GA 277a

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ZUR EINFÜHRUNG Vorbemerkung der Herausgeber

#G277a-1982-SE007 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

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ZUR EINFÜHRUNG

Vorbemerkung der Herausgeber

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Bewußt der Verantwortung, die mit der Veröffentlichung von gesprochenen Texten Rudolf Steiners verbunden ist, sollen zunächst die Umstände ge­schildert werden, welche zur Herausgabe der hier abgedruckten Kurse und Angaben führten. Es mußte ungefähr ein halbes Jahrhundert verstreichen, ehe es möglich wurde den Versuch zu wagen, die Zeit des Werdens der Eurythmie erstehen zu lassen, durch das aufgefundene Material Etappe um Etappe auf­zuzeigen und gleichzeitig zu den Quellen zurückzuführen.

Als Ausgangspunkt und Grundiage dienten eine Reihe von Notiz- und Arbeitsbüchern von Marie Steiner aus der Zeit des «Apollinischen Kurses» vom Jahre 1915, welche sich im Archiv der Rudolf Steiner-Nachiaßverwaltung befanden. Diese und ihre Aufsätze über die Eurythmie geben Einblick in ihr unermüdliches Bemühen, die junge Kunst aufzubauen, welche ohne ihren Einsatz, vor allem aber ohne die Ausbildung der Rezitations- und Deklama­tionskunst für die eurythmischen Darstellungen sonst nicht die Höhe erreicht hätte, zu der sie sich entwickelte. Außerdem lagen faksinriliert die Original-texte und -zeichnungen zum ersten Eurythmiekurs, für Lorr Srnits im Jahre 1912 gegeben, vor.

Hinzu kamen eine große Anzahl von Programmen, beginnend in der Zeit, als in der Schreinerei zunächst vor den Vorträgen Rudolf Steiers euryth­mische Darbietungen stattfanden, und von Gastspielen in der Schweiz und im Ausland. Sodann ermöglichten es glückliche Umstände, den Aufzeichnungen von Rudolf Steiner aus dem Jahre 1912 einen Begleittext von Lory Maier­Smits, in hingebungsvoller Weise uns jede Stunde, jede Übung, jede Bewe­gung, jede Nuance miterleben lassend, beifügen zu können.

Die Angaben Rudolf Steiners, die er täglich während des Kurses vom Som­mer 1915 auf die Wandtafel schrieb, haben sich leider nicht auffinden lassen. So wurden die vorhandenen Notizen in ihrer aphoristischen Form belassen; sie wirken in ihrer Knappheit besonders charakteristisch und konnten ruit Aufzeichnungen von Erna van Deventer-Wolfram verglichen werden, welche seinerzeit Dr. Steiner geprüft hatte. Ergänzungen von ihr, Lory Maier-Srnits und Tatiana Kisseleif kamen noch hinzu. Den Inhalt des ganzen Kurses hatte Frau Kisseleif Herrn und Frau Dr. Steiner aufgezeichnet, welchen sie auch Annemarie Dubach-Donath für das Buch «Die Grundelemente der Eurythmie» zur Verfügung gestellt hat. An diesem «Apollinischen Kurs» nahm außer den drei genannten Eurythmistinnen noch Elisabeth Dollfus teil, welche 1947 ge­storben ist. Eine stimmungsvolle Schilderung einer Eurythmiedarhietung aus dem Jahre 1913 von ihr hat sich erhalten und wurde in das Buch aufgenommen. Ferner kamen zu diesem Kurs Alice Fels und Edith Röhrle; später zur Dar­stellung der «Zwölf Stimmungen» verschiedene Künstler, welche am Goethe­anum mitarbeiteten, insgesamt neunzehn Personen.

Im allgemeinen ist der Stoff dieses Kurses bekannt, doch verfolgt man Tag für Tag im einzelnen, was Rudolf Steiner gegeben hat, so wird einem dies zu einem Erlebnis, wie es bisher in einem solchen Maße nicht erfaßbar war. Einiges hat sich im Laufe der Zeit etwas verändert, so daß es nur wertvoll sein kann, auch diese Entwicklung zu verfolgen.

Aus der Natur der Sache ergab es sich ferner, eine Auswahl der charakte­ristischsten Einleitungen Rudolf Steiners zu Aufführungen mit zum Teil dazu­gehörigen Programmen einzubeziehen. Sie vertiefen das Bild der stetigen Weiterentwicklung der Eurythmie und ihres Bekanntwerdens in der Welt.

Faksimilierte Wiedergaben von Ausarbeitungen verschiedener Gedichte mit teilweise unbekannten Formen Rudolf Steiners veranschaulichen die Schilde­rungen Marie Steiners aus dieser Zeit.

Der Aufsatz von Tatiana Kisseleif über die Standardformen erinnert auch an die Entstehung des «Faust» mit den vielen eurythmisch gelösten Szenen, ohne welche sich eine Inszenierung heutzutage nicht mehr denken läßt.

Der Wortlaut von der einzigen Eurythrnie-Kouferenz in Stuttgart vom 30. April 1924, der durch verschiedene Nachschriften von Teilnehmern verbessert und ergänzt werden konnte, wird vor allem den Eurythmielehrerinnen im In- und Ausland eine Hilfe sein können.

Die Angaben für die Tierkreisstellungen und Planetenvorbewegungen fan­den sich mit den dazugehörigen, bisher unveröffentlichten Bemerkungen in einem Notizbuch des Jahres 1914. Näheres siehe Seite 206. Erst im Jahre 1924 jedoch wurden diese Angaben im Lauteurythmiekurs von Rudolf Steiner mit­geteilt.

Viele Ankündigungen der Dornacher Eurythmieaufführungen von Rudolf Steiners Hand, in immer neuen, die Arbeit charakterisierenden, oftmals humor­vollen Formulierungen, vergegenwärtigen uns die Zeit unermüdlichen und begeisterten Schaffens der Eurythmistinnen.

Die Humoresken Rudolf Steiners mit Eurythmieformen, sonst nirgends ver­öffentlicht, entstanden in den zwanziger Jahren, wurden auch faksimiliert dem Buche beigefügt.

Von Bedeutung sind weiter die im Anhang abgedruckten Wortlaute, auf

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welche Rudolf Steiner aufmerksam machte: das «Tanzbrevier» von Albert Czerwinski, aus welchem Rudolf Steiner den jungen Eurythmistinnen bestimmte Abschnitte zu lesen gab, mit der Abbildung eines Corybantentanzes, in welche er erstmalig die Beziehung des Menschen «zur ganzen Welt», «der Menschen untereinander» und «zur Erde» einzeichnete, auch das «leise Revoltieren». Das Kapitel «Über die Pantomimik» aus den Schriften des Lucian hatte Lory Smits auf Anregung von Rudolf Steiner gefunden. Beides diente dem Studium.

