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Die letzten Betrachtungen hier waren gewidmet einem Wege, der entsprechend begangen dazu führt, eine Anschauung zu gewinnen über unser Weltenall und seine Organisation. Sie haben gesehen, daß dieser Weg notwendig macht, immerfort den Einklang aufzusuchen zwischen dem, was im Menschen selbst vor sich geht, und dem, was im großen Weltenall vor sich geht. Ich werde die folgenden Betrachtungen morgen und übermorgen so anzulegen haben, daß auch unsere von auswärts zur Generalversammlung gekommenen Freunde einiges von diesen Dingen werden haben können. Daher werde ich morgen von dem, was gesagt worden ist, kurz einiges zu wiederholen haben, das Wesentliche, um daran dann anderes anzuknüpfen. Heute will ich aber in den Gang unserer Betrachtungen einiges einfügen, das gerade geeignet sein kann, des Näheren auf den wahren Weg, das Weltall kennen zu lernen, hinzuweisen. | Die letzten Betrachtungen hier waren gewidmet einem Wege, der entsprechend begangen dazu führt, eine Anschauung zu gewinnen über unser Weltenall und seine Organisation. Sie haben gesehen, daß dieser Weg notwendig macht, immerfort den Einklang aufzusuchen zwischen dem, was im Menschen selbst vor sich geht, und dem, was im großen Weltenall vor sich geht. Ich werde die folgenden Betrachtungen morgen und übermorgen so anzulegen haben, daß auch unsere von auswärts zur Generalversammlung gekommenen Freunde einiges von diesen Dingen werden haben können. Daher werde ich morgen von dem, was gesagt worden ist, kurz einiges zu wiederholen haben, das Wesentliche, um daran dann anderes anzuknüpfen. Heute will ich aber in den Gang unserer Betrachtungen einiges einfügen, das gerade geeignet sein kann, des Näheren auf den wahren Weg, das Weltall kennen zu lernen, hinzuweisen. | ||
Wenn Sie meine «Geheimwissenschaft» durchgehen, so werden Sie sehen, daß bei dieser skizzenhaften Darstellung der Entwickelung des uns bekannten Weltenalls, wie sie gegeben ist in dieser | Wenn Sie meine «Geheimwissenschaft» durchgehen, so werden Sie sehen, daß bei dieser skizzenhaften Darstellung der Entwickelung des uns bekannten Weltenalls, wie sie gegeben ist in dieser «Geheimwissenschaft», überall die Beziehung zum Menschen festgehalten ist. Wenn Sie ausgehen von der Saturnentwickelung, um dann bis zu unserer Erdenentwickelung fortzuschreiten durch die Sonnen- und Mondenentwickelung, so wissen Sie ja, daß diese Saturnentwickelung dadurch charakterisiert wird, mitcharakterisiert wird, daß durch diese Saturnentwickelung die erste Anlage gemacht worden ist für die menschliche Sinnenhaftigkeit. Und so geht es dann weiter. Überall werden die Zustände des Weltenalls so verfolgt, daß man zu gleicher Zeit damit die Entwickelung des Menschen hat. Also, der Mensch wird nicht so gedacht im Weltenall stehend, wie das in der äußeren Naturwissenschaft heute geschieht, daß man das Weltenall auf der einen Seite betrachtet, und dann den Menschen auf der andern Seite, wie zwei nicht recht zueinander gehörige Wesenheiten, sondern beides wird ineinander gedacht, wird | ||
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in seiner Entwickelung miteinander verfolgt. Dies muß auch durchaus berücksichtigt werden, wenn man von dem spricht, was gegenwärtig Eigenschaften, Kräfte, Bewegungen und so weiter des Weltenalls sind. Man kann nicht auf der einen Seite im kopernikanisch-galileischen Sinne das Weltenall rein räumlich abstrakt betrachten und daneben gewissermaßen dann den Menschen, sondern man muß beide ineinandetfließen lassen während der Betrachtung. | in seiner Entwickelung miteinander verfolgt. Dies muß auch durchaus berücksichtigt werden, wenn man von dem spricht, was gegenwärtig Eigenschaften, Kräfte, Bewegungen und so weiter des Weltenalls sind. Man kann nicht auf der einen Seite im kopernikanisch-galileischen Sinne das Weltenall rein räumlich abstrakt betrachten und daneben gewissermaßen dann den Menschen, sondern man muß beide ineinandetfließen lassen während der Betrachtung. | ||
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Das sind die beiden größten Gegensätze, die in der Weltanschauung ausgesprochen werden können. Und unsere Zeit hätte alle Veranlassung, nicht sich konfus hinwegzusetzen über solche Dinge, sondern ernsthaftig mit wacher Seele hinzuschauen, was als Weltanschauung errungen werden muß, damit nicht über der Illusion des unzerstörbaren Stoffes und der unzerstörbaren Kraft verloren gehen sittlicher Menschenwert und christlicher Impuls in der Weltentwickelung. Davon morgen weiter. | Das sind die beiden größten Gegensätze, die in der Weltanschauung ausgesprochen werden können. Und unsere Zeit hätte alle Veranlassung, nicht sich konfus hinwegzusetzen über solche Dinge, sondern ernsthaftig mit wacher Seele hinzuschauen, was als Weltanschauung errungen werden muß, damit nicht über der Illusion des unzerstörbaren Stoffes und der unzerstörbaren Kraft verloren gehen sittlicher Menschenwert und christlicher Impuls in der Weltentwickelung. Davon morgen weiter. | ||
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= DREIZEHNTER VORTRAG Dornach, 9. Mai 1920 = | = DREIZEHNTER VORTRAG Dornach, 9. Mai 1920 = | ||
Wir haben nun die verschiedensten Dinge zusammengetragen, welche dazu führen können, eine Empfindung zu bekommen von dem Bau des Weltenalls in seinen Verhältnissen zum Menschen. Wir haben gesehen - und darauf muß ja immer wieder aufmerksam gemacht werden -, daß das Weltenall ohne den Menschen nicht begriffen werden kann; das heißt also, daß ein Begreifen des Weltenalls an sich, ohne daß man den Menschen dazurechnet und das Verhältnis des Weltenalls zum Menschen ins Auge faßt, nicht möglich ist. Wenn Sie sich, ich möchte sagen, in einer ganz populären Weise eine Vorstellung darüber bilden wollen, wie der Mensch zusammenhängt mit dem Weltenall, dann brauchen Sie ja nur an dasjenige zu denken, was Gegenstand der elementarsten Astronomie ist, nämlich die sogenannte Schiefe der Ekliptik, das heißt die schiefe Stellung der Erdachse gegenüber der Linie, der Kurve, die sich durch den Tierkreis ziehen läßt. Diese Schiefe der Ekliptik, man mag sie auffassen, wie man will, man mag sie auch interpretieren, wie man will, bei solchen Interpretationen kommt es zunächst gar nicht darauf an, ob man mit dem, was man interpretiert, die Wirklichkeit trifft oder nicht, sondern darauf kommt es an, daß man sich dadurch etwas, sagen wir, nahebringen kann. Wenn auf der Ebene, die man durch die Tierkreis-Ekliptik legen kann, die Erdachse, das heißt diejenige Achse, um die man die täglichen Umdrehungen der Erde ausgeführt denken kann, senkrecht stünde, so wären über die ganze Erde hin fortwährend das ganze Jahr hindurch Nacht und Tag gleich. Läge die Erdachse in der Ekliptik drinnen, so wäre über die ganze Erde hin ein halbes Jahr Tag, ein halbes Jahr Nacht. Beide Extreme sind ja in einer gewissen Weise erfüllt am Äquator und an den Polen. Dazwischen aber liegen diejenigen Gebiete, welche verschieden lange Tage im Laufe des Jahres haben. Und Sie brauchen nur einmal ein wenig diese ganze Sache zu überdenken, so wird Ihnen sogleich bei-kommen, welche ungeheure Bedeutung für die ganze Kulturentwickelung | Wir haben nun die verschiedensten Dinge zusammengetragen, welche dazu führen können, eine Empfindung zu bekommen von dem Bau des Weltenalls in seinen Verhältnissen zum Menschen. Wir haben gesehen - und darauf muß ja immer wieder aufmerksam gemacht werden -, daß das Weltenall ohne den Menschen nicht begriffen werden kann; das heißt also, daß ein Begreifen des Weltenalls an sich, ohne daß man den Menschen dazurechnet und das Verhältnis des Weltenalls zum Menschen ins Auge faßt, nicht möglich ist. Wenn Sie sich, ich möchte sagen, in einer ganz populären Weise eine Vorstellung darüber bilden wollen, wie der Mensch zusammenhängt mit dem Weltenall, dann brauchen Sie ja nur an dasjenige zu denken, was Gegenstand der elementarsten Astronomie ist, nämlich die sogenannte Schiefe der Ekliptik, das heißt die schiefe Stellung der Erdachse gegenüber der Linie, der Kurve, die sich durch den Tierkreis ziehen läßt. Diese Schiefe der Ekliptik, man mag sie auffassen, wie man will, man mag sie auch interpretieren, wie man will, bei solchen Interpretationen kommt es zunächst gar nicht darauf an, ob man mit dem, was man interpretiert, die Wirklichkeit trifft oder nicht, sondern darauf kommt es an, daß man sich dadurch etwas, sagen wir, nahebringen kann. Wenn auf der Ebene, die man durch die Tierkreis-Ekliptik legen kann, die Erdachse, das heißt diejenige Achse, um die man die täglichen Umdrehungen der Erde ausgeführt denken kann, senkrecht stünde, so wären über die ganze Erde hin fortwährend das ganze Jahr hindurch Nacht und Tag gleich. Läge die Erdachse in der Ekliptik drinnen, so wäre über die ganze Erde hin ein halbes Jahr Tag, ein halbes Jahr Nacht. Beide Extreme sind ja in einer gewissen Weise erfüllt am Äquator und an den Polen. Dazwischen aber liegen diejenigen Gebiete, welche verschieden lange Tage im Laufe des Jahres haben. Und Sie brauchen nur einmal ein wenig diese ganze Sache zu überdenken, so wird Ihnen sogleich bei-kommen, welche ungeheure Bedeutung für die ganze Kulturentwickelung | ||
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dessen führt, was in der Menschheitsenrwickelung ist, und damit Sie sehen, daß es notwendig ist, daß Geisteswissenschaft hineinleuchte in alle einzelnen Wissens- und Lebensgebiete; daß einfach die Sache nicht so fortgehen kann, wie sich die Wissenschaft in den letzten Jahrhunderten unter dem Einflusse der materialistischen Weltanschauung, die wiederum ein Kind der materialistischen Auffassung des Christentums ist, entwickelt hat. Verdankt wird der Materialismus dem Materialistisch-Werden der christlichen Weltanschauung. Die Lehre von dem kosmischen Christus muß wieder hergestellt werden gegen die Vermaterialisierung dieser Lehre. Das ist die allerwichtigste Aufgabe der Zeit. Und ehe man nicht einsehen wird, daß dies die allerwichtigste Aufgabe der Zeit ist, wird man auf keinem Gebiete klar sehen können. | dessen führt, was in der Menschheitsenrwickelung ist, und damit Sie sehen, daß es notwendig ist, daß Geisteswissenschaft hineinleuchte in alle einzelnen Wissens- und Lebensgebiete; daß einfach die Sache nicht so fortgehen kann, wie sich die Wissenschaft in den letzten Jahrhunderten unter dem Einflusse der materialistischen Weltanschauung, die wiederum ein Kind der materialistischen Auffassung des Christentums ist, entwickelt hat. Verdankt wird der Materialismus dem Materialistisch-Werden der christlichen Weltanschauung. Die Lehre von dem kosmischen Christus muß wieder hergestellt werden gegen die Vermaterialisierung dieser Lehre. Das ist die allerwichtigste Aufgabe der Zeit. Und ehe man nicht einsehen wird, daß dies die allerwichtigste Aufgabe der Zeit ist, wird man auf keinem Gebiete klar sehen können. | ||
Ich habe Ihnen heute etwas anführen wollen, aus dem Sie, ich möchte sagen, intimer erkennen können, warum böswillige Gegner mit solcher Heftigkeit sich gegen dasjenige wenden, was aus einer inneren Notwendigkeit heraus vor die Welt heute hintreten muß. Und ich mußte diese ganze Betrachtung anknüpfen gewissermaßen an eine Art Kosmologie. Wir werden mit dieser Kosmologie am nächsten Freitag um acht Uhr hier fortfahren. | Ich habe Ihnen heute etwas anführen wollen, aus dem Sie, ich möchte sagen, intimer erkennen können, warum böswillige Gegner mit solcher Heftigkeit sich gegen dasjenige wenden, was aus einer inneren Notwendigkeit heraus vor die Welt heute hintreten muß. Und ich mußte diese ganze Betrachtung anknüpfen gewissermaßen an eine Art Kosmologie. Wir werden mit dieser Kosmologie am nächsten Freitag um acht Uhr hier fortfahren. | ||
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= VIERZEHNTER VORTRAG Dornach, 14. Mai 1920 = | = VIERZEHNTER VORTRAG Dornach, 14. Mai 1920 = | ||
Das Wesentliche dieser nächsten Betrachtungen soll sein zu erkennen, wie die beiden weltgeschichtlichen Strömungen, die heidnische und die christliche, für unser Leben zusammenkommen, wie sie ineinanderwirken, wie sie zusammenhängen mit dem Geschehen im ganzen Weltenall. Dazu, um dies nun etwas genauer zu durchdringen, ist allerdings heute noch eine Art von Vorbetrachtung nötig. Es handelt sich darum, daß wir möglichst exakt auseinanderhalten, wodurch sich unterscheiden müssen heidnische Weltanschauung im weitesten Sinne - die ja durchaus auch noch auf dem Grunde unserer Weltanschauung nicht nur ist, sondern sein muß - und christliche Weltanschauung, die zum geringsten Teile eigentlich heute schon ihrer vollen Wirklichkeit nach in die menschlichen Gemüter übergegangen ist. Es handelt sich darum, daß wir eines, was ich ja öfter hier betont habe, genau ins Seelenauge fassen. Das ist, daß wir heute angekommen sind bei einem unvermittelten Nebeneinanderstehen desjenigen, was wir nennen können naturwissenschaftliches Weltbild und desjenigen, was wir nennen die moralische Weltordnung, zu der natürlich auch die religiöse Weltanschauung gehört. Mehr als er sich bewußt ist, sind für den gegenwärtigen Menschen naturwissenschaftliches Geschehen und moralisches Geschehen zwei voneinander ganz weit abliegende Dinge, die er im Grunde genommen gar nicht verbinden kann, wenn er wirklich vom Gesichtspunkt der heutigen Weltanschauung aus ganz ehrlich vor sich selbst dastehen will. Das ist es ja, warum ein großer Teil gerade der fortgeschrittenen Theologie des 19. und 20. Jahrhunderts im Grunde genommen gar keine Christologie hat. Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, daß es ja solche Bücher gibt, wie Adolf Harnacks «Wesen des Christentums», bei denen es gar keinen Grund gibt, warum darinnen überhaupt der Christus-Name genannt wird. Denn dasjenige, was als «Christus» auftritt, ist darinnen nichts anderes als genau die Gottheit, welche im Alten Testament als Jahve, als | |||
Das Wesentliche dieser nächsten Betrachtungen soll sein zu erkennen, wie die beiden weltgeschichtlichen Strömungen, die heidnische und die christliche, für unser Leben zusammenkommen, wie sie ineinanderwirken, wie sie zusammenhängen mit dem Geschehen im ganzen Weltenall. Dazu, um dies nun etwas genauer zu durchdringen, ist allerdings heute noch eine Art von Vorbetrachtung nötig. Es handelt sich darum, daß wir möglichst exakt auseinanderhalten, wodurch sich unterscheiden müssen heidnische Weltanschauung im weitesten Sinne - die ja durchaus auch noch auf dem Grunde unserer Weltanschauung nicht nur ist, sondern sein muß -und christliche Weltanschauung, die zum geringsten Teile eigentlich heute schon ihrer vollen Wirklichkeit nach in die menschlichen Gemüter übergegangen ist. Es handelt sich darum, daß wir eines, was ich ja öfter hier betont habe, genau ins Seelenauge fassen. Das ist, daß wir heute angekommen sind bei einem unvermittelten Nebeneinanderstehen desjenigen, was wir nennen können naturwissenschaftliches Weltbild und desjenigen, was wir nennen die moralische Weltordnung, zu der natürlich auch die religiöse Weltanschauung gehört. Mehr als er sich bewußt ist, sind für den gegenwärtigen Menschen naturwissenschaftliches Geschehen und moralisches Geschehen zwei voneinander ganz weit abliegende Dinge, die er im Grunde genommen gar nicht verbinden kann, wenn er wirklich vom Gesichtspunkt der heutigen Weltanschauung aus ganz ehrlich vor sich selbst dastehen will. Das ist es ja, warum ein großer Teil gerade der fortgeschrittenen Theologie des 19. und 20. Jahrhunderts im Grunde genommen gar keine Christologie hat. Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, daß es ja solche Bücher gibt, wie Adolf Harnacks «Wesen des Christentums», bei denen es gar keinen Grund gibt, warum darinnen überhaupt der Christus-Name genannt wird. Denn dasjenige, was als «Christus» auftritt, ist darinnen nichts anderes als genau die Gottheit, welche im Alten Testament als Jahve, als | |||
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kommen. Niemals wird man die ganz andersartige Hineinstellung des Mysteriums von Golgatha in den übrigen Werdegang unserer Erde begreifen, wenn man nicht schon im Kosmos anfängt mit diesem Begreifen. Ich wollte Ihnen heute in dieser Vorbesprechung den Grund legen, den wir brauchen, um dann morgen und übermorgen darauf aufbauen zu können. | kommen. Niemals wird man die ganz andersartige Hineinstellung des Mysteriums von Golgatha in den übrigen Werdegang unserer Erde begreifen, wenn man nicht schon im Kosmos anfängt mit diesem Begreifen. Ich wollte Ihnen heute in dieser Vorbesprechung den Grund legen, den wir brauchen, um dann morgen und übermorgen darauf aufbauen zu können. | ||
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= FÜNFZEHNTER VORTRAG Dornach, 15. Mai 1920 = | = FÜNFZEHNTER VORTRAG Dornach, 15. Mai 1920 = | ||
Aus den Betrachtungen, die wir hier angestellt haben, werden Sie gesehen haben, wie nötig es ist, den Menschen in seiner Ganzheit zu betrachten, um darauf zu kommen, wie genau eigentlich der Mensch in all seiner Beschaffenheit ein Abbild ist der Gesamtwelt. Dies aufzunehmen ist außerordentlich bedeutsam, nicht nur in die verstandesmäßige Erkenntnis, sondern auch in die gefühlsmäßige Erkenntnis, in die willensmäßige Erkenntnis. Denn nur dadurch, daß man den Menschen in seiner Gesamtheit herausgeboren ansieht aus der Gesamrwelt, wird man ein tieferes Verständnis gewinnen können auch für dasjenige, was nun im Fundamente das Christentum der Welt sein will. Man kann sehr leicht einwenden: Ja, da wird von der modernen Menschheit ein kompliziertes Verstehen der Einzelheiten der Welt gefordert und auch ein kompliziertes Verstehen der Einzelheiten des Menschen, um gewissermaßen dadurch erst in seinem Bewußtsein ein ganzer Mensch zu sein. Aber bedenken Sie doch nur, daß diese Forderung, die jetzt wie eine Kardinalforderung an die Menschheit herantritt, nicht etwa bloß der jetzt auftretenden Geisteswissenschaft eigen ist. Um auf dasjenige hinzuweisen, was ich meine, möchte ich Ihnen zunächst die Frage aufwerfen: Was alles hat denn eigentlich das Christentum bei seinem Auftreten gebracht? Das Christentum hat ja gebracht im Grunde genommen die Anforderung eines Weltverständnisses, das wirklich ein recht ausgebreitetes war. Und dieses Weltverständnis, das angeknüpft hat an die alten heidnischen Vorstellungen, dieses Weltverständnis, das ist im Laufe der Zeit eigentlich völlig vergessen worden. Bedenken Sie doch nur einmal, was den Menschen im Laufe der Zeit allmählich gegeben worden ist von den Fundamentalanschauungen, den Fundamentalideen des Christentums. Das Christentum trat ja so auf, daß man es nur verstehen konnte, wenn man zum Beispiel die Ttinirät verstand, wenn man verstand das Wesen des Vatergottes, des Sohnesgottes, das heißt des Christus Jesus, und des Geistes. In dem | Aus den Betrachtungen, die wir hier angestellt haben, werden Sie gesehen haben, wie nötig es ist, den Menschen in seiner Ganzheit zu betrachten, um darauf zu kommen, wie genau eigentlich der Mensch in all seiner Beschaffenheit ein Abbild ist der Gesamtwelt. Dies aufzunehmen ist außerordentlich bedeutsam, nicht nur in die verstandesmäßige Erkenntnis, sondern auch in die gefühlsmäßige Erkenntnis, in die willensmäßige Erkenntnis. Denn nur dadurch, daß man den Menschen in seiner Gesamtheit herausgeboren ansieht aus der Gesamrwelt, wird man ein tieferes Verständnis gewinnen können auch für dasjenige, was nun im Fundamente das Christentum der Welt sein will. Man kann sehr leicht einwenden: Ja, da wird von der modernen Menschheit ein kompliziertes Verstehen der Einzelheiten der Welt gefordert und auch ein kompliziertes Verstehen der Einzelheiten des Menschen, um gewissermaßen dadurch erst in seinem Bewußtsein ein ganzer Mensch zu sein. Aber bedenken Sie doch nur, daß diese Forderung, die jetzt wie eine Kardinalforderung an die Menschheit herantritt, nicht etwa bloß der jetzt auftretenden Geisteswissenschaft eigen ist. Um auf dasjenige hinzuweisen, was ich meine, möchte ich Ihnen zunächst die Frage aufwerfen: Was alles hat denn eigentlich das Christentum bei seinem Auftreten gebracht? Das Christentum hat ja gebracht im Grunde genommen die Anforderung eines Weltverständnisses, das wirklich ein recht ausgebreitetes war. Und dieses Weltverständnis, das angeknüpft hat an die alten heidnischen Vorstellungen, dieses Weltverständnis, das ist im Laufe der Zeit eigentlich völlig vergessen worden. Bedenken Sie doch nur einmal, was den Menschen im Laufe der Zeit allmählich gegeben worden ist von den Fundamentalanschauungen, den Fundamentalideen des Christentums. Das Christentum trat ja so auf, daß man es nur verstehen konnte, wenn man zum Beispiel die Ttinirät verstand, wenn man verstand das Wesen des Vatergottes, des Sohnesgottes, das heißt des Christus Jesus, und des Geistes. In dem | ||
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worden ist, und ich weiß nicht, ob nun dasjenige, was hier als Thomismus wird vorgetragen werden, nun auch als eine unberechtigte Propaganda, die von Dornach ausgeht, wird bezeichnet werden. Wollen wir einmal sehen, was daraus wird. | worden ist, und ich weiß nicht, ob nun dasjenige, was hier als Thomismus wird vorgetragen werden, nun auch als eine unberechtigte Propaganda, die von Dornach ausgeht, wird bezeichnet werden. Wollen wir einmal sehen, was daraus wird. | ||
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= SECHZEHNTER VORTRAG Dornach, 16. Mai 1920 = | = SECHZEHNTER VORTRAG Dornach, 16. Mai 1920 = | ||
Wenn man versucht zu erkennen, wie der Mensch im ganzen Universum drinnensteht, so handelt es sich darum, nicht nur das Räumliche dabei ins Auge zu fassen, sondern auch das Zeitliche. Wer die Entwickelungsgeschichte der Menschheit etwas verfolgt, wird finden, daß es eine Eigentümlichkeit orientalischer Weltanschauung ist, das Räumliche in den Vordergrund zu stellen, allerdings nicht so, daß das Zeitliche dabei ganz unberücksichtigt bleibt; aber es steht das Räumliche im Vordergrunde. Dahingegen ist es das Eigentümliche abendländischer Weltanschauung, mit dem Zeitlichen in ganz besonderem Maße zu rechnen. Und gerade der Hinblick auf dieses Zeitliche in der Entwickelung der Menschheit und des Universums überhaupt ist dasjenige, was bei einer richtigen Anschauung über die Christus-Kraft vor allen Dingen berücksichtigt werden muß. Dann aber, wenn man die Christus-Kraft in ihrer ganzen Bedeutung innerhalb der Evolution der Menschheit und der Erde richtig erkennen will, dann muß man den Menschen selbst zeitlich richtig in das ganze Universum hineinstellen können. Daran hindert heute, wie ich schon mehrfach erwähnte, der allgemeine Glaube an das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und namentlich auch an das Gesetz von der Erhaltung des Stoffes. Dieses Gesetz von der Erhaltung der Kraft, das ist es ja vor allen Dingen, welches den Menschen so in das Weltenall hineinstellen möchte, daß dieser Mensch dabei eigentlich nur wie ein Naturprodukt in diesem Weltenall drinnen-steht. Es sind ja sogar schon Versuche gemacht worden zu ergründen, wie die Umwandelung desjenigen, was der Mensch aufnimmt als Nahrung, durch die Verbrennung geschieht in Kräfte, und wie die dann in dem Menschen auftretende Verbrennungswärme und seine sonstige Kraft sich als die umgewandelte Kraft der Nahrungsmittel ergibt. Solche Versuche sind bereits in der neueren Zeit mit Studenten gemacht worden. Sie gleichen dem Gedanken, der etwa in der folgenden Weise sich geltend machen wollte: Man sieht ein | Wenn man versucht zu erkennen, wie der Mensch im ganzen Universum drinnensteht, so handelt es sich darum, nicht nur das Räumliche dabei ins Auge zu fassen, sondern auch das Zeitliche. Wer die Entwickelungsgeschichte der Menschheit etwas verfolgt, wird finden, daß es eine Eigentümlichkeit orientalischer Weltanschauung ist, das Räumliche in den Vordergrund zu stellen, allerdings nicht so, daß das Zeitliche dabei ganz unberücksichtigt bleibt; aber es steht das Räumliche im Vordergrunde. Dahingegen ist es das Eigentümliche abendländischer Weltanschauung, mit dem Zeitlichen in ganz besonderem Maße zu rechnen. Und gerade der Hinblick auf dieses Zeitliche in der Entwickelung der Menschheit und des Universums überhaupt ist dasjenige, was bei einer richtigen Anschauung über die Christus-Kraft vor allen Dingen berücksichtigt werden muß. Dann aber, wenn man die Christus-Kraft in ihrer ganzen Bedeutung innerhalb der Evolution der Menschheit und der Erde richtig erkennen will, dann muß man den Menschen selbst zeitlich richtig in das ganze Universum hineinstellen können. Daran hindert heute, wie ich schon mehrfach erwähnte, der allgemeine Glaube an das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und namentlich auch an das Gesetz von der Erhaltung des Stoffes. Dieses Gesetz von der Erhaltung der Kraft, das ist es ja vor allen Dingen, welches den Menschen so in das Weltenall hineinstellen möchte, daß dieser Mensch dabei eigentlich nur wie ein Naturprodukt in diesem Weltenall drinnen-steht. Es sind ja sogar schon Versuche gemacht worden zu ergründen, wie die Umwandelung desjenigen, was der Mensch aufnimmt als Nahrung, durch die Verbrennung geschieht in Kräfte, und wie die dann in dem Menschen auftretende Verbrennungswärme und seine sonstige Kraft sich als die umgewandelte Kraft der Nahrungsmittel ergibt. Solche Versuche sind bereits in der neueren Zeit mit Studenten gemacht worden. Sie gleichen dem Gedanken, der etwa in der folgenden Weise sich geltend machen wollte: Man sieht ein | ||
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Und während wir wirklich eine kleine Goethe-Gemeinde haben, die zu Goethe hält, die gar nicht einmal hinweisen kann auf irgendwie Beträchtliches aus dieser Goethe-Weisheit heraus, ist das Jesuitenbuch über Goethe mit großem Scharfsinn geschrieben, geschickt gemacht und ein sehr wirksames Buch - | Und während wir wirklich eine kleine Goethe-Gemeinde haben, die zu Goethe hält, die gar nicht einmal hinweisen kann auf irgendwie Beträchtliches aus dieser Goethe-Weisheit heraus, ist das Jesuitenbuch über Goethe mit großem Scharfsinn geschrieben, geschickt gemacht und ein sehr wirksames Buch - | ||
Das ist es aber, was wir nötig haben: uns zu durchdringen mit wachem Geistesleben. Dann wird Geisteswissenschaft schon gedeihen, wenn waches Geistesleben wirklich unter uns Platz greift. | Das ist es aber, was wir nötig haben: uns zu durchdringen mit wachem Geistesleben. Dann wird Geisteswissenschaft schon gedeihen, wenn waches Geistesleben wirklich unter uns Platz greift. | ||
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Es wäre gegen den Sinn dieser Vorträge, in ihnen suchen zu wollen, was in den gewöhnlichen Astronomiebüchern steht Sie sprechen von dem, was in diesen Büchern nicht steht, von dem zwischen Mensch und Kosmos bestehenden existentiellen, genetischen Verhältnis. Das gibt der Betrachtung eine andere Dimension. Wo auf die gewöhnliche Astronomie Bezug genommen ist, geschieht es ganz summarisch; nur andeutend, was anderswo gefunden werden kann und aufgesucht werden muß. Und doch ist natürlicherweise in die Darstellung auch Astronomisches im gewöhnlichen Sinn eingeflossen, mehr einverwoben allerdings, als explizit ausgelührt. Die Schilderung der Prizession z.B. ist so, daß man den Eindruck bekommt, in das hineinzukommen, was die ägyptischen Priester-Astronomen wirklich getan haben. Wenn das auch mehr als gewönliche Astronomie gewesen ist, so ist es doch Ausgangspunkt der letzteren geworden. | Es wäre gegen den Sinn dieser Vorträge, in ihnen suchen zu wollen, was in den gewöhnlichen Astronomiebüchern steht Sie sprechen von dem, was in diesen Büchern nicht steht, von dem zwischen Mensch und Kosmos bestehenden existentiellen, genetischen Verhältnis. Das gibt der Betrachtung eine andere Dimension. Wo auf die gewöhnliche Astronomie Bezug genommen ist, geschieht es ganz summarisch; nur andeutend, was anderswo gefunden werden kann und aufgesucht werden muß. Und doch ist natürlicherweise in die Darstellung auch Astronomisches im gewöhnlichen Sinn eingeflossen, mehr einverwoben allerdings, als explizit ausgelührt. Die Schilderung der Prizession z.B. ist so, daß man den Eindruck bekommt, in das hineinzukommen, was die ägyptischen Priester-Astronomen wirklich getan haben. Wenn das auch mehr als gewönliche Astronomie gewesen ist, so ist es doch Ausgangspunkt der letzteren geworden. | ||
Textgrundlage: Die 16 Vorträge wurden von der | Textgrundlage: Die 16 Vorträge wurden von der Berufsstenografin Helene Finckh stenografiert. Von ihr stammt auch die Aussehrift in Maschinenschrift, die sogenannte . Schon im Sommer 1920 hat Walter Johannes Stein Vorschläge für den Text in ein Exemplar der Nachschrift eingetragen. Von 1940-42 hat dann Inuis Iocher mit der fördernden Zustimmung von Frau Marie Steiner die ersten zwölf der Vorträge lür den Druck bearbeitet und in den von ihm lür die Mathematisch-Astronomische Sektion am Goetheanum herausgegebenen (Nrn. 2-4) gedruckt, versehen mit einer großen Zahl sehr sachkundiger Anmerkungen. Er hat auch den - hier wieder aufgegriffenen - Versuch gemacht, die Wandtafelzeichnungen (die noch vorhanden sind) in Faksimile wiederzugeben, was damals allerdings, wohl aus Kostengründen, nur lür die drei ersten Vorträge möglich war. locher scheint von den Textvorschlägen W. J. Steins nichts gewußt zu haben. 1958 hat Günther Schubert zusammen mit Hella Wiesberger den Text lür die Gesamtausgabe erarbeitet. Vorliegende Ausgabe schließt in der Hauptsache an diesen Text an, hat jedoch an schwierigen Stellen die anderen Bearbeitungen miitverwendet. Für alle Herausgeber lag die bei den Vorträgen überhaupt sich stellende Aufgabe vor, das frei gesprochene, von Ton und Gebärde getragene Wort, das noch vielfältig durch das Zeichnen ausgestaltet wurde, den Gegebenheiten des tesens, im Gegensatz zu denjenigen des Hörens, anzupassen. Um diesbezüglich nur eine Einzelheit zu erwähnen, sei darauf hingewiesen, daß lür das Hören Wiederholungen etwas ganz anderes bedeuten als für das Lesen. Eine gewisse Redaktion des Textes wäre daher auch dann nötig, wenn es gar keine Stellen gäbe, welche dem Verständnis Schwierigkeiten bereiten und wo sich die Frage stellt, ob der Text überhaupt sachlich richtig überliefert sei. Hier ist dann das Vorhandensein des Stenogramms eine wesentliche Hilfe. Seine Neuübertragung hat schon durch Fräulein Hedwig Frey und dann erneut durch Frau Ulla Trapp stattgefunden und konnte manche Unklarheit, aber auch manche stilistische Merkwürdigkeit, welche nicht in der Rede, sondern nur in der Nachschrift vorkam, beheben. Im folgenden sind nur die wichtigeren der sich aus dem Stenograromvergleich ergebenden Textverbesserungen angeführt. Das Stenogramm hat auch den allmählichen Aufbau der Wandtafelzeichnungen erschlossen, indem die Stenografin dazu manche Notiz oder Markierung gemacht hat. Dennoch konnte der Zusammenhang von | ||
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auch für eine weitere Sternumgebung der Ekliptik, welche sich aber gegen die Wendepunkte hin auf die Ekliptik zusammenzieht. - Die Präzession wird abstrakt beschrieben als Verschiebung des Frühlingspunktes auf der Ekliptik um jahrlich 50,256", was in 72 Jahren fast genau 1 ergibt, wahrend die Sonne in entgegengesetzter Richtung in einem Tag ebenfalls fast um 1' fortschreitet. Mit dem Frühlingspunkt gleitet der Äquator unter festem Winkel längs der Ekliptik mit. Er bewegt sich über die Sterne hinweg, während die Ekliptik ihre Lage zu den Sternen fast unverändert beibehält. Indem aber auf der Erde der Äquator fest von Ost nach West im Horizont verankert ist, kommt es zu einer schiefen Bewegung der Sterne gegenüber dem Äquator. Versucht man auf einer Stern-karte den Äquator der Ekliptik entlangzulühren, findet man leicht, daß er durch den Stern Aldebaran hindurchgeht, wenn der Frühlingspunkt erwa um 1/6 der Ekliptik zurückgeführt wird. Das war vor mehr als 4000 Jahren. Eine genaue Präzessionstechnung ergibt. daß Aldebaran 2092v. Chr. von der Südhalbkugel auf den Äquator gelangt ist. Er war dabei 14,28' vom Frühlingspunkt entfernt. Diese Konstellation erweist sich bei genauerem Zusehen als direkter, sinnenfälliger Lehrmeister des Gesetzes der 72 Jahre, so-weit es auf einen solchen angekommen ist. Betrachten wir sie an der Frühlings-Nachtgleiche im Moment, wo der Frühlingspunkt untergeht (Fig. 1). | auch für eine weitere Sternumgebung der Ekliptik, welche sich aber gegen die Wendepunkte hin auf die Ekliptik zusammenzieht. - Die Präzession wird abstrakt beschrieben als Verschiebung des Frühlingspunktes auf der Ekliptik um jahrlich 50,256", was in 72 Jahren fast genau 1 ergibt, wahrend die Sonne in entgegengesetzter Richtung in einem Tag ebenfalls fast um 1' fortschreitet. Mit dem Frühlingspunkt gleitet der Äquator unter festem Winkel längs der Ekliptik mit. Er bewegt sich über die Sterne hinweg, während die Ekliptik ihre Lage zu den Sternen fast unverändert beibehält. Indem aber auf der Erde der Äquator fest von Ost nach West im Horizont verankert ist, kommt es zu einer schiefen Bewegung der Sterne gegenüber dem Äquator. Versucht man auf einer Stern-karte den Äquator der Ekliptik entlangzulühren, findet man leicht, daß er durch den Stern Aldebaran hindurchgeht, wenn der Frühlingspunkt erwa um 1/6 der Ekliptik zurückgeführt wird. Das war vor mehr als 4000 Jahren. Eine genaue Präzessionstechnung ergibt. daß Aldebaran 2092v. Chr. von der Südhalbkugel auf den Äquator gelangt ist. Er war dabei 14,28' vom Frühlingspunkt entfernt. Diese Konstellation erweist sich bei genauerem Zusehen als direkter, sinnenfälliger Lehrmeister des Gesetzes der 72 Jahre, so-weit es auf einen solchen angekommen ist. Betrachten wir sie an der Frühlings-Nachtgleiche im Moment, wo der Frühlingspunkt untergeht (Fig. 1). | ||
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Die Sonne steht in oder sehr nahe bei diesem Punkt und beide gehen im Idealfall zusammen im West-Punkt unter. Der Äquator steht in Ägypten 60 steil und nochmals 24' steiler, also fast senlcrecht läuft die Ekliptik ebenfalls in den W-Punkt hinein. Parallel zum Äquator gleiten die Sterne und die Sonne nach abwärts. Wenn die Sonne 12' tief unter den Horizont nach S1 gesunken ist, ist der Himmel dunkel genug geworden, daß Sterne wie Aldebaran sichtbar werden können. Aldebaran ist in dieser Zeit von A bis A1 gelangt, ganz knapp über den Horizont. Hier leuchtet er auf und taucht nach 1 1/2 Minuten unter. Es ist sein letzter sichtbarer Untergang: der heliakische. Am nächsten Abend ist ihm die Sonne schon zu nahe gekommen, daß er noch sichtbar werden könnte. Und dabei ist Aldebaran nicht irgendein Stern, sondern der Hauptstern des Stiers, welchem in der ägyptischen Zeit ein besonderes Gewicht zugekommen ist. Ein an der Frühlings-Nachtgleiche in den Sonnenuntergangspunkt hinein heliakisch untergehendei Aldebaran mußte das Interesse der Ägypter in hohem Maße auf sich ziehen, ist doch den heliakischen Auf- und Untergängen in der alten Astronomie eine große Bedeutung | Die Sonne steht in oder sehr nahe bei diesem Punkt und beide gehen im Idealfall zusammen im West-Punkt unter. Der Äquator steht in Ägypten 60 steil und nochmals 24' steiler, also fast senlcrecht läuft die Ekliptik ebenfalls in den W-Punkt hinein. Parallel zum Äquator gleiten die Sterne und die Sonne nach abwärts. Wenn die Sonne 12' tief unter den Horizont nach S1 gesunken ist, ist der Himmel dunkel genug geworden, daß Sterne wie Aldebaran sichtbar werden können. Aldebaran ist in dieser Zeit von A bis A1 gelangt, ganz knapp über den Horizont. Hier leuchtet er auf und taucht nach 1 1/2 Minuten unter. Es ist sein letzter sichtbarer Untergang: der heliakische. Am nächsten Abend ist ihm die Sonne schon zu nahe gekommen, daß er noch sichtbar werden könnte. Und dabei ist Aldebaran nicht irgendein Stern, sondern der Hauptstern des Stiers, welchem in der ägyptischen Zeit ein besonderes Gewicht zugekommen ist. Ein an der Frühlings-Nachtgleiche in den Sonnenuntergangspunkt hinein heliakisch untergehendei Aldebaran mußte das Interesse der Ägypter in hohem Maße auf sich ziehen, ist doch den heliakischen Auf- und Untergängen in der alten Astronomie eine große Bedeutung | ||
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69 hatte der Philosoph Schelling sehr recht: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Leonberg 1775-1854 Bad Ragaz. Vgl. die Besprechung des hier angeführten Gedankens in | 69 hatte der Philosoph Schelling sehr recht: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Leonberg 1775-1854 Bad Ragaz. Vgl. die Besprechung des hier angeführten Gedankens in | ||
73 Tafrl 10: Der Umlaufsinn der Tierkreisbilder ist nicht der für die Nordhernisphäre gewohnte, gegen den Uhrzeiger laufende. Das ist bei Rudolf Steiner oft so, z.B. auch in den Angaben für die Eurythmie, vgl. | 73 Tafrl 10: Der Umlaufsinn der Tierkreisbilder ist nicht der für die Nordhernisphäre gewohnte, gegen den Uhrzeiger laufende. Das ist bei Rudolf Steiner oft so, z.B. auch in den Angaben für die Eurythmie, vgl. | ||
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kam, sagte Rudolf Steiner, das müsse so sein, es handle sich hier um eine Spiegelung (Mitteilung von Ilona Schubert). Vgl. auch Joachim Schulz, | kam, sagte Rudolf Steiner, das müsse so sein, es handle sich hier um eine Spiegelung (Mitteilung von Ilona Schubert). Vgl. auch Joachim Schulz, | ||
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Nach Stenogtamm, statt «Wirkungserscheinungen» der Nachschrift. Diese Korrektur ha ben sowohl W. J. Stein als L. locher bereits ausgeführt. | Nach Stenogtamm, statt «Wirkungserscheinungen» der Nachschrift. Diese Korrektur ha ben sowohl W. J. Stein als L. locher bereits ausgeführt. | ||
96 Nicht eine bloße Drehung findet statt, sondern eine komplizierte Bewegung: W. J. Stein hat hier in der Nachschrift eine Anmerkung angebracht: | 96 Nicht eine bloße Drehung findet statt, sondern eine komplizierte Bewegung: W. J. Stein hat hier in der Nachschrift eine Anmerkung angebracht: «Dr. Steiner sagte am 14.11.1920, [bei welcher Gelegenheit, wird nicht gesagt] diese Sache erläuternd: Die Drehungsachse geht nicht immer durch die beiden Pole, sondern beschreibt in 24 Stunden einen lemniskatischen Doppelkegel, dessen fester Drehpunkt der Erdmittelpunkt ist.» Ferner hat W. J. Stein in die Figur der Nachschrift, welche mit derjenigen auf Tafel 12, rechts, | ||
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übereinstimmt, mit Tinte eine andere, detaillierte Figur eingezeichnet, welche sein Verständnis der obigen Angabe wiedergibt. Sie zeigt am Nordpol eine kleine Iemnisltate mit dem Pol als Kreuzungspunkt, deren Projektion aus dem Erdinittelpunkt den lemniskatischen Kegel ergibt. Die Erglinzung nach rücltwärts gibt den Doppelkegel. Die beiden Scheitelpunkte der kleinen Iemniskate legen einen Meridianlt:reis fest. Der dazu senkrechte Meridian trifft den Äquator in zwei Punkten, von denen der eine Kreuzungspunkt wird einer schmalen lemniskatischen Schleife, die auf die Erde gezeichnet wird und die offenbar die Bewegung der Erde anzeigen soll. Die Schleife hat den Äquator zur Symmetrielinie. Die Kreuzung erfolgt unter sehr kleinem Winkel, und die Scheitelpunkte der Schleife berühren sich auf dem Äquator in dem Punkt, welcher dem Kreuzungspunkt gegenüberliegt. | übereinstimmt, mit Tinte eine andere, detaillierte Figur eingezeichnet, welche sein Verständnis der obigen Angabe wiedergibt. Sie zeigt am Nordpol eine kleine Iemnisltate mit dem Pol als Kreuzungspunkt, deren Projektion aus dem Erdinittelpunkt den lemniskatischen Kegel ergibt. Die Erglinzung nach rücltwärts gibt den Doppelkegel. Die beiden Scheitelpunkte der kleinen Iemniskate legen einen Meridianlt:reis fest. Der dazu senkrechte Meridian trifft den Äquator in zwei Punkten, von denen der eine Kreuzungspunkt wird einer schmalen lemniskatischen Schleife, die auf die Erde gezeichnet wird und die offenbar die Bewegung der Erde anzeigen soll. Die Schleife hat den Äquator zur Symmetrielinie. Die Kreuzung erfolgt unter sehr kleinem Winkel, und die Scheitelpunkte der Schleife berühren sich auf dem Äquator in dem Punkt, welcher dem Kreuzungspunkt gegenüberliegt. | ||
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111 Man nennt im Englischen seelisch etwas «spleen», aber es ist nicht bloß seelisch: Korrektur nach Stenogramm. Die Nachsehrift enthält das Wort | 111 Man nennt im Englischen seelisch etwas «spleen», aber es ist nicht bloß seelisch: Korrektur nach Stenogramm. Die Nachsehrift enthält das Wort | ||
Exsudat der Ätherleber: statt «des Ätherleibes», nach Stenogramm. | |||
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116 Carl Gegenbaur, Würzburg 1826-1903 Heidelberg. Sein Werk: | 116 Carl Gegenbaur, Würzburg 1826-1903 Heidelberg. Sein Werk: | ||
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1914). Es handelt sich vermutlich um die Schrift | 1914). Es handelt sich vermutlich um die Schrift | ||
144 auf dem achten allgemeinen Konzil: Zur Die Verfluchung richtete sich gegen Photius und seine Anhänger. Wenn von ihnen gesagt wird, sie würden lehren, daß der Mensch | 144 auf dem achten allgemeinen Konzil: Zur «Abschaffung des Geistes» auf diesem Konzil hat L. Locher eine aufschlußreiche Anmerkung (Mathematisch-Astronomische Blätter, Heft 4, November 1942, Seite 95). Sie gibt den lateinischen Text des betreffenden Beschlusses wieder, d.h. des 11. Canons, nach C.J. Hefele: «Conciliengeschichte», Bd. 4, Freiburg i. Br. I860, und die eigene Übersetzung da von, nämlich: «Während im alten und neuen Testament gelehrt wird, daß der Mensch eine einzige denkfähige und vernünftige Seele habe, und während alle gottbegeisterten Väter und Kirchenlehrer eben diese Meinung vertreten, sind einige, sich den Erfindungen des Bösen hingehend, zu einer solchen Gottlosigkeit gekommen, daß sie ständig versuchen, in unverschämter Weise zu lehren, der Mensch habe zwei Seelen, daß sie weiterhin versuchen, in gewissen unvernünftigen Bemühungen mit Gelehrsamkeit, welche sich als töricht erwiesen hat, ihre eigene Häresie zu bekräftigen. Daher verflucht mit lauter Stimme diese heilige und allgemeine Synode die Erfinder solcher Gottlosigkeit, deren Vollstrecker und diejenigen, welche diesem ähnliches meinen, indem sie sich bemüht, diese verwerfliche Ansicht, die da keimen will wie das übelste Unkraut, auszurotten, und indem sie in der Hand die Wurfschaufel der Wahrheit trägt und die ganze Spreu einem unauslöschlichen Feuer übergeben und die Tenne Christi rein machen will. Sie bestimmt und gibt bekannt, daß überhaupt niemand auf irgend eine Art die Aufstellungen der Urheber dieser Gottlosigkeit festhalte und bewahre. Wenn aber einer sich heraus nehmen sollte, im Gegensatz zu dieser heiligen und großen Synode zu handeln, so sei er verflucht und ausgeschlossen vom Glauben und Kult der Christen.» Die Verfluchung richtete sich gegen Photius und seine Anhänger. Wenn von ihnen gesagt wird, sie würden lehren, daß der Mensch «zwei Seelen» habe, so ist das eine gewiß gewollte Karikatur. Das bezeugt C. J. Hefele indirekt, wenn er im Abschnitt «Fortsetzung der Photius’schen Streitigkeit» seines Werkes schreibt: «Zudem erregten manche Behauptungen, z.B. daß nur die niedere Seele des Menschen, nicht die Vernunft, sündige, ... vielfachen Anstoß.» | ||
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150 Arthur Schopenhauer, Danzig 1788-1860 Franklun a. M.; | 150 Arthur Schopenhauer, Danzig 1788-1860 Franklun a. M.; | ||
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191 einer solchen Broschüre wie der Traubschen: Friedrich Traub, | 191 einer solchen Broschüre wie der Traubschen: Friedrich Traub, | ||
192 wie ich es in einem der öffentlichen Vorträge in diesen Tagen getan habe: Im Basler Vortrag vom | 192 wie ich es in einem der öffentlichen Vorträge in diesen Tagen getan habe: Im Basler Vortrag vom 5. Mai 1920 «Seelenwesen und sittlicher Menschenwert im Lichte der Geistes- | ||
(Anthroposophie)», im Band | {{SE|266}} | ||
Wissenschaft (Anthroposophie)», im Band «Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus», GA Bibl.-Nr.334. | |||
192 Himmel und Erde werden vergeben: Math.24,35. | 192 Himmel und Erde werden vergeben: Math.24,35. | ||
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223 Wilhelm Wundt, Neckarau 1832-1920 Leipzig. Man vgl. über den historischen Fortschritt Wundts «System der Philosophie», Leipzig 1889, S. 618ff, und auch die längere Ausführung über Wundt in den | 223 Wilhelm Wundt, Neckarau 1832-1920 Leipzig. Man vgl. über den historischen Fortschritt Wundts «System der Philosophie», Leipzig 1889, S. 618ff, und auch die längere Ausführung über Wundt in den | ||
224 Max Rubner, München 1854-1909 Berlin. Physiologe und Hygieniker. | 224 Max Rubner, München 1854-1909 Berlin. Physiologe und Hygieniker. «Lob der Hygiene» (1881), «Das Problem der Lebensdauer und seine Beziehungen zu Wachstum und Ernährung» (1908) u.a. | ||
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225 im Basler öffentlicchen Vortrage: | 225 im Basler öffentlicchen Vortrage: | ||
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250 Alexander Baumgartner, St. Gallen 1841 - 1910 Luxemburg. | 250 Alexander Baumgartner, St. Gallen 1841 - 1910 Luxemburg. | ||
250 das deutsche Macchwerk drich Wilhelm Weber, Alhausen 1813-1894 Nieheim. Das Werk hatte 1879 seine 3. Auflage, 1889 die 42. Auflage, 1920 die 178.-183. Auflage, 1961 das 490.-500. Tausend. Das gilt für die ungekürzte Originalfassung. ohne Volksausgaben und Schulausgaben. | 250 das deutsche Macchwerk drich Wilhelm Weber, Alhausen 1813-1894 Nieheim. Das Werk hatte 1879 seine 3. Auflage, 1889 die 42. Auflage, 1920 die 178.-183. Auflage, 1961 das 490.-500. Tausend. Das gilt für die ungekürzte Originalfassung. ohne Volksausgaben und Schulausgaben. | ||
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(H = Hinweis, o. N. = ohne Namensnennung) | (H = Hinweis, o. N. = ohne Namensnennung) |
Aktuelle Version vom 18. Oktober 2023, 18:41 Uhr
RUDOLF STEINER
VORTRÄGE
VORTRÄGE VOR MITGLIEDERN
DER ANTHROPOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT
Entsprechungen zwischen
Mikrokosmos und Makrokosmos
Der Mensch - eine Hieroglyphe des Weltenalls
Sechzehn Vorträge, gehalten in Dornach zwischen
dem 9. April und 16. Mai 1920
GA 201
1987
Inhaltsverzeichnis
- ERSTER VORTRAG Dornach, 9. April 1920
- ZWEITER VORTRAG Dornach, 10. April 1920
- DRITTER VORTRAG Dornach, 11. April 1920
- VIERTER VORTRAG Dornach, 16. April 1920
- FÜNFTER VORTRAG Dornach, 17. April 1920
- SECHSTER VORTRAG Dornach, 18. April 1920
- SIEBENTER VORTRAG Dornach, 23. April 1920
- ACHTER VORTRAG Dornach, 24. April 1920
- NEUNTER VORTRAG Dornach, 25. April 1920
- ZEHNTER VORTRAG Dornach, 1. Mai 1920
- ELFTER VORTRAG Dornach, 2. Mai 1920
- ZWÖLFTER VORTRAG Dornach, 8. Mai 1920
- DREIZEHNTER VORTRAG Dornach, 9. Mai 1920
- VIERZEHNTER VORTRAG Dornach, 14. Mai 1920
- FÜNFZEHNTER VORTRAG Dornach, 15. Mai 1920
- SECHZEHNTER VORTRAG Dornach, 16. Mai 1920
- HINWEISE
- NAMENREGISTER
- Literatur
ERSTER VORTRAG Dornach, 9. April 1920
Ich werde heute versuchen, weitere Gesichtspunkte Ihnen anzugeben über ein Thema, das in der letzten Zeit hier schon berührt worden ist. Ich habe besprochen, wie für den Menschen der Gegenwart auseinanderfallen die moralischen Anschauungen und die intellektualistischen Anschauungen. Durch seinen Intellektualismus wird der Mensch gebracht zu einer Anerkennung der strengen Naturnotwendigkeit. Nach dieser strengen Naturnotwendigkeit beobachten wir alles unter dem Gesetze der Ursachen und Wirkungen. Wir fragen auch dann, wenn der Mensch eine Handlung vollzieht, was ihn verursacht hat, was in ihm gewirkt hat oder außer ihm, um die Ursache abzugeben zu dieser Handlung. Diese Anerkenntnis der Notwendigkeit alles Geschehens hat in der neueren Zeit mehr einen naturwissenschaftlichen Charakter bekommen. Sie hat in der früheren Zeit einen mehr theologischen Charakter gehabt und hat einen theologischen Charakter noch für sehr viele Menschen. Der naturwissenschaftliche Charakter ergibt sich, wenn man mehr der Meinung ist, was wir tun, das sei abhängig von unserer körperlichen Konstitution und von den Einwirkungen auf unsere körperliche Konstitution. Es gibt ja heute noch immer Menschen, welche so denken, daß der Mensch handelt geradeso notwendig wie etwa ein Stein, wenn er zur Erde fällt. Das wäre die naturwissenschaftliche Färbung des Notwendigkeitsgedankens.
Die mehr theologische könnte man etwa dahin charakterisieren, daß man sagt: Es ist alles von irgendeiner göttlichen Macht, göttlichen Vorsehung vorherbestimmt, und der Mensch muß dasjenige ausführen, was ihm von der göttlichen Macht vorausbestimmt ist. In diesen beiden Fällen würde entweder die reine naturwissenschaftliche Notwendigkeit oder nur die unbedingte göttliche Voraussicht gelten. Es würde von Freiheit des Menschen nicht die Rede sein können. Auf der anderen Seite steht die ganze moralische Welt. Diese moralische Welt, von ihr fühlt der Mensch wohl, wie er von
ihr nicht sprechen kann, ohne an die Freiheit seiner Willensent-schlüsse zu denken. Denn hat der Mensch keine Möglichkeit zu freien Willensentschlüssen, so kann von einer Moralität der Handlungen des Menschen ja nicht die Rede sein. Dennoch fühlt der Mensch Verpflichtungen, moralische Impulse, und er muß eine moralische Welt anerkennen. Ich habe Ihnen auch erwähnt, wie die Unmöglichkeit, eine Brücke zwischen diesen zweien zu schaffen, zwischen der Welt der Notwendigkeit und der Welt des Moralischen, Kant dazu geführt hat, zwei Kritiken zu schreiben: die «Kritik der reinen Vernunft», die sich gewissermaßen damit beschäftigt, alles zu untersuchen, was der natürlichen Weltordnung angehört, und die «Kritik der praktischen Vernunft», die sich damit beschäftigt, das zu untersuchen, was der moralischen Weltordnung angehört. Dann hat er noch die Notwendigkeit empfunden, die «Kritik der Urteilskraft» zu schreiben, die gewissermaßen eine Vermittelung sein sollte zwischen beiden, die aber doch nur ein Kompromißprodukt geworden ist, und die höchstens zu einer Realität übergeht in der Betrachtung der Welt des Schönen, des künstlerischen Schaffens. Das würde aber auch nur bedeuten, daß der Mensch auf der einen Seite die Welt der Notwendigkeit hat, in die er eingesponnen ist, auf der anderen Seite die Welt des freien moralischen Handelns hat, und nichts anderes, was beide verbindet, finden würde, als die Welt des künstlerischen Scheins, wo wir, sagen wir, in der Plastik oder in der Malerei eben dem Scheine nach dasjenige vorstellen, was zwar aus der Natur-notwendigkeit genommen ist, dem wir aber einprägen dasjenige, was frei von Naturnotwendigkeit ist, dem wir gewissermaßen den Schein des Freien im Notwendigen geben.
Man wird auch nicht eine Brücke schlagen können zwischen dieser Welt der Notwendigkeit und der Welt der Freiheit, ohne den Weg zu finden durch die Geisteswissenschaft. Aber Geisteswissenschaft erfordert zu ihrer völligen Ausbildung wirklich eine Erfüllung des, ich möchte sagen, schon seit vielen Jahrhunderten geltend gemachten Spruches, des Apollo-Spruches der Griechen: «Erkenne dich selbst.» Nun, dieses «Erkenne dich selbst» - womit nicht gemeint ist ein Hineinbrüten in seine Subjektivität, sondern ein Erkennen
der ganzen Wesenheit des Menschen, wie der Mensch in der Welt drinnensteht -, dieses Suchen, das ist dasjenige, was eingeführt werden muß in unsere ganze geistige Bewegung gerade durch die Geisteswissenschaft.
Sehen Sie, von diesem Gesichtspunkte aus dürfen wir wirklich sagen - ich will das einleitend jetzt bemerken -, daß der Verlau{ die Entwickelung unserer anthroposophisch orientierten Geistes-bewegung in den letzten Tagen einen Anlauf genommen hat, der Geistesbewegung der Menschheit in deutlicher Weise zu zeigen, wie gesucht werden müsse dieses Durchleuchten der heutigen Denkweise, die gewissermaßen den Menschen ganz verloren hat, mit der Menschenerkenntnis. Das war ja etwas, was ganz durchleuchten mußte den eben für Ärzte gehaltenen Kursus, der insofern zu denjenigen Dingen gehört, durch die wir das Geistesleben versuchen mit Menschenerkenntnis zu durchdringen, als eben mit ihm ein erster Versuch gemacht worden ist, in positiver Weise in die Notwendigkeiten, die heute für bestimmte Fachwissenschaften vorliegen, hineinzuleuchten. Und nach außen zeigte sich das durch die Reihe von Vorträgen, die hier von unseren Freunden und von mir gehalten worden sind und in denen gezeigt werden sollte, wie das Verhältnis sich zu gestalten hat der einzelnen Fachwissenschaften zu dem, was sie als Impuls durch die Geisteswissenschaft erhalten können. Es wäre durchaus wünschenswert, daß ein recht starkes Bewußt-sein vorhanden wäre innerhalb unserer geisteswissenschaftlichen Bewegung von der Notwendigkeit solcher Unternehmungen. Denn sollen wir gedeihen, so haben wir durchaus nötig, der Außenwelt klarzumachen, sie gewissermaßen zu zwingen zum Verständnis davon, daß hier in keiner Weise der Dilettantismus gefördert werden soll auf irgendeinem Gebiete, sondern daß hier ernste Erkenntnis angestrebt werden muß. Das ist ja dasjenige, was oftmals auch verhindert wird durch die Art, wie aus unseren Kreisen selbst unsere Dinge in die Öffentlichkeit dringen, so daß man von dieser Öffentlichkeit aus dann glaubt - oder auch böswilligerweise es leicht so motivieren kann -, daß hier alles mögliche Sektiererische und aller mögliche Dilettantismus vertreten werde. Immer mehr und mehr
muß einfach diese Außenwelt davon überzeugt werden, wie ernst es ist mit dem Streben, das all dem zugrunde liegt, für das dieser Bau hier der Repräsentant ist. Und getragen werden müßten eben im weiteren eigentlich solche Unternehmungen, wie diejenigen waren, die wir nun länger, durch einige Wochen, haben hier ablaufen sehen, von den Kräften der ganzen anthroposophischen Bewegung. Denn dadurch wird der Anfang gemacht mit einer wirklichen Menschenerkenntnis, die die Grundlage bilden muß für alle wahre Geisteskultur. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts ist immer mehr und mehr - ich möchte sagen - flltriert worden, verabstrahiert worden das konkretere Verhältnis, das die Menschen früher zur Welt gehabt haben. Der Mensch wußte allerdings durch atavistische Erkenntnisse viel mehr über sich selbst in alten Zeiten, als er heute weiß. Denn seit der Mitte des 15. Jahrhunderts ist eben über die ganze sogenannte zivilisierte Welt ausgedehnt worden der Intellektualismus. Der Intellektualismus stützt sich nur auf einen kleinen Teil, auf einen ganz kleinen Teil im Wesen des Menschen. Und weil sich dieser Intellektualismus nur auf einen ganz kleinen Teil im Wesen des Menschen stützt, gibt er auch von der Welterkenntnis nur ein abstraktes Netz.
Was ist denn eigentlich Welterkenntnis geworden im Laufe der letzten Jahrhunderte in der äußeren populären Welt? Welterkenntnis, insofern sie sich bezieht auf das Weltenall, ist geworden mathematisch-mechanische Rechnerei, zu der in der neuesten Zeit noch die Ergebnisse der Spektralanalyse dazugetreten sind, etwas rein Physikalisches, und noch dazu im Physikalischen ein Mechanisch-Mathematisches. Der Astronom beobachtet den Gang der Sterne und rechnet; er konstatiert nur diejenigen Kräfte, die eigentlich die Welt, das Weltenall, insofern die Erde drinnen eingespannt ist, als eine große Maschine, als einen großen Mechanismus zeigen. Und wir können sagen, daß diese mechanisch-mathematische Betrachtungsweise dasjenige geworden ist, was einzig und allein heute als wirklich erkenntnismäßig angesehen wird.
Nun, womit rechnet zunächst alles dasjenige, was seine Offenbarung, seinen Ausdruck findet in dieser mathematisch-mechanischen
Konstruktion des Weltenalls? Es rechnet auch mit etwas, was gewissermaßen im Wesen des Menschen begründet ist, aber nur in einem sehr kleinen Stück vom Menschen. Es rechnet zunächst mit den abstrakten drei Raumdimensionen. Mit diesen rechnet der Astronom. Er unterscheidet einfach eine Raumdimension, eine zweite und - wenn ich perspektivisch zeichne - eine dritte senkrecht darauf stehende (Tafel 1, links). Und er faßt einen Stern, der sich bewegt, oder die Lage eines Sternes ins Auge, indem er auf diese drei Raumdimensionen sieht. Der Mensch würde nicht sprechen können über diese drei Raumdimensionen, wenn er sie nicht in seinem eigenen Wesen erlebte. Der Mensch erlebt diese drei Raumdimensionen. Zunächst erlebt er in seinem Lebensgang die vertikale Dimension. Er kriecht als Kind und richtet sich auf. Da erlebt er die vertikale Dimension. Es gäbe nicht die Möglichkeit, von der vertikalen Dimension zu sprechen, wenn der Mensch sie nicht erlebte. Wenn die Leute glauben, der Mensch könne etwas anderes im Weltenall finden, als er in sich selber findet, so geben sie sich starken Illusionen hin. Die Vertikaldimension findet der Mensch nur im Weltenall, weil er sie in sich selbst erlebt.
Auch diese Dimension (die horizontale) findet der Mensch nur dadurch, daß er sie in sich selbst erlebt. Strecken Sie im Verhältnis zu der Vertikaldimension Ihre Hände aus, Ihre Arme aus, so erleben Sie die zweite Dimension. Und nehmen Sie dazu dasjenige, was Sie erleben, indem Sie atmen, indem Sie sprechen, also indem Sie die Luft einziehen oder ausatmen, oder indem Sie essen, wo die Speisen in Ihrem Körper von vorne nach rückwärts sich bewegen, so erleben Sie dazu die dritte Dimension. Nur dadurch, daß der Mensch in sich diese drei Dimensionen erlebt, projiziert er sie auch hinein in den äußeren Raum. Es gibt schlechterdings nichts, was der Mensch in der Außenwelt finden kann, ohne daß er es zuerst in sich selber findet. Aber das Eigentümliche ist, daß der Mensch in der abstrahierenden Zeit seit der Mitte des 15. Jahrhunderts diese drei Dimensionen zu einem Gleichartigen gemacht hat. Das heißt, er hat die konkreten Unterschiede einfach weggelassen. Er hat weggelassen dasjenige, was die drei Raumdimensionen für ihn zu etwas Verschiedenem macht.
Er müßte eigentlich, wenn er sein eigenes Menschenerlebnis gäbe, sagen: meine Aufrechte, meine Wirkende, meine Umfassende oder meine Ausstreckende. Er müßte einen Unterschied zwischen diesen drei Raumdimensionen annehmen. Würde der Mensch aber einen Unterschied zwischen diesen drei Raumdimensionen annehmen, dann würde er auch nicht mehr das astronomische Weltbild in einer solchen Weise abstrakt fassen können, wie er es faßt. Denn dann würde er auf ein nicht so rein intellektualistisches Weltbild kommen. Er würde aber in konkreter Weise erleben müssen, wie er sich in bezug auf diese drei Dimensionen zur Welt verhält. Das erlebt er heute nicht. Er erlebt heute nicht das Sich-Aufrichten, das In-der-Vertikale-Sein. Daher weiß er auch nicht, daß er in dieser Vertikale aus dem Grunde ist, weil er sich mit der Erde in einer bestimmten Richtung bewegt, welche diese Vertikale einhält (Tafel 2, Mitte oben. Erde mit vertikalem Strich). Und der Mensch weiß auch nicht, daß er auch seine Atembewegung, seine Verdauungs-, Eßbewegung und noch andere Bewegungen, welche in derselben Richtung verlaufen, in einer gewissen Richtung macht, durch die sich die Erde wiederum in einer gewissen Linie bewegt (die vorige Zeichnung wird durch die schwingende Linie ergänzt). All dieses Einhalten von gewissen Richtungen ist ein Sich-Hineinfügen in Bewegungen des Weltenalls. Von diesem konkreten Verstehen der Dimensionen sieht der Mensch heute ganz ab. Daher kann er sich auch nicht einordnen in den Weltenprozeß; daher weiß er auch nicht, wie er in diesem Weltenprozeß drinnensteht, wie er gewissermaßen ein Glied in diesem Weltenproz esse ist. Es wird immer mehr und mehr dazu kommen müssen, daß Schritte gemacht werden, durch die der Mensch eine gewisse Menschenerkenntnis, eine gewisse Selbsterkenntnis bekommt von seiner Einordnung in das Weltenall.
Nun sind zunächst die drei Raumdimensionen wirklich schon so abstrakt geworden für den Menschen, daß er sich außerordentlich schwer erziehen kann zu fühlen, wie er gewisse Bewegungen der Erde und des ganzen Planetensystems mitmacht, indem er in diesen drei Raumdimensionen etwas zu tun hat. Aber geisteswissenschaftliche Denkweise, sie kann ausgedehnt werden aufMenschenerkenntnis,
wenn zunächst wenigstens ein Ersatz gesucht wird für dieses schwer zu erringende Verständnis der drei Raumdimensionen. Und wir können schon leichter uns zu dieser Raumerkenntnis des Menschen aufschwingen, wenn wir nun nicht die drei Raumlinien, die aufeinander senkrecht stehen, ins Auge fassen, sondern wenn wir drei Raumebenen betrachten. Da bitte ich Sie, nur zunächst einmal folgendes zu betrachten: Sie werden leicht einsehen können, daß Ihre Symmetrie etwas zu tun hat mit Ihrem Denken, wenn Sie darauf achten, daß Sie eine elementar naturgegebene Gebärde machen, wenn Sie das urteilende Denken gebärdenhaft ausdrücken wollen. Sie fahren, indem Sie sich geradezu den Finger auf die Nase legen, durch diese vertikale Symmetrieebene, die Sie in einen linken und in einen rechten Menschen zerschneidet (Tafel 2, rechts). Diese Ebene, die mitteridurch geht durch Ihre Nase, durch Ihren Körper, und die Symmetrieebene darstellen soll, ist dasjenige, dessen Sie sich bewußt werden können als etwas, das zu tun hat mit allem Unterscheiden in Ihnen, allem unterscheidenden Denken, unterscheidenden Urteilen. Es ist möglich, ausgehend von dieser elementaren Geste, sich tatsächlich ein Bewußtsein davon zu verschaffen, daß man als Mensch in allen seinen Verrichtungen mit dieser Ebene etwas zu tun hat.
Nehmen Sie nur einmal die Funktion Ihres Sehens. Sie sehen mit zwei Augen. Sie sehen mit zwei Augen so, daß Sie dasjenige, was die beiden Augen machen, hier zur Kreuzung bringen (Tafel 2, links). Einen Punkt, der hier ist, Sie sehen ihn von links und von rechts, aber Sie sehen ihn nur einmal, weil die Sehlinien, die Visierlinien sich schneiden, und sie schneiden sich so, daß sie sich in der Ebene, die ich hier gezeichnet habe, schneiden. Unsere menschliche Tätigkeit ist vielfach so angeordnet, daß das Verstehen, das Auffassen mit dieser Ebene etwas zu tun hat.
Wir können dann hinsehen auf eine andere Ebene, welche etwa gehen würde mitten durch unser Herz, und welche trennen würde den Menschen rückwärts von dem Menschen vorne. Der Mensch vorne ist physiognomisch gegliedert. Er ist der Ausdruck seines seelischen Wesens. Diese physiognomisch-seelische Gliederung des Menschen
ist durch eine Ebene, die auf der ersten Ebene senkrecht steht, von der hinteren Gliederung getrennt (vorige Zeichnung, zweite vertikale Ebene). Wie unser rechter und linker Mensch durch eine Ebene getrennt sind, so sind unser vorderer und rückwärtiger Mensch durch eine Ebene getrennt. Sie brauchen ja nur die Arme, die Hände auszustrecken und den physiognomischen Teil der Hände - im Gegensatz zu dem, was bloß der organische Teil ist - nach vorne zu richten, den organischen Teil nach rückwärts, so können Sie dann durch die Hauptpunkte, die Hauptlinien, die dadurch entstehen, eine Ebene legen, und bekommen diese Ebene, die ich hier meine. - Ebenso können Sie eine dritte Ebene legen, welche alles dasjenige, was nach oben sich gliedert als Kopf und Antlitz, von dem abgrenzen würde, was nach unten sich gliedert in Rumpf und Gliedmaßen. So würden Sie bekommen eine dritte Ebene, die wiederum auf den beiden andern senkrecht steht, die horizontal ist und die etwa durchgehen würde ganz durch Ihre Arme, wenn Sie die Arme so halten (seitlich ausgestreckt, die Handflächen nach unten). Ihre Hände würden dann in diese Ebene fallen.
Man kann sich ein Gefühl von diesen drei Ebenen erwerben. Wie man sich ein Gefühl erwirbt von der ersten Ebene, das habe ich schon gesagt. Sie ist zu fühlen als die Ebene des unterscheidenden Denkens. Die zweite Ebene, welche den Menschen in ein Vorderes und Rückwärtiges trennt, sie würde diejenige Ebene sein, welche geradezu auf dasjenige hinweist, wodurch der Mensch Mensch ist. Denn nicht in derselben Weise könnten Sie diese Ebene in ein Tier hineinzeichnen. Die Symmetrie-Ebene können Sie in das Tier hin-einzeichnen, die andere vertikale Ebene nicht. Diese zweite vertikale Ebene, die würde zusammenhängen mit alledem, was menschliches Wollen ist. Und die dritte, die darauf senkrechte horizontale Ebene würde zusammenhängen mit alledem, was menschliches Fühlen ist. Versuchen Sie nur einmal wiederum aus den elementaren Gesten sich eine Anschauung von diesen Dingen zu verschaffen. Sie werden sehen, daß man das kann, daß man in der Lage ist, so etwas zu machen. Schließlich nähert sich alles dasjenige, worinnen der Mensch sein Fühlen zum Ausdrucke bringt, sei es ein grüßendes Fühlen, ein
dankendes Fühlen oder sonstiges Mitfühlen, in einer gewissen Weise der Horizontalebene.
Ebenso können Sie sehen, daß Sie in einer gewissen Weise immer das Wollen werden in Zusammenhang bringen müssen mit der angegebenen Vertikalebene. Es ist möglich, sich anzuerziehen ein Gefühl für diese drei Ebenen. Wenn der Mensch nun ein Gefühl für diese drei Ebenen bekommt, dann wird er genötigt sein, dasWeltenall ebenso im Sinne dieser drei Ebenen aufzufassen, wie er, wenn er nur in abstrakter Weise die drei Raumdimensionen auffaßt, in mechanisch-mathematischer Weise galileisch oder kopernikanisch das Weltenall in seinen Bewegungen und Stellungen berechnet. Nur werden ihm dann konkrete Verhältnisse hineinkommen in dieses Weltenall. Er wird nicht mehr bloß nach den drei Raumdimensionen rechnen, sondern er wird aufmerksam darauf werden, daß da in ihm selbst, indem er die drei Ebenen fühlen lernt, zwischen rechts und links ein Unterschied ist, zwischen oben und unten ein Unterschied ist, zwischen vorne und hinten ein Unterschied ist. Für das Mathematische ist es gleichgültig, ob etwas ein Stückchen weiter nach rechts oder nach links, nach vorne oder rückwärts ist. Wenn wir bloß messen, so messen wir von unten nach oben, messen von rechts nach links, von vorne nach rückwärts. Ob drei Meter in dieser oder jener Lage gelegen sind, es sind drei Meter. Höchstens unterscheiden wir, damit wir zur Bewegung übergehen können, eben die aufeinander senkrecht stehenden Dimensionen. Das tun wir aber auch nur, weil wir eben beim bloßen Messen nicht stehenbleiben können, denn es würde uns dann die Welt in eine gerade Linie ausschrumpfen. Lernen wir aber, konkret Denken, Fühlen, Wollen in diesen drei Ebenen zu charakterisieren, und lernen wir uns selbst hineinzustellen als seelisch-geistige Wesen mit unserm Denken, Fühlen und Wollen in den Raum, dann lernen wir - ebenso, wie wir als Stück vom Menschen die drei Dimensionen anzuwenden lernten auf die Astronomie - auch diese Gliederung des Menschen anzuwenden auf die Astronomie. Und wir bekommen dann die Möglichkeit, wenn wir hier - wir könnten ebensogut ein anderes Schema zugrunde legen -, wenn wir hier Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Merkur, Venus, Mond,
dann Erde haben (Tafel 1, Mitte), die Sonne nach ihrer äußeren Offenbarung wie etwas Scheidendes, etwas Trennendes anzusehen. Und wir werden durch die Sonne uns eine Ebene gelegt denken müssen (die Horizontale wird gezeichnet) und werden dann nicht mehr bloß dimensional ansehen dasjenige, was über der Ebene ist und was darunter ist, sondern wir werden diese Ebene als etwas Trennendes ansehen und werden nun unterscheiden das Obere und das Untere. Wir werden also nicht mehr nur sagen, der Mars ist so und so viele Meilen, die Venus so und so viele Meilen von der Sonne entfernt, denn wir werden die Menschenerkenntnis auf die Welt-erkenntnis anzuwenden lernen und wir werden uns sagen: Geradeso, wie es nicht einfach mit den Dimensionen abgetan ist, wenn ich sage, der menschliche Kopf oder die Nase ist von der horizontalen Ebene, die ich als die Ebene des Fühlens bezeichnet habe, so weit entfernt, das Herz ist so weit entfernt, sondern ich das Entfernt-sein nach unten und nach oben mit der Gestaltung, mit der Bildung in einen Zusammenhang bringen werde; ebenso wenig werde ich dann bloß sagen: Mars und Merkur - der eine ist so weit, der andere so weit von der Sonne entfernt, sondern ich werde wissen, daß, wenn ich die Sonne als etwas Trennendes betrachte, der Mars nach oben eine andere Natur als der Merkur nach unten haben muß. Und ich werde jetzt auch legen können, sagen wir, eine solche Ebene, die darauf senkrecht steht, durch die Sonne (die Vertikale wird gezeichnet). Dann wird der Jupiter oder der Mars sich einmal so bewegen, daß er rechts von dieser Ebene steht (r), und er wird sich herüber-bewegen und so stehen, daß er links von der Ebene steht (I). Gehe ich bloß abstrakt nach den Dimensionen vor, so ist er einmal rechts, einmal links so und so viele Meilen von der Ebene entfernt. Konkretisiere ich in den Weltenraum hinein, wie ich in mich selber als Mensch hinein konkretisieren muß, dann ist es mir nicht gleichgültig, ob der Planet einmal rechts, einmal links steht, sondern ich werde sagen, da ist ein Unterschied, ob er rechts oder links steht, wie etwa zwischen einem rechten und einem linken Organ. Es ist nicht genügend, daß ich sage, die Leber im Menschen ist so und so viele Zentimeter von der Symmetrieebene rechts, der Magen so und so
viele Zentimeter links, sondern die beiden sind verschieden in ihrer Gestaltung dadurch, daß das eine Organ rechts, das andere links ist. Hier ist es so, daß der Jupiter etwas anderes wird, wenn er rechts steht, etwas anderes, wenn er links steht, rein für den Augenschein.
Ebenso könnte ich eine dritte Ebene legen, und ich müßte wiederum meine Beurteilung einrichten nach dem, wie das ist. Aber ich würde zu gleicher Zeit, wenn ich nun meine Menschenerkenntnis ausdehnte auf das Weltenall, genötigt sein, alles dasjenige, was sich auf die eine Ebene bezieht, in ähnlicher Art zu betrachten, wie ich das menschliche Denken betrachte; was sich auf die zweite Ebene bezieht, in ähnlicher Weise zu betrachten wie das menschliche Fühlen; die dritte Ebene zu betrachten wie das menschliche Wollen.
Ich wollte Ihnen damit nur zeigen, daß für diese neueste Weltanschauung ein letzter Rest geblieben ist von äußerster Abstraktion: drei gleichgültig aufeinander senkrecht stehende Linien, auf die man Stellungen und Bewegungen der Sterne bezieht, und nach diesen Stellungen und Bewegungen der Sterne Berechnungen macht des Weltenalls wie eines Mechanismus. Man bezieht nur dieses eine, den ganz abstrakten Raum mit seinen Punktverhältnissen, auf das Weltenall in der galileischen astronomischen Anschauung. Man kann das ausdehnen auf eine stärkere Menschenerkenntnis. Man kann sagen: Der Mensch ist ein Wesen - denkend, fühlend, wollend. Als äußerlich räumliches Wesen hat sein Denken etwas zu tun mit einer Ebene, sein Wollen mit einer darauf senkrecht stehenden Ebene, sein Fühlen wiederum mit einer darauf senkrecht stehenden Ebene. Dies muß sich auch beziehen auf die äußere Welt. Eigentlich richtig wissen tut ja der Mensch seit der Mitte des 15. Jahrhunderts überhaupt gar nichts anderes, als daß er nach den drei abstrakten Dimensionen ausgedehnt ist. Das andere sind ja bloß Wissensnotizen, das andere ist bloß aufgesammeltes Beobachtungsmaterial. Es muß wiederum errungen werden eine wirkliche Menschener-kenntnis, dann wird auf dem Umwege durch die Menschenerkenntnis auch eine Welterkenntnis errungen werden. Und dann wird man verstehen lernen, wie Notwendigkeit und Freiheit zusammenhängen können. wie sie beide im Menschen Platz haben können. indem der
Mensch aus der Welt heraus geboren ist. Denn natürlich, wenn man nur diesen letzten Rest menschlichen Wesens, die drei aufeinander senkrecht stehenden Dimensionen, nimmt und als dasjenige auffaßt, was man noch begreifen will, dann erscheint einem auch das Weltenall ungeheuer arm, unendlich arm. Und unendlich arm ist unsere heutige astronomische Weltanschauung. Aber sie wird nicht reicher werden, wenn wir nicht erst zu einer wirklichen Menschen. erkenntnis vordringen, wenn wir nicht erst lernen, in den Menschen wirklich hineinzuschauen.
Das hängt zusammen mit gewissen Dingen, die ich vorgestern hier im öffentlichen Vortrage vorgebracht habe, das hängt damit zusammen, daß anthroposophisch orientierte Weltanschauung gerade in das wirkliche Geist-Erkennen das Materielle hineinführt. Stehen denn nicht solche Dinge wie Denken, Fühlen und Wollen wie furchtbar kahle Abstraktionen heute vor der menschlichen Erkennt. nis? Die Menschen prüfen sich nur nicht genügend. Die Menschen fragen sich eigentlich gar nicht, was sie in dem haben, wofür sie Worte anwenden. Daher ist ja so vieles zur Phrase geworden. Es sollte jemand wirklich nur sich gewissenhaft fragen, wenn er das Wort Denken ausspricht, ob er denn wirklich klar sich etwas dabei vorstellt, gar nicht zu reden von Fühlen und Wollen. Aber bedenken Sie, wie das phrasenhafte Sich-Ergehen in Worten in Anschauung übergeht, wenn man wirklich zum Bilde zurückkehrt. Wenn man auch nur das eine Bild hat für das Denken, daß man sich an die Nase greift - man braucht es ja nicht immer zu tun, aber man weiß daß diese Bewegung immer in der Situation ausgeführt werden will wenn wir denken sollen; oder wir deuten auch auf unser Kinn, wenn wir aufpassen sollen -, also, wir greifen gerade in diese Ebene hin. ein, weil wir da auch urteilen wollen über dasjenige, dem wir zu hören. Wir teilen gewissermaßen unseren Organismus in eine linke und rechte Hälfte, weil wir immer mit dem linken Sinnesorgan eigentlich etwas anderes verrichten als mit dem rechten. Wie Sie mit dem linken Sinnesorgan etwas anderes verrichten als mit dem rechten, das können Sie ja daran ermessen, daß Sie eigentlich immer mit dem linken Sinnesorgan etwas tun, was auch im Denken wie ein
Befühlen des Gegenstandes ist. Mit dem rechten Sinnesorgan befühlen Sie gewissermaßen wiederum Ihr Befühlen. Dadurch wird es erst Ihr Eigentum. Sie würden ja niemals zu der Ich-Vorstellung kommen können, wenn Sie nicht dasjenige, was Sie links erleben, wiederum wahrnehmen könnten mit dem, was Sie rechts erleben. Indem Sie einfach Ihre Hände übereinanderlegen, ist das ein Bild des Ich-Vorstellens. Das muß gesagt werden, daß der Mensch, indem er von dem bloßen Leben in Phrase übergeht zur Anschaulichkeit, daß er dadurch innerlich reicher wird, dadurch auch die Möglichkeit gewinnt, das Weltenall reicher vorzustellen.
Dadurch, daß dieser Weg angetreten wird, wird wiederum Leben hineinkommen in dieses Weltenall und in uns als Menschen das Gefühl von der Teilnahme an dem Leben des Weltenalls. Dann wird es wieder einen Sinn bekommen, das Weltenall mit dem Menschen zu verbinden, eine Brücke zu schlagen vom Weltenall zum Menschen hin. Wenn diese Brücke geschlagen wird, dann kann erst eingesehen werden, ob denn nun wirklich für alles, was im Menschen vorliegt, eine naturnotwendige Impulsation im Weltenall vorliegt; ob das Weltenall uns durch und durch determiniert oder ob es uns in einer gewissen Weise frei läßt. Solange wir nur in Abstraktionen leben, so lange können wir unmöglich irgendeine Brücke schlagen zwischen dem Moralischen und dem Naturgemäßen. Wir müssen uns erst fragen können: Wie weit reicht im Weltenall das Naturgemäße und wo tritt im Weltenall etwas auf, das wir nicht unter den Gesichtspunkt des Naturgemäßen bringen können? Dann kornmen wir zu einer Beziehung, die auch für den Menschen eine Bedeutung hat, zwischen dem Naturgemäßen und dem Freien, dem Moralischen. Auf diese Weise werden Sie lernen, wiederum einen Sinn mit den Worten zu verknüpfen: Mars ist ein sonnenferner, Venus ein sonnennaher Planet. - Damit, daß Sie einfach in abstrakten Zahlen die Entfernungen angeben, haben Sie ja gar nichts gesagt, oder wenigstens sehr wenig gesagt. Denn alles dasjenige, was in dieser Weise - und im Grunde wird ja alles, was die heutige Astronomie angeht, in dieser Weise angegeben -, alles, was in dieser Weise nur bestimmt wird, das ist gerade so bestimmt, wie wenn Sie sagen, Sie
sehen einmal auf jene Linie, welche durchgeht durch die beiden Arme und Hände des Menschen, und sprechen dann von einem Organ, das zweieinhalb Dezimeter entfernt ist von dieser Linie. Ja, aber das eine Organ, das von dieser Linie (Tafel 2, Mitte unten) entfernt ist, das kann nach unten entfernt sein, das andere Organ kann nach oben entfernt sein. Es ist nicht nur das wichtig, daß diese Organe so und so weit entfernt sind, sondern es macht etwas aus, daß das eine Organ nach oben so weit entfernt ist, und das andere Organ nach unten. Wenn es keinen Unterschied gäbe zwischen dem Oben und Unten, dann wäre kein Unterschied zwischen Ihrer Nase und Ihrem Magen oder zwischen Ihren Augen und Ihrem Magen. Das Auge ist nur dadurch Auge, daß es oberhalb dieser Linie liegt, der Magen nur dadurch Magen, daß er unterhalb dieser Linie liegt. Das innere Wesen wird bedingt von dieser Stellung.
