaurerlogen waren, zum Teil sogar recht hohe Grade bekleideten. Diese erkannten die «Mündigkeit» an, kraft deren Dr. Steiner sprach und die Überlegenheit seines Wissens. Sie gingen zu ihm und baten ihn, als ihr «Meister» auch das Geistesstreben gemäß der heutigen Bewußtseinsnotwendigkeiten zu erneuern, das als ur­sprünglicher Impuls in den freimaurerischen Überlieferungen lebendig gewesen war.

Es trat also diese Forderung von außen, von der Welt her, an Dr. Steiner heran, als eine karmische Aufgabe, die gelöst sein wollte, nicht anders als


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seinerzeit der Auftrag, am Goethearchiv in Weimar mitzuarbeiten und die naturwissenschaftlichen Schriften Goethes herauszugeben im Rahmen der großen Weimarer Ausgabe.1) Und ebenso wie Dr. Steiner in seiner Goetheforschung nicht Goethephilologie trieb, sondern die Tendenzen, die den Goetheschen Ideen und Gedanken innewohnten, fortbildete und weiterführte in zeitgemäßer und bewußtseinsgerechter geistiger «Erneuerung», so nahm er auch den Wesenskern des ehedem freimaurerischen Impulses und ließ dessen Formkräfte sich weiter entfalten, den geistigen Gesetzen unse­rer Zeit entsprechend. Wo immer Geisteswissenschaft in Anknüpfung an Bestehendes einsetzt, so handelt es sich niemals um die Übernahme einer Tradition, sondern um die Verwirklichung geistiger Sukzession. Die Einleitung der Erneuerung geschah auch diesfalls unter Einhaltung der gegebe­nen Formen, so wie dies ja auch der Fall gewesen war bei der Steigerung des Goetheanismus zur modernen Geisteswissenschaft. Äußerlich gesehen arbeitete Dr. Steiner ja in Weimar auf demselben Schauplatz und mit den­selben Mitteln wie die Goethephilologen, innerlich geschah aber etwas ganz anderes. Jene konservierten, er aber metamorphosierte. So wie Rudolf Steiner durch die Empfehlung Karl Julius Schröers sozusagen wissenschaft­lich für Weimar legitimiert war (außer durch seinen Doktortitel), so war es auch in bezug auf die Maurerei notwendig, an «Bestehendes anzuknüpfen», wie er selber späterhin öfters sagte. Das heißt diesfalls, er erwarb einen Charter, die Berechtigung, die äußere «historische» Legitimation, um auf diesem Gebiete tatig sein zu können. (Ein Vorgang, auf seine Art vergleich­bar der Erwerbung der Doktorwürde an irgendeiner Universität der Gegen­wart, um der sämtlichen damit verbundenen Rechte teilhaft zu werden.)

Der Mittelsmann, von dem der Charter gekauft wurde, war nun ein ge­wisser Reuß. Es war eine Fügung von realsymbolischem Charakter, daß die Dekadenz der historischen Freimaurerei sich auch persönlich so präsen­tierte, wie dieser Reuß, der damals als offizieller Repräsentant, voll aner­kannt und bemündigt, die Institution vertrat.2) Erst später wurde Reuß von den Freimaurern als Betrüger und Charlatan in Acht und Bann getan.

Die Erwerbung des Charters war die einzige Berührung, die zwischen Dr. Steiner und der Gesellschaft der Freimaurer statt hatte. Rudolf Steiner selber ist nie Freimaurer gewesen und hat niemals irgendwelche Direktiven von der Seite empfangen.

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1) Vgl. Fußnote 2) auf Seite 25.

2) Hier ist zu präzisieren, daß Reuß nur von Yarker, nicht aber von der regulären Freimau­rerei anerkannt war.


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Daß die Freimaurer zum Teil den Hergang anders darstellen, ändert nichts an den Tatsachen und mag seinen Grund darin haben, daß ihnen als Verwaltern einer überlieferten «toten» Weisheit, die geistige Autonomie und Souveränität Rudolf Steiners ebenso zuwider geht, wie der zur Geistes­wissenschaft fortgebildete Goetheanismus den Verwaltern von Goethes literarischem Nachlaß, die hinterdrein ebenfalls es sich haben angelegen sein lassen, die Leistung Dr. Steiners als Herausgeber der naturwissen­schaftlichen Schriften zu diskreditieren.


Marie Steiner an C. S. Picht in Stuttgart, den Herausgeber der Zeitschrift «Anthro­posophie», im Zusammenhang mit dem Aufsatz «War Rudoff Steiner Freimaurer?«, Dornach, 11. März 1934

Müssen denn alle Freimaurer Verräter sein? Wie ist es denn mit Fried­rich dem Großen, Feldmarschall Blücher, Wilhelm I. und Kaiser Friedrich, unzähligen anderen deutschen Fürsten und Generälen? Sollen die alle an den Pranger kommen und mit ihnen die unzähligen noch Lebenden, die deutschen Freimaurerkreisen angehört haben?

Der erste, der gleich bei Ausbruch des Krieges die erhaltene Urkunde vernichtete, die ihm das Recht gab, selbständig zu arbeiten, war Rudolf Steiner. Er erklärte diese Arbeit für unwiderruflich aufgelöst. Worin hatte sie bestanden? In der geisteswissenschaftlichen Auslegung der Symbole und einiger grundlegender Züge des Zeremoniells. Um das in ehrlicher Weise tun zu können, mußte er ein Recht dazu haben. Das Recht wurde ihm schicksalsmäßig entgegengebracht, weil einige Maurer meinten, dadurch eine Bereicherung ihres lückenhaften Wissens zu erlangen. Der den Titel des Großmeisters tragende Herr, der das Recht hatte, eine solche Ur­kunde zu erteilen, war nicht darnach, daß Rudolf Steiner weitere Beziehun­gen mit ihm hätte aufrecht erhalten wollen. So war Rudolf Steiners Bedin­gung: keinerlei Beziehungen irgendwelcher Art, außer der Auszahlung der pflichtgemäßen Gebühren. Und das war dem Herrn sehr recht.

Was die Verleumder aber aus dieser Tatsache machen wollen, die im «Lebensgang» von Rudolf Steiner beschrieben wird, das ist die Zugehörig­keit zu solchen Verbänden, die politische Absichten haben, sogar solchen, deren Ziel die Vernichtung Deutschlands ist. Es ist eine schamlose, unver­antwortliche Lüge. Was aber kann man anderes tun in einer Welt, wo die Lüge so mächtig ist, als sie mit ihrem eigenen Namen zu nennen?


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Das einzige Mal, wo Rudolf Steiner eine maurerische Feier besuchte, war die Totenfeier für Joachim,1) und da war so viel Militär dabei, aber auch Damen, daß dies wirklich nicht genügt, um der überstaatlichen Machenschaften angeklagt zu werden. ()

Kann man Behauptungen widerlegen, die aus der Luft gegriffen sind? Ein Herr Huber nennt in seinem Buch den Herrn Reuß den Inspirator Rudolf Steiners.2) Wenn ich behaupten würde, daß Mephistopheles der Inspirator Herrn Hubers ist, so könnte er mir kaum die nötigen Unterla­gen bringen, um mir zu beweisen, daß dies nicht der Fall sei. Die Wahr­scheinlichkeit liegt aber vor, daß dies bis zu einem gewissen Grade der Fall ist, nicht aber gab es je eine Inspiration Dr. Steiners durch Herrn Reuß.

Dr. Steiner hat sich das äußere Recht erwerben müssen, einen gewissen geistigen Inhalt, der in altehrwürdigen Symbolen ausgedrückt war, vor der gänzlichen Korrumpierung zu retten dadurch, daß sagen wir Mephisto­pheles sich dieser Dinge durch Menschen, die seinem Einfluß unterliegen und in Freimaurerverbänden staken, bemächtigte. Jemand, der solche Din­ge durchschaut, versucht auch die Geistigkeit vor dem Raube durch böse Mächte zu schützen, und dazu bringt er viele Opfer. Rudolf Steiner hat als erster hingewiesen auf gewisse politische Absichten, die hinter gewissen Geheimbünden stecken, und denen die Mitglieder vieler sogenannter Ge­heimgesellschaften, wie zum Beispiel der Freimaurer-Orden, ahnungslos gegenüberstehen.3) Deswegen war objektive Aufklärung nötig, nicht aber fanatische, verleumderische Hetze, die Gespenster sieht und selbst politi­sche Zwecke damit verfolgt.

Die meisten deutschen Freimaurer stehen ganz gewiß diesen ganz ver­borgenen Absichten weniger Kreise ahnungslos und ungläubig gegenüber. Auch deren Gefühl wird sich gegen Dr. Steiner wenden, weil er einige ern­ste mahnende Worte darüber ausgesprochen. So muß sich der Wissende

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1) Vgl. Fußnote 2) auf Seite 97.

2) Engelbert Huber «Freimaurerei. Weltmacht hinter den Kulissen», Stuttgart 1934. Darin wird die Behauptung aufgestellt, Rudolf Steiner sei von Theodor Reuß beauftragt worden, ein Ritual für den Memphis-Misraim-Orden in Deutschland auszuarbeiten. Dies widerlegt sich durch die Dokumente des vorliegenden Bandes von selbst. Ergänzend hierzu ist die Bemerkung Rudolf Steiners im Vortrag Dornach, 11. Oktober 1915: «Auch das ist gesche­hen, daß okkultistische Brüderschaften mir diese oder jene Vorschläge machten; und namentlich als eine ganz angesehene okkultische Brüderschaft mir den Vorschlag machte, mich zu beteiligen an der Ausbreitung eines sich auch rosenltreuzerisch nennenden Okkul­tismus, ließ ich ihn unbeantwortet.»

3) Siehe insbesondere die Vorträge aus den Kriegsjahren 1916/17 «Zeitgeschichtliche Betrach­tungen», Zwei Bände GA 173/74.


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dem Haß aller Kreise aussetzen, und das «Kreuzige ihn» über sich erschallen lassen.

Man wirft ja auch der Freimaurerei Blasphemie und Christus-Verleug­nung vor. Dr. Steiners ganzes Lebenswerk dient der Aufgabe, den Christus-Impuls dem menschlichen Verständnis näherzubringen, ihn wieder leben­dig zu machen in einer Zeit, wo der Materialismus ihn zu ersticken drohte und die Gottlosen-Bewegung einsetzte. Darin liegt ja wohl ein Beweis gegen manche Behauptungen. Man muß sich aber die Mühe geben, solche Beweise zu studieren.

In einem ernsten und gewissenhaften Studium der Werke Rudolf Stei­ners liegt der schlagendste Beweis gegen alles, was an Unwahrheit über ihn von gehässigen Feinden aufgebracht wird.


Marie Steiner

Drei Entwürfe zu dem Aufsatz «War Rudolf Steiner Freimaurer?»


I

Es ist sehr schwer, die Behauptung aufzustellen, daß Dr. Steiner nichts mit der Freimaurer-Bewegung zu tun gehabt hat. Dr. Steiner selbst sagt das dafür in Betracht Kommende auf Seite seines «Lebensganges».

Die Freimaurer-Bewegung selbst ist eine in viele Organisationen zer­splitterte und in die Dekadenz gekommene Bewegung, die ursprünglich hervorgegangen ist aus jenen Strömungen, die noch eine Verbindung hat­ten mit der alten Mysterienweisheit. Der ursprüngliche Strom ist in viele Nebenläufe und Kanäle abgeleitet worden. Sie haben alle ihre verschiede­nen Geschicke durchgemacht und sind zum Teil recht weit von ihrem ursprünglichen Ziele, dem Erkenntnisstreben, abgekommen.

Dr. Steiners Bestreben ist es nun gewesen, die reinen Quellen der esoteri­schen Lehren wieder aufzudecken, sie in ihrem geschichtlichen Verlauf vor unserem seelischen Blicke abfluten zu lassen, sie von dem Schutt zu befrei­en, der sich allmählich in ihnen abgelagert hat, um zu zeigen, wie trotz Schutt und periodischer Trübung, die reinen Ursprungskräfte sich immer wieder neue Bahnen gesucht haben, um ihre belebende, den Fortschritt be­dingende Wirkung, den Menschen zukommen zu lassen. In den Mittelpunkt


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des menschheitlichen geistgeschichtlichen Werdens stellt Rudolf Steiner das Mysterium von Golgatha, mit der Kraft, die wir aus seinen Schriften und Vorträgen kennen. Alle alte Mysterienweisheit tendierte zu diesem Höhepunkt hin; alle folgende neu belebte, durch diesen Kraftstrom wiedergeborene, der Abdämmerung entrissene Mysterienweisheit rang um die Mittel, bereitete die Wege, durch welche nicht nur in religiöser Weise die Herzenssehnsucht der Menschheit gestillt, sondern auch allmählich das Verständnis für den Christus-Impuls innerhalb der Menschheit entwickelt werden konnte.

Dieser Aufgabe hat Rudolf Steiner in höchstem Maße sein Leben gewid­met. Er hat auf allen drei Gebieten schöpferisch und impulsierend gewirkt, die früher in der Zeit der durch die Mysterien inaugurierten Kulturen eine Einheit waren: dem religiösen, dem künstlerischen, dem wissenschaft­lichen. Allen Menschen, die auf diesen Gebieten Rat und Hilfe für ihr Suchen und Streben erbaten, hat er diese gegeben, ohne Unterschied der sozialen Zusammenhänge, aus denen sie gekommen sein mochten. Viele ernst strebende Freimaurer erkannten beglückt, daß in der von Rudolf Steiner vertretenen Anthroposophie ein Licht gegeben wurde, das ihnen ein Verständnis eröffnete für manches, was ihnen in ihren Logen in Bild und Zeichen als traditionsmäßig übernommenes Ritual geboten wurde. Sie fingen an besser zu verstehen, was damit gemeint sein möge. Es gab auch solche, die stark litten unter den Versuchungserscheinungen, in die manche Organisationen geraten waren, zu denen ihr Geschick sie geführt hatte. Sie sahen sich nach Hilfe um. Aus einem solchen Impuls heraus trat die Bitte an Rudolf Steiner heran, den Versuch einer Gründung zu machen, die frei von allem durch die Jahrhunderte angehäuften Wust, die reinen Grund­prinzipien des esoterischen Strebens herausarbeiten könne. Die Art, wie das geschah, ergab sich aus den bestehenden Verhältnissen, die eben so stark unbefriedigend waren. Wenn Organisationen versumpfen, so trägt die Unzulänglichkeit der darin wirkenden Menschen die Schuld daran, be­sonders jener an ihre Spitzen gestellten. Das war in ziemlich abschrecken­der Weise hier der Fall, und Rudolf Steiner wollte nichts zu tun haben mit Verbänden, die unter solcher Führung standen.

Das war die Bedingung, die er stellte, als er darauf einging, einen histo­risch dokumentierten Anschluß zu vollziehen, durch welchen er sich ver­pflichtete, finanzielle Beiträge zu leisten als Gegenleistung für absolute Freiheit und Selbständigkeit in der Gestaltung einer Arbeit, die darauf aus­ging, allmählich die verdunkelnden Schleier hinweg zu ziehen von den


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symbolischen Bräuchen, die jetzt von den hellen Bewußtseinskräften er­faßt werden sollten. Dasjenige also, was er durch seine Anthroposophie dauernd tat: in der allmählichen Abstreifung mystischer Umhüllungen und im soliden Aufbau der durch Vernunft zur Weisheit sich steigernden Verstandeskräfte, die Erkenntnispflicht des Gegenwartsmenschen zu voll­ziehen.

Er tat dadurch etwas, was er der Menschheit gegenüber als seine Pflicht erachtete. Für ihn selbst war es eine neue Belastung, ein dargebrachtes Opfer. Aber jedes Opfer hat ja auch im geistigen Sinne seine positive Wir­kung, indem sich neue Erkenntnisquellen dem willig die Last Übernehmenden erschließen. Und vielleicht hätte Rudolf Steiner nicht so manches tief auf Wahrheit begründete warnende Wort vor den Gefahren der heuti­gen Geheimorganisationen sprechen können, wenn er nicht in sein allge­meines Studium der heutigen sozialen Erscheinungen, wenn auch von fer­ne, so doch auch dieses einbezogen hätte. Es veranlaßte ihn, noch schärfer, noch deutlicher als vorher zu betonen, daß Geheimbünde heute nicht mehr bestehen könnten, daß der gegenwärtige Entwicklungszustand der Menschheit dies nicht mehr verträgt.

So wie jede Wissenschaft, so verlangt auch die Geisteswissenschaft einen allmählichen Aufbau, eine stufenweise Entwicklung der Verstandeskräfte, um zur Geist-Erkenntnis zu führen. In diesem Sinne kann man nicht dem Anfänger und Neuling zumuten, ein Auffassungsvermögen für die höhe­ren Stufen der Erkenntnis zu haben. Sie müssen sich seinem Bewußtsein allmählich erschließen, wie die höheren Gebiete der Mathematik, die dem Anfänger auch noch ein Geheimnis sind.

Rudolf Steiners Werk ist ein der Menschheit öffentlich übergebenes, das stufenweise zur höheren Erkenntnis führt. Es liegt ausgebreitet vor uns da in seinen Schriften, Vorträgen und künstlerischen Schöpfungen und hat mit Geheimorganisationen nichts zu tun, auch nicht mit maurerischen. Längst sind die Erklärungen, die er für altehrwürdige Zeichen und Symbo­le gab, überholt von den geistigen Forschungsergebnissen, die er in unzäh­ligen Werken dem menschlichen Verstandesbewußtsein und dem zur Wachheit aufgerufenen, die Wachheit wollenden Ich des Menschen hinter­lassen hat.


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II

Wer sich die Mühe geben würde, vorurteilslos die Werke Rudolf Steiners zu studieren, der wird bald sehen, daß hier ein Wissen über geistige Dinge sich kundgibt, das wahrhaftig nicht nach andern Quellen zu suchen braucht als denjenigen, die sich dem eignen Innern erschließen. Das Schul- und Hochschulwissen wurde von ihm in umfassender Weise assimiliert, das Wissen über die mannigfachen Verhältnisse des Lebens und seiner so­zialen Zusammenhänge brachte das wache Auge für die Dinge des Lebens und die vielen Beziehungen, in die ihn das Leben hineinstellte. Sie kamen an ihn heran, er suchte sie nicht, brauchte sie nicht zu suchen, denn er wurde gesucht, weil er mehr zu geben hatte als andere, und weil er mit Liebe gab, niemals mit Überhebung und Zurückhaltung. Was an ihn her­antrat, wies er nicht zurück; auch wenn es minderwertig war, «wog er allein das Gute in den Seelen und ließ das Böse seine Sühne finden im Lauf der Weltgerechtigkeit».1) Aber der Wirksamkeit des Bösen gegenüber zog er eine scharfe Grenze und ließ es nicht die Kreise zersetzen, die er zu betreuen hatte.

Aus dieser Seelenhaltung erklärt sich einerseits seine ungeheure Nachsicht und Milde, seine Hilfsbereitschaft und uneingeschränktes Mitleid, und andrerseits seine eiserne Ablehnung aller beharrend schädlichen Elemente.

Mit diesem versuche ich anzudeuten, warum er nicht gleich jeden vor die Tür setzte, der ihm moralisch nicht gefiel, doch soweit es an ihm lag, seinem Einfluß keinen Spielraum gewährte. Im Gegenteil, er suchte auf dem Wege des positiven Wirkens in gute Wege herüberzuleiten das, was auf Abwege geraten war oder zu geraten drohte. Deshalb belastete er sich mit dem Leben der Theosophical Society, und deshalb wies er die ihm auf Grund seines höheren Wissens angetragene Begründung eines selbständi­gen Zweiges der Hochgradmaurerei nicht zurück. Der Großmeister jenes Ordens machte einen durchaus fatalen Eindruck; mit ihm konnte man nichts anderes zu tun haben als die in jenen Kreisen üblichen Gebühren zahlen. Es war eine kurze Zeremonie, nach welcher die Urkunde ausgestellt wurde, die Rudolf Steiner bei Beginn des Krieges zerriß.

Vielleicht hat ihm dieser nur auf Papier stattgefundene Anschluß doch die Möglichkeit gegeben, innerlich manches besser zu durchschauen, was

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1) Worte des Großmeisters in Rudolf Steiners zweitem Mysteriendrama »Die Prüfung der Seele» (1911).


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er dann wiederholt ausgesprochen hat in seinen Vorträgen als Warnung und um die Urteilsbildung in die richtigen Wege zu lenken. Äußerlich hat er nie in irgendeiner Verbindung gestanden zu irgendwelchen Orden; nie hat es eine gemeinsame Sitzung gegeben, nie eine gemeinsame Besprechung. Deshalb ist es eine objektive Unwahrheit, wenn in einem Buche, wie von Huber1) und in Hetzschriften niederen Kalibers auf die Verbindung Rudolf Steiners mit der Maurerei in tendenziöser Weise hingewiesen wird. Man zählt all die großartigen Titel auf. Nun gut, die hat er nicht erstrebt, das ist ja Maurersitte, sich mit den supremsten, souveränsten, illustresten usw. Titeln zu bedenken, das gehört zur Tradition, zur Konvention und ist an sich heute drollig, besonders da ja für die meisten nur diese leere Schale übriggeblieben ist. Aber gerade deshalb ist es einem ernsten Menschen und einem Wissenden darum zu tun, den Kern zu retten, der von dieser Schale erdrückt und petrifiziert wird. Es kam Rudolf Steiner nur auf den Kern an. Deshalb war ihm auch höchst gleichgültig, inwieweit die verschiedenen Orden sich anerkannten oder nicht; ob diejenige, die ihm die Urkunde antrug, eine sogenannte Nebenorganisation, Winkelloge war oder nicht. Er wollte mit keiner Organisation etwas zu tun haben. Das war die streng durchgeführte Bedingung, der sich der mit vielen Titeln geschmückte Herr Reuß unterwarf, der durchaus seinem Charakter nach per Distanz und mit gewaschenen Handschuhen behandelt worden ist.

Rudolf Steiner hat vor den andern gewußt, daß die Zeit der mittelalter­lichen und modernen Maurerei abgelaufen ist. Er ist mit der Enthüllung okkulter Wahrheiten vor die Welt getreten, weil der Mensch sie braucht, und weil das Wirken im Verborgenen zu Mißständen geführt hat. In den altehrwürdigen Symbolen liegt aber eine Kraft, und man braucht sie nicht wegen der äußeren Dekadenzerscheinungen preiszugeben. Man kann sie zum Beispiel retten und für die Menschheit erhalten durch die Kunst. Das hat Rudolf Steiner getan. In seinen Mysteriendichtungen, in seinem Bau, in manchen Werken seiner Schüler ist diese Metamorphose Leben geworden und so für die Menschheit fruchtbar gemacht. Darin besteht der Ewigkeits­wert der Wahrheiten, die gerettet werden müssen aus dem Verfall der äußeren Form. Im Wandel die Kontinuität. Darin liegt die Berechtigung der Handlungsweise Rudolf Steiners, die ihm als Pflicht entgegentrat.

Das Tendenziöse der Lügen, die mit dieser Verleumdungskampagne ver­bunden sind, liegt klar auf der Hand. Die Maurer mögen einen von ihrem

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1) Engelbert Huber »Freimaurerei. Weltmacht hinter den Kulissen», Stuttgart 1934.


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Standpunkt aus berechtigten Grund haben, gegen Dr. Steiner zu kämpfen und haben es auch mit aller Macht getan. Die Umdrehung des Spießes vielleicht haben sie auch dabei ihre Hand im Spiel ist ein geschicktes Ma­növer, das mancherlei dunklen Zwecken dienlich sein mag. Wir brauchen das volle Licht in dieser Sache nicht zu scheuen.

III

Wenn jemand zur richtigen Zeit erkannt und ausgesprochen, daß die Zeit für die Freimaurerei vorbei sei, so ist es Rudolf Steiner. Nicht nur besagt dies sein Lebenswerk die Anthroposophie , nicht nur spricht er es künstlerisch in seinem Drama aus (die Repräsentanten der okkulten Gesell­schaft übergeben ihre Symbole und treten ab)1), sondern in den ersten Tagen, nachdem der Weltkrieg ausgebrochen war, zerriß er die erhaltene Urkunde zum Zeichen und zur Bekräftigung dieser seiner Meinung, daß die Zeiten vorüber seien, in denen die Maurerei noch anerkannt werden könne. Um auch vor seinem Gewissen das Recht zu haben zu solcher Ab­lehnung, hatte er die Pflicht, der Berührung mit ihr nicht aus dem Wege zu gehen. Und wie kurz ist diese Berührung gewesen alsbald abgewiesen, als sie sich in ihrer Hohlheit entpuppte. Es sollen mit solchen Aussprüchen nicht die in den Reihen befindlichen schätzenswerten Mitglieder betroffen werden, die [hier bricht der Text ab].

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1) Siehe Rudolf Steiners drittes Mysteriendrama «Der Hüter der Schwelle», 10. Bild (1912)


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MARIE STEINER

War Rudolf Steiner Freimaurer ?1)

Das Werk Rudolf Steiners weist darauf hin, daß es in den alten Zeiten My­sterien gegeben hat, Einweihungen, durch welche die Menschenseelen her­aufgehoben wurden zu der Teilnahme an dem spirituellen Leben. Ihnen entstammen die Impulse, die in ihren Auswirkungen zu den uns bekannt gewordenen großen Kulturen des Altertums führten. Dort wurde das Ge­heimwissen gepflegt, die Wissenschaft des Geistes, die in jenen Zeiten in hoher Blüte stand und als äußeren Ausdruck die polytheistischen Religio­nen hatte. Die Berater der Könige und die zu neuen Kulturbildungen auser­sehenen großen Führerpersönlichkeiten gingen aus ihnen hervor. Inner­halb des Werdens und Vergehens und Aneinanderprallens der Völker bil­deten ihre Weisheitsschätze das einigende Band. Die Ergebnisse jeder Kul­tur wurden gehütet und für den Menschheitsfortschritt erhalten und von Generation zu Generation weiter gereicht. Sie bildeten eine zweite Strö­mung neben derjenigen, die unmittelbar aus geistigen Quellen herunterfloß, die aber für das Bewußtsein der Mehrzahl der Menschen in demselben Maße abdämmerte, als das Wissen von den physischen Dingen an Umfang und Präzision gewann. Die Seele verlor die Erinnerung an ihren Ursprung. Es kam die Zeit, wo nicht nur ein einzelnes Volk, sondern die ganze Menschheit in die Dekadenz gekommen wäre, wenn nicht das Christus-Ereignis sich vollzogen hätte.

Die Bedeutung des Christus-Ereignisses für die Wiederbelebung der Menschheit in ihrem ganzen Umfange darzustellen, ist die Aufgabe, der Rudolf Steiner sein Leben gewidmet hat. Dazu mußte er alles Wissen her­anziehen, das sich die Menschen bis jetzt erobert haben, und in alle Gebiete dieses Wissens hereinleuchten, die offenbaren und auch die geheimen. Zum Geheimen gehörten die versunkenen alten Mysterien: hier mußte in bildli­chem Sinne der Schutt, unter dem sie lagen, ebenso hinweggeräumt wer­den, wie es die Archäologen bei den alten vergrabenen Tempelstätten tun. Vor allem wichtig war es aber zu retten, was noch an lebendiger Substanz hindurchzog in dem, auf alter Tradition beruhenden, aber in seinen menschlichen Repräsentanten immer mehr erstarrenden oder verfallenden

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1) Erschienen in «Anthroposophie. Zeitschrift für freies Geistesleben« , 16. Jg. Buch 3, April­Juni 1934. Stuttgart, herausgegeben von C. S. Picht.


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Mysterienwissen. Uralte Weisheit ohne Wiederbelebung durch den christ­lichen Einschlag, ohne Verständnis für dieses größte der Mysterien, konnte im Laufe der Zeit nur in Verirrungen hinein führen.

Rudolf Steiner hatte durch die von ihm philosophisch begründete und organisch entwickelte Geisteswissenschaft eine umfassende Einsicht in die­se Zusammenhänge. Deswegen hat er es in unserer Zeit als seine Aufgabe betrachtet, in den Fällen, wo aus solchen Kreisen, die traditionsmäßig oder auf Grund einer neuen Anregung uralte Geheimwissenschaft pfle­gen, die Aufforderung an ihn herantrat, sein Wissen ihnen zugänglich zu machen, dieses Ansuchen nicht abweisend, sondern prüfend behandelt. Er hat solche Kreise nie aufgesucht, aber da wo sie um Aufklärung und Unterweisung baten, hat er sich nicht geweigert, sie ihnen angedeihen zu lassen. Dies war ihm Menschheitsdienst.

Die Bemühungen von Vertretern der Theosophischen Gesellschaft, die ihn gern in ihren Reihen gesehen hätten, hat er zunächst mit Entschieden­heit abgelehnt, da die Theosophische Gesellschaft in einseitig orientalisie­render Richtung arbeitete, und in vielen Fällen in einem wissenschaftlich-dilettantischen oder psychisch-phänomenalistischen Fahrwasser sich be­wegte. Insbesondere aber fehlten ihr die Grundlagen zur Erkenntnis wah­rer christlicher Esoterik. Erst als die deutschen Theosophen eine selbständige Sektion gründen wollten unter seiner Leitung und damit auch auf der Basis abendländischer christlicher Esoterik, fühlte er die Verpflichtung, sich dieser Bitte nicht zu entziehen.

Als nach einer Reihe von Jahren die spätere Präsidentin der Theosophi­schen Gesellschaft, Annie Besant, dieses Wirken für ein lebendiges Chri­stentum zu verhindern suchte, erfolgte die Trennung und die Begründung der Anthroposophischen Gesellschaft. Die Einzelheiten dieses Vorganges sind von Rudolf Steiner in seiner Selbstbiographie «Mein Lebensgang» geschildert.

Der andere Vorschlag kam von der Seite her, die traditionsgemäß mittel­alterliche christliche Esoterik pflegt auf der Grundlage alter Mysterienweis­heit. Sie legt Wert darauf, daß ihre historische Kontinuität zurückreicht bis in die Zeiten, wo in den alten ägyptischen Tempeln das okkulte Wissen gepflegt wurde. In ihren im Laufe der Jahrhunderte entstehenden mannig­faltigen Verzweigungen haben dann diese Kreise von den verschiedensten mystischen Strömungen her das aufgenommen, was ihnen geistentsprechend und fördernd schien, besonders durch die Impulse der Kreuzzüge, der Bau­hüttenverbände usw. Sie erhielten sich unter verschiedenen Benennungen als


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Freimaurer-Bünde, Illuminaten-Orden usw. Sie entfernten sich aber im Laufe der Zeit in ihrer Mehrheit immer mehr und mehr von ihrem Ursprungswissen und ihren Ursprungszielen, verfielen dann dem Rationalismus und oft dem Atheismus, und wurden allmählich zum Teil politisierende, zum Teil geschäftliche, zum Teil Wohltätigkeitszwecken dienende Verbände. Immer größer wurde die Enttäuschung derjenigen, die sich in jenen Bünden aufnehmen ließen, um Wissen vom Geiste dort zu erlangen. Immer wieder traten solche Enttäuschte an Rudolf Steiner heran, um ihm zu sagen, daß sie erst jetzt durch seine öffentlich vertretene Geisteswissenschaft den Zugang ge­funden hätten zu dem, was sich hinter den Symbolen, die niemand bei ihnen verstünde, berge. Viele klagten, daß man der Unwahrheit diene, weil man althergebrachte Formeln hersage, die den Glauben an einen göttlichen Geist bekundeten, dabei aber vollkommen skeptisch diesen Inhalten gegen­überstünde. Und einer großen Sehnsucht konnte man begegnen, etwas zu erleben von dem Ernst, der mit den alten kultischen Bräuchen einst hatte verbunden sein müssen. Es zeigte sich die Freimaurerei als eine versinkende Vergangenheitsströmung, deren äußerer Organismus von Gegenmächten ergriffen werden konnte, ja, es zum großen Teil auch schon war.

Aber das, was sich als Wahrheit in diesen Jahrtausende alten Bestrebun­gen erhalten hatte, ihr geistiger Gehalt, der ja nicht tot zu machen war, konnte und mußte in umgewandelter Form der Wiedererneuerung der Menschheit weiter dienen. Das war die Aufgabe, vor die sich Rudolf Steiner gestellt sah, als aus jenen Kreisen heraus der Vorschlag ihm gemacht wurde, durch historisch-legal dokumentierte Anknüpfung eine selbständige Orga­nisation zu begründen. Angeregt wurde dieser Vorschlag durch einen gei­stig strebenden Menschen, der die Meinung gewonnen hatte, daß Rudolf Steiner mehr von geistigen Dingen wüßte als sie alle miteinander. Der Vor­schlag wurde dann offiziell gemacht von einer Seite her, die gewiß mehr auf praktischen Nutzen bedacht war und geistigen Gesichtspunkten gegen­über einen höchst gleichgültigen Standpunkt hatte. Es war nicht Rudolf Steiners Aufgabe, in der Vergangenheit dieses Menschen zu schnüffeln, lag es doch nicht in seiner Absicht, Beziehungen zu ihm aufrecht zu erhalten. Als nicht würdig ihres Amtes erweisen sich ja oft nicht nur titulierte Ver­treter von Geheimgesellschaften, sondern auch von kirchlichen und ande­ren Institutionen. Daß sich wie es aus ihren Schriften nun hervorgeht die verschiedenen Freimaurer-Orden gegenseitig nicht anerkennen, ist eine Tatsache, die sie ja wohl auch mit andern menschlichen Gründungen ge­mein haben, und die zu untersuchen viel Zeit und Mühe und auch juristische


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Spitzfindigkeit erfordert. Rudolf Steiner aber hatte das in Betracht zu ziehen, was für jeden Vertreter geistiger Wahrheiten von ausschlaggebender Bedeutung ist: historische Anknüpfung an eine uralt-ehrwürdige, wenn auch im Laufe der Zeiten in den Formen sich wandelnde Geistesströ­mung, um diese nach Maß der Möglichkeit vor der Dekadenz zu schützen. Ihr Wahrheitsgehalt konnte, wenn er einwilligte, zu neuem Leben wieder erweckt und, den Erkenntniskräften der Zeit entsprechend, dem Fortschritt der Menschheit dienstbar gemacht werden. In der Sprache der Bewußt­seinsseele konnten die alten Symbole wieder aufleben, in den Offenbarungsmöglichkeiten der Kunst die ganze Menschheit ergreifen.

Rudolf Steiner stellte eine Bedingung. Er würde den historisch-legalen Anschluß innerhalb des ihm angebotenen Grades vollziehen, durch den er selbständig die Arbeit weiterführen durfte, damit sollten aber die Bezie­hungen erschöpft sein. Kein einziger weiterer Anspruch dürfte gemacht werden, weder an Zusammenarbeit, noch an menschlichen, gesellschaftli­chen oder organisatorischen Beziehungen. Nichts als eine äußere, in keiner Weise verpflichtende Formalität sollte vollzogen werden, keine einzige ge­meinsame Arbeit stattfinden! Der neugegründete vollkommen unabhän­gige Kreis, der sich aus solchen Theosophen rekrutierte, die Sehnsucht hat­ten, auch auf diese Art der abendländischen Esoterik näher zu treten, wur­de mit den alten Symbolen bekanntgemacht, zunächst in ihrer bildhaften Bedeutung, dann immer mehr und mehr dem inneren Wesen nach, bis sie bewußtseinsmäßig verarbeitet waren. Sie wurden so dem mystischen Däm­merempfinden entrissen und dem künstlerischen und wissenschaftlichen Leben zugänglich gemacht. Als der Krieg ausgehrochen war, im August 1914, erklärte Rudolf Steiner den so begründeten Arheitskreis, der unter dem Namen «Mystica aeterna» sich zusammengeschlossen hatte, für aufgehoben und zerriß als Zeichen dafür das darauf bezügliche Dokument.* Nie ist man in dieser Weise wieder zusammengekommen.

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* Jedem in die freimaurerische Literatur Eindringenden, dem es um Wahrheit zu tun ist, müßte doch auffallen, daß Rudolf Steiner überhaupt nie darin herangezogen wird (Von direkten Ablehnungen ganz abgesehen), wie auch seine Schriften in der großen »Bibliograi phie der freimaurerischen Literatur« von Wolfstieg, 4 Bde. 19111926, welche mit 54320 Nummern die gesamten Bestände der freimaurerischen Logen-Bibliotheken erfaßt hat, nur mit drei Zufallsexemplaren vertreten sind (von über 200 seiner buchförmigen Publika­tionen!) Ebenso sollte ein «Sachverständiger» Kenntnis davon haben, wie sehr solche Benennungen wie Misraim, Memphis, O. T. O (Orientalischer Templer-Orden) [vgl. »Ein­zelne Hinweise» unter «ägyptische Maurerei«] u. dgl., die das erwähnte Dokument aufzählt und die für Rudolf Steiner ihres Wesens beraubte Hüllen waren, längst zu bloßen Namen geworden sind.


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Hiermit ist genau dargelegt, was zugrunde liegt der scheinbar widerspre­chenden Tatsache: daß von einigen Menschen behauptet wird, Rudolf Stei­ner sei ein Hochgradbruder gewesen, von andern, daß er nie der Freimau­rerei angehört habe. Rudolf Steiner hat tatsächlich nie eine Beziehung zu Freimaurer-Orden gehabt. Er steht diesen Gemeinschaften vollkommen fremd gegenüber und wird sogar von ihnen stark bekämpft, denn er hatte ja vom Anfange seiner theosophisch-anthroposophischen Wirksamkeit an in seiner Lehre das enthüllt, was jene als ihre Geheimnisse betrachten, die ihnen Gewicht und Ansehen geben. Er enthüllt das esoterische Wissen, weil die Menschheit es braucht, weil es ein Zeitbedürfnis ist. Er schließt aber zugleich das Verständnis dafür auf. Um in berechtigter Weise in einem an die historische Strömung anknüpfenden und formell konstituierten Arbeits­kreise die alten Symbole mit neuem Leben zu erfüllen, vollzog er einen äußeren Kontrakt und stand ganz abseits von dem Verkehr mit irgend­welchen Freimaurer-Brüdern. So ist das Wort Hochgradbruder, mit dem die Feinde gern herumwerfen, seitdem es ihnen nicht mehr möglich ist, ihn zum Juden zu machen, de facto irreführend. Da Rudolf Steiner in gar kei­nen Beziehungen zu irgend einem Freimaurer-Orden gestanden hat, diese Benennung aber den Anschein erwecken soll, als ob er zu diesen Organisa­tionen gehört hätte, ist eine stimmungmachende Täuschung damit be­zweckt. Durch diese Täuschung soll erreicht werden, daß die Menschen sich nicht mit der von Rudolf Steiner begründeten und entwickelten Gei­steswissenschaft auseinandersetzen. Würden sie dies nämlich tun, so wäre der Gegensatz zu dem Freimaurertum alsbald offenbar. Rudolf Steiner hat aus der Erkenntnis, daß die heutige seelische Verfassung der Menschen das Geheimwesen nicht mehr innerlich bejahen kann und daß das Geheimnis offenbar werden muß, seine Geisteswissenschaft in voller Öffentlichkeit dargelegt.

In ihr hat er ein wahres Verständnis für das Christentum ermöglicht und den Weg und die Methode gegeben, mit der der heutige Mensch durch ein Erkennen der geistigen Tatsachen seine Lebenspflichten erfüllen kann. Es wird für das Schicksal der nächsten Zeitläufe von entscheidender Bedeu­tung sein, wie diese Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, die nicht in gehei­men Kreisen und unter machtpolitischen Gesichtspunkten, sondern in voller Öffentlichkeit gepflegt wird, im Bewußtsein der Gegenwart Auf­nahme findet.

Marie Steiner

geb. v. Sivers


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II

DOKUMENTE

AUS DEN INHALTEN

DER ERKENNTNISKULTISCHEN

ABTEILUNG

Ritualtexte

Erläuterungen zu den Ritualien, der Einrichtungssymbolik,

der Tempellegende und der Goldenen Legende

Folgende zwei Punkte müssen stets im Bewußtsein sein:

1. Jede okkulte Lehre ist gegründet auf die Korrespon­denz zwischen dem Makrokosmos und dem Mikrokosmos. Darum stehen viele Lehren in engem Zusam­menhang mit dem physischen Leib des Menschen.

2. Alle Rituale und Zeremonien spiegeln wider:

a) Die kosmische Geschichte des Menschen seit te­murien.

b) Die menschliche Entwicklung seit der vorgeburt­lichen Zeit.

c) Die geistige Entwicklung des Menschen, als ein Abstieg in die Hölle und sein Aufstieg zu den Bergen Gottes.

(Aus Teilnehmernotizen ohne Orts und Datumangabe)


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Vorbemerkungen des Herausgebers

Zum Sinn und der geistigen Herkunft des Erkenntniskultes

Es ist ganz unmöglich, wirkliche Fortschritte in bezug auf das Vordringen in höhere Welten zu machen, ohne durch die Stufe der imaginativen Erkenntnis hindurchzugehen.1)

Das Motiv des Tempels bei Goethe wie bei Rudolf

Steiner ist es, Gefäß zu sein des übersinnlichen Kul­tus, den Goethe von den drei Königen vollziehen läßt, den Rudolf Steiner an den drei Altären sprechen läßt.2)


Ein entscheidender Grund dafür, warum überhaupt mit Kultsymbolik ge­arbeitet wird, liegt in dem ursprünglichen Wissen, daß sich die Geschehnis se in der unmittelbar an die physische angrenzenden höheren Welt der astralen oder imaginativen in symbolischen Bildern ausdrücken, die den astralen Tatsachen ebenso entsprechen, wie dasjenige, was in der physi­schen Welt gesehen wird, physischen Tatsachen entspricht. In diesem Sin­ne ist symbolisch-kultisches Arbeiten als ein praktisches Hilfsmittel zu werten, um mit der astralen Welt vertraut werden zu können. Rudolf Stei­ner betont einmal nachdrücklich, daß auf keine andere Weise als über sym­bolische Vorstellungen in die höheren Welten eingedrungen werden kann. Wörtlich heißt es: «Es herrscht in den verschiedenen okkulten Strömun­gen der Gegenwart vielfach die Meinung, als ob es in unserer Zeit auch auf anderem Wege, als durch die Anwendung imaginativer und symbolischer Vorstellungen, ein Aufsteigen in die höheren Welten geben könne. Und es ist bei den Menschen der Gegenwart mit einer gewissen Furcht, ja sogar Aversion verbunden, in die astrale Welt mit Hilfe symbolischer Zeichen oder sonstiger okkulter Erziehungsmittel aufzusteigen. Wenn man die Frage

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1) Aus «Die Stufen der höheren Erkenntnis», GA 12.

2) E. A. Karl Stockmeyer, ein Angehöriger des erkenntniskultischen Arbeitskreises, in seinem Aufsatz «Über die Einheit von Tempel und Kultus im Zusammenhang mit der Goethe­anum-Bauidee», enthalten in «Bilder okkulter Siegel und Säulen. Der Münchner Kongreß Pfingsten 1907», GA 284.


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aufwirft: Sind solche Furchtzustände berechtigt? , so kann man sagen:

Ja und Nein. In einer gewissen Beziehung sind sie berechtigt, in einer an­deren Beziehung sind sie ganz und gar nicht am Platze, weil in die höheren Welten niemand wirklich hinaufkommen kann, ohne durch die astrale Welt hindurchzugehen.» (Köln, 29. Dezember 1907).

Zu der Äußerung über die geistige Herkunft des Erkenntniskultes im Brief vom 15. August 1906 (S. 68): «Dieses Ritual kann kein anderes sein, als das Spiegelbild dessen, was Tatsache der höheren Plane ist», findet sich eine wesentliche Ergänzung in Vorträgen aus dem Jahre 1924, in denen die­se Tatsache der höheren Plane so geschildert wird: «Am Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts schwebt, eigentlich unmittelbar angrenzend, ganz in der Nähe natürlich ist das qualitativ gemeint der physisch-sinnlichen Welt, ein übersinnliches Geschehen, das darstellt übersinnliche Kultushandlungen, mächtige Bilder-Entwickelungen des geistigen Lebens », die in Miniaturbildern in Goethes Geist hereinleuchteten und von ihm zu seinem «Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie» gestaltet wurden (Dornach, 16. September 1924). Eines der zentralsten Mo­tive dieses Märchens ist der Tempel mit den drei Königen, den Repräsen­tanten von Weisheit, Schönheit, Gewalt oder Stärke; von Rudolf Steiner auch als Repräsentanten der Einweihung charakterisiert: der goldene Kö­nig für das Vorstellungsvermögen, der silberne König für das Erkenntnis vermögen des objektiven Gefühis, der eherne König für das Erkenntnisver­mögen des Willens (Berlin, 24. Oktober 1908). Damit übereinstimmend sind die drei Altäre mit ihren Dienern sowohl im Erkenntniskult wie in den Tempelszenen der Mysteriendramen. Und wenn es in dem Brief vom 15. August 1906 weiter heißt, daß das vom Okkultismus seit 2300 Jahren anerkannte Ritual1) für europäische Verhältnisse von den Meistern der «Rosenkreuzer» zubereitet worden ist, so scheint der Zusammenhang mit dem übersinnlichen Kultus aus den folgenden Worten auf: «Die Rosenkreuzer (sagten): Gestalte die Welt so, daß sie in sich enthält Weisheit, Schönheit und Stärke, dann spiegelt sich in uns Weisheit, Schön­heit und Stärke. Hast du die Zeit dazu benutzt, dann ziehst du selbst aus dieser Erde hinaus mit dem Spiegelbild von Weisheit, Schönheit und Stärke. Weisheit ist das Spiegelbild des Manas; Schönheit, Frömmigkeit, Güte ist das Spiegelbild der Budhi; Stärke ist das Spiegelbild des Atma. Nicht durch müßige Beschaulichkeit gelangt der Mensch auf der Erde weiter,

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1) Nach einer Aufzeichnung von Günther Schubert äußerte Rudolf Steiner, daß das Ganze auf Melchisedek zurückgehe.


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sondern indem er der Erde Weisheit, Schönheit und Stärke einverleibt» (Berlin, 25. Oktober 1905).

Goethes Rätselmärchen, wie es vielfach genannt wurde, erschien am Ende des 18. Jahrhunderts (1795). Ein Jahrhundert später, 1899, als das so­genannte Kali Yuga, das geistig finstere Zeitalter zu Ende ging und wieder ein geistig lichtes Zeitalter beginnen sollte, faßte Rudolf Steiner im Sinne des für das ganze Geschehen im Goetheschen Märchen entscheidenden Wortes «Es ist an der Zeit!» den weittragenden Entschluß, das Esoterische, das in ihm lebte, zu öffentlicher Darstellung zu bringen.1) Und getreu dem esoterischen Gesetz, Kontinuität zu wahren, knüpfte er an das Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie an, mit dessen Bildern er seit 20 Jahren meditativ gelebt hatte. Zu Goethes 150. Geburtstag am 28. August

1899 veröffentlichte er den Aufsatz «Goethes geheime Offenbarung» und ein Jahr später, im Herbst 1900, führte er die darin begonnene Interpreta­tion der Goetheschen Apokalypse in einem vor den Berliner Theosophen gehaltenen Vortrag weiter und wurde nun «ganz esotersch».2) Zwanzig Jahre später, am Vorabend der ersten Veranstaltung im ersten Goetheanum­bau, dem sogenannten ersten Hochschulkurs, bezeichnete er zurück­blickend auf die Entwicklung der anthroposophischen Bewegung diesen Vortrag als deren «Urzelle» (Dornach, 25. September 1920).

Damit dürfte gewiß nicht nur gemeint gewesen sein, daß mit diesem Vortrag die anthroposophische Bewegung ihren äußeren Anfang genom­men hat, sondern unausgesprochen auch, daß damals mit der Realisierung der im Mittelpunkt des Goethe­Märchens stehenden Forderung begonnen worden war, die Mysterien der Tempel aus dem Verborgenen ins volle Licht des Tages, das heißt der Öffentlichkeit, zu bringen. Denn in diesem tieferen Sinne war die anthroposophische Geisteswissenschaft als Verkün­derin des für die Menschheit angebrochenen geistig lichten Zeitalters ent­wickelt worden. Und darum fiel im letzten Jahr seiner Vortragstätigkeit von Rudolf Steiner das im Zusammenhang mit der Schilderung des übersinnlichen

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1) und 2) «Mein Lebensgang« (30. Kapitel), GA 28. Marie Steiner notierte in einem Notizbuch (Archivnummer 21): «Als Rudolf Steiner zum erstenmal unter die Menschen trat mit der Absicht, die Schleier von der Esoterik hinwegzuheben, nahm er Goethes Märchen zum Ausgangspunkt und sprach über die Altäre der Weisheit, Schönheit und Stärke. Sie stellte er hinein in die Tempel seiner Mysteriendramen und sprach zu uns erneut und vertieft von ihrer Bedeutung. Und wieder stellte er sie hinein in unsere esoterische Schule und ließ uns immer wieder hinantreten an die verschiedenen Aspekte von Denken, Fühlen und Wollen, die ein Ausdruck sind dieser Altäre.«


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Kultus so schwergewichtige Wort: «Was ist die Anthroposophie ihrer Realität nach? Ja, meine lieben Freunde, wenn Sie alle wunderba­ren majestätischen Imaginationen durchschauen, die als ein übersinnlicher Kultus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts [auch schon am Ende des 18. Jahrhunderts] dastanden, und das in Menschenbegriffe übersetzen, dann haben Sie Anthroposophie» (Dornach, 8. Juli 1924).

Somit führt eine gerade Linie von der Wahrnehmung des Kultus in der übersinnlichen Welt der zweifellos mit dem von den Meistern der Rosen. kreuzer für europäische Verhältnisse zubereiteten uralten Ritual zusammenhängt über das Goethe-Märchen zur Übersetzung dieser Bilder geisti­gen Lebens in die wissenschaftlichen Begriffe der Anthroposophie und zur Gestaltung des Erkenntniskultes.

In diesem Sinne wurde von Rudolf Steiner der Erkenntniskult mit seinen drei Altären, nach Marie Steiner Zeichen und Siegel seines Wirkens, «aus den Tiefen des Tempels, in denen sie gestanden haben, seitdem es Myste­rien gegeben hat», herausgeholt, und «der Menschheit» übergeben (S.486).

Warum der Erkenntniskult

in bruderschaftlichem Zusammenschluß gepflegt wurde

Es ist nicht der eine und der andere und der dritte, sondern etwas ganz

Neues, was durch die Vereini­gung entsteht.1)


Für eine Antwort auf die Frage, warum mit Kultsymbolik in bruderschaftlichen Vereinigungen gearbeitet wird, müssen bestimmte geistige Tatsachen berücksichtigt werden. Die eine ist das Wesen solcher Vereinigungen, das Rudolf Steiner in seinem Vortrag über Bruderschaft und Daseinskampf, der in Berlin am 23. November 1905, einen Tag vor seinem Eintritt in die Memphis-Misraim-Maurerei gehalten wurde, so charaktersiert:


«Vereinigung bedeutet die Möglichkeit, daß ein höheres Wesen durch die vereinigten Glieder sich ausdrückt. Das ist ein allgemeines Prinzip in allem Leben. Fünf Menschen, die zusammen sind, harmonisch mitein­ander denken und fühlen, sind mehr als 1 + 1 + 1 + 1 + 1, sie sind nicht

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1) Aus Vortrag Berlin, 23. November 1905.


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bloß die Summe aus den fünf, ebensowenig wie unser Körper die Summe aus den fünf Sinnen ist, sondern das Zusammenleben, das Ineinanderleben der Menschen bedeutet etwas ganz Ähnliches, wie das Ineinanderleben der Zellen des menschlichen Körpers. Eine neue, höhere Wesen­heit ist mitten unter den fünfen, ja schon unter zweien oder dreien. (Wo zwei oder drei in meinem Namen vereinigt sind, da bin ich mitten unter ihnen.) Es ist nicht der eine und der andere und der dritte, sondern etwas ganz Neues, was durch die Vereinigung entsteht. Aber es entsteht nur, wenn der einzelne in dem andern lebt, wenn der einzelne seine Kraft nicht bloß aus sich selbst, sondern auch aus den andern schöpft. Das kann aber nur geschehen, wenn er selbstlos in dem andern lebt. So sind die menschlichen Vereinigungen die geheimnisvollen Stätten, in welche sich höhere geistige Wesenheiten herniedersenken, um durch die einzelnen Menschen zu wirken, wie die Seele durch die Glieder des Körpers wirkt.

In unserem materialistischen Zeitalter wird man das nicht leicht glau­ben, aber in der geisteswissenschaftlichen Weltanschauung ist es nicht bloß etwas Bildliches, sondern im höchsten Grade Wirkliches. Daher spricht der Geisteswissenschafter nicht bloß von abstrakten Dingen, wenn er von dem Volksgeist oder von der Volksseele oder von dem Familiengeist oder von dem Geiste einer andern Gemeinschaft spricht. Sehen kann man diesen Geist nicht, der in einer Vereinigung wirkt, aber da ist er, und er ist da durch die Bruderliebe der in dieser Vereini­gung wirkenden Persönlichkeiten. Wie der Körper eine Seele hat, so hat eine Gilde, eine Bruderschaft auch eine Seele, und ich wiederhole noch einmal, es ist das nicht bloß bildlich gesprochen, sondern als volle Wirklichkeit zu nehmen.

Zauberer sind die Menschen, die in der Bruderschaft zusammen wir­ken, weil sie höhere Wesen in ihren Kreis ziehen. Man braucht sich nicht mehr auf die Machinationen des Spiritismus zu berufen, wenn man mit Bruderliebe in einer Gemeinschaft zusammenwirkt. Höhere Wesen manifestieren sich da. Geben wir uns in der Bruderschaft auf, so ist dieses Aufgeben, dieses Aufgehen in der Gesamtheit eine Stählung, eine Kräftigung unserer Organe. Wenn wir dann als Mitglied einer sol­chen Gemeinschaft handeln oder reden, so handelt oder redet in uns nicht die einzelne Seele, sondern der Geist der Gemeinschaft. Das ist das Geheimnis des Fortschritts der zukünftigen Menschheit, aus Gemein­schaften heraus zu wirken. Wie eine Epoche die andere ablöst und jede


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ihre eigene Aufgabe hat, so ist es auch mit der mittelalterlichen Epoche im Verhältnis zu der unsrigen, mit unserer Epoche im Verhältnis zu der zukünftigen. Im unmittelbaren praktischen Leben, bei der Grundlegung der nützlichen Künste haben die mittelalterlichen Bruderschaften ge­wirkt. Ein materialistisches Leben haben sie erst gezeigt, nachdem sie ihre Früchte erhalten hatten, ihre Bewußtseinsgrundlage, nämlich die Brüderlichkeit, aber mehr oder weniger geschwunden war, nachdem das abstrakte Staatsprinzip, das abstrakte, geistige Leben anstelle wirklichen Ineinanderfühlens getreten war. Der Zukunft obliegt es, wieder Bruder­schaften zu begründen, und zwar aus dem Geistigen, aus den höchsten Idealen der Seele heraus. Das Leben der Menschen hat bisher die man­nigfaltigsten Vereinigungen gezeitigt, es hat einen furchtbaren Daseins­kampf hervorgerufen, der heute geradezu an seinem Gipfelpunkte ange­kommen ist. Die geisteswissenschaftliche Weltanschauung will die höch­sten Güter der Menschheit im Sinne des Bruderschaftsprinzips ausbil­den, und so sehen Sie dann, daß die geisteswissenschaftliche Weltbewe­gung auf allen Gebieten dieses Bruderschaftsprinzip an die Stelle des Da­seinskampfes setzt. Ein Gemeinschaftsleben müssen wir führen lernen. Wir dürfen nicht glauben, daß der eine oder der andere imstande sei, dieses oder jenes durchzuführen.

Es möchte wohl ein jeder gerne wissen, wie man Daseinskampf und Bruderliebe miteinander vereinigt. Das ist sehr einfach. Wir müssen ler­nen, den Kampf durch positive Arbeit zu ersetzen, den Kampf, den Krieg zu ersetzen durch das Ideal. Man versteht heute nur noch zu we­nig, was das heißt. Man weiß nicht, von welchem Kampf man spricht, denn man spricht im Leben überhaupt nur noch von Kämpfen. Da ha­ben wir den sozialen Kampf, den Kampf um den Frieden, den Kampf um die Emanzipation der Frau, den Kampf um Grund und Boden und so weiter, überall, wohin wir blicken, sehen wir Kampf.

Die geisteswissenschaftliche Weltanschauung strebt nun dahin, an die Stelle dieses Kampfes die positive Arbeit zu setzen. Derjenige, der sich eingelebt hat in diese Weltanschauung, der weiß, daß das Kämpfen auf keinem Gebiete des Lebens zu einem wirklichen Resultate führt. Suchen Sie das, was sich in Ihrer Erfahrung und vor Ihrer Erkenntnis als das Richtige erweist, in das Leben einzuführen, es geltend zu machen, ohne den Gegner zu bekämpfen. Es kann natürlich nur ein Ideal sein, aber es muß ein solches Ideal vorhanden sein, das heute als geisteswissenschaft­licher Grundsatz in das Leben einzuführen ist. Menschen, die sich an


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Menschen schließen und die ihre Kraft für alle einsetzen, das sind dieje­nigen, welche die Grundlage abgeben für eine gedeihliche Entwickelung in die Zukunft hinein. Die Theosophische [respektive Anthroposophi­sche] Gesellschaft will selbst in dieser Beziehung mustergültig sein, sie ist deshalb nicht eine Propagandagesellschaft wie andere, sondern eine Brudergesellschaft. In ihr wirkt man durch die Arbeit eines jeden einzel­nen der Mitglieder. Man muß das nur einmal richtig verstehen. Derjeni­ge wirkt am besten, der nicht seine Meinung durchsetzen will, sondern das, was er seinen Mitbrüdern an den Augen ansieht; der in den Gedan­ken und Gefühlen der Mitmenschen forscht und sich zu deren Diener macht. Der wirkt am besten innerhalb dieses Kreises, der im praktischen Leben durchführen kann, die eigene Meinung nicht zu schonen. Wenn wir in dieser Weise zu verstehen suchen, daß unsere besten Kräfte aus der Vereinigung entspringen und daß die Vereinigung nicht bloß als ab­strakter Grundsatz festzuhalten, sondern vor allen Dingen in theosophi­scher Weise bei jedem Handgriffe, in jedem Augenblicke des Lebens zu betätigen ist, dann werden wir vorwärtskommen. Wir dürfen nur keine Ungeduld haben in diesem Vorwärtskommen.»


Eine andere geistige Tatsache, aus der heraus ein gemeinschaftliches Zu­sammenarbeiten an Kultsymbolik begründet ist, ist die, daß an echter Kultsymbolik entwickelte Gedankenkräfte, wenn sie durch lange Zeiten hin­durch gedacht werden, sich so steigern, daß sie in späteren Zeiten äußere Wirklichkeit werden. Auf solche Weise wird der Fortschritt bewirkt. Denn alles geschieht von innen, nicht von außen her: «Was in irgendeiner Zeit Gedanke und Empfindung ist, ist in der folgenden Zeit äußere Form. Und die Individualitäten, welche die Menschheitsentwickelung leiten, müssen viele Jahrtausende vorher in die Menschheit die Gedankenformen einpflanzen, die nachher äußere physische Wirklichkeit werden sollen. Da haben Sie die Funktion der Gedankenformen, die angeregt werden durch solche symbolischen Bilder wie die Arche Noah, den Salomonischen Tem­pel, bis hin zu den vier apokalyptischen Gestalten Mensch, Löwe, Stier, Adler. Bilder, welche den Menschen führen, wenn er sich ihnen hingibt zur Anteilnahme an der Welt, die unmittelbar an die seinige angrenzt» heißt es im Vortrag Köln, 28. Dezember 1907, in dem als ein Hauptbeispiel dafür geschildert wird, wie durch die Vorstellungen der Arche Noah und des Salomonischen Tempels die Umbildung des menschlichen Körpers bewirkt wird.


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Durch diese geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse erhält auch die fol­gende Äußerung über die Freimaurerei einen konkreten Hintergrund:

«Wenn Sie mich fragen, worin eigentlich die Freimaurerei besteht, so muß ich Ihnen mit abstrakten Worten sagen: Freimaurerei besteht darin, daß ihre Mitglieder einige Jahrhunderte die Ereignisse vorherdenken, die die Welt voranbringen sollen», wovon heute jedoch schon ein großer Teil verwirklicht worden sei (Berlin, 2. Januar 1906).

Wird so durch symbolisch-kultisches brüderliches Zusammenwirken dem Gesamtfortschritt gedient, so auch dem Fortschritt des Einzelnen. Darauf weist die von Rudolf Steiner angegebene Tatsache, daß reales Un­sterblichkeitsbewußtsein an praktische Brüderlichkeit gebunden ist, denn das für das reale Unsterblichkeitsbewußtsein maßgebende Gesetz lautet:

Nur alles dasjenige trägt zur Entwicklung des Bewußtseins der Unsterb­lichkeit, zu einem von vollem Bewußtsein erfüllten Fortleben im Geiste bei, was der Mensch nicht für sich allein zu dessen Erlangen leistet (Berlin, 23. Dezember 1904).

Ideale zu verwirklichen, erfordert bekanntlich viel Geduld. Davon sprach Rudolf Steiner klärend und tröstend in einer Instruktionsstunde in folgender Art:


Instruktionsstunde, Berlin, 28. Oktober 1911


Vielleicht wird es unter Ihnen [einige] geben, die sich bedrückt fühlen, weil sie nicht das hier Erlernte im Leben schon umwandeln können in äußere Arbeit, so daß sie nur immer wieder spirituelle Lehren aufneh­men können und sich nun fragen müssen: Bin ich nicht vielleicht ein spiritueller Genußmensch? Darauf geben uns die weisen Meister des Ostens diese Antwort: Indem man die spirituellen Lehren aufnimmt, ge­schieht etwas, was auch für die Ewigkeit ist. Die spirituelle Entwicke­lung der Menschheit könnte gar nicht durch die «Geister der Vorzeit» seien es Menschen, die früher gelebt, seien es Götter, die uns in der Er­denentwickelung vorangeschritten sind weitergeführt werden, wenn es nicht Seelen gäbe, in welche sie diese Lehren hineinergießen könnten. Es ist wie mit dem Samenkorn einer Pflanze: solange es noch in der Blüte oder dem Fruchtknoten drinnen ist, hat es keinen Wert; erst, wenn es in die Erde kommt, kann es aufgehen. Von viel mehr Bedeutung für die Er­denentwickelung sind die Menschen, die Kunstwerke wie die Sixtinische


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Madonna, den «Faust» und so weiter auf sich wirken lassen, als der Künstler selber. Hätte Raffael nur die [Sixtinische] Madonna gemalt und sonst keiner sie je gesehen, dann hätte das nur Bedeutung für ihn allein gehabt, aber nicht für die Ewigkeit. Nur indem Menschen Kunstwerke oder andere Geistesprodukte auf sich einwirken lassen, wird etwas erzeugt, was die Erde überdauern wird und in den Jupiter-Zustand mit­genommen werden wird. Der Schöpfer ist nicht das Wichtigste, bei wei­tem am wichtigsten sind die Zuschauer, Leser und so weiter. Wenn einer, der ein Kunstwerk schafft oder ein Buch schreibt, die Anregung dazu aus der geistigen Welt empfängt, dann, bis zum Augenblicke der Empfängnis, hat es auch für ihn eine ewige Bedeutung. Sobald er aber mit Feder oder Pinsel ans Werk geht, arbeitet er nur für das Zeitliche, hat es nur für ihn Bedeutung. Alles, was in die Welt hinein produziert wird, verfällt dem Zeitlichen. Nur dasjenige, was in Menschenseelen an­geregt wird, bleibt. Das größte Gewicht ist also gerade nicht da, wo man es dem gewöhnlichen intellektuellen Urteil nach vermuten sollte. Daß die Evangelisten die Evangelien geschrieben haben, war für sie von Be­deutung, aber es würde nichts für die Ewigkeit bedeuten, wenn es nicht unzählbare Herzen gegeben hätte, auf die diese Evangelien gewirkt haben. Unendlich viel besser ist es, ein gutes Buch der früheren Zeit zu lesen und auf sich einwirken zu lassen, als selber ein schlechtes Buch zu schreiben. Wer glaubt, etwas in der Welt leisten zu müssen, soll warten, bis sein Karma ihn zu dieser oder jener Arbeit aufruft. Und wer zum Beispiel eine spirituelle Vision gehabt hat und sich frägt, ob er diese der Welt mitteilen soll, kann dazu folgendes Kriterium anlegen: Wenn das Mitteilen ihm Freude verursacht, dann soll er es gewiß unterlassen. Nur dasjenige, was Schmerzen bereitet bei der Mitteilung, hat einen Wert. Humoristen, die Freude an ihren Einfällen haben, liefern nichts, was ei­ne Bedeutung für die Menschheit hätte; nur diejenigen, die mit Schmerz die Torheit der Menschen durchlebt haben und sich daraus zu ihrem Humor erhoben haben, geben etwas Bleibendes in der Geschichte. Nichts außer «Hingabe an die geistige Welt» kann ein Werk in der Welt fruchtbar gestalten.

Menschen können Schätze gesammelt haben und das Bedürfnis emp­finden, diese wieder zum Wohle der Menschheit zu gebrauchen, aber ohne okkulte Einsicht ist es unmöglich zu wissen, ob die eine oder ande­re philanthropische Einrichtung nach kurzer Zeit zum Heile oder zum Unglück der Menschen dienen wird. Man mag noch so viele Samariterarbeit


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verrichten und noch so viele Menschen beglücken, es könnte sein und ohne die gekennzeichnete Hingabe an die geistige Welt ist es sogar sehr wahrscheinlich , daß zum Beispiel schon für die Kinder jener Men­schen, für die nächste Generation also, großes Unheil gestiftet werde.

Hier, in unserer Loge, weil die Menschen mit ihren Gedanken dabei sind, geschieht mehr für das Heil der Welt als durch alle philanthropische Arbeit. Physische Werte werden vernichtet, indem man sie für sich sel­ber gebraucht; geistige Werte dagegen werden geschaffen, indem sie auf­genommen werden. So ist der Schaffende selber überhaupt nicht der Wichtigste. Wenn man in der Akasha-Chronik nachgehen würde dem Zeitalter des Raffael, Michelangelo und so weiter und nur auf diese ach­ten würde, würde man kein richtiges Bild bekommen. Ebenso wenn man beim Erforschen der atlantischen Zeit in der Akasha-Chronik nur achtgeben würde auf dasjenige, was in den Seelen war der großen Führer in den Mysterien was übrigens sehr schwierig ist : man schaut das Richtige erst, wenn man achtgibt auf dasjenige, was durch sie erweckt wurde in den Herzen und Seelen ihrer Schüler.

Wer fähig ist, ein mittelmäßiges Buch zu schreiben, ist dann von selbst auch fähig, ein gutes Buch aus der Vergangenheit zu begreifen und wird unendlich viel mehr Nutzen damit stiften als mit dem Schreiben eines mittelmäßigen Buches.

So ist es also kein unbefugtes Genießen, wenn die Mitglieder sich befleißigen, dasjenige in sich aufzunehmen, was hier geboten wird. Ohne dieses Entgegennehmen durch die Mitglieder könnte nichts für die wei­tere spirituelle Entwickelung der Menschen getan werden. Dann müßten die Menschen ganz dem Materialismus verfallen; die zukünftigen Gene­rationen würden krank an Leib und Seele sein. Die Kinder, die unter uns geboren werden, würden in der spirituellen Atmosphäre nicht die Ge­danken finden, die sie für ihre richtige Entwickelung brauchen, wenn es keine Kreise gäbe, in denen spirituelle Erkenntnis aufgenommen wird, auch wenn sie nicht hinausgetragen wird. Der Materialismus sündigt so viel, daß man nach dieser Richtung gar nicht genug tun kann, daß Über­treibung überhaupt nicht möglich ist. Auch wenn zehn- oder hundert­mal mehr studiert würde, als wirklich der Fall ist, dann würde es immer noch nicht zu viel sein, um dasjenige auszugleichen, was durch den Materialismus in der Welt gesündigt wird.


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Zum Namen des Arbeitskreises

Es war ein «Erkenntniskult».

Der Arbeitskreis hatte für Rudolf Steiner aus inneren Gründen keinen ei­gentlichen Namen (vgl. Seite 237). Er wurde darum abgekürzt einmal «FM» (Freimaurerei), einmal «ME» (mystica aeterna), später auf ausdrücklichen Wunsch Rudolf Steiners «MD» (Misraim.Dienst) genannt (vgl. Seite 94). Für die vorliegende Publikation wurde die von Rudolf Steiner später ge­brauchte Bezeichnung «Erkenntniskult» gewählt, weil dadurch das We­sentlichste seiner Intentionen am besten zum Ausdruck kommt. Es war im Jahre 1923, als er auf eine ihm von Priestern der «Christengemeinschaft» gestellte Frage nach dem Verhältnis ihres Kultus zu dem früheren esoteri­schen Kultus antwortete:

«Der frühere Kultus war rein demonstrativ. Es war ein Erkenntniskult mit Graden. Der erste Grad brachte die Erkenntnis des Erdenmenschen, zeigte den Menschen von der lemurischen Zeit bis zur Gegenwart, in der Imagination. Der zweite Grad stellte die Beziehung zur geistigen Welt dar, der dritte die Geheimnisse der Todespforte und so weiter. Es war dieser Kultus ein außerzeitlicher, überkonfessioneller und interreligiöser; nur ein bestimmter Grad hatte christlichen Charakter. Die Verwendung dieses Kultus mußte abgebrochen werden, weil der Außenwelt gegenüber nicht mehr der Demonstrations-Charakter klargestellt bleiben konnte.»1)

Schon bevor Rudolf Steiner in dieser Fragenbeantwortung den Kult als «Erkenntniskult» bezeichnete, hatte er in seinem Dornacher Vortrag vom 30. Dezember 1922 auf die Bedeutung der Erkenntnis für das Kultische hin­gewiesen mit dem Wort: «Denn alles dasjenige, was Kultusmäßiges ist, muß sich zuletzt auflösen, wenn das Rückgrat der Erkenntnis fehlt».

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1) Überliefert von Emil Bock für die Priester der «Christengemeinschaft».


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Zur Aufnahme-Vorbereitung

Wer an die Einrichtung herantrat, dem wurde in der allerdeutlichsten Weise gesagt, daß er keinem Orden beitrete, sondern daß er als Teilnehmer von zeremo­niellen Handlungen eine Art Versinnlichung, De­monstration der geistigen Erkenntnisse erleben wer­de. Wenn einiges in den Formen verlief, in denen in hergebrachten Orden Mitglieder aufgenommen oder in höhere Grade befördert wurden, so hatte auch das nicht den Sinn, einen solchen Orden zu führen, sondern eben nur den, geistiges Aufsteigen in Seelen-Erlebnissen durch sinnliche Bilder zu ver­anschaulichen. 1)

Ein Beispiel davon, wie um Aufnahme nachgesucht wurde, findet sich in einem Brief der Leiterin der Münchner Arbeit, Sophie Stinde, die Rudolf Steiner am 24. Februar 1908 u. a. mitteilte: «Gräfin H. möchte Mitglied der FM. werden, wollte Sie in Stuttgart aber vorher fragen, ob sie bei Ihrem nächsten Kommen schon eintreten dürfe, oder ob Sie es für besser hielten, wenn sie noch warte. Da sie nicht dazu kam, Sie in Stuttgart selbst zu fragen, schlug ich vor, daß ich Sie fragen solle. Da wir doch wohl Aufnah­men haben, so könnten wir sie ja mitaufnehmen, falls Sie es nicht für zu früh für Grf. H. halten. Frl. L. war kürzlich bei uns und wiederholte, daß sie und Dr. W. im März aufgenommen werden möchten. Auch Frl. Kr. und Herr R. wiederholten den Wunsch. () Den Arbeitsplan hatten wir uns so gedacht: Am 17. abends Loge. Am 18. morgens ES. Abends öffentl. Mann und Weib. Am 19. morgens FM-Aufnahme. Wir würden die Auf­nahme gewiß vor die Instruktion gelegt haben, da wir wissen, daß Sie es so lieber haben, aber da am 19. des abends öffentlicher Vortrag ist, müssen wir diesmal wohl davon abstehn, da die Aufnahme doch eine sehr ausgedehnte sein wird.»

Je nachdem wieviel Kandidaten aufgenommen wurden, dauerten die Aufnahmen oft stundenlang; Einzelaufnahmen wurden nur ausnahmswei­se vorgenommen. Vor der eigentlichen Aufnahme fand eine Vorberei­tungsstunde statt, in der die Kandidaten über die Aufgaben und Pflichten orientiert wurden. Von Ausführungen Rudolf Steiners in solchen Vorberei­tungsstunden liegen nur zwei Aufzeichnungen vor (S.143 f.). In Ausnahmefällen

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1) ».Mein Lebensgang»., siehe Seite 95f. des vorliegenden Bandes.


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wurden auch solche Vorversammlungen feierlich gestaltet, wie einem Brief Rudolf Steiners an Sophie Stinde vom 10. Juni 1908 zu entnehmen ist, in dem es heißt: «Es sollen St's in FM. diesmal aufgenommen werden. Es wird wohl nicht gehen, daß eine kurze Vorfeier Montag für die FM. gemacht werde. St. hat den dringendsten Wunsch, gerade zu seinem 50. Geburtstag aufgenommen zu werden. Die Aufnahme kann natürlich erst Dienstag einen Tag nach seinem Geburtstag sein doch könnte man kurz vielleicht ohne Logenausstattung Montag Vorfeier der Aufnahme, die besonders gestaltet würde, machen.»

Zu den Graden

Eine Wahrheit weiß man oder man weiß sie nicht.

Deshalb ist das demokratische Prinzip in Erkennt­nisdingen unmöglich.1)


Über die Berechtigung, in Graden zu arbeiten, heißt es in einem der in der Zeit der Vorbereitung des Kreises gehaltenen Vorträge: «Die Wahrheit ist nichts, worüber man Meinungen haben kann. Eine Wahrheit weiß man oder man weiß sie nicht. Ebensowenig wie man diskutieren kann, ob die Winkelsumme eines Dreiecks so oder soviele Grade hat, ebensowenig kann man diskutieren über höhere Wahrheiten. Deshalb ist das demokratische Prinzip in Erkenntnisdingen unmöglich» (Berlin, 16. Dezember 1904).

In diesem Sinne war der erkenntniskultische Arbeitskreis in Graden auf­gebaut. Ein Teilnehmer hat dies wie folgt überliefert: «Es war eine Institu­tion, in der verschiedene Grade waren, zu denen die Teilnehmer befördert wurden, je nachdem ihre Seelen durch ihr Karma Anwartschaft hatten auf den Inhalt dieser Grade. Die Beförderung in einen höheren Grad vollzog sich zum Teil in Formen, die ähnlich auch in okkulten Gesellschaften, zum Beispiel in der Freimaurerei, geübt wurden aber nicht in Nachah­mung solcher Orden, sondern weil sie sich aus der geistigen Forschung ergaben. Es ist leicht einzusehen, daß im Aufsteigen zu höheren Graden die esoterischen Impulse immer reicher flossen, und daß in den nahezu zehn Jahren der Veranstaltungen eben bis zum Kriegsausbruch für manche

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1) Berlin, 16. Dezember 1904.


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Teilnehmer die Erlebnisse dieser Stunden etwas ungeheuer Tiefgehendes für die Entwicklung ihres Seelenlebens bedeuteten.»1)

Insgesamt gab es neun Grade, die sich in drei und sechs gliederten, wo­durch sich zwei Abteilungen oder Klassen formten, die zusammen mit der sogenannten «ES» die drei Abteilungen oder Klassen der Esoterischen Schule bildeten, wie sie von 1904 bis 1914 bestanden hat. In den drei ersten Graden lag das Schwergewicht in den kultischen Handlungen, in den sechs folgenden Graden, denen laut Überlieferung nur wenige angehörten, soll hauptsächlich gelehrt worden sein. Inwiefern neun Grade der in einer wah­ren Geheimschulung heute möglichen Anzahl entsprechen, wurde einmal wie folgt dargelegt:


« Nun ist es sehr wichtig, zu wissen, daß auf der Grundlage von drei Graden sich jede okkulte Verbrüderung aufbaut. Im ersten Grade kom­men, wenn die Symbolik in der richtigen Weise gebraucht wird, und un­ter richtig verstehe ich selbstverständlich dasjenige, was ich eben ange­deutet habe für unseren fünften nachatlantischen Zeitraum, die Seelen so weit, daß sie ein genaues inneres Erlebnis davon haben, daß es ein Wis­sen gibt in Unabhängigkeit von dem gewöhnlichen physisch-sinnlichen Wissen. Und sie müssen im ersten Grade eine gewisse Summe von sol­chem, vom Physischen unabhängigen Wissen haben. Ungefähr dasjenige müßte jeder wissen, der im ersten Grade ist heute innerhalb des fünften nachatlantischen Zeitraumes, was ungefähr in meiner Geheimwissenschaft steht. Wissen müßte jeder das heißt innerlich lebendig wissen , der im zweiten Grade ist, dasjenige, was in dem Buche steht: Wie er­langt man Erkenntnisse der höheren Welten?. Und wer in dem dritten Grade ist und die bedeutungsvollen Symbole: Zeichen, Griff und Wort schon des dritten Grades empfängt, der weiß, was es heißt: außerhalb seines Leibes zu leben. Das wäre die Regel, das wäre dasjenige, was erreicht werden soll.

Dann aber gibt es Leute, die kommen zu sogenannten Hochgraden, zu höheren Graden. Nun, das ist freilich ein Gebiet, wo ungeheuer viel Eitelkeit unterläuft, denn es gibt Verbrüderungen, in denen man es bis zu neunzig oder über neunzig Graden bringen kann. Nun denken Sie sich einmal, was das heißt: man trägt einen so hohen Ordensgrad an sich! Dreiunddreißig Grade hat ja, einfach durch einen Fehler, der aus


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1) Adolf Arenson in »Rundbrief an die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft», Oktober 1926.


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einer grotesken Unkenntnis entspringt, das sogenannte schottische Hochgradsystem, das sich aufbaut auf den drei Graden, die in solcher Weise verlaufen, wie ich es geschildert habe. Also da hat man die drei Grade, die ja, wie Sie sehen, ihre tiefe Bedeutung haben. Aber nach diesen drei Graden folgen noch dreißig andere. Nun können Sie sich denken, wenn man schon im dritten Grade die Fähigkeit erlangt, außer seinem Leibe sich zu erleben, was man für ein hohes Wesen ist, wenn man noch dreißig Grade danach durchmacht. Aber es beruht auf einem grotesken Erkenntnisfehler. Es wird nämlich in okkulten Wissenschaften anders als im Dezimalsystem gelesen: es wird so gelesen, daß man nicht nach dem Dezimalsystem, sondern nach dem betreffenden System der Zahlen rechnet, die gerade in Betracht kommen. Also wenn man schreibt: 33. Grad, so bedeutet das in Wirklichkeit nach dem System der Zahlen, die in Betracht kommen: 3 mal 3 = 9. Nur weil die Leute nicht lesen können, lesen sie 33 statt 9.

Nun ja, aber wir wollen von diesen Eitelkeiten absehen. Es sind ja noch immer sechs Grade, die sich auf diesen drei Graden aufbauen, als berechtigte Grade zu zählen. Und die geben dann, wenn sie durchge­macht werden, schon sehr Bedeutsames. Aber sie können im Grunde ge­nommen in der Gegenwart gar nicht voll durchgemacht werden. Es ist rein unmöglich. Sie können gar nicht voll durchgemacht werden, weil die Menschheit im fünften nachatlantischen Zeitraum noch nicht so weit ist, daß all das wirklich durchgemacht werden kann, was da durchzuma­chen ist. Denn es ist noch nicht so viel von den geistigen Welten an ich will nicht sagen Erkenntnis, aber an Betätigung der Erkenntnis herausgekommen. Das wird erst herauskommen.» (Berlin, 4. April 1916)


Zur Einrichtungssymbolik

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Zur Einrichtungssymbolik

Tatsächlich ist die Freimaurerei ursprünglich durch einen Verrat aus den Mysterienschulen in die Welt getreten Daher kommt es, daß man viele Symbole, die man in der Freimaurerei findet, auch hier an­trifft.1)


Die Einrichtung der Loge oder des Tempels ist nur für die beiden ersten Grade genau überliefert, dürfte aber auch, mindestens für den dritten Grad, in der Hauptsache gleich gewesen sein: schwarz verhangene Wände, die in der Schlußhandlung, beim rosenkreuzerischen Schluß, in leuchtend rote verwandelt wurden.2) Auf der Ostwand fand sich in einem blauen Stoffviereck eine strahlende Sonne mit einem Dreieck in der Mitte. An der Decke war eine Lampe, an der sich im zweiten Grad ein aus vergoldetem Karton oder Blech gefertigter Buchstabe «G» befand.3) Den Boden bedeckte ein Teppich in schwarzweißem Schachbrettmuster. An den Grenzen des großen Teppichs standen drei Altäre: im Osten der Altar der Weisheit (Meister), im Süden der Altar der Schönheit (2. Aufseher), im Westen der Altar der Stärke (1. Aufseher).4) Jeder Altardiener trug einen Heroldstab, vermutlich wie in den Mysteriendramen. Neben jedem Altar stand ein großer Leuchter. Auf der Vorderseite eines jeden Altares war ein Senkblei aus vergoldetem Blech angebracht. Ferner gehörte zu jedem Altar ein Kerzenlicht, Zündhölzer, eine Lichtschere, ein Kerzenlöscher, sowie ein Hammer und eine Kelle. Zum Altar des Ostens gehörte ein Kelch, das sogenannte «Allerheiligste»; zum Altar des Südens ein Rauchfaß mit Schale und ein Winkel; zum Altar des Westens zwei Zirkel, ein Zollstab und ein Totenkopf.

Beim Altar des Ostens stand ein Kreuz mit einem Dornenkranz, der in der Schlußhandlung, beim rosenkreuzerischen Schluß, gegen einen Kranz roter Rosen ausgewechselt wurde. In der Nähe stand ein etwas klei­nerer Altar mit einer beim 13. Kapitel des Johannes-Evangeliums aufgeschlagenen

1) Instruktionsstunde Berlin 16. Dezember 1911, vgl. S.93.

2) Die Verwandlung von schwarz in rot hatte Rudolf Steiner auch für die von ihm und Marie Steiner inszenierte «Osternacht» aus Goethes «Faust» angegeben.

3) Überliefert ist, daß dem »G» verschiedene Bedeutungen, wie z.B. «Gnosis» oder »Geome­trie» zukamen.

4) Am Altar des Ostens walteten immer Rudolf Steiner und Marie von Sivers zusammen, während an den anderen Altären die Besetzungen wechselten.


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Bibel, auf der ein aus vergoldetem Blech gefertigtes Dreieck und eine Kelle lagen, die ineinandersteckten. An diesem Altar mußte anfänglich geschworen werden, die Tempelgeheininisse nicht zu verraten. Es ent­sprach dies einer uralten Tradition in okkulten Zusammenhängen.1)

Nachdem auch hier an das Alte angeknüpft war, wurde später, wie durch Teilnehmer überliefert worden ist, davon abgegangen. Für Rudolf Steiner sollte der Mensch der modernen Zeit auch im esoterischen Leben mehr und mehr auf seine moralische Eigenverantwortung gestellt werden.

Im Norden, außerhalb des großen Teppichs, standen die beiden Rundsäulen Jakin und Boas, auch Säulen des Herkules genannt. Die linke (Jakin) war ziegelrot; obenauf lag ein behauener würfelförmiger Stein (blau). Die rechte (Boas) war dunkelblau; obenauf lag ein unbehauener Stein (rot). Zwischen den beiden Säulen lag die in der Skizze von Elisabeth Vreede als «kleiner Teppich» bezeichnete Symboltafel, wie sie auch in den allgemei­nen Freimaurerlogen (sog. Tapis, Tableau) gebraucht wird. Die Teilneh­mer hatten ihren Platz auf der Nord- und der Südseite des Logenraumes.

Im dritten Grad figurierte ebenso wie in bestimmten Tempelszenen in den Mysteriendramen ein vierter Altar im Norden; ferner ein Sarg.

Die Skizzen für die Einrichtung des ersten und zweiten Grades, sowie die Detailskizzen und die Erläuterungen, stammen von der Holländerin Elisabeth Vreede.

Zur Bekleidung

Dafür liegen keine authentischen Angaben vor. Überliefert ist, daß das Schurzfell (Maurerschurz, Lammfell) getragen wurde, und daß Rudolf Steiner eine Alba (das lange weiße Priestergewand) trug, über das ihm beim Wechsel der Raumfarbe von schwarz in rot ein roter Mantel umge­legt wurde.

Über die symbolische Bedeutung solcher Kleider siehe die Ausführun­gen im Arbeitervortrag vom 4. Juni 1924, wiedergegeben auf Seite 272 unter «Zeichen, Griff und Wort».

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1) Vgl. hierzu auf Seite 245.


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Zu den Ritualien

Alles, was an «Handlungen» inhaltlich dargestellt wurde, war ohne historische Anlehnung an ir­gendeine Tradition. Im Besitz der formellen Diplomierung wurde nur solches gepflegt, das sich als die Verbildlichung der anthroposophischen Erkenntnis ergab.1)

Alles, was an Ritualtexten vorliegt, ist im zweiten Teil dieses Bandes zu­sammengefaßt. Überliefert ist, daß es darüber hinaus noch die eine oder an­dere kleinere rituelle Handlung gegeben habe: zum Beispiel im vierten Grad die sogenannte Feuertaufe. Vor einer brennenden Schwefelfiamme wurde dem Betreffenden derjenige Name gegeben, der ihm in der geistigen Welt zukommt2); ganz vereinzelt soll es auch Trauungen gegeben haben. Doch liegen für diese kleinen Zeremonien keine Texte vor. Vermutlich hat es dafür gar keine gegeben, bzw. war kein Ritualtext notwendig.

In ihrer vollen Gesamtheit lassen sich die Ritualien nicht mehr rekon­struieren, insofern sie nicht nur vom Wortlaut, sondern ebenso wesentlich von den Handlungen, den Geräten, der Bekleidung und so weiter be­stimmt wurden. Gerade davon aber liegen nicht genügend authentische Angaben vor.

Zu Beginn des Jahres 1913, nachdem im Zusammenhang mit der Tren­nung von der Theosophischen Gesellschaft und der Gründung der selb­ständigen Anthroposophischen Gesellschaft einige Mitglieder den erkennt­niskultischen Arbeitskreis verlassen und offenbar daraus einiges verraten hatten, kündigte Rudolf Steiner an, daß es dadurch notwendig geworden sei, die Ritualien zu ändern. In den Notizen von der Instruktionsstunde für alle Grade in Berlin am 8. Februar 1913 heißt es: «Durch diesen Verrat ist es notwendig geworden, unser Ritual zu ändern und so umzuwandeln, daß während die Bedeutung im wesentlichen dieselbe bleibt die Rituale doch anders lauten werden als früher, so daß sie nicht mit denen der ande­ren zusammenklingen werden.» Ein anderer Teilnehmer hat die Äußerung so notiert: «Wir haben von denen gesprochen, die abgefallen sind. Damit sie nicht hereinspielen mit ihren Gedanken in unsere Arbeit hier, ist es notwendig, das Ritual zu ändern.» Für diese angekündigte Änderung liegt keine

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1) «Mein Lebensgang», siehe Seite 95f. des vorliegenden Bandes.

2) Eine Taufzeremonie mit Wasser gab es im ersten Grad, siehe Seite 208 ff. des vorliegenden Bandes.


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Originalunterlage vor. Durch einen Teilnehmer ist jedoch überliefert, inwiefern die an den drei Altären gesprochenen Worte eine gewisse Ände­rung erfahren haben (vgl. Seite 170).

Rituelle Veranstaltungen fanden nur an solchen Orten statt, in denen entsprechende Räume zur Verfügung standen, wie in den anthroposophi­schen Zentren Berlin, Hannover, Köln, München, Stuttgart u.a., aber auch in anderen Ländern.1)


Zu den Erläuterungen des Erkenntniskultes

und der Einrichtungssymbolik

Die Theosophie ist die innere Wahrheit dieser Zere­monien, sie sagt, was diese Zeremonien zeigen, sie hat den Geist dieser Zeichen und Abbilder.2)


Die Instruktions- oder Lehrstunden, in denen die Ritualien und Einrich­tungssymbolik erläutert und allgemeine geisteswissenschaftliche For­schungsergebnisse vorgetragen wurden, lagen zwischen dem rituellen Beginn und dem rituellen Schluß einer Versammlung. Es gab aber auch Instruktionsstunden ohne Ritual; mehrheitlich für einen Grad, manchmal für mehrere, manchmal auch für alle Grade zusammen.

Da während solcher Stunden nicht mitgeschrieben werden durfte, ist zu berücksichtigen, daß alle überlieferten Aufzeichnungen hinterher aus dem Gedächtnis gemacht wurden und dementsprechend fragmentarisch oder auch nur stichwortartig sind und stilistisch, sowie unter Umständen auch inhaltlich, Rudolf Steiner keineswegs immer gerecht werden.

In die vorliegende Dokumentation wurden nur alle diejenigen Notizen aufgenommen, die sich unmittelbar auf den Erkenntniskult, die Einrich­tungssymbolik, sowie die Tempellegende und die Goldene Legende bezie­hen. Da sich diese Angaben weit zerstreut finden, wurden sie zur besseren Übersicht ausgezogen und den jeweils in Frage kommenden Sachbegriffen zugeordnet. In einigen Fällen, wo keine Erläuterungen aus Instruktionsstunden

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1) Aus Unterlagen im Archiv der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung geht hervor, daß es Übersetzungen der Ritualtexte Rudolf Steiners (mindestens teilweise) in Englisch und Französisch gegeben haben muß.

2) Aus Notizen Marie Steiners vom Vortrag Bremen, 9. April 1906.


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vorliegen, wurden Darstellungen aus allgemeinen später gehal­tenen Vorträgen einbezogen.1) Nicht aufgenommen wurden dagegen die Notizen von allgemeinen geisteswissenschaftlichen Darstellungen, da sich diese größtenteils in besserer Wiedergabe, weil auf stenographischen Mitschriften beruhend, in demjenigen Teil des Vortragswerkes finden, der bereits in der Gesamtausgabe gedruckt vorliegt.

Zur Tempellegende und zur Goldenen Legende

wie sie innerhalb der Ritualien figurierten

Die Hiram-Natur ist in uns allen; wir müssen sie in uns zur Auferstehung bringen.2)

Legenden als bildhafte Gestaltungen esoterischer Wahrheiten spielen in allen Geheimlehren eine große Rolle, da solche Bilder eine Unsumme von Vorstellungen zusammenfassen und nicht nur auf den Intellekt, sondern auch auf die Empfindungen des Menschen wirken. In diesem Sinne kam den beiden Legenden eine große Bedeutung zu, weil ihre Bilder das als vor­bildlich geltende Vordringen der Hiram4ndividualität auf dem okkulten Pfade wiedergeben.

Die Tempellegende von der es einmal heißt, wer sie aufnimmt, nimmt etwas auf, «was sein Denken in einer gewissen Weise gesetzmäßig formt und auf das gesetzmäßige Denken kommt es an»3) figurierte zweifach. Der die Menschheitsevolution symbolisch deutende Teil wurde bei der Aufnahme in den ersten Grad als Meditationsstoff vermittelt; der auf Hirams Tod und Auferstehung sich beziehende Schluß der Legende bildete einen Teil des Erhebungsrituals in den dritten Grad. Die Legende wurde in Instruktionsstunden immer wieder behandelt. Die überlieferten Aufzeich­nungen sind in dem Abschnitt «Erläuterungen zur Tempellegende» zusam­mengefaßt. Die darin enthaltenen Angaben über Wiederverkörperungen von Hiram Abiff bedürfen einer Ergänzung, da sie nur einen Teil dessen bilden, was man Rudolf Steiners Hiramforschung auf dem Gebiete der

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1) Nachweise zur Symbolik aus der Kulturgeschichte finden sich bei Joseph Schauberg a.a. O.

2) Siehe den Abschnitt «Erläuterungen zur Tempellegende».

3) Berlin, 15. Mai 1905.


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Reinkarnation nennen kann. Diese Ergänzung ist dem Abschnitt «Erläute­rungen zur Tempellegende» als Anhang beigefügt.

Die Goldene Legende in einer der überlieferten Erläuterungen als «zweite» Meisterlegende bezeichnet figurierte symbolisch durch die bei­den Rundsäulen Jakin und Boas. Der Text dieser Legende und die dazu überlieferten Erläuterungen finden sich darum in dem Abschnitt «Erläuterungen zur Einrichtungssymbolik».


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Vorbereitung zur Aufnahme

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Vorbereitungsstunde

I


Ohne Orts- und Datumangabe, vermutlich München 19061)

Theosophisches Wissen ist erst seit ein paar Jahrzehnten allen Men­schen zugänglich, aber solange die Menschen denken und nach dem Höchsten streben, auf die Urwelt, das Ziel des Lebens bezügliche Fragen gestellt haben, so lange gibt es eine Theosophie. Aber nicht lmmer ist Theosophie so wie seit etwa 30 Jahren vor die Welt ge­bracht worden. Früher wurde sie in intimen kleinen Kreisen vorge­bracht. Es gab immer kleine Kreise von Eingeweihten, okkulte oder geheime Brüderschaften, deren Mitglieder viel mehr wußten, als öffentlich mitgeteilt werden konnte. Die Völker, die Menschheit im ganzen, sollten nur die Früchte des Wissens der Eingeweihten erhal­ten. Die Welt erkannte sie nicht als solche, sie erkannte nur die Wir­kungen. Man wußte nur, der und der ist ein Tischler, jener ein Schlosser, ein anderer vielleicht ein höherer Staatsbeamter. Solche Leute können in der Welt Taten verrichten von solcher Art, wovon die Außenwelt nichts merkt. Ein Wort von diesen Eingeweihten hatte innerlich viel mehr Bedeutung als die Welt ahnen konnte.

Was die Welt die geschichtlichen Größen nennt, waren nicht die allergrößten. Diese lebten zurückgezogen. Ein solcher okkulter Ein­geweihter hatte im 18. Jahrhundert eine flüchtige Bekanntschaft zum Beispiel mit Rousseau. Die Worte, die jener sprach, faßte dieser als nichts Besonderes auf, aber sie wirkten okkult. Wenn Rousseau ein Licht dadurch aufging, so verbreitete er es in Büchern; er selbst war nicht eingeweiht, sondern der Eingeweihte stand hinter ihm.