Dann ergab es sich, auch eine Chronologie vom Dezember 1911 bis zum Tode Rudolf Steiners im März 1925 dem Buche beizugeben.

Zu den Aufstellungen der Eurythmieformen sei noch bemerkt, daß die For­men für die Ton-Eurythmie zum größten Teil von Rudolf Steiner oder Marie Steiner datiert wurden, oder von der sie ausführenden Eurythmistin. Die For­men für die Laut-Eurythmie konnten durch die vorhandenen Programme, bis auf einige, gleichfalls ihrer Entstehungszeit nach bestimmt werden. Zu den letz­ten Formen, welche Rudolf Steiner auf seinem Krankeniager für die Eurythmie schuf, gehörte die «Michael-Imagination»; sie gelangte zur Aufführung am 12. April 1925.

Anschließend an diese Vorbemerkungen folgen eine Aufzeichnung von Lory Maier-Smits über das erste Gespräch, das im Dezember 1911 in Berlin zwischen Rudolf Steiner und ihrer Mutter, Clara Smits, stattfand und in wel­chem der Ausgangspunkt für das Entstehen der Eurythmie liegt, und Rudolf Steiners Ausführungen zu Beginn des Hamburger Zyklus über «Das Johannes-Evangelium» im Mai 1908, die im Zusammenhang mit einem Gespräch zwi­schen Rudolf Steiner und Margarita Woloschin stehen.

Rückblickend auf die jahrelange Arbeit, die zur endgültigen Fertigstellung der Druckvorlage nötig war, sei allen Beteiligten, welche bei der Durch­arbeitung des umfangreichen Materials mitgeholfen haben, aufs herzlichste gedankt.

Dornach, im Frühjahr 1965

GESPRACH zwischen Rudolf Steiner und Clara Smits über eine neue Bewegungskunst


Während eines Gespräches, welches meine Mutter, Clara Smits, Mitte De­zember 1911 in Berlin, kurz nach dem Tode meines Vaters, mit Rudolf Steiner haben durfte, fragte dieser plötzlich nach mir und meinen Berufs-absichten. Ohne eine Unterhaltung, die sie, als sie auf das Gespräch mit Dr. Steiner wartete, mit einer bekannten Dame geführt hatte, wäre meiner Mutter in diesen Tagen sicher nicht mein lange gehegter Wunsch eingefallen, irgend­eine rhythmische Gymnastik, lieber noch Tanzkunst zu lernen, aber nun konnte sie davon erzählen und auch, daß diese Dame ihr von der Ausbildung und Tätigkeit ihrer eigenen Tochter erzählt habe, die sehr zufrieden und be­glückt nach der Mensendieckschen Methode arbeite. Und da antwortete Rudolf Steiner mit dem oft zitierten Ausspruch: «Man kann natürlich ein guter Theosoph sein und nebenbei Mensendiecksche Gymnastik machen, aber das hat nichts miteinander zu tun! Aber man könnte auch eine ganz neue Be­wegungskunst inaugurieren, die auf geisteswissenschaftlicher Grundiage aufgebaut ist.» Das gab meiner Mutter die Möglichkeit, Dr. Steiner von einer Idee zu sprechen, die bei einem Vortrag über «Lachen und Weinen», Berlin, 3. Februar 1910, in ihr aufgeleuchtet sei, und zwar: Könnte man nicht durch bestimmte rhythmische Bewegungen über den ätherischen Leib, der ja der Sitz sowohi alles Rhythmischen wie auch von Gesundheit und Krankheit sei, bis in den physischen Leib herein, heilend, stärkend und regulierend wirken? -Nicht nur habe Dr. Steiner diese Möglichkeit lebhaft bejaht, sondern sich spontan bereit erklärt, die dazu notwendigen Anweisungen zu geben, die ich dann mit ihrer Hilfe ausarbeiten könnte.

Meine Mutter hat mir oft und ausführlich erzählt, wie aus diesem Gespräch, das unter dem Schatten eines ihr kaum faßlichen, viel zu frühen Todes begann, mehr und mehr zukunftfrohes, hellstes Leben erblühte. Wie Rudolf Steiner davon gesprochen habe, daß er schon lange diese neue, wie sie richtig gefühlt habe, auf ätherischen Bewegungsimpulsen beruhende Bewegungskunst er­strebt habe, weil er sie mehr und mehr für lebensnotwendig für das Ganze der anthroposophischen Erkenntnis halte, aber man sei auf seine Anregungen bis­her nicht eingegangen. Und doch brauche er selbst diese neue Bewegungs­kunst, zum Beispiel dann, wenn Dinge an die Menschen herangebracht werden sollten, die so tief seien, daß man sie überhaupt nicht in Worte fassen könnte, auch solche, die entweder von den Zuhörern eine kaum aufzubringende Kon­zentrationsfähigkeit oder von ihm selbst lange, umständliche und zeitraubende Ausführungen verlangten. Dann sollte diese neue Kunst einsetzen und an

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andere Erkeunmismöglichkeiten appellierend, den Menschen ein Verständnis auch solcher Wahrheiten vermitteln.

«Es wird sich aber um das Wort, nicht um Musik handeln!»

Um ihr ein Verständnis für diese damals immerhin ungewohnte Vorstellung zu erleichtern, habe er ihr folgende Stelle aus der «Akasha-Chronik» ge­zeigt mit Schilderungen gewisser Maßnahmen am Ende der lemurischen Zeit, durch welche eingeweihte Führer eine auserlesene Menschengruppe als Stamm der kommenden atlantischen Rasse herangebildet hätten.

«Die Akasha-Chronik zeigt auf diesem Gebiete schöne Szenen. Es soll eine solche beschrieben werden. Wir sind in einem Walde, bei einem mächtigen Baum. Die Sonne ist eben im Osten aufgegangen. Mächtige Schatten wirft der palmenartige Baum, um den ringsherum die anderen Bäume entfernt worden sind. Das Antlitz nach Osten gewendet, verzückt, sitzt auf einem aus seltenen Naturgegenständen und Pflanzen zurecht gemachten Sitz die Priesterin. Lang­sam, in rhythmischer Folge strömen von ihren Lippen wundersame, wenige Laute, die sich immer wiederholen. Im Kreise herum sitzt eine Anzahl Männer und Frauen mit traumverlorenen Gesichtern, inneres Leben aus dem Gehörten saugend. - Noch andere Szenen können gesehen werden. An einem ähnlich ein­gerichteten Platze eine Priesterin ähnlich, aber ihre Töne haben etwas Mächtigeres, Kräftigeres. Und die Menschen um sie herum bewegen sich in rhythmischen Tänzen. Denn dies war die andere Art, wie in die Mensch­heit kam. Die geheimnisvollen Rhythmen, die man der Natur abgelauscht hatte, wurden in den Bewegungen der eigenen Glieder nachgeahmt. Man fühlte sich dadurch eins mit der Natur und den in ihr waltenden Mächten.»