Und so wird auch das innere Wesen des Mars bedingt von seiner Stellung außerhalb der Sonnenbahn und das Wesen der Venus von ihrer Stellung innerhalb der Sonnenbahn. Und wer nicht begreift, welcher innere wesenhafte Unterschied zwischen einem Organ des menschlichen Kopfes und einem Organ des menschlichen Rumpfes ist, von denen das eine über, das andere unterhalb dieser Ebene liegt, für den geht auch nicht eine Erkenntnis davon auf, daß wesens-verschieden sind Mars und Venus oder Mars und Merkur. Die Möglichkeit, das Weltenall organisiert zu denken, hängt davon ab, daß wir erst dasjenige, worin uns die Hieroglyphe des Organisierens vor Augen gestellt ist, zu lesen verstehen. Wir müssen lernen, den Menschen als eine Hieroglyphe des Weltenalls aufzufas sen, denn der Mensch gibt uns die Gelegenheit, aus der Nähe zu sehen, wie die wesenhafte Verschiedenheit ist des Oben und Unten von etwas, des Rechts und Links von etwas, des Vorne und Hinten von etwas. Und am Menschen müssen wir das lernen. Dann werden wir das auch im Weltenall finden.
Weil die heutige naturwissenschaftliche Weltanschauung eigentlich ein Weltbild gibt mit Ausschluß des Menschen - den Menschen erkennt sie ja nur an als höchstes der Tiere, das heißt, als eine Abstraktion -, weil in dieser Weltanschauung der Mensch gar nicht
drinnen ist, erscheint dieser Weltanschauung alles dasjenige, was Universum ist, bloß in einem mathematischen Bilde. In diesem mathematischen Bilde wird niemals der universelle Ursprung der Freiheit und des Moralischen erkannt werden können. Das aber ist das Allerwichtigste der Gegenwart, daß wir lernen können wissenschaftlich zu durchschauen den Zusammenhang des Moralischen mit dem Naturnotwendigen, so daß diese zwei nicht weiter auseinander-fallen. Und ich habe heute versucht, Ihnen in etwas subtilen Begriffen etwas vor die Seele zu führen, was Ihnen, ich möchte sagen intim einen Weg weisen kann, wie Menschenerkenntnis zu erwerben ist und von der Menschenerkenntnis aus wiederum Welterkenntnis.
Sehen Sie, den Ärzten konnte ich zeigen in einer streng wissenschaftlichen Weise, wie dieser Weg für Medizin, Physiologie und Biologie gesucht werden muß. Hier müssen wir sehen, wie er für eine allgemeine menschliche Weltanschauung, die wir brauchen zu unserem neuzeitlichen sozialen Leben, gesucht werden muß.
Davon dann morgen weiter.
ZWEITER VORTRAG Dornach, 10. April 1920
Wir wollen in unserer gestrigen Betrachtung fortfahren. Es hat sich mir gestern namentlich darum gehandelt, Sie darauf aufmerksam zu machen, wie in der gegenwärtigen Kulturperiode der Menschheit man in abstrakten Raumlinien, die aufeinander senkrecht stehen und die drei Dimensionen des Raumes bilden, dasjenige zusammenfaßt, was eigentlich im Leben sich als etwas viel Komplizierteres, viel Konkreteres herausstellt. Nun bekommt man allerdings über diese Sache erst dann eine entsprechende Vorstellung, wenn man sie noch bestimmter faßt. Wir müssen uns die Frage vorlegen: Woher kommt es denn, daß - wenn wir wirklich veranlagt sind, eigentlich unser Denken nach einer durch unsere Symmetrie-Achse gehenden senkrechten Ebene orientiert zu denken, unser Wollen ebenfalls unter dem Bilde einer vertikalen Ebene zu denken, die aber wiederum gewissermaßen auf der Denkebene senkrecht steht, und dann auf beiden Ebenen senkrecht die Gefühlsebene zu denken -, woher kommt es denn, daß wir nicht empfinden oben und unten, rechts und links, vorne und hinten als drei voneinander verschiedene Richtungen, die nicht miteinander verwechselt werden dürfen, sondern daß wir einfach empfinden drei, ich möchte sagen, gleichwertige Raumdimensionen? Wir sagen zwar Länge, Breite und Höhe, aber schließlich, wenn wir uns drei aufeinander senkrechte Richtungen denken, so können wir diese drei Richtungen so anordnen, daß wir eine Linie, die wir zuerst horizontal haben, senkrecht aufstellen; dann sind die beiden anderen horizontal Kurz, wir können so auf drei verschiedene Arten solch eine Anordnung aufstellen. Das bezeugt eben, daß die ganze Bestimmtheit, durch die diese Richtungen in unseren Menschen hinein-gebaut sind, verabstrahiert wird, indem sie von uns Menschen heute angewendet wird, sogar um unser gesamtes Weltenbild, in dem Sonne und Sterne drinnen sind, in unserer Anschauung anzuordnen.
Die Frage ist wichtig: Wie machen wir es denn eigentlich, daß wir aus den konkreten Raumrichtungen abstrakte Raumrichtungen herausbekommen? Ein Tier würde das nicht können. Ein Tier würde nicht ohne weiteres aus den drei konkreten Raumrichtungen abstrakte herausbekommen können. Ein Tier würde stets seine Symmetrie-Ebene als konkrete Symmetrie-Ebene empfinden, und es würde nicht beziehen diese Symmetrie-Ebene auf irgendeine abstrakte Richtung, sondern es würde höchstens, wenn es abstrakt vorstellen könnte oder überhaupt vorstellen könnte im Sinne dessen, was wir Menschen «vorstellen» nennen, es würde die Drehung empfinden. Es ist auch beim Tiere so, daß es die Drehung empfindet, empfindet als eine Abweichung seiner Symmetrie-Ebene von einer Normalrichtung. Da liegen wichtige und wesentliche Dinge für die Tierkunde, die wiederum einmal zutage treten werden, wenn man diese Sache studieren wird aus ihren Wirklichkeitsimpulsen heraus. Daß Tiere, wie Sie es am eklatantesten sehen beim Vogelflug, Richtungen finden, das rührt davon her, daß sie nicht in beliebiger Weise die drei Raumrichtungen empfinden, sondern daß sie gewissermaßen sich zugehörig fühlen zu einer ganz bestimmt orientierten Raum-richtung, und daß sie jedes Abweichen von dieser Raumrichtung eben auch als einen Winkel, als eine Abweichung empfinden.
Nun, wenn man die Sache für den Menschen ganz verstehen will, muß man schon zu Hilfe nehmen das, was wir früher über die Gliederung der menschlichen Wesenheit gehört haben. Wir haben ja über diese Gliederung gehört, daß der Mensch in drei Glieder zerfällt, in die eigentliche Kopforganisation, die natürlich nicht bloß den Kopf umfaßt, sondern die nur hauptsächlich im Kopfe ist, sich aber über den ganzen Menschen ausdehnt in ihren Ausläufern. Dann dasjenige, was ich nennen möchte den Zirkulationsmenschen, alles dasjenige, was zu Lunge und Herz gehört und wodurch repräsentiert wird das Rhythmische im Menschen. Und dann der Gliedmaßenmensch mit den Fortsetzungen der Gliedmaßen nach innen, was den Stoffwechselmenschen darstellt.
Nun handelt es sich darum, daß wir diesen dreigliedrigen Menschen, ich möchte sagen, richtig ernst nehmen. Stellen wir ihn
uns schematisch vor: Kopfmensch, Rhythmusmensch, Gliedmaßen-mensch (Tafel 3, Mitte). Von diesen drei Gliedern des Menschen ist nur der Gliedmaßenmensch mit der Fortsetzung nach innen streng eingegliedert in die Kräfte unseres irdischen Planeten - wir fassen die Kräfte ins Auge, nicht die Substanzen, sondern die Kräfte. Der Gliedmaßenmensch ist streng eingegliedert in die Kräfte unseres Planeten, unserer Erde.
Der Kopfmensch ist das nicht, denn was ist dieser Kopfmensch? Dieser Kopfmensch - Sie müssen nicht das Substantielle ins Auge fassen, sondern die Kräfte, die Formkräfte, die Bildungskräfte, die ihn bedingen -, dieser Kopfmensch ist ja die Metamorphose des Gliedmaßenmenschen, der in der vorigen Inkarnation, im vorigen Erdenleben da war. Die Kräfte, die den Gliedmaßenmenschen in der vorigen Inkarnation gebildet haben, die sind in einer Welt gewesen, die wir ja öfter beschrieben haben, zwischen dem letzten Tode und der letzten Geburt, der Geburt, die uns in dieses Dasein gebracht hat. Da haben sie sich metamorphosiert, so daß sie nun den Kopf bilden können. Es ist also ein vollständig polarer Gegensatz zwischen dem Gliedmaßenmenschen und dem Kopfmenschen. Und der mittlere Mensch ist der Ausgleich beider, derjenige, der durch den Rhythmus den Ausgleich beider schafft.
Diesen Gegensatz zwischen dem Kopfmenschen und dem Gliedmaßenmenschen müssen wir nun ein wenig ins Auge fassen. Wir können uns vielleicht zuerst nähern dem, was uns notwendig ist auf diesem Gebiete, wenn wir das Folgende aus einem anderen Felde ins Auge fassen. Betrachten Sie die Pflanze, zunächst nicht eine Baumpflanze, sondern eine einjährige Pflanze, die vom Samen aus in die Wurzel schießt und es imJahreslaufe bis zu der Frucht- und Samen-bildung bringt (Tafel 3, rechts). Eine solche Pflanze wächst dadurch, daß sie den Keim in die Erde gepflanzt erhält, daß aus dem Keim dann, indem er in die Erde gepflanzt ist, die Wurzel und das andere entsteht, die Blätter heraufwachsen bis zur Blüte, in der Blüte durch die Frucht sich der neue Samen entwickelt. Ein Kreislauf der Pflanze ist vollendet. Wir können schematisch diesen Kreislauf so zeichnen: Die Pflanze geht von dem Samen aus, der sich
durch die Erde entfaltet. Sie wächst hinauf über die Erdoberfläche. Sie wird empfangen von der Lichtwirkung, von der Sonnenwirkung, von der Licht- und Wärmewirkung. Da wächst sie weiter, vollendet ihren Kreislauf und kommt wiederum zurück zur Samenbildung. Aber da ist sie jetzt, indem sie zurückkommt in der Samenbildung im Herbste, da ist sie nun nicht unter der Erde, sondern da ist sie über der Erde; da ist sie auch den ganzen Sommer hindurch abhängig gewesen von den außerirdischen Kräften, von den Kräften, die gerade das Wachstum befördern aus dem Außertellurischen. Da ist also die Pflanze gewachsen bis zur neuen Samenbildung, jetzt nicht unter dem Einfluß der Erde, sondern sie ist gewissermaßen herausgezogen worden durch das Außerirdische aus der Erde. Sie ist wiederum das geworden, was sie früher war, und doch etwas anderes. Sie ist etwas anderes geworden. Inwiefern ist sie etwas anderes geworden? Ja, sie ist insofern etwas anderes geworden, als dieser Same das Wachstum abschließt. Da hört es au{ und dieser Kreis (Tafel 3, links oben), der vollendet sich jetzt nicht, wenn wir nicht den Samen aus seiner Region wegnehmen und ihn wieder zurückbringen, gewissermaßen auf ein tieferes Niveau bringen, ihn wiederum unter die Erde hineinbringen. Wir müssen also, indem wir den Samen verfolgen bis hinauf in das Gebiet, wo er im Bereiche des Außertellurischen ist, wir müssen den Samen wiederum hinunterbringen unter die Erde. Dann wächst er wiederum dem Himmel entgegen, und wir müssen ihn immer wiederum hinunter-bringen (Tafel 3, links unten). Das heißt, das Weiterwachsen ist davon abhängig, daß wir gewissermaßen auf ein tieferes Niveau den Samen wiederum hinunterbringen. Wir müssen dasjenige, was der Himmel hervorgebracht hat, wiederum der Erde zurückgeben. So ist es nicht getan mit dem bloßen Kreislauf, sondern es handelt sich darum, daß gewissermaßen die Bildung der Pflanze sich selbst entläuft, und wenn sie bis zu einem gewissen Grade sich selbst entlaufen ist, muß sie wieder auf den ursprünglichen Standort zurück-gebracht werden. Dann wird sie von denselben Kräften empfangen und der Kreislauf beginnt von neuem. So daß ich auch die Sache so zeichnen kann, daß jetzt, nachdem die Pflanze hierhergekommen
ist, sie nun nicht weitergehen kann (Tafel 4, links. Vom Samen abwärts und erster Anstieg). Daher muß ich sagen: Wenn hier das Niveau der Erde ist (Horizontale), so muß ich den Kreislauf der Pflanze so zeichnen. Aber die Pflanze muß jetzt wieder in die Erde hinein. Wenn ich also mehrere Jahresläufe der Pflanze zeichne, so muß ich immer um ein Stück weitergehen. Das ist der Niveau-unterschied. Ich muß immer wiederum den Samen zurücktragen auf ein anderes Niveau.
Das habe ich Ihnen zunächst als ein Bild vorgeführt. Aber betrachten wir an diesem Bilde noch etwas weiteres. Sie brauchen ja nur, um das, was ich meine, zu betrachten, die Entstehung der Bohnenpflanze aus dem Bohnensamen ins Auge zu fassen, und Sie werden sehen, wie sich im einzelnen das vollzieht. Klarer werden Sie die Sache noch sehen, wenn Sie eine Pflanze, die ihren Stengel windet, ins Auge fassen, wenn Sie also die Pflanze verfolgen, wie sie nicht veranlaßt wird, ganz geradlinig zu wachsen, sondern gewisse Kräfte frei wirken können, wie etwa bei der Winde, die so wächst dem Samen zu (Tafel 4, rechts, aber nur die Spirale mit dem alten und neuen Samen). So vollendet sie ihren Kreislauf.
Betrachten wir dieses Bild im Zusammenhang mit dem Menschen. Wenn wir beim Menschen, statt jetzt den Jahreskreislauf der Pflanze ins Auge zu fassen, ins Auge fassen jenen Kreislauf, der von einem Lebenslauf durch die geistige Welt bis zum nächsten Lebenslauf hinübergeht, dann haben wir etwas Ähnliches, etwas ganz merkwürdig Ähnliches. Wir schauen, sagen wir, bei jedem von Ihnen auf den Gliedmaßenorganismus in der vorigen Inkarnation und schauen jetzt auf Ihren Kopf in dieser Inkarnation. Der entsteht durch eine Metamorphose, indem nur unterbrochen ist die sichtbare Verwandlung durch alles das, was geschieht zwischen Tod und neuer Geburt. Dieser Kopf entsteht so, wie hier (Tafel 3, links) im Laufe des Wachstums entsteht der neue Same aus dem alten. Aber das ganze übrige Pflanzenleben liegt dazwischen. So daß Sie sich sagen können: Im Menschen liegt seiner Formbildung nach so etwas vor, wie wenn die Wurzel von ihm in der vorigen Inkarnation dagewesen wäre, und aus dieser Wurzel ist aufgesprossen der Kopf
dieser Inkarnation. Dieser Kopf, der stellt also damit etwas Ähnliches dar wie der Same hier. Nur ist beim Menschen alles, ich möchte sagen, auf einem anderen Niveau gelegen. Es liegt in einer höheren Region. Es ist auch komplizierter.
Nun fassen Sie aber, um die Vorstellung fertig zu bekommen, die ganze Metamorphose der Pflanzen ins Auge. Wenn Sie bei der Winde sich das ansehen, so werden Sie aus dem spiralig gewundenen Stengel oder eigentlich schraubenförmig gewundenen Stengel sehen, daß die Kräfte, die da wirken von außen, nicht bloß gerade hinaufwirken, sondern daß sie in der Tat die Pflanze spiralig fortschreiten lassen. Die Pflanze hat eine Spiraltendenz. Nur wenn wieder der neue Same sich bildet, da widerstrebt dieser Same der Spiraltendenz, da zieht sich alles zusammen in ein Körnchen. Da entzieht sich der Same dem Einflusse des Weltenalls. Beim Menschen ist das so, daß vor allen Dingen der Gliedmaßenmensch dem Einflusse der Erde unterliegt. Beim rhythmischen Menschen ist das etwas anders, darauf werden wir noch zu sprechen kommen. Aber der Kopf ist etwas, was sich entzieht dem Erdeneinflusse, was diesen nicht mitmacht. Geradeso wie der Same hier nicht mitmacht die außerirdischen Einflüsse, so macht der Kopf nicht mit die Erden-einflüsse. Der Kopf entzieht sich vollständig den Erdeneinflüssen. Nur dadurch ist es möglich, daß wir Menschen abstrahieren, daß wir Menschen in abstrakten Gedanken denken. Würde unser Kopf sich nicht entziehen können den Erdeneinflüssen, so könnte er nicht abstrakt denken. Er kann nur dadurch abstrakt denken, daß er sich dem Erdeneinflusse entzieht. Das drückt sich übrigens schon aus in der menschlichen Gestalt. Denken Sie doch nur einmal, daß Ihr Kopf ja wirklich der umgewandelte Gliedmaßenmensch ist. Aber dieser Gliedmaßenmensch - hier auf der Erde geht er, er wandelt auf der Erde. Der Kopf macht nicht mit. Der Kopf verhält sich ungefähr, trotzdem er auch nur ein Mensch ist, wenn auch ein Mensch späterer Metamorphose, der Kopf verhält sich so, wie wenn Sie sich bequem hineinsetzen ins Auto oder in den Eisenbahnzug, sich nicht regen und doch vorwärtskommen. Gerade in dieselbe Lage versetzt sich Ihr Kopf gegenüber dem übrigen Organismus. Der übrige Organismus,
der schreitet vorwärts; der Kopf, der ist wie in einer Kutsche, der ruht und macht die Bewegungen nicht mit. Der entzieht sich also in anschaulicher Weise dem Erdeneinflusse. Das ist der Mensch, der sich vom anderen Menschen befördern läßt.
So ist aber überhaupt dieses Haupt des Menschen organisiert. Es entzieht sich dem Erdeneinflusse. Und so können wir sagen: dieses Haupt des Menschen, es stellt etwas - wenigstens zunächst im Bilde - Ähnliches dar wie der Same, der sich dem himmlischen Einflusse der Pflanzenbildung entzieht. Nun aber beim Menschen ist es nicht so, wie es bei der Pflanze ist. Bei der Pflanze ist es so, daß sie von der Erde nach oben wächst, daß sie also entgegenwächst dem himmlischen Einflusse. Der Mensch wächst nach unten. Er hat dasjenige, was sich zunächst dem Erdeneinflusse entzieht, oben, und alles dasjenige, was in den Erdeneinfluß hineinwächst, das ist dasjenige, was nach unten wächst. Wenn der Mensch ankommt bei der Konzeption oder bei der Geburt, so kommt er zunächst - auch die äußere Embryologie ist ein vollständiger Beweis dafür - als ein Kopfge bilde an. Den Kopf bringt er sich schon mit als ein metamorphosiertes Produkt aus dem vorigen Erdenleben. Hier in diesem Erdenleben wächst ihm aus den Kräften dieses Erdenlebens vor allem der Gliedmaßenmensch zu, wächst an den Kopf daran und ist jetzt noch nicht so weit wie der Kopf, ist den Erdeneinflüssen vollständig ausgesetzt. Der Kopf entzieht sich den Erdeneinflüssen. So daß wir sagen können: Wenn wir Pflanzen beobachten, so können wir an dem spiraligen oder schraubenförmigen Bau der Pflanze verfolgen, daß die Kräfte von den außerirdischen Körpern kommen, die der Pflanze diese schraubenförmige Windung geben. Wenn wir in den Menschen hineinschauen, so können wir sehen, wie er der Erde entgegenwächst. Und fragen können wir uns: Was hat denn dem Menschen diese Möglichkeit gegeben, entgegengesetzt dem Wachstum der Pflanze, die von unten nach oben wächst, von oben nach unten zu wachsen und in die Erdeneinflüsse hinein sich zu fügen? Was hat dem Menschen diese Möglichkeit gegeben? Wie hängt das alles zusammen? Das ist eine wesentliche und wichtige Frage für das Studium der menschlichen Gestaltenlehre, der Morphologie,
aber auch für das Studium der ganzen menschlichen Wesenheit. Sehen Sie, würden wir angewiesen sein darauf, unser Seelenleben ohne unsern Kopf zu führen, so würde es etwas anderes sein. Wenn wir unser Seelenleben ohne unsern Kopf führten, so würden wir keine Abstraktionen bilden. Wir würden vor allen Dingen nicht den bloßen dreidimensionalen Raum als Abstraktion bilden. Wir würden streng unterscheiden: vorne, rückwärts; links, rechts; oben, unten. Das würden für uns konkret voneinander verschiedene Dinge sein. Das tut auch unser Organismus. In dem Augenblicke, wo Sie sich durch die geisteswissenschaftliche Methode nur bis zur imaginativen Anschauung der Welt erheben, da hört die bequeme Dreidimensionalität au{ da ist sie nicht mehr da. Da müssen Sie unterscheiden, denn Sie begehen ja das Eigentümliche, daß Sie die gewöhnliche Kopforganisation ausschalten und bis zu der ätherischen Organisation des Menschen zurückkehren. Die ist im Vergleich zum physischen Kopforganismus wesentlich anders. So daß erst durch den vollkommenen, von der vorigen in diese Inkarnation errungenen Menschenkopf die Abstraktionen zustande kommen. Alles abstrakte Denken, alles Denken in bloßen Gedanken ist gebunden an diese Kopforganisation, die wir aber erst erhalten dadurch, daß wir verlassen die geistige Welt, in die irdische Welt hereinkommen und dasjenige, was früher abhängig war von der Erden-organisation, nunmehr von ihr unabhängig machen.
Das weist Sie darauf hin, daß wir als Menschen ebenso auf der einen Seite hineingestellt sind in die Kräfte des Weltenalls wie die Pflanze. Nur weil wir uns mit unserem Kopfe unabhängig machen, machen wir diese Kräfte nicht mit. Unser übriger Organismus, der würde sich sofort, wenn er kopflos dächte - das kann er ja -, sich sofort in der ganzen Weltenorganisation drinnenfühlen.
Wenn man einen sehr bequemen Schlafwagen zustande bekommen könnte - in der gegenwärtigen Zeit wird es ja nicht so leicht möglich sein -, gar nicht hinausschauen könnte und es gar nicht rattern hörte und so weiter, könnte man vielleicht in die Illusion verfallen, daß man in einem ruhigen Zimmer ist. Man könnte nichts bemerken von der ganzen Wagenbewegung. Aber sobald Sie wiederum
zum Fenster hinausschauen, dann merken Sie doch, trotzdem Sie ruhig sitzen, daß es vorwärtsgeht. Sobald Sie sich von dem, was Ihnen Ihr Kopf dadurch vorgaukelt, daß er sich von der Erden-organisation frei macht, wiederum befreien, merken Sie, daß Sie mit der Erdenorganisation die Bewegungen der Erde mitmachen. Das heißt, es ist möglich, wenn man sich von der gewöhnlichen gegenständlichen Vorstellungsweise, wie ich sie in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» genannt habe, zur Imagination erhebt, die Bewegungen der Erde zu fühlen, weil man nämlich da zum Fenster hinausschaut: man schaut in die geistige Welt hinein. Geradeso, wie Sie beim Eisenbahnzug zum Fenster hinausschauen und merken, daß da draußen sich das Bild fortwährend ändert, so schauen Sie, indem Sie von dieser physisch-sinnlichen Welt an die geistige kommen, zum Fenster hinaus, und an der Veränderung der geistigen Welt, da merken Sie, wie Sie da vorbeifahren, daß Sie mit der Erde nicht in Ruhe sind, sondern mit der Erde sich weiterbewegen - Man kann daher nicht zu einer wirklichen Auffassung eines räumlichen Weltenbildes der Astronomie kommen, wenn man es konstruieren will just mit dem Glied unseres Organismus, das sich unabhängig macht. Denken Sie doch einmal, was wir seit dem Beginn dieses fünften nachatlantischen Zeitraumes als zivilisierte Menschheit eigentlich getan haben. Wir haben mit unserem Kopf über die Welt gedacht. Aber just der Kopf ist es, der sich ganz unabhängig gemacht hat von der Welt, der die Welten-richtungen bis zur Abstraktion der drei Raumrichtungen filtriert hat. Wir haben also ein Weltenbild, das kopernikanische Welten-bild entworfen mit dem denkbar ungeeignetsten Mittel dazu, mit dem Menschenkopf, dessen wesentliche Eigenschaft gerade darinnen besteht, daß er sich emanzipiert von dem Mitmachen der Welt-bewegungen. Es ist etwa geradeso, wie wenn Sie ein Bild bekommen wollten von, sagen wir, den Bewegungen des Eisenbahnzuges, die Sie mitmachen, indem Sie im Eisenbahnzug fahren, aus einer Zeichnung, die Sie mit Ihren Fingern machen, und wobei Sie sich gar nicht richten nach der Bewegung des Eisenbahnzuges, sondern nach Ihren Ideen. Sie zeichnen ja etwas auf. Sie machen sich unabhängig.
Das können Sie nicht als ein Bild der Bewegung des Eisenbahnzuges ansehen, denn es ist ganz unabhängig davon. So unabhängig eigentlich ist dasjenige Bild, das wir entwerfen von dem äußeren räumlich-astronomischen Weltgeschehen, wenn wir das dazu ungeeignetste Mittel verwenden.
Nun denken Sie sich, wozu man genötigt ist durch eine wirklichkeitsgemäße Auffassung in der Gegenwart. Man ist genötigt, zu sagen, das räumliche astronomische Weltenbild ist mit dem ungeeignetsten Mittel konstruiert worden. Kein Wunder, daß es allem widerstrebt, was herauskommt, sobald man geeignete Mittel verwendet. Natürlich, für gewisse Zwecke eignet sich zunächst dieses Weltenbild. Denn warum? Weil wir uns ja angewöhnt haben und angewöhnen mußten seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, seit dem Entstehen der fünften nachatlantischen Periode, unabhängig vom Weltenall zu denken. Wir werden morgen hören, warum das so gekommen ist. Aber dadurch haben wir die Möglichkeit verloren, nun wirklich etwas zu wissen über jene Bewegungen, die wir mit der Weltbewegung der Erde mitmachen und die dann herauskommen in dem Augenblicke, wo wir uns dazu erziehen, die sonst abstrakten Raumdimensionen konkret zu empfinden, wie ich es Ihnen gestern kurz schon skizziert habe. Und wir werden auf diese Dinge immer weiter und weiter eingehen. Man kann sie nicht anders als, ich möchte sagen, aufbauend in Kreisen vollziehen.
Nun hat nach den gestrigen Andeutungen Herr Dr. Stein sich die Mühe gegeben, hier ein Modell aufzustellen für die Bewegung, die etwa herauskommt, wenn man den Menschen verfolgt mit der Erde, also mit anderen Worten, für die Bewegung der Erde, rein absolut genommen. Statt daß ich hier (Tafel 4, rechts) die Bewegung der Pflanzenkräfte in Spiralen verfolge, komme ich, wenn ich die Bewegung, die der Mensch mit der Erde mitmacht, also die Bewegung der Erde verfolge, komme ich auch auf eine solche Spirale, die aber fortschreitet. Und diese Spirale, sie gibt mir ein Bild der wirklichen Erdenbewegung. Sie gibt mir aber zu gleicher Zeit ein Bild der Sonnenbewegung. Denn sehen Sie, nehmen Sie an, hier wäre die Erde, da wäre die Sonne (in die Zeichnung werden Stellungen
von Sonne und Erde hineingezeichnet). Ein Beschauer sieht hier die Sonne in dieser Richtung gehen - Die Erde schreitet fort, aber genau der Linie hinter der Sonne nach. So sieht der Beschauer die Sonne in der anderen Richtung, wenn das jetzt die Erde ist. Jetzt geht die Sonne hier weiter, die Erde hier ihr nach; jetzt ist die Sonne hier, die Erde hier. Der Beschauer sieht wiederum die Sonne in der anderen Richtung. Das heißt, indem in dieser Weise die Erde hinter der Sonne herläuft, sieht ein Beschauer das eine Mal die Sonne rechts, das andere Mal sieht er sie links.
Das wurde interpretiert dahingehend, daß die Sonne stillsteht und die Erde um die Sonne sich herumbewegt. In Wahrheit bewegt sich nicht die Erde um die Sonne herum, sondern die Erde läuft hinter der Sonne nach. Der Beschauer sieht, wenn die Sonne an diesem Punkte der Schraubenlinie angekommen ist, und die Erde dahin gekommen ist, die Sonne rechts; hier sieht er die Sonne links, hier rechts, hier links. Das gibt für den äußeren Anblick, wenn man nicht wahrnimmt die eigene Bewegung, gar nichts anderes, als wenn die Erde nicht herumlaufrn würde.
Sie sehen daraus, welche Täuschungsmöglichkeit vorliegt, wenn man nach dem äußeren Anblicke urteilt, denn in dieser Beziehung liegt wirklich eine Relativität der Bewegung vor. Man kann wirklich sagen, die eigene Bewegung wird auch von denjenigen nicht wahrgenommen, die jetzt rechnen und die die scheinbare Bewegung der Sonne ja in Rechnung ziehen, aber die nicht in Rechnung ziehen das Verhältnis der Erde zur Sonne.
Nun möchte ich, daß Sie versuchen, dasjenige, was ich jetzt über das Laufen in der Schraubenlinie gesagt habe, sich einmal etwas vorzustellen. Denn man muß in der Tat sich erst an einem solchen Modell richtig vorstellen das Hinterherlaufen der Erde hinter der Sonne, das Nachlaufen, und man wird dann weiterschreiten können zu dem, wozu wir, ich glaube morgen kommen, nämlich zu einem wirklichen Erkennenlernen dessen, was da eigentlich vorliegt. Ich habe absichtlich heute nur Andeutungen gegeben, und, ich möchte sagen, geflissentlich manche Fragen offengelassen. Aber diese Fragen werden schon morgen oder in den nächsten Vorträgen zur Beantwortung
kommen. Ich wollte ganz einfach mitteilend dasjenige Ihnen vorführen, was derjenige erlebt, welcher aus der physischen Welt zum Fenster hinausschaut und die geistige Welt draußen wahrnimmt, das Vorübersausen der geistigen Welt draußen wahrnimmt, so daß er ein Urteil bekommen kann, welches die wirkliche Bewegung der Erde ist und welches auch die wirkliche Bewegung der Sonne ist. Ich werde Ihnen aber zeigen, daß darüber, wie nun die Erde zu der Sonne steht - daß sie wirklich hinter ihr nachläuft -, eine Vorstellung erst zu bekommen ist, wenn man das Einzige aufsucht, woran man wirklich finden kann das Verhältnis der Erde zur Sonne, nämlich wenn man findet das Verhältnis gewisser Vorgänge im menschlichen Organismus zu dem menschlichen Repräsentanten der Sonne, zu dem menschlichen Herzen. Denn ausgehend von der Erkenntnis des Menschen müssen wir wiederum eine Anschauung über das Weltenall gewinnen.
Davon wollen wir dann morgen weiter reden.
DRITTER VORTRAG Dornach, 11. April 1920
Ich wollte Sie in diesen Betrachtungen auf einiges aufmerksam machen, das wiederum zu einer konkreteren Betrachtung des Universums führen muß, als es die kopernikanische Weltanschauung ist. Wir müssen ja nicht vergessen, daß diese kopernikanische Weltanschauung in der Zeit entstanden ist, in der die Menschen seit der Mitte des 15. Jahrhunderts immer mehr neigten zur abstraktesten Weltauffassung, dazu neigten, am meisten zu abstrahieren, und daß wir nötig haben - dies ist besonders zu betonen -, aus dem bloßen Abstrahieren herauszukommen und wiederum bestimmte Vorstellungen, die auch anderes als bloß Abstraktes zum Inhalte haben, auf das Weltenall anzuwenden. Es handelt sich nicht darum, daß wir nun gleich in allen Einzelheiten ein dem kopernikanischen Welt-bilde ähnliches Weltenbild, nur mit ein bißchen anderen Linien, auf die Tafel zeichnen können. Es fiel mir das stark auf an den verschiedenen Frage-Sehnsuchten, die gestern aufgetaucht sind. Da handelte es sich darum, daß man gleich wieder Linien zeichnen wollte, die nun wiederum in äußerster Abstraktion darstellen würden ein Weltenbild. Darauf kommt es ja nicht an, sondern es kommt eben darauf an, das Außermenschliche in seiner Durchgeistigung zu erfassen, um eine Brücke schlagen zu können vom Geistigen im Menschen zum Geistigen außerhalb des Menschen. Sie müssen ja auch bedenken, daß hier jetzt in diesem Augenblicke jedenfalls nicht die Aufgabe vorliegen kann, eine mathematische Astronomie vorzutragen. Das würde nötig machen, daß man aus den Elementen heraus diese mathematische Astronomie erst erarbeitete. Denn die Grundvorstellungen, die man heute verwendet, die sind eben aus der ganzen materialistischen Denkweise seit der Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden. Und es handelt sich darum, daß man, wenn man das Weltenbild, das wir skizziert haben, abschließen würde, daß man dann nötig hätte, ganz aus den Elementen heraus zu arbeiten. Denn sehen Sie, gerade an dem Schicksal, möchte ich sagen,
das der Kopernikanismus erfahren hat, ist es ja zu ersehen, daß es immer zu gewissen, ich möchte sagen, intellektuellen Exzessen führen wird, wenn man zu stark nach dem Abstrakten hinstrebt. Denn Kopernikanismus ist eigentlich nicht das, was er bei den Kopernikanern geworden ist - Man hat aus gewissen Lehren des Kopernikanismus sich diejenigen herausgenommen, die einem gerade im Laufe der letzten Jahrhunderte gepaßt haben, und dadurch ist das heute schulmäßige Weltenbild entstanden.
Ich möchte durchaus nichts beitragen dazu, daß nun wiederum, ohne von den Elementen auszugehen, ein solches schulmäßiges Weltenbild entsteht, nur daß man statt der bekannten Ellipse, in deren einem Brennpunkte die Sonne stehen soll, und in der sich die Erde bewegt mit einer zur Bahnebene schiefen Achse, daß man statt dessen nun eben eine Schraubenlinie aufzeichnet. Mir kam es darauf an, die Beziehungen des Menschen zur Welt darzustellen. Und nach dieser Richtung hin wollen wir diesmal die Sache verfolgen.
Ich habe versucht auseinanderzusetzen, wie in dem Augenblicke, wo man nur ein wenig übergeht zu einem intensiveren Erleben, die drei Richtungen des Raumes für den Menschen selbst, der sich in seiner Gestalt erlebt, durchaus nicht gleichwertig sind, wie diese vielmehr voneinander verschieden sind. Nur die Kopfabstraktion verhält sich so, daß sie gleichgültige drei Raumdimensionen daraus abstrahiert, indem sie nicht unterscheidet in bezug auf das Dreidimensionale das Oben und Unten, das Rechts und Links, das Vorne und Rückwärts, sondern Vorne und Rückwärts, Oben und Unten, Rechts und Links eben als drei Linien einfach auffaßt. Man würde gleich wiederum in einen ähnlichen Fehler verfallen, wenn man nun einfach abstrakt in den Raum hinein konstruieren wollte. Worauf es ankommt, das kann uns an anderen Dingen - wenigstens zunächst einmal, ich möchte sagen - sich verdeutlichen.
Sehen wir - wirklich aber nur um zu verdeutlichen - einmal auf die Farben hin. Ich möchte das Beispiel der Farbe noch einmal erwähnen. Nehmen wir einmal an, wir haben eine blaue Fläche und wir haben eine meinetwillen gelbe Fläche (Tafel 5, die beiden Quadrate, links blau, rechts gelb). Dieselbe Weltanschauung, welche das
kopernikanische Weltbild aus ihren Abstraktionen heraus gestaltet hat, die hat es ja auch zuwege gebracht, zu sagen: Vor mir steht das Blau, vor mir steht das Gelb. Das rührt davon her, daß irgend etwas auf mich einen Eindruck macht. Dieser Eindruck erscheint mir als Gelb, als Blau. -Ja, es handelt sich darum, daß man nun gar nicht anfängt, auf diese Weise zu theoretisieren: Vor mir steht das Gelb, vor mir steht das Blau, und es macht auf mich irgend etwas einen Eindruck. Sehen Sie, das ist ein Vorgehen, welches zu vergleichen ist mit dem Worte Bild (das Wort wird an die Tafel geschrieben). Wenn jetzt jemand kommt und nachgrübelt: B, dahinter muß irgend etwas sein, hinter diesem B suche ich Schwingungen, die verursachen mir dieses B. Dann wiederum hinter dem i Schwingungen, hinter dem 1 Schwingungen und so weiter. Das hat keinen Sinn. Es hat nur einen Sinn, daß wir die vier Buchstaben miteinander verbinden, innerhalb ihres eigenen Planes, möchte ich sagen, verbinden, und «Bild» lesen; daß wir nicht nachspekulieren: Was ist da drinnen? - sondern daß wir «Bild» lesen. Und so kommt es darauf an, daß wir uns hier sagen, es veranlaßt mich diese Fläche (blau) dazu, mich gewissermaßen hinter sie zu vertiefen, in sie einzudringen. Diese Fläche (gelb) veranlaßt mich dazu, von ihr mich zu enrfernen. -Diese Gefühle, in welche die Eindrücke übergehen, die versuche man ins Auge zu fassen, dann kommt man zu dem Konkreten. Und wenn man so dasjenige, was man innerlich erlebt, in dem Äußeren sucht, dann kommt man ja auch zu dem Gefühl, daß man ja gar nicht da in sich drinnen ist, sondern daß man mit seinem eigentlichen Ich in der Welt lebt, ausgegossen ist in der Welt. Die Atomisten sollten, statt daß sie hinter der äußeren Welt Schwingungen suchen, ihr Ich dahinter suchen und suchen, wie ihr Ich eingefaßt ist, wie es hineinergossen ist in diese äußere Welt. So wie wir bei der Farbe suchen sollen, ob wir uns in sie vertiefen sollen oder von ihr uns abgestoßen fühlen, so sollen wir bei der Gestaltung unseres Organismus fühlen, wie die drei Richtungen, oben und unten, vorne und rückwärts, rechts und links, konkret voneinander verschieden sind, und wie, wenn wir uns in die Welt hineinstellen, diese drei Richtungen innerlich verschieden erlebt werden. Und wenn wir uns dann
wissen als Menschen auf der Erde stehend, die Erde umgeben von den Planeten, Fixsternen, dann fühlen wir uns auch da drinnen als dazugehörig. Aber wir werden auch da drinnen fühlen, daß es nicht bloß darauf ankommt, drei aufeinander senkrechte Dimensionen zu ziehen, sondern daß es darauf ankommt, zu konkretisieren im Weltenall, einzudringen in das Konkrete der Richtungen.
Nun, eines ergibt sich unmittelbar für denjenigen, der die äußere Welt betrachtet des Nachts, eines, das sich immer ergeben hat, solange die Menschen Sterne betrachtet haben des Nachts. Es ist dasjenige, was wir den Tierkreis nennen. Und ebenso ergibt sich, daß, ob wir nun an das ptolemäische Weltensystem glauben oder an das kopernikanische - das ist dafir einerlei -, es ergibt sich, daß, wenn wir den scheinbaren Lauf der Sonne verfolgen, wir die Sonne im Tierkreis verlaufend sehen. Auch bei ihrem Tageslauf sehen wir sie gewissermaßen den Tierkreis durchlaufen. Damit aber ist uns mit diesem Tierkreis, wenn wir uns lebendig hineinstellen in die Welt, etwas Wesentliches, etwas Bedeutsames gegeben. Wir können nicht jede beliebige andere Ebene, die in den Himmelsraum hineingestellt ist, als gleichwertig mit dem Tierkreis auffassen, geradesowenig wie wir die Ebene, die uns entzweischneidet und unsere Symmetrie bedingt, in einer beliebigen Weise setzen können. So daß wir sagen können: Es ist dasjenige, was wir als Tierkreis empfinden oder sehen, so, daß wir durch ihn eine Art Ebene legen können. Ich will annehmen, diese Ebene läge in der Tafel drinnen. Das sei der Tierkreis (es wird der Kreis links oben gezeichnet), so daß seine Ebene eben die Ebene der Tafel sei. Damit haben wir da eine Ebene im Weltenraum vor uns geradeso, wie wir drei Ebenen im Menschen eingezeichnet uns gedacht haben. Das ist zweifellos eine Ebene, von der wir sagen können, sie lebt sich für uns fix dar. Wir beziehen, indem wir die Sonne den Tierkreis durchlaufen sehen, die Erscheinungen des Himmels auf diese Ebene. Das ist zu gleicher Zeit ein Analogon außermenschlicher Art zu dem, was wir im Menschen selbst als solche Ebene empfinden müssen, erleben müssen. Und nun werden wir - geradeso, wie wir, wenn wir zum Beispiel die Symmetrie-Ebene beim Menschen ziehen, nicht ohne ein innerliches
konkretes Verhältnis denken können, daß auf der einen Seite die anders als der Magen geartete Leber, und auf der anderen Seite der Magen liegt -, so werden wir uns auch nicht denken können, daß da bloß Raumlinien liegen, sondern daß dasjenige, was im Raume ist, in bestimmten Wirkungskräften sich äußert und daß es nicht gleichgültig ist, ob das links oder rechts ist, sondern daß es sehr darauf ankommt. Ebenso werden wir uns zu denken haben, daß bei dem Organismus des Weltenalls es darauf ankommt, ob etwas oberhalb des Tierkreises oder unterhalb des Tierkreises ist. Wir werden anfangen über dasjenige, was da als Weltenraum vorhanden ist, von Sternen besät ist. so zu denken, daß wir es gestaltet denken.
Ebenso, wie wir diese Ebene hier haben, die die Ebene der Tafel ist, können wir uns eine andere denken, die darauf senkrecht ist. Denken Sie sich eine Ebene, welche etwa verläuft von dem Stern-bilde, das wir als das des Löwen bezeichnen, bis zum Sternbild des Wassermanns auf der anderen Seite. Dann können wir uns eine dritte Ebene darauf senkrecht denken, die vom Stier bis zum Skorpion geht, und wir haben drei aufeinander senkrechte Ebenen in den Weltenraum eingezeichnet. Diese drei aufeinander senkrechten Ebenen sind analog den drei Ebenen, die wir in den Menschen uns eingezeichnet gedacht haben. Wenn Sie sich vorstellen jene Ebene, die wir bezeichnet haben als die des Wollens, die also unser Vorderes und Rückwärtiges voneinander abtrennt, so würden Sie die Ebene des Tierkreises selber haben. Wenn Sie sich denken die Ebene, die vom Stier zum Skorpion verläuft, so würden Sie die Ebene des Denkens haben, das heißt, unsere Denkebene würde zugeordnet sein dieser Ebene. Und die dritte Ebene würde diejenige sein des Fühlens. Sie haben also da den Weltenraum ebenso durch drei Ebenen gegliedert, wie Sie den Menschen vorgestern durch drei Ebenen gegliedert gesehen haben.
Das ist zunächst das Wichtige, nicht einfach umzulernen schnell das kopernikanische Weltensystem, sondern sich auf dieses Konkrete einzulassen, gewissermaßen den Weltenraum selbst so organisiert zu denken, daß man drei solche aufeinander senkrecht stehende Ebenen
hineingliedern kann, wie man in den Menschen diese drei aufeinander senkrecht stehenden Ebenen hineingliedern kann.
Nun, die nächste Frage, die für üns entstehen muß, ist die folgende: Ist der Mensch wirklich restlos zusammengegliedert mit alledem, was uns da als äußeres Weltenbild, den Menschen miteinge-schlossen, erscheint? Wir haben gestern darauf aufmerksam gemacht, daß die Erde mit der Sonne und den anderen Planeten in einer Schraubenlinie votrückt. Es ist das natürlich auch nur schematisch, denn die Schraubenlinie ist selber gebogen. Aber darauf kommt es nicht an. Jetzt kommt es darauf an, daß die Erde in einer solchen Schraubenlinie hinter der Sonne herläuft. Darauf habe ich gestern aufmerksam gemacht. Nun handelt es sich darum: Ist der Mensch wirklich in diese Bewegung so eingespannt, daß er sie unbedingt mitmachen muß? Dann, wenn der Mensch in diese Bewegung so eingespannt ist, daß er sie absolut mitmachen muß, dann ist für die Freiheit, dann ist für die Betätigung der Moralität überhaupt kein Platz für den Menschen da. Vergessen wir nicht, daß wir gerade von dieser Frage ausgegangen sind, wie wir die Brücke schlagen können von der bloßen Naturnotwendigkeit zur Moralität herüber, zu dem, was unter dem Impuls der Freiheit geschieht.
Ja, sehen Sie, da kommen Sie nicht zurecht, wenn Sie bloß das zu Hilfe nehmen, was Ihnen die kopernikanische Weltanschauung gibt. Denn was gibt sie Ihnen denn? Sie stellen sich die Erde vor. Da stehen Sie drauf. Ob die Erde nun meinetwillen fortsaust oder die Sonne fottsaust, das macht es ja nicht aus. Wenn die Dinge in einer absoluten Naturkausalität mit dem Menschen verknüpft sind, so ist es ja nicht möglich, daß der Mensch irgendwie seine Freiheit entfalten kann. Wir müssen daher die Frage stellen: Liegt die ganze Wesenheit des Menschen innerhalb dieser Naturkausalität drinnen oder ragt sie heraus? Aber wir dürfen diese Frage nicht so stellen, wie sie von den Materialisten des 19. Jahrhunderts gestellt worden ist, die darauf aufmerksam gemacht haben, daß ja schon so viele Menschen gestorben sind auf der Erde, daß es gar nicht möglich wäre, daß alle die Seelen der Verstorbenen Platz haben sollten. Sie haben nach dem Platz, den die Seelen einnehmen, gefragt. Es handelt sich
darum, inwieferne das einen Sinn hat, nach dem Platz der Seele zu fragen.
Nun, sehen Sie, da müssen wir vor allen Dingen uns darüber klar sein, daß der ganze Sinn des Geschehens im Weltenall - und Bewegen ist auch ein Geschehen - uns nur vor Augen tritt, wenn wir es in bestimmten Fällen fassen. Sehen Sie, wir unterscheiden irgendwie das, was sich da vollzieht in diesen vier oder acht Gebieten drinnen, was da ober- und unterhalb der Tierkreisebene, rechts und links von der Fühlensebene, nach dieser Seite und nach dieser Seite von der Denkebene liegt, wir fühlen, daß irgend etwas vom Weltgeschehen damit zusammenhängt. Und indem wir eine gewisse Art des Weltengeschehens herausnehmen, zeigt es sich in einer solchen Wiederholung, daß wir es als den Jahreslauf bezeichnen. Wir bezeichnen es als Jahreslauf, und wir müssen uns jetzt fragen in konkreter Weise: Wie können wir einen Zusammenhang des Menschen mit dem äußeren Weltenjahreslaufr finden? Zunächst finden wir, indem der Mensch aus der geistigen Welt heruntersteigt in die physische, daß er durch die Konzeption geht. Dann verweilt er etwa neun Monate im Embryonalzustand. Das sind drei Monate weniger als der Jahreslauf. Wir könnten sagen: Das ist etwas ganz Unregelmäßiges. Der Mensch in seiner Entwickelung zeigt schon im Beginne seines physischen Erdenwerdens, daß er scheinbar sich nicht kümmert um den Lauf des Weltgeschehens draußen. Aber es ist nicht so. Wenn wir Sinn dafür haben, das Kind zu beobachten in den drei ersten Monaten seines Erdenlebens, so ist in der Tat das, was da in den ersten drei Monaten geschieht, im rechten Sinne eine Fortsetzung seines Embryonallebens. Eine solche Fortsetzung ist dasjenige, was mit dem Gehirn geschieht, und auch was sonst geschieht gerade mit dem Kinde. Diese ersten drei Monate, die das Jahr voll machen, können wir in einer gewissen Beziehung hinzurechnen noch zu dem Embryonalleben, so daß wir sagen können: in einer gewissen Beziehung ist das erste Jahr der menschlichen Entwickelung doch in den Jahreslauf hineingestellt.
Dann kommt wiederum ein Jahr, ungefähr ein Jahr. Denn wenn wir den Menschen nach diesem ersten Jahre ansehen, dann wird
er - natürlich ist die Sache im Mittel zu nehmen, im arithmetischen Mittel, aber approximativ ist es doch so-, dann wird er ungefähr so weit sein, daß er die Milchzähne bekommt. Wir schauen uns einJahr wiederum an, nachdem ein Jahr schon abgeflossen war seit der Konzeption, schauen uns das weitere Jahr an und finden in diesem weiteren Jahre die Entwickelung der ersten Zähne mit dem Jahres-lauf im Mittel übereinstimmend. Und jetzt fragen wir uns: Geht das so fort? Nein, das geht nicht so fort. Denn in der Tat, das erste Zahnen scheint ein innermenschlicherJahreslauf zu sein, ist es auch, so wie das erste Jahr des Menschen ein innerer Jahreslauf des Menschen ist. In dem Bilden der Milchzähne arbeitet im Menschen offenbar das Weltenall. Dann tritt etwas anderes ein. Dann arbeitet in ihm in einem Zeitraume nach der Geburt, der siebenmal größer ist, diejenige Kraft, die aus ihm heraus die zweiten Zähne treibt. Da geht etwas vor sich, was wir jetzt nicht mit dem Weltenlauf in einen Zusammenhang bringen können, sondern was mit etwas zusammenhängt, was sich dem Weltenlaufe entzieht, was aus dem Innern des Menschen heraus wirkt.
Jetzt haben Sie etwas Konkretes. Jetzt haben Sie, ich möchte sagen, den Weltenorganismus mit Bezug auf eine Tatsachenreihe in den Menschen hineinprojiziert in seiner Bildung der Milchzähne. Und dann wiederum schauen Sie hin auf das Entstehen der bleibenden Zähne, die aus dem Menschen herauskommen. Dasjenige, was da als bleibende Zähne herauskommt, das stellt eine innere menschliche Weltenordnung in die äußere hinein. Da haben Sie die erste Ankündigung des Freiseins darin zu sehen, daß der Mensch etwas vornimmt, was sich ganz deutlich zeigt in seiner Abhängigkeit vom Weltenall dadurch, daß es den Zeitenlauf des Weltenalls einhält auch im Innern des Menschen, daß der Mensch dann aber das verlangsamt in sich, daß er demselben Prozeß eine andere Geschwindigkeit gibt, eine siebenmal so kleine Geschwindigkeit gibt. Daher dauert sie eben siebenmal länger. Da haben Sie gegenübergestellt das Innere des Menschen und das Äußere des Weltenalls.
Wir haben in einer sehr anschaulichen Weise eine gewisse Abhängigkeit des Menschen von dem äußeren Weltenall dadurch gegeben,
daß wir wechseln zwischen Schlafen und Wachen, und der Wechsel zwischen Tag und Nacht für verschiedene Teile der Erde zu verschiedenen Zeiten stattfindet. Was bedeutet für uns Menschen das Wechseln zwischen Wachen und Schlafen? Es bedeutet, daß wir, grob gesprochen, einmal herumgehen, indem unser Ich und unser Astralleib mit unserem Ätherleib und physischen Leib vereinigt sind, das andere Mal, indem die beiden - Ich und astralischer Leib auf der einen Seite, Ätherleib und physischer Leib auf der anderen Seite - voneinander getrennt sind.
Aber die Sache liegt doch so, daß der Mensch im heutigen Kulturzyklus, insbesondere wenn er sich einen zivilisierten Menschen nennt, nicht mehr voll abhängig ist von dem Naturzyklus. Es sieht der Zyklus von Wachen und Schlafen in seinem Zeitmaß dem Natur-zyklus noch ähnlich. Aber es gibt doch heute sogar schon Menschen - ich habe solche gekannt -, die machen die Nacht zum Tag, den Tag zur Nacht, kurz, der Mensch kann sich herausreißen aus der Zusammengehörigkeit mit dem Weltenlauf. Aber seine Gesetzmäßigkeit, die Aufeinanderfolge der Zustände in ihm, zeigt noch das Nachbild dieser äußeren Gesetzmäßigkeit. Und so ist es bei vielen Erscheinungen im Menschen. Wenn wir so sehen, wie der Mensch wechselt zwischen Wachen und Schlafen, und die Natur wechselt zwischen Tag und Nacht, und der Mensch heute zwar an den Wechsel von Wachen und Schlafen gebunden ist, aber nicht an das Einhalten von Tag und Nacht, so müssen wir sagen: er war einmal mit seinen inneren Zuständen an den äußeren Weltenlauf gebunden und hat sich losgerissen davon. Der zivilisierte Mensch ist heute fast ganz losgerissen von dem äußeren Naturlauf und kehrt eigentlich nur dann zu ihm zurück, indem er einsieht, also durch den Intellekt entdeckt, daß es ihm besser ist, wenn er in der Nacht schläft statt bei Tag. Aber es ist nicht so, daß die Nacht den Menschen so erfaßt, daß er unbedingt einschlafen müßte. Das ist im Grunde eigentlich für alle zivilisierten Menschen so, daß sie nicht fühlen, die Nacht macht mich einschlafen, der Tag weckt mich auf. Höchstens wenn die Nacht hereinsinkt und hier noch ein Vortrag gehalten wird, dann wirkt die Nacht vielleicht auf manchen so,
vereinigt mit dem Vortrage, daß er unbedingt das als eine Naturaufforderung zum Einschlafen empfindet. Aber das sind ja Dinge, die wir nicht unbedingt in unser Weltbild hineinzuschieben brauchen.
Also dasjenige, um was es sich handelt, ist, daß der Mensch sich herausgerissen hat aus dem Naturverlaufe, aber im rhythmischen Ablauf noch zeigt das Bild dieses Naturverlaufes. Sehen Sie, wie Übergänge da statifinden von einem zum andern. Wir können sagen, wir sind mit unserm Wachen und Schlafen so, daß wir den Natur-lauf noch deutlich im Bilde zeigen, aber uns losgerissen haben von diesem Naturlauf. Wenn wir die zweiten Zähne bekommen, da ist es so, daß wir gar nicht mehr in der Zeitfolge ein Bild zeigen von dem, was der Naturlauf ist, der sich noch ausdrückt im Bekommen der ersten Zähne. Aber dasjenige, was da bei uns auftritt, dieses Bekommen der zweiten Zähne, das ist ein neuer Naturlauf. Denn das haben wir nicht so in der Hand wie Schlafen und Wachen. Da will unsere Willkür nicht hinein. Da wird etwas herausgestellt aus der Natur, das gar nicht drinnensteht im großen Verlaufe der Natur, sondern das der Mensch eigens für sich hat. Aber es ist nicht in seiner Willkür gelegen. Es stellt sich eine andere Naturordnung in die erste hinein.
Indem ich Ihnen diese Dinge auseinandersetze, sage ich Ihnen ja im Grunde alltägliche Dinge. Aber es handelt sich darum, solche alltäglichen Dinge in der richtigen Weise zu durchschauen. Sehen Sie, Sie werden sich jetzt sagen müssen: Es gibt ein gewisses Natur-geschehen. In dieses Naturgeschehen ist eingespannt das Bekommen der ersten Zähne des Menschen. Ich will bildlich dieses Naturgeschehen in dieser Strömung, möchte ich sagen, so zeichnen (Tafel 5, rechts oben die linke Strömung). Da ist ein allgemeines Natur-geschehen, und in diesem schwingt fort, indem es ein Teil davon ist, das Entstehen der ersten Zähne des Menschen. Und dann haben wir ein anderes Naturgeschehen, das aber gar nicht in dem allgemeinen Weltengeschehen drinnen ist, das der Mensch für sich hat: das Bekommen der zweiten Zähne. Wollten Sie das zeichnen, so müßten Sie es so zeichnen. daß es eine andere Strömung wäre (die Strömung
rechts davon, rot). Aber so wäre es ja noch nicht herauszubekommen, da wäre es ja gleich. So können wir es also nicht zeichnen, sondern müssen das ganz anders machen. Wir müssen, wenn wir das Verhältnis bezeichnen wollen zwischen dem ersten Zähne-Bekommen und dem zweiten Zähne-Bekommen, dieses erste Zähne-Bekommen vielleicht so zeichnen (Mitte unten; der weiße Kern) - und das zweite Zähne-Bekommen, das müssen wir vielleicht so zeichnen (der breite Ring um den Kern, rot), daß dieses Weiße in dem Roten hier siebenmal drinnen ist (7 Abschnitte werden angedeutet). Das heißt, wenn Sie es nebeneinander zeichnen, parallel, dann bekommen Sie kein Bild von dem Verhältnis des ersten Zähne-Bekommens zum zweiten, sondern Sie bekommen nur ein Bild, wenn Sie diejenige Kraft, von welcher abhängt das erste Zähne-Bekommen, von einer andern Kraft umkreisen lassen, von der abhängt das zweite Zähne-Bekommen.
Sie sehen, es entsteht da einfach die Notwendigkeit, daß sich die Bewegung krümmt durch den Geschwindigkeitsunterschied. Denken Sie also, wenn irgendwo im Weltenraume sich ein Stern befindet, und um diesen Stern kreist ein anderer, so daß durch sein Umkreisen irgendein Stück siebenmal sich da findet (unten rechts auf der Tafel, großer Bogen rot), so bekommen Sie einfach durch den Tatbestand der Umkreisung etwas Qualitatives, ein Schaffen.
Sehen wir also hin auf das erste Zähne-Bekommen und auf das zweite Zähne-Bekommen, so müssen wir uns sagen: Das muß irgend etwas zu tun haben im Weltenraum mit Kräften, von denen die eine die andere umkreist - ich will dieses Beispiel vor Sie hinstellen aus dem Grunde, damit Sie sehen, was es heißt, konkret anzuschauen Bewegungen im Weltenraume, was es heißt, über konkrete Bewegungen im Weltenraume zu sprechen - und wie es eine leere Redensart ist, wenn man sagt: Derjupiter ist so und so viele Meilen von der Sonne entfernt und umkreist die Sonne in einer bestimmten Linie; der Saturn ist so weit entfernt und umkreist die Sonne in dieser Linie (Mitte oben). - Damit ist gar nichts gesagt. Das ist eine leere Redensart. Wissen tut man über diese Dinge erst dann etwas, wenn man einen Inhalt damit verbindet, daß so etwas Jupiter-Bahn
ist, so etwas Saturn-Bahn ist und dem Umkreisen des einen durch den anderen dient. In diesem Stücke ist einfach die Notwendigkeit bestimmten Geschehens gegeben.
Indem ich Ihnen diese Dinge vor Augen führe, werden Sie viel-leicht sagen, sie sind schwer verständlich, oder vielleicht werden Sie es auch nicht sagen; dann werden Sie wahrscheinlich finden, daß man über diese Dinge überhaupt nicht zu reden braucht. Aber man muß über diese Dinge reden, denn indem man lernen wird, wiederum über diese Dinge zu reden, wird man zur bestimmten Anschauung der Welt erst wiederum vordringen. Und man wird sich abgewöhnen, was so einseitig beim Kopernikanismus hervorgetreten ist: das bloße Vorstellen der Weltenbewegungen nach Linien. Es sollte vielmehr jetzt in die Menschheit etwas hineinkommen, was ihr sagt: Es ist notwendig, daß man zuerst über die elementarsten Erlebnisse sich klar wird, bevor man den Blick hinauswendet auf die äußersten Geheimnisse des Weltenalls.
Was gewisse Zusammenhänge, die wir einfach ablesen von den Sternen, bedeuten, das lernen wir erst, wenn wir die entsprechenden Vorgänge im eigenen Organismus erfassen. Denn was innerhalb unserer Haut liegt, das ist nichts anderes als das Spiegelbild des äußeren Weltorganismus. Wenn Sie also den Menschen schematisch hier haben, und Sie haben da seinen Blutumlauf irgendwie, schematisch bloß, so verfolgen Sie die Bahn dieses Blutumlaufes (dieselbe Tafel, links unten). Versuchen Sie die Bahn dieses Blutumlaufes zu verfolgen. Das ist im Innern des Menschen. Gehen Sie hinaus in das Weltenall, suchen Sie sich die Sonne auf, sie entspricht - darüber wollen wir dann das nächste Mal reden - dem Herzen im Innern des Menschen. Und dasjenige, was vom Herzen aus durch den Körper geht, oder eigentlich vom Körper aus zum Herzen, so unregelmäßig es eigentlich ist, das ist in Wahrheit ungefähr ähnlich den Bewegungen, die mit dem Sonnenlauf zusammenhängen. Statt abstrakte Linien zu zeichnen, sollte man in den Menschen hineinschauen. Dann würde man innerhalb seiner Haut dasjenige finden, was außerhalb im Himmelsraum ist; dann würde man aber auch den Menschen hineingestellt finden in die Weltenordnung, würde aber auch finden,
wie er auf der anderen Seite wiederum von dieser Weltenordnung unabhängig ist. Wie er stückweise unabhängig wird, habe ich Ihnen gezeigt. Wir werden darüber das nächste Mal noch weiter sprechen. Aber das wollen wir uns jetzt vor Augen führen, daß, wenn wir hier schematisch so etwas aufzeichnen, es eben ein Schema ist.
Sehen Sie sich einmal den Hauptverlauf der Blutgefäße im menschlichen Organismus an. Da, von oben aus gesehen, hat es schon etwas Ähnlichkeit mit einer Schleifenlinie. Statt daß wir an der Tafel zeichnen, sollten wir die Hieroglyphen verfolgen, die in uns selbst hineingezeichnet sind. Dann aber sollten wir aus diesem Qualitativen verstehen lernen, was da draußen im Weltenall ist. Das können wir nur, wenn wir imstande sind, folgendes erlebend zu erkennen und erkennend zu erleben, wenn wir uns vor allen Dingen vorführen das, was ich in den öffentlichen Vorträgen - im ersten -hier ja erwähnt habe, daß es sich in der Geisteswissenschaft darum handelt, zu erkennen, daß nicht das Herz wirkt wie eine Pumpe, die das Blut durch den Leib treibt, sondern daß das Herz bewegt wird von der Blutzirkulation, die ein in sich Lebendiges ist. Und die Blutzirkulation wird wiederum bedingt von den Organen. Das Herz - Sie können das embryologisch verfolgen - ist ja nichts weiter eigentlich als das Ergebnis der Blutzirkulation. Versteht man dasjenige, was das Herz im menschlichen Leibe ist, dann lernt man auch verstehen, daß die Sonne nicht das ist, was Newton meint, der allgemeine Seilzieher, der da seine Seile, Gravitationskraft genannt, hinüberschickt nach den Planeten, nach Merkur, Venus, Erde, Mars und so weiter - da zieht er an den Seilen, die man nur nicht sieht, die Anziehungskräfte sind, oder er spritzt ihnen das Licht hinaus und dergleichen (Tafel 6, oben, Umkreis und Radien rot) -, sondern, so wie die Herzbewegung das Ergebnis ist des Lebendigen der Zirkulation, so ist die Sonne nichts anderes als das Ergebnis des ganzen Planetensystems. Die Sonne ist Resultat, nicht Ausgangspunkt (dieselbe Tafel, unten). Das lebendige Zusammenwirken des Sonnensystems ergibt in der Mitte eine Aushöhlung, die da spiegelt. Und das ist die Sonne. Ich habe deshalb öfters zu Ihnen
gesagt, die Physiker würden höchst erstaunt sein, wenn sie in die Sonne fahren könnten und dort das ganz und gar nicht finden würden, was sie jetzt meinen, sondern bloß einen Hohlraum finden würden, noch dazu einen saugenden Hohlraum, der alles vernichtet in sich, so daß er mehr ist als ein Hohlraum. Ein Hohlraum, der tut doch wenigstens nichts anderes als aufnehmen das, was man in ihn hineingibt. Aber die Sonne ist ein solcher Hohlraum, daß wenn man etwas in ihren Raum hineinbringt, sie es dann sofort aufsaugt und verschwinden läßt. Da ist nicht nur nichts, da ist weniger als nichts. Und dasjenige, was uns zuscheint im Lichte, das ist Rückstrahlung desjenigen, was erst aus dem Weltenraum hinkommt - so wie die Bewegung des Herzens nichts anderes ist als dasjenige, was aus der Lebendigkeit von Durst und Hunger und so weiter, in der Zusammenwirkung der Organe, in der Blutbewegung im Herzen sich staut.
Verstehen wir, was im Innern des Organismus vorgeht, dann verstehen wir aus dem heraus auch dasjenige, was außen im Welten-raum vorgeht. Die abstrakten Raumesdimensionen, in die wir dann unsere Linien hineinzeichnen, die sind nur dazu da, daß wir bequem die Dinge verfolgen. Wollen wir sie der Wahrheit gemäß verfolgen, dann müssen wir versuchen, innerlich uns zu erleben und uns dann mit dem innerlich Verstandenen nach außen zu wenden. Die Sonne versteht derjenige, der das menschliche Herz versteht. Und so das andere Innere des Menschen.
Es handelt sich also viel, viel mehr darum, daß wir ernst nehmen dieses «Erkenne dich selbst» und von dem «Erkenne dich selbst» aus in die Erfassung des Weltalls hineingehen. Von einer Selbsterkenntnis des ganzen Menschen aus sollen wir erfassen das außermenschliche Weltenall.
Sie sehen, da wird es nicht so schnell gehen mit dem Konstruieren eines Weltenbildes! Natürlich, um ein paar Eigenschaften dieses Weltenbildes sich klar zu machen, kann man diese Schraubenlinie zeichnen; ein paar Eigenschaften werden dadurch charakterisiert, aber den wirklichen Tatbestand gibt es nicht. Denn um ein paar andere Eigenschaften zu charakterisieren, müssen wir die Spirale
selber wieder spiralig verlaufen lassen, das heißt, diese Linie hier ist krumm. Auch dann haben wir noch nicht alles; denn gewisse Tatbestände von der Art, wie sich das Wachsen der einjährigen Zähne verhält zum Wachsen der Sieben-Jahr-Zähne, müssen wir durch ein Verschieben der Linie in sich charakterisieren. Sie sehen also, ganz schnell geht das nicht, sich den Weltenraum zu konstruieren! Auch dieser Verzicht muß kommen, mit ein paar Linien sich ein Welten-bild konstruieren zu wollen, und man muß lernen ernst zu nehmen so etwas, wie: die äußere Welt, wie sie sich uns darbietet, ist die Täuschung. Die mathematisierte Welt ist erst recht eine Täuschung.
Das ist es, was ich zunächst wie eine Vorbereitung, die vorbereitende Betrachtung zu dem, was ich dann das nächste Mal ausführen will, habe geben wollen. Es mußte etwas schwieriger werden; aber wenn wir diese Schwierigkeiten überwunden haben, so werden wir eben auch die Vorbedingungen geschaffen haben, um die drei wichtigsten Lebensgebiete: Natur, Moral, Religion nun durch zwei entsprechende Brücken verbinden zu können.
Davon wollen wir dann das nächste Mal sprechen.
VIERTER VORTRAG Dornach, 16. April 1920
In Wirklichkeit kann die Konstitution des Weltenalls gar nicht betrachtet werden, ohne daß man fortwährend auf den Menschen Bezug nimmt, gewissermaßen immer versucht, dasjenige im Welten-all draußen aufzusuchen, was sich auch in irgendeiner Weise im Menschen findet. Wir wollen diese Vorträge dazu benützen, um gerade von diesem Gesichtspunkte aus vielleicht wenigstens nach einer Richtung hin eine Art plastisch geschlossenen Weltenbildes zu bekommen, das uns dann zu der Beantwortung der Frage führen kann: Wie verhalten sich im Menschen Moral und Naturgesetzmäßigkeit?
Wenn wir - ich wiederhole da nur Dinge, die von den verschiedensten Standpunkten aus besprochen, beschrieben worden sind - den Menschen studieren, so gliedert er sich uns ja zunächst in alles dasjenige, was wir als den oberen Menschen bezeichnen, dann dasjenige, was wir als den unteren Menschen bezeichnen, und dann alles dasjenige, was verbindet zwischen beiden, der rhythmische Mensch, der den Ausgleich zwischen diesen beiden Gliedern, dem oberen und dem unteren Menschen, bewirkt.
Nun müssen wir uns ja sagen, daß zunächst eine völlige Verschiedenheit herrscht in bezug auf die Gesetzmäßigkeit des oberen Menschen und die Gesetzmäßigkeit des unteren Menschen. Diese Verschiedenheit kann sich uns schon dadurch vor die Seele stellen, daß wir darauf Rücksicht nehmen, wie der obere Mensch, der von der Hauptesplastik aus beherrscht wird, zustande kommt durch die Gesetze, möchte ich sagen, einer völlig anderen Welt als unsere Sinneswelt. Dasjenige, was wir hier aus der Sinneswelt haben, aus der Sinneswelt an uns tragen als unseren Gliedmaßenmenschen, das haben wir durch eine Metamorphose, natürlich nicht in bezug auf die äußere Substantialität, aber in bezug auf die Formgestaltung, hindurchzuführen, eine Metamorphose, die ja erst wirkt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Dasjenige, was hier unser Gliedmaßenmensch
ist, es wird völlig umgestaltet in seinen Kräften. In seiner übersinnlichen Konstitution wird es umgestaltet zwischen dem Tode und einer neuen Geburt und erscheint dann aus dem Weltenall unserer Hauptesorganisation eingestaltet in unserem neuen Erdenleben. Daran hängt sich, gewissermaßen aus der Welt der Sinne heraus gebildet, der übrige Mensch. Das ist etwas, was heute klar und deutlich schon aus der Embryologie nachgewiesen werden könnte, wenn man nur vernünftig die embryologischen Tatsachen zusammendächte. Dadurch aber ist in alledem, was zusammenhängt mit unserer Hauptesorganisation, etwas von einer Gesetzmäßigkeit drinnen, die ganz und gar nicht dieser Welt eigentlich angehört, die nur in ihrem Beginne, nämlich insoweit sie in der frü-heren Inkarnation schon da war, dieser Welt angehört. Aber alles das, was umgestaltet hat unseren Gliedmaßenmenschen zu dem Hauptesmenschen, wirkt ja in einer völlig anderen Welt, in der Welt, in der wir uns befinden zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Da ragt also eine andere Welt in diese Welt herein. Wenn wir den Menschenkopf, das Menschenhaupt ansehen, so ist in ihm verkörpert eine andere Welt. Dieser anderen Welt entspricht aber in einer gewissen Weise dadurch, daß das Haupt die hauptsächlichsten Sinne öffnet nach außen, die Welt, die da draußen im Raume ausgebreitet ist und die in der Zeit verfließt. Denn sie nehmen wir durch unsere Wahrnehmungen auf; sie dringt durch unsere Sinne in uns ein; sie gehört also gewissermaßen doch zu unserer Hauptes-organisation. Dagegen verhalten wir uns zu unserem Gliedmaßen-menschen eigentlich schlafend. Ich habe ja öfter von dieser schlafenden Beziehung des Menschen zu seiner Willensnatur, also zu alledem, was in dem Gliedmaßenmenschen lebt, gesprochen. Wir wissen nicht, wie wir unsere Glieder bewegen, wie der Wille hinein-schießt in die Bewegungen, die wir ja nur nachher, geradeso wie ein äußeres Ding, durch Wahrnehmungen für uns erkunden. Wir schlafen in unserem Gliedmaßenmenschen, wir schlafen so in ihm, wie wir im Weltenall schlafen vom Einschlafen bis zum Aufwachen.
Nun, da sind wir eigentlich vor eine völlig andere Welt gestellt. Und wollen wir uns schematisch einmal diese andere Welt, diesen
ganzen Tatbestand vor die Seele rücken, so müssen wir eigentlich sagen: hier ist irgendwie eine Welt (Tafel 7, Mitte unten; rote Partie, von welcher der horizontale röte Pfeil nach links in rote Bögen weist), die nach außen hin dasjenige offenbart, was zu unseren Sinnen spricht. Das, was da zu unseren Sinnen spricht, das nehmen wir durch unsere Augen, durch unsere Ohren und so weiter wahr. Das wird unsere Welt, insofern wir Hauptesmenschen sind. Aber diejenige Welt, die dahinterliegt, der gehören wir auch an, als Gliedmaßenmensch (blau, rechts von rot; Pfeil abwärts und absteigende Bögen blau). Aber in sie schlafen wir nur hinein. In diese Welt schlafen wir hinein, gleichgültig, ob wir in unsere Willens-natur hineinschlafen oder ob wir in das Weltenall hineinschlafen zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen.
Diese zwei Welten sind in der Tat so, daß die eine uns gewissermaßen zugekehrt ist; die andere ist uns abgekehrt; sie liegt hinter der Welt der Sinne, aber wir sind aus ihr. Man hat gerade in älteren Zeiten gefühlt und man fühlt noch im Orient, daß eine Vermitte-lung zwischen diesen beiden Welten besteht. Wir im Abendlande suchen diese Vermittelung auf andere Weise, wie Sie wissen. Aber im Orient versucht man heute noch, obwohl es schon antiquiert ist für die gegenwärtige Menschheit, diese Vermittelung auch bewußt, relativ bewußt aufzusuchen. Wenn wir essen, dann ist es der blaue Strich, der unser Essen eigentlich symbolisiert. Denn indem wir die Speisen zu uns nehmen, geht ein durchaus in der Schlafens-Sphäre sich abspielender Vorgang vor sich. Sie wissen natürlich nicht, was da vor sich geht, wenn Sie irgend etwas, ein Ei oder einen Kohlkopf, verzehren. Das liegt geradeso im Unbewußten, wie die Vorgänge des Schlafes im Unbewußten zunächst liegen. Der Kohlkopf und das Ei wenden die Außenseite der Sinneswahrnehmung zu. Das ist aber die völlig andere Welt. Aber die Vermittelung ist da in unserem Atmen.
Unser Atmen bleibt allerdings auch bis zu einem gewissen Grade unbewußt, nicht so stark unbewußt wie unser Essen. Aber trotzdem das Atmen nicht so bewußt wird, wie das Sehen oder das Hören bewußt werden, so ist es doch bewußter als der Vorgang des Verdauens zum Beispiel. In der Regel wird auch im Oriente heute nicht mehr
aufgesucht, was ja in alten Zeiten durchaus der Fall war: den Vorgang des Verdauens heraufzubringen ins Bewußtsein. Die Schlangen tun es, wenn sie verdauen. Sie bringen den ganzen Vorgang des Verdauens in ihr Bewußtsein, das aber natürlich nicht ein Menschen-bewußtsein ist. Der Wiederkäuer tut es auch, der Mensch nicht. Im Oriente wird aber in einer gewissen Weise ins Bewußtsein herauf-gebracht der Vorgang des Atmens. Es gibt eine gewisse Trainierung des Atmens, da das Atmen so vollzogen wird, daß es in einem gewissen Sinne verfließt wie eine Sinneswahrnehmung Sie sehen, es ist das Atmen hineingestellt zwischen die bewußte Sinneswahrnehmung und das ganz Unbewußte des menschlichen Stoffwechsels. So daß der Mensch in der Tat drei Welten angehört: der Welt, die ihm bewußt vorliegt, der Welt, die ganz unbewußt bleibt, und der Welt, die den Vermittler bildet, der Welt des Atmens.
Nun, es ist ja in der Tat auch eine Art von Stoffwechsel, wenigstens sind es stoffliche Vorgänge, aber in Veffeinerungen, die im Atmungsprozesse vor sich gehen. Es ist das Atmen durchaus ein Mittelstadium zwischen dem eigentlichen Stoffwechsel und dem Sinneswahrnehmungsprozeß, dem ganz bewußten Erleben der äußeren Welt.
Wenn wir zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen sind, dann spielt sich in der dann vorliegenden Umgebung des Ich für das heutige gewöhnliche Bewußtsein nur dasjenige ab, was in Träumen erlebt wird, in Träumen sich widerspiegelt. Aber im ganzen kann man doch sagen, daß der Mensch da schon gewissermaßen hinüber-springt in die Welt, die ich hier in diesem Schema (die vorige Zeichnung) als das Blaue dargestellt habe. Der Mensch dringt hinüber in diese andere Welt, und gerade die Träume sind es, die schon durch ihre Natur verraten, wie da der Mensch hinüberspringt. Denken Sie nur einmal, wie verwandt die Träume sind dem Atmungsprozesse, dem Rhythmus des Atmens, wie sie den Rhythmus des Atmens überhaupt den Rhythmus oftmals nachwirken fühlen, wenn Sie träumen. Der Mensch überschreitet gewissermaßen eine Grenze, die ihm sonst gezogen ist in seiner bewußten Welt, indem er in die Welt, in der er ist im Schlafe, wenigstens hineinnippt, wenn er
träumt. Die Welt der Imaginationen liegt ja auch da drüben, nur ist sie dann eine vollkommen bewußte - ein wirklich bewußtes Wahr-nehmen in derjenigen Welt, an der der Mensch sonst bloß nippt, wenn er träumt.
Nun handelt es sich darum, daß ja ein völliges Entsprechen stattfindet in einer gewissen Beziehung, zunächst durch Zahlen. Ich habe schon oftmals auf dieses Entsprechen aufmerksam gemacht zwischen dem Menschen und der Welt, in der der Mensch und auch die Menschheit sich entwickelt. Ich habe Sie aufmerksam darauf gemacht, wie der Mensch ja in seinem Atmungsrhythmus - 18 Atem-züge in der Minute - etwas hat, was in einer merkwürdigen Übereinstimmung steht mit anderem im Weltenall. Wir haben 18 Atem-züge, die ausgerechnet für den Tag, wie ich Ihnen ja öfter schon erwähnt habe, 25 920 tägliche Atemzüge ergeben. Das ist aber dieselbe Zahl, die man bekommt, wenn man ausrechnet, wieviel Tage eine so normale Lebensdauer von etwa 72 Jahren hat. Auch das sind ungefähr 25920 Tage. So daß in einem Tag irgend etwas ausatmet unseren astralischen Leib und unser Ich, und wiederum einatmet beim Aufwachen, aber nach demselben Zahlenrhythmus.
Und wiederum, wenn wir die Zahl derjahre nehmen, welche die Sonne braucht, wenn sie, scheinbar oder wirklich, darauf kommt es jetzt nicht an, vorrückt in ihrem Frühlingsaufgangspunkte - immer schreitet sie um ein Stückchen vor jedes Jahr -, so braucht sie 25 920 Jahre, um einmal ihren Frühlingsaufgangspunkt um den ganzen Himmel herumzuführen: ein platonisches Jahr.
Es ist eigentlich dieses menschliche Leben bis ins Kleinste, bis in den Atemzug und bis in seine irdische Begrenzung zwischen Geburt und Tod nachgebildet den Gesetzen des Weltenalls. Und indem wir da hineinschauen in ein Gebiet des Entsprechens zwischen dem Makrokosmos und dem Mikrokosmos Mensch, sehen wir ja doch in dasjenige hinein, was offenkundig da liegt. Aber es gibt noch andere, sehr bedeutende Entsprechungen. Überlegen Sie sich nämlich einmal das Folgende - ich will Sie heute eben gerade durch die Zahl auf das führen, worauf ich Sie gern aufmerksam machen möchte. Nehmen Sie die 18 Atemzüge in der Minute, das gibt in der Stunde
1080, in 24 Stunden 25920 Atemzüge. Das heißt, wir mußten multiplizieren 18 mit 60 mal 24, um 25 920 Atemzüge im Tage zu bekommen.
Nehmen wir das aber als den Umlauf des Frühlingspunktes um den Himmel. Würden wir das nun dividieren durch 60 mal 24, so würden wir natürlich wiederum 18 bekommen. Wir würden l8Jahre bekommen. 18 Jahre, was würde denn das eigentlich sein? Überlegen wir uns das einmal, was diese 18 Jahre bedeuten würden. Die 25 920 Atemzüge entsprechen einem 24stündigen Menschentag, beziehungsweise sagen wir, dieser 24stündige Menschentag ist also der Tag des Mikrokosmos. 18 Atemzüge entsprechen der Einheit des Rhythmus.
Nehmen wir jetzt einmal - scheuen wir uns dessen nicht - den ganzen Umlauf des Frühlingspunktes um den Himmel als einen großen Himmelstag, nicht bloß als das platonische Jahr, sondern als einen großen Himmelstag. Nehmen wir ihn als Himmelstag oder Weltentag, wie Sie wollen, als Tag des Makrokosmos. Wenn wir die Atemzüge aufsuchen würden im Makrokosmos, die entsprechen würden den Atemzügen des Menschen in einer Minute, wie lange müßten die denn dauern? Es müßten diese Atemzüge 18 Jahre dauern. Ein l8jähriges Atmen, ausgeführt von demjenigen Wesen, das dem Makrokosmos entspricht.
Wenn Sie die heutigen Angaben der Astronomie nehmen - was sie bedeuten, darüber werden wir noch sprechen -, so wollen wir einmal dasjenige betrachten, was die Astronomen heute die Nutation der Erdachse nennen. Sie wissen, die Erdachse steht schief zur Ekliptik, und die Astronomen reden von einem Pendeln der Erdachse um diese Lage herum und nennen das Nutation. Die Erdachse dreht sich um diese Lage herum just in 18 Jahren, annähernd wenigstens - es sind genauer 18 Jahre 7 Monate, doch wir brauchen die Bruchteile nicht zu berücksichtigen, sie ließen sich aber auch durchaus in richtiger Weise errechnen. Aber mit diesen 18 Jahren hängt etwas anderes zusammen. Nicht nur geschieht dasjenige, was die Astronomen diese Nutation, dieses Erzittern der Erdachse, dieses Drehen der Erdenachse in einem Doppelkegel um den Mittelpunkt der
Erde nennen, nicht nur verläuft dieses in 18 Jahren, sondern mit dem gleichzeitig geschieht etwas anderes. Der Mond nämlich, der erscheint ja jedes Jahr an einem anderen Orte. Ebenso wie die Sonne, auf- und absteigend in der Ekliptik, eine Art pendelnder Bewe-gung vom Äquator fort und zum Äquator zurück durchläuft, so der Mond. Er braucht 18 Jahre, um wieder an der Stelle am Himmel anzukommen, wo er vor 18 Jahren erschienen ist. Sie sehen, diese Nutation hängt mit dem Himmelsgang des Mondes zusammen, so daß man sagen kann: diese Nutation zeigt überhaupt nichts anderes an als den Himmelsgang des Mondes. Diese Nutation ist nur die Projektion dieser Bewegung des Mondes. Wir können also tatsächlich das Atmen des Makrokosmos beobachten. Wir brauchen nur den Gang der Mondenbahn während 18 Jahren zu beobachten, beziehungsweise die Nutation der Erde zu beobachten (Tafel 8, links oben). Die Erde tanzt, und sie tanzt so, daß ihre Achse einen Kegel, einen Doppelkegel beschreibt in 18 Jahren. Dieses Tanzen, das spiegelt ab das Atmen des Makrokosmos. Es ist im platonischen Jahr gerade so oft vorhanden, wie 18 menschliche Atemzüge in einem Tag. Sie haben also eigentlich ein einminutiges Atmen in dieser Nutationsbewegung. So daß wir sagen können: wir schauen in das Atmen des Makrokosmos hinein durch diese Nutations- beziehungsweise Mondbewegung. Da haben wir das Entsprechende für das Atmen. Aber was besagt denn dieses? Das besagt, daß geradeso wie wir, indem wir in das Schlafen hinübergehen oder beziehungsweise nur von dem völlig Wachen in das Träumen hinübergehen, wie wir da in eine andere Welt hinübergehen, so liegt uns - gegenüber den gewöhnlichen Gesetzmäßigkeiten von Tag, Jahr und so weiter, auch dem platonischen Jahr - in diesem Hereinstellen einer Mondregelmäßigkeit erwas vor, was sich verhält im Makrokosmos, wie sich das Atmen, also das Halb bewußte zu unserem Vollbewußten verhält. Wir haben es also nicht bloß zu tun mit einer Welt, die sich da ausbreitet, sondern mit einer zweiten Welt, die da hereinragt, und die die unsrige durchdringt. Geradeso wie wir ein zweites Glied der menschlichen Wesenheit, nämlich den rhythmischen Menschen, im Atmungsprozesse vor uns haben gegenüber dem Wahrnehmungsmenschen,
so haben wir in dem, was als Mondbewegung, JahresMondbewegung erscheint, eben ein Jahr dann wie einen einjährigen Atemzug. Das haben wir da als eine zweite Welt in die unsrige hereinragend vor uns.