Ein anderes Beispiel: Wie kam Jakob Böhme, der arme Schuster, zu so erstaunlichem Wissen? In seiner Biographie lesen die Leute über manches Wichtige hinweg. Es steht darin folgende kleine Geschichte.

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1) Vgl. hierzu Vortrag Berlin, 8. Oktober 1906


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Der kleine Jakob stand als Lehrjunge in dem Laden seines Meisters, seines Lehrherrn, der gerade abwesend war. Es war ihm verboten worden, etwas zu verkaufen, er sollte nur den Laden hüten. Eine faszinierende Persönlichkeit, die mächtig auf den Kleinen wirk­te, trat herein und sprach nur wenige Worte. Nach ihrem Weggang hörte Jakob vor dem Laden dreimal seinen Namen rufen: Jakob, du bist zwar heute klein, du wirst einst groß werden. Merke dir das. Dies blieb unauslöschlich in Böhmes Erinnerung.

Hie und da hat jemand mit einem Staatsmann gesprochen; die Worte, die anscheinend unbedeutend waren, übten Zaubergewalt. Es kommt auf die richtigen Worte an. Das sind Mittel, wodurch die Eingeweihten gewirkt haben. Sie mußten den Gedanken, den Im­puls geben. Zum Beispiel: Jemand hatte einen Brief bekommen, der ein Bittgesuch enthielt. Diese Person war besonders dazu bestimmt etwas auszuführen; sie mußte den Impuls dazu bekommen. Verstand sie zu lesen, so konnte sie Merkwürdiges in dem Briefe finden, in dem anscheinend nichts Besonderes stand. Man mußte vier Worte auslassen, je im fünften steckte der tiefere Sinn. Dies waren die Worte, die wirken konnten.

Heute muß man andere Wege finden. Im Augenblick, wo das ver­raten worden wäre, verloren die Worte ihren Wert. Dies waren kleine elementare Dinge der Geheimnisse.

Ein deutscher Gelehrter, der eingeweiht war, war Tritheim von Sponheim, der Lehrer von Agrippa von Nettesheim. In seinen Wer­ken findet man Theosophie, wenn man gewisse Worte vorn und hin­ten im Satz ausläßt. Das war notwendig, weil nur Einzelne bei ganz genügender Vorbereitung eingeweiht werden durften. Das Wissen soll nicht Wißbegierde sein, sondern in Tat umgesetzt werden.

Theosophie ist dazu da, praktisch in der Welt vorzugehen, in das Staats- und Gesellschaftswesen einzudringen. Der Einzuweihende mußte sich harten Proben unterwerfen, ob er würdig war, einge­weiht zu werden. Nur wer die Proben bestand, wurde stufenweise eingeweiht. Von dieser Methode ist in neuerer Zeit abgegangen wor­den. Man lehrt die Elementarlehren jetzt öffentlich. Diese sind nur der Anfang der tiefen Weisheit. Immer mehr wird der Welt, dem


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größeren Publikum, von der göttlichen Weisheit gegeben werden. Theosophische Weisheit ist uraltes Wissen, die Art der Vorbereitung allein ist neu.

Was wir hören werden, ist das gemeinsame Wissensgut aller, die nicht durch Spekulationen, Hypothesen, sondern durch Tatsachen sich ein Bild von dem machten, was in der geistigen Welt vorgeht.

Vom Geiste stammt alles Wissen. Früher war die Religion das wirksamste Mittel. Die Religionen spendeten seit tausenden von Jahren die Weisheit und das Wissen. Jetzt wollen zahlreiche Men­schen wissen. Durch Wissen, nicht durch Glauben, wollen wir hinansteigen. Heute ist ein Zwiespalt zwischen Wissenschaft und Religion, Wissen und Glauben. Die eigentliche Ursache, warum Theosophie notwendig wurde, ist die Buchdruckerkunst. Mit dem Populärwerden des sinnlichen Wissens kam jener Zwiespalt. Hier setzten die Eingeweihten ein und überbrückten die Kluft.


II


Köln, 7. Mai 1912


Wer sich mit der geistigen Welt nicht verbindet, gleicht einem Nachtwandler, der ohne Bewußtsein, vermittels höherer (unterbe­wußter) Kräfte im Schlaf allerlei ausführt. Da sind zwei Freunde, der eine fühlt sich immer frisch und stark, des Morgens zur Arbeit kräf­tig, der andere meistens matt und abgespannt. Eines Tages sagt der Starke zum Schwachen: Es ist kein Wunder, daß du morgens dich elend fühlst, denn du gehst nachts immer heraus und arbeitest meh­rere Stunden an deinem Schreibtisch. Und richtig, sie fanden beim Nachsehen die Aufgabe, die der Schwache zu lösen hatte, auf dem Schreibtisch ausgearbeitet liegen.

Im Unterbewußtsein wurde der Mensch von höheren Kräften geleitet, das zu tun, wozu er sich im wachen Leben zu schwach fühlte.


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Etwas ähnliches leisteten die religiösen Bekenntnisse für die Menschheit. Ohne daß es ihr zum Bewußtsein kam, wurde sie durch führende Mächte in die spirituellen Welten und zu spirituellen Er­kenntnissen geführt. Freilich, das wurde nicht erzielt, was in viel früherer Zeit der Fall war, daß das Alltäglichste gewissermaßen spiri­tuell geweiht war. Kein Stein wurde ohne einen gewissen Rhythmus bearbeitet, Schlag auf Schlag, und dieser Rhythmus wurde als ein Widerhall der Sphärenmusik der höheren Welten empfunden.

Davon gibt es heutzutage nur mehr kümmerliche Überreste, zum Beispiel wenn auf dem Lande das Korn im Rhythmus gedroschen wird. Es kommt bei all diesen Dingen auf die Auffassung an. Neh­men wir zum Beispiel Kinder, die sich freuen auf das Christfest. Man hat ihnen gesagt: nachts komme heimlich der Weihnachtsengel oder Weihnachtsmann und lege die Bescherungsgegenstände auf den Platz. Da stellt sich das Kind, von einem materialistischen Stachel angetrieben, schlafend und erspäht, wie die Eltern auf dem physi­schen Plan lebende Personen die Sachen hinlegen. Sein Glaube an höhere spirituelle Wesenheiten ist zerstört. Man kann die Sache aber auch vom Standpunkte der Eltern aus betrachten. Diese können sich fühlen als Mittler, durch die höhere Mächte den Kindern die Gaben und Wohltaten zufließen lassen.

Heutzutage ist eben die Welt entgöttert, und es ist schwer, von göttlicher Leitung und Regierung der Welt zu reden, man denke an die, die die «Titanic» erbaut und gefahren haben.1)

Nun waren aber die höheren Mächte immer auch auf dem physi­schen Plane tätig, um ins menschliche Leben spirituelle Kräfte ein­fließen zu lassen, vor allem in den Mysterien. Man könnte da bis in die Atlantis zurückgehen; aber reden wir einmal von den nachatlan­tischen Mysterien. Da wurden Schüler herangezogen, damit man sie nach und nach einführe in die Geheimnisse des Weltalls und der Menschheitsentwickelung. Die Schüler wurden da so bearbeitet, daß

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1) Der englische Schnelldampfer «Titanic» war kurz vor dieser Ansprache am 15. April 1912, auf seiner Jungfernfahrt, nach der Kollision mit einem Eisberg im Nordatlantik mit unge­fähr 1500 Menschen untergegangen. Man war von der absoluten Sicherheit des Schiffes so überzeugt, daß man die Eisbergwarnungen nicht beachtete. Vgl. Walter Lord «Die Titanic­-Katastrophe», München 1977.


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Furcht und Schrecken auf sie einstürmten. Die einen wurden dadurch frei, mutig und stark und erlangten schon in dieser Inkarna­tion die Verbindung mit der übersinnlichen Welt, die andern aber, die es überwältigte, und die sich als zu schwach erwiesen, die fühlten:

Du bist jetzt noch zu schwach, um aufzusteigen in die übersinnlichen Welten, aber du wirst doch, wenn du durch die Pforte des Todes schreitest, einen Gewinn haben von jenem Versuch, in die höheren Welten zu gelangen. Später haben dann so große Eingeweihte wie Ormus und Markus, der Schreiber des Markus-Evangeliums, die Früchte des Christus-Impulses in Mysterien der Menschheit vermit­telt; dann die Kuldeer-Mönche, die in die gotischen Dome die spiri­tuellen Weistümer hineingeheimnißten.1) Und immer wieder gab es okkulte Bruderschaften, die unter allerlei Decknamen auf dem phy­sischen Plan die Menschen in die höheren Welten hineinführten. So zum Beispiel die Artus-Bruderschaft, der Parzival angehörte und die später unter dem Namen der Rosenkreuzer-Bruderschaft wirkte.

Die Artus-Tafelrunde repräsentierte die jugendlichen Naturkräf­te, die dann in der Grals-Bruderschaft die Umwandlung in bewußte Geisteskräfte vollzog. Hier haben wir die Verbindung der alten ok­kulten Weisheit mit der neuen christlichen. Denn die Sage berichtet, daß dem Luzifer ein Stein aus der Krone gefallen sei beim Sturz aus dem Himmel und daß dieser Stein umgearbeitet wurde in den Grals­kelch, die heilig-edle Schale, in der das Christusblut von Golgatha aufgefangen wurde.2)

Der Mensch, der reif war, kam durch Führung höherer Mächte, so wie Parzival, zu der entscheidenden Frage, die ihm die Pforte zur Initiation öffnete.

Heute ist ein großer Widerstand gerade seitens frommer, christli­cher Kreise, die mit Hilfe des Christus-Impulses einen Aufstieg in die höheren Welten suchen, gegen solche okkulte Bruderschaften. Wie gegen den leibhaftigen Satan wehrt man sich dagegen, weil man

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1) Kuldeer = altirische Asketen, seit dem 8. Jalarhundert in geistlichen Genossenschaften, denen großer Einfluß auf die Freimaurerei, die Baukunst und Gebräuche zugeschrieben wird. Siehe Joseph Schauberg a.a.O., Bd. I, S. 503.

2) Über den Zusammenhang der Hochgradmaurerei mit der Sage vom heiligen Gral siehe Vortrag Berlin, 2. Januar 1906.


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sagt, dadurch verliere man den Christus. Hierin liegt nicht bloß böser Wille oder prinzipielle Abneigung gegen das Okkulte, son­dern die dumpf gefühlte, durchaus richtige Erkenntnis, daß nur der den Christus findet in den höheren Welten, der ihn als Erinnerung vom physischen Plan her mit hinaufbringt. Denn nur hier kann der Christus ergriffen werden, und es ist ganz richtig, daß solche, die ungefestigt ohne eine Ahnung und Erkenntnis des Christus die höheren Welten betreten, sich dort verirren können.

In unserer okkulten Bruderschaft ist, wie in allen, eine Hierarchie statt der Demokratie, da nicht eine Volksabstimmung entscheiden kann, was Wahrheit ist, sondern hierüber nur solche befinden kön­nen, denen durch spirituelle Mächte die einzig richtige Erkenntnis geschenkt ist. Es wird eine Vergöttlichung der Arbeit und des Lebens, Weisheitslicht und Liebeswärme gewonnen und jeder erkennt im anderen als dem gleichstrebenden Bruder den göttlichen Wesenskern.

In den drei unteren Graden wird symbolisch all das erlebt, was an Erkenntnis der Welt der höheren Wesenheiten und Kräfte errungen werden kann. In den sechs höheren macht man dann intimere Bekanntschaft mit den okkulten Kräften selbst.

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Versprechensformel

Zwei handschriftliche Vorlagen Rudolf Steiners

aus Notizbuch Archivnummer 611


I

Ich versuche mir verständlich zu machen, wie ich im Misraim­-löä#löä#

ßDienste meines Seibstes Entwickelung finden und mich dem ehr­fürchtiges Schweigen fordernden heiligen Geheimnis nähern kann. Versuchen will ich durch Sorge für das symbolische Sanktuarium meinen Mitmenschen die Pflege dieser Entwickelung zu eröffnen


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und durch Wahrung des Sinnes der Wahrheitgrade die innere Natur des menschlichen Weisheitsgutes zu verstehen.

Versuchen will ich mein Selbst zu bewahren vor allen Einflüssen, die seine vollbewußte Freiheit herabmindern und ihm durch Hyp­nose, Suggestion etc. auf irgendeiner Lebensstufe die innere Lichtkraft und Selbstbestimmung rauben.

Es kann eine Seele nur Ziel und Bestimmung im Reich der Dauer, Richtung und Wachstum im Reich der Zeit finden: die solches versucht.

Ich vernehme, daß solches als Lehre verkündet wird derer, die ich nennen höre die Wissenden, die den Schlüssel haben sollen zu verborgenen Geheimnissen.


II

Ich geboren zu wohnhaft in gelobe und verspre­che hiemit die Regeln des echten und wahren Misraim Dienstes getreulich zu halten und zu befolgen; das heilige Geheimnis streng zu wahren, nach Kräften für die Erhaltung des Sanktuariums zu sorgen und einzutreten und den Generalgroßmeister als oberste Entschei­dungs-Instanz in allen Misraim-Angelegenheiten rückhaltlos anzuer­kennen. Ich gelobe und verspreche ferner, daß ich mich nicht durch Hypnose, Suggestion usw. in einen unfreien Zustand versetzen las­sen werde, so daß alles, was im Leben je auf mich wirken wird, mich in dem Zustande des Wachens antreffen werde, auf daß durch mich niemals die Geheimnisse des großen Dienstes an Außenstehende verraten werden können.

Sollte ich dieses mein feierliches Gelöbnis jemals brechen, so möge meine Seele ruhelos wandern ohne Ziel und Bestimmung im Raume, möge sie richtungslos sein in der unermeßlichen Zeit.

Dieses gelobe ich bei den weisen Meistern des Ostens, die ihr Auge heften mögen auf meine Taten.


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Ritualtexte

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Ritualtext für die Logeneröffnung 1)

Text nach Originalhandschrift Rudolf Steiners

Notizbuch Archivnummer 611,

ergänzt um einige wenige Angaben zum Ritualverlauf aus Teilnehmeraufzeich­nungen

Meister (zur Rechten des Altars im Osten):
Was ist des Maurers erste Pflicht in der Loge?
Administrant (zur Linken des Altars im Osten):
Zu sehen, ob die Loge gedeckt ist.

(Es ist nachzusehen, ob die Loge gedeckt ist, d.h. keine Profanen an der Pforte der Loge sich befinden oder Brü­der und Schwestern anderer Grade und ob die Türen sorgfältig verschlossen sind.)

Die Loge ist gedeckt.

Meister: Wenn die Loge in vorschriftsmäßiger Weise gedeckt ist, kann unsere Arbeit beginnen.
Meister: Hammerschlag (dreimal):

Weisheit leite unsern Bau (Licht anzündend)

Meister: Bruder (Schwester) 2. Aufseher, dein ständiger Platz der Loge?
1. Aufseher (Westen):
Hammerschlag (dreimal):

Schönheit ziere ihn (Licht anzündend)

Meister: Bruder (Schwester) 2. Aufseher, dein ständiger Platz der Loge?
Antwort: Im Süden.

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1) Dieser Wortlaut galt gleichermaßen für den ersten, zweiten und dritten Grad, mit geringen für den jeweiligen Grad geltenden Abweichungen


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Meister: Warum bist du dort untergebracht?
Antwort: Um die Sonne im Meridian zu sein und die Schwestern und Brüder zur Arbeit zu rufen, auf daß der Tempel gebaut werde.
Meister: Bruder (Schwester) 1. Aufseher, dein ständiger Platz in der Loge?
Antwort: Im Westen.
Meister: Warum bist du dort untergebracht?
Antwort: Um die Sonne im Untergang zu sein und die Schwestern und Brüder nach getaner Arbeit dem profanen Leben wieder zu geben, nachdem sie in der Loge Kraft und Stär­ke für die äußere Arbeit erhalten haben.
Meister: Wo ist des Meisters Platz in der Loge?
Administrant:
Im Osten
Meister: Warum ist der Meister dort untergebracht?
Administrant:
Wie die Sonne im Osten aufgeht, um den Tag zu erhel­len und zu beleben, so hat der verehrungswürdige Mei­ster die Arbeit im Innern der Loge mit Licht und Leben zu erfüllen.

Zu den andern sprechend:

Der verehrungswürdige Meister wird das Gebet spre­chen, das den Sinn der Brüderschaft euch ans Herz legt, erhebet euch und höret es an im Zeichen Grades:

Meister: Brüder der Vorzeit, euer Schaffen werde unsere Weisheit; wir nehmen Zirkel und Richtmaß aus euren Händen. Eure getane Arbeit sei Kraft unserer Seele, sei Kraft unse­rer Hände.

Brüder der Gegenwart, so ihr weiser seid als wir, lasset leuchten eure Weisheit in unsere Seelen, auf daß wir Offenbarer werden eurer Gottesgedanken.


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Brüder der Zukunft, so ihr des Baues Plan in eurem Wil­len traget, ströme eure Stärke in unsere Glieder, auf daß wir Leib werden den großen Seelen.
Meister: Hammerschlag
Der zur Linken (Administrant):
Aufgabe ist es mir in Ordnung des Misraim-Dienstes, euch meine Schwestern und Brüder, zur Aufmerksamkeit zu mahnen auf den Schlag des heiligen T (Tau)-Zeichens. In bedeutungsvoller Stunde erhieltet ihr, mit der Binde vor den Augen, seinen heiligen Sinn. Daraus wißt ihr, daß es euch sagt, wie in eueres Wesens Innerstem der er­habene Gottesname klingt. Der Welten hehre Mysterien schließt des T's Ton ein. Was euch vom Osten als Lehre werden soll, wird die Kraft des T's in Eurem Innern befe­stigen. Was als Geisteswort im T euch gegeben wird, soll Wesen werden eures eigenen Wesens.

Ans Herz wird euch der Weg des heiligen T vom Altar des Ostens aus gelegt werden: schreibt euch ein das Wort, das dann zu euch gesprochen wird.

Meister: T-schlag
2. Aufseher (Süden):
Aufgabe ist es mir in Ordnung des Misraim-Dienstes, euch meine Schwestern und Brüder, zur Arbeit zu rufen. Was der Arbeiter am Tempelbau der Menschheit die «Schönheit» nennt, möge inspirieren meinen Auftrag . Arbeit leisten sollt ihr an dem Bau, der in Herzen seine Steine, in wohlabgemessenen Gedanken seine Verbin­dungsglieder und in der Kraft des Willens seinen Kitt er­blickt. Schauet in die Welt, die euere Herzen belebt; de­ren Weisheit eure Gedanken schult; deren Samenkräfte euren Willen nähren. Ein schöner Ausdruck verborge­ner Geisteswesen ist alles das. Nehmet auf in euer Inneres die Kräfte dieser Wesen und es wird als «Schönheit» nach außen fließen, was euch im Innern lebt.


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Ans Herz wird euch der Weg zu dieser Schönheit vom Altar des Ostens [aus] gelegt werden: schreibt euch ein das Wort, das dann zu euch gesprochen wird.
Meister: T-schlag
1. Aufseher (Westen):
Aufgabe ist es mir in Ordnung des Misraim-Dienstes, euch meine Schwestern und Brüder, von der Arbeit zu entlas­sen. Was der Arbeiter am Tempelbau der Menschheit die «Stärke» nennt, moge inspirieren meinen Auftrag. Die ge­lernte Arbeit sollt ihr wirken lassen, wenn ihr zum Außenleben verläßt die Pforte dieses Tempels; aus euren Herzen soll fließen in die andere Menschheit, was Herzen formen kann zu Bausteinen des großen Tempels; aus euren Gedan­ken soll wirken, was Bindeglieder schaffen kann diesem Bau; aus eurem Willen soll sich ergießen, was Kitt sein kann für die Steine dieses Tempels. Tuet nur, was aus Echtheit eures Herzens kommt, wozu die Sorgfalt eurer Gedanken euch führt" wozu die Kraft eueres Willens ihr gestählt habt. Ihr selbst werdet Abbild eures Urbildes dadurch; und die Stärke wird von euch kommen, welche die Welt gestaltet. Ans Herz wird euch der Weg zu dieser Stärke vom Altar des Ostens [aus] gelegt werden. Schreibt euch ein das Wort, das dann zu euch gesprochen wird.
Administrant (Osten):
Lerne schweigen und dir wird die Macht.
2. Aufseher (Süden):
Begib dich der Macht und dir wird das Wollen.
1. Aufseher (Westen):
Begib dich des Wollens und dir wird das Fühlen.
Meister: Begib dich des Fühlens und dir wird Erkenntnis.
Instruktion (Tempellegende)1)

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1) Gegebenenfalls folgte anstelle der Instruktion das Ritual für die Aufnahme in den 1.° oder für die Beförderung in den 2.° oder für die Erhebung in den 3.°.


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Ritualtext für die Logenschließung1)

Die Loge wird dreifach geschlossen:

1. Mit dem maurerischen Schluß (gleicher Wortlaut mit den entsprechend notwen­digen Abänderungen wie bei der Logeneröffnung).

2. Mit dem magischen (lateinischen) Schluß.

3. Mit dem rosenkreuzerischen Schluß.

Meister: Hammerschlag (dreimal):

Weisheit leite unser Bau (Licht löschend)

2. Aufseher (Süden):
Hammerschlag (dreimal):

Schönheit ziere ihn (Licht löschend)

1. Aufseher (Westen):
Hammerschlag (dreimal):

Stärke führe ihn aus (Licht löschend)

Meister: Bruder (Schwester) 2. Aufseher, dein ständiger Platz in der Loge?
Antwort: Im Süden.
Meister: Warum bist du dort untergebracht?
Antwort Um die Sonne im Meridian zu sein und die Schwestern und Brüder zur Arbeit zu rufen, auf daß der Tempel ge­baut werde.
Meister: Bruder (Schwester) 1. Aufseher, dein ständiger Platz in der Loge?
Antwort: Im Westen.
Meister: Warum bist du dort untergebracht?
Antwort: Um die Sonne im Untergang zu sein und die Schwestern und Brüder nach getaner Arbeit dem profanen Leben wieder zu geben, nachdem sie in der Loge Kraft und Stärke für die äußere Arbeit erhalten haben.

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1) Gilt gleichermaßen für den ersten, zweiten und dritten Grad.


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Meister: Wo ist des Meisters Platz in der Loge?
Administrant:
Im Osten.
Meister: Warum ist der Meister dort untergebracht?
Administrant:
Wie die Sonne im Osten aufgeht, um den Tag zu erhellen und zu beleben, so hat der verehrungswürdige Meister die Arbeit im Innern der Loge mit Licht und Leben zu erfüllen.

Zu den andern sprechend:

Der verehrungswürdige Meister wird das Gebet spre­chen, das den Sinn der Brüderschaft euch ans Herz legt, erhebet euch und höret es an im Zeichen Grades:

Meister: Brüder der Vorzeit, euer Schaffen werde unsere Weisheit; wir nehmen Zirkel und Richtmaß aus euren Händen. Eure getane Arbeit sei Kraft unserer Seele, sei Kraft unse­rer Hände.

Brüder der Gegenwart, so ihr weiser seid als wir, lasset leuchten eure Weisheit in unsere Seelen, auf daß wir Offenbarer werden eurer Gottesgedanken.

Brüder der Zukunft, so ihr des Baues Plan in eurem Wil­len traget, ströme eure Stärke in unsere Glieder, auf daß wir Leib werden den großen Seelen.

Meister: Hammerschlag
Der zur Linken (Administrant):
Aufgabe ist es mir in Ordnung des Misraim-Dienstes, euch meine Schwestern und Brüder, zur Aufmerksamkeit zu mahnen auf den Schlag des heiligen T (Tau)-Zeichens. In bedeutungsvoller Stunde erhieltet ihr, mit der Binde vor den Augen, seinen heiligen Sinn. Daraus wißt ihr, daß es euch sagt, wie in eueres Wesens Innerstem der er­habene Gottesname klingt. Der Welten hehre Mysterien schließt des T's Ton ein. Was euch vom Osten als Lehre


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werden soll, wird die Kraft des T's in Eurem Innern befe­stigen. Was als Geisteswort im T euch gegeben wird, soll Wesen werden eures eigenen Wesens.

Ans Herz ist euch der Weg des heiligen T vom Altar des Ostens aus gelegt worden: schreibt euch ein das Wort, das zu euch gesprochen worden ist.

Meister: T-schlag
2. Aufseher (Süden):
Aufgabe ist es mir in Ordnung des Misraim-Dienstes, euch meine Schwestern und Brüder, zur Arbeit zu rufen. Was der Arbeiter am Tempelbau der Menschheit die «Schönheit» nennt, möge inspirieren meinen Auftrag. Arbeit leisten sollt ihr an dem Bau, der in Herzen seine Steine, in wohlabgemessenen Gedanken seine Verbin­dungsglieder und in der Kraft des Willens seinen Kitt er­blickt. Schauet in die Welt, die euere Herzen belebt; de­ren Weisheit eure Gedanken schult; deren Samenkräfte euren Willen nähren. Ein schöner Ausdruck verborgener Geisteswesen ist alles das. Nehmet auf in euer Inneres die Kräfte dieser Wesen und es wird als «Schönheit» nach außen fließen, was euch im Innern lebt.

Ans Herz wurde euch der Weg zu dieser Schönheit vom Altar des Ostens aus gelegt: schreibt euch ein das Wort, das zu euch gesprochen worden ist.

Meister: T-schlag
1. Aufseher (Westen):
Aufgabe ist es mir in Ordnung des Misraim-Dienstes, euch meine Schwestern und Brüder, von der Arbeit zu entlassen. Was der Arbeiter am Tempelbau der Mensch­heit die «Stärke» nennt, möge inspirieren meinen Auf­trag. Die gelernte Arbeit sollt ihr wirken lassen, wenn ihr zum Außenleben verläßt die Pforte dieses Tempels; aus euren Herzen soll fließen in die andere Menschheit,


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was Herzen formen kann zu Bausteinen des großen Tem­pels; aus euren Gedanken soll wirken, was Bindeglieder schaffen kann diesem Bau; aus eurem Willen soll sich er­gießen, was Kitt sein kann für die Steine dieses Tempels. Tuet nur, was aus Echtheit eures Herzens kommt, wozu die Sorgfalt eurer Gedanken euch führt, wozu die Kraft eueres Willens ihr gestählt habt. Ihr selbst werdet Abbild eures Urbildes dadurch; und die Stärke wird von euch kommen, welche die Welt gestaltet.

Ans Herz ist euch der Weg zu dieser Stärke vom Altar des Ostens aus gelegt worden. Schreibt euch ein das Wort, das zu euch gesprochen worden ist.

Administrant (Osten):
Lerne schweigen und dir wird die Macht.
2. Aufseher (Süden):
Begib dich der Macht und dir wird das Wollen.
1. Aufseher (Westen):
Begib dich des Wollens und dir wird das Fühlen.
Meister: Begib dich des Fühlens und dir wird Erkenntnis.


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Der magische Schluß

Nach Originalhandschrift Rudolf Steiners Die in runden Klammern stehenden Bezeichnungen wurden gemäß Teilnehmeraufzeichnungen hinzugefügt.


(Salz)

In isto sale sit sapientia et ab omni corruptione servet mentes nostras et corpora nostra, per Hochmael et in virtute Ruach-Hochmael, .recedant ab isto fantasmata hylae, ut sit sal coelestis, sal terrae et terra salis, ut nutrietur bos triturans et addat spei nostrae cornua tauri volantis. Amen.


(Asche)

Revertatur cinis ad fontem aquarum viventium et fiat terra fructifi­cans, et germinet arborem vitae per tria nomine, quae sunt Nezah, Hod et Jesod in principio et in fine per Alpha et Omega, qui sunt in spiritu Azoth! Amen.


(Wasser, Salz und Asche mischend)

In sale sapientiae aeternae et in aqua regenerationis et in cinere ger­minante terram novam, omnia fiant per Elohim Gabriel, Raphael et Uriel in saecula et aeones. Amen.

(Ex Deo nascimur. In Christo morimur.

Per Spiritum sanctum reviviscimus)


(Exorcismus des Wassers)

Fiat firmamentum in medio aquarum et separet aquas ab aquis, quae superius sicut quae inferius, et quae inferius sicut quae superius ad perpetranda miraculum unius. Sol ejus pater est, luna mater, et ven­tus hanc gestavit in utero suo, ascendit a terra ad coelum et rursus a coelo in terram descendit. Exorciso te, creatura aquae, ut sis mihi speculum Dei et vivi in operibus ejus et fons vitae et ablutio pecca­torum. Amen.


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Der magische Schluß, deutscher Wortlaut1)

Von den verschiedenen vorliegenden deutschen Übersetzungen wird hier die in der Handschrift Marie Steiners wiedergegeben" da anzunehmen ist, daß sie auf Rudolf Steiner zurückgeht:

Salz

Weisheit sei in diesem Salz, und es bewahre vor aller Verderbnis un­sere Geister und unsere Leiber durch Hochmael und durch die Kraft Ruach-Hochmael; verschwinden mögen die sämtlichen Illusionen des Stoffes und da sei das Salz des Himmels, das Salz der Erde und die Erde des Salzes, damit sich bilden könne der Arbeitsstier und zu ihm treten die Hörner des wollenden Widders. Amen.


Asche

Es komme zurück die Asche zur Quelle der Lebenswasser, und die fruchttragende Erde entstehe und die Bäume des Lebens sollen kei­men durch die drei Namen Nezah, Hod und Jesod, im Anfange und am Ende, durch Alpha und Omega, die im Geiste sind des Azoth. Amen.


Mischen

Im Salz der ewigen Weisheit und im Wasser der Wiedergeburten und in der Asche der wiedererstandenen neuen Erde bilde sich «Alles» durch Elohim Gabriel, Raphael und Uriel, in Jahrhunderten und Jahrtausenden. Amen.


Exorcismus des Wassers

Es bilde sich das Feste inmitten der Wasser und trenne Wasser von Wasser, das Obere sei wie das Untere; und das Untere sei wie das Obere; und entstehen mögen die Wunder des Einen. Die Sonne ist dessen Vater, der Mond dessen Mutter, der es in seinem Schoße trägt und es steige auf von der Erde zum Himmel, und wieder nieder steige es vom Himmel zur Erde. Ich beschwöre dich, Geschöpf des Wassers, sei mir der Spiegel des lebendigen Gottes in dessen Werken und die Quelle des Lebens und der Läuterer in allen Hindernissen. Amen.

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1) Ob auch der deutsche Wortlaut gesprochen worden ist, ist nicht überliefert. Ruach Geist, Luft; Hochma, Nezah, Hod, Jesod Sephiroth der Kabbala. Azeth (nach Blavatsky, «Ent­schleierte Isis») Bezeichnung der Alchimisten für das «schöpferische Prinzip der Natur (Astrallicht)».


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Der rosenkreuzerische Schluß1)

Text nach der Originalhandschrift Rudolf Steiners

Notizblatt Archivnummer 6978

Die Steine sind stumm; Ich habe das ewige Schöpferwort in sie gelegt und verborgen; keusch und schamvoll halten sie es in den Tiefen.

M. Pr. [Materia prima]

Die Pflanzen leben und wachsen; Ich habe das ewige Schöpferwort der Sonnenkraft in sie strömen lassen, sie tragen es hinunter in die Tiefen.

M. S. [Materia secunda]

Die Tiere empfinden und wollen; Ich habe das ewige Schöpferwort in ihnen lebend gestaltet; sie formen es in den Tiefen.

M. T. [Materia tertia]

Der Mensch denkt und handelt; Ich lasse das ewige Schöpferwort in ihm leiden und sich freuen; er soll es tragen in die Höhen.2)

S. T. [Spiritus tertius]

Die Seele erkennt und gibt sich hin; Ich lasse das ewige Schöpferwort der Sonnenkraft in ihr strömend sich erheben; sie lenkt ihren Flug in die Höhen der Weisheit und Frömmigkeit.

S. S. [Spiritus secundus]

Der Geist liebt sich lösend das All; Ich spreche im Geiste mein ewi­ges Schöpferwort, weckend und erlösend in Reinheit die Welt; ruhig stromt es in den Höhen des ewigen Lichtes.

S. P. [Spiritus primus]


K. A. P. [Konx Aum Pax 3)]

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1) Siehe auch die Handschrift aus dem Jahre 1923 auf S. 469 f.

2) In diesem Moment wurden die schwarzen Vorhänge in rote verwandelt.

3) Gemäß einer Teilnehmeraufzeichnung.


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Der rosenkreuzerische Schluß, alte Fassung

Notizblatt Archivnummer 6977

Die Steine sind stumm Ich habe das ewige Schöpferwort in sie ge­legt
MMMMMMMM und verborgen; keusch und schamvoll verbergen sie es.
anaramaya
Die Pflanzen leben Ich habe das ewige Schöpferwort der Sonnenkraft
in ihnen strömen lassen; sie tragen es hinunter.
pranamaya
Die Tiere empfinden und wollen Ich habe das ewige Schöpferwort
in ihnen lebend gestaltet; sie formen es in den Tiefen.
Der Mensch denkt und handelt Ich lasse das ewige Schöpferwort
in ihm sprießend sich freuen und leiden; er belebt es in den Tiefen.
manomaya
Die Seele erkennt und gibt sich hin Ich lasse das ewige Schöpferwort
in ihr sich strömend erheben; sie lenkt ihren Flug in die Höhen der Weisheit und Frömmigkeit.
vijnanamaya
Der Geist liebt, sich lösend von sich, alles Ich spreche im Geiste
mein ewiges Schöpferwort, weckend und erlösend in Reinheit die Welt; er strömt ruhig in den Höhen des ewigen Lichtes.
anandamaya


Atman

Zu den Sanskritbezeichnungen:
anaramaya [wohl annarasamaya]

pranamaya

manomaya

vijnanamaya

anandamaya

wörtlich:

"

"

"

"

aus fester und flüssiger Nahrung gemacht

aus Lebenskraft gemacht

aus Geist gemacht

aus Bewußtsein gemacht

aus Wonne gemacht


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Seite 168

Der rosenkreuzerische Schluß, Entwurf

Notizblatt Archivnummer 6976

Stummheit wird sprechend Ich lasse mein

ewiges Schöpferwort im Schweigen

raunen ich nehme es, bewahrend

es keusch und schamvoll in meinem

Herzen

Leben und Wachsen verstummen Ich lasse

mein ewiges Schöfperwort tonlos durch

sie strömen; jungfräulich tragen sie es

aufwärts.

Empfinden und Wollen wachsen wunschlos Ich lasse

mein ewiges Schöpferwort in ihnen wohnen;

es soll leuchten durch ihre durchsichtige

Hülle.

Denken und Handeln empfinden und Wollen Ich

lasse mein ewiges SChöfperwort in ihnen

scheinen;

sie sollen es in Geistesstoff gestalten.

Erkennen und Hingabe denken und handeln Ich

lasse mein ewiges Schöpferwort in ihnen sich

vergotten sie sollen mich führen ins Leben.

Ich bin ich Das Schöpferwort ruht in mir;

 die Wesenlosigkeit schafft es sich als Grenze

MMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM
Aum


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Die von 1913 an gültige Fassung

der an den drei Altären gesprochenen Worte

Nach der Niederschrift eines Teilnehmers

Osten

Im Dienste Michaels obliegt es mir, Euch, meine Schwestern und Brüder, zur Aufmerksamkeit zu mahnen auf sein heiliges Zeichen. In bedeutungsvoller Erdenzeit erhieltet Ihr seinen heiligen Sinn. Daraus wißt Ihr, daß es Euch sagt, wie in Eueres Wesens Innerstem der erhabene Gottesname klingt. Der Welten erhabene Mysterien schließt der Ton des heiligen Zeichens ein.

Was Euch vom Osten als Lehre geworden ist, wird Michaels Kraft in Eurem Innern festigen.

Was als Geisteswort im heiligen Zeichen Euch gegeben wurde, soll Wesen werden Eueres eigenen Wesens.

Ans Herz wurde Euch der Weg des heiligen Zeichens vom Altar des Ostens aus gelegt; schreibt Euch ein das Wort, das dann zu Euch gesprochen werden wird

Süden

Im Dienste Michaels obliegt es mir, Euch, meine Schwestern und Brüder, zur Arbeit zu rufen. Was der Arbeiter am Tempelbau der Menschheit die Schönheit nennt, möge inspirieren meinen Auftrag. Arbeit leisten sollt Ihr an dem Bau, der in Eueren Herzen seine Bau­steine, in wohlabgemessenen Gedanken seine Bindeglieder, und in der Kraft des Willens seinen Kitt erblickt. Schauet in die Welt, die um Euch ist, deren Leben Euere Herzen bewegt, deren Weisheit Euere Gedanken schult, deren Sonnenkräfte Eueren Willen nähren. Ein schöner Ausdruck verborgener Geistwesen ist alles dies. Nehmet auf in Euch die Kräfte dieser Wesen und es wird als Schönheit nach außen fließen, was Euch im Innern lebt.

Ans Herz wurde Euch durch unseren großen Meister vom Altar des Ostens aus der Weg zu dieser Schönheit gelegt; schreibt Euch ein das Wort, das dann zu Euch gesprochen werden wird


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Seite 171


Westen

Im Dienste Michaels obliegt es mir, Euch, meine Schwestern und Brüder, von der Arbeit zu entlassen. Was der Arbeiter am Tempelbau der Menschheit die Stärke nennt, möge inspirieren meinen Auf­trag. Die gelernte Arbeit sollt Ihr wirken lassen, wenn Ihr zum Außenleben verläßt die Pforte dieses Tempels.

Aus Eueren Herzen soll fließen in die Menschheit, was Herzen for­men kann zu Bausteinen des großen Tempels. Aus Eueren Gedan­ken soll wirken, was Bindeglieder schaffen kann diesem Bau. Aus Euerem Willen soll sich ergießen, was Kitt sein kann für die Steine dieses Baues. Tut nur, was aus Echtheit Eueres Herzens kommt, wozu die Sorgfalt Euerer Gedanken Euch lührt, wozu die Kraft Eueres Willens Ihr gestählt habt.

Ihr selbst werdet Abbild Eueres Urbildes dadurch und die Stärke wird von Euch kommen, die die Welt gestaltet.

Ans Herz wurde Euch der Weg zu dieser Stärke durch unseren gro­ßen Meister vom Altar des Ostens aus gelegt; schreibt Euch ein das Wort, das dann zu Euch gesprochen werden wird


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Ritualtext für die Aufnahme in den ersten Grad

Text nach Originalhandschrift Rudolf Steiners1)

Notizbuch Archivnummer 612

Dem Aufzunehmenden werden alle metallenen Gegenstände abge­nommen, welche einen solchen Wert haben, der durch die Verhältnisse der äußeren Welt bestimmt wird: Schmuckgegenstände, Geld etc. Er wird dadurch herausgehoben aus dem Zusammenhange mit der physischen Welt und ihrer Gesetzmäßigkeit. Er muß sich losge­löst fühlen von dem Wert, den ihm nicht die Kraft der eigenen Seele gibt.

Dann wird der Aufzunehmende zur Pforte geführt, begleitet von der einführenden Persönlichkeit. Vor der Pforte wird ihm eine Bin­de vor die Augen gebunden. Auf das Klopfen der einführenden Per­sönlichkeit ( . . 2)) entspinnt sich zwischen der einführenden und der im Innenraum empfangenen Persönlichkeit folgendes Gespräch:

Frage:

Antwort:

Wer klopft ungestüm an unsre Pforte?

Ein freier Mann (eine freie Frau), der (die)

aufgenommen werden will in den mystischen

Tempel der Weisheit, Schönheit und Stärke,

um in Gemeinschaft mit den älteren Brüdern

derMenschheit dem Geiste zu opfern und zu dienen

Frage:

Antwort:

Wie heißt er (sie)?

Name.

Frage:

Antwort:

Wer bürgt für ihn (für sie)?

Die Namen zweier Bürgen.

Frage:

Antwort:

Sind alle Bedingungen erfüllt?

Sie sind erfüllt.

Der Empfangende: Er (sie) trete ein.

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1) Die verschiedenen Pünktchen im Text gemäß Originalvorlage.

2) .. = kurz kurz lang.


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Der Aufzunehmende wird durch den Einführenden in Spiralen in den «Raum der Selbsterkenntnis» geführt. Hier wird er durch einen älteren Mysten in der folgenden Weise apostrophiert:

So sind wir denn am rechten Orte. Ich komme aus dem Weltenall vom Hundssterne her. Diese Seele traf ich auf dem Wege, der vom Norden her führt. Sie hat sich ihres Leibes entledigt. Sie ist an der Pforte des Todes angekommen. So höre, du Seele, jetzt auf den Geist, welcher dich zu deiner vollen Menschenwürde führen will und kann. Da du nicht mehr mit Sinnen behaftet bist und mit einem Verstande, der aus einem Leibe seine Kräfte zieht, so begegnet dein Blick in deiner Umgebung nicht mehr die [den] Dinge[n] und Vorgänge[n], durch welche dir der Geist, den ich bekämpfen muß seit Erdenurbeginn, deine Freiheit raubt und dich nur zum dienenden Gliede seines eigenen Wesens machen will. In deinem Umkreis lebt nichts von seiner Schöpfung, der du im Sinnesleibe stets begegnen mußtest, wenn du den Blick nach außen wandtest. So träufelte mein Gegner sein Wesen in deine Seele; du warst nicht du selbst; du warst im Innern erfüllt von seinem Wesen. Jetzt kannst du alles" was du erlebt, aus dir selbst holen; jetzt kannst du Herr, alleiniger Herr sein in der Welt, die aus deinem Innern sich schafft. So wirst du dich jetzt erst ganz wissen, wirst in deiner Menschenwürde leben. Erfühle dich also. Wolle du selbst sein. Wenn du dich voll verstehst, so kannst du gar nicht anders, als deine Heimat in der Welt finden, in welche ich dich geführt habe. So dringe selbsterkennend hier, wo alles schweigt um dich, von der Schöpfung meines Gegners in deine eigne Welt.

Es bleibt nun eine Weile völlig still. Lautlose Ruhe herrscht.

Diese wird nach einiger Zeit durch heftige Schläge ( . . ) unter­brochen.

Der Myste, der soeben noch gesprochen, fährt fort:

Schon nahet mein Gegner, den ich bekämpfe seit Erdenurbeginn.

Er will mich von diesem Orte verdrängen. Er ist es, welcher deine


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Seele zu einem Gliede seiner Wesenheit machen will. Folgst du ihm, wirst du deiner Menschenwürde verlustig gehen. Sklave seines Wesens wirst du werden. Doch für jetzt muß ich ihm weichen. Verfalle, du Seele, ihm nicht!

Der Myste, welcher am Altar des Ostens den Dienst verrichtet, be­ginnt nun zu sprechen:

Ich habe an dir, du Seele, erkannt, daß die Verlockungen des Gei­stes, der mich bekämpft seit Erdenurbeginn, dir die Neigung für seine Worte gegeben haben. Er konnte dich doch zu der Empfin­dung bringen, daß es gut für deine Menschenwürde sei, ihm zu folgen. Ich, der Geist aus dem Osten, stehe nun hier vor dir. Mein Gegner hat mir jetzt weichen müssen. Um mich stehen die Rich­ter des furchtbaren Totengerichtes. Ich frage sie: Was soll mit der Seele geschehen, an deren Grunde ich erschaue die Neigung zu dem Geiste, der mich bekämpft seit dem Erdenurbeginn?

Die umstehenden Mysten antworten:

Man muß diese Seele in die Hölle bringen.

Der Diener-Myste des Ostens:

Man bringe diese Seele in die Hölle.

Darauf wird der (die) Aufzunehmende wieder in spiraligem Kreise in einen Raum geführt, welcher die Hölle darstellt. Man hört das Fallen von Ketten; und das Zufallen eines Schlosses, wenn der Aufzunehmende in dem Raume angekommen ist.

Der Myste aus dem Osten spricht jetzt:

Du Seele, du bist an dem Orte, wo der Sehnsucht deiner Seele Er­füllung werden kann. Du bist in deiner eigenen Welt. Du wirst fortan nie wieder mit deinem Blicke auf eine Schöpfung stoßen, welche nicht aus deiner eigenen Seele stammt. Du wirst ganz in deiner eigenen Welt leben und wirst alleiniger Herr in ihr sein können. Doch wisse, daß du in alle Ewigkeiten hinein in deiner


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isolierten Welt leben wirst. Nichts aber auch von alle dem, was dir lieb und teuer geworden ist in der Welt, in welche ich dich geführt habe, wirst du jemals wiederfinden können. Du wirst in Ewigkeiten nichts erfahren von Wesen, welche du lieb gewonnen hast, denen du gerne helfen wolltest. Sie werden niemals ferner das geringste von dir erfahren können. Du wirst in aller Zukunft von nichts als nur von dir selber wissen. Und erkenne so auch das Schweigen, die Einsamkeit, die dich endlos von außen umgeben werden. Und wisse, daß je weiter du nur in dir leben wirst, desto furchtbarer wird dein Leben sein. Du wirst in eine leere zukünfti­ge Ewigkeit schauen, in welcher du nichts als deine eigene Wesen­heit wirst genießen können! Dies Leben mit dem Ausblick in die Ewigkeit wird schreckensvoller, je weiter du ihm so entgegenlebst. Dazu hat dich deine Neigung zu meinem Gegner verurteilt; die Richter meines furchtbaren Totengerichtes haben nur in Worte gebracht, wozu sich deine Seele selbst verurteilt hat. Doch ich darf, vermöge der Gnade, die auch vom Osten strahlt, dir jetzt nochmals vorführen, was du durchlebt auf Erden hast. Vielleicht kommt deine Seele zu andrer Neigung, wenn du, gerü­stet mit der Einsicht in alles, was dir mein Gegner versprochen, und was ich über dich hier verhängen muß, noch einmal erschaust, was du geworden bist. Deshalb führe ich dich durch dei­ne Erdenvergangenheit und werde deiner Seele vorführen, was in deinem Erdenlaufe dir meine Boten aus dem Osten gewähret ha­ben, so daß du werden konntest, was du nun bist. Ich habe sie aus­gesandt, diese meine weisen Boten; jetzt mögen sie nochmals dir zu Gehör bringen, was sie in deinem Erdenlaufe an dir vollbracht haben.

Man hört wieder die Ketten heftig klirren, und das Schloß (der Hölle> mit starkem Geräusch sich öffnen.

Ein hiezu bestellter Myste ruft die Worte:

Es soll nun die Wandrung rückwärts durch das Leben beginnen.


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Während der (die) Aufzunehmende wieder in spiraligen Bahnen geführt wird, spricht der hiezu bestellte Myste, der schon die letzten Worte gesprochen hat, das Folgende:

1. Der Mensch wandelt durch sein ganzes Leben in der Finsternis; nur die Erkenntnis des Geistes kann ihn der Finsternis entreißen.

2. Wenn die Seele nur Neugierde oder Wissensdurst zum Geiste treibt, wird sie den Geist nicht finden. Denn nur solche Wesen finden den Geist, welche erkennen, daß sie nicht sich, sondern der Welt angehören, und die daher die Pflicht in sich erfühlen, sich so vollkommen als möglich als Glied des Weltganzen zu machen. Pflicht der Erkenntnis des Geistes: sie sollst du er­fühlen.

3. Wenn du nicht so tief in Menschenseelen dringen willst, daß alle irdischen Unterschiede vor deinem Blicke verschwinden" und du alle Menschen so siehst, wie sie ohne Unterschiede, eine gleich der andern sich darstellen, kannst du nicht zur Erkennt­nis kommen; denn diese erlangt derjenige allein, welcher die Menschen alle gleich, ohne die Unterschiede sieht, die ihnen die in Finsternis getauchte Welt aufgeprägt hat.

4. Wenn die Seele nicht geneigt ist, ihre Schwächen und Irrtümer in klarer Beobachtung sich vorzuhalten, so wird sie den Weg zur Geisteserkenntnis nicht finden; denn ein jeder nicht erkannte Fehler ist ein Hindernis, das sich in den Weg der Erkenntnis stellt.

Nachdem der Aufzunehmende diese vier Sätze während seines spi­ral[ig]en Ganges gehört hat, wird in seinen Weg eine Treppe gestellt, die er hinanzusteigen hat. Auf der obersten Stufe angelangt, wird er an der anderen Seite herabfallen gelassen. Während dieses Aufstieges und Abfalles werden von dem hiezu bestellten Mysten die folgenden Worte gesprochen:


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Du suchtest auch auf deinem bisherigen Wege das Licht für deine Seele zu finden; doch stiegest du die Höhe des Lebenspfades in der Finsternis hinan. Dieser Aufstieg bringt dir bildhaft zur Wahr­nehmung deinen Aufstieg in der Finsternis. Du kannst nur durch die Leitung des vom Geiste empfangenen Lichtes die Lebenshöhe richtig erreichen; ohne dieses mußt du abstürzen, wie du jetzt abstürzest.

Nach diesem wird der Aufzunehmende an die beiden Säulen herangeführt, welche an der Eingangspforte desjenigen Raumes sich befin­den, welcher das alte atlantische Land symbolisiert. Vor diese Säulen wird der Aufzunehmende gestellt; und der hiezu bestellte Myste spricht das Folgende:

Du hast mit dem Blicke deiner Seele durchschritten die Inkarna­tionen rückwärts, welche du durchlebt hast seit der großen atlanti­schen Katastrophe. Nun bist du angekommen in der Zeitepoche dieser Katastrophe. Du stehst an den Säulen des Herkules, welche einstmals von Osten nach dem Nordwesten in das alte atlantische Land führten. Bedenke, daß du weitere vorhergehende Inkarnatio­nen in diesem atlantischen Lande durchgemacht hast. Diese durchlebtest du unter ganz anderen Bedingungen als die späteren in der nachatlantischen Zeit. Das atlantische Land war so gestaltet, daß der Erdboden mit dichten Wassernebeldünsten erfüllt war. Inner­halb des ständigen Wassernebels lebtest du in ganz anderer mensch­licher Form als später in der nachatlantischen Zeit. In dieser war die Luft frei geworden von der ständigen Wassernebelerfüllung. Demgemäß ward das ganze Wahrnehmen und Erleben des Men­schen anders geworden. Die nachatlantische Zeit ist die Luftprobe der Menschheit; das Durchschreiten durch die Inkarnationen der atlantischen Zeit die Wasserprobe der Menschheit. Während der Luftprobe haben die Boten des guten Geistes aus dem Osten die von dir gehörten einfachen aber tief bedeutungsvollen Grundsätze allem Leben deiner Seele zuströmen lassen Diese Grundsätze sind die alle Seelen zum Guten führenden Impulse, welche die Weisen aus dem Osten stets wie mit goldenen Buchstaben in der Geistesschrift


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der Welt vor sich sahen; durch sie wollten sie deine Seele zum Heile führen. Doch mischte in alles, was von diesen Impulsen durchströmt war, mein Gegner" der mich bekämpft, seine Impulse" die dem Heil die Verderbnis stets empflanzten. Wenn du jetzt deinen Blick nach dem Osten wenden könntest, und dir die Wirklichkeit im Geiste erschiene, würdest du in lichten Höhen meinen Adler se­hen, der dir die Weisheit des Ostens bringen wollte. Doch unter ihm sähest du den Geier meines Gegners, welcher dein Denken so beein­flußt hat, daß dir die Weisheit zur zehrenden Kraft werden mußte, die dich in dem Grade in der Aufzehrung deiner Glieder vernich­tet, als du im Erdendenken die Weisheit zu erreichen suchtest.

Wenn du den Seelenblick nach dem Süden wenden könntest, so würdest du sehen in Lichteshöhen meinen Engel, welcher dei­nem Fühlen die Offenbarung der Schönheit bringen sollte; mein Gegner aber weist dir darunter die Eule, welche der Offenbarung der geistigen Schönheit beimischen muß die Kräfte, welche deiner Seele, wenn sie des Nachts im Schlafe außer dem Leibe weilt, den Trieb einpflanzen, der sich gegen die Schönheit auflehnt und dein Fühlen von der Offenbarung des Geistigen hinwegführen will. Wenn du den Seelenblick nach dem Westen wenden könntest, so würdest du in lichten Höhen meinen Löwen sehen, als den Boten, der deine Seele hätte ausstatten können mit der Kraft, die aus dem Geiste stammt, und die dich geistig stark machen würde; doch un­ter meinem Löwen würdest du sehen den schwarzen Raben mei­nes Gegners, welcher deiner Seele den Trieb einpflanzt, stets die geistige Kraft zu verdecken durch die physische Stärke.

So konnte deine Seele niemals unvermischt haben, indem sie die nachatlantischen Inkarnationen durchlief" unvermischt, was dir die weisen Boten der fortschreitenden Weltengeister geben wollten. Sie erhielten es vermischt mit den unheilbringenden Gaben meines Gegners, der mich bekämpft seit Erdenurbeginn.

Nach diesem tritt wieder jener Myste sprechend ein, welcher den Aufzunehmenden in den «Raum der Selbsterkenntnis» geführt hat. Er spricht das Folgende:


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Es ist die Zeit der atlantischen Katastrophe, in welche du mit dem Seelenblicke rückwärts wandernd eingetreten bist. Das ist die Zeit, wo mich der Geist nicht völlig zum Schweigen bringen kann, den ich bekämpfen muß seit Erdenurbeginn. So kann ich deiner Seele jetzt auch sagen, was du von mir in deinen nachatlan-tischen Inkarnationen empfangen hast. Ohne mich hättest du nie­mals erlangt das Wissen, welches dein Denken im freien Beobach­ten der Erdenwesen und Erdenvorgänge sich angeeignet hat. Denn er, welcher der von mir bekämpften Weltenordnung die Richtung weist, wollte deinem Denken seine Weisheit allein ein­flößen; er wollte in deinem Denken, Fühlen und Wollen leben. In dir wollte nur er selbst leben; du solltest in deinem Leben nur ihn darstellen. Deine Sprache sollte allein von seiner Herrlichkeit tö­nen. Ich habe deine Sprache so durchdrungen mit meiner Wesen­heit, daß du sprechend deine Impulse des Denkens, Fühlens und Wollens zum Ausdrucke bringen kannst. Ich habe meinen Bruder, der gleich mir jenen andern Geist bekämpft seit Erdenurbeginn, veranlaßt, daß du auf Erden dir erhalten kannst in der Schrift, was unter des andern Geistes alleiniger Führung nur in dem von ihm durchdrungenen Worte leben könnte, und was mit dem Worte vergehen müßte. So urteile, was dich im Laufe der nachatlanti­schen Inkarnationen zu dem gemacht hat, was du bist. Urteile, was du ohne die Sprache, die nicht nur Übersinnliches, sondern durch mich auch Sinnliches ausdrücken kann, was du ohne die Schrift heute wärest. Ich bin der Bringer der Erdenkultur, ohne mich wärest du Abbild eines göttlichen Geistes; doch nicht freier, sich selbst darstellender Erdenmensch.

Nachdem dieses gesprochen ist, tritt wieder der andere Myste spre­chend auf, der vor diesem letzten gesprochen hat.

Dieser sagt jetzt das Folgende:

Ich will deine Seele nun durch die Säulen des Herkules hindurch-führen in das alte atlantische Land. In ihm wirst du im Seelenbilde schauen, was du in deinen atlantischen Inkarnationen erlebt hast, was du aber völlig vergessen hast, während du dir angewöhnt


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hast, die Erdenverhältnisse so zu betrachten, wie es dir durch die Beeinflussung meines Gegners möglich geworden ist. Erst in der nachatlantischen Zeit und in der letzten atlantischen Zeit ist sein Einfluß merkbar groß geworden. Vorher herrschte in deiner Seele der meinige vor. Du standest damals im Wassernebelleben mei­nem Wesen näher als später. So wirst du an dem, was damals in dein Leben trat, ermessen können" was er dir ist; und was dir sein kann der Geist, dem ich diene. Für dein damaliges Wahrneh­men sprach Weisheit aus allen Dingen und Vorgängen der in den Wassernebel getauchten drei Reiche der Natur. Gegenwärtig kennt deine Seele nur artikulierte sinnerfüllte Sprache aus Men­schenmund. Es spricht nicht sinnerfüllte Sprache: die Quelle, die Wasserwogen, die im Winde wirbelnden Blätter der Bäume des Waldes. Das aber taten sie in der alten atlantischen Zeit. Und dei­ne Seele konnte sich beraten mit allen Wesen der Natur. Sie stand der «Weisheit der Welt» zur Zeit der Wasserprobe der Menschheit noch nahe. Und wenn die Seele in sich ging, wenn sie die Auf­merksamkeit abzog von dem, was aus allen Dingen deren Wesen aussprach, dann auch, wenn der Mensch in die Einsamkeit sich zurückzog, wo nicht die Dinge sprachen, da hörte die Seele einen Grund- oder Zwischenton, der durch alles hindurchtönte. Wenn die Seele diesen Ton hörte" dann strömte mit dem Tone alle Wär­me des Weltenwaltens in sie, und es strömte in sie das Licht der weltschöpferischen Kräfte. Die Seele erfüllte sich mit der allwal­tenden Weisheit. Sie sagte, erfühlend, was da war: «Der große Geist spricht.» Die Seele wurde andächtig und ehrfürchtig, wenn sie den «großen Geist» in sich sprechend fließen fühlte. Also sprach der große Geist ; und wie im Echo, anbetend und verehrend sprach mit dem großen Geiste die Seele; , so war das Zwiegespräch der Seele mit dem gro­ßen Geiste in der alten atlantischen Zeit: Deine Seele hat dieses Zwiegespräch vergessen; ich habe sie daran erinnert.

Jetzt aber kommst du mit deiner Rückwärtswanderung durch das Leben der Erde nach und nach da an, wo der Geist ganz nahestand,


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den der andre bekämpft seit Erdenurbeginn. Ich habe an diesen Ort, an diesen nur mit dem Innern der Seele erreichbaren Ort diesen Tempelraum gestellt. Wenn die Binde genommen sein wird von deinen Augen, wirst du umgeben sein von den Bildern, die deiner Seele zeigen, was dich umgab in dem Augenblicke, als du aus der Geisteswelt tratest zum ersten Male in eine irdische Inkarnation. Du wirst noch einmal «wählen» können. Als deine Seele zum ersten Male wählte, nahm sie auf in die Impulse ihrer Entwickelung diejenigen meines Gegners. Dadurch mußten ihr die Geheimnisse des Geistesseins verhüllt werden.

Es wird nun der Aufzunehmende in den eigentlichen Tempelraum geführt, der völlig dunkel gemacht wird in diesem Augenblicke.

Der den Altar des Ostens bedienende Myste spricht nun die gelöb­nisartigen Worte, welche der Seele die Richtung ihres Wandelns durch Raum und Zeit zum Bewußtsein bringen sollen.

Daran schließen sich die Worte" die die Seele in sich erfühlen soll, um zu wissen" wie sie sich richtig dem Wesen des ersten Grades gegenüber fühlen soll:

Ich gelobe und verspreche, daß ich ohne Zweizüngigkeit, ohne Schwachheit, und ohne Doppelsinn mich im Sinne des Geistes des ersten okkulten Grades halten und in diesem Sinne mich auch gegen Außenstehende dieses Grades halten werde. Sollte ich [mich] nicht im Sinne dessen, was ich mir so selbst verspreche ver­halten, so wird sich an meiner Seele erfüllen, was ich dann selbst durch Erkenntnis mit vollem Bewußtsein gestatten muß 1)

Der den Altar des Ostens bedienende Myste spricht weiter:

Du Seele, bedenke, daß du gelassen hast vor den Pforten dieses Raumes alles, was seinen Wert von der äußeren Welt erhält, in welcher zugleich mit mir auch mein Gegner wirkt. Hier kannst

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1) Siehe hierzu die Erläuterung auf Seite 245.


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du durch alles das nichts erreichen, hier kann nur deine Seele wir­ken, welche nichts von alle dem sich zum Wirken bedient. Was dir hier zum Wirken dienen kann, es drückt sich in dem symboli­schen Kleide aus, das dir durch meine Helfer jetzt angelegt wird.

Es wird dem Aufzunehmenden das symbolische Kleid des ersten Grades angelegt.

In dem völlig verdunkelten Raum wird nun ein Licht entzündet. Der an der Seite des den Altar des Ostens bedienenden Mysten [Stehende] bekommt dieses Licht in seine Hand und stellt sich dicht vor den Aufzunehmenden hin. Hinter demselben steht ein andrer hiezu bestimmter Myste.

Der Myste im Osten spricht:

Was suchet in diesem Raume die Seele?

Die umstehenden Mysten antworten im Chor:

Das Licht des Geistes.

Der Myste im Osten spricht:

Das Licht des Geistes wird dieser Seele erscheinen, wenn sie durch die rechte Gesinnung eindringen wird in alles, was hier zu ihr spricht.

In diesem Augenblicke nimmt der hinter dem Aufzunehmenden ste­hende Myste dem Aufzunehmenden die Binde von den Augen; das Licht bleibt nur für Augenblicke brennen; dann erlöscht es der es tragende Myste.

Der Aufzunehmende ist in dem völlig dunklen Raume.

An dieses schließt sich unmittelbar die mit der Entzündung der Lichter im Osten, Süden und Westen verbundene Eröffnungshand­lung.1)

Nach derselben erfolgt die Erklärung und Mitteilung der symboli­schen Zeichen und Worte, welche dem Aufzunehmenden im Sinne von Vorgängen des ätherischen Menschenleibes dadurch bewußt

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1) Auf Seite 153.


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werden sollen, so daß er sich durch ihre Mitteilung erfühlen kann als ein Glied des ersten Grades.

Dann wird der Aufzunehmende vor den Altar des Ostens durch zwei dazu bestimmte Mysten geführt. Der Myste, der den Osten be­dient, mimt das . Zeichen; es treten zwei Mysten der höheren Grade hinzu; diese kreuzen über der Stirne des Aufzunehmenden ihre schwertartigen Symbole: der Myste des Ostens spricht:

Im N. d. w. M. d. O. [Im Namen der weisen Meister des Ostens] und kr. d. G. m. w. [kraft der Gewalt mit welcher] ich ihnen diene, schreibe ich dich in das Buch des ersten Grades derer, die da streben nach dem Lichte der ewigen Mystik.

Der Aufzunehmende wird von den hiezu bestimmten Mysten an den ihm angewiesenen Platz geführt.

Es wird nun die Handlung unterbrochen und eine Instruktionshandlung eingelegt. Während derselben teilt ein lehrender Myste dem Aufzunehmenden mit:

1. die die Menschheitsevolution symbolisch deutende Legende.1)

2. Ein Zeichen der okkulten Schrift.2)

Nach dieser Instruktion wird die Handlung wieder aufgenommen, um mit jenem dreifachen symbolischen Schluß das Ganze zu be­enden, welcher alle Handlungen des ersten Grades beschließt.

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1) Auf Seite 365.

2) Eine Aufzeichnung Marie Steiners lautet: «Nun obliegt mir die Mitteilung von Zeichen, Griff und Wort des ersten Grades. Zeichen, Griff und Wort sind nicht nur Erkennungs­zeichen, sie haben nicht nur eine tiefe symbolische Bedeutung, sondern eine magische Wirkung und magischen Wert. Ein alter maurerischer Spruch sagt mit Recht: Wem Zeichen, Griff und Wort vertraut, dem wird der Tempel auferbaut; wem diese aber unerkannt sind, der bleibt im Leben ewig blind.»


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Ritualtext für die Beförderung in den zweiten Grad

Text nach der Originalhandschrift Rudolf Steiners

Notizbuch Archivnummer 613


Der Einzuführende wird von dem hiezu bestimmten Mysten voi das Tor geführt des «Aufklärungsraumes». Es wird an dasselbe ge­klopft (.. .. ..).1) Darauf folgendes Gespräch zwischen dem außen stehenden führenden Mysten und dem innen stehenden Empfangenden:

Wer klopft?

Ein Angehöriger des ersten Grades dieser okkulten Strömung, der in den zweiten Grad befördert werden darf.

Wie heißt er?

Wird gesagt: Bruder (Schwester)

Sind alle Bedingungen erfüllt?

Sie sind erfüllt (bzw. der Meister hat Dispens erteilt).

Hierauf wird die Türe geöffnet und der Aufzunehmende zunächst im «Aufklärungsraum» vor ein hell loderndes Feuer geführt. An demselben steht ein hiezu bestimmter Myste, der [als Luzifer] fol­gende Worte spricht:

Schau in dieses Feuer. So wie du es siehst und wie es dir wohl be­kannt ist, habe ich es gemacht. Der Geist des Ostens, welchen ich bekämpfen muß seit Urbeginn, hat es anders gewollt. Er wollte ihm seine Eigenschaften des elementarischen Reiches allein aufprägen. Dort muß es verzehren alle Affekte, Leidenschaften, Trie­be, die von der geraden Linie der allgemeinen Weltenordnung nur in etwas abweichen. Wie es auf deinen physischen Leib wirkt,

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1) Nach einer Teilnehmeraufzeichnung erfolgte dss Klopfzeichen beim 1.° einmal, beim 2.° zweimal und beim 3.° dreimal.


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wenn du den Finger jetzt hineinstecktest, so würde es auf deine Seeleneigenheit stets wirken. Nur dazu wäre es da, wenn es nach dieses Geistes ursprünglichen Absichten gelenkt wäre. Ich aber habe es ihm entwendet. Ich habe es von seiner elementarischen Form zur physischen Dichte zusammengezogen; dadurch ist es zu dem wohltätigen Elemente in der physischen Kulturentwicke­lung der Menschheit geworden, welches es auch dir, du Seele, da­mit geworden ist. Bedenke, was du als Mensch durch die Erdenentwickelung hindurch ohne das Feuer geworden wärest. Ver­stehst du dieses, so weißt du auch, was ich dir bin, und wie du dich än mich halten mußt, wenn du deinem Menschtum nicht untreu werden, es nicht verlieren willst.

Bedenke so, daß es in mir nicht Mutwille war, der sich aufgelehnt hat gegen die allgemeine Weltenordnung, die vorbestimmt war vor meinem Eingriff, sondern auch ein Opfer, das ich deinem Mensch­tum gebracht habe. Ich habe mich um deiner Würde willen zum Gegner dieser Weltenordnung gemacht, habe um deinetwillen alles auf mich genommen, was mein Gegner ob meiner Tat über mich verhängen mußte.

Nach diesem wird der Einzuführende vor einen zweiten altarähn­lichen Aufbau geführt, an dem er zunächst nichts sieht. Der hiezu bestimmte Myste spricht [als Ahrim an] das Folgende:

Bedenke, o Seele, wozu dich der Geist des Ostens, den ich seit Ur­beginn bekämpfen muß, allein hätte machen wollen und können. Er wollte in deine Seele sein Wesen einpflanzen. Wollte deine See­le mit diesem Wesen ganz erfüllen. Das mußte ich durchkreuzen. Durch meine Tat treffen in deinem Erdenumkreis deine Sinne die mannigfaltigen Wesen des Tier-, Pflanzen- und mineralischen Rei­ches, treffen die durch mich zusammengezogenen Elemente der Luft, des Wassers, der Erde, treffen die physische Körperlichkeit von Sonne und Mond, und die Pracht des weiten Sternenraumes. Was dir in der physischen Welt an Mannigfaltigkeit in Weisheit, Schönheit und Stärke entgegenkommt: es könnte sich dir nicht offenbaren, hätte ich nicht in die allgemeine Weltenordnung eingegriffen.

#SE265-186

Die ganze Welt deines LJmkreises müßte dir unter mei nes Gegners alleiniger Führung nur ein unendlicher Spiegel sein, aus dem dir nur du selbst dich als Abbild seines Wesens offen­bartest. Wo du auch hinblicktest, ob nach oben oder unten, nach rechts oder links, nach vorne oder rückwärts, überall erblicktest du nichts anderes als dieses:

In diesem Augenblicke wird dem Einzuführenden ein Spiegel vor­gehalten, in dem er sein eigenes Antlitz beschaut, dabei fallen die

Worte:

Erkenne dich selbst.

Nach diesem wird der Einzuführende in den «Raum des Ostens» ge­führt. Hier wird sein Blick nach dem Osten gelenkt, und der den Osten bedienende Myste spricht das Folgende:

Eben stand vor deinem Seelenblicke mein starker Gegner. Er kann an die Menschenseele stets herandrängen, wenn die Evolu­tion durch ihre Zwischenzustände von Zyklus zu Zyklus geht. Du warst im Seelenblick vor den Anfang deiner Erdenevolution gestellt, als du das Leben rückwärts geführt worden warst bei dei­ner Einführung in den ersten Grad. Da konntest du erkennen, wie du aus geistigen Höhen und aus geistiger Umgebung zum er­sten Male in eine irdische Inkarnation eingetreten bist. Das war eine Entwickelungs-Übergangszeit. Zu deinem Verstande hat mein starker Gegner gesprochen. Wenn du dieses dein Verständ­nis wirken läßt, so können dir seine Worte nicht anders als wahr erscheinen. Du kannst seine Worte nicht widerlegen; und wollte ich mit Verstandeswiderlegung allein an dich herantreten, so könnte auch ich nicht ungiltig machen, was er gesprochen hat. Denn an dem Orte" wo er stand, und an dem andern, wo du jetzt stehst, hört die alleinige Giltigkeit der Verstandeserwägung auf. Du findest die Möglichkeit nur, dich hier recht zu finden, wenn du verstehen kannst, was du jetzt von mir hören wirst. Hat zu dir mein Gegner gesprochen? Hat er dich überzeugt" da er doch zurecht jetzt deine Seele überzeugt hat?

#SE265-187

Verstehe: alles, was sich hier physisch abgespielt hat, ist nur Schein. Er stand im physischen Bilde vor dir; du hast in deinem physischen Bilde ihm zugehört. Und doch ist das alles nur Schein. Er hat gar nicht zu dir gesprochen. Er hat nur zu demjenigen Teile deines Wesens gesprochen, den er nach und nach seit Erden­urbeginn in deine Seele gepflanzt hat. Er hat nur zu dem in dir gesprochen, was in dir er selbst isL

Er hat in dir nur sich selbst überzeugt.

Bedenke dieses, und du wirst die Möglichkeit finden, auch mich zu verstehen, der ich sprechen will zu demjenigen Teile deines Wesens, das nicht er ist.

Doch sind seine Worte dir sympathischer als die meinen. Er spricht in dir zu dem, was du schon bist" was du als dein eignes Wesen anerkennen willst; ich muß zu demjenigen in dir sprechen, was du erst werden sollst; ich muß" bevor du mich verstehen kannst" von dir fordern, daß du durch innere Seelen-Erkraftung dich erkennen lernest in dem Teile deines Wesens, der du zwar bist" von dem du aber noch nicht weißt. Ich muß von dir fordern, daß du dich erst noch erarbeitest. So steige denn verstehend zu dir selbst hinan, und du wirst mich in dir finden.

Vor dem Einzuführenden steht eine Treppe, in der er hinansteigen muß.1) Während des Hinansteigens spricht der den Osten bedienende Myste die folgenden Worte:

Form

Kraft

Zahl

Harmonie

Wort

Gedanke

Ich

1) Vgl. auf Seite 420.

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Suche in dir dieser Worte Kraft in ihrer siebenstufigen Folge und du wirst in innerer Seelen-Erkraftung den Schlüssel finden, wel­cher dir den Weg in den zweiten der okkulten Grade weist.

Dann spricht derselbe Myste weiter:

Bedenke, o Seele, du wirst, wenn du verstehst, was jetzt an dich herangetreten ist, mit einem neuen Weltverständnis ausgerüstet, mit einem Verständnis, das nicht nur in der Wirkenssphäre des Sinnenseins Giltigkeit hat, das auch gilt da, wo Geister mit Gei­stern verkehren.

Verstehe diese Sprache und du kannst werden aus einem Schüler der geistigen Welt ein Genosse der geistigen Wesenheit.

Nach diesem wird eine Eröffnung der Handlung vorgenommen mit dem Eröffnungsvorgang des ersten Grades.

Nun folgt die Mitteilung von Zeichen, Griff und Wort im Sinne von inneren Bewegungskräften des ätherischen Leibes an den Einzu­führenden.

Dann wird die symbolische Bekleidung im Sinne des zweiten Grades zurecht gerichtet.

Nach diesem spricht der Myste im Osten:

Alle welche seit alten Zeiten sich der Bedeutung dieses okkulten Grades bewußt geworden sind, haben ihrer Seele das Gelöbnis abgelegt:

Ich gelobe und verspreche, daß ich ohne Schwachheit" Zweideu­tigkeit und Doppelzüngigkeit die Geheimnisse dieses zweiten der okkulten Grade recht in meiner Seele behandeln und vor allen Außenstehenden und nur dem ersten Grade Angehörigen bergen werde. Sollte ich dies mein Gelöbnis brechen, so will ich gestatten, daß

Hierauf wird der Einzuführende an den Altar des Ostens herange­führt von zwei hiezu bestimmten Mysten. Zwei Mysten der höhern Grade treten von links und rechts heran; kreuzen über seiner Stirne ihre symbolischen Schwerter.

#SE265-189

Der Myste des Ostens spricht:

I N. d. w. M. d. O. u. K. d. Gew. [Im Namen der weisen Meister des Ostens und Kraft der Gewalt], mit der ich ihnen diene, schrei­be ich dich in das Buch des zweiten Grades derer, die da streben nach dem Licht der ewigen Mystik.

Es wird nun die Handlung in eine Instruktionshandlung verwandelt. Während derselben trägt ein lehrender Myste eines der Mittel eine legendarische Imagination zum Beispiel vor, die geeignet sind, durch Anwendung in der Meditation der Seele den Weg des zweiten Grades mö glich zu machen.

Dann folgt der dreifache Schluß der ganzen Handlung in der Sym­bolik des zweiten Grades.1)

1) Wortlaut der Eröffnungs- und Schlußhandlung siehe s. 153 ff.

#SE265-190

Ritualtext für die Erhebung in den dritten Grad

Text nach der Originalhandschrift Rudolf Steiners

Notizblätter Archivnummer 6981 bis 6987

I Einführung

Den dritten Grad hat, wer eine Empfindung davon erworben hat, daß sich die Innenerlebnisse des Menschen von einem außerhalb des Menschenwesens gelegenen Gesichtspunkte so betrachten lassen wie sonst die Tatsachen der Natur von dem im Menschenwesen gelegenen Gesichtspunkte. Für einen außer dem Menschen gelegenen Gesichts­punkt hört die vorherige Außenwelt auf, als Wahrnehmungswelt zu wirken. Sie wird zum Innenerlebnis wie vorher Gedanken, Gefühle und Willensimpulse sind. Und es geht vor dem Menschen eine ganz neue Außenwelt auf. Eine Außenwelt, die als der Ausdruck des Den­kens, Fühlens und Wollens geistiger Wesen erscheint, welche der Mensch nun als in sich seiend erlebt, wie er vorher sein Denken, Füh­len und Wollen in sich erlebt hat. «Ich bin», das vorher nur wie ein Gedankenpunkt war, wird zum reichen Innen-Erlebnis, in dem orga­nisch-zusammenwirkend Geist-Wesen ihre Tätigkeit entfalten; und diese Tätigkeit ist von einer Vielheit ausgehend auf eine Einheit, als auf ihr Ziel, gerichtet; und dieses Ziel ist der Mensch. Der Mensch lernt von einem außer ihm gelegenen Gesichtspunkt sich selbst ken­nen. Dazu ist notwendig, daß er ein Gefühl dafür entwickelt, wie sein Erleben ist, wenn es nicht sein Erleben ist, sondern wenn es einge­schaltet sich offenbart in dem fortlaufenden Naturprozeß. «Memento mori» enthält den Hinweis auf eine Umschaltung des Bewußtseins. Durch diese Umschaltung entsteht in der Seele ein Gefühl davon, wie es ihr sein kann, wenn die ganze Gegenwart ihres Erlebens zur Ver­gangenheit, zur Erinnerung wird. Eine andere Gegenwart lebt nun in der Seele. Und so wie im gewöhnlichen Leben das Bewußtsein sich als Subjekt fühlt und eine Außenwelt als Objekt,so tritt jetzt ein Bewußt­sein als Erlebnis auf, für das eine neue Gegenwart Subjekt ist und das gewöhnliche Menschenleben als Vergangenheit Objekt ist. Es ist diese Umschaltung des Bewußtseins in folgender Art zu schematisieren:

#SE265-191

Die in Worte gefaßte Hinlenkung der Seele auf diese Umschal­tung des Bewußtseins liegt in den folgenden Sätzen:

1. Bedenke das Ende

2. Denke an den Tod

3. Denke, wie alles Leibliche vergänglich ist.

Diese drei Sätze sind in Wirklichkeit für das Bewußtsein I1) gar nicht zu fassen. Sie können für dieses Bewußtsein nur dann einen Sinn haben, wenn dieses sich über sein eigenes Erleben täuschen will.

Denn 1. dieses Bewußtsein I kann nicht sein eigenes Ende beden­ken. Ein solcher Gedanke kann nur gefaßt werden, wenn in Wahr­heit gedankenlos gedacht wird. Dem erlebten Denken gegenüber ist die Forderung: «Bedenke das Ende» so sinnlos wie diese: reiße dir das Auge aus" damit du es vor dich hinhalten und dein eigenes Auge anschauen kannst.

2. «Denke an den Tod»: der Tod beschließt das Denken so, wie es für das Bewußtsein I ist. Die Forderung ist also für dieses Bewußtsein die ganz sinnlose: denke dich nicht denkend. So etwas kann das Be­wußtsein I glauben zu denken, wenn es sich einbildet, noch ein Ob­jekt des Denkens zu haben" auch dann" wenn es auffiört, zu denken.

3. «Denke, wie alles Leibliche vergänglich ist.» Das heißt für das Bewußtsein I «Denke nicht». Denn das Bewußtsein I kann nicht ohne das Leibliche «denken». Mit dem Gedanken an das Leibliche entschwindet das Denken selbst.

Wenn also ein Mensch diese drei Forderungen, an sich gestellt, hört, so muß er" wenn er besonnen bleibt, sich sagen: hier spricht man so, wie es für mein Bewußtsein I eine Unmöglichkeit ist. Hier hat mein Bewußtsein I keine Möglichkeit des Verstehens. Hat er nun die Eindrücke des zweiten Grades wohl verarbeitet, so stellt er an sein Denken die folgenden Anforderungen: Dieses Denken will bei jedem Gedanken ein Erlebnis haben. Es gestattet sich nicht, zu denken" wenn der Gedanke nicht Erlebnis sein kann. Es sagt sich:

wie soll ich das Ende denken, wenn ich doch nicht mit dem Denken endend noch gedanklich erleben kann. Wie soll ich an den Tod denken,

1) Siehe Faksimile 192 f.

#SE265-192

#Bild s. 192

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da ich doch den Tod bloß im sterbenden Denken erschauen könnte? Wie soll ich die Vergänglichkeit des Leiblichen denken, da ich mit dem Leiblichen doch denken muß; also ohne das Leibliche mein Denken vergeht?

Wer nicht den zweiten Grad erlebt hat, der kann glauben, die obi­gen drei Sätze mit dem Bewußtsein I zu denken, weil dieses Bewußt­sein es als Gewohnheit hat, den Gedanken von dem Sein des Gedan­kens loszutrennen. Dadurch gestattet sich dieses Bewußtsein auch da noch zu denken, wo es nicht mehr das Sein des Gedankens erlebt. Es kennt daher dieses Bewußtsein I nicht das Innen-Erlebnis, daß sich ein Gedanke durch seine eigene Natur zu einem Ungedanken macht und dadurch sich in unendlich kleinen Gedankensplittern in Nichts verspritzt. So aber muß es dem Bewußtsein I sein, wenn es durch den 2. Grad gegangen, die drei Sätze hört, die sich für Bewußtsein I nur gedankenlos erdenken, aber nicht lebend denken lassen.

So steht der Mensch vor dem Ende von Bewußtsein 1. Er hat die­ses Bewußtsein ausgemessen. Vorher war es ein Punkt, von dem Strahlen nach allen Seiten auszugehen scheinen, das heißt das sich so vorkam, als hätte das Denken nach allen Seiten kein Ende.

Jetzt erfaßt sich das Denken des Bewußtseins I als Kreis, der in sich geschlossen ist. Und der durchbrochen werden muß, wenn ein weiterer Fortschritt geschehen soll.

Im vorangegangenen ist die Seelenstimmung charakterisiert, in der aufgenommen werden muß, was Inhalt der Einführung in den dritten Grad ist.

Die Eröffnung wird als für Gr.3. vorgenommen. 1)

1) Eine Teilnehmeraufzeichnung lautet:

3mal klopfen

1. Wer klopft?

2. Eine Schwester (Bruder) des zweiten Grades, der in den dritten Grad aufgenommen zu werden wünscht.

3. Sind alle Bedingungen erfüllt?

4. Der Großmeister hat ihr (ihm) Dispens erteilt.

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Dann:

Der Einzuführende wird durch die Pforte geleitet. Ihm tönt entge­gen zuerst:

«Memento mori.»

Dann, indem er in dem Raume weitergeführt wird, der so weit ver­dunkelt ist, daß er nicht deutlich sehen kann, was darinnen ist:

«Bedenke das Ende.»

Dann:

«Denke an den Tod.»

Dann:

«Denke, daß alles Leibliche an dir vergänglich ist.»

Indem der Einzuführende diese Worte hört, wird er vorwärts in einem Bogen geführt _ und so gewendet, daß er die sargartige Vor­richtung nicht sehen kann, langs welcher er geführt wird. Noch an der Pforte wird ihm ein spitzer Gegenstand an die Brust gesetzt (kupferner Stab mit Spitze) und ermahnt: «Was nun geschieht, sollst du nicht bloß hören und verstehen, sondern in tiefster Seele empfin­dend erleben.»

Nun steht der Einzuführende so mit dem Rücken gegenüber dem Sarg, daß er ihn nicht sehen kann.

Es spricht nun der Diener des Ostens. Während bisher gesprochen hat derjenige, der dem Diener des Ostens zur Seite steht.

Der Diener des Ostens:

«Als Hiram Abiff den Bau seines Tempels vollendet hatte, sollte er sich in das Innere begeben, zu sehen, ob alles in rechter Ord­nung sei. Er tat dieses. Als er alles gesehen hatte, wollte er wieder zurück in das Freie gehen. Er suchte zum Ausgange das westliche Tor. Doch da stand der eine von drei Verschwörern. Diese drei waren verschworen, weil ihnen der Meister nicht das Meisterwort

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und den Meistergrad hatte geben können, zu dem er sie nicht reif fand. Der eine der Verschwörer im Westen (er soll stellvertre­tend vorgestellt werden durch den Diener des Westens) gab dem Meister Hiram Abiff mit einem Richtscheit einen Schlag auf die linke Schläfe, sodaß dem Meister durch die Verwundung das Blut über die Schulter herunterfloß. (Diese Handlung wird sinnbild­lich durch den Diener des Westens ausgeführt.) Der Meister suchte darauf durch das südliche Tor den Ausgang. Doch da stand der zweite der Verschwörer. Er verlangt (wie dies auch schon beim ersten der Fall sein soll) von dem Meister Grad und Wort, die ihm dieser nicht geben kann. Da erhob dieser zweite Ver­schwörer eine Kelle und versetzte dem Meister einen Schlag auf die rechte Schläfe, so daß diesem das Blut über die rechte Schulter herunterfloß. (Die Handlung wird durch den Diener des Südens symbolisch ausgeführt.) Hierauf suchte der Meister durch das dritte der Tore ins Freie zu gelangen. Da wiederholte sich mit dem dritten Verschwörer der Vorgang. Dieser verlangte Grad und Wort, die ihm der Meister nicht geben konnte. Darauf gab ihm mit einem Maßstab der dritte einen Schlag auf die Stirne, so daß der Meister zusammenbrach. Doch ehe er noch verschied (der Vorgang wird symbolisch dargestellt durch den Diener des Ostens) konnte er das goldene Dreieck, auf dem das uralte Mei­sterwort stand, in einen tiefen Brunnen am Tore werfen, so daß das Wort verloren ist. Dann verschied der Meister Hiram Abiff. Du bist selbst Hiram Abiff. Deine Seele ist es. Hierauf nahmen die drei Verräter den Leichnam, trugen ihn hinweg und vergru­ben ihn an einem einsamen Orte. Wie dir nun geschieht.»

Es wird nun eine symbolische Grablegung ausgeführt stellvertre­tend durch den Diener des Westens im schwarzen Mantel ; dem Diener des Südens im roten Mantel ; dem Diener des Ostens im weißen Gewande oder Mantel.

Wenn nun der Einzuführende im Sarge liegt; ertönt zuerst

ein Glockenschlag1)

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1) Durch Anschlagen einer klingenden Platte (nach Aufzeichnung eines Teilnehmers).

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darauf (durch den Diener des Ostens) die Worte:

«Des Meisters Seele nimmt nun ihren Weg zurück die Erdenzeiten durch das Geisterland. Sie hört die Sphärenmusik. Sie hört sie zu der Zeit, da im Weltenlauf die Erde sich löste von Sonne und Mond und ein Weltenkörper wurde. Des Meisters Seele war schon dabei. Du hörst den Schlag jetzt, du wirst ihn in voller Wirklichkeit dereinst hören. Und weiter geht deine Seele zurück im Weltenlaufe. Dahin, wo Erde, Sonne und Mond noch verbun­den waren. Deine Seele war dabei.

(Es ertönen drei Glockenschläge.)

Du hörst also den Sphärenklang. Du wirst ihn in Wirklichkeit dereinst wieder hören.

Und weiter geht deine Seele zurück im Weltenlaufe. Dahin, wo die Erde noch Sonne war. Wo sie von Planeten umringt war, ein Planet unter Planeten, die Sieben mit ihnen bildend du hörst dies im Sphärenklang.

(Es ertönen sieben Glockenschläge.)

Du wirst dies einst in Wirklichkeit wieder hören.

Und weiter geht deine Seele zurück im Weltenlaufe. Zu dem Punkte, da die Erde Saturn war, umstellt von den zwölf Sterngewalten. Es war die große Mitternachtsstunde des Daseins, da wo die Ewigkeit übergeht in die Zeit.

(Es ertönen zwölf Glockenschläge.)

Du hörst sie, die große Mitternachtsstunde des Daseins. Du wirst sie dereinst in Wirklichkeit hören.»

Nachdem dies gesprochen, nimmt der zur Linken des Dieners des Ostens Stehende das Wort zu dem Folgenden:

«Da Salomos Gefährten bemerkt hatten, daß Hiram Abiff nicht anwesend sei, schickten sie zwölf der ihrigen aus, den Meister zu suchen. Sie fanden an einem einsamen Orte einen frisch aufge­worfenen Grabeshügel, den sie erkannten an einem darauf befind­lichen Kassiazweig.»1)

(Dieser Zweig ist nach der Grablegung auf den Sarg gestellt worden.)

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1) Gilt als Symbol der Unsterblichkeit.


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«Sie gruben nach.»

(Es wird nun von den Anwesenden ein Umzug um den Sarg gemacht.)1) Dabei wird von dem Gehilfen des Dieners im Osten das Folgende gesprochen:

«Dem Hiram gleich soll er sein neugeboren.»

(Dabei wird, während es vorher dunkel war, der Süden erleuchtet.)

«Dem Hiram gleich sei er Sieger über den Tod.»

(Es wird dabei der Westen erleuchtet.)

«Dem Hiram gleich soll ihm das Licht aus dem Osten leuchten.»

(Es wird dabei der Osten erleuchtet.)

(Nun wird der Sarg eröffnet. Der Diener des Ostens nimmt die

Hand des Einzuführenden.) Er spricht:

«Mit dem Löwengriff des Meisters hebe ich dich aus deinem Grabe.»2)

Dann:

«Ich finde dich so, daß sich die Knochen von deinem Leibe gelöst haben.»

Dann wird dem Einzuführenden ins Ohr geflüstert:

Hierauf spricht der Gehilfe des Dieners im Osten:

«Was du nun symbolisch durchgemacht hast, sollte so einmal an deiner Seele vorbeiziehen. Doch sollst du es wohl in deiner tief­sten Erinnerung halten. Immer wieder soll es in deiner Meditation aufleben. Nicht dadurch, daß du über dieses bildhafte Erlebnis grübelst, kann es in deiner Seele wirken, sondern dadurch, daß du in der Erinnerung bildhaft den Vorgang immer wieder erneuerst und ganz darin lebst. Das Bild wird die Kraft haben, daß du fin­dest den Weg, die Dinge der Welt, dein eigenes Leben und alles Leben zu sehen von dem Punkte aus, an dem nicht der Leib, an dem der Geist steht. Du hast empfunden den Griff dieser wird wiederholt. Du hast gehört das Wort (dies wird neuerdings ins

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1) Siehe hierzu die Teilnehmeraufzeichnung auf Seite 200.

2) Zum Symbol des Löwen heißt es im Vorrag Berlin, 16. Februar 1905, daß das «zunächst in Selbstheit strebende menschliche Prinzip in der Alchimie als Leu dargestellt (wird), der frei geworden von der Selbstheit, von Begierden und Leidenschaften, sich mit der Lilie [dem Geistigenl vereinen darf.« Vgl. auch Vortrag Berlin, 2. März 1915.


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Ohr geflüstert silbenweise: erste Silbe ins linke Ohr darauf zweite Silbe von dem andern ins rechte Ohr des ersten darauf dritte Silbe wieder ins andere Ohr des andern vom ersten dann ganz vom andern zum ersten.)

Empfange noch das Zeichen.» (Dies wird gezeigt.)

Als besondere Mahnung wird noch angefügt:

«Nicht mit dem Kopfe verstehe das tief bedeutsame Bild, in das du selbst verwoben warst und [in] das du in der Erinnerung noch oft verwoben sein sollst; verstehe es mit deinem ganzen Wesen, so daß es sich in dieses dein Wesen einlebt; daß du die Empfindung kennen lernen kannst, die resultiert, wenn du damit ganz Eins bist und noch in ihm ganz lebst und webst für eine Weile, wenn es schon aus deinem Bewußtsein entschwinden gelassen ist. Dann wird das Bild für dich den Erfolg erhalten, daß du erlebst, was es ist, die Dinge und dich selbst und alles Leben vom Gesichtspunkte des Geistes zu erkennen.»

Es erfolgt dann noch von einem lehrenden Bruder eine Ansprache, welche nicht eine Interpretation des Bildes der Einführung sein soll, sondern welche Gedanken einschlagen soll, welche die Seele in eine gleiche Richtung lenken wie das Bild. Es soll in dieser Rede enthal­ten sein, daß die Seele bei dem Wesen der Welt-Evolution schon war, bevor sich das gegenwärtige Sonnensystem gebildet hat. Daß von den hohen Weltenkräften dieses Sonnensystem zur Weiterent­faltung besonderer Kräfte des Menschen gebildet worden ist. Wie der Mensch sich als Geistwesen im Sonnensystem dem Christus ver­bunden fühlen kann ohne Hochmut, wird charakterisiert.

Dann schließt mit der Zeremonie des 3. Grades die Handlung.


__________


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Zum Aufnahmeritual in den dritten Grad

Teilnehmeraufzeichnung, aus der hervorgeht, daß in diesem Ritual ein vierter Altar (im Norden) figurierte.

Nachdem die Glockenschläge erklungen waren, heißt es:

(Zu den anwesenden Meistern):

«Lasset uns nun suchen das Grab des Hiram Abiff.»

(Es folgt ein Umgang.)

«Hier ist das Grab des Hiram Abiff. Einen Akazienzweig pflanze ich auf diesem Grabe zum Zeichen dafür, daß dein höheres Selbst herauslebe aus deinem niederen Selbst, wie dieser Akazienzweig aus deinem Grabe.»1)

(Hierauf spricht einer):

«Memento mori! Denke an den Tod, denke, daß alles Sterbliche an dir nicht du bist.»

(Sodann spricht der Generalgroß meister):

«Neugeboren soll er sein wie einstmals Hiram Abiff.»

(Dies wird von einem der Meister, der am Nordaltar steht, nachge­sprochen.)

(Der Generalgroß meister spricht):

«Das Licht soll ihm leuchten aus dem Osten, wie einstmals Hiram

Abiff. »

(Wieder von einem der Meister, der am Westaltar steht, nachge­sprochen.)

(Der Generalgroß meister spricht):

«Sieger soll er sein über den Tod, wie einstmals Hiram Abiff.»

(Wieder von einem der Meister, der am Südaltar steht, nachge­sprochen.)

__________

1) Akazie = Kassia (vgl. S. 197).


GA 265 Zur Geschichte und aus den Inhalten der Esot. Schule 19041914

Seite 201


(Nun tritt der Generalgroßmeister an den Sarg heran; dieser wird geöffnet und der Generalgroßmeister spricht):

«Mit dem Löwengriff des Meisters hebe ich dich aus diesem

Grabe.»

(Er hebt ihn heraus und spricht in leisem Tone zu ihm das Meister­wort):

M. . b. . a . .» [Mach ben ach] Die Knochen lösen sich aus dem Fleische heraus mit dem Meistergriff.

Entwürfe und Teile von Ritualtexten

#G265-1987-SE204 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

#TI

Entwürfe und Teile von Ritualtexten

#TX

Notizen zum Ritual für die Aufrahme in den ersten Grad

im Notizbuch Archivnummer 611

Chl. Culd: - [ = ? Culdeer, irische Mönchsgenossenschaft]

Kammer des Nachdenkens:

Thema: Jn meines Vaters Hause sind viele Wohnungen ...

«Nicht ich, sondern Christus, der in mir ist ->

Hölle:

Gang durch das Leben: die weisen Meister - auf Johannes gestützt.

A tiantis: A rche - Tempel.

Lemuria: Das Wort. Gottes Söhne. Die Söhne Gottes fanden, daß die Töchter der Menschen

schön seien.


Vögel des Himmels: sie säen nicht, doch

#SE265-205

#Bild s. 205

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Entwurf zum Aufrahmeritual des ersten Grades

Eintragung im Notizbuch Archivnummer 612

Nachdenken: Ich fühle mich

Dem Leben entführt

Meiner Sinne Wahrnehmung erloschen

Verstandtätigkeit getilgt

Nichts um mich

Jch im Nichts

Einsamkeit

Schweigen

Wesenlosigkeit

Lucifer: Du bist in dir

Du bist in deinem Seelenreich dein Herr

Du kannst dir selbst alles sein

Lerne dich erkennen

Erfühle dich

Eine Welt ist dein.

Eine Welt ganz Geist.

Eine Welt voll Wert.

J'as1): Schlag

Die Sühne dieses Fühlens:

Aussicht in die Ewigkeit der Einsamkeit.

Verzeihung: Rückführen in die Welt der verkannten Boten -

Wissen - durch die Inkarnationen: Schrift. -

Zwei Säulen. -

Atlantis: Sprache.