Dann habe Rudolf Steiner weiter gesprochen: « Nicht nur kam auf diese Art in die Menschheit; durch diese rhythmischen Tänze, hervorgerufen durch Töne und Rhythmen, die den weisen Priesterinnen auf geheimnisvolle Art von höheren Führern eingeflößt worden waren, wurden die ersten Keime für unseren heutigen Sprachorganismus, für Kehlkopf und Nachbarorgane, in der damals noch nicht sprachbegabten Menschheit veranlagt.»

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RUDOLF STEINER

über das Johannes-Evangelium

Hamburg, 18. Mai 1908

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Mit stummen Wesen beginnt unsere Welt, und nach und nach erst zeigen sich Wesen und erscheinen auf unserem Wohhp'atz, welche die innersten Erlebnisse riach außen tönen lassen können, die des Wortes mächtig sind. Aber das, was vom Menschen heraus am spätesten erscheint, sagten sich die Bekenner der Logoslehre, war in der Welt selbst am frühesten da. Wir denken uns, der Mensch war in seiner heutigen Gestalt in früheren Erdzuständen noch nicht da, aber in unvollkommener, stummer Gestalt war er da und hat sich nach und nach bis zum logos- oder wortbegabten Wesen heraufentwickelt. Daß er das konnte, rührt davon her, daß das, was bei ihm zuletzt erscheint, das schöpfe­rische Prinzip, in einer höheren Wirklichkeit von Anfang an da war. Was sich losringt aus der Seele, das war das göttliche schöpferische Prinzip im Anfang.

Das Wort, das aus der Seele tönt, der Logos, war im Anfang da, und der Lo­gos hat die Entwickelung so gelenkt, daß zuletzt ein Wesen entstand, in dem er auch erscheinen konnte. Was zuletzt in der Zeit und im Raume erscheint, war im Geiste zuerst da. Wenn Sie einen Vergleich nehmen wollen, um sich das klarzumachen, so können Sie ungefähr sagen:

Hier habe ich diese Blume vor mir. Diese Blumenkrone, diese Blumenglocke, was war sie vor einiger Zeit? Es war ein kleines Samenkorn. Darinnen war der Möglichkeit nach diese weiße Blumenglocke. Wäre sie nicht der Möglichkeit nach darinnen gewesen, diese Blumenglocke hätte nicht entstehen können. Und woher kommt das Samenkorn? Es kommt wieder von einer solchen Blumen-glocke her. Dem Samenkorn geht die Blüte voran, und so, wie die Blüte der Frucht vorangeht, so hat sich das Samenkorn, aus dem diese Blüte entstanden ist, herausentwickelt aus einer gleichen Pflanze. So betrachtete der Bekenner der Logoslehre den Menschen und sagte sich: Gehen wir zurück in der Ent­wickelung, so finden wir in früheren Zuständen den noch stummen Menschen, der nicht des Wortes fähig war. Aber wie der Same von der Blüte herkommt, so kommt der stumme Menschensame von dem sprechenden, wortbegabten Gotte im Urbeginn her. Wie das Maiglöckchen den Samen und der Same wie­der das Maiglöckchen erzeugt, so erzeugt das göttliche Schöpferwort den stummen Menschensamen, und als das göttliche Schöpferwort hineinschlüpft in den stummen Menschensamen, um darin wieder aufzugehen, tönt aus dem Menschensamen das ursprüngliche göttliche Schöpferwort hervor. Gehen wir zurück in der Menschheitsentwickelung, so treffen wir ein unvollkommenes Wesen, und die Entwickelung hat den Sinn, daß zuletzt als Blüte der Logos oder das Wort, welches das Innere der Seele enthüllt, erscheint. Es erscheint im Anfange der stumme Mensch als Samen des logosbegabten Menschen, und dieser geht hervor aus dem logosbegabten Gotte. Es entspringt der Mensch aus dem nicht wortbegabten, stummen Menschen, aber zuletzt ist im Urbeginn der Logos oder das Wort.

So dringt derjenige, der die Logoslehre im alten Sinne erkennt, vor zu dem göttlichen Schöpferwort, das der Urbeginn des Daseins ist, worauf der Schrei­ber des Johannes-Evangeliums im Anfange hinweist.

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MARGARITA WOLOSCHIN

Aus « Die grüne Schlange», Lebenserinnerungen

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Im Mai dieses Jahres 1908 fuhren wir, mein Bruder und ich, nach Hamburg, wo Rudolf Steiner über das Johannes-Evangelium sprechen wollte ii. Die Vor­träge fanden in dem kleinen weißen Saal eines bürgerlichen Hauses statt. Rudolf Steiner sprach an diesem ersten Abend über den Prolog des Johannes-Evangeliums...

Nach dem Vortrag trat er zu mir und fragte: «Könnten Sie das tanzen?» Ich war über diese Frage nicht erstaunt, weil ich von meiner Kindheit an das Bedürfnis hatte, jedes tiefere Erlebnis zu tanzen; und daß Rudolf Steiner « alles weiß», davon war ich überzeugt. Ich antwortete ihm: « Ich glaube, man könnte alles tanzen, was man fühlt.» - « Aber auf das Gefühl kam es doch heute an! »Diesen Satz wiederholte er und blieb eine Weile vor mir stehen, indem er mich anschaute, als wenn er auf eine Frage wartete. Ich fragte ihn aber nicht. - Im Herbst desselben Jahres, es war in Berlin nach einem Vortrag über die Ent­sprechungen der Rhythmen im Kosmos und im Menschen, sagte er mir: « Der Tanz ist ein selbständiger Rhythmus, eine Bewegung, deren Zentrum außer­halb des Menschen ist. Der Rhythmus des Tanzes führt zu den Urzeiten der Welt. Die Tänze unserer Zeit sind eine Degeneration der uralten Tempeltänze, durch welche die tiefsten Weltgeheimnisse erkannt wurden.» Und wieder stand er wartend vor mir, und wieder fragte ich nichts. Ich wußte damals nicht, daß die Worte eines Lehrers immer ein Hinweis sein wollen, ohne die Freiheit des Schülers anzutasten.