Es kann sich also gar nicht darum handeln, daß wir in unserer Umgebung nur eine einzige Welt haben. Wir haben in unserer Umgebung diejenige Welt, die wir als die Welt der Sinne veffolgen können; dann aber eine Welt, der eine andere Gesetzmäßigkeit zugrunde liegt, die zu der unsrigen sich verhält wie unser Atmen zu unserem Bewußtsein und die sich uns verrät, wenn wir in der richtigen Weise die Mondbewegung zu deuten verstehen, respektive ihren Ausdruck, die Nutation der Erde.
Sehen Sie, daraus sollen Sie entnehmen, daß es unmöglich ist, die Gesetzmäßigkeiten, die in der Welt sich uns offenbaren, nur in eindeutiger Weise zu suchen. Der heutige materialistische Denker sucht eine Gesetzmäßigkeit der Welt. Er geht irre, denn er sollte sagen: Alles dasjenige, was Welt der Sinne ist, das ist ja wohl eine Welt, in die wir eingebettet sind, zu der wir gehören, das ist die Welt, die uns unsere Naturwissenschaft nach Ursache und Wirkung auseinandersetzt. Aber da ragt eine andere Welt herein, die andere Gesetzmäßigkeiten hat. (Tafel 7, rechts in der Mitte, schräge Schraffur gelb, horizontale blau). Beide Welten durchdringen sich nur. Beiden Welten muß eine eigene Gesetzmäßigkeit zugeschrieben werden. Solange man der Meinung ist, eine einzige Art von Gesetzmäßigkeit genüge für unsere Welt, alles hänge nur an dem Faden von Ursache und Wirkung, solange gibt man sich greulichen Irrtümern hin. Nur wenn man an so etwas, wie es die Nutation der Erde und die Mondbewegungen sind, ermessen kann, daß in der Tat eine andere Welt da hereinragt, dann kommt man zurecht.
Und sehen Sie, hier liegen die Dinge, in denen sich Geistiges und Materielles, wie wir es nennen, oder sagen wir Seelisches und Materielles, berühren. Derjenige, welcher faktisch beobachten kann dasjenige, was im eigenen Selbst enthalten ist, der kommt auf das Folgende. Sehen Sie, meine lieben Freunde - auf solche Dinge muß die Menschheit allmählich aufmerksam werden -, ich glaube, viele
sind unter Ihnen, die schon den Zeitpunkt von 18 Jahren und ungefähr 7 Monaten überschritten haben. Das war ein wichtiger Zeitpunkt. Mehrere sind wohl auch unter Ihnen, die 37 Jahre 2 Monate überschritten haben. Das war wiederum ein wichtiger Zeitpunkt. Und dann kommt wieder ein sehr wichtiger Zeitpunkt: 55 Jahre 9 Monate. Es kann in der Gegenwart noch nicht der einzelne Mensch, weil er ja nicht in der Weise erzogen wird, wie es sein sollte, diese Zeitpunkte ordentlich abpassen. Würde er sie ordentlich abpassen, dann würde er wahrnehmen, daß in der Tat in diesen Zeitpunkten Wichtigstes mit der Seele vor sich geht. Die Nächte, die der Mensch zu diesen Zeitpunkten durchlebt, sie sind die wichtigsten Nächte des menschlichen Lebens. Da ist es, wo der Makrokosmos seine 18 Atemzüge vollendet, eine Minute vollendet, und da ist es, wo der Mensch gewissermaßen ein Fenster geöffnet hat gegenüber einer ganz anderen Welt. Nun, ich sagte, der Mensch kann es heute nicht abpassen. Aber es könnte jeder versuchen, auf solche Zeitpunkte im menschlichen Leben zurückzublicken. Wer über 55 Jahre alt geworden ist, kann auf volle drei solche wichtige Abschnitte zurückblicken, manche auf zwei, die meisten unter Ihnen wohl auf einen. In solchen Etappen gehen die Dinge vor sich, die aus einer ganz anderen Welt hereinfließen in diese unsere Welt. Da öffnet sich unsere Welt einer anderen Welt.
Sehen Sie, soll man genauer bezeichnen, wie sich da unsere Welt einer anderen Welt öffnet, so muß man sagen: da öffnet sich unsere Welt der astralischen Welt neu. Astralische Ströme fließen ein und aus. Allerdings, sie fließen jährlich ein und aus; aber wir haben es da gewissermaßen mit 18 Atemzügen in der Minute zu tun nach diesen [8 Jahren. Kurz, wir werden da gewissermaßen durch die Welten-uhr aufmerksam auf das Atmen des Makrokosmos, in das wir eingefügt sind. Dieses Korrespondieren mit einer anderen Welt, das sich gerade ausdrückt durch die Bewegungen des Mondes, das ist außerordentlich wichtig. Denn sehen Sie, diese Welt, die da herein-ragt, sie ist ja gerade diejenige, in die wir hinüberschlafen, wenn wir mit unserem Ich und unserem astralischen Leibe herausgehen aus unserem physischen und unserem Ätherleib. Es ist nicht so, daß man
sagen kann, die Welt, die uns umgibt, die ist nur abstrakt durchdrungen von der astralischen Welt, sondern sie atmet die astralische Welt, und wir können in ihren Atmungsprozeß, das Astralische, hineinschauen durch die Mondbewegung, beziehungsweise durch die Nutation. Sehen Sie, jetzt haben Sie schon etwas außerordentlich Bedeutsames: Sie haben auf der einen Seite unsere Welt, wie sie gewöhnlich angeschaut wird, dazu den materialistischen Aberglauben, der zum Beispiel dazu sich versteigt, daß man hinaufschaut und meint, die Sonne da oben sei ein Gasball, wie man ihn ja beschrieben findet in den Büchern. Es ist Unsinn. Es ist kein Gasball, sondern es ist weniger als Raum dort (Tafel 7, rechts unten, noch ohne Strahlen), es ist ein Saugekörper dort, weniger als Raum, während gerade ringsherum noch dasjenige ist, was bis zu einem gewissen Grade drückt. So daß wir es mit dem, was von der Sonne kommt, nicht zu tun haben mit irgend etwas, was etwa durch Verbrennen in der Sonne entsteht oder so etwas, sondern es ist alles zurückgestrahlt (die Rückstrahlung wird eingezeichnet), was erst hingestrahlt ist aus dem Weltenall. Da ist es leerer als leer, wo die Sonne ist.
Aber leerer als leer ist es überall im Weltenall, wo Äther ist. Deshalb wird es den Physikern so schwer, vom Äther zu sprechen, weil sie immer denken, der Äther ist auch Materie, aber dünner; dünner als die gewöhnliche Materie. Auf das Dünnere läßt sich der Materialismus noch ein, sowohl der naturwissenschaftliche Materialismus wie auch der theosophische Materialismus - aufs Dünnere, aufs immer Dünnere läßt er sich noch ein. Dichte Materie, die Äthermaterie ist dünner, die astralische Materie wieder dünner, und dann, nun dann sind da diese mentalischen Materien und was da alles ist -immer dünner und dünner. Aufs Dünnere läßt sich dieser theosophische Materialismus ein, gerade wie der naturwissenschaftliche Materialismus, nur daß der eine etwas mehr Nummern aufzählt im Dünnerwerden als der andere. Aber es handelt sich beim Übergang von der gewöhnlichen wägbaren, gewichtigen Materie zum Äther gar nicht darum, daß es dünner wird. Wer da glaubt - ich möchte das Bild noch einmal vor Ihre Seele hinstellen -, daß es sich beim
Äther nur um das Dünnerwerden der Materie handelt, der steht auf demselben Boden wie der, der sagt: Ich habe hier eine Schatulle voll Geld, nehme davon weg und nehme davon weg, das Geld wird immer weniger und weniger. Zuletzt wird es Null und man ist am Ende. - Aber nicht wahr, es kann ja noch weniger werden, wenn man Schulden macht. Da wird es weniger als Null. So wird die Materie nicht bloß leerer Raum, sondern sie wird negativ, sie wird weniger als nichts, sie wird saugend. Und der Äther ist saugend. Die Materie ist drückend, der Äther ist saugend. Die Sonne ist ganz ein Ball, der eigentlich saugt. Und überall, wo Äther ist, ist Saugekraft.
Da kommt man hinüber in das andere des dreidimensionalen Raumes, aus dem Drückenden ins Saugende. Dasjenige, was zunächst uns in der Welt umgibt, woraus wir als physischer Mensch und als Äthermensch bestehen, das ist ein Drückendes und ein Saugendes. Auch wir selbst bestehen aus einem Drückenden und Saugenden. Nur sind wir eben gemischt aus Drückendem und Saugendem, während die Sonne bloß Saugendes ist, bloß Äther. Aber dieses Gewoge von Drückendem und Saugendem, von wägbarer Materie und Äther, das ist in lebendiger Organisation. Das atmet fortwährend, indem sich das Atmen ausdrückt durch die Mond-bewegungen, durch die Nutation; das atmet fortwährend Astralisches. So daß wir also auch da nun schon gewissermaßen ahnen ein zweites Glied der Welt überhaupt, das eine Glied der Welt drückend und saugend, physisch und ätherisch, und dann ein zweites Glied der Welt: Astralisches. Das ist weder das Eine noch das Andere, sondern das wird ein- und ausgeatmet, und die Nutation kündigt uns das an.
Nun, sehen Sie, es ist uralt, daß man eine gewisse astronomische Tatsache beobachtet hat. Viele tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung war es den Ägyptern bekannt, daß nach 72 Jahren die Fix-sterne in ihrer scheinbaren Bewegung der Sonne um einen Tag vorausgeeilt sind. Zunächst sieht es ja so aus, nicht wahr, daß die Fix-sterne sich scheinbar drehen, die Sonne sich scheinbar dreht. Aber die Sonne dreht sich wesentlich langsamer als die Fixsterne, und nach 72 Jahren sind die Fixsterne schon ein Stück vorausgeeilt. Deshalb
verschiebt sich ja der Frühlingspunkt, weil die Fixsterne voraus-eilen. Wenn der Frühlingspunkt weiter und weiter rückt, dann müssen sich ja die Fixsterne gegenüber dem Stand der Sonne verschoben haben. Nun, die Sache ist so, daß nach 72 Jahren tatsächlich die Fixsterne der Sonne um einen Tag voraus sind. So findet man, daß nach 72 Jahren die Sterne Ende des 30. Dezember an einem bestimmten Punkte ankommen, die Sonne kommt erst Ende des 31. Dezember an demselben Punkte an. Sie ist also langsamer gegangen um einen Tag. Nach 25920 Jahren bleibt sie so weit zurück, daß der ganze Umkreis vollendet ist, daß sie wiederum an den Punkt zurückkommt, den wir vorher notiert haben. Nach 72 Jahren also ist die Sonne um einen Tag zurückgeblieben hinter den Fixsternen. Das ist aber eben ungefähr die normale Lebensdauer eines Menschen, das sind die 72 Jahre, die 25 920 Tage sind.
Und nehmen wir diese 72 Jahre 360 mal, dann haben wir, eben wenn wir das Menschenleben als einen Tag betrachten und 360 Weltentage annehmen, in denen die Sonne einmal herumgeht, da haben wir dann das Menschenleben als einen Tag des Makrokosmos - der Mensch gleichsam ausgeatmet aus dem Makrokosmos -, das Menschenleben als einen Tag im makrokosmischen Jahr.
Auf dieses ganze scheinbare Umlaufen des Frühlingspunktes haben tausende von Jahren vor unserer Zeitrechnung die Ägypter hingewiesen, denn sie haben in der 72jährigen Periode etwas sehr Wichtiges gesehen, und sie haben damit auf dieses makrokosmische Jahr hingedeutet. In diesem Herumgehen des Frühlingspunktes zeigt sich uns wiederum etwas an, was zu tun hat mit Leben und Sterben des Menschen im Weltenall draußen, also Leben und Sterben des Makrokosmos. Das Gesetz des Lebens und Sterbens des Menschen ist etwas, was wir ja verfolgen müssen. Auch dasjenige, was Nutation ist, weist uns ja auf eine andere Welt hin, so wie uns unsere Wahrnehmungswelt auf die Atmungswelt hinweist. Was Sie in der gegenwärtigen Astronomie als Präzession finden, das Vorrücken der Tag-und Nachtgleichen also, in dem finden Sie wiederum etwas wie den Übergang zum vollständigen Schlafen, den Übergang zu einer dritten Welt, die ich nun wiederum als eine andere, hereinragend in
diese (Tafel 7, Zeichnung rechts, Mitte, 2. horizontale Schraffiir, rot) zeichnen müßte. Drei Welten, die sich gegenseitig durchdringen, gegenseitig auch aufeinander beziehen, die man aber nicht einfach unter dem Gesichtspunkte der Kausalität zusammenfassen daif - drei Welten, das heißt eine dreigliedrige Welt, wie einen dreigliedrigen Menschen. Eine erste Welt, die Welt, die uns umgibt, die wir wahrnehmen; eine zweite Welt, die sich herein ankündigt durch die Bewegungen des Mondes; eine dritte Welt, die sich herein ankündigt durch die Bewegungen des Aufgangspunktes der Sonne, also in gewissem Sinne, müssen wir sagen: durch den Weg des Sonnenwe ges. Da sehen wir auf eine dritte Welt hin, die allerdings so unbekannt bleibt, wie die Welt unseres Willens dem gewöhnlichen Bewußtsein unbekannt bleibt.
Es handelt sich also darum, daß wir überall solche Entsprechungen suchen, solches Bezogensein des menschlichen Mikrokosmos auf den Makrokosmos. Und wenn im Orient heute noch, allerdings in der Dekadenz, aber früher in der Blüte der alten orientalischen Weisheit, ein Atmungsbewußtsein gesucht wurde, so war es das Bedürfnis, hinüberzuschlüpfen in diese andere Welt, die sich sonst nur ankündigt durch dasjenige, möchte ich sagen, was der Mond in unserer Welt will. Aber man hat auch in anderer Beziehung auf diese innere Gesetzmäßigkeit wohl hinzuweisen gewußt in den Zeiten, in denen es noch eine, in anderer Art, als wir sie suchen müssen, zum Menschen gekommene Urweisheit gab. Im Alten Testamente gebrauchte man bei den Eingeweihten, die diese Dinge wußten, immer ein Bild, das Sie ja auch in einer gewissen Weise - ich habe auch darauf schon einmal früher aufmerksam gemacht - in den Evangelien finden, man brauchte das Bild von dem Mondenlichte im Verhältnis zum Sonnenlichte. Es ist ja so, nicht wahr, daß man das Mondenlicht ansieht als in gewisser Beziehung nur Sonnenlicht zurückstrahlend. (Tafel 8, unten, rot; der kleine Kreis links blau). Jetzt spreche ich im Sinne der Physik - ich werde ja wohl auch davon noch zu sprechen haben, daß diese Ausdrücke sehr wenig genau sind -, wir sprechen im Sinne der Physik, denn sie lag ja auch den Vorstellungen zugrunde, die da waren. Dieses Mondenlicht -
das galt im Alten Testament als der Repräsentant der Jahve-Kraft. Die Jahve-Kraft stellte man sich vor als zurückgeworfene Kraft, und die Eingeweihten, natürlich nicht die orthodoxen Rabbiner des Alten Testaments, aber die Eingeweihten sagten: Der Messias, der Christus wird kommen, der wird das direkte Sonnenlicht sein. Jahve ist bloß die vorhergehende Reflexion. Das ist dasselbe, aber es ist nicht das direkte Sonnenlicht. - Es ist natürlich, daß jetzt nicht das physische Sonnenlicht gedacht werden darf, sondern das Spirituelle dabei in Betracht kommt.
Nun trat Christus in der Zeit in die Menschheitsentwickelung ein, und dasjenige trat ein, was früher nur in der Reflexion, nur indirekt in der Jahve-Gestalt da war. Zunächst war daher eine Notwendigkeit vorliegend, den Christus, der in Jesus lebte, nach einer anderen Gesetzmäßigkeit zu denken, als nach der Gesetzmäßigkeit, welche der gewöhnlichen Naturerkenntnis vorliegt. Wenn man aber eine solche Gesetzmäßigkeit nicht gelten läßt, wenn man glaubt, die Welt hänge nur nach Ursachen und Wirkungen zusammen und sei eine kausal zusammenhängende Welt, da ist kein Platz für dasjenige, was der Christus ist. Man muß erst vorbereiten den Platz für den Christus, indem man die drei sich ineinander gliedernden Welten ins Auge faßt. Dann gibt es auch eine Möglichkeit, zu sagen: Wenn auch in der Welt, die unsere Sinne vor sich haben, überall alles nach Ursache und Wirkung so zusammenhängt, wie die Naturwissenschaft es faßt - eine andere Welt durchdringt diese. Da hinein gehört dasjenige, was das Geschehen ist, das sich an das Ereignis von Golgatha anknüpft. Wenn in unserer Zeit immer mehr das Bedürfnis auftauchen wird, Verständnis zu bekommen für diese Dinge, so handelt es sich darum, daß dieses Verständnis eben gesucht werden muß durch eine Anerkenntnis der ineinander sich gliedernden Welten, die aber durchaus von einander verschieden sind. Es handelt sich darum, daß man dreierlei Gesetzmäßigkeiten sucht, nicht eine bloß. Und diese dreierlei Gesetzmäßigkeiten werden wir eben im Menschen zu suchen haben. Aber wenn Sie dies ins Auge fassen, was ich jetzt gesagt habe, dann werden Sie verstehen, daß es sich darum handelt, nicht bloß so, wie es das kopernikanische, galileische Weltersystem
macht, aufzuzeichnen irgendwelche Ellipser (Tafel 7, links unten; rot), die darstellen sollen die Bahnen von Saturn, Jupiter, Mars; von Erde, Venus, Merkur und dann Sonne. Darum kann es sich nicht handeln; sondern es handelt sich darum, die Gesetze, die zunächst da walten, wo die Welt vorliegt, die sich uns durch das sinnlich Wahrnehmbare ausdrückt, daß wir diese durchkreuzt uns denken müssen von anderer Gesetzmäßigkeit, und daß vor allen Dingen unser jetziger Mond in seiner Bewegung etwas darstellt, was nun seinerseits gar nicht zusammenhängt kausal mit dem übrigen Sternensystem. Er gehört nicht dazu wie die anderen Planeten. Er deutet auf eine Welt, die in die unsrige eben hereingeschoben ist. Er deutet auf den Atmungsprozeß unseres Weltensysteins, wie die Sonne hindeutet auf das Durchdrungensein von dem Äther.
Ehe man also Astronomie treibt, sollte man vor allen Dingen sich qualitativ über dasjenige unterrichten, was sich da im Raum bewegt und was im Raum von einander abhängig ist. Denn man sollte sich klar sein, daß man nicht einfach miteinander in Beziehungen brin-gen darf Sonnenmaterie und irgendeine andere Materie, irgendeine Erdenmaterie. Die Sonnenmaterie ist im Verhältnis zur Erdenmaterie eine saugende, während die Erdenmaterie eine drückende ist. Und die Bewegungen, die sich ausdrücken in der Nutation, sind Bewegungen, die von der Astralität herrühren, nicht von irgend etwas, was durch Newtonsche Prinzipien aufgesucht werden darf. Aber dieser Newtonismus, er ist gerade dasjenige, was uns in so furcht-barer Weise in den Materialismus hineingeschmettert hat, denn er hat zur äußersten Abstraktion gegriffen. Er redet von einer Gravitationskraft: Die Sonne zieht die Erde an, oder die Erde zieht den Mond an - eine Kraft, eine Anziehungskraft von dem Monde zur Erde hin, oder von der Erde zur Sonne hin, so irgendein unsichtbarer Strick (Tafel 7, rechts oben). Aber bestände bloß diese Anziehungskraft, so wäre ja kein Grund vorhanden, daß sich etwa der Mond um die Erde, oder die Erde um die Sonne dreht, sondern es wäre nur ein Grund vorhanden, daß der Mond auf die Erde herunterfiele - er wäre schon längst heruntergefallen, wenn bloß die Gravitationskraft da wäre - oder die Erde in die Sonne hineinfiele.
Das geht also doch nicht, daß man bloß die Gravitation annimmt, um die gedachten oder wirklichen Bewegungen der Himmelskörper zu erklären. Also was tut man? Man sagt so: Nehmen wir an, hier ist ein Planet (dieselbe Tafel, Mitte oben), er möchte eigentlich fortwährend in die Sonne hineinfallen, wenn bloß die Anziehungskraft wäre. Aber es ist ihm eine Kraft, eine Tangentialkraft, ein mächtiger Stoß einmal verliehen worden, und da wirkt hier der Stoß so stark, die Anziehungskraft vielleicht so stark; nun, da bewegt er sich eben nicht so, daß er hereinfällt, sondern er bewegt sich dann in der resultierenden Linie.
Sie sehen, dieser Newtonismus hat nötig, daß jeder Planet, überhaupt jeder bewegte Himmelskörper, einen Urstoß erhalten hat. Da muß also immer ein extramundaner Gott da sein, der da stößt, der da die Tangentialkraft gibt. Das ist überall vorausgesetzt. Diese Annahme ist aber in einer Zeit gemacht, wo man gar keine Ahnung mehr hatte, wie man das Geistige mit dem Materiellen in irgendeine Verbindung bringen sollte, wo man beim alleräußersten Anstoß stehen geblieben war. Darinnen spricht sich schon dieses DieMaterie-nicht-Begreifenkönnen des Materialismus aus. Das ist es ja, worauf ich in der letzten Zeit so häufig hingewiesen habe. Er kann daher auch nicht die Bewegungen des Materiellen verstehen, sondern er muß sie ganz anthropomorphistisch erklären, indem er sich den Gott ganz als Mensch denkt und - hups - bekommt der Mond einen Stoß, dann die Erde, dann ziehen sich die an, und dann resultieren aus dem Hups-Stoß und aus der Anziehungskraft die Bewegungen.
In diesen Dingen stehen wir heute darinnen. Aus diesen Dingen heraus konstruieren wir uns unser Weltensystem. Aber zum Begreifen desjenigen, was ist, ist mehr notwendig; dazu ist notwendig, daß man in einer solchen Weise überall die Verbindungen verstehen lernt zwischen dem, was im Menschen lebt und dem, was draußen im Makrokosmos lebt. Denn der Mensch ist ein wirklicher Mikrokosmos im Makrokosmos. Davon dann morgen weiter.
FÜNFTER VORTRAG Dornach, 17. April 1920
Es ist wohl aus den Betrachtungen, die wir in diesen Tagen angestellt haben, klar geworden, daß man überhaupt die Konfiguration des Weltenalls, des räumlichen Weltenalls in seinen Bewegungen nicht so betrachten kann, wie das unter dem Einflusse der gegenwärtigen Wissenschaftsgesinnung geschieht. Es wird gewissermaßen da nicht nur alles ganz abgesondert vom Menschen betrachtet, sondern es werden auch die einzelnen Körper, die sich dem Augenschein nach Ms gesonderte Körper ergeben, isoliert vorgestellt, und dann werden ihre Wirkungen aufeinander in ihrer Isolierung ins Auge gefaßt. Das ist aber geradeso, als wenn man zum Beispiel am menschlichen Organismus einen Arm für sich betrachten und versuchen würde, diesen Arm für sich zu studieren, dann ein anderes Glied, und so aus dem Zusammenwirken der einzelnen Glieder dann den ganzen Organismus begreifen wollte. Es handelt sich darum, daß man den ganzen Organismus des Menschen ja nicht begreifen kann aus seinen einzelnen Teilen, sondern daß man die Betrachtung des Ganzen zugrunde legen und dann von dem Ganzen aus die einzelnen Teile betrachten muß.
Dasselbe gilt von, sagen wir, unserem Sonnensystem, aber auch von unserem Sonnensystem in seiner Beziehung zu der ganzen sichtbaren Sternenwelt. Denn die Sonne, die anderen Planeten, der Mond, die Erde, sie sind ja nur Glieder in einem ganzen System. LJnd warum sollte denn zum Beispiel die Sonne abgesondert für sich als ein Körper betrachtet werden? Es ist ja durchaus gar nicht irgend-ein Grund vorhanden, die Sonne sich vorzustellen da, wo gerade das Auge sie sieht, und in den Grenzen darzustellen, in denen das Auge sie sieht. Man muß schon sagen, in bezug auf dasjenige, was da zugrunde liegt und verfehlt wird, hatte der Philosoph Schelling sehr recht, wenn er die Sache so wendete, daß er fragen wollte: Wo ist die Sonne anders als wo sie wirkt? Wenn die Sonne auf der Erde wirkt, so gehört eben dasjenige, was die Sonne auf der Erde wirkt, in den
Bereich der Sonne hinein, und man tut sehr unrecht, wenn man aus einem Ganzen einen Teil herausnimmt und für sich betrachtet. -Das war aber das Bestreben der neueren, doch eben materialistischen Weltanschauung, die immer stärker und stärker sich geltend machte seit der Mitte des 15. Jahrhunderts. Und das ist auch das, wogegen Goethe sich Zeit seines Lebens, soweit er Naturwissenschaft getrieben hat, immer wenden mußte, gegen das auch jeder wahre Goetheanismus sich eben wenden muß. Schon Goethe hat ja darauf aufmerksam gemacht, daß man eigentlich die außermenschliche Natur nicht ohne Zusammenhang mit dem Menschen erfassen soll. So daß also eben durchaus, um zu verstehen, was in der außermenschlichen Natur vorgeht, die menschliche Wesenheit zugrunde gelegt werden muß. Wie wenig die Dinge wert sind, welche Ihnen in der äußeren Astronomie entgegentreten, das können Sie ja zum Beispiel aus dem Folgenden entnehmen.
Man versucht, durch alle möglichen Erwägungen von einer gewöhnlichen, in einer elliptischen Bahn vor sich gehenden Bewegung der Erde um die Sonne zu sprechen. Man sagt, diese Bewegung der Erde um die Sonne, sie sei hervorgerufen durch jene tangentiale Stoßbewegung, von der ich Ihnen gestern am Ende der Betrachtungen gesprochen habe im Zusammenhange mit der Anziehungskraft der Sonne. Aber man kann doch nicht leugnen, wenn man von Anziehungskräften spricht - und man leugnet es auch nicht, weil es ja ganz absurd wäre -, daß nicht nur die Sonne die Erde anzieht, sondern auch die Erde die Sonne anzieht, so daß also eine Anziehungskraft oder Gravitaticnskraft nicht nur geübt würde - ich zeichne jetzt ähnlich wie die Astronomie zeichnet - von der Sonne gegenüber der Erde, sondern auch von der Erde gegenüber der Sonne (Tafel 9, oben).
Daraus aber muß man schließen, daß, weil sich die beiden Weitenkörper gegenseitig anziehen, man eigentlich gar nicht von einem Herumwandeln der Erde in einer Ellipsenbahn um die Sonne sprechen kann. Denn wenn die Erde die Sonne und die Sonne die Erde anzieht, gegenseitig, dann kann natürlich nicht einseitig die Erde sich bloß um die Sonne drehen, sondern dann handelt es sich darum,
daß beide sich um einen neutralen Punkt drehen; daß also nicht etwa die Drehung so erfolgt, daß gewissermaßen der Mittelpunkt der Sonne als Drehpunkt in Betracht käme, sondern es muß ein neutraler Punkt zwischen den beiden Mittelpunkten, zwischen dein Erdenmittelpunkt und dem Sonnenmittelpunkt, der Drehpunkt sein. Ich erzähle Ihnen jetzt nicht etwas, was ich einwende gegen die Astronomie, sondern, was Sie in den astronomischen Büchern selber finden können. So muß man also annehmen, daß da zwischendrinnen irgendwie der Drehpunkt liege. Nur tröstet sich die Astronomie damit, daß die Sonne so groß ist, daß dieser Drehpunkt noch in ihr drinnen liegt. So daß also die Erde und die Sonne sich um diesen Punkt drehen würden, die Erde also nicht um die Sonne unmittelbar, sondern auch die Sonne dreht sich, aber um einen Punkt, der in ihr liegen würde. So weit ist also auch die äußere Astronomie, daß man spricht von einem Punkte, der nicht der Mittelpunkt der Sonne ist, sondern der da in der Verbindungslinie liegt. Aber er liegt noch innerhalb der Sonne selber. Ja, da kommt aber jetzt etwas anderes in Betracht. Erst mußte man ja diese ganze Größe der Sonne berechnen. Das ist ja Rechnungsergebnis. Es hängt also die Annahme, daß der Punkt noch innerhalb der Sonne ist, erst wiederum von der berechneten Größe der Sonne ab. Und so setzt man aus lauter Rechnungsresultaten etwas zusammen, was ganz selbstverständlich, weil man ja nach dem Augenschein rechnet, eine bestimmte, eingeschränkte Gültigkeit haben muß, was aber doch nicht maßgebend zu sein braucht für die wirkliche Wesenheit, die da zugrunde liegt.
Also darum handelt es sich, daß man, ich möchte sagen, der heutigen Astronomie ein wenig auf die Finger schaut, wie man jeder Wissenschaft heute auf die Finger schauen muß, damit man sieht, an welchen Punkten - und es gibt zahlreiche solche Punkte - diese Wissenschaft glatt über sich selber einfach hinausführt, wenn sie an gewisse schwierige Stellen kommt.
Sehen Sie, solche schwierigen Stellen, die lassen sich überhaupt nach dem Äußeren der Erscheinungen eigentlich gar nicht beurteilen, sondern man kommt nur zu einem wirklichen Ergebnis, wenn man eben das ganze Weltenall in seiner Beziehung zum Menschen
zu erfassen in der Lage ist. Da muß man aber zuerst einmal diejenigen Dinge, die wir schon angegeben haben von Beziehungen des Menschen zum Weltenall, ins Auge fassen, und dann muß man noch manches andere hinzufügen, ehe man zu einem wirklichen Weltbilde kommen kann. Wir haben ja gestern damit geschlossen, daß wir gesagt haben, wir müssen uns erstens vorstellen die gewöhnliche wägbare Materie, also die, die wir abwägen können. Das Licht können wir nicht abwägen. Das Licht gehört nicht zur wägbaren Materie; die Wärme auch nicht, die gehört nicht zur wägbaren Materie. Wir müssen erst ins Auge fassen dasjenige, was wir abwägen können, und dann müssen wir dem Wägbaren gegenüberstellen eben den Äther. Und wir haben gestern gesagt, daß es eben unrichtig ist, so wie die Erde wägbare Materie hat, sich auch die Sonne vorzustellen. Sie ist eigentlich etwas, was weniger ist als Raum, sie ist eine Aussparung des Raumes, sie ist etwas Saugendes im Gegensatze zu dem Drückenden der wägbaren Materie.
Und so haben wir es nicht nur zu tun in der Außenwelt, ich möchte sagen, mit einer Ansammlung von solchem saugenden Äther, sondern dieser saugende Äther verbreitet sich jetzt auch weiter. Überall ist neben der drückenden Kraft saugende Kraft vorhanden. Wir selbst tragen in unserem Ätherleib saugende Kraft in uns.
Damit aber erschöpfen wir überhaupt das, was wir als Räumliches auffassen können. Drückende Kraft und saugende Kraft, das ist, was wir im Raume finden können. Es handelt sich aber darum, daß wir nicht nur unseren physischen Leib haben, der aus wägbarer Materie besteht, auch wägbare Materie aufnimmt und wieder ab-stößt; daß wir unseren Ätherleib haben, der aus saugendem Äther besteht; sondern wir haben dann unseren astralischen Leib, wenn wir das Wort «Leib» da anwenden dürfen. Was bedeutet das, daß wir unseren Astralleib haben? Daß wir unseren astralischen Leib haben, das bedeutet, daß wir etwas nicht mehr Räumliches in uns tragen, was aber zu dem Räumlichen in einer gewissen Beziehung steht. Daß eine Beziehung des Astralischen zu dem Räumlichen statt-findet, das können Sie ja einfach aus dem Folgenden entnehmen.
Während wir wachen, füllt unser astralischer Leib den Ätherleib und den physischen Leib aus, beziehungsweise durchdringt sie. Nun wirkt aber der Ätherleib in uns anders, wenn wir wachen, als wenn wir schlafen. Es wird eine andere Beziehung hergestellt zwischen dem Ätherleib und dem physischen Leib, indem wir wachen. Diese andere Beziehung wird durch den Astralleib herbeigeführt. Der ist also etwas Tätiges. Er wirkt auf das Räumliche, obwohl er selbst nicht räumlich ist. Er ordnet und gliedert die Beziehungen des Räumlichen. Das, was da in uns geschieht, das Ordnen der Beziehungen des Räumlichen durch den Astralleib, das geschieht aber auch im Weltenall. Und es geschieht im Weltenall in der folgenden Weise.
Sehen Sie, versuchen Sie jetzt, bloß, ich möchte sagen, mit dem Räumlichen zu rechnen, indem Sie diejenigen Raumgegenden in dem von uns überschaubaren Weltenraum ins Auge fassen, die uns eben angegeben werden in der äußeren Welt durch das, was wir den Tierkreis nennen (Tafel 10, links oben). Ich will gar nicht im besonderen auf diese Tierkreisbilder jetzt eingehen, sondern nehmen Sie nur die Himmelsrichtungen, auf die wir hinschauen, wenn wir uns gegen das Sternbild des Widders im sogenannten Tierkreis wenden, dann zu Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische. Da haben wir gewissermaßen zunächst nur darauf zu schauen, wie der uns als unser sichtbares Weltenall vorliegende Raum gegliedert wird. Und nur als Zeichen für diese Gliederung sei immer hingewiesen auf die betreffende Gegend; nur als Zeichen, in welcher Richtung wir den Raum abgrenzen wollen, sei hingewiesen auf die betreffenden Sternbilder im Tierkreise.
Nun handelt es sich darum, daß diese Raumrichtungen wirklich nicht etwas sind, was man damit charakterisieren kann, daß man sagt: Da ist leerer Raum, und ich ziehe in den leeren Raum hinein irgendeine Linie. - So etwas, was die Mathematik als Raum annimmt, gibt es überhaupt nirgends, sondern überallhin sind Kräftelinien, Kräfterichtungen, und diese Kräfterichtungen sind nicht gleich, sie sind untereinander verschieden, sie sind differenziert. Und man
kann ja eben diese 12 Gebiete unseres sichtbaren Weltenalls dadurch unterscheiden, daß man sagt: Schaue ich in der Richtung nach dem Widder, so ist die Kraftwirkung eine andere, als wenn ich in der Richtung nach der Waage oder in der Richtung nach dem Krebs schaue. Das ist etwas, was allerdings zunächst der Mensch nicht zugeben will, solange er in der bloßen Sinneswelt verweilt. Aber in dem Augenblicke, wo der Mensch aufsteigt zum imaginativen Seelenerleben, empfindet er nicht gleichgültig die Richtung nach dem Widder oder Krebs, sondern er empfindet sie höchst differenziert. Sehen Sie, wenn ich Ihnen einen Vergleich geben will, so kann ich ihn durch folgendes geben Denken Sie sich einmal, Sie ordnen sich im Kreise herum zwölf Personen, und zwar nach dem Gesichtspunkte, wie sie Ihnen sympathisch oder antipathisch sind. Sie stellen nach der einen Richtung hin die sympathischsten Personen, dann die weniger und immer weniger sympathischen; jetzt kommen die antipathischen auf der andern Seite. Denken Sie sich, Sie ordnen so um sich herum Personen an, bei denen Sie differenzieren in Graden von Sympathie und Antipathie. Es braucht ja nicht persönlich zu sein, das kann ja meinetwillen nach dem Aussehen sein oder so etwas -nicht wahr, es kann ja eine gewisse Objektivität darinnen sein. Dann werden Sie sich herumdrehen, und Sie werden durchgehen durch 12 Bilder und zu gleicher Zeit ein sehr abgestuftes, differenziertes Empfinden haben. Dieses abgestufte, differenzierte Empfinden hat der Mensch, wenn er zum imaginativen Wahrnehmen aufsteigt, sobald er sich um das Himmelsgewölbe herum bewegt. Es tauchen einfach diese Grade des Empfindens, sogar diese Grade des Anschauens auf. Das ist in dem Augenblicke der Fall, wo der Mensch aus der Gleichgültigkeit des gewöhnlichen Sinneslebens herauskommt. Man hat es also da nicht zu tun mit etwas Gleichgültigem im Raume, sondern man hat es zu tun damit, daß der Raum um uns herum auf uns in sehr differenzierter Weise wirkt.
Sehen Sie, da kommt etwas zutage, was mit der ganzen Entwickelung des Menschen zusammenhängt. Würde der Mensch stehen geblieben sein bei der alten Art des Bewußtseins, wo er ein atavistisches Bilderbewußtsein hatte, dann würde auch bei diesem
atavistischen Bilderbewußtsein ein sehr starkes Differenziertsein schon vorhanden sein. Er würde gewissermaßen unangenehm berührt sein von der einen Himmelsgegend, angenehm berührt sein von einer andern Himmelsgegend und so weiter. Aber der Mensch ist herausgerissen aus diesem Spiel, in das er einmal hineingestellt war. Er ist gerade dadurch herausgerissen, daß er in die Sinneswelt durch seine gegenwärtige Organisation versetzt ist. Daß der Mensch aber für den Weltenraum organisiert ist, das ist durch gewisse Erscheinungen auch heute noch äußerlich erfahrungsgemäß zu belegen. Denn es ist kein Unsinn, daß einfach gewisse Krankheiten besser heilen, wenn man den Kranken mit seinem Bette in die Ostwestliche Richtung legt. Das ist kein Aberglaube, das ist etwas, wovon sich jeder empirisch gut überzeugen könnte, wenn er will. Das soll aber nicht eine Anempfehlung sein, daß sich jeder nun sein Bett in irgendeiner Weise stellen soll! Ich habe so viel nach dieser Richtung erlebt, daß es notwendig ist, daß ich solche Dinge immer hinzu-füge. Denn was nach dieser Richtung alles erlebt werden kann, davon könnten unzählige Beispiele angeführt werden. So zum Beispiel ist es einmal geschehen - es war noch in Berlin -, als eine Anthroposophiestunde zu Ende war, ich einen gewissen Wert darauf legte, daß ich mich nicht erst niederzusetzen brauchte, um Gummischuhe anzuziehen, wenn es regnete, sondern daß ich das auch im Stehen machen konnte, wobei man dann auf einem Bein stehen muß für kurze Zeit. Ich sagte, der Mensch muß doch auch auf einem Bein stehen können. Das faßten einige Anthroposophen so auf, daß auf dem Umwege über London zurückkam, daß man in der Anthroposophischen Gesellschaft den Mitgliedern als esoterische Übung aufgibt, um Mitternacht eine Weile auf einem Bein zu stehen. Nun, sehen Sie, solche tiefen Gründe haben manche Dinge, die über uns gesagt werden. Es figurieren zahlreiche solche Mitteilungen, die dann wiederum in dem oder jenem Zeitungsartikel von gut- oder übelwollenden Leuten, meistens übelwollenden, erscheinen. Also ich will durchaus, wie gesagt, nicht darauf hinweisen, daß nun jeder sich sein Bett in einer gewissen Weise stellen soll. Aber es muß eben anerkannt werden, daß solche Erscheinungen, die ins Beliebige vermehrt
werden könnten, durchaus zeigen, daß der Mensch auch heute noch in den Untergründen seines Wesens Beziehungen hat zu den Raumdifferenzierungen, die draußen sind und in die er eingespannt ist. Aber wodurch hat der Mensch solche Beziehungen?
Der Mensch hat solche Beziehungen durch seinen astralischen Leib. Der astralische Leib stellt diese Beziehungen her. Das kann nur dadurch sein, daß der Mensch durch seinen astralischen Leib in eine astralische Welt, also in eine Welt, die zwar in den Raum hinein wirkt, die aber selbst nicht räumlich ist, hineingestellt ist. Wir fassen dasjenige, was hier als Tierkreis aufgezeichnet ist, dann richtig auf, wenn wir es als Repräsentation der äußeren astralischen Welt auffassen.
Sehen wir jetzt ab von den astronomischen Theorien, sehen wir auf dasjenige, was sich dem Augenschein darbietet. Wir wissen ja, daß, scheinbar oder wirklich, die Sonne den Tierkreis durchläuft in verschiedenster Weise: täglicher Lauf, jährlicher Lauf und wiederum der Lauf durch das platonische Jahr, was ich Ihnen ja gestern dargestellt habe durch die Wanderung des Frühlingspunktes. So daß wir sagen können, dasjenige, was auf uns wirkt aus diesem saugenden Ätherball Sonne, das wirkt in einer verschiedenen Art, weil es ja durch verschiedene Raumdifferenzierungen durchgeht. Bald kommt es von jener Raumdifferenzierung, die durch den Widder angegeben wird, bald von einer anderen Raumdifferenzierung her.
Nehmen wir nun einen Bewohner unserer Gegenden, so müssen wir sagen, zu irgendeinem Zeitpunkte ist uns zugewendet die eine Hälfte dieser Sternbilder; die andere ist durch die Erde verdeckt Wir stehen dieser Raumdifferenzierung so gegenüber, daß wir dem einen Teil direkt zugewendet sind, während zwischen dem andern und uns die Erde ist. Das ist jedenfalls etwas, was mit keiner scheinbaren oder wirklichen Bewegung zu tun hat, sondern das ist eine Tatsache, daß wir in irgendeinem Zeitpunkte direkt zugewendet sind dem einen Teil des Tierkreises, und daß zwischen uns und dem anderen Teil eben die Erde sich hineinschiebt. Nun stellen wir uns diese Raumdifferenzierungen vor, wenn sich die Erde hineinschiebt. Was muß denn das bedeuten? Das muß bedeuten, daß dann, wenn
uns zum Beispiel diesen unteren Teil die Erde zudeckt (in der Zeichnung wird dieser Teil schraffiert), die eine Hälfte hier direkt wirkt; die andere Hälfte wirkt nicht direkt, sondern durch ihre Abwesenheit. Wir haben also einmal die direkte Wirkung der differenzierten Raumgebiete, das andere Mal haben wir die Wirkung der Abwesenheit dieser Differenzierungen, des Nichtdaseins dieser Differenzierungen. Das ist etwas, was in uns tätig ist, was in uns gewissermaßen bewirkt, daß wir die Möglichkeit haben, dasjenige, was direkt auf uns wirkt, in irgendeine Beziehung zu bringen mit dem, was abwesend ist, demgegenüber es uns erspart ist, in seinem direkten Einflusse zu sein.
Das gibt uns aber zu etwas anderem Gelegenheit. Nehmen wir an, in der Richtung aus dem Krebs komme eine gewisse Wirkung; ihr würde entgegenstehen eine Wirkung aus dem Steinbock; aber die wird uns weggenommen, so daß ich also die Krebswirkung in mir habe, ihr gegenüber die weggenommene Steinbocltwirkung (Pfeile). Dadurch ist die Krebswirkung in einer gewissen Weise mir anheimgestellt. Ich kann ja nicht in derselben Weise auf mich wirksam haben das Abwesende, wie dasjenige, was da ist. Dadurch bekomme ich einen gewissen Einfluß auf dasjenige, was auf mich wirkt, daß ihm entgegensteht der weggenominene Gegensatz. Dadurch, daß ich auf der Erde stehe, werden die Wirkungen des Himmlischen auf mich andere, als wenn ich ihnen frei schwebend im Raume ausgesetzt wäre.
Fassen Sie das nur einmal richtig ins Auge, dann werden Sie sehen, daß Sie nicht einfach sagen können: Da oben ist Widder, Stier, Zwillinge, Krebs und so weiter, und unten ist das und das; sondern Sie werden das Ganze in einer gewissen Weise als eine Organisation auffassen müssen, in die Sie eingespannt sind. Und wenn Sie dadurch, daß die Erde sich bewegt, von Sternbild zu Sternbild vorrücken, dann werden Sie durchgetrieben durch die verschiedenen direkten Einflüsse. Sagen wir also, hier war Ihnen der Skorpioneinfluß noch weggenommen, er war nicht in Ihnen. Jetzt werden Sie gegen ihn vortreiben. Dabei ist es so, als wenn Sie hier auf der Erde essen. Sie haben vorher Hunger gehabt; da waren die Nährungsstoffe
nicht in Ihnen; nachher essen Sie, da sind die Nahrungsstoffe in Ihnen. Hier war der Skorpioneinfluß noch nicht da; hier ist er in Ihnen wirksam. Also Sie gehen Beziehungen ein zu der umliegenden Welt, indem Sie durch die Erdenbewegung in andere Verhältnisse kommen zu dieser umliegenden Welt. Aber nimmt der Mensch in seinem Bewußtsein etwas wahr von diesem Einflusse jetzt, wo er in der physischen Welt ist? Nein, das sagten wir ja gerade vorhin. Die physische Welt entzieht den Menschen diesen Einflüssen. Er gerät aber sofort in sie hinein, wenn er mit seinem astralischen Leibe und mit seinem Ich aus seinem physischen Leib und Ätherleib herauskommt und draußen ist. Da ist er all diesen Einflüssen sehr klar und stark ausgesetzt. Da wirken diese außerirdischen himmlischen Einflüsse auf dasjenige, was dann außerhalb des physischen und Ätherleibes ist, so stark, wie die Nahrungsmittel auf den physischen Leib wirken. Gerade das Untertauchen in den physischen Leib entzieht den Menschen den äußeren Einflüssen. Wir können auch daher den menschlichen astralischen Leib als dasjenige betrachten, was gewissermaßen zum Himmlischen, nicht zu dem Irdischen gehört, indem wir ihn zuordnen den außerirdischen Einflüssen dann, wenn er außerhalb des physischen Leibes mit dem Ich ist.
So können wir auf diese Art darauf kommen, wie der Mensch dadurch, daß er nicht durch die Organe seines physischen Leibes wirkt, daß er durch dieses Nichiwirken mehr oder weniger schlafend ist, daß er dadurch den himmlischen Einflüssen ausgesetzt ist. Sie brauchen sich jetzt nur daran zu erinnern, daß ja der Mensch sich eigentlich hereinschläft in die Welt. Wir sind als kleine Kinder mehr oder weniger schlafend. Daher sind wir als kleines Kind auch, weil wir mehr oder weniger schlafend sind, viel mehr den Einflüssen des Außerirdischen ausgesetzt als später. Wir arbeiten uns immer mehr und mehr in die irdischen Verhältnisse erst hinein. Aber als Kind ist auch noch das, was innerhalb unserer Haut gelegen ist, plastisch, wird noch mehr gestaltet als später. Immer weniger wird das, was innerhalb unserer Haut ist, gestaltet, ja, von einem gewissen Zeitpunkt an, der aber allerdings erst in ein späteres Lebensalter fällt, nurmehr sehr wenig. Daraus sehen Sie aber, daß die Gestaltung
nach innen hinein in einer gewissen Beziehung steht zu den Bewegungen und zu den Konfigurationen der außerirdischen Welt. Das aber, was gegenüber unserem Bewußtsein immer schlafend sich verhält wie, sagen wir, unsere Herztätigkeit, unsere Verdauungstätigkeit; was also innerhalb unserer Haut vor sich geht, was da so bewirkt wird, wie wenn ich bewußt Schritte mache, was aber nach innen geht, das bleibt auch unser ganzes Leben unter dem Einfluß des Außerirdischen.
Nehmen Sie ein Charakteristisches: Durch die Bewegungen, durch die inneren Bewegungen des Darmes, wird der Speisebrei weitergetrieben. Da finden Bewegungen statt. Diese Bewegungen sind innerhalb der menschlichen Haut. Solche Bewegungen innerhalb der menschlichen Haut sind abhängig von dem Außerirdischen. Im Grunde genommen ist der Mensch als solcher nur abhängig von dem Irdischen, von dem wirklich wägbaren Irdischen, insoweit er auf der Erde herumwandelt,in Dingen, die mit ihm vorgehen außerhalb seiner Haut. In dem Augenblicke, wo irgend etwas in Tätigkeiten übergeht, die innerhalb unserer Haut liegen, in dem Augenblicke beginnen in unserer Organisation Tätigkeiten, die mit Außerirdischem zusammenhängen. Wenn Sie ein Stück Zucker nehmen und es in der Hand halten, dann fühlen Sie sein Gewicht irdisch; Sie fühlen seinen Druck, ob es hart oder weich ist; Sie schauen es an: es ist weiß; Sie heben es bis zum Munde. Das alles ist noch irdisch. In dem Augenblicke, wo Sie es auf der Zunge auflösen und in das Gebiet Ihres Schmeckens aufnehmen, in dem Augenblicke steht es unter Prozessen, die nicht mehr bloß irdisch sind, sondern die von Außerirdischem abhängig sind. Wir müssen, um die Wirkungen des Außerirdischen zu suchen, in das hineingehen, was innerhalb der menschlichen Haut liegt.
Das führt Sie darauf, einzusehen, wie, wenn Sie äußerlich Ihren ganzen Menschen herumtragen, Sie im irdischen Bereich sind. Sobald Sie auch nur in die physische Organisation hineinkommen, sind Sie nicht mehr im irdischen Bereiche, sondern da kommen Sie in den Bereich dessen, was abhängig ist vom Außerirdischen. Sie können sich ja am besten davon überzeugen, daß in Ihnen etwas sein
muß, was nicht im Irdischen aufgehen darf, indem Sie sich an die Ihnen ja oftmals erwähnte Tatsache erinnern, daß das menschliche Gehirn im Gehirnwasser schwimmt. Das menschliche Gehirn wäre so schwer, wenn es nicht im Gehirnwasser schwimmen würde, daß es auf die Organe am Schädelboden so stark drücken würde, daß die Blutgefäße zerdrückt würden. Sie brauchen ja nur irgendein Handbuch in die Hand zu nehmen, in dem solche Dinge stehen, und Sie werden sehen, wie schwer das menschliche Gehirn ist. Wenn Sie den «Bischoff» in die Hand nehmen, so werden Sie ja sehen, daß der merkwürdigerweise das Frauengehirn immer viel leichter genommen hat als das Männergehirn, was ja allerdings in einer für die Frauen sehr angenehmen Weise ad absurdum geführt worden ist, indem das Gehirn des Bischoff selber, das dann untersucht worden ist, sich als viel leichter erwiesen hat als die sämtlichen Frauengehirne, die da von Bischoff untersucht worden waren. Das ist nur so ein Intermezzo, das einmal glossiert die menschlichen Urteile in solchen Dingen.
Also dieses Gehirn, das ja ein sehr bedeutendes Gewicht hat, jedenfalls 1200, 1300 Gramm wiegt, das wirkt durchaus nicht mit seiner vollen Schwere, sondern nur, man möchte sagen, mit dem Gewichte von ein paar Grammen, weil es den Auftrieb erfährt. Sie wissen ja das archimedische Gesetz, wonach jeder Gegenstand um soviel leichter wird, als das Gewicht der verdrängten Wassermasse beträgt. So liegt das ganze Gewicht des Gehirns nur mit ein paar Grammen auf, weil es im Gehirnwasser schwimmt. Der Mensch könnte nicht sein Gehirn zum Denken gebrauchen, wenn es die volle Tendenz hätte, nach unten zu drücken. Es bekommt den Auftrieb. Es überwindet die Schwere in sich durch die Organisation, durch das Schwimmen im Gehirnwasser. Wir denken nicht mit der Materie, sondern wir denken mit dem, was sich der Materie entzieht durch die nach aufwärts strebenden Auftriebskräfte, mit dem, was aus der Erde herauswächst (Tafel 10, rechts). Das muß verfolgt werden bis in alle menschliche Organisation hinein. Geradeso wie wir uns einfach durch das Gehirngewicht der irdischen Schwere innerlich entziehen - äußerlich können wir uns nicht entziehen, auf
der Waage hat natürlich unser Gehirn das entsprechende Gewicht, auch wenn es in uns ist, aber in uns entziehen wir uns durch die Organisation den irdischen Kräften -, ebenso entziehen wir uns auch den andersartigen irdischen physischen und chemischen Kräften.
Was ist denn da in uns, was macht, daß wir uns entziehen können? Das ist das Ich und der astralische Leib. Die bewirken, daß wir uns dem entziehen können. Und in dem Augenblicke, wo das Ich und der astralische Leib auf ihren Ätherleib und physischen Leib in so regulierender Weise wirken, daß sie den Ätherleib herausnehmen, dann ist die Saugewirkung weg. Es ist bloß die ponderable Materie da. Die gehört ihrer Gestalt nach nicht zur Erde, denn die wird in ihrer Gestalt von der Erde nicht erhalten, sie wird von der Erde im wesentlichen zerstört. Die Erdenkräfte tragen nicht in sich dasjenige, was den Menschen gestaltet. Das liegt ja doch eigentlich auf der Hand, weil der Mensch sich innerlich den Erdenkräften entzieht. Mit alledem, was in ihm ist durch astralischen Leib und Ich, steht er mit der außerirdischen Welt im Zusammenhange.
Nun frägt es sich nur: Wie ist dieser Zusammenhang? - Will man darauf kommen, wie dieser Zusammenhang ist, dann muß man in einer gewissen Weise sehen, wie der Mensch geartet ist. Wir finden, wenn wir den Menschen in seiner Artung betrachten, erstens seine Gesamtgestalt. Unter dieser Gesamtgestalt verstehe ich aber nicht bloß dasjenige, was man etwa, wenn man den Menschen zeichnet, verwendet, sondern die gesamte Konfiguration, die gesamte Gestaltung des Menschen. Dazu gehört, daß er die Augen im Gesicht hat und die Ferse am Fuß. Nicht wahr, das gehört zu der inneren gesetz-mäßigen Gestaltung des Menschen. Expressionistische Maler werden behaupten, man könne den Menschen auch so malen, daß man ihm die Zehe anstelle der Nase setzt, ein Auge hier, und das andere in die Hand. Ja, es gibt solche Menschen! Das beweist nur, daß solche Menschen keine innere Beziehung haben zur Welt, daß wir so weit schon fortgeschritten sind in der materialistischen Gesinnung, daß wir alles für sich vorstellen können, was zusammengehört und nicht für sich vorgestellt werden dürfte. Also, zunächst habe ich zu unterscheiden die Gesamtgestalt.
Diese Gesamtgestalt des Menschen, sie wird ja, wie Sie doch selbstverständlich wissen, nicht so zustande gebracht, wie wir hier unsere Holzfiguren schnitzen, sondern sie wird von innen heraus konfiguriert. Man kann nicht einmal nachschnitzen, wenn einem etwas nicht paßt. Also diese ganze menschliche Gestalt wird gerade von den Kräften, die unterhalb der Haut liegen, gestaltet. Aber das sind die Kräfte, die außerirdisch sind. So daß wir, wenn wir heute die menschliche Gestalt ansehen, in ihr ein Ergebnis zu sehen haben von dem Außerirdischen.
Zweitens können wir beim Menschen unterscheiden außer der Gestalt all das, was innerliche Bewegung ist. Nehmen Sie die Bewegung des Blutes, nehmen Sie die Bewegung der andern Säfte: innere Bewegung. Diese innere Bewegung, sie ist auch etwas, was im Innern des Menschen konfiguriert ist. Sie liegt, ich möchte sagen, etwas tiefer noch im Menschen als seine Gestaltung. Die Gestaltung dringt mehr nach dem Peripherischen hin. Diese innere Bewegung spielt sich mehr im Innern ab. Wiederum etwas, was mit der Außenwelt, aber mit der außerirdischen Außenwelt in Beziehung stehen muß.
Drittens die eigentlichen Organe in ihrem Wirken: Organwirkungen. Solche Organe wie Lunge, Leber, Milz und so weiter, sie bewirken ja etwas im Menschen, das ich an die dritte Stelle setze. Darüber bitte ich Sie, sich nicht zu wundern, sondern den Grund davon zu suchen. Wenn wir zum Beispiel auf ein wichtigstes Organ, auf das Herz sehen, von dem ich ja in der verschiedensten Weise gerade in der letzten Zeit gesprochen habe, so sehen wir, wie gewissermaßen das Herz zusammengeschweißt ist. Wenn wir die Embryologie verfolgen, so finden wir, wie das Herz zusammengeschweißt wird, wie es eigentlich nicht etwas ist - das läßt sich embryologisch gut belegen -, was von sich aus primär gestaltet wird, sondern was durch den ganzen Blutkreislauf gewissermaßen zusammengeschoben wird. Und so ist es bei den übrigen Organen. Sie sind viel mehr die Wirkungen der Kreisläufe, als daß sie etwa die Kreisläufe bewirken. In ihnen kommen die Kreisläufe gewissermaßen zum Stillstand, werden metamorphosiert und gehen dann in anderer
Weise weiter. Man kann schon sagen, wenn hier zum Beispiel ein Wasserstrom ist, der über einen Felsen herunterrutscht, so wirft er hier (Tafel 9, rechts> allerlei Gestaltungen auf; dann fließt er weiter. Diese Gestaltungen sind bewirkt durch all die Gleichgewichts- und Bewegungskräfte an dieser Stelle. Denken Sie sich jetzt, es würde plötzlich das alles erstarren, es würde als Wand bleiben eine Haut, und dann würde das übrige wieder aufreißen. Dann würde hier ein organisches Gebilde sein. Es würde in einer verschiedenen Weise die Strömung dann durchgehen und wiederum weitergehen und in einer verschiedenen Weise verändert werden können. So etwa können Sie sich vorstellen, daß sich, sagen wir, die Strömungen des Blutes verhalten, die durch irgendein Gefäß, also auch durch das Herz gehen. Diese Dinge kann ich nur andeuten; sie sind gut fundiert, aber sie sollen jetzt nur angedeutet sein. Die Organe selbst also, wie sie gestaltet werden, sind zwar von den inneren Kräfteströmungen abhängig, aber sie sind eben etwas im Innern des Menschen, und sie kommen nun auch wiederum mit dem Äußeren in eine Beziehung. Da aber stellt sich nun schon, wie Sie an einem Beispiel sehen können, etwas ein, was dem Irdischen nähersteht, weil wir durch die Organe schon wiederum von dem Inneren ins Äußere hineinkommen.
Nehmen Sie zum Beispiel die Lunge. Sie ist ein inneres Organ; aber sie liegt zugleich der Atmung zugrunde. Indem sie dem ein-geatmeten Sauerstoff, der ausgeatmeten Kohlensäure entspricht, steht sie in Beziehung zu etwas, was für den Menschen eine Bedeutung hat, was aber schon wiederum draußen im Irdischen liegt. Dadurch gelangen wir, indem wir zu den organischen Wirkungen kommen, an die irdische Umgebung wiederum heran. In dem Augenblicke also, wo wir durch die Organwirkungen die Haut überschreiten, kommen wir in das Irdische hinaus. Sie sehen, dasjenige, was sich ganz innerhalb der Haut abspielt, die Gestaltung, die Regulierung der Bewegungen, das hängt mit dem Außerirdischen zusammen. Wo wir an die Organe herankommen, da kommen wir schon wiederum an das Irdische heran. Da verbindet sich im Menschen der Himmel mit der Erde. Die Lunge ist ihm noch aufgebaut vom
Außerirdischen; was die Lunge tut mit dem Sauerstoff, das bringt die Lunge in Beziehung zu dem Irdischen. Und gar, wenn der Mensch dasjenige aufnimmt, was ja sehr irdisch ist: die äußeren Stoffe, und sie in seinen Organismus überführt, dann kommt er durch den eigentlichen Stoffwechsel in unmittelbare Beziehung zu dem wirklich Irdischen.
Wir können also den Menschen nach vier Gesichtspunkten betrachten. Wir können ihn betrachten nach seiner Gesamtgestalt, insofern sie von innen heraus gebildet wird, nach seinen inneren Bewegungen, nach seinen Organwirkungen, nach dem Stoffwechsel. Und wenn wir nun verfolgen die Gesamtgestalt, die ganz von innen heraus bewirkt wird, so steht sie - das wollen wir dann morgen weiter ausführen - am wenigsten in Beziehung zu dem Irdischen. Wir gewinnen, wie wir sehen werden, erst etwas über diese Beziehung, wenn wir diese gesamte innere Gestaltung auf den Tierkreis selber beziehen. Das wollen wir morgen weiter charakterisieren. Die inneren Bewegungen, Blutzirkulation, Lymphe und so weiter, darüber gewinnen wir einen Aufschluß, wenn wir sie beziehen auf die Planetenwelt unseres Sonnensystems. Sobald wir zu den Organ-wirkungen kommen, da kommen wir schon wiederum ins Irdische hinaus. Ich habe Ihnen das Beispiel der Lunge angeführt, die ja ihrem innerlichen Bau nach von dem Außerirdischen gestaltet ist, aber indem sie den Sauerstoff aufnimmt, eben zur Luft in Beziehung tritt, wie andere Organe des Menschen zum Wasser, andere Organe des Menschen zur Wärme und so weiter. Wir können sagen, indem wir die Organwirkungen betrachten, kommen wir zu der Elementenwelt Feuer, Wasser, Luft. Und erst indem wir den eigentlichen Stoffwechsel betrachten, kommen wir in Beziehung zu der Er-de. Die Elementenwelt ist dasjenige, was als Wasser, als Luftsphäre die Erde umgibt, und erst indem wir den Stoffwechsel betrachten, kommen wir den Beziehungen des Menschen zu der eigentlichen Erde näher. So können wir die Beziehungen des Menschen finden zu der umgebenden Welt.
Tierkreis: 1 - Gesamtgestalt
Planetenwelt: 2 - innere Bewegung
Elementenwelt: 3 - Organwirkungen
Erde: 4. Stoffwechsel
Nun denken Sie sich doch, wenn wir nun studieren, wie es sich denn eigentlich mit der menschlichen Gestalt verhält, und die Möglichkeit bekommen, zurückzugehen von der menschlichen Gestalt zum Tierkreis, das heißt zu der Fixsternwelt, dann können wir erst uns vom Menschen aus eine Vorstellung machen über dasjenige, was da draußen konfiguriert ist und was nicht mathematisch oder mechanisch untersucht werden soll, sondern dadurch, daß man die Gesamtgestalt des Menschen begreifen lernt. Die Planetenbewegung soll man nicht untersuchen etwa bloß mit dem Fernrohre, wo man nur ihre Orte so findet, wie wenn man ein Fernrohr richtet auf das eine Auge und auf das andere Auge des Menschen und da den Winkel sucht und auf diese Weise die Lage sucht und so weiter. Was da wirklich existiert, das ist etwas, was von innen heraus gebildet wird, das heißt, was den Vorgängen in der Planetenwelt entspricht. So daß, wenn wir die Säftewirkungen im Menschen verstehen, wir die Planetenwirkungen verstehen. Und wenn wir die menschlichen Organwirkungen verstehen, so verstehen wir, was in der Elementenwelt vor sich geht. Wenn wir verstehen könnten dasjenige, was in irgendeinem Augenblicke im Menschen sich abspielt, indem rein die irdischen Stoffe in seinen Stoffwechsel hereingenommen werden, dann würden wir dasjenige, was Erdenwirkungen sind, räumlich von allen übrigen außerirdischen Wirkungen ablösen können.
Davon dann morgen weiter.
SECHSTER VORTRAG Dornach, 18. April 1920
Wir haben gesehen, wie ein Einklang gesucht werden muß zwischen dem, was im und mit dem Menschen vorgeht, und demjenigen, was im außermenschlichen Weltenall vor sich geht. Wir wollen uns noch einmal kurz vorführen, in was gestern unsere Betrachtung gegipfelt hat. Wir haben gesagt, der Mensch müsse zunächst nach vier Gesichtspunkten betrachtet werden. Erstens nach dem Gesichtspunkt der Gestaltungskräfte, die in ihm wirken, demjenigen also, was ihn zu seiner eigentlichen Menschenform bildet. Dann haben wir als zweites ins Auge gefaßt alles das, was entspricht der inneren Säftebewegung, denjenigen Bewegungen, von denen eine der Blutkreislauf ist, die Lymphbewegung und so weiter; also die inneren Bewegungskräfte. Sie wissen, daß die Gestaltungskräfte etwas sind, was gewissermaßen beim ausgewachsenen Menschen zur Ruhe gekommen ist, was eine feste Form angenommen hat. Die Bewegungs-kräfte sind in einem fortwährenden Fluß, in einer fortwährenden Strömung. Als drittes haben wir die Organkräfte anzusehen, und als viertes den eigentlichen Stoffwechsel.
1. Gestaltungskräfte
2. Innere Bewegungskräfte
3. Organkräfte
4. Stoffwechsel
Nun handelt es sich darum, daß wir zunächst einmal alles das ins Auge fassen, was mit den Gestaltungskräften etwas zu tun hat. Es müssen das diejenigen Kräfte sein, welche beim Menschen bis in die äußerste Peripherie, bis in die Grenzen seines Umfanges hinein wirken. So daß wir sagen können: Bilden wir gewissermaßen von allen Seiten die Silhouette des Menschen, so würden wir die äußersten Enden der Wirksamkeit dieser Kräfte erfassen, die aus dem ganzen Innern des Menschen heraus ihn wirksam aufbauen.
Nun ist leicht einzusehen, daß diese Kräfte, die den Menschen gestalten, etwas zu tun haben müssen mit anderen Kräften, die auch durchaus an der Peripherie des Menschen sich hinziehen, die an der Peripherie des Menschen zu suchen sind. Und das sind diejenigen Kräfte, die in den Sinnen wirken. Die Sinne des Menschen liegen ja an seiner Peripherie. Sie sind nur gewissermaßen differenziert über seine Peripherie hin. Aber wo Sie auch versuchen, das, was in den Sinnen wirkt, zu fassen, Sie müssen es an der menschlichen Peripherie aufsuchen. So daß wir also sagen können, diese Gestaltungskräfte müssen etwas zu tun haben mit den Sinneswirkungen, insofern die Sinne wahrnehmen. Vielleicht werden wir uns besser verstehen, wenn wir uns erinnern an das Wort, auf das Goethe, wie er sagt, als von einem alten Mystiker herkommend, aufmerksam macht:
Wär' nicht das Auge sonnenhaft,
Die Sonne könnt' es nie erblicken!
Nicht wahr, diejenige Lichtwirkung, die immer um uns herum liegt, die kann nicht eigentlich gemeint sein, wenn man davon spricht, daß das Auge sonnenhaft, lichthaft sei; denn diese Lichtwirkung wird ja dem Auge erst wahrnehmbar, wenn das Auge fertig ist. Diese Lichtwirkung, die dem Auge erst wahrnehmbar wird, wenn das Auge fertig ist, die kann nicht, so wie es jetzt ist, unmittelbar gemeint sein, wenn man davon spricht, daß das Auge dadurch aufgebaut worden ist. Wir müssen uns die Lichtwirkung wesentlich anders denken, wenn wir an den Aufbau des Auges denken. Allerdings, man bekommt eine gewisse Vorstellung von dem, was da zugrunde liegt, wenn man den Menschen verfolgt in der Zeit zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Denn in dieser Zeit besteht dasjenige, was der Mensch erlebt, zum Teile - zum Teile natürlich nur - darin, daß er wahrnimmt, wie allmählich die Kräfte in ihren Formungen von den früheren Leben umgeformt werden zu dem neuen Leben, wie der Gliedmaßenleib umgeformt wird in die Kopfesform. Das sind Erlebnisse, die ebenso reich sind wie die Erlebnisse, die wir hier haben, wenn wir zum Beispiel erleben das Hervorsprossen
der Pflanzen im Frühling, das Hinsterben der Pflanzen im Herbste und so weiter.
Dasjenige, was im Menschen sich aufbaut zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, das ist eine reiche Summe von Geschehnissen, das ist nicht etwas, was sich so einfach erfaßt wie der abstrakte Gedanke davon. Das ist eine reiche Summe von Tatsachen. Und alles das, was da geschieht in der Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, um die Formkräfte des Gliedmaßenleibes umzuwandeln in die Formkräfte des Kopfes für die nächste Inkarnation, und was der Mensch da miterlebt, das ist etwas außerordentlich Vielfältiges. Da erlebt der Mensch etwas Ähnliches wie die Bildung des Auges. Aber er erlebt es eigentlich nicht so, wie er es erlebt hat in der langen Entwickelungsperiode, die er selbst durchgemacht hat in denjenigen Entwickelungsstadien, die unserer Erde vorangegangen sind, in der Mond-, der Sonnenperiode und so weiter. Da wirkten die Kräfte des Sternenhimmels anders auf den Menschen. Dieser Sternenhimmel war ja auch anders gestaltet. Sie wirkten anders auf den Menschen, als sie jetzt wirken; und es ist eigentlich wichtig, sich eine Vorstellung von diesen Dingen zu machen.
Wenn wir unsere heutigen Wahrnehmungen betrachten, was sind sie denn eigentlich? Unsere heutigen Wahrnehmungen sind eigentlich Bilder, die uns umgeben. Hinter diesen Bildern liegt ja natürlich die eigentliche Welt. Die Welt aber, die heute hinter den Bildern liegt, das war die Welt, die uns eigentlich aufgebaut hat, bevor wir zu der Anschauung der Bilder gekommen sind. Wir können heute mit unseren Augen die Bilder der uns umgebenden Welt wahrnehmen. Hinter diesen Weltbildern liegt dasjenige, was uns unsere Augen aufgebaut hat. Und insofern kann man sagen: Wäre nicht durch die Kräfte, die hinter dem Sonnenbilde liegen, das Auge aufgebaut, so könnte das Auge nicht eine Wahrnehmung dieses Sonnenbildes haben.
Also insofern muß doch dieser Ausspruch etwas modifiziert werden, denn das heutige Lichtwahrnehmen gibt Bilder, und das, was die Organe zuerst aufgebaut hat bis an die Peripherie des Menschen hin, das sind nicht die Bilder, sondern das sind die Wirklichkeiten,
so daß also, indem wir uns in der Welt umschauen, wir dasjenige erblicken, was uns aufgebaut hat, also unsere Gestaltungskräfte. Aber die sind in uns hineingezogen; was gewirkt hat außer uns bis zu dem Erdenlauf, das wirkt nunmehr in uns. Das wollen wir festhalten für die kommenden Betrachtungen.
Und jetzt wollen wir einmal das erste und das vierte hier (Schema S.86) verbinden. Wir wollen einen Blick werfen auf den Stoffwechsel. Dieser Stoffwechsel, er ist ja auch für den Menschen schon in einer gewissen Weise unregelmäßig geworden; aber es gibt auch natürliche Ursachen, aus denen heraus der Mensch noch an einem regelmäßigen Gang dieses Stoffwechsels festhält. Sie wissen ja, daß der Mensch in einer gewissen Weise gestört wird, wenn er in bezug auf den Stoffwechsel nicht zu seinem rhythmischen Rechte kommt. Der Mensch kann davon abweichen; aber er versucht immer wiederum zu einem gewissen Rhythmus im Stoffwechsel zurückzukommen, und Sie wissen ja auch, daß das im Wesentlichen zur Gesundheit des Menschen gehört. Dieser Rhythmus im Stoffwechsel, der ist ein Rhythmus, welcher tatsächlich den Tag und die Nacht umfaßt. Innerhalb von 24 Stunden vollzieht sich der Rhythmus im Stoffwechsel. Sie brauchen nur daran zu denken, daß Sie eben, wenn Sie gefrühstückt haben, nach 24 Stunden wiederum Appetit haben zum Frühstücken und so weiter. Alles das, was da mit dem Stoffwechsel zusammenhängt, das hängt auch mit dem Tageslauf zusammen. Nun vergleichen Sie, wie fest Ihre Körperperipherie liegt, und wie Ihr Stoffwechselleben ein Bewegtes ist. Sie können sagen: Es gehen keine Veränderungen vor sich in Ihrer Körper-peripherie, während sich Ihr Stoffwechsel in 24 Stunden immer wiederholt. Da geht viel innerhalb Ihres Organismus vor, aber Ihre Peripherie bleibt unverändert. Suchen Sie sich nun das äußere Gegenbild für diese innere Beweglichkeit des Stoffwechsels im Verhältnis zu dem festbleibenden Äußeren der Gestalt: sehen Sie, da finden wir das Entsprechende in dem äußeren Sternenhimmel, dessen einzelne Sternbilder sich zunächst so wenig verschieben, wie sich die Einzelheiten Ihrer Körperobeffläche verschieben. Sie finden, daß der Widder, das Sternbild des Widders, immer
ebenso eine bestimmte Entfernung hat von dem Sternbild des Stieres, wie Ihre beiden Augen voneinander eine bestimmte Entfernung haben und sich nicht verschieben. Aber scheinbar verschiebt sich dieser Sternenhimmel,scheinbar kreist er um die Erde herum. Nun, über diesen Schein ist ja heute die Menschheit sich klar: es ist wirklich ein Schein. Die Menschheit schreibt der Erde eine Drehung um ihre Achse zu.
Nun hat man verschiedene Beweise gesucht für diese Drehung der Erde um ihre Achse. Eigentlich erst seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat man ein Recht, wirklich von dieser Drehung zu sprechen, seitdem der sogenannte Poucau/tsche Pendel-versuch ja wirklich die Drehung der Erde um ihre Achse ergeben hat. Aber darauf will ich heute nicht eingehen. Diese Drehung ist gut begründet. Sie ist etwas, was sich in 24 Stunden wiederholt. Sie ist im Verhältnis zu dem festgestalteten, bleibenden Sternenhimmel dasjenige, was ab bildet den täglichen Kreislauf des menschlichen Stoffwechsels im Verhältnis zu der festen äußeren Peripheriegestalt des Menschen. So daß Sie also, wenn Sie die Verhältnisse gut durchschauen, den striktesten Beweis für die Bewegung der Erde in den Vorgängen des menschlichen Stoffwechsels finden.
Sehen Sie, es gibt in der neueren Zeit verschiedene sogenannte relativistische Theorien, die da sagen, man könne ja im Grunde genommen von einer absoluten Bewegung nicht sprechen; denn schaue ich bei einem Eisenbahnzug zum Fenster hinaus, so könnte ich zunächst glauben, daß sich draußen die Gegenstände bewegen, während sich der Zug mit mir weiterbewegt - aber man könne überhaupt nicht strikte beweisen, daß nicht eigentlich die Außenwelt sich in entgegengesetzter Richtung bewege. Nun, all dieses Reden ist im Grunde genommen nicht viel wert, denn wenn ein Mensch läuft, und dann ein anderer in der Entfernung steht, und er ihm näher kommt, so kann er sagen: Ja, gewiß, es ist schließlich relativ, ob ich sage, ich nähere mich dem Menschen, oder er nähert sich mir. - Für den Augenschein nimmt sich das gleich aus. Solche Erwägungen liegen ja im Grunde genommen auch den Einsteinschen Relativitätstheorien zugrunde.
Aber man kann ja doch die Bewegung in einer gewissen Weise streng nachweisen. Nämlich derjenige Mensch, der in Ruhe bleibt, der wird nicht ermüdet; derjenige aber, der läuft, der wird ermüdet. Durch innere Vorgänge kann man die absolute Realität der Bewegung nämlich beweisen. Andere Beweise für die Absolutheit der Bewegung gibt es nicht als die inneren Vorgänge. Demnach muß man auch auf innere Vorgänge hinweisen können, wenn man von der Absolutheit einer Bewegung spricht. Und bei der Erde kann man von der Absolutheit der Bewegung sprechen, weil man nach und nach eigentlich durch Geisteswissenschaft einsieht, sie entspricht der inneren Bewegung des Stoffwechsels im Verhältnisse zur äußeren festen Gestaltung des Menschen. Daher sollten wir allerdings auch nicht so sehr davon sprechen, daß die Erde um ihre Achse kreist und dadurch die scheinbare Sonnenbewegung zustande kommt, sondern wir sollten diese Bewegung der Erde auf den ganzen Sternenhimmel beziehen, sollten eigentlich nicht so sehr von Sonnentagen, als von Sternentagen sprechen, die ja nicht zusammenfallen; der Sonnentag ist länger als der Sternentag. Es muß immer eine Korrektur angebracht werden in den Formeln, wenn man nach Sonnentagen zählt. Also davon kann man als von etwas aus der Natur des Menschen selbst Ableitbarem sprechen, daß die Erde um ihre Achse sich bewegt. Denn mit dieser Bewegung im Verhältnisse zu dem festgestalteten Sternenhimmel hängt die innere Bewegung des menschlichen Stoffwechsels zusammen. So daß wir also sagen können: das Verhältnis des Stoffwechsels im Menschen zu seiner Gestaltungskraft ist das Verhältnis der Erde zum Fixsternhimmel, den wir uns in der Regel durch den Tierkreis darstellen, der für uns der Repräsentant des Fixsternhimmels ist.
Wenn wir also hinschauen auf den Tierkreis, so bildet er für uns den äußeren kosmischen Repräsentanten unserer äußeren Gestalt (siehe Schema S.86). Wenn wir hinschauen auf die Erde, so bildet sie den Repräsentanten unseres Stoffwechsels im Innern. Und das Bewegungsverhälmis zwischen beiden ist ein solches, daß eins dem andern entspricht.
Nun, etwas schwieriger ist es, zwischen dem zweiten und dritten (siehe Schema) das entsprechende Verhältnis zu suchen. Aber wir können uns die Sache begreiflich machen. Wenn Sie dasjenige, was die Bewegungen, die inneren Bewegungen des menschlichen Organismus sind, ins Auge fassen, so werden Sie sich sagen: Da ist etwas im Menschen, was keineswegs so fest ist, wie seine äußere gestaltete Peripherie. Da ist etwas in Bewegung. Aber mit dieser Bewegung hängt etwas anderes zusammen. Mit dieser Bewegung, die das Blut, die auch das Nervenfluidum, die Lymphe und so weiter vollziehen -wir brauchen diese Bewegungen im einzelnen nicht aufzuzählen, sie sind siebenerlei im Menschen -, mit dem, was da an Bewegung vollzogen wird, stehen ja die einzelnen Organe im Zusammenhang. Die Bewegungen haben in ihre Gefäßläufe eingeschaltet die einzelnen Organe, und wir müssen sehen in dem, was die einzelnen Organe tun, Ergebnisse der Bewegungen. Ich habe in der letzten Zeit oftmals aufmerksam gemacht, wie es sich eigentlich mit dem menschlichen Herzen verhält. Die materialistische Weltanschauung, sagte ich Ihnen, nimmt ja an, daß das menschliche Herz eine Art Pumpe sei, die das Blut pumpt in den ganzen Leib. Das ist nicht so, sondern das Blut ist etwas innerlich in sich selbst Bewegliches, hat seine Vitalität, und der Herzschlag ist nicht die Ursache des Blut. laufes, sondern im Gegenteil die Folge, die Wirkung des Blutlaufes. Und so ist es bei den andern Organen. Was die Organe als ihre Funktion ausüben, das ist eingeschaltet in die lebendigen Bewegungen
Suchen wir im Kosmos draußen ein Äquivalent dafür, dann werden wir ein solches Äquivalent finden, wenn wir hinschauen auf der einen Seite auf die Planetenbewegungen, namentlich wenn wir die Planetenbewegungen studieren einschließlich der Bewegungen des Mondes. Sie wissen ja, wie zusammenhängen mit dem Monden-laufe - ich habe oftmals davon gesprochen - die Erscheinungen von Ebbe und Flut. Vieles andere hängt noch mit dem Mondenlauf zusammen. Würde man die Dinge, die überhaupt in unserer Erden-umgebung vor sich gehen, genauer studieren, dann würde man finden, daß nicht nur dadurch, daß die Sonne aufgeht, das Licht erscheint,
sondern man würde auch finden, daß andere, sogar materiellere Wirkungen in unserer Erdenumgebung zusammenhängen mit dem Planetenlauf. Und wenn es einmal auf diesem Boden ein echtes wirkliches Studium gibt, dann wird man die Wimterungserscheinungen mit den Bewegungen der Planeten in einem Einklange sehen. Man wird geradeso studieren die Wirkungen der Planeten auf die Luft, auf das Wasser, auf die Erde, wie man zu studieren hat im Inneren des Menschen die Wirkungen der Bewegungskräfme, die in der Blutzirkulation, in den anderen Zirkulationen sind, auf die Organe. Man wird eine gewisse Wechselwirkung zwischen den Elementen ünd zwischen den Bewegungen der Planeten konstatieren und ein entsprechendes Verhältnis zwischen den Organwirkungen und den inneren Bewegungskräften. So daß man in der Tat eine ähnliche Entsprechung wie zwischen Erde und Fixsternen haben wird zwischen den Elementen der Erde, des Wassers, der Luft, der Wärme und den Planeten, wobei wir allerdings zu den Planeten die Sonne eben dazurechnen.
Sie sehen, wir kommen da auf gewisse Beziehungen zwischen dem, was im Innern des menschlichen Organismus vorgeht und demjenigen, was äußerlich im Makrokosmos vorhanden ist. Nun brauchen Sie aber nur zu studieren, wie es sich verhält mit diesen Organkräften. Diese Organkräfte, wie werden sie denn aufgebaut im Menschen? Diese Organkräfte werden im Menschen so aufgebaut, daß wir ja ziemlich genau sehen können, wenn wir das menschliche Leben verfolgen, solange die Organe aufgebaut werden, daß der Aufbau der Organkräfte so mit dem Jahreswechsel zusammenhängt, wie der Stoffwechsel mit dem Tageslauf. Der Stoffwechsel hängt mit dem Tageslauf zusammen. Beachten Sie das Kind, von der Konzeption angefangen, bis es, wie man so schön sagt, das Licht der Welt erblickt; aber dann werden ja die Organe weiter ausgebaut, besonders in den ersten Monaten, so daß wir es in der Tat - wie wir schon gesagt haben - mit einem Jahreslauf zu tun haben. Dann haben wir wiederum einen Jahreslauf, bis die Zähne erscheinen. Kurz, wir haben im Organaufbau einen Jahreslauf. Aber dieser Jahreslauf steht in einem ähnlichen Einklange mit den Bewegungskräften
im Menschen, wie die jährlichen Witterungsverhältnisse, die Witterungsverhältnisse von Frühling, Sommer, Herbst, Winter zu den Bewegungen der Planeten stehen. Wir haben es da durchaus mit etwas zu tun, was im Menschen wiederum gewissen Verhältnissen im Makrokosmos entspricht. Diese Dinge kann man nicht anders studieren als dadurch, daß man die Einzelheiten miteinander vergleicht. Ich kann Sie heute nur hinweisen auf gewisse Beziehungen, sonst würden wir, wenn wir jede einzelne Beziehung studieren würden, sehr lange dazu brauchen. Sie werden aber diesen Einklang finden, je genauer Sie eingehen auf gewisse Beziehungen im Menschen, die da bestehen im Aufbau der Organe, solange die Organe sich aufbauen; wenn sie fertig sind, entreißt sich eben der Mensch den Kräften. Wenn Sie auf dieses hinschauen und es im Zusammenhange erblicken mit den Bewegungskräfmen, so werden Sie überall ein analoges Verhältnis finden zu dem, was in den jährlichen Witterungsmetamorphosen, in ihren Verhältnissen zu den Bewegungskräften der Planeten vor sich geht. Nur hat man da nötig, daß man tatsächlich nicht davon ausgeht, daß eben das Herz eine Pumpe sei, sondern man muß dieses Herz gewissermaßen als ein Geschöpf der Blutbewegung ansehen. Man muß das Herz hineinstellen in die lebendige Blutbewegung. Geradeso muß man aber auch die Sonnenbewegung in die Planetenbewegung hineinstellen. Einfach die vorurteilsfreie Beobachtung der innermenschlichen Verhältnisse zeigt uns, daß wir wohl von einer Umdrehung der Erde um ihre Achse sprechen müssen (Tafel 11, links), wodurch die scheinbare Bewegung des Sternenhimmels herbeigeführt wird - das entspricht der Bewegung des Stoffwechsels in bezug auf die menschliche Außengestaltung -, daß wir aber, wenn wir das menschliche Innere verstehen, das im Zusammenhange steht mit dem Makro-kosmos, nicht von einer Umdrehung der Erde um die Sonne im Jahreslauf sprechen können, weil wir dasjenige, was nach dem Herzen hin sich bewegt, durchaus nicht in einer anderen Weise auffassen dürfen als die andern Bewegungsströmungen im Menschen Deshalb muß anerkannt werden, daß wir es nicht zu tun haben mit einer Bewegung der Erde um die Sonne in einer Ellipse (rechts), sondern
daß wir es zu tun haben mit einer Bewegung der Erde im Jahreslauf, die aber entspricht einer Bewegung der Sonne. Das heißt, daß sich Erde und Sonne miteinander bewegen, nicht daß sich eine um die andere dreht im Jahreslauf. Nur dadurch, daß auf den äußeren Augenschein gesehen worden ist, kam man auf diese Drehung der Erde um die Sonne im Jahreslauf. In Wirklichkeit hat man es zu tun mit einer Bewegung der beiden Welmenkörper, die im Raume in einem gewissen Zusammenhange der beiden verläuft (Tafel 12, links).