T.

Adler: am Leibe zehrend - Tagwachen

Eule: Nacht durchdringend - -

Rabe: die Kultur verdunkelnd -

1) Es ist unklar, was diese Abkürzung besagen soll; eventuell könnte es «Jehovas» heißen.

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Wortlaut für die «Kammer des Nachdenkens»

a) Text nach einer alten maschinengeschriebenen Vorlage

Du sitzest in der Kammer des Nachdenkens. Diese symbolische Handlung soll dir anzeigen, daß du dich in diesem Augenblicke erin­nern sollst, wie der Mensch still, ohne irgendwelche Eindrücke von außen, immer wieder durch Versenkung in sein Inneres erkennen solle, daß er eine fest geschlossene Persönlichkeit mit entschiedenen Empfindungen, Gedanken und Willensimpulsen bilden muß. Nur als solche kann er seinen Weg als ein Bürger unseres Erdenplaneten finden. Ein festgeschlossenes Ich mußt du sein. Damit du dir dar­über und auch klar wirst, ob du bei nochmaliger reiflicher Überle­gung in unseren Bund aufgenommen werden willst, lassen dir die hier versammelten Brüder und Schwestern eine Weile Zeit zum Nachdenken. Nach einem kräftigen Hammerschlag wirst du, wenn du bei deinem Vorsatz aufgenommen zu werden beharrst, mit einem deutlichen Ja antworten.

b) Text nach einer Originalhandschrift Marie Steiners

Ihr sitzet sinnbildlich in der Kammer des Nachdenkens, dies zum Zeichen dafür, daß ihr in diesem Augenblicke einen tiefen Blick in euer Inneres, in den Mittelpunkt eures Wesens tun sollt, denn derje­nige, der den okkulten Pfad betritt, muß sich klar werden, daß er in bezug auf seine Empfindungen, Gefühle, Meinungen und Willens-impulse alles aus dem tiefsten Mittelpunkt seines eigenen Wesens her­vorholen muß. Nur derjenige Mensch, der so den festen Stützpunkt in sich selber findet, kann ein Bürger unseres Erdenplaneten sein. Dadurch wird der Mittelpunkt seines Wesens mit dem Mittelpunkt seines Planeten fest verbunden und er findet mit der Erdenmission zusammen seine eigene Entwickelung. Bei allen Verrichtungen des Lebens muß der okkult Strebende aus eignern freien Empfinden, Fühlen, Denken und Wollen seine Impulse holen. Dies durch einen tiefen Blick in euer Inneres euch klarzumachen und noch einmal

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reiflich nachzudenken darüber, ob ihr bei eurem gefaßten Ent­schlusse bleiben wollt, in unsre Gemeinschaft aufgenommen zu wer­den, sitzet ihr symbolisch in dieser Kammer des Nachdenkens. Es wird eine kurze Zeit vollkommener Stille um euch herum sein, da sollt ihr über diese beiden Dinge mit euch zu Rate gehen. Dann wird ein langer Hammerschlag die Stille unterbrechen und wenn ihr bei eurem Vorsatze beharrt, werdet ihr mir auf meine Frage mit einem deutlich vernehmbaren Ja antworten.

Wortlaut für die «Hölle»

Text nach einer Originalhandschrift Marie Steiners

Ihr sitzet nun symbolisch in der Hölle. Dies zum Zeichen dafür, daß in das Leben hineinragen die Kräfte des Leides, des Schmerzes, des Bösen ebenso wie die des Idealen, der Freude, des Guten. Wer den okkulten Pfad betritt, muß sich klar machen, daß er diesen Kräften der Hölle ebenso unbefangen entgegentreten muß, wie den Kräften des Himmels. Frei nach dem Guten kann nur derjenige streben, der auch das Böse wählen kann. Daß ihr euch klar macht, daß euer Weg auch über die Kräfte der Hölle führt - [dazu] ist dieses sinnbildliche Sitzen in der Hölle.

Wortlaut zur «Wanderung durch das Leben»

Text nach Originalhandschrift Marie Steiners

Dieses war die Wanderung durch das Leben. Ihr seid symbolisch einen Weg geführt worden, den ihr später in Wirklichkeit kennen werdet. Den Ausgang haben wir genommen von dem Punkte, wo ihr standet, bevor ihr die Aufnahme in diese Gemeinschaft suchtet. Es ist der Zeitpunkt der Gegenwart, in dem ihr lebt. Von da aus seid ihr zurückgeschritten durch lange Zeiträume, durch Zeiten und Ras­sen, in denen eure Seelen, die jetzt in euren Leibern wohnen, in andern

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Leibern andrer Zeiten, andrer Völker verkörpert waren. Wir leben jetzt innerhalb der gegenwärtigen Rasse. Ihr ist vorangegangen die griechisch-lateinische, die ägyptisch-babylonisch-assyrische Ras­se, die uralt persische Rasse und die indische Rasse. In all diesen Ras­sen waren eure Seelen verkörpert. Und jetzt steht ihr zwischen zwei Säulen, den Säulen des Herkules. Wäre man einstmals durch diese geschritten von Osten nach Westen, so wäre man gekommen in das alte atlantische Land, das von der großen Flut hinweggespült wor­den ist, die in den Sagen und Mythen der verschiedenen Völker als Sintflut erhalten ist. Auch da waren eure Seelen in atlantischen Lei­bern schon verkörpert. Aber sie waren in ganz anderen Lebensver­hältnissen, da die Verhältnisse der Erde um euch herum ganz ver­schieden von den späteren waren. Nicht so wie nach der Flut waren vorher Regen und Sonnenschein verteilt in der Luft, sondern die Luft war noch erfüllt von dichten schweren Wassernebelmassen. Das bewirkte, daß das Seelenleben ganz anders wurde nach der Flut. Der Mensch versteht Allweisheit der Natur um ihn herum, wenn die Luft durchsetzt ist von dern Wasser, von den Wassern der Weisheit. Nicht unartikulierte Laute sind ihm dann das Rieseln der Quelle, das Rauschen der Bäume des Waldes, das Sausen der Wasserwellen, das Rollen des Donners, sondern weisheitsvolle Ausdrücke des die Wirklichkeit durchflutenden Geistes. Erst mit dern Zurücktreten des Wassers aus der Luft muß der Mensch die Gesetze und Gebote seines Handelns, die Regeln des sozialen Zusammenwirkens mit an­dern durch die Vermittlung des Menschenmundes hören. Gebote und Gesetze gab es erst in der nachatlantischen Zeit. Alles, was hier mit euch geschieht, hat eine tief sinnbildliche Bedeutung. Daß ihr rückwärts geführt worden seid, bedeutet, daß ihr jetzt sinnbildlich durchwandert habt die Strecke rückwärts, die in Wirklichkeit eure Seelen vorwärts gegangen sind durch die vorhin genannten Rassen und Zeiten hindurch. Und ihr seid mit verbundenen Augen geführt worden, weil der größte Teil der Menschheit in der Finsternis diese Zeit durchlaufen hat. Aber er ist geführt worden von den weiter ent­wickelten Individualitäten, von den weisen Meistern des Ostens. Ihnen leuchteten voran wie in goldener Schrift die großen Grundsätze,

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die während dieser sinnbildlichen Wanderung an euer Ohr ge­drungen sind. Im Sinne dieser Grundsätze haben die weisen Meister des Ostens die Menschheit geführt: Der Mensch wandelt sein ganzes Leben in der Finsternis, nur die Erkenntnis kann ihn zum Lichte führen. Wen nur Neugierde zur Erkenntnis treibt, der kann niemals zur Erkenntnis kommen, denn die bloße Neugierde wird durch die Erkenntnis nicht befriedigt. Wer einen Unterschied macht zwischen Mensch und Mensch, der kann zur Erkenntnis nicht gelangen, denn wer zur wahren Erkenntnis vordringen will, der darf einen Unter­schied zwischen Mensch und Mensch nicht machen. Wer seinen Fehlern und Irrtümern in voller Selbsterkenntnis nicht ins Auge schauen will, der kann zur Welterkenntnis nicht kommen, denn zur Erkenntnis des Geistigen gelangt nur, wer erst über seine Fehler und Irrtümer sich aufklärt.

Nach diesen goldenen Sätzen haben die weisen Meister des Ostens die Menschheit, euch, geleitet. Ihr waret am Ausgangspunkte des Weges näher der Gottheit als jetzt, denn der Mensch ist herunterge-stiegen aus dem geistigen ins materielle Dasein und ihr werdet jeden der Schritte, die ihr herabgestiegen seid, hinaufzusteigen haben; aber nicht in der Finsternis, sondern im Lichte der okkulten Erkenntnis. Alles was euch beim Heruntersteigen begegnet ist, wird euch beim Hinaufsteigen, aber in heller lichter Klarheit, in umgekehrter Rei­henfolge wieder begegnen müssen. Deshalb wird euer Aufstieg unter dern Einfluß der gehörten Grundsätze unserer weisen Meister des Ostens erfolgen müssen.

Die Wanderung durch das Leben geht nun weiter durch die beiden Säulen des Herkules ins alte atlantische Land.

Ihr habt euch nun vorzustellen, daß ihr im alten atlantischen Lan­de seid, wo eure Seelen verkörpert waren in den alten atlantischen Leibern. Zu denken habt ihr euch, daß ihr allseitig umgeben seid von dichten schweren Wassernebelmassen. Das bewirkt, daß alles um euch herum eine artikulierte Sprache spricht, wie später der Menschenmund. Eure Seelen konnten dazumal verstehen die Weis­heit, die da sprach aus dern Rieseln der Quellen, aus dern Rauschen der Wasserwogen, aus dem Sausen des Windes im Walde, und wenn

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eure Seele wissen wollte am Morgen, was sie zu tun habe, da brauchte sie nicht zu hören auf ein Gesetz oder Gebot aus Menschenmunde, sondern da horchte sie hin auf die Sprache der Elemente und ver­nahm die weisen Gebote. Und wenn sie die großen Ereignisse des Daseins wissen wollte, da sagte ihr diese das Rollen des Donners. Alles, alles sprach eine deutlich vernehmbare Sprache. Und wenn die Seele ganz still in sich wurde, wenn sie ihre Aufmerksamkeit ab-lenkte von dern Rieseln der Quellen, dern Rauschen der Wasserwo-gen und dern Säuseln des Windes im Walde, da hörte die Seele einen Grund- oder Zwischenton, der durch alles, alles hindurchtönte. Ent­weder hörte sie ihn, wenn sie still in sich wurde, oder hinausging in die Einsamkeit, wo nichts anderes zu hören war. Allüberall konnte sie ihn hören in der alten Atlantis, im Norden, Süden, Osten, We­sten. Und wenn sie ihn hörte, dann empfand sie, daß der große Geist zu ihr sprach, der durch alles flutete, der große Geist, der in den Wassern der Weisheit waltete. Und also vernahm die Seele den Ton des großen Geistes: Tao - und dann wurde die Seele still und ehr­fürchtig und gab betend den Ton dern großen Geiste zurück: Tao. Also sprach die Seele mit dem großen Geiste T T (lauter) T T (stiller) und die Seele empfand dabei nicht nur diesen Ton - sie fühlte in tiefer Weisheit alle Schauer der Welt, von denen sie durchströmt wurde.

Das Sitzen in der Kammer des Nachdenkens und in der Hölle wird symbolisch die Erdenprobe genannt, weil die Seele in ihrem gegen­wärtigen materiellen Dasein sich fest mit dern Mittelpunkt der Erde verknüpft wissen soll. Das folgende Wandeln durch die wasserfreie Luft erinnert sinnbildlich an die Luftprobe der Menschheit und jetzt seid ihr im Sinnbild erinnert an die große Wasserprobe der Mensch­heit während der atlantischen Zeit. Alle Religionen und Weltan­schauungen, die auf die okkulte Weisheit gebaut waren, haben sich im Sinnbild der Wassertaufe oder Wasserprobe die Erinnerung an diese große Wasserprobe der Menschheit erhalten. Und weil der Mensch Schritt für Schritt dieselben Punkte wieder treffen soll bei seinem Aufstieg in heller lichter Klarheit, so vollziehen solche Bekenntnisse und Weltanschauungen bei der Aufnahme in ihre

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Gemeinschaft sinnbildlich die Wassertaufe. Denn wieder soll der Mensch geführt werden durch den okkulten Pfad dahin, daß er um sich herum aus den Elementen die Weisheit vernimmt. Diese Gemeinschaft soll euch zu solchem Einssein mit der Gemeinschaft der Wasser führen. Deshalb habe ich an euch zu vollziehen diese sinnbildliche Wassertaufe zum Zeichen der Aufnahme in unsere Gemeinschaft.

Ich taufe dich mit dem Wasser der Weisheit zum Zeichen der Aufnahme in unseren Bund.

Die Wanderung durch das Leben geht noch weiter in urferne Ver­gangenheiten zurück, in jene Gebiete der Erde, wo eure Seelen in Leibern verkörpert waren, nachdem sie eben heruntergestiegen wa­ren aus dern Schoße der Gottheit. Damals waret ihr noch nicht um­geben von Wassernebelmassen, sondern die Erde war noch in allen ihren Substanzen eingehüllt in warme feurige Dunstmassen. Eure ersten Leiber bestanden aus den Materien des alten Feuerlandes, Schal Male. Und ihr waret umgeben von feurigen Dünsten und Ne­belmassen. Damals als eure Seele eben heruntergestiegen war aus dern Schoße der Gottheit, war sie nicht nur innig verknüpft mit der Weisheit der Elemente um sich her, sondern magisch mit dern Wil­len der Elemente. Sie bestand ihrer Substanz nach aus demselben Willen der Gottheit, aus dern auch die feurigen Elemente rings um sie hervorgegangen waren. Und magisch wirkte euer Wille auf diese Elemente. Wenn euer Wille sanft war und eure damaligen Glieder hinstrichen über die Feuermassen, dann besänftigten sich die Ele­mente. Wenn aber euer Wille wild wurde, dann tobten die Elemente in wilden Tumulten. Und weil der Wille großer Menschenmassen böse wurde, brachte er ganze Ländermassen in stürmisches Toben und durch des Menschen bösen Willen selbst ging Schal Male unter. Nur ein Teil der Menschen rettete sich in die Atlantis. Dies war die große Feuerprobe der Menschheit, die jetzt sinnbildlich an euch herantritt.

(Lichter)

Die Wanderung durch das Leben ist zu Ende.

(gesetzt auf Stuhl)

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Klar müßt ihr euch machen, daß ihr durch den okkulten Pfad wie-der hinaufgeführt werden sollt zu dern Schoße der Gottheit, aus dern ihr heruntergestiegen seid. Dieser Aufstieg ist an gewisse Bedingungen geknüpft, die der Mensch zu erfüllen hat. Er muß außer acht lassen alles, was ihn bei seinem Streben in der äußeren Welt vorwärtsbringt. Da bringt ihn vorwärts Abstammung, Blutsverwandtschaft, Rang, Titel und Würden, Geld und Gut und Besitz. Das alles ist wertlos auf dern okkulten Pfade. Denn alles, was aus Abstammung, Blutsver­wandtschaft, Geld, Gut und Besitz stammt, endet mit diesem ... Ewig ist allein, was ihr durch die eigenen Kräfte eurer Seele - eurer armen Seele, wie wir sagen - erstrebt. Deshalb müßt ihr euch im Kreise eurer Schwestern und Brüder nackt und entblößt denken gegenüber allem, was zu äußerem Streben dient. Angetan sollt ihr sein bloß mit dern symbolischen Kleide des Maurers, dessen tiefe Bedeutung euch nach­her enthüllt werden wird. Die verehrungswürdige Schwester wird den neu Aufzunehmenden das symbolische Kleid des Maurers anlegen.

Nunmehr ist der Zeitpunkt gekommen, wo ihr zum ersten Mal sehend in dern Kreise der Schwestern und Brüder sein werdet. Zum Zeichen dafür, daß ihr bewußt in lichter Klarheit all die Schritte hin­auf zum Schoße der Gottheit unternehmen wollt, die ihr herabge­stiegen seid auf eurer bisherigen Erdenpilgerschaft

Was wünschen diese Frauen und diese Männer Licht

(Formeln --- Gebet u.s.w.)

Das allgemeine Gelöbnis

Nun hast du mir das besondere Gelöbnis für den ersten Grad des okkulten Maurers hier am Altar des Ostens abzulegen.

Das linke Knie auf diese Stufe, das rechte Knie im rechten Winkel gebeugt, die Hand auf diese heilige Urkunde des Menschenge­schlechtes, das aufgeschlagene Johannes-Evangelium, sprichst du mir das Gelöbnis des ersten maurerischen Grades nach: -

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Aufieichnungfür den dritten Grad

Text nach Originalhandschrift Rudolf Steiners

Notizblatt Archivnummer 6969

Frage: Gelernt habe ich, daß Ehrfurcht die wichtigste der Tugen­den ist, welche den Maurer am Tempelbau der Mensch­heit zieren. Doch noch nicht weiß ich anzuwenden die Ehrfurcht. Darum frage ich heute: wie viele der Ehr­furchten gibt es, o Meister?

Antwort:

2. Frage: Wie kann ich lernen die erste der Ehrfurchten?

3. Frage: Wie kann ich lernen die zweite der Ehrfurchten?

4. Frage: Wie kann ich lernen die dritte der Ehrfurchten?

5. Was haben die Schwestern und Brüder zu vollführen ob solcher Rede über die «große Lehre von den Ehrfurchten» des 3. Grades?

Fragmente und Entwürfe zu den Ritualien der höheren Grade

Aufreichnung für den vierten Grad 1)

Die Realitäten des Makrokosmos sind die Konsonanten

Verschiedene Gefühle

Das Umschließende, das nach einer Seite offen ist: b

1) Originalhanöschrift nicht vorhanden. Text nach handgeschriebener Abschrift von Berta Reebstein, der Sekretärin Marie Steiners, in einem Notizbuch, das nur Abschriften von Originaltexten Rudolf Steiners enthält.

#SE265-215

Man muß fühlen lernen, wie die verschiedenen Vokale, die im Men­schen sind, sich im Äußern einschließen. - Fühlen lernen die Voka­lisierung des eigenen Innern und sie in verschiedener Weise an die äußere Welt anpassen.

#Bild s. 215a

Die Vokale geben alles, was man vom Menschen zu wissen braucht. Sie geben den innern Schlüssel zum Makrokosmos.

#Bild s. 215b

i - Streben nach der Gottheit

ei - heilige Scheu vor der Gottheit

a - Erhabenheit der Gottheit

ä - etwas weniger erhaben

o - Umfassen der Gottheit

ö - Scheu vor dern Umfassen

#SE265-216

Niederschrift zur Eröffnungshandlung für den vierten Grad 1)

Tex: nach Originalhandschrift Rudolf Steiners; ab «Großmeister: Gib mir das Zeichen»

nach der Originalhandschrift Marie Steiners. Notizblatt Archivnummer 6970/71


IV. Grad

Frage: Wie wird dieses hohe Kapitel vorbereitet?

Antwort: Dadurch, daß gesehen wird, ob alle Türen sorgfältig geschlossen, und weder Profane noch Lehrlinge, Ge­sellen noch Johannitische Meister anwesend sind.

Befehl: Dies ist auszuführen.

Michael: Mit dern ehrerbietigsten Gruß wird von mir die Mel­dung gebracht, daß das Kapitel allseitig gedeckt ist.

Großmeister: Da alles bereit ist, wird das Kapitel eröffnet.

Dialog

Großmeister: Weist mit dern Degen nach den vier Richtungen

Michael: Der Groß meister hat durch Anrufung der 4 das Ka­pitel eingeleitet.

Großmeister: Schreibe die 4

# Bild s. 216

Großmeister: Gib mir das Zeichen.

Michael: (Rechter Daumen auf die Stirn, rechte Hand in die Höhe, Gesicht gegen Himmel)

Großmeister: Gib mir das heilige Wort.

Michael: Adonai

1) Vorn Aufnahrneritual liegt nichts vor.

#SE265-217

Großmeister: Gib mir das Paßwort.

Michael: Cavaret.

Großmeister: Was verstehst du als Ritter des hohen 4. Grades?

Michael: Den Cassiazweig zu entblättern.

Großmeister: Was bedeutet dies?

Michael: Die grobe Materie in feinste Teile auflösen.

Großmeister: Was ist dir jetzt die eine Säule?

Michael: Die Sonne.

Großmeister: Was ist dir die andere Säule?

Michael: Der Mond.

Großmeister: Warum ist dieses?

Michael: Weil Sonne und Mond zusammen den Cassiazweig bilden, d.h. die feine Materie zur groben gliedern.

Großmeister: Was ist nun dein Heil?

Michael: Den hohen Meistern der Vormenschheit zu ge­horchen.

Großmeister: Was bist du daher?

Michael: Frater latae observatiae.

Niederschrift zum Aufrahmeritual für den fünften Grad

Text nach Originalhandschrift Rudolf Steiners Notizblatt Archivnummer 6973

Rosiges Kreuz oder «Ritter vom Adler und Pelikan»

Wer klopft?

Ein Bruder Meister, der in die Gemeinschaft der Ritter vom Rose Croix aufgenommen zu werden wünscht.

Wessen Standes ist er?

Er ist Freimaurer.

#SE265-218

(Rede über die Bedeutung des 18. Grades) 1)

Woher kommen Sie?

Aus Judäa.

Welchen Weg haben Sie genommen?

Über Nazareth.

Aus welchem Stamme sind Sie?

Aus dern Stamme Juda.

Welches sind die Zeichen?

I N R I 2)

Niederschrift zur Eröffnungshandlung für den fünften Grad

Text nach Originalhandschrift Marie Steiners

Notizblatt Archivnummer 6971/72

Royal Arch

5. Grad

Großmeister: Meine ehrwürdigen Brüder, was der 6. Schöpfungs­tag aus dern 5. gemacht hat, das erfülle unsere Seele. Deine Pflicht?

Michael: Zu sehen, ob die Türen allseitig geschlossen, das ho­he Kapitel gedeckt, keine Profanen, keine Johannes-maurer und keine Wartemaurer anwesend sind.

1) Dieser in Klammern stehende Satz ist eine Einfügung von der Hand Marie Steiners. Neben dem Blatt ist von ihrer Hand noch vermerkt: »Ein Bruder vom roten [rosigen?] Kreuz und von Babylon, der zum Ritter vom rosigen Kreuz und in den Orden vom Adler und vom Pelikan aufgenommen werden will.»

2) Mit diesen Buchstaben dürfte der hermetische Ausspruch »Igne natura renovatur integra» (Durch das Feuer erneuert sich die Natur zur Gänze) gemeint sein.

#SE265-219

Großmeister: Erfülle deine Pflicht.

Michael (tut es): Dern ehrwürdigen Groß meister wird von mir verkündet, daß das hohe Kapitel im tiefsten Ge­heimnis, unter voller Deckung arbeiten kann.

Großmeister: In welchem Ziele steht unser Wirken?

Michael: In der 4

Großmeister: Welches sind die 4?

Michael: Lerne schweigen und dir wird die Macht Begib dich der Macht und dir wird das Wollen Begib dich des Wollens und dir wird das Fühlen Begib dich des Fühlens und dir wird Erkenntnis.

Großmeister: Wohin gelangst du durch diese 4?

Michael: Zur Erkenntnis der 7

Großmeister: Zeichne die 7

Michael: (zeichnet)

#Bild s. 219a

Großmeister: Worin siehst du die 7 verwirklicht?

Michael: In den 4

Großmeister: Nenne die 4

Michael: Das Astralische, das Animalische, das Vegetabilische, das Mineralische.

Großmeister: Was bindet die 4?

Michael: Das verlorene Wort bindet die 4

Großmeister: Wie kennst du das verlorene Wort?

Michael: Im Zeichen

Großmeister: Zeichne es.

#Bild s. 219b

Großmeister: Gib das Kapitelzeichen

Michael: (gibt es)

Großmeister: Welches ist der Griff?

Michael: In die vier.

#SE265-220

Großmeister: Das heilige Wort?

Michael: Ich bin der Ich bin. Jahv[e]

Großmeister: Das Kapitelpaßwort?

Michael: Ressurrectus.

Großmeister: Was ist deine Aufgabe?

Michael: Im reinen Salz durch das läuternde Schwefelfeuer die Mercurialseele bilden.

Fragmente, die nicht zugeordnet werden konnten

Handschriftliche Aufzeichnung Rudolf Steiners

Notizblatt Archivnummer 6974

Woher kommst du?

Aus der Loge des hl.Johannes

Was macht man in der L... des hl.Joh.?

Man errichtet dort der Tugend Tempel und man gräbt dort Gefäng­nisse für die Laster.

Was bringst du von dort?

Wohlfahrt, Fortschreiten, und Wohlwollen aller Menschheit -Was gedenkst du hier zu tun?

Meine Leidenschaften besiegen, meinen Willen unterwerfen und neue Fortschritte zu machen.

Nimm deinen Platz ein, mein B. . . und sei willkommen an dieser Stätte, wo entgegengenommen werden mit Bewußtsein die Strahlen deiner Lichter. -

#SE265-221

Einzelne Texte Rudolf Steiners in der Handschrift von Marie Steiner-von Sivers

Weisheit hat dich leiten sollen, solange du an diesem Tempel bautest, der da ist irdisches Bild des geistigen Lebensstromes. Lichtwasser ist dir jetzt diese Weisheit, zu leiten dich, da deine Seele entfaltet die Samen der Weisheit.

Schönheit hat deine Arbeit zieren sollen, solange du an diesem Tempel bautest, der da ist Bild sich selbst beschränkenden Form-Schaffens:

lösendes Salz ist dir jetzt diese Schönheit, da deine Seele löset die Hüllen deines Geistsamens.

Stärke hat ausführen sollen deine Arbeit, solange du an diesem Tem­pel bautest, der da ist ein Bild schaffender Daseinsmächte: bildendes Feuer, zu dern zurückkehrt die Asche deines Leibes, ist dir in der Zukunft diese Stärke, da dein Geist sich einet den Weltengeistern, zu schaffen den großen Tempel des Seins.

Brüder der Vorzeit, Eure Weisheit durchdrang die Wasser des Ele­rnentenreichs und gab unserer Schwester irdische Hülle, auf daß sie offenbaren konnte in der Welt, was ihre Seele unter eurer weisen Führung vorzeitlich angenommen hat.

Brüder der Gegenwart, in eure weise Führung suchte unsere Schwe­ster zu kommen, auf daß an ihrem Teile offenbar würden eure Gottesgedanken.

Brüder der Zukunft, in Eures Baues Plan wollet ihr einfügen die Seele unserer Schwester, auf daß sie weiterströme in eurer Kraft, im Leibe eurer großen Seele.

#SE265-222

Und du Schwester, die du dich verbandest mit uns, zu erstreben das Schauen der Höhen ewigen Lichtes, deine Kräfte, die da strömen in anderer Seinsform, lasse sie einfließen diese Kräfte, in unsere Arbeit, wirke mit uns in dern Sanktuarium spirituellen Lebens: wir aber sind untrennbar in unseren Seelen mit der deinen.

Eins, Einig, Einheit.

Vorbereitet durch das Schweigen, wird es gesprochen mit Hülle des von oben Empfangenen.

Der Weisheit zum Träger sich zu machen, gelobt dert [Rosenkreu­zer] Maurer seinem Gotte in der Seele seines Geistes. Einen Tempel dieses Gottes erblickt er in der menschlichen Hülle seines Wesens. Zum Bildner dieses Tempels sich zu machen gelobet er. Nichts will er denken, was der Weisheit zu schämen sich hätte. Es schwebt vor seinen Augen die Losung:

Mein Sinnen soll allüberall suchen dich, göttlicher Geist.

Der Schönheit zum Diener will sich machen dert [Rosenkreuzer] Maurer; der Schönheit gelobt er sich, weil in ihrem Schoße nur kann gedeihen das Leben des Gottes in seiner Seele. Es vermeidet der t[Rosenkreuzer] Maurer einen Schein, der da widerspricht dern Sein; er sucht im Schein des Seins wahre Verkörperung. Es atmet in seinem Atem die Losung:

Meine Rede soll dich, göttliche Seele, offenbaren.

Der Starkmut zur Hülle will sich machen der t [Rosenkreuzer] Maurer; der Starkmut gelobt er sich, weil nur durch ihr Feuer reifen kann das Wesen des Gottes in seinem Herzen. Es sucht zu entfliehen dert [Rosenkreuzer] Maurer der Schwachmut, die nur lähmt alles

#SE265-223

Heiles Fortgang; er sucht die Starkrnut, die mit scharfern zwei­schneidigem Feuerschwert bereitet die Bahn allem Fortschreiten. Es schlägt in seinem Herzen die Losung:

Mein Herzschlag soll dich, göttlicher Wille, bekräftigen.

I

Es tragt mich der Boden der Erde;

Es hüllt mich ein die Luft der Erde;

Um mich schau ich der Berge Felsen;

Um mich erblüht der Erdenwelt Pflanzenkleid;

Es lebt Empfindung im Reich der Tiere,

Das wie in tausend Einzelformen

Auseinandersetzt meines eignen Wesens Fülle.

Zu stets Höherem sich zu gestalten fühle ich Kraft,

Den Menschen macht allein dies edle Streben.

II

Aus dern Boden der Erde ist er geboren.

Aus der Luft der Erde ist er belebt,

Den Felsen der Berge ist er verwandt,

Dern Pflanzenkleid ist sein Dasein verwoben,

Das Reich der Tiere trägt seines Geistes Kraft;

Doch wie zum harmonischen Wunder

Gefügt ist Erde, Felsen, Leben in ihm.

Sinken wird der Erde Boden unter ihm.

Todträger wird sein der Kreis der Luft.

Stürzen werden der Berge Felsen,

Verdorren wird das Pflanzenkleid,

Betäubt wird sein der Tiere Leben.

Er aber wird tragen die Frucht des Erde-Seins

Zu neuem Weltenschaffen in ferner Zeit.

#SE265-224

Zu fühlen dieses Zieles ewigen Wert

Erschafft die Weisheit in jeglichern Denken,

Empfängt die Schönheit in jedem Lebenshauch,

Reift die Starkmut in jeglichem Puls des Blutes.

Ihr weisen M. d. O. [Meister des Ostens], wir treten im Geiste vor euch hin mit dern gereinigten Verlangen, daß des Herzens Zentrum schweigen soll im Ausdruck des Äußern und brennen soll im Feuer eines neuen Innern. Lasset in uns die Grundfeuer erkeimen, die da schmelzen und vereinigen die Elemente des Tempels, der sein soll würdiger Wagen deines Gotteswesens. 1)

Der alte Tempel wird den neuen gebären.

Die drei mögen einen neuen Wagen aus unseren Zeichen erstehen lassen .

Die Drei mögen Audhurnla fruchtbar machen.2)

Es spricht, der da sitzt inmitten der Sterne der Weisheit:

Es wird kommen die Zeit, da öde und wesenlos sein werden des Menschen Intelligenz und Sinnenlust. Und unfruchtbar wird sein die Fleischeskraft und lahm wird sein die Tochter des Hirns. Und was unter Menschen gegründet haben Sinnendenken und Sinnen-fühlen wird vertrocknen wie Meer vertrocknet in zehrender Hitze.

1) »Wagen» dürfte auf Ezechiels Vision vom göttlichen Thronwagen, «Merkaba» deuten, mit der in der jüdischen Mystik eine besondere Geheimlehre verbunden war.

2) Audhumla = in der nordischen Mythologie die aus dem Ureis entstandene Kuh, siehe Vortrag Berlin, 7. Oktober 1907.

#SE265-225

Aber blühen wird die Offenbarung der Sterne der Weisheit. Mir ge­hört, was zu Silber gewandelt, was als Gold ihr bewahrt habt, - so spricht der da sitzt inmitten der Sterne der Weisheit.

Leuchtender wird sein die Offenbarung des neuen Tempels als des Ersten, und sich selbst gefunden wird sich haben das Ich im Ich.

Der Einzuführende vor den Toren: M. M.

Gedenke, daß du dich zurechtfinden mußt in Gefilden, wo du nie warst:

Westen = Ahriman : Er will du sein.

Süden = Luzifer : Er will du sein.

Osten = gold. A

Übergeben deinen Quellen

1.3.7.12.

Wasser

In nomine Elohim et per spiritum aquarum viventium, sis mihi in signum lucis et sacramentum voluntaris.

Rauch

Per serpenturn aneum sub quo cadunt serpentes ignei, sis mihi.

Hauch

Per firmamentum et spiriturn vocis, sis mihi.

Erde

In sale terrae et per virtutem vitae aeternae, sis mihi.

#SE265-226

Sylphen

Geist des Lichtes, Geist der Weisheit, dessen Hauch bestimmt die Form aller Dinge - Dringe bis zu uns

Undinen

König des Meeres, welcher die Schlüssel des Himmels hat, wir rufen dich -----

Salamander

Unsterblicher, Ewiger, ungeschaffener Vater die [der] Welt

*

Unsichtbarer König, führe uns zur Klarheit.

Handschriftliche Aufzeichnung Rudolf Steiners aus dem

Notizbuch Archivnummer 611

Grün entsteigt der Erdenmutter

Mit den leuchtenden Blurnenfarben

Wird der Sonnengeist überdecken

Was dern Boden lebend entspringt.

Kleid ist, was der Erde entsproßt

Mantel ist, was der Sonnengeist erschafft

Lebend im Innern birgt es Seele

Kraftend die Seele durchdringet Geist.

Geist werdet ihr Schwestern, ihr Brüder

Schauen nur, wenn ihr vernehmet,

Was zu künden eures Wesens Innerstes

Hat das Wort der Weisen des Ostens.

Nehmet hin das Wort des Geistes.

Die gedient ihm haben von Urbeginn,

werden ihre Kraft euch senden

durch die Weisheit, die Schönheit und Kraft.

#SE265-227

Meditation für den zweiten Grad

nach Teilnehmeraufzeichnungen

Nah'st du mir mit wahrer Wissenssehnsucht,

So will ich bei dir sein.

Ich bin der Keim und der Quell deiner sichtbaren Welt,

Ich bin die Summe des Lichtes, in dern du seelisch lebest,

Ich bin des Raumes Beherrscherin,

Ich bin der Zeitenzyklen Erzeugerin,

Mir gehorchen Feuer, Luft, Licht, Wasser und Erde.

Empfinde mich als alles Stoffes unstofflichen Ursprung

Und weil ich auf Erden ohne Gemahl bin, so

Nenne mich «Maja»

Zweite Stufe:

Ich bin Isis

Ich bin die Tochter von Saturn

Ich bin die Schwester von Osiris

Ich bin die Schülerin von Hermes

Der Gott Merkur

Ich bin die Mutter von Horus

Der geboren wurde

Mit dern Haupte unter Sirius.

#SE265-228

Meditation für den dritten Grad

Nach Originalhandschrift Rudolf Steiners

Teilnehmeraufxeichnungen tragen noch als Überschrift «Das Ich spricht zum physischen Leib».


Aus dir bin ich geboren Y. Erde

Dir gebe ich mein Zeitliches B. Wasser

Den Samen des Ewigen entnehme ich Dir M. Luft

Ihn befruchte ich mit meiner Wärme Feuer

Sein Licht beleuchte dein Ende Quinta essentia.

#Bild s. 228

#SE265-229

Meditation für den dritten Grad

Teilnehmeraufzeichnung

1. = rechter Fuß zur Stirn, Mitte zwischen den Augenbrauen

2. = Stirn bis linker Fuß

3. = linker Fuß zur rechten Hand

4 = rechte Hand durch Herz zur linken Hand

5 = linke Hand zum rechten Fuß

#Bild s. 229

Erläuterungen zu den Ritualtexten Zu den drei Worten «Weisheit - Schönheit - Stärke» (Siehe S.153)

#G265-1987-SE233 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

#TI

Erläuterungen zu den Ritualtexten

Zu den drei Worten «Weisheit - Schönheit - Stärke» (Siehe S.153)

#TX

Aus Vortrag Berlin, 2. Januar 1906

Wenn Sie die heutige Kultur erfassen wollen und sich in sie vertiefen, so werden Sie finden, daß sie in drei Gebiete zerfällt: in das Gebiet der Weisheit, das Gebiet der Schönheit und das Gebiet der Stärke. In diesen drei Worten ist in der Tat der ganze Umfang der Geisteskul-tur enthalten. Man nennt sie daher auch die drei Säulen der mensch-lichen Kultur. Sie sind dasselbe wie die drei Könige in Goethes «Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie»: der gol­dene, der silberne und der eherne König. Damit hängt es zusammen, daß man die Freimaurerei die «Königliche Kunst» nennt. Heute sind diese Kulturgebiete voneinander getrennt. Die Weisheit ist im we­sentlichen in dem enthalten, was wir Wissenschaft nennen; die Schönheit ist im wesentlichen in dem inkarniert, was wir die Kunst nennen; und was man, freimaurerisch gesprochen, die Stärke nennt, ist enthalten in dem gegliederten, organisierten sozialen Zusammen-leben der Menschen in dem Staate. Das alles faßt der Maurer zusam­men als das Verhältnis des Willens zu diesen drei Gliedern: Weisheit, Schönheit, Stärke.

(...) Wenn von denen, die davon wirklich etwas verstehen, die Rede ist von diesen Idealen, so ist bei solchen Menschen von etwas ganz Bestimmtem die Rede; von etwas so Bestimmtem, das sich zum Verlaufe der Ereignisse in den nächsten Jahrhunderten so verhält, wie der Gedanke eines Baumeisters, der eine Fabrik baut, zu dieser Fabrik, wenn sie gebaut ist.

Aus Vortrag Bremen, 9. April 1906

Freie Maurerei ist alles, was mit Hilfe von Weisheit, Schönheit, Stärke geschieht. Das richtige Aufbauen des Erdentempels ist ge­meint, nicht nur das Innere des Menschen. Gebaut wird am Inneren und am Äußeren.

#SE265-234

Der Maurer ist vor allem bestrebt, sich selbst so weit zu bringen, daß er ein würdiger Mitarbeiter am Bau des Menschen (und der Erde) sei. Der Sinn des Erdenlebens ist, daß wir unseren Planeten umgestalten, umarbeiten. Immer mehr greift menschliche Arbeit in unsere Erde ein.

Was wird die Erde einst sein? Ein Bau, den der Mensch vollendet. Und die Pflicht jedes Menschen ist, mitzuwirken an diesem Bau. In den Tempelbau müssen drei Kräfte hereingebaut werden, sonst ent­steht ein Chaos, und die Säulen, auf denen dieser Tempel ruht, sind Weisheit, Schönheit, Stärke.

Weisheit, wenn er seinen Geist veredelt; Schönheit, wenn er sein Gemüt veredelt; Stärke, wenn er seinen Willen veredelt.

Daher gelten diese drei Säulen als die Grundlage von allem Wirken.

Aus lnstruktionsstunde Hannover, Weihnachten 1911

Weisheit, Schönheit, Stärke ist eigentlich nur in der geistigen Welt vorhanden, hier unten ist nur die Spiegelung davon. Wer die Worte Weisheit, Schönheit, Stärke ausspricht, der sollte eingedenk sein, daß er damit ein Glaubensbekenntnis ausspricht. «Ich glaube an eine astralische Welt» sagt er, wenn er das Wort «Weisheit» ausspricht; «ich glaube an ein unteres Devachan» heißt es, wenn er das Wort «Schönheit» ausspricht; «ich glaube an ein oberes Devachan» sagt er, wenn er das Wort «Stärke» ausspricht. Die Spiegelung von Weisheit hier unten ist die Wahrheit, die von Schönheit ist hier unten die Frömmigkeit, und die von Stärke ist hier unten die Tugend.

Instruktionsstunde Hannover, Weihnachten 1911, Notizen von anderer Hand

In allen Mysterienstätten sprach der Schüler diese Worte als sein Glaubensbekenntnis aus: Weisheit - Schönheit - Stärke.

#SE265-235

Zum Gebet «Brüder der.... » (Siehe S. 154f.)

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Mit unserem Gebet «Brüder der Vorzeit ...» zeigen wir, daß wir an-knüpfen mit der Arbeit an die Brüder der Vergangenheit, die Brüder der Gegenwart und die Brüder der Zukunft, die Mahatmas.

Aus Instruktionsstunde Hannover, Weihnachten 1911

Wissen, empfinden sollen wir innerhalb der Mauern unseres Tem­pels, daß mit diesen uns umgebenden Symbolen auf uns einströmen die Kräfte der weisen Meister des Ostens. Wenn wir aufblicken zu denen, die uns die ganze Menschheitsentwickelung gelenkt haben vom Urbeginn der Welt an, durch die Entwickelung von Saturn, Sonne, Mond hindurch bis zur Erdenentwickelung, bis zu unserem gegenwärtigen Zeitpunkt so wenden wir uns betend, Hilfe für un-sere gegenwärtige Entwickelung erbittend, an diejenigen, die wir nennen «Brüder der Vorzeit». Und wir beten also: «Brüder der Vor-zeit ...» Blicken wir auf zu denjenigen, die uns gegenwärtig geistig leiten, so beten wir: «Brüder der Gegenwart...». Und diejenigen, die in der Zukunft sein werden die Leiter der Menschheit, sprechen wir an als «Brüder der Zukunft ...»

Aus Instruktionsstunde Hannover, 31. Dezember 1911

Die weisen Meister des Ostens sind Wesenheiten, die den drei höhe-ren Welten angehören, und die gleichsam in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft wirken, und die wir uns beim Aussprechen unseres Gebetes als über uns befindlich vorstellen.

#SE265-236

Aus Instruktionsstunde München, S. September 1912

Das erste Gebet unterscheidet uns von allen anderen derartigen Be-strebungen, die sich auf Dokumente oder auf ein überkommenes Weisheitsgut stützen. Wir berufen uns auf nichts dergleichen; wir knüpfen nur an die getane Arbeit an, an das wirklich Geleistete.

Man wird in der nächsten Zeit neben anderem, was man gegen uns unternehmen wird, auch unsere okkulte Bewegung versuchen zu verdächtigen und zu verunglimpfen, darum sollen wir wissen dieses, woran wir uns anschließen. Im Geistigen besteht eine solche Gemeinschaft wie die unsrige, sie hat aber dort nur so viel Berechti­gung, als sich Seelen zu ihr, als zur Wahrheit, bekennen. Und wem etwas nicht recht ist daran, der braucht ja nicht dabei zu sein. Wir beanspruchen weder ein Orden, noch eine Rosenkreuzerbewegung oder ähnliches zu sein, sondern unser Streben geht dahin, die Wahr­heit in der Weise zu vertreten, daß wir nicht die Weisheit als unser beanspruchen, sondern das Schaffen, das, was daraus geflossen ist als Weisheit, uns aneignen wollen.

Die Weisheit ist da. Es gab ein Urweisheitsgut der Menschheit, wie es im «Hüter der Schwelle» vom Generalgroßmeister gezeigt wird [1. Bild]. Und wie man sich dazu zu stellen hat, das heißt, wie man im okkulten Leben vorwärtskommt, das zeigt uns Maria.in der zweiten Szene mit Thomasius. Bequemer wäre es ja, eine Vorschrift für alle zu geben, aber es mußte schon einmal in unserer abendländi­schen Bewegung gezeigt werden, wie Personen von der besonderen Art eines Thomasius, Strader, Capesius und einer Maria den Ein­weihungsweg gehen.

«Zirkel und Richt maß» heißt: Eure Gebräuche übernehmen wir.

Solche Gebete enthalten in den Worten alles, was uns not tut, ebenso die «Mysteriendramen». Jedes Wort ist da an seinem Platze und voll okkulter Bedeutung. Nichts, nichts ist aus einem anderen Grunde als wegen seiner geistigen Bedeutung und Kraft so gesetzt und gesagt, wie es eben ist.

Die Gegner des Spirituellen, wie zum Beispiel ein Haeckel, tragen das Spirituelle tief verborgen in sich und ihre Rage und Wut ist

#SE265-237

eigentlich gegen sich selbst gerichtet. Weil sie im Leben nicht an ihr unterbewußtes Seelenleben heran können, zeigen sie sich nach dem Tode ganz anders gegenüber dem Spirituellen und sind am leichtesten zu zitieren zum Beispiel in spiritistischen Sitzungen.

Nietzsche ist da sehr interessant. Er konnte sich schwer trennen von seinem materiellen Teil. Darum bot er dem Seher einen solch eigenartigen Anblick schon in seiner Krankheit: der Mensch Nietz­sche, diese eigenartige Persönlichkeit, auf dem Sofa liegend und die Aura um ihn.1) Die Spaltung des Ich kommt bei solchen Persönlich­keiten zum Ausdruck: während das Bewußtsein materialistisch ist, ist das Unterbewußtsein spirituell.

«Brüder der Zukunft»: Wir haben auch keinen Namen, denn Luzifer steht Pate zu jeder äußeren Gründung einer Vereinigung oder Gesellschaft.

Aus Vortrag Bremen, 9. April 1906

Lehrling sein heißt: nachholen, was unsere Brüder in der Vorzeit geleistet haben; Geselle sein heißt: mitleben dürfen mit den älteren Brüdern der Menschheit; Meister sein heißt: mitarbeiten dürfen am Tempelbau.

Aus Vortrag Berlin, 29. Januar 1906

Nicht umsonst ist, wie ich öfter gesagt habe, im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die Theosophische Gesellschaft begründet worden. Die Art und Weise, wie sie das Geistige sucht, unterscheidet sich doch wesentlich von anderen Bestrebungen, die ebenfalls anstreben, Beweise für die Unsterblichkeit des Menschen zu erlangen. Es ist eine große Verschiedenheit in dem Suchen nach dem Ewigen, wie es in der Theosophischen Gesellschaft gefunden wird, und dem Suchen

1) Bezieht sich auf Rudolf Steiners Eindruck, als er einmal den kranken Nietzsche besuchen konnte. Siehe hierzu «Mein Lebensgang», GA 28.

#SE265-238

nach dem Ewigen in anderen auf den Geist gerichteten Strömungen. In Wahrheit ist die theosophische Bewegung nichts anderes als die populäre Ausgestaltung der die Welt im geheimen umspannenden okkulten Bruderschaften der verflossenen Jahrtausende. Ich habe schon erwähnt, daß die hervorragendste, die größte Bruderschaft Europas im 14. Jahrhundert begründet worden ist als die Rosen-kreuzer-Bruderschaft. Diese Rosenkreuzer-Bruderschaft ist eigent­lich die Quelle, die Ausgangsstätte für alle sonstigen Bruderschaften, welche die Kultur Europas erhalten hat. In diesen Bruderschaften wurde streng geheim die okkulte Weisheit gepflegt. Wenn ich Ihnen charakterisieren soll, was die in diesen verschiedenen Bruderschaften vereinigten Menschen erlangen wollten, so müßte ich Ihnen sagen: jene hohen und erhabenen Weisheitslehren und jene Weisheitsarbeit, welche in diesen okkulten Bruderschaften, von denen die Rosen-kreuzer-Bruderschaft die hervorragendste war, gepflegt wurden, brachten den Menschen dahin, daß er sich seines ewigen Wesensker­nes bewußt wurde. Sie brachten den Menschen dahin, daß er den Zusammenhang fand mit der höheren Welt, mit den Welten, die über uns liegen, und hinblickte zu der Führung unserer älteren Brü­der, zu der Führung derjenigen, die unter uns leben und die eine Stu­fe erlangt haben, die Sie alle zu einer späteren Zeit erlangen werden. Wir nennen jene die älteren Brüder aus dem Grunde, weil sie, vor­auseilend der allgemeinen Entwickelung, diesen hohen Standpunkt früher erlangt haben: also die Gewißheit des ewigen Wesenskernes, die Erweckung desselben, so daß der Mensch das Ewige erschauen kann wie der gewöhnliche Mensch die Sinnenwelt. Um dies zu er­reichen, muß der den älteren Brüdern, die überall unter uns leben, nacheifern. Diese älteren Brüder oder Meister, die großen Führer der Menschheit, sind selbst immer die obersten Leiter und obersten Vorsteher der okkulten erhabenen Weisheit gewesen, durch die der Mensch seines ewigen Wesenskernes bewußt wird.

#SE265-239

Zu den vier. Grundsätzen «Lerne schweigen... » (Siehe S. 156)

instruktionsstunde Berlin, 26. Juni 19061)

Es zerfallen in der Maurerei die Zusammenkünfte in solche, in de­nen unter vollständiger Herstellung des Rituals gearbeitet wird, und in solche, die sich mit der Instruktion befassen, die als Skelett der ganzen Maurerei zugrundeliegt und über Dinge belehrt, die jeder Okkultist als Mittelpunkt des okkulten Wesens sich tief in die Seele schreiben sollte.

Meistens macht man sich ganz falsche Vorstellungen von dem, wie man in die okkulte Welt eindringt (eintritt). Es gibt ja eine aus­gedehnte Literatur darüber, aber von den wirklich tiefen okkulten Dingen ist doch nie etwas verraten (veröffentlicht) worden; davon findet man nichts darin. Das Wichtigste ist doch nie veröffentlicht worden. Daher wird in der Regel nach der Lektüre solcher Bücher Unzufriedenheit entstehen.

Die eigentlichen Intimitäten sind als Zeichen dargestellt worden. Sie haben nur für denjenigen Wert, der sie von innen heraus zu be-leben weiß. Die meisten wenden ihre Lehrzeit im Okkultismus schlecht an, weil sie glauben, man könne (auch) durch äußere Zau­berei in die okkulte Welt eindringen.

Es gibt Zeiten, in denen es besonders gefährlich ist, durch äußere Zauberei in die okkulte Welt einzudringen. Dies war der Fall in der atlantischen Zeit, in deren vierter Unterrasse, bei den Urturaniern. Da entwickelte sich die eigentliche schwarze Magie. Deshalb muß­ten die Priester einen Teil der Weisheit geheimhalten. Die andere Epoche ist unsere heutige Zeit. Wir sind die fünfte Unterrasse in der arischen [nachatlantischen] Epoche. Alle äußeren Mittel sind heute eher dazu geeignet, die Menschen herunterzubringen. Daher ist es

1) Da Rudolf Steiner seit Anfang Januar ständig auf Reisen war, könnte es sich hier um die erste Instruktionsstunde gehandelt haben. Ob damals auch das Ritual stattfand, ist nicht bekannt. Die in runden Klammern stehenden Einfügungen sind Varianten aus den ver­schiedenen Textvorlagen.

#SE265-240

notig, daß heute sich eine Anzahl von Menschen bekannt macht mit den intimen Wegen, die in die geistige Welt führen.

Wenn der Mensch gewahr werden soll, welches die richtigen Mit-tel sind, um in die geistige Welt zu kommen, muß er erst die Hinder­nisse kennen. Vier Grundsätze muß er kennen (lernen), um durch die Vermeidung der Hindernisse in die geistige Welt zu kommen.

Der erste Grundsatz lautet:

Was du mit Worten ausgesprochen hast, darüber hast du in deiner tiefsten Seele die Macht verloren.

Also das beste Mittel, die Kraft zu verlieren, ist: viel zu reden. Daher hat man in den Brüderschaften früher überhaupt nicht von okkulten Kräften geredet. Wer viel darüber redet, verliert einen Teil der Kraft, die er sucht. Daher die Macht des Schweigens. Wenn der Mensch schwätzt, muß er sich's wohl überlegen.

Den Teil der Macht haben die Brüderschaften heute hingegeben, der in den Lehren der Theosophie liegt. Warum nun können heute gewisse Dinge mitgeteilt werden? Vor dem Jahre 1879 wäre das nicht möglich gewesen; damals hat sich aber etwas entschieden, was es ermöglichte.1) Vor 1879 hätte es bedeutet, daß überhaupt die okkulten Brüderschaften zerfallen wären, wenn nichts sonst ge­schehen wäre. Für den Teil, der mitgeteilt worden ist, sind sie auch zerfallen. Sie müssen etwas im Hintergrund haben, was sie noch nicht mitteilen, etwas Neues, Höheres.

Stellen Sie sich vor, was für ein Kraftreservoir Sie sich anhäufen durch die Dinge, die Sie verschweigen. Daher muß es bei einer Mit­teilung sein wie eine Art Resignation, wie ein Opfer; denn soviel der Mensch mitteilt, so viel sägt er von dem Ast ab, auf dem er sitzt. Die Stimmung muß sein fern, ganz fern von jedem Fanatismus oder Mit-teilungsbedürfnis. Solange Sie dies Bedürfnis haben, bedeutet es eine Schwächung Ihres Kraftreservoirs. Wer propagandistisch als Agitator auftritt, verfehlt das ganze Ziel, das er sich selber steckt.

1) In drei verschiedenen Textvor)agen heißt es «1879», in einer andern «1875». Richtig dürfte «1879» sein, denn 1875 ist zwar das Gründungsjahr der Theosophischen Gesellschaft, aber gemeint sein dürfte vielmehr das Ereignis in der geistigen Welt: der Sturz der Geister der Finsternis im Jahre 1879. Siehe hierzu «Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis», GA 177.

#SE265-241

Die theosophische Bewegung besprechen wir Maurer ganz objek­iv. Sie ist die erste, die agitatorisch aufgetreten ist. Wenn jemand die Lehre, den Begriff der Lehre so inne hat, daß sie in ihm nicht bloß fest sitzt, sondern in seiner Seele brodelnd wird, so ist sie für ihn kräfteweckend. Wer von einem solchen Buche, wie es die «Geheim-lehre» von H.P. B. [H.P. Blavatsky] ist oder von meiner «Theoso-phie» nicht das Gefühl hat, so durchrüttelt zu werden, daß es wie Feuer wirkt, der muß es nochmals lesen und immer wieder lesen, bis er es ganz inne hat, und wenn er es hundertmal und mehr lesen muß.

So ist es mit den theosophischen Lehren, die - trotzdem sie so notwendig sind, weil ohne sie die Kultur nicht weitergehen könnte, weil die Kultur sie braucht - deshalb auch so gefährlich sind, wenn sie öffentlich verkündet werden in Versammlungen und so weiter, weil dort Reife und Unreife zusammensitzen. Diese Gefahr muß aber sein; man kann die Kultur nicht weiterbringen, ohne daß sie Opfer fordert. Aber Vorsicht müssen wir pflegen, den Leuten nicht Dämonen ins Ohr setzen und jeden Satz so dämpfen, daß er nicht eine feurige Kraft wird.

Okkultisten gibt es heute und hat es immer in der Welt gegeben. Hat jemand früher zu ihnen kommen wollen, war es immer wie durch einen Zufall. Aber Zufall gibt es natürlich nicht. Aber man reiste auch wochenlang, um einen solchen zu sehen und zu befragen. Das war ein ganz anderes Verhältnis als heute, wo die okkulten Lehrer vor die Menschen hintreten oder zu ihnen reisen.

Das war ein Teil seiner Kraft, zu wissen: Was du mit Worten aussprichst, das hast du an Macht verloren. - Es handelt sich darum, das Reden von diesen Dingen zu einem Opferdienst zu machen; dann aber wächst die Kraft. Nichts ist besser für den Okkultisten, als wenn er sich gewöhnt, viel zu schweigen. Kaffeeklatsch und Dämmerschoppen, wollüstig dem Reden frönen, veranlaßt auf dem Astralplan Dämonen, Unzucht zu treiben. Wer hellsehend ist, kann das schauen, und von einem hohen Gesichtspunkte aus ist dies viel schlimmer als hier auf dem physischen Plan Unzucht zu treiben.

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Die Sprache ist heute ein Mittel geworden zur Zerstörung des menschlichen Fortschritts. Wenn Sie bedenken, was gelesen wird bloß zum Zwecke, sich befriedigen zu können - diese zahllosen Er-zeugnisse moderner Dichter und Dichterinnen (Dichterianer) -, so können Sie sich sagen, was an zerstörenden Kräften in der Welt ist. Heute wäre der größte Fortschritt zu erzielen dadurch, daß man weniger liest und druckt.

Der zweite Grundsatz ist der, daß man den Willen ertötet durch das, was man an Macht hat. Nehmen Sie an, irgend jemand tritt heute auf mit einer bedeutenden Absicht. Er kommt aus einem einsamen Winkel der Welt, steht mit niemandem in Beziehung und versucht, auf einem fremden Schauplatz eine Tat zu vollbringen. Er hat gar keine Macht, aber sein Wille ist am mächtigsten. In einem Machtbe­reich wird der ursprüngliche Wille gelähmt, weil er ihm dann rasch (schon vorher> abgestumpft wird. Vom okkulten Standpunkt hat derjenige, der am meisten Macht in der äußeren Welt hat, am mei­sten Lähmung im innerlichen Willen. Deshalb zieht ein Okkultist es vor, lieber mit einem dreiknotigen Strick durch die Welt zu ziehen, als ein König zu sein. Niemand, der die Machtlosigkeit errungen hat, würde tauschen mit einem, der ein großes Reich zu befehligen hat. Denn würde er etwas anderes tun als was diesem Reiche frommt, würde er Unsinn machen. Wer ein großes Vermögen hat, muß es verwalten; er ist gehemmt in bezug auf seinen Willen. Was er an Macht hat, schädigt seinen Willen.

Ein schönes Beispiel von dem, was man auf diese Weise erreichen kann, bietet der Engländer Oliphant.1) Er war ein sehr, sehr reicher Mann und warf alles, was er besaß, hin; gab es zu wohltätigen Stif­tungen etc. und zog arm nach Amerika, wo er sich mit seiner Hände Arbeit sein Brot verdiente. Als er sich nun etwas zusammengespart hatte, zogen er und seine Frau an den Berg Karmel und bauten sich da eine Hütte. Da fing er an, seiner Frau zu diktieren, und sie

1) Laurence Oliphant, 1829 - 1888. Englischer Diplomat, Schriftsteller, Journalist. Biogra­phie von Margaret Oliphant: W. Oliphant »Memoir of the life of Laurence Oliphant», London 1891.

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schrieb die wunderbarsten Sachen [nieder] - die man lesen kann -1), die ihm aus der geistigen Welt zuflossen. Dann starb seine Frau. Nun versuchte er selbst zu schreiben. Aber das ging nur, wenn er sich in die Hütte setzte, die er mit seiner Frau bewohnt hatte.

Hier wurde ein eigenartiger spiritueller Akt erzeugt, der als Folge des Hinwerfens der weltlichen Macht auftrat. Man verliert den Wil­len durch die äußere Macht, und man gewinnt um so mehr an Willen, je weniger Macht man hat.

Der dritte Grundsatz lautet: Man verliert um so mehr an innerem Leben, als man will. Der Wille ertötet das Leben. Soviel wie man will, so viel stirbt an innerem Leben ab, so daß jedes Ding, was wir wollen, zugleich ein Hindernis ist für unser inneres Leben, unsere geistige Entwickelung. Daher wird es nötig sein, die Gesinnung zu entwickeln, sich in seinem Willen auf das zu beschränken, was die Welt von uns fordert; nicht aus innerem Drang heraus [zu wollen]. Im okkulten Leben kommt man vorwärts, wenn man das Wollen auf das Notwendigste beschränkt. Von nichts werden Sie mehr ha­ben, als wenn Sie das Wollen bewußt unterdrücken, aus gar keinem anderen Grund, als weil Sie das Wollen unterdrücken können. Wir müssen aber lernen, da, wo wir ein Wollen unterdrücken, nicht unsere Pflichten zu unterlassen.

Der vierte Grundsatz ist, daß das innere Leben durch das Fühlen und Empfinden den Gedanken ertötet. - Wenn Sie leicht großen Schmerz und große Freude empfinden, je mehr Sie dieses innere Leben entwickeln, desto mehr ertöten Sie die Reinheit des Gedan­kens. Wer objektiv denken will, muß das innere Leben richtig aus­schließen. Jeder Ausfluß des inneren Lebens ertötet uns die Reinheit des Gedankens.

Will man den Gedanken im rein Geistigen haben, muß man das innere Leben ertöten. Wer das Leben haben will, muß den Willen er-töten. Wer die Kraft des Willens haben will, muß die Macht ertöten.

Wer die Macht haben will, muß das Reden ertöten. Um hellsehe­rische Gedanken zu haben, müssen wir wie ein seliger Gott über

1) Es entstanden die beiden Werke »Sympneumata» (1885) und »Scientific Religion» (1888). Vgl. auch Vortrag London, 24. August 1924, in GA 240.

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Lust und Leid schweben. Um die Willensentschlüsse zu regulieren, müssen wir die Macht abwerfen, und um die Macht entsprechend zu regulieren, müssen wir schweigen lernen.

Beim Freimaurer besteht die erste okkulte Schulung darin, daß er im Innern mit sich zu Rate geht, wie er die vier Sätze erfüllen kann:

Erstens: Lerne schweigen, um mächtig zu sein.

Zweitens: Lerne wollen, indem du dich der Macht begibst.

Drittens: Lerne fühlen, indem du dich des Wollens begibst.

Viertens: Lerne denken, indem du dich des Fühlens begibst.

Über diese Sätze muß man nachdenken und darüber, welche Möglichkeiten es im eigenen Leben gibt, um diese Dinge zu ver­wirklichen.

Diese Sätze gehören zum Verständnis des Pentagramms:

#Bild s. 244a

Die fünf Zacken entsprechen okkult so gewissen Dingen, daß sie bedeuten, was der Mensch wird, entweder bei Beobachtung dieser Grundsätze oder durch die Entwickelung. Dieses Pentagramm wird so viel wie ein Schlüssel zur okkulten Welt werden, wenn es ge­braucht wird.

Niemand braucht an die Figur zu denken, wenn er sich im Sinne der vier Sätze entwickelt. Wenn der Mensch begriffen hat, was in den vier Sätzen liegt, dann wird das eine Hieroglyphe und bedeutet so viel wie den (bedeutet einen wirklichen) Schlüssel zur geistigen Welt.

Wenn man angefangen hat, Schweigen zu lernen, ist eine zweite Hieroglyphe, die man zu verstehen anfängt, das Hexagramm:

#Bild s. 244b

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Zur Gelöbnisformel (Schwur) (Siehe s. 181)

Eine Erläuterung dazu aus Instruktionsstunden ist nicht überliefert; jedoch hat Rudolf Steiner im Vortrag Dornach, 26. November 1916, dargelegt, worauf diese okkulte Tradition zurückgeht:

Die Menschen wissen heute ja recht wenig von der Vergangenheit. Vor allen Dingen wissen die Menschen nicht, warum gewisse Dinge überliefert sind. Sie wissen allenfalls noch, daß sie überliefert sind, aber warum sie überliefert sind, das wissen die Menschen heute kaum. Überliefert zum Beispiel - und das kann man ja heute in allen möglichen exoterischen Büchern, namentlich auch in freimaureri­schen Büchern lesen -, überliefert ist, daß es Mysterien gegeben hat in alten Zeiten, daß die Mysterien sozusagen eine geheime Einrich­tung waren, und daß es in den Mysterien, es hängt das schon mit dem Worte zusammen, Geheimnisse gegeben hat, die wirklich auch im äußeren Sinne Geheimnisse waren. Das heißt: Demjenigen, der den Zugang gefunden hatte zu den Mysterien, dem wurden gewisse Dinge überliefert, welche er verpflichtet war, nur denjenigen Men­schen mitzuteilen, welche wiederum mit ihm gemeinschaftlich in diesen Mysterien waren, und es war in diesen alten Zeiten eine stren­ge Regel, diese Mysterienmitteilungen nicht zu verraten. Diese Re­gel ist so ausgesprochen, daß es zum Sträflichsten gehört, sagte man, wenn jemand ein Mysteriengeheimnis ausspricht vor einem unein­geweihten Ohr; aber ebenso gehört es zum Sträflichsten, wenn ein Unberufener sich ein Mysteriengeheimnis anhört. Und diese An­schauung, die man gepflogen hatte in den Mysterien, wurde, als die Mysterien im alten Sinne da waren, in strengstem Sinne gehandhabt. Warum war denn das? Warum geschah dieses so?

Ich habe es Ihnen ja öfter betont: Die Menschheit hat sich geän­dert im Laufe der Erdenentwickelung, und ein wichtiger Einschnitt war in der Entwickelung zur Zeit, da der Christus durch das Myste­rium von Golgatha gegangen ist. Will man ein wesentlichstes Merkmal dieser Evolution neben anderen, die wir schon angeführt haben, anführen, so muß man sagen: Wenn wir zurückgehen wür­den über die griechisch-lateinische Zeit, namentlich wenn wir über

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das 4. Jahrhundert vor Christus hinauskommen zum 5., 6., 7. Jahr­hundert - wir können also sogar schon bleiben in der griechisch-lateinischen Zeit, aber wir würden noch mehr finden, wenn wir in die ägyptisch-chaldäische hinübergingen oder gar in die persische -, so finden wir überall, daß dasjenige, was vom Menschen gesprochen wurde, für die übrigen Menschen eine ganz andere Bedeutung hatte als nachher, zum Beispiel schon im 7., 8. Jahrhundert nach dem Mysterium von Golgatha. Das Wort, das einer zum andern sprach, hatte eine ganz andere Bedeutung in der Zeit, in der noch die alten atavistischen Eigenschaften der Seele vorhanden waren, die sogar zum atavistischen Heilsehen noch führten, als heute, als später. Da hatte das Wort, wenn ich so sagen darf, durch seine eigene innere Kraft eine Art suggestiven Wert, denn es lag in dem Worte viel von ererbter göttlich-geistiger Kraft. Wenn der Mensch sprach, sprach gewissermaßen in seinem Wort immer der Engel aus den höheren Hierarchien heraus mit.

Sie können sich daraus vorstellen, daß die Mitteilungen in jenen alten Zeiten, die durch Worte erfolgten, etwas ganz anders waren als heute. Wir haben ja keine Möglichkeit, mit Worten so zu sprechen, auch wenn wir alle diese Geheimnisse kennen, wie in den alten Zei­ten gesprochen worden ist, weil wir sprechen müssen durch dasjeni­ge, was durch die Sprache aus den Worten geworden ist. Wir haben ja in den Worten konventionelle Zeichen. Wir können heute nicht mehr zu einem Menschen gehen und mit derselben Kraft, mit der man noch im 3., 4., 5. Jahrhundert vor Christus sprechen konnte, mit den Worten «Dein Engel hat dich lieb», einen leisen Schauer durch die Seele leiten, der Heilkraft war. Man kann das heute nicht mehr, den Worten ist ihr alter suggestiver Wert, ihre Kraft genom­men. Es floß menschliche Gemeinsamkeitskraft von Seele zu Seele in alten Zeiten, indem die Menschen miteinander sprachen. So wie wir, wenn wir in einem Saale beisammen sind, die gemeinsame Luft einatmen, so lebte in dem, was die Menschen miteinander sprachen, eine geistige, eine spirituelle Kraft des Gemeinsamen in alten Zeiten. In der fortschreitenden Evolution der Menschheit ist das verlorenge­gangen. Das Wort ist immer entgöttlichter geworden.

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Wenn Sie sich das vor Augen, vor das geistige Auge führen, dann werden Sie sich auch sagen können, daß es ja nun ganz bestimmte Worte und Wortzusammensetzungen, Wortformeln geben konnte, die eine größere Wirkung hatten als andere Worte, die im allgemei­nen gesprochen werden. Und solche Wortformeln, die eine über das Gewöhnliche weit hinausgehende Wirkung hatten, wurden in den Mysterien überliefert. Jetzt können Sie begreifen, daß sie nicht ver­raten werden durften, weil dadurch, daß der Mensch diese Formeln kannte, ihm eine hohe Macht gegeben war über die anderen Men­schen, die nicht mißbraucht werden durfte. Es ist eine absolut reale Wahrheit, daß, wenn der alte hebräische Tempelpriester dasjenige ausgesprochen hat, was man im gewöhnlichen Leben nur das «Wort» nannte, was aber eben eine gewisse Lautzusammensetzung hatte, dann, wenn er es aussprach in der richtigen Weise - weil es in jenen alten Zeiten so war, daß in jener Lautzusammensetzung die Kraft lag -, bei den Menschen, zu denen er sprach, tatsächlich das eintrat, daß um sie eine andere Welt war, geistig, aber diese Geistig­keit war wirklich.

Und so können Sie es verstehen, daß es nicht nur verbrecherisch war, zu demjenigen, zu dem es nicht sein durfte, die Mysterienfor­meln zu sprechen, da man dadurch eine Gewalt auf ihn ausübte, die unberechtigt war, sondern daß es auch verpönt war, hinzuhorchen, denn man setzte sich ja der Gefahr aus, sich ganz in die Gewalt des andern zu begeben. Die Dinge sind nicht so abstrakt, wie es heute gewisse Menschen darstellen wollen, sondern die Dinge sind kon­kret und real, und die Zeiten haben sich geändert, und auf diese An­derung der Zeiten muß man hinhorchen. Seit dem Mysterium von Golgatha haben die Worte diese Bedeutung nicht mehr, denn Sie sehen ja ein: wirkliche Freiheit hätte unter den Menschen nicht ent­stehen können, wenn die Worte diese Bedeutung beibehalten hätten; denn die Menschen wären immer nur das Ergebnis gewissermaßen der Sprache gewesen in seelischer Beziehung. Die Worte mußten diese innere Kraft verlieren. Aber eine andere Kraft kam herein in die Erdenentwickelung, welche, wenn sie ein richtiges Verhältnis zur Menschheit fand, den Menschen nach und nach wiederum ersetzen

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konnte das, was früher aus den Worten kam. Die alten Men­schen lernten aus ihren Worten denken, und es gab in alten Zeiten keine anderen Gedanken als die, die aus den Worten kamen. Aber nur dann konnte aus den Worten die Kraft der Gedanken kommen, wenn die Worte so waren, wie ich sie geschildert habe. Diese Kraft war in der Folgezeit nicht mehr vorhanden. Aber da kam dasjenige Wesen, welches den Gedanken, wenn sich diese Gedanken erfüllen mit ihm, wiederum diese Kraft geben konnte, dasjenige Wesen, wel­ches sagen konnte: «Ich bin das Wort», - und das ist der Christus. Nur müssen die Menschen erst den Weg finden, den Christus in ihrer Seele lebendig zu machen.

Zu Asche, Salz und Wasser. (Siehe S. 161)

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Durch den Verbrennungsprozeß, dadurch, daß sich Asche nieder­schlug, kam der Geist auf die Erde. Dadurch, daß sich Salz nieder­schlug, kam die Weisheit auf die Erde. Beides muß wieder von den Lebenswassern umspült werden.

Instruktionsstunde Berlin, Februar 1908 ohne Tagesdatum

Es ist wichtig, daß wir immer besser die in der Loge gebrauchten Formeln verstehen lernen, damit wir mit mehr Verständnis den Zeremonien folgen können, zu denen sie gehören.

Die Asche, das Salz und das Wasser haben eine tiefe Bedeutung. In der frühen atlantischen Periode war die Luft mit Wasser erfüllt und die Sonnenstrahlen konnten nur undeutlich gesehen werden

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durch den dichten Nebel. In diesem Nebel außerhalb der physischen Leiber lebten wir, die Geister, die seitdem in den menschlichen Kör­per eingezogen sind. Doch damals waren wir außerhalb und lenkten diese Körper [von außen].

Alles Harte und Feste auf der Erde hat sich aus dieser Wasser-atmosphäre herauskristallisiert. Damals war das Wasser nicht so dicht wie es jetzt ist, und die Luft war dagegen dichter. Doch all­mählich senkte sich das Wasser auf die Oberfläche der Erde herab und ließ die Atmosphäre als Luft hinter sich zurück, während das Wasser in einen dichteren Zustand überging. Das wird symbolisiert durch däs Salz in dem aufgelösten Zustande.

Salz ist Weisheit; daraus ging hervor Ruach Hochmael.

Damals waren keine Knochen im menschlichen Körper. Aber als sich nach und nach die Atmosphäre kristallisierte, bildete das her­ausgesonderte Salz die Knochen da, wo vorher nur magnetische Strömungen gewesen waren.

Der Tod wird ganz richtig durch ein Skelett dargestellt mit einer Sense. Denn die Knochen stellen den verhältnismäßig bleibenden Teil des menschlichen Körpers dar, den Teil, nach dem der Körper der nächsten Inkarnation geformt werden wird. Sie stellen die Zu­kunft dar, während die weichen Teile die Vergangenheit darstellen, das, was von dem Leben abflutet. Die Knochen mit ihrem Blut und der Lymphe stellen die Zukunft dar, da das Ich da festen Fuß gewinnt, wo die Blutkörperchen gebildet werden.

Am Beginn der Erdenperiode war die Erde von nichts anderem angefüllt als von menschlichen Wesen. Damals erschien der Mensch zuerst. Während er sich weiter entwickelte, blieben einige zurück, die das Tierreich bildeten. Unter diesen waren einige nicht fähig, sich weiter zu entwickeln, und die bildeten das Pflanzenreich. Und zuletzt blieben einige aus dem Pflanzenreich zurück, um die Minera­lien zu bilden, wie man es bei der Entstehung der Kohle sieht. Diese Zurückgebliebenen werden hervorgebracht durch Kristallisation. Um sich weiter zu entwickeln, muß man seine Werkzeuge flüssig (beweglich) erhalten, so daß die dichten, sich stauenden Substanzen (die gerinnenden Stoffe) ausgeschieden werden können.

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Zum Rosenkreuzerspruch (Siehe s. 161)

Vermutlich handelt es sich hier um eine Niederschrift von Rudolf Steiner, für die jedoch kein Original vorliegt. Text nach einer handgeschriebenen Vorlage mit dem Vermerk «F. M.»

Aus der Gottheit ist der Mensch herausgeboren. Es wirkten erhabe­ne geistige Wesenheiten an seinem Bau, kosmische Kräfte waren es, und so wurde er aus dem Kosmos heraus gebaut, wuchs er aus dem Kosmos hervor.

Der erste Zustand der Entwickelung, in dem hingedeutet werden kann auf die Einwirkung jener kosmischen Kräfte, war derjenige, welcher alter Saturn-Zustand genannt wird. Da fingen diese Kräfte an, im Raume und in der Zeit zu arbeiten, so daß im Raume der alte Saturn entstand und die Entwickelung des alten Saturn sich in der Zeit vollzog. Es gab damals noch kein Sonnensystem mit Planeten, es gab nur einen Wärmekörper, umringt von den zwölf Zeichen des Tierkreises, die ihre Kräfte ergossen in diesen Wärmekörper, wie aus dem Umkreis in einen gemeinsamen Mittelpunkt hinein. Von die­sem Mittelpunkte aus wirkten andere Kräfte ihnen entgegen, doch waren die hineinwirkenden Kräfte stärker, und dadurch entstand die Neigung nach dem Zentripetalen in dieser Entwickelung. Wenn die heutigen Mineralien auf unserer Erde so betrachtet werden, wie sie sich geistig ausnehmen, so kann dieselbe Wirkung dabei gefunden werden, nur hat man es da mit der festen Erdenmaterie zu tun. Aus Weltenfernen herankommend von verschiedenen Seiten wirken gei­stige Kräfte ein auf einen gemeinsamen Punkt im Raume, und es entsteht in diesem Mittelpunkte der Stein oder das Mineral. Aus die­sem Punkte kommen Kräfte dieser Wirkung entgegen, aber die ein-strömenden Kräfte sind am stärksten. So entstand damals durch die Einwirkung der zwölf Sternbilder aus der Umgebung auf einen Punkt im Raume die erste Verkörperung der heutigen Erde als Wär­mekugel, als der alte Saturn. Weil diese nach dem Mittelpunkte zu wirkenden Kräfte überragend waren, entstand weitere Verdichtung und eine Art Zerteilung. Es bildeten sich mehrere Punkte in dem einen Mittelpunkte während der weiteren Entwickelung, und so

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bestand endlich der ganze Planet aus lauter solchen Kraftpunkten, welche durch die Wirkung der kosmischen Kräfte oder geistigen Wesen im Kosmos entstanden waren. In diesen Mittelpunkten sel­ber wirkten wiederum geistige Wesen, sie belebten diese und bil­deten sie so aus, daß sie in der Anlage dasjenige sein konnten, was später zum Menschen wurde Da wurde schon der Mensch begabt mit den Kräften, welche in der Zukunft weiter wirkend ihm den physischen Leib geben konnten, den er heute als selbstbewußter Erdenmensch bewohnt. Da empfing er auch die Anlage zu dem, was er sich durch eigene Kraft später als Geistesmensch ausbilden wir . Es wurde damals auf dem alten Saturn der Keim gelegt zum Leben im Physischen und im Geiste, es wurde ein physischer und ein geistiger Mittelpunkt für das menschliche Wesen veranlagt. Als diese Entwickelung bis zu einem gewissen Punkte fortgeschritten war, da zogen sich die geistigen Kräfte in ihrer Wirkung zurück, es trat eine Art Pianetennacht, ein Ruhezustand ein, und als der nächste Tag da war, trat die Erde hervor in ihrer neuen Verkörperung als alte Sonne.

Es ging die Entwickelung weiter. Anknüpfend an den vorhergehenden Saturnzustand wiederholte sich alles unter andern Bedingungen, dann trat Neues hinzu. Die Mittelpunkte, welche damals auf dem alten Saturn entstanden waren, kamen in dem alten Sonnen-zustand wieder heraus. Durch die immer noch wirkenden zentripe­talen Kräfte war die alte Sonne als Himmekkö rper mehr zusammen gedrängt wie der alte Saturn. Sie hatte sich mehr verdichtet und war auch räumlich weniger ausgebreitet. Als physisches Zentrum brauchte sie ihre Kräfte nicht so in den Raum auszugießen, sie konn­te sich mehr zusammennehmen und etwas für sich behalten als eige­ne innere Kraft ihres W ns Diese konnte sie so offenbaren, daß sie der Einwirkung des Tieerskereises etwas entgegenschicken konnte, das aus ihr selber herauskam in dem Lichte, welches sie ausstrahlte in ihre Umgebung. Gerade durch die Verdichtung in bezug auf das Physische war die Möglichkeit da, etwas von sich abzugeben, das geistig wirkte. So war es auch mit den einzelnen Mittelpunkten auf der alten Sonne. Durch eigene Kraft konnten sie etwas von sich ausstrahlen,

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es wurde möglich eine Ausbreitung ihres Wesens in die Umgebung, welche als Wachstum im Lichte bezeichnet werden kann. In unserer heutigen Erdenentwickelung ist eine ähnliche Kraft wirk­sam im Pflanzenreiche, nur geht es da vor [sichj in dichter Erdenma-terie So wie die heutigen Pflanzen aus ihren Samen herauswachsen dem Sonnenlichte entgegen, so entstand auf der alten Sonne ein Wachsen, ein Sichausbreiten und ein Hervorgehen im Lichte aus den Mittelpunkten in die Umwelt. Nicht nur wirkten auf der alten Son­ne aus der Umgehung ein die Kräfte der zwölf Sternbilder, sondern sie selber sandte diesen Kräften etwas entgegen in dem ausstrahlen­den Lichte. Und es wuchsen aus ihr heraus in der Anlage diejenigen Planeten, die wir heute unter anderen Bedingungen in unserem phy­sischen Sonnensystem kennen. So wie sich aus dem weißen Lichte offenbaren können die sieben Farben durch eine Strahlenbrechung, so gliederten sich damals, in der Anlage, als strahlende Lichtpunkte in dem Sonnenlichte selber, diese Planeten heraus.

Es wirkten wiederum in den Mittelpunkten geistige Wesen und bildeten diese so aus, daß sie die Anlage wurden zu dem, was der Mensch heute kennt als seinen Lebensleib oder Ätherleib. Es wurde dem Menschen auch die Anlage gegeben zu dem, was er später sich selber als Lebensgeist aneignen wird. Das Prinzip des Wachstums, der Ausbreitung, wurde sowohl in dem physischen wie im geistigen Mittelpunkt des menschlichen Wesens entwickelt während der alten Sonnenentwickelung, denn so wie der Ätherleib die Möglichkeit gibt des Wachstums für den physischen Leib, so ist mit dem Lebens-geist bezeichnet dasjenige, was der Umkreis, die Umgebung des geistigen Mittelpunktes des Geistesmenschen genannt werden kann, in der er sich offenbart.

Es wirkte die zentripetale Kraft, die in der Saturnentwickelung tätig war, in dem alten Sonnenzustand weiter fort. Dadurch ent­stand die Verdichtung, so daß die Wärmekugel zu einer Gaskugel ge­worden war. Durch diese Kraft zerteilten sich auch die Lebewesen und wurden verschieden voneinander. Durch die zentrifugale Kraft aber strahlte die Sonne aus und waren auch die Lebewesen imstande, aus ihrer bestimmten Form zu treten, zu wachsen.

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Nachdem diese Entwickelung einige Zeit vorgegangen war, kam wiederum eine Ruhepause, indem die kosmischen Kräfte sich zu­rückzogen in ihrer Tätigkeit. Dann trat die Erde aus der Welten-nacht hervor in ihrer neuen Verkörperung als alter Mond und es wiederholte sich dasjenige, was in den zwei vorhergehenden Ent­wickelungszuständen dagewesen war, unter anderen Bedingungen. Die Verfestigung, das Zusammenziehen des Weltenkörpers und der einzelnen Mittelpunkte oder Leiber der Lebewesen ging immer wei­ter, und dadurch wurde eine stärkere Offenbarung von inneren Kräften möglich. Die zentripetalen und die zentrifugalen Kräfte wirkten beide und suchten zu einem Vergleich zu kommen. Da­durch entstanden mächtige Schwingungen. An der einen Seite zeigte sich die Wirkung der zentripetalen Kraft in der Verdichtung des alten Mondes und in den immer mehr sich von der Umwelt abtren­nenden einzelnen Mittelpunkten. An der anderen Seite fand die zen­trifugale Kraft Ausdruck in der Möglichkeit, immer mehr geistige Kräfte von den Mittelpunkten heraus in die Umwelt zu offenbaren. Es wirkten diese beiden Kräfte so, daß sie während der Entwicke­lung des alten Mondes zu einer Krisis führten. Es trat im Welten-körper eine Art Spaltung ein. Ein Teil des alten Mondes, in dem die zentrifugalen Kräfte insbesondere ihren Einfluß ausübten, trennte sich von dem andern Teil ab, in dem die zentripetalen Kräfte insbe­sondere tätig blieben. Es entstand dadurch ein Weltenkörper, der seine Kräfte insbesondere nach außen sandte und sich in der Um­welt offenbarte, in seiner geistigen Kraft als Licht ausstrahlend, als Sonne, und ein anderer Weltenkörper, der weiterer Verdichtung ausgesetzt war, und auf welchem sich die weitere Entwickelung der­jenigen Lebewesen abspielte, die später zu Erdenmenschen wurden, als alter Mond.

Durch dieses Zusammenziehen wurden die Leiber der Lebewesen immer dichter und mehr auf sich selber angewiesen und [es) entstand auch die Möglichkeit, stärkere innere Kräfte zu offenbaren. Da­durch konnte in den Lebewesen nachklingen dasjenige, was von außen auf sie einwirkte, sie konnten das in gewisser Weise beant­worten. Es entstand dann ein Ton, der aus dem Innern der Wesen

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hervorklang und eine Wiederholung war des Tones, der aus der Umwelt an sie herankam. Der alte Mond war durch die weitere Ver­dichtung zu einer wässerigen Kugel geworden und die Leiber der Lebewesen hatten sich ebenso verdichtet. Von der Sonne aus strahl­te dem Monde immerfort Licht zu, und diejenigen Kräfte, welche nach Vergeistigung und Verfeinerung der Materie strebten, waren darinnen enthalten. In dem feineren Teil des alten Mondes, der sich als Sonne herausgetrennt hatte, waren geistige [Kräfte] mitgegangen und sie ließen den gröberen Teil zurück. Von außen wirkte dieses Geistige auf den nach Verdichtung strebenden Teil und strahlte Licht und Leben hinein. Der gröbere Teil drehte sich als alter Mond um diese Lichtquelle herum. So war es auch mit den einzelnen Mit­telpunkten auf dem alten Monde. Bei der Trennung war der Teil, der sich weiter vergeistigen sollte und insbesondere die zentrifugale Kraft in sich entwickelte, mit der Sonne gegangen, und der Teil, der sich weiter verdichten sollte und die zentripetale Kraft in sich ausbildete, blieb mit dem alten Monde und verdichtete sich zum wässerigen Zustande. Die Leiber der Lebewesen waren auf dem alten Monde, das Geistige, wodurch sie belebt wurden, befand sich außer­halb dieser Leiber auf der Sonne und strahlte sein Licht von da aus in diese Leiber hinein. Im Tierreiche, so wie es sich in der Erden­entwickelung heute offenbart, ist etwas zu finden, das dieser Wir­kung entspricht, nur ist es den Erdenverhältnissen angepaßt. Beim Tiere ist das eigentlich Geistige, welches den physischen Körper des Tieres belebt, nicht im Tiere selber zu finden. Es gibt einen geistigen Mittelpunkt außerhalb der Tierformen, von dem heraus das Leben in die Tiere hineingestrahlt wird. Auf der heutigen Erde ist es so, daß eine ganze Tiergattung durch ein gemeinsames Geistiges belebt wird, auf die Weise, daß man sich dieses Geistige denken kann als Mittelpunkt und die Tiergattung als Umkreis, welcher diesen Punkt umgibt und von da aus Leben erhält. So umkreiste der alte Mond seine Sonne und wurde von diesem geistigen Mittelpunkte aus be-lebt. Dadurch, daß diese geistigen Kräfte sich von dem Monde ge­trennt hatten und von außen hereinwirkten, indem der Mond sich um die Sonne drehte, entstand während der Mondenentwickelung

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Bewegung und diese machte sich auch geltend für die einzelnen Mittelpunkte. Geistige Wesen bildeten diese wiederum so aus, daß sie fähig wurden, in Anlage dasjenige zu sein, das der Mensch heute als seinen Astralleib kennt. Im menschlichen Astralleibe sind in fortwährender Bewegung die Empfindungen und Gefühle, welche durch die Umwelt in ihm angeregt werden. Mit diesen Gefühlen und Empfindungen beantwortet er den Ton, der aus der Außenwelt zu ihm kommt. Es wurde auch während der Mondenentwickelung geistig in ihm veranlagt dasjenige Glied, wodurch möglich wird geistiges Verständnis, das Mittönen im Geiste mit der Weltenweis­heit, so daß der Mensch sich mit dieser verbunden fühlt. So wie der Mensch den Strom der auf- und abwogenden Empfindungen durch seinen Astralleib fließen läßt, ihn in sich aufhält und etwas entgegenschickt, so daß er dadurch bewußt reagieren kann, so strömt das Licht der Weltenweisheit in sein Geistselbst hinein, und ist es ihm möglich, dieses Licht in sich aufzunehmen und be­wußt zurückzustrahlen. Dadurch, daß der alte Mond sich als Weltenkörper gespaltet hatte, so daß es zwei Weltenkörper gab, die sich gegenseitig beeinflußten, entstand Bewegung und damit bewußtes Empfinden. Die Einwirkungen gingen von dem einen Weltenkörper zum andern. Die Wirkungen der Sonne auf den Mond wurden da empfunden als von außen herankommende Kräfte, und so war es auch mit den Mondenwirkungen, die nach der Sonne gingen. Da, wo die Sonnenkräfte sich mit den Monden­kräften trafen, wurde ein bewußtes Erleben hervorgerufen. Da trat eine Art Stauung ein, und es entstand eine Grenze, wo die ein-strömende Kraft sich mit der ihr entgegenkommenden Kraft traf. Da war für jedes Lebewesen auf dem Monde die Begrenzung des Feldes, in welchem es etwas bewußt erleben konnte, da hörte die Möglichkeit auf, seine Kräfte weiter nach außen zu offenbaren, da kam es den einströmenden Kräften entgegen mit seiner eigenen Kraft. Bewußtsein hatten die Lebewesen, welche später auf Erden zu Menschen wurden, während der alten Mondenentwickelung; Selbstbewußtsein hatten sie noch nicht, denn sie lebten noch ganz in der Umwelt mit. Sie hatten kein eigenes Erleben und konnten

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nur in sich nachklingen lassen dasjenige, was sich ihnen aus der Außenwelt offenbarte.

Als die Mondenentwickelung zu einer gewissen Reife gekommen war, zogen sich die geistigen Mächte, die das alles bewirkt hatten, zurück. Die Sonnen- und Mondenkräfte neutralisierten sich, die Sonne und der Mond hatten sich allmählich wieder vereinigt und es trat ein Ruhezustand ein. Dann ging die Erde als neuer Weltenkör-per aus dieser Planetennacht hervor. Zunächst wiederholten sich die früheren Entwickelungszustände unter neuen Verhältnissen, es machte die Erde eine Zeit durch, wo sie in bezug auf das Physische ein Wärmekörper war wie damals der alte Saturn. Da bildeten sich wiederum die einzelnen Mittelpunkte allmählich heraus unter der Wirkung der zentripetalen Kraft. Dann kam eine Zeit, wo die Erde zur Gaskugel wurde und die zentrifugale Kraft Einfluß ausübte, wie damals auf der alten Sonne. Es fingen die Mittelpunkte wiederum an, von sich auszustrahlen; das war der Sonnenzustand auf Erden. Nachdem kam eine Wiederholung des Mondenzustandes auf Erden. Es trennte sich dann die Sonne von dem anderen Teil des Welten-körpers ab und ließ die Erde, in welcher die Mondenkräfte geblie­ben waren, zurück. Es waren wiederum diejenigen Kräfte mit der Sonne gegangen, welche nach Vergeistigung strebten, sie strahlten von da aus Licht und Leben in den Weltenkörper hinein, der sich nun weiter verdichtete. Mit der Sonne gingen auch die Planeten, und es blieben nur die Mondenkräfte mit der Erde verbunden. In den einzelnen Mittelpunkten war es so, daß auch da ein nach Vergei­stigung strebender Teil mit der Sonne gegangen war und von da aus seine Kraft ausstrahlte, indem der gröbere Teil auf Erden zurück­blieb. Es trat dann ein Zustand ein, wo sich dasjenige wiederholte, was sich auf dem alten Monde abgespielt hatte. Immer mehr ver­dichteten sich die Erde und die Leiber der Lebewesen. Die zentripe­talen Kräfte waren überragend. Dann aber trat eine neue Phase ein, welche dadurch entstand, daß in dieser Erdenentwickelung nicht bloß der alte Mond zurückgeblieben war, wie damals während der alten Mondenentwickelung, sondern daß eine neue Kraft, die eigent­liche Erdenkraft hinzugekommen war. Diese Erdenkraft wirkte so,

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daß sie sich offenbarte als eine verbindende Kraft zwischen den Sonnen- und Mondenkräften, die sie beide in Harmonie und Gleich­gewicht bringen konnte. Als die Verdichtung immer weiterging, weil bloß die Mondenkräfte noch mit der Erde verbunden waren, bewirkte diese Erdenkraft eine Art Ausgleich, indem sie sich von den Mondenkräften trennte. Mit diesen Kräften ließ die Erde den Mond zurück und blieb so für sich zwischen den beiden Kräften der Sonne und des Mondes, den nach Vergeistigung und den nach Ver­dichtung strebenden Impulsen. Von beiden wird sie beeinflußt, bei­de trägt sie in sich, durch ihre eigene Kraft hält sie sich die Waage. Es ist bei dem heutigen Erdenmenschen in seinem Ich eine ähnliche Kraft nachzuweisen, denn so wie die Erde der Vermittler ist zwi­schen Sonnen- und Mondenkräften, so ist das Ich im Menschen das Bindeglied zwischen dem Geistigen und dem Materiellen, wodurch beide sich in ihm vereinigen können. Die Erde ist auch so gestellt im Weltenraume, daß sich um sie bewegt der Mond mit seinem erstar­renden Einfluß, und die Sonne, aus welcher ihr das geistige Licht zu-strömt. Wie von einer Hülle umschlossen ist die Erde durch die Mondenkräfte; die Sonnenkräfte kommen ihr zu aus einem ferneren Mittelpunkt, weit über dieser Hülle hinausliegend. So ist auch das menschliche Ich eingebettet in seinen Hüllen, von außen herein aber strahlt das geistige Licht aus Weltenfernen ihm zu.

In den zwei Kräften, welche während der Mondenentwickelung aufeinander einwirkten, war eine dritte Kraft tätig geworden, welche sich so offenbarte, daß sie in senkrechter Richtung auf die beiden an­dern einwirkte. Dadurch entstand in der Bewegung im allgemeinen etwas Neues, das als Eigenbewegung bezeichnet werden kann. In der Erdenentwickelung kann der physische Ausdruck davon gefun­den werden in der Rotation der Erde um ihre eigene Achse. Auf dem alten Monde riefen die beiden Kräfte, da wo sie sich trafen, eine Art Bewußtsein hervor durch die Stauung. Jetzt entstand durch ihr Zusammentreffen mit dieser dritten Kraft eine doppelte Stauung und dadurch wurde das allgemeine Bewußtsein beschränkt und ab­geschlossen, so daß es auf sich selber angewiesen wird. Dadurch kann es sich vertiefen zum Selbstbewußtsein, indem es sich selber

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erfassen kann, so daß der Keim gelegt wird zum Ich-Bewußtsein. Dieselben Kräfte wirkten ein auf die Leiber der Lebewesen und es wurde dann ein jeder dieser Leiber mehr auf sich selber angewiesen. Sie bekamen eine Bewegung für sich, so wie die Erde sie hatte, und gerade durch diese Bewegung entstand weitere Verfestigung. Die Leiber wurden mehr in sich abgeschlossen, so daß ein eigenes Innen­leben innerhalb dieser Leiber möglich wurde. Die weitere Verdich­tung der Leiber wurde nicht mehr bloß durch die Mondenkräfte ver­anlaßt wie vorher, sondern durch Eigenbewegung, durch die Erden-kräfte selber, und diese Erdenkräfte waren die Summe von alledem, was vorangegangen war in den drei früheren Entwickelungsstadien und sich umgewandelt hatte in den vierten, den eigentlichen Erden-zustand.