Worauf er wartete, verstand ich erst vier Jahre später, als er auf die Frage einer seiner Schülerinnen die Grundlage einer neuen Bewegungskunst dar­legte. Die Frage mußte von einem Menschen gestellt werden, dann erst ant­wortete er... Jetzt begriff ich, was Rudolf Steiner damals meinte, als er mich nach dem Vortrag über den Prolog des Johannes-Evangeliums fragte: «Könn­ten Sie das tanzen?»

ERSTER TEIL RUDOLF STEINER Über die eurythmische Kunst

#G277a-1982-SE011 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

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ERSTER TEIL

RUDOLF STEINER

Über die eurythmische Kunst

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Die eurythmische Kunst schien im Goetheanumbau besonders zur Geltung zu kommen. Sie ist sichtbare Sprache oder sichtbares Singen. Der einzelne Mensch führt Bewegungen durch seine Glieder, besonders die ausdrucks-vollsten Bewegungen der Arme und Hände aus, oder auch Gruppen von Menschen bewegen sich, oder bringen sich in Stellungen zueinander. Diese Be­wegungen sind gebärdenartig. Aber sie sind nicht Gebärden in gewöhnlichem Sinne. Diese verhalten sich zu dem, was in der Eurythmie dargestellt wird, wie das kindliche Lallen zu der ausgebildeten Sprache.

Wenn der Mensch sich seelisch durch die Sprache oder den Gesang offen­bart, dann ist er mit seinem ganzen Wesen dabei. Er ist gewissermaßen in der Anlage durch seinen ganzen Körper in Bewegung. Aber er bringt diese Anlage nicht zum Ausdruck. Er hält diese Bewegung in der Entstehung fest und konzentriert sie auf die Sprach- oder Tonorgane. Man kann nun durch sinnlich­übersinnliches Schauen - um diesen Goetheschen Ausdruck zu gebrauchen -erkennen, welche Bewegungsanlage des ganzen körperlichen Menschen einem Ton, oder einem Sprachlaut, einer Harmonie, Melodie, einem gestalteten Sprachgebilde zugrunde liegt. Dadurch kann man Menschen oder Menschen­gruppen Bewegungen ausführen lassen, die genau ebenso auf sichtbare Art das Musikalische oder Sprachliche zur Darstellung bringen wie die Sprach- und Gesangsorgane auf hörbare. Der ganze Mensch, oder Menschengruppen wer­den zum Kehlkopf; die Bewegungen sprechen oder singen, wie der Kehlkopf tönt oder lautet.

Ebensowenig wie in der Sprache oder dem Gesang beruht in der Eurythmie etwas auf einer Willkür. Aber es hat ebensowenig Sinn zu sagen, Augenblicks-gebärden seien der Eurythmie vorzuziehen, wie ein Willkürton oder Willkür-laut seien besser als die in der gesetzmäßigen Sprach- oder Tongestaltung lie­genden Laute oder Töne.

Aber Eurythmie ist auch nicht mit Tanzkunst zu verwechseln. Man kann Musikalisches, das gleichzeitig ertönt, eurythmisieren. Dann wird nicht zur Musik getanzt, sondern sichtbar gesungen.

Die eurythmischen Bewegungen sind ebenso gesetzmäßig aus dem ganzen menschlichen Organismus herausgeholt wie die Sprache oder der Gesang.

Wenn eine Dichtung eurythmisiert wird, dann offenbart sich auf der Bühne die sichtbare Sprache der Eurythmie und gleichzeitig ertönt die Dichtung durch Rezitation oder Deklamation. Man kann nun nicht so zur Eurythmie rezitieren oder deklamieren, wie man das oft liebt, durch bloßes Pointieren des Prosa­gehaltes der Dichtung. Man muß die Sprache wirklich als Sprache künstlerisch behandeln. Takt, Rhythmus, melodiöse Motive und so weiter oder auch das Imaginative der Lautbildung müssen herausgearbeitet werden. Denn es liegt jeder wahren Dichtung eine verborgene (unsichtbare) Eurythmie zugrunde. Frau Marie Steiner hat diese Art der Rezitation und Deklamation, die parallel der eurythmischen Darstellung gehen, besonders auszubilden versucht. Es scheint, als ob dadurch wirklich eine Art orchestralen Zusammenwirkens des gesprochenen und sichtbar dargestellten Wortes erreicht wäre.

Es erweist sich nämlich als unkünstlerisch, wenn eine Person zugleich re­zitiert und eurythmisiert. Es muß auf verschiedene Personen verteilt sein. Das Bild einer Person, die beides an sich offenbaren wollte, zerfiele für den un­mittelbaren Eindruck.

Die Ausgestaltung der eurythmischen Kunst beruht auf der sinnlich-über-sinnlichen Einsicht in die ausdrucksvolle Bewegungsmöglichkeit des mensch­lichen Körpers. Für diese Einsicht ist nur eine spärliche Überlieferung - so weit mir bekannt - aus früheren Zeiten vorhanden. Aus Zeiten, in denen dem Menschenkörper das Durchscheinen des Seelisch-Geistigen noch in einem er­höhteren Maße angesehen worden ist als heute. Diese spärliche Überlieferung, die übrigens nach ganz anderen Absichten hinweist, als den in der Eurythmie vorhandenen, wurde selbstverständllch benützt. Doch mußte sie selbständig aus- und umgebildet und vor allem in das Künstlerische ganz und gar um-geprägt werden. Von der Formenbewegung der Menschengruppen, die wir in

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der Eurythmie nach und nach ausgebildet haben, ist mir keine Überlieferung bekannt.

Wenn nun diese eurythmische Kunst auf der Bühne des Goetheanums auf­trat, so sollte man das Gefühl haben, daß die ruhenden Formen der Innen­architektur und der Plastik sich auf ganz naturgemäße Art zu den bewegten Menschen verhielten. Die erstern sollten die letztern gewissermaßen wohl-gefällig in sich aufnehmen. Bau und eurythmische Bewegung sollten zu einem Ganzen verwachsen. Dieser Eindruck konnte noch erhöht werden, indem die Folge der eurythmischen Gestaltungen begleitet wurde von Lichtwirkungen, die im harmonischen Zusammenstrahlen und harmonischer Folge den Bühnen-raum durchfluteten. Was da versucht wird, ist Licht-Eurythmie.