Das ist etwas, was für die Zukunft im wesentlichen korrigiert werden muß an der sogenannten kopernikanischen Weltanschauung. Aber man muß auch noch in einer andern Weise verstehen den Zusammenhang des Menschen mit der makrokosmischen Natur.
Das, was wir an der täglichen Bewegung des Stoffwechsels haben, wie vollzieht es sich denn eigentlich? Es vollzieht sich ja nur ein Teil davon so, daß er begleitet ist von dem Erscheinen unseres Bewußt-seins. Ein anderer Teil vollzieht sich so, daß unser Bewußtsein ausgeschaltet ist, daß wir mit unserem Ich und unserem astralischen Leib außer dem physischen und Ätherleib sind. Auf das muß durchaus gesehen werden. Wir müssen uns klar sein darüber, daß da der Mensch nicht in gleichwertiger Weise beides durchläuft, dasjenige, was vom Aufwachen bis zum Einschlafen und das, was vom Einschlafen bis zum Aufwachen durchlaufen wird. Beachten Sie nur einmal, wie sich die beiden Punkte des Einschlafens und des Aufwachens zueinander verhalten. Sie werden zu einer ganz eindeutigen Anschauung kommen, wenn Sie vorurteilsfrei Aufwachen und Einschlafen miteinander vergleichen. Indem Sie einschlafen, da sind Sie eigentlich, ich möchte sagen, im Nullpunkte Ihres Wesens. Wenn Sie schlafen, ist eigentlich der entgegengesetzte Zustand des Wachens da; nicht ein bloßer Ruhezustand, der entgegengesetzte Zustand des Wachens ist da. Und wenn Sie aufwachen, sind Sie eigentlich wiederum in bezug auf Ihr Leben in demselben Verhältnisse zu sich und zur Außenwelt, wie beim Einschlafen; die Momente des Einschlafens und des Aufwachens, sie sind einander ganz entsprechend; sie unterscheiden sich eigentlich nur durch die Richtungen voneinander.
Beim Aufwachen geht es von dem Schlafen ins Wachen, beim Einschlafen von dem Wachen ins Schlafen. Aber außer diesen beiden Richtungen sind die beiden vollständig gleich. Wollen Sie also durch eine Linie die Bewegung des Stoffwechsels darstellen, so können Sie sie nicht durch eine gerade Linie oder durch eine Kreis-linie darstellen, denn da würden Sie darinnen nicht das Aufwachen und Einschlafen haben. Sie müssen sich eine Linie suchen, welche die Bewegung des Stoffwechsels wirklich abbildet und da gibt es keine andere Linie - Sie mögen nachdenken, wie Sie wollen -, wenn Sie den Stoffwechsel ins Auge fassen, gibt es keine andere Linie als diese Lemniskate (Tafel 12, Mitte). Da haben Sie das eine Mal in dieser Richtung, das andere Mal in dieser Richtung den Punkt des Aufwachens und Einschlafens, das eine Mal in der Richtung des einen Pfeils, das andere Mal in der Richtung des anderen Pfeils, nur einander entgegengesetzt gerichtet, aber im übrigen in bezug auf die Lebensverhältnisse gleich. Und Sie können dann wirklich den Kreislauf des Tages und den Kreislauf der Nacht voneinander unterscheiden.
Was folgt daraus? Wenn wir verstanden haben, daß die Bewegung des täglichen Stoffwechsels entspricht der Bewegung der Erde, dürfen wir nicht einem einzelnen Punkte eine solche Bewegung zuschreiben, daß er sich in einem Kreise bewegt. Das dürfen wir nicht, sondern wir müssen uns vorstellen, daß diese Bewegung eine andere ist, daß in der Tat die Erde sich in einer gewissen Weise fortschiebt, so daß wir, wenn wir die wirkliche Bewegung dieses Punktes ins Auge fassen, eine solche Linie bekommen (die Lemniskate wird auf die Erdkugel gezeichnet, Tafel 12, rechts). Nicht eine bloße Drehung findet statt, sondern eine komplizierte Bewegung der Erde findet statt, so daß jeder Punkt ihrer Oberfläche eine solche Lemniskate beschreibt, die dann entspricht der Lemniskate, die wir als die tepräsentierende Linie für den Stoffwechsel aufzuzeichnen haben.
Sie sehen daraus, daß wir uns die Erde gar nicht so bewegt denken können, daß wir einfach eine Achse annehmen und dann die Erde herumdrehen lassen, sondern wir müssen uns die Erde in einer komplizierteren Bewegung denken, so daß jeder Punkt, auf dem Sie
stehen, tatsächlich, damit er die Unterlage für die Bewegung Ihres Stoffwechsels sein kann, eine solche Lemniskate beschreibt. Ganz und gar ist es notwendig, daß man das Entsprechende sucht in den Bewegungen der Außenwelt für das, was im Innern des Menschen vorgeht. Denn nur an den Veränderungen des Innern des Menschen kann studiert werden, was außen als Bewegung vor sich geht; so wie man nicht mehr darüber dozieren kann, ob der Mensch bloß in einer relativen Bewegung oder in einer wirklichen Bewegung ist, wenn er seine Beine in Bewegung setzen muß und ermüdet wird. In einer wirklichen Bewegung kann man nicht sagen, vielleicht ist die Bewegung nur relativ, und vielleicht nähert sich mir der andere Mensch, dem ich immer näherkomme. Da kann nicht mehr von Relativitätstheorie geredet werden, wenn die innere Bewegung zeigt, daß der Mensch in Bewegung ist. Deshalb können Sie auch durch nichts nachweisen die Bewegungen, die im Innern der Erde geschehen, als durch die inneren Veränderungen, die im Menschen selbst vor sich gehen. Die inneren Bewegungen des Stoffwechsels zum Beispiel sind das getreue Abbild dessen, was die Erde als Bewegung im Raume vollzieht. Und wiederum, was als organbildende Kräfte im Lauf eines Jahres auftritt, das ist dasjenige, was abbildet die Jahresbewegung, welche die Erde mit der Sonne zusammen ausführt. Wir werden auf solche Dinge noch weiter zu sprechen kommen, sie auch spezialisieren können.
Sie sehen daraus, daß wir wohl sprechen können von einer täglichen Umdrehung der Erde um ihre Achse, daß wir aber nicht sprechen können von dem, was man gewöhnlich nennt die jährliche Umdrehung der Erde um die Sonne. Denn die Erde läuft der Sonne hinmennach, und beide führen dieselben Umschwünge aus.
Daß man von einem Herumdrehen der Erde um die Sonne nicht sprechen sollte, das geht ja noch aus mannigfaltigem anderen hervor. Das geht schon aus dem hervor, daß man - wie ich übrigens schon einmal erwähnte - nötig hatte, einen der Sätze des Koperni-kus einfach zu unterdrücken. Die Sache ist ja so, daß, wenn Sie nur Rücksicht darauf nehmen, daß die Drehungsachse durch ihre Trägheit sich immer parallel bleibt, eigentlich die Erde, indem sie um die
Sonne herum geht, zeigen müßte, wie beim Herumgehen diese Erdenachse immer nach anderen Sternen zeigt. Das tut sie nicht. Wenn die Erde sich wirklich um die Sonne herumdrehen würde, so müßte die Erdachse nicht immer nach dem Polarstern zeigen, sondern es müßte der Punkt, nach dem sie zeigt, um den Polarstern sich herumdrehen. Das tut sie nicht, sondern die Achse zeigt immer nach dem Polarstern. Gerade diejenige Linie, die man sehen müßte, und welche entsprechen würde dem Fortschreiten der Erde im Verhältnis zur Sonne, die sieht man nicht. In einer Art von Schrauben-linie bewegt sich eben die Erde hinter der Sonne nach, bohrt sich gewissermaßen in den Weltenraum ein.
Nun habe ich Ihnen aber auch schon angedeutet, daß da eine gewisse Bewegung vorliegt, die zunächst zum Ausdruck kommt dadurch, daß sich der Frühlingspunkt, der Aufgangspunkm der Sonne im Frühling, verschiebt, daß er in 25 920 Jahren einmal im Tier-kreise ganz herumgeht. Das entspricht auch einer bestimmten Bewegung. Was ist denn das für eine Bewegung? Können wir dafür auch etwas finden im Menschen? Ja, sehen Sie, aus dem, was ich Ihnen jetzt schon sagte, können Sie auf diese Bewegung einen Schluß ziehen, meine lieben Freunde. Es muß eine Bewegung sein, welche sich bezieht auf das Verhältnis der Sonne zu dem Fixsternhimmel, denn die Sonne macht ja diese Bewegung mit Bezug auf den Fixstern-himmel. Sie durchläuft mit Bezug auf ihren Aufgangspunkt in 25 920 Jahren den Tierkreis. Es ist eine Bewegung, der im Innern des Menschen entsprechen muß etwas, was als Verhältnis besteht zwischen den inneren Bewegungskräften und den Gestaltungskräfmen; aber es muß das eine lange Dauer haben. Die Sonne bewegt sich in irgendeiner Weise im Verhältnis zu dem übrigen Fixsternhimmel. Die menschlichen inneren Bewegungskräfte müssen sich in irgendeiner Weise verändern, so, daß sie anders liegen zu dem, was an der Peripherie des Menschen ist.
Nun erinnern Sie sich, wovon ich Ihnen gesprochen habe als etwas Bemerkbarem seit der alten Griechenzeit. Da habe ich Ihnen davon gesprochen, daß die Griechen für Gelb und Grün dasselbe Wort hatten, daß sie eigentlich das Blaue nicht in der Weise sahen,
wie wir es sehen, daß sie eigentlich, wie selbst die römischen SchriftsteIler uns berichten, mit vier Farben, zu denen Blau nicht gehörte, rechneten, auch damit malten: Gelb, Rot, Schwarz, Weiß. Nach den lebhaften Farben hin sahen sie. Die Griechen sahen den Himmel nicht so blau wie wir. Sie sahen ihn bloß in einer Art Dunkel. Das ist etwas, was mit Sicherheit gesagt werden kann; insbesondere geistes-wissenschaftlich läßt sich das mit Sicherheit feststellen. Ja, meine lieben Freunde, das ist eine Veränderung, die mit dem Menschen vorgegangen ist seit der alten griechischen Zeit. Wenn Sie daran denken, daß seit der alten griechischen Zeit so weit die Konstitution des menschlichen Auges sich verändert hat, so können Sie an andere Veränderungen im menschlichen Organismus, die sich äußerlich an der Peripherie abspielen, für längere Zeiträume durchaus denken. Diese Veränderungen, die spielen sich an der Peripherie ab, müssen aber natürlich zusammenhängen mit den inneren Bewegungskräften, denn selbstverständlich kann die Verdauung oder können die Organe das nicht bewirken. So daß wir daraus ersehen, daß die Veränderungen, die an der menschlichen Peripherie vorgehen, diesem Lauf des Frühlingspunktes der Sonne im Tierkreis entsprechen, also einem Zeitraume von 25 920 Jahren. Da verändert sich das Menschengeschlecht. Wir dürfen durchaus nicht denken, daß hinter 25 920 Jahren das Menschengeschlecht so war, wie es jetzt ist. Schon aus diesen physischen Verhältnissen heraus ist es ein völliges Unding, von jenen Zahlen zu sprechen für die Entwickelung der Menschheit, wie es die heutige Geologie tut, weil wir nur einschließen können in den Zeitraum von 25920 Jahren das Menschengeschlecht, und dazu gehört noch die Zukunft. Denn wenn die Sonne im Frühlingspunkte wiederum zurückgekommen sein wird, so werden solche Veränderungen vor sich gegangen sein mit dem ganzen Menschengeschlecht, daß es nicht mehr irgendwie ähnlich sein wird der gegenwärtigen Gestalt. Ich habe Ihnen aus anderen Erkenntnisquellen heraus etwas gesagt über die Zukunft des Menschengeschlechts und über sein Alter. Hier sehen Sie, wie auch die wirkliche Betrachtung der physischen Verhältnisse uns zu solchen Erkenntnissen zwingt.
Aus alledem aber sehen Sie, daß diejenigen Dinge, die wir bezeichnen als die Bewegungen der Himmelskörper, so einfach nicht liegen, wie es die heutige Astronomie sich machen möchte, sondern daß wir da in außerordentlich komplizierte Verhältnisse hineinkommen, in Verhältnisse, die nur aus dem Zusammenhange des Menschen mit dem Makrokosmos wirklich studiert werden können. Auf Einzelnes in diesen Bewegungen konnte ich Sie schon hinweisen; wir werden sie im Laufe der Zeit wiederum aus anderen Untergründen heraus immer weiter und weiter kennenlernen. Aber eines sehen Sie: daß der Mensch nicht völlig aufgeht in dieser Abhängigkeit von dem Makrokosmos! Sie sehen, mit dem, was sehr stark im Unterbewußten liegt, mit seinem Stoffwechsel, ist der Mensch in einer gewissen Weise, aber nur in einer gewissen Weise, gebunden an den täglichen Umlauf der Erde um ihre Achse; aber er kann sich herausheben. Wovon rührt denn das her? Das rührt davon her, daß dei Mensch, so wie er jetzt ist, wie er aufgebaut ist nach Peripherie-kräften, inneren Bewegungskräften, Organkräfmen und Stoffwechsel, fertig ist in seiner Abhängigkeit von den äußeren Kräften und jetzt gewissermaßen mit seiner fertigen Organisation sich herausreißen kann aus diesem Zusammenhange. Geradeso, wie wir in unserem Schlafen und Wachen ein Abbild haben von Tag und Nacht, aber uns nicht zu halten brauchen an Tag und Nacht -wir haben den inneren Rhythmus von Tag und Nacht, halten uns aber nicht immer daran, daß dieser innere Rhythmus auch übereinstimme mit dem äußeren Rhythmus von Tag und Nacht -, geradeso reißt sich der Mensch auch heraus in bezug auf sein übriges Leben aus dem Rhythmus des Makrokosmos. Darauf aber beruht die Möglichkeit der menschlichen Freiheit. Nicht die gegenwärtige Menschenbildung hängt mit dem Makrokosmos zusammen, sondern seine vergangene Bildung hängt mit dem Makrokosmos zusammen, und was der Mensch jetzt erlebt, ist im Grunde genommen ein Bild seiner vergangenen Anpassung an den Makrokosmos. So daß wir jetzt in den Bildern unserer Vergangenheit leben. Innerhalb von Bildern aber können wir die Freiheit entwickeln und ist die von der Naturnomwendigkeit getrennte
moralische Weltordnung gegeben. Gerade wenn man deutlicher einsieht, wie der Mensch zusammenhängt mit dem Makro-kosmos, dann begreift man, wie die Freiheit des Menschen möglich ist.
Sie können auch das Folgende noch zugrunde legen. Sehen Sie, beim Menschen ist es klar, daß sein Stoffwechsel noch in einer gewissen Beziehung steht zu dem Rhythmus des Tageslebens. Die Gestaltungskräfte sind fest geworden. Nehmen Sie statt des Menschen die Tierheit an, so werden Sie in der Tierheim viel größere Abhängigkeit finden von dem Makrokosmos als beim Menschen. Der Mensch ist aus dieser Abhängigkeit schon herausgewachsen. Eine alte Weisheit sprach deshalb von dem, was der Gestaltungskrafm entspricht, nicht als von dem «Menschenkreis», sondern von dem «Tierkreis». Die tierischen Gestaltungskräfte, die bei den Tieren in vielerlei Gestalten erscheinen, sie erscheinen beim Menschen im wesentlichen in einer Gestalt für das ganze Menschengeschlecht. Aber es sind die Kräfte der Tierheit. Und indem wir über sie hinauswachsen zum Menschen, müssen wir über den Tierkreis hinausgehen. Jenseits des Tierkreises liegt dasjenige, wovon wir abhängig sind als Mensch in einem höheren Maße als von alledem, was innerhalb des Tierkreises, das heißt innerhalb des Fixsternhimmels, liegt. Das ist das Wesentliche, was unserem Ich entspricht.
Mit unserem astralischen Leib - ihn hat auch das Tier - stehen wir drinnen in einer Abhängigkeit vom Makrokosmos. Da wird alles so gebildet noch im astralischen Leib, wie es die Sterne wollen. Mit unserem Ich stehen wir jenseits der Sternenwelt, außerhalb des Tier-kreises.
Da haben wir das Stück, durch das wir uns frei gemacht haben. Innerhalb des Tierkreises können wir nicht sündigen, so wenig wie das Tier sündigen kann. Aber wir beginnen zu sündigen, wenn wir außerhalb des Tierkreises unser Gebaren tragen. Und das können wir. Wenn wir dasjenige vollziehen, was uns frei macht von der Weltengestaltung, so setzen wir uns in eine Beziehung zu dem, was außerhalb des Tierkreises, außerhalb des Fixsternhimmels liegt. Das ist der wesentliche Inhalt unseres menschlichen Ich.
Sie sehen, wenn wir die Welt durchmessen, insofern sie uns als eine sichtbare und zeitliche vor Augen liegt, wenn wir alles dasjenige durchmessen, was im Raume ausgedehnt ist bis in die äußersten Fixsterne und was an Bewegungen in der Zeit in diesem Fix-sternen- und Planetenhimmel vor sich geht, und das alles in seiner Beziehung zum Menschen erfassen: im Menschen vollzieht sich noch etwas, was außerhalb dieses Raumes und dieser Zeit vor sich geht, was da draußen liegt, außerhalb dessen noch, was im Astralischen vor sich geht. Da, außerhalb diesem liegt keine Naturnotwendigkeim, da liegt allein dasjenige, was zusammenhängt mit unserer moralischen Natur, mit unseren moralischen Taten. Innerhalb des Fixsternhimmels können wir nicht unsere moralische Welt entfalten, aber in dem wir sie entfalten, zeichnen wir sie ein in den Makro-kosmos außerhalb des Tierkreises. Alles, was wir wirken, bleibt als Wirkung in der Welt bestehen. Dasjenige, was in uns vorgeht, von unserer Gesmaltungskraft bis hinein in den Stoffwechsel, das ist das Ergebnis der Vergangenheit. Aber die Vergangenheit präjudiziert im Weltenall nicht alle Zukunft, nicht diejenige Zukunft, die vom Menschen in seinen moralischen Handlungen ausgeht.
Halten wir diesen Punkt fest. Ich kann Sie in diesen Auseinandersetzungen, ich möchte sagen, nur von Stufe zu Stufe führen. Halten wir das fest, was wir heute besprochen haben; wir wollen dann die Sache noch von anderen Seiten beleuchten.
SIEBENTER VORTRAG Dornach, 23. April 1920
Die letzten Betrachtungen hier waren gewidmet einem Wege, der entsprechend begangen dazu führt, eine Anschauung zu gewinnen über unser Weltenall und seine Organisation. Sie haben gesehen, daß dieser Weg notwendig macht, immerfort den Einklang aufzusuchen zwischen dem, was im Menschen selbst vor sich geht, und dem, was im großen Weltenall vor sich geht. Ich werde die folgenden Betrachtungen morgen und übermorgen so anzulegen haben, daß auch unsere von auswärts zur Generalversammlung gekommenen Freunde einiges von diesen Dingen werden haben können. Daher werde ich morgen von dem, was gesagt worden ist, kurz einiges zu wiederholen haben, das Wesentliche, um daran dann anderes anzuknüpfen. Heute will ich aber in den Gang unserer Betrachtungen einiges einfügen, das gerade geeignet sein kann, des Näheren auf den wahren Weg, das Weltall kennen zu lernen, hinzuweisen.
Wenn Sie meine «Geheimwissenschaft» durchgehen, so werden Sie sehen, daß bei dieser skizzenhaften Darstellung der Entwickelung des uns bekannten Weltenalls, wie sie gegeben ist in dieser «Geheimwissenschaft», überall die Beziehung zum Menschen festgehalten ist. Wenn Sie ausgehen von der Saturnentwickelung, um dann bis zu unserer Erdenentwickelung fortzuschreiten durch die Sonnen- und Mondenentwickelung, so wissen Sie ja, daß diese Saturnentwickelung dadurch charakterisiert wird, mitcharakterisiert wird, daß durch diese Saturnentwickelung die erste Anlage gemacht worden ist für die menschliche Sinnenhaftigkeit. Und so geht es dann weiter. Überall werden die Zustände des Weltenalls so verfolgt, daß man zu gleicher Zeit damit die Entwickelung des Menschen hat. Also, der Mensch wird nicht so gedacht im Weltenall stehend, wie das in der äußeren Naturwissenschaft heute geschieht, daß man das Weltenall auf der einen Seite betrachtet, und dann den Menschen auf der andern Seite, wie zwei nicht recht zueinander gehörige Wesenheiten, sondern beides wird ineinander gedacht, wird
in seiner Entwickelung miteinander verfolgt. Dies muß auch durchaus berücksichtigt werden, wenn man von dem spricht, was gegenwärtig Eigenschaften, Kräfte, Bewegungen und so weiter des Weltenalls sind. Man kann nicht auf der einen Seite im kopernikanisch-galileischen Sinne das Weltenall rein räumlich abstrakt betrachten und daneben gewissermaßen dann den Menschen, sondern man muß beide ineinandetfließen lassen während der Betrachtung.
Das ist aber nur dann möglich, wenn man eine gehörige Vorstellung von dem Menschen selbst erst gewonnen hat. Ich habe Sie schon darauf aufmerksam gemacht, wie wenig eingentlich die gegenwärtige naturwissenschaftliche Anschauung geeignet ist, Aufschlüsse über den Menschen selbst zu geben. Was tut sie denn eigentlich gerade da, wo sie aus ihren heutigen Voraussetzungen heraus am größten ist, diese Naturwissenschaft? Betrachten Sie sie nur. Sie stellt in einer Großartigkeit dar, wie der Mensch aus anderen Formen körperlich nach und nach sich entwickelt hat. Sie verfolgt, wie dann während der Embryonalzeit diese Formen wie in einer kurzen Wiederholung noch einmal durchgemacht werden. Das heißt, sie betrachtet den Menschen als das oberste der Tiere. Sie betrachtet die Tierheit, und dann setzt sie den Menschen zusammen aus alledem, was sie an der Tierheit gefunden hat. Das heißt, sie betrachtet alles Außermenschliche, um dann gewissermaßen zu sagen: So, hier Schlußpunkt, da endet das Außermenschliche, da kommt es beim Menschen an. - Es wird nicht der Mensch selbst als solcher betrachtet. Das ist dasjenige, was der heutigen Naturwissenschaft gar nicht gelegen ist, den Menschen als solchen zu betrachten, und daher gewinnt sie gar keine Anschauung von der menschlichen Wirklichkeit.
Sehen Sie, ich möchte hier ausgehen von etwas, was ich gestern an ganz anderem Orte und in ganz anderem Zusammenhange vor anderem Publikum entwickelt habe, was aber auch hier aufklärend in unserem jetzigen Zusammenhange wirken kann. Es wäre wirklich heute sehr vonnöten, daß die Menschen, die sachverständig auf diesem Gebiete sein wollen, zur Goetheschen naturwissenschaftlichen
Betrachtung, insbesondere zur Betrachtung seiner Farbenlehre ein wenig ihre Zuflucht nehmen würden. In dieser Farbenlehre ist eigentlich eine ganz andere Methode der naturwissenschaftlichen Betrachtung eingeschlagen, als man sie heute gewohnt ist. Gleich im Beginne ist die Rede von den sogenannten subjektiven Farben, von den physiologischen Farben, und da wird sehr sorgfältig untersucht, wie das menschliche Auge als ein Lebendiges Erlebnisse hat an der Umgebung, wie diese Erlebnisse durchaus nicht einfach nur so lange dauern, als das Auge der Außenwelt exponiert ist, ausgesetzt ist, sondern wie eine Nachwirkung da ist. Sie kennen ja alle die einfachste Erscheinung auf diesem Gebiete: Sie sehen auf eine begrenzte, sagen wir zum Beispiel rote Fläche (Tafel 13, Rhombus links, Pfirsichblüt), wenden dann das Auge rasch ab und sehen auf eine weiße Fläche: Sie sehen das Rot in der grünen Nachfarbe. Das heißt, das Auge steht noch in einem gewissen Sinne unter dem Eindrucke desjenigen, was es erlebt hat. Nun, wir wollen jetzt nicht die Gründe untersuchen, warum gerade eine grüne Nachfarbe erscheint, sondern wir wollen nur an der mehr allgemeinen Tatsache festhalten, daß das Auge nachher das Erlebnis noch nachklingen läßt.
Da haben wir es zu tun mit einem Erlebnis an der Peripherie unseres menschlichen Leibes. Das Auge liegt an der Peripherie des menschlichen Leibes. Wir finden, wenn wir auf das Erlebnis des Auges hinschauen, daß durch eine gewisse begrenzte Zeit das Auge dieses Erlebnis noch ausklingen läßt. Dann ist das Erlebnis ganz abgeklungen. Dann kann das Auge unbeeinflußt durch das, was es erlebt hat, sich anderen Erlebnissen zuwenden. Betrachten wir rein anschauungsgemäß zunächst einmal eine Erscheinung, die nun nicht an ein einzelnes lokalisiertes Organ unseres Organismus gebunden ist, sondern an den ganzen Menschen gebunden ist, und wir werden, wenn wir uns unbefangener Beobachtung hingeben, nicht verkennen können, wie eben schon vor dieser Beobachtung dieses Erlebnis verwandt ist mit dem Erlebnis an dem lokalisierten Auge. Sie setzen sich einer Erscheinung, einem Erlebnis aus, Sie exponieren sich als ganzer Mensch diesem Erlebnis. Indem Sie sich als ganzer Mensch diesem Erlebnis exponieren, nehmen Sie es auf, so wie das
Auge das Erlebnis der Farbe aufnimmt, gegenüber welcher es exponiert ist. Und jetzt können Sie erleben, daß noch nach Monaten, nach Jahren das Nacherlebnis, das Nachbild, in Form des Gedächtnisbildes aus Ihnen herauskommt. Es ist die ganze Erscheinung etwas anders, aber Sie werden das Verwandte des Erinnerungsbildes mit einem Nachbilde des Erlebnisses, das auf kurze, beschränkte Zeit das Auge hat, nicht verkennen können.
So werden Fragen vor den Menschen in Richtigkeit hingestellt, und der Mensch kann ja nur etwas über die Welt erfahren, indem er in der richtigen Weise fragen lernt. Fragen wir uns einmal: Wie hängen diese beiden Erscheinungen zusammen, das Nachbild des Auges und das Erinnerungsbild an ein bestimmtes Erlebnis, das - wir wollen es ganz unbestimmt lassen woher - aus uns aufsteigt? - Sehen Sie, wenn man solche Fragen aulwirft und nach einer sachgemäßen Antwort sucht, so versagt sogleich die ganze Methode der gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Betrachtung. Sie versagt aus dem Grunde, weil ja diese Betrachtung eines nicht weiß: sie weiß nicht die universelle Bedeutung der Metamorphose. Die ganze universelle Bedeutung der Metamorphose, die kennt die gegenwärtige Naturwissenschaft nicht. Diese Metamorphose ist etwas, was eben beim Menschen in dem einen Leben nicht abgeschlossen ist, was beim Menschen sich erst abschließt in den aufeinanderfolgenden Erden-leben.
Sie wissen, wir unterscheiden zunächst einmal, um eine Ansicht gewinnen zu können über den ganzen Menschen - wenn wir von der Dreigliedrigkeit absehen, nur auf zwei Glieder sehen, wobei wir das zweite und dritte zusammenfassen -, wir unterscheiden zunächst die menschliche Kopforganisation und den übrigen Menschen. Wir müssen, wenn wir die menschliche Kopforganisation studieren wollen, verstehen können, wie diese Kopforganisation mit der ganzen Entwickelung des Menschen zusammenhängt. Sie ist eine spätere Metamorphose, sie ist die Umbildung des ganzen übrigen Menschen hinsichtlich seiner Kräfte. Was Sie, indem Sie sich kopflos denken -natürlich mit alledem, was vom Kopf in den übrigen Organismus hineingehört und zum Kopf eigentlich gehört -, was Sie da im übrigen
Menschen sind, das fassen Sie ja natürlich zunächst substantiell auf. Aber dieses Substantielle kommt nicht in Betracht, sondern der Kräftezusammenhang dieser Substanz metamorphosiert sich im All zwischen dem Tode und einer neuen Geburt und wird im nächsten Erdenleben Kopforganisation. Das heißt, was Sie jetzt in Ihrem außer dem Kopf befindlichen Menschen an sich tragen, ist eine frühere Metamorphose der späteren Kopforganisation. Wenn Sie aber verstehen wollen, wie diese Metamorphose zusammenhängt, dann müssen Sie das Folgende ins Auge fassen.
Nehmen Sie einmal irgendein Organ - Leber oder Niere - Ihres übrigen Menschen und vergleichen Sie das mit Ihrer Kopforganisation, so finden Sie einen wesentlichen, durchgreifenden Unterschied. Sie finden nämlich den Unterschied, daß die ganze Tätigkeit der Organe Ihres außerkopflichen Menschen nach innen gerichtet ist. Wenn Sie zum Beispiel das Nierenorgan nehmen, so ist die ganze Tätigkeit nach dem Innern der Körperhöhle gerichtet. Dorthin ist die Tätigkeit des Nierensystems gerichtet. Und es ist diese Tätigkeit sogar auf Ausscheidung berechnet. Wenn Sie dieses Organ vergleichen mit irgendeinem Organ, das gerade für das Haupt, für den Kopf des Menschen charakteristisch ist, so können Sie das Auge nehmen. Das ist genau entgegengesetzt konstruiert, das ist ganz nach außen gerichtet. Und was es als Wechselbeziehung nach außen hat, das gibt es nach dem Innern des Menschen, nach dem Verständnis, nach dem Verstande ab. Sie haben in einem Organe des Hauptes das volle polarische Gegenbild eines Organes des übrigen Menschen. Der übrige Mensch hat seine Organe ganz nach dem Innern der Organisation des Organismus gerichtet. Das Haupt hat seine wesentlichen Organe nach außen geöffnet. Daher kann ich schematisch folgendes zeichnen (Tafel 13, oben):
Nehmen wir einmal an, das wäre die eine Metamorphose, das wäre die andere Metamorphose, die hier in Betracht kommt, so müssen Sie sich vorstellen: erstes Leben, zweites Leben; dazwischen ist dann das Leben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Wir haben ein inneres Organ. Dieses innere Organ ist nach innen geöffnet. Indem die Metamorphose wirksam ist zwischen dem Tode und einer
neuen Geburt, kehrt sich die ganze Stellung und alles, was an dieses Organ geknüpft wird, um. Das Organ wird nach außen geöffnet. Es ist also so, wie wenn dasjenige, was da nach innen seine Tätigkeit entfaltet, in der nächsten Inkarnation nach außen seine Tätigkeit entfaltet. Sie müssen sich also vorstellen, daß da etwas vorgegangen ist zwischen den zwei Inkarnationen, was man nur vergleichen kann damit, daß Sie sich denken, Sie haben hier einen Handschuh, den ziehen sie an; und nunmehr nehmen Sie ihn und drehen ihn um, so daß dasjenige, was an die Hand anliegt, nach außen kommt und das, was früher nach außen, nach der Luft zu lag, nach innen kommt. Also die Metamorphose hat sich nicht nur so vollzogen, daß dasjenige, was da die übrigen Organe sind, sich etwa bloß umgebildet hat, nein, es hat sich auch umgestülpt. Es ist das Innere, das nach innen Gewendete zum Äußeren, zum nach außen Gewendeten geworden. So daß wir sagen können: Die Organe - ich werde jetzt sprechen von Körper und Kopf als dem Gegensatze -, die Organe des Körpers metamorphosieren sich, indem sie sich umstülpen. Also unsere Augen wären in unserer vorhergehenden Inkarnation irgend etwas in unserem Bauche gewesen, wenn ich den Ausdruck eben gebrauchen darf. Das hat sich umgestülpt in seinen Kräften und ist jetzt Augen geworden, und die haben die Fähigkeit erlangt, Nach-bilder zu erzeugen. Diese Fähigkeit, Nachbilder an der Außenwelt zu erzeugen, die muß auch von etwas herkommen. Wovon kommt diese Fähigkeit, Nachbilder zu erzeugen, her?
Nun, betrachten wir einmal die Augen, die Aufgabe der Lebens-tätigkeit des Auges, betrachten wir das einmal ganz unbefangen. Die Nachbilder beweisen uns ja nur, daß das Auge etwas Lebendiges ist, die Nachbilder beweisen uns ja nur, daß das Auge die Tätigkeit ein wenig festhält. Warum hält das Auge die Tätigkeit ein wenig fest? Lassen Sie uns von etwas Einfacherem ausgehen. Nehmen Sie einmal an, Sie greifen Seide an. Greife ich Seide an, so bleibt mir im Organ, im Gefühlsorgan eine Nachwirkung der Seidenglätte. Wenn ich wiederum an die Seide herankomme, so erkenne ich Seide wiederum an dem, was es in mir bewirkt hat. So ist es auch beim Auge. Das Nachbild hat etwas zu tun mit dem Wiedererkennen. Die innere
Lebendigkeit, die da in Betracht kommt, damit das Nachbild entsteht, die hat etwas zu tun mit dem Wiedererkennen. Aber da draußen, wenn es sich um das Wiedererkennen handelt, da bleiben die Dinge. Sie bleiben draußen. Wenn ich jetzt jemanden von Ihnen sehe und ihn morgen wieder treffe und ihn wieder erkenne, da steht er leibhaftig da.
Vergleichen wir das jetzt einmal mit dem, woraus das Auge als Metamorphose sich entwickelt hat in bezug auf die Tätigkeit. Sehen wir auf das Organ in unserem inneren Organismus, aus dem sich das Auge entwickelt hat. Da muß in einer gewissen Weise veranlagt sein dasjenige, was als die Fähigkeit des Nachbildens, als die Lebendigkeit des Auges erscheint, nur muß es nach innen gewendet sein. Da muß auch das etwas zu tun haben mit dem Wiedererkennen. Aber ein Erlebnis wiedererkennen heißt, sich daran erinnern. Suchen Sie also die ursprüngliche Metamorphose für die Tätigkeit des Auges in einem früheren Leben, so müssen Sie fragen nach der Tätigkeit des Organs, die wirkt für die Erinnerung. Diese Dinge lassen sich natürlich nicht so bequem und einfach darlegen, wie man es heute liebt; aber sie lassen sich eben dem Wege nach andeuten. Und verfolgen Sie den Weg, dann werden Sie finden: alle unsere Sinnesorgane, die nach außen gerichtet sind, haben ihre Gegenbilder in unseren inneren Organen. Und diese inneren Organe sind ja zu gleicher Zeit die Organe der Erinnerung. Mit dem Auge sehen Sie dasjenige, was im äußeren Leben wiederkehrt; mit dem, was in Ihrer Leibeshöhle entspricht der früheren Metamorphose des Auges, erinnern Sie sich an die Bilder, die Ihnen das Auge vermittelt. Mit dem Ohre hören Sie die Töne; mit demjenigen, was in Ihrer Leibeshöhle dem Ohr entspricht, erinnern Sie sich an die Töne. Und so wird der ganze Mensch, indem er seine Organe nach dem Innern öffnet, zum Erinnerungsorgan. Der ganze Mensch ist Erinnerungsorgan. Und wir stellen uns dem äußeren Leben gegenüber, wir nehmen dieses äußere Leben auf. Die materialistische Naturwissenschaft sagt, wir nehmen zum Beispiel Augenbilder auf; ihre Wirkungen übertragen sich auf den Augennerv. Damit ist es aber aus. Der ganze übrige Organismus ist für den Erkenntnisprozeß das fünfte Rad am Wagen. Das ist aber
nicht wahr. Dasjenige, was wir wahrnehmen, geht in den übrigen Organismus über, und die Nerven haben mit der Erinnerung unmittelbar gar nichts zu tun, sondern die übrigen Organe, die Organe, welche ihre Tätigkeit nach innen öffnen. Der ganze Mensch ist Erinnerungswerkzeug, nur spezialisiert nach den verschiedenen Organen. Der Materialismus erlebt die furchtbare Tragik - ich habe darauf schon aufmerksam gemacht -, daß er gerade das Materielle nicht erkennen kann, denn er bleibt in Abstraktionen stecken. Und der Materialismus wird immer abstrakter, das heißt filtrierter, geistiger, und er kann nicht in das Wesen der materiellen Erscheinungen eindringen. Er begreift nicht die Geistigkeit der materiellen Erscheinungen. Zum Beispiel begreift er nicht, daß mit unserem Gedächtnisse unsere inneren Leibesorgane viel mehr zu tun haben als das Gehirn, das nur die Vorstellungen vorbereitet, damit sie von den übrigen Leibesorganen aufgenommen werden. In dieser Beziehung ist unsere Wissenschaft - was denn eigentlich? - die fortgesetzte Askese, das fortgesetzte einseitige Asketentum. Worin besteht denn dieses einseitige Asketentum? Darinnen, daß man nicht die materielle Welt in ihrer Geistigkeit begreifen, sondern sie verachten, sie überwinden will, mit ihr nichts zu tun haben will. Unsere Wissenschaft hat schon von der Askese das gelernt, daß sie überhaupt nichts mehr begreift von der Welt; daß sie ausdenkt, die Augen und die übrigen Sinnesorgane nehmen die Wahrnehmungen auf, übertragen sie aufs Nervensystem und dann auf irgend etwas, was man im Unbestimmten läßt. Nein, dann geht das über in den übrigen Organismus. Da entstehen zunächst die Erinnerungen durch das Zurück-schwingen der Organe.
Das hat man in Zeiten, in denen eine falsche Askese nicht auf die Menschenanschauungen gedrückt hat, sehr wohl gewußt. Daher haben die Alten, wenn sie zum Beispiel von «Hypochondrie» gesprochen haben, nicht so gesprochen wie oftmals der moderne Mensch oder gar die Psychoanalytiker, daß die Hypochondrie nur etwas Seelisches sei, das da in der Seele wurzelt. Nein, Hypochondrie heißt ja Unterleibsknorpeligkeit. Die Alten haben ganz gut gewußt, daß das, was Hypochondrie ist, in einer Versteifung, in einer Verhärtung
des Unterleibssystems seinen Grund hat. Und die englische Sprache, die noch auf einer Etappe steht, die gegenüber den andern europäischen Sprachen eine weniger vorgerückte Stufe darstellt, die hat in sich noch eine Erinnerung von diesem Zusammenklang des Materiellen mit dem Geistigen. Ich erinnere nur an das eine. Man nennt im Englischen seelisch etwas «spleen», aber es ist nicht bloß seelisch. Die Milz heißt auch «spieen». Und der «spleen» hat mit der Milz sehr viel zu tun. Das ist nämlich nicht etwas, was man bloß aus dem Nervensystem zu erklären hat, sondern was man aus der Milz zu erklären hat. Und so könnte sehr vieles gefunden werden. Der Genius der Sprache hat ja sehr vieles erhalten, und wenn auch die Worte etwas umgebildet sind für den seelischen Gebrauch, weisen sie doch auf dasjenige hin, was als eine Uranschauung der Menschheit gut funktioniert hat.
Sie sehen sich also die Welt an, nehmen sie als ganzer Mensch wahr, und indem Sie sie als ganzer Mensch wahrnehmen, wirkt sie auf Ihre Organe. Diese Organe passen sich den Erlebnissen, der Erlebnisart an. Auf der Klinik, wenn man Anatomie treibt, ist Leber Leber; Leber eines Fünfzigjährigen, Leber eines Fünfundzwanzigjäh-rigen, Leber eines Musikers ist Leber; Leber eines, der von der Musik so viel versteht, wie der Ochs vom Sonntag, wenn er die ganze Woche Gras gefressen hat, ist auch Leber. Aber das Bedeutsame besteht darinnen, daß ein gewichtiger Unterschied ist zwischen der Leber eines Musikers und der Leber eines Nichtmusikers, weil die Leber sehr, sehr viel zu tun hat mit dem, was widerklingt im Menschen von musikalischen Vorstellungen. Ja, es nützt nichts, in asketischer Erkenntnis die Leber als ein geringes Organ zu betrachten. Diese Leber, die scheinbar ein so geringes Organ ist, ist der Sitz alles dessen, was in der schönen Folge der Melodien lebt, und die Leber hat sehr viel mit dem Anhören einer Symphonie zu tun. Nur muß man natürlich sich klar sein, daß diese Leber auch noch ein Ätherorgan hat und daß das in erster Linie damit zu tun hat. Aber die äußere physische Leber ist eben gewissermaßen das Exsudat der Ätherleber und ist so gestaltet, wie diese Ätherleber gestaltet ist. Ja, da bereiten Sie sich Ihre Organe zu, und wenn Sie nun ganz selbst sich überlassen wären,
und insofern Sie sich selbst überlassen sind, würde ganz genau Ihr Sinnesapparat in der nächsten Inkarnation ein Abbild Ihrer Erlebnisse gegenüber der Umwelt sein. Er ist es in gewisser Beziehung, nur ist er es nicht ausschließlich, denn es kommen uns in dem Leben zwischen dem Tode und neuer Geburt Wesen der höheren Hierarchien zu Hilfe, welche bewirken, daß nicht immer alle jene Ungezogenheiten, die wir begehen gegenüber unseren Organen, auch wirklich von uns schicksalsmäßig getragen werden müssen. Es wird uns geholfen zwischen Tod und neuer Geburt. Wir sind in bezug auf diesen Teil unserer Organisation nicht auf uns allein angewiesen.
Aber Sie sehen daraus, daß ein solcher Zusammenhang besteht zwischen dem ganzen übrigen Menschen und seinen Organen und seiner Kopforganisation. Der Körper wird Kopf, und den Kopf verlieren wir in bezug auf seine Kräftebildung mit dem Tod. Daher ist er auch wesentlich knöcherig in seiner Form und erhält sich länger als der übrige Organismus hier auf der Erde. Das ist nur das äußere Zeichen dafür, daß er uns verlorengeht für unsere folgende Inkarnation, für alles das, was wir durchzumachen haben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt.
Diese Dinge, die wurden von der alten atavistischen Weisheit wohl gefühlt, und sie wurden auch dann gefühlt, wenn jener große Zusammenhang des Menschen mit dem Makrokosmos gesucht wurde, der in den alten Beschreibungen über die Himmelsbewegungen zum Ausdrucke kam. Der Genius der Sprache hat auch in dieser Beziehung manches erhalten. Sehen Sie, der Mensch - ich habe es Ihnen das letzte Mal ausgeführt - macht innerlich den Tageskreislauf mit. Sie machen Anspruch darauf, jeden Tag zu frühstücken, nicht bloß am Sonntag. Sie machen Anspruch darauf, jeden Tag zu Mittag zu essen und Abendbrot zu essen, nicht bloß, daß Sie frühstücken am Sonntag, Mittagessen am Mittwoch und Abendessen am Sonnabend; das tun Sie nicht. Sie unterliegen in bezug auf dasjenige, was Stoffwechsel mit der Außenwelt ist, dem Tageskreislauf. Diesen macht der Mensch innerlich mit. Dieser Tageskreislauf des Inneren, der entspricht im Menschen dem Tageskreislauf der Erde um ihre Achse. Solche Dinge wurden lebendig gefühlt in der Urweisheit. Da
hat der Mensch gewußt, er ist nicht abgesondert von der Erde, er macht das mit, was die Erde macht. Und er wußte auch hinzudeuten auf dasjenige, was er da mitmacht. Wer Sinn hat für alte Kunstwerke, obwohl wir in den erhaltenen Kunsrwerken sehr wenig Gelegenheit haben, diese Dinge uns noch anzuschauen, der kann selbst aus den alten Kunstwerken noch herausfühlen, wie eine lebendige Empfindung da war bei den Alten vom Zusammenhange des Mikrokosmos, des Menschen, mit dem Makrokosmos, aus der Stellung gewisser Figuren, aus der beginnenden Bewegung gewisser Figuren und so weiter; in denen sind zumeist kosmische Bewegungen nachgeahmt. Aber in etwas anderem liegt noch mehr.
Sehen Sie, bei allen oder bei den meisten Völkern finden Sie dem Tag die Woche gegenübergestellt. Sie haben auf der einen Seite, wenn ich so sagen darf, den Kreislauf des Stoffwechsels, was sich darin ausdrückt, daß Sie jeden Tag essen müssen zu denselben Mahlzeiten. Aber der Mensch war niemals so, daß er nur nach diesem Kreislauf des Stoffwechsels gerechnet hat. Er hat hinzugefügt zu dem Tageskreislauf den Wochenkreislauf. Er hat unterschieden erstens Sonne, Auf- und Untergang, dem Tageskreislauf entsprechend; aber er hat hinzugefügt: Sonntag, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag - einen sieberifach so langen Zeitraum. Dann ist er wiederum zurückgekommen zum Sonntag. Gewissermaßen kommen wir nach 7 Kreisläufen wiederum zurück (Tafel 14, links). Das ist gefühlt in dem Gegensatze zwischen Tag und Woche. Aber mit diesem Gegensatz zwischen Tag und Woche wollte der Mensch noch viel mehr ausdrücken. Er wollte ausdrücken: der Tageskreislauf hängt mit der Sonne zusammen, mit dem Sonnen-umgang. Wir nennen ihn heute scheinbar; das geht uns augenblicklich nichts an.
Nun haben wir einen siebenmal so großen Zeitraum, der wiederum zur Sonne zurückkehrt, aber der alle Planeten in sich aufnimmt, Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn. Der Wochenumgang nimmt alle Planeten in sich auf. Dadurch sollte gesagt werden: Wir haben einen Kreislau{ der dem Tag entspricht, einen andern Kreislauf, der einem siebenmal so großen Zeitraum entspricht,
und der die Planeten in sich aufnimmt. Es sollte daraufhingedeutet werden: Nicht bloß dreht sich die Erde um ihre Achse, oder die Sonne geht herum, sondern das ganze System hat in sich auch eine Bewegung. Diese Bewegung könnte noch in manchem anderen gesehen werden. Nehmen Sie einmal den Jahreskreislau{ so bekommen Sie im Jahr, wie Sie wissen, 52 Wochen. Das ist ungefähr das Siebentel der Zahl nach, der Tage im Jahreskreislauf. Das heißt, die Wochen, von demJahresanfangs- zum Jahresendpunkt gedacht, machen notwendig zu denken, daß dasjenige, was von den Wochen geschieht, in einer anderen Geschwindigkeit geschieht, als was vom Tageskreislauf geschieht.
Woher rührte denn das Gefühl, das eine Mal zu rechnen mit einem Tageskreislauf, das andere Mal zu rechnen mit einem Wochen-kreislauf? Woher rührte denn dieses Gefühl? Das rührte von der Empfindung des Gegensatzes zwischen der menschlichen Hauptesentwickelung und der Entwickelung des ganzen übrigen Menschen her. Die menschliche Hauptesentwickelung, wir sehen sie in etwas reprasentiert, worauf ich Sie auch schon aufmerksam gemacht habe, wir sehen sie repräsentiert in dem, was im Haupte sich herausbildet ungefähr in einem Jahreskreislauf: in der Zahnbildung, der ersten Zahnbildung, der Milchzahnbildung.
Wenn Sie den Zahnwechsel ins Auge fassen, so tritt er nach einem siebenmal so großen Zeitraume ein, um das 7. Lebensjahr herum. Man kann sagen: wie sich der einzelne Jahreskreislauf in bezug auf die Zahnbildung verhält zu dem Kreislauf in der Menschenentwickelung, der bis zum Zahnwechsel hin wirkt, so verhält sich der Tag zur Woche. Das wurde gefühlt. Und es wurde deshalb gefühlt, weil man das andere richtig empfand: Zahnbildung, insofern die Milchzähne entstehen, ist vorzugsweise ein Ergebnis der Vererbung. Sie brauchen nur den Embryo anzuschauen, wie er sich eigentlich aus der Kopfbildung heraus entwickelt und das andere anschließt, so werden Sie auch verstehen, daß die Empfindung der Alten richtig war, die Milchzahnbildung mehr mit dem Kopf, die spätere Zahn-bildung mehr mit dem ganzen menschlichen Organismus in Zusammenhang zu bringen. Das ist ein Ergebnis, das sich allerdings heute
auch wiederum einstellt, wenn wir sachgemäß die Sache betrachten. Die Milchzähne sind an die Kräfte des menschlichen Hauptes gebunden. Die anderen Zähne sind an die Kräfte gebunden, die aus dem übrigen Organismus in das Haupt hereinschießen.
Damit aber haben Sie an einem besonderen Falle hingedeutet auf einen wichtigen Gegensatz des Hauptes und des übrigen menschlichen Organismus. Dieser Gegensatz ist zunächst ein zeitlicher. Dasjenige, was im menschlichen Kopf vor sich geht, geht siebenmal so schnell vor sich wie das, was im übrigen menschlichen Organismus vor sich geht. Übersetzen wir uns das einmal in eine vernünftige Sprache - wir haben es eben in einer realen Sprache ausgedrückt -, jetzt übersetzen wir uns das in eine vernünftige Sprache. Denken Sie sich einmal, Sie essen heute, Sie haben heute die entsprechenden Mahlzeiten gegessen, ordnungsgemäß gegessen. Aber was Sie da gegessen haben - Ihr Organismus verlangt, daß Sie es morgen wiederholen. Aber Ihr Haupt, das hält ein anderes Tempo ein. Das Haupt muß 7 Tage lang warten, bis dasjenige, was heute von Ihrem übrigen Organismus aufgenommen worden ist, so weit ist, daß es vom Haupte verarbeitet werden kann. Wenn morgen Sonntag ist und Sie essen, dann muß Ihr Haupt bis zum nächsten Sonntag warten, um die Früchte dieses Essens zu haben. Da geschieht nach einer 7tägigen Periode eine Wiederholung dessen, was Sie 7 Tage vorher in Ihrem Organismus vollbracht haben. Das fühlte man und drückte gleichsam das dadurch aus, daß man sagte: die Woche hindurch braucht man, bis das Physisch-Leibliche geistig-seelisch wird.
Sie sehen, die Metamorphose besteht auch darinnen, daß dasjenige, was eine siebenmal so lange Zeit braucht, in der einfachen Zeit wiederholt wird, wenn das nächste Leben folgt auf dieses Leben. Wir haben es also zu tun mit einer räumlichen Metamorphose dadurch, daß unser übriger Organismus, unser Körper, nicht bloß sich umwandelt, sondern umstülpt; und wir haben es zu tun mit einer zeitlichen Metamorphose, indem unsere Hauptesorganisation um 7 zurückgeblieben ist.
Es ist in der Tat diese menschliche Organisation nicht so einfach, als man es haben möchte im Sinne der heutigen bequemen Wissenschaft.
Man muß sich schon darauf einlassen, diese Menschheitsorganisation komplizierter zu denken. Und studiert man den Menschen nicht, so kann man auch nicht studieren, an welchen Bewegungen des Weltenalls der Mensch teilnimmt. Deshalb sind die seit dem Beginn der Neuzeit beschriebenen Bewegungen des Weltenalls eben Abstraktionen, sind beschrieben mit Ausschluß von Menschenkenntnis.
Das ist die Reform, die vor allen Dingen der Astronomie bevorsteht, daß wiederum der Mensch einbezogen werden muß, indem die Bewegungen des Weltenalls studiert werden. Natürlich werden dadurch die Studien etwas schwieriger als sie sonst sind.
Sehen Sie, Goethe hat aus einer großartigen Intuition heraus die Metamorphose des Menschenschädels aus dem Rückgrat, aus dem Wirbelknochen des Rückgrats in sich gefühlt, als er einmal in Venedig am Juden-Kirchhof einen glücklich gespalteten Schöpsenschädel fand. Der war so schön in seine einzelnen Stücke auseinandergefallen, daß Goethe an diesem Schöpsenschädel die Umwandlung der menschlichen Rückgratswirbelknochen in Schädelknochen studieren konnte. Goethe hat dann das im einzelnen verfolgt. Die Wissenschaft hat sich auch in einer gewissen Weise dieser Sache angenommen. Sie finden interessante Beobachtungen, die der vergleichende Anatom Car/ Gegenbaur darüber gemacht hat, und Hypothesen, die er darüber aufgestellt hat - sehr schöne Dinge; aber eigentlich konnte Gegenbaur der Goetheschen Intuition nur Schwierigkeiten machen. Er findet nicht, daß man den richtigen Parallelismus der Wirbelknochen des Rückgrates mit den einzelnen Gebilden am Schädel angeben könne.
Ja, sehen Sie, warum das? Weil die Leute nicht ans Umstülpen denken, weil nicht bloß an ein Umwandeln zu denken ist, sondern an eine Umstülpung; daher kann nur annähernd eine Zusammenfassung von Schädelknochen ähnlich sein dem Rückgratwirbel. Denn in Wirklichkeit werden ja die Schädelknochen in ihrer Form gebildet als das Ergebnis jener Kräfte, die auf den Menschen wirken zwischen dem Tode und einer neuen Geburt und müssen daher wesentlich anders ausschauen, als bloß umgewandelte andere Knochen.
Umgestülpt sind sie. Dieses Umstülpen, das ist dasjenige, was in Betracht kommt. Und jetzt werden Sie eines vor allen Dingen begreifen.
Nehmen Sie einmal an, das wäre gewissermaßen schematisch der obere Mensch, der Kopfmensch. Alle Wirkungen gehen von außen nach innen. Das wäre der übrige Mensch (Tafel 14, rechts). Alle Wirkungen gehen von innen nach außen, aber sie bleiben in dem organischen Inneren des Menschen. So daß wir sagen können: Der Mensch steht durch seinen Kopf mit der Umwelt in Beziehung, durch seinen übrigen Organismus mit dem, was in ihm selbst vor sich geht. Der abstrakte Mystiker sagt: Schaue in dein Inneres, dann findest du das Wesen der Außenwelt. - Das ist aber nur sehr abstrakt gedacht, denn so stimmt es nicht. Das Wesen der Außenwelt finden wir nicht, wenn wir alles dasjenige innerlich betrachten, was von außen auf uns einwirkt, sondern erst dann, wenn wir tiefer gehen, wenn wir erst uns als eine Dualität betrachten und aus einem ganz anderen Teile unseres Wesens die Welt wieder erstehen lassen. Das ist der Grund, warum bei der abstrakten Mystik so wenig herauskommt und warum es notwendig ist, auch hier an einen inneren Prozeß zu denken, nicht bloß an ein abstraktes Umwandeln der äußeren Anschauung.
Sehen Sie, ich möchte ja keinem von Ihnen zumuten, das Mittagessen vor sich stehen zu lassen und durch den schönen Anblick gesättigt sein zu sollen. Das geht nicht, nicht wahr. Es würde das Leben nicht unterhalten werden können. Wir müssen den Prozeß herbeiführen, der zunächst in 24 Stunden abläuft, und wenn wir den ganzen Menschen, den Hauptesmenschen dazugenommen, ins Auge fassen, nach 7 Tagen erst abläuft. Dasjenige aber, was geistig aufgenommen wird, das muß ebenso wirklich aufgenommen werden, kann nicht bloß angeschaut werden, muß innerlich verarbeitet werden, braucht auch eine siebenmal so lange Periode. Daher ist es notwendig, zunächst das, was aufgenommen wird, intellektuell zu verarbeiten. Aber damit es wiedergeboren werden kann, haben wir 7 Jahre verlaufen zu lassen. Dann taucht es erst wiederum auf. Dann wird es erst dasjenige, was es werden soll. Das war ja der Grund,
warum, nachdem angefangen worden ist so um 1901 mit der Anthroposophischen Gesellschaft, geduldig 7 Jahre, dann sogar 14 Jahre gewartet worden ist auf das, was da herauskommt.
Nun, an diesem Punkte will ich heute lieber schließen! Wir werden morgen dann davon weiter reden.
ACHTER VORTRAG Dornach, 24. April 1920
Ich möchte zunächst einige Bemerkungen, die im Laufe der letzten Betrachtungen vorgekommen sind, in einer gewissen Form heute wieder vorbringen. Sie wissen, daß die Zugehörigkeit des Menschen zum ganzen Weltenall älteren Erkenntnisrichtungen viel näher gelegen hat als unserer Gegenwart. Wenn wir zurückgehen würden noch in die ägyptisch-chaldäische Kulturperiode, so würden wir finden, daß in jener Kulturperiode, also selbst auch nur im zweiten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung, der Mensch sich nicht gefühlt hat wie ein abgesondertes Wesen, das hier auf dem Erdball herumläuft, sondern wie ein Wesen, das zu der ganzen sichtbaren Welt gehört. Der Mensch wußte, daß er in einer gewissen Weise allerdings abhängig ist von der Erde. Das ist ja leicht wahrzunehmen. Das ist etwas, was selbst das Zeitalter des Materialismus nicht ableugnet, denn das Zeitalter des Materialismus gibt ja auch zu, daß der Mensch in bezug auf seinen physischen Stoffwechsel abhängig ist von den Produkten der Erde, die er in sich aufnimmt. Der Mensch der Vorzeit wußte sich aber - allerdings mit einem atavistischen Erkennen - in bezug auf sein Seelisches abhängig auf der einen Seite von den Elementen Feuer, Wasser, Luft, und auf der andern Seite von den Planetenbewegungen. Das bezog er ebenso auf sein Seelisches, wie er die Produkte der Erde auf seinen physischen Stoffwechsel bezog. Und er bezog dasjenige, was im Sternenhimmel ist außer dem unmittelbaren Planetensystem, auf seinen Geist.
So also wußte sich der Mensch in Zeitaltern,in denen von Materialismus nicht die Rede sein konnte, im Schoße des ganzen Welten-alls. Sie können nun fragen: Ja, wie kommt es denn, daß dazumal der Mensch in bezug auf die Bewegungen der Himmelskörper in einem so gewaltigen Irrtum war, während er heute im materialistischen Zeitalter es so herrlich weit gebracht hat, gerade mit Bezug auf diese äußeren Vorgänge des Weltenalls das Richtige zu wissen? -Nun. wir haben schon einige Zeit von diesen Dingen gesprochen
und darauf hingewiesen, daß ja der Mensch heute durchaus an die Bewegungen, die ihm von der sogenannten Wissenschaft für die Sternenwelt vorgeschrieben werden, auch nur aus gewissen Vorurteilen heraus glaubt. Davon wollen wir dann morgen noch ein Weiteres sprechen. Jetzt aber wollen wir vor allen Dingen einmal darauf sehen, wie ja den Menschen der Gegenwart ganz und gar verlorengegangen ist ein Bewußtsein davon, daß dasjenige, was zum ganzen Menschen gehört, ja nicht gefunden werden kann in der irdischen Welt, so wenig als in der sichtbaren Sternenwelt. Es ist doch nicht möglich, eine richtige Anschauung zu gewinnen auch über die sichtbare Sternenwelt, wenn man nicht zu dem äußerlich-physischen Leben das Überphysische in der Betrachtung hinzufügt, das ja der Mensch durchzumachen hat zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Darauf haben wir ja bereits auch gestern wiederum hingewiesen, wie die Gesamtmetamorphose des Menschen in diesem Wechsel zwischen irdischem Leben und überirdischem Leben drinnensteht; wie diejenigen Organe, die wir heute als die des niederen Menschen betrachten, die Organe, von denen wir gestern sagten, daß sie sich nach innen öffnen, wie diese sich umbilden in bezug auf ihre Kräfte
- selbstverständlich nicht in bezug auf ihre Substanz - in der Zeit zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, und zu dem sogenannten edleren Organ, zu dem Kopforgan werden. Unser physischer Kopf, er ist ja in der Tat nichts weiter in bezug auf seine Kraft-struktur, als die Umbildung des sogenannten niederen Menschen aus dem vorigen Erdenleben.
Wenn wir dies uns wirklich vor Augen führen, so können wir ja zunächst im Geiste darauf hinschauen, wie zwischen dem Tod und einer neuen Geburt der Mensch einen gewissen Inhalt seines Erlebens hat, wie er einen Inhalt hier hat zwischen der Geburt und dem Tode. Aber diese Inhalte seines Erlebens sind wesentlich andere. Wenn wir uns schematisch klar machen wollen, worinnen der Unterschied besteht, so können wir sagen: Wenn hier (Tafel 15, Mitte oben) der Mensch ist zwischen der Geburt und dem Tode, so hat der Mensch den Umkreis zu seinen Erlebnissen, den räumlichen Umkreis und dasjenige, was in der Zeit verläuft; das hat er zu seinen Erlebnissen.
Sie wissen ja, däß zum allergeringsten Teile der Mensch hier auf dieser Erde sein eigenes inneres Leben zum wirklichen Erlebnis hat. Die inneren Vorgänge des Organismus werden ja nicht erlebt. Sie wissen von dem, was um Sie ist. Von dem, was innerhalb der Haut ist, ist dem Menschen unmittelbar ja nichts bekannt, denn die Bekanntschaft, welche uns Anatomie und Physiologie liefern, die kann ja nicht als wirkliche Bekanntschaft gerechnet werden, denn sie ist durchaus so, daß wir ja in das wirkliche Innere durch die entsprechenden Untersuchungen doch nicht hineinschauen. Nur eine Illusion kann glauben, daß man in das Innere wirklich hinein-schaut. Und nur Geisteswissenschaft kann nach und nach dieses Innere wirklich enthüllen.
Aber wie ist es in der Zeit zwischen dem Tod und einer neuen Geburt? Da müssen wir uns sagen, wir schauen in einer gewissen Weise von der Peripherie nach dem Zentrum (Tafel 15, rechts oben). Da wissen wir so wenig von der Peripherie, wie wir in dem Leben zwischen Geburt und Tod von dem Zentrum, von unserem Innern wissen. Dafür aber schauen wir während dieser Zeit die Geheimnisse, die Mysterien des Menschen selber. Dasjenige, was verborgen ist in unserem Innern innerhalb unserer Haut, das schauen wir als unsere Erfahrung zwischen dem Tod und einer neuen Geburt.
Sie werden vielleicht sagen, dann sei diese Welt doch eine furchtbar kleine, die wir da schauen zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Aber auf die räumliche Größe kommt es eben nicht an. Es kommt auf die Reiche oder Armut des Inhaltes an, nicht auf die räumliche Größe. Gerade das muß uns immer wieder und wieder zum Bewußtsein kommen, daß es auf die Reiche oder Armut des Inhaltes ankommt. Wenn Sie alles zusammennehmen, was Sie im mineralischen Reiche, im pflanzlichen, im tierischen Reiche, im Reiche der Wälder und Berge, im Reich der Gestirne hier von der Erde aus wahrnehmen, so ist das noch nicht zu vergleichen an Reichtum mit dem, was der Mensch selbst in seinem Innern an Mysterien enthält.
Der wirkliche Vorgang ist etwa der, daß wir die Strukturkräfte des Hauptes verlieren, wenn wir durch den Tod gehen. Die haben ihre Dienste getan. Dagegen werden diejenigen Strukturkräfte aufgenommen
von der geistigen Welt, welche eben Strukturkräfte sind des übrigen Organismus. Und sie werden aus den inneren Erlebnissen, die jetzt die peripherischen Erlebnisse sind, so umgewandelt, daß, nachdem die Zeit dafür reif geworden ist, aus der geistigen Welt herein das Haupt des Menschen im Leibe der Mutter determiniert wird.
Sie müssen sich durchaus klar darüber sein, daß das, was als der erste Anfang des Prozesses der Menschwerdung im Leibe der Mutter vor sich geht, ein Ergebnis ist des ganzen Kosmos. In der Befruchtung wird nur Veranlassung dazu gegeben, daß eine gewisse Wirkung von dem Kosmos in einen Menschenleib herein geschieht. Und dasjenige, was zuerst bei der Menschenbildung entsteht, ist durchaus ein Abbild des ganzen Kosmos. Wer studieren will den Embryo von seinen ersten Stadien an, der muß studieren diesen Embryo als ein Abbild des ganzen Kosmos. Das sind die Dinge, die heute fast ganz übersehen werden.
Worauf schaut man denn eigentlich heute, wenn man von Menschenentstehung im physischen Sinne spricht? Man schaut auf die Vererbungslinie. Man sieht, wie in dem Elternorganismus der Kindesorganismus sich bildet und weiß nicht, daß in dem Elternorganismus tätig sind die kosmischen Kräfte, die außer uns sind in unserer Umgebung, weit hinaus in das Weltenall reichend, daß der ganze Makrokosmos seine Kräfte spendet in das Menschenwesen, damit ein neues Menschenwesen entstehen könne.
Das ist ja überhaupt der Fehler unserer Weltenbetrachtung von heute, daß wir nirgends hinschauen auf den Makrokosmos, daß wir uns niemals bewußt werden, worin die Kräfte liegen, die wir beobachten. Sehen Sie, ich muß doch noch einmal auf dieses zurückkommen: Der heutige Physiker oder Chemiker sagt, es gibt Moleküle; die Moleküle bestehen aus Atomen (Tafel 16, links oben). Die Atome haben Kräfte, durch die sie aufeinander wirken. Das ist eine Vorstellung, die eigentlich ganz und gar nicht der Wirklichkeit entspricht. In Wahrheit ist es beim kleinsten Molekül so, daß auf dieses Molekül der ganze Sternenhimmel wirkt. Nehmen wir an, hier wäre ein Planet, dort wäre ein Planet und so weiter (Kreislein der Zeichnung
rechts), dann Fixsterne. Die Fixsterne senden Kräfte herein. Diese Kräfte, die hereingesendet werden, schneiden sich in der mannigfaltigsten Weise, bilden Schnittpunkte. Die Planeten senden auch ihre Kräfte herein, die sich schneiden, so daß in diesem Molekül überall nichts anderes ist als die Zusammenfassung der Kräfte des Makrokosmos. Es ist die Sehnsucht der heutigen Wissenschaft, endlich die Mikroskopie so weit zu treiben, daß man die Atome in einem Molekül betrachten kann. Diese Betrachtungsweise muß aufhören. Statt mikroskopisch die Struktur des Moleküls untersuchen zu wollen, schaue man sie an draußen im Sternenhimmel, in der Konstellation des Sternenhimmels; das Kupfer in der einen, das Zinn in der andern Konstellation. Man schaue an die Struktur der Moleküle, die sich nur abspiegelt im Molekül, draußen im Makro-kosmos. Statt bei allem ins Kleinste hineinzugucken, sollte man den Blick hinauswenden ins Größte, denn da ist zu suchen dasjenige, was im Kleinsten lebt.
Und so wirkt die materialistische Denkweise auch auf anderen Gebieten. Sehen Sie, Sie werden heute von manchem, der nun auch glaubt, etwas sagen zu können über den Fortschritt der Erkenntnis, sagen hören: Oh, der Materialismus des 19. Jahrhunderts ist ja überwunden. - Nein, er ist solange nicht überwunden, solange man atomistisch denkt, solange man nicht die Gestaltung, die Konfiguration des Kleinsten im Größten sucht. So ist der Materialismus, in der Menschheit betrachtet, auch nicht überwunden, wenn man nicht einzugehen weiß auf die Beziehung des Menschen zum Größten, zum ganzen Weltenall.
Nun treffen wir da aber ja sogleich eine neue, ich möchte sagen, ungeheuerliche Spur des Materialismus, auf die ich schon öfter aufmerksam gemacht habe. Und wir treffen diese Spur gerade oftmals in gewissen Richtungen der sogenannten Theosophie. Da ist die physische Materie, dann der Äther, nur dünner, aber im übrigen so ähnlich wie die physische Materie, nur dünner; das Astralische wieder dünner; dann kommen noch allerlei andere schöne Dinge, immer dünner und dünner und dünner. Das ist - ob man das nun astralische Welt. Kama Manas oder wie immer nennt -, das ist deshalb
nicht spirituell, das bleibt materialistisch. Will man wirklich zum Verständnis der Welt kommen, dann muß man bereits das schwer Materielle beim Äther aufhören lassen. Dann muß man sich klar sein, daß der Äther nicht mehr solche Materie ist wie diejenige, von der wir als den Raum eifüllend sprechen. Wenn wir von der Materie, die den Raum füllt, sprechen, so denken wir uns, wenn ich schematisch spreche, eben den Raum ausgefüllt mit Materie. Wenn wir aber von Äther sprechen, so dürfen wir uns nicht den Raum ausgefüllt denken von Materie, sondern wir müssen uns den Raum entleert denken von Materie. Wenn gewöhnliche Materie an etwas anstößt, so drückt es dieses, schiebt es weiter. Wenn Äther sich diesem nähert, so saugt er das an sich und zieht es in sich herein (Tafel 15, links oben). Es ist die gerade entgegengesetzte Wirkung zu der gewöhnlichen Materie. Der Äther übt Saugwirkungen. Wenn der Äther nicht Saugwirkungen übte, dann schauten Sie hinten so aus wie vorne, denn schon in dem, was die Verschiedenheit des Menschen macht hinten und vorne, ist ein Ergebnis auf der einen Seite der drückenden Wirkung der Schwere-Materie und der saugenden Wirkung der Äther-Materie oder des Äthers. Ihre Nase wird herausgetrieben aus Ihrem Organismus durch die Schwere-Materie, Ihre Augenhöhle wird hineingesaugt durch die saugende Kraft des Äthers. Und so, indem Sie hinten anders sind wie vorne, vorne anders sind wie hinten, wirkt in Ihnen drückende und saugende Substantialität.
Sehen Sie, solche Dinge beachtet man eigentlich gar nicht, an sie denkt man heute im materialistischen Zeitalter gar nicht. Wenn man weiter von dem Astralen spricht, dann kann man weder denken an die dreifach ausgedehnte, dreidimensionale physische Materie, noch an den saugenden Äther, sondern da muß man an ein Drittes denken, das die Vermittelung zwischen beiden bildet. Und denkt man nun gar an dasjenige, als das man sich das Ich-Wesen vorzustellen hat, da hat man an ein Viertes zu denken, das wiederum vermittelt auf der einen Seite die saug-drückende Wirkung von Äther und physischer Materie und auf der andern Seite die astrale Substantialität. Das sind die Dinge, welche berücksichtigt werden müssen (Tafel 15, Mitte unten).
Sie können nicht sagen: Ja, wenn der Äther bloß eine saugende Wirkung hat, woher kommt es denn, daß der Äther wahrnehmbar ist? Es ist eben so, daß der Äther sich so verhält zu der Schwere-Materie, wie sich - im Bilde ist das jetzt gesprochen, gleichsam auf einem anderen Niveau - verhält, was ich hier in einer Selterswasserflasche habe (Tafel 16, links). Da habe ich da drinnen Wasser und darinnen Perlen. Nicht wahr, das Wasser sehe ich nicht, aber die Perlen sehe ich, trotzdem die Perlen dünner sind. Und so ist es, daß auch in gewissen Fällen der Äther, der überhaupt eine Aussparung der physischen Materie ist, der der physischen Materie gegenüber das Entgegengesetzte ist, daß der auch wahrgenommen werden kann.
Nun werden Sie sehen aus dem eben Dargestellten, daß ja allerdings, wenn wir sprechen von dem Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, wir uns tatsächlich zu denken haben, daß dieses Leben außerhalb des Raumes, des gewöhnlichen Raumes, den wir hier wahrnehmen, gelebt wird, und unsere Anstrengung müßte dahin gehen, eine Vorstellung von diesem Außerhalb-des-Raumes zu gewinnen. Sie werden sie gewinnen, wenn Sie sich zuerst versuchen vorzustellen den erfüllten Raum. Das können Sie sich vorstellen. Sie brauchen sich nur einen Tisch vorzustellen; der erfüllt den Raum. Dann gehen Sie über von dem erfüllten Raum zum leeren Raum. Nun werden Sie sagen: Leerer Raum - das kann nicht mehr überboten werden. - Ich habe Ihnen gesagt, das ist geradeso gescheit, als wenn jemand sagt: Ich habe mein Portemonnaie voll Geld, da nehme ich immerfort heraus, bis ich nichts mehr habe; das Nichts kann nicht mehr überboten werden. Es kann überboten werden. Ich mache Schulden, dann habe ich weniger als nichts in meinem Beutel. Und so kann auch der leere Raum überboten werden. Wenn er von Äther erfüllt ist, ist er weniger als leer, ist er von negativer Entität.
Und dasjenige, was die Vermittelung bildet, was auch in Ihnen als astralischer Leib die Vermittelung bildet zwischen dem Saugenden und dem Drückenden, das ist eben das Astralische. Sehen Sie, es gäbe keine Beziehung zwischen Ihrem Vorne und Hinten, die nicht gleich sind, sondern verschieden sind, weil in Ihnen Saug- und
Druckwirkungen sind, wenn in Ihnen nicht Astralität tätig wäre, die die Vermittelung bildet. Sie werden sagen: Ich bemerke diese Vermittelung nicht. - Ja, bitte, verfolgen Sie den Verdauungsprozeß, dann werden Sie schon sehen, daß diese Vermittelung da ist, daß sich diese Vermittelung sehr genau ausdrückt. Da ist das Astralische drinnen tätig. Und die Tätigkeit des Astralischen beruht gerade auf dem Gegensatze der vorderen Wesenheit und der rückwärtigen Wesenheit des Menschen, ebenso, wie nun die Vermittelung durch das Astralische hindurch zwischen dem oberen und dem unteren Menschen auf der Ich-Wesenheit beruht. So handelt es sich darum, diesen Menschen, wie er vor uns steht, konkret aufzufassen, wirklich konkret aufzufassen, und uns dazu klar zu sein darüber, daß, indem der Mensch hier zwischen Geburt und Tod lebt, er sein Astralisches und sein Ich im Saugenden und Drückenden abdrückt, und daß er zurückträgt seine Wesenheit in dasjenige, was hier auf dieser Erde nur die Vermittelung bildet zwischen Vorne und Hinten und Oben und Unten.
Ja, diese Vermittelung zwischen Vorne und Hinten, Oben und Unten, was ist denn das? Sehen Sie, das ist dasjenige, was wir in uns erleben, indem wir unser Gleichgewicht erleben. Wir schnappen mit dem Kopf nicht nach vorne und nach rückwärts über; wir können uns auch aufrichten. Wir ordnen uns in die Gleichgewichtslage ein. Das sehen wir nicht, das erleben wir. In das leben wir uns zunächst ein, was wir im Leben hier nicht berücksichtigen; in das leben wir uns zunächst ein, wenn wir durch die Pforte des Todes gehen. Wenn wir nur Augen hätten, es wäre dann finster um uns, wenn wir nur Ohren hätten, es wäre dann stumm um uns. Aber wir haben auch einen Gleichgewichtssinn und einen Bewegungssinn. Da wird es erlebbar in uns. Wir machen mit dasjenige, was in der Welt Gleich-gewicht und Bewegung bedeuten. Wir finden uns hinein in die Bewegungen der Außenwelt.
Sehen Sie, hier in dem Leben zwischen Geburt und Tod, da erleben wir eigentlich nur die Wirkung der Erdbewegung um ihre Achse im täglichen Stoffwechsel. Wir müssen täglich frühstücken, täglich mittagsmahlen, und das, was da geschieht, das geschieht in 24 Stunden
und ist gleichlaufend der Umdrehung der Erde um ihre Achse. Diese zwei Dinge gehören zusammen. Das eine ist ein Beweis für das andere. So gehören sie zusammen. Wenn wir sterben, dann wird diese Bewegung der Erde etwas ganz Reales, wie hier die sichtbaren Dinge. Dann leben wir mit diese Bewegung der Erde. Dann beginnen wir zunächst damit, daß wir diese Bewegung der Erde miterleben.
Und so erleben wir noch andere Bewegungen des Sternenhimmels mit. Wir erleben sie mit, und es ist auch eigentlich in dieser Zeichnung (Tafel 15, rechts oben) das Miterleben schon drinnen, denn Sie dehnen sich ja in den Weltenraum hinaus nicht wie eine Qualle aus, sondern Sie machen das Leben dieses Weltenraumes mit, und als ein das Leben des Weltenraumes miterlebendes Wesen erleben Sie das Innere des Menschen. Hier zwischen Geburt und Tod sagen Sie: Mein Herz ist in meiner Brust, in dem Herzen laufen zusammen die Säftebewegungen der Blutzirkulation; in einem gewissen Reifestadium zwischen Tod und neuer Geburt sagen Sie: In meinem Innern ist Sonne - und Sie meinen die wirkliche Sonne, von der sich die Physiker einbilden, sie wäre ein Gasball, die aber etwas ganz anderes ist. Sie erleben die wirkliche Sonne. Sie erleben die Sonne zwischen Tod und neuer Geburt so, wie Sie hier Ihr Herz erleben. Und wie die Sonne hier für Ihr Auge sichtbar ist, so ist zwischen dem Tod und einer neuen Geburt das Herz in seinem Werden auf dem Wege zur Zirbeldrüse in einer wunderbaren metamorphosischen Umbildung die Ursache grandioser Erlebnisse zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Ihr ganzes Blutsystem erleben Sie in Umwandelung, natürlich immer nicht die Substanz, sondern die bewegenden Kräfte. Hier haben Sie Ihr Blutsystem in sich. Indern Sie zwischen Tod und neuer Geburt weiterleben, werden diese Kräfte, die im Blutsystem liegen, immer andere. Und wenn Sie wiederum hier ankommen in einem neuen Erdenleben, dann sind das die Kräfte des neuen Nervensystems geworden. Sehen Sie sich an auf den heutigen Tafeln der Anatomie oder der Physiologie das Bild der Nervenstränge und der Blutzirkulation; sehen Sie sich an die Blutzirkulation: eine Inkarnation. Daraus wird in der nächsten Inkarnation
das Nervenleben. Und wenn ich sage: Kopfsystem, Brust-system, Gliedmaßensystem, so dürfen Sie auch das nicht nur so schematisierend nebeneinanderstellen, denn die Dinge gehen ineinander. Sehen Sie sich den Wunderbau des menschlichen Auges an:
Blutgefäße, Aderhaut, Netzhaut. Die letzten beiden sind Metamorphosen voneinander. Was heute Netzhaut ist, war in der vorhergehenden Inkarnation Aderhaut, und was heute Aderhaut Ihres Auges ist, wird in der nächsten Inkarnation Netzhaut sein - allerdings nicht gerade so unmittelbar. Aber es ist trotzdem das gültig, was ich gesagt habe. Sie sehen, ein wirkliches Verständnis des Menschen, der vor uns steht, kann man nicht gewinnen, wenn man den Menschen nur so betrachtet, wie er sich zwischen der Geburt und dem Tod oder höchstens durch die Kräfte der physischen Vererbung entwickelt. Denn durch all das verstehen wir höchstens die Dinge bis, sagen wir, zu der Säftebewegung. Aber diese Säftebewegung ist ja auch das Letzte, was wir da verstehen. Die Nervenanlagen eines gegenwärtigen Lebens sind das Ergebnis eines vorigen Lebens und sind aus dem gegenwärtigen Leben überhaupt nicht zu verstehen.
Ich bitte Sie nun, nicht etwa einzuwenden: Ja, die Tiere haben ja auch Nerven, und die haben keine früheren Leben. - So die Welt zu beurteilen, heißt eben, sie sehr kurzsichtig zu beurteilen. Wenn das Nervensystem beim Menschen in seinen Kräften die Umwandelung des Blutsystems im vorigen Leben ist, so muß bei den Tieren nicht auch dasselbe für das Nervensystem gelten. Sonst, wenn Sie eine solche Legik anwenden würden - sie wird allerdings heute vielfach angewendet -, dann bedeutet das ganz genau dasselbe, wie wenn Sie zu einem Raseur hineingehen, bei ihm eine Anzahl Rasiermesser finden und sagen: Bitte, das wollen wir uns einmal als Besteck kaufen für unseren Mittagstisch, denn Messer gehören zum Essen! - Rasiermesser nur just nicht, sondern die gehören zu etwas anderem! Es trägt nicht ein Dinge in dieser Weise seine unmittelbare Bestimmung in sich, ebensowenig ein Organ. Das Organ beim Menschen ist etwas ganz anderes als das Organ beim Tiere. Es kommt darauf an, wozu man das Organ verwendet. Man sollte nicht vergleichen Nervensystem mit Nervensystem, nämlich Menschennerven mit
Tiernerven, sondern man sollte darauf sehen, daß allerdings der Menschennerv dem Tiernerv gegenüber etwas Ähnliches geworden ist wie das Rasiermesser gegenüber dem Tischmesser, so daß man auf dem gewöhlichen Wege der materialistischen Untersuchung zu nichts kommen kann. Das ist aber der Weg, der heute hauptsächlich eingeschlagen wird.
Und dieser Weg, der verhindert, daß nun wirklich ins Auge gefaßt wird, was den Menschen als Produkt der geistigen Welt erklärlich macht. Denn sehen Sie, unsere religiösen Bekenntnisse, wie sie sich nach und nach entwickelt haben, haben auch - das habe ich schon öfter gesagt - sehr dem Egoismus gefrönt, gedient. Sie gehen ja fast allein darauf hinaus, dem Menschen sein Fortleben nach dem Tode bloß zu beweisen, weil er das in seinem Egoismus verlangt. Aber ebenso wichtig ist es, dem Menschen die Fortsetzung zu beweisen des vorgeburtlichen Lebens, daß der Mensch begreift: hier auf dieser Erde habe ich ein Fortsetzer dessen zu sein, was ich zwischen dem Tod und meiner jetzigen Geburt war. Ich habe ein geistiges Leben hier fortzusetzen. Das frönt allerdings weniger dem Egoismus, aber es ist zu gleicher Zeit etwas, was wiederum in die Kultur einfließen muß, damit diese unsere Kultur die Menschen von den antisozialen Instinkten befreit. Denken Sie nur einmal, was es heißen wird, wenn man ein menschliches Antlitz betrachten und sagen wird: Das ist nicht von dieser Welt, daran hat gearbeitet die geistige Welt zwischen dem letzten Tode und dieser Geburt; was es heißen wird, wenn man in dem Materiellen schon sehen wird das Bild der geistigen Arbeit zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Es wird in der Tat eine andere Art der Bildung sein, die dann unter den Menschen ist, und diese andere Art der Bildung wird eine andere Gesinnung zuwegebringen. Und diese Gesinnung wird es nicht zulassen, daß wir den Sternenhimmel erblicken und da bloß eine große Maschinerie sehen von sich gegenseitig Newtonisch anziehenden Sternen. Dies auch, wenn man davon absieht, daß heute die Abstraktion auf den höchsten Gipfel gekommen ist.
Sehen Sie, die Abstraktion ist schon sehr stark in unserem gewöhnlichen Sonnen- und Planetensystem enthalten. Aber heute
treibt die Abstraktion ganz kuriose Blüten. So zum Beispiel werden Sie heute durch einen großen Teil der populären Literatur gehen sehen die Glorifizierung einer gewissen Idee, die zum Beispiel Einstein gehabt hat. Da wird gesagt, durch diese Idee sei die Gravitation erschüttert. Denn man stelle sich einmal vor (Tafel 15, rechts unten), weit weg von allen Weltenkörpern, so daß kein Schwerefeld wirkt, sei ein Kasten. In diesem Kasten befinde sich ein Mensch; der halte in seinen zwei Händen einen Stein und eine Flaumfeder. Er ist irgendwo, wo es keine Weltenkörper gibt, in einem Kasten und hält einen Stein und eine Flaumfeder in dem Kasten drinnen. Jetzt läßt er sie los, und siehe da, sie fangen an zu fallen. Sie fallen auf den Boden herunter. Ja, sagt Einstein, da wird der Mensch vielleicht sagen: Der Stein und die Flaumfeder fallen auf den Boden herunter. Aber so braucht es nicht zu sein, sondern da oben kann ein Seil angebracht sein, das hängt da (Zeichnung) - wo, das weiß ich nicht! -und statt dessen, daß der Stein und die Flaumfeder herunterfallen, wird der ganze Kasten da heraufgezogen. Der Stein und die Flaumfeder - weil ja kein Weltenkörper in der Nähe ist - fallen nicht, sondern sie bleiben da; aber der Kasten wird in die Höhe gehoben, und der Stein und die Flaumfeder bleiben an derselben Stelle. Wie der Kasten da bei ihnen angekommen ist mit seinem Boden, nitimt er sie mit.
Diese Erörterung einer äußersten Abstraktion können Sie heute als die moderne Relativitätstheorie Albert Einsteins geschildert finden. Denken Sie, wie weit die Menschheit abgekommen ist vom Wirklichkeitsdenken! Man redet von Relativität. Schön, das kann man. Aber denken Sie sich einmal, was werden sollte, wenn die ganze Vorstellung nur ernst genommen würde: ein Kasten da, weit weg von allen Weltenkörpern, kein Weltenkörper in der Nähe, der den Stein und die Flaumfeder anziehen könnte, ein Mensch da drinnen! Luft ist nur in der Nähe von Weltenkörpern, aber der ist da ganz froh darinnen mit seinem Stein und seiner Flaumfeder; die brauchen nicht zu atmen natürlich. Und der Kasten ist außerdem aufgehängt, wird da hinaufgezogen.