Wiederum waren es geistige Wesenheiten, die dem Menschen die­ses Selbstbewußtsein ermoglichten, indem sie während der Erden-entwickelung so wirkten, daß sie ihm die Anlage zum Ich-Bewußt­sein geben konnten, auf daß der Mensch lernen konnte, zu sich «ich» zu sagen. Den physischen Mittelpunkt (oder Leib) auf Erden bewohnte der Mensch selber, und unter Führung der höheren We­sen wurde dieser allmählich ausgebildet zu dem physischen Men­schenleib, so wie er sich heute ausnimmt. Die innere Kraft, welche die Anlage war zum Ich-Bewußtsein, konnte nur zur Entfaltung kommen in einem physischen Leibe, der, auf sich selbst stehend, ab­getrennt war als Form von der Umwelt. Allmählich entwickelte sich der physische Menschenleib dahin; es wurde aber schon früher dem Menschen die Anlage zum Ich eingeprägt. Wie die Wärmekugel des alten Saturn sich verdichtete zur Gaskugel als alte Sonne, dann aber eigene geistige Kraft als Licht von sich ausstrahlen konnte im Weltenraume, und wie dann in der alten Mondenentwickelung wei­tere Verdichtung eintrat zum Wäßrigen, an der andern Seite auch Offenbarung der mehr inneren Kräfte möglich wurde in dem Tönen und in der Bewegung, so trat in der Erdenentwickelung auf eine wei­tere Verdichtung bis zum erdhaften Zustand und war dadurch mög­lich eine weitere Offenbarung von inneren Kräften, die sich zeigten als Leben, inneres eigenes Leben in dem Erdhaften. Auf dem alten

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Saturn war alles im dunkeln Wärmemeer enthalten, auf der alten Sonne strahlte alles im Lichte, auf dem alten Monde erbebte alles im Tönen und auf der Erde lebt alles ein eigenes inneres Leben.

Als die Wiederholung der früheren planetarischen Entwickelungs­zustände auftrat, da war die Erde zunächst in einem feurigen Zustan­de; der Mensch lebte in dem Elemente des Feuers und sein physi­scher Leib bestand ebenso aus diesem Elemente. Der Mensch ent­wickelte damals hauptsächlich seinen Willen und durch diesen konnte er jenes Element beeinflussen. Schon damals wurde ihm die Anlage zum Ich-Bewußtsein eingeprägt. Später umschwebte er die Erde im Elemente der Luft, da war sein Leib auch im gasförmigen Zustand; und es kam eine Zeit, wo er lebte im wasserdunstigen Ne­bel, da war auch sein Leib angemessen diesem Elemente des Wassers. Er bildete dazumal hauptsächlich die Gefühle aus und konnte so auf die Elemente einwirken. Während dieser Zeit lebte noch immer nicht das Ich des Menschen im physischen Leibe. Es befand sich außerhalb dieses Leibes, obwohl es damit verbunden war. Erst in der Zeit, welche die Nachatlantische genannt wird, war der physische Leib weiter verdichtet zum eigentlichen Erdenelemente und war es möglich geworden, daß das menschliche Ich im physischen Leibe wohnte. Erst da lebte der Mensch eigentlich auf der Erde. Dann konnte er hauptsächlich das Denken ausbilden und dadurch ein­wirken auf das Erdhafte selber.

So hat sich der Mensch entwickelt zu dem, was er heute ist. Aus der Gottheit ist er herausgeboren, im großen Weltengewebe ist er eingesponnen und alle Kräfte arbeiten dahin, daß er herausgebaut wurde aus dem großen Kosmos. Seinetwegen hat sich das ganze Son­nensystem geformt, hat es sich umgewandelt in die vier Phasen, die wir Verkörperungen der Erde nennen: als alter Saturn, alte Sonne, alter Mond und als Erde selber. Zahlreiche Wesen haben sich opfern müssen, auf daß er werden konnte. Der Mensch sieht einige dieser Wesen um sich herum verkörpert in den niederen Naturreichen auf Erden, andere empfindet er als Kräfte, die in seinem Innern wirken. Es mußten Wesen da sein, die durch die drei vorhergehenden Ver­körperungen der Erde und auf der Erde selber immer noch die Saturnstufe

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wiederholten, andere Wesen mußte es geben, die während der Erdenentwickelung die Sonnenstufe, andere, die die Mondenstu­fe wiederholten, so daß sie wirken und leben können in dem Mine­raireiche, dem Pflanzenreiche und dem Tierreiche auf Erden. So gibt es Wesen, die im menschlichen Innern wirken wie auf dem alten Monde, der alten Sonne und dem alten Saturn zurückgebliebene Wesen. Ebensowenig wie der Mensch auf der Erde physisch leben und sein könnte ohne die drei niederen Naturreiche, kann er sich als selbstbewußtes Ichwesen entwickeln ohne diese zurückgebliebenen Kräfte oder Wesen in seinem Innern. Der Mensch empfindet die Wirkung derjenigen Wesen, welche auf der Mondenstufe zurück-blieben, in seinem Astralleibe als hemmende Kräfte, die sich äußern in Begierden und Affekten, welche niedriger Art sind und die auch im Tierreiche wirken. Die Wesen, welche auf der Sonnenstufe zu­rückblieben, wirken in seinem Ätherleibe als hemmende Kräfte, die ihn binden an Gewohnheiten und angeeignete Denkungsarten. In dieser Wirkung ist etwas von der pflanzlichen Art enthalten. Denn so wie die Pflanze in ihrem Wachsen immer neue Blätter ansetzt, immer dasselbe wiederholt bis da, wo durch das Astralische eine Änderung herbeigeführt wird in der Blüte, so wirken die Gewohn­heiten und angenommenen Denkungsarten in einer fortwährenden Wiederholung immer weiter im Menschen fort, und etwas Neues muß auch da durch die Kräfte des Astralleibes, durch Gefühle und Empfindungen hervorgerufen werden. Die Wesen, welche auf der Saturustufe zurückblieben und im menschlichen Innern wirken, er­gießen ihre Kräfte in den physischen Leib als hemmende Kräfte, die Abtrennung von der Umwelt, ein Gefühl des für sich und auf sich selber Stehens bewirken. Dadurch wird der Mensch veranlaßt dazu, sich als einen persönlichen Mittelpunkt zu empfinden und angeregt, bloß für sich zu wollen, zu denken und zu fühlen, indem er seine Umwelt als Zweck dazu benützt. Eine Ähnlichkeit liegt da vor mit derjenigen Kraft, welche im Mineralreiche wirkt nach dem Mittel­punkte zu, wo sich dann durch Verfestigung das physische Mineral formt, denn es entsteht durch diese Kraft auch eine Verfestigung und Abgeschlossenheit im Menschen, indem sie ihn auf sich selbst

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zurückschleuderti So wie diese Kräfte damals wirkten auf dem alten Saturn, der alten Sonne und dem alten Mond, so wirken sie jetzt im Innern des Menschen und er trägt sie in sich als hemmende und zugleich fördernde Kräfte, wie sie auch die Erde in sich trägt.

Wenn der Mensch in der nachatlantischen Zeit anfängt, auf der Erde in seinem physischen Leibe zu leben mit seinem Ichbewußt­sein, dann geht er von dem Zeitpunkte an bis in unsere Zeit hinein durch verschiedene Kulturperioden und in jeder dieser Kulturperio­den macht er eine gewisse Entwickelung durch. So wird in der ersten Kultur, der altindischen, insbesondere gearbeitet am Ätherleibe, in der zweiten, der altpersischen Kultur, an dem Empfindungs- oder Astralleibe, in der dritten, der ägyptisch-chaldäischen Kultur, an der Empfindungsseele, und in der vierten, der griechisch-lateinischen Kultur, an der Verstandesseele des Menschen. Während dieser vier­ten Kulturperiode, als der Mensch am tiefsten in die Materie hinun­tergesunken war, so daß sein Blick für die geistige Welt ganz ver­schlossen war, trat etwas ganz Besonderes auf, das bezeichnet werden muß als das größte, wichtigste Ereignis in der Erdenent­wickelung.

Als die Sonne sich aus der Erde und dem Monde heraustrennte, da gingen mit ihr die nach Vergeistigung strebenden Kräfte [mit] und strahlten von da aus Licht und Leben in die Erde hinein. Es wur­de dadurch aber der Erde etwas genommen, das zuerst mit ihr ver­bunden war. Die Entwickelung der Erde konnte ohne diese Kräfte -und gerade weil diese von außen Licht und Leben hineinstrahlten -bis zu einem gewissen Punkte vorgehen. So war es auch mit den Wesen, die auf Erden als Menschen lebten. Ein eigenes Innenleben konnten sie bis zu einem gewissen Grad in sich ausbilden, aber auch ihnen war ein Geistiges verlorengegangen mit der Sonnentrennung. Als der Mensch sich ausgebildet hatte zu dem, was er als Erden-mensch werden konnte, als er mit Hilfe der höheren Wesen seinen physischen Leib so aufgebaut hatte, daß er der Tempel werden konnte zu einem Göttlich-Geistigen, da stieg auch der Gott hernie­der und bewohnte diesen Tempel. Die geistigen Kräfte der Sonne vereinigten sich wiederum mit der Erde und dadurch wurde auch

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der Menschheit die Möglichkeit gegeben zu einer weiteren Ent­wickelung im Geiste. Zahlreiche göttlich-geistige Wesen hatten sich geopfert, auf daß der Mensch werden konnte und sich entwickeln; es hatten viele kosmische Kräfte an ihm gebaut. Nun war der Zeitpunkt da, wo der Menschheit das größte Opfer gebracht werden sollte, wo das höchste geistige Wesen, der Gott selber, der sein geistiges Leben in den Sonnenkräften spiegelte, auf die Erde herniederstieg, um da in einem menschlichen Leibe zu leben und seine Kräfte in die Erde fließen zu lassen. Da wurden der Erde gegeben die Sonnenkräfte und allem, was auf Erden lebte, wurde ein Geistiges eingeprägt. Von einem selbstbewußten Erdenmenschen konnte der Mensch sich jetzt erheben zu einem selbstbewußten geistigen Wesen. Sein sterbliches Ich wurde zu einem unsterblichen Kern, welcher lebt im geistigen Sonnenlicht.

Es spielt sich bei der Entwickelung des einzelnen Menschen und der ganzen Menschheit etwas Ähnliches ab wie in der Erdenentwik­kelung. Der Mensch geht nach der physischen Geburt durch eine Geburt seines Ätherleibes und seines Astralleibes, dann erst ist er unabhängig von seiner Umgebung und kann er das Ich weiter in sich entwickeln. Er bildet dann aus seine Empfindungsseele, seine Ver­standesseele, in welcher das Ich insbesondere zum Ausdruck kommt, und seine Bewußtseinsseele, in der das Ich sich erhebt über sich selbst hinaus, das Geistselbst zu entwickeln. Gerade in der Zeit, wo die Menschheit die Verstandesseele ausbildet, in der griechisch-latei­nischen Kulturperiode, jenes Glied, in welchem das Ich sich insbe­sondere ausleben kann, da erhält dieses Menschheits-Ich einen neuen geistigen Impuls, indem der Gott auf die Erde heruntersteigt und in der Mitte der Menschheit lebt. Dann erst konnte die Menschheit sich hinaufschwingen zum höheren geistigen Leben. Die Erden-menschheit konnte sich über sich selbst erheben, es wurde dem Menschheits-Ich die Möglichkeit gegeben, sich zu einem göttlichen Ich zu entwickeln.

Wie der einzelne Mensch zunächst in bezug auf seinen physi­schen Leib geboren wird, später in bezug auf seinen Ätherleib und Astralleib und wie dann erst das Ich in ihm zur Geltung kommt, so

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wurde die Erde zunächst in bezug auf das Physische aus dem Kos­mos heraus geboren als alter Saturn, dann ätherisch als alte Sonne, dann astralisch als alter Mond, und erst in dem Erdenzustand, da konnte die Ich-Entwickelung vor sich gehen. So kann gedacht wer­den der alte Saturn als Ausdruck der Geburt des kosmischen Men­schen, des Makrokosmos auf dem physischen Plan, die Sonnenent­wickelung als die Periode, während der im Makrokosmos der Ather­leib ausgebildet wird, die Mondenentwickelung als die Ausbildung des Astralleibes, und die Erde als die Entwickelungsperiode des ge­waltigen, mächtigen Welten-Ich. In der Mitte dieser Entwickelung steigt däs kosmische höhere Ich aus geistigen Sphären hernieder und verbindet sich mit der weiteren Erdenentwickelung. Es senkt sich der Geist des Makrokosmos hernieder in das Welten-Ich.

So wird die kosmische Entwickelung im Menschen gespiegelt und findet in ihm ihren Ausdruck. Erst auf Erden ist er aus dem Kosmos herausgeboren als selbstbewußtes Wesen und es liegt in seiner weite­ren Entwickelung, daß er den geistigen Impuls verstehen lerne, wel­cher ihm gegeben ist, auf daß er in seinem Innern nachleben könne, was der Weltengeist der Menschheit vorgelebt hat auf Erden.

Wie die Blüte aus der Menschheitspflanze öffnete sich eine menschliche Individualität dem geistigen Sonnenlichte, lange bevor diese Sonnenkräfte sich wiederum mit der Erde verbunden hatten. Sie wußte dadurch, welch großes Ereignis der Erdenentwickelung bevorstand und wie es herbeigeführt werden sollte durch einen Ver­mittler, der, aus der Menschheit herausgewachsen, sich hingeben würde dem Sonnenlichte mit seinem ganzen Wesen, so daß es ihn völlig ergreifen konnte. Sein eigenes Wesen sollte er hinopfern, auf daß das erhabene Sonnenwesen sich in ihm offenbare auf Erden. Als Samen barg jene Individualität dieses Wissen in seinem Innern. Und als die Zeit gekommen war, da wuchs aus der Menschheit heraus dem Sonnengeiste entgegen, wie eine lebendige Blüte, ein mensch­liches Wesen. Es konnte in sich aufnehmen die geistigen Sonnen-kräfte, indem es seine drei Leibeshüllen dem großen Geiste opferte, so daß er sich hinuntersenken konnte und in einem Menschenleibe leben auf der Erde. Wie die Pflanze nach der Befruchtung anfängt

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abzusterben, so war jener Leib dem Tode gewidmet, als sich dieses Ereignis vollzog. Und als auf Golgatha das Blut floß aus den Wun­den dieses Leibes, da senkte sich der Samen jener Blüte in die Erde hinein als ein neuer Impuls zum geistigen Leben, der sich weiter in der Menschheit entwickeln sollte. So wurde in jeden Menschen die­ser Impuls gelegt wie ein geistiger Keim, welcher in ihm weiter zur Entfaltung kommt, wenn die menschliche Seele angeregt wird, durch neue Empfindungen und Gefühle aus sich heraus eine Blüte hervorwachsen zu lassen, welche befruchtet werden kann von dem geistigen Sonnenlichte. Es vollzieht sich geistig derselbe Prozeß in der Seele, welcher mit der physischen Pflanzenform vor sich geht, wenn die Pflanze in einer Art Schamgefühl sich in sich selber zu­rückzieht und anfängt zu welken. So empfindet auch die menschli­che Seele, in die sich das Geisteslicht gesenkt hat, in tiefem Schamge­fühl ihre eigene Unvollkommenheit, und diese Empfindung gibt ihr die Veranlassung dazu, in das eigene Innere einzukehren. Wenn der Mensch einmal dieses Geisteslicht in seiner Seele empfunden hat, so leuchtet es in sein Inneres hinein und er lernt sich dadurch schauen, so wie er in Wirklichkeit ist. Dann geht er den Weg, den er sonst ge­hen muß, wenn er seine Leibeshüllen beim Tode verläßt. Er taucht Linter in diese Hüllen, als persönlicher Mensch fängt er an, abzuster­ben. Der Mensch stirbt als einzelne Persönlichkeit und lebt sich all­mählich hinein in das große Weltenwesen. So kann er sagen : «In dem Christus sterbe ich». Mit dem neuen geistigen Impuls steigt der Mensch zunächst hinein in seinen Astralleib. Da kommen ihm ent­gegen diejenigen Wesen, welche da wirken als auf der Mondenstufe zurückgebliebene Wesen, sie zeigen sich in allen Gefühlen, Impul­sen und Empfindungen, welche niederer Art sind. Sie stehen eine Stufe unter der Ich-Entwickelung, indem sie der Mondenentwicke­lung angehören. Daher sind sie auch nicht durchdrungen von der bewußten Ich-Kraft und sind tierischer Art. Alles, was im mensch­lichen Astralleibe wirkt als unterbewußte, ungezügelte Gefühle und Empfindungen, findet er da als eine Welt, die sich ihm wie eine Au­ßenwelt darstellt. Indem er sich so seiner eigenen Innenwelt bewußt gegenüberstellt, erlangt er die Macht, diese Wesen zu überwinden,

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sie aus seinem Innern zu erlösen und allmählich umzugestalten. Tie­fer noch steigt der Mensch in sein Inneres, in den Ätherleib hinein. Da findet er vor eine Welt, die er sich gebildet hat durch seine Den­kungsart in bezug auf dasjenige, was er sich angeeignet hat aus seiner Umgebung an Traditionen und Gewohnheiten. Da wirken im Äther-leibe Wesen, die auf der Sonnenstufe zurückgeblieben sind, sie hem­men seine Entwickelung in bezug auf bewußtes freies und selbständi­ges Denken. Auch diese wird er allmählich erlösen und umgestalten zu weisheitsvollen Lichtwesen durch den geistigen Impuls, welchen er bekommen hat. Steigt der Mensch dann weiter hinein in seinen physischen Leib, so findet er vor eine ganze Welt von Kräften, die da wirken in seinem Wollen als auf der Saturnstufe zurückgebliebe­ne Wesen. Sie verfestigen seinen Willen in bezug auf das Persönliche und lenken diesen nach dem persönlichen Mittelpunkt zu. Auch diese Wesen kann er erlösen durch das Geisteslicht, welches in sein Inneres einströmt aus einem Mittelpunkte, der außerhalb seiner Per­sönlichkeit liegt und mit dem er sich doch innig verbunden fühlt. So erlebt sich der Mensch in seinen Leibeshüllen zunächst als dasjenige Wesen, zu dem er sich bis dahin entwickelt hat. Ein neuer Mittel­punkt ist für ihn entstanden, von dem heraus er sich selber anschau­en kann. Er weiß, daß die Entwickelung jener drei Leibeshüllen, in die er hinuntersteigen mußte, früheren Entwickelungszuständen der Erde angehört, und daß er deshalb in seiner Seele auch diejenige Kraft vorfinden muß, welche während der Erdenentwickelung ins­besondere ausgebildet werden soll und in der Seele veranlagt wurde. Diese Kraft ist es, welche ihn zu einem selbstbewußten Ich-Wesen macht, so daß er in sich selber bewußt hinuntersteigen kann. Es ent­wickelt sich der Pflanzensamen allmählich in der Pflanzenform und reift heran zu einem selbständigen eigenen Sein innerhalb dieser Form. Der Mensch schreitet bei lebendigem Leibe durch die Pforte des Todes, indem er sich unabhängig macht von seinen Leibeshüllen. Dann findet er in seinem Innern den geistigen Keim, welcher durch den Christus-Impuls in seine Seele gelegt worden ist. Es leuchtet ihm aus seiner eigenen Wesenheit das Christus-Licht entgegen, und wie das reife Samenkorn sich in die Erde hineinversenkt, nachdem die

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Pflanze abgestorben ist, so fällt dieser geistige Keim aus der engen Persönlichkeit heraus und versenkt sich in das große Weltenlicht. Dann leuchtet aus dem Innern der Erde heraus dem Menschen ent­gegen dasjenige Licht, das seit dem Ereignis auf Golgatha sich mit der Erde verbunden hat. Dann kann er sich sagen : In dem Christus sterbe ich, wiedergeboren aber werde ich zum umfassenderen Dasein. - Und er empfindet und erlebt in sich die Bedeutung der Worte : Wer das Leben verlieren wird um meinetwillen, der wird es behalten.

So wie der Mensch aus dem Makrokosmos herausgeboren ist als Mikrokosmos, als selbstbewußtes Ich-Wesen, so geht er den Weg wiederum zurück, indem er sich mit seinem Ich-Bewußtsein allmäh­lich wieder in den Makrokosmos hineinlebt. Die geistigen Mächte haben sich allmählich vom Menschen zurückgezogen, nachdem sie ihm alle ihre Opfergaben gebracht hatten, auf daß er nun selber seinen Weg finde zum geistigen Aufstieg, so daß er sich bewußt und freiwillig wiederum in das Geistige einleben soll.

Der Mensch erlebt diese geistigen Wesen zunächst, indem er sich innig verbunden fühlt mit der großen Erdenmutter, aus der er her­ausgeboren ist als einzelner Mensch, der er aber angehört und mit der er viel inniger verbunden war während der früheren Entwicke­lungszustände. Diese Zustände erlebt er als die Entwickelung des alten Saturn, der alten Sonne und des alten Mondes. Der Mensch steigt in sein eigenes Inneres hinunter und erlebt da die Wesen, wel­che wirken in seinen drei Hüllen : in seinem Astralleibe, Ätherleibe und physischem Leibe, dann findet er den eigentlichen Mittelpunkt seines eigenen Wesens, da strahlt ihm das Christus-Licht entgegen. Dann auch steigt er hinein in diejenigen Zustände der Erdenent­wickelung, wo ausgebildet wurden die drei Hüllen, welche sind der Astralleib, Atherleib und physische Leib der Erde und erlebt da die geistigen Wesen, welche mit dieser Entwickelung zusammenhängen und ihre Kräfte da hineinströmen. Dann schreitet die menschliche Seele weiter fort und erlebt diejenige geistige Kraft, welche sich hineinversenkt hat während der Erdenentwickelung in die Erde als das Christus-Licht.

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Wie ein gewaltiges Tableau nimmt sich aus diese ganze kosmische Entwickelung, in die der Mensch mit einverwoben ist. Es spielt sich alles um ihn ab, es lebt und webt in ihm selber diese ganze Ent­wickelung. Wie ein Brennpunkt, in dem sich die Wesen und Kräfte treffen, welche in jener Entwickelung tätig sind, kommt er sich sel­ber vor. Die Kräfte strömen in ihn ein und aus, er selber ist das Prc> dukt jener Kräfte. In diesen Wirkungen findet er ein festes Zentrum, wie einen innerlichen Mittelpunkt, um den sich alles gruppiert, und dieser Mittelpunkt ist die Christus-Wesenheit, das Zentrum der ma­krokosmischen und mikrokosmischen Entwickelung. Wie ein neuer Mittelpunkt, von dem alles ausfließt, zu dem alles hinströmt, strahlt ihm entgegen der Quell alles Lebens, aller Entwickelung, als der göttliche Geist, der hinter allen Dingen steht, der da wirkte, bevor die Dinge waren. Und so wie er sich als Erdenmensch eingebettet fühlt in der Erdenentwickelung, so erkennt er sich als geistiges Wesen in diesem göttlichen Urquell alles Lebens. Im Innern der Seele lebt die Christus-Kraft, in dem selbstbewußten geistigen Kern in der Ich-Kraft. Über die Leibeshüllen hinaus lebt sie sich dar als der Geist aller Dinge, der Heilige Geist, als eine höhere Ich-Kraft, die das wah­re unvergängliche Zentrum alles Seins ist.

Wenn der Mensch sich so erkennt als ein geistiges Wesen in die­sem Allgeist, so kann er empfinden die Bedeutung der Worte aus dem Rosenkreuzerspruch : «In dem Heiligen Geist werde ich wie­dergeboren», denn als neues Wesen steht er da seinem früheren Menschen gegenüber, ein Wesen, das zunächst sich aneignen muß die Eigenschaften und Fähigkeiten, welche es braucht in diesem gei­stigen Leben, so wie ein Kind lernen muß, seine leiblichen Organe zu benützen in der physischen Welt. Und wiederum muß dieses gei­stige Wesen in sich erleben die drei geistigen Kräfte, die sich in der kosmischen Entwickelung offenbaren als Fühlen, Denken, Wollen, als Liebe, Weisheit, Kraft. Denn wie das Kind zunächst lernt zu ste­hen und zu gehen, so muß der Mensch lernen, Richtung und Weg zu finden in der geistigen Welt. Dieses kann nur angeeignet werden mit dem Gefühl, indem er sich allem liebevoll gegenüberstellt. Dann muß er lernen, die Wahrheit zu erkennen, dadurch, daß er die Weltenweisheit,

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die in ihm ertönt, verstehen lernt, die Laute aus der gei­stigen Welt in sich erklingen läßt und ihre Bedeutung ahnt, so wie das Kind die Sprache verstehen lernt. Dann lernt er allmählich erkennen das wahre Leben im Geiste, indem er in sich selber ein Zentrum erlebt, von dem seine eigenen Willens- und Lebensimpulse ausgehen, so daß er selber sich offenbaren kann in dem Sprechen und in seinem Wesen. Daher spricht der Christus Jesus die Worte :

«Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich.» Niemand kann durchdringen zu dem wahren geistigen Ursprung alles Seins, zu dem Vater, wenn er nicht diese drei Kräfte sich in seinem Geiste ausgebildet hat und sie in der richtigen Art verbindet.

Es stellt sich die Entwickelung des Menschen in demjenigen Sym­bolum dar, welches gehört zu dem tief bedeutsamen Rosenkreuzer­spruch, in dem schwarzen Kreuz mit den roten Rosen. Es empfindet der Mensch dieses Symbolum als etwas Lebendiges, in welchem le­ben und weben die geistigen Kräfte, die ihn aufgebaut haben so, wie er aus der Gottheit herausgeboren ist. Dann aber weiß er, daß weite­re Entwickelung seiner Seele möglich ist durch Anstrengung seiner eigenen Kräfte. Er weiß, daß nicht nur sein Blut rein werden soll wie der rote Pflanzensaft der Rosen, daß auch das schwarze Kreuz sich umwandeln muß, indem er seine Hüllennatur läutert und über das bloß Persönliche hinauswächst, wenn er sich hingibt an etwas un­endlich Größeres. Dann stirbt er in dem Christus, und vor seiner Seele verwandelt sich das dunkle, schwarze Kreuz in ein leuchtendes, strahlendes Kreuz. Die roten Rosen erweitern sich zu einem unend­lichen Kreise, wenn die Seele sich immer mehr in den Makrokosmos einlebt, bis sie sich selber als dieser Kreis empfindet. Im allumfas­senden Makrokosmos erlebt sich dann der Mensch in einem neuen Dasein.

Dann, auf geheimnisvolle Weise, verwandeln sich die Farben des Symbolums, die Rosen zeigen sich grün, das Kreuz weiß. Ahnen kann die Seele nur die volle Bedeutung, indem sie empfindet die Kraft, welche ihr entgegenströmt. Wie aus höheren Geistessphären ihr entgegenstrahlend schaut und erkennt die Seele dieses heilige

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Symbol. Streng und kraftvoll zeigt es sich als eine Aufforderung zur stetigen Arbeit, damit einmal erreicht werde das große Ideal, welches ein jeder einzelne Mensch verwirklichen kann, wenn er wiederge­boren wird in dem heiligen Geist.

Zu dem Mantram «Die Steine sind stumm ...» (Siehe S. 163)

Zu diesem Mantram sind aus dem erkenntniskultischen Arbeitszusammenhang keine Erläuterungen überliefert. Aber im Vortrag Leipzig, 13. Oktober 1906 wurden die folgenden Ausführungen gemacht, die sich auf den Inhalt des Mantrams beziehen :

Ich sprach Ihnen früher davon, daß in jedem Menschen Kräfte schlummern, die entwickelt werden können und die ihn zu höherer Daseinsstufe erheben. Wie die physische Welt durch physische Or­gane wahrgenommen wird, so kann die übersinnliche Welt durch übersinnliche Organe wahrgenommen werden. Damals wurden die Mittel angegeben, wenn auch bruchstückweise, durch die der Mensch sich sehend machen kann. Heute wollen wir, um zu unse­rem Thema hinüberzuleiten, gewisse Mittel anführen, die innerhalb der inneren Schulung gebraucht werden.

Auf jeder Stufe sind neue Anweisungen zu befolgen. Was heute besprochen wird, genügt nicht allein, aber es reiht sich ein. Auf dem Weg zur Schülerschaft wird eine Anweisung gegeben, die dahin geht, daß der Mensch sich angewöhnt, ein ganz bestimmtes Verhält­nis zur übersinnlichen Welt zu bekommen, ein moralisches Verhält­nis. Auf der ersten Stufe muß der Mensch sich klarmachen, daß ebenso wie er ein empfindendes Wesen ist, auch die Tiere empfin­dende Wesen sind. Wie jedoch der Mensch eine individuelle Seele

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hat, so haben die Tiergruppen eine Gattungsseele. So haben alle Löwen, alle Haifische, alle Frösche und so weiter zusammen eine Seele. Anders ausgedrückt : Während der Mensch die Seele als Inneres hat, reichen die Tierseelen, gleichsam die seelischen Verbindungs-fäden der Tiere, bis in die astrale Welt hinein, und dort sind die Ge­meinschaftsseelen der Tiergruppen. Wenn man dem Menschen weh tut, so empfindet er es allein. Verletzt man aber den Löwen, so emp-findet das die Gruppenseele, die nicht auf dem physischen Plan lebt, sondern auf dem astralen Plan.

Die Schulung geht nun dahin, ein Verhältnis, ein Empfindungs-verhältnis zu den Tierseelen auf dem astralen Plan zu bekommen. Hierfür ein Beispiel : In manchen Gegenden galt den alten Deutschen das Pferd als Verehrungsgegenstand. Sie pflanzten einen Pferdeschä­del als Symbol auf ihre Häuser. Die Wahl eines solchen Symbols zeigt, daß sie in einem ganz bestimmten Verhältnis zum Pferd standen. Woher kam das? Das Pferd entstand erst zu einer ganz bestimmten Zeit. In der Mitte der atlantischen Zeit trat diese Gattung Tiere, selbstverständlich nach und nach, auf. Dies fiel zusammen mit der Entwickelung der Klugheit. Wenn der Mensch sich das auch nicht in Begriffen besonders klarmachte, so hatte er vergleichsweise eine Anziehung zu dem Pferd wie der Liebende zur Geliebten. Der Ara­ber hat noch heute ein besonderes Verhältnis zu seinem Pferd. Man­che Hinweise finden sich in der Mythologie. So ersann die Klugheit des Odysseus ein hölzernes Pferd. In diesem Sinne wird der Mensch eine Empfindung für die Gattungsseele der verschiedenen Tiere be­kommen. Wenn dies ins Bewußtsein übergehen wird, dann beginnt das Verhältnis zum astralischen Plan aufzugehen.

Auf diese Weise kann auch ein moralisches Verhältnis zur Pflan­zenwelt entstehen. Der Okkultist sieht nicht nur die Schönheit der Pflanze, sondern er empfindet etwas wie ein lächelndes oder ein trauriges Antlitz. Man hat sehr viel von diesem moralischen Emp­finden. Wenn Sie ein solches moralisches Verhältnis ausbilden, dann treten Sie in Beziehung zur unteren Region des Devachanplanes.

Auch für die tote Steinwelt kann man eine feine Empfindung aus­bilden. Das Gestein hat eine Gruppenseele auf dem Devachanplan,

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so wie das Tier eine Gruppenseele auf dem astralen Plan besitzt. Im Devachan leben die Seelen der Minerale. Deshalb sind sie für den Menschen nicht erreichbar. Wie die Fliege, wenn sie über unsere Hand läuft, nicht ahnt, daß dahinter eine Seele liegt, so wissen die Menschen nicht, daß Steine Seele haben.

Wenn nun Steine Seelen haben, dann werden Sie auch verstehen, wie ein moralisches Verhältnis zu ihnen entstehen kann. Ein mensch­licher, ein tierischer Leib hat Begierden, Leidenschaften und Triebe. Der Pflanzenleib hat keine Begierden mehr, aber er hat noch Triebe. Der Steinleib hat weder Begierde noch Trieb, deshalb stellt er uns Menschen ein Ideal vor, dahingehend, daß unsere Triebe vergeistigt werden sollen. Und in ferner Menschenzukunft wird das erreicht werden : Leiber ohne Begierde und Triebe werden die Menschen haben. Einst wird der Mensch diamantgleich sein, er wird nicht mehr innerliche Triebe haben, sondern solche sind dann äußerlich beherrscht.

Der Stein stellt schon heute diese Keuschheit dar, er ist begierde-lose Materie. Dieses Begierdenlose muß der okkulte Schüler bereits jetzt in sich ausbilden. In diesem Sinn steht der Stein über Tier, Pflanze und Mensch. Eine alte Rosenkreuzerformel beginnt damit, daß es heißt : Ich habe das ewige Schöpferwort in den Stein gelegt. -Keusch und jungfräulich bewahrt der Stein dieses Schöpferwort in den Tiefen des physischen Daseins.

Wenn man solches Empfinden gegenüber dem Stein zur spirituel­len Erfahrung steigern kann, wird man hellsichtig in den höchsten Partien des Devachan.

Zu Zeichen, Griff und Wort

#G265-1987-SE272 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

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Zu Zeichen, Griff und Wort

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Die ausführlichste Erklärung, die vorliegt, gibt die Beantwortung einer Frage über Freimaurerei und ihren Zweck in einem der Vorträge für die Arbeiter am Goetheanum-Bau. Darum wird diese Fragenbeantwortung aus dem Vortrag Dornach, 4. Juni1924 hier vorangestellt:

Die heutige Freimaurerei, die ist eigentlich, man könnte sagen, nur der Schatten dessen, was sie einmal war. Ich habe hier auch schon verschiedentlich davon geredet, daß es in sehr alten Zeiten der Menschheitsentwickelung nicht solche Schulen gab wie heute, auch nicht solche Kirchen und auch nicht solche Kunstanstalten, sondern das war alles eins. In den alten Mysterien, wie man es nannte, war zugleich die Schule, die Kunstanstalt und die Religion. Das ist erst später auseinandergegangen. So daß es eigentlich für unsere mittel­europäischen Gegenden, man könnte sogar sagen, erst im 11., 12. Jahrhundert so geworden ist; früher waren die Klöster, ich möchte sagen, ein Andenken an die alte Zeit. Aber in ganz alten Zeiten war das so, daß Schule, Kirche und Kunstanstalten eines waren. Es war aber so, daß in den Mysterien alles das, was da getrieben wurde, viel ernster genommen worden ist als heute zum Beispiel in unseren Schulen und auch in unseren Kirchen die Sachen genommen werden.

Die Sache ist nämlich damals so gewesen, daß man lange Zeit hat vorbereitet werden müssen, bis man hat lernen dürfen. Heute ent­scheidet ja im Grunde genommen, ob man etwas lernen kann oder nicht, wirklich ein Prinzip, das gar nichts zu tun hat mit dem Ler­nen. Nicht wahr, heute entscheidet eigentlich nur das, ob für den Betreffenden, der lernen soll, das Geld aufgebracht werden kann oder nicht aufgebracht werden kann! Das ist natürlich etwas, was gar nichts zu tun hat mit den Fähigkeiten, die der Betreffende hat. Und ganz anders nun war die Sache in alten Zeiten. Da hat man unter der ganzen Menschheit diejenigen ausgesucht - man hat einen besseren Blick auch dafür gehabt als heute -, die etwa die Fähigsten waren. Natürlich ist die Sache dann fast überall, weil die Menschen schon einmal egoistisch sind, in Verfall geraten; aber das Prinzip war ursprünglich dies, daß man diejenigen aussuchte, die Fähigkeiten

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hatten. Und die wurden dann erst dazu berechtigt, daß sie geistig ler­nen konnten - nicht einfach durch Drill und durch Dressur und durch Elemente, wie heute gelehrt wi?d, sondern die konnten geistig lernen.

Dieses geistige Lernen, das ist nun aber damit verknüpft, daß man in der Vorbereitung lernt, ganz bestimmte Fähigkeiten auszubilden. Sie müssen nur bedenken, wenn man im gewöhnlichen Leben irgend etwas angreift, so hat man eigentlich eine grobe Empfindung davon; und das Außerste, was heute die Menschen erreichen, ist, daß sie in der Empfindung manchmal Stoffe voneinander unterscheiden kön­nen, daß sie die Dinge so befühlen und etwas in der Empfindung unterscheiden. Aber die Menschen sind in ihrer Empfindung - ich meine, in der rein physischen Empfindung - heute eigentlich recht grob; sie unterscheiden Wärme und Kälte. Höchstens daß es die Leu­te, die darauf angewiesen sind, zu einer feineren Empfindung brin­gen. Das sind zum Beispiel die Blinden. Es gibt ja Blinde, die lernen, wenn sie das Papier überfahren, die Buchstabenformen befühlen. Jeder Buchstabe ist ja ein bißchen eingegraben ins Papier. Wenn das Gefühl in den Fingern fein ausgebildet wird, kann man schon die Buchstaben etwas befühlen. Das sind die einzigen Leute, die heute lernen, feiner etwas fühlen, feiner etwas empfinden. In der Regel wird die Empfindung gar nicht ausgebildet, aber man lernt unge­heuer viel, wenn man das Gefühl, und namentlich das Gefühl in den Fingerspitzen und in den Fingern ganz fein ausbildet. Heute unter-scheidet der Mensch Wärme und Kälte nicht bloß durch das Gefühl. Ja, das kann er auch heute, deshalb, weil er heute das Thermometer lesen kann; da werden ihm die feinen Unterschiede in Wärme und Kälte sichtbar. Aber das Thermometer ist ja auch erst im Laufe der Zeit erfunden worden. Vorher hatten die Leute nur ihr Gefühl. Da wurden in den Mysterienvorbereitungen anfangs nämlich die Ge­fühle, besonders in den Fingern und Fingerspitzen, ganz besonders ausgebildet. Und es war so, daß man in feinster Weise empfinden lernte.

Wer war also eigentlich in den Mysterien derjenige, der zuerst vorbereitet worden war, ganz fein zu empfinden? Nun, die andern

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Menschen konnten nicht so fein empfinden. Nehmen Sie nun an, irgendwo, an einem andern Orte, war ein Mysterium. Die Leute rei­sten ja viel im Altertum; sie reisten fast ebensoviel wie wir, und manchmal ist man erstaunt, wie schnell sie reisten. Sie hatten keine Eisenbahn; aber sie reisten, weil sie flinker waren, weil sie schneller gehen konnten, weniger müde wurden, auch etwas besser gingen und so weiter. Und nun trafen sie sich auf dem Wege, solche Leute. Ja, wenn sich zwei solche Leute, die fein empfinden konnten, die Hand gaben, so merkten sie das aneinander, und man sagte dann:

Die erkennen sich an ihrer feineren Empfindung. Das ist dasjenige, was man den Griff nennt - den Griff, wenn man den andern angriff in alten Zeiten und man merkte, der hat eine feinere Empfindung.

Nun weiter, meine Herren, bedenken Sie einmal das zweite:

Wenn erkannt wurde, daß einer eine feine Empfindung hatte, dann ging man weiter, denn man lernte noch mehr. In alten Zeiten schrieb man ja nicht so viel wie heute; man schrieb eigentlich nur sehr selten und das Allerallerheiligste auf. Allerdings, es gibt im Al­tertum auch schon eine Art von Korrespondenz; aber auch diese Korrespondenz war mehr in allerlei Zeichen. Und so entstanden viele Zeichen für alles mögliche. Es war ja auch so, daß die Leute, die nicht zu den Mysterien gehörten, die also nicht die Weisen, wie man sie nannte, waren, wenn sie reisten, nur in kleinerem Umkreis rei­sten; die kamen nicht sehr weit. Aber die Gelehrten, die Weisen, die reisten sehr viel. Da hätten sie eigentlich nicht nur alle Sprachen, sondern alle Dialekte kennen müssen. Es ist ja natürlich schwer, schon wenn man Norddeutscher ist, den Schweizer Dialekt zu kön­nen. Nun aber gab es für diese Leute in den Mysterien außer der Sprache, die sie sprachen, für alle Dinge, die sie interessierten, gewis­se Zeichen. Sie machten Zeichen. So zum Beispiel, sagen wir, es wurde die gewöhnliche Gebärde, die man schon in der Empfindung hat, weiter ausgebildet: Ich begreife -; oder: Das ist nichts, was du mir sagst -; oder: Wir verstehen uns gut miteinander. - Man zeich­nete das Kreuz hinein. So daß es eine voll ausgebildete Zeichenspra­che gerade unter den alten Weisen gab, und man legte alles, was man wußte, in solche Zeichen hinein. So daß Sie einsehen können: Alle

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die Leute, die in den damaligen hohen Schulen, in den Mysterien, waren, hatten für alles gewisse Zeichen. Sagen wir zum Beispiel, sie wollten nun diese Zeichen festhalten; dann erst malten sie sie auf. So entstanden die aufgemalten Zeichen.

Es ist schon interessant, daß es heute noch gewisse Schriften gibt, welche deutlich erkennen lassen, daß sie aus den Zeichen hervorge­gangen sind. Das ist zum Beispiel die alte Schrift der Inder, die Sans­kritschrift. Bei ihr sieht man überall, daß alles aus der krummen und aus der geraden Linie hervorgegangen ist. Krumme Linien: Unzufrie­denheit mit etwas, Antipathie; gerade Linien: Sympathie. Bedenken Sie einmal: Es weiß einer, die geraden Linien bedeuten Sympathie, die krummen Linien bedeuten Antipathie. Jetzt will ich ihm etwas mitteilen. Dafür habe ich auch mein Zeichen. Er will mir etwas sagen; das kann ja anfangs ganz gut gehen, später aber kann die Ge­schichte schlecht werden. Sehen Sie, da geht es noch gut; später zeichnet er eine Schlangenlinie: da kann es schlecht gehen. Und so hatte man für alles bestimmte Zeichen. An diesen Zeichen oder mit diesen Zeichen verständigten sich diejenigen wieder, die in den Mysterien waren. So daß man zum Griff dazu hatte das Zeichen.

Nun, etwas ganz Besonderes sah man früher in den Worten. Se­hen Sie, wenn heute der Mensch Worte spricht, so hat er eigentlich gar keine Ahnung mehr, was es mit den Worten ist. Aber man kann doch noch etwas empfinden, was in den Lauten schon drinnenliegt. Sie werden leicht empfinden können, wenn einer irgendwie in einer Lebenslage ist und er fängt an: A - da hat das irgend etwas mit Verwunderung zu tun. A - der Buchstabe A ist Verwunderung. Nun nehmen Sie dazu den Buchstaben R: dadrinnen liegt das Hinrollen,

Strahlen: R = Ausstrahlen. A = Verwunderung, R = Rollen, Ausstrahlen.

Nun wissen wir jetzt allerdings das, was wir eben über die Son­nenstrahlen gesagt haben. Aber auch wenn die Sonnenstrahlen scheinbar sind, wenn sie keine Wirklichkeit sind: es sieht so aus, wie wenn sie hinströmen würden. Nun denken Sie sich, es will einer sa­gen: Da oben ist etwas, das wirft mir hier auf der Erde etwas zu, was, wenn es mir am Morgen erscheint, Verwunderung hervorruft.

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Die Verwunderung drückt er aus durch A, aber daß es von oben kommt, mit R; das drückt er also aus mit: RA. Ja, so haben die alten Ägypter den Sonnengott genannt: Ra! In jedem von diesen Buchsta­ben liegt eben ein Empfinden darinnen, und wir haben die Buchsta­ben zu Worten zusammengesetzt. Es war also eine ganz ausgebreite­te Empfindung drinnen. Das ist heute längst vergessen. So etwas kann man an verschiedenen Dingen spüren. Nehmen Sie zum Bei­spiel: I. Das ist so etwas wie eine leise Freude; man findet sich ab mit dem, was man erfährt, wahrnimmt: I, Daher wird auch das Lachen ausgedrückt mit: hihi. Das ist eine leise Freude. So hat jeder Buch­stabe etwas Bestimmtes in sich. Und es gibt eine Kenntnis, durch die man geradezu die Worte bilden kann, wenn man Verständnis hat für die Laute, die in den Worten drinnen sind.

Nun werden Sie eines sagen, meine Herren: Ja, dann könnte es eigentlich, wenn das so wäre, nur eine einzige Sprache geben! -Ursprünglich hat es unter der Menschheit auch eine einzige Sprache gegeben; als man noch ein Empfinden hatte für diese Laute, diese Buchstaben, hat es nur eine einzige Sprache gegeben. Die Sprachen sind dann verschieden geworden, als sich die Menschen zerstreut ha­ben. Aber ursprünglich haben die Menschen das empfunden, und in den Mysterien wurde das richtig gelehrt, wie man Laute, Buchsta­ben empfindet und zu Worten macht. Daher gab es eine eigene Spra­che in den Mysterien. Diese Sprache, die sprachen alle untereinan­der. - Sie sprachen untereinander nicht die Dialekte, aber diese Spra­che, die verstanden alle. Wenn einer Ra sagte, wußte der andere, daß das die Sonne ist. Wenn einer zum Beispiel sagt: E - fühlen Sie nur:

Ich schrecke etwas zurück, das paßt mir nicht; E = ich habe eine lei­se Furcht, so etwas wie Furcht! Nun, nehmen Sie L: das ist so, wie wenn etwas hinschwindend ist, wie wenn etwas fließt, und EL, ja, das ist etwas, das hinfließt und wodurch man zurückschreckt, wo­durch man sich fürchtet. So hat in Babylon El = Gott geheißen. So wurde alles nach diesem Prinzip bezeichnet. Oder nehmen Sie die Bibel: Wenn Sie sagen: 0 - das ist eine Verwunderung, eine plötz­liche Verwunderung, gegen die man nicht aufkommt. Beim A - da hat man eine Empfindung, welche man gern hat, eine Verwunderung,

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die man gern hat; 0 - da will man zurückweichen; H, Ch ist der Atem. So daß man sagen kann: 0 = zurückweichende Verwun­derung; H = Atem; I = da zeigt man hin darauf, man freut sich dar­über, es ist leise Freude = I. Und M, das ist: Man will selber hinein­gehen. Sie spüren, wenn Sie M aussprechen: M - da geht der Atem hinaus, und man fühlt, man läuft förmlich nach dem Atem; M ist also: hinweggehen. Jetzt setzen wir das zusammen: El, das haben wir schon gesehen, ist der im Winde herkommende Geist, El; 0 = das ist die zurückweichende Verwunderung, H = der Atem; das ist o schon der feinere Geist, der als Atem wirkt; I ist die leise Freu­M - das ist das Hingeben. Da haben Sie Elohim, womit die Bibel beginnt; da haben Sie diese Laute drinnen. So daß man sagen kann:

Was sind die Elohim? - Die Elohim sind im Winde Wesen, vor de­nen man etwas Angst hat, vor denen man etwas zurückweicht, die aber durch den Atem zur Freude der Menschen, im Hingeben des Menschen Freude haben: Elohim. Und so ist ursprünglich in den Worten nach den Lauten, nach den Buchstaben zu studieren, was die Worte eigentlich bedeuten. Die Menschen spüren heute gar nicht mehr, wie das eigentlich ist.

Wie heißt hier in der Schweiz die Mehrzahl von Wagen? Heißt es auch hier: Wagen, oder heißt es die Wägen? (Antwort: Die Wagen !)1) -Die Wagen heißt es noch. Da ist es also schon verwuschelt; das Ur­sprüngliche wäre: der Wagen, die Wägen! Bei der Mehrzahl haben wir das in der verschiedensten Weise; zum Beispiel haben wir: der Bruder, die Brüder. Das ist aber doch wohl auch so in der Schweiz! Sie sagen doch nicht: die Bruder? Also: der Bruder, die Brüder. Oder sagen wir: das Holz, die Hölzer. Man sagt ja wohl auch hier nicht: die Holzer. Das Holz, die Hölzer. Sie sehen, meine Herren, wenn die Mehrzahl gebildet wird, da wird der Umlaut gebildet:

a in ä, u in ü, o in o, Warum geschieht das? Ja, der Umlaut, der drückt aus, daß die Sache undeutlich wird! Wenn ich einen Bruder sehe, dann ist er deutlich da als eine Person; wenn ich mehrere Brü­der sehe, dann wird es undeutlich, da muß ich schon einen von dem

1) Diese Antwort ist falsch; es heißt im Schweizerdeutsch «Wäge», wie Rudolf Steiner

vermutete.

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andern unterscheiden, und wenn ich das nicht kann, wird es undeut-lich. Man muß einen um den andern anschauen. Das Undeutlich-werden wird überall durch den Umlaut angedeutet. Wo also ein Umlaut irgendwo in einem Worte ist, da ist irgend etwas undeutlich.

In der Sprache liegt also etwas, woran man eigentlich den ganzen Menschen erkennen kann; da ist der ganze Mensch. Und so drückten die Leute auch aus, wie schon in den Buchstaben, die man aufschrieb, in diesen Zeichen gewisse Bedeutungen drinnen liegen. A war immer Verwunderung. Wenn nun der alte Jude so aufgeschrieben hat, so sagte er sich: Wer verwundert sich in der Erdenwelt? Die Tiere ver­wundern sich eigentlich nicht, nur der Mensch. Daher nannte er den Menschen überhaupt: die Verwunderung. Wenn er sein Aleph auf-schrieb, das das hebräische A, dann bedeutete das aber auch den Menschen.

Und so war es, daß jeder Buchstabe zugleich ein bestimmtes Ding oder Wesen bedeutete. Das alles kannten wiederum die Leute, die in den Mysterien waren. Wenn also einer reiste und traf einen andern und sie hatten die gemeinsame Kenntnis, so erkannten sie sich am Wort. So daß man sagen kann: In den alten Zeiten war es so, daß die Leute, die etwas gelernt haben, die also viel wußten, einander er­kannten an Griff, Zeichen und Wort. Ja, aber, meine Herren, da war etwas darinnen! Da war wirklich zugleich die ganze Gelehrsamkeit drinnen in diesen Zeichen, Griff und Wort. Denn dadurch, daß man fühlen lernte, lernte man die Gegenstände unterscheiden. Dadurch, daß man die Zeichen hatte, hatte man ein Nachahmen alles desjeni­gen, was Naturgeheimnisse waren. Und im Worte lernte man den inneren Menschen kennen. So daß man also sagen kann: Im Griff hatte man die Wahrnehmung; im Zeichen hatte man die Natur, und im Wort hatte man den Menschen, seine innere Verwunderung oder sein Zurückbeben, seine Freude und so weiter. Man hatte also Natur und Mensch, und hat sie wiedergegeben in Zeichen, Griff und Wort.

Nun, im Laufe der Menschheitsentwickelung ist dann dasjenige entstanden, was sich auf der einen Seite trennte in die Universität und später Schulen, und auf der anderen Seite in die Kirchen und in die Kunst. Alle drei haben nicht mehr verstanden, was ursprünglich

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vorhanden war; und ganz verloren ging Griff, Zeichen und Wort. Nur diejenigen, die dann bemerkt hatten: Donnerwetter, diese alten Weisen, die hatten ja dadurch eine gewisse Macht, daß sie das wuß­ten! Das ist eine gerechtfertigte Macht, die ein Mensch hat, wenn er etwas weiß, denn dadurch kommt es seinen Mitmenschen zugute; wenn keiner eine Lokomotive zu machen verstünde, so würde die Menschheit eben niemals eine Lokomotive haben! Also wenn einer etwas weiß, so kommt es den Menschen zugute; das ist eine gerecht-fertigte Macht. Später aber haben sich die Leute einfach die Macht angeeignet, indem sie abgeguckt haben die äußeren Zeichen. Gerade wie diese oder jene Zeichen früher einmal etwas bedeutet haben und man später die Bedeutung verloren hat, so hat alles das die Bedeu­tung verloren. Und es bildete sich dann, ich möchte sagen, durch Nachäffung von den alten Mysterien, allerlei aus, in dem Sie nur äu­ßerlich die Sache haben. Was haben die Leute getan? Die hatten die feine Empfindung nicht mehr, aber sie verabredeten ein Zeichen, an dem sie sich erkennen. Sie geben sich die Hand in einer bestimmten Weise, wodurch einer weiß: der gehört zu diesem Bund. Da haben sie sich erkannt am Griff. Dann machen sie noch in irgendeiner Weise ein Zeichen. Das Zeichen und der Griff sind verschieden, je nachdem der eine im ersten oder zweiten oder dritten Grad ist. Dar­an erkennen sich dann die Leute. Aber es ist nicht mehr darinnen als nur ein Erkennungszeichen. Und ebenso haben sie für jeden Grad bestimmte Worte, die sie aussprechen können in gewissen freimau­rerischen Bünden; sie haben, sagen wir für den ersten Grad zum Bei­spiel - wenn man wissen will: Was ist das Wort? -: Jachin. Man weiß, er hat das Wort Jachin in der Freimaurerloge gelernt, sonst wäre er nicht im ersten Grad drin. Das ist nur noch ein Losungs­wort. Und ebenso macht er dann das Zeichen und so weiter.

Nun, eigentlich hat diese Art der Freimaurerei sich erst entwik­kelt, als alles übrige aus den Mysterien vergessen war; und es wurden einzelne von den alten Dingen, die man nicht mehr verstand, nach­geahmt. So daß dasjenige, was die Freimaurerei an Kultus übernom­men hat, meistens heute von den Freimaurern nicht mehr verstan­den wird; auch Zeichen, Griff und Wort verstehen sie nicht, weil sie

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all das nicht wissen, um was es sich da handelt. Sie wissen zum Bei­spiel nicht, daß, wenn sie das Wort des zweiten Grades aussprechen:

Boas, daß das B so viel ist wie ein Haus; 0 ist, wie ich Ihnen gesagt habe, diese zurückhaltende Verwunderung; A: das ist die angeneh­me Verwunderung; 5 ist das Zeichen für die Schlange. Damit haben Sie ausgedrückt: Wir erkennen die Welt als dasjenige an, was ein großes Haus ist, das der große Baumeister der Welt gebaut hat, über das man sich sowohl ängstlich als auch behaglich verwundern muß und in dem es auch das Böse gibt, die Schlange. - Ja, so etwas hat man gewußt in alten Zeiten; da hat man die Natur angeschaut nach diesen Dingen, den Menschen angeschaut nach diesen Dingen. Heu­te sprechen ahnungslos in gewissen Freimaurerbünden diejenigen, die den zweiten Grad haben, das Wort «Boas» aus. Ebenso, nicht wahr, wenn beim dritten Grad die Leute die Finger gelegt haben auf die Pulsader, dann war das wirklich eine Erkenntnis, daß der Betref­fende eine feine Empfindung hat. Das merkte man an der Art und Weise, wie der Finger lag an der Pulsader. Das ist später geworden der Griff für den dritten Grad. Die Leute wissen heute nur noch, wenn einer kommt und so die Hand nimmt: das ist ein Freimaurer. Also in diesen Dingen ist eigentlich etwas Altes, Ehrwürdiges, Gro­ßes, etwas, worin alle frühere Gelehrsamkeit gelegen ist; das ist jetzt also ganz ins Formelhafte übertragen, ins Nichtige ausgegangen. So daß heute der Freimaurerbund solche Dinge hat; er hat auch Zere­monien, einen Kultus: das ist noch aus den Zeiten, wo man alles auch in einem Kultus, in Zeremonien gezeigt hat, damit es den Leu­ten mehr eindringlich war. Die Freimaurer machen das auch heute noch. So daß in dieser innerlichen Beziehung wirklich der Frei­maurerorden keine Bedeutung mehr hat.

Aber es ist doch so furchtbar langweilig für viele Leute gewesen, wenn solche Bündnisse eingerichtet worden sind, da die Sachen mit­zumachen; denn eigentlich artete es aus in eine Art Spielerei. Es brauchte also etwas, was man wiederum hineinschüttete, hineingoß in die Freimaurerei. Und dadurch entstand das, daß dann die Frei­maurer mehr oder weniger politisch wurden, oder wiederum mehr oder weniger religiöse Aufklärungslehren verbreiteten. Die unaufgeklärte

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römische Lehre wurde von Rom verwaltet. Diejenige Lehre, die Rom gegenüberstand, wurde dann von der Freimaurerei verbrei­tet. Daher sind Rom, der römische Kultus und die Freimaurerei die allergrößten Gegner. Das hängt gar nicht mehr zusammen mit dem, was nun der Kultus, Zeichen, Griff und Wort bei den Freimaurern war, sondern das ist eben dazwischen gekommen. In Frankreich nannte man den Bund nicht Bund, sondern «Orient de France», weil alles von dem Orient genommen ist - «Grand Orient de France», das ist der große französische Freimaurerbund. Das andere, Zeichen, Griff und Wort, das ist nur noch, damit die Leute zusammenhalten, das ist das, woran sie sich erkennen. Der gemeinschaftliche Kultus ist das, wo sie zusammenkommen unter besonders feierlichen Um­ständen; so wie die andern in der Kirche zusammenkommen, so kommen diese Freimaurer unter Zeremonien, die von alten Myste­rien herrühren, zusammen. Das hält die Leute zusammen.

Es war ja auch besonders in Italien zu gewissen Zeiten, als politi­sche Geheimbünde sich bildeten, Sitte, unter gewissen Zeremonien, Zeichen und Griff, sich zu erkennen und zusammenzukommen. Po­litische Bünde, politische Vereinigungen haben immer angeknüpft an dieses alte Mysterienwissen. Und es ist heute ja wiederum ganz merkwürdig: Wenn Sie heute zum Beispiel in gewisse polnische und österreichische Gegenden gehen, finden Sie Plakate; auf diesen Pla­katen sind sonderbare Zeichen und sonderbare Buchstaben, die sich dann zu Worten verbinden; man weiß zunächst nicht, was dieses Plakat bedeutet - aber solch ein Plakat, das heute in polnischen und österreichischen Gegenden überall angeschlagen ist, das ist das äuße­re Zeichen für einen Bund, der von gewissen nationalistischen Seiten unter der Jugend gebildet wird. Da wird mit denselben Dingen vor­gegangen. Es ist das eigentlich weit, weit verbreitet, und die Leute wissen ganz gut, daß das Zeichen auch eine gewisse starke Kraft hat. Es gibt Verbände, die Deutschvölkischen zum Beispiel, die haben ein altes indisches Zeichen: zwei ineinandergeschlungene Schlangen, oder auch, wenn Sie wollen, ein Rad, das sich dann so umgebildet hat zum Hakenkreuz. Die haben das heute als Abzeichen. Und Sie werden vielfach hören, daß das Hakenkreuz wiederum als ein Zeichen

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angenommen wird für gewisse chauvinistische völkische Krei­se. Das ist aus dem Grunde, weil man die Überlieferung hat: durch solche Zeichen haben die Alten ihre Herrschaft ausgedrückt. Und so ist es im großen Maßstabe immer gewesen beim Freimaurerbund. Der Freimaurerbund ist eigentlich dazu da, um gewisse Leute zu­sammenzuhalten, und das tut er durch Zeremonien, durch Zeichen, Griff und Wort. Und dann verfolgt er geheime Ziele, indem er unter all denen, die unter diesen Zeremonien, Zeichen, Griff und Wort, verbunden sind, gewisse Geheimnisse bewahrt. Natürlich, geheime Ziele kann man nur verfolgen, wenn sie nicht alle wissen; und so ist es bei den Freimaurerbünden, daß sie vielfach politische oder kulturelle und dergleichen Ziele verfolgen.

Nun können Sie aber noch eines sagen, meine Herren. Sehen Sie, die Leute, die in Freimaurerbünden verbunden sind, sind keineswegs deshalb anzufechten, weil sie das tun, sondern manchmal haben sie die allerbesten und edelsten Absichten; sie sind nur der Ansicht: Man kann die Menschen nicht auf eine andere Weise als durch solche Bündnisse für so etwas gewinnen, und daher haben die meisten Frei­maurerbünde auch wiederum den Zweck, Wohltätigkeit im großen zu üben. Das ist schön, Wohltätigkeit und Humanität zu üben. Das ist nun auch etwas, was von diesen Bünden in großem Maßstabe aus­geübt wird. Daher ist es kein Wunder, wenn der Freimaurer immer darauf hinweisen kann, daß furchtbar vieles außerordentlich Huma­nes und Wohltätiges gerade von den Freimaurerbünden gestiftet und begründet wird. Man muß nur eben sich sagen: In der heutigen Zeit sind eigentlich alle solche Dinge nicht mehr zeitgemäß. Denn, nicht wahr, was müssen wir denn heute an solchen Dingen haupt-sächlich ablehnen? Wir müssen die Absonderung ablehnen. Es ent­steht dadurch auch bald eine geistige Aristokratie, die es nicht geben soll. Und das demokratische Prinzip, das immer mehr und mehr zur Geltung kommen muß, das widerstrebt eigentlich durchaus dem Frei­maurerbund ebenso wie den geschlossenen Priesterschaften. So daß man also sagen kann: Es ist schon einmal so, daß derjenige, der noch heute verstehen kann, was in manchen freimaurerischen Zeremonien für den ersten, zweiten und dritten Grad enthalten ist, in dem, was

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die Freimaurer selber oft nicht verstehen, erkennen kann, daß sie oft­mals zurückreichen auf ganz alte Weisheit; aber dieses hat nicht die große Bedeutung. Die große Bedeutung hat dieses, daß eigentlich heu­te bei vielen frei maurerischen Verbänden, Bündnissen, eben viele poli-tische oder sonstige soziale Wohltätigkeitsbestrebungen leben. Aber bis aufs Messer bekämpfen sich die katholische Kirche und die Frei-maurer. Das hat sich aber auch im Laufe der Zeit erst herausgebildet.

Nun, solche Dinge kann man natürlich sehr leicht verkennen. Und es ist auch das aufgetreten: Die Freimaurer haben eine bestimmte Be­kleidung bei ihren Zeremonien; sie haben zum Beispiel ein Schurzfell aus Lamm, das Lammschurzfell. Da haben manche gesagt: Die Frei­maurerei ist überhaupt nichts anderes als eine Spielerei mit dem Mau­rerhandwerk, weil der Maurer ein Schurzfell hat. Aber das ist nicht wahr. Und das Schurzfell, das da ist, das ist durchaus dazu da - und es ist immer ursprünglich aus Lammleder gewesen, nicht erst allmählich so geworden -, um zu zeigen, daß derjenige, der in solchen Bündnis­sen ist, nicht ein wütender Kerl sein soll in bezug auf die Leidenschaf­ten; es sollen also die Geschlechtsteile bedeckt werden mit seinem Schurz, und das ist das Zeichen dafür. Also es handelte sich da doch um etwas, was in Zeichen ausdrückte den menschlichen Charakter. Und so ist es mit sehr vielen Zeichen, die auch in der Bekleidung liegen.

Man hat dann auch höhere Grade, wo ein ganz priesterähnliches Kleid getragen wird; da bedeutet alles einzelne etwas. Zum Beispiel habe ich Ihnen gesagt, daß der Mensch ja außer dem physischen Leib noch einen Ätherleib hat. Und geradeso wie der Priester ein weißes Linnenkleid, ein hemdartiges Gewand hat, um den Ätherleib auszudrücken, so haben auch gewisse hohe Grade der Freimaurer ein solches Gewand, und für den Astralleib - er ist farbig -, da hat man eine Toga, ein Übergewand; das drückt alles das aus. Und der Mantel, der dann verbunden war mit dem Helm, der drückte aus die Macht des Ich.

Alle diese Dinge führen eben zurück auf alte, sehr sinnreiche, be­deutsame Gebräuche, die heute ihre Bedeutung verloren haben. Wenn jemand die Freimaurerei gern hat, so soll er das nicht als etwas Abschätziges behandeln, was ich gesagt habe. Ich wollte nur auseinandersetzen,

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wie das ist. Es kann natürlich ein Freimaurerorden be­stehen, der außerordentlich gute Menschen in sich vereinigt und so weiter. Und in der heutigen Zeit kann so etwas besonders wichtig werden. Wirklich, was heute meistens der Mensch lernt, wenn er Arzt oder Jurist wird - ja, das ergreift sein Herz nicht. Und deshalb werden noch viele Juristen und Ärzte echte Freimaurer, weil sie dann wenigstens die Feierlichkeit der alten Zeremonien haben und etwas, wobei sie sich nicht mehr viel denken können, was aber im­merhin noch etwas ist: Zeichen, Griff und Wort, was aber hinweist darauf, daß der Mensch nicht bloß im äußeren Materiellen lebt.

Aus Instruktionsstunde Berlin, 16. Dezember 1911

Zeichen, Griff und Wort sind nicht nur bloße Erkennungszeichen, sondern sie haben einen tief okkulten Wert.1)

Das Zeichen, bei dem man den rechten Winkel bildet zwischen dem Daumen und der flachen Hand, hat zu tun mit der Hand als Erkenntnisorgan. Es wurde schon in dem letzten Zyklus darüber gesprochen, daß Hände und Füße Erkenntnisorgane sind und zwar bessere als das Gehirn.2)

Das physische Gehirn ist gleichsam herauskristallisiert aus dem Ätherleib wie Eis aus Wasser. Man kann einen innigen Zusammen­hang verspüren zwischen diesen beiden «Gehirnen» und wie das physische Gehirn eigentlich eine Art von Spiegelapparat ist für das­jenige, was im ätherischen Gehirn vor sich geht. Das erlebt man be­sonders dann, wenn man sich sehr anstrengt mit Dingen, die sich auf den physischen Plan beziehen, oder wenn man Erinnerungsvorsteljungen

1) Zeichen und Griff waren für jeden Grad anders; sie sind nicht authentisch überliefert. In Notizen von der Instruktionsstunde München, 5. September 1912 heißt es, daß bei der Aufnahme in den 1.0 noch gesagt wurde: «Das Zeichen des 1.0 wird in der Zukunft der Ausdruck sein für Selbsterkenntnis oder für das, was man unter dem »Erkenne dich selbst!» versteht.» - Das «Wort» für den 1.0 war Jakin, für den 2.0 Boas, für den 3.0 Mach ben ach. Zu Zeichen, Griff und Wort siehe auch «Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschen-geiste» (4. Vortrag), GA 167.

2) Siehe «Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums« (7. Vortrag), GA 124.

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in sich hervorrufen will: es ist dann immer - ob man davon weiß oder nicht - der Ätherleib in Mitleidenschaft gezogen, aber be­sonders auch das physische Gehirn, das wie ein Klotz im Ätherge­hirn liegt und verhindert, daß es der Beweglichkeit des Äthergehirns folgen kann. Man fühlt dann sehr deutlich, daß es nicht das Ätherge­hirn ist, das ermüdet; d:ss könnte bis in alle Ewigkeit Gedanken und Erinnerungen hervorrufen, aber das physische Gehirn kommt nicht mit, wirkt wie ein Fremdkörper im Ätherleib. Dadurch spürt man die Ermüdung des physischen Gehirns um so mehr. - Und wenn man auch immer weiter denken könnte mit dem Äthergehirn, so würde man doch sich krank machen; der normale Zusammenhang würde durchbrochen werden, der physische Teil würde wie tot wer­den. Es ist unmöglich, den Parallelismus zwischen physischem und Äthergehirn in größerem Maße zu durchbrechen.

In unserem Gehirn haben wir also einen sehr getreuen Ausdruck des Äthergehirns in seinen Funktionen und Prozessen. Bei den Hän­den des menschlichen Ätherleibes ist der Zusammenhang mit den physischen Organen ein anderer. Ebenso wie beim Gehirn entspre­chen auch den Händen gewisse Ätherprozesse des Ätherleibes, aber zwischen den physischen Händen und ihrer Aufgabe, und demjeni­gen, was ihnen im Ätherleibe entspricht, ist ein weit größerer Unter­schied, als zwischen dem physischen Kopf und dem entsprechenden Ätherteil desselben. Was die Hände tun, ist viel mehr eine rein sinn­liche Verrichtung, und was die Ätherorgane der Hände tun können, findet nur sehr wenig seine Offenbarung und seinen Ausdruck in demjenigen, was die physischen Hände tun. Diese Ätherhände sind in dem elementarischen oder Ätherleib wirkliche Geistorgane. Eine viel höhere, intuitivere spirituelle Handlung wird verrichtet gerade durch diejenigen [Äther]-Organe, die den Händen zugrunde liegen und in den Händen des physischen Leibes nur einen mangelhaften Ausdruck finden. Diese Ätherorgane führen schon in die übersinn­liche Welt und können in dieser Beobachtungen anstellen. Etwas paradox könnte man sagen: das menschliche Gehirn ist das allerun­geeignetste Wahrnehmungsorgan für die Welt; die Hände - äthe­risch genommen - sind viel bedeutsamere und geschicktere Erkenntnisorgane

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als das Gehirn. Auf dem Wege zur Einweihung lernt man nicht besonders viel, wenn man lernt, von dem Gebrauch des physi­schen Gehirns überzugehen zu dem des Äthergehirns.

Was die Hände zu verrichten haben, findet man in dem Zusam­menhang mit den Lotusblättern in der Herzgegend, die ihre Kräfte so ausstrahlen, daß sie von dem Herzen in die Hände gehen und so die Ätherhand zum geistigen Erkenntnisorgan machen. Diese Un­terschiede verstehen zu lernen, gibt einen Begriff von dem Sich­Einleben in die Jnitiation. Nicht das ist wichtig, daß man empfindet, wie das physische Gehirn das Äthergehirn ausfüllt, sondern daß man empfindet, wie ganz andere Organe in dem Menschen entstehen können. Was zuerst veranlagt war in dem sinnlich-physischen Men­schen, so wie die Hände, verwandelt sich in den inneren Menschen, so daß er anderes damit erleben kann.

Wenn wir die Hände an den Kehlkopf legen, so daß der Daumen der rechten Hand beim Ohr liegt und die flache Hand unter dem Kinn in der Höhe des Kehlkopfes, dann schließen wir die Ätherströ­mungen des Hauptes aus und gestalten den übrigen Organismus zum Erkenntnisorgan.

In solcher Weise wird die Erkenntnis spiritualisiert, und wenn man in dieser Stellung aufrecht steht, ist es ein Hilfsmittel, um Er­kenntnisse in spiritueller Art aufnehmen zu können. Der Kehlkopf steht in Zusammenhang mit dem Denken, das der Mensch während des Mondenzustandes entwickelte. Das Gehirndenken ist ein Erden-produkt und kann nur die Welt der Sinne berühren, nicht die Welt des Geistes.

Mit dem Griff, indem wir mit dem Daumen einen rechten Winkel bilden, verrichten wir ebenfalls etwas sehr Bedeutsames. Es wird da­durch in dem Verhältnis von Mensch zu Mensch etwas, was in unserer materialistischen Zeit in der brutalsten Art geschieht, ausgeschaltet. Wir machen nämlich die Strömungen feiner und verwandeln damit unsere Verhältnisse zur Außenwelt. Wenn wir eine bestimmte Stelle der Oberhand berühren mit dem so gebogenen Daumen, vereinigen sich die beiden Strömungen miteinander, und dadurch können wir einen wohltätigen, weitreichenden Einfluß zum Guten bewirken.

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In der sinnlichen Welt sind keine Ursachen, diese leben nur in der übersinnlichen Welt. Hier gibt es nur Zeichen. Diese sollen wir in unserem Tempel kennenlernen, damit wir sie in gutem Sinne an­wenden und gebrauchen lernen. Die dumme Anatomie - so töricht das klingen mag, es ist doch richtig, wenn auch in unserer Zeit der Anatomie ihr Daseinsrecht zuerkannt werden muß - meint, daß das Herz das Blut pumpt. Aber das Blut wird in Wirklichkeit getrieben durch Strömungen im Ätherleib. Das Herz ist nur das Zeichen, daß an der Stelle die Ätherströme zusammenkommen. So sind zum Bei­spiel unsere Muskeln Zeichen für die Bewegung, die tatsächlich im Astralleibe als Ton entsteht. Ohne die Muskeln könnten wir von der Bewegung nichts wissen, sie spiegeln uns die Bewegung. Unser ganzer Körper ist ein Spiegelungsapparat in jedem seiner Teile.

Das heilige Wort [JACHIN] wird nicht ausgesprochen, sondern buchstabiert, wie bei der Aufnahme auseinandergesetzt worden ist. Es ist ein Wort aus der Ursprache, und wer es in Gedanken mit einem anderen Menschen austauscht, kann damit heilsame Kräfte von dem einen auf den anderen Menschen übertragen. Wenn jemand von Leid übermannt ist, oder wenn wir jemandem begegnen, der mit einem heftigen Unwohlsein oder Kranksein zu kämpfen hat, so stellt man innerlich die Frage: Kennst du das heilige Wort? - richtet sie in Gedanken an den andern, während man sich vorstellt, daß der andere die Antwort gibt - natürlich alles in Gedanken -, und so tauscht man die Buchstaben und die beiden Silben mit ihm aus. Da­mit geht der Strom von dem einen Kehlkopf auf den andern über und kann man Menschen in der günstigsten Art beeinflussen, ohne daß ihre Freiheit beeinträchtigt wurde.

Das Zeichen regelt das Verhältnis des Menschen zur Außenwelt; der Griff regelt das Verhältnis von Mensch zu Mensch; und das Wort wirkt heilbringend, heilend auf unseren Mitmenschen.

#SE265-288

Aus Instruktionsstunde Berlin, 6. Februar 1913

Was wir als Menschen hier tun und denken, und die Bewegungen, die wir machen, das ist das, was die Götter früher getan haben, um diese unsere Welt entstehen zu lassen. Geisteskeime für die Zukunft sollen gelegt werden durch die Arbeit und das Ritual in unseren M. E. Logen. Magie ist nicht etwas, was beliebige Handlungen voll-bringt, sonderbare Gebräuche ausführt, sondern Magie ist dasjenige, was Menschheits- und Weltenzukunft vorbereitet.

Zu den sieben Worten im Ritual zur Beförderung in den zweiten Grad (Siehe S.187)

Aus Instruktionsstunde Kristiania (Oslo), Oktober 1913, ohne Tagesdatum

Die sieben Worte:

Form Kraft Zahl

Harmonie Wort Gedanke

Ich

sollen wie Wärme und Licht in uns wirken. Wir sollen über sie einzeln meditieren, wie weltentrückt. Der Mensch muß, um weiter-zukommen, wirklich auch glauben, daß die Fähigkeiten, die in ihm liegen, über das hinausgehen, was er augenblicklich ist. Ihr dürft Vertrauen in Eure Seelen haben, in ihre Entwickelungsfähigkeit. Er kann mehr, der Mensch, als er heute kann; er wird sich entwickeln dazu, das zu erreichen, was sein Ziel ist.

#SE265-289

Zum Sargzeremoniell im Ritual zur Erhebung in den dritten Grad

(Siehe S. 196f.)

Instruktionsstunde Köln. 12. Mai 1913

Wer bei der Aufnahme in den dritten Grad die Zeremonie von dem Sarg mitgemacht hat, kann deren Bedeutung nicht in sich aufneh­men, wenn er sich den Tempel, in dem wir uns befinden, so vor-stellt, als ob er sich in gewöhnlicher Art auf Erden befinden würde, und die Symbole so, als ob sie aus irdischen Gegenständen gemacht wären. Wir sollen uns vorstellen, daß der Tempel gleichsam abge­sondert ist von der Erde, wie zum Beispiel in einem Glasbehälter ein Vakuum entsteht, wenn wir mit der Luftpumpe von unten her die Luft aus dem Behälter pumpen; ringsherum ist die Luft, aus dem Glasbehälter ist alle Luft herausgesogen. Oder wir können auch sagen, daß es so ist, als ob aus der Erde ein Stück genommen und die­ses ganz isoliert wäre von der übrigen Erde - symbolisch natürlich gemeint. So ist auch Osten, Westen, Süden in unserm Tempel spiri­tuell gemeint. Alles, was zu unserm Tempel gehört, ist überirdisch, und die Verrichtungen in demselben müssen als übersinnlich be­trachtet werden.

Was bedeutet der Tod, den wir bei der Aufnahme durchmachen? Als die Elohim am Anfange der Erdenentwickelung beschlossen, Menschen zu schaffen, war es ihr Vornehmen, die Menschen ganz nach ihrem Ebenbilde zu machen, so, daß jedes Glied der Menschen-natur einem der Elohim entsprechen würde. Sie wollten sich selber in der Menschheit spiegeln. Das geschah aber nicht auf der Erde, so wir wir sie kennen, sondern in einer Sphäre, die wir jetzt um die Erde herum zeichnen müßten, so wie der Saturnring um den Saturn herum ist. Aus dem Weltenraum heraus wirkten die Elohim auf die­se Sphäre und spiegelten sich in der Menschheit, die sie geschaffen hatten. Und die Menschen wiederum schauten herab auf einen Punkt in der Mitte der Sphäre und sahen sich dort gespiegelt. Das bist du - so konnten sie zu sich selber sagen. Wäre nicht Luzifer auf­getreten, so wäre das immer so geblieben. Die Menschen hätten eine ewige Jugend erlebt, und das Bewußtsein, das sie von sich selber

#SE265-290

gehabt hätten, wäre das Bewußtsein dessen gewesen, was sie auf der Erde von sich schauten als das «Du bist».

#Bild s. 290

Als aber Luzifer auftrat mit seiner Tätigkeit, wollte er sich auch in der Menschheit spiegeln, und das tat er auch, indem er in das In­nerste des Menschen eintrat und sich selbst von dort her ausstrahlte. Statt des Schönen und Erhabenen, in dem der Mensch sich bis dahin geschaut hatte, trat nun Häßliches und Unförmliches hervor. Wie die Schlange, die sich um den Baum windet in der Paradiesesge­schichte, so zeigte sich die Spiegelung des Luzifer. Um zu verhüten, daß der Mensch sich in der Häßlichkeit Luzifers schauen sollte, drückten die Elohim die Sphäre zusammen und warfen die Menschen auf die Erde.

So wie der Mensch damals war, so wäre er immer ein Säugling ge­blieben, denn in dem Säugling wirken auch jetzt noch die aufbauen-den Kräfte der Elohim. Der Mensch hätte Nahrung zu sich genom­men, indem er die Substanz von Pflanzen und Tieren aufgesogen hätte - die ja damals auch noch ganz anders waren als jetzt. Auch in seinem Bewußtsein wäre der Mensch eben nicht über das Säuglings­bewußtsein hinausgekommen.

Um den Menschen das Selbstbewußtsein zu ermöglichen, haben die Elohim den Tod in alle Erdenprozesse gelegt. Alles auf Erden ist

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dadurch dem Tode unterworfen worden, und jetzt wirken diese Kräfte so, daß sie durch die Zerstörung, die sie in sich tragen, zu­gleich die Kraft geben, die Zerstörung zu überwinden, und so zu einem höheren Zustand zu gelangen. Unser Begriff von dem Tod ist, so wie fast alles auf dem physischen Plan, der Gegensatz von dem wahren Begriff. Nur durch den Tod ist es uns möglich ge­macht, wieder zurückzukehren zu jenem Verhältnis, in dem wir frü­her zu den Göttern und der geistigen Welt standen. In uns muß et­was sterben, bevor wir den richtigen Zusammenhang wieder finden können. Und das Symbol des Sarges kann nur verstanden werden, wenn wir es in diesem Sinne auffassen.

Durch unser Denken töten wir fortwährend gewisse Partien unseres Gehirns. So ist mit allem, was der Mensch tut nach dem Säuglingsalter, eine Tötung verbunden. Das Symbol des Sarges be­deutet also, daß wir dessen eingedenk sein sollen, daß das ganze Leben mit dem Tode verbunden ist. So ist auch unsere Nahrung nicht ein Aufbauprozeß für unseren Leib, sondern ein Zerstörungs­prozeß, denn nichts von den Nahrungsstoffen wird in den Leib auf­genommen, sondern diese wirken nur zum Heile, wenn die Kräfte des Todes darauf einwirken und die Speisen, die wir zu uns nehmen, zerstören. Wenn das nicht geschieht, dann leidet unser Organismus; so dient die ganze Ernährung den entgegengesetzten Zielen von dem, was die Wissenschaft darüber denkt. Sie dient zum Anregen derjenigen Kräfte, die die Nahrungsstoffe zerstören und eben da­durch den Menschen aufbauen. Ebenso ist es mit den Heilkräutern:

Nur wenn sie fähig sind, die zerstörenden Kräfte des Todes aufzu­rufen, wenn diese also das Heilmittel vernichten können, wirkt es als Heilmittel. Und gerade deshalb wirken chemische, metallische Mittel so kräftig, weil sie den Zerstörungsprozeß am schnellsten und am leichtesten zustande bringen.

Und wie wäre es nun mit dem Mysterium von Golgatha gewesen, wenn der Mensch nicht auf die Erde herabgestiegen wäre und dort den Tod kennenlernen mußte? Es würde sich das Mysterium trotz­dem abgespielt haben und zwar auf Erden, und der Mensch hätte von seiner Sphäre aus zugeschaut, und dasjenige, was dort zur Ver­nichtung

#SE265-292

gekommen wäre, das würde dem Menschen das Bewußt-sein seiner selbst gegeben haben. Er hätte nicht länger gesagt: Du bist -, sondern: Ich bin -, und so wäre in einer übersinnlichen Art der Mensch zu seinem Selbstbewußtsein gekommen. Durch (den Einfluß) die Wirkung Luzifers wurde der Herabstieg des Christus und das Mysterium von Golgatha um eine ganze Entwickelungs-periode verzögert (von dem vierten bis zum fünften Zeitalter) und ebensolange wird es deshalb für uns dauern, ehe wir das richtige Verständnis dafür erlangt haben werden (nämlich in der Mitte des sechsten Zeitalters).

Wir wissen, daß seit etwa drei Jahrzehnten eine neue Möglichkeit sich den Menschen eröffnet hat durch das Auftreten des Michael. Vorher wirkte, vom 15. Jahrhundert ab, der Erzengel Gabriel, und zwar auf unser Gehirn in der Weise, daß wir befähigt wurden, Vor­stellungen (aufzunehmen) zu bilden über die Natur, die wir in Wissen­schaft verwandeln konnten. Unser Verstand wurde angeleitet, sich Vorstellungen von der Natur zu bilden, und baute darauf Gesetze, die er für die wahren Gesetze hielt. Gabriel ist derjenige Erzengel, der auf die Fortpflanzungskräfte wirkt und auf den Säugling. Sein Wirken im 15., 16. Jahrhundert bestand darin, daß ein Teil dieser Kräfte das Gehirn ergriffen und darin ein Organ gebaut hat, wo­durch die Naturgesetze von den Menschen aufgenommen werden konnten - nicht von innen heraus gebildet, wie man glaubt, sondern von außen her aufgenommen. So wie der Säugling schreit, so hat der Mensch die Naturgesetze in die Welt hinausgeschrieen, mit ebenso­wenig Bewußtheit ihrer eigentlichen inneren Natur, wie der Säugling bewußt ist, wenn er schreit.

Nun ist Gabriel durch Michael abgelöst worden, und seine Auf­gabe ist es, uns Vorstellungen zu geben von dem Übersinnlichen, die das Wahre und Ewige in sich tragen. Und die Theosophie ist das Hilfsmittel, unser Denken so zu verwandeln, daß wir diese Vorstel­lungen in uns finden können und damit wieder über die Erde hinaus steigen können. Michaels Kräfte sind mit den Sonnenkräften ver­bunden; die arbeiten das Organ im Gehirn so um, daß wie Lichtblit­ze in dem Menschen aufgehen können, die ihm das Tiefere hinter

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den Naturgesetzen zeigen. Zu jeder Zeit kann dieses Erlebnis zu dem Menschen kommen. Das Zeitalter, in dem der Mensch jetzt lebt, ist ein Zeitalter des Abwartens. Man soll die Haltung anneh­men, daß man warten kann, bis die höheren Vorstellungen zu uns kommen, die uns die Erkenntnis des Ewigen bringen werden.

Aus Vortrag Stuttgart, 14. Juni1921

Sehen Sie, der Mensch ist in seinem zeitlichen Leben zwischen Ge­burt und Tod so konstituiert, daß er die Kräfte in sich hat, die ihn fortwährend töten. Das sind die Kräfte, die ihn verfestigen, die wirk­sam sind, indem das Knochensystem entsteht, die in ihrem krank-haften Sichausbilden zur Sklerose, zur Gicht, zur Diabetes und so weiter führen. Diese Kräfte hat der Mensch in sich, ich möchte sa­gen, als die Verfestigungskräfte. Das ist das eine; das andere Kräfte-system, das der Mensch in sich hat, ist dasjenige, was ihn fortwäh­rend verjüngt. Es ist das Kräftesystem, das besonders zum Ausdruck kommt, wenn man in Pleuritis verfällt, in Fieberkrankheit, in alles dasjenige, was den Menschen verbrennt. Ich habe in der anthropo­sophischen Weltanschauung die Verfestigungskräfte ahrimanische Kräfte, und die Kräfte, die ins Fieber führen, die also Wärmekräfte sind, die luziferischen Kräfte genannt. Beide Kräfte müssen im Men­schen in fortwährendem Gleichgewicht gehalten werden. Werden sie nicht im Gleichgewicht gehalten, dann führen sie den Menschen leiblich, seelisch und geistig zu irgendeinem verderblichen Extrem. Werden die Fieberkräfte nicht fortwährend durch die Verfestigungs­(Versalzungs-) Kräfte physiologisch im Gleichgewicht gehalten, wird der Mensch notwendig zur Sklerose oder zum Fieber kommen. Wenn der Mensch nur ausbildet die Verstandeskräfte, wenn er zum Intellektualismus hinneigt, verfällt er dem Ahrimanischen; bildet er nur die feurigen Elemente aus, die Leidenschaft, das Emotionelle, dann verfällt er dem Luziferischen. Und so ist immer der Mensch zwischen zwei Polaritäten drinnen und muß das Gleichgewicht halten.

#SE265-294

Denken Sie aber, wie schwierig es ist, das Gleichgewicht zu hai­ten. Das Pendel, das im Gleichgewicht sein soll, tendiert immer nach einem Ausschlag hin. Es sind diese drei Tendenzen: die Gleich­gewichtstendenz, die Wärmetendenz und die Verfestigungstendenz im Menschen. Er muß sich aufrecht erhalten; so daß man den Men­schen symbolisch wie ein Wesen erblicken kann, das fortwährend sich aufrecht zu erhalten sucht gegen die drei Kräfte, die fortwährend sein Leben gefährden.

Das stellt der dritte Grad des Freimaurertums dar, indem er den Menschen darstellt, wie er bedroht wird von drei widerspenstigen Mächten, die an ihn herankommen, die sein Leben eben bedrohen; und in dem Anschauen dieser dreifachen Gefahr, in der der Mensch steht - was symbolisch so dargestellt wird, daß dem in den dritten Grad einzuweihenden Freimaurer (es wird in verschiedener Weise gemacht, die einfachste Form ist so: ein Mensch wird in einem Sarge vorgeführt, drei Mörder schleichen sich heran, die ihn töten wollen) ein Bewußtsein beigebracht wird, daß der Mensch in jedem Augen­blick in der Gefahr des Todes stehe und sich erheben muß - erlebt der Mensch symbolisch, in dieser Einkleidung, in einer wirklichen Kultushandlung, wirklich zeremoniell, etwas Wichtiges, das mit dem Leben zusammenhängt. Und so ist es ja wirklich, daß man ver­suchen muß, das Leben kennenzulernen, dann ergeben sich aus dem Leben heraus die Symbole. Die Freimaurerei hat ja ihre Schattensei­ten eigentlich darin, daß diese Symbole gebraucht werden, Kultus­handlungen verrichtet werden - in der Blauen Maurerei in den er­sten drei Graden, in der Hochgradmaurerei gibt es noch viele andere Dinge - und daß dieses Zeremoniell aus uralten Traditionen ge­schöpft ist, aber nicht mehr verstanden wird. Es besteht gar kein Zu­sammenhang mehr mit den Ursprüngen, die ich Ihnen jetzt in einer kleinen Skizze darlegen wollte. Die Leute schauen sich nur das Zere­moniell an und das ist das Gefährliche: sie bleiben am Zeremoniell haften, sie werden nicht hineingeführt in das Zeremoniell, um durch das Zeremoniell auf das Geistige zu kommen.

#SE265-295

Zu den Inhalten des vierten Grades

Aus Instruktionsstunde Berlin, 10. Februar 1913

Dreiunddreißigfach ist der Mensch mit der Selbstheit verknüpft. Diese Selbstheit, wir müssen sie durch unser Ich überwinden. Ver­ankert ist diese Selbstheit im menschlichen Leibe in den 33 Strömen im Rückenmark. Der Seher sieht, wie vom Ätherleib und Astralleib flutende Ströme ausgehen, die dann sich in den Bewegungen der Gliedmaßen ausdrücken können, die halb zurückgehalten werden in den Sprachorganen, im Kehlkopf, und da den Laut bilden und dann starr zurückgehalten werden im Kopf des Menschen, Gehirn und Schädeldecke, Gehirnlappen. Das Gehirn: die Symbole dafür in der Loge ...1)

Mit der linken Hand beginnend: J - ein nach außen streben.

Der Laut J - rechtes Auge ins Unbestimmte

richten.

Strecken = A - beide Augen ins Unendliche.

Umschließen = 0 - fest auf einen bestimmten

Punkt sehen.

Kreuzen = E - rechte Hand über die linke le­

gen, ebenso den rechten Fuß

über den linken kreuzen, sowie

die Sehnerven im menschlichen

Haupte gekreuzt sind.

Hohle Hand = AO - im Halbkreis den Körper

beugen.

Faust oder fest fassen = U

Ihr sollt die Bewegungen nicht ausführen, sondern die Bewegung hemmen, die Gliedmaßen fest an den Leib pressen, aber dasselbe fühlen, wie wenn Ihr die Bewegungen ausführen würdet.

Wir sind selbst das verloren gegan gene Schöpfungswort.

1) Pünktchen so in den Notizen.

#SE265-296

Das Heilige Wort ist nur im Zeichen zu gebrauchen.

#Bild s. 296a

Wo stehen wir?

Im Zeichen der Vier.

Nenne die vier:

#Bild s. 296b

Die Vier versteht man auch unter den vier Sätzen, die immer in der Loge gesprochen werden und die wir kennen:

Lerne schweigen und dir wird die Macht.

Begib dich der Macht und dir wird das Wollen.

Begib dich des Wollens und dir wird das Fühlen.

Begib dich des Fühlens und dir wird Erkenntnis.

Die Vier ergänzt zu der Sieben: Salz Schwefel Merkur

Nun wird zerlegt das heilige Wort wieder in die Vier:

#Bild s. 296c

Die eine Säule ist die Sonne, die andere der Mond; beide ergeben die Erde.

#SE265-297

Warum zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar kein Ritual stattfinden könne

Aus instruktionsstunde, Hannover, Weihnachten 1911

Der Grund, weshalb in den Tagen vom 24. Dezember bis zum 6. Ja­nuar, dem Erscheinungstag des Christus, bei den Versammlungen unserer okkulten Bruderschaft kein Zeremoniell stattfindet, ist der, daß diejenigen, die wir die weisen Meister des Ostens nennen, sich in dieser Zeit zurückziehen in das Heiligtum, um dort die Kräfte zu sammeln, welche dann sowohl der gesamten Menschheit als auch unserer okkulten Bruderschaft in neuer Stärke von ihnen gegeben werden.

Aus Instruktionsstunde Hannover, 31. Dezember 1911

Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß in den Tagen vom 24. Dezember bis 6. Januar keine okkulten Versammlungen Platz fin­den können, bei denen das Ritual angewendet wird. In den bedeu­tungsvollen dreizehn Tagen, die mit der Geistgeburt des Christus schließen, ziehen sich die weisen Meister aus dem Osten zurück, um die Kräfte zu schöpfen, die sie im übrigen Teil des Jahres über die Menschheit ausströmen lassen, und die für uns die Weisheit sind, nach der wir uns zu richten haben.

Skizzen und Erläuterungen zur Einrichtungssymbolik

#G265-1987-SE300 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

#TI

Skizzen und Erläuterungen

zur Einrichtungssymbolik

#TX

Im Folgenden sind alle erhalten gebliebenen authentischen Angaben Rudolf Steiners wiedergegeben. Die Skizze auf Seite 300 von der Einrichtung des Tempels für den ersten und zweiten Grad und die Skizzen auf Seite 302 bis 309 sind Faksimilewiedergaben der von Elisabeth Vreede nach den Angaben Rudolf Steiners gefertigten Skizzen für einzelne Gegenstände. Auf Seite 310 ist eines der Schwertsymbole in natürlicher Größe wiedergegeben, wie sie bei der Aufnahme in den ersten Grad verwendet wurden (vgl. hierzu Seite 183 und 188). Seite 311 und 312 geben Skizzen Rudolf Steiners für ein Weihrauchgefäß und Seite 313 dessen Ausführung wieder

#SE265-300

#Bild s. 300

#SE265-301

Skizzen für die Logeneinrichtung

Handschriftliche Erklärungen von Elisabeth Vreede zu den Skizzen (aus dem Holländischen übersetzt)

A. d.O. [Altar des Ostens]

Kreuz mit der Dornenkrone (Skizze> in katholischen Läden. Der Kranz [aus Rosen?] muß innerhalb des Altars an einem Nagel bereithängen. Das Kreuz muß so groß sein, daß Platz übrig bleibt für das Allerheiligste [Kelch]. Durchmesser des Kranzes 45 cm. Beim Allerheiligsten: Hammer (siehe Westen).

S.A. Schwuraltar

Bibel bei Johannes Kap. XII aufgeschlagen / Darauf Dreieck und Kelle ineinanderge­steckt / (aus Blech, vergoldet) zeichnung siehe bei Süden (Kelle) / Form der Kelle genau so wie der echte Maurer sie hat. / Kleine Leuchter. / Zündhölzer! / Licht-schere vor der Kerze.

P = Vnr dem Altar eine kleine Erhöhung (P) worauf der Meister steht

S. Über dem Altar die Sonne:

blauer Grund (stärker gerippter Stoff, Sonne aus hell-gelbbraunem Tuch, als Vorhangverzierung)

# Bild s. 301

L = Leuchter (bei jedem Altar. Siehe Skizze bei Osten)

Vor dem Allerheiligsten: ein Tablett / mit hohem Rand. Kann innen Trenn- / wändchen haben, aber nicht notwendig.

Auf dem Altar ein Stück Filz. Das übrige besorgt der Doktor.

A. d. S. [Altar des Südens]

Rauchfaß, normal, aus der Kirche. / Weihrauchgefäß, irgendein altes Ding, Form gleichgültig / Winkelmaß

A. d. W. [Altar des Westens]

2 Zirkel. Metermaß, beliebige Größe / Totenkopf (Gipsabdruck)

Säulen nach Belieben. Dunkelblau und Ziegefrot / Auf den zwei Säulen: ein behaue­ner und ein unbehauener kubusförmiger Stein

Großer Teppich (schachbrettartig schwarz/weiß). AusFilz/Breite 1.80/Länge 3.10

I° Schloß und Kette. Tritt mit zwei Stufen

II° Tritt mit 3 Stufen / Säule mit Spiegel

An der Decke: Lampe («ewige Lampe» aus der Kirche) / G aus Karton oder ver­goldetem Blech

#SE265-302-312

#Bild s. 302-312

#SE265-314

Der Logen- oder Tempeiraum

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Jedes Stück, das in der Loge zu sehen ist, hat seine Bedeutung; jedes Wort, das gesprochen wird, jedes Ritual, das ausgeübt wird, hat sei­ne Bedeutung, die auf einen Vorgang in der Weltenevolution weist. (...) Die Loge selbst ist der Weltentempel.