Und wenn die Bauformen der Bühne die eurythmischen Gestaltungen gleich­sam als etwas zu ihnen Gehöriges aufnahmen, so diejenigen des Zuschauerrau­mes die parallel mit der Eurythmie auftretende Rezitation oder Deklamation, die von einem Sitze an der Seite der Bühne, da wo diese mit dem Zuschauerraum zusammenstößt, durch Marie Steiner erklangen. Vielleicht ist es nicht un­zutreffend, zu sagen, der Zuhörer sollte in dem Bau selbst einen Genossen im Verstehen des gehörten Wortes oder Tones empfinden. Wenn man nicht mehr behaupten will, als daß eine solche Einheit von Bauform und Wort oder Musik erstrebt worden ist, so wird das Gesagte nicht allzu unbescheiden klingen. Denn keiner kann mehr überzeugt davon sein, daß dieses alles nur höchst unvoll­kommen erreicht worden ist, als ich selbst. Aber ich habe versucht, so zu ge­stalten, daß man fühlen konnte, wie die Bewegung des Wortes längs den Formen der Kapitäle und Architrave naturgemäß dahinlief.

Ich möchte damit nur andeuten, was man für einen solchen Bau versuchen kann: daß seine Formen das darin Dargestellte nicht bloß äußerlich um-schließen, sondern es in lebendiger Einheit in sich im unmittelbaren Eindrucke enthalten.

Und würde ich damit nur meine Meinung aussprechen: ich hielte sie doch zu­rück. Aber ich habe das Gesagte von Andern gehört.

Ich weiß ja auch, daß ich die Formen des Baues aus der Seelenverfassung heraus empfindend gestaltet habe, aus der mir auch die Eurythmiebilder kommen.

Daß die Formen der Eurythmie fortlaufend im Erleben dessen gestaltet wurden, was im Zustandekommen der Bauformen erlebt werden konnte, wird nicht als ein Widerspruch gegen das Gesagte empfunden werden können. Denn so ist das Zusammenstimmen beider nicht durch eine verstandesmäßige Absicht erstrebt worden, sondern durch einen gleichgearteten künstlerischen Impuls entstanden. Wahrscheinlich hätte die Eurythmie nicht ohne die Arbeit am Bau gefunden werden können. Vor dem Baugedanken war sie nur in ihren ersten Anfängen vorhanden.

Die Unterweisungen für die seelische Gestaltung der bewegten Sprach­formen wurden den Schülern zuerst in dem Saal gegeben, der in den Südflügel des Goetheanums eingebaut war. Die Innenarchitektur besonders dieses Saales sollte eine ruhende Eurythmie sein, wie die eurythmischen Bewegungen dar­innen bewegte plastische Formen, aus dem gleichen Geiste gestaltet wie diese ruhenden Formen selbst.

In diesem Saale wurde am 31. Dezember 1922 zuerst der Rauch entdeckt, welcher von dem Feuerkeim herrührte, der in seinem Erwachsen das ganze Goetheanum zerstörte. Man fühlt, wenn man mit dem Bau in Liebe verbunden war, die unbarmherzigen Flammen schmerzend durch die Empfindungen dringen, die in die ruhenden Formen und in die darin versuchte Arbeit sich ergossen haben.

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LORY MAIER-SMITS

Vorbemerkung

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Anknüpfend an den vorstehenden Aufsatz Rudolf Steiners obliegt es mir, die grundlegenden Anweisungen für die Eurythmie, die mir im Januar und Sep­tember 1912 von Rudolf Steiner anvertraut wurden, jetzt nach über einem halben Jahrhundert nicht nur den Eurythmisten, sondern alle denen, die sich für Rudolf Steiners Lebenswerk in seiner Ganzheit interessieren und sich damit verbunden haben, weiterzugeben, so ausführlich und getreu es mir nur möglich ist. Zum Teil kommen mir kurze Notizen, sofort nach der eben erlebten Stunde aufgezeichnet, auch spätere, schon ausführlichere Versuche zu Hilfe, aber im Ganzen stehen diese Septembertage so lebendig und gegenwärtig vor mir, daß es eher unmöglich scheint, die damals erlebte Fülle zu bewältigen, als etwa etwas zu vergessen.

Meine Aufgabe ist es also, so über die ersten Angaben für die Eurythmie zu berichten, wie sie damals von Rudolf Steiner gemacht wurden, allerdings in dem Bewußtsein, daß es sich um die allerersten Grundlagen handelt, und daß jeder, der sich ernst mit irgendeinem Gebiet des Gesamtwerkes unseres Lehrers beschäftigt hat, weiß, welche Fülle von Erweiterungen, Modifikationen und neuen Gesichtspunkten selbst solcher Grundlagen im Laufe der Arbeit immer wieder von ihm gegeben wurde.

Weiter möchte ich kurz erzählen, wie wir mit unserer Arbeit begannen, wie

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wir Rudolf Steiner nach einem halben Jahr das bis dahin Erreichte zeigen konnten, von ihm neue Anregungen, Aufgaben, vor allem aber durch seine Zustimmung neuen Mut und gesteigerten Enthusiasmus empfingen, und wie die Eurythmie sich in den ersten drei Jahren entwickelte und ausbreitete. In dieser Zeit scheiterte der Plan, den «Johannes-Bau» in München zu errichten, aber schon im September 1913 konnte in Dornach der Grundstein für das erste Goetheanum gelegt werden. Man erlebte den Beginn des ersten Weltkrieges mit all den Erschwernissen und Hemmungen bei der Arbeit am Bau, und doch konnten bereits im AugustlSeptember 1915 «den Schülern der Eurythmie die Unterweisungen für die seelische Gestaltung der bewegten Sprachformen in dem Saal gegeben werden, der in den Südflügel des Goetheanum eingebaut war...»

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Erste Aufgabe

Berlin, Mitte Dezember 1911

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Das am Schluß der Einführung geschilderte Gespräch zwischen Rudolf Steiner und Clara Smits fand noch eine kurze Fortsetzung dadurch, daß Rudolf Steiner sogleich eine erste praktische Übung gab: «Sagen Sie Ihrer Tochter, sie solle Alliterationen schreiten; einen kräftigen, etwas stampfenden Schritt auf die alliterierenden Taktteile machen und eine gefällige Armbewegung bei dem oder den Taktteilen, wo der Konsonant fehlt. Und zwar nicht nur vor­wärts, sondern auch ebenso energisch iückwärts schreitend. Sie soll aber daran denken, daß Alliterationen ursprünglich nur in nördlichen Ländern angewandt wurden, dort wo Sturm, Klippen und das Brausen und Tosen der Meereswogen einen grandiosen Zusammenklang aller Elemente formten. Sie soll sich selbst wie ein alter Barde erleben, der im Sturm aufrecht am Meere dahinschreitet, die Leier im Arm.» Nicht nur im Kopf sollte dieser Rhythmus registriert werden, um dann leicht und mechanisch dahingeschritten zu werden, der ganze Mensch bis in die Gliedmaßen mußte sich in dieses Geschehen hineingestellt fühlen, um sich Fuß um Fuß stark und bewußt mit jedem Schritt ein neues Stück seines Weges zu erobern.