Das ist noch eine Steigerung jenes Newtonschen Stoßes, der dem Weltenkörper gegeben wird in der Tangente, damit er mit Zentrifugaikraft
zu der Zentripetaikraft noch fortfliegen könne. Aber solche Dinge bilden heute tatsächlich den Gegenstand wissenschaftlicher Erörterung, und man hält sie für große Taten, während sie nichts anderes sind als Zeugnis dafür, wie man bei der äußersten Abstraktion angekommen ist und wie der Materialismus es gerade dahin gebracht hat, daß der Mensch nichts mehr weiß von der Materie, daß der Mensch in Gedankengebilden leben kann, die fernliegen aller Wirklichkeit.
Nur werden diese Dinge heute nicht beachtet, sondern es geht durch alle Zeitungen, daß eine große Entdeckung gemacht worden ist: Die Gravitationstheorie ist abgelöst durch die bloße Trägheitstheorie. Der Stein und die Flaumfeder werden nicht angezogen, sondern sie beharren - vielleicht nur, weil man sich auch vorstellen kann, daß sie da beharren, während der Kasten da hinaufgezogen wird. Man kann wirklich sagen, es lebt heute soviel Unsinn als Genialität, daß es grotesk ist, darauf zu kommen, wieviel Unsinn als Genialität lebt. Wie kann man sich denn wundern darüber, daß in dieser Zeit auch auf andern Gebieten die Gedanken kreuz und quer und grad und krumm gehen und endlich das bewirkt haben, was die Menschen erlebten in den letzten fünf bis sechs Jahren.
Das ist das, woran immer wieder erinnert werden muß. Ich mußte heute daran erinnern und werde morgen auf diesen Voraussetzungen einiges über das Weltengebäude auch für unsere zur General-versammlung gekommenen Freunde anfügen.
NEUNTER VORTRAG Dornach, 25. April 1920
Es liegt den gegenwärtigen Betrachtungen im weitesten Sinne das Thema zugrunde, das Weltenall kennenzulernen aus den Beziehungen des Menschen zu diesem Weltenall. Ich möchte bei denen, die schon einige Ausblicke auf das Weltenall selbst in diesen Abenden erhalten haben, eben durchaus nicht die Meinung hervorrufen, daß durch die leichtgeschürzte Art, wie in unserer gebräuchlichen Astronomie von den Himmelsbewegungen die Rede ist, man schon auf die Wahrheit dieser Sache komme. Aber ich möchte auch, daß diejenigen Freunde, die jetzt hier zur Generalversammlung erschienen sind, nicht bloß etwas hören, was mittendrinnen steht in einer fortgesetzten Folge, sondern ich möchte, daß auch sie ein abgeschlossenes Bild in diesen bei Gelegenheit der Generalversammlung gehaltenen Vorträgen haben. Däher möchte ich heute die gestrigen Betrachtungen in einem gewissen Sinne fortsetzen und nur hinweisen darauf, wie man aus dem Begriff des Menschen heraus zu dem Begriff des Weltenalls kommt, seines Wesens und seiner Bewegung. Natürlich ist das ein so ausführliches Thema, daß ich es für die Freunde, die jetzt gerade hier sind, nicht erschöpfen kann. Das, was ich heute zu sagen habe und schon in den letzten Vorträgen gesagt habe, wird dann am nächsten Sonnabend eine Fortsetzung erfahren. Aber ich möchte heute etwas wenigstens, was zum Teil schon hervorgeht aus dem schon Betrachteten, für unsere auswärtigen Freunde vorbringen.
Sie kennen ja von den verschiedensten Betrachtungen her, die wir darüber gepflogen haben, die Beziehung, die im menschlichen Leben besteht zwischen dem täglichen Rhythmus von Wachen und Schlafen. Sie wissen ja, daß wir diese Beziehung abstrakt gewöhnlich so schildern, daß wir sagen: Im wachen Zustande sind in einer gewissen inneren Verbindung physischer Leib, Ätherleib, astralischer Leib und Ich-Wesen. Im schlafenden Zustande haben wir auf der einen Seite physischen Leib und Ätherleib miteinander verbunden, und
gewissermaßen getrennt, wenigstens in bezug auf den Tageszusammenhang, auf den Wachzustand, getrennt davon das Ich-Wesen und den astralischen Leib. Aber Sie wissen ja auch, daß dies zunächst nur eine abstrakte Feststellung ist, denn ich habe ja oft genug betont, daß mit Bezug auf alles, was zur Gliedmaßennatur des Menschen gehört, was gewissermaßen, indem es sich nach dem Innern des Organismus fortsetzt, auch der eigentliche Träger des Stoffwechsels ist und was zugleich zusammenhängt mit dem Willen, der Mensch im Grunde fortwährend in einem Schlafzustande ist. Wir müssen ja durchaus uns klar darüber sein, daß alles, was mit unserem Willen zusammenhängt, in einem fortwährenden Schlafzustande ist, auch dann, wenn wir wachen. So daß wir sagen können:
der Gliedmaßenmensch als Träger des Willensmenschen ist in einem fortwährenden Schlafzustande. Dasjenige, was nun zwischen der eigentlichen Kopforganisation und dieser Gliedmaßenorganisation ist, die sich aber nach dem Innern fortsetzt, was also dazwischenliegt, was dem Zirkulationsmenschen zugehört, dem rhythmischen Menschen, das ist in einem fortwährenden Traumzustand. Das ist ja zu gleicher Zeit dasjenige, was das äußere Werkzeug der Gefühlswelt ist. Die Gefühlswelt wurzelt ganz und gar im rhythmischen Menschen. Und während der Stoffwechselmensch mit seiner Fortsetzung, den Gliedmaßen, zugleich der Träger des Willens ist, ist der rhythmische Mensch der Träger des Gefihlslebens, und das verhält sich zu unserem Bewußtsein wirklich so, wie der Traumzustand sich zu unserem Wachbewußtsein verhält. Wirklich wach sind wir nur in unserem Vorstellungsleben vom Aufwachen bis zum Einschlafen.
Da haben Sie also eigentlich diese Tatsache gegeben, daß der Mensch in seinem Leben zwischen der Geburt und dem Tode abwechselnd im Wachzustande ist für sein Vorstellungsleben, daß er für sein Gefühlsleben, das zum Träger den rhythmischen Menschen hat, im Traumzustande ist, daß er aber in einem fortwährenden Schlafzustande ist in bezug auf die Gliedmaßennatur und die Stoffwechselnatur. Denn Sie müssen sich nur klar sein darüber, die menschliche Natur wirklich so genommen, daß man sie verstehen kann, setzt voraus. daß man die Fortsetzung der Gliedmaßennatur
nach innen ins Auge faßt. Alles, was schließlich mit dem Unterleibe noch zu tun hat, alles, was mit dem Stoffwechsel, also sagen wir zum Beispiel mit der weiblichen Milchabsonderung zu tun hat, ist ja nach innen gerichtete Fortsetzung des Gliedmaßenmenschen, so daß, wenn wir von Willensnatur, Stoffwechselnatur sprechen, wir natürlich nicht bloß schematisch die äußeren Gliedmaßen verstehen. Hauptsächlich sind es die äußeren Gliedmaßen, aber das, was Gliedmaßentätigkeit ist, setzt sich nach dem Innern fort. In bezug auf dieses, was zugleich unmittelbar zusammenhängt mit der menschlichen Willensnatur, ist der Mensch fortwährend schlafend. Das kompliziert die zunächst abstrakte Vorstellung von dem Herausgehen des Ich und des astralischen Leibes. Aber es macht notwendig, daß wir uns auch noch über eine andere Sache einen entsprechenden Aufschluß bilden.
Sehen Sie, wenn heute der materialistisch gesinnte Physiologe von dem Willen spricht, der sich zum Beispiel in einer menschlichen Gliedbewegung offenbart, so denkt er, da wird irgendein telegraphisches Zeichen vom Zentralorgan, vom Gehirn abgeschickt, geht durch den sogenannten motorischen Nerv und bewegt dann, sagen wir, das rechte Bein. Aber das ist als solches wirklich eine ganz unbegründete Hypothese, und es ist auch eine unrichtige Hypothese. Denn die geistige Beobachtung zeigt das Folgende. Wenn wir den Menschen schematisch nehmen (Tafel 17), so ist das so: Wenn das rechte Bein gehoben wird durch den Willen, so geschieht von der Ich-Wesenheit des Menschen, von der wirklichen Ich-Wesenheit ein unmittelbarer Einfluß auf das Bein, und das Bein wird unmittelbar durch die Ich-Wesenheit gehoben. Nur verläuft das alles so, wie die Tätigkeit des Schlafens. Das Bewußtsein weiß nichts davon. Daß hier Nerven eingeschaltet sind, die dann zum Zentralorgan gehen, das unterrichtet uns bloß davon, daß wir ein Bein haben, das unterrichtet uns nur fortwährend von der Anwesenheit dieses Beines. Dieser Nerv hat als solcher nichts zu tun mit der Wirkung des Ich auf das Bein. Es ist eine unmittelbare Korrespondenz zwischen dem Bein und dem Willen, der beim Menschen verknüpft ist mit der IchWesenheit, beim Tiere verknüpft ist mit dem astralischen Leib.
Alles, was die Physiologie zu sagen hat zum Beispiel auch mit Bezug auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des sogenannten Willens, das müßte umgedacht werden dahingehend, daß man es zu tun hat mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit, die sich bezieht auf die Wahrnehmung des betreffenden Gliedes. Natürlich können diejenigen, die dressiert sind auf die heutige Physiologie, mit einem Dutzend Einwendungen kommen. Ich kenne diese Einwände sehr gut; aber man muß nur versuchen zurechtzukommen mit einem wirklich logischen Denken und man wird finden, daß dasjenige, was ich hier sage, in Übereinstimmung steht mit den Beobachtungstatsachen, nicht aber das, was Sie heute in den physiologischen Lehrbüchern finden.
Manchmal wird, ich möchte sagen, mit Fingern hingedeutet auf solche Dinge. So hat einmal auf einer italienischen Naturforscherversammlung, ich glaube in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, eine sehr interessante Diskussion stattgefunden über die Widersprüche, die sich ergeben zwischen der gewöhnlichen Lehre von dem motorischen Nerv und einer Gliedmaßenbewegung. Aber da ja innerhalb der heutigen Physiologie keine Geneigtheit besteht, auf das Geistige des Menschen einzugehen, so konnte natürlich auch bei einer solchen Diskussion nicht viel mehr herauskommen, als daß man eben Widersprüche konstatierte mit dem, was man als hypothetische Erklärung für die Tatsache gefunden hat. Es würde überhaupt interessant sein, wenn sich einmal unsere gelehrten Freunde -und solche haben wir ja doch auch unter uns - darauf einließen, die physiologische, biologische Literatur der letzten vierzig Jahre zu prüfen. Sie werden außerordentlich interessante Entdeckungen machen, Sie müssen nur die betreffenden Sachen aufsuchen. Sie werden sehen, daß da überall die Tatsachen bereitliegen, die man nur in der richtigen Weise ergreifen muß, um dazu zu kommen, dasjenige, was Geisteswissenschaft bringt, zu belegen. Es würde zu den interessantesten Aufgaben von Forschungsinstituten gehören, die ja nun errichtet werden sollen, wenn folgendes getan würde: Man müßte zunächst einmal sorgfältig die internationale Literatur durchnehmen - man muß die internationale nehmen, denn es finden sich die
merkwürdigsten Hinweise gerade zum Beispiel in der englischen und namentlich in der amerikanischen Literatur. Die Amerikaner haben die interessantesten Tatsachen konstatiert, wissen nur gar nichts damit anzufangen. Wenn Sie eingehen würden auf diese Dinge, wirklich den Blick werfen würden auf das, was da ist, und dann konstatieren würden, daß man nur, eben weil man den richtigen Blick hat, worauf die Sache hinaus will, einen einzigen Schritt nötig hat, die Versuchsanordnung fortzusetzen, würden Sie heute wirklich ganz Großartiges leisten können. Man müßte nur einmal so weit sein, daß man ein Forschungsinstitut hat und die Versuchsanordnung, das heißt den nötigen Apparat und das nötige Material dazu -überall liegen die Dinge so, ich möchte sagen, daß sie warten. Man merkt heute gar nicht, wie alles dahin drängt, die Versuchsreihen, die angefangen sind, und die immer nur abgebrochen werden gerade an den entscheidenden Stellen, weil die Menschen nicht die Richtung wissen, wie alles drängt nach solchen Forschungsinstituten, wie wir sie hier im Auge haben. Und diese Forschungsinstitute wurden wirklich bedeutungsvolle Grundlagen auch für die Praxis liefern. Was für eine Technik erst daraus entstehen würde, wenn man diese Dinge wirklich machen würde, zuerst als Versuche, um sie dann auszubauen, davon lassen sich die Menschen heute nichts träumen. Es fehlt nur die Möglichkeit, praktisch zu arbeiten. Nun, das nur nebenbei.
Sie sehen also, wir haben es zu tun mit einem Teil des Menschen, der dann auch schläft, wenn wir wachen. Nun mache ich Sie auf eine Tatsache aufmerksam, welche eine große Rolle gespielt hat in der ganzen älteren, sagen wir, Welterkenntnis. Diese ältere Welt-erkenntnis hat zum Beispiel folgende Zuordnung gemacht. Sie hat gesagt: Zugeordnet ist der Ausgangspunkt für die unteren Gliedmaßen dem Monde. Zugeordnet ist gewissermaßen der Zusammenlaufungspunkt für die oberen Gliedmaßen da in der Kehlkopf-gegend, zugeordnet ist diese Partie dem Mars (Mond und Mars werden in die Zeichnung 17 eingezeichnet). Der heutige Mensch, der so recht drinnensteht in der gegenwärtigen Weltanschauung, kann natürlich mit solchen Dingen nichts anfangen: und jenen Firlefanzereien,
welche unklare Mystiker und unklare Theosophen heute über diese Dinge sagen, denen sollte man wirklich keinen besonderen Wert beimessen. Denn diese Dinge sind viel tiefer als das, was insbesondere heute auf dem Gebiete der materialistischen Theosophie immer gesagt wird: grobe, physische Materie; Äther etwas feiner; Astralisches wieder feiner und so weiter - Dinge, die als Theosophie geltend gemacht werden, die aber eigentlich nicht eine spirituelle Lehre, sondern nur eine spirituelle Lüge sind, weil sie nichts sind als die Fortsetzung gerade des Materialismus. Die Dinge aber, welche Reste einer uralten Menschenweisheit sind, führen uns tat-sächlich dazu, daß wenn wir anfangen sie zu verstehen, sie eine großartige Verehrung, eine tiefe Demut gegenüber dem Urwissen der Menschheit in uns hervorrufen, denn die Andeutungen haben sich erhalten nicht nur bis tief ins Mittelalter herein, sondern sogar bis ins 18. Jahrhundert herein. Man findet es noch in der Literatur des 18., vielleicht auch des 19. Jahrhunderts, aber da schon abgeschrieben, da ist es nicht mehr aus einem ursprünglichen Bewußtsein hervorgegangen. Und wenn heute mystische Gigerl es wiederum in die Literatur hineinfügen, so ist es eben erst recht abgeschrieben. Aber bis ins 18. Jahrhundert herein findet man noch ein gewisses Bewußtsein von diesen Dingen, und dann wiederum gerade die Mondennatur mit dieser Stelle des Organismus in Verknüpfung gedacht.
Sehen Sie, was ich jetzt eben gesagt habe, daß der Mensch mit Bezug auf seine Willens-Stoffwechselnatur ein schlafendes, ein fortwährend schlafendes Wesen ist, das drückt sich am intensivsten aus in den unteren Gliedmaßen. Man könnte eigentlich sagen: Durch jene metamorphosische Umformung, welche Arme und Hände beim Menschen erlangt haben, trotzt der Mensch der Unbewußtheit ab, was eigentlich Schlafesnatur des Gliedmaßenmenschen ist. Sie werden auch wahrnehmen können, wenn Sie sich ein wenig das innere Erleben für solche Dinge schärfen, daß doch ein beträchtlicher Unterschied besteht zwischen den Bewegungen der Beine und den Bewegungen der Arme. Die Bewegungen der Arme sind ftei, sie folgen in einer gewissen Weise Empfindungen. Die Bewegungen der
Beine sind nicht so frei - ich meine jetzt die Gesetzmäßigkeit, durch die wir die Beine in Bewegung bringen. Allerdings, dies ist etwas, was nicht immer beachtet und nicht immer in der richtigen Weise gewürdigt wird, denn sehen Sie, ein größerer Teil des Eurythmie-besuchenden Publikums ist natürlich daraufhin dressiert, mehr passiv sich den Vorstellungen hinzugeben; der empfindet dann bei unserer Eurythmie die geringer artikulierte Beinbewegung gegenüber der mehr artikulierten Armbewegung und Händebewegung. Aber das kommt nur davon her, daß eben, um die Armbewegungen zu verstehen, schon ein Mitarbeiten der Seele notwendig ist von seiten des Zuschauers. Das will man ja heute in der Zeit des Kinos durchaus nicht haben, das Mitarbeiten. Wenn Sie sich eine Tanz-bewegung ansehen, wo bloß die Beine tanzen und die Arme höchstens einige Willkürgebärden machen, da brauchen Sie nicht viel mitzudenken oder mitzuempfinden. Nun, das auch nur nebenbei.
Also am intensivsten unbewußt ist dasjenige, was sich auf die Bewegung der unteren Gliedmaßen bezieht. Da schläft der Mensch in gewisser Weise ganz. Wie der Wille in die Beine hineinwirkt, wie der Wille schon im Unterleibe wirkt, das ist etwas, was total verschlaschlafen wird. Da ist gewissermaßen der Mensch immer seiner bewußten Natur abgekehrt. Da sendet ihm die eigene Natur nur das zurück, was Reflexion ist. Sie verfolgen ja natürlich auch die Bewegung Ihrer Beine, aber eben durch Ihren Nervenapparat, durch die Wahrnehmung; wie der Wille hineinschießt, das verfolgen Sie nicht, sondern bekommen es nur in der Reflexion in die Wahrnehmung herein. Die untere Natur kehrt Ihnen gewissermaßen die eine Seite immer ab und nur die eine Seite immer zu, je nachdem Sie sie beleuchten von Ihrem oberen Menschen aus. Das ist aber genau ebenso, wie es der Mond macht (Tafel 17, rechts). Der Mond geht, wie Sie ja wissen, um die Erde herum. Er ist ein höflicher Herr; er wendet immer nur die eine Seite der Erde zu. Während er um die Erde kreist, dreht er sich nicht so, daß er einmal seine Vorderseite zeigt, das andere Mal seine Rückseite, sondern er wendet der Erde nie seine Rückseite zu. Man hat aber auch zugleich niemals irgend etwas Eigenes von dem Monde, sondern immer das zurückgesendete, das reflektierte
Licht. Da ist durchaus ein innerer Parallelismus zwischen der Mondennatur und der ganzen inneren menschlichen Wesenheit. Sie schauen hinauf nach dem Monde, und verstehen Sie ihn auch nur dieser äußeren formalen Seite nach, so müssen Sie darin die innere Verwandtschaft mit der unteren Organisation des Menschen empfinden. Und je mehr man auf diese Dinge eingeht, desto mehr ist dieses der Fall. Es ist durchaus die naive, instinktiv-naive Wahrnehmung der Alten gewesen, die diese innerliche Beziehung der menschlichen Natur zu dem Weltenkörper ins Auge faßte, während der heutige materialistische Philister sagt: Nun ja, Mond - silberiges Licht. Von der Ähnlichkeit mit dem Silber im Licht hat man für beide dasselbe Zeichen genommen. - Das alles ist nichts anderes als ein Ergebnis der Ignoranz gegenüber jenem großartigen Wissen, das nicht auf die Weise von den Alten errungen worden ist, wie wir uns das geistige Wissen wieder erringen müssen, das auf andere Art aber von ihnen errungen worden ist.
Und nehmen wir jetzt die andere Tatsache, nehmen wir die Tatsache, daß die Arme, in ihrer Verbindung mit dem Oberen des mittleren Menschen, in einer gewissen Weise, ich möchte sagen, im Menschen selber aufwachen, daß die Mmbewegung wenigstens traumhaft wird, dann fühlen wir, daß alles, was die Arme betrifft, mehr Verwandtschaft hat mit der menschlichen Bewußtheit, als dasjenige, was die Beinbewegung betrifft. Der elementarisch empfindende Mensch wird daher sehr häufig schon ganz naturgemäß die Arme ein wenig zu Hilfe nehmen, wenn es sich um die Sprache handelt, die ja mit dem mittleren Menschen sehr viel zu tun hat. Eine Unterstützung des Redens mit den Armen wird uns naheliegen. Ich glaube aber nicht, daß es sehr viele Redner gibt, die zu gleicher Zeit durch Beingesten ihre Rede unterstützen, oder viele Zuhörer, welche an diesen Beingesten Gefallen finden würden. Also Sie brauchen nur in der richtigen Weise solch ein Bedürfnis des Menschen zu fühlen, dann fühlen Sie die Verwandtschaft heraus, die nun wirklich besteht zwischen den Armen und Händen - die ja zum Gliedmaßenmenschen gehören -, diesem höheren Teil des Gliedmaßenmenschen und dem mittleren Menschen, dem rhythmischen
Menschen, der zu seinem seelischen Gegenbilde das Gefühlsmäßige des Menschen hat. Vorzugsweise versuchen wir ja die Rede die sehr leicht abstrakt wird, durch Gebärden der Arme und Gebärden der Hände zu unterstützen. Das Gefühlsmäßige suchen wir in die Rede hineinzubringen durch diese Unterstützung. Es gilt heute in manchen Kreisen - ich will nicht sagen in welchen - als Zeichen einer abgeklärten Natur, wenn man die Rede möglichst wenig mit Gebärden unterstützt. Man könnte auch, wenn man von einem anderen Standpunkte aus die Sache ins Auge faßt, sagen: Nun ja, wenn jemand, um ja nicht die Rede durch Gebärden zu unterstützen, die Gewohnheit sich beilegt, während er redet, die Hände immer in die Hosentaschen zu stecken, so ist er vielleicht nicht bloß abgeklärt, sondern vielleicht auch etwas blasiert. Und das ist der andere Gesichtspunkt der Sache. Ich will weder für das eine noch das andere jetzt eintreten, aber Sie sehen zugleich, daß die ganze Natur der Arme, neben dem, daß sie dem Stoffwechsel-Gliedmaßenmenschen angehören, zugleich auf den mittleren Menschen, auf den Zirkulationsmenschen hinweist. Das wiederum wurde gefühlt, indem man Sprache und Armbewegung zusammenfassend mit dem Mars in eine gewisse Beziehung gebracht hat. Der Mars steht ja nicht in so inniger Verbindung mit der Erde, wie der Mond, und dasjenige, was dem Sprachorganismus und dem Armorganismus zugrunde liegt, steht auch nicht mit dem irdischen Menschen in einer so innigen Verbindung wie das, was dem Beinorganismus und dem Unterleibsorganismus zugrunde liegt. Wir können sagen: In einer gewissen Beziehung wirkt das, was den unteren Gliedmaßen als Tätigkeiten entspricht, sehr stark auf den unbewußten Menschen; auf den halbbewußten Menschen wirkt aber ungeheuer stark das, was den Armen und Händen entspricht. Und es ist schon so: Jemand, der ganz ungeschickte Hände hat, der also zum Beispiel gar nicht mit den Fingern geschickte Bewegungen ausführen kann, der wird auch kein sehr feinsinniger Denker sein. Er wird in einer gewis-sen Weise mehr nach groben Gedankenmaschen suchen als nach fei. nen Gedankengliedern. Er wird, wenn er grobklotzige Hände hat, viel eher sich für den Materialismus eignen, als wenn er geschickte
Handbewegungen hat. Das hat nichts zu tun mit der abstrakten Weltanschauung, sondern es hat zu tun mit dem wirklichen Hinneigen zu einer spirituellen Weltanschauung, die immer den Anspruch erhebt, daß man sie in feinmaschigen Gedanken erfaßt.
All diese Dinge werden von einer umfassenden Pädagogik durchaus ins Auge gefaßt. Sie würden wahrscheinlich Ihre Freude haben, wenn Sie, in unsere Waldorfschule eintretend, gerade in das Zimmer kommen, wo so nach 10 Uhr vormittags der Handarbeitsunterricht gegeben wird von unserer Freundin, Frau Molt, mit einigen andern Damen zusammen, und Sie sehen würden, wie da unmittelbar nebeneinander die strickenden Knaben, die häkelnden Knaben sitzen, wie sie fleißig und hingebungsvoll stricken und häkeln, geradeso wie die Mädchen. Das alles sind Dinge, die durchaus aus dem Ganzen dieses Waldorfschulgeistes herauskommen, denn da handelt es sich wirklich nicht darum, daß man in einigen abstrakten programmatischen Sätzen dies oder jenes schreibt, sondern daß man das ernst nimmt, daß der ganze Unterricht von Menschenerkenntnis ausgehen soll; daß man wissen soll als Lehrer, was es für eine Bedeutung hat, wenn ich geschickt die Finger zu bewegen verstehe - wenn ich unter Umständen sogar ordentlich den Mittelfinger über den Zeigefinger zu geben vermag, so wie einen Merkurstab, oder wenn ich das durchaus nicht zu machen vermag -, was das für einen großen Unterschied macht für das Denken. Unsere Fingerbewegungen sind in hohem Maße Lehrer der Elastizität unseres Denkens. Diese Dinge können aber nun auch erkennend weiter verfolgt werden. Sie werden verhältnismäßig leicht sich die Fertigkeit aneignen, den mittleren Finger über den Zeigefinger elastisch drüberzulegen, so daß Sie eine Schlange um den Merkurstab zuwege bringen, aber Sie werden das mit der mittleren Zehe gegenüber der zweiten Zehe weniger leicht zustande bringen. Daraus sehen Sie den Unterschied der ganzen Organisation. Es ist sehr wichtig, das ins Auge zu fassen, denn die Fußkonstruktion hängt innig zusammen mit unserer ganzen menschlichen Erdennatur. Durch unsere Handorganisation erheben wir uns über die Erdennatur. Wir erheben uns zum Außerirdischen. Dieses Sich-Erheben zum Außerirdischen im Menschen, das fühlte
die alte Weisheit, indem sie sagte: Der untere Mensch ist dem Mond zugeteilt; der sich über die Erdennatur erhebende Mensch ist dem Mars zugeteilt. - So fühlte diese uralte Weisheit in dem ganzen Weltenall drinnen die Organisation, wie wir im Menschen die Organisation fühlen. Aber der Materialismus hat es ja eben gerade dazu gebracht, nichts mehr vom Menschen zu verstehen. Das ist - ich muß es immer wieder betonen - die Tragik des Materialismus, daß er seine Blicke auf die Materie hinrichtet, aber von der Materie nichts mehr versteht, sondern gerade den Zusammenhang mit dem materiellen Dasein verliert. Daher kann dieser Materialismus auch sozial nur Unheil anrichten. Denn gerade die sozialistischen Materialisten, die Marxisten, sind gegenüber der Wirklichkeit eben Schwätzer. Das haben sie gelernt von den Bürgerlichen, die das materialistische Geschwätz seit Jahrhunderten treiben, es aber nicht auf die soziale Institution angewendet haben und in Halbheiten steckengeblieben sind. Eine spirituelle Weltanschauung wird uns gerade wiederum die Natur des Menschen enthüllen, dann aber so, daß sie uns nun nicht etwa ein abstraktes Seelisch-Geistiges enthüllt, sondern ein konkretes Seelisch-Geistiges, das in alle einzelnen Glieder der menschlichen Organisation hinein-zuarbeiten vermag.
Nun kann man ja allerdings in diesen Dingen nicht fortschreiten, ohne daß man auch immer zu der anderen Seite des Lebens seine Zuflucht nimmt. Denn diese Entwickelung, welche - ich habe das schon gestern gesagt - unser Organismus zeigt, ist ja insofern eine zwiespältige, als alles, was zum oberen Menschen gehört, eine Metamorphose ist des unteren Menschen aus dem vorhergehenden Erden-leben. Da ist einmal ein Zeitpunkt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, wo eine vollständige Umstülpung stattfindet, wo das Innere nach außen gekehrt wird, wo aus dem, was sich in unserem unteren Menschen als der Zusammenhang darstellt zwischen der Leber- und Milzorganisation, wo sich das umgestaltet in seiner ganzen Kraftstruktur zu demjenigen, was in uns ist als Gehörorganisation, wenn wir wiedergeboren werden. Der ganze untere Mensch erscheint umgestaltet. Wir tragen heute im unteren Menschen einen
gewissen Zusammenhang von Milz und Leber. Die schlüpfen gewissermaßen ineinander. Was heute Milz ist, schlüpft durch die Leber hindurch, gelangt in gewisser Beziehung auf die andere Seite und erscheint wiederum in der Gehörorganisation. Und so die anderen Organe. Sehen Sie, die Leute reden heute davon, daß Beweise gefunden werden sollten für die wiederholten Erdenleben. Ja, man muß sich doch erst die Methode verschaffen, durch welche diese Beweise gefunden werden können. Wer in der richtigen Weise das menschliche Haupt zu betrachten vermag, wer einen Sinn hat für die Beobachtung des menschlichen Hauptes, der kommt schon dazu, diese Umwandelung des unteren Menschen in das menschliche Haupt zu verstehen; aber er kann es nicht verstehen, ohne daß er das Zwischenstadium des Erlebens zwischen dem Tode und einer neuen Geburt einbezieht.
Sehen Sie, in dieser Beziehung erlebt man sehr merkwürdige Dinge. Vielleicht wird es Sie ein wenig in Erstaunen setzen, wenn ich folgendes sage - Ein Künstler, der bekannt geworden ist mit unserer Anschauung, der sagte: Ja, das ist alles sehr schön, was die Anthroposophie sagt, aber sie gibt doch keine Beweise. Da hat zum Beispiel de Rochas Beweise gegeben, denn der hat gezeigt, wie in gewissen Hypnosezuständen und dergleichen Reminiszenzen an frühere Erdenleben auftreten können beim Menschen. - Ich muß sagen, gerade bei einem Künstler war es mir höchst merkwürdig, daß er so etwas sagt, denn ich möchte ihm sagen: Sieh einmal, das ist geradeso, als wenn ich zu dir sagen wollte: Ja, lieber Freund, deine Bilder sagen mir gar nichts, zeige mir doch erst die Originale dieser Bilder, dann werde ich glauben, daß diese Bilder gut sind - oder so etwas. Es wäre Unsinn, nicht wahr? Aber sobald er über sein eigenes Gebiet hinausgeht, hat er keinen Sinn dafür, daß man aus dem, was vorliegt, aus der wirklichen Gestalt des menschlichen Hauptes, auf das kommt, was in diesem menschlichen Haupte ausgedrückt ist. Das Bild muß durch sich selbst sprechen, nicht durch den bloßen Vergleich mit dem Original. Das menschliche Haupt spricht für sich selbst. Es spricht die Wahrheit aus, es ist umgestalteter unterer Mensch und weist uns zurück auf das frühere Erdenleben. Aber man
muß sich erst die Möglichkeit verschaffen, dasjenige, was da ist. in der richtigen Weise zu verstehen.
So wird man hingewiesen darauf, daß dasjenige, was physisch vorhanden ist, unmittelbar ein Ausdruck für das Geistige ist. Man kann den physischen Menschen, der vor uns steht, so verstehen, daß er ein Ausdruck des Geistigen ist, das durchlebt wird zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Die physische Welt ist aus sich selbst zu erklären, und sie bringt die geistige Welt mit in dieser Erklärung. Aber das muß man erst haben, daß man sich sagt: Die Naturerscheinungen sind nur eine Halbheit, wenn wir sie als bloße Sinneserscheinungen haben. Das muß man erst haben, dann kann man den Übergang finden dazu, daß das Ereignis, das der Erde eigentlich erst den rechten Sinn gibt, das Ereignis von Golgatha, auf der einen Seite ein rein geistiges Ereignis ist, aber zu gleicher Zeit in das physische Leben eingreift. Wenn man nicht vorbereitet ist, die Beziehungen vom Geistigen zum Physischen in der richtigen Weise zu sehen, so wird man niemals imstande sein zu begreifen, daß das Ereignis von Golgatha ein geistiges Ereignis ist und zu gleicher Zeit ein Ereignis des physischen Planes. Indem 869 auf dem achten allgemeinen Konzil der Geist abgeschafft worden ist, ist zu gleicher Zeit die Unmöglichkeit inauguriert worden, das Ereignis von Golgatha zu begreifen. Das ist das Interessante, daß die abendländischen Bekenntnisse zwar vom Christentum ausgegangen sind, daß sie aber merkwürdigerweise Sorge getragen haben, daß das Wesen des Christentums nicht innerhalb dieser Bekenntnisse begriffen werden kann. Das Wesen dieses Christentums muß vom Geiste aus erfaßt werden. Und die abendländischen Bekenntnisse haben sich gegen den Geist gewehrt, und einer der Hauptgründe, warum Anthroposophie auch von katholischer Seite verpönt wird, ist der, daß hier wiederum von dem Irrtümlichen, der Mensch bestehe aus Leib und Seele, zurückgegangen wird auf das Wahre: der Mensch besteht aus Leib, Seele und Geist. Das weist eben hin auf das Interesse, welches auf jener Seite ist, die Menschen nur ja nicht zur Erkenntnis des Geistes kommen zu lassen und nur ja nicht darauf kommen zu lassen, was das Ereignis von Golgatha eigentlich ist. Und so ist denn auch zunächst
diese ganze Erkenntnis, von der Sie sehen, daß sie so aufklärend wirkt für das Menschenbegreifen, so ist diese ganze Erkenntnis verlorengegangen. Wie soll man daher für die heutige Menschheit eine Pädagogik aufbauen, da die heutige Menschheit den Blick für das Wesen des Menschen verloren hat?
Pädagoge sein, heißt, jenes großartige Rätsel lösen, welches uns das Kind aufgibt, das nach und nach herausbringt, was veranlagt worden ist zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Aber die Bekenntnisse haben ja zunächst nur gerechnet mit dem post-mortemLeben, mit dem nachtodlichen Leben, um dem menschlichen Egoismus zu frönen, während sie nicht damit gerechnet haben, das menschliche Leben hier auf der Erde als eine Fortsetzung des Himmelslebens zu betrachten. An den Menschen die Anforderung zu stellen, sich würdig desjenigen zu erweisen, was an ihn als Anforderung ergangen ist, bevor er durch die Geburt in dieses Erdenleben eingetreten ist, das erfordert eine gewisse Selbstlosigkeit der Anschauung, während die Bekenntnisse bisher zumeist mit dem Egoismus der Anschauung gerechnet haben. Hier gewinnt dasjenige, was den Bekenntnissen eigen ist, ich möchte sagen, in gewissem Sinne eine moralische Färbung. Hier mündet die rein theoretische Erkenntnis in die höhere Gesinnungsmoral und Weltanschauungs-moral ein. Und das sollte auch von den Freunden der Anthroposophie eingesehen werden, daß in gewissem Sinne eine moralische Hin-neigung zur Geistigkeit die Vorbedingung ist für ein Erkennen des geistigen Wesens. In unserer heutigen schweren Zeit ist es ganz besonders notwendig, daß man auch dieser moralischen Seite des Weltanschauungswesens seine Aufmerksamkeit zuwendet. Wenn Sie hin-blicken auf das, was in der äußeren Welt geschieht, so werden Sie sich schon sagen müssen: Phrase, die die Schwester der Lüge ist, und die sich bis zur Lüge gerade in unserer Zeit in so furchtbarer Weise aufbauscht, das ist dasjenige, was aus dem Materialismus doch auch für das moralische Erleben der Menschheit sich ergeben hat. Es würde immer stärker und stärker werden, wenn nicht der Menschheit aufgeholfen würde durch die Erkenntnis, die nach dem Geiste hin geht, und die verbunden sein muß mit einer Hebung des inneren
moralischen Sinnes des Menschen. Wir sollten uns aneignen auch zu fühlen, wie geisteswissenschaftliche Weltanschauung zu den Aufgaben, zu der ganzen Würde des Menschen steht und sollten von diesem Erfühlen den Ausgangspunkt nehmen zu unserem Erkennen. Das ist der Menschheit in der Gegenwart nur allzusehr notwendig, und man möchte immer wieder neue Wendungen und neue Formen des Aussprechens finden, um gerade diese Seite der geisteswissenschaftlichen Aufgaben zu charakterisieren.
ZEHNTER VORTRAG Dornach, 1. Mai 1920
Die Welt zu verstehen, ohne den Menschen zu verstehen, ist nicht möglich. Das ist dasjenige, was Ihnen als Fazit aus den Betrachtungen, die wir hier gepflogen haben, wohl hervorgehen wird. Aus diesem Grunde möchte ich heute noch einiges beitragen gerade zum Verständnis des Menschen als solchem. Ausgehen wollen wir dabei von der uns ja vielfach und genügend schon vor die Seele getretenen Verschiedenheit der menschlichen Hauptesorganisation und der Organisation des übrigen, namentlich des Gliedmaßenmenschen. Da möchte ich vor allen Dingen Sie noch einmal daran erinnern, daß ja die Hauptesorganisation, so wie sie uns entgegentritt in dem Leben zwischen der Geburt und dem Tode, die Folge ist all jener Bildungsvorgänge, welche sich zugetragen haben von dem letzten Tode an bis zu der irdischen Verkörperung in diesem Leben. Daraus müssen Sie aber schon schließen, daß alles dasjenige, was an die menschliche Hauptesorganisation gebunden ist, gewissermaßen in seiner Gesetzmäßigkeit nicht denjenigen Regeln und Kräften folgt, an die wir angepaßt sind als irdische Menschen. Wir sind mit derjenigen Körperorganisation, die wir erst in dieser Inkarnation erhalten, an das Erdenleben angepaßt. Wir haben ja auch schon davon gesprochen, wie wir mit dieser Organisation an das Erdenleben angepaßt sind. Wir vollenden einen Kreislauf des Nahrungsaufnehmens und Nahrungsverarbeitens in 24 Stunden. Damit sind wir mit Bezug auf diesen Kreislauf an die Bewegung der Erde in 24 Stunden angepaßt. Gewissermaßen vollzieht sich in uns ein Ähnliches, wie es sich vollzieht in den Vorgängen der Erde im Weltenall. Das Haupt aber bringen wir in seiner Organisation im wesentlichen mit durch unsere Geburt -Daher ist das Haupt zunächst nicht an die irdischen Verhältnisse angepaßt, sondern an die Verhältnisse, die eigentlich außerirdisch sind. Das Haupt ist dadurch in einer ganz besonderen Lage. Ich möchte Ihnen durch einen Vergleich klar machen, in welcher Lage das Haupt des Menschen namentlich während der ersten Lebensepoche ist.
Denken Sie sich einmal, Sie seien auf einem Schiff. Das Schiff macht die mannigfaltigsten Bewegungen. Diese Bewegungen gehen nach den verschiedensten Himmelsrichtungen. Wenn Sie auf dem Schiffe einen Kompaß haben, eine Magnetnadel, so folgt die Stellung der Magnetnadel nicht den Bewegungen des Schiffes, sondern weist immer nach dem magnetischen Nordpol hin. Sie schließt sich aus von einer Teilnahme an den Bewegungen des Schiffes. Man kann ja geradezu die Bewegungen des Schiffes regeln nach der konstanten Stellung der Magnetnadel. Nun aber ist es in einer gewissen Beziehung ähnlich mit dem menschlichen Haupte. Der Mensch verrichtet das Verschiedenste mit seinem übrigen Organismus hier in der physischen Welt. Das Haupt nimmt in einer gewissen Weise nicht teil an dem, was der Mensch verrichtet im irdischen Leben. Es ist immer hinorganisiert zunächst mit seinen ihm eingeborenen Kräften nach dem Außerirdischen. Das ist sehr wichtig, daß wir in der menschlichen Hauptesorganisation eigentlich etwas vorliegend haben, was nach dem Außerirdischen hin organisiert ist. Aber es ist immer trotzdem eine Wechselwirkung vorhanden zwischen der Hauptesorganisation und der Organisation des übrigen Menschen. Nur vollzieht sich diese Wechselwirkung im Laufe der Zeit, die da verfließt zwischen der Geburt und dem Tode. Unser Haupt ist zunächst so, wie wir es erhalten aus den überirdischen Welten heraus durch die Geburt in diese Welt herein, für das Vorstellungsleben organisiert. Es ist gewissermaßen ganz so gebildet, daß das Vorstellungsleben sich dieses Hauptes als seines Werkzeuges bedienen kann. Würde das Haupt sich nur auf Grundlage der Kräfte, die es mitbekommt aus den überirdischen Welten, entwickeln, so würde es sich nur als Vorstellungsorgan bilden. Dann würden wir den Zusammenhang mit der Welt durch unsere Hauptesorganisation allmählich ganz verlieren. Wir würden gewissermaßen durch das irdische Dasein mit dem Bewußtsein dahingehen, daß wir durch unser Haupt nur Vorstellungen, das heißt nur Bilder von dem irdischen Leben entwickeln. Wir würden immer mehr und mehr das Bewußtsein davon erhalten, daß wir herausragen gewissermaßen aus unserer Organisation, die mit dem Erdenwesen zusammenhängt, daß wir herausragen mit unserem
Haupte aus dieser Erdenorganisation, wie wenn wir durch dieses Haupt fremde, erdenfremde Wesen wären, die nur in Bildern dasjenige entwickeln, was mit dem Erdenleben zusammenhängt.
Das ist nicht der Fall. Es ist aus dem Grunde nicht der Fall, weil der übrige Organismus seine Kräfte ins Haupt hineinsendet. Und wenn wir fragen nach der Qualität der Kräfte, die von Kindheit an immer mehr und mehr von dem übrigen Organismus in das Haupt hineingeleitet werden, so müssen wir, indem wir diese Kräfte seelisch charakterisieren, sie namentlich in den Willenskräften suchen. Der übrige Organismus durchtränkt fortwährend das Vorstellungsmäßige Unseres Hauptes mit den Willenskräften. So daß wir schematisch etwa sagen können: Das Haupt bekommen wir als Ergebnis der vorigen Inkarnation, als Vorstellungsträger (Tafel 18, links); aber die Willenskräfte werden von der übrigen Organisation hineingesendet. Das, was ich Ihnen hier gesagt habe, spielt sich ja nicht nur im Seelenleben ab, sondern es zeigt seine Wirkungen auch im Körperleben. Wir werden, indem wir Hauptesmenschen sind, in diese irdische Welt hereingeboren als Vorstellungswesen. Die Vorstellungskräfte sind, indem wir hereingeboren werden in das irdische Leben, noch sehr mächtig. Sie strahlen vom Haupte aus auf unsern ganzen übrigen Organismus. Und diese Vorstellungskräfte sind es, welche in den ersten sieben Lebensjahren allmählich machen, daß aus unserem übrigen Organismus heraus die Kräfte wirken, die im zweiten Zahnen sich geltend machen; ganz dieselben Kräfte, die eigentlich das Vorstellungsleben bei uns konsolidieren, das ja noch nicht konsolidiert ist, bevor wir uns anschicken, die zweiten Zähne zu bekommen, ganz dieselben Kräfte sind es, die uns auch zu den Zähnen bringen. So daß, wenn wir die Zähne haben, diese Kräfte frei werden. Dann können sie sich für das Vorstellungsleben geltend machen, dann können sie die Vorstellungen formen, sie können das Gedächtnis in der entsprechenden Weise ausbilden, es können in uns die scharf konturierten Vorstellungen Platz greifen - Solange wir dieselben Kräfte brauchen, um unsere Zähne auszubilden, so lange können sie sich nicht als richtige, das Vorstellungsleben konsolidierende Kräfte geltend machen.
Nun würde beginnen oder würde sich besonders zeigen müssen, wenn wir über das siebente, achte Lebensjahr hinauswachsen, wie der Wille, der wesentlich an den anderen Menschen, nicht an den Hauptesmenschen gebunden ist, ins Haupt hineinschießen würde. Das würde aber nicht ohne weiteres gehen. Denn unser Haupt, das eigentlich organisiert ist auf das Außerirdische, würde jene starken Kräfte, die von unserem Stoffwechsel aus als Willensträger in das Haupt hineinschießen wollen, nicht ohne weiteres aufnehmen können. Diese Kräfte müssen sich zuerst stauen (der untere Bogen wird gezeichnet). Diese Kräfte müssen zuerst haltmachen, bevor sie genügend flltriert, genügend verdünnt, verseelt sind, um im Haupte sich geltend machen zu können. Und diese Etappe machen diese Kräfte durch am Ende des zweiten Lebensjahrsiebents, wenn sich die Kräfte des Willens in der Kehlkopforganisation stauen, wenn sie so in dem Menschen aufschießen, daß sie sich sogar in der männlichen Organisation - in der weiblichen zeigt sich das etwas anders - in der Umwandelung der Stimme geltend machen. Das sind die Willenskräfte, die, bevor sie zum Haupte schießen, Halt machen, so daß wir sagen: am Ende unseres zweiten Lebensjahrsiebents stauen sich die Willenskräfte in unserer Sprachorganisation. Dann sind sie genügend filtriert, genügend verseelt, um nun sich in unserer Hauptes-organisation geltend machen zu können. Dann sind wir so weit, wenn wir geschlechtsreif geworden sind und auch dasjenige haben, was der Geschlechtsreife parallel geht, die Umwandelung des Sprechens, dann sind wir so weit, daß durch unser Haupt zusammenwirken können in unserem irdischen Menschen Vorstellung und Wille.
Sehen Sie, hier haben Sie ein Beispiel, wie wir mit unserer Geisteswissenschaft konkret auf die Ereignisse hindeuten. Nehmen Sie die abstrakten Philosophien, die sich in der Neuzeit geltend gemacht haben, zum Beispiel Schopenhauers «Die Welt als Wille und Vorstellung» - im Abstrakten sind sie steckengeblieben. Schopenhauer bemüht sich, auf der einen Seite die Welt in ihrem Vorstellungscharakter, auf der anderen Seite im Willenscharakter zu charakterisieren; allein er bleibt im Abstrakten stecken, ebenso Eduard von Hartmann. Die Leute bleiben alle im Abstrakten stecken. Das
Konkrete ist, daß wir einsehen, wie sich in diesem Weltensystem des menschlichen Hauptes durch diese zwei Etappen, das erste Lebensjahrsiebent und das zweite Lebensjahrsiebent, auf ganz bestimmte, differenzierte Art, Vorstellung und Wille zusammenfinden. Das Wesentliche ist, daß man hindeuten kann auf das Geistig-Seelische, wie es sich in der äußeren physischen Welt kundgibt, offenbart. Und so sehen Sie auch, wie ineinanderwirken die Kräfte des Hauptes, die nach dem Leibe hinschießen, im Leibe sich in der Zahnbildung offrnbaren, und die Kräfte des Leibes, die nach dem Haupte hin-schießen und sich vorbereiten, richtiger Seelenwille zu werden, indem sie zunächst bei der Sprachbildung haltmachen und dann erst nach dem Haupte hinschießen.
So muß man den Menschen verstehen in seinem Bildungsprozeß. So muß man hinschauen können auf das, was sich eigentlich mit dem Menschen vollzieht. Ich sagte, das Haupt des Menschen, es ist gar nicht auf dasjenige hinorganisiert, was im Menschen angepaßt ist an die irdischen Verhältnisse. So wenig wie die Magnetnadel des Kompasses hinorganisiert ist auf die Bewegungen des Schiffes, sondern sich von ihnen ausschließt, so schließt sich das menschliche Haupt aus von der Anpassung an die irdischen Verhältnisse. Hier haben Sie dasjenige, was allmählich führt zum physiologischen Begreifen der Freiheit. Da haben Sie die Physiologie für das, was ich in meiner «Philosophie der Freiheit» ausgeführt habe, daß man die Freiheit nur begreifen kann, wenn man sie erfaßt in dem sinnlichkeitsfreien Denken, das heißt in den Prozessen, die sich abspielen im Menschen, wenn er durch seinen Willen das reine Denken dirigiert und nach bestimmten Richtungen hin orientiert.
Sie sehen, wie man allmählich dazu kommen kann, die Wechselbeziehung des Geistig-Seelischen und des Physisch-Leiblichen wirklich zu studieren, und wie so etwas wie der sprachbildende Prozeß eigentlich nur verstanden werden kann, wenn man ihn auffaßt als das Ergebnis dieser zwei Quellen, von denen aus das Menschen-wesen gespeist wird, jener Quellen, welche liegen im Hauptes-menschen auf der einen Seite und im Gliedmaßenmenschen auf der anderen Seite.
Und jetzt werden Sie auch noch tiefer einsehen, wie unmöglich es ist davon zu sprechen, daß vom Gehirn aus irgendwelche Willensvermittelungen durch motorische Nerven gehen. Das Gehirn bekommt ja erst seine vollen Willensmächte von der übrigen Organisation aus. Natürlich dürfen Sie sich die Sache nicht schematisch vorstellen, denn der Prozeß, der sich dann insbesondere in dem Sprachbildungsprozesse als in seiner Stauung zeigt, der bereitet sich natürlich früher vor; es ist etwas, was durch das ganze Leben geht, was sich nur an seinen allercharakteristischsten Merkmalen in den besonderen Übergangszeiten zeigt. So müssen wir uns klar werden darüber, wie der Mensch in der Tat angepaßt ist sowohl dem irdischen Leben wie einem außerirdischen Leben.
Dem irdischen Leben ist er so angepaßt, daß er gewisse Prozesse, die das Tier zu Ende führt, daß er diese nicht zu Ende führt in seiner rein natürlichen Organisation. Das Tier wird gewissermaßen für alle seine Funktionen fertig geboren. Der Mensch muß diese Funktionen selber erst durch seine Erziehung und so weiter geleitet erhalten. Das, was da im Menschen vorgeht, ist im Grunde genommen nur ein äußerer Ausdruck für etwas, was auch organisch im Menschen vor sich geht. Wenn man den Stoffwechsel des Tieres richtig geistes-wissenschaftlich studiert, so sieht man, daß dieser Stoffwechsel des Tieres weiter getrieben ist als der Stoffwechsel des Menschen. Der Stoffwechsel des Menschen muß ja auf einer früheren Etappe aufgehalten werden als der Stoffwechsel des Tieres. Dasjenige, was im Tiere, wenn ich es schematisch aufzeichnen soll (Tafel 19, links oben, der starke horizontale Strich mit dem kugeligen Ende), bis zu einer gewissen Stufe getrieben wird, das muß beim Menschen aufeiner früheren Stufe stehenbleiben. Der Mensch darf, wenn ich mich trivial ausdrücken soll, nicht soweit verdauen wie das Tier. Der Mensch muß früher stehenbleiben im Verdauungsprozesse als das Tier. Dadurch erhält er, durch die stehengebliebene Verdauung, diejenigen Kräfte, die nun die physischen Träger werden für dasjenige, was er durch den Willen hinaufschickt in das Haupt.
Sie sehen, kompliziert ist diese Menschennatur. Und wenn wir uns der Unbequemlichkeit nicht hingeben wollen, die Komplikationen
dieser Menschennatur wirklich zu studieren, so bekommen wir eine Naturwissenschaft des Menschen heraus, wie wir sie eben heute in der äußeren Wissenschaft haben. Wir bekommen nicht dasjenige heraus, was das Wesen des Menschen wirklich findet. Dieses Wesen des Menschen wird nur enthüllt werden können, wenn Geisteswissenschaft die Naturwissenschaft wird durchleuchten dürfen. Wenn das aber so im Menschen ist, wie ich Ihnen jetzt gesagt habe, wenn jenes Verhältnis besteht zwischen dem Menschen und der außermenschlichen Welt, auf das wir in diesen Betrachtungen hinge-deutet haben, dann werden Sie auch einsehen, daß diese außermenschliche Welt für den Menschen nur da sein kann, wenn sie mit ihm, mit seiner Organisation gewisse Ähnlichkeit hat. Mit anderen Worten: Wir sind als Gliedmaßenmensch angepaßt an die irdischen Verhältnisse; wir heben uns, wie der Schiffskompaß auf dem Schiff, durch unsere Hauptesorganisation aus den irdischen Verhältnissen heraus. So etwas muß auch statifinden in der außermenschlichen Welt. Da muß auch zum Beispiel in den Planetenbewegungen etwas da sein, was der Anpassung der menschlichen Gliedmaßennatur an das Irdische entspricht. Und etwas muß sich herausheben, etwas muß nicht dazugehören.
Die heutige Naturwissenschaft, wie betrachtet sie denn den Menschen? Sie betrachtet ihn so, wie wenn er keinen Kopf hätte. Selbstverständlich studiert sie auch den Kopf; aber wie studiert sie den Kopf? Als ob er eben nur eine Art Anhängsel an die übrige Organisation wäre. Alles, was die Naturwissenschaft aufbringt, um den Menschen zu begreifen, ist nämlich nur dazu geeignet, das Außerkopfliche des Menschen zu verstehen, nicht aber das menschliche Haupt. Das muß aus der geistigen Welt heraus verstanden werden.
Ich hätte ja auch folgenden Vergleich gebrauchen können. Ich hätte auch sagen können - und ich habe schon in diesen Tagen darauf hingewiesen -, das menschliche Haupt sitzt auf dem übrigen Organismus, wie Sie in einem Eisenbahnzug drinnen. Für sich nehmen Sie nicht teil an den Bewegungen des Eisenbahnzuges. Sie halten sich in Ruhe, lassen sich von dem Eisenbahnzug bewegen. So ist der
menschliche Kopf der Bequemling. Er betrachtet den übrigen Organismus, der sich an die Außenwelt anpaßt, wie seine Kutsche. Er läßt sich von ihm tragen. Er selbst ist hinorganisiert auf eine ganz andere Welt. So aber muß es auch in der Außenwelt sein. Wenn wir also eine Naturgeschichte des Menschen bilden, wie wir sie heute haben, so redet diese Naturgeschichte des Menschen eigentlich nur von dem außerkopflichen Menschen. Daher begreift sie die wirkliche Wesenheit des Menschen nicht. Aber wenn wir eine Astronomie bilden auf Grund derselben Prinzipien, dann entspricht diese Astronomie auch nicht der ganzen außermenschlichen Welt, sondern nur einem gewissen Teile; den anderen Teil, der sich entzieht diesem Prinzip, den betrachtet man dabei nicht. Das war ja insbesondere die Force der Naturwissenschaft seit den letzten drei bis vier Jahrhunderten, daß sie Bewegungen des Weltenalls ausgebildet hat, die von einem gewissen Inhalte dieses Weltenalls absehen, so wie die übrige Naturwissenschaft absieht von dem menschlichen Kopfe. Daher bekommt diese Astronomie Bewegungsformen heraus wie diese: Die Erde dreht sich in einer Ellipse um die Sonne und dergleichen -, die gerade so richtig sind für die Welt, wie die Naturwissenschaft heute richtig ist für die ganze Wesenheit des Menschen. Sie entsprechen nicht dem, was nun Wirklichkeit der Welt ist. Deshalb mußten wir so vielfach darauf hinweisen, daß auch die kopernikanische Anschauung geisteswissenschaftlich befruchtet werden müsse. Viele von den heutigen Mystikern, Anthroposophen und so weiter predigen heute ja hinlänglich: Die Welt der Sinne, die wir um uns herum haben, ist Maja. Aber sie ziehen durchaus nicht die letzten Konsequenzen, sonst müßten sie sagen: Auch die Welt des kopernikanischen Systems, diese Bewegung der Erde um die Sonne und so weiter, ist in Wahrheit eine Maja, eine Illusion, und sie muß korrigiert werden. Sie muß so angesehen werden, daß wir uns bewußt werden: Hinein stellt sich etwas, was ebensowenig auf Grundlage derjenigen Voraussetzungen erkannt werden kann, die Kopernikus, Galilei oder auch Kepler anwendeten, wie die Gesamtwesenheit des Menschen aus den heutigen naturwissenschaftlichen Prinzipien heraus verstanden werden kann.
Nun sehen Sie, indem wir solch ein Thema anschlagen, müssen wir zu gleicher Zeit hinweisen auf etwas, was eben mit der Menschheitsentwickelung vor sich gegangen ist. Wenn wir uns daran erinnern, was wir oftmals gesagt haben, daß es in alten Zeiten eine Art Urweisheit gegeben hat, etwas, was die Menschen gewußt haben, zwar traumhaft atavistisch, was aber eben doch in seinem Inhalte weit hinausging über das, was wir uns heute wieder erobert haben -wenn wir an all das uns erinnern, so wird es uns nicht schwer werden, auch dessen wirklich zu gedenken, daß das Bild der Welt, das in alten Zeiten vorhanden war, doch ein ganz anderes war als das Weltbild, das uns heute vorliegen kann. Was war denn eigentlich als Weltbild bei unseren Vorfahren - das heißt bei uns selbst in unseren früheren Erdenleben - vorhanden? Viel mehr als heute war als Weltbild vorhanden dasjenige, was man hereinbrachte durch die Geburt ins physische Dasein. Heute ist höchstens noch bei Kindern, wenn wir verstehen, sie in der richtigen Weise zu examinieren, etwas wie ein Bild der Welt vorhanden, in der der Mensch gelebt hat, bevor er ins physische Dasein herunterstieg. Aber im späteren Leben, und zwar sehr früh, verschwindet dieses Weltenbild. Bei der früheren Menschheit war dieses Weltenbild vorhanden. Und was in früheren Geistesentwickelungsepochen bei der Menschheit vorhanden war als astronomisches Bild, als Beschreibung von Sonnensystem oder Planetensystem und seines Zusammenhanges mit dem Menschen, das war etwas, was der Mensch unmittelbar in sich, wenn auch traumhaft, erlebte. Gewiß, wir sehen heute mit einem gewissen Hochmut auf diese Vorfahrenzeiten der Menschheit herunter. Aber diese Vorfahrenzeiten der Menschheit waren so, daß man wirklich gewußt hat, irgend etwas hängt in uns zusammen mit Mars, mit Merkur und so weiter. Das war etwas, was innerlicher Bewußtseinsbestandteil der menschlichen Wesenheit war. Das war dasjenige, was dem Menschen aufging, indem er sich heranentwickelte. Der Mensch der Urzeit sah nicht bloß das äußerliche Sternbild. Er spürte in sich ein innerliches Sternbild, ein innerliches Weltensystem. Er spürte nicht nur das Weltensystem draußen, sondern auch in seinem Haupte, das wir heute als den Träger des, ich möchte sagen, undifferenzierten Vorstellungslebens
haben. Da drinnen schien die Sonne, da drinnen kreisten die Planeten. Der Mensch trug in seinem Haupte dieses Weltenbild. (Tafel 18, rechts). Und was er da in seinem Haupte trug, das hatte Kräfte in sich, die auf die übrige Organisation wirkten, die wiederum dasjenige, was man nur nach der Geburt oder respektive nach der Konzeption aus den Erdenkräften erhält, beeinflußten; so daß auch das eben beeinflußt wurde von der Hauptes-Organisation, so daß auch gewissermaßen der übrige Mensch mitgenommen wurde in der Anpassung an die planetarischen Kräfte. Und da zeigt sich Ihnen: der Mensch wird in diese Welt hereingeboren. Als Erbschaft, wollen wir zunächst einmal sagen, bekommt er die Tendenz mit, seine ersten Zähne, die Milchzähne zu bekommen. Sie vollenden ihr Entstehen im Jahreskreislaufe ungefähr. Siebenmal länger brauchen die zweiten Zähne, diejenigen, die schon von der menschlichen Organisation selbst hervorgebracht werden. Das ist etwas, was uns im tiefsten Sinne hinweist darauf, wie ein gewisser Rhythmus, den wir mitbringen durch die Geburt, und der sich auf den Jahreskreislauf bezieht, wie der siebenmal verlangsamt wird in unserem irdischen Leben. Siebenmal wird der Jahreskreislauf verlangsamt. Das ist etwas, was eben auch ausgedrückt worden ist dadurch, daß man in die Zeiteinteilung hineingebracht hat das Verhältnis der 1 zur 7, Tag und Woche. Die Woche ist siebenmal länger als der Tag. Diese gegenüber dem Tag siebenmal längere Woche, die drückt aus, daß etwas im Menschen verläuft, was siebenmal weniger schnell geht als das, was wir durch die Geburt ins physische Dasein hereintragen. Man wird nicht eher begreifen den eigentlichen Menschenwesensprozeß, bis man ordentlich einsieht, wie etwas im Menschen, das gewissermaßen von außerirdischen Verhältnissen hereingebracht wird, sich während der Erdenzeit siebenmal verlangsamen muß.
Sehen Sie, die althebräische Geheimlehre hat viel gerade von diesen Tatsachen gesprochen. Und wenn ich in unserer Sprache ausdrücken soll, was die alte hebräische Geheimlehre, aus einem atavistischen Wissen heraus, über diese Sache gesagt hat, so müßte ich sagen: Diese althebräischen Geheimlehrer machten ihren Schülern klar, Jahve, der der eigentliche Erdengott ist, der hinzufügte zu der
Saturn-, Sonnen- und Mondenorganisation die Erdenorganisation, Jahve hat die Tendenz, dasjenige, was von der Mondenorganisation herüberkommt, siebenmal zu verlangsamen. Beschleunigt gegenüber dem irdischen Erdenlaufe will sich etwas benehmen im Menschen. Ich könnte auch sagen, der alte hebräische Geheimlehrer sagte zu seinen Schülern: Luzifer läuft 7 Mal schneller als Jahve. Das weist uns hin auf zwei Bewegungen, zwei Strömungen in der Menschennatur. Diese zwei Strömungen sind auch in der außermenschlichen Natur vorhanden. Nur sind sie in der außermenschlichen Natur in etwas anderer Art vorhanden als in der menschlichen Natur.
Aber gerade dieser Gedanke, dem wir uns da nähern, der ist nicht so ganz leicht zu fassen. Wollen wir ihn durchschauen, so können wir ihn vielleicht am besten durchschauen, wenn wir ausgehen von mehr sozialen Verhältnissen, um uns dann wiederum zurückzuwenden zu den kosmisch-tellurischen Verhältnissen.
Ich habe jetzt öfter in öffentlichen Vorträgen etwas erwähnt, was ich auch hier aussprechen möchte. Wenn wir das Elend der gegenwärtigen Zeit überschauen, so finden wir die eigentümliche Tatsache, daß sich die ganze Intelligenz der neueren Menschheit wirklichkeitsfremd entwickelt hat. Es ist ja schon einmal eine Eigentümlichkeit, daß man gerade im praktischen Leben heute immer mehr und mehr die untüchtigen Menschen findet, nicht die tüchtigen Menschen. Und im Großen zeigt sich das in so einer Sache, wie ich sie in einigen öffentlichen Vorträgen jetzt erwähnt habe, daß zum Beispiel im 19. Jahrhundert viel über die Wirkung der Goldwährung auf die internationalen Wirtschaftsverhältnisse diskutiert worden ist. Sie können die Parlamentsberichte des 19. Jahrhunderts durchgehen. Versuchen Sie sich daraus ein Bild zu machen, was die Leute gedacht haben als die Folge des Mono-Metallismus der Goldwährung. Sie haben die Goldwährung als dasjenige angesehen, was den Freihandel, den durch keine Zollschranken gehinderten freien Handel, über das einheitliche Weltwirtschaftsgebiet hinaus möglich machen wird. Das hat man überall vorausgesagt, wo man der Goldwährung Loblieder gesungen hat. Und was ist in Wirklichkeit gekommen? Die Zollschranken. Nach und nach haben sich die wirklichen Verhältnisse
so entwickelt, daß überall Zollschranken aufgerichtet worden sind. Das hat die Wirklichkeit ergeben.
Nun könnten Sie, wenn Sie oberflächlich urteilen, sagen: Ja, die Leute müssen aber eigentlich zu dumm gewesen sein. Aber sie waren nicht einmal dumm, es waren unter denen, die sich von der Goldwährung die Förderung des Freihandels versprochen haben, sehr scharfsinnige, sehr gescheite Leute. Aber sie haben keinen Wirklichkeitssinn gehabt, sie haben bloß mit Logizität gerechnet, nicht mit Wirklichkeitsgemäßheit. Sie konnten nicht untertauchen in die wirklichen Verhältnisse, geradeso wie unsere heutigen Naturforscher nicht untertauchen können in die Organisation des Herzens, der Leber, der Milz und so weiter. Sie abstrahieren und bleiben mit ihren Theorien, trotzdem sie Materialisten werden, im Abstrakten stecken. Daher kann schon so etwas passieren, wie in einer eigentlich auf Wahrheit beruhenden Anekdote erzählt wird, die vieles beleuchtet: In einer Akademie der Wissenschaft hatte ein gelehrtes Mitglied, ein Physiologe, eine Theorie darüber entwickelt, wie lange namentlich Vögel hungern können. Es war eine schöne Tabelle herausgekommen. Der betreffende Physiologe hatte auf seinem Korridor überall große Vogelbauer aufgestellt und hat diese Vögel hungern lassen, um herauszubekommen, wie lange sie hungern können. Das hat er dann registriert. Es sind sehr schön große Zahlen dabei herausgekommen. Dann hat er diese Zahlen in einer Abhandlung verarbeitet und seine Abhandlung bei einer Sitzung der Akademie vorgelesen. Nun wohnte aber in demselben Hause ein anderer Physiologe, der nicht von solchen Methoden ausging. Er wohnte eine Treppe höher. Der stand auf, nachdem diese gelehrte Abhandlung vorgelesen war, und sagte: Ich muß leider einwenden, daß die Zahlen nicht ganz stimmen können, denn die armen Viecher haben mich sehr gedauert, und ich habe sie im Vorbeigehen gefüttert. -
Nun, es muß ja nicht immer in derselben Weise vor sich gehen; es ist eine Anekdote, die aber auf Wahrheit beruht, weil in der Tat sehr vieles von dem Material, das unserer exakten Wissenschaft zugrunde liegt, auch auf diese Weise zustande gekommen ist, daß irgendeiner im Hintergrunde «die Vögel gefüttert» hat, statt daß sie so
lange gehungert haben, als es die Tabelle ausweist. Man kann, wenn man eben Wirklichkeitssinn hat, mit solchen statistischen Methoden überhaupt nicht sehr viel anfangen. Man kann sich von solchen Methoden nicht sehr viel versprechen. Und dieser Wirklichkeitssinn hat eben durchaus der neueren Menschheit gefehlt. Warum hat er der neueren Menschheit gefehlt? Daran ist schuld eine gewisse Notwendigkeit der Menschheitsentwickelung. Wir können die Sache so auffassen:
Nehmen Sie einmal an, in alten Zeiten hat der Mensch - wenn das die Grenze seiner Sinne ist gegen die Außenwelt (Tafel 19, rechts oben) - in die äußere Welt geschaut. Er hat durch alles das, was er in sich getragen hat, die Verhältnisse der äußeren Welt überschaut. Er hat auch seine Sternentheorien aus seinem inneren Sternensystem heraus mitgebildet. Er hatte Wirklichkeitssinn. Dieser Wirklichkeitssinn saß ihm in den Sinnen (die beiden Kreischen rechts werden gezeichnet); der ist im Laufe der Menschheitsentwickelung verschwunden. Er muß im Innern, gerade so weit im Innern wiederum entwickelt werden, wie er früher im Äußeren entwickelt war. Wir müssen wirklich dahin kommen, in unserem Innern durch die Erziehung, die wir erhalten durch Geisteswissenschaft, Wirklichkeitssinn uns anzuzüchten, dann können wir auch erst wiederum Wirklichkeitssinn in der äußeren Welt entwickeln. Es ist schon so, wenn die Menschen in gerader Linie in der Bahn fortfahren würden, in der sie sich mit der neueren Intellektualität entwickelt haben, würden sie nicht mehr übersehen können das, was draußen ist, und es würde überall so gehen, wie mit der Goldwährung: Während sie voraussagten, es entstehe der Freihandel, wurden Zollschranken aufgerichtet. Das geschieht ja auf den verschiedensten Gebieten des sogenannten praktischen Lebens fortwährend. Was da im Großen geschehen ist, geschieht heute überall im Kleinen. Die Praktiker sagen das oder jenes voraus - das Gegenteil tritt ein. Es wäre vielleicht interessant zu registrieren, was die Praktiker als das, was ganz gewiß geschieht, während der letzten Kriegsjahre vorausgesagt haben. Immer ist das Gegenteil eigentlich davon eingetroffen, gerade in den letzten Jahren. weil eben gar kein Wirklichkeitssinn mehr bei den
Leuten war. Dieser Wirklichkeitssinn kommt aber auf keine andere Art, als indem der Mensch sich durch Geisteswissenschaft so heranerzieht, daß dieser Wirklichkeitssinn im Innern erst entwickelt wird. Niemand wird in der Zukunft ein Praktiker oder ein wirklichkeitsgemäßer Geist sein, der es verschmäht, im Innern sich durch Geisteswissenschaft so heranzuerziehen, wie man durch die äußere Welt heute nicht heranerzogen werden kann. Wir müssen in die äußere Welt auch dasjenige hineintragen, was wir im Innern entwickeln. Deshalb ist Geisteswissenschaft so notwendig, weil die Menschen nicht darauf kommen werden, wie sich das Herz zur Leber verhält, wenn sie sich nicht erst die Methode dazu durch geisteswissenschaftliche Schulung aneignen. Was früher vorhanden war, wo man sich sagen konnte: Das Herz verhält sich zur Leber in der inneren Welt, wie sich etwa in der äußeren Welt die Sonne zum Merkur verhält -und wo man etwas wußte, weil man das Verhältnis von Sonne und Merkur hereintrug aus der übersinnlichen Welt in die sinnliche Welt, das wird nicht mehr verstanden, kann auch nicht mehr ursprünglich verstanden werden, wenn die Menschen sich nicht die Grundlage, den Grundimpuls zu diesem Verständnis von innen heraus aneignen. Man eignet sich ihn nicht etwa bloß durch Hellsehen an - durch Hellsehen werden die Tatsachen der Geisteswissenschaft erforscht -, man eignet sich diesen Sinn an, indem man das durch hellseherische Methode Festgestellte wirklich durchdenkt und durchempfindet und das Leben danach einrichtet. Darauf kommt es an. Es kommt gerade darauf an, zu studieren die Ergebnisse der Geisteswissenschaft, nicht darauf, die Neugierde des Hellsehens zu befriedigen. Das muß immer wieder und wieder betont werden, denn im allgemeinen Kulturprozeß der Menschheit ist von ganz besonderer Wichtigkeit diese Anwendung der geisteswissenschaftlichen Methode auf das äußere Leben und auch auf die Erkenntnis der großen Welt, der außermenschlichen Welt.
Dasjenige also, was wir als die ursprüngliche Hauptesorganisation anzusehen haben, das wird im Laufe unseres Lebens nach und nach durchdrungen von alledem, was in unserer Organisation in Anpassung an die äußere Welt ist. Also müssen wir aus der Organisation
des Menschen heraus, aus der Gliedmaßenorganisation heraus verstehen lernen die außermenschliche Welt. Und da können uns nur solche Dinge helfen wie das, worauf ich schon hingewiesen habe. Ich habe Sie darauf hingewiesen, welcher Gegensatz besteht zwischen jenem Zustand des Menschen, in dem er wachend ist, und jenem Zustand, in dem er schlafend ist. Wir betrachten auf der einen Seite das Wachen, auf der anderen Seite das Schlafen. Das sind Zustände, die einander entgegengesetzt sind. Und indem der eine in den anderen übergeht im Aufwachen und im Einschlafen, gehen wir gewissermaßen durch eine Art Nullpunkt unseres Daseins hindurch. Der Moment des Aufwachens und der Moment des Einschlafens müssen miteinander etwas zu tun haben.
Das weist uns darauf hin, daß, wenn wir den Tageskreislauf des Menschen in einer geometrischen Form ausdrücken wollen, wir nicht den Kreis und auch nicht die Ellipse brauchen können. Denn wenn wir den Schlafzustand dem einen Teil der Ellipse zuschreiben würden, so würden der Zustand des Aufwachens und des Einschlafens auseinanderfallen (Tafel 19, ganz oben). Aber sie können nicht auseinanderfallen - wir werden noch sehen, wie sie auch in ihren äußeren Erscheinungen ein Gleiches darstellen. Wir können also durchaus nicht die geometrische Figur, die dem Tageskreislauf des Menschen entsprechen soll, in Kreisform oder in Ellipsenform zeichnen. Wir können sie nur so zeichnen, daß sie eine Schleifenlinie, eine Lemniskate ist (dieselbe Tafel, Mitte unten). Dadurch allein haben wir die Möglichkeit, wenn wir sagen, der Mensch kommt aus dem Wachzustand in den Schlafzustand hinein, daß er durch denselben Zustand beim Aufwachen wiederum herauskommt. Und damit haben wir eine Kurve, eine Linie, die dem täglichen Gang des menschlichen Lebens entspricht. Sie finden keine andere Linie des Tageskreislaufes als diese Lemniskate, denn bei jeder anderen Linie würden Sie nicht das Aufwachen durch dasselbe führen, was das Einschlafen war.
Aber es ist noch etwas anderes da. Wenn wir achtgeben auf den Prozeß der menschlichen Entwickelung namentlich in der Kindheit, so müssen wir sagen, im wesentlichen wachen wir wohl so auf, wie
wir eingeschlafen sind. Aber wenn man das Leben richtig beobachten kann, dann kann man den Schlafzustand nicht vom ganzen Menschenleben ausschließen. Wir unterrichten die Kinder während des Tages. Wir sollten immer einen Sinn dafür haben, was aus dem, was wir an die Kinder heranbringen, nicht unmittelbar wird, sondern erst am nächsten Tag geworden ist, wenn das Ich und der astralische Leib durch den Nachtzustand gegangen sind. Da macht eigentlich das Kind erst das Richtige aus dem, was wir ihm bei Tage beibringen. Wir müssen unsere Pädagogik und Didaktik auf das hin einrichten. So daß wir sagen können in bezug auf die Wechselzustände von Tag und Nacht: Wir schlafen, kommen durch das Erwachen an derselben Stelle wieder heraus, wo wir hineingeschlafen sind, aber wir schreiten in bezug auf die Menschenentwickelung ein wenig vor. In einer anderen Richtung schreiten wir vor.
Daher dürfen wir auch die Linie nicht ganz so zeichnen wie in der Lemniskate, sondern wir müßten sie so zeichnen, daß wir zwar hier wieder herauskommen, aber ein Stück weiter, so daß wir fortschreitende Lemniskaten bekommen (rechts unten). Wenn wir also prüfen auf der einen Seite den Wechselzustand zwischen Wachen und Schlafen und andererseits das Fortentwickeln, so bekommen wir als geometrische Form für das, was mit dem Menschen vor sich geht, eine Schraubenlinie. Diese Schraubenlinie hängt innig zusammen mit unserer Entwickelung, und unsere Entwickelung hängt wiederum zusammen mit dem ganzen Weltsystem. Daher müssen wir als Grundlage zu den Weltenbewegungen diese selbe Linie suchen. Und hätte man, statt daß man nur abstrakte Geometrie auf den Himmelsraum angewendet hat, die konkrete Geometrie angewendet, die aus dem ganzen Menschen folgt, man würde zu anderem gekommen sein. Denn sehen Sie, in der Urweisheit, da hatte man diese Linie. Da sprach man nicht davon, daß etwa, sagen wir, der Mars sich anders bewegte, als in einer solchen Linie fortschreitend (links, Mitte). Nut vergaß man das allmählich. Man konstruierte, statt daß man wußte. Was wurde daraus? Diese Linie, die so fortschreitet (es wird auf die eben gezeichnete Linie gezeigt), in der konnte man nicht weitergehen. Und so nahm man diese Linie (links
unten, der große Bogen) und setzte Kreise auf und bekam die Epizyklentheorie. Auch die ptolemäische Theorie ist das letzte Überbleibsel der alten Urweisheit, und auf Grund dieser hat wiederum Kopernikus eine Vereinfachung vorgenommen. Und daran theoretisiert die heutige Astronomie noch immer herum. Noch immer theoretisiert sie so, daß sie Ellipsen und Kreise und alles mögliche lieber betrachtet, als jene innerlich lebendige Linie, die eine fortschreitende Schraubenlinie darstellt. Und dann wundert man sich, daß die Beobachtungen nicht übereinstimmen mit dem, was man ausrechnet, daß man immer zu neuen Korrekturen genötigt ist.
Sehen Sie sich an, wie die Relativitätstheorie auf einem Fehler in den Merkurumlaufszeiten aufbaut. Man sucht nur dann die Korrektur in einer anderen Weise zu vollziehen, als man sie vollziehen sollte, nämlich indem man zurückginge auf das Verhältnis des Menschen zur ganzen Umwelt. - Doch davon dann morgen weiter.
ELFTER VORTRAG Dornach, 2. Mai 1920
Ich habe gestern aufmerksam darauf gemacht, wie dasjenige, was im Menschen vorhanden ist, auf etwas hinweist, was entsprechend im außermenschlichen Weltall vorhanden ist, insofern ein bestimmtes Verhältnis des Menschen zum außermenschlichen Weltall besteht. Worauf wir nun besonders hinzuweisen haben als im Menschen vorhanden, das ist die Hinordnung des menschlichen Hauptes auf eine außerirdische Welt, auf eine Welt, welche außerhalb derjenigen liegt, von der der übrige Organismus des Menschen abhängig ist. Unser Haupt weist noch deutlich in diejenige Welt hinein, die wir durchgemacht haben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Die ganze Organisation unseres Hauptes ist so gebildet, daß sie den deutlichen Nachklang bildet unseres Aufenthaltes in den geistigen Welten. Nun müssen wir das Entsprechende suchen im Kosmos.
Da brauchen Sie ja nur einmal zu vergleichen das Verhalten, sagen wir, des weit im Weltenall draußen stehenden Saturn mit dem Verhalten der Erde selbst, und Sie werden einen gewissen Unterschied wahrnehmen. Dieser Unterschied ist dadurch für die Astronomie zur Geltung gekommen, daß man sagt, der Saturn kreise um die Sonne in 30 Jahren, die Erde in einem Jahre. Wir wollen uns jetzt einmal nicht kümmern, ob diese Dinge richtig oder falsch sind, ob sie eine Einseitigkeit darstellen oder nicht, wir wollen nur auf das hinweisen, daß eben die Beobachtungen, die man gewinnen kann dadurch, daß man den Saturn im Weltenraume verfolgt und die Geschwindigkeit seiner Bewegung vergleicht mit dem, was man der Erde als eine gewisse Geschwindigkeit zuschreibt, daß man dadurch unter Voraussetzung des kopernikanisch-keplerischen Weltsystems zu der Anschauung kommt, daß der Saturn 30 Jahre braucht, um die Sonne zu umkreisen, die Erde ein Jahr. Und wenn wir dann auf den Jupiter hinschauen, so spricht man ihm eine Umlaufszeit von 12 Jahren zu. Viel kürzer ist die Umlaufszeit des Mars. Aber nun kommen wir. wenn wir die anderen Planeten uns ansehen, die Venus,
den Merkur, zu Umlaufszeiten, die kleiner sind als die der Erde, oder sagen wir, von denen gesagt wird, daß sie kleiner sind als die Umlaufszeit der Erde. Alle diese Dinge sind ja selbstverständlich ausgedacht, sind ausgedacht auf Grundlage der Beobachtungen, die in der einen oder in der anderen Weise gemacht werden.
Nun habe ich ja darauf hingewiesen, daß wir eigentlich eine wahre Einsicht in diese Dinge nur gewinnen, wenn wir gewissermaßen das, was da in den Weiten des Weltenraumes vor sich geht, vergleichen mit dem, was zugeordnet vor sich geht innerhalb der Grenzen unserer Haut, in unserem eigenen Organismus. Bedenken Sie einmal, daß dem, was man Umlaufszeit der Erde um die Sonne nennt, ja irgend etwas entspricht. Wir haben gestern darauf hingewiesen, daß auch für die tägliche Tatsachenreihe hinzuweisen ist auf eine gewisse Kurve, auf eine gewisse Linie, die sich selber schneidet. In einer ähnlichen Weise wird auch vorzustellen sein diejenige Kurve, diejenige krumme Linie, welche der jährlichen Bewegung der Erde entspricht, ganz gleichgültig, ob man nun der Anschauung ist, daß diese Bewegung der Erde zugleich eine Bewegung um die Sonne ist oder nicht. Denn was haben wir da eigentlich vor uns? Bedenken Sie einmal: Wir haben in unserem eigenen Tageskreislauf, den wir jetzt nicht so nehmen wollen, wie er dem Kosmos entspricht, sondern wie er im Menschen auftritt, so daß wir auch diejenigen, deren Schlafens- und Wachenszeit nicht zusammenfällt mit dem Wechsel von Tag und Nacht, daß wir also auch die Bummler und unregelmäßig Lebenden fassen können. Wir wollen diesen Tageskreislauf im Menschen so betrachten, daß wir ihn aus dem Grunde, den wir gestern schon angeführt haben, uns repräsentiert denken durch solch eine Linie (Tafel 20, rechts oben), wobei die Punkte des Einschlafens und Aufwachens übereinanderfallen. Ich habe gestern schon bemerkt, daß man diese Punkte des Einschlafens und Aufwachens übereinandeffallend denken muß. Es gibt viele Gründe, aber es genügt ein Grund, um vor unbefangenem Urteil einzusehen, daß wir den Punkt des Aufwachens über den Punkt des Einschlafens zu legen haben. Denn nehmen Sie einmal die auffälligste Tatsache: Wenn Sie zurückblicken auf Ihr Leben, so erscheint
Ihnen dieses Leben wie eine geschlossene Strömung. Sie sind nicht veranlaßt, dieses Leben so vorzustellen (die unterbrochene Gerade in mittlerer Höhe, von rechts nach links): Heute habe ich gelebt und die Umgebung gewußt bis zum Aufwachen; dann kommt Dunkelheit; dann gestern, da bin ich eingeschlafen, da habe ich wiederum gelebt bis zum Aufwachen; folgt wiederum Dunkelheit. So stellen Sie sich die Erinnerungsströmung nicht vor, sondern Sie stellen sich die Erinnerungsströmung so vor, daß in der Tat der Moment des Aufwachens und der Moment des Einschlafens wirklich zusammenfallen in Ihrem erinnernden Bewußtsein. Das ist eine einfache Tatsache. Diese Tatsache läßt sich nur so zeichnen, daß man die den Tageslauf im Menschen repräsentierende Kurve als eine Schleffenlinie zeichnet, wo dann der Punkt des Aufwachens über den Punkt des Einschlafens fällt. Wäre eine Kurve richtig, die eine Ellipse oder ein Kreis wäre, dann müßte das Einschlafen und das Aufwachen deutlich voneinander getrennt sein; es könnte nicht sich anschließen unmittelbar das Aufwachen an das Einschlafen. So also müssen wir den Tageslauf des Menschen uns vorstellen.
Versuchen Sie einmal, sich im Menschen selbst ordentlich zurechtzulegen, was das eigentlich ist: Sie leben wachend vom Aufwachen bis zum Einschlafen. Da sind Sie, indem Sie physischer Mensch sind, zugleich der ganze Mensch, da haben Sie in sich Ihren physischen Leib, Ihren Ätherleib, Ihren astralischen Leib, Ihr Ich. Jetzt nehmen Sie den physischen Menschen vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Da haben Sie nur den physischen Leib und den Ätherleib. Als physischer Mensch sind Sie nicht Mensch, sondern Sie haben den physischen Leib und den Ätherleib; das liegt im Bette. Das sollte im Grunde genommen gar nicht sein. Das besteht im Grunde genommen zu Unrecht, denn das sollte eine Pflanze sein. Das ist nur der liegengebliebene Rest des vollständigen Menschen, von dem fort sind das Ich und der astralische Leib, und nur unter dem Finflusse der Tatsache, daß Ich und astralischer Leib wiederum zurückkehren können, bevor der physische Leib und der Ätherleib ihrem Pflanzenziel nachgehen können, nur diese Tatsache macht es, daß wir nicht jede Nacht sterben.