Aus Instruktionsstunde Berlin, 16. Dezember 1911

Wenn wir in einem okkulten Tempel beisammen sind, dann sollen wir uns bewußt sein, daß wir uns an einem sehr besonderen Ort be­finden, der uns gänzlich abschließt von der Außenwelt. Ein heiliger Ort ist es, wo jeder Gegenstand, der sich darin befindet, eine beson­dere und okkulte Bedeutung hat. (...) Jeder Gegenstand, der in einem vollständigen Tempel vorhanden ist, hat nicht nur eine be­sondere Bedeutung, sondern er muß auch da sein und hat den Zweck, dasjenige anzuregen und zu bewirken, was ermöglicht, den Strom jener Wesenheiten zu unserem Tempel zu ziehen, die wir die weisen Meister des Ostens nennen. Diesen Strom gießen sie dann auf uns aus und so werden wir befähigt, jene spirituellen Lehren aufzunehmen, die für die Menschheitsentwickelung eben notwendig sind. Ohne eine solche Aufnahme könnte nichts für die spirituelle Entwickelung der Menschheit getan werden. Von hier aus soll das Aufgenommene weiter zu den anderen Menschen strömen.

Aus Instruktionsstunde Berlin, 17. Dezember 1911

Schon öfter ist gesagt worden, daß die Symbole und Rituale unseres Tempels nicht willkürlich geschaffen sind, sondern einen tiefen Zu­sammenhang haben mit kosmischen Konstellationen, und Gesetzen entsprechen, die nur langsam und allmählich uns enthüllt werden

#SE265-315

können. Sie werden von Jahrhundert zu Jahrhundert weitergegeben aus den Mysterien der ältesten Zeiten heraus, damit sie als die richti­gen Kanäle dienen können für die spirituellen Strömungen, welche die weisen Meister des Ostens über uns ausschütten. Sie können daher unmöglich auf exoterischem Wege erklärt oder begriffen werden

Aus Instruktionsstunde Köln, 12. Mai 1913

Alles, was zu unserem Tempel gehört, ist überirdisch, und die Ver­in demselben müssen als übersinnlich betrachtet werden.

Aus Instruktionsstunde Kassel, 10. Mai 1914

Der Tempel ist ein Spiegelbild sowohl des Menschen wie der Welt. Alle diese Beziehungen sind in ihm ausgedrückt.

Aus Instruktionsstunde Basel, 1. Juni1914

Der Tempel soll darstellen das Opfer, das darbringen wollen die Geister. Das Opfer muß sein, ohne Opfer gibt es kein Werden, kei­nen Fortschritt. Wir wollen unseren Intellekt opfern und ihn darbrin­gen dem Christus, daß der Christus auch ihn aufreihen möge in dem Kranz der Perlen, den sich der Christus aus heiligen Opfern winden kann, die er für die Entwickelung der Menschheit gebracht hat.1)

1) In den sehr fragmentarischen Notizen von dieser Instruktionsstunde heißt es vorher, daß «eine menschliche Fihigkeit in unserer Zeit an einem besonders wichtigen Punkt steht: das menschliche Denken. Es wird unendlich viel flir die Entwickelung der Menschheit davon abhängen, wie wir Menschen diese Fähigkeit gebrauchen werden. Denn die Menschheit steht vor der immer größer werdenden Gefahr, den Intellekt an Ahriman zu verlieren, wenn sie ihr Denken nicht richtig gebrauchen lernen will». Zu den Worten «Wir wollen unseren Intellekt opfern» vgl. die Einführung zu diesem Band auf Seite 25 f.

#SE265-316

Der Teppich

Aus Instruktionsstunde, München, 12. Dezember 1906

Der Teppich, das ist der Weltenplan, die Vierecke sind die Felder der schwarzen und weißen Strahlen darin. Das Schachbrett und das Schachspiel ist der Überrest des okkulten Wissens im profanen Leben.

Die drei Altäre

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Der Platz des Meisters ist im Osten (Jupiter - die Weisheit). Im Süden steht die Glorie, die Frömmigkeit, die Schönheit (Venus). Im Westen ist Vulkan, die Stärke.

Aus Jnstruktionsstunde Köln, 12. Mai 1913

Osten, Westen, Süden ist in unserem Tempel spirituell gemeint.

Aus Instruktionsstunde Köln, 10. Mai 1914 1)

Vom Osten strömen die Verstandeskräfte der Erde zu. Von dort aus wird die Erde mit den heiligen Verstandeskräften durchströmt. Diese

1) Die drei Altäre symbolisieren auch die drei möglichen Wege in die geistige Welt, vgl. hierzu z.B. Köln, 30. November 1906, ebenso heißt es in der «Chymischen Hochzeit Christiani Rosenkreutz anno 1459«, daß vier Wege offen stehen, jedoch sei es keinem Sterblichen vergönnt, auf dem vierten zum Ziel zu gelangen. Wenn nach der Aufzeichnung eines Teilnehmers im Ritual für die Erhebung in den dritten Grad ein vierter Altar im Norden gestanden habe, so wohl in dem Sinne wie in Goethes «Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie» und in Rudolf Steiners erstem Mysteriendrama «Die Pforte der Einweihung«, wo im unterirdischen Tempel dieser vierte, im Norden stehende König in sich zusammensinkt, als der Tempel in das Licht des Tages heraufsteigt.

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sind etwa im Altar (des Ostens) wiedergegeben; dort ist der Kopf der Erde. Wenden wir uns zum Süden: Von dort strahlen die heili­gen Herzenskräfte, die Kräfte der Liebe und Hingabe der Erde zu. Von Westen ergießt sich der heilige Wille in die Erde, der die Glieder durchströmt, woraus die Handlungen fließen.

Wenn wir uns in der Meditation unseren Tempel vorstellen, so sollen wir daran denken, daß der Altar des Ostens der Kopf, der Al­tar des Südens das Herz, der Altar des Westens die Glieder der Erde darstellt, und sollen empfinden, wie im Osten die Verstandeskräfte, im Süden die Herzens- und Liebeskräfte, im Westen die Willenskräf­te fließen und in der Mitte des Tempels zusammenströmen. Dann werden wir uns nach diesen Altären wenden und bitten, daß diese Kräfte in uns einströmen und uns durchfluten und durchkraften mögen.

Die drei Lichter

Aus Instruktionsstunde Berlin, 16. Dezember 1911

Die drei Lichter, die jetzt brennen, deuten als Symbol die drei höhe­ren Prinzipien an, die in unserem höheren Wesen im Finstern leuch­ten. Sie stellen auch die Weisheit, Schönheit und Stärke dar, deren Worte (Namen) ausgesprochen wurden, als soeben die Lichter ent­zündet wurden auf den Altären des Ostens, Südens und Westens. Das Licht der Weisheit werden wir finden, wenn wir immer nach Wahrheit in unserem Denken trachten, wenn wir erkennen lernen, daß eine neue Art des Denkens in uns auftreten soll, daß in unseren Gedanken Weltgedanken leben. Wir sollen uns dessen bewußt wer­den, daß es «in uns denkt», und daß, was in uns gedacht wird, Offen­barungen geistiger Wesenheiten sind, die uns die Weisheit bringen wollen. Von der Astralwelt aus fließt uns lebende, webende, sich

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bewegende Weisheit zu, und indem wir unser Denken von Weisheit durchziehen lassen, können wir die Weisheit jener geistigen Wesen­heiten auffangen und unsere Seele wird Weisheit erlangen.

Schönheit strömt in uns ein, wenn wir die wahre Frommheit er­werben. Wenn unsere Seele sich öffnen kann in Bewunderung und Hingabe an das Schöne, das um uns herum ist, so wird dieses Schöne für uns der Ausdruck geistiger Wesen, die damit ihre Sprache offen­baren und sich uns zu verstehen geben wollen. Nur inniges, wahres Frommsein kann uns die wahre Schönheit enthüllen. Denn es ist Ihnen allen bekannt, daß in der geistigen (astralen) Welt sich unter der Maske der Schönheit Teufel in Engelsgestalt zeigen können. Aber Sie wissen auch, daß dieses nur dann möglich ist, wenn in unserer Seele nicht jene Reinheit waltet, die sich mit inniger Frömmigkeit paart. Im niederen Devachan sind jene Wesen zu finden, die ihre Schönheit auf uns herabsenden in wahrhaft schönen Bildern und Gestalten.

Kraft oder Stärke fließt aus dem höheren Devachan auf uns herab und wird unser inneres Wesen stärken, wenn wir unsere Kraft ver­wandeln in Tugend, in tätige Tugend. Die wahre, tätige Tugend ent­steht, wenn wir alle Eigenschaften, die sich in unserem niederen Wesen hervortun, verwandeln durch die Kraft unseres Willens, so daß sie Kräfte werden, die als spirituelle Kräfte in der Welt wirken können.

Aus Instruktionsstunde Berlin, 17. Dezember 1911

Wir sehen hier die Flammen auf den Altären, die die Weisheit, Schönheit und Stärke repräsentieren. Es sind sehr tiefe Symbole, die wir auch im Menschen wiederfinden können.

Wo ist die Weisheit in der menschlichen Gestalt zu finden? Sie ist äußerlich nicht zu finden, sie liegt in der Gestalt verborgen und zwar so, daß sie augenblicklich dem heutigen Stadium der Entwicke­lung nicht angepaßt ist, so daß die Gestalt kein zusammengeschlos­senes Ganzes bildet. Die Weisheit ist folgendermaßen darzustellen:

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#Bild s. 319a

Anders ist es wiederum mit der Schönheit, die ihren vollen Aus­druck in den menschlichen Händen findet, wenn diese sich in ausge­streckter Haltung emporheben, so daß das Haupt die Mitte bildet. In den Händen findet man das Symbolum der Schönheit und dieses wird so dargestellt:

#Bild s. 319b

Die Bestimmung der Hand ist es, schön zu sein, nicht stark zu sein; der Arm möge stark und muskulös sein, aber unten läuft er in die nach Schönheit tendierende Form der menschlichen Hand aus.

Die Stärke findet man in demjenigen, was den Händen entgegen­gesetzt ist, in den Füßen. Keiner, der Okkultist ist, wird in den Füßen etwas Schönes sehen können, und wer im gewöhnlichen Leben solches darin sehen möchte, der sieht nichts anderes als die Karikatur des Schönen. Die Füße stellen die Kraft oder Stärke dar, sie mussen geeignet sein, den ganzen Körper zu tragen. Das wird folgendermaßen dargestellt:

#Bild s. 319c

So finden wir in der Gestalt des Menschen diese drei wichtigen Symbole, die im Okkultismus die «drei Weltenmütter» genannt werden, die auch Goethe in seinem «Faust» so nennt

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Aus Instruktionsstunde Hannover, 31. Dezember 1911

Eines der wichtigsten Symbole stellen die drei Flammen dar, die auf den Altären des Ostens, des Westens und des Südens stehen und auf die unsere Aufmerksamkeit zuerst hingelenkt sein soll. In ihnen sollen wir die Symbole der Weisheit, der Schönheit und der Stärke sehen, aber darunter sollen wir nicht die weltliche Weisheit, die weltliche Schönheit und die weltliche Kraft verstehen.

Weisheit ist nicht zu finden auf dem physischen Plan. Ein jeder, der im okkulten Leben steht, soll sich vornehmen, niemals das Wort «Weisheit» auszusprechen und dabei zu denken, daß es die weltliche Weisheit sei, die uns zum Beispiel in den äußeren Wissenschaften entgegentritt oder die man auf Gelehrsamkeit überhaupt bezieht. Ein gelehrter Mensch ist nicht weise; ein weiser Mensch braucht kein gelehrter zu sein, kann sogar ein sehr naiver Mensch sein; aber ein weiser Mensch ist derjenige, der die Weisheit in seinem Her­zen bewahrt, der gleichsam aus seinem Herzen heraus spricht und empfindet: ich sehe meinen Gott wirken in jedem Blütenblatt; ein Mensch, der seinen Gott in der ganzen Schöpfung empfindet und wahrnimmt und sich selbst mit der Schöpfung und der Gott­heit verbunden fühlt. Man bedenke aber, daß damit nicht gesagt wird, daß man dazu Pantheist sein soll; man muß sich einen viel innigeren Zusammenhang bei einem solchen Weisen vorstellen, ein unaussprechliches Gefühl des Geborgenseins in der Gottheit der Welt, das ihm die Ruhe und die Seligkeit in seinem Wesen verschafft.

Solch eine Weisheit müssen wir uns aneignen, sie muß in unser ganzes Wesen so stark einziehen, daß es uns nicht mehr möglich ist zu denken, daß wir nicht immer und fortwährend von dem Welten-geist umgeben und umhegt sind, so daß innere Ruhe und Sicherheit uns nicht mehr verlassen können.

Solche Empfindungen und Gefühle werden in uns fließen aus der Astralwelt heraus, die aus lebender, fließender, beweglicher Weis­heit besteht, die den Hintergrund, die Quelle bildet der uns umrin­genden Natur und die die ganze physische Welt durchzieht. Von

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dort her müssen wir die Kraft schöpfen, weise zu werden. In der physischen Welt selber ist sie nicht zu finden.

Die Schönheit, die durch die zweite Flamme symbolisiert wird, hat ebenfalls keine Gemeinsamkeit mit der Schönheit in der Welt; sie bezieht sich auf keinen einzigen weltlichen Gegenstand. Um etwas von dieser Schönheit zu ahnen, müssen wir unseren Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel richten und uns mit unserem In­nern ganz in ihn vertiefen, so daß wir gleichsam fühlen, daß hinter ihm geistige Wesen herrschen. Eine tiefe, innige Frommheit soll uns dabei erfüllen. Oder aber, wenn wir einen Sonnenuntergang erleben und dabei empfinden, wie die strahlende Kugel in Purpurglut langsam unter den Horizont hinuntersinkt, so daß die Schatten immer länger und länger werden und schließlich die Natur ringsherum ganz in Dunkelheit gehüllt wird, dann soll wiederum eine tiefe inni­ge Frömmigkeit unser Wesen durchziehen und so stark in unserer Seele sich mit der göttlichen Kraft identifizieren, daß dann in unserer Seele die innerliche Sonne leuchten und scheinen wird, wie bei dem Geheimschüler die Mitternachtssonne in die dunklen Weihnachts-tage hereinscheinen kann und die geistigen Wesen in ihrer erhabe­nen Schönheit, in ihrer ganzen Majestät geschaut werden. In diesem Sinne müssen wir denken, wenn wir über Schönheit sprechen und diese Gedanken sollen den Begriff der Schönheit verwandeln.

Die Schönheit ist im niederen Devachan zu finden; von da strömt sie aus den Wesenheiten auf uns herab in schönen Bildern und Ge­stalten. Aber auf diesem Plane findet man auch noch das Häßliche und zwar gerade in demjenigen, was auf der Erde oft «schön» ge­nannt wird. Jede Lüge finden wir dort wie etwas Häßliches. Sogar Schönes können wir in dieser Welt finden, das aber nur auf Illusion, auf Wahn beruht. Wir finden dort zum Beispiel wunderschöne Ge­stalten und Formen, sogar Engelgestalten, welche durch schwarze Magier geschaffen worden sind, womit diese sich wie mit einem Schleier umhüllen, um damit ihre eigenen selbstsüchtigen Ziele zu verbergen. Man kann es schon ziemlich weit im esoterischen Leben gebracht haben und in einem bestimmten Leben sich mit magischen Künsten oder schwarzer Magie beschäftigen, dann können solche

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Menschen sich auf dem niederen Devachanplan in solchen Engelge­stalten zeigen, in einen Schleier von schönen Gewändern gehüllt. Es herrscht also auf diesem Gebiete keine absolute, wahre Schönheit, und nur echte, innige Frömmigkeit kann die wahre devachanische Schönheit vor uns enthüllen.

Die dritte Flamme symbolisiert die Kraft, wiederum nicht dasje­nige, was wir als Kraft in der physischen Welt kennen; aber diese Kraft aus dem höheren Devachan soll in die physische Welt hineinfließen und sich dort im Menschen als «tätige Tugend» entfalten. Das ist die Tugend, die darin besteht, daß wir fortwährend unsere Persönlichkeit zurücktreten lassen, daß wir unseren Ehrgeiz be­kämpfen, insbesondere wenn sich dieser darin äußert, daß wir mit unseren Gaben glänzen wollen. Diese Tugend soll es sein, die uns bewußt werden läßt, daß wir in der Gottheit ruhen, daß wir nur ein nichtiger Teil der wahren, großen Vollkommenheit sind, so daß wir so recht empfinden, wie alle Eitelkeit und Hochmut etwas Irreales sind, so daß es eine Dummheit bloß wäre, auf etwas stolz sein zu wollen.

Insbesondere im Anfang ihrer okkulten Laufbahn werden die Menschen oft hochmütig oder eitel und stolz. Zum Beispiel wenn sie anfangen, kleine Erfolge an sich zu bemerken, fühlen sie sich bald über andere erhaben. Das ist aber nicht der Weg, um zur täti­gen Tugend zu gelangen. Auch derjenige wird den Weg nicht fin­den, der danach trachtet, seine Kenntnisse oder Kräfte anderen mit­zuteilen, wenn er dasjenige unterrichten will, was er an höheren Lehren selber empfangen hat, und wenn er sich dann verehren läßt durch diejenigen, denen er etwas mitteilt. Diese Untugenden sind große Hindernisse, die der Mensch sich selber in den Weg legt. Aber auch die anderen, welche in solcher Weise Verehrung entgegenbrin­gen, legen diese Hemmnisse dem Esoteriker in den Weg. Indem wir diese Untugenden in der physischen Welt bekämpfen und uns fort­während davor hüten, ihnen zu verfallen, indem wir die «tätige Tugend» üben, wird die Kraft, die in dem höheren Devachan als eine Summe von hohen geistigen Wesenheiten zu finden ist, als geistige Kraft in uns einfließen und unser inneres Wesen verstärken.

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Höheres Devachan Kraft

Niederes Devachan Schönheit

Astralwelt Weisheit

Mensch in der Wahrheit wahre Fröm- tätige Tugend

physischen Welt im Denken migkeit

Die drei Leuchter neben den Altären

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Die drei Leuchter, die hier stehen, deuten an: Jupiter, Venus und Vulkan. «Engel», «leuchtende Wesen» heißen die Leuchter in der ok­kulten Sprache. Auch in der Apokalypse sind die Engel als Leuchter bezeichnet.

Der Hammer (TAO)

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Der Hammer repräsentiert den Urlaut der Natur: Tao.

Aus Instruktionsstunde Basel, September 1912

T ist nicht der Name Gottes, sondern es bedeutet die Gegenwart Gottes.

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Aus Vortrag Berlin, 16. November 1905

(...) Wenn wir nach Asien hinüberblicken, finden wir zunächst noch die vorhandenen Reste einer uralten Religion, wie sie eigent­lich in unserem heutigen Sinne gar nicht mehr als Religion aufgefaßt werden kann. Wir finden diese Religion in der merkwürdigen Kul­tur des Chinesentums. Ich spreche nicht von der Religion des Kon­fuzius, nicht von derjenigen, welche als Buddhismus in Indien und China Verbreitung gefunden hat, sondern ich möchte sprechen von den Überresten der uralten chinesischen Religion, der Tao-Religion. Das ist die Religion, welche den Menschen auf Tao verweist. Tao wird übersetzt als das Ziel oder der Weg. Aber man bekommt keine klare Vorstellung von dem Wesen dieser Religion, wenn man sich einfach an diese Übersetzung hält. Das Tao drückt aus und drückte schon vor Jahrtausenden für einen großen Teil der Menschheit das Höchste aus, zu dem die Menschen aufsehen konnten, von dem sie sich dachten, daß die Welt, die ganze Menschheit einmal hinkom­men werde, das Höchste, was der Mensch keimhaft in sich trägt und was einst als reife Blume aus der innersten menschlichen Natur sich entwickeln wird. Ein tiefer, verborgener Seelengrund und eine erha­bene Zukunft zugleich bedeutet Tao. Mit scheuer Ehrfurcht wird nicht nur Tao ausgesprochen, sondern wird auch an Tao gedacht von dem, der weiß, um was es sich dabei handelt. Die Tao-Religion beruht auf dem Prinzip der Entwickelung, und sie sagt: Was heute um mich ist, ist ein Stadium, das überwunden werden wird. Ich muß mir klar darüber sein, daß diese Entwickelung, in der ich mich be­finde, ein Ziel hat, daß ich mich hinentwickeln werde zu einem erhabenen Ziel und daß in mir eine Kraft lebt, die mich anspornt, zu dem großen Ziele Tao zu kommen. Fühle ich diese große Kraft in mir und fühle ich, daß mit mir alle Wesen zu diesem Ziele hinsteuern, dann ist mir diese Kraft die Steuerkraft, die mir aus dem Winde entgegenbläst, aus dem Stein entgegentönt, aus dem Blitz ent­gegenleuchtet, aus dem Donner entgegentönt, die mir ihr Licht von der Sonne zusendet. In der Pflanze erscheint sie als Wachstumskraft, im Tier als Empfindung und Wahrnehmung. Sie ist die Kraft, die

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Form nach Form bis zu jenem erhabenen Ziele immer und immer hervorbringen wird, durch die ich mich eins weiß mit der ganzen Natur, die aus mir mit jedem Atemzuge aus- und einströmt, die das Symbol des höchsten sich entwickelnden Geistes ist, die ich als Leben empfinde. Diese Kraft empfinde ich als Tao. - Es wurde in dieser Religion zunächst von einem jenseitigen Gotte gar nicht ge­sprochen, es wurde nicht von etwas gesprochen, was außerhalb der Welt ist, sondern von etwas, wodurch man Kraft finden kann zum Fortschritte der Menschheit.

Tao hat man zu jener Zeit so recht empfunden, als der Mensch noch verbunden war mit dem göttlichen Urquell, besonders bei der Bevölkerung der Atlantis. Diese unsere Vorfahren hatten noch kei­nen so hochentwickelten Verstand, keine solche Intelligenz wie die heutige Menschheit. Dafür aber hatten sie ein mehr traumhaftes Be­wußtsein, ein mehr instinktiv aufsteigendes Vorstellungsleben und ein wenig rechnerisches Gedankenleben. Stellen Sie sich das Traum-leben vor, aber gesteigert, so daß es sinnvoll und nicht chaotisch ist, und denken Sie sich eine Menschheit, aus deren Seele solche Bilder aufsteigen, welche die Empfindungen ankündigen, die in der eigenen Seele sind, die wiedergeben alles, was äußerlich um uns herum ist. Man muß sich die Seelenwelt dieser Urmenschen ganz anders vor­stellen als unsere heutige. Heute strebt der Mensch danach, mög­lichst genau Gedanken und Vorstellungen von der Umwelt zu bil­den. Der Urmensch dagegen bildete sich symbolische, sinnbildliche Vorstellungen, welche in ihm selbst voller Leben erschienen. Wenn Sie heute einem Menschen gegenübertreten, dann versuchen Sie, sich vor allen Dingen einen Begriff davon zu machen, ob es ein guter oder böser, ein gescheiter oder ein dummer Mensch ist, und Sie ver­suchen einen Begriff zu bekommen, der in möglichst trockener Art dem äußeren Menschen entspricht. Das war nie der Fall bei dem Urmenschen der Atlantis. Ihm stieg ein Bild auf, nicht ein Verstan­desbegriff. Trat er einem bösen Menschen gegenüber, so stieg ihm ein Bild auf, das dumpf und finster war. Die Wahrnehmung wurde aber nicht zu einem Begriff. Gleichwohl richtete er sich, benahm er sich nach diesem Bilde. Wenn er ein helles, schönes Bild vor sich

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hatte, das ihm traumhaft vor seiner Seele stand, dann wußte er, daß er Vertrauen schöpfen konnte zu einem solchen Wesen. Und er be­kam Furcht vor einem Bilde, wenn es in schwarzen, roten oder braunen Farben in ihm aufstieg. Es erschienen die Wahrheiten noch nicht verstandesmäßig und intellektuell, sondern als Eingebung. Er fühlte so, als ob die in diesen Bildern wirkende Gottheit in ihm selber wäre. Er sprach von der Gottheit, die sich im Windeswehen ankündigte, im Waldesrauschen und auch in den Bildern des inneren Seelenlebens, wenn es ihn drängte, zu einer erhabenen Menschheitszukunft hinaufzuschauen. Und das nannte er Tao.

Der gegenwärtige Mensch, der diese Urmenschheit abgelöst hat, steht in einer andern Weise zu den geistigen Mächten. Er hat die Kraft des unmittelbaren Schauens, die in gewisser Beziehung dumpfer und dämmeriger ist als die unsrige, verloren und hat dafür die Entwicke­lungsstufe des intellektuellen und verstandesmäßigen Vorstellens er­rungen, die in gewisser Beziehung höher ist, in gewisser Beziehung aber auch tiefer steht. Dadurch steht der heutige Mensch höher als der Urmensch, weil er einen scharfen, durchdringenden Verstand besitzt; aber er empfindet nicht mehr den lebendigen Zusammen­hang mit den göttlich wirkenden Tao-Kräften der Welt. Dadurch hat er die Welt, wie sie sich in seiner Seele offenbart, und auf der an­dern Seite die Verstandeskräfte. Der Atlantier hat die Bilder gefühlt, die in ihm lebten. Der heutige Mensch hört und sieht die äußere Welt. Diese zwei Dinge, Äußeres und Inneres, stehen einander ge­genüber, und er fühlt nicht mehr, wie ein Band von dem einen zu dem andern hinübergeht. Das ist der große Sinn der Entwickelung der Menschheit. Seitdem die Ländermassen wieder aufgestiegen sind, nachdem die Fluten der Ozeane die Kontinente überschwemmt hat­ten, seit jener Zeit sehnt sich die Menschheit, das Band wieder zu finden zwischen dem, was sie im Inneren empfindet und wahr­nimmt, und dem, was sich ihr draußen in der Sinneswelt darbietet. Daher hat das Wort religare = Religion seine Berechtigung. Es heißt nichts anderes, als das, was einst verbunden war und jetzt getrennt ist, wieder zu verbinden, Welt und Ich wieder zu verbinden. Die verschiedenen Formen der Religionsbekenntnisse sind nichts anderes

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als die Mittel, als die von den großen Weisen gelehrten Wege, diese Verbindung wiederzufinden. Sie sind deshalb so verschieden­artig gestaltet, um in dieser oder jener Form den Menschen jeder Kulturstufe verständlich zu werden. ...

Das Dreieck

Aus Vortrag Stuttgart, 14. Juni1921

Wenn man die hervorragende Stellung des Menschen im Weltall be­trachtet, so ergeben sich vor allen Dingen mehrere wichtige Linien. Erstens die Linie parallel zu der Erdoberfläche, die Horizontale. Zweitens dasjenige, was den Menschen unterscheidet von dem Tier, daß bei ihm die Rückgratlinie vertikal steht auf der Horizontalen. Damit haben Sie zwei Gebilde hingezeichnet; erstens die Horizon­tale, also die Waagrechte, und zweitens den rechten Winkel. Wenn man sich bewußt ist, welche Bedeutung die Horizontale hat, die die Tierheit schafft im Grunde genommen, und welche Bedeutung der rechte Winkel hat für die Hineinstellung des Menschen in das Welt­all, dann verbindet man gewisse Vorstellungen mit der Horizontalen und mit dem rechten Winkel, die daher Symbole werden können.

Das Freimaurertum, das das Wesen des Menschen charakterisie­ren will, hat die Wasserwaage und den rechten Winkel unter seinen Symbolen. Auch die anderen Symbole sind durchaus nachgebildet den Kräften des Weltalls. Wie sie nachgebildet sind den Kräften des Weltalls, das kann sich Ihnen ergeben noch aus der folgenden Betrachtung.

Sehen Sie, wenn wir hier uns die Erde denken: der Mensch bewegt sich auf der Erde, sagen wir so - ich will es also radikal zeichnen -, dann ist es so, daß der Mensch hier in der Vertikalen seine Richtung hat und daß die Art, wie er sich verbindet mit dem Erdmittelpunkt, ein Dreieck ist.

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#Bild s. 328

Sie haben wiederum das Dreieck als ein Symbolum im Kultus der Freimaurer. Alles in dieser Freimaurerei ist im ersten Grad genom­men von der Konfiguration des Menschen. Da sehen Sie die Heraus­bildung der Symbolik. Die Symbolik ist da, wo sie auftritt in ihrer Wesenheit, nicht willkürlich ausgedacht. Zur Symbolik kommt man nur, wenn man sie studiert an der Wirklichkeit. Die Symbolik ist im Weltall begründet, sie ist irgendwo da. So ist es auch mit dem Kultus.

Das Dreieck mit dem Augel)

Instruktionsstunde Berlin, 2. Oktober 1910

Durch Ahriman können wir gar nicht anders sehen, als wir heute sehen. Zum Beispiel sehen wir an den Pflanzen nur das Äußere, die Blätter, die Zellen und so weiter, nicht aber die Lebenskraft drinnen. Diesen Schleier Ahrimans zu überwinden, soll das, was in der Loge gegeben wird, Erleichterung verschaffen.

Es gibt keinen Punkt im Weltenraum, in dem nicht Kräfte wären, die im Menschen wirken. Jetzt muß etwas Groteskes gesagt werden,

1) Vgl. hierzu auf Seite 371.

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das nur in einer solchen Gemeinschaft wie dieser hier gesagt werden kann, wo alles als etwas Heiliges aufgefaßt wird: Es gibt nichts, was bei den einzelnen Menschen so verschieden ist wie das Gehirn. Man spricht davon, daß es an einem Baum nicht zwei Blätter gibt, die sich gleich sind. Noch viel verschiedener unter sich sind die Gehirne der Menschen. Hellseherisch betrachtet, sind im Äthergehirn viele, viele leuchtende Punkte, und die sind bei allen Menschen verschieden. Wenn man diese leuchtenden Punkte photographieren könnte, was ja natürlich nicht möglich ist, da sie im Ätherischen sind, so würde man auf diesem so gewonnenen Bilde den Sternenhimmel - ohne die Planeten - wiedererkennen. Wie eine Halbkugel ist das Gehirn. Wenn man weit genug herankäme, würde man jede dieser Konstella­tionen der leuchtenden Punkte bei den verschiedenen Menschen einmal am Sternenhimmel wiederfinden.

Das Gehirn des Menschen ist dessen vornehmster Teil. Es ist ver­bunden durch geistige Kräfte mit der obersten Partie sozusagen des Weltalls. Weiter herunter kommen wir zu den Tierkreiszeichen. Diese sind verbunden mit den 12 Nervensträngen der Sinnesorgane. Je höher die Kräfte herstammen, um so verschiedener ist ihre Wir­kung; je näher der Erde sie ihren Ausgangspunkt haben, um so gleichmäßiger ist die Wirkung. Bei der Sonne kommt es bei uns nicht darauf an, ob sie feststeht oder ob sie sich bewegt, für uns Menschen kommt es darauf an, daß sie uns ihre Kräfte aus dem Osten, dann aus Süden, und dann aus Westen zusendet. Und wie sie auf uns wirkt, haben wir gestern gesehen bei Besprechung der Altäre Aus Osten: Weisheit, die uns geschaffen hat; aus Süden: Schönheit, in der sich alles offenbart; aus Westen: die Kraft, die Stärke, mit der wir nun weiter wirken sollen im Leben.

Alle Teile unseres physischen Leibes sind aus den höheren Kräften heraus gestaltet. Einer der wunderbarsten Teile ist das menschliche Auge (das Auge wird an die Tafel gezeichnet). Atma, Budhi, Manas haben daran gewirkt. Wir müssen wissen, daß deren Kräfte verbor­gen liegen in dem Auge. (Diese drei Kräfte werden wiedergegeben in dem Dreieck.) Was können wir mit dem Auge? Wir können es be­wegen nach rechts, nach links, oben, unten. Mit unserem Ich können

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wir das. Es wirkt von außen auf das Auge. Das soll in diesen Strahlen, die von dem Dreieck nach außen gehen, angedeutet wer­den. Aber worauf fällt es? Auf den Schleier, den Ahriman über alles gebreitet hat. Wiederzugeben in den Wolkenlinien. Auf dem Monde haben wir den Astralleib eingegliedert bekommen, dahinter wirkt Ahriman. So bedeuten diese Wolkenlinien den Astralleib. In den Ätherleib hinein ist schon auf der Sonne so gewirkt worden, daß das Auge einstmals ein solches Werkzeug werden könnte. Je weiter vom Geistigen entfernt, umso dichter der Leib. In den dichten Wolken ist angedeutet der Ätherleib. Und auch im physischen Leib ist auf dem Saturn schon darauf hingewirkt worden, daß einstmals ein solches Auges werden sollte. Der physische Leib ist das Dichteste, Dunkelste am Menschen, hier bei der Zeichnung das dunkle Schwarz der Tafel.

Wenn man sich dieses Bild recht oft vor die Seele stellt, so wird es Seelenkräfte wecken. So wie diese Zeichnung (Auge mit dem Drei­eck) sieht das menschliche Auge eigentlich aus. Es ist durch das Knochengerüst nur etwas anders geworden. Die Form ist etwas ver­wachsen.

Wirken lassen sollen wir alles das, was wir in der Loge an Sym­bolen und Lehren bekommen, auf unsere Seele. Wir können das aber nicht, wenn wir nicht fühlen, daß wir durch Aufnahme in den Tempel ein anderer Mensch geworden sind. Anders müssen wir dem Leben gegenüberstehen. Dieses Bild, das Dreieck mit dem Auge, wirkt auf uns in der Nacht, aber auch alles das, was wir im bunten Chaos um uns herum sehen, zum Beispiel all die Gegenstände in einem Warenhaus, die scheußlichen Plakate an den Anschlagsäulen und so weiter. Und lassen wir all das ebenso in uns wirken wie bisher, so geht die Wirkung der Symbole einfach verloren.

Wenn wir hier mit Begeisterung all das aufnehmen an Symbolen und Lehren, so spricht das Beste in uns. Kommen wir zum Außenleben zurück und lassen wir das Chaos von Eindrücken ebenso in uns einstürmen wie bisher, dann kommt ein Zwiespalt in uns. Es will uns dann scheinen, als wäre es blinder Autoritätsglaube gewesen, dem wir uns im Tempel unterworfen hätten, während es doch das

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ßeste in uns war, das da empfand - wir wissen dann das nur nicht. Und so entstehen die Konflikte, denen so mancher unterworfen ist.

Die Dame der Welt soll nicht in demselben Sinne Dame der Welt bleiben. Hat sie wegen sozialer Stellung oder aus sonstigen Gr ünden dieses ganze Leben einer Dame mitzumachen, so muß sie es tun. Sie soll es aber nicht in demselben Sinne, mit denselben Gefühlen tun. Muß sie Kaffeeklatsch mitmachen, so soll sie es aus Überzeugung der Verpflichtung heraus natürlich tun. Theosophie soll uns ja nicht vom Leben abwenden, sondern geeignet dafür machen, - aber mit anderen Empfindungen soll sie es tun.

Es soll hier keine Moralpauke gehalten werden, sondern das, worauf ich hinauswill, ist: Es muß jeder sich zur Pflicht machen, auf solchem Kaffeeklatsch und so weiter, und so weiter, nicht von Theosophie zu reden. Nicht beim Essen, nicht bei gewöhnlichen Gelegenheiten - und Essen ist eine gewöhnliche Beschäftigung - von Theosophie reden. Mit einem Wort: Nicht überall über Theosophie schwatzen, wo man sich gelegentlich trifft, denn dann wird es ein Schwatzen. Will man darüber reden, dann nur, wenn man extra dazu zusammenkommt. Eine heilige Sache soll uns die Theosophie sein, und so soll sie behandelt werden und nicht so nebenbei.

Die Zeremonien, die bis jetzt vorgenommen wurden, können, mit Ausnahme der zwei Säulen, vom ersten Grad verstanden werden. Was jetzt folgt, der Schluß, ist erst nach langer Zeit zu verstehen.

Der rechte Winkel

Aus Instruktionsstunde Köln, 7. Mai 1912

In esoterischen Vorträgen werden gegeben die Inspirationen aus der geistigen Welt und die inspirierenden Mittel zum Hinaufgelangen in die geistige Welt, die werden uns in der M.E. mitgeteilt.

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Ein solcher Mittel ist der rechte Winkel in seiner tiefen Bedeutung.

#Bild s. 332

Was die Götter der Vergangenheit in ihren Logen getan haben und woraus alles Gegenwärtige geworden ist, das sollen wir nun für Schöpfungen der Zukunft in unseren Räumen tun.

Zirkel und Richtmaß

Siehe hierzu auf Seite 236.

Das Kreuz (Rosenkreuz) heim Altar des Ostens

Aus Instruktionsstunde, München, 12. Dezember 1906

Betrachten wir das Rosenkreuz: das Holz des Kreuzes, das ist das Tote, die Rosen sind das Leben, das daraus hervorsprießt.

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Aus Instruktionsstunde Berlin, 8. Februar 1913 1)

Wenn der Esoteriker seine Übungen regelmäßig verrichtet und sich vertieft in die Tempellegende oder die großen kosmischen Bilder, die uns in der Theosophie gegeben werden, oder in Jakob Böhmes «Morgenröte» und die anderen Symbole, wie sie in diesem Tempel gegeben werden, so wird er bemerken, daß es so sein kann, als ob sein Gehirn in einem bestimmten Augenblick nicht imstande wäre, weiter zu denken, als ob seinem Denken eine Grenze gesetzt würde. So etwa soll der Esoteriker empfinden und innerlich erleben. Der gewöhnliche Mensch hat bisweilen dieselben Empfindungen, daß ihm sein Gehirn den Dienst versagt, aber er kommt nicht zum Erle­ben und Gewahrwerden dieser Tatsache. Die Menschen verschlafen eigentlich ihr ganzes Leben; nicht nur dadurch, daß sie in der Nacht schlafen, aber auch am Tage verschlafen sie die wichtigsten Ereignis­se, weil sie ganz den Eindrücken hingegeben sind, die sie von den Sinnen erhalten. Alle diejenigen, die in einer wichtigen Zeit, wie unsere heutige eine ist, sich gegen dasjenige, was sie als eine spirituel­le Strömung hätten erreichen können, gewendet haben, die - wie gescheit sie auch an und für sich waren - doch sich weigerten, das Spirituelle aufzunehmen, die sich also ganz dem Materialismus hin­gegeben haben, die haben sich nach ihrem Tode ebenso gegen alles Spirituelle gewandt und dort einen bestimmten Haß ausgebildet, den sie dann als Kraft (oder Kräfte) wieder in die physische Welt zurückgeworfen haben. Vom 16. Jahrhundert an ist das im Grunde eigentlich immer so gewesen und jene Haßgefühle machen sich in der physischen Welt bemerklich und haben dort ihre Wirkung. Die Welten sind ja nicht voneinander getrennt,. sie durchdringen einander.

Wir haben auch davon gesprochen, wie beim Tode des Christus Jesus auf Golgatha der physische Leib in die physischen Substanzen der Erde eingedrungen ist und wie daraus für einzelne Menschen die Kraft entsprungen ist, um in den ersten nachchristlichen Zeiten die

1) Vgl. hierzu die Vorträge «Vorstufen zum Mysterium von Golgatha». GA 152.

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Märtyrerschaft durchzumachen. Zu seiner Zeit hat auch der Äther­leib des Christus als Äthersubstanz sich in die Erde aufgelöst und da­durch hat sich für einzelne Individualitäten die Möglichkeit eröffnet, diese Äthersubstanz in sich aufzunehmen, und dadurch konnten gewisse Verrichtungen durch diese Individualitäten hier auf Erden geschehen.

Auch der Astralleib des Christus gelangte in einer bestimmten Zeit in die Astralsubstanz (-aura> der Erde und damit konnten auch wiederum menschliche Astralhüllen umkleidet werden, die gewisse Geschehnisse auf Erden zeitigten. Und jetzt wird die Ich-Substanz Menschen mitgeteilt werden können. Denn wenn auch Jesus von Nazareth bei der Taufe seine drei Hüllen verlassen hat, so blieb doch auch ein Teil der Ich-Substanz bei den Hüllen, und so wurde auch diese Kraft der Erde eingefügt.1)

Das Neue, was jetzt allmählich den Menschen (mitgeteilt) geoffen­bart werden wird, ist eine Erinnerung oder Wiederholung desjenigen, was Paulus bei Damaskus erlebt hat. Er schaute die Äthergestalt des Christus. Daß diese aber jetzt für uns sichtbar werden soll, rührt von der Tatsache her, daß in der Ätherwelt gleichsam ein neues Mysteri­um von Golgatha sich abgespielt hat. Das, was hier in der physischen Welt bei der Kreuzigung stattgefunden hat infolge des Hasses der nicht verstehenden Menschen, das hat sich jetzt auf dem Ätherplan wiederholt durch den Haß der Menschen, die als Materialisten nach dem Tode in die Ätherwelt eingetreten sind.

Man halte sich noch einmal vor die Seele, wie bei dem Mysterium von Golgatha ein Kreuz aufgerichtet wurde aus totem Holz, an dem der Leib des Christus hing. Und dann schauen wir jenes Kreuzesholz in der Ätherwelt als sprießendes, sprossendes Holz, grünes, lebendi­ges Holz, das durch die Flammen des Hasses verkohlt ist und an dem nur noch die sieben blühenden Rosen erscheinen, die siebenfache Natur des Christus darstellend, dann haben wir da das Bild von dem zweiten Mysterium von Golgatha, das sich jetzt in der Ätherwelt abgespielt hat. Und durch dieses Absterben, dieses zweite Sterben

1) Vgl. hierzu die Vorträge «Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen», GA 109/111.

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des Christus, ist es möglich geworden, daß wir jenen Ätherleib schauen werden. Die Verdichtung, den toten Teil des Ätherleibes des Christus Jesus werden die Menschen schauen.

Aus der Instruktionsstunde Berlin, 8. Februar 1913, Notizen von anderer Hand

Das Rosenkreuz ist das Symbol für den zweiten Tod des Christus im 19. Jahrhundert, für den Tod des Ätherleibes durch das Heer der Materialisten. Die Folge davon ist, daß der Christus im 20. Jahrhun­dert so gesehen werden kann, wie ich es Euch oft geschildert habe, nämlich im Ätherleibe.

Notizen von einer Instruktionsstunde ohne Orts- und Datumangabe

In der Atlantis hatte für die Menschen alles, was sie in der Natur um sich hatten, eine wahrnehmbare Sprache. Die Weisheit (in den Was­sern enthalten) tönte ihnen ihr Tao entgegen. Im Tautropfen haben wir in unserer Sprache dieselbe Bezeichnung, wie sie das Wort Tao ist für das, was die Wasser der Weisheit den Menschen offenbarten. Tau heißt auf lateinisch: ros, und Kreuz: crux. Ros-crux bezeichnet beides dasselbe: das Tao-Z eichen, das Kreuz und den Tau auf den Pflanzen. Dies ist die esoterische Bedeutung des Rosenkreuzes.1)

1) Vgl. hierzu die Ausführungen auf Seite 250 f. und 323, ferner die esoterische Stunde Mün­chen, 1. Juni1907 in «Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esote­rischen Schule 1904 bis 1914», GA 264.

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Das Kreuz und das Dreieck im Kosmos und im Menschen

Text nach einer Vorlage ohne Orts- und Datumangabe mit dem handschriftlichen Vermerk von Rudolf Steiner «Esoteriker«. Vermutlich handelt es sich um eine Niederschrift Rudolf Steiners, deren Original jedoch nicht vorliegt.

Vier gewaltige, erhabene Gestalten stehen im Weltenraume, ein jeder nach einer der vier Richtungen. So formen sie das kosmische Kreuz. Sie lenken und leiten die Weltenvorgänge und sind die Diener des Einen, der das Leben der Sonne ist. Während eines jeden kosmi­schen Tages werden sie abwechselnd von dem Sonnengeist inspiriert. Sie sind die Urkräfte, welche sich spiegeln in den drei Kräften des Denkens, Fühlens und Wollens im Kosmos und in der menschlichen Seele. Der eine, der am mächtigsten ist, enthält in sich die Kräfte der drei anderen, er ist der vollkommenste, durch ihn können die andern erst geschaut und verstanden werden. Er ist der direkte Diener des großen Sonnengeistes und leitet die Zukunft, auf daß sie zur Gegen­wart wird. Die Strahlen seines Lichtes bringen den menschlichen Seelen Erkenntnis. Wie einen neuen Tag ankündigend, leuchtet sein Licht aus dem Osten.

Eine jede dieser vier Gestalten leitet insbesondere einen der plane­tarischen Entwickelungszustände der Erde. Die drei, welche sind die Urkräfte, die sich spiegeln in Wollen, Denken, Fühlen, leiteten die vergangenen planetarischen Zustände der Erde, welche bezeichnet werden als alter Saturn, alte Sonne und alter Mond. Der vierte leitet insbesondere denjenigen Zustand, welcher der Erdenzustand selber genannt wird. Daher enthält er in sich die Kräfte der drei anderen, die ihre Wirkung auf Erden wiederholen, und bringt sie in Gleichge­wicht dadurch, daß er seine eigene Kraft hinzufügt. An seiner rech­ten Seite, in der Richtung des Nordens, steht derjenige, welcher ins­besondere verknüpft ist mit der Saturn-Entwickelung. Sein Licht leuchtet in bläulichem Glanze, schwächer wie das der anderen. Eine erhabene, strenge Gestalt, wird er mit dem Namen des Uriel ge­nannt. In der Richtung des Westens steht derjenige, welcher zu der Sonnen-Entwickelung in Beziehung steht. Im goldenen Glanze strahlt sein Licht. Eine erhabene, kraftvolle Gestalt, wird er mit dem

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Namen des Raphael bezeichnet. In der Richtung des Südens steht der, welcher verbunden ist mit der Entwickelung des alten Mondes. Im silbernen weißen Lichte erglänzt sein Wesen. Eine erhabene, lie­bevolle Gestalt, wird er mit dem Namen des Gabriel genannt. Der vierte, welcher die Kräfte der anderen in sich enthält und seine eige­ne Kraft hinzufügt, strahlt sein Licht von dem Osten aus in rosa­farbiger Nuance und goldenem Glanze. Er leitet und lenkt die Ent­wickelung der Erde und wirkt deshalb in die Zukunft hinein. Eine erhabene, siegreiche Gestalt, welche die Eigenschaften der drei ande­ren in sich trägt, wird er mit dem Namen des Michael genannt. So stehen da die vier mächtigen Erzengel und leiten die Weltenvorgänge. Ein jeder von ihnen ist verbunden mit einem der vier Glieder im Menschen, denn in jedem der planetarischen Zustände wurde eines dieser Glieder in der Anlage entwickelt. Der vierte leitet die Ausbil­dung des menschlichen Ich. Er ist am innigsten mit der Menschheit verbunden und ist der direkte Diener des mächtigen Sonnengeistes. Gerade während der Erden-Entwickelung stieg dieses mächtige Wesen herunter auf die Erde in einer irdischen Inkarnation und verband sich mit der Erde und ihrer weiteren Entwickelung. Drei planetarische Entwickelungszustände sind gewesen, der vierte ist, und in der Zukunft werden noch drei andere folgen. Während diesen wird auf höheren Stufen in vollkommener Weise dasjenige ausgebil­det, wozu in den drei ersten Zuständen die Veranlagung entwickelt ist. Mit den Kräften seines Ich, welche sich der Mensch angeeignet hat in der Erden-Entwickelung unter dem Einfluß des kraftvollen Erzengels Michael und durch die Christus-Kraft, welche in ihn ge-legt worden ist, wird er imstande sein, während dieser drei folgenden planetarischen Zustände höhere Glieder in sich auszubilden. Drei höhere Glieder wird er entwickeln können, er wird sie aber in sei­nem Innern ausbilden. Aus den vier Gliedern wird er drei hervor-wachsen lassen als eine höhere Dreiheit. Außerhalb des Menschen, im Kosmos, ist diese höhere Dreiheit schon da, aber der Mensch muß sie allmählich heranziehen, so daß sie sich in ihm verinnerlicht.

Wie die vier Glieder des Menschen in Beziehung stehen zu den vier Erzengeln, unter deren Einfluß sie veranlagt wurden, so gibt es

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kosmische Mächte, welche mit den drei höheren Gliedern der menschlichen Natur verbunden sind. Die zukünftigen planetari­schen Entwickelungszustände werden ebenso geleitet und gelenkt werden von erhabenen geistigen Wesenheiten. Sie stehen nicht in den vier Richtungen des Raumes wie die vier Erzengel, die das kos-mische Kreuz formen, so als hätten sie sich von einem gemeinsamen Mittelpunkte heraus voneinander entfernt, sondern sie sind so mit­einander verbunden, daß sie ein Dreieck formen, strahlend in golde­nem Glanze. In dem «Ich bin der da war, der da ist, der da sein wird» verbinden sie die drei Punkte der Zeit: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und weben diese zur Einheit. In die Vier hinein werden sie ihre Kraft ergießen, indem sie nicht neben den Vier, sondern über den Vier stehen.

Während der Erden-Entwickelung tritt die Kraft des Vierten zu den drei Vorangegangenen hinzu und durch diesen Vierten werden die Drei mit höheren Kräften begabt. Und dieser Vierte wird der Vermittler sein, durch welchen die höhere Dreiheit sich offenbaren kann in ihren Tätigkeiten; durch ihn kann sie hineinleuchten in die Vier das neue Geisteslicht, welches Leben ist, so wie auch beim Menschen das vierte Glied, das Ich, die Kräfte in sich hat, welche die drei höheren Glieder, Geistselbst, Lebensgeist, Geistesmensch, aus­bilden werden und sie in Tätigkeit versetzen.

Es wurde am Wendepunkte der planetarischen Entwickelung, in dem vierten, dem Erdenzustand, der erste Impuls gegeben, auf daß die Kräfte der höheren Dreiheit weiter hineinwirken konnten in den drei folgenden. Dieselbe Kraft, die in dem Christus Jesus auf Erden lebte und sich mit der Erde verband, als das Wort Fleisch ge­worden war, wird in dreifacher Weise weiter hineinwirken in die drei nächsten planetarischen Zustände, in den fünften, sechsten und siebenten, welche bezeichnet werden als der Jupiter-, der Venus-und der Vulkan-Zustand. Die drei höheren Glieder des Menschen stehen mit diesen drei Kräften in Verbindung. Auf der Erde wurde durch die Christus-Kraft dem menschlichen Ich die Möglichkeit ge­geben, diese Glieder in der Zukunft in sich zu entwickeln. In dem nächsten planetarischen Zustand, dem Jupiter-Zustand, wird der

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Mensch sich durch Ausbildung des Geistselbst verbinden mit denje­nigen Kräften, welche sich im Kosmos offenbaren als «Heiliger Geist». Er wird dieses Heiligen Geistes teilhaft werden durch sein Geistselbst. In dem darauffolgenden planetarischen Zustand, dem Venus-Zustand, wird er sich durch Ausbildung des Lebensgeistes vereinigen mit den Kräften, welche sich kosmisch offenbaren als der «Sohn». Durch Ausbildung des Lebensgeistes wird er der Sohn sel­ber sein. Und in dem letzten planetarischen Zustand, dem Vulkan-Zustand, wird er sich durch Entwickelung des Geistesmenschen ver­binden mit den kosmischen Kräften, welche als der «Vater» bezeich­net werden. Als Geistesmensch wird er mit dem Vater eins werden, er wird in dem Vater sein und der Vater wird in ihm sein.

So hat dann der Mensch in sich entwickelt die Kräfte des golde­nen Dreiecks. Dann wird es sich in ihm offenbaren, indem in ihm erklingen wird das göttliche Schöpferwort, welches seine Kraft in dieses Dreieck ergossen hat. Dieses göttliche Wort war der Anfang aller Dinge; es hatte seine Kraft, sein Leben, in alle Dinge hineinge­legt. In der Weltenentwickelung war es allmählich für die Menschen verlorengegangen, denn immer weniger konnten es die Menschen ertönen hören in ihrem Innern und in der Außenwelt. In viele ein­zelne Silben und Buchstaben schien es sich verteilt zu haben und keiner konnte zunächst den Zusammenhang dieser Buchstaben ver­stehen. Niemandem war es möglich, aus den Silben ein Wort zusam­menzustellen, welches in sich lebendiger, schöpferischer Ton war. In den tiefsten Quellen des Daseins verborgen ruhte das goldene Dreieck, auf welchem dieses Wort bewahrt geblieben war. Da war es eingeschrieben. Den Menschen war es zunächst unzugänglich. Einmal aber, als der Ton des Wortes ganz verklungen schien, als die Finsternis am tiefsten war, da offenbarte es sich wieder der Mensch­heit und zeigte seine Kraft. Seitdem ist im Innern des Menschen geblieben ein Nachklang wie eine Erinnerung an seinen Ton. Da­durch ist möglich geworden, daß der Mensch es einmal wiederfinden wird in seinem Innern und in der Außenwelt. Ein jeder Mensch wird zu einem Sucher nach dem Wort, wenn er anfängt, die höheren Glieder in sich auszubilden, das goldene Dreieck in sich aufzubauen.

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Dann wird er es einmal finden. Und wie er allmählich die höhere Dreiheit in sich ausbildet, bis sie sich in einer Einheit offenbaren kann, so wird er lernen, Silbe nach Silbe zu buchstabieren, bis es in seiner eigenen Seele lebendig ertönt und er das göttliche Schöpfer-wort in seinem Wesen erfaßt.

Die beiden Säulen Jakin und Boas oder Säulen des Herkules / Die Goldene Legende

Der Sinn der beiden Säulen wurde immer durch die Goldene oder Kreuzesholz­Legende erläutert (erstmals im Vortrag Berlin, 29. Mai 1905). Aus diesem Grunde sind die Goldene Legende und die zu ihr gegebenen Erläuterungen hier eingeordnet.

Die Goldene Legende

Text nach Originalhandschrift Rudolf Steiners Notizblatt Archivnummer 6954

Adam hatte zwei Söhne

Kain = den selbststrebenden Menschen

Abel = den auf Offenbarung bauenden

Abel fiel durch Kains Tat. Das Erbe des Abel fiel dem Seth zu. Seth gelangte bis zum Eingang des Paradieses. Dort wurde er durch den Cherub mit dem Flammenschwert

nicht

zurückgehalten. Dies ist das Symbol dafür, daß Seth der Stammvater der initiierten Priesterschaft war. Ihm gab nun der Cherub drei Samenkörner (den höheren Menschen = atma - budhi - manas).

Nachdem Adam gestorben war, legte Seth nach Anweisung des Cherub die drei Körner in Adams Mund.

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Der dreigeteilte Busch, der daraus hervorwuchs, hatte in sich die Flammenschrift

Ehjeh - ascher - Ehjeh (Ich-bin-Ich)

Moses entnahm daraus den dreifachen Zweig, aus dem er seinen Stab formte.

David pflanzte diesen Stab in die Erde auf dem Berge Zion. Salomon nahm daraus das Holz, aus dem er die Eingangspforte des Tempels so machte

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Durchgehen konnte da nur der Reine.

Die Leviten in ihrem Unverstand versenkten diese drei Stücke in den Teich Bethesda.

Zur Zeit Christi legten die Juden das Holz als Balken über den Bach Kedron.

Darüber schritt Christus nach seiner nächtlichen Gefangennahme am Ölberg.

Und daraus wurde dann auch das Kreuz gezimmert.

Text nach Originalhandschrift Marie Steiners

Adam hatte zwei Söhne:

Kain, den Repräsentanten der selbstbewußt tätigen Menschheit und

Abel, den Repräsentanten derjenigen Menschheit, welche alle ihre

Gaben als höheres Geschenk und Offenbarung empfängt.

Das Selbstbewußtsein muß durch die Schuld gehen. Kain tötet den Abel. Die Gaben des Abel gehen auf Seth über.

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Als Seth das Paradies nach dem doppelten Sündenfall (Evas und Kains) wieder betreten hatte, sah er, wie der

Baum der Erkenntnis und der Baum des Lebens sich vereinigt hatten.

Baum der Erkenntnis bedeutet menschliches Wissen.

Baum des Lebens bedeutet gott-geoffenbarte Weisheit.

Der Cherub mit dem Flammenschwert gab nun dem Seth drei Samenkörner; in ihnen waren alle Keime der vereinigten Bäume.

Nach Adams Tode legte Seth ihm die drei Körner in den Mund; aus diesen wuchs ein Busch und inmitten desselben war «Gottes-Name» zu lesen:

Ehjeh ascher ehjeh = Ich bin Ich

Aus dem Busch formte Moses seinen Stab. Dieser Stab war ewig grünend und wurde später in der Bundeslade aufbewahrt.

David pflanzte den Stab bei Zion in die Erde;

Salomon machte aus seinem Holz

drei Säulen.

Diese Säulen wurden am Eingang des Tempels aufgestellt.

Es sind dies: Jakin, Boas und M.

Die Leviten nahmen die Säulen und warfen sie in den Teich Bethesda.

Zur Zeit Christi wurden die Säulen aus dem Teich entfernt und in

Brückenform über den Bach Kedron gelegt.

Jesus ging über diese Brücke zum Ölberg.

Dann wurde sein Kreuz daraus gezimmert.

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Erläuterungen zur Goldenen Legende

Da Erläuterungen aus Instruktionsstunden nur mangelhaft überliefert sind, werden zuerst diejenigen wiedergegeben, die während des Münchner Kongresses Pfingsten 1907 zu den beiden dort aufgestellten Säulen gegeben worden sind.

Aus Vortrag München, 21. Mai 1907

Was bedeuten nun die zwei Säulen den Rosenkreuzern? Wenn man diese zwei Säulen, die hier vor uns stehen, erklären will, muß man ausgehen von der sogenannten Goldenen Legende. Diese sagt:

Als Seth, der Sohn Adams - der an die Stelle des Abel getreten war -, dazu reif war, durfte er einen Einblick gewinnen ins Paradies, durfte er an dem Engel mit dem im Feuer wirbelnden Schwerte vor­beigehen, hinein in die Stätte, aus welcher der Mensch vertrieben worden war. Da sah Seth etwas ganz Besonderes. Er sah, wie die zwei Bäume, der des Lebens und der Erkenntnis, sich ineinander-schlingen. Von diesen beiden ineinandergeschlungenen Bäumen be­kam Seth drei Samenkörner, nahm sie mit sich und legte sie seinem Vater Adam, als dieser gestorben war, in den Mund. Aus dem Grabe Adams wuchs dann ein mächtiger Baum heraus. Dieser Baum zeigte sich manchem, der psychische Sinne hatte, wie in Feuersglut er-strahlend, und diese Feuersglut windet sich zusammen für den, der sehen konnte, zu den Buchstaben J B, den Anfangsbuchstaben von zwei Worten, die ich hier auszusprechen nicht befugt bin, deren Sinn aber ist: «Ich bin, der da war; Ich bin, der da ist; Ich bin, der da sein wird.» In drei Glieder teilte sich dieser Baum. Seth nahm Holz von ihm, und es wurde in der Weltenevolution mannigfaltig ver­wendet. Ein Stab wurde daraus gemacht; der Zauberstab des Moses, sagt die Legende. Es war dasselbe Holz, aus dem die Balken am Salo­monischen Tempel geformt wurden. Da blieben sie so lange, als die Menschen die alten Geheimnisse verstanden. Dann wurde das Holz in einen Teich geworfen, in dem zu bestimmten Zeiten Lahme und Blinde geheilt wurden. Nachdem es wieder herausgenommen worden war, bildete es die Brücke, über die der Erlöser ging, als er seinen Weg zum Kreuz antrat. Und endlich bildete man, so sagt

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die Legende, das Kreuz selbst, an dem der Erlöser hing, aus dem Holz dieses Baumes, der herausgewachsen war aus Adams Mund, nachdem ihm die Samenkörner der ineinandergeschlungenen Bäu­me des Lebens und der Erkenntnis in den Mund gelegt worden waren.

Tiefen symbolischen Sinn hat diese Legende. Erinnern Sie sich einmal desjenigen Prozesses, an jene Umwandlung, an die der Schü­1er denken muß, wenn er die vierte Stufe der Rosenkreuzerschulung durchmacht: an die Erzeugung des Steines der Weisen. Wir erinnern uns, daß es sich dabei um eine gewisse Behandlung unseres roten Blutes handelt. Denken wir an die Bedeutung dieses roten Blutes nicht nur, weil uns ja der Goethesche Ausspruch «Blut ist ein ganz besonderer Saft» darauf hinweist, sondern weil es der Okkultismus zu aller Zeit gelehrt hat. So wie dieses rote Blut auftritt, ist es ein Ergebnis der Sauerstoffatmung. Nur kurz können wir darauf hin­weisen. Wenn wir nun in der Legende und in der Bibel auf einen so wichtigen Moment hingewiesen werden, auf das Wiedereindringen des Seth in das Paradies, so müssen wir uns daran erinnern, wodurch der Mensch aus dem Paradies gebracht worden ist. Herausgebracht worden ist er aus dem Paradies, dem alten Zustand des Menschen im Schoße der höheren Geisteswelt, durch folgendes, das in der Bibel schon angedeutet wird als der physische Vorgang, der parallel geht mit dem Herabstieg. Diejenigen, welche die Bibel verstehen wollen, müssen lernen, sie wörtlich zu nehmen. Es wird gesagt: «Gott blies dem Menschen den Odem ein, und er ward eine lebendige Seele.» Dieses Einblasen des Odems war ein Prozeß, der hier bildhaft aus­gedrückt wird, der sich über Jahrmillionen ausgedehnt hat. Was bedeutet er?

Es hat in der Menschheitsentwickelung, in der Gestaltung des physischen Leibes Zeiten gegeben, wo im menschlichen Leibe noch keine Lunge war, so daß noch nicht Sauerstoff eingeatmet werden konnte. Zeiten gab es, wo der Mensch mehr oder weniger in flüssi­gen Elementen schwebte, wo er ein Organ hatte, eine Art Schwimm­blase, aus dem sich später die Lunge entwickelte. Diese Schwimm­blase von damals hat sich zu der Lunge umgebildet, und wir können

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den Prozeß der Umbildung verfolgen. Wenn wir das tun, dann zeigt er sich als jener Vorgang, den die Bibel ausdrückt mit dem Bilde:

Und Gott hauchte dem Menschen ein den lebendigen Odem, und der Mensch ward eine lebendige Seele. - Mit dieser Einhauchung des Atems ist erst die Erzeugung des roten Blutes möglich gewesen. So hängt das Heruntersteigen des Menschen mit der Erzeugung des roten Blutbaumes in seinem Inneren zusammen.

Denken Sie sich, der Mensch stünde vor Ihnen, und Sie könnten nur das Rieseln des roten Blutes verfolgen: Sie würden vor sich haben einen lebendigen roten Baum. Von diesem sagt der christliche Esoteriker: Er ist der Baum der Erkenntnis. Der Mensch hat ihn an sich gerissen, er hat genossen von dem roten Blutbaum. Die Errich­tung des roten Blutbaumes, der der wahre Baum der Erkenntnis ist:

das ist die Sünde. Und Gott vertrieb den Menschen aus dem Paradies, auf daß er nicht auch von dem Baum des Lebens genieße. Wir haben noch einen anderen Baum in uns, den Sie sich ebenso vorstellen können wie jenen. Aber er hat rotblaues Blut. Dieses Blut ist Todes-stoff. Der rotblaue Baum war dem Menschen in derselben Zeit ein­gepflanzt worden wie der andere. Als der Mensch im Schoße der Gottheit ruhte, da war die Gottheit in ihm fähig, das, was sein Leben und seine Erkenntnis bedeutet, ineinander zu verschlingen - und in der Zukunft liegt der Zeitpunkt, wo der Mensch durch sein erwei­tertes Bewußtsein in sich selbst fähig sein wird, das blaue Blut umzu­wandeln in das rote; dann wird in ihm selbst der Quell sein dafür, daß der blaue Blutbaum ein Baum des Lebens ist. Heute ist er ein Baum des Todes. - So lebt in diesem Bilde ein Rückblick und ein Vorausblick!

Sie sehen, daß im Menschen ein roter und ein rotblauer Blutbaum verschlungen sind. Das rote Blut ist der Ausdruck des Ich, ist das Untere der Ich-Erkenntnis, das blaue Blut ist der Ausdruck des Todes. Als Strafe wurde zu dem roten Erkenntnisbaum der blaue Blutbaum als der Baum des Todes hinzugefügt. In ferner Zukunft wird dieser Baum des Todes in den Baum des Lebens verwandelt werden, so wie er ursprünglich ein Baum des Lebens war. - Wenn Sie sich den Menschen vorstellen, wie er vor Ihnen steht, beruht sein

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ganzes Leben gegenwärtig auf der Wechselwirkung dieser Zwei Bäume.1)

Daß Seth das Paradies wieder betreten durfte, bedeutet, daß er ein Eingeweihter war und zurückblicken durfte auf den göttlich-geisti-gen Zustand, wo die beiden Bäume ineinanderverschlungen waren. -Und drei Samenkörner der verschlungenen Bäume legte er in den Mund Adams, daraus entstand ein dreigeteilter Baum. Das heißt:

der Baum, der aus dem Menschen herauswächst, Manas, Budhi, Atma, diese drei Teile, die das Obere des Menschen ausmachen, fin­den sich der Anlage nach in ihm. In der Legende ist also angedeutet, wie in der menschlichen Anlage, also schon in Adam die Dreiheit des Göttlichen ist, wie sie herauswächst und wie sie zunächst nur der Eingeweihte sieht. Der Mensch muß seinen Entwickelungsgang gehen. Alle Dinge, die sich vollzogen haben in der Menschheitsent­wickelung und die zur Einweihung führen, drückt uns die Legende weiterhin aus.

Aus der Erkenntnis heraus, daß der dreifache Baum in uns ruht, der Baum des Ewigen, der sich ausdrückt in dem Worte: «Ich bin, der da war - Ich bin, der da ist - Ich bin, der da sein wird!» gewinnen wir die Kraft, die uns vorwärtsbringt und uns den Zauberstab in die Hand gibt. Daher Moses' Zauberstab; daher wird das Holz des aus dem Samen herauswachsenden Baumes zum Weisheitstempel genom­men; daher wird das Kreuz aus ihm gezimmert, jenes Zeichen der Initiation, das die Überwindung der niederen Glieder im Menschen durch die drei höheren bedeutet.

So zeigt diese Legende, wie der Eingeweihte hinschaut auf einen zukünftigen Zustand, wo verschlungen sein werden der Baum der Erkenntnis - der rote Blutbaum - und der Baum des Lebens - der blaurote Blutbaum -, wo sie sich verschlingen werden im Menschen selbst. Jetzt schreibt sich derjenige, der sich entwickeln will, in das

1) Eine Schilderung des Zusammenhanges der beiden Säulen mit Geburt und Tod findet sich noch im Vortrag Kassel, 7. Juli 1909; auch die malerische Darstellung in der großen Kuppel des ersten Goetheanums (in dem dreifachen Motiv »I-A-O» über dem Bühnenbogen) deutet auf diesen Aspekt. Vgl. «Zwölf Entwürfe für die Malerei der Großen Kuppel des ersten Goethesnum», eine Kunstmappe, Dornach 1930, sowie Hilde Raske «Das Farben-wort«, Stuttgart 1983.

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Herz ein, was die beiden Säulen - die rote Säule einerseits, andeutend die rote Blutsäule; die blaurote, andeutend die blaue Blutsäule - uns sagen wollen. Heute sind beide getrennt. Deshalb steht im Saale links die rote und rechts die blaurote Säule. Sie wollen uns auffor­dern, den gegenwärtigen Zustand der Menschheit zu überwinden, hinzulenken unseren Weg zu dem Punkte, wo sie sich durch unser erweitertes Bewußtsein verschlingen werden in einer Weise, die man nennt: J - B. Die rote Säule bezeichnet man mit J, die blaurote mit B.

Die Sprüche auf den Säulen werden Ihnen vergegenwärtigen, was mit diesen einzelnen Säulen zusammenhängt. Auf der roten Säule stehen die Worte:

Im reinen Gedanken findest du

Das Selbst, das sich halten kann.

Wandelst zum Bilde du den Gedanken,

Erlebst du die schaffende Weisheit.

Wer darüber meditiert, impft durch die Kraft seines Gedankens seiner roten Blutsäule jene Kraft ein, welche zum Ziele führt: zur Weisheitssäule.

Der Lebenssäule impft man die Kraft ein, die sie braucht, wenn man sich hingibt dem Gedanken, der auf der anderen, der blauen Säule steht:

Verdichtest du das Gefühl zum Licht,

Offenbarst du die formende Kraft.

Verdinglichst du den Willen zum Wesen,

So schaffest du im Weltensein.

Die einen Worte gehen auf das Erkennen, die anderen auf das Leben. Die formende Kraft «offenbart» sich zuerst, im Sinne des ersten Spruches; «magisch» wird sie erst im Sinne des zweiten Spruches. Aufsteigen von der bloßen Erkenntniskraft zum magischen Wirken liegt im Übergang von der Kraft des Spruches auf der ersten Säule zu der des Spruches auf der zweiten.

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So sehen Sie, wie mit den Idealen und Zielen des Rosenkreuzer-schülers gerade das zusammenhängt, was diese Symbole, die zwei Säulen bedeuten. In manchen esoterischen Gesellschaften stellt man auch diese zwei Säulen auf. Der Esoteriker wird immer den Sinn damit verbinden, der ihnen eben beigelegt worden ist.1)

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Die zweite Meister-Legende 2) erzählt uns von Seth, dem Sohne Adams, der zum Priesterweisen eingeweiht wird, das Paradies wie­derum betreten darf, von dort drei Samenkörner nimmt, sie seinem Vater Adam, als er gestorben war, in den Mund legt und aus denen der frische Busch dann herauswächst. Von dessen Holz ist der Stab genommen, mit dem Moses seine Wunder tut; es ist der brennende Busch, in dem der Herr dem Moses erscheint. Von dessen Holz ist die Pforte am Salomonischen Tempel gemacht: zwei Säulen mit dem Balken darüber, der in den Teich Bethesda geworfen würde, dessen Heilkraft erzeugend. Dieses Holz wurde über den Bach Kidron gelegt, den Christus überschritten hat nach dem Verrat am Ölberg. Und aus diesem Balken ist dann Christi Kreuz gefertigt worden.

Das rote Blut und das blaue Blut bedeutet die Säule der Weisheit und die Säule der Stärke. Auf diesen zwei Säulen muß der Mensch stehen können. Der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis standen im Paradies verschlungen zu einem Baum. Und der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis werden für den Weisen, für den Eingeweihten wieder zu einem Baume; er mußte für den Menschen in zwei Bäume getrennt werden.

1) Im Vortrag Dornach, 29. Dezember 1918, findet sich darauf hingewiesen, daß die Säulen in den heutigen Geheimgeselischaften nicht mehr in der richtigen Weise aufgestellt werden können, auch nicht mehr aufgestellt werden sollen, weil sich die richtige Aufstellung erst bei der wirklich innerlich erlebten Initiation zeige. Außerdem könne man sie gar nicht so aufstellen, wie sie sich in Wirklichkeit zeigen, wenn der Mensch im Tode oder in der Initiation seinen Leib verläßt.

2) Mit der ersten Meister-Legende ist die Tempellegende gemeint

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Die Schrift, die dem Moses erschien im brennenden Dornbusch:

Ejeh asher ejeh! lautet in der Übersetzung: Ich bin der Ich bin; Ich war, der Ich sein werde!

Mit Geburt und Tod hat der Mensch seine Erkenntnis erkauft. Der Engel Gabriel ist derjenige, der mit dem feurigen Schwert, als Hüter der Schwelle des Paradieses, diese bewacht.

Instruktionsstunde für den 2.0 Berlin, Dezember 1911 ohne Tagesdatum

#Bild s. 349a

So erschien der Engel dem Adam im Paradiese unter dem Feigen­baum. Wie sein - des Engels Bild -schaute Adam dieses Zeichen, und Adam gelobte sich, daß er nie ab-irren will von der Macht, die in J B. dokumentiert ist.

Und immer fand Adam Kraft und Beseligung, wenn er die Stelle auf­suchte, wo die Erscheinung mög­lich war.

In der lemurischen Zeit hatte er es aber nun doch getan und war abgeirrt von der Macht J.B. durch Luzifer, der die Versuchung gebracht.

#Bild s. 349b

Und als Adam darnach die Stätte der Erscheinung des Engels wieder aufsuchte, da empfand er dort nun Schrecken über seine ei­gene Wesenheit. Das gestürzte Pentagramm, offen an einer Seite (also) umgekehrt, in diesem Zei­chen erschien dem Adam jetzt der Engel, drohend mit dem feurigen Schwert, und Adam floh.

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Teilnehmeraufzeichnungen ohne Orts und Datumangabe

Adam hatte zwei Söhne, Abel und Kain.

Abel bedeutet die Weisheit, Kain die Stärke.

Kain erschlug den Abel.

Dem Adam wurde noch ein Sohn geboren: Seth.

Seth bedeutet Frömmigkeit, welche Weisheit

mit Stärke verbinden soll.

#Bild s. 350

Adam starb, und Seth legte ihm in den Mund drei Kerne. Aus diesen Kernen sprossen drei Zweige aus einem Stamm. Dieser wuchs. Der Dornbusch, in dem Jehovah dem Moses erschien, war aus diesem Stamm gewachsen. Die beiden Säulen des Tempels Salomos wurden aus diesem Holze gemacht. IEs fand sich aber, daß für den dritten Stamm, der die beiden Säulen verbinden sollte, kein Platz war, er paßte nirgends hin. Da warfen sie ihn in den Teich Bethesda. Als der Herr kam, gab er eine Kraft in den Teich, und der Stamm kam wie­der zum Vorschein. Er wurde hinaufgehoben und als Brücke über den Bach Kidron gelegt. Über diese Brücke nun ging der Herr auf dem Wege nach Golgatha. Das Kreuz, welches er trug, war auch aus dem Holze geschnitzt und er brach unter der Last zusammen.

Der Querbalken, der Weisheit und Stärke verbinden soll, ist das Prinzip der Frömmigkeit, Liebe, Schönheit. In der vorchristlichen Zeit war kein Platz dafür in der Welt. Als der Christus Jesus kam,

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als Träger der Budhi, konnte seine Kraft diesen Balken aus dem Wasser - dem astralen Plan -, worin er ruhte, heben. Ein Fluß wurde damit überbrückt (der Weg zu den höheren Welten). Er schritt über denselben auf seinem Leidenswege, als er sich der Menschheit zum Opfer brachte. Das konnte nur durch Liebe, gereinigte, geläuterte Liebe geschehen; daher der Weg über diesen Balken.

Das Kreuz war auch aus diesem Holze geschnitten. Unter seiner Liebe zur Menschheit hatte er zu tragen und zu leiden. Aber in ihm waren vereint Liebe und Erkenntnis. Daher war sein Opfer ein voll­kommenes, ewiges, und die drei Stämme der Weisheit, Schönheit, Stärke waren vereint, denn für die Schönheit war der Platz gefun­den. In Zukunft werden die drei Stämme, die gleich drei Strömen auseinandergeflossen waren, wie drei Ströme, die dann wieder zusammenfließen, zusammenwachsen und in Einigkeit zur vollen Wirkung kommen.

Seth verbindet die feindlichen Brüder Abel und Kain.

Die Verbindung zwischen Weisheit und Stärke ist Frömmigkeit oder Liebe oder Schönheit.

Über den Sinn, der den Säulennamen zugrunde liegt, siehe unter «Zeichen, Griff und Wort» auf Seite 272 f.

Ein geschichtlicher Aspekt von der Bedeutung der beiden Säulen wurde im Vortrag Berlin, 20. Juni 1916 (3. Vortrag des Zyklus «Weltwesen und Ichheit», GA 169) wie folgt entwickelt:

Es ist wirklich so, daß wir uns bewegen durch das Gesamtleben, wie die Sonne sich bewegt durch die zwölf Sternbilder. Wir treten in unser Leben ein, indem unser Bewußtsein für die Sinne gewisserma­ßen aufgeht bei der einen Weltensäule und untergeht bei der anderen Weltensäule. An diesen Säulen gehen wir vorüber, wenn wir am

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Sternenhimmel gewissermaßen von der Nachtseite in die Tagseite hineingehen. Darauf suchten denn nun auch diese okkulten oder symbolischen Gesellschaften immer hinzuweisen, indem sie die Säu­le der Geburt, die der Mensch passiert, wenn er eintritt in das Leben der Tagseite, Jakim nannten. Sie müssen diese Säule letzten Endes am Himmel suchen. Und dasjenige, was während des Lebens Zwi­schen dem Tod und einer neuen Geburt Außenwelt ist, sind die Wahrnehmungen des über die ganze Welt verbreiteten Tastsinnes, wo wir nicht tasten, sondern getastet werden, wo wir fühlen, wie uns die geistigen Wesen überall ber ühren, während wir hier das andere berühren. Während des Lebens zwischen Tod und neuer Geburt leben wir in der Bewegung darinnen, so daß wir diese Bewe­gung so fühlen, wie wenn hier in uns ein Blutkörperchen oder ein Muskel seine Eigenbewegung fühlen würde. Im Makrokosmos fühlen wir uns, uns bewegend zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, das Gleichgewicht fühlen wir, und im Leben des Ganzen fühlen wir uns darinnen. Hier ist unser Leben in unserer Haut al> geschlossen, dort aber fühlen wir uns im Gesamt-, im All-Leben drinnen und fühlen uns in jeder Lage uns selbst unser Gleichgewicht gebend. Hier gibt uns die Schwerkraft der Erde und unsere besonde­re Körperkonstitution das Gleichgewicht, und wir wissen eigentlich in der Regel nichts davon. Jederzeit fühlen wir das Gleichgewicht in dem Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Das ist eine unmittelbare Empfindung, die andere Seite des Seelenlebens. Der Mensch tritt durch Jakim in das Erdenleben ein, versichernd durch

Jakim: Dasjenige, was draußen im Makrokosmos ist, das lebt jetzt in dir, du bist jetzt ein Mikrokosmos, denn das heißt das Wort «Jakim»: In dir das über die Welt ausgegossene Göttliche.

Boas, die andere Säule: der Eintritt durch den Tod in die geistige Welt. Dasjenige, was mit dem Worte Boas zusammengefaßt ist, be­deutet ungefähr: Das, was ich bisher in mir gesucht habe, die Stärke, die werde ich ausgegossen finden über die ganze Welt, in ihr werde ich leben. - Aber man kann solche Dinge nur verstehen, wenn man durch geistige Erkenntnis in sie eindringt. In den symbolischen Brüderschaften werden sie symbolisch angedeutet. Mehr werden sie

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angedeutet in unserem fünften nachatlantischen Zeitraum aus dem Grunde, damit sie nicht der Menschheit ganz verloren gehen, damit später wiederum Menschen kommen können, die dasjenige, was dem Wort nach aufbewahrt ist, auch verstehen werden.

Aber sehen Sie, alles dasjenige, was sich äußerlich in unserer Welt darlebt, das ist auch wiederum ein Abbild desjenigen, was im Makrokosmos draußen vorhanden ist. Wie unser Seelenleben ein Mikrokosmos ist, in dem Sinne, wie ich es Ihnen angedeutet habe, so ist auch das Seelenleben der Menschheit gewissermaßen aus dem Makrokosmos hereingebildet. Und für unsere Zeit ist es sehr bedeut­sam, gewissermaßen die zwei Abbilder der beiden Säulen, von denen ich gesprochen habe, in unserer Geschichte geliefert zu bekommen. Diese Säulen stellen das Leben einseitig dar, denn nur im Gleichge­wichtszustand zwischen den beiden ist das Leben. Weder ist Jakim das Leben, denn es ist der Übergang von dem Geistigen zum Leibe, noch ist Boas das Leben, denn es ist der Übergang vom Leibe zu dem Geist. Das Gleichgewicht ist dasjenige, worauf es ankommt. Und das verstehen die Menschen so schwer. Die Menschen suchen immer die eine Seite, immer das Extrem, sie suchen nicht das Gleich­gewicht. Deshalb stehen gewissermaßen zwei Säulen wirklich auch für unsere Zeit aufgerichtet, aber wir müssen, wenn wir unsere Zeit richtig verstehen, mitten durchgehen, uns weder die eine Säule, noch die andere Säule gewissermaßen zu der Grundkraft der Mensch­heit zurechtphantasieren, sondern mitten durchgehen! Wir müssen schon wirklich dasjenige, was in der Realität vorhanden ist, auf­fassen, nicht in jenem gedankenlosen Leben hinbrüten, in dem der heutige Materialismus hinbrütet. Suchen Sie die Jakim-Säule heute, so haben Sie sie in unserer Gegenwart, die Jakim-Säule ist vorhan­den in einem sehr bedeutenden Mann, der jetzt nicht mehr lebt, der schon gestorben ist, aber sie ist vorhanden: Sie ist vorhanden im Tolstoiismus.

Bedenken Sie, daß in Tolstoi ein Mann aufgetreten ist, der im Grunde genommen alle Menschen ablenken wollte von dem äuße­ren Leben, ganz auf das Innere verweisen wollte - ich habe in den er­sten Zeiten unserer anthroposophischen Bewegung über Tolstoi gesprochen -,

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der ganz verweisen wollte auf dasjenige, was im Innern des Menschen nur vorgeht. Also den Geist in dem äußeren Wirken sah Tolstoi nicht, eine Einseitigkeit, die sich mir insbesondere cha­rakteristisch ausgesprochen hat, als ich dazumal - es war einer der allerersten Vorträge der allerersten Jahre, die hier gehalten worden sind - über Tolstoi sprach. Dieser Vortrag konnte Tolstoi dazumal noch durch eine uns befreundete Seite gezeigt werden. Tolstoi ver­stand die ersten zwei Drittel, das letzte Drittel nicht mehr, weil da gesprochen war über Reinkarnation und Karma; das verstand er nicht. - Er stellte die Einseitigkeit dar, das vollständige Abdämpfen des äußeren Lebens. Und wie unendlich schmerzlich empfindet man es, daß er eine solche Einseitigkeit darstellt! Man denke sich den un­geheuren Kontrast, der da besteht zwischen den Tolstoischen An­schauungen, von denen ein großer Teil der Intellektuellen Rußlands beherrscht ist, und demjenigen, was sich jetzt in diesen Tagen wie­derum von dort herüberwälzt. Oh, es ist einer der furchtbarsten Kontraste, die nur zu denken sind! Das ist Einseitigkeit.

Die andere, die Boas-Säule, kommt auch geschichtlich zum Aus­druck in unserer Zeit. Sie stellt ebenso eine Einseitigkeit dar. Es ist das Suchen der Geistigkeit allein in der äußeren Welt. Vor einigen Jahrzehnten trat es auf in Amerika drüben, wo, ich möchte sagen, der Antipode Tolstois zum Vorschein kam in Keely, vor dessen Seele das Ideal stand, einen Motor zu konstruieren, der nicht durch Dampf, nicht durch Elektrizität, sondern durch jene Wellen bewegt wird, die der Mensch selbst erregt in seinem Ton, in seiner Sprache. Denken Sie sich einen Motor, der so eingerichtet ist, daß er durch je­ne Wellen, die man erregt im Sprechen etwa, oder überhaupt als Mensch erregen kann mit seinem seelischen Leben, in Bewegung gesetzt wird. Es war noch ein Ideal, Gott sei Dank, daß es damals ein Ideal war, denn was wäre dieser Krieg geworden, wenn wirklich die­ses Keelysche Ideal sich dazumal verwirklicht hätte! Verwirklicht sich das einmal, dann wird man erst sehen, was das Zusammenstim­men der Schwingungen in äußerer motorischer Kraft bedeutet. Das ist die andere Einseitigkeit. Das ist die Boas-Säule. Zwischen beiden muß durchgegangen werden.

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In den Symbolen, die aufbewahrt sind, ist viel, viel enthalten. Unsere Zeit ist dazu berufen, diese Dinge zu verstehen, in diese Din­ge einzudringen. Der Kontrast, der einmal empfunden werden wird zwischen allem wahrhaft Geistigen und demjenigen, was sich heran­wälzen wird, wenn der Keelysche Motor Realität sein wird, vom Westen, das wird noch ein ganz anderer Kontrast sein als derjenige, der da besteht zwischen Tolstois Anschauungen und dem, was sich vom Osten heranwälzt. Oh, darüber kann nicht weiter gesprochen werden!

Aber es ist notwendig, daß wir uns nach und nach ein wenig in die Geheimnisse des Werdeganges der Menschheit vertiefen, daß wir einsehen, wie wirklich in der Menschenweisheit durch die Jahrtau­sende hindurch symbolisch oder sonst dasjenige ausgedrückt ist, was einmal in verschiedenen Stufen Realität wird. ...

Der Spiegel1)

Aus einer Instruktionsstunde ohne Orts- und Datumangabe

Wenn der Mensch sein Spiegelbild sieht, sieht er sich in Wahrheit nicht. Denn das, was er sieht, ist nicht in Wahrheit der Mensch. Gei­stig ist der Mensch außerhalb seiner physischen Wesenheit. Was er sieht, sind die geistig reflektierten Strahlen, die aus der geistigen Welt auf ihn fallen. Der Mensch reflektiert geradeso das Geisteslicht, wie ein Gegenstand das Sonnenlicht reflektiert. Was der Mensch von sich im Spiegel sieht, ist eine Spiegelung seines wahren Wesens. Alles um uns herum ist Spiegelung der geistigen Welt. In Urzeiten, vor dem sogenannten Sündenfall, hat der Mensch nicht nach außen geschaut wie jetzt. Da hat er innerlich geistig gesehen. Das geschah so: Er atmete ein eine geistige Substanz, die um ihn herum war. Dann hatte er in sich das, was vorher außen war: die

1) Figurierte im Ritual zur Beförderung in den 2.°.

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geistige Substanz. Diese spiegelte sich dann in ihm. Zum Beispiel da, wo später das Auge entstand, war ein kleines geistiges Licht, und so weiter. Dadurch erhielt er innere Erkenntnisse. Nach außen sah er nichts. Und so war es mit allen späteren Sinnen. Das war der Para­dieseszustand des Menschen. Dies innere Paradies verlor er durch die luziferische Einwirkung. Da erst begann er sich als physisches Wesen - von außen - zu sehen, als seine Augen nach außen aufgetan wurden. Und er schämte sich dessen vor Gott, in dem er vorher geweilt hatte. Er war wie seelisch nackt vor der Gottheit geworden.

Die vier elementarischen Wesensarten 1)

München, 12. Dezember 1906

Die vier elementarischen Wesensarten, die den Weltenraum durch-fluten, heißen:

1. Gnomen, die in der Erde leben.

2. Undinen, die im Wasser sich verkörpern.

3. Sylphen, die wir uns in der Luft und

4. Salamander, die wir uns im Feuer lebend zu denken haben.

Instruktionsstunde Basel, 24. September 1912

Es versteht sich von selbst, daß wir, wenn wir während längerer Zeit unserer okkulten Entwickelung obgelegen sind, in dem Sinne, daß wir im richtigen Geist unsere Übungen und Meditationen verrichtet haben, auch einmal an den Punkt gelangen müssen, wo uns ein Ein­blick in die geistige Welt gewährt wird. Dieser Moment wird für

1) Durch welche Symbole diese ausgedrückt waren, ist nicht überliefert.

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einen jeden Menschen einmal eintreten, wenn wir mit dem wahren Ernst und mit wahrer Hingabe alles auf uns wirken lassen, was uns hier als Ritual und Symbole vor Augen geführt wird, in Zusammen­hang mit unseren täglichen Übungen. Für den einen kommt er frü­her, für den andern später, aber für jeden Menschen wird er einmal da sein.

Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert war es sehr schwierig, in die geistigen Welten hineinzugelangen. Man konnte es damals nicht viel weiterbringen als zu gewissen Imaginationen, die zwar eine Empfindung, ein Gefühl für höhere Daseinswelten gaben, aber keine unmittelbaren Offenbarungen aus der geistigen Welt vermittelten. In unserer Gegenwart, seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts war es aber noch viel schwieriger, den Ruck zu vollziehen, der den Menschen aus seinem physischen Leibe in die geistige Welt hinein-bringt. Wenn er es aber einmal vollbracht hat, so aufzusteigen, dann ist es heute leichter als früher, in der geistigen Welt vieles zu erleben.

Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts werden die Menschen anfangen, ihre schlummernden Organe zu entwickeln und durch diese wird sich ihnen zunächst dasjenige offenbaren, was unmittelbar über der physisch-sinnlichen Welt gelegen ist, was sich uns durch die Natur ankündigt. Man wird sich zum Beispiel am Meer befinden oder sonst irgendwo in der Nähe von Wasser; dann wird man sich das Wasser anschauen und es nicht mehr nur äußerlich beschreiben als eine Zusammensetzung von Wasserstoff und Sauerstoff, sondern man wird die Natur des Wassers ganz anders empfinden. Man wird in ihm erkennen eine riesige Summe von Elementarwesen, die das Wasser durchdringen und im Grunde das Wasser sind. Denn das Wasser ist der Schauplatz, das Seelenelement dieser Elementarwesen. Daraus ist auch das Wort «Element» entstanden.

Diese Elementarwesen haben ihr Dasein im Wasser und sie verge­hen auch wiederum in ihm, nämlich wenn ein anderes Element, das «Feuer» dazutritt. Die Wärme bewirkt einen Austrocknungsprozeß und läßt das Wasser in Form von Nebeldampf oder Feuchtigkeit oder auch Wolken aufsteigen. Bei diesem Vorgang bemerkt der Hellseher, wie die Elementarwesen wie abgelähmt, ja gleichsam getötet

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werden. Wird das Wasser aber wieder abgekühlt oder bilden sich die aufsteigenden Nebelmassen wieder zu dichten Wolken, aus denen der Blitz schlägt, der Regen auf die Erde stürzt, dann schaut er, wie diese Wesen gleichsam wieder aufleben, ja sogar neu entstehen. Bei dem Ablähmungs und Sterbeprozeß, der beim Erhitzen und Verdampfen von Wasser stattfindet, geben diese Elementarwesen gleichsam Samen von sich, die wiederum aufsprießen bei der Ab-kühlung und Verdichtung des Wassers. Unzählige Mengen von Ge­burten von Elementarwesen sind verbunden mit einem auf die Erde herabströmenden Regen, und wir können darin den wohltätigen Einfluß dieser neuentstehenden Wesen erleben.

Wie wohltätig und lebenspendend das Wasser auf den mensch­lichen Organismus wirken kann, davon hat die Heilkunst in den letzten Jahrzehnten den besten Beweis geliefert, aber sie hat auch erfahren müssen, daß diese Kraft, zuviel oder falsch angewendet, zu Schaden führen kann. Wo warmes (heißes) Wasser zur Verwendung kommt, ist das Bedürfnis vorhanden, die Wirkung der Elementar-wesen zu betäuben oder aufzuheben. Beim Gebrauch von kaltem Wasser ist das Bedürfnis, die Leben-reizende Kraft all dieser im Entstehen begriffenen Wesen zu empfinden.

Noch manches andere wird der hellsichtig Gewordene bemerken. Für ihn werden die Wolken, die für das gewöhnliche Auge bei einem Gewitter als schwarze, unheilkündende, zusammengepreßte Wolken da sind, wie leuchtende, hellglänzende Wolken erscheinen. Und wenn aus der Regenwolke der Blitz schlägt und der Regen herab-strömt, dann schaut er das als Licht, das auf die Erde strömt. Das ist es, was die alten Menschen erlebten als das Trinken des Soma­trankes. Sie hatten einen Zusammenhang mit der elementarischen Welt, und für sie kam mit dem Regen das Licht auf die Erde herab.

Der Hellseher schaut noch andere Elementargeister, Wesen, die wiederum auf einer anderen Entwickelungsstufe stehen. Diese Wesen erfüllen die Luft, die wir mit jedem Atemhauch einatmen und die wir (ohne uns dabei auf chemische Begriffe festzulegen) wiederum ausatmen als ein Totes, wenn sie von uns verbraucht ist. Für die gewöhnliche

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Wahrnehmung ist die eingeatmete Luft die lebende Luft und die ausgeatmete die Todes- oder tötende Luft. Geistig angeschaut ist aber die Einatmung der Tod der Elementarwesen der Luft, und mit der Ausatmung leben sie wiederum auf. So durchziehen diese Wesen unseren ganzen Organismus und sie haben von allem Anfang an mitgearbeitet an dessen Aufbau.

Jetzt wollen wir uns die Frage vorlegen, welche besondere Auf­gabe in der Entwickelung diese Elementarwesen des Wassers haben und welche diejenigen des Luftelementes. In lang vergangenen Ent­wickelungsepochen, als der Mensch noch eine ganz andere Zusam­mensetzung seiner höheren Glieder hatte als jetzt, wirkten diese Elementarwesen auch noch ganz anders. Der Mensch hatte damals noch nicht, was wir die Sprache nennen. In den Atmungsorganen liegen ja eingeschaltet die Sprachorgane, die uns die Sprache ermög­lichen. Der Mensch gebraucht die Sprache, um sein Seelisches zum Ausdruck zu bringen oder auch nur für die Konversation, aber das ist nur so im materialistischen Zeitalter, wie wir es jetzt durchleben. In dem Zeitalter, das unserem materialistischen vorangegangen ist, waren die Sprachorgane zu gleicher Zeit Wahrnehmungsorgane. Die Sprache nun ist dadurch entstanden, daß die Wasser-Elementar-wesen, während sie in die Keimesorgane (Keimanlage) des Kehl-kopfes eindrangen, diese langsam und allmählich zum Sprachorgan verwandelten, wie es heute ist.

Die Menschen der damaligen Zeit machten sich noch nicht durch Worte verständlich, so wie wir jetzt miteinander verkehren. Da sie noch im Besitz des alten Hellsehens waren, schauten sie in die geisti­ge Welt, in die Welt der Elemente. Und sie erlebten die schwirren-den Elementarwesen um sich herum, während sie Laute wie unsere Vokale A, I, U aussprachen, indem sie aus ihrem Innern erklingen ließen, was sie in Bildern erlebten. So drückten sie auch ihre Emp­findungen und Gefühle aus, wenn zum Beispiel dasjenige, was sie schauten, ihnen Sympathie oder Antipathie einflößte. So auch, wenn sie das Wort Tao aussprachen, das durch die ganze Natur hin­durchklang; dann wußten sie von dem Großen Geist, der Ursache alles Seienden.

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Dieses Wort, das also zugleich geistige Wahrnehmung war, ist ver­lorengegangen, seit Atmungs- und Sprachorgane mehr unabhängig voneinander geworden sind, als sie damals waren.