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Vorarbeiten

Kassel, 29.Januar 1912

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Da Rudolf Steiner gewünscht hatte, mir bald weitere Aufgaben zu geben, fuhr meine Mutter mit mir Ende Januar 1912 zu Vortragsveranstaltungen nach Kas­sel, wo wir am 29. Januar die versprochenen Aufgaben entgegennehmen durf­ten.

«Ja, nun muß die Kleine allerlei lernen, was sie dann aber wieder vergessen muß!», so begrüßte Rudolf Steiner meine Mutter und mich lächelnd, und dann bekam ich gleich meine Aufgaben.

«Als erstes sollten Sie sich eine ausreichende Kenntnis des menschlichen Körpers mit seinen Knochen, Gelenken, Muskeln und Bändern aneignen.» Er empfahl hierfür einen Anatomischen Atlas für bildende Künstler. «Wenn Sie gerne mehr wissen wollen, auch über Form und Funktion der inneren Organe, dann verschaffen Sie sich den alten Hyrtl, der ist noch ganz lebendig.»

Weiter sollte ich versuchen, so viel und so oft es zu ermöglichen sei, grie­chische Bildwerke anzusehen, seien es Originale, Kopien oder auch nur Ab­bildungen. «Aber immer nur anschauen, niemals versuchen diese Stellungen nachauahmen.» Also nur anschauend und aufnehmend. Auch sollte ich in der griechischen Literatur nachsuchen, was dort über die Tanzkunst geschrieben und niedergelegt sei.

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«Bilden Sie sich Sätze, die nur einen Vokal enthalten, zum Beispiel: Barbara saß stracks am Abhang. - Sprechen Sie diese laut und beobachten Sie, was dabei in Ihrer Kehle an Bewegungen und Dynamik vorgeht, und das tanzen Sie dann. » In mein ziemlich fassungsloses Gesicht hinein sprach er nochmals stark akzentuierend «Barbara saß stracks amAbhang», nahm ein Blatt Papier, schrieb den Satz hin und zeichnete die Kurve, indem er Silbe für Silbe charakterisierte:

«Bar - das ist ein Ruck nach oben; ba und ra - sind geformte, weniger bewegte Laute; saß - da dehnt es sich weiter in der oberer Ebene; stracks - ist wieder ein Ruck, aber diesmal nach unten fallend; und die drei letzten Silben - am Abhang - sind weiche, wellenförmige Bewegungen oder Impulse.»

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In einem Kapitel des Werkes «De philosophia occulta»von Cornelius Agrippa würde ich sechs Zeichnungen der menschlichen Gestalt finden, eingeordnet in verschiedene geometrische Figuren. Diese sechs Stellungen sollte ich genau studieren, und wenn ich die einzelnen gut geübt hätte, sollte ich rasch und leicht von der einen in die andere springen und dabei besonders auf das Ver-hältnis der Arm- und Beinbewegungen untereinander achten, ob Arme und Beine sich parallel oder gegeneinander bewegen. Alles was sonst auf diesen Zeichnungen sei, Planeten- und Tierkreiszeichen, brauchte nicht beachtet zu werden.

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Dann schlug Rudolf Steiner ein Buch auf und zeigte auf die Abbildung einer stark ägyptisch wirkenden Gestalt. Es war der Apoll oder Jüngling von Tenea, also früh archaisch, jedoch noch stark durch ältere, eben ägyptische Anschau­ung beeinflußt. Besonders in der Fußstellung ganz ägyptisch, das heißt, wie Rudolf Steiner als das Wesentliche hervorhob: das Gewicht des Körpers gleichmäßig mit beiden Füßen tragend, ganz und gar erdgebunden. Und diese vollständige Erdgebundenheit nannte er in diesem Zusammenhang das «rein Menschliche», und «hätte nicht ein anderer Impuls den Menschen ergriffen, so hätte er wie eine Pflanze immer am gleichen Ort der Erde stehen und sich entwickeln müssen. Aber da ergreift ihn dieser andere Impuls, und läßt ihn revoltieren gegen dieses Erdgebundensein.»

Hier zeigte Rudolf Steiner eine zweite, nun ganz griechische Gestalt. Das war der Apollo Sauroktonos des Praxiteles, der Eidechsentöter. Da machte er darauf aufmerksam, wie dieser andere Impuls die Gestalt ergriffen habe, und nun der hintenstehende Fuß durch ein «Revoltieren gegen das Erdgebunden-sein» sich so aus der Schwere befreit habe, daß das ganze Gewicht auf den anderen Fuß verlagert sei, er selbst aber sich nun frei bewegen könnte. «Da haben Sie das berühmte griechische Standbein, das aber durch die Aktivität des anderen Fußes entstanden ist, und das nun dem Menschen ermöglicht, den­selben ohne Erdgebundenheit in Freiheit zu bewegen.» Nach einer kleinen Pause sagte er lächelnd: «Sie sehen, nicht einmal im Raume ist ein ohne Luzifer möglich. Denn dieser andere Impuls ist ein luziferischer, der aber hier vollberechtigt ist.»

Und dann sollte ich mit den Füßen schreiben lernen. Richtig lesbar, mit einem Stift oder einer Kreide zwischen den Zehen, eben so, daß man das Ge­schriebene nachher anschauen und so Intensität des Striches, ob Auf- oder Druckstrich und die Form der Buchstaben kontrollieren konnte. Der linke

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Fuß sollte aber Spiegelschrift (siehe Bild) schreiben, als organischer und selbst. verständlicher für die linke Seite. Das sollte man üben und tun, «um eine richtige und differenzierte Beziehung zur Erde und feine, intime Fußbewegun­gen zu veranlagen».

Zu den Abbildungen auf der nächsten Seite:

links: Apollo von Tenea, um 400 v.Chr. rechts: Apollo Sauroktonos

(Der Eidechsentöter) von Praxiteles, um 360 v. C hr.