Nun sehen wir auf das hin, was da eigentlich im Bette liegt. Was ist denn das, was da im Bette liegt? Das wird plötzlich zu der Natur des Pflanzenreiches. Das müssen Sie sehen als ähnlich dem, was auf der Erde vorgeht von dem Moment an, wo im Frühling die Pflanzen hervorsprießen bis zum Herbst, wo die Pflanzen wiederum hinunter-gehen. Da schießt im Menschen das Pflanzensein ins Kraut, möchte man sagen, vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Da wird er so, wie die Erde zur Sommerszeit ist. Und wenn wiederum das Ich und der astralische Leib zurückkehren, wenn der Mensch aufwacht, dann wird er so, wie die Erde zur Winterszeit ist. So daß wir sagen können: der Wachzustand des Menschen, die Zeit vom Aufwachen bis zum Einschlafen ist der persönliche Winter, die Zeit vom Einschlafen bis zum Aufwachen ist der persönliche Sommer. Für den Kosmos, insofern die Erde ja auch zu diesem Kosmos gehört, ist das Jahr das Entsprechende. Die Erde wacht in der Winterszeit, schläft in der Sommerszeit. Die Sommerszeit ist die Schlafzeit der Erde, die Winterszeit ist die Wachzeit der Erde. Äußerlich verglichen gibt es selbstverständlich eine falsche Analogie; da glaubt man, daß die Sommerszeit die Wachzeit der Erde ist und die Winterszeit die Schlafenszeit der Erde ist. Umgekehrt ist es das Richtige; denn wir werden ja während unserer Schlafenszeit dem blühenden, sprossenden Pflanzenleben ähnlich, werden also da so wie die Erde während der Sommerszeit. Und wenn unser Ich und unser astralischer Leib in unsern physischen Leib und in unsern Ätherleib hineingehen, so ist es so, wie wenn für die pflanzentragende Erde die Sommersonne sich zurückzieht und die Wintersonne wirkt. Doch ist eine Jahreszeit jeweilig für irgendeinen Teil der Erdoberfläche. Bei der Erde ist es also anders wie beim einzelnen Menschen, aber auch nur scheinbar, ü bri gens; bei der Erde, insofern wir sie auf irgendeinem Teile bewohnen, ist es so, daß ein Jahreslauf dem Tageskreislauf des Menschen entspricht. Ein Jahreskreislauf im Kosmos entspricht dem Tageskreislauf des Menschen.
Nun haben Sie dadurch ja unmittelbar die Tatsache gegeben, daß wenn Sie auf den Kosmos hinschauen, Sie sich sagen müssen:
ein Jahr, das ist für ihn Schlafen und Wachen. Und wenn unsere
Erde einfach der Kopf des Kosmos ist, dann drückt sich im Wintersein das Wachen des Kosmos eben aus, im Sommersein das Schlafen des Kosmos. Nehmen wir jetzt diesen Kosmos, der ja hervorbringt Wachen und Schlafen, denn die Pflanzendecke auf der Erde ist ja das Ergebnis des Kosmos, nehmen wir jetzt diesen Kosmos, dann müssen wir ihn auch ansehen als einen großen Organismus. Wir müssen dasjenige, was in seinen Gliedern vorgeht, uns so organisch dem ganzen Kosmos eingefügt denken, wie wir uns organisch eingefügt denken müssen das, was in einem unserer Organe vorgeht, unserem Organismus. Da kommen wir auf Bedeutungen jener Unterschiede, die sich sonst für die Astronomie ausdrücken in den kürzeren Umlaufszeiten von Venus und Merkur gegenüber den längeren Umlaufszeiten - länger als eine sogenannte Umlaufszeit der Erde -bei Mars, Jupiter und Saturn namentlich. Wenn wir die sogenannten äußeren Planeten nehmen, Saturn, Jupiter, Mars, so haben diese scheinbar eine lange Umlaufszeit, die über ein Jahr hinauswächst, die also über das bloße Wachen hinauswachsen. Nehmen wir den Saturn, seine 30 Jahre, die ja die scheinbare Umlaufszeit um die Sonne sind (Tafel 20, links oben); seine 30 Jahre, wie können wir sie denn ausdrücken, wenn wir die ordentliche Sprache des Kosmos sprechen, daß ein Jahr sein Tageskreislauf ist? Wenn ein Jahr der Tageskreislauf des Kosmos ist, dann ist die sogenannte Umlaufszeit des Saturn ungefähr 30 Tage, ein kosmischer Monat, kosmische 4 Wochen. So daß Sie sich sagen können: Wenn man den Saturn - die anderen zwei Planeten, Uranus und Neptun, die man heute als gleichberechtigt ansieht, sind ja zugeflogene -, wenn man den Saturn als den äußersten Planeten ansieht, dann muß man sagen: der Saturn begrenzt unseren Kosmos, und in dem scheinbaren Langsamgehen, in dem Nachhinken des Saturn hinter der Erde zeigt sich das Leben des Kosmos in vier Wochen, in einem Monat, gegenüber jenem Leben, das der Kosmos zeigt im Jahreslauf, und das für ihn ein Einschlafen und Aufwachen ist.
Daraus aber ersehen Sie, daß der Saturn, wenn wir gewissermaßen seine scheinbare Bahn als die äußerste Grenze unseres Planetensystems ansehen, in einer anderen Weise sich innerhalb dieses
Planetensystems verhält als zum Beispiel der Merkur. Der Merkur, der nicht einmal 100 Tage zu einem sogenannten scheinbaren Umlauf braucht, der bewegt sich schnell herum, der ist regsam da im Innern, hat eine gewisse Geschwindigkeit. während sich der Saturn langsam bewegt.
Wem entspricht denn das eigentlich? Wenn Sie diese Bewegung des Saturn nehmen, so ist also verhältnismäßig etwas Langsames da; die Bewegung des Merkur ist etwas, was gegenüber der Bewegung des Saturn etwas sehr Schnelles ist, eine innere Regsamkeit des Organismus Kosmos, etwas, was innerlich den Kosmos bewegt. Es ist so, wie wenn Sie sich meinetwillen eine Art lebendigen Schleimorganismus denken, (Tafel 21, links), der sich als solcher dreht, und da extra drinnen ein Organ, das wiederum schneller sich um sich dreht. Es sondert sich dieser Merkur da in seiner Bewegung durch sein schnelleres Drehen aus von dem ganzen Drehen, von der ganzen Bewegung. Es ist wie ein eingeschlossenes Glied, ebenso ist das Bewegen der Venus wie ein eingeschlossenes Glied. Da haben Sie erwas, was im Menschen dem Verhalten des Hauptes zum übrigen Organismus entspricht. Das Haupt schließt sich aus von den Bewegungen des übrigen Organismus. Venus und Merkur emanzipieren sich von der Bewegung, die der Saturn angibt. Sie gehen ihren eigenen Weg. Sie erzittern in dem ganzen System drinnen. Was bedeutet denn das? Sie haben etwas extra da in dem ganzen System. Ihre schnellere Regsamkeit deutet darauf, daß sie etwas extra da drinnen haben. Was ist denn das Entsprechende dieses Extra? Nun, in unserem Haupte ist das, was das Haupt extra hat, die Zuordnung zu der übersinnlichen Welt; nur - unser Haupt wird ruhig an unserem Organismus, so wie wir in einer Kutsche oder im Eisenbahnzug drinnen ruhig sind, trotzdem der Eisenbahnzug weitergeht. Venus und Merkur machen es anders; sie machen das Entgegengesetzte in bezug auf ihr Emanzipieren. Während unser Haupt ruhig ist, wie wenn wir uns ganz ruhig in die Kutsche oder in die Eisenbahn setzen und darinnen ruhig sind, emanzipieren sich in der entgegengesetzten Art von dem ganzen Planetensystem Venus und Merkur. Es ist so, wie wenn wir, indem wir uns in den Eisenbahnwagen setzen,
durch etwas angeregt, noch extra da drinnen immerfort schneller uns bewegen würden als der Eisenbahnzug selber.
Sehen Sie, das rührt davon her, daß eben Venus und Merkur, die die schnellere scheinbare Bewegung zeigen, nicht bloß zum Raume draußen, zum Räumlichen eine Beziehung haben, sondern ihrerseits auch Beziehungen haben zu dem, wozu unser Haupt Beziehungen hat. Nur gehen sie diese Beziehungen in der entgegengesetzten Art ein, unser Haupt durch Beruhigtwerden, Venus und Merkur durch Regsamwerden. Aber Venus und Merkur sind diejenigen Planeten, durch die unser Planetensystem zu der übersinnlichen Welt eine Beziehung hat. Venus und Merkur gliedern unser Planetensystem in anderer Art in den Kosmos ein als Saturn und Jupiter. Vergeistigt wird unser Planetensystem durch Venus und Merkur, vergeistigt, zugeordnet den geistigen Mächten in einer intimeren Weise. als das etwa durch Jupiter und Saturn geschieht.
Die Dinge, die wirklich sind, nehmen sich eben oftmals ganz anders aus, wenn man sie wirklichkeitsgemäß studiert, als wenn man sie nach dem naheliegenden Urteile faßt. Geradeso wie der Mensch, wenn er äußerlich urteilt, die Winterszeit die Schlafenszeit der Erde nennt, und die Sommerszeit die Wachenszeit, während es umgekehrt ist, so könnte man äußerlich urteilend auch versucht sein, Saturn und Jupiter als geistiger zu denken denn Venus und Merkur. Aber so ist es nicht, sondern gerade Venus und Merkur stehen in intimerer Beziehung zu etwas, was hinter dem ganzen Kosmos ist, als Jupiter und Saturn. So daß wir sagen können: In Venus und Merkur haben wir etwas gegeben, was uns äußerlich, insofern wir ein Glied unseres Planetensystems sind, in Beziehung setzt zu einer übersinnlichen Welt. Indem wir hier leben, werden wir durch Merkur und Venus zu einer übersinnlichen Welt in Beziehung gesetzt. Man könnte sagen: Indem wir uns durch die Geburt in der physischen Welt verkörpern, werden wir durch Saturn und Jupiter in diese physische Welt hereingetragen; indem wir von der Geburt bis zum Tode hin leben, wirken Venus und Merkur in uns und bereiten uns vor, durch den Tod wiederum unser Übersinnliches in die übersinnliche Welt hinauszutragen. In der Tat haben Merkur und Venus ebensoviel
Anteil an unserer Unsterblichkeit nach dem Tode, wie Jupiter und Saturn Anteil haben an unserer Unsterblichkeit vor dem Tode. Aber es ist so, daß wir wirklich auch im Kosmos so etwas sehen müssen, was da entspricht der verhältnismäßig geistigeren Organisation des Hauptes im Vergleich zu der Organisation des übrigen menschlichen Organismus.
Nun, wenn wir uns vorstellen, daß der Saturn seinerseits auch seine Bewegung in einer solchen Kurve (Lemniskate, Tafel 20) hat, die nur selbstverständlich anders gezogen wird im Weltenraum, wie die durch eine 30mal schnellere Bewegung bewirkte Kurve der Erde, wenn wir uns diese Kurve so vorstellen beim Saturn und auch bei der Erde, dann müssen wir uns ja vorstellen, daß jeder Weltenkörper, der in einer solchen Bahn kreist, durch Kräfte selbstverständlich in dieser Bahn bewegt wird, aber er wird durch Kräfte verschiedener Art bewegt. Und da kommen wir zu einer Vorstellung, die außerordentlich bedeutsam ist und die, wenn Sie sie einmal in Wirklichkeit aufnehmen, Ihnen wahrscheinlich sofort einleuchten wird als eine gültige. Sie leuchtet den Menschen nur deshalb nicht ein als eine gültige, weil die Menschen unter dem Einflusse des Materialismus der letzten Jahrhunderte eben gar nicht gewöhnt sind, solche Dinge mit den Tatsachen des Weltenalls zu verbinden.
Für die heutige materialistische Weltanschauung ist eben der Saturn, der sich da im Weltenraume findet, nur ein Körper, der da im Weltenraum herumgondelt, und die anderen Planeten auch. Aber so ist es nicht; sondern wenn wir diesen äußersten Planeten unseres Planetensystems, den Saturn nehmen, dann müssen wir ihn uns vorstellen - und ich werde jetzt etwas wiederum gewissermaßen referierend angeben müssen, was wir erst später erläutern -, wir müssen ihn uns vorstellen als den Führer unseres Planetensystems im Weltenraume. Er zieht unser Planetensystem im Weltenraume. Er ist der Körper für die äußerste Kraft, die uns da in der Lemniskate im Weltenraume herumführt. Er kutschiert und zieht zugleich. Er ist also die Kraft in der äußersten Peripherie. Würde er nur wirken, so würden wir uns in der Lemniskate bewegen. Aber nun sind in unserem Planetensystem eben diese anderen Kräfte, die eine intimere
Vermittelung darstellen zur geistigen Welt, die wir im Merkur und in der Venus finden. Durch diese Kräfte wird fortwährend die Bahn gehoben. So daß wir, wenn wir diese Bahn von oben anschauen, wir diese Lemniskate bekommen (die vorige Kurve); wenn wir sie aber von der Seite anschauen, bekommen wir Linien, die sich fortwährend heben, fortschreiten (Tafel 20, rechts unten). Dieses Fortschreiten, das entspricht im Menschen der Tatsache, daß wir, während wir schlafen, das verarbeiten, was wir in uns aufgenommen haben; wenn es auch nicht gleich ins Bewußtsein übergeht, wir verarbeiten es. Wir verarbeiten, was wir durch unsere Erziehung, durch unser Leben aufnehmen, eigentlich hauptsächlich während des Schlafens. Und während des Schlafes vermitteln uns das Merkur und Venus. Sie sind unsere wichtigsten Nachtplaneten, während Jupiter und Saturn unsere wichtigsten Tagesplaneten sind. Daher hat mit vollem Rechte eine ältere instinktive atavistische Weisheit Jupiter und Saturn mit der menschlichen Hauptesbildung zusammengebracht, Merkur und Venus mit der menschlichen Rumpfesbildung, also mit dem übrigen Organismus. Aus der intimen Erkenntnis des Verhältnisses zwischen Mensch und Weltenall sind diese Dinge entstanden.
Nun bitte ich Sie aber folgendes zu beachten. Wir haben nötig, zunächst einmal aus inneren Gründen die Bewegung der Erde lemniskatisch aufzufassen, außerdem als wirkend auf die Bewegung der Erde die Venus- und Merkurkräfte, die die Lemniskate selber wiederum weitertragen, so daß eigentlich die Lemniskate fortschreitet und ihre Achse selber dann wiederum eine Lemniskate wird. Wir haben eine außerordentlich komplizierte Bewegung für die Erde selber. Und nun kommt das, worauf ich Sie eigentlich hinweisen will. Es strebt die Astronomie danach, diese Bewegungen zu zeichnen. Man will ein Planetensystem haben. Man will das Sonnensystem zeichnen und rechnerisch erklären. Aber solche Planeten wie Venus und Merkur, die haben auch Beziehungen zu dem Außerräumlichen, zu dem Übersinnlichen, zu dem Geistigen, zu dem, was gar nicht in den Raum hineingehört. Wollen Sie also die Bahn des Saturn, die Bahn des Jupiter, die Bahn des Mars erfassen und in denselben
Raum hineinzeichnen auch die Bahn von Venus und Merkur, so kriegen Sie da hinein höchstens eine Projektion der Venus- und Merkurbahn, aber keineswegs die Venus- und Merkurbahn selbst. Wenn Sie den dreidimensionalen Raum verwenden, um hineinzuzeichnen die Bahn von Jupiter, Saturn und Mars, so kommen Sie höchstens noch an eine Grenze; da kriegen Sie so etwas wie eine Bahn der Sonne. Wollen Sie aber jetzt das andere zeichnen, was da noch kommt, dann können Sie das nicht mehr in den dreidimensionalen Raum hineinzeichnen, sondern Sie können nur Schattenbilder für diese anderen Bewegungen in den dreidimensionalen Raum hineinkriegen. Sie können nicht in denselben Raum hineinzeichnen die Bahn der Venus und die Bahn des Saturn. Daraus ersehen Sie, daß alles Zeichnen des Sonnensystems, indem man sich dabei desselben Raumes bedient für den Saturn wie für die Venus, daß das alles nur Annäherungen sind, daß es gar nicht geht, ein Sonnensystem zu zeichnen. Das geht ebensowenig, wie Sie einen Menschen seiner Gesamtwesenheit nach aus den bloß natürlichen Kräften erklären können. Und jetzt werden Sie einsehen, warum kein Sonnensystem genügt. Leicht konnte ein Gar-nicht-Astronom wie Johannes Schlaf den Leuten, die ganz feste Astronomen sind, die Unmöglichkeit ihres Sonnensystems zeigen an sehr einfachen Tatsachen, indem er einfach zum Beispiel darauf hinwies, daß wenn die Sonne und die Erde sich so verhielten, daß die Erde herumginge um die Sonne, müßten sich Sonnenfiecken nicht so zeigen, wie sie sich eben zeigen, denn einmal ist man hinten und dann ist man vorn und dann geht man herum. Das ist aber alles nicht der Fall. Es stimmt nichts von dem, was in einen Raum von den gewöhnlichen drei abstrakten Dimensionen von unserem Sonnensystem hineingezeichnet wird. Man muß sich durchaus klar sein, daß man, ebenso wie beim Menschen, sich sagen muß: Will man den Menschen als ganzen Menschen begreifen, so muß man von den physischen Kräften zu den übersinnlichen Kräften gehen. Ebenso muß man, will man ein Sonnensystem begreifen, über die drei Dimensionen hinausgehen in andere Dimensionalität hinein. Das heißt, man kann nicht ein gewöhnliches Sonnensystem zeichnen im dreidimensionalen Raum (Tafel 21,
Mitte). Alle diese Planiglobien und so weiter, die haben wir so aufzufassen, daß wir sagen: Da, wo in einem solchen Planiglobium der Saturn ist, da ist, wenn wir nach unserm gewöhnlichen schematischen Sonnensystem irgendwo Merkur haben, nicht der wirkliche Merkur, sondern sein Schatten, seine bloße Projektion.
Das sind solche Dinge, die erst wieder von der Geisteswissenschaft ans Tageslicht gebracht werden müssen. Nicht wahr, sie sind verschwunden. Ungefähr sechs, sieben Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung hat die Urweisheit begonnen zu verschwinden. Dann ist sie allmählich hinuntergegangen, bis sie durch die Philosophie ersetzt worden ist von der Mitte des 15. Jahrhunderts ab. Aber Menschen wie zum Beispiel Pythagoras haben aus der alten Urweisheit noch so viel gewußt, daß sie zum Beispiel sagen konnten, oder wenigstens Zeitgenossen des Pythagoras sagen konnten: Ja, wir wohnen auf der Erde, wir gehören durch diese Erde einem Weltsystem an, dem Saturn und Jupiter angehören; aber wenn wir in dieser Dimensionalität drinnenbleiben, dann finden wir da drinnen nicht ein ebensolches Zugehören zu Venus und Merkur. Und wenn wir zu Venus und Merkur gehören wollen, dann können wir nicht so unmittelbar dazugehören, wie wir zu Saturn und Jupiter gehören, sondern wenn unsere Erde in einem gemeinschaftlichen Raum ist mit Saturn und Jupiter (Tafel 20, Mitte unten), so gibt es eine Gegenerde, die ist dann in dem anderen gemeinschaftlichen Raum mit Merkur und Venus. - Daher sprechen diese alten Astronomen von der Erde und der Gegenerde. Selbstverständlich kommt nun der moderne Materialist und sagt: Gegenerde? Ich sehe nichts davon. -Fr gleicht dem, der einen Menschen abwiegt, dem er erst befohlen hat, nichts zu denken, und ihn dann abwiegt, wenn er ihm befohlen hat, einen besonders gescheiten Gedanken zu denken, und dann sagt: Ich habe gewogen, aber ich habe die Schwere der Gedanken nicht gefunden. - Nicht wahr, der Materialismus lehnt alles ab, was nicht schwer ist oder was nicht gesehen werden kann. Aber es leuchten merkwürdige Dinge aus der Uiweisheit, aus der atavistischen Ur-weisheit der Menschen herauf, auf die wir wiederum aus ganz innerem Schauen, aus innerem Anschauen aus der Geisteswissenschaft
kommen. Und dieses Sich-wieder-Durcharbeiten zu einem absolut Neuen, das aber eigentlich auf der Erde schon einmal da war, jetzt nur errungen werden soll aus dem vollen Bewußtsein der Menschen heraus, das ist eben etwas, was dieser Menschheit jetzt dringend notwendig ist aus dem Grunde, weil die Menschen sonst ja die ganze Möglichkeit ihres Denkens verlieren.
Ich habe Sie doch gestern darauf aufmerksam gemacht, daß für das soziale Denken die Menschen Mono-Metallismus anstreben wegen des Freihandels, und - der Schutzzoll kommt. Aus dem, was angestrebt wird auf Grundlage des Denkens, das die Menschheit heute hat, wird auf der Erde niemals eine wirkliche soziale Ordnung entstehen - einzig und allein aus jenem Denken heraus, das geschult ist an solcher Wissenschaft, die nicht Planiglobien zeichnet, in denen Saturn und Venus in demselben Raume sind. Denn dieses anthroposophische Anschauen der Welt bedeutet nicht nur, daß wir uns etwas vorhalten, sondern es bedeutet auch, daß wir in einer gewissen Weise denken lernen. Was ist es denn nun eigentlich, wenn wir so denken lernen, wie wir heute denken lernen? Nun, erinnern Sie sich, was ich gesagt habe. Indem unsere Leibesorganisation zur nächsten Inkarnation metamorphosisch sich umbildet, da macht sie nicht nur eine Umwandelung durch, sondern eine Umstülpung. So, wie wenn ich den Handschuh der linken Hand zur rechten Hand richtig umstülpe, daß das Innere nach außen kommt, so geht dasjenige, was jetzt nach innen geht, Leber, Herz, Niere und so weiter, in der nächsten Inkarnation nach außen, wird die Sinnesorganisation, wird Auge, wird Ohr und so weiter. Es stülpt sich um. Dieses Umstülpen im Menschen entspricht diesem anderen Umstülpen: Saturn auf der einen Seite, dann ganz draußen aus diesem Raume Venus und Merkur. Ein Umstülpen in sich selber. Beachten wir es nicht, was tun wir denn dann? Wir tun ganz dasselbe, als wenn wir das Umstülpen beim menschlichen Haupt nicht beachten. Wenn wir die Welt gar nicht betrachten unter diesem Umstülpegesetz, tun wir etwas sehr Eigentümliches. Wir denken nämlich dann gar nicht mit unserem Kopfe. Und das ist dasjenige, wohin der fünfte nachatlantische Zeitraum, insofern er sich abwärts bewegt, und nicht durch Geisteswissenschaft
wiederum einen Aufstieg sucht, wohin dieser fünfte nachatlantische Zeitraum tendiert. Die Menschen möchten ihren Kopf loskriegen und bloß mit dem übrigen Organismus denken. Abstraktion ist das Denken mit dem übrigen Organismus. Den Kopf möchten sie loskriegen. Sie möchten keinen Anspruch machen auf dasjenige, was ihnen aus der vorigen Inkarnation sich ergeben hat. Sie möchten nur mit der gegenwärtigen Inkarnation rechnen. Nicht nur theoretisch möchten die Menschen die aufeinanderfolgenden Erdenleben leugnen, sondern sie tragen ihren Kopf, wenn ich so sagen darf, mit äußerer Würde, weil sich der Herr auf ihren übrigen Organismus setzt, wie sich der Mensch in eine Kutsche setzt. Und sie nehmen den Kutschenbewohner nicht ernst. Sie tragen ihn mit sich herum, machen aber auf seine eigenen Fähigkeiten keine rechten Ansprüche. Sie machen auch praktisch keinen Gebrauch von den wiederholten Erdenleben.
Das ist die Tendenz, die sich im wesentlichen seit dem Beginn der fünften nachatlantischen Zeit entwickelt und der nur begegnet werden kann dadurch, daß in der Tat zur Geisteswissenschaft gegriffen wird. Geisteswissenschaft könnte man auch so definieren, daß man sagt, sie bringt den Menschen dazu, seinen Kopf wiederum ernst zu nehmen. Das ist eigentlich das Wesentliche der Geisteswissenschaft von einer gewissen Seite aus, daß der menschliche Kopf wiederum ernst genommen wird, daß er nicht wie eine bloße Beigabe zu dem übrigen Organismus genommen wird. Europa insbesondere möchte, indem es rasch der Barbarei entgegengeht, die Menschenköpfe loskriegen. Geisteswissenschaft muß schon diesen Schlaf stören. Sie muß appellieren an die Menschheit: Gebraucht eure Köpfe! Das kann man nicht anders, als indem man die wiederholten Erdenleben ernst nimmt.
Sie sehen, man kann nicht in der gewöhnlichen Weise über Geisteswissenschaft reden, wenn man diese Geisteswissenschaft ernst nimmt. Man muß sagen was ist. Und zu dem, was ist, gehört etwas, was den Leuten wie ein Wahnsinn erscheint; zu dem, was ist, gehört, daß die Menschen ihre Köpfe verleugnen. Sie entschließen sich nicht gern, die Menschen, das zu glauben. Sie sehen selbstverständlich
lieber solch eine Wahrheit als einen Wahnsinn an. Aber schließlich war es ja immer so. Es mußten die Dinge in die Menschheitsentwickelung so hereintreten, daß die Menschen von dem Neuen gewissermaßen überrascht werden. So müssen die Menschen natürlich auch überrascht werden von jener Notwendigkeit, daß ihnen betont wird, ihre Köpfe zu gebrauchen. Lenin und Trotzki sagen:
Macht ja keinen Gebrauch von euren Köpfen, geht nur aus von dem übrigen Organismus. Der ist Träger der Instinkte. - Da soll man bloß auf Instinkte rechnen. Sehen Sie, das ist die Praxis. Die Praxis ist ja: Nichts von dem, was aus dem menschlichen Haupte entspringt, soll eingehen in die moderne maixistische Theorie. Das sind sehr ernste Dinge, und immer wieder muß betont werden, wie ernst diese Dinge sind.
ZWÖLFTER VORTRAG Dornach, 8. Mai 1920
Sie erinnern sich, daß von sehr vielen Seiten gerade am meisten heruinkritisiert wird - ich habe die Einzelheiten darüber schon angeführt -, daß in Zusammenhang gebracht wird das Christus-Ereignis, die Erscheinung des Christus für die Erde, mit kosmischen Ereignissen, mit den Verhältnissen des Sonnenganges, mit dem Verhältnis der Sonne zur Erde und so weiter. Diese Angelegenheit ist nur zu begreifen, wenn man alle die Betrachtungen, die wir bisher versucht haben über die Bewegungen im Sternensystem anzustellen, noch etwas vertieft. Und dazu wollen wir heute einen Anlauf nehmen, denn Sie werden sehen, daß letztlich Astronomie überhaupt nicht ordentlich betrachtet werden kann, ohne einzugehen auf das ganze Wesen des Menschen. Ich habe das schon erwähnt, aber wir werden sehen, wie tief fundiert diese Behauptung ist im ganzen Wesen der Welt, und man versteht eigentlich weder von dem Wesen der Welt etwas noch von dem Wesen des Menschen etwas, wenn man die beiden voneinander so abgesondert betrachtet, wie das in der Gegenwart geschieht.
Sie werden eine auffällige Tatsache bemerken, die zusammenhängt mit dem eben Erwähnten. Diese auffällige Tatsache ist die, daß der eigentliche Materialismus, wenn er nur nicht gerade eingestanden ist, den Bekenntnissen, wie sie sich bis in die Gegenwart herausgebildet haben, lieber ist als eine Geisteswissenschaft. Das heißt, evangelische wie katholische Bekenntnisse sehen es lieber, wenn die äußere Welt in ihren verschiedenen Reichen im materialistischen Sinne betrachtet wird, als wenn darauf eingegangen wird, wie das Geistige in der Welt wirkt und wie sich das Geistige in den materiellen Erscheinungen darlebt. Sie brauchen ja nur, um das erhärtet zu sehen, einmal die naturwissenschaftlichen Abhandlungen derJesuiten zu nehmen - Sie werden sehen, daß diese naturwissenschaftlichen Abhandlungen der Jesuiten im allerstrengsten Sinne materialistisch gehalten sind, daß von jener Seite man durchaus einverstanden
ist mit einer materialistischen Auslegung der äußeren Welt, des Kosmos. Denn man will gerade dadurch eine gewisse Form des religiösen Bekenntnisses, die man herausgebildet hat seit dem Konstantinopeler Konzil 869, man will diese Form des Bekenntnisses dadurch schützen, daß man die äußere Wissenschaft auf dem Niveau des Materialismus erhält. Allerdings, es wird in einem gewissen Sinne in weitesten Kreisen über diese Sache eine Illusion verbreitet, indem man scheinbar den Materialismus auch auf dem wissenschaftlichen Gebiete bekämpft. Das ist aber nur scheinbar, denn es kommt gar nicht darauf an, ob man sagt, irgendwie sei Geist vorhanden, sondern darauf, ob man nicht diesen Geist geradezu leugnet, wenn man die materielle Welt selbst nicht geistig erklärt.
Sie wissen vielleicht, daß einer der Glanzpunkte der neueren äußeren Naturerklärung die Astrophysik ist, jene Lehre, welche darauf ausgeht, das Stoffliche der Sternenwelt ins Auge zu fassen, welche darauf ausgeht, die stoffliche Einheit der uns zugänglichen, sinnlich zugänglichen Welt der Betrachtung zu unterziehen. Nun ist einer der größten Astrophysiker der Pater Secchi, ein römischer Jesuit. Es ist eben durchaus kein Hindernis, auf dem Standpunkt der heutigen materialistischen Naturwissenschaft zu stehen und zu gleicher Zeit auf seiten dieser Nuance des religiösen Bekenntnisses. Es steht heute tatsächlich eine materialistische Betrachtung des Himmels näher den religiösen Bekenntnissen, namentlich nach deren Meinung, als der Geisteswissenschafter. Denn vor allen Dingen ist es diesen Religionsbekenntnissen darum zu tun, die Welt nicht aufzuklären über das Verhältnis des Geistigen zum Materiellen. Das Geistige soll Inhalt eines selbständigen Glaubensbekenntnisses sein, in das nicht hineingeredet wird von der wissenschaftlichen Betrachtung der Welt, und die wissenschaftliche Betrachtung der Welt soll materialistisch bleiben; denn in dem Augenblicke, wo sie aufhört materialistisch zu sein, muß sie hineinreden in dasjenige, was das Geistige betrifft, denn sie muß vom Geiste reden.
Nun bitte ich Sie, das, was ich eben gesagt habe, in dem vollsten Ernste zu nehmen, denn Sie werden sonst hinwegsehen über die bedeutsame Tatsache, daß gerade zum Beispiel die jesuitischen Naturforsch
er die extremsten Materialisten auf dem Gebiete der Naturforschung sind. Sie beweisen nicht nur fortwährend, daß man mit der Naturforschung nicht heran kann an das Geistige; sondern sie bemühen sich, das Geistige womöglich fernzuhalten von der Naturforschung. Das können Sie hineinverfolgen bis in die Ameisenforschungen des Pater Wasmann.
Nun bitte ich Sie, nachdem ich diese Vorbemerkung gemacht habe, an eine bedeutsame Tatsache sich zu erinnern, die scheinbar ganz abläuft in der Strömung der geistigen Welt, die uns aber doch, indem wir sie jetzt näher betrachten an dieser Stelle unserer Aus-führungen, eine Parallelerscheinung des geistigen Lebens mit dem Leben der äußeren Sternenwelt klarmachen wird. Sie wissen, wir gliedern ja die sogenannte nachatlantische Zeit in Kulturepochen. Wir sprechen davon, daß eine erste Kulturepoche da war, die alt-indische Kulturepoche, eine zweite, die urpersische, eine dritte, die chaldäisch-babylonisch-ägyptische, eine vierte, die griechisch-lateinische, eine fünfte, die mit der Mitte des 15. Jahrhunderts begonnen hat und in der wir jetzt drinnenleben. Auf sie wird eine sechste folgen und so fort. Sie wissen auch, daß wir ja oftmals ins Auge gefaßt haben, wie in dieser fortlaufenden Strömung der nach-atlantischen Zeit die vierte Kulturepoche ungefähr um das Jahr 747 vor Christi beginnt und schließt - ich sage approximativ immer um die Mitte des 15. Jahrhunderts -, aber genau schließt etwa im Jahre 1413 nach Christus (Tafel 22); das ist die vierte, und wir stehen jetzt in der fünften drinnen
Wenn wir so die Aufeinanderfolge der Kulturen betrachten - wir können den Inhalt dieser Kulturepochen schildern, wir brauchen uns ja nur an dasjenige zu erinnern, was in meiner «Geheimwissenschaft» als Schilderung dieser Kulturepochen steht -, können wir sagen: Die altindische Kulturepoche, sie war so und so geartet und so weiter. Wir schildern dann die griechisch-lateinische Kulturepoche, in die das Ereignis von Golgatha hineinfällt, aber wir schildern sie, indem wir sie angliedern an die vorhergehenden und brauchen gewissermaßen, wenn wir sie so angliedern an die vorhergehenden, das Ereignis von Golgatha zunächst gar nicht zu Hilfe zu ziehen. Wir
können die aufeinanderfolgenden Kulturepochen schildern in ihrem Grundcharakter und haben, wie Sie sehen, einen Zeitraum von 747 vor bis 1413 nach Christus, der verläuft so, daß nichts darauf hinweist, daß irgendwo hier ein bedeutsames Ereignis eintritt. Wir können ja das in der Geschichte sogar sehen. Bedenken Sie doch nur einmal, wie es war, als das Ereignis von Golgatha eintrat. Erinnern Sie sich, was Sie wissen aus der Zeit dieses Eintritts des Ereignisses von Golgatha über die Kulturen der am meisten vorgeschrittenen Völker der damaligen Zeit, über die Kultur der Griechen, über die Kultur der Römer, der Lateiner. Bedenken Sie, daß für diese Menschen zunächst das Ereignis von Golgatha eine unbekannte Sache war. In irgendeinem kleinen Winkel der Welt vollzog sich das Ereignis von Golgatha, und Spuren von der Wirksamkeit dieses Ereignisses von Golgatha erzählt der römische Schriftsteller Tacitus fast erst ein Jahrhundert danach. Es wurde also dieses Ereignis von Golgatha sozusagen von den Zeitgenossen, gerade den gebildersten Zeitgenossen, nicht eigentlich bemerkt.
So auch drückt sich schon einfach im geschichtlichen Strom des Werdens aus, wie im regelmäßig fortlaufenden Gang des Menschenwerdens, von der ersten, zweiten, dritten Kulturepoche in die vierte hinein, keine unmittelbare Notwendigkeit liegt, daß dieses Ereignis von Golgatha eintritt. Das ist etwas, auf das man mit aller Aufmerksamkeit hinschauen sollte. Und wirklich, 747 Jahre nach dem Beginn der vierten nachatlantischen Kulturperiode tritt dieses Ereignis von Golgatha ein. Und wir sprechen davon, indem wir versuchen, dieses Ereignis von Golgatha zu verstehen, wir sprechen davon, daß dieses Ereignis von Golgatha dem Erdenleben den eigentlichen Sinn gibt, wir sprechen davon, daß das Erdenleben diesen Sinn nicht hätte, wenn die Entwickelung einfach so fortginge, aufhauend sich auf all dasjenige, was aus der ersten, zweiten, dritten nachatlantischen Kulturepoche kommt. Es ist wie ein Einschlag, der hereinfällt aus fremden Welten, was mit diesem Ereignis von Golgatha kommt. Das ist etwas, was nicht genügend berücksichtigt wird. In der neueren Zeit haben einzelne Historiker versucht, auf diese Tatsache hinzuweisen - ich habe auch davon schon Erwähnung getan. Aber sie haben nicht
vermocht, mit dieser Tatsache etwas anzufangen. Im Grunde erzählen doch die Geschichtsschreiber alle so, daß sie aus der eigentlichen Geschichte das Ereignis von Golgatha weglassen. Sie schildern höchstens in den aufeinanderfolgenden nachchristlichen Jahrhunderten die Wirkungen des Christentums. Aber den eigentlichen Einschlag des Mysteriums von Golgatha schildern sie nicht innerhalb des gewöhnlichen Verlaufes der Geschichte. Es würde auch tatsächlich schwer werden, ihn zu schildern, wenn man die gewöhnliche Geschichtsmethode beibehält.
Es hat zwar merkwürdige Leute gegeben, die kurioserweise eben sogar Pastoren waren, die versucht haben, kausal das Ereignis von Golgatha zu erklären. Ein solcher sonderbarer Mensch ist zum Beispiel der Pastor Ka/thoff aber es gibt auch viele andere. Dieser Pastor Kalthoff hat den Versuch gemacht, aus dem Bewußtsein und aus den Wirtschaftszuständen heraus, die in der Welt waren in den letzten Jahrhunderten vor der Entstehung des Christentums, dieses Christentum zu erklären. Aber was ist aus dieser Erklärung eigentlich geworden? Eigentlich ist aus dieser Erklärung das geworden, daß er sagte: Ja, Menschen haben da gelebt in gewissen wirtschaftlichen Verhältnissen, und da ging ihnen die Idee auf von dem Christus, der Traum gleichsam von dem Christus, die Ideologie von dem Christus, und dadurch ist die Christologie entstanden. Es ist also eigentlich nur entstanden als Idee in den Menschen. Und solche Leute wie Paulus und einige andere, die haben dasjenige, was als Idee unter den Menschen entsranden ist, so geschildert, als wenn es einer Tatsache in einem enrlegenen Winkel der Welt entspräche. - Eine solche Erklärung des Chrisrentums heißt ein Hinwegdekretieren des Christentums. Und es ist immerhin eine bemerkenswerte Erscheinung des 19. Jahrhunderts, Beginn des 20. Jahrhunderts, daß sich christliche Pastoren bereits die Aufgabe gestellt haben, das Christentum da-durch zu retten, daß sie den Christus wegdekretiert haben. Man schämte sich da förmlich, die Tatsachen der Entstehung des Christenrums zuzugeben. Man fand es daher gedeihlicher, das Aufkommen der Idee der Christologie eben als das einer bloßen Idee zu erklären. Wir sind ja immerhin heute gerade auf diesem Gebiete
in alle möglichen Strömungen hineingeraten, und dasjenige, was wissenschaftliches Spezialistentum ist, hat sich ja reichlich auch auf diesem Gebiete bemerkbar gemacht. Denn sehen Sie, es ist zum Beispiel heraufgekommen die materialistische Kulturströmung, die dann ihren Höhepunkt im Marxismus erlangt hat. Kalthoff ist so eine Art marxistischer Pastor, der so nach Art eines frömmeren Marxismus die Christologie zu erklären versuchte. Andere haben ihr anderes spezielles Steckenpferd dazu benützt, um die Erscheinung des Christentums zu erklären. Warum sollte denn nicht jeder seinen Spezialfall benützen, um die Erscheinung des Christentums bezie-hungsweise des Christus Jesus zu erklären? Ein Mann, der Psychiater war oder ist, hat nun die Psychiatrie dazu genommen und hat einfach erklärt, aus welcher Art psychiatrischem Zustande heraus der Christus Jesus hat in seiner Zeit in dieser mächtigen Weise auftreten können; wie man es erklären kann aus abnormem Bewußtsein vom gegenwärtigen psychiatrischen Standpunkte. Die Sache ist sogar nicht einmal vereinzelt geblieben, sondern es ist von anderen auch versucht worden, einfach jene besondere Art des Irrsinns, der in die Welt gekommen ist durch das Christentum, vom Standpunkte der gegenwärtigen Psychiatrie zu erklären.
Ja, alles das sind eben Zeiterscheinungen, die nicht verschlafen werden dürfen. Denn wenn man auf solche Erscheinungen eben nicht hinschauen will, so sieht man nicht, was eigentlich in der Gegenwart vorgeht, denn sie sind Symptome für das ganze Leben der Gegenwart. Man muß sich also darüber klar sein, daß tatsächlich dasjenige, was der Erde Sinn gibt, wie ein Einschlag einer anderen Welt in diese Erde hineinfällt. Und wir müßten eigentlich sagen, wir müßten unterscheiden zwei Strömungen im Menschenwerden, die zwar heute miteinander gehen, die aber sich erst gefunden haben im Beginne unserer Zeitrechnung. Es ist erst dasjenige, was man zu nennen hat die christliche Strömung, hinzugekommen zu dem, was eine fortlaufende Strömung aus alten Zeiten war. Die Naturwissenschaft zum Beispiel, die hat noch nicht das Ereignis von Golgatha in sich aufgenommen, die arbeitet noch fort mit der fortlaufenden Strömung, als wenn das Ereignis von Golgatha nicht dagewesen
wäre. Und die Geisteswissenschaft muß eben gerade bemüht sein, diese beiden Dinge im Einklange miteinander darzustellen: naturwissenschaftliche Betrachtung und Christologie. Denn wo hätte die Christologie einen Platz, wenn man Kant-Laplacesche Theorie treibt, wenn man also zurückgeht auf einen Urne bei und aus diesem Urnebel sich einfach alles herausbilden läßt. Wo hätte schließlich die Christologie eine wirkliche Welt bedeutung für die Menschen auf der Erde, wenn man den Sternenhimmel so betrachten würde, wie der Pater Secchi? Da kann man sagen: Wir betrachten den Sternenhimmel materialistisch, wir betrachten ihn so, wie wenn ein Ereignis von Golgatha überhaupt nicht herausgeboren worden wäre aus diesem Sternenhimmel. Und dann ist das der beste Grund und Boden, um alles dasjenige, was über das Ereignis von Golgatha gesagt werden soll, anderen Mächten zu überlassen. Wenn man nämlich aus der Welterkenntnis nichts herausentwickeln darf über das Ereignis von Golgatha, dann muß eine andere Instanz aufgestellt werden, die den Menschen sagt, was sie über das Ereignis von Golgarha zu denken haben. Und da liegt dann nahe, daß man diese Instanz selbst ist, das heißt, daß Rom die betreffende Instanz ist. Alle diese Dinge sind so konsequent und in einem gewissen Stil sogar groß gedacht, daß es eigentlich nicht erlaubt ist, sich über diese Dinge irgendwelchen Illusionen hinzugeben in der heutigen, so schicksals-schweren Zeit.
Und diese 747 Jahre fallen da hinein in die Weltentwickelung wie ein Zeitraum, der tief bedeutsam spricht (Tafel 22; rot; ebenso die beiden gleichen Zeitspannen links und rechts und Kreis und Vertikale zu Christi Geburt). Sie sagen uns alles dasjenige, was zusammenhängt mit der alten Weltentwickelung, haben das so vor sich, daß es die alten Zeiträume berücksichtigt. Der neue Anfang, der beginnt nach diesem Zeitabschnitte, 747 Jahre nach der Gründung Roms, die ja in Wahrheit 747 war, nicht nach dem Zeitpunkt, der in den gewöhnlichen Geschichtsbüchetn angegeben wird.
Da haben wir also einen neuen Anfang. Und wir müßten, wenn wir nun zurückgehen und die Zeiträume nehmen, überall zu den richtig angegebenen Zeitpunkten solche entsprechenden hinzufügen.
Eine ganz neue Einteilung der fortlaufenden Zeit wird bewirkt dadurch, daß das Ereignis von Golgatha in diesen Zeitpunkt hinein-fällt, wie von außen hineingesetzt in die Menschheitsentwickelung. Wir müssen uns klar sein, diese zwei Strömungen sind vorhanden in der Weltentwickelung, insofern in diese Weltentwickelung der Mensch eingespannt ist. Halten wir das fest, und sehen wir uns jetzt etwas anderes an.
Sie wissen, der Mond bewegt sich - wir können ja die Perspektive, möchte ich sagen, der gewöhnlichen Astronomie beibehalten -um die Erde herum. In Wirklichkeit tut er das nicht so, wie man das gewöhnlich beschreibt. Auch er beschreibt ja eine Lemniskate. Aber wir wollen jetzt davon absehen. Der Mond bewegt sich um die Erde herum. Zu gleicher Zeit, während er sich um die Erde herumbewegt, dreht er sich um sich selbst. Ich habe das schon angeführt. Er ist ein höflicher Herr, er wendet uns immer dieselbe Seite zu. Seine Rückseite ist immer von der Erde abgewendet - nicht ganz genau, man kann eigentlich nur sagen, daß im wesentlichen die eine Seite des Mondes immer der Erde zugewendet ist. Ein 7teI nämlich des Mondes, das geht allerdings an den Rändern herum (Tafel 23, oben; die Sichel rot); so daß man sagen kann: Es ist eigentlich so, daß nicht ganz immer diese vordere Seite der Erde zugewendet ist, sondern nach einiger Zeit ist von dem Rückwärtigen ein Siebtel heraufgekommen und dafür ein Siebtel hinübergegangen. Das gleicht sich dann wiederum aus durch die weiteren Bewegungen. Nicht geht das Siebtel etwa ganz da hinüber, sondern es geht wieder zurück, und der Mond wackelt so im Grunde genommen, indem er sich so um die Erde herumbewegt. Nun ist das aber etwas, was wir hier nur erwähnen wollen, denn in jeder elementaren Astronomie können Sie das Genauere darüber nachsehen.
Wenn man sich an einen Ort des Weltenraumes versetzen würde, der nach denjenigen Berechnungen, die die Astronomie anstellt, ein weit abliegender Stern wäre, so würde diese einmalige Herumdrehung des Mondes um seine Achse etwas mehr als 27 Tage beanspruchen. Wenn Sie sich aber versetzen auf die Sonne, so sehen Sie dadurch, daß Sonne und Mond in einer nicht gleich vor sich gehenden
Bewegung sind, sondern mit verschiedener Geschwindigkeit zueinander sich bewegen, sehen Sie die Umdrehung von der Sonne aus tyicht so, wie von einem weiten Sterne aus, sondern von der Sonne aus sehen Sie es ungefähr in etwas mehr als 29 Tagen. So daß man sagen kann: der Sternentag des Mondes ist 27 Tage, der Sonnentag des Mondes ist 29 Tage.
Das hängt natürlich zusammen mit all den Übereinanderschiebungen, die überhaupt im Weltenall stattfinden. Sie wissen ja, die Sonne geht jeden Frühling in einem anderen Frühlingspunkte au{ und der Frühlingspunkt bewegt sich in 25 920 Jahren um die ganze Ekliptik, um den ganzen Tierkreis herum. Diese gegenseitigen Bewegungen bewirken, daß der Sternentag des Mondes wesentlich kürzer ist als der Sonnentag des Mondes.
Nun, sehen Sie, wenn Sie das ins Auge fassen, so werden Sie sich sagen können, auch da ist ein merkwürdiger Unterschied. Jedesmal, wenn wir die Beobachtung machen von einem Vollmond zum anderen, bemerken wir einen Unterschied in bezug auf die Art und Weise, wie sich Mond und Sonne repräsentieren, von fast zwei Tagen. Das weist aber in Wirklichkeit darauf hin, daß wir es auch da mit zwei Bewegungen im Weltenall zu tun haben, die zwar miteinander gehen, die aber nicht auf den gleichen Ursprung zurückweisen. Und es kann verglichen werden dasjenige, was ich jetzt kosmisch auseinandergesetzt habe, mit dem, was ich vorher moralisch-geistig auseinandergesetzt habe. Es gibt eine Zwischenzeit zwischen denjenigen Anfängen, die die einzelnen Kulturepochen haben, der einen Strömung gemäß, und denjenigen Anfängen, die gewissermaßen auf das Christus-Ereignis hin orientiert sind. Es gibt immer die Notwendigkeit, wenn Vollmond eingetreten ist in bezug auf die Sternenzeit, dann zu warten, wenn man die Sonnenzeit abwarten will. Das dauert länger. Da ist wiederum eine Zwischenzeit vorhanden. Da haben Sie im Kosmos draußen zwei Strömungen, eine Bewegungsstromung, an der die Sonne teilnimmt, eine Bewegungsströmung, an der der Mond teilnimmt, die gerade so sind, daß man sagen kann:
Wenn wir ausgehen von der Mondenströmung, so ist die Sonnen-Strömung etwas, was in diese Mondenströmung wie ein äußerer
Einschlag hineinfällt, geradeso, wie das Christus-Ereignis in die fortlaufende Kulturströmung hineinfällt wie aus einer fremden Welt. Für die Mondenwelt ist die Sonnenwelt eine fremde Welt. Für die heidnische Welt ist die Christus-Welt eine fremde Welt, von einem gewissen Gesichtspunkte aus.
Nun betrachten wir dieselbe Sache noch von einem dritten Gesichtspunkte aus. Das können wir nämlich. Wenn Sie den Versuch machen, einmal genau sich zu erinnern, wie das Gedächtnis des Menschen eigentlich wirkt, namentlich wenn Sie einschließen in diese Rückerinnerung Ihre Träume, dann werden Sie finden, daß zum Beispiel in die Träume im wesentlichen dasjenige hineinspielt, was eigentlich kurz vorher verlaufen ist, nicht in den inneren Gang des Träumens, aber in die Bilderwelt des Traumes spielt hinein, was in der letzten Zeit verlaufen ist. Mißverstehen Sie mich nicht. Es kann natürlich Ihnen etwas träumen, was vor vielen Jahren an Sie herangetreten ist; aber es wird Ihnen nicht träumen dasjenige, was vor vielen Jahren an Sie herangetreten ist, wenn nicht in den allerletzten Tagen etwas eingetreten ist, was in irgendeiner Gedanken- oder Empfindungsbeziehung zu dem ist, was vorJahren da war. Die ganze Natur des Träumens hat etwas zu tun mit demjenigen, was unmittelbar in den letzten Tagen verlaufen ist. Beobachtung darüber setzt natürlich voraus, daß man sich eben einläßt auf solche Feinheiten des menschlichen Lebens. Wenn man sich einläßt, so liefert die Beobachtung so exakte Ergebnisse, wie nur irgendeine exakte Naturwissenschaft liefern kann.
Woher rührt denn das? Das rührt davon her, daß eine gewisse Zeit gebraucht wird, damit dasjenige, was wir seelisch erleben, damit das sich eindrückt aus dem astralischen Leib heraus in unsern Äther-leib hinein. Ungefähr nach zweieinhalb bis drei Tagen, manchmal eben auch schon nach eineinhalb Tagen, nach zwei Tagen, aber nicht, ohne daß wir darüber geschlafen haben, drückt sich dasjenige, was wir erleben im Umgange mit der Welt, von unserem astralischen Leibe aus in unseren Ätherleib ein. Damit es dadrinnen befestigt sei, braucht es immer eine Zeit. Und wenn wir mit dieser Tatsache die andere vergleichen, daß wir im gewöhnlichen Leben wechselweise
trennen physischen Leib und Ätherleib - astralischen Leib und Ich im Schlafen und im Wachen wieder zusammenfügen, so müssen wir uns sagen, es ist ein gewisser loserer Zusammenhang zwischen physischem Leib und Ätherleib auf der einen Seite und Ich und astrali-schem Leib auf der anderen Seite. Ätherleib und physischer Leib bleiben zwischen Geburt und Tod immer beisammen, Ich und astralischer Leib bleiben auch beisammen. Aber astralischer Leib und Ätherleib bleiben nicht beisammen. Die gehen jede Nacht auseinander. Da ist ein loserer Zusammenhang zwischen Astralleib und Ätherleib als zwischen Ätherleib und physischem Leib. Dieser losere Zusammenhang, der drückt sich dadurch aus, daß erst gewissermaßen ein Auseinandersein da gewesen sein muß zwischen dem astralischen Leib und dem Ätherleib, bis das, was wir erleben durch unseren astralischen Leib, sich eindrückt in den Ätherleib. Und wir können sagen, wenn irgendein Ereignis auf uns wirkt, wirkt es ja im wachen Zustand auf uns. Bedenken Sie doch nur, wenn Sie einem Ereignisse bei tagwachendem Zustand gegenüberstehen, so wirkt das Ereignis auf Ihren physischen Leib, Ätherleib, astralischen Leib und auf Ihr Ich. Nun ist aber dennoch ein Unterschied in bezug auf die Aufnahme. Der astralische Leib, der nimmt die Sache sofort auf. Der Ätherleib braucht eine gewisse Zeit, um die Sache so in sich befestigen zu lassen, daß nun ein voller Einklang ist zwischen dem Ätherleib und dem astralischen Leib. Weist Sie denn das nicht klar und deutlich daraufhin, daß, trotzdem Sie mit allen Ihren vier Gliedern der menschlichen Wesenheit dem Ereignis gegenüberstehen, daß da zwei Strömungen sind, die in ihrem Verhältnis zur Außen-welt nicht gleich laufen, von denen die eine Strömung länger braucht als die andere? Da haben Sie dasselbe, was Sie haben in der Geschichte, was Sie haben im Kosmos, Mond und Sonne, Heiden-tum und Christentum, da haben Sie dasselbe: Ätherizität, Astrali-zität - den Unterschied um einen Zeitraum. Es geht also bis in unser gewöhnliches Leben hinein dieses Durcheinanderwirken von zwei Strömungen, die zusammenkommen, die gemeinsame Resultate liefern für das Leben, die aber nicht einfach so gefaßt werden dürfen, daß man die Ursachen und Wirkungen der einen Strömung übereinanderfallen
läßt mit den Ursachen und Wirkungen der anderen Strömung.
Sehen Sie, das sind Dinge, die von fundamentaler Bedeutung für Weltbetrachtung und Lebensbetrachtung sind, ohne die man überhaupt nicht auskommt, wenn man die Welt verstehen will. Und es sind zu gleicher Zeit Tatsachen, auf die heute überhaupt nirgends hingewiesen wird, die ganz übersehen werden. Und was zeigen denn diese Tatsachen? Sie zeigen, daß eine gewisse Harmonie besteht zwischen dem kosmischen Leben, dem geschichtlichen Leben und dem Leben des einzelnen Menschen, aber keine so konstruierte, wie es gewöhnlich angegeben wird heute, wo man alles nach dem materialistischen biogenetischen Grundgesetz frisieren möchte. Daraus folgt, daß wir nicht eine einzige Astronomie haben dürfen, sondern daß wir brauchen verschiedene Astronomien: eine Mondenastronomie und eine Sonnenastronomie. Sehen Sie, wenn Sie zwei Uhren haben (Tafel 23, unten), wovon die eine immer etwas zurückgeht gegenüber der anderen, wird die andere immer vor sein, die eine immer zurück; aber Sie werden nie annehmen können, daß, was auf der einen Uhr geschieht, seine Ursache hat auf der anderen Uhr. Das können Sie nicht, wenn auch eine gewisse Gesetzmäßigkeit besteht, selbstverständlich, indem die eine Uhr immer um dasselbe Stück zurück ist. Aber die beiden haben gar nichts miteinander zu tun, sie wirken nur dann zusammen, wenn ich sie zusammen an-schaue. Ebensowenig hat die Sonnenastronomie mir der Mondenastronomie zu tun. Nur wirken die beiden gemeinsam in unserem Weltenall.
Das ist das Wichtige, sehen Sie, daß man das ins Auge faßt. Und wie man unterscheiden muß zwischen der Sonnenastronomie und der Mondenastronomie, beziehungsweise der Regelung der Bewegung der Sonne und der Bewegung des Mondes, so muß man in der Geschichte unterscheiden zwischen dem, was in uns sich vollzieht dadurch, daß die Bewegung so vor sich geht, wie wir es in den Kulturperioden angeben, und was in uns geschieht dadurch, daß wir angeben jene Zeitepochen, die ihren Mittelpunkt haben in dem Ereignis von Golgatha. Diese zwei Dinge wirken zunächst in der Welt
zusammen. Aber wir müssen sie, wenn wir ihnen beikommen wollen, voneinander unterscheiden. Wir sehen das Vorbild für das Geschichtliche im Kosmischen, und wir sehen den letzten Ausdruck - ich sage nicht die Wirkung - derselben universellen Tatsache in unserem eigenen Leben in den zwei bis drei Tagen, die verfließen müssen, bis sich die Gedanken so weit befestigt haben, daß sie nicht mehr so weit heroben sind in unserem astralischen Leibe, um ohne weiteres als Traum erscheinen zu können, sondern daß sie in unserem Ätherleib unten sind und heraufgeholt werden müssen durch die aktive Erinnerung oder durch irgend etwas, was anklingt an sie. In uns also geht die eine Strömung in die andere Strömung hinein. So wie wir uns vorzustellen haben, daß eine Mondenströmung da ist, welche gewissermaßen selbständige Bewegungsstruktuten erzeugt und daneben die Sonnenströmung, die wiederum selbständige Bewegungsstrukturen hat, so müssen wir uns vorstellen, daß wir mit unserer eigenen menschlichen Wesenheit näher zusammenhängen durch unseren physischen Leib und Ätherleib mit irgend erwas Außermenschlichem, und auf der anderen Seite näher zusammenhängen mit erwas anderem Außermenschlichen durch unsern astralischen Leib und unser Ich.
Über diese Dinge breitet einen Schleier von Veifinsterung die gegenwartige Betrachtung, die alles durcheinanderwirft; welche einen Weltennebel annimmt und diesen Weltennebel sich ballen läßt. Da gehen hervor Sonnen, Planeten, Monde. Aber so ist es nicht. Sonnen und Monde gehen nicht aus denselben Ursprüngen hervor, sondern das sind zwei nebeneinander laufende Strömungen. Und ebensowenig kann man denselben Ursprung finden bei dem, was im Menschen Ich und astralischer Leib ist, und physischer und Äther-leib ist. Das sind zwei verschiedene Strömungen. Und wenn Sie meine «Geheimwissenschaft» lesen, so werden Sie sehen, wie Sie diese zwei verschiedenen Strömungen verfolgen müssen zurück bis zur Sonnenzeit. Dann allerdings, wenn es von der Sonne zurück auf den Saturn geht, dann ist eine gewisse Art von Einheit vorhanden. Aber die ist ja nun wirklich sehr weit zurückliegend. Aber von da ab - Sie wissen - mußte ich so schildern, daß eigentlich fortwährend
die Tendenz vorhanden ist, daß zwei Strömungen nebeneinander laufen.
Ich habe Ihnen heute nur schildern wollen, wie es notwendig ist, ein Licht zu werfen auf die Parallelismen zwischen dem Welten-dasein, dem geschichtlichen Dasein und dem menschlichen Dasein, um überhaupt ein Urteil darüber zu bekommen, wie man sich zu stellen hat zu den Weltenbewegungen. Sie haben gesehen, daß, wenn man sich richtig stellt, nicht eine Astronomie folgt, sondern zwei Astronomien folgen, eine Sonnen- und eine Mondenastronomie. Und ebenso folgt ein Menschenwerden heidnischer Natur -die Natürwissenschaft ist noch heidnisch - und ein Menschenwerden christlicher Natur. Und in unserer Zeit haben viele Menschen die Tendenz, diese beiden Strömungen, die nun wahrhaftig auf der Erde sich zusammen getroffen haben, um zusammen zu wirken, nicht zusammenkommen zu lassen.
Sehen Sie einmal, wie der ganze Sinn - das andere ist ja ohnedies Unsinn -, wie der ganze Sinn einer solchen Broschüre wie der Traubschen darinnen besteht, daß eigentlich gesagt wird: Ja, der Steiner möchte, daß die beiden Strömungen, die heidnische und die christliche, zusammenkommen. Wir wollen das nicht zulassen, wir wollen, daß die Naturwissenschaft immer heidnisch bleibt, damit wir nicht nötig haben, am Christentum irgend etwas geschehen zu lassen, was dieses Christentum zusammenbringt mit der Naturwissenschaft. - Selbstverständlich, wenn man die Naturwissenschaft heidnisch läßt, kann das Christentum nicht zusammenkommen mit der Naturwissenschaft. Dann kann man sagen: Naturwissenschaft wird betrieben äußerlich materialistisch, Christentum gründet sich auf den Glauben. Die beiden dürfen nicht zusammengebracht werden. - Aber der Christus ist wahrhaftig nicht in der Welt erschienen dazu, daß neben seinen Impulsen die heidnischen Impulse immer mächtiger und mächtiger werden, sondern er ist erschienen, um die heidnischen Impulse zu durchdringen. Und die Aufgabe der gegenwärtigen Zeit ist, dasjenige, was man auseinanderhalten möchte als Wissen und Glaube, miteinander zu vereinigen. Und das muß geschehen. Daher muß auch auf solche Dinge aufmerksam gemacht
werden, wie ich es ja in einem der öffentlichen Vorträge in diesen Tagen getan habe. Auf der einen Seite ist das Bekenntnis angekommen dabei, nicht zuzulassen, daß man in die Christologie Kosmologie hineinbringt; auf der anderen Seite ist die Kosmologie angelangt bei dem Prinzip der Unzerstörbarkeit des Stoffes und der Kraft. Wenn man den Stoff und die Kraft als unzerstörbar und ewig ansieht, dann ist damit verknüpft das Zu-Boden-Treten aller Ideale. Dann ist aber auch das Christentum ohne Sinn. Einzig und allein, wenn dasjenige, was jetzt Stoff und Stoffesgesetze sind, eine vorübergehende Erscheinung ist, und in dem, was wir jetzt erleben im Zusammenhange mit der Christologie, mir dem Christus-Impuls, ein Keim ist für das, was bestehen wird, wenn der Stoff und die Kraft, wie sie jetzt gesetzmäßig walten, nicht mehr bestehen, sondern gestorben sein werden, einzig und allein dann haben Christentum und sittliches Ideal, hat Menschenwert einen wahren Sinn. Es gibt zwei große Gegensätze. Der eine stammt aus der letzten Konsequenz des Heidentums und heißt: Der Stoff und die Kraft sind unvergänglich; der andere stammt aus dem Christentum und heißt:
Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
Das sind die beiden größten Gegensätze, die in der Weltanschauung ausgesprochen werden können. Und unsere Zeit hätte alle Veranlassung, nicht sich konfus hinwegzusetzen über solche Dinge, sondern ernsthaftig mit wacher Seele hinzuschauen, was als Weltanschauung errungen werden muß, damit nicht über der Illusion des unzerstörbaren Stoffes und der unzerstörbaren Kraft verloren gehen sittlicher Menschenwert und christlicher Impuls in der Weltentwickelung. Davon morgen weiter.
DREIZEHNTER VORTRAG Dornach, 9. Mai 1920
Wir haben nun die verschiedensten Dinge zusammengetragen, welche dazu führen können, eine Empfindung zu bekommen von dem Bau des Weltenalls in seinen Verhältnissen zum Menschen. Wir haben gesehen - und darauf muß ja immer wieder aufmerksam gemacht werden -, daß das Weltenall ohne den Menschen nicht begriffen werden kann; das heißt also, daß ein Begreifen des Weltenalls an sich, ohne daß man den Menschen dazurechnet und das Verhältnis des Weltenalls zum Menschen ins Auge faßt, nicht möglich ist. Wenn Sie sich, ich möchte sagen, in einer ganz populären Weise eine Vorstellung darüber bilden wollen, wie der Mensch zusammenhängt mit dem Weltenall, dann brauchen Sie ja nur an dasjenige zu denken, was Gegenstand der elementarsten Astronomie ist, nämlich die sogenannte Schiefe der Ekliptik, das heißt die schiefe Stellung der Erdachse gegenüber der Linie, der Kurve, die sich durch den Tierkreis ziehen läßt. Diese Schiefe der Ekliptik, man mag sie auffassen, wie man will, man mag sie auch interpretieren, wie man will, bei solchen Interpretationen kommt es zunächst gar nicht darauf an, ob man mit dem, was man interpretiert, die Wirklichkeit trifft oder nicht, sondern darauf kommt es an, daß man sich dadurch etwas, sagen wir, nahebringen kann. Wenn auf der Ebene, die man durch die Tierkreis-Ekliptik legen kann, die Erdachse, das heißt diejenige Achse, um die man die täglichen Umdrehungen der Erde ausgeführt denken kann, senkrecht stünde, so wären über die ganze Erde hin fortwährend das ganze Jahr hindurch Nacht und Tag gleich. Läge die Erdachse in der Ekliptik drinnen, so wäre über die ganze Erde hin ein halbes Jahr Tag, ein halbes Jahr Nacht. Beide Extreme sind ja in einer gewissen Weise erfüllt am Äquator und an den Polen. Dazwischen aber liegen diejenigen Gebiete, welche verschieden lange Tage im Laufe des Jahres haben. Und Sie brauchen nur einmal ein wenig diese ganze Sache zu überdenken, so wird Ihnen sogleich bei-kommen, welche ungeheure Bedeutung für die ganze Kulturentwickelung
der Erde diese Stellung der Erdachse im Weltenraume hat. Denken Sie nur einmal, daß wir ja alle Eskimos wären über die ganze Erde hin, wenn die Erdachse in der Ekliptik läge, und denken Sie sich einmal, daß die ganze Erde erfüllt sein müßte genau von derjenigen Kultur, die am Äquator ist, wenn die Erdachse senkrecht stehen würde auf der Ekliptik.
Zum Verständnis der Wirklichkeit kommt es natürlich darauf an, wie man sich etwas interpretiert. Aber um sich nahezubringen, welch ein Zusammenhang zwischen dem Menschen, seiner Kultur und Zivilisation und dem Bau des Weltenalls ist, genügt ja jede Interpretation, und es zwingt einfach die Tatsache, mag sie nun welche immer sein, die hinter dieser Interpretation steht, diese Tatsache zwingt dazu, den Menschen und die Erde als etwas Einheitliches aufzufassen - nicht den Menschen, insofern er ein physisches Wesen ist, als etwas aufzufassen, was man nur für sich ansehen könne. Das kann man eben nicht. Der Mensch ist als physisches Wesen nicht eine Wirklichkeit für sich, sondern er ist ein physisches Wesen mit der ganzen Erde zusammen. Ebensowenig wie Sie eine Hand, die Sie abtrennen vom menschlichen Organismus, als irgend etwas Reales ansehen können - sie stirbt ab, sie ist nur denkbar im Zusammenhange mit dem Organismus -, ebensowenig wie Sie eine Rose, die gepflückt ist, als etwas Reales ansehen können - sie stirbt ab, sie ist nur denkbar im Verein mit dem ganzen in der Erde wurzelnden Rosenstock -, ebensowenig kann man auch den Menschen, wenn man ihn in seiner Ganzheit, Totalität beurteilen will, als bloß in den Grenzen seiner Haut eingeschlossen betrachten.
Man muß also dasjenige, was der Mensch auf der Erde erlebt, so im Zusammenhange betrachten mit der Erdachse, wie man in anderer Hinsicht eine gewisse Art von Intelligenz schon im Zusammen-hange betrachtet mit dem Gesichtskreis oder dem Gesichtswinkel des Menschen. Darauf kommt es ja an bei einer Weltanschauung, die auf Wirklichkeit ausgeht, daß nicht dasjenige, was nur Teil-wirklichkeit ist, als eine volle Wirklichkeit aufgefaßt werde. Und man kommt gerade dazu, jene Totalität, die der Mensch als Geist-Seelen-Wesen ist, in ihrer Wirklichkeit zu erfassen, wenn man den
Menschen als physisches Wesen nicht als in sich abgeschlossene Wirklichkeit betrachtet. Als Geist-Seelen-Wesen ist der Mensch eine Wirklichkeit, eine in sich abgeschlossene Wirklichkeit, eine wirkliche Individualität. Dasjenige aber, was er bewohnt zwischen Geburt und Tod - der physische und der Ätherleib -, das sind für sich keine Realitäten, das sind Glieder des Erdenganzen und, wie wir gleich sehen werden, sogar noch eines anderen Ganzen.
Sehen Sie, damit kommen wir dann auf etwas, was noch in genauerem Sinne beachtet werden muß. Ich muß immer wiederum auf eines hinweisen: Die Vorstellungen, die man sich über den Menschen macht, sie gehen, ich möchte sagen, unbewußt fast immer darauf hin, wenigstens nahezu, den Menschen als eine Art festen Körper zu betrachten. Gewiß, man ist sich ja bewußt, daß der Mensch nicht gerade ein harter Körper ist, daß er gewissermaßen ein bildsamer Körper ist; aber man wird sich gewöhnlich nicht bewußt, daß der Mensch ja bis zu mehr als 75 Prozent aus Flüssigkeit besteht und nur zu dem Reste eigentlich als ein Wesen, das MineralischFestes in sich enthält, aufgefaßt werden darf. Der Mensch ist zu 75 Prozent eigentlich ein Wasserwesen. Nun, geht es denn an, frage ich Sie, diesen menschlichen Organismus so zu schildern, wie man das gewöhnlich tut; in scharf konturierten Bildern zu sagen: da hat man diesen Lappen des Gehirns, da hat man das Organ und so weiter, und dann so zu tun, als ob diese fest umrissenen Organe in ihrer Betätigung zusammen bewirkten, was als die Betätigung des ganzen menschlichen Organismus zustande kommt? Das hat ja im Grunde genommen eigentlich gar keinen Sinn. Es handelt sich doch darum, daß wir auch ins Auge fassen, daß der Mensch innerhalb der Grenzen seiner Haut so etwas ist wie ein wogendes Wasser, daß also auch dasjenige eine Bedeutung hat, was bloß innerlich wogende Flüssigkeit ist, daß wir also nicht so schildern sollten, als ob der Mensch mehr oder weniger doch ein fester Körper wäre. Das hat geistes-wissenschaftlich betrachtet eine ganz tiefe Bedeutung. Denn gerade wenn wir auf das Feste sehen, das mit dem äußerlichen Mineralischen in einer gewissen Weise zusammenhängt, so hat dieses Feste im menschlichen Organismus eine gewisse Beziehung zur Erde.
Wir haben die verschiedensten Beziehungen des Menschen zur Umwelt konstatiert; wir wollen jetzt dasjenige konstatieren, was Beziehung seines Festen zur Erde ist. Diese Beziehung ist da. Aber was wässeriges Element im Menschen ist, das hat zunächst keine Beziehung des Menschen zur Erde, sondern das hat Beziehung des Menschen zum außerirdischen planetarischen Weltenall, vorzugsweise aber zum Monde. Geradeso wie der Mond, wenn auch nicht direkte, so indirekte Beziehungen hat zu dem Entstehen von Ebbe und Flut, also zu gewissen Konfigurationen des flüssigen Teiles der Erde, so hat der Mond auch seine Beziehungen zu dem, was im flüssigen Teile des menschlichen Organismus vor sich geht. Und wenn ich Ihnen gestern geschildert habe, daß wir auf der einen Seite eine gewisse Astronomie haben, die da gilt für die Sonne - sie gilt auch für die Erde -, so sind wir selbst in diese Astronomie als Organismus, der Festes in sich schließt, eingegliedert. Aber die Mondenastronomie ist eine andere. Und in diese Mondenastronomie sind wir so eingegliedert, daß sie mit dem flüssigen Bestandteil unseres Organismus zu tun hat. Sie sehen also, in unseren physisch-festen und in unseren physisch-flüssigen Leib wirken hinein die Kräfte des Kosmos.
Das hat aber noch eine viel größere Bedeutung, die darinnen besteht, daß zunächst auf unseren festen Menschen unmittelbar dasjenige einen Einfluß hat, was wir unser Ich nennen, daß aber aufunseren flüssigen Menschen einen unmittelbaren - unmittelbaren, sage ich - Einfluß hat dasjenige, was wir unsern Astralleib nennen, so daß also auch dasjenige, was vom Seelisch-Geistigen auf unsere Organisation wirkt, durch unsere Leiblichkeit in Beziehung kommt zu all dem, was die Kräfte und die Bewegungen des Kosmos sind. Diese Bewegungen des Kosmos sind von den verschiedensten Weltanschauungsgesichtspunkten aus immer Gegenstand der Beobachtung gewesen. Wenn wir hinschauen auf die persische, die urpersische Kultur - da gab es schon Untersuchungen über die Bewegungen im Weltenall; es gab solche bei den Ghaldäern, es gab auch solche bei den Ägyptern. Und es ist nicht uninteressant, gerade einmal - ich habe schon dergleichen erwähnt bei Betrachtungen, die
mit diesen zusammenhängen - hinzusehen auf die Art, wie sich die Ägypter zu den Bewegungen des Weltenalls verhalten haben. Die Ägypter haben ja namentlich Veranlassung gehabt, aus zunächst scheinbar ganz materiellen Gründen, den Zusammenhang der Erde mit dem außerirdischen Kosmos zu studieren. Denn ihr Land hing ab von den Überschwemmungen des Nil, und die traten ein, wenn die Sonne eine bestimmte Lage im Weltenall hatte. Und diese Lage der Sonne konnte nach der Sirius-Stellung bestimmt werden, so daß die Ägypter schon dazu gekommen waren, über die Stellung der Sonne zu den Sternen, die wir heute Fixsterne nennen, sich Vorstellungen zu machen. Namentlich waren in ägyptischen Priesterkolonien, in ägyptischen Priestermysterien ausgedehnte Untersuchungen betrieben worden über das Verhältnis der Sonne zu den anderen Sternen, zu den Sternen, die wir heute die fixen Sterne nennen. Das habe ich eben schon erwähnt, daß die Ägypter schon genau wußten, daß die Sonne mit jedem Jahre gegenüber den anderen Sternen am Himmel verschoben erscheint. So daß, wenn die Ägypter damit rechneten, daß die Sterne - ob scheinbar oder wirklich, ist uns gleichgültig - am Himmel herumgehen, so merkten sie, daß das Herumgehen der Sterne in Tagen eine gewisse Geschwindigkeit hat, das Herumgehen der Sonne auch eine gewisse Geschwindigkeit hat, aber keine ganz so große, wie das für die übrigen Sterne der Fall war. Die Sonne bleibt immer etwas zurück. Die Ägypter wußten und verzeichneten das, daß die Sonne in 72 Jahren um einen Tag zurückbleibt, daß also, wenn ein bestimmter Stern, mit dem zugleich die Sonne in einem bestimmten Jahre aufgegangen ist, nach 72 Jahren wiederum aufgeht, die Sonne mit ihm nicht zugleich aufgeht, sondern daß sie dann erst 24 Stunden später aufgeht. Der Stern, der der Fixsternwelt angehört, der ist in 72 Jahren der Sonne um einen Tag, um einen vollen Tag vorausgeeilt. Das ist der Weg, den die Sterne machen und den die Sonne macht (Tafel 24, oben). Aber die Sonne bleibt in 72 Jahren um einen Tag zurück. Wenn ich mit 360 multipliziere, so bekomme ich 25 920 Jahre. Das ist die Zahl, die uns öfter begegnet ist. Es ist die Zeit, welche die Sonne braucht, um durch ihr Zurückbleiben dahin zu kommen, daß sie wiederum zum
Ausgangspunkt kommt, daß sie also um den ganzen Tierkreis herumgegangen ist. Sie ist also in 72 Jahren gerade um einen Grad zurückgeblieben, denn ein Kreis hat ja, wie Sie wissen, 360 Grade. Nach diesen teilten die Ägypter das große Jahr, das eigentlich 25 920 Jahre umfaßt, in 360 Tage. Aber ein solcher Tag ist 72 Jahre lang, und 72 Jahre, was ist denn das? Das ist im Durchschnitt auch die höchste Lebensdauer des Menschen. Gewiß werden einzelne älter, andere nicht so alt, aber es ist eine obere Grenze für das menschliche Leben. So daß man also sagen kann, dieser ganze Zusammenhang ist im Weltenall daraufhin konstruiert, daß er ein Menschenleben erhält durch einen Sonnentag hindurch, der 72 Jahre lang ist. Allerdings, der Mensch ist davon emanzipiert. Er kann immer geboren werden. Er ist davon emanzipiert, zu gewissen Zeiten geboren zu werden, aber sein Leben hier als physischer Mensch zwischen Geburt und Tod richtet sich nach diesem Sonnentag ein. Wenn man nun in der Geschichte nachliest, so wird man meistens finden, daß die Ägypter auch das gewöhnliche Jahr zu 360 Tagen angenommen haben, nicht zu 365 ¼ Tagen, wie es wirklich ist, bis später die Sache mit dem Gang der Sterne so wenig gestimmt hat, daß man die anderen fünf Tage eingeschoben hat. Aber wodurch ist es denn gekommen, daß die Ägypter ursprünglich das Jahr zu 360 Tagen angenommen haben? Da ist schon ein merkwürdiges Mißverständnis entstanden. Es ist das Mißverständnis entstanden, daß die Priester von einem großen Weltenjahr gesprochen haben. Für dieses Weltenjahr ist wirklich ein Grad, das heißt, der 360. Teil, ein Weltentag von 72 Jahren. So daß also in den ägyptischen Priestermysterien gelehrt worden ist: der Mensch hängt mit dem Kosmos so zusammen, daß seine Lebensdauer ein Tag des Weltenjahres ist. Da wurde der Mensch angegliedert an den Kosmos; es wurde ihm seine Beziehung zum Kosmos klargemacht.
Aber durch Verhältnisse, die in der Dekadenz der ganzen Entwickelung des ägyptischen Volkes liegen, wurde den breiten Massen des ägyptischen Volkes - und das ist dort am charakteristischsten zutage getreten - nicht mitgeteilt dasjenige, was Wesenheit des Menschen ist, was Zusammenhang des Menschen mit dem Kosmos
ist. Man sagte sich: Wissen einmal alle Menschen, daß sie eine Wesenheit sind, die so eingegliedert ist in den ganzen Kosmos, daß ihre eigene Lebensdauer ein Glied ist in der Lebensdauer eines Sonnenumganges, dann werden diese Menschen, die sich fühlen als in das Weltenall eingegliedert, sich nicht regieren lassen, dann betrachtet sich jeder als ein Glied des Weltenalls. - Es sollten nur diejenigen wissen, daß es so ist, die man zum Führen berufen glaubte. Die anderen Menschen, die sollten nicht ein solches Weltenwissen, sondern ein Tageswissen haben. Das hängt zusammen mit der ganzen Dekadenz der ägyptischen Kulturentwickelung. Und was in bezug auf viele andere Dinge allerdings notwendig war, die unreife Menschheit in gewisse Mysterien nicht einzuweihen, das wurde ausgedehnt gerade von der ägyptischen Kultur auf solche Dinge, die den Führenden, den Regierenden Macht gaben.
Nun ist vieles von dem, was heute unsere Menschenseele durchdringt, aus orientalischen Quellen gekommen. Und auch das traditionelle Christentum enthält viel, was von orientalischen Quellen stammt. Aber ein starker Einschlag ist gerade in das römische Christentum von dem Ägyptertum hergekommen. So wie das ägyptische Volk unaufgeklärt hat bleiben sollen über seinen Zusammenhang mit dem Kosmos, so herrscht in gewissen Kreisen gerade des Romanismus die Anschauung: das Volk muß unaufgeklärt bleiben über seine Beziehung zum Kosmos, wie sie durch das Mysterium von Golgatha eingetreten ist. - Und deshalb jener heftige Kampf, wenn aus einer Kultur- und inneren Notwendigkeit heraus darauf aufmerksam gemacht wird, daß das Ereignis von Golgatha nicht bloß irgend etwas ist, was außer Zusammenhang gedacht werden müßte mit der übrigen Weltanschauung, sondern daß dieses Ereignis von Golgatha sachgemäß in die übrige Weltanschauung hineingestellt werden muß; wenn darauf aufmerksam gemacht wird, daß wirklich dasjenige, was zu Golgatha geschehen ist, mit dem ganzen Weltenall und seiner Konstitution etwas zu tun hat. Es wird daher als die ärgste Ketzerei aufgefaßt, wenn der Christus in dem Sinne, wie wir es getan haben, als der Sonnengeist bezeichnet wird.
Man soll nur nicht glauben, daß dasjenige, um was es sich dabei handelt, gewissen, in erster Linie führenden Leuten nicht bekannt sei, die da bekämpfen dasjenige, was ich jetzt angedeutet habe. Es ist ihnen selbstverständlich gut bekannt. Aber geradeso wie die ägyptischen Priester genau gewußt haben, daß das gewöhnlicheJaht nicht 360 Tage, sondern 365¼ Tage hat, so wissen gewisse Leute sehr gut, daß es sich bei dem Christus-Geheimnis zugleich um das Sonnenmysterium handelt. Aber es soll verhindert werden, daß dieses der gegenwärtigen Menschheit notwendige Wissen wirklich der gegenwärtigen Menschheit mitgeteilt werde. Denn es ist schon einmal wahr, was ich gestern sagte: Die materialistische Weltanschauung ist jener Seite viel lieber als die Geisteswissenschaft. Denn die materialistische Weltanschauung, sie hat ja auch ihre praktischen Folgen. Sie hat praktische Folgen, die, ich möchte sagen, wiederum an einem Vergleich der gegenwärtigen Zeit mit dem alten Ägypter-rum studiert werden können. Ich machte darauf aufmerksam, die Ägypter als solche waren abhängig von dem Gang der Sonne, also von dem Zusammenhang des Irdischen mit dem Himmlischen mit Bezug auf ihre äußere Kultur. Es bedeutete eine gewisse Macht in den Händen des untergehenden ägyptischen Priestertums, wenn das Wissen von dem Zusammenhange der Weltenerscheinungen und ihrer Wirkung auf die ägyptische Landkultur geheimgehalten blieb. Dadurch war derjenige, welcher als Arbeiter wirken sollte in Ägypten, angewiesen darauf, seine Direktiven sich geben zu lassen von den Priestern, die das entsprechende Wissen hatten.
Wenn nun der Charakter europäischer und amerikanischer Zivilisation so bleiben würde, wie er ist, wenn man beibehalten würde nur die materialistische kopernikanische Weltanschauung mit ihrem Sprößling, der Kant-Laplaceschen Theorie, dann würde notwendigerweise auch für die irdischen Erscheinungen, die biologischen, die physikalischen, die chemischen Erscheinungen ein materialistisches Weltenbild entstehen müssen. Dieses materialistische Weltenbild hat keine Möglichkeit, die moralische Weltordnung in ihre Struktur einzubeziehen. Sie hat auch keine Möglichkeit, das Christus-Ereignis in ihre Struktur einzubeziehen; denn daß man zu gleicher Zeit
Bekenner der materialistischen Weltanschauung und zu gleicher Zeit Christ ist, das ist eine innerliche Lüge, das ist etwas, was nicht sein kann, wenn man ehrlich und aufrichtig ist. Daher mußten sich in der europäischen und amerikanischen Kultur ganz notwendigerweise die praktischen Folgen zeigen dieses Zwiespaltes zwischen dem Materialismus auf der einen Seite und dem ohne Zusammenhang mit dem materialistischen Weltenbild stehenden moralischen Welienbilde und auch den Glaubensinhalten. Und diese Konsequenz zeigte sich darin, daß die Menschen, die nicht durch äußere Gründe Veranlassung hatten, innerlich unehrlich zu sein, daß diese den Glauben über Bord warfen und das materialistische Weltenbild auch für das Menschenleben statuierten. Dadurch wurde das materialistische Weltenbild soziales Weltenbild. Das aber würde sich im weiteren Verfolge unserer europäischen und amerikanischen Kultur so ergeben, daß eben die Menschen nur ein materialistisches Weltenbild haben würden, nichts wissen würden von einem Zusammenhang der Erde mit den Weltenmächten, so wie wir es gestern und in diesen Stunden schon öfter betrachtet haben. Aber einer gewissen Priesterkaste würde bleiben das Wissen von dem Zusammenhang mit dem Weltenbilde, geradeso wie den ägyptischen Priestern das Wissen von dem platonischen Jahr, dem großen Weltenjahr und dem großen Weltentag geblieben ist. Und Hoffnung könnte diese Priesterkaste haben, das Volk, welches unter dem Materialismus barbarisch verkommt, dann zu beherrschen.
Es ist natürlich, daß solche Dinge heute nur gesagt werden aus einem Pflichtgefühl gegenüber der Wahrheit; aber sie müssen aus dem Pflichtgefühl gegenüber der Wahrheit durchaus gesagt werden. Es handelt sich heute schon darum, meine lieben Freunde, daß eine Anzahl von Menschen erfahre, daß es nötig ist, dem Mysterium von Golgatha seine kosmologische Bedeutung zu geben. Diese kosmologische Bedeutung muß von einer Anzahl von Menschen eingesehen werden, die dann ihrerseits eine gewisse Verantwortung dafür übernehmen, daß der Menschheit der Erde nicht verborgen bleibt die Tatsache, daß sie zusammenhängt mit einem außerirdischen Geist, der in dem Menschen Jesus im Beginn unserer Zeitrechnung in
Palästina gewandelt hat. Es ist notwendig, daß diese Erkenntnis von dem Hereindringen des Christus aus außerirdischen Welten in den Menschen Jesus von Nazareth von einer Anzahl von Menschen durchschaut werde. Es gehört heute zu einem solchen Durchschauen ja tatsächlich ein Überwinden jener Unehrlichkeit, die heute inWeltanschauungs- und Bekenntnisfragen eigentlich gang und gäbe ist. Denn was tut man heute? Man läßt sich auf der einen Seite erzählen, die Erde bewegt sich in einer Ellipse um die Sonne und hat sich entwickelt im Sinne der Kant-Laplaceschen Theorie, und unterschreibt dieses; und dann läßt man sich erzählen, im Beginne unserer Zeitrechnung habe in Palästina das und das stattgefunden. Man nimmt diese beiden Dinge, ohne sie miteinander in Beziehung zu bringen, man nimmt sie hin, und man denkt, das sei ohne Folge. Es ist nicht ohne Folge, denn wenn die Lüge bewußt aufgefaßt wird, dann ist es weniger schlimm, als wenn die Lüge unbewußt figuriert und den Menschen herunterbringt, ihn barbarisiert. Denn wenn Sie die Lüge betrachten, wie sie im Bewußtsein ist, so geht sie mit dem Bewußtsein jedesmal beim Einschlafen aus dem physischen und Ätherleib heraus, ist vorhanden im raumlosen, zeitlosen Sein, in dem ewigen Sein, wenn der Mensch im traumlosen Schlafe ist. Da wird vorbereitet alles dasjenige, was aus der Lüge werden kann in der Zukunft, das heißt, es wird vorbereitet alles dasjenige, was die Lüge wieder verbessern kann, wenn die Lüge im Bewußtsein sitzt. Wenn die Lüge aber im Unbewußten ist, dann bleibt sie im Bette liegen mit dem physischen und dem Ätherleib. Da gehört sie, während der Mensch nicht seinen physischen und seinen Äthetleib ausfüllt, dem Kosmos, nicht bloß dem irdischen Kosmos, sondern dem ganzen Kosmos an. Da arbeitet sie an der Zerstörung des Kosmos, vor allen Dingen an der Zerstörung der ganzen Menschheit, denn da beginnt die Zerstörung in der Menschheit selber.