[Hier endet diese Nachschrift. In einer anderen schließt noch folgendes an:]

Nicht nur in den Lungen haben wir einen Atmungsvorgang, son­dern auch in den Augen. Nur daß dort keine Luft ein- und ausgeat­met wird, sondern Wärme. Wenn wir eine rote Farbe sehen, wird Wärme ausgeatmet (rot, orange, gelb). Wird eine kalte Farbe wie Blau, Indigo, Violett wahrgenommen, dann atmet das Auge ein. Dasjenige, was den Augen ätherisch zugrundeliegt - so wie Luft der physischen Lunge zugrundeliegt -, ist Wärme und wird ein- und ausgeatmet. Im Grunde ist jedes Sinnesorgan ein Atmungsorgan.

Höhere Wesen, die unmittelbar über den Menschen stehen, haben weder solche Augen, noch eine solche Sprache wie der Mensch. Sie richten irgendwo Wärme hin und an der Stelle leuchtet eine Farbe auf. Dadurch drücken sie ihr Wesen aus und so reden sie miteinan­der. Wer die Farben jemals so in ihrer lebendigen Gestalt wahrge­nommen hat, der empfindet Schmerz, wenn er die festen Farben sieht, die an den physischen Gegenständen haften - so wie über­haupt die ganze physische Welt ihn schmerzt anfänglich. Der Schmerz hört erst auf, wenn man lernt, die Farben moralisch zu empfinden. Dann empfindet man im Rot die Bestrafung des Egois­mus, im Blau die Belohnung für die Überwindung des Egoismus. Dann fangen die Farben an, eine Sprache zu sprechen, die auch die zukünftige Sprache der Menschen sein wird.

In dem Maße, wie die Menschen sich dem Jupiterdasein nähern, wird ihr Sprechen immer mehr zugleich ein Wahrnehmen werden; dann wird Atmungs- und Sprachorgan nicht mehr so getrennt sein wie heute. Auch das Sehen und die Wärmeempfindung werden sich vereinigen. Es war notwendig für die Entwickelung des selbständi­gen Ich, daß diese Prozesse eine Zeitlang getrennt waren. Wäre das nicht geschehen, dann würde der Mensch zwar immer wahrgenom­men haben, was in seiner Umgebung geschieht, aber nicht zum Selbstbewußtsein gekommen sein. In der Zukunft wird man anfangen,

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einen Zusammenhang zu empfinden zwischen dem gesproche­nen Worte und den Farben. Man wird Grün empfinden, wenn von gleichgültigen Dingen geredet wird; Gelb wird auftauchen, wenn man egoistisch spricht; Rot wird da sein, wenn der Egoismus be­kämpft wird.1)

Dieses Einswerden der Organe erreicht man im Grunde nur im Verständnis von dem Mysterium von Golgatha. Nur das kann uns befähigen, die ganze Natur moralisch zu empfinden. Wenn man dann aufschaut zu den Wolken und den Blitz daraus hervorschießen sieht, dann wird man darin den Christus sehen können in seiner Äthergestalt. Mit den «Woiken», das heißt mit den Elementen, kommt er in seiner Geistgestalt. Dieses Gesicht wird einmal für jeden Menschen auftreten, sei es früher oder später. Nur der Vater weiß Tag und Stunde - wie das Evangelium sagt.2)

Das Buch des Thot (Tarot)3)

Aus Instruktionsstunde München, 12. Dezember 1906

Das Buch des Thot bei den Ägyptern bestand aus 78 Karten, die die Weltengeheimnisse enthielten. In der ägyptischen Einweihung kannte man dieses sehr wohl. Die Karten zum Kartenspiel rühren davon her. Die Bezeichnung König, Ritter, Turmwächter, Feldherrn sind okkulte Bezeichnungen.

1) In Notizen von einer anderen Hand heißt es: Die rote Farbe wird empfunden werden wie die Strafe für das Schlechte, das überwunden werden soll; das Gelb aeigt an das Egoistische des Menschen, das Blau das Himmlische, das uns vorschwebt.

2) In den gleichen Notizen von anderer Hand heißt es am Schluß: «Heiliger Dienst oder Eso­terik führt allmählich zum Schauen. Wenige werden nur durch Gnade, als Auserwählte, zum Schauen durch den Christus berufen, die anderen müssen sich durch Meditation und durch heiligen Dienst dazu entwickeln. Tag und Stunde für jeden weiß nur der Vater allein, aber sie wird für jeden kommen. Im Urbeginne war das Wort und das Wort war bei Gott und ein Gott war das Wort.»

3) In welcher Weise die Tarotkarten verwendet wurden, ist nicht überliefert.

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Aus Vortrag Berlin, 17. Dezember 1906

Diejenigen, die eingeweiht waren in die ägyptischen Mysterien, verstanden das Zeichen

#Bild s. 362

(das Symbol für Tarot) zu lesen Sie verstanden auch das Buch Thot zu lesen, das aus 78 Kartenblättern bestand, in welchen alle Welt-geschehnisse vom Anfang bis zum Ende, von Alpha bis Omega, verzeichnet waren und die man lesen konnte, wenn man sie in der richtigen Reihenfolge verband und zusammensetzte. Es enthielt in Bildern das Leben, das zum Tode erstirbt und wieder aufsprießt zu neuem Leben. Wer die richtigen Zahlen und die richtigen Bilder miteinander vereinen konnte, der konnte in ihm lesen. Und diese Zahlenweisheit, diese Bilderweisheit, wurde seit Urzeiten gelehrt. Sie spielte auch noch im Mittelalter eine große Rolle, zum Beispiel bei Raimundus Lullus, doch heute ist nicht mehr viel davon vorhanden.

Erläuterungen zur Tempellegende Die Tempellegende

#G265-1987-SE365 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

#TI

Erläuterungen zur Tempellegende

Die Tempellegende

#TX

«Der die Menschheitsevolution symbolisch deutende Teil>, wie er im ersten Grad vermittelt wurde.

Text nach Originalhandschrift Rudolf Steiners

Im Beginn der Erdenentwickelung stieg einer der Lichtgeister oder Elohim aus dem Sonnenbereich in den Erdenbereich und verband sich mit Eva, der Urmutter des Lebendigen. Aus dieser Verbindung entstand Kain, der erste der Erdenmenschen. Darauf bildete ein anderer aus der Reihe der Elohim, Jahve oder Jehova, den Adam; und aus der Verbindung des Adam mit Eva entstand Abel, des Kain Stiefbruder. Die Ungleichheit der Abstammung von Kain und Abel (geschlechtliche und ungeschlechtliche Abstammung) bewirkte Streit zwischen Kain und Abel. Und Kain erschlug den Abel. Abel war durch die geschlechtliche Abstammung, Kain durch den morali­schen Fall des Lebens in der geistigen Welt verlustig gegangen. Für Abel gab Jehova dem Elternpaar den Ersatzsohn Seth. Von Kain und Seth stammen zwei Menschentypen ab. Die Nachkommen Seths konnten in besonderen (traumhaften) Bewußtseinszuständen in die geistige Welt schauen. Die Nachkommen Kains waren dieses Schauens ganz verlustig gegangen. Sie mußten sich im Laufe der Generationen hindurch durch allmähliche Ausbildung der mensch­lichen Erdenkräfte zur Wiedererringung der spirituellen Fähigkeiten hinaufarbeiten.

Einer der Nachkommen Abel-Seths war der weise Salomo. Er hatte sich die Gabe traumhaften Hellsehens noch ererbt; ja hatte sie in einem besonderen Grade als Anlage mitbekommen; so kam es, daß seine Weisheit so weithin berühmt war, daß symbolisch von ihm berichtet wird, er habe auf einem Throne von Gold und Elfen­bein gesessen (Gold und Elfenbein Symbole der Weisheit).

Aus dem Kainsgeschlechte stammten Menschen, die sich im Laufe der Zeit immer mehr und mehr die Hinaufentwickelung der mensch­lichen Erdenkräfte angelegen sein ließen. Einer dieser Menschen war Lamech, der Bewahrer der T-Bücher, in welchen, soweit dies

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durch Erdenkräfte möglich war, die Urweisheit wiederhergestellt war, so daß diese Bücher den uneingeweihten Menschen unverstän& lich sind. Ein andrer Nachkomme der Kain-Menschheit ist Tubal-kain, welcher in der Bearbeitung der Metalle es weit brachte, ja die Metalle kunstvoll zu Musikinstrumenten zu formen verstand. Und als Zeitgenosse Salomos lebte Hiram Abiff oder Adoniram aus dem Kainsgeschlecht, der in seiner Kunst so weit gelangt war, daß diese unmittelbar an das Schauen der höheren Welten grenzte, eben noch eine dünne Wand gegen die Initiation für ihn zu durchstoßen war.

Der weise Salomo erdachte den Plan eines Tempels, der in seinen Formteilen symbolisch die Mensch heitsentwickelung zum Ausdruk­ke bringen sollte. Durch seine Traumweisheit konnte er die Gedan­ken dieses Tempels in allen Einzelheiten ersinnen; doch fehlte ihm die Kenntnis der Erdenkräfte zum wirklichen Bau, welche nur durch Ausbildung der Erdenkräfte im Kainsgeschlecht zu erringen waren. Es verband sich deshalb Salomo mit Hiram-Abiff. Dieser baute nun den die Menschheitsentwickelung symbolisch ausdrückenden Tempel.

Salomos Ruhm war gedrungen bis zur Königin von Saba, Balkis. Diese begab sich eines Tages an den Hof Salomos, um diesen zu ehe­lichen. Es wurden ihr alle Herrlichkeiten des salomonischen Hofes gezeigt; auch der gewaltige Tempel. Sie konnte aus den Vorstellun­gen heraus, die sie bis dahin gewonnen hatte, nicht begreifen, wie ein Baumeister, der nur menschliche Kräfte zur Verfügung hatte, so etwas habe leisten können. Sie hatte ja nur erfahren, daß die Führer von Arbeitern durch den Besitz von atavistischen magischen Kräften genügende Scharen von Arbeitern hatten zusammenführen können, um die alten gewaltigen Bauten aufzuführen. Sie verlangte den ihr seltsam-merkwürdigen Baumeister zu sehen. Als er ihr begegnete, machte sein Auge sogleich einen tief bedeutsamen Eindruck auf sie. Dann sollte er ihr zeigen, wie er durch bloße Menschen-Verabredung die Arbeiter führe. Er nahm seinen Hammer, bestieg einen Hügel, und auf ein Zeichen mit dem Hammer eilten große Scharen von Arbeitern herbei. Die Königin von Saba merkte, daß Menschen-Erdenkräfte zu solcher Bedeutung sich entwickeln können.

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Bald darauf erging sich die Königin mit ihrer Amme (Amme steht symbolisch für eine prophetische Person) vor den Toren der Stadt. Sie begegneten Hiram Abiff. In dem Augenblicke, als die beiden Frauen den Baumeister erblickten, flog aus den Lüften der Vogel Had-Had auf den Arm der Königin von Saba.

Die prophetische Amme deutete dieses dahin, daß die Königin von Saba nicht für Salomo, sondern für Hiram Abiff bestimmt sei. Von diesem Augenblicke an dachte die Königin nur mehr daran, wie sie das Verlöbnis mit Salomo lösen könne. Es wird weiter erzählt, daß nun «im Rausche» dem König der Verlobungs-«ring» vom Fin­ger gezogen wurde, so daß sich nun die Königin für die dem Hiram Abiff bestimmte Braut betrachten konnte. (Es liegt das Bedeutungs­volle diesem Zug der Legende zugrunde, daß in der Königin von Saba zu sehen ist die alte Sternenweisheit, die bis in jene Zeitepoche verbunden war den alten atavistischen Seelenkräften, die in Salomo symbolisiert sind. Die okkulten Legenden drücken in den Symbolen von weiblichen Personen die Weisheit aus, welche sich mit dem männlichen Teil der Seele vermählen kann. Mit der Zeit Salomos ist die Epoche eingetreten, in welcher diese Weisheit übergehen soll von den atavistischen alten Kräften an die neu erworbenen Erden-Ich-Kräfte. Der «Ring» ist immer das Symbol des «Ich». Salomo wird noch im Besitz eines nicht voll-menschlichen Ich gedacht, son­dern eines solchen, welches nur der Widerschein ist des «höheren Ichs» der Engel im atavistischen Traum-Hellseher-Bewußtsein. Der «Rausch» deutet darauf hin, daß dieses Ich wieder verloren wird innerhalb der halbbewußten Seelenkräfte, durch die es erworben ist. Hiram ist erst im Besitze eines real-menschlichen «Ich».)

Von diesem Zeitpunkte an ergreift den König Salomo eine heftige Eifersucht gegen seinen Baumeister. Es haben es daher drei verräteri­sche Gesellen leicht, das Ohr des Königs für eine Tat zu finden, durch welche sie Hiram Abiff verderben wollen. Sie sind dessen Gegner, weil sie von ihm zurückgewiesen werden mußten, als sie den Meister-grad und das Meisterwort verlangten, für die sie nicht reif sind.

Diese drei verräterischen Gesellen beschließen nun, dem Hiram Abiff das Werk zu verderben, das er als die Krönung seines Wirkens

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am Hofe Salomos vollbringen soll. Es ist dies der Guß des «Ehernen Meeres». Das ist ein aus den sieben Grundmetallen (Blei, Kupfer, Zinn, Quecksilber, Eisen, Silber, Gold) in solchen Maßverhältnissen hergestellter künstlicher Guß, der völlig durchsichtig ist. Die Sache war vollendet, bis auf einen allerletzten Einschlag, der vor versam­meltem Hof - auch vor der Konigin von Saba - gemacht werden sollte, und durch welchen die noch trübe Substanz bis zur völligen Klarheit sich umbilden sollte. Nun mischten die drei verräterischen Gesellen etwas Unrechtes in den Guß, so daß, statt daß sich dieser klärte, Feuerfunken aus ihm sprühten. Hiram Abiff suchte das Feuer durch Wasser zu beruhigen. Das gelang nicht, sondern die Flammen schlugen nach allen Seiten. Die versammelten Leute eilten nach allen Seiten auseinander. Hiram Abiff aber hörte aus den Flammen und der glühenden Masse eine Stimme: «Stürze dich in das Flammen­meer; du bist unversehrbar.» Er stürzte sich in die Flammen und merkte bald, daß sein Weg nach dem Mittelpunkte der Erde zuginge. Auf halbem Wege traf er seinen Vorfahren Tubalkain. Dieser führte ihn nach dem Erdmittelpunkte, wo sich der große Vorfahre Kain be­fand, in dem Zustande, wie er vor der Sünde war. Hier erhielt Hiram Abiff von Kain die Erklärung, daß die energische Entfaltung der menschlichen Erdenkräfte zuletzt zu der Höhe der Initiation führe, und daß die auf diesem Wege erlangte Initiation im Erdenverlaufe an Stelle des Schauens der Abel-Seth-Söhne treten müsse, das verschwin­den werde. Symbolisch wird die mutverleihende Kraft, welche Hiram Abiff von Kain erhält, dadurch ausgedrückt, daß gesagt wird, Hiram habe einen neuen Hammer von Kain erhalten, mit dem er an die Erdenoberfläche zurückkehrte, das Eherne Meer berührte und dadurch dessen völlige Durchsichtigkeit bewirken konnte. (Mit die­ser Symbolik ist dasjenige gegeben, was in gehöriger Meditation die innere Wesenheit der Menschenentwickelung auf der Erde zur Ima­gination erhebt. Das Eherne Meer kann als Symbol dessen gelten, was der Mensch geworden wäre, wenn nicht die drei verräterischen Kräfte in der Seele Platz gegriffen hätten: Zweifel, Aberglaube, Illu­sion des persönlichen Selbstes. Durch diese Kräfte ist die Erden­Menschheitsentwickelung zur Feuerentfaltung in der lemurischen

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Zeit gekommen, welche durch die Wasserentwickelung der atlanti­schen Zeit nicht gedämpft werden kann. Es muß vielmehr eine solche Entwickelung der menschlichen Erdenkräfte stattfinden, daß in der Seele der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird, der in Kain vor dem Brudermorde vorhanden war. Es können sich nicht die traumhaften Seelenkräfte der Kinder Abel-Seths gegen die Erden­kräfte halten, sondern nur die zur vollen realen Ich-Entwickelung kommenden Nachkommen Kains.)

Eine weitere Niederschrift der Tempellegende

Text nach Originalhandschrift Rudolf Steiners

[Der erste Teil fehlt]

Von dieser Zeit an entbrannte Salomo in Eifersucht gegen seinen Baumeister. Es fanden daher drei verräterische Gesellen an ihm Unterstützung, welche in ihrer Eitelkeit das Meisterwort und den Meistergrad von dem Baumeister verlangt hatten, die er ihnen nicht geben konnte, weil sie noch unreif dazu waren. Diese beschlossen, sich in der folgenden Art zu rächen.

Hiram Ab iff sollte als die Krönung seiner Arbeiten am Hofe Salo­mos das sogenannte Eherne Meer aufführen. Es sollte sein ein wun­dervoller Metallguß, in den hineingegossen waren alle Metalle der Erde in solcher Zusammenstimmung, daß ein herrliches harmoni­sches Ganze sich ergab. Alles daran war durch Hiram Abiff fertigge­stellt, bis auf den letzten Handgriff. Dieser sollte bei einem besonde­ren Fest vollzogen werden. Der ganze Hof war dazu versammelt, auch die Königin von Saba. Die drei verräterischen Gesellen meng­ten im entscheidenden Augenblicke einen unrechten Einschlag in den Guß; und statt, daß sich das Ganze zum harmonischen Ab-schluß brachte, sprühten Funken aus dem Guß heraus. Hiram Abiff suchte durch beigemengtes Wasser die Flammen zu beruhigen. Da aber entstiegen furchtbare Flammenmassen dem Guß. Alles stieb auseinander, was von Menschen versammelt war. Hiram Abiff aber

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hörte eine Stimme aus dem Feuer, die ihm sagte: fürchte dich nicht, stürze dich in die Flammen; du bist unversehrbar. Er stürzte sich in das Flammenmeer. Er merkte bald, daß sein Flug zum Erdmittel-punkte gehe. In der Mitte des Weges traf er Tubalkain, der ihn zu seinem Ahnherrn Kain in den Mittelpunkt der Erde führte. Kain war in der Gestalt vor der Sündenbegehung. Er gab Hiram Abiff ein neues T-Zeichen und sagte ihm, damit werde er, zur Oberfläche der Erde zurückgekehrt, den Guß wiederherstellen. Und von ihm werde ein Geschlecht ausgehen, das Adams Kinder auf der Erde besiegen und den großen Dienst des Feuers wieder einführen, sowie die Menschheit zum göttlichen Schöpferworte zurückführen werde.

Auch in diesem Teil der Legende liegt tiefer Sinn. Bevor der Mensch herabgestiegen ist aus dem Schoße der Gottheit in irdische Verkörperungen, war er in geistiger Umgebung, die er wahrnehmen konnte. Er hörte das göttliche Schöpferwort. Er verkörperte sich in den Metallmassen, die damals noch im Feuer flüssig waren. Bevor dies geschah, konnten drei Gesellen nichts ihm anhaben: Zweifel, Aberglaube und die Illusion des persönlichen Selbst. Zweifel konnte er nicht haben an der geistigen Welt, denn sie war ja um ihn. Aber­glaube konnte ihn nicht befallen, denn er sah das Geistige in seiner wahren Gestalt. Der Aberglaube besteht aber in der Vorstellung des Geistigen unter falscher Gestalt. Die Illusion des persönlichen Selbst konnte ihn nicht befallen, denn er wußte sich in der allgemeinen Geistigkeit; er war durch das Eingeschlossensein in seinen Körper noch nicht herausgetrennt aus dieser allgemeinen Geistigkeit. Hät­ten sich diese drei verräterischen Gesellen nicht an seine Fersen ge­heftet, es wäre sein Leib ein reiner harmonischer Zusammenhang der Stoffe geworden. Sie mischten den Einschlag hinein, der ihn das göttlich-geistige Schöpferwort vergessen machte. Der Guß wurde dadurch zerstört. Es stellt dann die Fahrt des Hiram Abiff zum Erd­mittelpunkte das Vordringen des Menschen auf dem okkulten Pfade vor. Dadurch gelangt die Menschheit wieder in den Besitz des T, des göttlichen Schöpferwortes, lernt die Menschennatur (Kain) kennen, wie sie vor dem Falle war und wie sie in Reinheit schaffen kann.

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Eine andere Imagination ist das Folgende:

#Bild s. 371

Das Auge ist das göttliche Kraft­auge hinter aller vergänglichen Wesenheit, ja noch hinter der sie­bengliedrigen Menschennatur. Man erlangt davon eine Vorstel­lung, wenn man sich erinnert an des Augustinus' Worte:

«Der Mensch sieht die Dinge; wie sie sind.

Sie sind, wie Gott sie sieht.»

Das menschliche Sehen ist passiv, die Dinge müssen da sein, damit der Mensch sie sehen könne. Gottes Schauen schafft im Hinschauen die Dinge. Das Dreieck um das Auge ist

Geistselbst (Manas)

Lebensgeist (Budhi)

Geistesmensch (Atma)

Die Strahlen sind das «Ich» - es scheint die obere Dreiheit durch das Ich in die unteren Glieder der Menschennatur.

Diese sind symbolisiert:

1. durch den beleuchteten Teil der Wolken: der Astralleib

2. durch den unbeleuchteten Teil der Wolken: der Ätherleib

3. durch die darumliegende Finsternis: der physische Leib.

Tempellegende und dieses Strahlenauge sollen für den :. bilden einen fortdauernden Meditationsstoff. Er soll sich immer wieder an diese erinnern; sie als Bilder (Imaginationen) im Geiste schauen. Dann wird er, wenn er die nötige Energie und Geduld darauf wen­det, gewahr werden, daß sie Kräfte und Fähigkeiten wecken, die in ihm schlummerten, und durch deren Erweckung er in die höheren Welten hineinschauen kann. Denn nicht durch tumultuarische, äußerliche Mittel gelangt der Mensch zu den übersinnlichen Wahr­nehmungsorganen, sondern durch solche intime Mittel wie die ge­nannten, die in innerer, ruhiger Seelenarbeit innerlich rastlos und energisch angewendet werden. -

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Sich aneignen Ausdrücke

für: rechter Winkel

Richtung (direction) abbiegen

wechselweise Buchstaben sprechen

heil. Wort

Paßwort

Schürze

Kelle und Kellenband.

Die auf und absteigenden Kräfteströmungen im Makrokosmos und im Mikrokosmos und die Tempellegende

Vermutlich handelt es sich hier um eine Niederschrift von Rudolf Steiner, von der jedoch die Originalunterlage fehlt. Text nach einer maschinengeschriebenen Vorlage.

Wenn man den Blick hinrichtet auf das Wesen der Entwickelung, so findet man überall, wo sich Leben offenbart, sei es in dem Gang der Weltentwickelung, sei es in der des einzelnen Menschen, zwei große Strömungen, die sich symbolisch darstellen als eine hinaufsteigende und eine herabgehende Linie, welche sich in der Zeit und im Raume offenbaren und sich ineinander verwandeln. Die Kräfte selber, wel­che diesen Strömungen zugrunde liegen, sind über alle Offenbarung hinaus und ragen so in dieselbe hinein, daß die ganze Entwickelung zwischen diesen eingesponnen ist. Sie schreitet durch diese zwei Linien hindurch wie durch eine Pforte.

In jedem planetarischen Entwickelungszustand der Erde, von ihrer ersten Verkörperung als altem Saturn an, sind diese beiden Kräfte tätig. Da gibt es einen Zeitraum, wo die hinaufstrebenden Kräfte hauptsächlich wirken, sie rufen einen Zustand des Erwa­chens, des Aufblühens hervor, bis auf einen gewissen Punkt, wo die

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Kräfte anfangen sich zu offenbaren, die mit dem Einschlafen, dem Absterben zusammenhängen. Immer entsteht zunächst eine Periode des Aufblühens, die dann ihren Höhepunkt erreicht, und darauf folgt eine Periode, wo sich alles wieder auflöst und ein Abbau des Ganzen vor sich geht. In jeder Entwickelungsperiode auf Erden ist dasselbe zu finden: da blüht etwas Neues auf, entfaltet sich bis auf eine gewisse Höhe, zerfällt dann und stirbt allmählich ab. Jeder Zu­stand auf Erden während einem gewissen Zeitraum ist so zu erklä­ren, daß ineinanderwirken und weben Kräfte, die aufblühen und solche die absterben, die, welche der hinaufsteigenden und die, wel­che der herabgehenden Linie angehören. Morgenröte und Abend-dämmerung und dazwischen die Mittagshöhe, da wo die beiden Kräfte sich verbinden und ineinander übergehen.

Von seinem Horizonte aus betrachtet, sieht der Mensch am Him­mel die Sterne aufgehen im Osten und immer höher steigen, bis sie im Süden ihren Zenith erreichen. Von da an sinken sie hinunter, bis sie im Westen untergehen. Und wenn auch im Westen die Sterne vor seinem Blick verschwinden, so muß er sich doch sagen: Der wahre Untergangspunkt liegt im Süden und fällt zusammen mit dem Höhepunkt, so wie der wahre Aufgangspunkt im Norden liegt und zusammenfällt mit dem Tiefpunkt, dem Nadir, denn von da aus fängt der Aufgang an. Es wird dadurch ein Kreislauf beschrieben, der zerteilt werden kann in zwei Hälften durch eine vertikale Linie, vom Süden nach dem Norden gehend. In dem Teil, in dem der Ost-punkt liegt, sind die aufsteigenden, in dem Teil, in welchem der Westpunkt liegt, sind die untergehenden Kräfte wirksam. Ost- und Westpunkt schneiden den Halbkreis mitten durch. Es sind die beiden Punkte, wo die Offenbarung der Kräfte anfängt und aufhört für das physisch-sinnliche Auge des Menschen. Sie bilden seinen Horizont. (Siehe Zeichnung auf Seite 387.)

Derselbe Kreislauf, welcher im Makrokosmos wahrnehmbar ist, kann wiedergefunden werden im physischen Leib des Menschen als der Blutkreis. Da wirken zunächst auch diejenigen Kräfte, die mit dem Aufblühen, dem Leben verwandt sind, im roten Blute, so wie es von dem Herzen herausfließt. Es offenbaren dann allmählich diejenigen

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Kräfte ihre Wirkung, die mit dem Absterben, dem Tod zu­sammenhängen, wenn sich das rote Blut in das blaue verwandelt. Man könnte diesen Blutkreis ebenso zerteilen in einen Halbkreis, welcher den aufsteigenden Kräften, und in einen, welcher den unter­gehenden Kräften angehört.

So ist es auch im Leben des Menschen. Während des Tages ist er tätig in der physisch-sinnlichen Welt, da lebt er seine Impulse aus und verbraucht die Kräfte, welche er sich im Schlaf während der Nacht aus dem Kosmos herausholt. So wie das rote Blut aus dem Herzen herausfließt, nachdem es durch den Sauerstoff, welchen er sich mit seinen Lungen aus der Außenwelt nimmt, erfrischt ist, so wacht der Mensch des Morgens auf mit neuen Kräften. Und so wie das rote Blut auf seinem Gang durch den physischen Körper die Le­benskräfte abgibt und allmählich zum blauen, toten Blut wird, so lebt auch der Mensch im Wachbewußtsein seine Kräfte aus und muß in den Zustand des Schlafes versinken, auf daß er neue Kräfte sammeln kann aus seiner Umwelt, dem Makrokosmos. Schlaf- und Wachzu­stand sind wie Ein- und Ausatmen der menschlichen Wesenheit. In der Nacht atmet sie neue Kräfte ein, die sie am Tage ausatmet.

Die Entwickelung der menschlichen Individualitat in einer physi­schen Verkörperung auf Erden verfällt auch diesen beiden Kräften, indem der Mensch bis an sein 35. Lebensjahr ungefähr die Glieder seiner Wesenheit aus sich selbst heraus entwickelt und sich dadurch immer mehr einlebt in die physisch-sinnliche Welt. Das ist wie ein Ausatmen seiner Wesenheit auf dem physischen Plan. Es folgt dann die Periode, wo der Mensch nichts Neues mehr heranbildet und an­fängt, sich immer mehr zurückzuziehen aus der physisch-sinnlichen Welt. Als physischer Mensch stirbt er allmählich ab, ein Einatmen seiner Wesenheit findet da statt. In der ersten Hälfte seines Lebens ist die Wirkung der aufbauenden Kräfte so überragend, daß immer ein Überschuß jener Kräfte vorhanden ist, daher wächst der Mensch in bezug auf sein Wesen als Erdenmensch. In der zweiten Hälfte aber sind die abbauenden Kräfte mehr tätig, dann bleibt immer et­was zurück, was nicht mehr erfrischt werden kann und dieses führt allmählich den Zerfall und den Tod des physischen Leibes herbei.

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Lange bevor der Mensch in einer physischen Verkörperung sein Leben als Erdenmensch anfängt, sozusagen an dem Horizont er­scheint, wird schon gebaut an seiner Wesenheit durch göttlich-geisti­ge Kräfte aus dem Makrokosmos. Dieses fing an bei dem Punkte, der am tiefsten unter dem Horizont liegt, dem Nadir. Als Mikrokos­mos geht er eigentlich im Ostpunkt auf, erlebt seinen Höhepunkt ungefähr im 35. Lebensjahr im Süden und geht unter mit dem Tode im Westen. Dann aber wirken auch noch lange an seinem Abbau göttlich-geistige Kräfte aus dem Kosmos.

So gehört der Halbkreis, der zwischen Ost- und Westpunkt liegt und du?ch den Süden geht, dem bewußten tätigen Leben des Mikro­kosmos an, und der Halbkreis, der von West nach Ost durch den Norden geht, dem Wirken der makrokosmischen Kräfte am Mikro­kosmos. Der erste ist deshalb für den Erdenmenschen die lichte Hälfte, da lebt und wirkt er selber mit dem wachen Tagesbewußt­sein. In der zweiten, der dunkeln Hälfte, wirkt alles an ihm im Un­terbewußten, weil er, während er schläft, kein Eigenbewußtsein hat. In beiden Hälften, sowohl in der lichten wie in der dunkeln, sind die aufbauenden und die abbauenden Kräfte wirksam. So wird der ganze Kreis in vier Teile geteilt und es entstehen, sowohl im Mikrokosmos wie im Makrokosmos, zwei rechte Winkel; einer, in welchem arbei­ten die Lebenskräfte, wie im roten Blute, und ein anderer, in dem die Todeskräfte wirken, wie im blauen Blute. Auch bei jeder kos­mischen Offenbarung, jedem planetarischen Entwickelungszu­stand der heutigen Erde entsteht eine Periode, wo die aufbauenden Kräfte überragen, und eine Periode, wo die abbauenden Kräfte mehr tätig sind, das Aus- und Einatmen in bezug auf physisch-sinnliche Offenbarung. So ist auch da ein Auf- und Untergang wahrzu­nehmen.

Bei der Entwickelung ist es so, daß vom Anfang an da, wo sich die aufbauenden Kräfte offenbaren, zu gleicher Zeit auch die abbauen­den Kräfte wirken, so wie in dem roten Blute in dem Momente, wo es das Herz verläßt, das ertötende Element zu wirken anfängt. In jedem Leben ist am Anfang schon der Todeskeim enthalten, obwohl seine Wirkung sich erst später zeigt. Der Aufgangspunkt ist zu gleicher

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Zeit der Tiefpunkt, wie der Höhepunkt Untergangspunkt ist. So ist es im Menschen und auch im Kosmos.

Weil vom Anfang an auch diese abbauenden Kräfte tätig sind, so verfällt vieles diesen Kräften schon bevor der bestimmte Höhepunkt für eine gewisse Entwickelung erreicht ist, bevor dasjenige errungen ist, was ausgebildet werden sollte. So bleibt dann immer etwas zu­rück, das dann eine neue Gelegenheit braucht, um sich weiter zu entwickeln. Wenn ein neuer Entwickelungszustand geschaffen wird, so ist [für] diesen wiederum ein bestimmter Höhepunkt festge­stellt, welcher eine Fortsetzung ist des vorhergehenden, denn auch da findet ein fortwährender Aufbau statt bis zu einem gewissen Punkte. Das Zurückgebliebene muß dann unter neuen Bedingungen dasjenige weiter ausbilden, was unter dem damaligen Entwicke­lungszustand nicht ereicht wurde. Wäre dies nicht der Fall, so würde jeder Entwickelungszustand auf sich selber stehen und, wenn er vor-bei wäre, so würde kein Anlaß da sein zu einem folgenden. Nun aber ist in einem Entwickelungszustand der Keim gelegt zu dem folgen­den durch dasjenige, was zurückgeblieben ist, es reiht diese Zustände aneinander.

Bei der Entwickelung der menschlichen Individualität zeigt es sich in den aufeinanderfolgenden Verkörperungen auf Erden. Da wird dasjenige, was sich in einer Verkörperung nicht dem bestimm­ten Höhepunkt der Vervollkommnung gemäß ausbildete, in folgen­den Erdenleben weiterentwickelt. So leben und weben zurückge­bliebene Kräfte vom Anfang an in das menschliche Leben hinein aus früheren Erdenleben. Während sich das Neue entwickelt, lebt das Alte darin mit, angepaßt an die veränderten Verhältnisse, weil auch für jede Verkörperung des Menschen der normal zu erreichende Hö­hepunkt verschieden ist. Wie etwas Dunkles, das sich dem Neuen, Aufblühenden entgegenstellt, lebt es sich in die neue Verkörperung ein. So ist es auch im Kosmos. Da zeigt es sich in den Wesen, die zu­rückbleiben bei jedem planetarischen Entwickelungszustand der heutigen Erde. Jndem sich diese Kräfte in den Gang der normalen Entwickelung hineinstellen als etwas, welches dieser Entwickelung nicht angehört, bilden sie ein Entgegengestelltes, das außerhalb des

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Normalen dieser Entwickelung liegt, eine Außenwelt für dasjenige, was sich in einer gewissen Periode als Normales entwickelt. So zer­teilt sich die Entwickelung in das, was drinnen lebt und aufblüht, und das, was sich hineindrängt aus früheren Zuständen und eigentlich außerhalb der Entwickelung liegt und eine absterbende Richtung hat.

Vom Anfang an offenbart sich beides in einer Entwickelungspe­riode, und in der Erdenentwickelung, welche die Verinnerlichung des Makrokosmos zum Mikrokosmos als den Aufbau der menschlichen Individualität als Aufgabe hat, gehört nur dasjenige zur hinaufstei­genden Linie, was in jedem [vorhergegangenen] planetarischen Zu­stand den bestimmten Höhepunkt der Entwickelung erreicht [hat]. Das andere verfällt den abbauenden Kräften, es verinnerlicht sich nicht allmählich zum Mikrokosmos, es bleibt zurück im Makrokos­mos. So wird durch die Wirkung der beiden Kräfte vom Anfange an eine Innenwelt und eine Außenwelt veranlagt. So gibt es Saturnwe-sen, die in dem Sonnenzustand noch tätig sind bei der Entwickelung des Physischen, ohne imstande zu sein, dasjenige zu erreichen, was Aufgabe für den Sonnenzustand ist, die Ausbildung des Ätherischen neben dem Physischen. In dem Mondenzustand wirken Wesen, die dann erst das Physische, und solche, die da das Ätherische ausbilden, während da die Aufgabe ist die Entwickelung des Astralischen. In dem Erdenzustand wirken Wesen, die da erst das Physische, solche, die da das Ätherische und andere, die da das Astralische ausbilden, während die normale Aufgabe ist die Entwickelung des Ich-Prinzi­pes in dem physischen, ätherischen und astralischen [Leib]. So gibt es auf jeder Stufe zurückgebliebene Wesen. Für diejenigen Wesen, die auf Erden das Ich-Bewußtsein entwickelten in den drei Hüllen, die Menschen, leben sich diese zurückgebliebenen Wesen aus als die physisch-sinnliche Außenwelt, ihre Umwelt auf Erden. Sie liegt au­ßerhalb der normalen Entwickelung, der des Menschen, und stellt sich ihm gegenüber als etwas, was nicht zu seinem Wesen gehört. Ein anderes Tempo hat es, indem es Ausdruck ist für dasjenige, was aus früheren Zuständen in die heutige Erdenentwickelung hinein-ragt. Es kann diese aber nicht ganz mitmachen und gehört der ab-steigenden Entwickelungslinie an.

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So wie sich physisch-sinnlich ausleben diese zurückgebliebenen Kräfte auf Erden als die Außenwelt in bezug auf das Menschliche, so ist auch im Geistigen die Wirkung von zurückgebliebenen Kräften zu erkennen. Auch da ragt hinein in die Arbeit derjenigen Wesen, welche den normalen Gang der Entwickelung für eine gewisse Pe­riode lenken und leiten, die Tätigkeit der zurückgebliebenen Wesen. Sie bilden ein Gegengewicht und eine Grundlage für die Wirkung der weiter fortgeschrittenen Wesen, und so wie der physisch-sinn­liche Mensch ohne seine Umwelt auf Erden nicht leben und sich entwickeln kann, so können die höher entwickelten Wesen ihre Arbeit nicht vollbringen, wenn nicht die zurückgebliebenen Wesen mit ihren Kräften sich ihnen entgegenstellen und so einen Gegensatz bilden. Daher muß es vom Anfang an Wesen geben, die vorzugswei­se wirken in den aufbauenden Kräften und solche, die sich in den ab­bauenden Kräften offenbaren. Zwischen diesen beiden Kräften nur kann eine Entwickelung vor sich gehen. So gab es Wesen, die sich immer mehr in die menschliche Individualität verinnerlichten und von innen nach außen ihre Kräfte offenbarten in den Taten des Menschen; sie erreichten den bestimmten Höhepunkt der Erdenent­wickelung, das Ausbilden des Ich-Bewußtseins in den drei mikrokos­mischen Hüllen. Sie lebten dann und offenbarten sich in der tätigen Arbeit der Ichkraft in der Außenwelt. Im menschlichen Ich, so wie es lebt in seinen drei Hüllen und seine Kraft ergießt in die Umwelt, wirken diese geistigen Wesen. Der Mensch empfindet sie während seines wachen Tageslebens, sie wirken, während er selbstbewußt sich auslebt im lichten Halbkreis. Diejenigen Kräfte des Lichtes und der Wärme, welche dem normalen Gang der Entwickelung gefolgt waren, wirkten im Menschen selber, sie hatten sich zum Mikrokos­mos verinnerlicht, von da aus strahlen sie in die Umwelt hinein. Aber auch im lichten Halbkreis gibt es einen Teil, der den aufbauen-den, und einen Teil, der den abbauenden Kräften angehört, östliche und westliche Hälfte. Diejenigen Kräfte, welche am Tage als Licht und Wärme von außen von der Sonne hineinstrahlen in die Erde, sind solche, die den Gang der Entwickelung in bezug auf das Verinnerli­chen der makrokosmischen Kräfte zum Mikrokosmos nicht mitgemacht

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haben. Schon während des Mondenzustandes, als Sonne und Mond sich trennten, waren diese Kräfte auf der Stufe der Sonnenent­wickelung geblieben; die weitere Entwickelung des alten Mondes machten sie nicht mit. Sie blieben im Makrokosmos, verinnerlichten sich nicht weiter zum Mikrokosmos.

Dieses wiederholte sich in dem Erdenzustand, als wiederum die Sonne sich abtrennte und ihr Licht von außen hineinstrahlte. Es ge­hört derjenige Weltenkörper, welchen wir als Sonne sehen, in bezug auf die mikrokosmische Entwickelung der absteigenden Linie an. Dasjenige, was sich im Mikrokosmos verinnerlicht hat an Sonnen-kräften, gehört zur aufsteigenden Linie. Alles, was sich um den Men­schen herum ausbreitet als Umwelt, sei es physisch, sei es geistig, ge­hört den Kräften an, welche abbauend sind, denn nur bis auf eine ge­wisse Stufe hat es sich verinnerlicht. Als [Umwelt] wirkt es dann mit an der Entwickelung, da wirkt es aujbauend von außen nach innen in den Mikrokosmos hinein. Dasjenige, was sich immer mehr zum Mikrokosmos verinnerlichte und so den ganzen Gang der Erdenent­wickelung mitmachte, gehört den aufbauenden Kräften an. Durch sie wird im Makrokosmos ein Mittelpunkt gebildet, von dem heraus Kräfte in die Umwelt hineinstrahlen, welche in abbauendem Sinn darin wirken zunächst, denn dieser Mittelpunkt entwickelt sich als Mikrokosmos auf Kosten seiner Umwelt. Aus der physischen Um­welt holt er sich seine Nahrung. In der geistigen Welt muß es ma­krokosmische Wesen geben, die in ihn als Nahrung neue Kräfte von außen hineinergießen, auf daß er sich weiter entwickeln kann.

Diejenigen Kräfte, welche den normalen Entwickelungsgang nicht mitmachten, sich nicht zum Mikrokosmos verinnerlichten, wirken während der Nacht im Menschen. Sie hatten die Ausbildung des Ich und des astralischen [Leibes] im Menschen nicht mitgemacht, sie waren da zurückgeblieben, deshalb können sie nur dann im Mikro-kosmos wirken, wenn sich das Ich und der Astralleib herausgetrennt haben, das ist während des Schlafzustandes. Im mikrokosmischen Ich und Astralleib hatten sie sich nicht verinnerlicht, da waren sie außer­halb, im Makrokosmos zurückgeblieben. Nun konnten sie sich aus dem Makrokosmos heraus nur verinnerlichen in einem Mikrokosmos,

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welcher bestand aus einem ätherischen und physischen Prinzip. Da sind sie wie eine Außenwelt, die sich so im Mikrokosmos verin­nerlicht, wie die Stoffe und Kräfte, welche dem Menschen zur Nah­rung dienen, aus der Außenwelt in ihn aufgenommen werden. Unterbewußtes Wirken, ohne das menschliche Ich-Bewußtsein kann nur stattfinden. Denn ebensowenig wie die Wesen, welche in der physisch-sinnlichen Umwelt des Menschen leben, ein individuelles Ich-Bewußtsein entwickelt haben, ebensowenig haben diese makro-kosmischen Wesen aus seiner geistigen Umwelt das Ich-Bewußtsein so ausgebildet wie der Mensch. Diese Kräfte gehören dem dunklen Halbkreis an. Es wechseln sich ab während Tag und Nacht die We­sen, welche den aufsteigenden und die, welche den hinuntergehen­den Kräften angehören, bei ihrer Arbeit am Mikrokosmos. Wäh­rend des Tages wirken in ihm die hinaufsteigenden Kräfte in seinem Ich-Bewußtsein, während der Nacht sind sie mit seinem Ich ausge­gossen im Makrokosmos. In der Nacht wirken im Mikrokosmos diejenigen Kräfte, welche sich während des Tages im Makrokosmos ergießen. Wenn der Mensch schläft, wacht der Makrokosmos in ihm, wenn der Mikrokosmos wacht, schläft der Makrokosmos um ihn herum.

Ein Ähnliches wie dasjenige, was geschah in der Entwickelung des alten Mondes, als Sonne und Mond sich trennten, und welches sich in der Erdenentwickelung wiederholt, findet statt, wenn sich der Mond aus der Erde heraustrennt. Auch da bleiben Wesen zu­rück aus der Mondenentwickelung, sie verfallen der hinuntergehen­den Entwickelungslinie, indem sie den bestimmten Höhepunkt der Erdenentwickelung nicht erreichen können. Dasjenige, welches während des Mondenzustandes dem normalen Gange gefolgt war und den entsprechenden Höhepunkt erreichte, konnte nun die Ich-kraft in sich aufnehmen und weiter im Mikrokosmos ausbilden. Dasjenige aber, was damals zurückblieb, mußte während des Erden-zustandes noch Astralisches ausbilden, es hatte sich nicht entspre­chend verinnerlicht und konnte nur als Mondenhaftes von außen einwirken in den Mikrokosmos. Die zurückgebliebenen Wesen aus der Mondenentwickelung konnten nicht bis in die Ichkräfte des

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Erdenmenschen wirken, sie wirken in dem Tagesbewußtsein des Menschen bis in seinen Astralleib. Den Höhepunkt der Erdenent­wickelung machen sie nicht mit, sie gehören zu den Kräften der hin-untergehenden Linie. Ihre Wirkung in die Erdenentwickelung tritt da auf, wo das Aufblühen der Ichkraft anfängt. Das war in der lemu­rischen Zeit, wo das Ich im Mikrokosmos verinnerlicht wird, und die Wirkung der zurückgebliebenen Kräfte aus dem Mondenzustand, der luziferischen Wesen, im Astralleibe des Menschen anfängt.

Neben dem neuen in der Entwickelung tritt dasjenige auf, was als altes hineinragt aus dem vorhergehenden Zustand. Beides entwik­kelt sich eine Zeitlang nebeneinander, dann kommt der Moment, wo das alte hinsterben muß, indem sich das neue weiter entfaltet.

Die Entwickelung derjenigen Kräfte, welche sich in dem Erden-zustand ausbilden sollten, und derjenigen, welche einem früheren Zustand angehören und ihre Entwickelung unter neuen Bedingun­gen weiter verfolgen und deshalb zunächst auf ihrer Stufe eine grö­ßere Ausbildung haben als dasjenige, was erst anfängt, wird symbo­lisch dargestellt in der Tempellegende Es wird darin erzählt: Einer der Elohim stieg hinunter, ehelichte Eva, die Erdenmutter, und aus dieser Verbindung entstand Kain, der erste Erdenmensch. Ein ande­rer der Elohim schuf Adam und aus der Verbindung des Adam mit Eva entstand Abel.

Der Kain-Mensch ist der Sohn göttlich-geistiger Kräfte, die so ein-wirkten in die Erdenentwickelung, daß sie hervorbringen konnten einen Mikrokosmos, in welchem sich die makrokosmischen Kräfte verinnerlichten. Er gehört denjenigen Kräften an, welche während der Erdenentwickelung den bestimmten Höhepunkt erreichen konn­ten, indem sie die Ichkraft im Menschen veranlagten und später ausbildeten.

Der Abel-Mensch gehört anderen makrokosmischen Kräften an. Sie konnten in ihm die Ichkraft nicht so direkt verinnerlichen. Durch die Vermittelung zweier Menschen wirkte der Makrokosmos ein. Er war nicht so direkt ein Träger der makrokosmischen Kräfte wie der Kain-Mensch. Sie wirkten mehr von außen auf ihn ein, nicht in ihm, sondern durch die Vermittelung zweier Menschen. Er mußte

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durch die Geschlechtlichkeit hindurchgehen. Der Abel-Mensch ge­hört denjenigen Kräften an, welche aus einer früheren Entwickelung hineinragen in den Erdenzustand. In ihm wirken aus der Monden­entwickelung zurückgebliebene Kräfte, welche damals nicht den entsprechenden Höhepunkt erreichten und sich deshalb auf Erden nicht weiter verinnerlichen können im Mikrokosmos als bis zum astralischen Leibe. Sie konnten daher nur durch die Vermittelung eines Menschenpaares schöpferisch einwirken in der Erdenentwik­kelung. Es mußte dasjenige, was sie schöpferisch bewirkten, durch die Geschlechtlichkeit gehen, weil sie in dieser Kraft, die der Mon­denentwickelung angehört, wirken konnten. In dem Mondenzu­stand war tätig das Prinzip der Zweiheit, als zweier Kräfte, die schöpferisch aufeinander einwirkten als Sonnen- und Mondenkräfte. Es gehörte zu dem, was auf dem bestimmten Höhepunkt der Ent­wickelung damals ausgebildet werden sollte. Die zurückgebliebenen Kräfte, welche sich in dem Erdenzustand zugleich offenbarten, als die aufblühende Entwickelung der Ichkraft im Menschen anfing, brachten diese Mondenkräfte in die Erdenentwickelung hinein und verinnerlichten sie da im Mikrokosmos, so daß in ihm eine Zweiheit entstand, wodurch entweder der Sonnen- oder der Mondeneinfluß überragend war in seinem physischen oder in seinem Ätherleibe. So entstanden die zwei Geschlechter.

Der Kain-Mensch, der der eigentlichen Erdenentwickelung ange­hörte, brauchte nicht durch die Geschlechtlichkeit hindurchzuge­hen. So wie auf dem alten Monde das Prinzip der Zweiheit geltend war, so war für die Erde bestimmt eine Dreiheit: Sonne, Mond und Erde. Der Erdenmensch konnte in sich enthalten die Kräfte beider Geschlechter, so wie die Erde Sonnen- und Mondenkräfte in sich trägt. Er konnte schöpferisch wirken durch dasjenige, was auf Erden entwickelt wird, die Ichkraft.

Es wird aber in der Tempellegende weiter erzählt, daß Kain schul­dig wurde, indem er seinen Bruder Abel tötete. Dadurch läßt er sich mit denjenigen Kräften ein, welche in dem Abel wirken, den zurück­gebliebenen Kräften aus der Mondenentwickelung. So konnten diese sich auch in ihm einleben. Durch das Herbeiführen des Todes macht

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er sich denjenigen Kräften schuldig, die zum Tode führen, den hinuntersteigenden, abbauenden Kräften.

Weiter lehrt die Tempellegende Kain wurde ein Ackerer, Abel­Seth, der Ersatz-Sohn des Adam und der Eva, wurde ein Hirte. Der Kain-Mensch lebt mit in der Erdenentwickelung, er baut sich ein dasjenige, was fruchttragend ist, er arbeitet sich weiter hinauf mit der aufsteigenden Entwickelungslinie. Er muß mit den Kräften, die sich in ihm verinnerlicht haben, in seiner Umwelt auf Erden wirken.

In dem Abel-Menschen haben sich die kosmischen Kräfte nicht so verinnerlicht, sie strahlen noch mehr von außen in ihn ein, es strömt ihm aus dem Makrokosmos zu dasjenige, was sich der Kain-Mensch mit eigenen Kräften aus seiner Umwelt erobern muß. Er wird kein Ackerer, weil er nicht so in der Erdenentwickelung selber arbeiten kann wie der Kain-Mensch, der dieser Entwickelung ange­hört. Er wird ein Hirte, wirkt auf das Astralische ein, er weidet die Tiere.

Die Strömung der Kain- und Abel-Menschen wirkt in der Erdenentwickelung fort. So erzählt die Tempellegende weiter, wie es eine Zeit gab, wo zu gleicher Zeit lebten der große König Salomo, ein Nachkomme aus der Abel-Strömung, und sein großer Baumeister Hiram Abiff, ein Nachkomme aus der Kain-Strömung.

König Salomo hatte diejenige Weisheit, welche ihm zuströmte aus der geistigen Welt, dem Makrokosmos. Sein Baumeister erbaute Kunstwerke durch seine eigenen Kräfte. Sein größtes Kunstwerk sollte sein der Bau eines Tempels, in dem sich alles befinden würde, was in der Außenwelt war, ein Abbild dieser Außenwelt sollte der Tempel sein. Der König Salomo konnte sich den Plan dieses Tem­pels ausdenken, aufbauen konnte er ihn nicht. Als Abel-Mensch konnte er nicht bis in das Physische hinein wirken. Der Baumeister konnte den Tempel erbauen, denn als Kain-Mensch hatte er gelernt, in der Erdenmaterie zu arbeiten und sie zu beherrschen. Der Kain-Mensch konnte sich den Tempel des Mikrokosmos erbauen, in wel­chem verinnerlicht waren alle Kräfte, die in der Außenwelt wirken; der Abel-Mensch brachte es nur bis zur bildhaften Vorstellung des Tempels.

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Das große letzte Kunstwerk des Baumeisters, so wird weiter er­zählt, sollte sein der Guß des Ehernen Meeres. Darin sollten ver­mischt sein die sieben Metalle der Erde in einer solchen Zusammen­stellung, daß eine durchsichtige Flüssigkeit entstand. In den sieben Metallen (Kupfer, Zinn, Gold, Blei, Eisen, Quecksilber, Silber) wir­ken die sieben Kräfte, welche in den sieben Planeten ihren Ausdruck finden. Da, wo sie sich auf harmonische Weise vereinigen, bilden sie eine strahlende Einheit, die sie alle in sich enthält, so wie das weiße Licht die sieben Farben des Spektrums.

Der Kain-Mensch kann mit seiner Ichkraft so harmonisch arbei­ten in diesen planetarischen Kräften, welche sich in ihm ausleben als die sieben Glieder seiner Natur (drei höhere, vier niedere), daß sie sich zusammenschließen zu einer menschlichen Wesenheit, welche durch die physisch-sinnliche Welt hindurchschaut in eine geistige Welt. Das war das letzte große Kunstwerk.

Von der Seite des Königs Salomo geschieht dabei etwas, um diesen Guß zu verhindern. Drei verräterische Gesellen mischen etwas in den Guß hinein, wodurch alles zerstört wird. Weil einstmals der Kain durch das Töten seines Bruders Abel schuldig wurde und da­durch diejenigen Kräfte in sich aufnahm, welche der hinabgehenden Linie angehörten, so konnte jetzt an den Kain-Menschen von der Seite des Abel-Menschen dieses Abbauende herantreten, das sich als zerstörend hineinstellte in die Arbeit des Aufbauens. Es wird weiter erzählt, wie der Baumeister bei der Katastrophe, welche dadurch entsteht, hinübergerettet und durch das Feuer geführt wird zu sei­nem großen Ahnherrn Kain nach dem Mittelpunkt der Erde zu. Da erhält er einen neuen Hammer und fängt seine Arbeit aufs neue an, dann gelingt sie ihm. Der Kain-Mensch wird mit der Ichkraft, wel­che Ausdruck findet in dem Blute und in dem Feuer, geführt durch das Blut der Generationen zu seinem großen Ahnherrn. Da blickt er in das Geistige hinein, indem er schaut als Mittelpunkt der Erdenent­wickelung das Welten-Ich, das seine Kraft in ihm verinnerlicht hat. Dadurch erhält er neue Kräfte, um seine Aufgabe weiter zu erfüllen.

Dann tritt auch eine neue Arbeitsperiode für ihn ein, indem sich mit ihm verbindet diejenige Weisheit, welche früher dem Abel-Menschen

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zufloß aus der geistigen Welt. Das erzählt die Legende als die Verlobung der Königin von Saba mit dem großen Baumeister, die sich vorher mit dem König Salomo hätte vereinigen sollen. Von dem Zeitpunkt an nehmen diejenigen Kräfte, welche in der Abel-Strömung wirken, ab, sie haben da ihren Höhepunkt in der Erden-entwickelung erreicht.

Für jede Entwickelung ist ein gewisser Höhepunkt bestimmt; da wird erreicht dasjenige, was Aufgabe ist für diese Entwickelung. Die­ser Punkt kann bezeichnet werden als die Mittagshöhe. Bis dahin blühen die Kräfte auf, von da an nehmen sie ab. Diese Mittagshöhe wird bestimmt von dem Horizonte aus, da erreichen die Kräfte, wel­che sich im Osten offenbaren, ihre größte Entfaltung; bis dahin wird in aufbauendem Sinn gearbeitet, von da ab fängt die Arbeit des Ab­bauens an, nach dem Westen zu. Diejenigen Kräfte, welche aus frü­heren Entwickelungszuständen in die neuen hineinragen, können die bestimmte Mittagshöhe nicht erreichen, sie sind wie die Himmels­körper, welche einen kurzen Tagbogen und einen langen Nachtbo­gen haben. Sie verweilen kürzere Zeit in der Lichthälfte des Kreises, länger in der finstern Hälfte. Ihre Mittagshöhe (in bezug auf den Horizont) ist gering, ihre Bahnen liegen nur wenig über den Hori­zont hinaus. So wirken sie hauptsächlich in der dunkeln Hälfte des Kreises. Bei der Entwickelung der Erde durch ihre früheren planeta­rischen Zustände hindurch bis in den Erdenzustand selber, sollten sich makrokosmische Kräfte allmählich verinnerlichen zum Mikro­kosmos. Diejenigen Kräfte, welche zurückblieben, hatten sich nicht so verinnerlicht; sie blieben im Makrokosmos zurück, indem sich der Mikrokosmos das Ich-Bewußtsein ausbildete. Deshalb konnten sie nur im Mikrokosmos selber wirken in derjenigen Hälfte des Kreises, welche dem unterbewußten Leben des Mikrokosmos ange­hört. Ihre Arbeit liegt hauptsächlich unter dem Horizonte. In dem bewußten Tagesleben des Mikrokosmos, über den Horizont hinaus, konnten sie nur außerhalb des Mikrokosmos arbeiten. Die Linien, welche geformt werden durch den Horizont von Ost nach West gehend, und die bestimmte Mittagshöhe, senkrecht darauf, bilden zusammen die symbolische Figur des Tao-Zeichens. Es ist der Hammer,

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welcher für den Aufbau einer gewissen Entwickelungsperiode gegeben wird. Mit diesem Hammer wurde der Tempel des Mikro­kosmos aus dem Makrokosmos heraus gebaut und wird weiter an jenem Tempel gearbeitet. Seine Kraft offenbart sich in den drei Punkten des Ostens, Südens und Westens in der Lichthälfte des Kreises, da, wo der Mikrokosmos mit den sich verinnerlichten Kräften bewußt wirken kann, da ertönt sein Schlag.

In der Erdenentwickelung, als sich in dem Mikrokosmos verin­nerlicht hatten die göttlich-geistigen Kräfte aus dem Makrokosmos heraus, fand die größte Verinnerlichung statt, als der Gott selber sich im Mikrokosmos einlebte. Da war der Höhepunkt für die Erden-entwickelung erreicht. Von da an müssen die Kräfte sich allmählich offenbaren, welche in bezug auf den Mikrokosmos abbauend wirken. Da kehrt sich um der ganze Gang der Entwickelung. Von diesem Punkte an soll sich der Mikrokosmos zum Makrokosmos erweitern. Es hat sich bis dahin alles im Mikrokosmos verinnerlicht, was bei der Entwickelung mitgekommen war. Nun soll auch der Mikrokos­mos in sich aufnehmen dasjenige, was immer zurückblieb, auf daß die Entwickelung fortschreiten konnte. Die göttlich-geistigen Wesen mußten sich allmählich vom Menschen zur ückziehen; dann soll er selber anfangen, im Makrokosmos einzuwirken. Statt zu nehmen, soll er anfangen zu geben. Denjenigen Wesen, welche sich fernege­halten haben und zurückblieben, auf daß der Mensch sich entwik­keln konnte, muß er dann von sich aus entgegenkommen so daß er sein Bewußtsein auch mit ihnen verbinden kann.

Der Kain-Mensch sollte bis da, wo der Höhepunkt erreicht wur­de, arbeiten an dem Bau des Mikrokosmos, und da hineinbauen alle Kräfte aus dem Makrokosmos heraus. In der Lichthälfte des Kreises sollte er wirken in dem mikrokosmischen Bewußtsein. Dann aber kommt die Zeit, wo sich die Aufgabe für seine Arbeit so ändert, daß er von dem Tempel des Mikrokosmos heraus arbeiten soll an der Außenwelt, so daß seine Kräfte fließen in die dunkle Hälfte des Kreises hinein, da, wo die makrokosmischen Kräfte unterbewußt in ihm wirken. Dann wird durch seine Arbeit in dem Tempel des Mikrokosmos die Finsternis, welche ihn als Umwelt umgibt, und

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die, welche als Unterbewußtes in ihm lebt, durchleuchtet mit dem Lichte des Verständnisses. Sein Bewußtsein wird sich erstrecken über die Umwelt hinaus. Mikrokosmos und Makrokosmos schlie­ßen sich zusammen, die lichte und die dunkle Hälfte bilden einen Kreis, in dem der Mensch bewußt tätig sein kann, wenn er sich als Makrokosmos im Mikrokosmos empfindet. Die aufbauenden und die abbauenden Kräfte, Leben und Tod, werden eins, sie verwandeln sich ineinander. So schreitet er bewußt durch die aufsteigende und die hinuntergehende Entwickelungslinie, durch die Pforte, welche führt zu dem göttlichen Geist selber, der sich in diesen Kräften offenbart.

#Bild s. 387

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Meditationsanweisung für den Beginn der Tempellegende

Text nach einer vervielfihigten Vorlage mit der Bezeichnung «Zur Durchdringung des ersten Grades>

Es besteht die Notwendigkeit, sich die Tempellegende als imaginati­ven Erkenntnisimpuls anzueignen. Diese Legende ist so geordnet, daß aus der Durchdringung der Seele mit ihren Bildern allmählich -bei fortgesetzter Meditation der Legende - eine vom physischen Erkenntnisapparat unabhängige Anschauung der Menschheitsevolu­tion sich bildet. In dem Folgenden soll die Legende so gegeben werden, wie sie die Grundlage der Meditation bilden soll, wenn die bezeichnete Wirkung erstrebt wird.

Im Beginne des Erdenwerdens stieg aus geistigen Höhen einer der Licht­geister oder Elohim herab und ver­band sich mit Eva, der Erdenmutter. Aus dieser Verbindung erstand Kain, der erste Erdenmensch, wesentlich so lebend, daß sein Atem im Aufneh­men und Abgeben von Wärmesub­stanz bestand.

Eva, die Erdenmutter lebte als ein Wesen, webend im Elemente der Luft. Die Meditation hat sich darauf zu beziehen, inwiefern

Luft in Verbindung mit Licht ergibt den Wärmeatem.

Dann stieg ein andrer der Lichtgei­ster, Jahve, aus geistigen Höhen her­ab und bildete aus dem atomisierten Erdenelemente (Erdenstaub) den Adam. Aus der Verbindung des Adam mit Eva erstand Abel. des Kain Stiefbruder.

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Die Meditation hat sich darauf zu be­ziehen, inwiefern der Mensch des Er­denelementes in Verbindung mit dem Luftwesen Eva ergibtA bei, dessen Stoff element das atomisierte Wasser isL

Es entstand Streit zwischen Kain, dem Feuermenschenwesen und Abel, dem Wassermenschenwesen. Und Kain tötete Abel.

Das Feuerwesen entzog dem Erden-planeten das Wassermenschenwesen.

Kain hatte eine Erkenntnis, welche ursprünglich als Feuerelement in die Dinge drang; das war hellsehende Er­kenntnis. Durch das Berühren mit dem Abel - dem Wassermenschen­wesen - verfinstert sich des Kain Hellsehertum. Von ihm stammen die Erdenmenschen, welche sich aus der Finsternis in fortschreitender Evo­lution zum Lichte emporarbeiten müssen.

Jahve gab dem Adam und der Eva den Seth als Ersatz. Abel-Seth ist nun der Stammvater der Priesterge­schlechter, welche zwar Erdenmen­schen sind, aber im Elemente der Luft atmen. In diesen Urvätern der Menschheit vergeistigt sich durch die Einwohnung Jahves die Luftatmung zum Hellsehen primitiver Art. In Träumen offenbaren sich die gött­lichen Geheimnisse.

#SE265-390

Es soll der Inhalt dieser Menschheits-evolution durch das folgende okkulte Schriftzeichen meditiert werden.

#Bild s. 390

Der vergeistigte Atmungsvorgang, der als ein aufsteigender Atmungs­strom in den Raum des Hauptes geht, kommt als imaginativer Erkenntnis-vorgang den Urvätern zum Bewußt­sein.

In diesen Bildern sind in Mysterienart alle Vorgänge enthalten, gemäß denen sich die beiden Evolutionsströme der Menschheit entwickelten. Der mehr aus dem Elemente des Feuers gebildete Erkenntnisapparat der Söhne Kains nahm die sinnlichen Wahrneh­mungen auf und verarbeitete sie intellektuell. Der aus dem Elemente des Wassers gebildete Hellseherapparat der Söhne Abel-Seths war weniger eingestellt auf die Sinneswahrneh-mung. Ihr Erkenntnisapparat lebte sich aus in Visionen, welche ohne unmittelbare Sinnes-wahrnehmung sich die geistigen Erlebnisse zum Bewußtsein bringen konnte.

#SE265-391

Man gewinnt eine Anschauung von diesen Vorgängen durch das folgende

Schema:

#Bild s. 391

Die Ur-Vorgänge, die hier für die imaginative Erkenntnis skizziert wurden, leben fort im Menscheninnern. Man kann sie vollständig nicht in abstrakten Begriffen klarlegen, weil diese grob und unvoll­ständig sind im Verhältnis zur Kompliziertheit der wirklichen Vor­gänge. So aber, wie die Darstellung hier gegeben ist, kann sie bild­haft in der Seele lebendig gemacht werden. Dann wirken die Bilder in der Seele. Und da in der Seele die Elemente enthalten sind, welche die Wahrheit geben, so erwecken die Bilder nach und nach die leben­dige Anschauung. Man erlangt auf diesem Wege ein unmittelbares Wissen dessen, was geschehen ist.

Es ist gut, wenn man die gegebenen Bilder als eine Grundlage für die gemeinsame Besprechung bei F.M.-Versammlungen nimmt. Man macht sich dann in der versammelten Gruppe zunächst mit

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den Bildern bekannt. Dann meditiert in der Zwischenzeit bis zur nächsten Versammlung ein jedes Mitglied über die Bilder. Dann werden in der nächsten Versammlung die durch die Meditation ge­wonnenen Resultate gegenseitig mitgeteilt und besprochen. Man kann dadurch einen genaueren und erweiterten Einblick in den In­halt der Bilder gewinnen. Mit dieser Erweiterung meditiert man dann wieder in der Zwischenzeit bis zur nächsten Versammlung. Dieser Prozeß wird weiter fortgesetzt. Ein befriedigendes Resultat wird man erst nach einer größeren Reihe von Versammlungen ge­winnen.

Es ist dies einer der Wege - und zwar ein sehr sicherer -, auf denen man sich der imaginativen Erkenntnis nähert. Diese hat man erlangt, wenn die Bilder so sich mit der inneren Regsamkeit der Seele identifiziert haben, daß man in der Seele diese Bilder als inne­res Lebens- und als Erkenntniselement empfindet.

Man sollte eigentlich zunächst mit diesem kleinen Stück der Tem­pellegende beginnen und so den imaginativen Erkenntnisprozeß in die Wege leiten.

Dann kann man noch meditieren über das folgende okkulte Schriftzeichen, aus dem in der Seele eine wichtige Erkenntnisgrund-lage werden kann:

#Bild s. 392

#SE265-393

#Bild s. 393

Erläuterungen zum Anfang

Instruktionsstunde Berlin, März 1908 (ohne Tagesdatum)

Wenn es heißt, daß der Elohim sich mit Eva verband, so müssen wir nicht glauben, daß unter Eva irgend etwas Ähnliches verstanden wird wie die gegenwärtige Frau. Eva war die Menschheit der polari­schen Rasse, eine von der heutigen Menschheit ganz verschiedene, nämlich eine viel einfachere. Wenn wir an die Blutwärme denken und alles andere uns fortsuggerieren, wenn wir an diese [Blutwärme] denken, die in jeder Ecke und in jedem Winkel unseres Körpers vom

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Kopf bis zum Fuß pulsiert, wenn wir [sie] uns in jeder Einzelheit unseres Körpers vorstellen, aber uns denken, daß alles übrige ver­schwunden ist und nichts übriggeblieben ist als dieser blutwarme Mensch, dann können wir uns eine Vorstellung bilden davon, wie die Eva aussah, mit der sich der Elohim verband. Die Erde war damals dunkel, aber in der zweiten oder hyperboräischen Epoche durchdrangen die Sonnengeister diese dunkle Eva mit Licht, und diese Sonnenstrahlen enthielten nicht nur Licht, sie enthielten auch Nahrung, und was nicht als Nahrung verbraucht wurde, um die Menschheit oder Eva zu ernähren, war verfügbar zum Zwecke der Fortpflanzung, und auf diese Weise entstand Kain aus der Verbin­dung des Elohim mit Eva.

In der lemurischen oder Mondepoche erschaffte der Elohim Jahve, der auch einer von den Sonnengeistern war und ausgesandt worden war, um die Mondentwickelung zu leiten, den Adam, das heißt: er teilte die Menschheit in Geschlechter, und wenn es heißt, daß Adam die Eva ehelichte, so bedeutet das, daß die beiden Geschlechter sich vereinigten zum Zwecke der Fortpflanzung, und aus dieser Verbin­dung entstand Abel.

Die ursprünglich vereinigten Sonnenkräfte und Reproduktions­kräfte hatten sich getrennt und brachten zwei Menschenklassen hervor. Kain und Abel bekämpfen sich Tag für Tag in unseren Körpern, ja sogar stündlich streiten sie miteinander, denn Abel wird dargestellt durch das Blut der Arterien, das aus den Lungen kommt und vom Herzen, erfüllt mit dem lebengebenden Geist der Luft, dem reinen und stärkenden Sauerstof£ Kain dagegen wird dargestellt durch das Venenblut, das erfüllt ist mit der giftigen, todbringenden Kohlensäure.

Wäre das alles, so hätte damals die Menschheit aufgehört zu exi­stieren. Doch lebt Abel in Seth weiter, der wieder verjüngte Abel, der wieder den Lebensatem erhielt, den Sauerstoff in den Lungen. Daher tritt Seth, sooft Abel getötet wird, an dessen Stelle.

Als die Sonnenkraft sich teilte, wurde das Abel-Seth-Geschlecht der Träger der göttlichen Weisheit und der Intuition, seine Angehö­rigen waren Priester und Könige «durch die Gnade Gottes».

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Physisch betrachtet sind sie negativ oder weiblich (nicht notwen­dig physisch weiblich).

Das Kains-Geschlecht besitzt die Kraft der Fortpflanzung (nicht notwendig geschlechtlich) statt der intuitiven Weisheit. Sie sind positiv, männlich (nicht notwendig physisch männlich) und sind die Weltarbeiter, die wissenschaftlichen Forscher und so weiter. Dies wird vielleicht verständlicher aus dem folgenden Diagramm:

Gottessöhne ..... physisch weiblich, ätherisch männlich, besitzen

Intuition: Abel

#Bild s. 395

Töchter der Menschen 2) physisch männlich, ätherisch weiblich, besitzen die Reproduktionskraft: Kain.

In der atlantischen Zeit wurde ein Versuch gemacht, diese zwei Klassen zu vereinigen, doch führte das zur schwarzen Magie der schlimmsten Art. Darauf wird hingedeutet in der Bibelstelle: «Die Söhne Gottes vermählten sich mit den Töchtern der Menschen.»

Die Ankunft der Königin von Saba bedeutet den Versuch der Gegenwart. Die Wissenschaft, die durch Hiram dargestellt ist, kann sich jetzt mit der Seelenweisheit vereinigen, die symbolisiert wird durch die Königin von Saba. Die Amme ist der in die Zukunft schauende Prophet, der Vogel Had-Had ist ein Geist der Intelligenz, die zur Seele herabsteigt und sie von der Offenbarung, wie sie durch Salomo dargestellt wird, hinwendet zur selbsterworbenen Erkennt­nis, die ihren Ausdruck findet in Hiram.

Der Tempel stellt die Erdenentwickelung dar. Salomo ist gleich einem Spiegel, der die kosmische Weisheit widerspiegelt, ohne ir­gendwelche eigene Anstrengung. Hiram andererseits sieht das Bild

1) und 2) Die Pünktchen finden sich so in der Vorlage.

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und arbeitet es aus. Er besitzt nicht die Fähigkeit, direkt aus der göttlichen Quelle zu schöpfen; er ist die materielle Erkenntnis, die das gegenständlich machen kann, was Salomo nur sehen kann.

Darum wird Balkis, die Seele, unzufrieden und löst ihre Verbin­dung mit Salomo, als sie die Schönheit Hirams erkennt, und sie gewinnt den Ring von Salomos Hand zurück, als er trunken ist.

Daß Hiram den Tau-Hammer schwingt, um auf Balkis' Wunsch die Arbeiter herbeizurufen, stellt symbolisch dar, auf welche Weise alle großen, weltbewegenden Ereignisse zustande gebracht wurden, wenn sie wie die Ameisen jahrelang arbeiteten, um einen bestimm­ten Zweck zu erreichen: durch die Macht der Massensuggestion. Diese wurde angewendet, so daß sie zur Arbeit sich einfanden wie auf eigenen Antrieb. Es würde Unrecht sein, jetzt eine solche Kraft anzuwenden, aber zu jener Zeit waren die Menschen nicht so indivi­dualisiert [wie heute], und wenn Tempel gebaut werden sollten, die dem Fortschritt der Menschheit dienen sollten, brauchten die Prie­ster damals ganz mit Recht solche Mittel, um ihren Zweck zu errei­chen. Die Kreuzzüge und Jeanne d'Arcs Heer sind andere Beispiele von solcher Massensuggestion. Manchmal sind Fanatiker, die zum Teil ohne inneres Gleichgewicht sind, sehr stark in dieser Richtung.

Als Hiram sich in das Feuer wirft, trifft er unterwegs Tubal-Kain. Der führt Hiram zum Mittelpunkt der Erde (wo die Ich-Pflanze wächst; Kain war ein Ackerbauer), und dort finden sie Kain in seinem unschuldigen Zustand. Kain gibt dem Hiram einen neuen Hammer und ein neues Wort.

Aus verschiedenen Teilnehmeraufzeichnungen (ohne nähere Angaben)

Als die Vorbereitung der Erdenentwickelung so weit vorgeschritten war, daß die Seele des Menschen hineingelegt werden konnte, war die Sonne ausgetreten und beschien mit ihren Strahlen die Erde, die ein Feuerball war, umgeben von einer Wärmeatmosphäre oder Wär­meaura. In dem Erdball wuchsen der physische und der Ätherleib wie eine Pflanze aus der Erde heraus, und indem die Sonne die Wärmeatmosphäre

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bestrahlte, drang die Wärme in den menschlichen physischen und Ätherleib hinein und bildete daraus den Astral­körper, die Seele des Menschen. Diese Bestrahlung von den Sonnen-wesen auf die menschlichen Formen brachte die Weisheitskräfte dieser Sonnenwesen in den Menschen, und das wurde zur höheren Ichheit des Menschen. Das ist eine ihm angeborene göttliche Weis­heit, die ihn zu einer geistig erkennenden Wesenheit macht. Alles das muß man sich denken als die Wirkungen oder Taten göttlicher Wesen. Die Sonnenwesen, die Elohim, sandten ihre Strahlen mittels der Erzengel zur Erde und sie bewirkten in den menschlichen Formen Strömungen, die durch die Wärmeaura hindurch Licht brachten und zum menschlichen Gehirn wurden, in welchem sich Intellekt und Geistigkeit offenbaren können, und zu gleicher Zeit Strömungen, die zum menschlichen Blute wurden; dadurch wird die universelle Wärme zur inneren Wärme. Die erste Strömung reprä­sentiert wiederum die aktive Kraft der Erzengel, die zweite die passi­ve Kraft. Der Strom, der das Gehirn bildete aus dem Lichte, war Kain, der Feuer-Erdenmensch; der begleitende Strom, der das Blut in den Menschen brachte, ist Abel, der mittels Adam zustande kam. Die wässerige Substanz war das Blut. Das ist der Wassermensch.

In Kain hat man also das Wesen, das alle Fähigkeiten besitzt, um zur Weltenweisheit vorzudringen, mittels des im Dunkeln wirken­den Verstandes; in Abel das Wesen, das mit dem Lichte das wässeri­ge Element, das Blut mit aufgenommen hat und damit eine andere Art der Berührung mit den geistigen Wesenheiten erlangt hat, die passive Seite des Lichtes.

Im Sechstagewerk-Zyklus 1) ist angedeutet, wie an einem bestimm­ten Moment der Erdenentwickelung Kräfte aus der Mitte des feuri­gen Erdballes ausstrahlen in den Weltenraum und von dort wieder zurückstrahlen zum Mittelpunkt. Die Wärmeatmosphäre entsteht damit; eine Art Mittelstoff, der Widerstand leistet. Während die Aus- und Einatmung stattfindet, entsteht der Widerstand in der Wärmeatmosphäre und können die Sonnenwesen nicht mehr wie

1> «Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte. Das Sechstagewerk im 1. Buch Moses», GA 122.

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im Anfang ihre Strahlen unmittelbar durch die Wärmeatmosphäre hindurch auf die Erde hinabsenden. Während die Wesen, die in der Erdensubstanz wuchsen, das reine Weisheitsfeuer zugesandt erhiel­ten, das die erste Anlage zum Gehirn würde, wurde das Feuer später verfinstert durch den Widerstand und kam als Luft zu den Erdwesen, woraus sich eine andere Formation des Gehirns ergab. Wir finden also wiederum Eva, die Erdenmutter, nun bestehend aus mehr atomi­siertem Stoffe, nachdem sie Kain geboren hat, im Verein mit Adam, dem verfinsterten Strome der Sonnenwesen, was die Erdwesen zu Abel macht mit der Luftatmung. Bei der allgemeinen Verdichtung durch die Luft erfährt auch Kain einen Widerstand; die unmittelbare Berührung mit der Feueratmung verfinstert sich, und das ist die Tötung Abeis durch Kain. Kain ist nun abgeschnitten von den Feuer-göttern, aber hat in sich gelegt erhalten die Fähigkeit, das Weisheits­feuer von seinem Innern aus in sich zu entwickeln mittels des Verstandes, den er zur Weisheit umbilden konnte.

Was wird gemeint mit dem Erdenstaub, aus welchem Adam gebil­det ist? Alle Evolution ist in einer bestimmten Epoche Verdichtung, Arbeiten zur Formgestaltung. So ist auch die Vorbereitung für den Erdenzustand ein Arbeiten nach der Formseite zu, das Kondensie­ren, Zusammenfügen geistiger Kräfte.

Als Eva, die Erdenmutter, entstanden ist durch die Wirkung der Throne und Elohim, findet die erste Formgestaltung in Kain statt. Dann hat die aktive Seite dieser Gestaltung das Feuerige auferweckt, und die passive Seite verursacht die Verdichtung nach der Stoffseite, dem Luftelemente zu. Mit anderen, einfacheren Worten: der Stoff, den sie fortan beeinflussen werden, hat sich verdichtet, indem er schon einmal bearbeitet worden ist, er ist physischer, aber von wirk­samem Geist durchzogen worden. Aus diesem mehr kondensierten Zusammenwirken entsteht Adam, und das Produkt der Adam- und Eva-Wirkung ist Abel, das wässerige oder Luftwesen. Das Zusam­mentreffen des feurigen und Luftelementes verursacht Streit, Wider­stand; das feurige Element wird verfinstert und nimmt von dem finstern Elemente in sich auf.

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Schon in den Charakteren von Kain und Abel hatten sich zwei aus-gesprochene Richtungen bemerkbar gemacht: Kain war ein Ackerer, er rang unter Mühe der Erde ihren Ertrag ab; Abel war ein Hirte, er nahm mühelos, was die Herde ihm gab. In der Folge prägten sich diese zwei Richtungen unter den Nachkommen der beiden Brüder deutlich aus, so daß die Menschheit sich spaltete in zwei Richtungen, die Kainsche und die Abel-Sethsche. Die ersteren waren solche, die aus eigener Kraft sich emporrangen, die Künstler auf allen Gebieten menschlichen Schaffens. Die anderen bekamen ihr Wissen als Ge­schenk. Ihnen entstammten die eingeweihten Priester-Könige «von Gottes Gnaden». _____

Der Brudermord bedeutet auch: das blaue Blut schlug das rote Blut tot. ____

Von der Seth-Abel-Strömung stammt ab Salomo, der weise König Salomo, der seine Weisheit erhielt aus den höheren Eingebungen. Dieser konnte sich erdenken den Plan zu dem Tempelbau, aber aus­führen, aus eigener Kraft ihn hervorgehen lassen, das konnte er nicht. Dazu mußte er Hiram Abiff aus dem Kainsgeschlecht haben. Salomo wollte den Tempel so herstellen, daß ein jeder [Teil] darin ausdrücken sollte ein Stück der Menschheitsentwickelung. Ein Ab­bild dieses Tempels ist unser Tempel. Die beiden Säulen stellen dar zum Beispiel die Säulen des Herkules an der Meerenge von Gibraltar, durch welche die Menschheit vom Westen nach dem Osten zog. Hiram Abiff stellt diesen Tempel her.

Persönliche Aufzeichnung Rudolf Steiners flir eine Teilnehmerin, datiert Stuttgart 21. Februar 1912

Salomo war im Besitze dreier Geheimnisse: der zwei Säulen des Herkules, der Trinität von Weisheit, Schönheit und Stärke und des Geheimnisses von Licht und Finsternis.

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Die Hiram-Natur ist in uns allen; wir müssen sie in uns zur Auf­erstehung bringen.

Erläuterungen zum Ehernen Meer

Instruktionsstunde ohne Orts- und Datumangabe

Das Eherne Meer bedeutet die reine ungetrübte Menschennatur. Die drei verräterischen Gesellen sind der Zweifel, Aberglaube und die Illusion des persönlichen Selbstes. Durch Herabsteigen in die irdi­sche Inkarnation gelangte der Mensch dazu, zu zweifeln an seinem geistigen Wesen, sich falsche Vorstellungen zu machen. Das ist der Aberglaube, zum Beispiel die Vorstellung, als sei er ein alleinstehen­des Wesen, kein Teil des großen Ganzen, die Illusion des persön­lichen Selbstes. Diese drei verräterischen Gesellen zerstören die ursprünglich reine Menschennatur. Es springt daraus hervor das Feuer der Leidenschaften.

Aus Instruktionsstunde Köln, 22. Dezember 1907

Das Eherne Meer würde, wenn es zustande gekommen wäre, die Erde zu einem durchsichtigen, klaren Planeten gemacht haben. Nun haben die drei Gesellen den Guß zerstört. Zweifel, Aberglaube und Glaube an das persönliche Selbst haben den Guß getrübt. Im menschlichen Ätherleib gibt es drei Punkte - Herz, Milz und im Rücken -, die besonders bedeutungsvoll sind. Der am Rücken be­deutet im Mikrokosmos das Eherne Meer. Bei dem Menschen, bei dem noch Zweifel, Aberglaube und der Glaube an das persönliche Selbst vorhanden sind, ist dieser Punkt getrübt, von Wolken durchzogen,

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wie ein Rauchtopas. Unsere Aufgabe ist es, ihn in ein Strah­lendes, Klares umzuwandeln

Kain, im Mittelpunkt der Erde, besitzt noch die reine göttliche Elohim-Kraft. Hiram Abiff steigt zu ihm herunter und erhält das ur­sprüngliche Schöpferwort, geschrieben auf dem Goldenen Dreieck.

Ort und Datum dieser Ausführungen unbekannt, nach einer Niederschrift von Mathilde Scholl, datiert Landin, 31. August 1906

Das Eherne Meer konnte Hiram Abiff nicht herstellen, bevor der Mensch durch das Feuer der Leidenschaft ganz hindurchgegangen war, bevor er nicht ganz hinabgetaucht war in das irdische Feuer. So lange konnte das Eherne Meer nicht fest werden. Es mußte wogend bleiben, denn wenn man es so verfestigen wollte, müßte es zersprin­gen. Die Leidenschaft, zur Macht geworden, ist das zerstörende Prinzip, welches alles ins Verderben führt. Nachdem aber Hiram Abiff hinabgetaucht war in das Feuer, in die Glut des Ehernen Mee­res hinein, wieder daraus hervorgegangen war und das Goldene Drei­eck mitgebracht hatte - die höheren Prinzipien Weisheit, Schönheit und Gewalt (Manas, Budhi, Atma) -, da konnte er das Eherne Meer zur Vollendung führen. Das Eherne Meer ist die Verschmelzung der niederen und höheren Prinzipien im physischen Dasein, in der mi­neralischen Runde. Ganz hergestellt konnte es erst werden nach dem vollständigen Hinabtauchen in die mineralische Welt, in die Verfestigung des Physischen.

Das Eherne Meer ist die Verfestigung des Astralen. So wie das Astrale war, ehe die Verfestigung des Physischen stattfand, durfte es nicht verfestigt werden. Durch den Hindurchgang durch das verfe­stigte Physische wurde das Astrale so geläutert, daß es nachher rein hervorgehen konnte, und dann erst durfte es verfestigt werden. Dann kann auch erst das Wort gefunden werden, welches auf dem Goldenen Dreieck steht. Denn erst, wenn das Astrale gereinigt ist, kann das Wort neu erstehen, der Ätherkörper in seiner neuen Ge­stalt, der das Christus-Prinzip zum Ausdruck bringt.

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Die Erziehung des Menschen ist eine solche zur Freiheit. Damit das Ich im Menschen wohnen und ihn zur Individualität ausbilden konnte, mußte es notwendig einen Teil aller Weltenkräfte an sich reißen. Darum war die Ausbildung des Egoismus von der Mitte der lemurischen Rasse an eine Notwendigkeit. Bis zur Ausbildung des Egoismus hatte der Mensch noch kein eigenes Kama; da war alles Kamische nur kosmisch vorhanden. Nach der Spaltung in zwei Ge­schlechter trat das Kamische in den einzelnen Menschen ein; das überflüssige Kama wurde im Monde ausgeschieden. Nun fand die Ausbildung des Kama im einzelnen Menschen statt. Je mehr der Mensch sich physisch verfestigte, desto konzentrierter wurde auch das Kama in ihm, da er nun immer mehr der Außenwelt gegenüber-trat, immer mehr sein Ich von der übrigen Welt unterscheiden lernte. Er vergaß zuletzt, daß er ein Teil der übrigen Welt ist und trat darum der Umwelt als Feind gegenüber. (Kain erschlägt seinen Bruder Abel.) Er wollte von da an nur für sich alles haben, alles an sich reißen, weil er den großen Unterschied empfand zwischen dem, was er selbst war und dem, was ihm nicht gehörte, was zur Umwelt gehörte. Dadurch wurde die Kamakraft auf die Spitze getrieben.

Während nun einerseits der Mensch in seiner Gier nach Besitz immer heftiger wurde, mußte er andererseits lernen, daß er nicht alles besitzen kann. Er mußte verzichten lernen auf vieles. Er mußte lernen, daß er auf diese Weise, wie er es wollte - äußerlich - niemals [alles] an sich reißen kann, und durch den Tod wurde ihm gezeigt, daß, wenn er auch scheinbar vieles in seinen Besitz bringen kann, er doch wieder auf alles verzichten muß, wenn der Tod ihn herausreißt aus der physischen Welt. So lernte der Mensch Resignation. Durch viele Leben mußte er so den Unterschied kennenlernen zwischen dem Vergänglichen und dem Unvergänglichen. Er mußte erfahren lernen, daß aller äußerer Besitz kein Bestehen hat. Nun schaute er sich um nach dem Unvergänglichen; das fand er in den höheren Welten. So lernte er, sein Verlangen auf das Unvergängliche zu rich­ten. Er lernte, auf den äußeren Besitz zu verzichten. Nun fing er an, sich innerlich aufzubauen. Solange aber noch irgendein Verlangen

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nach eigenem Besitz dabei war, konnte er dieses Werk des inneren Aufbaues nicht zur Vollendung führen.

Zuerst mußte die Kam akraft durch den Eintritt in die mineralische Verfestigung auf die Spitze getrieben werden, dann aber - gerade durch dieses Hindurchgehen durch die mineralisch-objektive Welt -wieder geläutert werden und als selbstlose Menschenliebe hervor­gehen. So wurde die kosmische Wärme zur individuellen Wärme, zur individuellen Kraft. Die liegt zunächst in der Frömmigkeit. Die Frömmigkeit bringt Ordnung in die ungezügelte Leidenschaft. Sie gestaltet sie zur Harmonie, zur Schönheit. Die Frömmigkeit war der fehlende Balken an dem Tempel Salomonis, der die beiden Säulen verbinden sollte. Der mußte erst gefunden werden, ehe der Tempel errichtet werden konnte. Erst nachdem der Mensch die Frömmig­keit, die Hingabe an das Höhere erlangt hatte, konnte die Mensch­heit zur Vollendung geführt werden. Diese Hingabe an das Höhere konnte er erst lernen durch das Hindurchgehen durch das Ich-Be­wußtsein und die Verfestigung in der physischen Welt. Die Fröm­migkeit führt ihn auch dazu, das Meisterwort zu finden, welches ihn zur Vollendung führt. Nachdem er durch Frömmigkeit seinen Astralkörper in Harmonie gebracht hat, hat er das Meisterwort er­langt, die Weisheit, mit der er seinen Ätherkörper zu einem ewigen umgestaltet, zu dem tönenden Wort, welches produktiv ist.

Gegeben wurden dem Menschen die Säulen Boas (Stärke, physi­scher Körper) und Jakin (Weisheit, Ätherkörper) und ferner die Mittel zur Erreichung der eigenen Vollendung (Astralkörper

Kama - das Feuer).

Er mußte lernen, mit dem Feuer zu arbeiten: draußen in der Na­tur mit dem physischen Feuer und drinnen im Menschen mit dem Seelenfeuer (Kama). Draußen mußte er mit Hilfe des physischen Feuers das Mineralreich bearbeiten, zur Harmonie gestalten, zum Kunstwerk; in der Seele mußte er mit Hilfe der Kamakraft zuerst Eigenbewußtsein und dann innere Harmonie, Frömmigkeit, Enthu­siasmus (in Gott sein) herausentwickeln, ganz in die Leidenschaft hinabtauchen und dann wieder hervorgehen wie Hiram Abiff mit dem Goldenen Dreieck. den höheren Kräften. Nun erst, nachdem er

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die Leidenschaft in Frömmigkeit innerlich und das Feuer in Schön­heit äußerlich umgesetzt hatte, da konnte er auch die Säulen Jakin und Boas verbinden. Das heißt, er konnte sich hinaufentwickeln zu Weisheit und Stärke, zu Budhi und Atma, weil er Kama manasisch durchgearbeitet hatte. Er erlangt Weisheit, indem er das Kama läu­tert durch Frömmigkeit. Dadurch wird das Kama zur reinen Men­schenliebe und andererseits - indem er Manas, die Erkenntniskraft, mit dem geläuterten Kama durchtränkt - zum Enthusiasmus umge­staltet. So wird das Kama von Manas durchleuchtet, und die Wärme des Kama zieht in das Manasische ein.

So führt der Querbalken, der über die beiden Säulen gelegt wird, einerseits zur höheren Weisheit (Budhi) durch Frömmigkeit, Liebe, Christus, und andererseits zur Schöpferkraft (Atma) durch Erkennt­nis, Enthusiasmus, Luzifer. So werden die beiden Säulen des Tempels verbunden.

Die Umgestaltung des Mineralreiches zu einem äußeren Tempel geht Hand in Hand mit der Umwandlung des wogenden Astralkör­pers in die harmonische Menschenliebe. So wird das Eherne Meer im Äußeren und im Inneren gebaut. Die mineralische Welt wird zuletzt ein Ausdruck der Liebe des Menschen werden. Innen Liebe, außen Schönheit: das wird das Bild der Welt dann werden.

Den vorstehenden Aufzeichnungen ist unter der Bezeichnung «Ergänzung« noch folgendes angefügt:

Die drei Gesellen des Hiram Abiff sind die drei niederen Prinzipien; Hiram Abiff ist das Ich. Diese drei müssen ihm behilflich sein, aber Meister dürfen sie nicht werden. Sie zerstören das Eherne Meer. Die drei niederen Prinzipien sind zunächst für den Menschen ein Hin­dernis beim Aufbau des Höheren, bei der Entwickelung des Ich zur Freiheit. Hiram Abiff taucht hinab in das Innere der Erde, indem er sich in das Feuermeer stürzt. Er taucht durch das kamische Feuer hinab ins Physische. Dort wird er mit den drei höheren Prinzipien begabt: dem Goldenen Dreieck. Aber, als er wieder hervorkommt, wird er von den drei Gesellen überfallen und getötet. Das stellt den

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Kampf dar, den die drei niederen Prinzipien mit den höheren im Menschen führen. Das Ich ist der Osten, durch den die höheren Prinzipien eintreten. (Wie die Sonne gehen sie auf im Menschen.) Die drei Gesellen kommen von den drei anderen Himmelsgegenden.

Hiram Abiff schreibt noch, ehe er stirbt, das Meisterwort auf das Goldene Dreieck und versenkt es in einen tiefen Brunnen. Er weist damit hin auf die Zeit, wo der Mensch seinen Astralkörper so geläu­tert haben wird, daß das Eherne Meer befestigt ist, daß die Leiden­schaft ruht und sein physischer und astraler Körper dann den festen Grund bilden, auf dem er bei der Weiterentwickelung stehen kann. Zur Zeit des Hiram Abiff, gleich nach dem Auftauchen des Ich mit dem Selbstbewußtsein, bei dem Objektivwerden der Umwelt, konnte das Goldene Dreieck noch nicht über dem Ehernen Meer er­richtet werden. Das konnte erst nach der vollkommenen Läuterung des Astralkörpers geschehen.

Die Einweihung der Hiram Abiff4ndividualität durch Christus Jesus

#TI

I

Instruktionsstunde Berlin, 15. April 1908

#TX

Ausgehend von Johannes, 11. Kapitel.

Das Osterfest ist nicht deshalb allein auf diese Zeit verlegt, weil wir dann Frühlingsanfang haben, es hat dies noch eine viel tiefere Bedeutung. In alten Zeiten lebte in den Menschen das Gruppen-Ich, das Stammes-Ich. In den Eingeweihten (Moses, Hermes, Buddha, Krishna, Zarathustra) spiegelte sich wider das Bewußtsein des gan­zen Stammes. Als sie eingeweiht wurden, da waren sie mit dem Ätherkörper heraus aus dem physischen Körper und schauten das Wesen des ganzen Stammes. Dieses legten sie dann bei ihrer Rückkehr

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fest im Gesetz, das sie ihrem Volk gaben. Dadurch wurden sie verantwortlich für die Sünden, die gegen dies Gesetz begangen wur­den und mußten sich so lange in ihrem Volke wieder inkarnieren, bis das Volkskarma abgetragen war. Das war so für alle Eingeweih­ten vor Christus, die im Einweihungsschlaf von Innen die Offenba­rung bekamen. Zu dieser Art der Eingeweihten gehörte Salomo, der vom Geschlecht der Abel-Seth-Menschen war.1) Bei diesen alten Ein­geweihten verband sich die Gruppenseele des Volkes mit ihrem Ätherkörper während der Einweihung. Die lebte nachher in ihnen auch. Sie mußten deshalb alle viele Inkarnationen durchmachen.

Diejenigen, welche in alten Zeiten nicht Eingeweihte waren und auch nicht zu einem Volk gehörten, das durch solche Eingeweihte die Offenbarungen bekam, - die zerstreut lebten, die selbst aus der physischen Welt heraus die Erkenntnis sammeln mußten, waren die Kains-Söhne. Ein solcher war Hiram Abiff, der durch das Leben im physischen Leibe Erkenntnis gesammelt und diese bis zur Weisheit erhoben hatte. Er brachte seine Weisheit zum Ausdruck im Tempel-bau. Es war nicht der Gott von Innen, der ihm die Weisheit offen­barte, wie dem Geschlecht der Abel-Seth-Söhne, sondern die im physischen Dasein errungene Erkenntnis. Die Abel-Seth-Eingeweih­ten standen unter dem Einfluß Jehovas. Ihnen wurde im Dämmer­bewußtsein das höhere Wissen gegeben, unter dem Einfluß der Mondgottheit (Jahve).