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Als letztes zeichnete Rudolf Steiner noch Formen für zwei Reigentänze, die wir auf irgendeine passende Musik gestalten sollten. Bei dem ersten sollten bis zu sieben große Gestalten feierlich auf der Kreisbahn schreiten, umlireist und begleitet von je einer kleineren Gestalt. Diesen Reigentanz nannten wir dann später Erzengel und Engel und fanden eine sehr schöne passende Bachsche Musik dazu.

Bei dem zweiten sollten zwei oder auch mehr aufeinanderliegende, in der Mitte sich kreuzende Lemniskaten der Nase nach gelaufen werden. Auf jeder Lemniskate sollten sich zwei Personen bewegen, und «damit es in der Mitte kein Stoßen und Durcheinander gäbe, müßte man eben die einzelnen Lemnis­katen etwas hintereinander anfangen, damit immer nur zwei Menschen gleich­zeitig im Kreuzungspunkt sich begegneten.»

Zur Fortführung der erhaltenen Aufgaben wurde von Rudolf Steiner vor­geschlagen, im Juli zu den Proben der alljährlich in München stattfindenden Mysterienspiel-Aufführungen zu kommen.

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München, 24. August 1912

Nach meiner Ankunft fand ich die Mitteilung vor, mich am nächsten Morgen um 1/210 Uhr in der Turnhalle einer Schwabinger Schule, in der die Proben stattfanden, einzufinden. Ich sollte bei einer ganz erstaunlichen Sache, die bei den Teilnehmern die größte Überraschung, ja sogar etwas wie Befremden er­regte, mitwirken. Die Proben fanden um 10 Uhr statt, aber für diese aus dem Rahmen herausfallende Arbeit sollte bereits eine halbe Stunde vorher geübt werden. Was war es aber? Im sechsten Bild des neuen, dritten Mysterien-dramas «Der Hüter der Schwelle» sollten «Wesen in tanzartiger Weise Be­wegungen ausführen, welche Gedankenformen, den Worten Luzifers und Ahrimans entsprechend, darstellen».

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LUCIFER (mit breitem Tone jedes Wort hervorhebend) :

In deinem Willen wirken Weltenwesen.

(Von der Seite des Lucifer bewegen sich Wesen hensn, welche Gedanken darstellen.

In tanzartiger Weise führen diese Bewegungen aus, welche Gedankenformen, den

Worten Lucifers entsprechend, darstellen.)

AHRIMAN (auch breit sprechend, doch rauh) :

Die Weltenwesen, sie verwirren dich.

(Nach diesen Worten bewegen sich von Ahrimans Seite die Gedankenwesen und führen Tanzhewegungen, seinen Worten als Formen entsprechend, aus. Nach diesen werden die Bewegungen von heiden Gruppen zusammen ausgeführt.)

LUCIFER : In deinem Fühlen weben Weltenkräfte.

(Es wiederholen nun die Gedankenwesen auf Lucifers Seite il,re Bewegungen.)

AHRIMAN : Die Weltenkräfte, sie verführen dich.

(Es wiederholen die Gedankenwesen auf Ahrimans Seite ihre Bewegungen, dann wieder beide zusammen.)

LUCIFER : In deinem Denken leben Weltgedanken.

(Wiederholung der Bewegungen durch Lucifers Gruppe.>

AHRIMAN : Die Weltgedanken, sie beirren dich.

(Wiederholung der Bewegung durch Ahrimans Gruppe. Dann viertnalige Wieder­holung der Bewegungen jeder Gruppe einzeln und dreimalige des Zusammenwirkens.)

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Es handelt sich in diesem Drama um geistige und seelische Vorgänge und in diesem Bild um ein Erlebnis des Capesius, der bei dieser ersten Aufführung auf der Bühne anwesend blieb.

Rudolf Steiner hatte für beide Gruppen eine Anzahl - je acht bis neun Per-sonen - bestimmt, als Tanzmeister oder Dirigenten Dr. 0. Schmiedel bestellt und diesem ganz einfache Formen aufgezeichnet und ihm zu den ersten, also der Lemniskate und dem etwas nach innengezogenen Viereck, als unaus-gesprochenen dahinterstehenden Gefühlsinhalt die Worte : «Ich will», zu den zweiten : «Ich kann nicht» und zu dem dritten : «Ich muß» angegeben. Diese Formen sollten aber nicht gelaufen werden, sondern die Ausführen-den sollten in den Formen stehen und wie durch ein gewisses Chaos von der einen in die andere laufen, so daß die Formen in der Ruhe anschaubar wurden. Die Aufgabe unseres Dirigenten war, den Übergang von der einen Form in die andere durch Händeklatschen zu veranlassen und zu beobach­ten, daß die Formen sich klar und genau zusammenfanden. Bei der Auf­führung selbst wurde der Tanz von Musik begleitet und die Übergänge durch Lichtsignale unten an der Rampe dirigiert.

Die Wesen trugen gürtellose, die luziferischen rote, die ahrimanischen fahl grau-blaue Kleider mit ganz leichten, etwas dunkleren Chiffonstolen. Sie mußten den vorne hängenden Teil mit der rechten und den hinten hängenden mit der linken Hand halten und so ihre drei verschiedenen Bewegungen aus­führen. Zu der ersten Form eine U-hafte und zu zwei und drei zwei verschieden gerichtete I-Bewegungen. Natürlich mußten die luziferischen Wesen ihre Be­wegungen möglichst schmiegsam und anmutig gestalten, die ahrimanischen die gleichen Bewegungen hart und ruckhaft. Alles weitere ist aus den Regie-angaben zu ersehen.

Niemand jedoch, weder Mitwirkende noch Zuschauer, ahnten damals, daß sie die allerersten Manifestationen einer neuen Kunst miterlebt hatten.

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Erste Lautangaben

München, Anfang September 1912


Während der Probenzeit war es aber Rudolf Steiner nicht möglich, wie er es ursprünglich vorgehabt hatte, mit der Arbeit fortzufahren. Und so sagte er mir eines Tages, als ich eben den Saal verlassen wollte : «Ja, Kleine, es gehört die Weisheit der ganzen Welt dazu. Ich kann es Ihnen jetzt noch nicht sagen. Hier in diesen Wochen kann ich mir nicht die Zeit nehmen, die ich dazu brauche. Wäre es möglich, daß Sie im September, wenn ich in Basel bin, mit Ihrer Mut­ter dorthin kommen? Da werde ich Zeit dafür haben.» Aber dann wurden wir ganz überraschend doch noch zu Rudolf Steiner gerufen.