Dem, was da der Menschheit droht, entgeht man durch nichts anderes als durch das Anstreben innerer Wahrheit in bezug auf solche höchsten Fragen des Daseins. Es ist also gewissermaßen heute eine Art Aufforderung aus unseren Zeitimpulsen heraus an die Menschheit, einzusehen, daß nicht weiter eine Astronomie materialistischer
Art existieren darf, die nichts weiß davon, daß in einem bestimmten Zeitpunkte das Ereignis von Golgatha sich bildet. Aber jede Astronomie, welche einschließt in die Weltstruktur den Mond ebenso wie die Sonne und die Erde, statt die beiden in ihren Strömungen ineinanderlaufen zu lassen, so aber, daß sie gesonderte Strömungen sind, jede solche Astronomie ist nichts anderes als eine heidnische Astronomie, keine christliche Astronomie. Daher muß vom christlichen Standpunkte aus jede Evolutionslehre abgelehnt werden, die nur gewissermaßen einheitlich die Welt schildert. Verfolgen Sie meine «Geheimwissenschaft», so werden Sie sehen, wie, indem ich schildere Saturnzeit, Sonnenzeit, die Strömung sich teilt in zwei Strömungen, die dann ineinanderwirken. Da haben Sie die beiden Strömungen. Wenn man aber so schildert, wie gemeiniglich geschildert wird, dann schildert man mit den Begriffen, die durchaus im Sinne der heidnischen Fortentwickelung sind. Das geht bis in die Einzelheiten hinein. Denken Sie nur, wenn der heutige Evolutionstheoretiker so richtig darwinistischer Färbung schildert die Entwickelung der organischen Form, da sagt er: Erst waren einfache organische Formen, dann kamen kompliziertere, dann wiederum kompliziertere und so weiter bis herauf zum Menschen (Tafel 25, oben). - So ist es nicht, sondern, wenn Sie den Menschen nehmen, dreigliedern, so ist nur sein Haupt die Ausbildung der niederen Tierformen (Zeichnung, rechts). Was der Mensch als Haupt hat, das ist die Ausbildung der niederen Tierformen. Dasjenige, was an das Haupt angegliedert ist, das ist später entstanden. So daß wir nicht sagen dürfen, in unserem Rückenmark haben wir etwas, was sich zum Kopfe umbildet, sondern wir müssen sagen: Unser Haupt, unser Kopf ist ja gewiß aus früheren Gebilden entstanden, die Rückgrat-ähnlich waren; aber das heutige Rückgrat hat nichts zu tun mit dieser Entwickelung, sondern ist ein späterer Ansatz; und von einem anders geformten Rückgrat stammt dasjenige, was heute Kopforganisation ist.
Das erwähne ich für diejenigen, die sich schon etwas mit Deszendenztheorie beschäftigt haben. Ich erwähne es deshalb, damit Sie sehen, daß eine gerade Linie von kosmischen Betrachtungen zu Betrachtungen
dessen führt, was in der Menschheitsenrwickelung ist, und damit Sie sehen, daß es notwendig ist, daß Geisteswissenschaft hineinleuchte in alle einzelnen Wissens- und Lebensgebiete; daß einfach die Sache nicht so fortgehen kann, wie sich die Wissenschaft in den letzten Jahrhunderten unter dem Einflusse der materialistischen Weltanschauung, die wiederum ein Kind der materialistischen Auffassung des Christentums ist, entwickelt hat. Verdankt wird der Materialismus dem Materialistisch-Werden der christlichen Weltanschauung. Die Lehre von dem kosmischen Christus muß wieder hergestellt werden gegen die Vermaterialisierung dieser Lehre. Das ist die allerwichtigste Aufgabe der Zeit. Und ehe man nicht einsehen wird, daß dies die allerwichtigste Aufgabe der Zeit ist, wird man auf keinem Gebiete klar sehen können.
Ich habe Ihnen heute etwas anführen wollen, aus dem Sie, ich möchte sagen, intimer erkennen können, warum böswillige Gegner mit solcher Heftigkeit sich gegen dasjenige wenden, was aus einer inneren Notwendigkeit heraus vor die Welt heute hintreten muß. Und ich mußte diese ganze Betrachtung anknüpfen gewissermaßen an eine Art Kosmologie. Wir werden mit dieser Kosmologie am nächsten Freitag um acht Uhr hier fortfahren.
VIERZEHNTER VORTRAG Dornach, 14. Mai 1920
Das Wesentliche dieser nächsten Betrachtungen soll sein zu erkennen, wie die beiden weltgeschichtlichen Strömungen, die heidnische und die christliche, für unser Leben zusammenkommen, wie sie ineinanderwirken, wie sie zusammenhängen mit dem Geschehen im ganzen Weltenall. Dazu, um dies nun etwas genauer zu durchdringen, ist allerdings heute noch eine Art von Vorbetrachtung nötig. Es handelt sich darum, daß wir möglichst exakt auseinanderhalten, wodurch sich unterscheiden müssen heidnische Weltanschauung im weitesten Sinne - die ja durchaus auch noch auf dem Grunde unserer Weltanschauung nicht nur ist, sondern sein muß - und christliche Weltanschauung, die zum geringsten Teile eigentlich heute schon ihrer vollen Wirklichkeit nach in die menschlichen Gemüter übergegangen ist. Es handelt sich darum, daß wir eines, was ich ja öfter hier betont habe, genau ins Seelenauge fassen. Das ist, daß wir heute angekommen sind bei einem unvermittelten Nebeneinanderstehen desjenigen, was wir nennen können naturwissenschaftliches Weltbild und desjenigen, was wir nennen die moralische Weltordnung, zu der natürlich auch die religiöse Weltanschauung gehört. Mehr als er sich bewußt ist, sind für den gegenwärtigen Menschen naturwissenschaftliches Geschehen und moralisches Geschehen zwei voneinander ganz weit abliegende Dinge, die er im Grunde genommen gar nicht verbinden kann, wenn er wirklich vom Gesichtspunkt der heutigen Weltanschauung aus ganz ehrlich vor sich selbst dastehen will. Das ist es ja, warum ein großer Teil gerade der fortgeschrittenen Theologie des 19. und 20. Jahrhunderts im Grunde genommen gar keine Christologie hat. Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, daß es ja solche Bücher gibt, wie Adolf Harnacks «Wesen des Christentums», bei denen es gar keinen Grund gibt, warum darinnen überhaupt der Christus-Name genannt wird. Denn dasjenige, was als «Christus» auftritt, ist darinnen nichts anderes als genau die Gottheit, welche im Alten Testament als Jahve, als
Jehova-Gottheit vorkommt. Es ist im Grunde genommen kein wirklicher Unterschied zwischen diesem Wesen, das zum Beispiel Harnack «Christus» nennt,und dem Jahve-Gott; ich meine, es ist kein Unterschied in dem, was über das Christus-Wesen gesagt wird und dem, was von den Bekennern der alttestamentlichen Weltanschauung über ihren Jehova gesagt wird. Und wenn wir gar die Christus-Vorstellung vieler Gegenwartsmenschen nehmen und sie zusammenhalten mit dem, was diese Menschen sonst als Lebensauffassung haben, so ist gar kein Grund, daß diese Menschen eigentlich von Christus und Christentum sprechen. Denn wenn jemand von Christus und Christentum spricht und zum Beispiel das nationale Wesen so auffaßt, wie viele Menschen der Gegenwart, so ist das ein völliger Widerspruch. Diese Dinge fallen dem Gegenwartsmenschen nur aus dem Grunde nicht auf, weil er es vermeidet, in mutiger Art eine Konsequenz zu ziehen aus dem, was ihm eigentlich heute vorliegt. Aber der tiefste Spalt, die tiefste Kluft ist vorhanden zwischen der naturwissenschaftlichen Anschauung der Dinge und der christlichen Anschauung der Dinge. Und es ist die wichtigste Aufgabe unserer Zeit, eine Brücke zu bauen über die Kluft. Naturwissenschaftliche Weltanschauung, so wie sie heute, ich möchte sagen, der Bauer hat - er weiß es nur nicht, aber er hat sie -, ist so eigentlich erst ein Kind des 19. Jahrhunderts. Und es ist auch ganz gut, nicht immer bloß die Dinge abstrakt zu charakterisieren, sondern auch da ein wenig in das Konkrete hineinzuschauen.
Ich habe Ihnen ja öfter einen Namen genannt, der einer hervorragenden Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts angehörte und der uns sogleich dahin führt, die naturwissenschaftliche Weltanschauung so ganz exakt ins Auge zu fassen, möchte ich sagen; es ist der Name Julius Robert Mayer, mit dem wir - wenn auch mit Bezug aufJulius Robert Mayer das in vieler Beziehung mißverständlich ist - doch verknüpfen müssen die naturwissenschaftliche Weltanschauung des 19. Jahrhunderts. Sie wissen, in populärer Art wird ja immer gesagt, daß auf Julius Robert Mayer zurückgehtdie Aufstellung des sogenannten Gesetzes von der Erhaltung der Kraft; genauer gesprochen, daß das Weltenall in sich schließt eine konstante Summe von Kräften,
die nicht vermehrt und nicht vermindert werden können und die nur sich ineinander umwandeln. Wärme, mechanische Kraft, Elektrizität, chemische Kraft, sie wandeln sich ineinander um. Aber die Summe der im Weltenall vorhandenen Kraftmengen bleibt immer dieselbe. So denkt ja heute selbstverständlich jeder Physiker. Wenn auch die Menschen im populären Bewußtsein nicht aufmerksam werden auf dieses Gesetz von der Erhaltung der Kraft und der Energie, sie denken über die Naturerscheinungen so, wie man nur unter dem Einfluß dieses Gesetzes von der Erhaltung der Kraft denken kann. Ich meine, Sie sollten sich klarmachen, daß ja etwas im Handeln eines Wesens liegen kann, das einem gewissen Prinzip entspricht, ohne daß das Wesen imstande ist, sich dieses Prinzip klar zu machen. Wenn Sie einem Hunde zum Beispiel klarmachen wollten, daß eine doppelt so große Menge von Fleisch darauf beruht, daß die einfache Menge eben zweimal genommen worden ist, so würden Sie das nicht können. Der Hund würde das nicht bewußt in sich aufnehmen können, aber er wird praktisch nach diesem Prinzip doch handeln. Wenn er die Wahl hat, ein kleines oder ein doppelt so großes Stück Fleisch zu schnappen, so wird er in der Regel, wenn sonst die Bedingungen die gleichen sind, nach dem doppelt so großen schnappen. Jedenfalls kann man unter dem Einflusse eines Prinzipes stehen, ohne sich dieses Prinzip in seiner abstrakten Form als solches zu explizieren. So kann man sagen: Gewiß, die meisten Menschen denken nicht an das Gesetz von der Erhaltung der Kraft, aber sie stellen sich die ganze Natur so vor, weil in der Schule gelehrt wird, daß das Gesetz von der Erhaltung der Kraft bestehe. Es ist nun interessant, hinzusehen, wie die Denkungsweise Julius Robert Mayers sich äußerte, wenn es darauf ankam, anderen gegenüber, die noch nicht so dachten wie er, diese Denkungsweise scharf hinzustellen.
Julius Robert Mayer hatte einen Freund, der in einer Art Memoiren verschiedene Gespräche aufgezeichnet hat, die er mit Julius Robert Mayer geführt hat. Da erzählt er ganz interessante Tatsachen; Tatsachen, durch die man gründlich hinschauen kann auf die Denkweise des Naturdenkens des 19. Jahrhunderts. Vor allen Dingen, um
etwas äußerlich zu charakterisieren, möchte ich das Folgende erwähnen: Julius Robert Mayer war so drinnen in der ganzen Vorstellungsart, die ihn zu dieser Vorstellung, zu diesem Erhalten von der Kraft, zu diesem bloßen Umwandeln einer Kraft in die andere führte, daß er in der Regel, wenn er einem Freund auf der Straße begegnete, gar nicht anders konnte, als schon von weitem ihm zu-zurufen: Aus nichts wird nichts! - Das ist ja das Wort, das auch an der Spitze der Urabhandlung 1842 von Julius Robert Mayer immer wiederkehrt: Aus nichts wird nichts. Es kam auch vor, daßJulius Robert Mayer diesen Freund besuchte - Rümelin hieß er -, anklopfte, die Türe aufmachte und rief: «Aus nichts wird nichts!» Das war die Anrede, bevor ein Gruß erfolgte. So gründlich war Julius Robert Mayer in diesem «Aus nichts wird nichts» drinnen.
Nun erzählt Rümelin von einem einmal stattgehabten sehr interessanten Gespräch, in dem, da der Rümelin noch nicht viel wußte von diesem Gesetz der Erhaltung der Kraft, auseinandergesetzt werden sollte, worinnen es eigentlich besteht. Da sagte Julius Robert Mayer zu Rümelin: Wenn zwei Pferde eine Kutsche ziehen - undJulius Robert Mayer war ja Heilbronner, sein Denkmal steht auch in Heilbronn -, wenn zwei Pferde eine Kutsche ziehen, und sie fahren weiter, was ist der Effekt? - Da sagte Rümelin: Nun ja, der Effekt ist, daß die in der Kutsche Sitzenden meinerwegen bis Öhringen kommen. - Aber wenn sie wieder umkehren und zurückfahren, ohne daß sie dort in Öhringen irgend etwas getan haben, so daß sie wieder in Heilbronn ankommen? - Da sagte Rümelin: Das ist zwar dann so, daß zufällig der eine Weg den anderen aufgehoben hat und dadurch scheinbar kein Effekt da ist, aber es ist doch der wirkliche Effekt der, daß die Leute, die Menschen von Heilbronn nach Öhringen gefahren und von Öhringen wiederum nach Heilbronn zurückgekehrt sind. - Nein, sagte Julius Robert Mayer, das ist nur ein Nebenerfolg, das hat gar nichts zu tun mit dem, was eigentlich geschehen ist. Dasjenige, was geschehen ist durch die Aufwendung der Kraft von seiten der Pferde, das ist etwas ganz anderes. Das ist, daß durch diese von den Pferden aufgewendete Kraft erstens die Pferde selbst heißer geworden sind, die Pferde sind wärmer geworden; zweitens,
die Wagenachsen sind wärmer geworden, um die sich die Räder herumbewegen; drittens, wenn wir abmessen würden mit einem feinen Thermometer die Rillen auf dem Erdboden, über die die Räder gefahren sind, so würden wir finden, daß da in den Rillen die Wärme etwas höher ist als auf beiden Seiten. Das ist der wirkliche Effekt. Es sind auch in den Pferden Stoffe verbrannt durch den Stoffwechsel. Das alles ist der wirkliche Effekt. Das andere, daß die Leute von Heilbronn nach Öhringen und wieder zurück gefahren sind, das ist alles Motiv, Nebeneffekt, aber nicht dasjenige, was wirkliches physikalisches Geschehen ist. Wirkliches physikalisches Geschehen ist die aufgewendete Kraft der Pferde; die Umwandelung in die erhöhte Wärme der Pferde; die erhöhte Wärme der Wagenachsen; in dem Verbrauch der Wagenschmiere durch die Wärme, der eintritt, wenn man die Räder schmiert; die Erwärmung der Rillen auf der Straße und so weiter. Und wenn man mißt - Julius Robert Mayer hat ja dann gemessen und hat die entsprechende Maßzahl angegeben -, wenn man mißt, so ist alle die Kraft, welche die Pferde angewendet haben, restlos übergegangen in diese Wärme. Das andere ist alles Nebeneffekt.
Sie sehen, das hat natürlich eine gewisse Wirkung für unsere Anschauung. Da kommt zuletzt doch das heraus, daß man sagen muß: Ja, man muß nun reinlich das Naturgeschehen loslösen von alledem, was Nebeneffekt ist im Sinne des streng naturwissenschaftlichen Denkers. Denn dieser Nebeneffekt, der hat ja mit naturwissenschaftlichem Denken im Sinne des 19. Jahrhunderts eigentlich gar nichts zu tun. Der springt gewissermaßen über das naturwissenschaftliche Geschehen so hin. Wenn wir aber wieder fragen: Worin äußert sich denn all das, was wir moralische Weltordnung nennen? Worin äußert sich denn all das, was wir Menschenwert und Menschenwürde nennen? - Doch wahrhaftig nicht darinnen, daß sich die aufgewendete Kraft der Pferde in die erhöhte Wärme der Wagenachsen umwandelt, sondern da ist der Nebeneffekt die Hauptsache! Aber bedenken Sie doch, daß bei alledem, was als naturwissenschaftliche Betrachtung angestellt wird, dieser Nebeneffekt ganz ausgelassen wird. Die Menschen des 19. Jahrhunderts und schon
Kant im 18. Jahrhundert, sie haben Anschauungen gebildet über das Werden des Weltenalls bloß aus denjenigen Prinzipien heraus, die Julius Robert Mayer scharf begrenzt, indem er alles dasjenige, was wirklich bloß der Natur angehört, absondert von dem, was Nebeneffekt ist.
Wenn wir einmal die Sache ordentlich ins Auge fassen, dann müssen wir ja sagen, dann muß aus denjenigen Prinzipien heraus, die so als Naturprinzipien erkannt werden, das Weltenall konstruiert werden. Und alles dasjenige, was zum Beispiel durch das Christentum geschehen ist, ist ein Nebeneffekt, genau ebenso ein Nebeneffekt, wie es ein Nebeneffekt ist, daß die Menschen mit der Kutsche von Heilbronn bis Öhringen fahren. Es kommt gar nicht in Betracht für die naturwissenschaftliche Anschauung, was die Leute da zu tun haben. Aber wiederum, kreuzen sich nicht in irgendeiner Weise doch die beiden Strömungen?
Nehmen wir nun einmal an, Rümelin hätte sich nicht gleich beruhigt, sondern hätte etwa folgenden Einwand gemacht - ich weiß, für den Physiker der Gegenwart ist das kein gültiger Einwand, aber für den Aufbau einer Gesamtweltanschauung ist es doch ein gültiger Einwand -, nehmen wir an, es würde folgendes gesagt: Wenn das Motiv bei den Leuten, die von Heilbronn nach Öhringen gefahren sind, nicht dagewesen wäre, so würden ja die Pferde ihre Kraftaufwendungen nicht gemacht haben; die ganze Umwandelung in Wärme würde nicht geschehen sein, oder sie würde an einem ganz anderen Orte in ganz anderem Zusammenhange geschehen sein. Also dasjenige, was geschieht, muß naturwissenschaftlich so betrachtet werden, daß es sich nur auf das erstreckt, was gar nicht bis zum letzten Grund, warum es geschehen ist, führt. Es wäre ja nicht geschehen, wenn die Leute nicht geglaubt hätten, sie hätten in Öhringen etwas zu tun. Es greift also dasjenige, was die Naturwissenschaft als einen Nebeneffekt ansehen muß, doch in das Naturgeschehen hinein. Oder nehmen wir an, die Leute hätten in Öhringen zu einer ganz bestimmten Stunde etwas zu tun gehabt. Die Wagenachsen waren nicht nur heiß geworden, sondern es wäre eine zerbrochen, so hätten sie nicht weiterfahren können. Dann wäre dieses, was da geschehen
ist, das Zerbrechen der Wagenachse, selbstverständlich durchaus naturwissenschaftlich erklärbar. Aber was nun durch dieses Naturereignis geschehen ist, daß da irgend etwas nicht vollzogen werden konnte, was hätte vollzogen werden sollen, das hat unter Umständen - man kann sich das leicht vorstellen - wiederum ganz ungeheuer weite Folgen, sogar für andere Naturprozesse, die dann eingeleitet werden infolge dieser Folgen.
Sie sehen also, da treten, auch wenn man bloß auf logischem Boden stehen bleibt, doch ganz bedeutsame, schwerwiegende Fragen auf. Und diese Fragen, die da auftreten, das muß schon gesagt werden, sic können von der Weltanschauung, zu der heute aus den Voraussetzungen unserer Bildung heraus sich ein Mensch ehrlich bekennen kann, ohne Geisteswissenschaft nicht beantwortet werden. Sie können gar nicht beantwortet werden. Denn bevor die Richtung gegeben wurde zu diesem naturwissenschaftlichen Denken, die ja erst bei Julius Robert Mayer zu solcher Exaktheit geführt hat, war durchaus nicht jener scharfe Trennungsstrich da zwischen dem naturwissenschaftlichen Denken und dem moralischen Denken. Wenn Sie noch das 13. Jahrhundert, das 12. Jahrhundert nehmen, so klingen fortwährend ineinander diejenigen Dinge, die die Menschen über die moralische Ordnung zu sagen haben und die sie über die physische Ordnung zu sagen haben. Die Menschen lesen heute nur nicht mehr ordentlich. Aus den älteren Zeiten sind ja nicht viel Dinge vorhanden, die, ich möchte sagen, ganz unverfälscht auf unsere Tage gekommen sind. Aber selbst wenn Sie solche Schriften, welche die Nachzügler der alten Weltanschauungen sind, heute nehmen, so werden Sie darinnen allerlei entdecken, das Ihnen beweist, daß man in älteren Zeiten das Moralische ins Physische hineingetragen und das Physische bis zum Moralischen heraufgehoben hat. Lesen Sie nur einmal bei den, ich möchte sagen, schon ziemlich verfälschten, aber immerhin noch heute annähernd lesbaren Schriften des Basilius Valentinus, lesen Sie da über die Metalle, über die Planeten, lesen Sie über Heilmittel, Sie werden fast in jeder Zeile auf Eigenschaftswörter stoßen, die den Metallen beigelegt werden: gute, schlechte Metalle oder kluge Metalle und dergleichen, die Ihnen zeigen,
daß selbst in dieses Gebiet etwas von moralischem Denken hin-eingetragen worden ist. Das kann heute selbstverständlich nicht sein. Denn nachdem die Abstraktion so weit gegangen ist, daß man das Naturgeschehen so heraussondert aus alledem, was Nebeneffekt ist, wie es Julius Robert Mayer getan hat, kann man selbstverständlich nicht sagen, es ist eine Güte der Pferdefüße, die sich bewegen, daß sie die Wagenschmiere verbrauchen durch die Wärme, die entwickelt wird infolge dieser Bewegung. Da ist es nicht möglich in diesem naturwissenschaftlichen Zusammenhang, irgendwelche moralische Kategorien hineinzutragen. Da stehen beide Gebiete, natürliches Gebiet und moralisches Gebiet, ganz radikal nebeneinander. Und wenn das Weltengeschehen so wäre, wie es vorgestellt wird von dieser Vorstellungsart, so könnte der Mensch in unserer Welt überhaupt nicht existieren. Der Mensch würde gar nicht da sein. Denn was ist denn der Grund für die gegenwärtige physische Gestalt des Menschen?
Indem ich hier von der physischen Gestalt des Menschen spreche, bitte ich Sie durchaus, das Wort «Gestalt» ernst zu nehmen. Die Naturdenker von heute nehmen das Wort «menschliche Gestalt» nicht ernst. Denn was tun sie? Sie tun zum Beispiel das Folgende. Sie zählen, wie es Huxley oder andere getan haben, die Knochen des Menschen, die Knochen der höheren Tiere, und aus dem, was sie da als Zahl bekommen, leiten sie her, daß der Mensch eben nur eine höherentwickelte Stufe der Tierheit ist. Oder sie zählen die Muskeln und so weiter. Wir haben immer darauf hinweisen müssen, daß das Wesentliche ja ist, daß die tierische Rückgratslinie im wesentlichen horizontal ist, die menschliche Rückgratslinie im wesentlichen vertikal ist (Tafel 26, links). Und wenn auch gewisse Tiere sich aufrichten, so ist das bei ihnen nicht das Wesentliche, sondern das Wesentliche ist die horizontale Rückgratslinie. Und davon hängt nun die ganze Gestaltung ab. Also, ich bitte Sie, völlig ernst zu nehmen, was ich mit dem Worte Gestalt ausdrücken will.
Diese Gestalt des Menschen, wo haben wir ihre Ursache, ihre, ich möchte sagen zunächst physische Ursache auf geistige Art im Weltenall zu suchen? Nun, ich habe auf diesen Punkt schon hingewiesen
in diesen Betrachtungen. Ich habe Sie darauf hingewiesen: Der Sternenhimmel, den wir hier schematisch so zeichnen wollen - meinetwillen als Tierkreis mit seinen Sternbildern (Tafel 26, rechts) -, der bewegt sich - scheinbar oder wirklich, das ist uns jetzt gleichgültig - um die Erde herum; die Sonne auch. Die Sonne nimmt also denselben Weg. Aber wenn wir in Betracht ziehen, was man ja wissen kann, daß die Sonne ihren Frühjahrsaufgangspunkt jedes Jahr verschiebt, um ein kleines Stück gegenüber den Sternen zurückbleibt, so kommen wir zu einer außerordentlich wichtigen Tatsache. Es wird ja dieses ganze Rücken des Frühlingspunktes an den Steinbildern gesehen dadurch, daß das Sternbild, wenn man ein bestimmtes ins Auge faßt, im folgenden Jahre früher aufgeht als die Sonne, respektive früher untergeht. Das lehrt uns ja, daß die Sonne zurückbleibt. Und ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß ja schon die alten Ä gypter wußten: Wenn man den Kreis in 360 Grade teilt, so bleibt in 72 Jahren die Sonne hinter den Sternen um einen solchen Grad zurück; in 360 mal 72 Jahren, was 25 920 Jahre sind, bleibt sie um den ganzen Kreis zurück, das heißt, sie kommt wiederum zu dem Stern, mit dem sie zugleich aufgegangen ist vor 25 920 Jahren.
Sie haben also da die Tatsache gegeben, daß im Weltenall - wie gesagt, jetzt will ich mich nicht darum bekümmern, ob nun das scheinbar oder wirklich ist - die Sterne herumgehen und die Sonne herumgeht. Aber die wichtige Tatsache liegt vor, daß die Sonne langsamer geht, daß die Sonne um einen Grad des ganzen Welten-kreises zurückbleibt nach 72 Jahren. Diese 72 Jahre - ich habe auch darauf schon hingewiesen - sind ja die normale Maximallebensdauer des Menschen. Also, der Mensch lebt 72 Jahre, gerade diejenige Zeitdauer, die die Sonne um einen Grad im Weltenkreis gegenüber den anderen Sternen zurückbleibt.
Wir haben ja von diesen Dingen keine richtige Empfindung mehr. Noch in den hebräischen Mysterien sagte der Lehrer zu seinen Schülern, ihnen dies sehr, sehr tief einprägend: Jahve ist es, der bewirkt, daß die Sonne hinter den Sternen zurückbleibt. Und Jahve bildet mit der Kraft. die da die Sonne zurückhält. die menschliche
Gestalt aus, die sein Ebenbild ist. Also wohlgemerkt: die Sterne laufen schneller, die Sonne läuft langsamer. Da entsteht eine Kraftdifferenz. Und diese Kraftdifferenz wäre nach diesen alten Mysterien das, was die Gestalt des Menschen bewirkt. Aus der Zeit heraus wird der Mensch so geboren, daß er sein Dasein verdankt den Unterschieden in der Geschwindigkeit zwischen dem Sternenweltentag und dem Sonnenweltentag. Wir würden heute in unserer Sprache sagen:
Wäre die Sonne nicht im Weltenall, wäre sie ein Stern wie die anderen Sterne, der mit derselben Geschwindigkeit ginge wie die anderen Sterne, was wäre die Folge? - Die Folge wäre, daß die luziferi-schen Mächte allein herrschten. Daß nicht die luziferischen Mächte allein herrschen im Weltenall, sondern der Mensch in die Lage kommt, sich den luziferischen Mächten zu entziehen mit seiner ganzen Wesenheit, das ist verdankt dem Umstande, daß die Sonne die Geschwindigkeit der Sterne nicht mitmacht, sondern hinter ihnen zurückbleibt, nicht die Luzifer-Geschwindigkeit entfaltet, sondern die Jahve-Geschwindigkeit entfaltet. Wiederum, wenn bloß die Sonnen-Geschwindigkeit da wäre und nicht die Sternen-Geschwindigkeir, dann würde der Mensch nicht dazu kommen, mit seinem Verstande seiner übrigen Entwickelung voranzueilen. Und das ginge sozusagen auch nicht zusammen mit der Gesamtentwickelung des Menschen. Sehen Sie, in unserer Zeit ist ja das ganz besonders auffällig. Wenn man Geisteswissenschaft ernst nimmt, so weiß man natürlich ganz gut, man hat mit 36 Jahren zum Beispiel Dinge begriffen, die man noch nicht begreifen konnte mit 25 Jahren. Denn es gehört Erleben zum Begreifen von gewissen Dingen dazu. Das wird heute wenig zugegeben, denn der Mensch mit 25 Jahren fühlt sich fertig. Er ist aber nur im Verstande fertig, er ist nicht im Erleben fertig. Das Erleben geht langsamer als das Verständigwerden. Würde man dies bedenken, daß das Erleben langsamer geht als das Verständigwerden, so würden nicht die jüngsten Leute heute schon ihren Standpunkt haben, denn sie würden wissen, daß sie gar nicht die Standpunkte haben können, zu denen nötig ist, etwas erlebt zu haben. Der Verstand geht mit den Sternen, das Erleben geht mit der Sonne. Und wenn Sie die Sache so nehmen, daß Sie sich einfach das
menschliche Leben vorlegen - 72 Jahre, wenn nicht Elementarereignisse eintreten, durch die der Mensch weniger alt wird oder älter wird -, wenn Sie sich das menschliche Leben vorlegen, so werden Sie sich sagen, es dauert so lange, bis die Sonne mit ihrem Frühlingspunkt um einen Grad zurückgerückt ist. So lange kann es dauern. Warum dauert es denn so lange? Der Grund liegt in einer gewissen kosmischen Feinheit. Aber ich bitte Sie dennoch, mir heute bei der Vorbetrachtung in dieses Gebiet zu folgen.
Sehen Sie, es ist so: Wenn man in einem gewissen Jahre eine Mondfinsternis betrachtet, so liegt ein gewisses Datum vor, in dem die Mondfinsternis auftreten kann. Die Mondfinsternis kehrt ungefähr nach 18 Jahren wiederum zum selben Datum, respektive zur selben Konstellation zurück. Es ist ein periodischer Rhythmus in den Finsternissen, der 18 Jahre umfaßt. 72 durch 4 macht 18. Das ist das gerade Viertel eines Weltentages und das gerade Viertel eines Menschenlebens. Der Mensch, wenn ich mich so ausdrücken darf, erträgt vier solcher Finsternisperioden. Warum? Weil wirklich im Weltenall alles zahlenmäßig zusammenstimmt. Der Mensch hat, was mit seiner rhythmischen Herztätigkeit zusammenhängt, durchschnittlich nicht nur 72 Lebensjahre, sondern auch durchschnittlich 72 Puls-schläge und 18 Atemzüge. Das ist wiederum das Viertel. Dieser Zahlenzusammenhang, der im Weltenall ausgedrückt ist - man nannte die Periode von 18 Jahren, weil sie die Chaldäer zuerst vertreten haben, die chaldäische Sarosperiode -, dieser Rhythmus, der besteht zwischen der Sarosperiode und der Sonnenperiode, dieser selbe Rhythmus besteht auch im Menschen in seiner innerlichen Beweglichkeit zwischen Atemzug und Pulsschlag. Plato sagte nicht umsonst: Gott geometrisiert, arithmetisiert. - Bedenken Sie, daß wegen des Viertels, das auf unsere Atmungstätigkeit entfällt, wir richtig verteilen müssen die Atmungstätigkeit so, daß sie nicht zusammenfällt mit der Pulstätigkeit, sondern diese schneller ist. Und das entspricht der Tatsache, daß wir in unseren 72 Lebensjahren, denen zugeordnet ist unsere Herztätigkeit, Pulstätigkeit, viermal ertragen die Sarosperiode, weil wir in ihr viermal enthalten haben unsere Atmungstätigkeit. Ganz auf das Weltenall hin konstruiert ist unsere menschliche
Organisation. Ihre Bedeutung werden wir aber nur dann einsehen, wenn wir noch einen anderen Zusammenhang ins Auge fassen.
Man kommt mit dem, was ich Ihnen in einer der letzten Betrachtungen sagte, mit der Bewegung des Mondes, mit der Umdrehung des Mondes um seine Achse nur dann zu Rande, wenn man seine Umdrehung nicht auf den Sonnentag, sondern auf den Sternentag bezieht. Wenn man die Sternenzeit ins Auge faßt, so kommt eine kürzere Zeit, 27½ Tage, für die Umdrehung des Mondes in Betracht. So daß wir eigentlich nur dann mit unserer Mondbewegung zurecht kommen, wenn wir sie nicht zueignen der Sonnenbewegung, sondern zueignen der Sternbewegung. Die Sonnenbewegung fällt also in einer gewissen Weise aus einem System, dem der Mond angehört und dem die Sterne angehören, heraus. Wir sind also im Weltenall so drinnenstehend, daß wir auf der einen Seite zugeordnet sind der Sternen-Mond-Bewegung, auf der anderen Seite zugeordnet sind der Sonnenbewegung.
Hier sehen Sie schon nach und nach auseinanderfallen die Sonnenastronomie und die Sternenastronomie. Wie ich Ihnen das letzte Mal sagte, kommen wir nicht zurecht, wenn wir nur eine Astronomie haben. Da werfen wir alles durcheinander. Wir kommen nur zurecht, wenn wir uns nicht auf eine Astronomie beschränken, sondern wenn wir uns sagen, auf der einen Seite ist das System der Sterne, das auch den Mond in sich faßt in einer gewissen Beziehung, auf der anderen Seite ist das System, zu dem die Sonne gehört. Die durchdringen sich gegenseitig. Die wirken zusammen. Aber wir tun nicht recht, wenn wir die gleiche Gesetzmäßigkeit auf beides anwenden.
Dann, wenn man einsieht, daß wir zunächst zwei ganz verschiedene Astronomien haben, dann werden wir uns sagen: Das kosmische Geschehen, in dem wir drinnenstehen, das hat zwei Ursprünge zunächst. Aber wir stehen in ihm so drinnen, daß diese zwei Strömungen in uns Menschen gerade zusammenfließen. In uns Menschen fließen sie zusammen. Und was geschieht in uns Menschen? Sehen Sie, nehmen Sie einmal an, in uns Menschen geschähe nur dasjenige, was der Naturforscher von heute gelten lassen kann, dann
würde, wenn ich schematisch zeichne (Tafel 27, ganz links, ohne die Striche am Kopf>, allerlei vor sich gehen im menschlichen Organismus, Stoffbewegungen und so weiter. Die würden sich auf den übrigen Organismus erstrecken und auch in das Gehirn hinein, beziehungsweise in die Sinne hineingehen. Aber was wäre die Folge, wenn die ganze Stoffumwandelung, welche in dem menschlichen Organismus stattfindet und die hineingestellt ist in den Kosmos, so wie ich es jetzt beschrieben habe, wenn diese ganze Stoffumwandelung ins Gehirn sich hineinerstreckte? Wir würden niemals das Bewußtsein haben können, daß wir selber denken. Sauerstoff, Eisen, die anderen Stoffe, Kohlenstoff und so weiter, von denen müßten wir sagen, sie denken in uns in ihren gegenseitigen Beziehungen. Aber das haben wir ja gar nicht als Tatbestand des Bewußtseins gegeben. Es ist ja keine Rede davon, daß wir das als Tatbestand des Bewußtseins gegeben haben. Wir haben als Tatbestand des Bewußtseins den Inhalt unseres Seelenlebens gegeben. Der kann unter gar keiner anderen Voraussetzung da sein, als daß dieses ganze stoffliche Geschehen sich ab baut, sich vernichtet (die Striche werden in den Kopf gezeichnet), daß in uns tatsächlich keine Erhaltung der Kraft und des Stoffes vorhanden ist, sondern Platz gemacht wird durch Stoffternichtung für die Entwickelung des Gedankenlebens. In der Tat ist der Mensch der einzige Schauplatz, in dem eine wirkliche Stoffternichtung stattfindet. Auf das kommt man in unserer Zeit nicht, in der man ja eine Menschenerkenntnis gar nicht entfaltet, sondern alles nur ins Auge faßt, was Außermenschliches ist.
Wenn wir nun voraussetzen, daß nach 72 Jahren die Sonne um einen Grad zurückbleibt im Himmelskreise, daß da ist ein Geschwindigkeitsunterschied zwischen der Sternbewegung und der Sonnenbewegung, der in uns wirkt, der in uns zusammenläuft -und wenn wir uns nun vorstellen, daß wir die Bildung unseres Hauptes von dem Sternenhimmel haben, und, indem wir nach einer sehr schönen Redensart «das Licht der Welt erblicken», in die Sonnenbewegung eingefaßt werden, so müssen wir uns sagen: Es ist fortwährend in uns die Tendenz, mit einer geringeren Geschwindigkeit der schnelleren Geschwindigkeit der Sterne entgegenzuwirken. Was die
Sterne in uns anrichten, dem wird entgegengewirkt. Was ist der Effekt dieses Entgegenwirkens? Der Effekt dieses Entgegenwirkens ist der Abbau desjenigen, was materiell die Sterne in uns bewirken: Der Abbau. Der Abbau der reinen materiellen Gesetze, der durch die Sonnenwirkung geschieht. Wir können also sagen: Würden wir mit den Sternen schreiten, indem wir als Menschen durch die Welt schreiten, wir würden so mit den Sternen schreiten, daß wir den materiellen Gesetzen des Weltenalls unterlägen. Aber wir tun das nicht. Die Sonnengesetze wirken dagegen. Sie halten uns zurück. Da ist etwas in uns, was zurückhält. Man kann berechnen - diese Rechnung kann ich Ihnen allerdings hier nicht ausführen, erstens würde sie zu lange dauern und zweitens würden Sie ja nicht folgen -, man kann berechnen, wenn eine gewisse Bewegung geschieht (Tafel 27, rechts, der Pfeil abwärts), also da eine Strömung geschieht mit einer gewissen Geschwindigkeit, und diese Strömung mit einer anderen zusammenfließt, wobei allerdings vorausgesetzt werden muß, daß dann die andere Strömung nicht auch so fließe, sondern entgegengesetzt (Pfeil aufwärts); daß, wenn diese beiden Strömungen so fließen, daß sie ineinanderfließen. Also bitte, denken Sie sich, ein Wind wirbelt mit einer gewissen Geschwindigkeit von oben nach unten und ein anderer von unten nach oben, und sie wirbeln ineinander (Mitte der Zeichnung rechts). Wenn man den Geschwindigkeitsunterschied nimmt zwischen der heruntergehenden Strömung und der hinaufgehenden Strömung, so daß die hinaufgehende Strömung sich zu der hinuntergehenden Strömung gerade so verhält, daß ein Geschwindigkeitsunterschied herauskommt, der das-selbe Verhältnis trägt, wie der Geschwindigkeitsunterschied in der Sternenzeit und der Sonnenzeit, dann würde, wenn das durcheinanderwirbelte, durch den Wirbel eine Verdichtung entstehen, die ihre bestimmte Form bekommt. Nicht wahr, das wirbelt herunter (Mitte der Tafel); dadurch, daß das andere hier hinaufwirbelt, mit einer größeren Geschwindigkeit hineinstößt - von oben nach unten würde die geringere Geschwindigkeit sein -, das stößt hier hinein, gibt hier durch den Zusammenstoß eine Verdichtung, eine gewisse Figur. Und diese Figur ist - abgesehen von allem, was sie beeinträchtigt,
ich zeichne nur schematisch - die Umrißfigur, die Silhouette des menschlichen Herzens. So daß es möglich ist, daß Sie durch die Begegnung der Luzifer-Strömung und der Jahve-Strömung richtig konstruieren die Figur des menschlichen Herzens. Diese Figur des menschlichen Herzens ist einfach herauskonstruiert aus Verhältnissen des Weltenalls. Man muß geradezu sagen: Sobald man annimmt, daß die Sonnenbewegung der Ausdruck ist einer weniger schnellen Bewegung, die entgegenkommt einer schnelleren Bewegung, dann werden wir so eingeschaltet in diese beiden Bewegungen, daß daraus die Silhouette unseres Herzens entsteht. Daran ist die übrige menschliche Gestalt angegliedert. Sie sehen daraus, welche Geheimnisse eigentlich im Kosmos verborgen sind. Denn in dem Augenblick, wo ich sage: Wir haben zwei Astronomien, und diese zwei Astronomien, die wirken zusammen in ihren Ergebnissen -was ist das Ergebnis? Das Ergebnis ist das menschliche Herz. Die ganze naturwissenschaftliche Richtung der Gegenwart, die geht darauf aus, diese zwei Strömungen nicht voneinander zu unterscheiden. Daher vollzieht sich an ihr das tragische Geschick, daß in einer anderen Weise das Zusammenwirken auseinanderfällt in das Natur-geschehen, insofern es Julius Robert Mayer dachte, und in die Nebeneffekte. Weil man nicht in der Lage ist, kosmisch dasjenige, was aus zwei Quellen heraus zusammenwirkt, zusammenzudenken, fällt für das Denken die Welt in zwei Extreme auseinander.
Hier liegt zunächst der kosmische Aspekt für ungeheuer Bedeutsames in bezug auf das Menschen- und Weltbegreifen. Und ohne daß man aus unseren heutigen Voraussetzungen heraus wieder erneuert jene Erkenntnisse, die einmal da waren in den alten Mysterien, als man das Christentum erwartet hat, so erwartet hat, wie ich es in meinem Buche «Das Christentum als mystische Tatsache» beschrieben habe, ohne daß man erneuert diese alten Erkenntnisse in einer Gestalt, wie sie heute sein müssen, bleibt alles Erkennen eine Illusion. Denn dasjenige, was das Bedeutsamste im menschlichen Herzen zum Ausdruck bringt, es ist ja überall vorhanden. Überall sind die Geschehnisse so, daß sie erklärbar sind durch das Zusammenfließen zweier Strömungen, die aus verschiedenen Quellen
kommen. Niemals wird man die ganz andersartige Hineinstellung des Mysteriums von Golgatha in den übrigen Werdegang unserer Erde begreifen, wenn man nicht schon im Kosmos anfängt mit diesem Begreifen. Ich wollte Ihnen heute in dieser Vorbesprechung den Grund legen, den wir brauchen, um dann morgen und übermorgen darauf aufbauen zu können.
FÜNFZEHNTER VORTRAG Dornach, 15. Mai 1920
Aus den Betrachtungen, die wir hier angestellt haben, werden Sie gesehen haben, wie nötig es ist, den Menschen in seiner Ganzheit zu betrachten, um darauf zu kommen, wie genau eigentlich der Mensch in all seiner Beschaffenheit ein Abbild ist der Gesamtwelt. Dies aufzunehmen ist außerordentlich bedeutsam, nicht nur in die verstandesmäßige Erkenntnis, sondern auch in die gefühlsmäßige Erkenntnis, in die willensmäßige Erkenntnis. Denn nur dadurch, daß man den Menschen in seiner Gesamtheit herausgeboren ansieht aus der Gesamrwelt, wird man ein tieferes Verständnis gewinnen können auch für dasjenige, was nun im Fundamente das Christentum der Welt sein will. Man kann sehr leicht einwenden: Ja, da wird von der modernen Menschheit ein kompliziertes Verstehen der Einzelheiten der Welt gefordert und auch ein kompliziertes Verstehen der Einzelheiten des Menschen, um gewissermaßen dadurch erst in seinem Bewußtsein ein ganzer Mensch zu sein. Aber bedenken Sie doch nur, daß diese Forderung, die jetzt wie eine Kardinalforderung an die Menschheit herantritt, nicht etwa bloß der jetzt auftretenden Geisteswissenschaft eigen ist. Um auf dasjenige hinzuweisen, was ich meine, möchte ich Ihnen zunächst die Frage aufwerfen: Was alles hat denn eigentlich das Christentum bei seinem Auftreten gebracht? Das Christentum hat ja gebracht im Grunde genommen die Anforderung eines Weltverständnisses, das wirklich ein recht ausgebreitetes war. Und dieses Weltverständnis, das angeknüpft hat an die alten heidnischen Vorstellungen, dieses Weltverständnis, das ist im Laufe der Zeit eigentlich völlig vergessen worden. Bedenken Sie doch nur einmal, was den Menschen im Laufe der Zeit allmählich gegeben worden ist von den Fundamentalanschauungen, den Fundamentalideen des Christentums. Das Christentum trat ja so auf, daß man es nur verstehen konnte, wenn man zum Beispiel die Ttinirät verstand, wenn man verstand das Wesen des Vatergottes, des Sohnesgottes, das heißt des Christus Jesus, und des Geistes. In dem
Sinne, wie das Christentum diese drei Aspekte des GöttlichGeistigen verstand, gehörte nicht weniger dazu, als zum Verständnis von solchen Dingen, wie sie heute durch die Geisteswissenschaft vorgebracht werden. Nur hat man allmählich dasjenige, was zum Verständnis dieser Ideen führre, des Vaters, des Sohnes, des Geistes, man hat das allmählich eliminiert, man hat es herausgeworfen aus dem Verständlichen und hat behalten leere Worte, leere Worthülsen. Und durch Jahrhunderte hindurch haben die Menschen leere Worthülsen gehabt. Das ist so weit gekommen, daß dann die Menschen sogar, nachdem sie zuerst dogmatisch zurückgewiesen haben die leeren Worthülsen, dann angefangen haben, über diese leeren Worthülsen zu spotten. Beste Menschen haben über diese leeren Worthülsen gespottet. Man bedenke nur einmal, was alles für Spott ergossen worden ist etwa in der Form, daß man gesagt hat, die Dogmatik fordert, daß Eins Drei und Drei Eins sei. Es ist ja eine furchtbare Illusion, es ist ja eine bloße Täuschung, wenn die Menschen glauben, das, was einstmals das Christentum in seiner Strömung geführt hat, erfordere weniger Verständnis, weniger hingebungsvolle Erkenntnis als dasjenige, was - um das Christentum wiederum zu erobern - die heutige Geisteswissenschaft gibt. Allerdings, die wichtigsten, die fundamentalsten Dinge sind ja aus dem Christentum herausgeworfen worden, und wenn man davon absieht, daß sie in den einzelnen Bekenntnissen als Worte fortleben, so kann man fragen: Was ist denn eigentlich von den Fundamental begriffen des Christus selber den Menschen in Wirklichkeit verblieben? Wie unterscheidet denn der moderne Mensch - ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß nicht einmal Theologen wie Harnack es unterscheiden - dasjenige, was der Christus ist, von dem, was ein allgemeiner Weltengott ist, den man auch treffen würde mit dem Begriff des jahve oder Jehova? Und erst, wie viele Menschen machen sich denn heute klar, was zu verstehen ist unter dem Geiste oder dem Heiligen Geiste? Die Menschen sind ja allmählich solche Abstraktlinge geworden, daß sie eben zufrieden sind mit den leeren Worthülsen, daß sie entweder, wenn sie in dem Bekenntnis stehenbleiben, eben zufrieden sind, oder wenn sie, wie man dies dann nennt,
aufgeklärt werden, daß sie dann spotten. Aber niemals wird dasjenige, was da aufgebracht wird in den leeren Worthülsen, die Macht erringen können, Licht hineinzubringen in die einzelnen Betätigungen der menschlichen Erkenntnis.
Bedenken Sie nur, wie weit wir in dieser Beziehung eigentlich gekommen sind. Alles, was roch in älteren griechischen Zeiten Erkenntnis war, war zu gleicher Zeit Inhalt eines Heilprinzipes. Der Heiler war Priester und war zu gleicher Zeit der Lehrer des Volkes. Daß der Lehrer des Volkes, daß der Priester zugleich Heiler ist, das setzt voraus, daß irgend etwas Krankes vorausgesetzt wird in dem ganzen Kulturprozesse. Sonst hätte man ja keine Berechtigung, vom Heiler zu sprechen. Man sprach vom Heiler, weil man aus instinktiver Erkenntnis heraus noch in einer gewissen Beziehung einen umfassenderen, einen intensiveren Begriff von dem ganzen Weltenprozeß hatte, als man heute hat. Heute stellt man sich den Weltenprozeß so vor, daß er eben abläuft und das Spätere immer die Wirkung des Vorhergehenden ist. Aber so ist es in Wirklichkeit nicht. Und eine ältere, instinktive Erkenntnis hat das gewußt, daß es in Wirklichkeit nicht so ist. Man stellt sich heute vor, und insbesondere diejenigen, die von einem abstrakten Fortschritt sprechen, sie stellen sich vor: Na, es geht halt die Entwickelung immer aufwärts. - Diese Anschauung von einer solchen aufwärtsgehenden Entwickelung (Tafel 28, Mitte; Schräge, darin Pfeile) finden wir ja selbst bei der oberflächlich gewordenen Philosophie der neueren Zeit. Ein solcher Mensch, der einfach emporgetragen worden ist von dem Gesamtvorurteil der Zeit, wie Wilhelm Wundt, der Unphilosoph, der zu dem Zeitphilosophen für viele Menschen geworden ist, ein solcher Mensch spricht auch als angeblicher Philosoph von einem solchen allgemeinen Fortschritte, ohne die geringste Erkenntnis, was eigentlich in der wirklichen Strömung des Menschenwerdens liegt. Wir müssen uns aber vorstellen, daß in der wirklichen Strömung des Menschenwerdens forrwährend liegt ein Bestreben zu entarten. Es ist nicht eine Tendenz des Fortschrittes da, vor allen Dingen nicht in der Geschichte. Es ist eine fortwährende Tendenz da zur Entartung (Pfeile nach unten). Und nur dadurch, daß ständig dieser Tendenz
zu entarten entgegengewirkt wird von dem, was wir Lehre, Er-kenntnis und so weiter nennen, dadurch wird dasjenige, was sonst in die Tiefen hinunterziehen würde, hinaufgehoben. Und nur dadurch entsteht ein Fortschritt (Pfeile nach oben, rot).
Sehen wir von diesem Gesichtspunkte aus einmal an, wie es sich verhält mit dem Kinde. Das Kind wird geboren. Man spricht von Vererbungen. Ja aber, vererbt wird nur dasjenige, was zum Nieder-gange führen würde, was in die Dekadenz führen würde. Würde nicht das Kind erzogen werden schon durch die ganze Umgebung und später durch die Schule, durch das Leben, so würde das Kind entarten. Erziehung ist also in Wirklichkeit Bewahrung vor dem Entarten. Also, das wirkt Heilung. Als ein Heilungsprozeß wurde noch von der instinktiven Menschenerkenntnis aus alles angesehen, womit Erkenntnis, womit Erziehung, womit Priestertum irgend etwas zu tun hat. Für ältere Anschauungen war der Arzt vom Priester gar nicht zu trennen, war eines und dasselbe; erst die neuere Entwickelung hat Naturwissen und geist-seelisches Wissen so auseinandergetrennt, wie ich das gestern auseinandergesetzt habe. So daß man dem naturwissenschaftlichen Arzt überläßt, alles dasjenige zu heilen, was nach Julius Robert Mayers Anschauung nichts zu tun hat mit dem, was Menschenziele sind und so weiter, sondern nur zu tun hat mit so etwas, wie die Aufwendung der umgewandelten Pferde-kräfte in die Erhitzung der Pferde, der Wagenachsen, die Erhitzung der Straße, über die das Rad geht und so weiter. Das ungefähr über-läßt man dem physischen Arzt. Und Leute wie Rubner in Berlin, der ja aber nur der Repräsentant dieser Richtung ist, die berechnen dasjenige, was der Mensch zum Leben nötig hat, ungefähr so, wie wenn der Mensch eine Art von komplizierterem Ofen wäre.
Ziehen Sie nun die sozial-ethische Konsequenz einer solchen Anschauung, ziehen Sie sie so, daß Sie erkennen, wenn alles, was da in der Umwandelung der Kräfte vor sich geht, nur zu Nebeneffekten dasjenige hat, was da überhaupt geschieht als die Absichten und Ziele der Menschen, dann ist ja die Möglichkeit, die Denkmöglichkeit da, daß die Weit auch ohne diese Nebenabsichten bestehe. Und im Grunde genommen ist das ja die eigentlich geheime Meinung
des neueren Menschen, daß das Wirkliche nur in dem Physikalischen bestehe und das andere Nebeneffekte sind.
Sehen Sie, gegenüber einer solchen Anschauung wäre es einzig und allein konsequent, das Christentum streng abzulehnen, wie es die Materialisten um die Mitte des 19. Jahrhunderts getan haben. Diese Materialisten um die Mitte des 19. Jahrhunderts - ich habe einzelnes von ihnen angeführt im Basler öffentlichen Vortrage - sind nun wirklich bis zu den Konsequenzen der materialistischen Weltanschauung gegangen. Sie haben die Konsequenzen gezogen, indem sie gesagt haben: Ist der Naturalismus richtig, dann bleibt nichts anderes übrig, als es lächerlich zu finden, einen Unterschied zu machen zwischen dem Verbrecher und dem guten Menschen, denn selbstverständlich verwandelt sich in dem Verbrecher genau ebenso die aufgewendete Kraft in Wärme wie in dem guten Menschen. Die Fragen, die heute die Welt durchzucken, sind im Grunde genommen vielfach Fragen der Ehrlichkeit, des Mutes, der Konsequenz. In einer Zeit allerdings, in der man nicht solche Ehrlichkeit in bezug auf die äußeren Dinge des Lebens hat, ist es ja nicht verwunderlich, daß in bezug auf diese Kardinalfragen diese Ehrlichkeit nicht da ist.
Und so kommt es, daß die heutige Menschheit noch von Christus redet, ohne eigentlich wirklich etwas davon zu wissen, daß dieser Christus sich wirklich unterscheiden muß von einem allgemeinen Gott, der der ganzen Natur zugrunde liegt. Wenn allmählich die Christus-Vorstellung übergeht in die bloße Gottes-Vorstellung, dann bedeutet das einen Rückschritt der Menschheit hinter das Mysterium von Golgatha zurück. Um aber das Christentum wirklich zu fassen, dazu ist notwendig, daß dieses Prinzip der Entartung ernst genommen werde und daß diesem Prinzip der Entartung ernst gegenübergestellt werde die Notwendigkeit, aus etwas ganz anderem heraus zu arbeiten, als aus dem, was den Keim der Entartung in sich trägt. Die gegenwärtige Menschheit wird aufmerksam darauf werden müssen, daß in dem Zeitpunkte, in dem die Erde sich hinbewegte - mit der Menschheit selbstverständlich - zu dem Mysterium von Golgatha, durch das Mysterium von Golgatha innerhalb des Erdengeschehens sich etwas abspielte, was nicht bloß ein Rationalistisches des Menschlichen
bedeutet hat, sondern was ein Rationalistisches bedeutet hat für das ganze Erdenleben.
Allerdings, will man dieses einsehen, dann muß man Natur und Geist in einer viel intensiveren Weise studieren, als das in der Neigung der heutigen Menschheit liegt. Um uns zu verständigen, möchte ich Sie zurückweisen auf etwas, was im Bewußtsein der Menschheit vielleicht bis zum 8. vorchristlichen Jahrhunderte lebte. Der Mensch bis zum 8. vorchristlichen Jahrhunderte fühlte sich in der Tat nicht als ein so isoliertes, abgeschlossenes Wesen, wie er sich heute fühlt. Heute fühlt sich ja der Mensch eigentlich nur als das Wesen, das innerhalb seiner Haut eingeschlossen ist. Der Mensch bis zum 7. oder 8. vorchristlichen Jahrhunderte fühlte sich einmal als ein Glied des ganzen Weltenalls, und er fühlte sich auch hineingestellt in das Geschehen des ganzen Weltenalls. Er fühlte nicht in einer solchen intensiven Weise - die Sache erscheint dem heutigen Menschen fast grotesk, aber es ist so-, der Mensch dieser alten Zeiten fühlte nicht so, wie der heutige Mensch, sein Haupt streng abgeschlossen durch die Schädeldecke, sondern er fühlte, daß dasjenige, was in seinem Haupte lebte, eine Fortsetzung hat hinaus in die Welt und hinzugehört zu dem gesamten Sternenhimmel (Tafel 29, links; Himmelsbogen blau, Sterne und Strahlen gelb). Der Mensch
- so sonderbar es dem heutigen Menschen erscheint - fühlte sein Haupt so, daß es lebendig zusammenhing mit den Sternen. So daß er sich sagte: Indem sich über mir der Nachthimmel wölbt, bin ich es eigentlich, der da in lebendiger Kommunikation meines Hauptes mit den Sternen lebt. - Und er sagte sich: Wenn ich nun weitergehe im Zeitenlaufe, wenn nach der Nacht der Tag erscheint, die Sterne, die erst auf der einen Seite heraufgekommen sind, auf der anderen Seite hinuntergehen, dann tritt an die Stelle der Sterne die Sonne. Da wirkt nicht mehr in meinem Haupte die Konfiguration des Sternenhimmels, sondern da vertritt die Sonne die Stelle des Sternen-himmels, und der Sonne zugeordnet sind meine Augen. - Und nun, indem er das empfand: Der Sonne zugeordnet sind meine Augen, wenn ich während des Tages mich auf der Erde beschäftige, - indem er das lebendig empfand, sagte er sich: So wie jetzt, da es ein Erdendasein
gibt, meine Augen zugeordnet sind der Sonne, so war in demjenigen Dasein, das der Erde voranging - wir nennen es Mondendasein -, mein ganzes Haupt eine Art Auge; nur sah dieses Auge nicht so wie jetzt eben nur in zweifacher, die Gegenstände zusammenfassender Weise, sondern es sah hinaus in den Weltenraum, es waren gewissermaßen in mir, in meinem Gehirn, so viele kleine Augen, als Sterne sind. Aus diesen kleinen Augen ist alles dasjenige geworden, was jetzt in meinem Gehirn lebt, und meine Sinnesaugen sind spätere Produkte, die der Sonne zugeordnet sind, wie mein Gehirn zugeordnet war dem Sternenhimmel. Mein Gehirn ist daher ein späteres Entwickelungsprodukt eines Auges, oder eigentlich vieler Teilaugen, so vieler Teilaugen, als Sonnen da draußen leuchten zur Nachteszeit. Aus dem Sinn ist mein Gehirn geworden. Und was jetzt im Erdendasein mein Auge ist, wodurch ich mit dem, was in meiner irdischen Umgebung lebt, in Kommunikation stehe, das wird Innenorgan sein, wie jetzt mein Gehirn, wenn die Erde einmal von einem zukünftigen Planetenzustand abgelöst ist - Sie wissen, wir nennen das Jupiterzustand. Was jetzt äußerlich an meiner Oberfläche ist, das zieht in mein Inneres dann ein. Die Menschen werden anders ausschauen. Was sie jetzt als korrespondierend mit der Umgebung haben, das wird in der Zukunft Innenorgan sein. - So hat instinktiv eine alte Menschheit gefühlt, hat gesagt: Licht dringt durch mein Sinnesauge; aber in meinem Inneren bewahre ich das Licht der alten Zeiten; das wirkt in mir als Gedanke. Der Gedanke war Sinneswahrnehmung, als noch nicht Erde war, als die Erde noch ein anderer Planet war. Und meine Sinneswahrnehmung wird Gedanke der Zukunft sein. - Das alles empfand man in alten Zeiten als eine Weisheit, die - wir sagen heute - instinktiv empfunden wurde. Die Alten haben nicht mit dem Wort «instinktiv» so unverständig herumgeworfen, wie die gegenwärtige Menschheit das tut, sondern die Alten haben gesagt: Das ist die Weisheit, die uns die Götter vom Himmel auf die Erde gebracht haben. - Dasjenige, was in ihnen instinktiv aufgegangen ist von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von dem haben sie gesagt: Das haben uns gebracht die Unsterblichen. - Und sie haben es sich vorgestellt im Bilde. Und das
Isis-BiId, was sagt es denn? «Ich bin das All. Ich bin die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Meinen Schleier hat noch kein Sterblicher gelüftet.» Die Interpretation, die die neuere Menschheit gibt, ist eigentlich eine sonderbare. Denn die neuere Menschheit denkt bei einem solchen Satze, in dem ja «Sterblicher» steht, schon materialistisch. Sie denkt eigentlich bei dem Isis-Satze nicht: «Ich bin die Vergangenheit, ich bin die Gegenwart, ich bin die Zukunft. Meinen Schleier hat noch kein Sterblicher gelüftet», sondern sie denkt eigentlich: «Ich bin die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Meinen Schleier hat noch kein Mensch gelüftet.» So denkt die moderne Menschheit. Sie denkt gar nicht daran, daß sie ja auf der andern Seite sich selbst für unsterblich hält, und daß sie daher das «Meinen Schleier hat noch kein Sterblicher gelüftet» gar nicht als eine abschließende Sache betrachten kann. Novalis hat gesagt: Nun gut, dann müssen wir eben Unsterbliche werden, um den Schleier der Isis zu lüften!
Man denke sich nur, welchen Untergedanken diese moderne materialistische Menschheit hervorgebracht hat. Aber es tut ihr auch wohl; denn indem sie denkt: «Ich bin das All. Ich bin die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Meinen Schleier hat noch kein Mensch gelüftet», so erspart sie sich die Anstrengung, um den Schleier zu lüften, und ihre Philosophen können tradieren, daß der Mensch ja die Grenzen der Erkenntnis hat. In Wahrheit meinen diese Philosophen, daß der Mensch zu faul ist, um den Erkenntnisweg zu gehen. Aber das mögen sie nicht sagen. Daher sagen sie, der Mensch habe Grenzen der Erkenntnis. Und in unserer Zeit, die autoritätsfrei sein will, nimmt man diese Dinge hin. Sie dürfen in der Zukunft nicht hingenommen werden, wenn die Menschheit nicht in die Dekadenz fallen will. Und es darf nicht übersehen werden, daß niemand das Recht hat, sich einen Christen zu nennen, der nur an einen allgemeinen Fortschritt glaubt, der sich nicht darüber klar ist, daß, wenn die Erde sich seit dem Mysterium von Golgatha selbst überlassen wäre, sie in die Dekadenz verfallen würde. So daß wir nötig haben, der Dekadenz etwas entgegenzusetzen, das wir nicht von der Erde nehmen können, nicht aus dem nehmen können, woraus
die Erde ist, nicht aus dem Vatergotte nehmen können, sondern nehmen müssen von dem Sohnesgotte, es einimpfen müssen demjenigen, was fortlaufende Menschheitsentwickelung ist. Es ist durchaus ein Ablenken der Menschheit von dem, was ihre jetzige Aufgabe ist, wenn man immerzu nicht zugeben will, daß das Weltenall in Zusammenhang zu bringen ist mit dem Christus-Ereignis. Denken Sie nur, was es eigentlich heißt, wenn von katholischer und evangelischer Bekenntnisseite dagegen gewettert wird, daß durch die Geisteswissenschaft geltend gemacht werde, es müsse der ChristusGedanke an den Kosmos-Gedanken angeknüpft werden, wenn dagegen immer wieder gesagt wird, es hätte diese Geisteswissenschaft keinen Begriff davon, daß der Christus zunächst nur als etwas Ethisches aufzufassen ist, als etwas, was sich nur in die moralische Weltenordnung hineinstellt. Ja, wenn man die moralische Weltenordnung nur als einen Nebeneffekt der Umwandelung der Kräfte hat, dann stellt sich der Christus-Gedanke, wenn er sich nur in die moralische Weltenordnung hineinstellt, auch eben als ein Nebeneffekt der Weltenordnung dar.
Das war also eines, worauf eine sogenannte instinktive Erkenntnis der Menschheit hingewiesen hat, wie das menschliche Gehirn im Zusammenhange steht mit der Sternensphäre, wie das menschliche Auge in gewisser Weise zugeordnet ist der Sonnensphäre. Wenn Sie zurückgehen in gewisse ältere Zeiten, wo man noch eine qualitative Erkenntnis gehabt hat von astronomischen Dingen und auch von irdisch-elementarischen Dingen, so werden Sie sehen, daß man da das Licht in eine gewisse Beziehung bringt mit dem, was um unsere Erde zunächst herum ist, mit der Luft. Die Alten in ihrer instinktiven Erkenntnis konnten sich das Licht ohne die Luft nicht denken. Die Neueren in ihrer Abstraktionserkenntnis sondern so etwas, was sie sich als Licht auslegen - allerdings, sie schildern es als schwingende Bewegung des Äthers und sie schildern es in einer ganz sonderbaren Weise -, sie sondern es von der Luft ab und können es mit der Luft nicht anders zusammenbringen, als daß sie höchstens die Luft als ein Mittel betrachten, durch welches das Licht durchgeht. Aber sehen Sie, es ist ja eigentlich höchst merkwürdig, wie wenig die
Menschen nachdenken über dasjenige, was ihnen, ich möchte sagen, vorgemacht wird: Erde, der unendliche Weltenraum, Sterne. (Tafel 29, ganz links; Umkreis zum Teil auf der anderen Tafel.) Ja, unter diesen Sternen sind solche, von denen das Licht Millionen von Jah-ren braucht, um auf die Erde herunterzukommen. Jetzt wird es Nacht. Da ist ein Stern, da braucht das Licht kürzere Zeit, um auf die Erde herunterzukommen. Nehmen Sie nun einmal an, was haben Sie denn in den Lichtstrahlen? Doch wahrhaftig nicht den Stern, wenn Sie hinausschauen in der Richtung des Lichtstrahles. Der Lichtstrahl, der da in Ihr Auge fällt nach dieser Theorie, der kommt ja von etwas, was Jahrmillionen zurückliegt; das kann sogar schon längst kaputt gegangen sein, da kommt noch immer das Licht her. Was da eigentlich in der Welt draußen ist, von dem sollte ja nicht geredet werden. Es sollte ja eigentlich nur davon geredet werden, daß da Lichtkanäle ankommen, die vielleicht noch zu irgendwelchen existierenden Sternen führen können, aber auch zu solchen, die gar nicht mehr da sind.
Wir müssen uns durchaus befreunden damit, wie ja für uns Lichterscheinungen als solche sich in der Lufterscheinung darstellen. Wenn auch das Licht durch den scheinbar luftleeren Raum geht, für uns stellt es sich nicht im luftleeren Raume dar, sondern im luft-erfüllten Raume, denn nur da können wir sein. Und so lebt sich für uns zusammen Licht und Luft. Dadurch kommt man dann, indem man, ich möchte sagen, in Licht und Luft zusammen lebt, in der Menschenkonstitution tiefer. Man kommt um ein Stück tiefer; man kommt am menschlichen Haupte vom Auge zur Nase. Die Nase ist ja zunächst - und die orientalische Philosophie wußte viel davon -dasjenige, wodurch man ein- und ausatmet. Das Auge ist das Aufnahmeorgan für das Licht. Nase und Auge teilen sich. Die Nase paßt sich der Luft an, und alles, was sich da der Luft anpaßt, das verlängert sich hinaus in die Planetenwelt. Die Sonne macht den Anfang, indem sie auf unser Auge wirkt. Aber das übrige wirkt auf unsere übrige Konstitution, und wir kommen herunter aus der Sternenwelt in die Welt der Sonne und Planeten und sind beim Menschen als dem auf seine Nase hin Konstituierten angekommen. Und dann
kommen wir gar zur Erde herunter und gehen von der Nase zum Munde, zum Geschmacksorgan, und nehmen da die Stoffe der Erde auf durch das Geschmacksorgan, kommen von der planetarischen Welt in die Erdenwelt herein. Und wir haben den übrigen Menschen wie ein Anhängsel, den Kopf als ein Anhängsel der Augen, die Brust als ein Anhängsel der Nase, den ganzen übrigen Menschen, den Gliedmaßenmenschen, den Stoffwechselmenschen im ganzen als ein Anhängsel des Geschmacksorgans. Und wir haben den Menschen zugeteilt, wenn wir ihn nun in seiner Gesamtheit auffassen, der Sternenwelt, der Sonnen- und Planetenwelt, der Erdenwelt (diese Gebiete werden in die Zeichnung links, Tafel 29, eingezeichnet). Wir haben den Menschen hineingestellt in das ganze Weltenall, und wir sehen in dem menschlichen Haupte, insofern es der Träger des Gehirnes ist - innerlich, nicht äußerlich, nicht durch physische Anatomie, sondern durch inneres Wissen - ein unmittelbares Abbild der Sternenwelt. Wir sehen in alledem, was von der Nase sich verlängert zur Lunge und so weiter, ein Abbild des Planetensystems mit der Sonne. Und wenn wir dann dasjenige, was vom Menschen übrigbleibt, ins Auge fassen, dann sehen wir in dem dasjenige, was vom Menschen so erdgebunden ist, wie zum Beispiel das Tier erdgebunden ist. Auf diese Art kommen wir erst auf den wirklichen Parallelismus zwischen dem Menschen und der übrigen Welt. Wir sehen ihn herausgedeutet aus dieser übrigen Welt. Und so sollte man den Menschen auch im einzelnen verstehen.
Bedenken Sie einmal, wenn Sie den Blutkreislauf betrachten, wie, sagen wir, zunächst das von der äußeren Luft umgewandelte Blut in die linke Herzvorkammer geht, dann von da in die linke Herzkammer, von da abzweigend durch die Hauptschlagader, durch die Aorta in den Organismus (Zeichnung rechts). Wir können sagen: Blut von der Lunge zum Herzen, von da in den übrigen Organismus, aber mit einer Abzweigung zum Haupte. Das Blut, das durch den Organismus durchgeht, nimmt aber dann die Nahrung auf. In sie ist eingeschaltet alles dasjenige, was von der Erde abhängig ist. Was da als der Verdauungsapparat eingeschaltet ist in den Blutkreislauf, das ist irdisch; was eingeschaltet ist dadurch, daß
wir atmen, wo wir in die Blutbahn den Sauerstoff hineinbringen, das ist planetarisch; und dann haben wir jenen Blutkreislauf, der in unser Haupt geht, der alles dasjenige umschließt, was unser Haupt ist. Wie der Lungenkreislauf mit der Sauerstoffaufnahme, Kohlensäureabgabe, dem Planetarischen zugeteilt ist, wie dasjenige, was in unserem Blut eingefügt wird durch unseren Verdauungsapparat, der Erde zugeteilt ist, so ist dasjenige, was da in dem kleinen Kreislauf nach oben sich abzweigt, der Sternenwelt zugeteilt. Das wird gewissermaßen herausgezogen aus der Aorta und strömt dann wiederum zurück, vereinigt sich mit dem vom übrigen Organismus zurück-strömenden Blute, so daß das Blut von oben und unten gemeinsam zum Herzen zurückströmt. Dies, was da oben abgezweigt ist, das sagt gewissermaßen zu dem ganzen übrigen Kreislauf: Ich mache nicht mit, weder den Sauerstoffprozeß noch den Verdauungsprozeß, sondern ich sondere mich aus, ich stülpe mich da drüber. - Das ist dasjenige, was mit der Sternenwelt zusammenhängt. Ebenso könnte man es für das Nervensystem verfolgen. Man bekommt keine Anschauung von dem Menschen, wenn man glaubt, man könne bloß den Menschen nehmen, wie man ihn sinnlich vor sich hat, und könne ihn da studieren. Da findet man jenen Brei innerhalb der Schädelhöhle, welchen unsere physische Anatomie beschreibt. In Wahrheit ist dasjenige, was unsere physische Anatomie beschreibt, eben ein Nichts, denn es ist der Zusammenfluß von Kräften des Sternenhimmels. Und es ist geradeso unsinnig, dieses physische Gehirn für sich zu beschreiben, wie wenn man eine Rose für sich beschreiben wollte. Es hat doch keinen Sinn, eine Rose für sich zu beschreiben, denn sie ist kein Wesen für sich. Sie kann nicht abgesondert gedacht werden vom Rosenstock. Sie geht ja zugrunde, wenn sie abgesondert ist vom Rosenstock. Sie ist nichts, vom Rosen-stock abgesondert. So ist das menschliche Gehirn nichts, vom Sternenhimmel abgesondert.
Aber jetzt erinnern wir uns an dasjenige, was ja eigentlich die Sonne ist. Ich habe Ihnen immer wieder und wiederum betont, die Physiker würden sehr erstaunt sein, wenn sie einen Luftballon ausrüsten könnten, wie es ja jedenfalls in ihrem Ideale liegt, und da
hinausfahren könnten zur Sonne in der Vermutung, einen glühenden Gasball zu finden. Den würden sie nicht finden, sondern sie fänden eine Saugsphäre, etwas, was allerdings alles mögliche in sich aufsaugen will, aber was eigentlich leerer Raum ist, und noch mehr leer ist als leerer Raum, negative Materie. Innerhalb des Umkreises der Sonne liegt nichts, was sich vergleichen ließe mit unserer Materie. Das ist nicht nur leer, das ist weniger als leer, das ist ausgespart gegenüber der übrigen Materie. Es handelt sich eben durchaus darum, daß man nun wirklich nicht in der heutigen Zeit beginnt, wirklichkeitsungemäß über die Dinge der Welt zu spekulieren, sondern daß man sich erfülle mit Wirklichkeitsgeist. Ich habe Ihnen ja vor kurzer Zeit ein hübsches Stückchen von der Relativitätstheorie gesagt. Sie erinnern sich an den Kasten, den ich Ihnen da vorgeführt habe, den Einsteinschen Kasten, wodurch die Gravitationslehre überwunden werden soll. Ein anderes ist das, was Einstein ja auch geltend gemacht hat, daß auch die Ausdehnung eines Körpers etwas bloß Relatives ist, und daß sie abhängt von der Schnelligkeit der Bewegung, daß also auch, nach der Einsteinschen Theorie, ein Mensch, wenn er sich mit einer gewissen Geschwindigkeit durch den Welten-raum bewegt, nicht mehr die Dicke hat von vorne nach hinten, die er hat, sondern wenn er sich mit der nötigen Geschwindigkeit bewegt, so dünn wird wie ein Papier. Das ist etwas, was da ernsthaftig besprochen wird unter den Einsteinern, unter diesen Leuten mit der epochemachenden Effindung der Relativitätstheorie. Solches Verweilen in wirklichkeitsfremden Gedanken, das bildet ja heute schon Wissenschaft. Und das ist der Gegenpol für dasjenige, was auf der anderen Seite Bekenntnis ist.
Der Arzt ist verwiesen worden auf das bloß Physische, der Priester auf das bloß Seelische. Das Geistige ist ja abgeschafft. Der Priester ist verwiesen auf das bloß Seelische. Aber denken Sie nur, wenn das sich so fortentwickelt, daß alles, was außerhalb des Physischen liegt, Nebeneffekte sind! Pferde, Wagen, real den physischen Sinnen, die aufgewendeten Pferdekräfte, sie wandeln sich um in das Heißer-werden der Pferde, der Wagenachse, das Heißerwerden der Straßen-furchen: das andere ist - ja, man kann nicht sagen, das fünfte Rad
am Wagen, denn es ist ja weniger als das fünfte Rad am Wagen, es ist ein bloßer Nebeneffekt, der eigentlich nicht zur Realität dazugehört. Und während der Arzt sich bloß mit der Umwandelung der Kräfte befaßt, beschäftigt sich dann mit dem Nebeneffekt der Priester. Der ist also auch eigentlich, man kann nicht einmal mehr sagen, das fünfte Rad am Wagen innerhalb der modernen Weltanschauung, denn was erzielt der denn noch, wenn das alles Neben-effekte sind? Es ist schon so, wenn Ärzte wie Julius Robert Mayer Philosophie machen, dann wird das Physik, und wenn die Anhänger der Seelensubstanz, oder was es dann halt ist, wenn die Philosophie machen, so werden es abstrakte Begriffe, und die zwei Weltenströmungen stehen einander so fremd gegenüber, wie die materialistischen Ärzte von der Mitte des 19. Jahrhunderts und die predigenden Pfarrer. Die haben sich wahrhaftig nicht verstanden, auch nicht geachtet, sondern - nun, vielleicht sich höchstens politisch bekämpft. Nun ist allerdings eine Zeit heraufgestiegen, in der man weniger ehrlich, weniger konsequent ist, und die nun ganz ernsthaftig überwunden werden muß. Aber - ernsthaftig muß das schon geschehen.
Wir haben nicht nur zu kämpfen gegen bösen Willen, sondern schon auch, was ja vielleicht doch auch in die Waagschale fällt, gegen alle Standpunkte der Dummheit und der Unkenntnis. Nun ja, so sind die Dinge. Dann darf ich noch persönlich betonen, daß ich ja aus einem gewissen Antriebe heraus zu Pfingsten sprechen werde in drei Vorträgen am Samstag, Sonntag und Montag über die Philosophie des Thomas von Aquino, am Samstag über den Augustinismus und am Sonntag über den Thomismus als solchen, über das Wesen des Thomismus, und am Pfingstmontag über den Thomismus und die Gegenwart. Ich weiß nicht, ob dann unsere Gegner nicht auch damit anfangen werden, daß sie uns das Recht absprechen, uns hier über den Thomismus zu unterhalten, zu belehren. Aber es ist vielleicht doch am besten, dem Gerede, das aus jener Ecke herkommt, einmal eine ernsthafte Betrachtung des Thomismus entgegenzusetzen. Sie wissen ja, daß durch eine Enzyklika Leo XIIL der Thomismus zu der offiziellen Philosophie des Katholizismus erklärt
worden ist, und ich weiß nicht, ob nun dasjenige, was hier als Thomismus wird vorgetragen werden, nun auch als eine unberechtigte Propaganda, die von Dornach ausgeht, wird bezeichnet werden. Wollen wir einmal sehen, was daraus wird.
SECHZEHNTER VORTRAG Dornach, 16. Mai 1920
Wenn man versucht zu erkennen, wie der Mensch im ganzen Universum drinnensteht, so handelt es sich darum, nicht nur das Räumliche dabei ins Auge zu fassen, sondern auch das Zeitliche. Wer die Entwickelungsgeschichte der Menschheit etwas verfolgt, wird finden, daß es eine Eigentümlichkeit orientalischer Weltanschauung ist, das Räumliche in den Vordergrund zu stellen, allerdings nicht so, daß das Zeitliche dabei ganz unberücksichtigt bleibt; aber es steht das Räumliche im Vordergrunde. Dahingegen ist es das Eigentümliche abendländischer Weltanschauung, mit dem Zeitlichen in ganz besonderem Maße zu rechnen. Und gerade der Hinblick auf dieses Zeitliche in der Entwickelung der Menschheit und des Universums überhaupt ist dasjenige, was bei einer richtigen Anschauung über die Christus-Kraft vor allen Dingen berücksichtigt werden muß. Dann aber, wenn man die Christus-Kraft in ihrer ganzen Bedeutung innerhalb der Evolution der Menschheit und der Erde richtig erkennen will, dann muß man den Menschen selbst zeitlich richtig in das ganze Universum hineinstellen können. Daran hindert heute, wie ich schon mehrfach erwähnte, der allgemeine Glaube an das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und namentlich auch an das Gesetz von der Erhaltung des Stoffes. Dieses Gesetz von der Erhaltung der Kraft, das ist es ja vor allen Dingen, welches den Menschen so in das Weltenall hineinstellen möchte, daß dieser Mensch dabei eigentlich nur wie ein Naturprodukt in diesem Weltenall drinnen-steht. Es sind ja sogar schon Versuche gemacht worden zu ergründen, wie die Umwandelung desjenigen, was der Mensch aufnimmt als Nahrung, durch die Verbrennung geschieht in Kräfte, und wie die dann in dem Menschen auftretende Verbrennungswärme und seine sonstige Kraft sich als die umgewandelte Kraft der Nahrungsmittel ergibt. Solche Versuche sind bereits in der neueren Zeit mit Studenten gemacht worden. Sie gleichen dem Gedanken, der etwa in der folgenden Weise sich geltend machen wollte: Man sieht ein
Haus, hört, das ist eine Bank, versucht durch irgendwelche Manipulationen alles Geld, welches hineingetragen wird in diese Bank, zu zählen und zählt dann auch alles dasjenige Geld, das wiederum herausgetragen wird; und man findet, daß das dasselbe ist. Und jetzt zieht man daraus den Schluß: also hat sich das Geld darinnen umgewandelt, oder es ist das gleiche geblieben, und es sind keine Beamten, keine Menschen in diesem Bankhaus drinnen. So ungefähr ist ja die logizität des Gedankens, daß man alles dasjenige, was der Mensch in sich hineinißt, in den umgewandelten Kräften seiner Erwärmung, seiner Betätigung wiederum finden könne. Man hat auch da nur nicht den Mut, wirklich einrnal, ich möchte sagen, die Gedankentiefe zu prüfen, die diesen modernen Prinzipien zugrunde liegt. Man würde gar mancherlei herausbekommen, wenn man das, was in der sogenannten Wissenschaft der Gegenwart figuriert, auf seine Logizität und namentlich auf seinen Wirklichkeitscharakter hin prüfen würde.
Nun handelt es sich darum, daß ja durch alle diese unwirklichkeitsgemäßen und im Grunde genommen auch unlogischen Denk-operationen der neueren Zeit, der Mensch eben in diesen Zwiespalt hineingestellt ist, auf den ich in diesen Tagen aufmerksam machte, wo auf der einen Seite die Ideale stehen, Nebeneffekte, auf der anderen Seite das Naturgeschehen steht und man keine Brücke von dem einen zu dem andern finden kann. Höchstens wird in der neueren Zeit von dekadenten Schwätzern auf dem Gebiete der Philosophie, wie etwa Eucken oder Bergson, versucht, in das Natur-geschehen in einer Weise hineinzureden, durch die ein wenig geschmeichelt werden kann dem primitiven Denken derjenigen Menschen, die durchaus nicht auf etwas Konkretes eingehen wollen, sondern die sich mit solch einem Gefasel, wie es der Euckenismus oder der Bergsonismus ist, zuftieden geben wollen. Um was es sich handelt, ist zunächst einmal, sich zu fragen: Was trägt der Mensch in sich aus dem ganzen Umfange des Universums heraus? Was trägt der Mensch in sich so, daß er sich in diesem Gliede des Universums mit seinem Selbst betätigen kann, so betätigen kann, daß man sieht, was da entsteht, ist sein Eigenes. - Mle anderen Dinge des Universums,
alle anderen Wesenschaften, wenn ich das Wort bilden darf, alle andern Wesenschaften des Universums sind weniger leicht zu übersehen, aber eine Wesenscnhaft ist ja zunächst wirklich leicht zu studieren, wenn man nur absieht von allen Vorurteilen der sogenannten neueren Wissenschaft, das ist die Wärme.
Gewiß, man muß zunächst sich sagen, auch die Tierwelt und vielleicht bis zu einem gewissen Grade die Pflanzenwelt haben Eigenwärme; aber in einer solchen Weise, wie die höhere Tierwelt und die Menschenwelt Eigenwärme haben, kann man sie doch unterscheiden von anderen Arten von Eigenwärme, die entwickelt werden. Jedenfalls ist es notwendig, einmal auf dieses, was wir Eigen-wärme im Menschen nennen können, hinzusehen. Ich will heute von der Tierheit ganz absehen, obwohl das, was ich sage, durchaus nicht im Widerspruche steht mit den Tatsachen innerhalb der Tierwelt; aber es würde heute zu weit führen, die Betrachtung auch auf die Tierwelt auszudehnen. In dem, was der Mensch als seine Eigen-wärme hat, und in dem zunächst etwas vorliegt, was sich gewissermaßen als eine Art Wärmeorganismus absondert für jeden Menschen von der übrigen universellen Wärme, in dem hat er sein innerstes körperliches, sein innerstes leibliches Betätigungsfeld. Man ist nur darauf nicht aufmerksam, weil dem gewöhnlichen Bewußtsein sich ja entzieht, wie im Grunde genommen dasjenige, was im Menschen als Seelisch-Geistiges lebt, seine unmittelbare Fortsetzung findet in einer Wirkung auf die im Menschen vorhandene Wärme. Man sollte eigentlich zunächst, wenn man von des Menschen Leiblichkeit spricht, von seinem Wärmeleib sprechen. Man sollte sagen: Wenn ein Mensch vor dir steht, so steht vor dir auch ein abgeschlossener Wärmeraum, der in einer gewissen Beziehung höhere Temperatur hat als die Umgebung. In dieser erhöhten Temperatur lebt zunächst das, was geistig-seelisch im Menschen ist, und auf dem Umwege durch die Wärme überträgt sich das, was im Menschen geistigseelisch ist, auch auf die übrigen Organe. So kommt ja auch der Wille zustande.