Hiram Abiff kam damals bis zur Grenze der Initiation. Einge­weiht wurde er aber erst später. Dazu mußte die Geistessonne auf die Erde kommen. Diese stieg ins Physische hinab in dem Christus. Der nur konnte Hiram Abiff einweihen. Die klare [geistige] Sonne mußte ihn bescheinen bei der Einweihung. Er war Lazarus, der nach der Auferstehung Johannes hieß. Er wurde eingeweiht von dem Christus Jesus. Das, was Hiram Abiff durch das Leben im Physi­schen erworben hatte, das mußte bleiben. Nicht das Leben der Gruppe, sondern jede einzelne Inkarnation sollte nun von Wichtig­keit werden. Jede einzelne Inkarnation sollte ein Blatt hinzufügen zum Buche des Lebens, ein Blatt, dessen Inhalt mit hinübergenommen

1) Über Salomo als Eingeweihten siehe auch Vortrag Berlin, 8. Februar 1910.

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wurde ins Geistige, etwas, was blieb, was nicht mehr vergehen konnte, sondern bleiben sollte bis in alle Zukunft hinein. Das stellt Hiram Abiff dar.

Es wird Bedeutung gelegt nicht auf ein inneres Erleben, worin die Stammesart sich kundgibt, sondern auf die eine Inkarnation, die für alle Zukunft Bedeutung hat.

Ehe diese Einweihung des Hiram Abiff durch den Christus Jesus sich vollzog, mußte zuerst die geistige Sonne, die Sonne im Frühling erscheinen und das alte Prinzip mußte zurücktreten. Die Sonne mußte zuerst mit ihrem Lichte den vollen Mond bescheinen, dann konnte erst der Tag der Auferstehung erfolgen. Christus brachte das neue Prinzip an Stelle des alten Jehova-Prinzips, darum haßten ihn die Pharisäer, die Vertreter des alten Prinzips. Und als sie erkannten, daß er dieses Neue vertrat, daß er die neue Einweihung brachte, da suchten sie ihn zu töten nach der Auferweckung des Lazarus. («Die­ser Mensch tut viele Zeichen und Wunder.»)

In Christus Jesus verband sich die Seele der ganzen Menschheit mit den Jesus-Leibern. Der Christus war nur einmal im Fleische inkar­niert. Er wird wiederkommen, aber nicht mehr im Fleische, sondern erst dann, wenn die Menschheit ihn im Ätherkörper erkennen wird. 1)

Anmerkung: Der Volksgeist, der sich bei der Einweihung mit Moses verband und dann in ihm lebte, war Michael.

#TI

II

Instruktionsstunde Berlin, 15. April 1908

(Aufzeichnungen von anderer Hand)

#TX

1. Die Auferweckung des Lazarus

2. Weshalb wollten hernach die Pharisäer Christus ergreifen und töten?

3. Warum fällt das Osterfest auf den ersten Sonntag, nachdem der Mond nach Frühlingsanfang, 21. März, voll geworden ist?

1) Siehe die eingehenden Darstellungen in dem Band «Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt«, GA i 18.

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Die Aufweckung des Lazarus bedeutet eine Art Höhepunkt des Johannes-Evangeliums. Es ist eine Initiation, deren Verlauf da er­zählt wird - aber eine ganz besondere, ganz einzigartige Initiation. Die Initiationen, die bis dahin in den Tiefen der Mysterienstatten vollzogen worden waren in der vorchristlichen Zeit, waren ganz anderer Art. Es gab in diesen vorchristlichen Zeiten große, hohe Eingeweihte und auch minder große. Die größten Eingeweihten:

Moses, Hermes, Zoroaster - auch Buddha und Krishna, die zugleich Gesetzgeber ihres Volkes waren, hatten ihre Initiation so durch­gemacht, daß der Ätherleib aus dem physischen Leib heraus-geholt wurde während einer Zeit von dreieinhalb Tagen, und in dieser Zeit erlebte der Einzuweihende die geistigen Welten in seinem Ätherleib.

Die Gemeinsamkeit der Liebe war früher begründet auf das ge­meinsame Blut: Es liebten sich die Menschen, die eines Stammes waren. Das Ich des Stammes ging durch viele Generationen hin­durch, der Einzelmensch hatte keine Geltung. Jeder schaute hinauf zu dem Stammesvater - der Jude zum Beispiel zu seinem Stammes-vater Abraham. Man fühlte sich zu ihm gehörig als Jude, man sagte:

Ich bin nichts - ich und der Vater Abraham sind eins. - Wie ein Lichtstreif ging diese Zusammengehörigkeit von dem einzelnen Stammesgenossen zum Stammesvater. Der Initiierte sah diesen Lichtstreifen, er sah das ganze Volk wie eingebettet in seiner geisti­gen Essenz, die sich ausdrückte in den Eigentümlichkeiten des Vol­kes und die ausströmte von dem Stammesvater. Das alles sah er klar vor sich, während er so im Todesschlaf lag. - Ja, noch mehr: Die Gruppenseele seines Volkes fuhr in ihn. Er war jetzt die Gruppen-seele des Volkes. So war Moses bei seiner Initiation vereinigt mit Michael. Die Gesetze, die ein solcher Eingeweihter dann nachher seinem Volke gab, waren herausgeboren aus dem Seelenhaften des Volkes selber. Und indem der Eingeweihte sie formulierte, sie fest-legte, wurde er zugleich verantwortlich dafür. Er mußte sich wieder und wieder inkarnieren innerhalb seines Volkes. Und die Sünden seines Volkes wider das Gesetz waren seine Sünden. Er war karmisch damit verknüpft. Des Volkes Sünden lagen auf seinem Karma. Das

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war diesen großen Eingeweihten, die dies übernahmen, voll und ganz bewußt.

Alle diese alten Eingeweihten gehörten der Linie Abel-Seth an. Das heißt, sie empfingen die Erleuchtung von oben. Die Erleuchtung kam ihnen von den Mondenkräften. Jahvekräfte waren es, die sie empfingen. Und nicht im hellen Licht der Sonne, sondern in der Dunkelheit empfingen sie sie. Ihr Ätherleib empfing diese Jahve­kräfte aus der geistigen Welt, während der physische Leib wie im Todesschlaf lag.

Das sollte jetzt anders werden. Die Menschen der Kainsströmung, diejenigen, die von unten herauf durch ihrer Hände Arbeit sich her-aufgearbeitet hatten, waren so weit gekommen, daß sie die Wissen­schaft, die sie sich selbst errungen hatten, zur Weisheit erheben konn­ten, das heißt, sie konnten initiiert werden. Der physische Leib hatte ihren Ä therleibern seine Eindrücke eingeprägt. Durch eigene Arbeit hatten sie den physischen Leib und ihre Seele gereinigt, veredelt, ver­geistigt. Rings in der Welt waren diese Kainskinder zerstreut, und Hiram Abiff wird genannt als der erste dieser in der Welt zerstreuten Kainskinder, der sich so weit hinaufgearbeitet hatte. Hiram Abiff, der einsame Einsiedler, stand vor der Initiation. Bei seiner nächsten Inkarnation empfing er sie. Da wurde er genannt «Lazarus» - denn Lazarus ist in seiner vorigen Inkarnation Hiram Abiff.

Und anders war diese Initiation des Lazarus als alle bisherigen. Bis dahin hatten die Initiierten die Monden-Jahvekräfte empfangen, das heißt die Kräfte, die das Mysterium der Geburt, der Fortpflanzung betreffen, und ein jeder hatte die Kräfte seines Volkes, dem er ange­hörte, empfangen. Jetzt aber sollte nicht mehr die Mondenkraft wir­ken. Jetzt war die Zeit gekommen, wo der Menschheit zuteil wer­den sollte die alle umfassende Sonnenkraft, die Christus-Kraft, die die Kraft der ganzen Menschheit ist. Diese Kraft der ganzen Menschheit sollte den Lazarus initiieren. Die Mondenkräfte sollten besiegt wer­den durch die umfassendere, die für alle Menschen erstrahlende Son­nenkraft. Nicht mehr sollte das Blut allein, das durch den Stamm, das Volk fließt, gelten. Von jetzt an sollte gelten dasjenige, was jeder einzelne Mensch sich in seiner Seele erarbeitet. Jeder einzelne

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Mensch innerhalb seiner Inkarnation sollte von jetzt an Wert haben, die einzelne Inkarnation sollte geweiht sein dem Streben nach Heili­gung, Vergeistigung, einerlei welchen Namens auch ein Mensch sei. Das ist die tiefste Idee des Christentums.

Von jetzt an sollte eine jede Inkarnation wie ein Blatt sein, auf das ewige Werte der ringenden, strebenden Menschenseele eingezeich­net werden können. Und am Ende einer solchen Inkarnation sollte ein solches Blatt in das Buch der Ewigkeit gelegt werden, das immer größere Werte, immer tiefere Bedeutungen, immer größere Berei­cherungen jeder einzelnen Menschenindividualität in sich bergen soll. Das sind die Lebensfrüchte, die jeder einzelne Mensch in seiner [ndividualität sich erarbeiten soll, für sich allein in stetem Streben. Lind niederlegen soll er diese Lebensfrüchte dann in den Schoß der ganzen Menschheit, so daß sie dem Fortschritt der ganzen Mensch­heit sich einfügen können.

Der Christus ist die große göttliche Individualität, die einmal auf der Erde erschienen ist im Fleisch des Jesus von Nazareth, uns ein­mal vorgelebt hat eine Jnkarnation, auf die alle strebenden, suchen­den Menschenseelen hinschauen können als auf das große Vorbild und Ideal für ihr Einzelstreben. Nur einmal erschien der Christus im Fleische! Aber er wird wieder erscheinen auf der Erde! In einem geistigen Leibe wird er wieder erscheinen, und diejenigen Menschen, die sich durch ihr Seelenstreben so weit vergeistigt haben, werden ihn in seinem Geistleibe erkennen und werden mit ihm leben können.

Dieser Christus, der hohe Sonnengeist, initiierte den Lazarus, den wiedergeborenen Hiram-Abiff.

Das bedeutete aber einen radikalen Bruch mit dem bisherigen In­itiationsprinzip. Das erkannten die Pharisäer, die ja auch Eingeweih­te waren, durchaus und das erfüllte sie mit Furcht und Schrecken. Sie erkannten wohl, was da vor sich ging; sie sahen aber auch, daß von jetzt an, wenn dies neue Prinzip sich durchsetzen würde, es mit ihrer eigenen Macht vorbei sein würde. Von da an trachteten sie da­nach, wie sie den Träger des neuen Initiationsprinzips unschädlich machen könnten und sie sind es ja auch, die zuletzt es möglich machten, daß der Christus zum Tode geführt wurde.

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Von Lazarus wird gesagt, daß er der Jünger war, den der Herr lieb hatte. Und später wird gesagt, daß der Johannes es sei, der an der Brust des Herrn ruhte. Es verbirgt sich ein tiefes Seelenentwicke­lungsgeheimnis hinter diesen beiden Angaben, die wir im Johannes-Evangelium finden.

Jetzt verstehen wir auch, warum das Osterfest auf den Zeitpunkt jedes Jahres fällt, wo die junge Frühlingssonne dem am Frühlings­anfang voll gewordenen Mond ins Antlitz schaut. Sie soll Sieger sein über die Mondenkräfte. Christus, der Sonnengott, besiegt den Mon­dengott! Darum muß im Fr ü hling, wenn die Sonne ihre volle Kraft wieder erlangt hat, der Mond einmal voll ihr ins Antlitz schauen, ehe er von ihr besiegt wird. So ist uns das Osterfest ein Fest, das uns erinnert daran, daß aufersteht aus dem Todesschlaf innerhalb der Materie die Menschenseele, die, aufschauend zur Christus-Sonne, in ihrem Lichte lebend, in ihrer Liebe strebend, empfangen kann das neue Leben, das Auferstehungsleben.

#TI

III

Instruktionsstunde ohne Orts- und Datumangabe

mit der Überschrift »Die Mission des Menschen auf Erden»

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Wenn der Mensch anfängt sich zu fragen, wer er eigentlich ist, wie er sich so in seinem Innern empfinden kann, so muß es ihm allmäh­lich einleuchten, daß er sich fühlt als eine Ich-Wesenheit, und daß sich alles, was er durchlebt an Freuden und Schmerzen, alles, was ihn treibt zum Handeln, um diesen Mittelpunkt gruppiert und von da aus seinen wahren Impuls erhält. Abgetrennt von den anderen Wesen, von ihnen verschieden ist der Mensch in seinem Ich-Gefühl; und doch ist es ihm gerade durch dieses Ich erst möglich, sich be­wußt mit seiner Umwelt in Verbindung zu setzen. In bezug auf den physischen Körper, der sichtbar, wahrnehmbar für die Außenwelt darstellt, was der Mensch in seinem Innern empfindet als ein Auf­sich-selbst-gestellt-Sein, als wäre er ein von der Umwelt abgetrenntes

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Wesen, wird ihm deutlich, daß da das Herz den eigentlichen Mittel-punkt darstellt. Das Herz belebt die anderen Organe, indem von da aus das belebende Blut geschickt wird bis in die kleinsten Teile des physischen Körpers.

Wie das Ich der innere Mittelpunkt ist, von dem alle Impulse zur Offenbarung der menschlichen Wesenheit ausfließen in die Umwelt, und zu welchem alle Empfindungen aus der Außenwelt zurückkeh­ren, indem sie da aufgenommen und verarbeitet werden, so fließt von dem Herzen aus das belebende Blut durch den ganzen Körper und kehrt dann wieder nach diesem Mittelpunkt zurück. Wie einen Ausdruck der Ich-Wirksamkeit im physischen Körper stellt sich das Herz dar.

Es gibt - sowohl im menschlichen Ich wie im physischen Herzen -zweierlei Arten von Wirkung: die des Nach-außen-Sendens und die des Aufnehmens und des Umarbeitens im Innern. Denn wie das zu­rückkehrende blaue Blut mit Hilfe des Atmungsprozesses durch die Lungen wieder in das rote lebendige Blut verwandelt wird, so müs­sen die Erfahrungen, welche das menschliche Ich aus der Umwelt in sich aufnimmt, durch die Gefühle und Empfindungen des astrali­schen Leibes gehen und dadurch Anregung werden zur neuen Wirk­samkeit. Das menschliche Herz vollbringt seine Wirkung nach ei­nem bestimmten Tempo; es vergeht eine kurze Weile, ein Zeitraum, zwischen den aufeinanderfolgenden Herzschlägen. So auch braucht das menschliche Ich einen bestimmten Zeitraum zwischen dem Auf­leben des Impulses zum Handeln und dem in sich Verarbeiten der Empfindungen, welche dadurch von der Außenwelt auf das Ich zu-rückwirken. Bei jedem Menschen wird dieses Tempo verschieden sein, je nach der individuellen Veranlagung und der Stufe seiner Entwickelung.

Wenn aber der Mensch allmählich zur Erkenntnis seines eigenen Wesens vordringen will, so muß er versuchen, sein eigenes, ihm angemessenes Tempo zu verstehen, seinen eigenen Herzschlag zu belauschen und das innere Leben seines Wesens kennenzulernen. Dieses sein eigenes Wesen muß er schauen können, als gehörte es nicht zu ihm. Als außer ihm stehend muß er es betrachten lernen,

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dann erst kann er allmählich in dieses herabsteigen. Wie er vorher von sich aus seine Impulse hinausschickte in die Umwelt, so wird er dann seine Kräfte umwandeln und sie, statt nach außen, nach innen wenden. So wird für ihn das Innere zur Außenwelt.

Was der Mensch da vorfindet beim Heruntersteigen in sein eige­nes Innere, zunächst in seine drei Leibeshüllen, das wird in schöner Weise mitgeteilt in jener der Menschheit aus uralten Zeiten überlie­ferten Tempellegende, in welche symbolisch gelegt ist der ganze Lauf der Erdenentwickelung in bezug auf den Bau des Tempels -des menschlichen Leibes - und die Entwickelung des Menschheits-Ich.

Es wird darin erzählt, wie der große Baumeister Hiram Abiff noch einmal in den Tempel hineingehen wollte, um sein Bauwerk zu schauen. Als er den Tempel wieder verlassen wollte, da traf ihn an der ersten Pforte der erste der drei verräterischen Gesellen und erteilte ihm einen Schlag auf die linke Schläfe, so daß das Blut herun­terfloß bis auf die Schulter. Dann wandte sich der Meister zu der anderen Pforte, da traf ihn der zweite der verräterischen Gesellen und erteilte ihm einen Schlag auf die rechte Schläfe, so daß das Blut herunterfloß. Da kehrte sich der Meister zu der letzten der Pforten, da traf ihn der dritte der verräterischen Gesellen mit einem Schlag auf die Stirn, so daß der Meister tot zur Erde fiel.

Wenn das menschliche Ich in seine drei Hüllen hinuntersteigt, so trifft es zunächst auf den astralischen Leib. Es empfindet diesen astralischen Leib so, wie er in Wahrheit ist. Wie durch einen Schlag wird das Ich sich gewahr und erkennt sich in dieser astralischen Hülle. Es begegnet dem Menschen da der Zweifel an allem und an sich selbst. Durch diesen wird er angefallen. Das ist der erste der verräterischen Gesellen.

Weiter trifft der Mensch dann auf seinen ätherischen Leib, in den er hinuntersteigt. Und wieder lernt er sich so erkennen, wie er in diesem Leibe ist, wie mit einem Schlag darauf aufmerksam gemacht. Da tritt ihm entgegen der Aberglaube: aller Glaube, alle Meinungen, welche durch Erziehung angeeignet worden sind. Das ist der zweite der verräterischen Gesellen.

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Dann steigt der Mensch hinunter in seinen physischen Leib und lernt kennen die Illusion des persönlichen Selbstes. Das ist der dritte der verräterischen Gesellen. Wenn dieser ihm begegnet, so wird ihm genommen wie mit einem Schlage die Möglichkeit, sich selbst in sei­nem eigenen Selbst als abgeschlossen von der Außenwelt oder von seiner Umwelt zu empfinden. Er lernt den Schein erkennen und die Wahrheit, und er steigt aus seiner engen Begrenzung heraus. Nicht mehr eingeschlossen durch die drei Hüllen, tritt der Mensch frei aus sich heraus in die Umwelt und erkennt sich als Mikrokosmos in dem Makrokosmos.

Wenn man den Menschen symbolisch darstellt als das Penta­gramm, so muß er betrachtet werden als in sich umfassend die drei niederen Reiche auf Erden. Das Mineralreich hat nur den physischen Leib auf der Erde, es kann symbolisch angedeutet werden durch eine Linie: \Das Pflanzenreich hat außerdem noch ein zweites Prinzip in sich, den Ätherleib, dieses muß deshalb angedeutet werden durch zwei Linien, die einander berühren: >

Der Ätherleib enthält das Prinzip des Wachstums. Es würde in der Pflanzenform immer Blatt nach Blatt ansetzen, wenn es nicht abgeschlossen würde durch das von oben ihm entgegenkommende Astralische, welches die Blüte hervorruft. Das ätherische Prinzip, welches bei den Pflanzen das fortwährende Wachstum bewirken würde, hat sich bei den Tieren teilweise umgewandelt, so daß es mehr innerlich als Empfänger des Astralleibes seine Kräfte ausübt. Die gerade Linie des Ätherischen wird abgeschlossen und abgebogen durch eine neue Linie, welche symbolisch das astralische Prinzip darstellt, und diese neue Linie biegt dann wieder nach der andern Seite das physische Prinzip ab. Daher ist auch die physische Form, welche bei den Pflanzen eine vertikale Linie darstellt, bei den Tieren umgebogen und horizontal geworden. Das Tier kann also symbo­lisch angedeutet werden mit den drei Linien; beim Menschen kommt zu den drei Prinzipien noch das Ich hinzu. Man kann dieses Ich symbolisch darstellen als einen Punkt über den drei Linien, der

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seine Kraft ergießt in den Ätherleib und in den physischen Leib, durch zwei Linien, welche durch das Astralische hindurchgehen, in­dem es an der einen Seite durch Licht, an der andern Seite durch Wärme einwirkt. Durch diese Einwirkung des Ich wird die mensch­liche Form wiederum in eine aufrechte Linie erhoben, und so ent-steht das Symbolum des Pentagramms.

Wenn der Mensch selber das Pentagramm ist und ganz drinnen lebt, so wird er sich als solches nicht schauen können. Nur denjeni­gen Teil seiner Wesenheit wird er bewußt überblicken können, wel­cher unter seinem Ich steht, worüber er hinausgewachsen ist. Das sind die drei Linien, welche das Symbolum für das Tier darstellen. Deshalb sieht der Mensch von der Vorderseite seines physischen Leibes auch nur den Teil, welcher unter den Schultern ist.

Will er sich selber aber als ein Ich wirklich erkennen, so muß er aus sich heraustreten, sodaß er außerdem kennenlernt den oberen Teil des Pentagramms. Ein neues Wahrnehmungszentrum muß er sich schaffen, welches außerhalb des Pentagramms liegt; einen über­menschlichen Standpunkt muß er einnehmen können, welcher außerhalb des Ich liegt und doch ein Bewußtseinszentrum ist.

Es wird nun in der Tempellegende erzählt, wie der Meister den ersten Schlag auf die linke Schläfe empfing, den zweiten Schlag auf die rechte Schläfe, so daß das Blut bis auf die Schulter herunterfloß, und den dritten Schlag auf die Stirn. Dann tritt der physische Tod ein. Damit wird gerade dieser obere Teil des Pentagramms angedeu­tet. Mit dem physischen Tode tritt der Mensch aus seinem persönli­chen Selbst heraus und erlebt sich im Makrokosmos. Die Tempel­legende sagt uns, wie der Leichnam des Meisters von den drei Gesel­len begraben wurde, wie der Meister selber, neugeboren im Kosmos, erlebte die Entwickelungszustände der Erde als alter Mond, als Sonne mit den sieben Planeten und als Saturn mit den zwölf Zei­chen des Tierkreises. Wenn der Mensch herausgetreten ist aus seinen drei Hüllen und sich selbst erlebt im Kosmos, wie neugeboren, so ist das erste, was er empfindet, das Wesen der großen Mutter, der Erdenmutter, aus der er herausgewachsen ist, und er erlebt frühere Entwickelungszustände, in denen er mehr abhängig und inniger

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verbunden war mit der Erde. Diese erlebt er als Mondenzustand, Sonnenzustand und Saturnzustand.

Was der große Baumeister Hiram Abiff damals aber nicht erleben konnte, weil er - wie die Tempellegende sagt - vor dem Christus-Ereignis auf Erden lebte, das war das Licht und die Wärme der Christus-Wesenheit in der Erdenaura. Denn diese Wesenheit hatte sich damals noch nicht mit der Erde verbunden. In der Sonne konn­te sie geschaut werden, wie einstmals der Zarathustra sie geschaut hatte als Ahura Mazdao, die große Aura, als das kosmische Herz, als es ihm offenbar wurde, daß einmal dieses Sonnenwesen auf Erden leben würde in einem menschlichen Leibe. Ihm wurde offenbar seine große Mission, durch viele Inkarnationen hindurch und auf verschie­dene Weise so zu wirken, daß vorbereitet wurde solch ein mensch­licher Leib, welcher fähig war, den Sonnengeist in sich zu tragen. Das eigene individuelle Tempo seines Ich sollte er so stimmen, daß es in Zus ammenklang war mit diesem höheren Ich der Menschheit. Der Klang und Rhythmus seines Herzschlags sollte zusammenfallen mit dem Ton und Rhythmus des großen kosmischen Herzens, dann erst konnte leben in einem menschlichen Leibe das erhabene Sonnen-wesen.

Als der große Baumeister Hiram Abiff auf Erden lebte, war diese gewaltige Tatsache noch nicht vollbracht. Aber weiter lebte die Jndividualität des Hiram Abiff und wurde wiedergeboren auf Erden in der Zeit, als in dem Jesus von Nazareth die Christus-Wesenheit, der große Sonnengeist, lebte. Einstmals wurde der große Baumeister Hiram Abiff geleitet zu seinem Ahnherrn, um den neuen Hammer zu erhalten, womit er weiter Arbeit leisten sollte. Durch das Feuer hindurch wurde er zu ihm geführt. Das menschliche Ich mußte da­mals durch das Blut der Generationen zu den Ahnen sich erheben, um zu erlangen die höhere Weisheit. Jetzt aber, da der große Son­nengeist auf die Erde heruntergestiegen war und lebte in dem Leibe des Jesus von Nazareth, legte der Christus Jesus selber dem wieder­geborenen Hiram Abiff den Samen des neuen Lebens in das Herz. Durch Ihn selber wurde er auferweckt zum geistigen Leben, neu ge­boren wurde er in dem Jünger, den der Herr lieb hatte. Das menschliche

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Ich wurde durch das göttliche Ich belebt und zum höheren Da­sein erhoben. Danach konnte dieser Jünger der Schreiber werden desjenigen Evangeliums, welches als Ausgangspunkt hat das mensch­liche und das göttliche Ich. Und es wurde ihm offenbart die Ent­wickelung dieses menschlichen Ich durch die nachatlantischen Kul­turperioden in die Zukunft hinein, bis an das Ende der Erdentage, wie er es in der Apokalypse darstellte. Und in seinem Evangelium wird gesagt, wie der Christus Jesus mit den letzten Worten, welche vom Kreuze herabtönen, diesen Jünger übergibt seiner Mutter, wel­che nicht seine leibliche Mutter war. Als Sohn gibt er das Menschen-Ich der Erdenmutter, nachdem er es mit seinen Kräften belebt hat, auf daß sie es hüte und pflege. Als Mutter gibt er diesem Ich die Erde, auf daß der Sohn der Mutter seine Kräfte gebe. Erlösen soll das menschliche Ich die Erde, sie mit seinen Kräften hinaufheben in geistige Regionen, mit dem vollen Bewußtsein, daß es ohne diese Erde nicht sich entwickeln könnte zu dem, was es ist und werden soll.

Mit dem Ereignis auf Golgatha, als das Blut floß aus den Wunden des großen Erlösers, als das kosmische Herzensblut die Erde durch­drang und seine Kräfte sich bis in den Mittelpunkt ergossen, da wurde die Erde leuchtend, von innen heraus strahlte Licht aus in ihre Um­gebung. Da wurde auch die Möglichkeit gegeben für jede mensch­liche Individualität, in sich selber dieses Licht zu erleben. Als die Erde der Leib des großen Sonnengeistes wurde, indem er sie mit sei­nen Geisteskräften durchdrang, da wurden alle Wesen auf Erden ebenso mit diesen Kräften begabt. Es war der Keim gelegt zur Wie­dervereinigung von Sonne und Erde. Der physische Leib des Jesus von Nazareth war der Vermittler, durch welchen die Kräfte aus dem Kosmos sich mit der Erdenaura verbanden. Und als das Blut aus die­sem Leibe floß auf Golgatha, da wurde die Erde wieder in die Son­nenkraft aufgenommen. Seitdem strahlt diese Christus-Kraft von ihrem Mittelpunkte in die Umgebung hinaus, und aus der Sonne strahlt die Christus-Kraft in die Erde hinein. Der Mensch kann diese Kraft, dieses Licht erleben in sich selber als Erdenmensch, wenn er sich erkennt als einen Teil der Erde, die als physischer Leib des

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Christus durchdrungen ist von seiner Wesenheit. Dann leuchtet in ihm das weiße Licht aus seinem Innern entgegen, wie es aus dem Mittelpunkt der Erde herausstrahlt.

Es kann der Mensch die Christus-Kraft und das Christus-Licht auch so erleben, wie es von außen herantretend ihn bestrahlt und durchdringt mit höherem Leben. Dann umgibt und durchdringt es ihn, wie es, aus der Sonne hineinstrahlend, die Erde durchlebt. Dann fühlt sich der Mensch im Geiste vereint mit dieser Sonnenkraft, er empfindet sich wie von seinem Herzen heraus zusammenwachsend mit dem großen kosmischen Herzen. Als ein höheres Wesen, lebend in dieser geistigen Sonne, erkennt er sein wahres Selbst, so verbun­den mit ihr, wie er als Erdenmensch mit der Erde selber verbunden ist. Und wie die Sonnenkräfte die Erde durchleuchten und beleben, so durchleuchtet und durchlebt dieses höhere Wesen den Erden-menschen mit seinen Kräften.

In dem Tempel des menschlichen Leibes befindet sich ein Heilig­stes vom Heiligen. Viele Menschen leben in dem Tempel, ohne et­was davon zu wissen. Aber die, welche es ahnen, erhalten dadurch die Kraft, sich so zu läutern, daß sie in dieses Heiligste hineingehen dürfen. Da befindet sich das heilige Gefäß, welches durch Zeitepo­chen hindurch vorbereitet wurde, auf daß, wenn die Zeit käme, es fähig sein könne, das Christus-Blut, das Christus-Leben in sich zu enthalten. Wenn der Mensch hineingegangen ist, so hat er auch den Weg gefunden zu dem Allerheiligsten in dem großen Erdentempel. Auch da leben viele auf der Erde, ohne davon zu wissen; aber wenn der Mensch in seinem innersten Heiligtum sich gefunden hat, so wird er auch da hineintreten dürfen und finden den Heiligen Gral. Wie aus wunderbar glitzernden Kristallen geschliffen, welche Sym­bole und Buchstaben formen, wird sich ihm das Gefäß zunächst zei­gen, bis er allmählich den heiligen Inhalt empfindet, so daß er für ihn leuchtet im goldenen Glanze. In die Mysterienstätte seines eige­nen Herzens steigt ein Mensch hinein, dann geht ein göttliches Wesen aus dieser Stätte hervor und verbindet sich mit dem Gott draußen, mit dem Christus-Wesen. Es lebt in dem geistigen Lichte, welches hineinstrahlt in das Gefäß und dieses dadurch heiligt.

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Weil der Mensch so lebt als zweifaches Wesen, kann er die geistige Sonnenkraft in die Erde hineingießen und ein Bindeglied sein zwi­schen Sonne und Erde. Wie aus dem Lebe nszentrum, dem Herzen heraus, das belebende Blut fließt und sich ergießt durch den ganzen physischen Organismus bis in das Knochensystem hinein, welches man - als äußere Verfestigung und Erstarrung im Organismus - als Gegensatz auffassen kann des lebendigen, immer regsamen Herzens, so muß eine jede menschliche Individualität werden ein Kanal für das aus dem kosmischen Lebenszentrum fließende Blut, das die ver­festigte Erde mit Leben durchdringt. Wie ein kosmisches Knochen-system kann die Erde gedacht werden. Sie würde ganz und gar ver­knöchert und vertrocknet sein, wenn nicht das kosmische Herz durch einen menschlichen Leib sein Lebensblut ausgeströmt und sie dadurch auf das neue belebt hätte.

Einstmals hat der große Sonnengeist in einem Menschenleibe der Menschheit vorgelebt, was ein jeder Mensch in sich nachleben soll. Durch Ihn ist die Möglichkeit dazu gegeben. Sich erfüllen mit dem Christus-Geist, sich selber erkennen als einen Mittelpunkt, lebend in diesem Geiste, durch welchen hineinströmen kann das geistige Licht, die geistige Kraft und die geistige Wärme in die Erde, das ist die Mission des einzelnen Menschen und der ganzen Menschheit, denn dadurch wird sie die Erde erlösen können und sie zu geistigen Regionen emporheben.

#TI

IV

Authentisch überlieferte Angaben

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Lazarus, der von dem Christus Jesus selbst initiierte Lieblingsjünger, der spätere Verfasser des Johannes-Evangeliums, ist der wiederver­körperte Hiram Abiff.

Adam-Eva Kain

Abel Seth Lamech

Hiram Abiff

Salomo Lazarus -Johannes.1)

1) Aufzeichnung Rudolf Steiners für Helene Röchling als Ergänzung zur Tempellegende

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Die Individualität, die als Hiram Abiff und Lazarus-Johannes wie­derverkörpert war, wurde in ihren Verkörperungen im 13. und im 14. Jahrhundert erneut eingeweiht und trägt seitdem den Namen Christian Rosenkreutz.1)

#TI

V

Aus der Instruktionsstunde

Berlin, 10. Februar 1913

für den 3.°

#TX

Die Legende, die siebenstufige Leiter 2) und anderes Gegebenes soll sich jeder von uns vor die Seele am Tage halten, dann wird der Mensch als eine Folge davon - wenn die Dinge, die hier gemacht werden, richtig gemacht werden - verspüren, daß dann die richtigen Kräfte einfließen.

In der Nacht darauf kann der Mensch dann in die Nähe des Hiram Abiff oder Adoniram, Lazarus, den der Herr selber eingeweiht hat, kommen. Dazu wird die Meditation gegeben: «Ich bin nicht nur für mich auf der Welt, sondern um meinem Urbild ähnlich zu werden.»

Dieses Streben ist Pflicht, nicht Egoismus. Diese Dinge sind in den ersten Szenen der «Prüfung der Seele» und des «Hüters der Schwelle» gegeben, wie in den drei Dramen überhaupt viel, viel Meditationsstoff gegeben ist.

1) Durch Marje Steiner überlieferte Mitteilung Rudolf Steiners im erkenntniskultischen Zu­sammenhangi Siehe hierzu den Anhang zu diesem Abschnitt auf Seite 423 ff.

2) Die sogenannte Jakobsleiter. Dazu heißt es bei Schauberg («Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei iii» II. Band S.402 f.): «Das persische Symbol des Eingangs der Seele des Verstorbenen in den Himmel durch die sieben Planetensphären hindurch soll eine zu sieben verschiedenen Türen führende Treppe oder Leiter gewesen sein. (i i) Nach Origines wurde bei den Ägyptern durch ein ähnliches Symbol das Herabsteigen der himm­lischen Seelen in der Milchstraße durch die sieben Planetensphären dargestellt, nämlich durch eine Leiter, die vom Himmel zur Erde reichte und in sieben Stufen, eine jede mit einem Tore, abgeteilt war. (...) Die Leiter, welche Jakob in dem bekannten Traume sah und die gleichfalls von der Erde bis zum Himmel reichte, war wohl diese ägyptische Leiter, welche die Menschenseelen aus dem Himmel auf die Erde herab und von da wieder in den Himmel zurückführte, welche somit nicht bloß drei Stufen hatte», wie dies allgemein üblich ist.

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Ihr sollt nicht vergessen, daß von den spirituellen Mächten auf euch gerechnet wird in der Menschheitsführung.

Jeder Mensch ist Bürger der geistigen Welt, ihr aber sollt es mit Bewußtsein sein! Immer in der Nacht seid ihr in einer geistigen Welt und verkehrt dort mit Wesen und urteilt. Das kann dem Menschen plötzlich zum Bewußtsein kommen beim Aufwachen oder sonst den Tag über so: «Ich habe mich zum Offenbarer des göttlichen Urbildes in mir auszubilden.»

Meditiert über den Tod; das ist eine sehr wichtige Sache.

ANHANG Zur Hiram Johannes-Forschung Rudolf Steiners

#G265-1987-SE423 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

#TI

ANHANG

Zur Hiram Johannes-Forschung Rudolf Steiners

Hella Wiesberger

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Die in dem Abschnitt «Erläuterungen zur Tempellegende» enthaltenen Angaben über die Wiederverkörperungen von Hiram Abiff als Lazarus-Johannes und als Christian Rosenkreutz bedürfen einer Ergänzung, da sie nur einen Teil dessen bilden, was man Rudolf Steiners Hiram-, respektive Johannes-Forschung auf dem Gebiete der Reinkarnation nennen kann. Denn sie gilt nicht nur der Individualität von Lazarus-Johannes, dem Evan­gelisten und Apokalyptiker, sondern ebenso derjenigen von Johannes dem Täufer, sowie der geheimnisvollen Verbindung beider.

Diesen Reinkarnationsforschungen, die beide Johannes-Gestalten glei­chermaßen umfassen, kommt werkbiographisch eine hervorragende Stel­lung zu, weil sie wie als ein A und 0 am Anfang und am Ende von Rudolf Steiners geisteswissenschaftlicher Vortragstätigkeit stehen und sich darüber hinaus wie ein «roter Faden» durch das ganze Werk ziehen (Marie Steiner).

Das erste dieser Forschungsergebnisse findet sich zu Beginn der geistes-wissenschaftlichen Vortragstätigkeit (1901/02) im Zusammenhang mit dem dreifachen Ansatz, das Christentum als eine mystische Tatsache und als Mittelpunktsgeschehen der Menschheitsgeschichte zu rechtfertigen:

mit dem Vortragszyklus «Von Buddha zu Christus» in dem Berliner litera­risch-avantgardistischen Zirkel «Die Kommenden»; mit der Vortragsreihe über ägyptisches und griechisches Mysterienwesen und das Christentum im Kreise der Berliner Theosophen; mit der Schrift «Das Christentum als mystische Tatsache». Alle drei Darstellungen kulminierten in der Interpre­tation des Johannes-Evangeliums, einsetzend bei der Auferweckung des Lazarus als einer von Christus Jesus vollzogenen Initiation und in der Fest­stellung, daß der auferweckte Lazarus der Verfasser des Johannes-Evange­liums gewesen ist. Der Zyklus «Von Buddha zu Christus», von dem es keine

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Nachschriften gibt, endete nach Rudolf Steiners Äußerung in seinem Vortrag Dornach, 11. Juni 1923, mit diesem Motiv; in den Nachschriften von der Vortragsreihe vor den Theosophen findet es sich unter dem Datum des 15. März 1902. In der Schrift «Das Christentum als mystische Tatsache» ist zwar nicht direkt gesagt, daß Lazarus der Verfasser des Johannes-Evan­geliums ist, doch ergibt es sich aus der ganzen Darstellung.1)

Unmittelbar nach dem Ansatz zur Rechtfertigung des Christentums be­gann Rudolf Steiner, auch die Lehren von Reinkarnation und Karma in das europäische Geistesleben einzuführen, da auf ihnen alle geisteswissen­schaftlichen Forschungen beruhen.2) In besonderem Maße diejenigen über Geschichte; wird doch Geschichte durch die sich wiederverkörpernden Menschenseelen bewirkt, indem sie die Ergebnisse ihres Lebens in einer Epoche in ihre Leben in anderen Epochen hinübertragen. Und weil dies auch für die spirituellen Lenker der Menschheit gilt, ist deren Wirkens-impulsen in den verschiedenen Zeitaltern ein wesentliches Kapitel in der weitgespannten Thematik Geschichte und Reinkarnation gewidmet. Den beiden Johannes-Gestalten ist darin ein breiter Raum eingeräumt.

Die ersten Mitteilungen von früheren Erdenläufen dieser beiden christ­lichen Führergestalten machte Rudolf Steiner im Jahre 1904, beginnend mit Johannes dem Täufer. In dem öffentlichen Berliner Vortrag über Chri­stentum und Reinkarnation vom 4. Januar 1904 heißt es, daß Reinkarna­tion in den Mysterien zu allen Zeiten gelehrt wurde, auch von Christus, der, wie es schon im Evangelium steht, seine vertrauten Jünger darauf hin­wies, daß Johannes der Täufer der reinkarnierte Prophet Elias gewesen ist. Weitere Mitteilungen erfolgten zur Jahreswende 1908/09. Den Hinter­grund, aus dem heraus es dazu gekommen war, schildert Marie Steiner in einem nach dem Tode Rudolf Steiners geschriebenen Erinnerungsaufsatz wie folgt:

«Es war zu der Zeit, wo Rudolf Steiner mich ermutigte, immer mehr mit der Rezitation herauszutreten. Ich versuchte damals, mich zu Novalis durchzuringen. Ich teilte ihm mit, daß es mir nicht leicht würde, daß ich den Schlüssel zu Novalis noch nicht gefunden hätte. Er gab mir den Rat, mich in die Stimmung der heiligen Nonnen hineinzuversetzen. Die Nonnen

1) Darauf weist Rudolf Steiner selbst in seiner letzten Ansprache vom 28. September 1924 hin. Im Vortrag vom 25. Juli1904 wurde ausgesprochen, daß gemäß der Akasha-Chronik der auferweckte Lazarus der Schreiber des Johannes-Evangeliums gewesen ist, derselbe Jünger, den der Herr lieb hatte und der unter dem Kreuze stand.

2) Siehe «Wiederverkörperung und Karma», GA 135.

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halfen mir nicht. Im Gegenteil. Ich wußte nichts Rechtes mit ihnen anzufangen. Da auf einmal hellte es sich auf: Raffaels Gestalten umstanden mich. Das Kind leuchtete auf den Armen der Mutter mit seinen weltentiefen Augen. Ich sehe dich in tausend Bildern, Maria, lieblich ausgedrückt Tönendes Weltmeer ringsherum, Farbenharmonien. - Ich sagte zu Rudolf

Steiner: Die Nonnen habens nicht getan. Aber ein anderer hat geholfen:

Raffael. Jetzt ist mir Novalis ganz durchsichtig. - Ein Leuchten ging über Rudolf Steiners mildes Antlitz. Einige Tage später gab er uns zum ersten­mal das Novalis-Raffael-Johannes-Elias-Geheimnis.» 1)

Dieses «einige Tage später» läßt sich nicht genau datieren.21 Das erste feste Datum ist überliefert durch die Erinnerungsschilderung von einer Novalis-Veranstaltung, die in München am 6. Januar 1909 stattgefunden hat und von der es heißt: «Unter dem Weihnachtsbaum im Raume des Münchner Zweiges sah und hörte ich Marie von Sivers zum erstenmal, als sie umringt von farbigen Nachbildern raffaelischer Gemälde, Verse von Novalis rezitierte. Es war um die Jahreswende 1908/09. Der ganze Raum war mit rosenrotem Satin ausgeschlagen, ein Rosenkreuz - damals noch mit zwölf roten Rosen - hing in der Mitte über dem Rednerpult, von wo wir soeben durch Rudolf Steiner über die Wesenheit gehört haben, die als Elias, Johannes der Täufer, Raffael, Novalis inkarniert war.»3)

Es muß sich somit um eine sehr feierliche Veranstaltung gehandelt ha­ben. Ebenso ein halbes Jahr später, als inmitten des in Kassel gehaltenen Vortragszyklus über das Johannes-Evangelium im Verhältnis zu den drei anderen Evangelien wiederum eine Novalis-Matinee stattfand (Kassel, 4. Juli 1909). Auch davon gibt es nur die später niedergeschriebene Erinne­rung eines Teilnehmers: «Nach einer musikalischen Einleitung sagte Ru­dolf Steiner an, daß Marie von Sivers einige Gedichte von Novalis vortra­gen werde. Mit tiefer Einfühlung sprach Marie von Sivers in der ihr schon

1) Aus »Am Vorabend des Michaeli-Tages» in »Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht. Nachrichten für deren Mitglieder», 2. Jg. 1925.

2) Die Marienlieder von Novalis wurden von Marie von Sivers zum erstenmal bei der Weih­nachtsfeier im Berliner Zweig am 22. Dezember 1908 rezitiert. Darum könnte das »einige Tage später» beim Vortrag vom 28. Dezember 1908 gewesen sein, mit dem diejenige Thematik eingeleitet wurde, die als ein höheres Kapitel der Geisteswissenschaft bezeichnet wurde, bei dem aber Rudolf Steiner nicht erlaubt hatte, daß mitgeschrieben wird. Für dieses Datum spricht noch der Umstand, daß es unwahrscheinlich ist, daß gerade in Berlin, der damaligen Hauptwirkensstätte, nicht darüber gesprochen worden sein sollte. Denn in Berliner Vorträgen wird diese Inkarnationsreihe erst viel später und als bereits bekannt erwähnt.

3) Max Gümbel-Seiling in »Gedenkblatt für Marie Steiner-von Sivers», Stuttgsrt 1949.

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damals eigenen Sprachgestaltung. Danach begann Rudolf Steiner mit sei­nem Vortrag, in welchem er die Inkarnationen Elias-Johannes der Täufer­Raffael-Novalis als Folge von Lebensläufen der gleichen Individualität mit­teilte. ... Rudolf Steiner sprach an die Stimmung dieser Rezitation anschlie­ßend ungemein warm, eindringlich, ja weihevoll. Der Vortrag hatte gera­dezu sakralen Charakter. ... Und so lag bei Schluß des Vortrages - dessen einziger Gegenstand diese Wiederverkörperungsreihe war - eine tiefe Be­wegtheit über der Zuhörerschaft und manches Auge schimmerte unter -bei Männern verhaltenen, bei Frauen quellenden Tränen.»1)

Daß das Wiederverkörperungsgeschehen jedoch nicht so einfach sei, wie man sich das gewöhnlich vorstelle, darauf wurde schon früher einmal so hingewiesen:

«Die Menschen, auch die Theosophen, stellen sich die Geheimnisse der Reinkarnation gewöhnlich viel zu einfach vor. Man darf sich nicht vorstel­len, daß irgendeine Seele, die heute in ihren drei Leibern verkörpert ist, einfach in einer vorhergehenden Inkarnation sich verkörperte und dann wieder in einer vorhergehenden Inkarnation, der dann wieder eine solche voranging, immer nach demselben Schema. Die Geheimnisse liegen viel komplizierter. (...) Wir können oftmals eine historische Gestalt nicht in ein solches Schema bringen, wenn wir sie richtig verstehen wollen. Wir müs­sen da viel komplizierter zu Werke gehen.» (Leipzig, 12. September 1908)

Damit wurde gewissermaßen angekündigt, was dann vom Jahresende 1908 an als ein höheres Kapitel der Wiederverkörperungslehre zu behan­deln begonnen wurde. An konkreten Beispielen geschichtlicher Gestalten wurde aufgezeigt, wie sich, bedingt durch das Gesetz von der spirituellen Ökonomie zur Erhaltung von Geistig-Wertvollem für die Zukunft, nicht nur das menschliche Ich, sondern auch andere Wesensglieder wiederver­körpern können, und zwar in anderen Individualitäten. Die Schilderungen von solchen Durchdringungsverkörperungen bei großen Geisteslehrern, deren ranghöchste die sogenannten Bodhisattvas sind, bildeten eines der Hauptthemen der Jahre 1909 bis 1914.21

Unter den so dargestellten Gestalten findet sich auch immer wieder Johannes der Täufer. Insbesondere in dem Vortragszyklus «Das Markus-Evangelium»

1) Aus Erinnerungsaufzeichnungen von Rudolf Toepell für das Archiv der Rudolf Steiner­Nachlaßverwaltung.

2) Siehe «Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörpe­rungafragen» (1909), GA 109; «Das Lukas-Evangelium» (1909), GA 114; »Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit» (1911/12), GA 130; »Das Markus-Evangelium» (1912), GA 139; »Das Fünfte Evangelium» (1913/14), GA 148.

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(September 1912) ist ihm nicht nur ein sehr breiter Raum ein­geräumt, sondern es wird auch noch auf eine vor der Elias-Zeit liegende Inkarnation hingewiesen. Seitdem sind fünf geistesgeschichtliche Inkarna­tionen bekannt: Pinehas (zur Zeit Moses), Elias, Johannes der Täufer, Raffael, Novalis. Um so überraschender ist es daher, daß sich in den ein Jahr später gehaltenen Vortragen über das «Fünfte Evangelium» (1913/14) mit Bezug auf Johannes den Täufer die Bemerkung findet: «Ich sage das jetzt nicht aus dem Fünften Evangelium heraus» - womit die Ergebnisse der Akasha-Forschung über die Evangeliengestalten gemeint sind -, «denn in bezug auf das Fünfte Evangelium ist es noch nicht bis zur Gestalt des Johannes des Täufers gekommen; aber ich sage es aus dem, was sich sonst ergeben konnte.» (Berlin, 13. Januar 1914). Aufgrund des vielen, was bis dahin schon an Forschungen über den Täufer dargestellt worden war, kann sich diese Bemerkung nur auf die Erforschung der Durchdringungs-verkörperungen beziehen, wie sie für andere Evangeliengestalten schon er­forscht und dargestellt worden waren. Eine Begründung dafür, warum diese Forschung über Johannes den Täufer erst Jahre später durchgeführt werden konnte, ist gegeben durch die Überlieferung, daß Rudolf Steiner während des Krieges 1914-1918 einmal gefragt wurde, ob die Betrachtun­gen über das Fünfte Evangelium nicht weitergeführt werden könnten und er geantwortet habe, daß infolge des Krieges die geistige Atmosphäre für solche Forschungen viel zu unruhig sei; und als nach Kriegsende die Frage wiederholt wurde, habe die Antwort gelautet, daß nun andere Aufgaben dringlicher seien.1) Daß sich später aber doch noch eine Möglichkeit er­geben haben muß, zeigt die letzte Ansprache Rudolf Steiners vom 28. September 1924.

Auch von der anderen Johannes-Gestalt, von Lazarus-Johannes, waren im Laufe der Jahre, ebenfalls von 1904 an, fünf geistesgeschichtlich bedeut­same Inkarnationen mitgeteilt worden: Hiram Abiff, Lazarus-Johannes, Christian Rosenkreutz im 13. und im 14. Jahrhundert, der Graf von St. Germain im 18. Jahrhundert.2) In dem Berliner Vortrag vom 4. November 1904 wurde dargestellt, daß der Graf von St. Germain eine Wiederverkör­perung von Christian Rosenkreutz gewesen ist, und der Inkarnationszusammenhang

1) Friedrich Rittelmeyer in »Meine Lebenabegegnung mit Rudolf Steiner», Stuttgart (1. Auf­lage 1928).

2) Dieser Name wurde aber auch anderen Personen beigelegt, »so daß nicht alles, was in der äußeren Welt da oder dort über den Grafen von St. Germain gesagt wird, auch für den wirklichen Christian Rosenkreutz gelten kann.» (Neuchâtel, 27. September 1911).

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mit Hiram Abiff ergibt sich aus dem Duktus des ganzen Vor­trages, wenn es auch nicht direkt ausgesprochen ist. Von der Wiederver­körperung Hirams als Lazarus-Johannes wurde im erkenntniskultischen Arbeitszusammenhang wohl erstmals zur Osterzeit 1908 gesprochen; in den beiden Vorträgen vom 27. und 28. September 1911 in Neucha«tel wur­den die beiden Inkarnationen von Christian Rosenkreutz im 13. und im 14. Jahrhundert geschildert. Einzig nicht exakt datieren läßt sich, wann zum erstenmal von dem Inkarnationszusammenhang Lazarus-Johannes und Christian Rosenkreutz gesprochen worden ist, da dies ohne genaue Zeitangabe mündlich überliefert wurde.1)

Schon bevor an Ostern 1908 im erkenntniskultischen Arbeitskreis von Lazarus als dem wiedergeborenen Hiram Abiff gesprochen wurde, war die Lazarus-Johannes-Forschung in einer besonderen Weise dokumentiert worden, indem für den Münchner Kongreß Pfingsten 1907 die Einwei­hungserfahrungen von Lazarus-Johannes aus dessen Apokalypse zu Bildern okkulter Siegel und Säulen gestaltet wurden, die zugleich die Grundele­mente des neuen Baugedankens bildeten. Außerdem wurde in Wort und Bild manifestiert, daß der für das Abendland maßgebende Schulungsweg der von Christian Rosenkreutz begründete christlich-rosenkreuzerische ist.2) In den beim Kongreß gehaltenen und in darauffolgenden Vorträgen des Jahres 1907 ist immer wieder von diesem Schulungsweg und dessen Begründer Christian Rosenkreutz als dem großen spirituellen Führer des Abendlandes die Rede. Einmal heißt es.«... er hat immer unter uns gelebt und ist auch heute noch bei uns als Führer im spirituellen Leben.» (Mün­chen, 1. Juni 1907, esoterische Stunde, in GA 264)

Die beim Münchner Kongreß manifestierte geistige Verbindung dieser Individualität mit dem neuen Baugedanken leuchtete einige Jahre später noch einmal auf, als Rudolf Steiner ebenfalls aus dem Bauvorhaben heraus beabsichtigte, eine Arbeitsweise zu stiften, von der er äußerte, daß sie zum direkten Ausgangspunkt diejenige Individualität habe, die wir «seit den abendländischen Vorzeiten mit dem Namen Christian Rosenkreutz be­legen.» (Berlin, 15. Dezember 1911, in GA 264). Dieser Stiftungsversuch war schon kurz vorher bei einer erkenntniskultischen Veranstaltung in

1) Von Marie Steiner persönlich an Günther Schubert und von diesem der Herausgeberin dieses Bandes mitgeteilt. Später, im Jahre 1923, hat Rudolf Steiner noch einmal in Itleinem Kreise davon gesprochen, vgl. M. Kirchner-Bockholt in »Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht. Nachrichten für deren Mitglieder» 1963, Nr.48 und 49.

2) Siehe «Bilder okkulter Siegel und Säulen. Der Münchner Kongreß Pfingsten 1907 und seine Auswirkungen«, GA 284.

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Stuttgart, am 27. November 1911, feierlich verkündigt worden. Da außer dieser Tatsache nichts weiter überliefert ist, kann nur vermutet werden, daß damals - es war kurz nach den beiden Vorträgen über Leben und Werk von Christian Rosenkreutz im 13. und im 14. Jahrhundert (September 1911) -der Inkarnationszusammenhang von Lazarus-Johannes und Christian Ro­senkreutz zum erstenmal mitgeteilt worden ist.1)

Inwiefern auch die Individualität von Johannes dem Täufer in Verbin­dung mit dem Baugedanken gesehen werden kann, läßt sich an den folgen­den Vorgängen ablesen. Als für den ursprünglich in München geplant gewesenen Bau die Grundsteinlegung für den 16. Mai 1912 vorgesehen worden war, da sprach Rudolf Steiner auf seiner Reise dorthin erneut und mehrfach von den schon bekannten vier Inkarnationen: Elias, Johannes der Täufer, Raffael, Novalis; zuletzt in München, und zwar an demselben Tage, an dem dort die Grundsteinlegung hätte vorgenommen werden sollen. Infolge von Schwierigkeiten, die durch die Behörden entstanden waren, wurde sie dann doch nicht durchgeführt. Dafür aber wurde im Sommer dasjenige, was dem Baugedanken zugrunde liegt - eine moderne, und das heißt öffentliche Mysterienstätte zu schaffen -, in dem neuen Mysterien-drama «Der Hüter der Schwelle» gleich in der ersten großen Szene künst­lerisch-dramatisch gestaltet. Diese Szene spielt in dem Vorraum zu den Räumen eines Mystenbundes, von dem mehrere Menschen zusammenge­rufen worden waren, um ihnen kundzugeben, daß durch ein soeben er­schienenes großes wissenschaftliches Werk die notwendige Voraussetzung geschaffen worden sei, damit nunmehr auch solche Menschen am Weiheort erscheinen können, die dies bisher - weil nicht eingeweiht - nicht durften. Der Großmeister des Mystenbundes begründet das in einer Rede über die Kontinuität der geistigen Führung der Menschheit, die nach einer Regie-anweisung Rudolf Steiners vor den im Hintergrund angebrachten vier Por­trätbildern von Elias, Johannes dem Täufer, Raffael, Novalis gehalten wird und mit den Worten beginnt:

1) Eine gewisse Begründung für diese Vermutung könnte in dem Triptychon »Gral» von der Malerin Anna May gesehen werden, das nach einer Äußerung Marie Steiners nach den Vorträgen in Neuchâtel entstanden ist. Es zeigt im Mittelteil das Golgatha-Geschehen und Joseph von Arimathia, der das Blut Christi auffängt; auf dem linken Seitenflügel die Gestalten aus der Tempellegende König Salomo, die Königin von Saba und Hiram Abiff; auf dem rechten Seitenflügel die von Rudolf Steiner in Neuchâtel erstmals geschilderte Einweihung von Christian Rosenkreutz im 13. Jahrhundert. Rudolf Steiner habe dafür Anna May auch einige Angaben gemacht. Siehe Margarete Hauschka in »Das Goethe­anum« 1975, Nr.24 mit einer schwarz-weißen Abbildung des Gemäldes.

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In jenes Geistes Namen, der den Seelen

In unsrem Weiheorte sich verkündet,

Erscheinen wir in diesem Augenblicke

Vor Menschen, die bis jetzt nicht hören durften

Das Wort, das hier geheimnisvoll erklingt ...

Und als acht Jahre später, im Herbst 1920, der inzwischen auf dem Dorn­acher Hügel bei Basel errichtete Bau in Betrieb genommen werden konnte, da arbeitete Rudolf Steiner für die erste Bau-Veranstaltung diese selbe Rede in die in seinen Dichtungen äußerst selten vorkommende Ich-Form um und ließ sie bei der feierlichen Eröffnungshandlung von Marie Steiner von der Orgelempore aus in die beiden Kuppelräume hineinsprechen:

In jenes Geistes Namen, der den Seelen

In unsrem Strebensorte sich verkündet,

Erscheine ich in diesem Augenblicke

Vor Menschen, die von jetzt an hören wollen

Das Wort, das hier den Seelen ernst erklingt ...

Durch in das künstlerische Programm aufgenommene Texte aus der «Chy­mischen Hochzeit Christiani Rosenkreutz anno 1459> war auch die andere Johannes-Individualität, Lazarus-Johannes, in diese erste Bauveranstaltung einbezogen.

Dann, mit dem Ende von Rudolf Steiners geisteswissenschaftlicher Vor­tragstätigkeit, im September 1924, es war genau vier Jahre nach der ersten Bauveranstaltung (im September 1920), kam die Bedeutung der Johannes-Forschung noch einmal eindringlich zum Ausdruck. Denn als er, schon schwer krank, sich am Sonntag, den 28. September 1924, dem Vorabend des Michaelitages, aufraffte, um noch einmal zu den anwesenden Mitglie­dern zu sprechen, was war sein Anliegen? Die beiden Johannes4ndividuali-täten! In tief bewegender Art sprach er über die vier Inkarnationen von Elias, Johannes, Raffael, Novalis, um dann eigentlich hinzuführen zu dem neuen Ergebnis der Johannes-Forschung: der geheimnisvollen Verbindung beider bei der Auferweckung des Lazarus. Jedoch seine Kräfte reichten nicht mehr aus, um dieses neue Forschungsergebnis darzustellen. Es wurde nur angedeutet dadurch, daß nicht wie bisher immer Johannes der Täufer, sondern Lazarus-Johannes als der wiederverkörperte Elias genannt wurde. Weil es jedoch nicht weiter ausgeführt werden konnte, war für die Zuhörer eine Verständnisschwierigkeit entstanden. Einige Freunde, die ihn darüber

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noch befragen konnten, haben dasjenige, was er darauf geantwortet hat, wie folgt überliefert:

«Bei der Auferweckung des Lazarus sei von oben her bis zur Bewußt­seinsseele die geistige Wesenheit Johannes des Täufers, der ja seit seinem Tode der die Jüngerschar überschattende Geist gewesen sei, in den vorheri­gen Lazarus eingedrungen, und von unten her die Wesenheit des Lazarus, so daß die beiden sich durchdrangen. Das ist dann nach der Auferweckung des Lazarus Johannes, der Jünger, den der Herr lieb hatte.» Und als eine weitere Erklärung ist überliefert: «Lazarus konnte aus den Erdenkräften heraus sich in dieser Zeit nur voll entwickeln bis zur Gemüts- und Verstan­desseele; das Mysterium von Golgatha findet statt im vierten nachatlanti­schen Zeitraum, und in dieser Zeit wurde entwickelt die Verstandes- oder Gemütsseele. Daher mußte ihm von einer anderen kosmischen Wesenheit von der Bewußtseinsseele aufwärts Manas, Budhi und Atman verliehen werden. Damit stand vor dem Christus ein Mensch, der von den Erdentie­fen bis in die höchsten Himmeishöhen reichte, der in Vollkommenheit den physischen Leib durch alle Glieder bis zu den Geistesgliedern Manas, Budhi, Atman in sich trug, die erst in ferner Zukunft von allen Menschen entwickelt werden können.»1)

Auf die darüber hinaus offenbleibende Frage, wie diese Verbindung zweier Individualitäten im Hinblick auf weitere Inkarnationen zu verste­hen ist, hat Marie Steiner wie folgt hingewiesen:

«Wir sind immer wieder zu ihm [dem Novalis-Raffael-Johannes-Elias-Geheimnis] zurückgeführt worden von den verschiedensten Aspekten aus. Das letzte, schwerste, weil von einer andern Individualitätslinie durch­kreuzt, gab er uns am Vorabend jenes Michaelitages - und brach ab. Er brachte den Vortrag nicht so weit, wie er es ursprünglich gewollt hatte. Er gab uns den ersten Teil des Mysteriums des Lazarus; damals sagte er mir nicht nur, sondern schrieb auch später auf den Umschlag der ersten Nach-schrift: Nicht weitergeben, bis ich den zweiten Teil dazu gegeben haben werde. - Man hat es ihm dann trotzdem abgerungen, wie so manches. Jetzt wird er diesen zweiten Teil nicht mehr geben. Unsern Erkenntniskräften wird es vorbehalten bleiben, das Richtige zu unterscheiden zwischen den

1) Siehe die letzte Ansprache vom 28. September 1924 mit den dazugehörigen Ergänzungen in «Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge» IV. Band, GA 238. Siehe auch die Studie von Adolf Arenson «Elias-Johannes-Lazarus» in «Ergebnisse aus dem Stu­dium der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners», Freiburg i. Br. 1980, sowie den Artikel von M. Kirchner-Bockholt in «Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht. Nach­richten für deren Mitglieder» 1963, Nr.48 und 49.

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Inkarnations- und Inkorporisationsgeheimnissen, den Durchkreuzungen der Individualitätslinien. Er endigte mit dem, was wie ein roter Faden durchgegangen war durch seine Weisheitsoffenbarungen: dem Mysterium von Novalis, Raffael, Johannes.» 1)

Somit ist die Hiram-Johannes-Forschung Rudolf Steiners mit dem durch die letzte Ansprache angedeuteten Mysterium der Verbindung der beiden Johannes-Individualitäten zu einem geistigen Vermächtnis geworden, das dazu aufruft, sich immer wieder um dessen Verständnis zu bemühen, auch deshalb, weil die Frage nach den beiden Johannessen zu denjenigen Fragen gehört, deren Lösung für die Zukunft von besonderer Wichtigkeit sei. Dies ist als eine Äußerung Rudolf Steiners aus seiner allerletzten Lebenszeit überliefert 2)

Nun wird zwar eine vollgültige Antwort auf die von Marie Steiner ange­sprochene Frage nach der Unterscheidung der Inkarnations- und Inkorpo­risationsgeheimnisse einer zukünftigen Geistesforschung überlassen blei­ben müssen. Jedoch aus den vorliegenden Forschungsergebnissen kann doch einiges Licht in die Frage kommen, welcher Sinn mit dem Durchdrin­gungsgeheimnis der beiden Johannes-Individualitäten verbunden sein muß. So kann, wenn man Darstellungen Rudolf Steiners zusammenbringt, die er in verschiedenen Zusammenhängen gegeben hat, erkennbar werden, daß ein Entscheidendes von diesem Sinn liegen muß in der Bedeutung des Mysteriums von Golgatha als «Besiegung des irdischen Todes durch das Leben des Geistes.» (Berlin, 23. Oktober 1908). Was darunter zu verstehen ist, geht aus der folgenden grundlegenden Klärung des Verhältnisses von Individualität und Persönlichkeit hervor:

«Man verwechselt heute leicht die Begriffe von Individualität und Per­sönlichkeit. Die Individualität ist das Ewige, das sich von Erdenleben zu Erdenleben hindurchzieht. Persönlichkeit ist dasjenige, was der Mensch in einem Erdenleben zu seiner Ausbildung bringt. Wenn wir die Indivi­dualität studieren wollen, so müssen wir auf den Grund der menschlichen Seele sehen, wollen wir die Persönlichkeit studieren, so müssen wir sehen, wie sich der Wesenskern auslebt. Der Wesenskern wird in das Volk, in den Beruf hineingeboren. Das alles bestimmt die innere Wesenheit, ver­persönlicht sie. Bei einem Menschen, der noch auf untergeordneter Stufe

i) Vgl. Fußnote 1) auf Seite 425.

2) Uberliefert von Ludwig Polzer-Hoditz aus seInem Gespräch mit Rudolf Steiner am

3. März 1925.

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der Entwickelung ist, wird man wenig von der Arbeit an seinem Innern bemerken können. Die Ausdrucksweise, die Art der Gesten und so wei­ter ist eben so, wie er sie von seinem Volke hat. Diejenigen sind aber die fortgeschrittenen Menschen, die sich die Ausdrucksweise und Gesten aus ihrem Inneren heraus geben. Je mehr das Innere des Menschen an seinem Äußeren arbeiten kann, desto mehr entwickelt das den Men­schen. Man könnte nun sagen, so kommt also die Individualität in der Persönlichkeit zum Ausdruck. Derjenige, der seine eigenen Gesten, sei­ne eigene Physiognomie, selbst in seinem Handeln und in bezug auf die Umgebung einen eigenartigen Charakter hat, hat eine ausgesprochene Persönlichkeit. Geht das nun beim Tode alles verloren für später? Nein, das geht es nicht. Das Christentum weiß ganz genau, daß das nicht der Fall ist. Was man unter der Auferstehung des Fleisches oder der Persön­lichkeit versteht, ist nichts anderes als die Erhaltung des Persönlichen in alle folgenden Inkarnationen hinein. Was der Mensch als Persönlichkeit errungen hat, bleibt ihm, weil es einverleibt ist der Individualität und diese es fortträgt in die folgenden Inkarnationen. Haben wir aus unserem Leib etwas gemacht, was einen eigenartigen Charakter hat, so steht dieser Leib, diese Kraft, die da gearbeitet hat, wieder auf. So viel wir an uns selbst gearbeitet haben, so viel wir aus uns selbst gemacht haben, ist unverloren an uns.» (Berlin, 15. März 1906)

Das reale Unsterblichkeitsbewußtsein hängt somit mit der Verpersön­lichung der Individualität, der höheren Geistesglieder des Menschen, zu­sammen. Und daß dieser Prozeß zugleich die Durchchristung des Men­schen bedeutet, darauf weist der folgende kurze Kommentar zu einer Stelle aus dem sogenannten Ägypter-Evangelium:

«Es gibt eine alte Schrift, in welcher das größte Ideal für die Entwicke­lung des Ich, der Christus Jesus, so charakterisiert wird, daß gesagt wird:

Wenn die zwei eins werden, wenn das Äußere wie das Innere wird, dann hat der Mensch die Christushaftigkeit in sich erreicht. Das ist der Sinn einer gewissen Stelle des Ägypter-Evangeliums.» (München, 4. Dezem­ber 1909)

Noch klarer zeigt sich, wie das Einswerden von Innerem und Äußerem, von Individualität und Persönlichkeit gemeint ist, durch die Interpretation, die Rudolf Steiner in seinem Vortrag Berlin, 6. Mai 1909 von der provença­lischen Sage von Flor und Blancheflor gibt. Diese Sage - die mit der Hiram-Johannes-Forschung

#SE265-434

in engem Zusammenhang steht, weil es heißt, daß die Seele, die in Flor besungen wird, wiederverkörpert erschienen ist im 13. und 14. Jahrhundert in dem Begründer des Rosenkreuzertums, zur Begrün­dung einer neuen Mysterienschule, welche in einer neuen, der Neuzeit ent­sprechenden Weise das Christus-Geheimnis zu pflegen hat - erzählt nämlich von einem Paar, das am gleichen Tage, zur gleichen Stunde, im gleichen Hause geboren und gemeinsam erzogen wurde und sich von Anfang an in großer Liebe zugetan war. Durch Unverständnis anderer voneinander ge­trennt, begibt sich Flor auf die Suche nach Blancheflor. Nach schweren, bis zur Lebensbedrohung reichenden Gefahren, wurden sie endlich wieder vereint, bis sie auch am gleichen Tage starben.

Rudolf Steiner interpretiert nun diese Bilder so: Flor bedeutet soviel wie die Blume mit den roten Blättern oder die Rose, Blancheflor bedeutet die Blume mit den weißen Blättern oder die Lilie. Flor oder Rose ist «das Sym­bolum für die menschliche Seele, die den Persönlichkeits-, den Ich-Impuls in sich aufgenommen hat, die das Geistige aus ihrer Individualität wirken läßt, die bis in das rote Blut hinein den Ich-Impuls gebracht hat. In der Lilie aber sah man das Symbolum der Seele, die nur dadurch geistig bleiben kann, daß das Ich außerhalb ihrer bleibt, nur bis an die Grenze heran­kommt. So sind Rose und Lilie zwei Gegensätze. Rose hat das Selbstbe­wußtsein ganz in sich, Lilie ganz außer sich. Aber die Vereinigung der Seele, die innerhalb ist, und der Seele, die außen als Weltengeist die Welt belebt, ist dagewesen. Flor und Blancheflor 4rückt aus das Finden der Wel­tenseele, des Welten-Ich durch die Menschenseele, das Menschen-Ich. (...) In der Vereinigung von Lilienseele und Rosenseele wurde das gesehen, was Verbindung finden kann mit dem Mysterium von Golgatha. (Berlin, 6. Mai 1909)

Wenn es heißt, daß die Vereinigung der Seele, die innerhalb ist, und der Seele, die außen als Weltengeist die Welt belebt, dagewesen ist, so ist damit sicherlich die Vereinigung des Christus-Prinzipes als einem höchsten Gei­stigen mit der Persönlichkeit, dem irdischen Körper des Jesus von Nazareth gemeint. Denn nur dadurch, daß diese Zwei bis ins Physische hinein voll­kommen eins geworden sind, konnte der irdische Tod wirklich besiegt werden.

Inwiefern nun der Gegensatz von Rosenseele und Lilienseele auch auf die beiden Johannes-Individualitäten zutrifft, zeigt sich daran, daß Hiram­Lazarus immer als Repräsentant der Persönlichkeitskräfte charakterisiert wird, während die Elias-Seele des öfteren als eine so hochgeistige Wesenheit

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geschildert wird, daß sie mit ihren irdischen Trägern, so auch mit Johannes dem Täufer, nur von außen her lose verbunden war.1) Wenn die Vereini­gung von Rosenseele und Lilienseele zur Verbindung mit dem Mysterium von Golgatha führen kann, so darf daraus im Hinblick auf die Vereinigung der beiden Johannes-Seelen bei der Auferweckung des Lazarus durch Chri­stus Jesus geschlossen werden, daß der Jünger, den der Herr lieb hatte, jene Wesenheit geworden ist, auf die das Christus-Geheimnis von der Überwin­dung des Todes übergegangen ist und von ihr weitergetragen wird, wie es in dem über Christian Rosenkreutz gesagten Wort zum Ausdruck kommt:

«Mit dieser Individualität und ihrem Wirken seit dem 13. Jahrhundert» - in dem sie eine neue Einweihung erfahren durfte - «verbinden wir alles dasjenige, was uns einschließt die Fortführung des Impulses, der gegeben worden ist durch die Erscheinung des Christus Jesus auf Erden und durch die Vollbringung des Mysteriums von Golgatha.> (Berlin, 22. Dezember 1912)

Ein weiterer Aspekt dazu ergibt sich, wenn zu dem Wort aus dem Ägypter-Evangelium: «Wenn die zwei eins werden und das Auswendige wie das Inwendige» noch das sich daran anschließende dazugenommen wird: «und das Männliche wie das Weibliche wird, so daß es weder Männ­liches noch Weibliches gibt.> Dieses letztere Wort weist darauf hin, daß es keinen Tod mehr geben wird, wenn es keine Geschlechtlichkeit mehr gibt, da sich Tod und Geschlechtlichkeit gegenseitig bedingen. Schon Hiram Abiff wurde in der Tempellegende verheißen, daß ihm ein Sohn geboren werden wird, der, wenn er ihn auch nicht selbst sehen könne, ein neues Geschlecht hervorbringen werde, das nach Rudolf Steiner den Tod nicht mehr kennen wird, weil die Fortpflanzung nicht mehr über die den Tod bedingende Geschlechtlichkeit, sondern über das mit dem Herzen verbun­dene Wort, über die Sprache geschehen wird (Berlin, 23. Oktober 1905). Darum, so heißt es im Vortrag Köln, 2. Dezember 1906, wird die Vervoll­kommnung des Menschen darin bestehen, daß sich die Fortpflanzungskräf­te vom Schoß zum Herzen hinaufheben werden und daß «gerade die See­lenkraft des Johannes» es bewirken wird, daß das liebende Herz «Ströme geistiger Liebe» aussenden wird. Darauf werde im Evangelium dadurch hingedeutet, daß es bei der Schilderung des Abendmahles heißt, daß der Jünger, den der Herr lieb hatte und der um dieses Entwicklungsgeheimnis gewußt habe, sich vom Schoß des Herrn zu dessen Brust erhob.

1) Siehe Vortrag Berlin, 14. Dezember 1911, und «Das Markus-Evangelium«, GA 139.

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Auf diesem Hintergrund gesehen deuten alle Dokumente, die von den Einweihungserfahrungen der Hiram-Lazarus-Johannes-Individualität in ihren verschiedenen Verkörperungen berichten (die Tempellegende, das Johannes-Evangelium, die Sage von Flor und Blancheflor, die «Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreutz anno 1459>; ebenso die kosmische Tat von Christian Rosenkreutz im Beginne des 17. Jahrhunderts, durch die er­möglicht werden sollte, den Kain- und Abel-Gegensatz sowohl im einzel­nen Menschen wie in der Menschheit als Ganzes zu überwinden 1)), auf das christliche Zentralgeheimnis von der Überwindung des Todes.

Auch Rudolf Steiner sah das Ziel seines Wirkens in dieser Linie. Das leuchtet hervor aus einer Äußerung bei der Begründung des erkenntniskul-tischen Arbeitskreises, als er davon sprach, daß die Bedeutung der theo-respektive anthroposophischen Bewegung darin liege, daß durch ihre weder rein männliche noch rein weibliche, sondern übergeschlechtliche Weisheit, auf dem geistigen Gebiet vorbereitet werden soll, was später auf dem physi­schen Plan geschehen werde: die Wiedervereinigung der Geschlechter (Ber­lin, 23. Oktober 1905). Damit erhält nicht nur die von ihm überall prakti­zierte vollwertige Zusammenarbeit von Männern und Frauen, auch im Ar­beitszusammenhang des Kultischen, sondern auch das in dem gleichen Vortrag ausgesprochene Wort: «Ich habe mir vorbehalten, eine Einigung zu erzielen zwischen denen aus Abels und denen aus Kains Geschlecht> eine ganz besondere werkbiographische Bedeutung. Und dadurch kann wiederum verständlich werden, warum die Hiram-Johannes-Forschung wie ein A und 0 am Anfang und am Ende seiner geisteswissenschaftlichen Vortragstätigkeit steht und sich dazwischen wie ein «roter Faden> durch das ganze Werk zieht.

i) Siehe «Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit«, GA 130.

#TI

III

DOKUMENTE VON NEUEN ANSÄTZEN

NACH DEM ERSTEN WELTKRIEG

#TX

Wie dieser Waffenkampf (des ersten Weltkrieges) ein solcher war, daß man ihn mit nichts in der bisherigen Geschichte vergleichen kann, so wird er gefolgt sein von einem Geisteskampf, der ebenfalls mit nichts in der Geschichte sich wird vergleichen lassen. ... Man wird sehen, daß an diesem Geisteskampf die ganze Erde teil­nehmen wird, und daß in diesem Geisteskampf Orient und Okzident mit Gegensätzen geistiger und seelischer Art stehen werden, wie sie noch nie dagewesen sind. (Stuttgart, 15. Juni 1919)

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#TI

Vorbemerkungen des Herausgebers

Von den neuen Ansätzen nach dem ersten Weltkrieg

bis zur Neubegründung der Esoterischen Schule als «Freie Hochschule

für Geisteswissenschaft»

#TX

Der erste Weltkrieg war für Rudolf Steiner zum flammenden Zeichen dafür geworden, daß für eine fruchtbare Weiterentwicklung des allgemeinen wie esoterischen gesellschaftlichen Lebens völlig neue Formen gefunden wer­den müssen. Weitaus stärker noch als vor dem Krieg muß er darum für die Neugestaltung seines weiteren esoterischen Wirkens unter der Spannung gestanden haben, die sich notwendig aus den einander entgegengesetzten Bemühungen ergeben mußte, einerseits die Kontinuität zu dem bisher gül­tigen hierarchischen Prinzip aufrecht zu erhalten, andererseits den Forde­rungen der neuen Zeit zu entsprechen, das heißt auch in die esoterische Ar­beit das demokratische Prinzip, also Öffentlichkeit, einzuführen. Das ma­chen die beiden folgenden Äußerungen deutlich. Während die eine davon lautet (sie fiel im Vortrag Dornach, 20. Dezember 1918, also unmittelbar nach dem Ende des Krieges): «Um die Kontinuität der Menschheitsent­wickelung aufrecht zu erhalten, dazu ist heute noch notwendig, an Ritual und Symbolik gewissermaßen anzuknüpfen>, besagt die andere (sie fiel im Zusammenhang mit einer Schilderung der Freimaurerei, die auf eine dies­bezügliche Frage von Arbeitern am Goetheanumbau gegeben worden war):

«In der heutigen Zeit sind eigentlich alle solche Dinge nicht mehr zeitge­mäß. Denn, nicht wahr, was müssen wir denn heute an solchen Dingen hauptsächlich ablehnen? Wir müssen die Absonderung ablehnen. Es ent­steht dadurch auch bald eine geistige Aristokratie, die es nicht geben soll. Und das demokratische Prinzip, das immer mehr und mehr zur Geltung kommen muß, das widerstrebt eigentlich durchaus dem Freimaurerbund ebenso wie den geschlossenen Priesterschaften.» (Dornach, 4. Juni 1924)

Zur Zeit dieser letzteren Äußerung hatte Rudolf Steiner bereits die Neu­gestaltung von Gesellschaft und esoterischer Schule in Angriff genommen, durch die er den Gegensatz zwischen der alten hierarchischen Arbeitsweise und der Forderung der neuen Zeit nach Demokratie offensichtlich zu einer höheren Synthese bringen wollte. Die Schritte, die er seit dem Kriegsende bis zu seinem Tode in dieser Richtung tat, waren im großen gesehen die folgenden.

#SE265-440

Als er unmittelbar nach dem Kriegsende im Spätherbst des Jahres 1918 verschiedentlich gebeten worden war, den esoterischen Unterricht wieder aufzunehmen, hatte er zunächst ganz abgelehnt. Zum einen aufgrund des früher oftmals vorgekommenen unsachgemäßen Verhaltens, zum anderen gewiß auch deshalb, weil die zeitnotwendigen neuen Formen noch nicht entwickelt worden waren. Aber als ein Jahr später, Ende 1919, in der Stutt­garter Schule die Frage an ihn herangetragen wurde, ob nicht für die Schü­ler des freien Religionsunterrichtes an den Sonntagen eine religiöse Feier eingerichtet werden könnte, habe er geantwortet, daß das dann schon ein Kultus sein müßte und hinzugefügt: Wenn dieser Kultus gegeben werden könnte, so wäre das zugleich die erste Wiederanknüpfung an die durch den Krieg unterbrochene Esoterik,1) - offensichtlich insofern, als es sich wieder um einen nichtkirchlichen Kultus handeln sollte.

Kurz nachdem dieser Kultus, die «Sonntagshandlung>, entstanden und erstmals vollzogen worden war (1. Februar 19202)) - aus der Lehrerkon­ferenz in Stuttgart vom 16. November 1921 ist der Satz überliefert: «Ein Kultus ist das Esoterischste, was man sich denken kann> - nahm Rudolf Steiner nun die esoterische Arbeit auch wieder innerhalb der Anthroposo­phischen Gesellschaft auf. Zunächst in Dornach mit zwei esoterischen Stunden am 9. und 17. Februar 1920. Es wurde damit, obwohl es vorgese­hen war, nicht fortgesetzt, weil verschiedene Mitglieder sich wiederum nicht sachgemäß verhalten hatten. Darum sagte er in der Lehrerkonferenz vom 16. November 1921, in der nach esoterischen Stunden gefragt wurde, daß das sehr schwer angehe und er davon habe absehen müssen, weil alles Esoterische bisher «schändlich mißbraucht» worden sei. Die Esoterik sei ein «schmerzliches» Kapitel der anthroposophischen Bewegung.3) Gleich­wohl hielt er kurz darauf, am 4. Dezember 1921, in Norwegen, wo damals zum erstenmal seit dem Ausbruch des Krieges im Sommer 1914 wieder Vorträge gehalten werden konnten, eine esoterische Stunde. Außerdem kam es dort auch zu einer Versammlung mit den Angehörigen der erkennt­niskultischen Abteilung, bei welcher - obwohl sogar noch zwei oder drei Neue aufgenommen wurden - der Kreis feierlich für aufgehoben erklärt wurde (S.451), ebenso wie dies unmittelbar nach Ausbruch des Krieges im Sommer 1914 geschehen war (5. 114). Deshalb aber wäre das Alte

1) Von einem der beiden ersten Religionslehrer, Herbert Hahn, überliefert.

2) Siehe «Konferenzen mit den Lehrern der Freien Waldorfschule in Stuttgart 1919 bis 1924«, Band I (Einleitung), GA 300a-c

3) Desgl., Band II.

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nicht tot - erklärte er in Kristiania -, sondern würde in metamorphosierter Form wieder auferstehen. Im Verlaufe des Jahres 1922 fanden auch in Eng­land (London) zwei esoterische Stunden statt, eine während des Aufenthal­tes im April und die andere während des Aufenthaltes im November. Kurz vorher, im Oktober, waren im Zusammenhang mit dem in Stuttgart statt-gefundenen pädagogischen Jugendkursl) junge Anthroposophen an Rudolf Steiner herangetreten mit der Bitte um esoterische Unterweisungen zur stärkenden Vertiefung ihrer Gemeinschaft. Es entstand der sogenannte esoterische Jugendkreis, und auch dieser erhielt esoterische Stunden. Im Verlaufe des Jahres 1923 bis Anfang 1924 kam es noch zu folgenden esoteri­schen Stunden: In Kristiania im Mai 1923; in Dornach am 27. Mai, 23.0k-tober 1923 und 3. Januar 1924 für den von Rudolf Steiner nach den Initian­ten «Wachsmuth-Lerchenfeld-Gruppe> genannten Kreis; in Stuttgart am

13. Juli und am 13. Oktober für den esoterischen Jugendkreis; in Wien am

30. September 1923 für einen auf Bitte von Polzer-Hoditz zusammen-gekommenen kleinen Kreis.

Von den überlieferten Notizen dieser Stunden wurden in den vorliegen­den Band nur diejenigen aufgenommen, die inhaltlich eine Beziehung zu der früheren erkenntniskultischen Esoterik erkennen lassen. Es sind dies die beiden in Kristiania und die drei in Dornach für die «Wachsmuth­Lerchenfeld-Gruppe> gehaltenen Stunden.2)

Die durch die geänderten Zeitverhältnisse notwendig gewordene Meta­morphose der esoterischen, insbesondere der erkenntniskultischen Ar­beitsweise, wie sie in Kristiania im Dezember 1921 anläßlich der feierlichen Auflösung des Kreises angedeutet worden war, findet sich schon unmittel­bar nach Kriegsende im Dornacher Vortrag vom 20. Dezember 1918 ange­sprochen. Bereits damals wurde ausgeführt, daß der Fortgang der Zeit be­dinge, daß für viele Dinge eine Erneuerung kommen müsse. Denn von der Gegenwart an und in der Zukunft immer deutlicher werdend, brechen neue Offenbarungen durch die Schleier der Ereignisse in den geistigen und seelischen Horizont der Menschen herein. Da diese neuen Offenbarungen Ausdruck eines neuen schöpferischen Prinzipes seien, getragen von den Geistern der Persönlichkeit, werde die Zukunft mehr und mehr bestimmt werden durch die Ausprägung der Persönlichkeitsimpulse. Im Zusammen­hang damit wurde der grundsätzliche Unterschied zwischen alter und neuer

1) Siehe «Geistige Wirkenskräfte im Zusammenleben von alter und junger Generation. Pädagogischer Jugendkurs«, GA 217.

2) Die übrigen überlieferten Notizen sind für einen späteren Band vorgesehen.

#SE265-442

Offenbarung klargelegt und das Symbol- und Ritualwesen als Ausdrucks­form der alten Offenbarung, durch die man früher zu der Menschheit ge­sprochen habe, charakterisiert. Die alte Symbolik habe in der anthroposo­phisch orientierten Geisteswissenschaft keine durchgreifende Rolle ge­spielt. Wenn auf Symbole hingedeutet worden sei, so im Sinne von «Lehn-symbolen», um das oder jenes zu exemplifizieren oder um die «Überein­stimmung» nachzuweisen zwischen dem, «was neu gefunden wird, was der neuen Menschheit dienen kann und dem, was antiquiert von alters her vor­handen ist.» (Dornach, 20. Dezember 1918)

Der Duktus dieses Vortrages, in dem die anthroposophische Geistes-wissenschaft nachdrücklichst als Ausdrucksform der neuen Offenbarung bezeichnet wird, wurde offenbar mitbestimmt durch die Bitte verschiede­ner Freunde, die esoterische, insbesondere die erkenntniskultische Arbeit wieder aufzunehmen. Darauf scheinen die Worte zu deuten:

«Es gibt eine gewisse Anzahl unter Ihnen, die wissen, daß auch in unse­ren Kreisen für diejenigen, die es haben suchen können, wahrhaftig nicht zurückgehalten worden ist mit der Darlegung des aus alten Zeiten gebliebenen symbolischen und Ritualwesens, aber immer in einem ande­ren Geiste, als sonst die Dinge gepflegt werden, wo man auf Symbole und Ritual den größten Wert legt im antiquierten Sinne. Um die Konti­nuität der Menschheitsentwickelung aufrechtzuerhalten, dazu ist heute noch notwendig, an Ritual und Symbolik gewissermaßen anzuknüpfen. Aber niemals ist in unseren Kreisen Ritual und Symbolik hingestellt worden als etwas anderes, als was nun zur geistigen Wirklichkeit, zur unmittelbaren Eingliederung der geistigen Wirklichkeit in Gegenwarts­werte führen soll. Daher gerade innerhalb anthroposophisch orientier­ter Geisteswissenschaft die Erklärung für manches, eigentlich für alles Rituelle, Symbolische aus der Vergangenheit. Man kann daran zeigen, wie auf anderen Wegen eine heute antiquierte Weisheit von der Mensch­heit empfangen worden ist, die die Menschen gewissermaßen in einen unfreien Zustand gebracht hat, wie aber heute andere Weisheitswege eingeschlagen werden müssen. - i Das ins Auge zu fassen, ist außer­ordentlich wichtig. Im innersten tiefsten Sinne ein Mensch sein [zu] können, der sich mit dem verbindet, was neue Offenbarungen der Himmel von der Erdenentwickelung wollen, das ist es, worauf es heute ankommt.»

#SE265-443

Darum ginge es auch in Zukunft nicht mehr an, den Alltag nur als das armselige, profane Leben aufzufassen und sich nachher in die Kirche oder den Maurertempel zurückzuziehen und diese beiden Welten völlig getrennt voneinander zu lassen.

Seitdem muß Rudolf Steiner darüber nachgesonnen haben, wie die eso­terische Arbeit eine zeitgemäße Form erhalten könne, wie das «alte anti­quierte Geheimmotiv» durch anderes ersetzt werden könne (Dornach, 20. Dezember 1918). Marie Steiner berichtet, daß er in jener Zeit oft darüber nachgesonnen habe, wie das Neue geartet sein müßte, daß es «etwas Bin­dendes, Festes, die Lauheit Überwindendes und doch mit der Freiheit eines Jeden zu Vereinbarendes> sein müßte: «Er war nicht der Ansicht, daß man noch Esoterik treiben könne wie in früheren Zeiten, in tiefster Abgeschlos­senheit, mit streng bindenden Gelöbnissen. Diese vertrügen sich nicht mehr mit dem Freiheitsgefühl des Einzelnen. Vor das eigene höhere Ich muß die Seele treten und erkennen, was sie diesem Ich und der geistigen Welt an ehrfurchtsvollem Schweigen schuldig ist.»i)

Diese aus den veränderten Zeitverhältnissen hervorgegangenen Erwägun­gen, der tragische Verlust des Goetheanumbaues durch den Brand in der Silvesternacht 1922, die notwendige, aber so schwierige Reorganisierung der Gesellschaft, zeitigten im Verlaufe des Jahres 1923 den Entschluß, bei der Neubegründung der Gesellschaft Weihnachten 1923 nicht nur die Ge­sellschaft als eine völlig öffentliche zu konstituieren, sondern auch der eso­terischen Schule eine dem neuen Zeitbewußtsein gemäße Form zu geben. Als «Freie Hochschule für Geisteswissenschaft», die in drei Klassen und verschiedenen wissenschaftlichen und künstlerischen Sektionen aufgebaut werden sollte, wurde sie in den Statuten der Gesellschaft als «ein Zentrum> deren Wirkens verankert und jedem Mitglied das Recht zugestanden, sich nach einer gewissen Zeit der Zugehörigkeit zur Gesellschaft um Aufnahme bewerben zu können. Wie er diese neue Esoterische Schule als «Freie Hochschule für Geisteswissenschaft» verstanden wissen wollte, charakteri­sierte er in mehreren Aufsätzen. Darin heißt es, daß diese Hochschule nicht so wie die gewöhnlichen Hochschulen sein und darum auch nicht an­streben werde, mit diesen in irgendeine Konkurrenz zu treten oder einen Ersatz für sie zu bilden. Aber dasjenige, was man an den gewöhnlichen

1) Marie Steiner in «Erinnerungsworte« zur Erstausgabe der Vorträge «Esoterische Betrach­tungen karmischer Zusammenhänge. Die karmischen Zusammenhänge der anthroposc> phischen Bewegung«, Dornach 1926; wiederabgedruckt in «Nachrichten der Rudolf Steiner­Nachlaßverwaltung» Nr.23, Weihnachten 1968.

#SE265-444

Hochschulen nicht finden könne, die esoterische Vertiefung, was die Seele in ihrem Erkenntnisstreben sucht, solle man erhalten können. Für denjeni­gen, der die Wege zur geistigen Welt auf allgemein-menschliche Weise su­chen will, sollte die allgemeine Sektion da sein, für denjenigen, der in einer speziellen wissenschaftlichen, künstlerischen und so weiter Richtung eine esoterische Vertiefung suche, werden die anderen Sektionen bemüht sein, die Wege zu zeigen. So solle jeder suchende Mensch an der «Hochschule am Goetheanum» dasjenige finden, wonach er nach den besonderen Bedin­gungen seines Lebens streben will. Eine rein wissenschaftliche Einrichtung soll also die Freie Hochschule nicht sein, sondern eine rein menschliche, aber auch den esoterischen Bedürfnissen des Wissenschaftlers und Künst­lers voll entgegenkommen, und er selbst wolle dafür sorgen, daß man immer im weitesten Umfange wissen werde, was sie tut.1)

Durch seine immense Überbeanspruchung und seine im Herbst 1924 eingetretene schwere Erkrankung konnte von den beabsichtigten drei Klas­sen nur die erste und einige wissenschaftliche und künstlerische Sektionen eingerichtet werden. Wie die zweite und dritte Klasse gestaltet worden wä­re und daß darin auch wieder das kultische Element figurieren sollte, ist nur andeutungsweise überliefert. Marie Steiner erwähnt viel später einmal in einem Brief, daß er sich ihr gegenüber dahingehend geäußert habe, «daß in Klasse II manches bildhaft würde hineinfließen von dem, was er uns in der M. E. gegeben hat und daß in Klasse III sich dieses zur moralischen Kraft umgewandelt haben würde.»2) Und in ihren Aufzeichnungen für eine Ansprache bei der Feier zum Gedenken von Rudolf Steiners Todestag am 30. März 1926 heißt es3):

«Er hat uns verlassen, bevor er das begonnene Werk zu Ende hat führen können, bevor er uns das hat geben können, was er als die zweite und drit­te Klasse bezeichnete. In der zweiten hat er uns den Kultus geben wollen, der entsprochen hätte dem, was die in Imaginationen ausgeflossenen Offen­barungen der übersinnlichen Schule Michaels vom ... [Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts] gewesen sind.»4)

Wenige Monate nach diesen Andeutungen starb Rudolf Steiner. Schon lange erschöpft, erlag er am 30. März 1925 den übermäßigen Anstrengungen,

1) Siehe «Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft - Der Wiederaufbau des Goetheanum«, GA 260a.

2) Im Brief vom 8. November 1947 an Helga Geelmuyden in Norwegen.

3) In Notizbuch Archivnummer 133.

4) Vgl. Seite 120 f

#SE265-445

die er seit Weihnachten 1923 durch seinen Entschluß auf sich genom­men hatte, Gesellschaft und esoterische Schule in persönlicher Alleinver­antwortung neu so zu gestalten, daß dadurch der Abgrund zwischen dem aristokratischen Wesen des Geistigen und den immer stärker werdenden Forderungen der neuen Zeit nach Demokratie, wovon er in der esoteri­schen Stunde vom 27. Oktober 1923 als von einer «heroischen Tragödie in der Geschichte der Menschheit» gesprochen hatte, überbrückt werden könne. Das Schicksal hat es ihm nicht erlaubt, dieses groß angelegte Zu­kunftswerk zu vollenden. Gleichwohl war es im Sinne eines Wortes aus seinen Mysteriendramen «als Vorbild auf der Erde hingestellt» und wird «im Leben geistig weiter wirken, selbst wenn es sich im Sinnessein nicht hält. Es wird ein Teil der Kraft in ihm geschaffen, die endlich zur Ver­mählung führen muß von Geisteszielen und von Sinnestaten>.1)

1) Siehe «Der Seelen Erwachen« (1. Bild).

Dokumente

#SE265-449

Handschriftliche Aufzeichnung in Notizbuch Archivnummer 98, ohne Daten-angaben, vermutlich flir Kristiania (Oslo), Dezember 1921

Der Weltenbau muß werden

Aus Menschen muß er erbaut werden

Brüder der Vorzeit

Euer Schaffen werde unsere Weisheit, wir

wollen des Kreises Rundsinn und der

Geraden Richtkraft aus Euerer königlichen Kunst

gebrauchen; Eure getane Arbeit sei

Kraft unserer Seele, sei Kraft unserer

Hände.

Brüder der Gegenwart

So Ihr weiser seid als wir, lasset

strömen Eure Weisheit in unsre

Seelen, auf daß wir Glieder w

erden Eurer Gottesgedanken.

Brüder der Zukunft

So Ihr des Baues Plan in Eurem

Willen traget, lasset strömen Euere

Kraft in unsere Glieder, auf daß

wir Leib werden den großen Seelen.