Der Wille kommt dadurch zustande, daß zuerst auf die im Menschen befindliche Wärme gewirkt wird und dann, indem auf die
Wärme gewirkt wird, auf den Luftorganismus, von da auf den Wasserorganismus und von da erst auf das, was im Menschen mineralisch fester Organismus ist. So daß man also sich die menschliche Organisation so vorzustellen hat: Man wirkt innerlich zuerst auf die Wärme, dann durch die Wärme auf die Luft, von da auf das Wasser, auf den Flüssigkeits-Organismus, und von da auf den festen Organismus. Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß der Mensch ja zum geringsten Teile seines Organismus aus Festem besteht, daß er zu mehr als 75 Prozent ja Wasserkörper ist. Dies, daß wir eigentlich leben und weben in unserer Wärme, das gehört zu den physiologischen Tatsachen, die streng ins Auge gefaßt werden müssen. Wir dürfen auch dasjenige, was da als ein abgeschlossener Wärme-raum ist (Tafel 30, große Form Mitte oben), nicht einfach etwa so auffassen, daß da eben ein Wärmeraum von einer höheren Temperatur als die Umgebung ist, sondern wir müssen das so auffassen, daß da differenziert wärmere und kältere Partien sind. Ebenso wie in uns Leber, Lunge und so weiter differenziert sind, so ist unser Wärmeorganismus differenziert, und er ist so, daß er seine Differenzierung innerlich fortwährend ändert. Er ist in einer bewegten Differenzierung. Und in diesem innerlichen Organisieren von Wärme besteht dasjenige, was sich zunächst an die seelisch-geistige Tätigkeit anschließt.
Sehen Sie, heute reden die Philosophen davon, man könne nicht die Wirkung des Geistig-Seelischen auf das Leibliche einsehen, weil sie sich einen Arm etwa so wie irgendeine feste Hebelvorrichtung vorstellen (dieselbe Tafel, Winkel rechts oben). Dann kann man natürlich nicht einsehen, wie auf diese feste Hebelvorrichtung sich die Tätigkeit des Geistig-Seelischen, das man möglichst abstrakt vorstellt, übertragen soll. Man muß nur sein Augenmerk auf die Übergänge richten. Da also finden wir dasjenige, was für den Menschen herausorganisiert ist aus dem ganzen Universum. Und nun handelt es sich darum, daß, wenn wir real den Gedanken des Menschen studieren, wir daraufkommen, daß das Denken, das sich in unserem Haupte geltend macht, sehr viel zu tun hat mit diesem innerlichen Arbeiten in den Wärme-Verhältnissen. Es ist das etwas ungenau gesprochen,
aber es kann nur im Laufe der Zeit das Ungenaue vielleicht durch das Genauere ergänzt werden. Wir müssen versuchen, ein abgeschlossenes Bild zu bekommen. Daher will ich mehr kursorisch zunächst charakterisieren. Es ist so, daß, wenn man beobachtet dieses Ineinanderarbeiten von Gedanken im Wärmeraum, im abgeschlossenen Wärmeraum, wenn man das beobachtet, dann zeigt sich, daß so etwas wie ein Zusammenwirken von dem, was die Denk-tätigkeit ist, mit der Wärmetätigkeit vor sich geht. Und worinnen besteht das? Sehen Sie, da kommen wir auf etwas, was ich Sie bitte, sehr genau zu berücksichtigen.
Wenn Sie den ganzen übrigen Menschen nehmen und dann sein Haupt (dieselbe Tafel, ganz rechts), so können Sie natürlich einen Stoffwechsel vom ganzen übrigen Menschen zum Haupt hin verfolgen. Und daß schließlich das Haupt mit dem Denken etwas zu tun hat, das spüren Sie ja als eine unmittelbare Erfahrung. Aber was geschieht da in Wirklichkeit? Sehen Sie, was da in Wirklichkeit geschieht, darauf möchte ich Sie führen, indem wir nach und nach zu dem entsprechenden Bilde kommen wollen. Nehmen Sie einmal an, Sie haben eine Flüssigkeit; Sie bringen sie zum Kochen; da verdunstet sie, da geht sie in eine Substanz von größerer Dünnigkeit über. Noch viel intensiver geschieht dieser Vorgang durch das menschliche Denken. Es bewirkt, daß in dem, was da als Stoffwechsel sich abspielt im menschlichen Haupte, aller Stoff abfällt, gewissermaßen als Bodensatz abfällt und dann ausgeschieden wird (Pünktchen in der Zeichnung), und daß zurückbleibt von dem das bloße Bild.
Ich will ein anderes Bild noch gebrauchen, damit Sie mich verstehen. Denken Sie sich einmal, Sie haben hier ein Gefäß (ganz links). In diesem Gefäß haben Sie eine Lösung. Sie bringen die Lösung zum Abkühlen, was auch ein Wärmeprozeß ist. Unten sammelt sich ein Bodensatz, oben sammelt sich die feinere Flüssigkeit. So ist es hier (in der Zeichnung ganz rechts) durch das menschliche Haupt. Nur sammelt sich da oben überhaupt nichts Materielles, sondern die bloßen Bilder, und das Materielle wird ausgeschieden. Das ist die menschliche Hauptestätigkeit, daß sich die bloßen Bilder sammeln und das Materielle ausgeschieden wird. Dieser Prozeß vollzieht
sich tatsächlich in alledem, was man den Übergang des Menschen zum reinen Denken nennen kann. Da fällt gewissermaßen in den Organismus zurück alles Materielle, das sich an dem menschlichen Innenleben beteiligt hat, und es bleiben allein die Bilder. Tatsächlich ist es so, daß wir, wenn wir uns zum reinen Denken aufschwingen, in Bildern leben. Unsere Seele lebt in Bildern. Und diese Bilder, sie sind dasjenige, was von allem Früheren bleibt. Nicht das Materielle bleibt, sondern die Bilder bleiben.
Das, was ich Ihnen jetzt auseinandergesetzt habe, das ist zu verfolgen bis in die Gedanken selbst hinein, denn es geschieht dieser Vorgang nur dann, wenn sich eben die Gedanken umwandeln in bloße Bilder. Gedanken leben ja zunächst, ich möchte sagen, verleiblicht. Sie sind von Substanz durchdrungen. Aber sie sondern sich als Bilder aus dieser Substanz heraus. Aber wir können, wenn wir richtig geisteswissenschaftlich zu Werke gehen, gut unterscheiden, was sich da als reine Gedanken, als sinnlichkeitsfreie Gedanken heraussondert aus dem materiellen Prozeß, wir können das unterscheiden von allen solchen Gedanken, welche eigen waren dem, was ich in diesen Tagen wiederum und sonst auch immer genannt habe «die instinktive Weisheit der Alten». Diese instinktive Weisheit der Alten, sie trägt, wenn wir sie heute kennenlernen, ganz genau den Charakter an sich, daß die Alten es nicht gebracht haben bis zu einer solchen Filtrierung der Gedanken, daß wirklich alles Materielle her-ausgefallen wäre. Daß wirklich alles Materielle herausfällt, das ist ein Ergebnis der Menschheitsentwickelung. Und wenn es auch durch äußere Physiologie nicht zu konstatieren ist, es ist so, daß im wesentlichen - natürlich im wesentlichen und approximativ - die Menschheit der Erde vor dem Mysterium von Golgatha immer bloß Gedanken hatte in Verbindung mit dem Materiellen und daß in der Zeit, in der das Ereignis von Golgatha in das Erdenleben eingeschlagen hat, die Menschheit in ihrer Entwickelung so weit war, daß sie absondern konnte in dem innerlich seelisch-geistigen Gedankenprozeß das Materielle; daß materienfreies Denken möglich geworden ist.
Ich bitte, fassen Sie das nicht als etwas Unbedeutendes auf. Es ist sozusagen eine der allerwichtigsten Tatsachen, die wir im Erdenleben
beobachten können, daß in diesem Erdenleben einmal das eintritt, daß die Menschen in ihrer Fortentwickelung frei werden von der Verleiblichung der Gedanken, daß die Gedanken sich umwandeln in bloße Bilder. So daß wir sagen können: Entwickelung bis zum Mysterium von Golgatha - verleiblichte Bilder leben im Menschen; Entwickelung nach dem Mysterium von Golgatha - materienfreie Bilder leben im Menschen (Tafel 31, oben). Das Universum wirkt vor dem Mysterium von Golgatha so auf den Menschen, daß er zu leibfreien, materienfreien Bildern nicht kommt. Das Universum zieht sich gewissermaßen zurück seit dem Mysterium von Golgatha Der Mensch wird in ein Sein versetzt, das nur in Bildern geschieht.
Sehen Sie, was da der Mensch vor dem Mysterium von Golgatha als seinen Zusammenhang mit der Erde erfühlt hat, das bezog er auch auf das Universum. Er bezog gewissermaßen das irdische Menschenleben auf den Himmel. Wir können das ganz genau beobachten. Es war ein deutliches Bewußtsein vorhanden im hebräischen Altertum, daß die 12 Stämme Israels irdische Projektionen sind der 12 Sternbilder des Tierkreises. Die Zwölfteiligkeit der Welt drückt sich im Menschenleben aus. (Tafel 31, rechts.) Und wir können sagen: Dazumal wurde dieses Menschenleben so vorgestellt, daß es als ein Ergebnis vorgestellt wurde der Zwölfiieit des Himmels, des Tierkreises. Die Menschen fühlten sich, auch jeder einzelne, so, daß der Sternenhimmel in sie hereinstrahlte. Sie fühlten sich vor allen Dingen als Gruppe so, daß der Sternenhimmel in sie hereinstrahlte. In der Entwickelung des althebräischen Altertums müssen wir zurückgehen bis zu der Zeit, wo uns gesprochen wird von den 12 Jakobssöhnen als den Projektionen der 12 Gebiete des Himmels auf der Er. de. Wie da im grauen Altertum sich innerhalb der hebräischen Entwickelung dieses Hereinstrahlen der Kräfte des Himmels auf den Erdenmenschen ergab, so ergab sich, weil auf den verschiedenen Punkten der Erdoberfläche die Entwickelung in verschiedenen Zeiten auftritt, für Europa ein späterer Zeitpunkt. Da müssen Sie ins Frühmittelalter zurückgehen und die Artussage, die Sage vom König Artus und seiner Tafelrunde, die bedeutsame Keltensage, studieren. Denn Mitteleuropa, das in späterer Zeit jene Etappe der Kultur
entwickelte, die die alten Hebräer schon vor Jahrtausenden entwickelt haben, Mitteleuropa war erst zu der Zeit, für die angesetzt wird die Artussage, die Sage von Artuns, Tafelrunde, so weit. Aber es ist ein Unterschied jetzt. Das hebräische Altertum entwickelte sich bis zu dem Punkte hin, wo diese Einstrahlungen aus dem Universum in dem Menschen noch das ergaben, was die verleiblichten Bilder waren. Dann kam der Zeitpunkt, wo der Leib sich von den Bildern zurückzog. Jetzt mußte den Bildern eine neue Substantialität gegeben werden. Es war ja die Gefahr vorhanden, daß der Mensch in bezug auf sein Seelenleben völlig überging in ein Bilddasein. Diese Gefahr wurde von den Menschen nicht gleich erkannt. Und noch der Cartesius zappelte; und statt den Satz auszusprechen: Ich denke, also bin ich nicht -, sprach er den Satz aus, der das Gegenteil der Wahrheit ist: Ich denke, also bin ich. - Denn wenn wir in den Bildern leben, sind wir eben nicht. Es ist das beste Zeichen, daß wir nicht sind, wenn wir in bloßen Gedanken leben, daß der Gedanke substantiell erfüllt werden muß. Damit die Menschheit nicht in bloßen Bildern fortlebe, schlägt diejenige Wesenheit in die Menschheitsentwickelung herein, die durch das Mysterium von Golgatha hereingeschlagen ist, damit wiederum innerliche Substantialität im Menschenwesen ist. Dieses Hereinschlagen der Zentralkraft, die nun der zum Bild gewordenen menschlichen Seele wieder Realität geben soll, wird aber nicht gleich verstanden - Sie trifft zunächst allerdings das althebräische Altertum. Im Mittelalter haben wir von diesem den letzten Ausläufer in der Tafelrunde der 12 um den König Artus; aber es stellt sich gleich etwas anderes entgegen: die Parzival-Sage, die den einen Menschen den Zwölfen gegenüberstellt, den einen Menschen, der nun aus seinem eigenen inneren Zentrum die Zwölfheit herausentwickelt. So daß diesem Bilde (Tafel 31, rechts), das im wesentlichen das Gralsbild wäre, entgegenzustellen ist das ParzivalBild (links), wo aus dem Zentrum ausstrahlt, was der Mensch jetzt in sich hat. Und das Bestreben derjenigen, die im Mittelalter den Parzival begreifen wollten, die rege machen wollten in der menschlichen Seele das Parzival-Streben, das Bestreben dieser war, hineinzubringen in das menschliche Bilddasein, das sich herauskristallisieren kann
nach der Filtration von allem Materiellen, Substantialität, Innerlichkeit, Wesenhaftigkeit. Während die Gralssage noch die Einstrahlung von außen zeigt, wird entgegengestellt die Parzival-Gestalt, die vom Zentrum aus in die Bilder das hineinstrahlen soll, was ihnen wieder Realität gibt.
Und indem die Parzival-Sage auftritt, ist diese Parzival-Sage das Bestreben der mittelalterlichen Menschheit, den Weg zu finden zum innerlichen Christus. Es ist ein instinktives Streben, dasjenige zu verstehen, was als der Christus in der Menschheitsentwickelung lebt. Wenn man innerlich studiert, was bei der Ausgestaltung dieser Parzival-Gestalt empfunden wurde, und dann es mit dem vergleicht, was heute in den Bekenntnissen lebt, dann bekommt man so recht einen Antrieb für das, was heute geschehen muß. Denn heute begnügen sich die Leute mit der Worthülse Wenn Sie dies bedenken, dann müssen Sie ja sich das ganze Erdendasein so vorstellen (Tafel 30, oben rechts der Mitte): Hier die Erde, auf der Erde die Menschen, in die Menschen hinein geht der Stoff. Überall sonst wandelt er sich um; im Menschen wird er vernichtet. Die stoffliche Erde wird in dem Maße verschwinden, als durch die Menschen der Stoff der Erde vernichtet wird (unten, rechts der Mitte, Erde mit abwärts strahlenden Linien). Wenn einmal aller
Stoff der Erde durch die menschliche Organisation durchgegangen sein wird, so daß er in den menschlichen Organisationen gebraucht sein wird zum Denken, dann hört die Erde als Weltenkörper auf zu sein. Und was die Menschen herausgewonnen haben aus dieser Weltenerde, das sind die Bilder (dreieckige Formen). Aber diese Bilder, die haben eine neue Realität, eine ursprüngliche Realität erhalten. Und diese Realität ist diejenige, die von der Kraft ausgeht, die sich als die Zentralkraft geltend machte durch das Mysterium von Golgatha (Kreis MG mit horizontal in die Bilder einstrahlender Linie). Das heißt, wenn wir hinblicken auf das Ende der Erde, wie stellt sich die Sache dar? Das Ende der Erde wird dann vorhanden sein, wenn auf die eben geschilderte Art der ganze Stoff der Erde vernichtet sein wird. Von dem, was innerhalb der Erdenentwickelung dann geschehen sein wird, werden die Menschen Bilder haben. Es würde am Ende der Erdenzeit die Erde im Weltenall versunken sein, und es würden bloß die Bilder da sein ohne Realität. Was ihnen aber Realität gibt, das ist, daß in der Menschheit das Mysterium von Golgatha da war, welches diesen Bildern weiterhin für das folgende Leben die innerliche Realität gibt. Damit aber ist ein neuer Anfang gesetzt für das Zukunftsdasein der Erde durch das Mysterium von Golgatha -
Sie sehen daraus, daß wir dasjenige, was in unserer Entwickelungsströmung enthalten ist, nicht bloß so anzusehen haben, daß das eine fortlaufende Entwickelungsströmung ist, wo sich eins ans andere immer wie Wirkung zur Ursache anschließt, sondern wir haben die Erdenentwickelung so anzusehen, daß es eine vorchristliche Erdenentwickelung gegeben hat, aus der alles dasjenige herauskam, was dazumal auch Menschen denken konnten. Denn das war im Vatergott enthalten, das war der Erde mitgeteilt durch ihren Vatergott. Aber der Vatergott hatte es so eingerichtet, daß dasjenige, was er als Erdenentwickelung schuf, dem absterbenden Teile der Erdenentwickelung gewidmet war. Ein neuer Anfang setzte ein mit dem Mysterium von Golgatha. Von allem Früheren sollten nur zurückbleiben die Bilder, gewissermaßen das Gemälde der Welt. Aber diese Bilder sollten eine neue Realität erhalten durch dasjenige, was
als Wesenheit in die Erdenentwickelung hereingedrungen ist durch das Mysterium von Golgatha. Das ist die kosmische Bedeutung des Mysteriums von Golgatha. Das ist es, was ich schon vor Jahren meinte, als ich sagte: Nicht eher ist das Christentum begriffen, als bis es bis zur Physik herunter all unser Erkennen durchdringt - Nicht eher ist das Christentum begriffen, bis wir herunter bis zum Physikalischen verstehen, wie die christliche Substantialität im Welten-dasein wirkt - Nicht eher ist das Christentum begriffen, bis wir uns sagen: Gerade im Gebiet der Wärme vollzieht sich im Menschen eine solche Umwandelung, daß durch sie Materie vernichtet wird, daß sich bloßes Bilddasein aus der Materie herauszieht, daß dieses Bilddasein aber durch die Verbindung der Menschenseele mit der Christus-Substanz zu neuer Realität gemacht wird.
Und vergleichen Sie mit diesem Zusammenschlingen desjenigen, was geistig-seelisch durch den Menschen ist, mit dem, was physisches Dasein ist, vergleichen Sie diesen ganzen Gedanken mit dem trostlosen naturwissenschaftlichen Gedanken der neuen Zeit, der Sie nur in eine Sackgasse führen kann, so werden Sie sehen, welche Bedeutung dieser Gedanke hat; denn dieser Gedanke zeigt uns, wie wir uns alles das vorzustellen haben, was in die bloßenju/ius Robert Mayerschen Gesetze eingeschlossen ist, wie wir uns das vorzustellen haben als dasjenige, was abfällt vom Weltendasein, wie Eis vor der Sonne schmilzt, Schnee in der Sonne schmilzt. Aber der Mensch behält zurück die Bilder. Diese Bilder bekommen aber eine Realität für die Zukunft dadurch, daß eine neue Substanz in diese Bilder fährt, die Substanz, die durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist.
Damit aber wird auch der Menschengedanke der Freiheit begründet, und er wird zusammengeschlossen mit dem naturwissenschaftlichen Denken. Er wird dadurch zusammengeschlossen mit dem naturwissenschaftlichen Denken, daß man nicht sagt: Erhaltung des Stoffes und der Kraft, sondern: Es ist dem Stoff und der Kraft eine bloße zeitliche Lebensdauer bestimmt. Wir nehmen nicht bloß teil an dem sich fortentwickelnden stofflichen Weltenall, sondern an dem Absterben dieses Weltenalls, und wir sind jetzt schon dabei, uns herauszuringen bis zum bloßen Bilddasein und uns mit dem zu
durchdringen, dem wir uns fteiwillig allein hingeben können, dem Christus-Wesen. Denn das Christus-Wesen steht so in der Menschheitsentwickelung drinnen, daß das Verhältnis des Menschen zum Christus nur ein freies sein kann. Derjenige, der sucht, gezwungen zu werden, den Christus ,anzuerkennen, der kann sein Reich nicht finden. Der kann nur zu dem allgemeinen Vatergott gehen, der aber in unserer Welt sich nur noch mit einer untergehenden Welt beteiligt, der eben wegen dieses Unterganges seiner Welt den Sohn gesandt hat. Es muß sich geistige Weltanschauung mit natürlicher Weltanschauung zusammenschließen; aber sie schließen sich im Menschen zusammen. Und sie schließen sich im Menschen zusammen durch eine freie Tat. Daher kann man nicht anders sagen, als wer die Freiheit beweisen will, der steht auf einem alten heidnischen Standpunkt. Deshalb mißglücken auch alle Beweise für die Freiheit, denn die Freiheit muß man nicht beweisen wollen, sondern ergreifen wollen. Und man ergreift sie in dem Momente, wo man den Charakter des sinnlichkeitsfreien Denkens erfaßt - Aber dieses sinnlichkeitsfteie Denken, das braucht wiederum den Zusammenhang mit der Welt - Es findet ihn nicht, wenn es sich nicht verbindet mit dem, was als neue Substanz geradezu in die Weltenevolution eingezogen ist durch das Mysterium von Golgatha.
So liegt schon im richtigen Erfassen des Christentums die Brücke zwischen der natürlichen Weltanschauung und der moralischen Weltanschauung - Und es könnte zunächst sehr eigentümlich er-scheinen, daß gerade Träger moderner oder alter, ins moderne Leben hereinragender Bekenntnisse nicht eine Wissenschaft wollen, welche sich gegen das Christentum hinbewegt, daß sie womöglich eine bloß materialistische Wissenschaft wollen, damit daneben ein wissenschaftsloser Glaube zu seinem Rechte kommen könne - In dieser Beziehung kann man sagen: Sehr verwandt sind sich der moderne Materialismus und das reaktionäre Christentum. Denn das reaktionäre Christentum hat geradezu die Menschheit hineingetrieben in die Auffassung, es dürfe nichts Geistiges mit dem wirklichen Wissen durchdrungen werden. Das wirkliche Wissen müsse sich freihalten von dem Geistigen, müsse wegbleiben von dem Geistigen, dürfe
sich nur auf das Materielle erstrecken - Und so steht auf der einen Seite der Verteidiger dieses oder jenes Bekenntnisses, der sagt:
Wissenschaft erstreckt sich nur auf das Sinnlich-Wahrnehmbare, das andere soll nur vom Glauben erfaßt werden; und auf der anderen Seite steht der Materialist, der sagt: Wissenschaft erstreckt sich nur auf das Sinnlich-Wahrnehmbare, den Glauben habe ich mir aber abgewöhnt.
Geisteswissenschaft ist nicht verwandt mit dem Materialismus. Die modernen Bekenntnisse, also die alten Bekenntnisse, die in das moderne Leben hereinragen, sind gar sehr verwandt mit dem Materialismus.
Damit glaube ich, Sie darauf hingewiesen zu haben, wie verankert ist in der Geisteswissenschaft die Möglichkeit, die moralische Weltordnung wirklich zu durchdringen mit dem, was wir auch über die Natur wissen können, und umgekehrt das Naturwissen wirklich zu durchdringen mit der moralischen Weltordnung. Denn, sehen Sie,jenes Phantom, welches heute in der äußeren Wissenschaft noch als Mensch figuriert, jenes trügerische Bild, das mit dem Menschen wie mit einer Konfiguration von Mineralischem rechnet, das ist ja in Wahrheit beim herumgehenden Menschen nicht vorhanden. Der Mensch ist ebenso organisiert im Flüssigen wie im Festen, organisiert im Luftförmigen und vor allen Dingen organisiert in der Wärme. Und kommen Sie herauf bis zur Wärme, so finden Sie den Übergang in das Geistig-Seelische, denn Sie haben in der Wärme bereits den Übergang von dem Räumlichen in das Zeitliche. Und das Seelische verfließt ja in dem Zeitlichen dort. Sie kommen immer mehr und mehr über die Wärme herauf aus dem Räumlichen in das Zeitliche, und Sie erhalten die Möglichkeit, auf dem Umwege, den ich hier angedeutet habe, das Moralische zu suchen im Physischen. Wer, ich möchte sagen, kurzsinnig denkt, der wird ja kaum herausbekommen, wie der Zusammenhang des Moralischen mit dem Physischen in der Menschennatur ist. Denn man vermag ja allerdings seinem Tode entgegenzuleben als ein Bösewicht, und man verrenkt sich dadurch die Arme nicht, sondern bleibt dabei ein wohlgestalteter Mensch. Aber der Wärmezustand wird dann nicht untersucht. der
Wärmezustand, der sich allerdings in viel minuziöserer Weise ändert, als man glaubt, der aber wiederum zurückwirkt auf dasjenige, was der Mensch durch den Tod trägt - Heute ist die Betrachtungsweise so, daß wir gewissermaßen auf dieses Niveau hinsehen (Tafel 30, links oben wird angeschrieben und gezeichnet), hinaufsehen in die Abstraktion, da oben das Gedankliche und so weiter haben, hinuntersehen in das Physisch-Materielle. Wir bekommen aber den Übergang nicht, wenn wir nicht zu der in sich beweglichen Wärme, die dazwischen liegt, übergehen; zu jener Wärme, die wenigstens für den menschlichen Instinkt noch einen ebenso seelischen wie physischen Aspekt hat. Aus dem Instinkt ist es wenigstens noch nicht herausgebracht worden, daß der Mensch auch moralisch für seinen Mitmenschen Wärme entwickeln kann, seelische Wärme entwickeln kann, die das wirkliche Gegenbild der physischen Wärme ist. Aber diese seelische Wärme entsteht allerdings nicht durch eine physische Umwandelung im Sinne der Julius Robert Mayerschen Theorie. Wie entsteht sie denn? Ich möchte sagen: Hier zeigt es sich handgreiflich. Warum reden Sie denn überhaupt von warmem Fühlen? Weil Sie fühlen, weil Sie empfinden, daß die Gefühlswärme das Bild ist der äußeren physischen Wärme. Da filtriert sich die Wärme in das Bild. Und das, was heute nur seelische Wärme ist, es wird im späteren, zukünftigen Weltendasein eine physische Rolle dadurch spielen, daß der Christus-Impuls darinnen leben wird. Und in dem, was heute nur Bild-Wärme ist in unserer Gefühlswelt, wird leben, damit es physisch sein kann dann, wenn die Erdenwärme verschwunden sein wird, dasjenige, was die Christus-Substanz, die Christus-Wesen-schaft ist. Versuchen Sie nur einmal, jenes zarte Verhältnis zwischen der äußeren physischen Wärme und dem, was man instinktiv als die Gefühlswärme bezeichnet, zu finden. Gehen Sie dann zu dem, was Goethe in seiner Farbenlehre in der sechsten Abteilung: «Sinnlich-sittliche Wirkung der Farben» nennt. Sehen Sie, wie er in den Farbenwahrnehmungen selber auf der einen Seite die erkältenden Farben hat, auf der andern Seite die erwärmenden Farben; sehen Sie, wie da das Sinnlich-Sittliche sich zusammenschließt mit dem physischen Zustande. den wir gewissermaßen mit dem Thermoskop abmessen
können; sehen Sie, wie da ineinanderspielt das Seelische und das äußerlich Physische. Dann werden Sie einen Aspekt von dem bekommen, wie durch echten Goetheanismus der Zusammenschluß zwischen der moralischen Weltanschauung und der physischen Weltanschauung gefunden werden kann.
Allerdings, der Jesuitismus haßt diesen Zusammenschluß. Deshalb ist auch das beste Buch über Goethe, das aus jesuitischem Geiste geschrieben worden ist, ein giftiges Buch, ein furchtbares Buch, aber viel scharfsinniger, viel wirkungsvoller als alles, was sonst über Goethe geschrieben worden ist, weil mit innerlicher jesuitischer Rhetorik geschrieben. Ich meine das dreibändige Goethewerk von Pater Baumgartner. Es ist haßerfüllt, voller Giftigkeit, aber es ist eben eindrucksvoll und wirksam. Und Sie können ganz sicher sein, in der Welt, von der sich viele Menschen heute keine Vorstellung machen, in der Welt, die aber auch uns bekämpft, da ist Goethe verbreiteter als unter den Gebildeten. Diejenigen, die zu Goethe halten und die Goethe verstehen vom positiven Standpunkte aus, sind eine kleine Gemeinde. Diejenigen, die Goethe hassen, das ist eine große Gemeinde; man stellt sie sich nur nicht groß genug vor. Ich habe Sie einmal, vor jetzt schon längerer Zeit, darauf hingewiesen, wie wenig man eigentlich gegenüber dem, was unter uns Menschen immerhin lebt, wach ist. Ich habe dazumal gesagt, ich möchte an der Türe Zettel abnehmen lassen, um zu wissen, wie viele von den Anwesenden das deutsche Machwerk «Dreizehnlinden» von Weber kennen. Ich hätte gern gewußt, wie viele Zettel abgegeben worden wären. Es wäre damals sicher ein trauriges Resultat herausgekommen. Und dennoch, dieses Werk «Dreizehnlinden», ein Werk im Sinne des positiven Katholizismus, hat bald nach seinem Erscheinen schon eine außergewöhnlich große Anzahl von Auflagen erlebt. Wissen denn diejenigen, die die Menschheit gern vorwärts bringen möchten, in ihrem Wachbewußtsein etwas davon, wie breite Wirkung solche Dinge haben? Und breite Wirkung haben alle diese Dinge, aus denen auch der Kampf gegen uns hervorgeht, davon können Sie überzeugt sein. Diese Dinge sind wirksam. Sie sind es in viel breiterem Umfange, als sich die schläfrige Menschheit vorstellen möchte.
Und während wir wirklich eine kleine Goethe-Gemeinde haben, die zu Goethe hält, die gar nicht einmal hinweisen kann auf irgendwie Beträchtliches aus dieser Goethe-Weisheit heraus, ist das Jesuitenbuch über Goethe mit großem Scharfsinn geschrieben, geschickt gemacht und ein sehr wirksames Buch -
Das ist es aber, was wir nötig haben: uns zu durchdringen mit wachem Geistesleben. Dann wird Geisteswissenschaft schon gedeihen, wenn waches Geistesleben wirklich unter uns Platz greift.
HINWEISE
Es wäre gegen den Sinn dieser Vorträge, in ihnen suchen zu wollen, was in den gewöhnlichen Astronomiebüchern steht Sie sprechen von dem, was in diesen Büchern nicht steht, von dem zwischen Mensch und Kosmos bestehenden existentiellen, genetischen Verhältnis. Das gibt der Betrachtung eine andere Dimension. Wo auf die gewöhnliche Astronomie Bezug genommen ist, geschieht es ganz summarisch; nur andeutend, was anderswo gefunden werden kann und aufgesucht werden muß. Und doch ist natürlicherweise in die Darstellung auch Astronomisches im gewöhnlichen Sinn eingeflossen, mehr einverwoben allerdings, als explizit ausgelührt. Die Schilderung der Prizession z.B. ist so, daß man den Eindruck bekommt, in das hineinzukommen, was die ägyptischen Priester-Astronomen wirklich getan haben. Wenn das auch mehr als gewönliche Astronomie gewesen ist, so ist es doch Ausgangspunkt der letzteren geworden.
Textgrundlage: Die 16 Vorträge wurden von der Berufsstenografin Helene Finckh stenografiert. Von ihr stammt auch die Aussehrift in Maschinenschrift, die sogenannte . Schon im Sommer 1920 hat Walter Johannes Stein Vorschläge für den Text in ein Exemplar der Nachschrift eingetragen. Von 1940-42 hat dann Inuis Iocher mit der fördernden Zustimmung von Frau Marie Steiner die ersten zwölf der Vorträge lür den Druck bearbeitet und in den von ihm lür die Mathematisch-Astronomische Sektion am Goetheanum herausgegebenen (Nrn. 2-4) gedruckt, versehen mit einer großen Zahl sehr sachkundiger Anmerkungen. Er hat auch den - hier wieder aufgegriffenen - Versuch gemacht, die Wandtafelzeichnungen (die noch vorhanden sind) in Faksimile wiederzugeben, was damals allerdings, wohl aus Kostengründen, nur lür die drei ersten Vorträge möglich war. locher scheint von den Textvorschlägen W. J. Steins nichts gewußt zu haben. 1958 hat Günther Schubert zusammen mit Hella Wiesberger den Text lür die Gesamtausgabe erarbeitet. Vorliegende Ausgabe schließt in der Hauptsache an diesen Text an, hat jedoch an schwierigen Stellen die anderen Bearbeitungen miitverwendet. Für alle Herausgeber lag die bei den Vorträgen überhaupt sich stellende Aufgabe vor, das frei gesprochene, von Ton und Gebärde getragene Wort, das noch vielfältig durch das Zeichnen ausgestaltet wurde, den Gegebenheiten des tesens, im Gegensatz zu denjenigen des Hörens, anzupassen. Um diesbezüglich nur eine Einzelheit zu erwähnen, sei darauf hingewiesen, daß lür das Hören Wiederholungen etwas ganz anderes bedeuten als für das Lesen. Eine gewisse Redaktion des Textes wäre daher auch dann nötig, wenn es gar keine Stellen gäbe, welche dem Verständnis Schwierigkeiten bereiten und wo sich die Frage stellt, ob der Text überhaupt sachlich richtig überliefert sei. Hier ist dann das Vorhandensein des Stenogramms eine wesentliche Hilfe. Seine Neuübertragung hat schon durch Fräulein Hedwig Frey und dann erneut durch Frau Ulla Trapp stattgefunden und konnte manche Unklarheit, aber auch manche stilistische Merkwürdigkeit, welche nicht in der Rede, sondern nur in der Nachschrift vorkam, beheben. Im folgenden sind nur die wichtigeren der sich aus dem Stenograromvergleich ergebenden Textverbesserungen angeführt. Das Stenogramm hat auch den allmählichen Aufbau der Wandtafelzeichnungen erschlossen, indem die Stenografin dazu manche Notiz oder Markierung gemacht hat. Dennoch konnte der Zusammenhang von
Text und Zeichnungen nicht überall bis zur vollen Gewißheit sichergestellt werden. z.B im 2.Vortrag.
Der Titel des Bandes wurde von den Herausgebern der früheren Ausgaben gewählt
Werke Rudolf Steiners innerhalb der Gesamtausgabe (GA) werden in den Hinweisen mit der Bibliographie-Nummer angegeben. Siehe auch die Übersicht am Schluß des Bandes
Zu Seite
11 ein Thema, das in der letzten Zeit hier schon berührt worden ist: Im Vortrag vom 28. März 1920 aus «Heilfaktoren für den sozialen Organismus» GA Bibl.-Nr. 198, 1984, S.40.
12 habe ... erwähnt, wie die Unmöglichkeit... Kant dazu geführt hat, zwei Kritiken zu schreiben: Die Erwähnung findet sich im Band «Soziales Verständnis aus geisteswissen. schaftlicher Erkenntnis», GA Bibl.-Nr. 191, Vortrag vom 17. Oktober 1919, S.125.
Immanuel Kant, Königsberg 1724 - 1804 ebenda. «Kritik der reinen Vernunft», 1781; »Kritik der praktischen Vernunft», 1788; «Kritik der Urteilskraft», 1790.
13 den eben für Ärete gehaltenen Kursus: 20 Vorträge, gehalten in Dornach vom 21. März bis 9. April 1920 vor Ärzten und Medizinstudierenden. Erschienen unter dem Titel «Geisteswissenschaft und Medizin>, GA Bibl.-Nr. 312.
Reihe von Vorträgen... von unseren Freunden und von mirgehalten: Es handelt sich um
die Veranstaltung «Anthroposophie und Fachwissenschaften», vom 24. März - 7. April
1920 am Goetheanum in Dornach, welche folgende Vorträge umfaßte, oft mit Diskussionen und mit einem Schlußwort Rudolf Steiners:
1. Dr. Rudolf Steiner, Anthroposophie und gegenwärtige Wissenschaften (Vortrag vom
24. März, vorgesehen für GA Bibl.-Nr. 73a).
2. Dr. Carl Unger, Anthroposophie und die erkenntnisthruretische Grundlage der Naturwissenschaften.
3. Dr. Friedrich Husemann, Nervosität, Weltanschauung und Anthroposophie.
4. Dr. Walter Johannes Stein, Anthroposophie und Physiologie.
5. Dr. Eugen Kolisko, Anthroposophie und Chemie.
6. E. A. Karl Stockmeyer, Anthroposophie und Physik.
7. Dt. Oskar Schmiedel, Anthroposophie und Farbenlehre.
8. Dr. Roman Bons, Anthroposophie und Rechtswissenschaft.
9. Dt. Rudolf Steiner, Anthroposophie und Hygiene als soziales Problem. (Vortrag vom
7. April 1920, erschienen unter dem Titel «Die Hygiene als soziale Frage». GA Bibl.Nr.314)
14 für das dieser Bau hier der Repräsentant ist: Siehe «Wege zu einem neuen Baustil»,
5 Vorträge, GA Bibl..Nr. 286.
22 die ich vorgestern hier im öffentlichen Vortrage vorgebracht habe: Im Vortrag «Die
Hygiene als soziale Frage», GA Bibl.-Nr. 314. Die betreffende Stelle lautet (S.234): «Der
hauptsächlichste Fehler, nämlich des Materialismus, besteht nicht darinnen, daß er den
Geist ableugnet... Der Hauptfehler des Materialismus besteht darinnen, daß er die
Materie nicht erkennt, weil er nur ihre Außenseite beobachtet.»
Sich-Ergehen in Worten: »Sich-Ergehen» statt »Sich-Erheben», nach Stenogramm.
25 den Ärzten konnte ich zeigen: Siehe den betreffenden Hinweis zu S.13.
27 über die Gliederung der menschlichen Wesenheit: Diese Gliederung wurde von Rudolf Steiner erstmals in der Schrift
28 die wir ja öfter beschrieben haben: Z.B. in der Schrift
29 auf ein tiefrres Niveau den Samen ... hinunterbringen: Es besteht eine gewisse Unsicherheit in der Zuordnung der zu diesem Wort gehörenden Figur.
32 sehen, wie er der Erde entgegenwachst: Statt
34 «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Wetten?» (1904/05), GA Bibl.-Nr. 10.
Beginn dieses fünften nachatlantischen Zeitraumes: Über die Zeiträume bzw. die Kultur-epochen vgl.
35 Dr. WalterJohannes Stein, Wien 1891 - 1957 london. Ursprünglich Mathematiker, dann Schriftsteller philosophischer und historischer Richtung. Lehrer an der Waldorfschule Stuttgart.
38 Frage-Sehnsuchten ... aufgetaucht sind Nach dem Vortrag vom 10. April muß ein Gesprärh von Teilnehmern rnit dem Vortragenden stattgefunden haben, von dem aber keine Aufzeichnungen vorliegen. Doeh zeigt Tafel 4, daß lemniskatische Schleifen gezeichnet und wieder ausgewischt worden sind.
nicht ... eine mathematische Astmnomie vorzutragen: Der Kurs, der sieh dann in starkem Maße auch an das mathematische Verständnis der Zuhörer wandte, mit Anregungen zur Enrwicklung der Mathematik, ist der wenige Monate später gehaltene
39 hat aus gewissen Lehren des Kopernikanismus ... herausgenommen: Vgl. Hinweis zu
S.97.
Beispiel der Farben noch einmal erwähnen. Vermutlich ist dies eine Bezugnähme auf den Vortrag von Dr. Schmiedel, siehe Hinweis zu S.13.
40 mich gewissermaßen hinter sie zu vertiefen:
41 bei ihrem Tageslauf... durchlaufrn: Der Durchgang durch den Tierkreis ist hier andeutungsweise auch auf den Tageslauf bezogen. Diese Beziehung kommt in der Eurythmie zum Ausdruck. Man vergleiche
lebt sich für uns px dar: «frx» statt
43 daß alle Seelen der Verstorbenen Platz haben sollten: David Friedrich Strauß diskutiet diese Frage in
50 in den öffentlichen Vorträgen - im ersten: Siehe den Hinweis zu S.13.
51 die Physiker würden höchst erstaunt sein, wenn sie in die Sonne fahren könnten: Vgl. den wenige Wochen früher gehaltenen Zweiten nacurwissenschaftlichen Kurs, GA Bibl.-Nr. 321, 1982, S. 20 ff.
diese S:hraubenlinie zeühnen: Bei diesen Worten dürfte auf Tafel 5 die Figur Mitte oben gezeichnet worden sein. Sie erscheinen wie eine Anrwort an Dr. W. J. Stein, von dem man weiß, daß er eine lemniskatische Schraubenlinie entworfen hat, bei welcher das Schwingen in einer Lemniskate sich so aus der Ebene in die dritte Dimension hinein-bewegt wie das Kreisen bei der gewöhnlichen Schraubenlinie. Vielleicht hat diese lemniskatische Linie im Gespräch nach dem 2.Vortrag eine Rolle gespielt, vgl. S. 38. Die Figur auf Tafel 5 etscheint als Skizze dieser Linie, wenn man fast in Richtung ihrer Schraubenachse blickt.
53 Dinge, die ... beschrieben worden sind: Siehe Hinweis zu S. 27.
54 wenn man ... die embvyotogtsichen Tatsachen zusammendächte: «zusammendächte» starr «zusammenbrächte», nach Stenogramm.
57 habe schon oftmals ... aufmerksam gemacht: Auslührlich im Vortrag vom 28.1.1917, in «Zeitgeschichtliche Betrachtungen», Teil II, GA Bibl.-Nr. 174. Dort wird die Zahl 71 statt der 72 von hier genannt. Ähnlich auch im Vortrag vom 26.3.1920 in «Geisteswissenschaft und Medizin», GA Bibl.-Nr. 312, wo 365 71 = 25915 vorgerechnet wurde. Die Zahl 72 erscheint mit 360 verbunden, 71 mir 365 Tagen. 71:72 ist fast gleich 360:365.
58 Wenn wir die Atemzüge auftuchen würden... Ein 18 jährig es Atmen: Diese Stelle ist unzulänglich nachgeschrieben und hier möglichst nähe dem Stenogramm folgend korrigiert.
was die Astronomen heute die Nutation der Erdachse nennen: Die Erdachse beschreibt einen Doppelkegel dadurch, daß sie nicht nur nach der einen Seite vom Erdmittelpunkt ausgeht, sondern durch ihn hindurch. - Der Kegel ist nicht Itreisförmig, sondern elliptisch. Die Mantellinien bilden mit der Kegelachse esnen zwsschen 9,2" und 17,2" veränderlichen Winkel. Die Nutation ist also eine sehr kleine Bewegung. Das Bemerkenswerte ist, daß ihr hier dennoch die angelührte Bedeutung zukommt. Die sogenannte «Nutation in Länge» mit der Amplitude 17,2" überlagert sich der jährlichen Präzession von 50,26" als Schwingung mit der Periode von 18,6 Jahren, welche die jährliche Verschiebung des Frühlingspunktes bis um etwa 1/9 des Wertes zu verändern vermag. Die resultierende Verschiebung ist am größten, wenn der aufsteigende Mondknoten in den Frühlingspunkt fällt (das nächste Mal am 2. Dezember 1987), am kleinsten 9,3 Jahre später. Die 9,2" bedeuten eine Schwankung in der Schiefe der Ekliptik. Letztere hat am angegebenen Datum ihr Maximum
59 Ebenso wie die Sonne .. so der Mondi Hier ist auf gedrängte Weise ein Vergleich der Mondbewegung mit der Sonnenbewegung gegeben bezüglich ihtes Verhältnisses zum Himmelsäquator. Der Text ist leicht ergänzt. - Wollte man den Vergleich der Bewegungen ausführlicher gehen, könnte dreierlei hervorgehoben werden:
1. Mond. und Sonnenbewegung wären bezüglich des Äquators von gleicher Art, wenn auch der Mond sich in der Ekliptik bewegen würde oder doch mindestens in einer zu dieser feststehenden Bahn. Nur daß die Mondbewegung etwa 13 1/3 mal schneller ist als die der Sonne.
2. Die Mondbahn bewegt sich aber gegenüber der Ekliptik. Sie ist um 5 gegen diese geneigt und ihre Schnittpunkte, die Mondknoten, laufen in I8jahren - genauer in den l8jahren 7 Monaten - einmal rückläufig herum. Dadurch kehrt die Mondbahn erst nach
18 Jahren in ihre Ausgangslage gegenüber den Sternen zurück. So wiederholen sich die Mondorte am Sternerhimmel erst nach 18 Jahren in einer genaueren Weise, nicht schon nach einem Monat.
3. Während die Höchstatellung der Sonne über dem Äquator immer 231/2" beträgt, schwankt diejenige des Mondes im Laufe von l8jahren zwischen 18½ und 281/2". Entsprechendes gilt lür die Tiefststellungen unterhalb des Äquators. - Nicht berührt ist dabei das Vorrücken des Frühlingspunktes in der Ekliptik. Durch dieses erweist sich der Himmelsäquator nur für kurze Zeiträume als ein fester Kreis unter den Sternen. Der Kreis, der auch nach 26000 Jahren noch immer fast genau durch dieselben Sterne geht, ist die Ekliptik. Die Knoten des Äquators laufen in 25920 Jahren so in der Ekliptik herum wie diejenigen der Mondbahn in 18 Jahren. - Eine artschauliche Orientierung über dasVerhältnis der Mondbewegung zur Sonnenbewegung gibt die jährlich im62 Es ist kein Gasball es ist ein Saugekörper dort: Vgl. Hinweis zu S. 51.
63 um das Dünnerwerden der Materie handelt:
es ist uralt, deß man eine gewisse astronomische Tatsache beobachtet bat: Das ist keine Feststellung aus der gewöhnlichen Geschichte - diese kennt nur Hipparch als den Entdecker der Präzession, neuerdings allerdings auch den Babylonier Kidinnu (Kidenas) im 4. Jh. v.chr.-, sondern eine aus der Geistesforschung entsptungene. Sie fordert aber die Frage heraus, ob es Sinnesbeobachtungen gegeben hat, zugänglich den äußeren Mitteln der alten Ägypter, welche das in Betracht stehende Gesetz aufzeigen konnten . Die Nachprüfung ergibt, daß die ägyptische Zeit durch eine besondere Konstellation dafür geradezu prädestiniert war, vgl. den folgenden Hinweis.
doß nach 72 Jahren die Fixsterne... der Sonne um einen Tag vorausgeeilt sind: Es handelt sich um einen Vorgang in der Ekliptik, wenigstens zunächst. Ihre Sterne enteilen der Sonne eines festen Datums. Nun bedeutet aber das Datum einen bestimmten Ort des Sonnenaufgangs im Horizont. Ein Jahr ist erfüllt, wenn die Sonne zu gleichen Aufgangsorten zurückgekehrt ist. (Wenn hier die Aufgänge genannt werden, sollen auch die Untergänge mit gemeint sein.) Mit einer größeren Genauigkeit tritt diese Rücltkehr allerdings nur alle 4Jahre ein. In den Zwischenjahren gibt es Verschiebungen um 1/4 Tag, welche dann durch den Schalttag aufgehoben werden. Das Stehen der Sonne im Frühlingspunkt zeichnet sich in ihrem Aufgang vor allen andern dadurch aus daß er im Ost Punkt des Horizontes statifindet (der Untergang also im W-Punkt). Daß es sich bes den Beobachtungen der Agypter um den Vergleich von Sternaufgangen mit Sonnen aufgängen handelte, wird 5 197 und 213 dieser Vortrage gesagt Was zeigt nun dieser Vergleich? Wenn auch die Sonne nach einem Jahr zu gleichen Aufgangsorten zutuck kehrt, so vollführt sie mit ihrem Aufgangspunkt zwischendurch am Horizont eine weite Schwingung. Anders die Sterne Sie scheinen jede Nacht am gleichen Ort aufzugehen In Wicklichkeit verändern sie langsam diesen Ort, in 72 Jahren um so viel, ah ihn die Sonne, wenn sie am nächsten bei derselben Stelle aufgeht, in einem Tag verändert. Das ist der hier gemeinte Tatbestand. Er gilt aber vorerst nur für Sterne der Ekliptik, und es ist in der Himmelskunde darauf angekommen, diese Sterne zu kennen. Daß sie sich aus der Fülle aller andern durch eine besondere Erfahrung herausheben, davon wird im nächsten Vortrag gesprochen. Für die Beobachtung des Gesetzes der 72 Jahre kommt es auf diese Sterne an. Im Bereiche des Frühlings- und Herbstpunktes allerdings gilt das Gesetz
auch für eine weitere Sternumgebung der Ekliptik, welche sich aber gegen die Wendepunkte hin auf die Ekliptik zusammenzieht. - Die Präzession wird abstrakt beschrieben als Verschiebung des Frühlingspunktes auf der Ekliptik um jahrlich 50,256", was in 72 Jahren fast genau 1 ergibt, wahrend die Sonne in entgegengesetzter Richtung in einem Tag ebenfalls fast um 1' fortschreitet. Mit dem Frühlingspunkt gleitet der Äquator unter festem Winkel längs der Ekliptik mit. Er bewegt sich über die Sterne hinweg, während die Ekliptik ihre Lage zu den Sternen fast unverändert beibehält. Indem aber auf der Erde der Äquator fest von Ost nach West im Horizont verankert ist, kommt es zu einer schiefen Bewegung der Sterne gegenüber dem Äquator. Versucht man auf einer Stern-karte den Äquator der Ekliptik entlangzulühren, findet man leicht, daß er durch den Stern Aldebaran hindurchgeht, wenn der Frühlingspunkt erwa um 1/6 der Ekliptik zurückgeführt wird. Das war vor mehr als 4000 Jahren. Eine genaue Präzessionstechnung ergibt. daß Aldebaran 2092v. Chr. von der Südhalbkugel auf den Äquator gelangt ist. Er war dabei 14,28' vom Frühlingspunkt entfernt. Diese Konstellation erweist sich bei genauerem Zusehen als direkter, sinnenfälliger Lehrmeister des Gesetzes der 72 Jahre, so-weit es auf einen solchen angekommen ist. Betrachten wir sie an der Frühlings-Nachtgleiche im Moment, wo der Frühlingspunkt untergeht (Fig. 1).
Die Sonne steht in oder sehr nahe bei diesem Punkt und beide gehen im Idealfall zusammen im West-Punkt unter. Der Äquator steht in Ägypten 60 steil und nochmals 24' steiler, also fast senlcrecht läuft die Ekliptik ebenfalls in den W-Punkt hinein. Parallel zum Äquator gleiten die Sterne und die Sonne nach abwärts. Wenn die Sonne 12' tief unter den Horizont nach S1 gesunken ist, ist der Himmel dunkel genug geworden, daß Sterne wie Aldebaran sichtbar werden können. Aldebaran ist in dieser Zeit von A bis A1 gelangt, ganz knapp über den Horizont. Hier leuchtet er auf und taucht nach 1 1/2 Minuten unter. Es ist sein letzter sichtbarer Untergang: der heliakische. Am nächsten Abend ist ihm die Sonne schon zu nahe gekommen, daß er noch sichtbar werden könnte. Und dabei ist Aldebaran nicht irgendein Stern, sondern der Hauptstern des Stiers, welchem in der ägyptischen Zeit ein besonderes Gewicht zugekommen ist. Ein an der Frühlings-Nachtgleiche in den Sonnenuntergangspunkt hinein heliakisch untergehendei Aldebaran mußte das Interesse der Ägypter in hohem Maße auf sich ziehen, ist doch den heliakischen Auf- und Untergängen in der alten Astronomie eine große Bedeutung
zugekommen. So haben die Ägypter der frühen Zeit z.B. den Beginn des Jahres auf den heliakischen Aufgang des Sirius gelegt. - Soviel zumJahre 2092v. Chr. Denken wir uns nun um erne große Anzahl von Jahren, z . B. um 15 72 = 1 080 Jahre, zurückversetzt. Der Punkt E der Ekliptik, 15 von W entfernt, war dann Frühlingspunkt. Denken wir uns wieder den Augenblick, wo er im Westen W untergeht (Fig. 2). Es soll aber nicht an der Nachtgleiche sein, sondern an dem Tag. wo die Sonne 5 im gleichen Punkt der Ekliptik steht wie in Fig. 1, also 15 Tage vor der Frühlings-Nachtgleiche. Durch diesen Punkt läuft der alte Äquator unter dem Winkel 24' zur Ekliptik. Auf ihm liegen Aldebaran A und der Hilfspunkt A1. Sie liegen südlich des neuen Äquators. Mit dem Winkel von 24 bei 5 erscheint der alte Äquator zum neuen parallel. Die in 5 stehende Sonne ist schon untergegangen. Der Untergangspunkt ist U. Denkt man den ganzen Himmel samt der Sonne um den Winkel SU zurückgedreht, bekommt man den Moment, wo die Sonne untergeht. A und A1 erscheinen zurückgedreht in A' und A'1, und man sieht, sie haben dieselbe Lage zum Horizont wie in Fig. 1. Aldebaran geht also auch in U heliakiscb unter. Was sich für uns so als Ergebnis einer Rekonstruktion ergibt, hat Aldebaran den Agyptern anschaubar vorgeführt. Zweierlei konnten sie beobachten: Erstens, daß er immer dann seinen heliakischen Untergang hatte, wenn die Sonne mit ihrer Untergangsstelle von links an die seinige herankam. Zweitens, daß sich die gemeinsame Untergangs-stelle von Sonne und Stern langsam nach rechts verschob, in den hier angenommenen 15 72 Jahren von der Stelle U bis in den Westpunkt W. Für diese Verschiebung benötigt die Sonne selbst 15 Tage, weil sie 15 Tage vor der Nachtgleiche in U unterging, an der Nachtgleiche aber in W. Der Stern hat sich also in 72 Jahren um ebensoviel verschoben wie die Sonne in einem Tag. - Zwei Bemerkungen mögen noch angebracht sein.
1) Die heliakischen Untergänge haben an sich mit dem Gesetz der 72 Jahre nichts zu tun. Aber diejenigen Aldebarans, welche durch mehrere Jahrtausende am Ort der Sonne selber etfolgt sind, müssen auf die Verschiebung dieses gemeinsamen Ortes die Aufmerksamkeit ganz besonders hingezogen haben. Es ist auch nicht allgemein. daß der helialtische Untergang eines Sterns am Ort etfolgt, an dem die Sonne selber untergegangen ist, sondern ist eine auszeichnende Eigenschaft Mdebarans der ägyptischen Zeit. Heute ist diese Beziehung nur noch einigermaßen erfüllt.
2) Wir haben anhand einer ebenen Figur überlegt, obschon es sich in Wirklichkeit um ein Srück der Sphäce handelt. Der Unterschied verschwindet, wenn die Seiten der sphäcischen Dreiecke genügend klein werden. Unsere 15' sind zwar nicht eben klein, aber die Koinzidenzen, die bei kleinen Winkeln auftreten, sind doch so gut erfüllt, daß sich z . B . in Fig. 2 noch sozusagen kein Unterschied einstellt zwischen dem Kleinltreis, auf dem die Sonne von U nach 5 wandert, und dem Großkreisbogen AA1.
65 ich habe . . . scbon einmal ftüher aufmerkram gemacht: Die auf Joh. 5,46 sich beziehende Ausführung in
68 ein mächtiger Stoß einmal vediehen worden: Statt , nach Stenogramm.
69 hatte der Philosoph Schelling sehr recht: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Leonberg 1775-1854 Bad Ragaz. Vgl. die Besprechung des hier angeführten Gedankens in
73 Tafrl 10: Der Umlaufsinn der Tierkreisbilder ist nicht der für die Nordhernisphäre gewohnte, gegen den Uhrzeiger laufende. Das ist bei Rudolf Steiner oft so, z.B. auch in den Angaben für die Eurythmie, vgl.
kam, sagte Rudolf Steiner, das müsse so sein, es handle sich hier um eine Spiegelung (Mitteilung von Ilona Schubert). Vgl. auch Joachim Schulz,
76 die Sonne den Tierkreis durchläuft in verichiedenster Weise: täg licher Lauf jährlicher Lauf..: Vgl. den Hinweis zu S.41.
80 Wenn Sie den «Bisichoff» . . . nehmen: Th. L. W. Bischoff, Hannover 1809-1882 München. «Die Großhirnwindungen bei den Menschen», München 1868;
ein Intermezzo, das einmal glossiert die menschlichen Urteile...: Statt
82 unsere Holzftguren schnitzen: Bezieht sich auf das Schnitzen der Kapitelle und Architrave im damals schon weit fortgeschrittenen Bau des ersten Goetheanum, vgl. den Hinweis zu S. 14. Die Dornacher Vorträge dieser Zeit wandten sich ja weitgehend an die Persönlichkeiten, welche am Bau mitarbeiteten.
87 das Wort, auf das Goethe... aufmerksam macht.
Wär' nicht das Auge sonnenhaft,
Wie könnten wir das Licht erblicken?
Lebt' nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt' uns Göttliches entzücken?
Aus der Einleitung zum Entwurf einer Farbenlehre, in Schriften», mit Einleitungen und Kommentaren von Rudoff Steiner. Band 3, GA Bibl.Nr. lc, 1975.
Der
90 der sogenannte Poucaultsche Pendelversuch: J. B. L. Foucault, Paris 1819-1868 ebenda Der Pendelversuch wurde 1851 im Pantheon zu Paris vorgeführt.
91 muß . . . eine Korrektur angebracht werden: Gemeint ist wohl der Unterschied zwischen wahrem und mittlerem Mittag, wahrer und mittlerer Zeit, die sog. Zeitgleichung. Die Uhren gehen nach mittlerer Zeit, welche der Sternzeit proportional ist.
92 Ich habe . . . aufmerksam gemacht, wie es sich . . . mit dem menschlichen Herzen verhält:
Im 2.Vortrag des Ärztekutses
93 Witterungserscheinungen mit den Bewegungen der Planeten in einem Einklange sehen:
Nach Stenogtamm, statt «Wirkungserscheinungen» der Nachschrift. Diese Korrektur ha ben sowohl W. J. Stein als L. locher bereits ausgeführt.
96 Nicht eine bloße Drehung findet statt, sondern eine komplizierte Bewegung: W. J. Stein hat hier in der Nachschrift eine Anmerkung angebracht: «Dr. Steiner sagte am 14.11.1920, [bei welcher Gelegenheit, wird nicht gesagt] diese Sache erläuternd: Die Drehungsachse geht nicht immer durch die beiden Pole, sondern beschreibt in 24 Stunden einen lemniskatischen Doppelkegel, dessen fester Drehpunkt der Erdmittelpunkt ist.» Ferner hat W. J. Stein in die Figur der Nachschrift, welche mit derjenigen auf Tafel 12, rechts,
übereinstimmt, mit Tinte eine andere, detaillierte Figur eingezeichnet, welche sein Verständnis der obigen Angabe wiedergibt. Sie zeigt am Nordpol eine kleine Iemnisltate mit dem Pol als Kreuzungspunkt, deren Projektion aus dem Erdinittelpunkt den lemniskatischen Kegel ergibt. Die Erglinzung nach rücltwärts gibt den Doppelkegel. Die beiden Scheitelpunkte der kleinen Iemniskate legen einen Meridianlt:reis fest. Der dazu senkrechte Meridian trifft den Äquator in zwei Punkten, von denen der eine Kreuzungspunkt wird einer schmalen lemniskatischen Schleife, die auf die Erde gezeichnet wird und die offenbar die Bewegung der Erde anzeigen soll. Die Schleife hat den Äquator zur Symmetrielinie. Die Kreuzung erfolgt unter sehr kleinem Winkel, und die Scheitelpunkte der Schleife berühren sich auf dem Äquator in dem Punkt, welcher dem Kreuzungspunkt gegenüberliegt.
97 beide führen dieselben Umschwünge aus: In der Nachsehrift folgen noch die Sätze:
nötig hatte, einen der Sätze des Kopernikus einfach zu unterdrücken: Davon handelt insbesondere der Vortrag vom 28.9.1919 in
98 wovon ich Ihnen gesprochen habe als etwas Bemerkbarem seit der alten Griechenzeit:
Im Vortrag vom 20.3.1920, GA Bibl.-Nr. 198, und besonders ausführlich im Vortrag vom 24.3.1920, vgl. den Hinweis zu S.13. Dieser letztere ist gedruckt in <Über den Farbensinn der Urzeit und seine Enrwickelung») und der Augenarzt Hugo Magnus (
103 Wenn Sie meine «Geheimwissenschaft, durchgehen:
104 was ich gestern . . . in ganz anderem Zusammenhange ... entwickelt habe: In
105 ist die Rede von den sogenannten subjektiven Farben: Vgl. den im Hinweis zu S. 87 genannten Band von
das menschliche Auge als ein Lebendiges Erlebnisse hat: Statt
111 Man nennt im Englischen seelisch etwas «spleen», aber es ist nicht bloß seelisch: Korrektur nach Stenogramm. Die Nachsehrift enthält das Wort
Exsudat der Ätherleber: statt «des Ätherleibes», nach Stenogramm.
116 Carl Gegenbaur, Würzburg 1826-1903 Heidelberg. Sein Werk:
122 ein Ergebnis ist des ganzen Kosmos: Statt
123 Kama Manas: Der indische Ausdtuck für Verstandsseele, in der indisch orientierten cheosophischen Literatur gebräuchlich.
125 daß auch in gewissen Fällen der Äther . Statt
128 allerdings nicht gerade so unmittelbar: Es folgen in der Nachsehrift noch die Worte «... daß man da sagen kann, ebenso wie der Gesamtverlauf, sondern die Bilder entsprechen einander.» Der Stenogrammvergleich hat diese Worte nicht zu kläcen vermocht.
130 einergewicsen Idee, die zum Beispiel Einstein gehabt hat: Albert Einstein, Ulm 1879-1955 Princeton (N.J.). Die Vorstellung des Kastens, weit ab von jedem Schwerefeld, der an einem Strick beschleunigt wird, findet sich in seiner Schrift <Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie», Heft 38 der Sammlung Vieweg, Braunschweig 1917, S. 45-48. Da ist auch kurz vorher zwar nicht von Stein und Flaumfeder, aber von Stein und Holz die Rede. - Zur Relativitätstheorie hat sich Rudoff Steiner schon 1914 in den «Rätseln der Philosophie», GA Bibl.-Nr. 18, geäußert, wo sie als letzte Phase der modernen Weltanschauung aufgeführt wird, bevor dann der Übergang zur Geineswissenschaft grundsätzlich zur Darstellung kommt. Die Relativitätstheorie wird als eine Konsequenz der Naturwissenschaft beschrieben, die ohne Geisteswissenschaft als unumgänglich zu betrachten ist (S. 590ff). Im Jahre 1920 war die Relativitätstheorie in aller Mund durch die Bestätigung einer ihrer Vorhersagen anläßlich der damaligen Sonnenfinsternis, vgl. den 1. Vortrag im 2. naturwissenschaftlichen Kurs, GA Bibl.-Nr. 321.
132 zur Generalversammlung erschienen sind: Am 25. April fand die 7. ordentliche Generalversammlung des «Vereins des Goethenaum» statt, in deren Rahmen Rudolf Steiner über «Autbaugedanken und Gesinnungsbildung» sprach, erschienen Dornach 1942, für die Gesamtausgabe vorgesehen in einem der Bände 250-253.
136 Forschungsinstitute: 1920 wurde in Stuttgart im Rahmen der Aktiengesellschaft «Der Kommende Tag» ein Forschungsinstitut physikalischer und chemischer Richtung, mit einer biologischen Abteilung, gegründet, welches einigeJahre später nach Dornach verlegt wurde. Über die Aufgaben des Instituts ist ausführlicher die Rede im 16. und 18. Vortrag des 3. naturwissenschaftlichen Kurses, GA Bibl.-Nr. 323. Die ersten Arbeiten aus dem Institut erschienen in «Der Kommende Tag, Wissenschaftliches ForschungsInstitut, Mitteilungen». Es enthalten Heft 1(1921): «Milzfunktion und Plätcchenfrage» von L. Kolisko; Heft 2 (1923): «Der Villardsche Versuch» von Dr. rer. nat. R. E. Maier; Heft 3(1923): «Physiologischer und physikalischer Nachweis kleinster Entitäten» von L. Kolisko. Spätere Arbeiten erschienen in den Bänden der «Gäa Sophia, Jahrbuch der Naturwissenschaftlichen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goecheanum, Dornach», Bd. I (1926) und folgende.
138 bei unserer Euvythmie: Eurythmie, die von Rudolf Steiner 1912 inaugurierte Bewegungskunst. Vgl. «Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie», GA BibI.
Nr. 277a, oder das Taschenbuch
141 Waldofschule: Gegründet von Emil Molt (1876-1936> imJahre 1919 für die MbeiterItinder der
Frau Molt: Berta Molt, Calw 1876-1939 Stuttgart. Gattin des Schulgründen Emil Molt und Mitglied des Lehrerkollegiums der Schule.
Sie werden verhältnismäßig leicht sich die Fertigkeit aneignen: Statt
143 Da hat zum Beispiel de Rochas Beweise gegeben: Rochas d'Aiglun, Albert de (1837-
1914). Es handelt sich vermutlich um die Schrift
144 auf dem achten allgemeinen Konzil: Zur «Abschaffung des Geistes» auf diesem Konzil hat L. Locher eine aufschlußreiche Anmerkung (Mathematisch-Astronomische Blätter, Heft 4, November 1942, Seite 95). Sie gibt den lateinischen Text des betreffenden Beschlusses wieder, d.h. des 11. Canons, nach C.J. Hefele: «Conciliengeschichte», Bd. 4, Freiburg i. Br. I860, und die eigene Übersetzung da von, nämlich: «Während im alten und neuen Testament gelehrt wird, daß der Mensch eine einzige denkfähige und vernünftige Seele habe, und während alle gottbegeisterten Väter und Kirchenlehrer eben diese Meinung vertreten, sind einige, sich den Erfindungen des Bösen hingehend, zu einer solchen Gottlosigkeit gekommen, daß sie ständig versuchen, in unverschämter Weise zu lehren, der Mensch habe zwei Seelen, daß sie weiterhin versuchen, in gewissen unvernünftigen Bemühungen mit Gelehrsamkeit, welche sich als töricht erwiesen hat, ihre eigene Häresie zu bekräftigen. Daher verflucht mit lauter Stimme diese heilige und allgemeine Synode die Erfinder solcher Gottlosigkeit, deren Vollstrecker und diejenigen, welche diesem ähnliches meinen, indem sie sich bemüht, diese verwerfliche Ansicht, die da keimen will wie das übelste Unkraut, auszurotten, und indem sie in der Hand die Wurfschaufel der Wahrheit trägt und die ganze Spreu einem unauslöschlichen Feuer übergeben und die Tenne Christi rein machen will. Sie bestimmt und gibt bekannt, daß überhaupt niemand auf irgend eine Art die Aufstellungen der Urheber dieser Gottlosigkeit festhalte und bewahre. Wenn aber einer sich heraus nehmen sollte, im Gegensatz zu dieser heiligen und großen Synode zu handeln, so sei er verflucht und ausgeschlossen vom Glauben und Kult der Christen.» Die Verfluchung richtete sich gegen Photius und seine Anhänger. Wenn von ihnen gesagt wird, sie würden lehren, daß der Mensch «zwei Seelen» habe, so ist das eine gewiß gewollte Karikatur. Das bezeugt C. J. Hefele indirekt, wenn er im Abschnitt «Fortsetzung der Photius’schen Streitigkeit» seines Werkes schreibt: «Zudem erregten manche Behauptungen, z.B. daß nur die niedere Seele des Menschen, nicht die Vernunft, sündige, ... vielfachen Anstoß.»
150 Arthur Schopenhauer, Danzig 1788-1860 Franklun a. M.;
Eduard von Hartmann, Berlin 1842-1906 ebenda. Verband den Idealismus Schellings und Hegels mit Schopenhauers Willensphilosophie. Seine
151 was ich in meiner «Philosophie der Freiheit» ausgeführt habe:
154 Viele von den beutigien Mystikern, Anthroposophen und so weiter predigen heute ja hinlänglich: Im Stenogramm sowohl als auch in der Nachschrift steht
156 die althebräische Geheimlehre: Statt «althergebrachte», nach Stenogramm.
157 Luzifer: Vgl.
wie ich sie in einigen öffentlichen Vorträgen jetzt erwähnt habe . . . die Goldwährnng:
Z.B. im Vortrag vom 26. April 1920, in «Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus», GA Bibl.-Nr. 334.
161 worauf ich schon hingewiesen habe: Siehe S. 95f.
die dem täglichen Gang: Statt
163 die Relativitätstheorie auf einem Fehler in den Merkurumlaufizeiten aujbaat: A. Einstein in der im Hinweis zu S. 130 genannten Schrift, S. 69f.
164 Haupt . . . Nachklang . . . unseres Aujenthaltes in den geistigen Welten: Vgl. die Auslühtungen S. 53f, 106f, 112, 142f, 147ff.
165 Tafel Nr.20: Sie wurde beim Datieren verkehrt gehalten, so daß jetzt das Datum auf dem Kopf steht.
173 Johannes Schlaf Querfurt 1862-1941 ebenda. Versuchte in
174 Alle diese Planigtobien: Das Planiglobium oder Planisphärium ist eine in der Ebene dargestellte Himmelskugel, also eine Sternkarte.
durch die Philosophie ersetzt: «Philosophie» statt «Naturwissenschaft», nach Steno-gramm und Nachschrift.
177 Lenin, Simbitsk 1870-1924 Gorki.
Trotzki Iwanowska 1879 - 1940, in Mexiko ermordet.
179 Angelo Secchi, Reggio d'Emilia 1818-1878 Rom, Astronom, Professor am Collegio Romano in Rom, untersuchte auf der 1852 errichteten Sternwarte die physische Beschaffenheit der Planeten, des Mondes und der Sonne. Schuf die erste Einteilung der Fix-sterne in Klassen nach ihren Spektren. Hauptwerke:
180 Erich Wasmann, Meran 18S9-1931 Valkenburg (Holland).
in meiner
181 Tacitus, 55-120. Seine Bemerkung über Christus in den
ich habe auch davon schon Erwähnung getan: Man vgl. z.B. den Vortragszyklus
182 Albert Kalthoff Barmen 1850-1906 Bremen, evangelischer Theologe, zeitweise Vorsitzender im deutschen Monistenbund. Schrieb u. a.
183 der ChristusJesus... in dieser mächtigen Weise:
184 Kant-Laplacesche Theorie: Siehe den Hinweis zu S. 200.
18S während er sich um die Erde herumbewegt, dreht er sich um sich selbst: Letzteres ist gleichmaftig, ersteres nicht. Daher dai
186 Sternentag des Mondes: Auf dem Mond zunächst die Zeit von einer Kulmination eines Sternes zur nächsten. Analog der Sonnentag. Diese Zeit ist jedochn offensichtlich dieselbe wie die vorhin genannte, nach welcher der Mond dem Stern bzw. der Sonne wieder das gleiche Gesicht zeigt.
Vollmond . . . in bezug aufdie Sternenzeit: Vollmond bedeutet in bezug auf die Sonne, daß der Mond der Sonne dasselbe Gesicht zeigt, das er immer der Erde zeigt. Das ist nur im Moment des Vollmondes der Fall . Von da aus kann man
188 ein Auseinandersein da gewesen sein muß:
190 zwei . . . Strömungen veefolgen . . . bis zur Sonnenzeit:
191 einer solchen Broschüre wie der Traubschen: Friedrich Traub,
192 wie ich es in einem der öffentlichen Vorträge in diesen Tagen getan habe: Im Basler Vortrag vom 5. Mai 1920 «Seelenwesen und sittlicher Menschenwert im Lichte der Geistes-
Wissenschaft (Anthroposophie)», im Band «Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus», GA Bibl.-Nr.334.
192 Himmel und Erde werden vergeben: Math.24,35.
193 wäre über die ganze Erde hin ein halbes Jahr Tag, ein halbes Jahr Nacht: Der Satz istso ru verstehen, daß sich die Verhältnisse der Polarzonen über die ganze Erde hin bis zum Äquator ausbreiten würden.
194 mit dem Gesichtskreis oder dem Gesichtswinkel:
196 bei Betrachtungen, die mit diesen zusammenhängen: Vielleicht ist der Vortrag gemeint vom 1 . Oktober 1916, welcher von den ägyptischen Priestern erzahlt und auch der erste sein dürfte, wo von der lemniskatischen Sonnen- und Erdbewegung die Rede ist. Im Bande «Innere Entwicklungsimpulse der Menschheit», GA Bibl. -Nr.171.
197 nach der Sirius-Stellung: In der frühen ägyptischen Zeit fielen die Überschwemmungen des Nils mit dem heliakischen Aufgang des Sirius zusammen. Dieser war im Jahre 2771 v. Chr. an der Sommersonnenwende, aber er verspätete sich von Jahrtausend zu Jahr. tausend um zwischen 8 und 9 Tagen, d.h. genauer: Im Jahre 2771 v. Chr. hatte die Sonne beim heliakischen Aufgang des Sirius die Länge 90, welche dann im Jahrtausend um 8 bis 9 zunahm. Sie ist heute 130', und der heliakische Aufgang des Sirius findet in Ägypten um den 3. August statt. Vgl. L. Borchardt und P. V. Neugebauer, . Orientalische Literatur-zeitung 30 (1927), S. 441.
200 Kant-Laplacesche Theorie: Von Rudolf Steiner sehr oft ausführlich geschildert und in ihrer Einseitigkeit charakterisiert. Vgl. den 3. naturwissenschaftlichen Kurs, GA Bilil.Nr. 323, 18.Vortrag.
203 Strömung sich teilt in zwei Strömungen: Siehe Hinweis zu S. 190.
205 Adolf Havnack, Dorpat 1851-1930 Heidelberg. «Wesen des Christentums». 16 Vorlesungen 1899/1900.
206 Julius Robert Mayer, Heilbronn 1814-1878 ebenda. Entdecker des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft (heute: Erhaltung der Energie).
207 Julius Robert Mayer hatte einen Freund: Gustav Rümelin, Ravensburg 1815-1888 Tübingen, Schriftsteller und Staatsmann. Seine Erinnerungen anJ. R. Mayer sind enthalten in «Reden und Aufsätze» (3 Bände, 1875-94).
208 an der Spitze der Urabhandlung 1842: Rümelin war im Herbst 1841 oft mit Mayer zusammen. Er schreibt darüber: «... es war damals schwer, mit ihm von etwas anderem zu reden als von dieset Sache. . .. Ex nihilo nihil fit; nihil fit ad nihilum. Causa aequat effectum. Das waren die drei Schlagwörter, die er damals immer im Munde führte, die er mir einigemal beim Kommen entgegen-, beim Gehen noch nachrief.» Die drei «Schlagwörter» lauten übersetzt: Aus nichts wird nichts; nichts wird zu nichts. Die Utsache kommt der Wirkung gleich. - In der Urabhandlung von 1842 steht schon auf der 1 . Seite eines der drei «Schlagwörter», nämlich das dritte. Es beginnt der 2. Absatz mit den Worten: «Kräfte sind Ursachen, mithin findet auf dieselben volle Anwendung
der Gtundsatz: causa aequat effectum. . - . Diese erste Eigenschaft aller Ursachen nennen wir ihre Unzerstörliechkeit.»
210 Kant im 18. Jahrhundert: In seiner Schrift
211 Basilius Valentinus: Alchimist, lebte seit 1413 im Peterskloster zu Erfurt. Die wichtigsten seiner Schriften sind u. a.
212 Huxley, Thomas Heniy, Ealing 1825-1895 london, Zoologe.
213 früher aufgeht als die Sonne, respektive ftüher untergeht: Indem die Sonne gegenuber den Sternen zurückbleibt, ist ein Stern, wenn sie an den Arifangsort zurücltkehrt, wo sie einmal mit ihm zusammen aufgegangen ist, nicht mehr da. Sie wird erst etwas später an seinem Orte sein. Der Stern geht ialso früher auf, wenn sie in der Jahresbewegung im Aufsteigen begriffen ist, geht frühet unter, falls sie absteigt.
bleibt . . . hinter den Sternen um einen solchen Grad zurück:
214 Da entsteht eine Kraftdifferenz: Statt
215 die chaldaische Sarosperiode: Sie ist fast genau lBJahre, nämlich l8Jahre 11 Tage, und ist nicht identisch mit der Umlaufzeit der Mondirnoten von 18 Jahren 7 Monaten. Hier liegt wiederum eine der <Übereinanderschiebungen» vor, die S. 186 hervorgehoben wurden.
Plato sagte nicht umsonst: Gott geometrisiert, arithmetisiert: Das Wort findet sich nicht in einer seiner Schriften, sondern ist Tradition in der platonischen Schule. Davon schreibt Plutarch in seinem 8.
216 Wann man die Sternenzeit ins Auge faßt: Diese Stelle ist korrigiert . Das Stenogramm hat
219 «Das Christentum als mystische Tatsache» (1902), GA Bibl.-Nr. S.
223 Wilhelm Wundt, Neckarau 1832-1920 Leipzig. Man vgl. über den historischen Fortschritt Wundts «System der Philosophie», Leipzig 1889, S. 618ff, und auch die längere Ausführung über Wundt in den
224 Max Rubner, München 1854-1909 Berlin. Physiologe und Hygieniker. «Lob der Hygiene» (1881), «Das Problem der Lebensdauer und seine Beziehungen zu Wachstum und Ernährung» (1908) u.a.
225 im Basler öffentlicchen Vortrage:
ein Rationaüstiscbes des Menscblicben bedeutet bat: Vgl. S. 241ff.
227 einem zukünftigen Planetenzustand: Statt «Planeten zunächst», nach Stenogramm.
228 Novulic hat gesagt: Wörtlich « . und wenn kein Sterblicher, nach jener Inschrift dort, den Schleier hebt, so müssen wir Unsterbliche zu werden suchen; wer ihn nicht heben will, ist kein echter Lehrling zu Sais» Novalis,
230 indem sie auf unser Auge wirkt: Statt «auf unser Irdisches», nach Stenogramm.
231 Wir sehen ihn herausgedeutet aus dieser übrigien Walt: Dieser Satz ist eine Ergänzung nach Stenogramm
233 den Einsteinschen Kasten: Siehe Hinweis zu S. 130.
ein Mensch . . . so dünn wird wie ein Papier: Das ist eine Folge der Lorentz-Transfor. mation bei einer Geschwindigkeit nahe der Lichtgeschwindigkeit. Direkt auf den Menschen angewendet, wurde diese Folgetung bei Einstein nicht gefunden, obschon die Beispiele nicht zurückhaltend sind. So ist in dem wenig bekannten Vortrag Einsteins vom 16. Januar 1911 in der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (Vierteljahrs-schrift Naturf. Ges. Zürich, Bd. 56(1911), S. 12), von dem sich aber ein Separatdruck in der Bibliothek Rudolf Steiners findet, die Rede davon, einem Lebewesen durch einen Impuls eine Geschwindigkeit nahe der Lichtgeschwindigkeit zu geben. Es soll dann, wenn es durch geeignete Wiederholung der Prozedur wieder an den Ausgangsort zutückkehrt und wenn es zwischendurch lang genug mit beinahe Lichtgeschwindigkeit dahingeflogen ist, fast unverändert zurückkommen, wahrend am Ort verbliebene Lebewesen gleicher Art schon lange neuen Generationen Platz gemacht hätten. - Ist also der
234 daß ich . . . sprechen werde . . . über die Philosophie des Thomas von Aquino:
237 RudolfEucken, Aurich (Friesland) 1846-1926 Jena. Vgl. «Die Rätsel der Philosophie», GA Bibl.-Nr. 18.
Hennn Bergson, Paris 1859-1941 ebenda. Vgl. «Die Rätsel der Philosophie», GA Bibl. Nr.18.
243 Cartesius, René Descartes, La Haye (Touraine) 1596-1650 Stockholm. Vgl. «Die Rätsel der Philosophie», GA Bibl.-Nr. 18.
246 Nicht eher ist das Christentum begriffen, als bis es ...: Vgl. die Schrift «Die geistige Fühtung des Menschen und der Menschheit», GA Bibl.-Nr. 15, S. 66.
all unser Erkennen durchdringt: Statt «unsere Erde durchdringt», nach Stenogramm.
246 was in die bloßen Julius Robert Mayerschen Gesetze eingeschlossen ist:
249 Goethe in seiner Farbenlehre: Vgl. den Hinweis zu S. 87.
250 Alexander Baumgartner, St. Gallen 1841 - 1910 Luxemburg.
250 das deutsche Macchwerk drich Wilhelm Weber, Alhausen 1813-1894 Nieheim. Das Werk hatte 1879 seine 3. Auflage, 1889 die 42. Auflage, 1920 die 178.-183. Auflage, 1961 das 490.-500. Tausend. Das gilt für die ungekürzte Originalfassung. ohne Volksausgaben und Schulausgaben.
NAMENREGISTER
(H = Hinweis, o. N. = ohne Namensnennung)
Ägypter (alt) 61f., 191ff.
Altes Testament 65 f.
althebräische Geheimlehre 156 H, 213
Apollo 12
Artus, König 242 f.
Atomisten 40
Basilins, Valeontinus (14./15. Jh.) 211 H
Baumgartner, Alexandet (1841-1910)
250 H
Bergsoo, Henri (1859-1941) 237 H
Bischoff, Theodor Ludwig Wilhelm (1807-1882) 80 H
Böhme, Jakob (o. N.) (1575-1624)87 R
Cartesius (Descartes, René) (1596-1650) 243 H
Chaldäer(alt) 210
Einstein, Albert (1879-1955) 90, 130 H, 233
Eucken, Rudoff(1846-1926) 237 H Evangelien 65
Foucault, Jean Bernard Léon (1819-1868) 90 H
Galilei, Galilen (1564-1642) 66 f. 154
Gegenbaur, Carl (1826-1903)116 H
Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832) 70, 87, 104, 116, 249ff., H
Gral 243 f.
Harnack, Adoff von (1851-1930) 205 H, 222
Hartmann, Eduard von (1842-1906)150 H
Huxley, Thomas Henry (1825-1895)212 H
Isis 228
Israel, 12 Stämme 242
Jahve,Jehova 66, 156f., 206, 213f., 219.
222
Jakobssöhne 12, 242
Jesuiten 17Sf., 250
Jesus 66, 201 f.
Kalrhoff, Albert (1850-1906)182 f., H
Kant, Immanuel (1724-1804) 12 H, 184, 200 H, 202, 210 H
Keplet, Johannes (1571-1630)154, 164
Kopernikus, Nikolaus (1473-1543) 38,
39 H, 41ff., 49, 66, 97 H, 154, 163 f.
Laplace, Pierte Simon Marquis de (1749-1827)184, 200 H, 202
Lenin (eig. Wladimit IIjtsch Uljanow) (1870-1924)177 H
Leo XIII. (Papst von 1878-1903) 234
Marxismus 142, 177, 183 Mayer, Julius Robert (1814-1878)
206ff. H, 219, 224, 234, 246 H, 249 Messias 66
Molt, Berta (1876-1939)141 H
Newton, Isaac (1642-1727) 67f., 129 f.
Novalis (Friediich von Hazdenberg) (1772-1801) 228 H
Plato (427-347 v. Ghr.), platonisches Jahr 57ff., 76, 197, 201, 209, 215 H
Parzival 243 f.
Ptolemäus, Claudius (1./2. Jh.) 41,163
Pythagotas (um 582-497 v. Chr.) 174
Rabbiner 66
Rorhas, Eugéne Auguste Albert de (1837-1914)143 H
Rubnet, Max (1854-1932) 224 H
Rümelin, Gustav (1815-1889) 208ff. H
Sarosperiode 215 H
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph
(1775-1854) 69 H
Schlaf, Johannes (1862-1941)173 H
Schopenhauer, Arthur (1788-1860)150 H
Secrhi, Angelo (1818-1878)179 H, 184
Stein, Walter Johannes (1891-1957)35 H
Tacitus, Publius Cornelius (um 55-120 n. Chr.) 181 H
Thomas von Aquino (1225-1274)234 f. H
Traub, Friedrich (geb. 1860)191 H
Trotzki, Lew Dawidowitsch (eig. Leib Bronstein) (1879-1940)177 H Wasmann, Erich (1859-1931)180 H Weber, Friedrich Wilhelm (1813-1894) 250 H Wundt, Wilhelm (1832-1920) 223 H
Literatur
- Rudolf Steiner: Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos, GA 201 (1987), ISBN 3-7274-2012-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv. Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen. Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners. |