M. E.

2

Meister der Vorzeit:

In schaudernder Ehrfurcht

Erblickt mein Geistesauge

Eure lichte Weisheit

In Eure Regionen strebe

Mein Seelensinn

Mit Euch zu bauen an dem Menschen-Welten-Bau.

#SE265-450

Meister der Gegenwart:

In williger Andacht

Erhöre mein Seelenohr

Euer schaffend Weltenwort

Daß nicht ewiglich verloren

Der Mensch dem Weltenziele

Und Lucifer verfallen müsse.

Meister der Zukunft:

Jm lieberfüllten Wollen Im lieberflillten Wollen

Verbind ich Eigen-Ich Verbinde sich das Eigen-Ich

Mit eurem Weltenwollen Mit Eurem Weltenwollen

Es soll vereinen sich In ihm nur darf es hoffen

Des Menschen Willenskraft Von Ahrimans Seelenkälte

Mit Kraft erzeugendem Weltenwort. Verschont sich selbst zu finden.


Lehrling der Welt und des Lebens Verlieren uns selbst.

Genosse der Menschen Finden den Andern

Meister seiner Selbst.

Die wankende lichtvolle Säule

Die feste dunkle Säule

#SE265-451

Die feierliche Auflösung des erkenntniskultischen Arbeitskreises in Norwegen im Dezember 1921

Erinnerungsbericht von Ingeborg Möller-Lindholm in einem Brief aus Föllebü vom

20. Februar 1952

In 1923 hat Dr. Steiner eine esoterische Stunde abgehalten, aber kein M.D. (früher F.M.). Das tat er aber 1921, als er nach sieben Jahren (der erste Weltkrieg und die ersten Nachkriegsjahre haben ihn von uns getrennt) wieder nach Norwegen kam. Damals hat er alle die früheren Mitglieder von M.D. gesammelt, aber ohne Ritual und ohne die kultische Bekleidung. In dieser Stunde hat er den alten M.D. feierlich aufgelöst - es wäre dann nicht mehr möglich (aus vie­len Gründen), nach den vorigen Richtlinien weiterzuarbeiten. Die geänderte Zeitlage forderte etwas anderes. Aber das Alte wäre nicht tot - es würde in metamorphosierter Form wieder auferstehen, auch hier oben bei uns, hat er gesagt. Wahrscheinlich meinte er damit 2. und 3. Klasse, die aber nie auf Erden erschienen sind, weil der Tod ihn vorher wegnahm.

Die Tempellegende wurde damals in 1921, soviel ich mich erinne­re, nicht erzählt. Das geschah ja auch nur bei den «Einführungen> in [den] ersten Grad, nicht später.

Von der esoterischen Stunde (E. S. genannt und nicht mit M.D. zu verwechseln) in Oslo habe ich keine Notaten - wir durften nicht schreiben.

#SE265-452

Esoterische Stunde in Kristiania (Oslo), 18. oder 20. Mai 1923

Undatierter späterer Erinnerungsbericht von Helga Geelmuyden

Beim Besuch des Doktors in Oslo - dem letzten - Mai 1923 - hielt der Doktor eine M. E.-Versammlung. 1)

In der Versammlung erzählte er sehr eindrucksvoll weiter die Tempellegende. Und er ging dazu über, darüber zu sprechen, wie die Abelsöhne sich zu den Kainssöhnen gefunden hatten, indem die Theologen ihn um den neuen Kultus gebeten hatten. Das erregte ge­steigerte Feindschaft von Seiten der Abelsöhne und der Kainssöhne in der äußeren Welt. (Gemeint waren die Jesuiten und die okkulten Brüderschaften, so faßte ich es jedenfalls auf.)

Und weiter sprach er dann, daß im selben Saal, wo den Theolo­gen der neue Kultus gegeben wurde, das Feuer entzündet wurde, das das Goetheanum zerstörte.

Im Anschluß an die Tempellegende wurde weiter gesagt, daß es notwendig wäre, das Goetheanum wieder aufzubauen. Es wurde ge­sagt, ungefähr so: der Tempel Salomos wäre nie physisch materiell dagewesen. Er müßte aber einmal auf der Erde da sein. (Mir hat der Doktor früher einmal gesagt, daß Abelsöhne nicht in die M. E. auf­genommen werden könnten. Dies wurde in der Beziehung gesagt, daß jemand eine Frau mit atavistischem Hellsehen hineinbringen wollte.)

Die Dinge, die der Doktor mit Bezug auf den Wiederaufbau des Goetheanum sagte, machten auf mich einen starken Eindruck. Später - im Sommer - war ich bei der Generalversammlung des Goetheanum-Vereins [in Dornach] anwesend, wo man die Frage des Wiederaufbaus behandelte. Ich frug dann den Doktor, ob er nicht das sagen wollte, was er uns in Norwegen gesagt hat. Er schüttelte den Kopf und sagte kurz: ganz unmöglich.

Nun muß ich gestehen: das neue Goetheanum hat mich nie be­friedigen können auf dem Hintergrund dieser eindrucksvollen Erinnerung.

1) Die Bezeichnung «M. E.-Versammlung» für die esoterische Stunde erklärt sich aus ihrem einer M. E.-Instruktionsstunde gleichenden Charakter.

#SE265-453

Besonders ist es mir schmerzlich, die Christusgruppe ganz und gar isoliert zu sehen. Im Jahre 1916, da ich den Doktor in Berlin auf meiner Durchreise nach Dornach sprach, sagte er mir: Nun müssen Sie, wenn Sie den Bau besuchen, die ganze Zeit die Gruppe auf ihrem Platz sich vorstellen. - Das tat ich auch und so entstand eine lebendige Bewegung durch die ganze Säulen- und Architravreihe hindurch, und das Bewegende war das Christus-Ich, so wie es sich darstellte in der Gruppe. Das alte Goetheanum starb, gleichsam ohne ganz dieses Ich verkörpert zu haben - es war noch außerhalb. Im neuen Goetheanum besteht keine Möglichkeit einer organischen Verbindung.

Die Vereinigung der Abelsöhne und Kainssöhne hat sich auch nie ganz verwirklicht.1)

1) Eine Ergänzung hierzu kann in der folgenden überlieferten Äußerung Rudolf Steiners gesehen werden (über Paul Michaelis maschinenschriftlich überliefere Tagebuchaufzeich­nung von Ludwig Polzer-Hoditz von dessen letztem Besuch am Krankenlager Rudolf Steiners am 3. März 1925):

Tragen Sie aber Stets im Bewußtsein: Die Jesuiten haben die Religiosität, die Frömmig­keit, den Menschen genommen, sind ganz identisch mit der römischen Staatsgewalt. Der Kampf, d.h. die Sünde gegen den Geist, ist ihr Herrschaftsgewaltmittel, die einzige Sünde, von der die Schrift sagt, daß sie nicht vergeben wird. Und doch kann der Geist nicht ganz ausgerottet werden, aber nur wenige werden ihn hinübertragen in die Zukunft. Diese Strömung sei auch innerhalb der Gesellschaft stark zu verspüren und er hoffe, durch die Weihnachtstagung sie paralysiert zu haben. (Vgl. GA Bibl.-Nr. 260) Denn ohne Grund habe er nicht eine gewisse Parität des weiblichen und männlichen Geistes innerhalb des Vorstandes zu wahren gesucht, da die Tendenzen doch wahrnehmbar seien, wie aus alten Zusammenhängen heraus der weibliche Geist ausgeschaltet werden soll. Das habe ich schon in den Anfängen betont, als ich über die Tempellegende gesprochen habe. Aber es wurde wohl nicht verstanden, und dennoch ist es ein bedeutsamer Unterstrom innerhalb der Gesellschaft.»

#SE265-454

#Bild s. 454

Sommer-Weg ist der Weg der Christengemeinschaft in Erinnerung an eine Gemeinschaft (vorgeburtlich) in der geistigen Welt. (Abel-Weg)

Winter-Weg ist der Weg der Anthroposophen durch kalte Einsam­keit zur Erkenntnis. (Kains-Weg)

#SE265-455

Drei esoterische Stunden mit Inhalten aus dem früheren erkenntniskultischen Arbeitszusammenhang

Gehalten in Dornach am 27. Mai 1923, 23. Oktober 1923, 3. Januar 1924 für die

«Wachsmuth-Lerchenfeld-Gruppe» 1)

Text von Maria Röschl-Lehrs «aus der Erinnerung gleich nachher niedergeschrieben.»

#TI

I

#TX

Einleitend wurde gesagt, warum jetzt solch eine Gruppe wieder möglich ist. Klares Bewußtsein nötig. Man war früher mit zu gerin­gem Bewußtsein, zu geringem spirituellen Bewußtsein herangetreten an die Einrichtungen der Anthroposophie.

Wenn das, was in jenen alten esoterischen Zusammenhängen gegeben worden war, veröffentlicht worden wäre, dann wären dadurch viele Kulte in der Welt entstanden. Weil es aber nicht ver­öffentlicht wurde, ergab sich Haß und Verrat der Sache.

Diese Menschen hier sind nicht von ihm zusammenberufen, sie sind selber zusammengetreten. Er hat es der geistigen Welt gegen-über abgelehnt, weiter noch selber solche Gruppen zu bilden. -Nicht hochmütig sein! Es gibt mehr Menschen, die dafür in Be­tracht kämen, auch solche, die weiter sind! Hier sind eben nur die, die sich selber zusammengefunden haben. Vom Meditieren. Es ist nicht nur persönliche Angelegenheit, sondern hat Weltbedeutung. Der Kosmos ist interessiert daran, ob wir es tun oder nicht.

0 Mensch ...2)

Legende [Tempellegende] neuer Anhang

zwei Richtungen - in Johannes die Mitte. Erkennen, was von den

1) Von Rudolf Steiner so genannt (s. Seite 466), weil die Initiative von den beiden Brüdern

Wachsmuth, Graf Lerchenfeld und Harriet von Vacann ausgegangen war. Als Teilnehmer

sind namentlich überliefert: Marie Steiner, Dr. Ita Wegman, Dr. Elisabeth Vreede, Albert

Steffen, Dr. Günther Wachsmuth, Wolfgang Wachsmuth und Frau, Dr. Kurt Piper, Dr.

Otto Palmer, Dr. von Baravalle, Dr. Maria Röschl, Graf Lerchenfeld, Harriet von Vacano,

Jürgen von Grone, Margarita Woloschin.

2) Dieses Mantram wurde später den Mantren der ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft eingegliedert.

#SE265-456

beiden Richtungen kommt. Brand, weil beide vereinigt gegen die Mitte. Haß gegen Fortsetzung dieser Mitte.

Wach werden! Wach gegenüber diesen zwei Richtungen, aber auch überhaupt. Wach werden durch richtiges Meditieren! Goethe war ganz wach, Schiller nur halb wach, Herder und Lessing schliefen ganz.

Vor dem Mysterium von Golgatha waren die Worte eines Einge­weihten: Salem. Jetzt Umkehrung: Melas ... Kreis schließt sich.

Nachtrag: Vorher Mach ben ach - Erdensohn des Leides oder das Physisch-Leibliche hat sich vom Seelisch-Geistigen getrennt.

Vokalübung - Pilgerschaft nach dem Ich 1)

0 A J A 0 : Ich inmitten Licht und Raum

A J 0 J A : Raum für Ich und Licht

J 0 A 0 J : Licht durch Raum und m[ich] Ich bin

Jetzt erst das von den zwei Richtungen und dem Brand.2)

1) Siehe Originalaufzeichnung auf Seite 473.

2) Hierzu Anmerkung von Maria Röschl-Lehrs: «Hier nur sehr spärliche Notizen. Reihen­folge nicht klar.»

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Die Tempellegende

Der Wortlaut der Tempellegende aus der esöterischen Stunde vom 27. Mai 1923 wurde von verschiedenen Teilnehmern hinterher aus dem Gedächtnis und nach Texten aus dem früheren erkenntniskultischen Arbeitszusammenhang rekonstruiert. Die Bezeichnung «Neue Fassung, gegeben im Frühjahr 1923>, unter der dieser Wortlaut weitergegeben wurde, trifft eigentlich nur für den letzten Schluß zu (in

den Notizen von Maria Lehrs-Röschl als «Neuer Anhang» bezeichnet). Im ersten Teil entspricht der Legendentext wortwörtlich demjenigen der Niederschrift Ru­dolf Steiners aus dem Jahre 1906 (S. 365). Die daran anschließende Schilderung vom Guß des ehernen Meeres und Hirams Tod weist dagegen einige Varianten gegen­über den früheren Schilderungen auf. Die Schilderung in der Fassung von 1923, die nach dem Satz aus Rudolf Steiners Niederschrift (S.367): «Hiram ist erst im Besitze esres real-menschlichen Ich» einsetzt, lautet wie folgt:


Von diesem Zeitpunkt an ergreift den König Salomo heftige Ei­fersucht gegen seinen Baumeister Hiram Abiff. Dieser hatte beim Tempelbau drei Gesellen, die den Meistergrad von ihm forderten. Sie hatten aber ihre Untüchtigkeit gezeigt, indem sie einen für den Tempelbau unersetzbaren mächtigen Balken zu kurz geschnitten hatten. Hiram hatte das Unglück gut gemacht dadurch, daß er durch seine besonderen Kräfte den Balken hatte in die richtige Länge deh­nen können. Sie sind nun die Gegner Hiram Abiffs, weil sie von ihm zurückgewiesen werden mußten, als sie den Meistergrad und das Meisterwort von ihm verlangten, für das sie noch nicht reif waren. Die drei verräterischen Gesellen haben es leicht, das Ohr des Königs für die Tat zu finden, durch welche sie Hiram Abiff verderben wollen.

Die Vollendung des Tempelbaus sollte durch ein Werk gekrönt werden, in dem Hiram Abiff die Spannung und Feindschaft zwi­schen den Kain- und Abel-Söhnen zu versöhnen gedachte. Es war das eherne Meer, dessen Guß aus den sieben Grundmetallen (Blei, Zinn, Eisen, Gold, Kupfer, Quecksilber und Silber) und Wasser, dem Metall der Erde, so gemischt werden sollte, daß der fertige Guß völlig durchsichtig sein sollte. Die Sache war vollendet bis auf einen allerletzten Einschlag, der vor versammeltem Hof, auch vor der Königin

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von Saba, gemacht werden sollte und durch welchen die noch trübe Substanz bis zur völligen Klarheit umgewandelt werden sollte.

Nun mischten die drei verräterischen Gesellen, die die Aufgabe hatten, den letzten Bestandteil hinzuzufügen, das Wasser in fal­schem Verhältnis zu, und statt durchsichtig zu werden, versprühte der Guß in verheerenden Flammen. Hiram Abiff suchte das Feuer zu beruhigen, das gelang nicht, die Flammen schlugen nach allen Seiten auseinander.

Hiram Abiff aber hörte aus den Flammen und aus der glühenden Masse eine Stimme: Stürze dich hinein in das Feuermeer, du bist un­versehrbar. Er stürzte sich in die Flammen und merkte, daß sein Weg nach dem Mittelpunkte der Erde führte. Auf halbem Wege traf er Tubal Kain, seinen Vorfahren. Dieser führte ihn zum Erdmittel­punkt, wo sich der große Vorfahr Kain befand in dem Zustande, wie er vor der Sünde, dem Abel-Mord, war. Dieser gab ihm das goldene Dreieck mit dem Meisterwort. Auf halbem Wege nach oben über­gab ihm Tubal Kain einen Hammer und wies ihn an, damit den Guß des ehernen Meeres zu berühren. Es erhält Hiram Abiff von Kain die Erklärung, daß die energische Entfaltung der menschlichen Er­denkräfte zuletzt zu der Höhe der Initiation führe, und daß die auf diesem Wege erlangte Initiation im Erdenlaufe an Stelle des alten Schauens treten müsse, daß dieses verschwinden werde. Mit dem Hammer geht Hiram an die Erdoberfläche zurück; er berührt mit diesem das eherne Meer, der Guß gelingt, und er konnte dessen völlige Durchsichtigkeit bereiten.

Hiram wollte sein Werk, den Tempel, zum letzten Male sehen und begab sich nachts dahin. Da lauerten ihm die falschen Gesellen auü Der erste versetze ihm an dem einen Tore einen Schlag auf die linke Schläfe, daß das Blut herunterfloß bis auf die Schulter. Hiram Abiff wandte sich zum zweiten Tor, um den Tempel zu verlassen. Da versetzte ihm der zweite Geselle einen Schlag auf die rechte Schläfe, daß das Blut bis auf die Schulter floß. Er wandte sich zum dritten Tor. Da traf ihn der Schlag des dritten Gesellen auf die Stirn, so daß er zusammenbrach. Er schleppte sich noch hinaus bis zu einem Brunnen, in den er das goldene Dreieck versenkte. Die drei

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Gesellen verscharrten seine Leiche. Vor seinem Tod konnte Hiram noch das goldene Dreieck mit dem Meisterwort versenken in einen tiefen Brunnen. Auf seinem Grabe wuchs ein Kassia-Baum, eine Akazie. Den Wissenden war bekannt, daß aus dem Grabe eines Ein­geweihten ein Kassia-Baum herauswächst. Als man seinen Leichnam fand, ertönte das neue Meisterwort: «Mach ben ach».1) Das bedeutet:

Das Geistig-Seelische hat sich vom Physisch-Leiblichen getrennt -oder: Anderssein des Leibes.2) Man suchte dann das goldene Dreieck und fand es in dem Brunnen. Es wurde auf das Dreieck ein kubi­scher Stein gelegt mit den zehn Geboten und so wurde es verborgen im Tempel eingemauert.

Mit dieser Symbolik ist dasjenige gegeben, was in Meditation die innere Wesenheit der menschlichen Entwicklung auf der Erde zur Imagination erhöhte. Das eherne Meer kann als Symbol dessen gel­ten, was der Mensch geworden wäre, wenn nicht die drei verräteri­schen Kräfte in der Seele Platz gefunden hätten. Diese drei verräteri­schen Kräfte sind: Zweifel, Aberglaube, Illusion des persönlichen Selbst.

Hiram Abiff wurde wiedergeboren als Lazarus und war so derje­nige, der als erster von Christus eingeweiht wurde. Mit ihm setzte ein die (Versöhnung der Differenz), die zwischen der Kain- und Abeiströmung stand.

Nach einer anderen Aufzeichnung lautet der »neue Anhang>:

Hiram Abiff wurde wiedergeboren als Lazarus und wurde so derje­nige, der als erster von Christus eingeweiht wurde. Mit ihm setzte

1) Hier iehlt nach den üblichen Überlieferungen da« Zwischenglied: Salomo gab Auftrag, Hirams Leiche zu suchen. Da man glaubte, daß die Mörder Hiram das Meisterwort abge­nötigt hätten, wurde vereinbart, bei der Suche zu schweigen. Da« erste Wort, das einer der Meister bei der Ausgrabung der Leiche unbeabsichtigt spreche, sollte als neues Meisterwort gelten. Als man nach langem Bemühen den Leichnam fand, entrang sich in diesem Augen­blicke einem unter ihnen das Wort «Mach ben ach». Dieses wurde als neues Meisterwort angenommen.

2) Eine andere Aufzeichnung hat hier: «>Erdensohn des Leides».

#SE265-460

ein die Strömung der Mitte, die zwischen der Kain- und Abel­Strömung stand. Die Kain-Strömung fand im Laufe der Zeiten ihre Hauptvertreter in der F. (Freimaurerei-Strömung), während das Abelitentum seinen Ausdruck fand in der Priesterströmung der (ka­tholischen ?> Kirche. Beide Menschheitsströmungen blieben einan­der streng feindlich. Nur einmal vereinten sie sich in Eintracht: in ihrem Haß gegen die Strömung der Mitte. Das Ergebnis dieser ein­trächtigen Vereinigung beider sonst feindlicher Richtungen war die Vernichtung des Johannesbaues (Goetheanums).

#TI

II

#TX

Zuerst wurde zum ersten Mal das indische Mantram gegeben, zum ersten Mal die Übersetzung.1) Nach diesem indischen Mantram wurde die regelmäßige Anrufung gemacht: «Brüder der ..»2)

Wahre Esoterik ist zunächst unverständlich. Als Beispiel stelle man sich einen lebenden Menschen vor, wie er nach außen hin abso­lut kein Geistesleben äußert. Sein Geistesleben ist ganz nach innen gerichtet. Dennoch intensives Innenleben. -

Über die Vokale: Hierarchien sind daran beteiligt.

I A 0 Seraphim, Cherubim und teilweise Throne beteiligt.

U Kyriotetes, Exusiai, Dynamis

E Archai, Archangeloi, Angeloi.

Das Ganze zusammen bedeutet das uralt-heilige Jahve-Wort an Stelle des Ich-bin. Dieses Jahve-Wort aus den Hierarchien heraus zu schaffen, bedeutet eine Tat. Die Ausführung dieser Tat auf Erden:

die Falter-Meditation:

1) Siehe auf Seite 473 ff.

2) Siehe auf Seite 471.

#SE265-461

Fange den Falter

Sende ihn in eisige Höhen

Wo die Weltenträume walten.

Wird er dir zum Vogel

Dann hast du der Arbeit

Hälfte vollbracht.

Den Vogel tauche

In Meerestiefen J A 0 U F

Wo der Weltenwille wirket.

Ertrinkt der Vogel,

Dann bleibt dir noch zu tun,

Die Vogelleiche

Im Feuer läuternd zu verbrennen.

Dann verzehr' die Asche

Und du bist

Das Licht im Weltendunkel. -

Die Imagination dieser Falter-Meditation hat eine ätherische Wir­kung. Nur einfache Deutung. Suchen in der Erinnerung mit den dreieinhalb Jahren im Anschluß an die Falter-Meditation. Mit deren ätherischer Wirkung ist verbunden, daß sie bewirkt eine Beschäfti­gung mit dem eigenen Wollen, und in der rückschauenden Prüfung des eigenen Wollens kann man einen Punkt in seinem Leben finden, wo dieses Wollen einen ganz bestimmten Impuls gehabt hat zu be­stimmten Aufgaben. Es ist häufig zu finden, daß bei dem Suchen nach solchen Wollensmomenten, deren Nichtausführung Unbefrie­digung erzeugt haben, man zu einem Punkt kommt, der etwa drei­einhalb Jahre zurückliegt. (Verhinderung durch äußere Umstände, zum Beispiel Dreigliederung.)

Ist dieser Punkt gefunden, dann handelt es sich darum, den Inhalt dieser Sehnsucht zu pflegen, nicht etwa daß man nun jene Tat aus-zuführen sucht, nur den Inhalt möglichst pflegen, in der höchsten Weise. Dann wird die Realisierungsmöglichkeit, von dem Zeitpunkt des Bewußtwerdens an gerechnet, nach dreieinhalb Jahren nochmals gegeben werden. Und dann wird es sich darum handeln, eine selbst-lose

#SE265-462

Tat zu vollbringen, die nichts zu tun hat mit dem Ausgangs­punkt vor 7 Jahren. Das kann auch eine ganz unscheinbare Tat nach außen hin sein.

Zeitschilderung, Zeitlage. Die gegenwartigen Vorträge und diese Stunde sind im Vergleich zu dem herrschenden Fanatismus auf dem Höhepunkt der Demokratie draußen gerade der Gegensatz dazu; sie bedeuten den Höhepunkt der Aristokratie und Hierarchie. Unge­heurer Abgrund, über den die Entwickelung springen muß, um die­se Gegensätze zu überwinden. Schilderungen dieses Abgrundes, über den die einen mutig springen, andere geschleift, andere gerissen werden. Das Ganze ist eine heroische Tragödie in der Geschichte der Menschheit.

Falter-Meditation [S. 467, 479]

Anrufung [S. 471]

Indisches Mantram [S. 473ff.]

#TI

III

Brüder der ...

Indisches Mantram

#TX

Hinweis auf die neue Gesellschaft, daß die Begründung erfolgte, ohne den esoterischen Grund zu nennen. (Er hatte vorher gesagt, daß die Begründung esoterische Hintergründe habe.) Esoterik ver­trägt keine Spielerei, alles Bisherige sei spielerisch gewesen [genom­men worden]. Jetzt muß offen und ernst Esoterik hineingetragen werden ins Leben, von Dornach aus, als dem Zentrum. Nun dürfe man aber wirklich nicht mehr spielen mit Esoterik. Dazu ist Be­scheidenheit nötig, vor allem Bescheidenheit vor dem Ich.

Darum Aufwachen! Bewußt werden, daß wir schlafen! Mit jedem Aufwachen kommen wir in eine neue Weltensphäre hinein, denn wir leben ganz umgeben von Weltensphären, bloß schlafen wir und wis­sen nicht von ihnen. Bisher geschieht ja alles beim Menschen nur träumend.

#SE265-463

Wichtigkeit der Falter-Meditation (von der er das vorige Mal gesagt hatte, daß alles, was er sage über die Wirkung dieser Medita­tion und ihren Zusammenhang mit den zweimal dreieinhalb Jahren nur für Menschen gelte, die über 28 sind). Vorlesen derselben -J A 0 U E.

Es soll etwas gegeben werden, was diese Falter-Meditation in ihrer Wirkung verstärkt:

4 Stufen des Schlafens: im Denken, Fühlen, Wollen, im Ich

4 Stufen des Aufwachens: ,, ,, ,, ,,

Denken:

Das Haupt ist wie eine Frucht, das Herz wie ein leuchtender Kelch. Wir sollen unser Haupt bis ans Herz als selbstleuchtend erleben. Wir sollen unser Denken erleben als Ätherorgan, das sich heranta­stet an alles, was es erfassen soll. Der Okkultist unterscheidet sich vom Nicht-Okkultisten dadurch, daß er sich dieses Organs als aus­strahlend im Ätherischen bewußt ist. Wir sollen uns erleben wie eine Schnecke, die ihre Fühihörner ausstreckt. Das Denken muß ein Tasten werden! Dazu Hilfe:

Im Denken erwache: du bist im Geisteslichte der Welt.

Erlebe dich als leuchtend, das Leuchtende tastend.

Durch solch ein Denken wird die ganze Natur leuchtend. Stein und Pflanze leuchten auf im Irdischen, ... als Tier und Mensch ... im Moralischen. Durch das Erleben des Denkens als Tasten entwik­keln wir etwas wie ein Berührungs-Bewußtsein: wir sehen eine Lö­wenzahnblüte und erleben sie wie Sand; wir sehen eine Cichorie und erleben sie wie Seide, eine Sonnenblume wie ein stacheliges Tier ...

Fühlen:

Dieses ist noch ein tiefer Traum. Wir sollen unser Herz erleben als leuchtend, aber so, daß es Licht aus der ganzen Umwelt aufnimmt und mondenhaft zurückstrahlt nach außen. Durch unser erwachen-des Fühlen müssen wir die Welt ganz anders erleben; die Erde als

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fühlendes Wesen, das lacht und weint. Im Welken des Herbstes ist wie ein Weinen in der Natur, aber Freude der ahrimanischen Wesen, im Frühling Freude der luziferischen Wesen. Naturvorgänge als Taten geistiger Wesenheiten! Bäume - im Winter sind sie nur physi­scher Leib, das Ätherische ist draußen. Man kann dazu kommen zu sehen, wie die Bäume im Ätherischen Aufgaben lösen.

Wenn man im Denken erwacht, dehnt man sich ins Unendliche. Erwacht man im Fühlen, so setzt man sich in Bewegung, verläßt sich.

Im Fühlen erwache: du bist in den Geistes-Taten der Welt. Erlebe dich, die Geistes-Taten fühlend.

Wollen:

Da herrscht beim Menschen der Gegenwart noch Tiefschlaf. Im Wollen aber ist der Mensch ganz auf sich gestellt. Sein Denken hat er nur in dieser Verkörperung, nimmt nichts davon mit ins nachtod­liche Leben. Unser Denken brauchen die Götter, unser Fühlen und Wollen brauchen sie nicht. - Ein Mensch ist vielleicht genial - aber nur, weil die Götter es so brauchen. Genies sind die Lampen, die die Götter brauchen. Unsere Denkfähigkeiten kehren nach dem Tode zu den Göttern zurück.

Unser Wollen dagegen geht mit uns durch unsere Verkörperun­gen, es ist ein Ergebnis unserer Verkörperungen, wir arbeiten durch die Erdenleben daran. Bei unserer Mitarbeit an der Weitgestaltung ist unser Wollen das wesentlich Charakteristische. Das Wollen ist des Menschen Eigentum, während das Denken des Menschen den Göttern gehört. Neid der Götter! -

Im Wollen haben wir Eigenleben. Doch die Menschen schlafen noch im Wollen. Sie lieben ihr Wollen, weil sie immer glauben, was sie wollen, sei schon das Richtige. Aber mit unserem Wollen wirken wir mit an der Weltgestaltung. Wir wachen im Wollen auf, indem wir uns bewußt werden, daß wir nicht für uns allein sind, sondern verantwortlich für die Taten der andern. Zum Beispiel Kully: Was er tut, gerade was uns am meisten aufregt, daran sind wir schuld, wir

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tun eigentlich mit; Goesch Affäre - Maya 1) Wenn wir uns nicht mehr getrennt empfinden als einzelne Wesen, sondern so verbunden in dem allgemeinen Tun, dann erwachen wir im Wollen, dann erst kommen wir zum lebendigen Wollen, dann denken wir die Geistes-wesen:

Im Wollen erwache: du bist in den Geistes-Wesen der Welt. Erleben dich die Geisteswesen denkend.

Erwachen im Ich:

Wir schlafen im Ich. Wir gebrauchen das Wort «Ich» nur, weil die Götter es einst für uns sprachen - unsere Angeloi - und nachahmend sprechen es nun die Menschen. Aber wir müssen aufwachen im Ich! Imagination dazu: Altar, darüber Sonne. Wir nahen uns dem Altar und erleben uns ganz als Schatten, ganz als wesenlos. Bisher sagten wir: Ich bin. Jetzt sagen wir bewußt: Ich bin nicht. - Da steigt aus der Sonne über dem Altar eine Gottheit heraus und belebt den Schatten. Wir sind wie eine Schale, die das Licht der Gottheit, die aus der Sonne steigt, empfängt. - Aus Gnade empfangen wir diese Gottheit, sie schenkt sich uns. - Das erlebte Fichte, doch ganz schat­tenhaft. Daher ist völlig abstrakt, was er darüber sagt.

Im Ich erwache: du bist in deinem eignen Geistes-Wesen. Erlebe dich sein von Göttern empfangend

und dir selbst gebend.2)

Dann wurde gesprochen:

Die Steine sind stumm ... [S. 469 f.]

Brüder der ... [S. 471]

Indischer Spruch [S. 473ff.]


1) Kully und Goesch: zwei damals aktiv auftretende Gegner.

2) vgl. die Handschrift auf Seite 477.

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#Bild s. 466

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Zu den drei esoterischen Stunden für die «Wachsmuth-Lerchenfeld-Gruppe»

Rudolf Steiners Notizbucheintragungen, Notizbuch Archivnummer 281

Einiges daraus dürfte auch in der esoterischen Stunde in Kristiania (Oslo) am 18. oder 20. Mai gegeben worden sein.

27. Mai 1923 Dornach die Wachsmuth­

Lerchenfeld-Gruppe:

erst genießen das Esot. dann

das Esot. vergessen

1.) Auseinandersetzung des Ernstes =

2.) Haß, Ehrgeiz, verweigerte Liebe -astrales Licht -

3.) Die Legende -

4.) Die Absichten

heute = man hat zum Ich und dem

Worte den Gedanken verloren. -

Gedankenempfindung

Melas

recht sprechen, s 1 m ch

so daß das Wort Salem

wirkt


Herrschaft

über sich

selbst

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#Bild s. 468-471

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«Brüder der...» (andere Fassung)

Nach der Handschrift Rudolf Steiners aus Notizbuch Archivnummer 281

Göttliche Bildner des Weltenalis

Erfühlet den Seelen-Opferrauch

Den wir in Eure Lichtes-Höhen

Verehrend möchten strömen lassen.

Göttliche Denker des Weltenalls

Nehmet auf in Euer Denken das Opferwort

Das wir den Luftkreisen vertrauen

Die Euch begegnen, wenn Euere Kräfte

Welten durch den Raum hindurch führen.

Göttliche Schöpfer des Weltenalls

Nehmet hin in Euer Wesen unser eignes Wesen

Daß wir in Eurem Schutze gedeihen

Wenn Ihr aus den Erdentiefen

Eine Welt gegen die Lichteshöhen wachsend hebt.

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Meditation aus der esoterischen Stunde Dornach, 27. Mai 1923

(Siehe Seite 456, 460)

#Bild s. 473

Das indische Mantram

Der Wortlaut ist nicht überliefert. Unter den handschriftlichen Aufzeichnungen Rudolf Steiners zu diesen esoterischen Stunden finden sich zwei indische Mantren :

Yasmat jatam jagat sarvam, yasminn eva praliyate

yenedam dhriyate caiva, tasmal jnanatmane namah.

Von dem die ganze Welt stammt, zu dem sie

wieder zurückkehrt,

durch den sie sicher gestützt ist,

Ihm dem Selbst, welches weiß, sei alle Ehre.

#SE265-474

#Bild s. 474

#SE265-475

Der indische, bei Rudolf Steiner fehlende, Wortlaut ist :

Satyam gnanam anantam Brahma

ananda rupam amritam vibharti

Shantam Shivam advaitam

Shanti Shanti Shanti.

#SE265-476

#Bild s. 476

#SE265-477

#Bild s. 477

#SE265-478

Wortlaut der beiden nachfolgenden Handschriften Rudolf Steiners

Die beiden offensichtlich zusammen niedergeschriebenen Handschriften stammen aus dem Nachlaß der englischen Bildhauerin Edith Maryon, die Rudolf Steiners Mitarbeiterin an der plastischen Holzgruppe gewesen ist und nach dem Baubrand erkrankt war. Rudolf Steiner, der sie während ihrer Krankheitszeit immer wieder besuchte, hat ihr offensichtlich von der esoterischen Stunde vom 27. Mai 1923 be­richtet und für sie die beiden Mantren niedergeschrieben.

Notizblatt Archivnummer 5852

J A 0 U E (Vorbereitung)

Fange den Falter

Sende ihn in eisige Höhen 3 1/2 Jahren

Wo die Weltenträume walten

Wird er dir zum Vogel Erinnerung

Dann hast du der Arbeit - Ich jetzt

Hälfte vollbracht

Den Vogel tauche Vergessen

In Meerestiefen

Wo der Weltenwille wirket

Ertrinkt der Vogel

Dann bleibt dir noch zu tun

Die Vogelleiche

Im Feuer läuternd zu verbrennen

Dann verzehr die Asche

Und du bist

Das Licht im Weltendunkel. - Tragik

(Über den Vokalen steht:)

J noch in sich

A man öffnet sich der Welt, die sagt viel

O die Engel kommen, geben die Hände

U die zweite Hierachie kommt nach, umströmt einen mit Licht

E die erste Hierarchie kommt und verbrennt einen in Feuer. -

*

#SE265-479

Auf der Rückseite des Blattes finden sich von der Hand Edith Maryons folgende Bemerkungen, die sich offensichtlich auf die von Rudolf Steiner gegebenen Anweisungen für die Meditation beziehen :

«Zuerst Denken denken - nur die Augen bewegen sich, während er liest. Dann der Inhalt, die Buchstaben verbinden ihn mit den Hierarchien. Dann sagen : JAOUE

Falter = Gedanke

3 1/2 Jahre Monate oder Wochen oder Tage

3 1/2 später Auftreten mit Enthusiasmus

Erleben wechselweise der Demokratie (mit) den Mitmenschen und der Einsamkeit und Tragik der Aristokratie des Denkens. Einsamkeit durch­dringen zu dem Inhalt.»

Notizblatt Archivnummer 5853

Wenn die Götter nur

sich in Freude verzehrt hätten,

wie wäre die Welt entstanden;

sie hätten nur ihr Eigenwesen

In die Weltenluft verstreut :

Traurig wurden sie d'rum Freude ist das Feuer

Und umfaßten klagend Das erglänzt

Ihr Eigenwesen Wenn die Klage

Und aus der Klage In Asche zerrinnt

Erstand das selige Fiat .

Das weltenschaffende Wort.

#SE265-480-483

#Bild s. 480-483

AUSKLANG

#G265-1987-SE485 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

#TI

AUSKLANG

#TX

Zur ersten Wiederkehr von Rudolf Steiners Todestag, am 30. März 1926, gestaltete Marie Steiner-von Sivers, die nicht nur als Mitbegründerin und Mitleiterin des erkenntniskultischen Arbeitskreises, sondern auch durch innere Kompetenz in demselben eine besondere Stellung eingenommen hatte,1) im Rahmen der ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswis­senschaft eine Gedenkfeier mit symbolisch-kultischem Charakter. Auf der mit schwarzen Vorhängen verkleideten Bühne des Saales in der Schreinerei des Goetheanums, in der damals alle Dornacher Veranstaltungen stattfan­den, ließ sie drei Altäre aufstellen, an deren Ostaltar sie stets an der Seite Rudolf Steiners gedient hatte. In den folgenden Entwürfen für ihre Anspra­che kommt zum Ausdruck, was ihr die Lebenstat Rudolf Steiners bedeutete, nämlich: die Tempellegende dargelebt zu haben.

Marie Steiner

Wir haben uns hier versammelt zum Angedenken desjenigen, der vor einem Jahr von dieser Erde Abschied nahm, der hier an dieser Stätte für uns, unter uns gewirkt hat, der uns Richtlinien gegeben hat für unser Han­deln, den Dienst an den Altären der Weisheit, Schönheit und Stärke, als Zeichen welcher wir diese Altäre hingestellt haben, die uns sein Wirken versinnbildlichen. Wir haben als Zeichen seines werktätigen Schaffens diese Werkzeuge auf die Altäre gelegt. Mit ihnen prägte er dem Holz die neuen Formen ein. Es sind sein Zirkel und sein Richtmaß, seine Kelle und sein Hammer. Sie sind noch durchseelt vom Feuer seiner Hände, sie sprechen zu uns und fordern Taten.

1) Ein Teilnehmer hat eine darauf bezügliche Äußerung Rudolf Steiners im erkenntniskulti­schen Arbeitszusammenhang wie folgt überliefert: ,An der Spitze, als Haupt der Schule und als Vermittler der geistigen Wirklichkeiten stand Rudolf Steiner; ihm zur Seite als Genosse und Mitarbeiter Marie von Sivers. ... Bei einer Handlung in einem höheren Grade, bei der nur eine geringe Anzahl von Teilnehmern zugegen sein durften, wurde uns durch Rudolf Steiner selbst kundgegeben, daß die Mitarbeit Marie von Sivers' in einem vollberechtigten Sinne zu nehmen sei nicht symbolisch wie bei uns andern allen. Und zwar so, daß auf eine Wirklichkeit hingewiesen wurde, die über Geburt und Tod hinaus­geht.» Adolf Arenson in einem Rundbrief an die Mitglieder der Antbroposophischen Gesellschaft vom Oktober 1926.

#SE265-486

Seiner gedenkend und dessen, was wir zu tun haben, entzünden wir diese Kerzen:

1. Das Licht, das er in unsern Herzen entzündet hat, es leuchte hell auf und werde Weisheit.

2. Es steige in Reinheit zu ihm empor, so rein, wie er es in unsere Seelen gesenkt hat.

3. Es erkrafte an ihm im werktätigen Schaffen, auf daß unser Handeln diene seinem Geist, unser Geist erstarke in der Ich-Durchchristung.


Wir stehen in diesem Raume der Trauer, gedenkend des Großen, der uns verlassen hat. Die drei Altäre stehen als Zeichen und Siegel seines Wirkens vor uns. Der Führer, der dieser Menschheitswende vorstand, hat dauernd an diesen Altären gedient. Er durfte sie herausholen aus den Tiefen des Tempels, in denen sie gestanden haben, seitdem es Mysterien gegeben hat und durfte sie der Menschheit übergeben. Er gab sie uns im Bilde, in der Kunst, indem er sie hineinstellte in seine Mysteriendramen, an den Etap­pen des Fortschritts der Geistesschüler. Er gab sie uns in seinem Wort, in­dem er in den Mittelpunkt seines Wirkens stellte die Ideale der Weisheit, der Schönheit, der Stärke, sie in ihrer Einzelauswirkung und in ihrem Ineinanderwirken uns ständig vor Augen führte. Er durfte den zwei bedeu­tendsten Dichterpersönlichkeiten unter seinen Schülern erlauben, die Legende im Worte und im Bilde vor die Welt hinzustellen. Sie kennen sie aus deren Schöpfungen.1) Nur so weit sie künstlerisch der Menschheit nun gegeben ist, nur soweit sei ihrer jetzt gedacht. Und mit dem Hammerschlag, mit dem Rudolf Steiner bei der Grundsteinlegung die Anknüpfung vollzog an ewigen Geistesdienst, sei hier jetzt seiner gedacht.2) An ihn knüpfen wir

1) Alberi Steffens Drama »Hieram und Salomo» und die Dichtungen von Kurt Piper, vgl. hierzu unter «Einzelne Hinweise» auf Seite 498.

2) Gemeint ist die Gruodsteinleguog zur Bildung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesell­schaft an Weihnachten 1923. Adolf Arenson berichtet dazu: «Rudolf Steiner eröffnete die Weihnachtstagung nicht mit Worten, sondern mit symbolischen Schlägen, und damit brach­te er das Gesetz der Kontinuität zur Auswirkung. Denn jedem, der zu der Institution gehörte, die Rudolf Steiner im 36. Kapitel seines Lebensganges schildert, sagten diese Schläge: Das Neue, das ich euch geben will, knüpfe ich hiemit an an das vorhandene Frühere, treu dem Gesetze der Esoterik. Es braucht wohl kaum betont zu werden, daß dieses Anknüpfen an das Frühere die Möglichkeit in sich schließt, ein völlig Neues, ja sogar ein sprunghaft Neues zu bringen, wie ja auch bei der Pflanze die Blüte an die Blaubildung anknüpft und doch ein völlig Neues ist.« Brief von Adolf Arenson an Albert Steffen vom 24. Dezember 1926.

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an und stellen uns unter seinen Schutz, den Mächten zu dienen, denen er uns dienend zuführte.

Weshalb durfte Rudolf Steiner das tun, was eine Menschheitswende bedeutet auch innerhalb der Esoterik, einen Abschnitt und einen neuen Weg?

Wenn das Große ganz nah vor uns steht, dann sehen wir es nicht, die Bergwand überragt uns, sie erdrückt den einen, sie hemmt den Blick dem andern. Wir sehen nicht über sie hinweg, wir fühlen nur: das ist groß.

Lange dauert es, bis wir den Gipfel des Berges erklimmen und das Um­fassende des Ausblicks uns wird; aber während des mühsamen Klimmens hin und wieder leuchtet ein Durchblick, und wir erfassen Teile der unge­heuren Zusammenhänge.

Uns war das Schauen leicht gemacht, wir haben es erleben dürfen, aber vielleicht war das Licht zu blendend, als daß wir genau hätten sehen können.

Wir haben den Bau erlebt, wir haben erlebt, wie Rudolf Steiner den Hammer hob zum Werk und wie seine Schüler herangeströmt sind, um dem Werk zu dienen; der Tempel hatte sich hehr und strahlend erhoben aus seines Geistes Kraft und seiner Hände Geschicklichkeit, und wir durf­ten lernen und werken. Aber auch wir haben neben unsern Schwächen und Unvollkommenheiten unter uns die drei bösen Gesellen gehabt, die bis zum Verrat gegangen sind und bis zum Vernichtungswillen. Die Saat des Hasses trug ihre Früchte. Der Bau stand in Flammen, wie einst das Eherne Meer in Flammen gestanden hat. Rudolf Steiner lebte die Legende dar; er hat sie in der physischen Tat realisiert; er ist die Legende geworden. Er hat sie durch sein Leben der Menschheit kundgetan.

Und Rudolf Steiner stürzte sich selbst ins sengende Feuer des Mittel-punktes. Wir sind dies sengende Feuer für ihn gewesen, wir, die Kainskin­der. Er nahm unser Karma auf sich, auf daß wir freier würden zum Dienen. Aber unser Karma war zu hart und zu schwer und zerbrach seine physi­sche Kraft, fast unmittelbar nachdem er den Bund vollzogen hatte. Sein letztes Lebensjahr war ein mächtiger Aushauch seines Geistes ...

Wenn wir so zusammenkommen wie heute, so ist es, weil wir uns be­wußt sind, einen Moment in der Weltgeschichte erlebt zu haben, der ein Angelpunkt, nicht nur ein Wendepunkt gewesen. Der Geist senkte sich hinunter in nie geahnten Strömen durch einen Menschen, der sich fähig dazu gemacht hatte, in Geist, Seele, Leib den Geist zu empfangen. Wir wollen nichts anderes heute tun, als diesen Geist unter uns walten lassen

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in den Worten, die er uns hinterlassen als Quell des Lebens und der Kraft, die Worte und die von ihm inspirierte Musik in dem von Schwarz umgebe­nen Raum, das die physische Farbe des Geistes ist, an den drei Altären, deren Bedeutung Ihnen durch die Mysterienspiele bekannt ist, beim Lichte der drei Kerzen, die dieser Altäre Leuchter sind.

Unsere Gedanken erheben sich zu demjenigen, der uns heute vor einem Jahr verlassen hat, der in unerschöpflicher, nie versiegender Milde und Güte seine Weisheit in unsre Herzen gegossen hat, dessen Liebe unsrer aller Seelen ineinanderfaßte und trug, dessen Kraft unsere Erde aus ihren ahrimanischen Stoff-Angeln, in denen sie zu ersticken drohte, heraushob und dem Geist entgegentrug, auf den Schwingen der Ich-Durchchristung, die er lebte und lehrte. «Christus in mir» - das war sein Leben, sein Werk und sein Wort.

In seinem Wort schuf er einen Bau von unzerstörbarer Kraft, Klarheit und Schöne. Daß dies Wort unter uns lebendig bleibe, das sei unser Ziel, zu dem unser Denken, Fühlen und Wollen hinstreben mögen!

Wir haben auf die Altäre der Weisheit, Schönheit und Kraft, vor denen er gedient hat, die Werkzeuge niedergelegt, mit denen er werktätig geschaf­fen hat, die von dem wärmenden Feuer seiner Hände noch durchseelt sind, die die Zukunft ergriffen haben. Mit ihnen arbeitete er in die Materie hin­ein, bis sie zur geistoffenbarenden Kunst wurde, uns so die verborgensten Gesetze der Natur erschließend, die zur Offenbarung drängen durch den schönen Schein. Es sind dies sein Zirkel, seine Meßlatte, seine Kelle, sein Hammer, sein Schlegel, mit denen er die Formen seines Bildwerkes schuf:

(3 Hammerschläge: lang kurz kurz; lang kurz kurz; lang kurz kurz).

In seinem Geiste versammeln wir uns heute, bittend, daß er unsere Schwächen und unsere Unzulänglichkeiten mit dem Glanze seines Wesens überdecke. In seinem Namen rufen wir an den Erzengel, dessen Dienst er uns geweiht hat, trachtend, den Hüter zu erkennen, der vor dem Tore steht des Tempels zum jenseitigen Reiche: (3 Hammerschläge: lang kurz kurz; lang kurz kurz; lang kurz kurz). Diesem Hüter versuchen wir zu nahen in dem Zeichen seiner Liebe, die weisheitsvoll ausströmend für uns zur schenkenden Tugend wurde, seines Wortes, das, in die Tat sich um-setzend, für uns zum weisenden, wirkenden Schwert des Michael wurde,

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seines ausströmenden Lebens, das im Erkenntnisschaffen uns zurückführte zu unserm Urstand, und Raum und Zeit überwindend, für uns die Zukunft wurde. Sie rufen wir an, die wesenden, wirkenden, waltenden Mächte:

Sie, die er neu erschuf: Anthroposophia, Ihn, dem er uns zu folgen hieß: Michael

Den umfassenden Urgrund, der die Zukunft in sich trägt: Jahveh-Adonai

Leben - Liebe - Logos

Christus in mir

Ex deo nascimur / In Christo morimur / Per spiritum sanctum reviviscimus (3 Hammerschläge: lang kurz kurz; lang kurz kurz; lang kurz kurz).

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Einzelne Hinweise

Zu Seite 35

Schuster, Hugo (1876-1925)

Schweizer. Als junger Kaufmann in St. Gallen 1903/04 initiativ am Aufbau der anthroposophischen Arbeit in der Schweiz beteiligt, z.B. an den Zweiggründungen in St. Gallen, Bern und Basel. Durch die Christus-Dar­stellungen Rudolf Steiners fühlte er sich zum Priesterberuf gedrängt. 1918 wurde er zum Priester der altkatholischen Kirche geweiht und übte seine erste Amtsstelle in Basel aus. Zu Beginn des Jahres 1919 erhielt er von Rudolf Steiner das Begräbnisritual. Rudolf Steiner hatte zwar schon des öfteren bei Bestattungen von Mitgliedern der Anthroposophischen Gesell­schaft Gedächtnisworte gesprochen, aber nie rituell gehandelt, weil er, wie Marie Steiner es einmal formulierte, den Beruf des Priesters ebensowenig ausüben wollte wie den des Arztes. Nachdem aber ein Mitglied der Gesell­schaft als Priester amtierte, ergab sich ein Zusammenwirken. Anläßlich eines solchen Todesfalles vollzog Pfarrer Schuster das von Rudolf Steiner gegebene Begräbnisritual erstmals am 14. Januar 1919 in Arlesheim, und Rudolf Steiner sprach anschließend Gedächtnisworte. Aus einer im Archiv der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung vorliegenden handschriftlichen Te­legramm-Niederschrift Rudolf Steiners geht hervor, daß er beim Todesfall eines Mitgliedes im Mai 1920 Pfarrer Schuster selber anfragte, ob er die Begräbniszeremonie besorgen könne. Auch vom Oktober 1920 ist eine sol­che gemeinsam durchgeführte Feier nachzuweisen. Nach einer brieflichen Äußerung Marie Steiners sprach Rudolf Steiner bei Begräbnissen und Kremationen von Mitgliedern dann, «wenn ihn die Angehörigen darum baten. Anfänglich waren es ja vereinzelte Fälle. Da sie allmählich immer zahlreicher wurden und unterdessen den Priestern, die sich an ihn gewandt hatten (der Christengemeinschaft), der Kult gegeben worden war, wünschte er, daß die Sache in dieser Weise gehandhabt werde, da er den Beruf des Priesters ebenso wenig ausüben wollte wie den des Arztes.» Da Schuster infolge Krankheit seine Tätigkeit schon 1921 aufgeben mußte, ging das Bestattungsritual an die Christengemeinschaft über.

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Für Pfarrer Schuster hatte Rudolf Steiner im Jahre 1919 das Meßritual neu übertragen. Am 20. April 1919, unmittelbar vor der Abreise nach Stuttgart, wo anderntags mit einer Sitzung der Unterzeichner des «Aufrufes an das deutsche Volk und die Kulturwelt» die Volksbewegung für eine Dreigliederung des sozialen Organismus ihren Auftakt nahm, schickte Rudolf Steiner Schuster die ersten Teile - Evangelium und Offertorium -der Messe. Der Begleitbrief lautet: «Dornach, 20. April 1919. Mein lieber Herr Pfarrer Schuster! Beifolgend erhalten Sie zunächst von der Messe alles, was schon so weit fertig ist, daß ich es aus der Hand geben kann. Aber ich will die Sache auch auf die Reise mitnehmen, und es ist meine Meinung, daß jetzt, da mein Buch () fertig ist, bald alles in Ihre Hände gelangt. Seien Sie mir nicht böse, daß Sie vorläufig nur so wenig erhalten; allein die Sache geht weiter. Herzlichst Rudolf Steiner.» Die weiteren Teile folgten etwas später. Das genaue Datum ist nicht bekannt.

Zu Seite 45 ff.

Sellin, Albrecht Wilhelm (Berlin-Lüdwigslust 1841 - 1933 München)

Kolonisator in Brasilien, später Großkaufmann in Hamburg. Spielte als Vorbereiter und Mitbegründer der Berliner «Gesellschaft für Experimental­psychologie» eine Rolle. In deren Rahmen experimentierte er in den Jahren 1888 - 92 mit Max Dessoir, Albert Moll u. a., um die Frage nach dem Unter­schied zwischen tierischem Magnetismus und Hypnotismus zu beantwor­ten. Lernte damals auch die Theosophie Blavatskys kennen, die ihn jedoch nicht befriedigte. Von 1902 an Redakteur der freimaurerischen Zeitschrift «Bündesblatt», Organ der «Großen Nationalmutterloge zu den drei Welt-kugeln» und später Großarchivar dieser Großloge. Als er im Jahre 1904 Rudolf Steiner in Hamburg vortragen hörte, wurde er sofort Mitglied der Deutschen Sektion und esoterischer Schüler Rudolf Steiners Da er bald darauf pensioniert würde, widmete er sich fortan voll und ganz dem Stu­dium der anthroposophischen Geisteswissenschaft und wirkte als schon 7ojähriger noch bei den Aufführungen der Mysteriendramen Rudolf Stei­ners in München in den Jahren 1910-1913 in tragenden Rollen mit.

Siehe A. W. Sellin, «Erinnerungen aus dem Berufs- und Seelenleben eines alten Mannes», Konstanz 1920.

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Zu Seite 45ff.

Ägyptische Maurerei (Memphis-Misraim-Ritus)

Eine dokumentarisch belegte Geschichte dieser von der regulären Freimau­rerei nicht anerkannten Richtung gibt es nicht. Aufgrund verschiedener literarischer Überlieferungen ergibt sich folgendes Bild.

Unter ägyptischer Maurerei wird in erster Linie der Misraim-Ritus ver­standen, während der Memphis-Ritüs als dessen im 19. Jahrhundert ent­standene Nachahmung gilt. Beide Riten wurden vereinigt, sollen aber trotzdem immer getrennt bearbeitet worden sein, so daß unter der Be­zeichnung «Memphis-Misraim» nicht ein Ritus, sondern zwei verschiedene Riten zu verstehen sind.

Der Misraim-Ritus wurde in der ersten Hälfe des 19. Jahrhunderts in Frankreich stark verbreitet, verschiedentlich verboten, bis er im Verlaufe der zweiten Hälfte des Jahrhunderts mehr oder weniger von der Bildfläche verschwand. Auf irgendeinem Wege war er nach Amerika gekommen, und von da erhielt Yarker seinen Freibrief für diese beiden Riten für Großbritan­nien und Irland. Er vereinigte den Memphis-, den Misraim-Ritus und den Schottischen 330-Cerneau-Ritus in einer Organisation. Von Yarker erhiel­ten Reuß, Hartmann und Klein im Jahre 1902 einen Freibrief zur Einfüh­rung dieser «Vereinigten Schottischen-, Memphis- und Misraim-Maurerei» in Deutschland. Der Mann, der dies angeregt und vermittelt hatte, war der österreichische Großindustrielle und Erfinder Carl Kellner (1850-1905), nach Möller/Howe (a. a. O.S.84 im Hinweis über Reuß) einer «der bemer­kenswertesten Okkultisten jener Zeit im deutschsprachigen Bereich». Er hatte die Idee zu einer freimaurerischen Akademie und glaubte, diese am besten über das System der ägyptischen Maurerei verwirklichen zu können. Die Bezeichnung «Orientalischer Templer Orden» (O. T. 0.) wird auf ihn zurückgeführt. Diese Bezeichnungen besagen jedoch eigentlich alle nichts. Sie wurden auch ständig abgeändert. Man vergleiche nur, wie verschieden sie allein schon auf den Dokumenten von Reuß auftreten. Für Rudolf Steiner war dies alles ohne jeden Belang. Er hatte sich lediglich, aus der okkulten Verpflichtung heraus, historische Kontinuität zu wahren, von dieser Strömung nominell berechtigen lassen, seine eigene symbolisch-kultische Arbeit selbständig einzurichten und zu führen. Für jeden Kenner ist es eindeutig, daß die von ihm gebrauchten Ritualtexte seine originären Schöpfungen sind. Wer einen dokumentarischen Beweis dafür haben will,

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sei auf die publizierte deutsche Übersetzung der «Rituale des Misraim-Ritus (Rite Egyptien dit de Misraim)» von Bernh. Beyer verwiesen, abgedruckt in «Das Freimaurer-Museum. Archiv für freimaurerische Ritualkunde und Geschichtsforschung. In zwangloser Folge herausgegeben vom Geschicht­lichen Engbund des Bayreuther Freimaurer-Museums». Schriftleiter: Dr. Bernh. Beyer. Band 7, Bernhard Sporn Verlag, Zeulenroda/Leipzig 1932.

Zu Seite 49 ff.

Yarker, John (1833-1913)

Ursprünglich hochgraduiert innerhalb der regulären Freimaurerei. Auf­grund seiner Erfahrung, daß durch die Art, wie die Freimaurerei regiert werde, sie «das Handwerk, beinahe das Paradies der Bonvivants, der lie­benswürdigen Heuchler» geworden sei, das «Paradies der Verkäufer unnüt­zen maurerischen Flittertands ... das Paradies der maurerischen «Kaiser» oder Scharlatane, die Macht und Geld aus den aristokratischen Anmaßun-gen herausschlagen»,I), schied er aus der regulären Freimaurerei aus und begründete verschiedene Hochgradsysteme auf mystischer Grundlage. Seit 1872 war er Repräsentant der ägyptischen Riten für Großbritannien und Irland. Laut H.P. Blavatsky2) war er zu seiner Zeit eine der höchsten mau­rerischen Autoritäten, von großer Gelehrsamkeit und echtem Wissen. An der Gründung der Theosophischen Gesellschaft maßgeblich beteiligt (vgl. auf Seite 51 des vorliegenden Bandes), war er deren Ehrenmitglied. Nach dem Erscheinen von H.P. Blavatskys erstem großen Werk «Isis Unveiled» (1877) verlieh er ihr am 24. November 1877 den höchsten Adoptionsgrad der ägyptischen Maurerei. 1902 erteilte er einen Freibrief für die Einfüh­rung derselben in Deutschland (vgl. den Hinweis «Ägyptische Maurerei»).

Zu Seite 49ff.

Reuß, Theodor (Augsburg 1855 - 1923 München)

Fin klares Bild von dieser undurchsichtigen Persönlichkeit ist kaum zu er­halten, obwohl neuerdings eine Lebensbeschreibung vorliegt, in der viel

1) und 2) H.P. Blavatsky, »Die entschleierte Isis», 2. Band, 8. Kapitel.

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Material zusammengetragen worden ist. Siehe Helmut Möller/Ellic Howe «Merlin Peregrinus. Vom Untergrund des Abendlandes», Würzburg 1986. Das Leben von Reuß verlief im wesentlichen in einem Rahmen, der von Politik, Schriftstellerei und Freimaurerei gebildet wurde. Gelegenheits­schriften politischer und freimaurerischer Art sind unbedeutend, die Zeug­nisse über ihn widersprüchlich und ungesichert. Sicher hingegen ist, daß er stets in Geldnot war und seine freimaurerische Betätigung ihm auch als Mittel für seinen Lebensunterhalt gedient hat. In seinen späteren Lebens­jahren überwogen die freimaurerischen Interessen alles andere. Er war an zahlreichen Gruppierungen beteiligt, die jedoch manchmal nur auf dem Papier bestanden. Von Yarker erhielt er im Jahre 1902 zusammen mit Franz Hartmann und Heinrich Klein einen Freibrief zur Einführung der «Vereinigten Schottischen-, Memphis- und Misraim-Maurerei» in Deutsch­land (vgl. den Hinweis «Ägyptische Maurerei»). Rudolf Steiner, der aus Gründen historischer Kontinuität seinen eigenen symbolisch-kultischen Arbeitskreis an die alte ägyptische Mysterienströmung anknüpfen wollte, verhandelte mit Reuß von Ende 1904 bis Jahreswende 1905/06 über die Bedingungen, seinen Kreis nonimell berechtigt selbständig einrichten zu können und sicherte dabei vertraglich ab (siehe Dokument auf Seite 82 f.), daß die Leitung des Misraim-Ritus, sobald er in seinen Kreis das 100. Mit­glied aufgenommen hat, auf ihn allein übergehen wird. Dies war der Haupt­grund, warum er sich mit der deutschen Repräsentanz der ägyptischen Maurerei ins Benehmen gesetzt hatte. Auf den Vorwurf, sich mit einem solchen Mann wie Reuß eingelassen zu haben, antwortete Rudolf Steiner in seinem «Lebensgang» folgendes:

Es ist selbstverständlich nachträglich leicht, Erwägungen darüber anzustel­len, wieviel «gescheiter» es doch gewesen wäre, nicht an Einrichtungen an­zuknüpfen, die sich später von den Verleumdern mit gebrauchen ließen. Aber ich möchte, in aller Bescheidenheit, bemerken, daß ich in dem Lebens­alter, das hier in Betracht kommt, noch zu den Leuten gehörte, die bei andern, mit denen sie zu tun hatten, Geradheit und nicht Krummheit in den Wegen voraussetzten. An diesem Glauben an die Menschen änderte auch das geistige Schauen nichts. Dieses soll nicht dazu mißbraucht wer­den, die inneren Absichten der Mitmenschen zu erforschen, wenn diese Er­forschung nicht im Verlangen der betreffenden Menschen selbst liegt. In andern Fällen bleibt die Erforschung des Innern anderer Seelen etwas dem Geist-Erkenner Verbotenes, wie die unberechtigte Öffnung eines Briefes

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etwas Verbotenes bleibt. Und so steht man Menschen, mit denen man zu tun hat, so gegenüber wie jeder andere, der keine Geist-Erkenntnis hat. Aber es gibt eben den Unterschied, den andern für geradlinig in seinen Ab-sichten zu nehmen, bis man das Gegenteil erfahren hat, oder der ganzen Welt harmvoll gegenüberzustehen. Ein soziales Zusammenwirken der Menschen ist bei der letztern Stimmung unmöglich, denn ein solches kann sich nur auf Vertrauen, nicht auf Mißtrauen aufbauen.

Zu Seite 78

Adoptionsmaurerez und Annie Besant

Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts waren Frauen aus der Freimaurerei gänzlich ausgeschlossen. Erst als Anfang des 18. Jahrhunderts in Frank­reich Vereinigungen entstanden, die der Freimaurerei ähnelten und auch Frauen zuließen, kam es zur sogenannten Adoptionsmaurerei, Frauen-logen, die den Männerlogen unterstanden, d.h. jeder weibliche Würdenträ­ger wurde von einem ebensolchen männlichen adoptiert. Die erste solche Adoptionsloge - ausgehend vom Grand Orient de France - entstand 1775 in Paris. Zu dieser Zeit hatte auch Cagliostro in seine ägyptische Maurerei Frauen aufgenommen. Als erste Frau, die ein Jahrhundert später in eine reguläre Männerloge Einlaß fand, wird gewöhnlich die französische Frauen­rechtlerin Marie Deraismes (1828 - 1894) genannt. Nach ihrer Aufnahme hielt sie eine Rede, in der sie sich wie folgt äußerte: «Aus welchem Grund hat die Freimaurerei uns Frauen ausgeschaltet? Ist sie etwa im Besitze höherer Wahrheiten, die nur einer erleuchteten Elite zugänglich wären? Befaßt sie sich mit abstrakten transzendenten Problemen, die vorbereiten­der Studien bedürfen? Nein. Man wird ja ohne jedes Patent oder Abschluß­zeugnis aufgenommen. Hat die Freimaurerei vielleicht Geheimnisse, Arka­na oder Mysterien zu bieten, die nur einer kleinen Zahl von Auserwählten mitgeteilt werden dürften? Nein, denn die Zeit der Mysterien, der Ge­heimnisse und Arkana ist endgültig vorüber!» (Zitiert nach A.Mellor in «Logen, Rituale, Hochgrade», 2. Auflage deutsche Ausgabe 1985, ohne Verlags- und Ortsangabe, S.202)

Da ihre Aufnahme in eine reguläre Männerloge im Jahre 1882 jedoch ein Ausnahmefall blieb, gründete sie zusammen mit einigen Maurern vom Schottischen 33-Ritus im Jahre 1882 in Paris einen neuen Orden, den

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«Ordre Maçonnique Mixte International» (Internationale gemischte Frei­maurerei), bekannt unter dem Namen der französischen Großloge «Le droit humain», deren Rechtmäßigkeit jedoch bestritten wird.

In diesen Orden wurde im Jahre 1902 Annie Besant aufgenommen, er­hielt 1903 eine Stiftungsurkunde für London und verhalf ihm neben ihren theosophischen Aktivitäten zur Ausbreitung in der englischsprachigen Welt, dort als «Order of Universal Co-Masonry» bekannt. Nach einer Mit­teilung von Emil Adri án nyi an Rudolf Steiner habe ihm Reuß auf seine An­frage, ob Annie Besant Mitglied des Memphis-Misraim-Ritus sei, erklärt, daß sie sich zwar bei Yarker und bei Reuß um Aufnahme bemüht habe, aber von beiden Seiten abgewiesen worden wäre.

Zu Seite 183 bzw. 365

Die Tempellegende

Nach Rudolf Steiners Vortrag Berlin, 4. November1904 geht die Legende auf Christian Rosenkreutz, den Begründer des Rosenkreuzertums im 14.115. Jahrhundert zurück. Auf welchen Wegen die somit ursprünglich rosenkreu­zerische Legende zur Grundlage für das ganze Freimaurertum geworden ist, darüber hat er sich jedoch nicht geäußert, bemerkte aber im Vortrag Berlin, ii. November 1904, daß sich das Freimaurertum mit den Rosenkreuzern verbunden habe. Daraus erklärt sich wohl auch die Bezeichnung «Rosen­kreuzermaurer» in gewissen Ritualtexten Rudolf Steiners (vgl. Seite 222).

In der freimaurerischen Literatur wird die Entstehung der Tempellegende allgemein in das frühe 18. Jahrhundert verlegt, weil sie damals zum ersten-mal literarisch in Erscheinung tritt. Zwar wird angenommen, daß sie schon früher zum Gedankengut der Maurerei gehört haben müsse, doch ist dies nicht dokumentarisch nachgewiesen. Vom Wortlaut gibt es keine ein­deutige Fassung. In den verschiedenen Überlieferungen finden sich immer wieder Varianten.

Außerhalb des Freimaurertums wurde sie erstmals bekannt im 19. Jahr­hundert, einmal durch die in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Paris er­schienene literarische Bearbeitung durch Gerard de Nerval (Pseudonym für Gerard Labrunie, Paris 1828 - 1858), ins Deutsche übertragen von Man­fred Krüger («Die Geschichte der Königin aus dem Morgenland und von Soliman, dem Fürsten der Genien», Stuttgart 1967), zum andern durch Charles William Heckethorn in dessen Werk «Secret Societies of all Ages

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and Coüntries», London 1875, erste deutsche Übersetzung «Geheime Ge­sellschaften, Geheimbünde und Geheimlehren», Leipzig 1900. Die darin enthaltene Fassung wurde von Rudolf Steiner in den Vorträgen des Bandes «Die Tempellegende und die Goldene Legende» (GA 93) benützt.

1923 gab Rudolf Steiner im Zusammenhang mit den esoterischen Stun­den für die «Wachsmuth-Lerchenfeld-Gruppe» den beiden daran teilge­nommenen Schriftstellern Kurt Piper und Albert Steffen die Anregung, die Legende künstlerisch zu gestalten. Daraus entstand noch vor Rudolf Steiners Tod (März 1925) Albert Steffens Drama «Hieram und Salomo», in das er auch Teile der Goldenen Legende hineinarbeitete. Die Erstveröffentlichung erfolgte 1925 in der Wochenschrift «Das Goetheanum». Im Jahre 1935 wurde es in der Inszenierung Marie Steiners auf der Bühne des Goethe­anüms uraufgeführt; 1937 bei der Weltausstellung in Paris als Gastspiel im The'atre des Champs Elysées aufgeführt. Kurt Piper gestaltete die Legende zu einem Gedichtzyklus «Kain und Abel-Seth. Mysterienlegende in 10 Tafeln am Grabe Rudolf Steiners», veröffentlicht in der Monatsschrift «Die Drei» 6. Jg. 1926/27, 1. Heft.

Zu Seite 340 fL

Die Goldene Legende

Diese Legende wurde seit der Vorbereitung des erkenntniskultischen Ar­beitskreises auch in den Mitgliedervorträgen verschiedentlich erzählt und erläutert. Siehe die Vorträge Berlin, 29. Mai 1905; Leipzig, 15. Dezember 1906; Berlin, 17. Dezember 1906; München, 21. Mai 1907; Kassel, 29. Juni

1907; Basel, 25. November 1907; Dornach, 19. Dezember 1915. Bei der erstmaligen Darstellung im Vortrag Berlin, 29. Mai 1905 wurde sie Kreu­zesholzlegende des Mittelalters genannt, von da ab aber immer «Goldene Legende». Diese Benennung erfolgte sicher nicht nach dem Namen der Legendensammlüng «Legenda aurea» des Jacobus de Voragine aus dem 13. Jahrhundert, sondern dürfte vielmehr esoterisch begründet sein. Denn nach den Erläuterungen sind die Bilder der Legende Ausdruck der vierten Stufe der rosenkreuzerischen Einweihung, die als Findung des Steins der Weisen bezeichnet wird, der auch der «goldene» genannt wird.

In der Sammlung «Legenda aurea» findet sich die Legende unter der Be­zeichnung «Von des heiligen Kreuzes Findung». Der entsprechende Teil lautet darin wie folgt:

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«Als Adam krank war, ging sein Sohn Seth an das Tor des irdischen Para­dieses und begehrte Öl vom Baume des Mitleidens, daß er den Leib seines Vaters Adam damit salbe und ihn gesund mache. Da erschien ihm der Erzengel Michael und sprach: Trachte nicht das Öl vom Baum des Mitleidens zu erhalten und weine nicht darum, denn das mag dir nicht werden ehe denn vergangen sind fünftausend und fünfhundert Jahr. Doch glaubt man, daß von Adam bis zu Christi Leiden nicht mehr denn fünftausend­einhundertneunundneunzig Jahre seien verflossen. Man liest auch, daß der Engel dem Seth ein Zweiglein gab und ihm gebot, daß er es pflanze auf dem Berg Libanon. In einer griechischen Geschichte, die aber apokryph ist, fin­det man, daß der Engel dem Seth von dem Holze gab, daran Adam gesün­digt hatte, und sprach: Wann dieser Zweig Frucht bringt, so soll dein Vater gesund werden. Da nun Seth heim kam, war sein Vater schon ge­storben; da pflanzte er den Zweig auf sein Grab, und der Zweig wuchs und ward ein großer Baum, und dauerte bis zu Salomonis Zeiten. Ob dieses aber wahr sei oder nicht, lassen wir bei des Lesers Urteil, denn in keiner be­währten Historie oder Chronik finden wir es geschrieben. Da nun Salomo ansah, wie schön der Baum war, ließ er ihn abhauen und gab ihn zum Bau des Waldhauses. Doch fügte sich das Holz an keine Statt des Hauses, wie uns Johannes Beleth schreibt, denn es war allezeit zu lang oder zu kurz; denn so man es nach richtigem Maß hatte gekürzt für eine Statt, so war es dann also kurz, daß es sich nimmer darein fügete. Darob ergrimmten die Bauleute und verwarfen das Holz; und legten es über einen See, daß es ein Steg sei denen, die hinüber wollten. Da aber die Königin von Saba von Salomonis Weisheit hatte gehört und zu ihm wollte fahren über den See, da sah sie im Geist, daß der Welt Heiland dereinst an diesem Holze sollte han­gen; darum wollte sie über das Holz nicht gehen, sondern kniete nieder und betete es an. In der Historia Scholastica aber heißt es, daß die Königin von Saba das Holz in dem Waldhause sah, und da sie wieder heimkehrte in ihr Land, entbot sie dem Salomo, daß an jenem Holze einer hangen würde, durch des Tod der Juden Reich sollte verderbt werden. Darum nahm Salomo das Holz und ließ es tief in den Schoß der Erde vergraben. Über derselben Statt ward nach langer Zeit der Schafteich gemacht, darin die Nathinäer die Opfertiere wuschen; und also geschah die Bewegung des Wassers und die Heilung der Kranken nicht allein durch die Ankunft des Engels, sondern auch durch die Kraft des Holzes. Da nun nahete das Leiden Christi, da schwamm das Holz empor; als das die Juden sahen, nahmen sie es und bereiteten davon das Kreuz des Herrn.»

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Als älteste literarhistorische Grundlage gilt die von dem alexandrinischen Kirchenlehrer Origines im 2. Jahrhundert angeführte Tradition von dem Begrabensein Adams auf Golgatha, an die sich im 3. Jahrhundert durch das Nikodemus-Evangelium die Überlieferung von der Sendung Seths zum Paradiese anschließt; ursprünglich mit der Version, daß Seth für seinen kranken Vater Adam das Öl der Barmherzigkeit vom Baume des Lebens holt. Erst in späteren Jahrhunderten trat der genealogische Zusammenhang des Paradiesesbaum-Holzes mit dem Kreuz Christi in verschiedenen Ver­sionen auf. Die Dreikörnersage bildet innerhalb des «ungemein kompli­zierten Sagengewirres» eine eigene, vom 12. Jahrhundert an auftretende Gruppe. (Vgl. die religionshistorischen Untersuchungen von Otto Zöckler «Das Kreuz Christi», Kapitel «Die Kreuzesholzlegenden des Mittelalters.» Gütersloh 1875.)

Rudolf Steiner, der in seinen verschiedenen Wiedergaben diese und dar­über hinausgehende Elemente frei verwendet, vor allem aber durch Seth die drei Samenkörner von den in eins verschlungenen beiden Paradieses-bäumen holen läßt, führt den Ursprung der Legende noch viel weiter, bis in die vorchristlichen Mysterien, zurück. Als er nach der erstmaligen Be­sprechung der Legende im Vortrag Berlin, 29. Mai 1905, gefragt würde, ob sie schon sehr alt sei, antwortete er, daß sie literarhistorisch zwar erst im Mittelalter auftrete, aber schon in den Mysterien ausgebildet und nur nicht aufgeschrieben gewesen sei. Sie knüpfe an die antiochischen Adonis-Myste­rien an, in denen bereits Kreuzigung, Grablegüng und Auferstehung als äußeres Abbild der inneren Einweihung gefeiert worden sei. Dabei seien auch schon die klagenden Frauen am Kreuze aufgetreten, die im Christen­tum in Maria und Maria von Magdala erscheinen. Ähnliches sei auch bei den Apis-, Mithras- und Osiris-Mysterien geschehen. Was damals noch apokalyptisch gewesen sei, habe sich im Christentum erfüllt. So wieJohan­nes in seiner Apokalypse die Zukunft darstelle, so ähnlich verwandelten sich die alten Apokalypsen in neue Legende. Die Königin von Saba sei die tiefer Blickende, die die eigentliche Weisheit erkannt habe. Auch im Vor­trag Kassel, 29. Juni 1907 wird die Legende als Lehrinhalt des Okkultismus seit «uralter Zeit» charakterisiert. Von Seth heißt es dort, daß «seine Sen­dung» immer so aufgefaßt würde, daß er sieht, was «am Ende der Zeiten ist:

das sich Ausgleichen der beiden Prinzipien im Menschen selber.» Mit den beiden Prinzipien sind hier der rote und der rotblaue Blutbaum gemeint, symbolisiert durch die beiden Säulen.

Diese figurierten nicht nur im Erkenntniskult, sondern bildeten auch

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ein wesentliches Element in der Gestaltung des Münchner Kongresses Pfingsten 1907. Sie waren vor der Bühne aufgestellt und außerdem male­risch im vierten Wandbild der sieben apokalyptischen Siegel dargestellt, verbunden durch einen siebenfarbigen Regenbogen. Seit der Uraufführung des dritten Mysteriendramas, «Der Hüter der Schwelle» (1912), gehören sie aufgrund von Rudolf Steiners Regieanweisung zur Szenerie des letzten Bildes (Tempel).

Wenn es im Vortrag München, 21. Mai 1907 über die Ausgestaltung des Kongreß-Saales heißt, daß man die rote Säule (links vom Zuschauer) mit J, die blaue (rechts vom Zuschauer) mit B bezeichne und daß diese Buchsta­ben die Anfangsbuchstaben von zwei Worten seien, die er hier auszuspre­chen nicht befugt sei, so meinte er damit sicherlich nicht die aus der Bibel bekannten Namen Jakin und Boas (1. Kön. 7,21), die von der Freimaurerei übernommen worden sind. Es geht dies hervor aus dem Bericht über den Kongreß für die Zeitschrift «Luzifer-Gnosis», wonach diese Buchstaben auf den Säulen in einer «nur den Eingeweihten bekannten Art» auf das damit verbundene und von Rudolf Steiner in moderner geisteswissenschaftlicher Art dargestellte Entwicklungsgeheimnis deuten. Alle in öffentlichen Schriften oder in gewissen Gesellschaften gegebenen Deutungen blieben doch nur bei einer oberflächlichen exoterischen Auslegung.

Es soll hier trotzdem eine solche Auslegung herangezogen werden, weil sie die Bedeutung der Säulen in der Kulturgeschichte beleuchtet. In dem «Vergleichenden Handbuch der Symbolik der Freimaurerei mit besonde­rer Rücksicht auf die Mythologien und Mysterien des Altertums» von Joseph Schauberg, Schaffhausen 1861 (in der Bibliothek Rudolf Steiners), heißt es in Band I, Seite 205f., daß in der Maurerloge nicht ohne Bedeutung die aufwärtssteigende Sonne und der sich senkende Mond den beiden Säulen gegenüberstünden. Ihre Bedeutung als ewiger Wechsel von «Tag und Nacht, Licht und Finsternis, Werden und Vergehen, Leben und Tod, Guten und Bösen, Reinen und Unreinen, Wahren und Falschen» gehörte dem höchsten Altertum der Ägypter und Semiten an und «vermutlich sind auch daraus bei den christlichen Germanen des Mittelalters die zwei Türme der Dome und der Kirchen hervorgegangen ... Öfters wurden in Ägypten vor dem Eingang in den Tempel zwei hohe Obelisken auf­gestellt und diese Obelisken heißen ägyptisch die Sonnenstrahlen ... Bei den semitischen Völkern, besonders bei den syrischen Stämmen und bei den Phöniziern, erscheinen in den Heiligtümern der Götter zwei Säulen von Holz, Erz oder Stein als göttliche Symbole. So standen zu Tyrus in

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dem alten, von Gold als dem Symbole des Glanzes des Sonnenlichtes glän­zenden Tempel des Melkarth, d. i. des Stadtkönigs, zwei berühmte Säulen, die eine von lauterem Golde, welche König Hiram, der Zeitgenosse und Freund des Königs Salomo, errichtet hatte; die andere von Smaragdstein, welche des nachts herrlich leuchtete. Auch in dem Tempel des Melkarth zu Gades standen zwei acht Ellen hohe eherne Säulen, auf welchen die Kosten des dortigen Tempelbaues verzeichnet waren. Die größten Säulen aber sollte der Gott sich selbst errichtet haben an dem Ende der Erde, die Fel­senberge Calpe und Abylyx an der Straße von Gibraltar. Nach aufgefunde­nen Münzen scheinen auch in Syrien beim Eingange mancher Tempel zwei Bäume, besonders zwei Cypressen als die Symbole der Sonne und des Mondes gestanden zu haben. Vor der östlichen Seite des salomonischen Tempels standen die beiden Säulen Jakin und Boaz, deren Namen auf die zwei Säulen der Maurerlogen übertragen worden sind. Movers erklärt Jakin aus dem Phönizischen als den Feststehenden, den Aufrechten, Boaz als den sich Bewegenden oder Fortschreitenden ...

Von dem Sonnengotte heißen die Säulen auch Sets oder Seths Säulen, da Set- zufolge Bunsen, Ägyptens Stelle in der Weltgeschichte V, S.291 - der älteste urkundliche Name des Sonnengottes ist ... Set bedeutet übrigens im Hebräischen wie im Ägyptischen auch die Säule selbst, überhaupt das Aufrechte, Aufgerichtete, das Hohe ...»

In Band II, Seite 203 wird noch aus der freimaurerischen Konstitutions­urkunde von York aus dem Jahre 926 folgende Stelle angeführt: «Kains Sohn, Enoch, war besonders ein großer Baumeister und Sternkundiger. Er sahe in den Sternen voraus, daß die Welt einmal durch Wasser und ein an­dermal durch Feuer untergehen würde, und setzte daher zwei große Säu­len, eine von Stein, die andere von Ton, auf welche er die Grundlehren der Künste schrieb, damit die Wissenschaften Adams und seiner Nachkommen nicht verloren gehen möchten.»

«Dies sind also die Seth's Säulen oder Enoch's Säulen, wie die beiden Säu­len Jakin und Boas auch genannt werden, ohne daß jedoch in der heutigen Maurerei von dieser jüdisch-maurerischen Mythe ein größerer Gebrauch gemacht würde ...»

Eine hieran anklingende Erklärung der Säulen als «Weltensäulen», als Säulen der Geburt und des Todes und der Namen Jakin und Boas gibt Rudolf Steiner im Vortrag Berlin, 20. Juni 1916: «Der Mensch tritt durch Jakin in das Erdenleben ein, versichernd durch Jakin: Dasjenige, was draußen im Makrokosmos ist. das lebt jetzt in dir, du bist jetzt ein Mikrokosmös,

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denn das heißt das Wort Jakin : In dir das über die Welt ausge­gossene Göttliche.» «Boas, die andere Säule: der Eintritt durch den Tod in die geistige Welt. Dasjenige, was mit dem Worte Boas zusammengefaßt ist, bedeutet ungefähr: Das, was ich bisher in mir gesucht habe, die Stärke, die werde ich ausgegossen finden über die ganze Welt, in ihr werde ich leben.»

Nach dieser Charakterisierung folgt noch der wesentliche Hinweis, daß die Säulen das Leben jedoch nur einseitig darstellen, denn nur im Gleichge­wichtszustand zwischen beiden sei das Leben: «Weder ist Jakin das Leben, denn es ist der Übergang von dem Geistigen zum Leibe, noch ist Boas das Leben, denn es ist der Übergang vom Leibe zu dem Geist. Das Gleichge­wicht ist dasjenige, worauf es ankommt.» Dieses Gleichgewicht würde von Rudolf Steiner auf dem vierten apokalyptischen Siegel - gegenüber der tra­ditionellen Überlieferung als neues Element - bildhaft dargestellt durch den die beiden Säulen verbindenden Regenbogen.1)

Zu Seite 454

Abel-Weg - Kain- Weg

Der Unterschied zwischen diesen beiden Wegen findet sich von Jan K. Lagutt in dessen Schrift «Grundstein der Freimaurerei», Zürich 1958 in dem Abschnitt «Das Wesen des Priestertums und das Wesen der Initiation» knapp und klar so charakterisiert:

Das Priesterliche aller Religionen [Abel-Weg] beruht auf der Weihe. Durch sie werden auf den Träger, den Priester, höhere, außerpersönliche Kräfte übertragen, welche als Ausfluß der göttlichen Gnade betrachtet werden. Die Weihe bewirkt, daß göttliche Gnadenwirkungen durch den Priester in die physische Welt getragen werden können. Bildhaft gesprochen wird der

1) Ausföhrungen über die beiden Säulen siehe die Mappe «Bilder okkulter Siegel und Säulen. Der Münchner Kongreß Pfingsten 1907 und seine Auswirkungen», GA 284; die Vorträge Nürnberg 25. und 26. Juni 1908 in «Die Apokalypse des Johannes», GA 104; Berlin 20. Juni 1916 in «Weltwesen und Ichheit», GA 169; Dornach 29. Dezember 1918 in «Wie kann die Menschheit den Christus wiederfinden? Das dreifache Schattendasein unserer Zeit und das neue ChristusLicht», GA 187; ferner die malerische Gestaltung in dem I-A-O-Motiv in der großen Kuppel des ersten Goetheanum in «Zwölf Entwürfe för die Malerei der Großen Kuppel des ersten Goetheanum«, eine Kunstmappe Dornach 1930; auch in Hilde Raske «Das Farbenwort». Stuttgart 1982.

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geweihte Priester zu einem Kanal, durch welchen göttliche Wirkungen in die Erdenwelt einfließen.

Es könnte somit, theoretisch wenigstens, einer Priester von zweifelhafter persönlicher Moralität sein und dennoch Wirkungen hervorrufen, weil die-selben ja nicht aus seiner persönlichen Sphäre stammen, sondern aus einer übermenschlich-göttlichen. Damit würde der Priester zum Magier, welcher kraft seiner Weihen und unter Verwendung bestimmter sakraler Wortfor­meln die Gottheit zwingt, ihre Gnadenwirkungen fließen zu lassen. Eine solch extreme Auffassung des Priestertums, wie sie hin und wieder zutage tritt, geht bestimmt an der Wahrheit vorbei. Doch sie weist auf den sehr alten Ursprung des Priesterwesens hin, auf eine vergangene Menschheits­epoche, die man als die magische bezeichnet.

In dieser Darstellung geht es nicht um Kritik. Es handelt sich allein um klärende Charakterisierung.

Jene Strömung, die u. a. auch der Freimaurerei zugrunde liegt, geht andere Wege [Kain-Weg]. Hier findet keine Weihe im Sinne der Übertra­gung höherer Kräfte statt, sondern eine Initiation, eine Einweihung oder Erweckung. Das Wesen derselben ist dadurch gekennzeichnet, daß sie Kräfte aufruft, die bereits im Menschen veranlagt sind. Die symbolisch-kultischen Handlungen, welche mit der Initiation meist verbunden sind, haben den einzigen Sinn, die latenten Kräfte zu wecken und in Tätigkeit zu setzen.

Wie in allen großen Religionen und Kulturen der Antike gehen auch im Christentum zwei Strömungen nebeneinander her, die priesterliche und die initiatorische. Es ist, als ob in Jesus beide Strömungen, die uralt sind, zusammenlaufen, um von ihm neubelebt wieder auszuströmen.

Als Jesus seine Jünger aussendet (Markus 6/7, Lukas 9/1) stattet er sie mit Kräften aus, die ganz auf der priesterlichen Linie liegen und nicht aus der menschlich-persönlichen Sphäre derJünger stammen. Es heißt: .... und gab ihnen Gewalt und Macht .. .»

Im Johannes-Evangelium tritt Jesus in Deutlichkeit als der große Initia­tor, als Eingeweihter im höchsten Sinne auf. Andeutungsweise kommt es schon im i. Kapitel des Evangeliums zum Ausdruck, wo er Nathanael zur Jüngerschaft beruft. Im Sinne des Einweihungswesens spricht er Nathanael in besonderer Weise an, und dieser erkennt in ihm alsogleich den höheren Eingeweihten. In aller Offenheit tritt Jesus als der große Eingeweihte, als Hierophant im Sinne der alten Mysterien auf, als er die Auferweckung des Lazarus vollzieht (Kap. 11). Jesus erweckt von neuem das Leben des im Todesschlaf erstarrten Lazarus. Und neben dem «äußeren» Erweckungsvorgang

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vollzieht sich in Lazarus, «den der Herr lieb hatte», ein anderer tie­fer Vorgang. In Lazarus bricht das Ewige durch. Und dieses Ewige ist das Leben, von dem Jesus sagt, daß ER es sei. Wo immer im Menschen der Geist, das Ewige, das höhere Selbst durchbricht, oder anders ausgedrückt, der Mensch in seinem strebenden Bemühen sich dem Quell seines wahren Wesens nähert, erlebt er die große Auferweckung.

Ist es nun verwunderlich, daß das Johannes-Evangelium in der esoterisch­christlichen Strömung eine solch zentrale Stellung einnimmt?

Steht am Beginn wahren Priestertums die Gnade, die übermenschlicher Natur ist, so sollte echte Initiation in der Gnade enden. Werden dem Prie­ster außerpersönliche Kräfte höherer Natur durch die Weihe verliehen, so liegt es an ihm, sich derselben würdig zu erweisen, an ihnen zu erwachen und die Kräfte gleichsam zu verpersönlichen. Die Initiation, insofern sie nicht leere Zeremonie ist, ruft die tieferen, individuellen Kräfte des Men­schen auf. Und durch sie soll der Mensch jenen Sphären entgegenreifen, worin die göttliche Gnade beheimatet ist.

Das Höchste ist somit der Priester, der zum Eingeweihten, zum Initiier­ten wird. Umgekehrt wird dem initiierten Menschen die priesterliche Würde zu eigen, wenn das zutiefst Menschliche, das ein Göttliches ist, in ihm zur Entfaltung gelangt, Dann steht er in der Gnade.

Hier schließt sich der Kreis scheinbarer Gegensätzlichkeit. Eines schließt das andere nicht aus. Beides sind Pfade auf dem großen Wege des Menschen zu seinem wahren Wesen. Und dieses ist Gott.

PERSONENREGISTER

#G265-1987-SE507 Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule 1904 1914

#TI

PERSONENREGISTER

#TX

(Kursiv gestellte Seitenzahlen verweilen auf Namen, die in Texten von Rudolf Steiner genannt werden)

Adriányj-Pontet, Emil 70, 88, 90, 497

Agrippa von Nettesheim 144

Alcyone, siehe Krishnamurti

Ambelain, 5. Robert 51

Arenson, Adolf 132, 431, 485, 486

Baravalle, Hermann von 455

Bauer, Michael 88

Bédarride, Michel 73, 74

Besant, Annie 49, 51, 63, 78,112, 496f.

Beyer, Bernh. 494

Blavatsky, H.P. 49, 51, 86, 90,163, 241, 492, 494

Blücher, Feldmarschall 103

Bock, Emil 33, 38, 40, 42,129

Böhme, Jakob 143, 144, 333

Brucker, Joseph 87

Cagliostro 72, 73, 496

Cerneau, Joseph 77

Coston, George 72

Deraismes, Marie 78, 496

Dessoir, Max 492

Dotzler, Maximilian 87, 89

Englert-Faye, Kurt 101

Ferdinand, v. Braunschweig 73

Findel, Gottfried Joseph Gabriel 76

Friedrich August, von Braunschweig 73

Friedrich, der Große 77, 103

Friedrich, Kaiser 103

Garibaldi, Giuseppe 51

Geelmuyden, Helga 444, 452

Geyer, Johannes 37, 60

Gierloff, Marta 84

Goesch, Heinrich 465

Goethe, Johann Wolfgang 58, 72, 102f., 233, 319

Grimm, Herman 97

Grone, Jürgen von 425

Gümbel-Seiling, Max 425

Hackländer, Roderich 60

Haeckel, Ernst 236

Hahn, Herbert 440

Hartmann, Franz 49, 74-76, 78, 493, 495

Hauschka, Margarete 429

Heckethorn, Charles William 497

Heilbronner, Max 79, 87

Heise, Karl 55, 59, 60

Held, Franz 74

Honis, Samuel 73

Huber, Engelbert 104, 109

Jahn, Rudolf 56

Joachim, Herman 97, 104

Joachim, Joseph 97

Karl, Landgraf von Hessen-Kassel 73

Keely, John Worell 354

Kellner, Carl 75, 90, 493

Kellner, Maria von 86

Kirchner-Bockholt, Margarete 428, 431

Kirmiss, Paul 87

Klein, Heinrich (Henry) 49.75, 87, 93, 493, 495

Kolpaktchy, Gregoire 47

Krishnan,urti, Jiddu 63

Krilger, Manfred 497

Krlck von Porturzyn, J. 33, 40

Kully, M. (Pfarrer von Arlesheim) 464

Lagutt, Jan K. 503

Lauer, Hans Erhard 29

Lauer, Dr. 87

Leadbeater, Charles Webster 63, 89

Lehrs-Röschl, Maria 37f., 42, 455ff.

Leighton Cleater, Alice 86

Lennhof-Posner 46

Lerchenfeld, Otto Graf von 455

Lord, Walter 146

Lupschewitz, M. 74

Mach (Optiker) 72

Maikowski, René 35

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Maryon, Edith 478 f.

May, Anna 429

Maxzini, Giuseppe 51

Mellor, A. 496

Michaelis, Paul 453

Michelangelo 128

Möller/Howe 493, 495

Möller-Lindholm, Ingeborg 451

Moll, Albert 492

Moudrá, Paula 58

Nerval, Gérard de 497

Nietzache, Friedrich 237

Novalis 424ff.

Oliphant, Laurence 242

Oliphant, Margaret 242

Origines 500

Paasch, A. 74

Palmer, Otto 455

Peets, M. 312

Perl, Max 76

Pfreundtner, Ernst 87

Picht, C.S. 103,111

Piper, Kurt 455, 486, 498

Polzer-Hoditz, Ludwig Graf von 432, 441, 453

Raffael (Maler) 80, 126f. 128. 425ff.

Raimundus Lullus 362

Ransom, Josephine 51

Raske, Hilde 346

Reebstein, Berta 214

Rittelmeyer, Friedrich 427

Reuß, Theodor 49-51, 58, 68-70, 75, 79, 81, 82ff., 88, 89ff., 100, 102, 104, 493ff., 497

Röchling, Helene 419

Rohan, Prinzessin Maria de 86

Rousseau, Jean Jacques 143

Ruhtenberg, Wilhelm 36 f.

Saint Germain, Graf von 73, 427

Schauberg, Joseph 46, 138,147, 420, 501

Scholl, Mathilde 401

Scbröer, Karl Julius 102

Schubert, Günther 120

Schuster, Hugo 36, 491 f.

Sellin, A.W. 45, 50,60, 67, 69, 71ff., 84, 86, 492

Sivers, Marie von, a. u. Steiner, Marie

Soro, Vincenzo 51

Steffen, Albert 455, 486, 498

Steiner, Marie 5 f., 35,45, 49ff., 67,71-80, 84, 86f., 96, 100f. 103, 105, 115, 121, 134, 137, 162, 183, 207f., 218, 221, 420, 423ff., 429ff., 443f., 455, 485, 491

Stinde, Sophie 130 f.

Stockrneyer, E. A. K. 119

Tillet, Gregory 89

Toepell, Rudolf 426

Tolstoi, Leo 353

Tritheim von Sponheim 144

Ullmer, Andreas 87

Unger, Carl 41

Vacano, Harriet von 455

Vreede, Elisabeth 135, 299ff., 455

Wachsmuth-Lerchenfeld-Gruppe

441, 455, 466f. 498

Wachamuth, Guenther 455

Wachsmuth, Wolfgang 455

Walther, Klara 52

Walther, Kurt 60

Wegman, Ita 455

Wilhelm I. (Kaiser) 103

Wohlbold, Hans 454

Wolfstieg, August 114

Woloschin, Margarita 455

Yarker, John 49ff., 75, 77, 96, 98, 102, 493ff. Zöckler, Otto 500

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.