An diesem Abend gab Dr. Steiner die ersten konkteteren Angaben für die drei charakteristischen Vokale, für

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«Stellen Sie sich aufrecht hin und versuchen Sie eine Säule zu empfinden, deren Fußpunkt der Ballen Ihrer Füße und deren Kopfpunkt Ihr eigener Kopf, Ihre Stirne ist. Und diese Säule, diese Aufrechte, lernen Sie empfinden als I. »Während ich mich noch bemühte, rief er noch einmal stark betonend dazwi­schen : «Das Gewicht ruht auf dem Ballen, nicht auf dem ganzen Fuß!» Dann gelang es besser und führte zu einem ganz starken Erleben, besonders im Ge­gensatz zu dem ersten, mißglückten Versuch.

«Nun verlegen Sie den Kopfpunkt der Säule hinter den Fußpunkt, und das lernen Sie empfinden als A.» Und als drittes : «Neigen Sie den Kopfpunkt der Säule vor den Fußpunkt und lernen Sie so ein 0 empfinden.»

Nur diese drei Laute und nur in dieser Form gab Rudolf Steiner an jenem Abend in München. Also noch immer keine Armbewegungen, und doch ent­stand durch diese drei verschiedenen Orientierungen im Raum der drängende Wunsch, nein Impuls, Arme und Hände aus dieser Säule herauszulösen, um das Erleben noch deutlicher, noch differenzierter zum Ausdruck bringen zu können. Außerdem, hatte Rudolf Steiner noch hinzugefügt, müsse man ver­suchen, die Laute farbig zu erleben.

ERSTER KURS DAS DIONYSISCHE ELEMENT Bottmingen, 16. bis 24. September 1912 ERSTER TAG, 16. September 1912

#G277a-1982-SE019 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

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ERSTER KURS DAS DIONYSISCHE ELEMENT

Bottmingen, 16. bis 24. September 1912

ERSTER TAG, 16. September 1912

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Rudolf Steiner betonte, ohne auf eine der früher angegebenen Aufgaben Bezug zu nehmen, einleitend einige allgemeine Gesichtspunkte. Zum Beispiel:

«Diese neue Bewegungskunst kann nur jemand ausführen, der anerkennt und in der Überzeugung lebt, daß der Mensch aus Leib, Seele und Geist besteht.» Und an die luziferischen und ahrimanischen Wesen erinnernd: «Eine Form in der Ruhe wirkt ästhetisch, in der Bewegung hygienisch.» Auch an den fol­genden Satz, vielleicht meiner Jugend angepaßt, erinnere ich mich: « Ein Zwei-tanz ist natürlich ausgeschlossen.» Und dann, schon das Folgende einleitend:

«Sie müssen lernen, das Herz in den Kopf heraufsteigen, nicht urngekehrt, den Kopf in das Herz dringen zu lassen.»

«Und so lernen Sie empfinden A als Abwehr und drücken Sie es durch nach oben umgebogene Hände aus.» Als ich die Bewegung versuchte und unwill­kürlich aus der in München angegebenen Haltung heraus bildete, war Rudolf Steiner anscheinend zufrieden, denn er sprach gleich weiter

über den Laut E. «Lernen Sie in jeder, wenn auch nur angedeuteten Kreuzung ein E empfinden, verbunden mit dem Gefühl des Staunens.» Er erinnerte daran, daß er im ersten Bild seines zweiten Mysteriendramas « Die Prüfung der Seele» an einer bestimmten Stelle angegeben habe, Capesius solle seine Arme mit gekreuzten Händen langsam nach unten sinken lassen und in dieser Hal­tung fast bis zum Schluß des Bildes verharren. Es ist die Stelle, wo Benedictus allen Erkenntniskämpfen und Verzweiflungen, die in Capesius durch die Worte im Lebensbuche des Benedictus als schwerste Seelenkrisis ausgelöst worden waren, den Satz entgegenstellt: Ich finde Euch im Glücke! - «Ver­suchen Sie aber auch alle möglichen anderen Nuancen des Staunens in diesem E zu empfinden, zum Beispiel Ehrfurcht, Furcht, Ekel und so weiter.» Als ich dann mutig wurde, sagte ich lachend: «Ja, natürlich Herr Doktor, wenn bei uns im Rheinland die Marktfrauen sich irgendwelche Neuigkeiten erzählen, dann sagen sie immer: Och nee, Och nee!» Dabei machte ich die Bewegung, die ich oft auf dem Markt beobachtet hatte. Bei dem Och beziehungsweise Och nee heben sie ihre meist recht rundlichen Arme aus den Schultern, fast 0-haft herauf und dann bei dem Nee lassen sie sie gekreuzt auf den Leib herunterfallen. Rudolf Steiner hatte anscheinend Spaß an meiner ziemlich dra­stischen Darstellung und sagte lachend: «Da sehen Sie es ja, E ist Staunen.»

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Ä: Hintereinandergestellte Beine, überhaupt alles paarweise Hinter­einanderstehen, zum Beispiel auch zwei Menschen.

I: Jedes Strecken, wo Sie es nur empfinden, sei es in den Armen, in den Beinen, sei es, wie ich Ihnen schon in München gesagt habe, in der ganzen Gestalt, aber auch im Blick, mit der Nase, der Zunge, oder nur mit einem Finger oder, wenn Sie es können, nur mit einer Zehe. Aber das Streckerlehnis muß es sein. Ein sehr typisches I ist es, wenn Sie den einen Arm seitlich nach oben, und den andern entsprechend nach unten strecken.

«AU: Jede Berührung des eigenen Körpers. Das muß man eben fühlen, dann wird man auch da die mannigfachsten Bewegungen finden.

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«0: Jede zusammen sich fügende Rundung der Glieder, verbunden mit der Empfindung eines liebevollen Umfangens.» Auch hier sprach Rudolf Steiner über viele Möglichkeiten, ob mit beiden Armen, ob nur mit den Unterarmen, den Händen oder nur mit den Fingern. Sogar mit einem Arm könne man es ausdrücken, zum Beispiel zwischen Hüfte und Arm, Kopf und Arm und so weiter.

«U: Jedes nach oben wenden - seriös durch eine große Armbewegung aus­gedrückt, menschlich - zum Beispiel in Lust, Jubel; Juchhe durch einen Sprung oder ein Sprüngchen.» Auf eine Frage nach dem Wörtchen «und» meinte Rudolf Steiner fast schalkhaft: « Machen Sie doch einfach so», und bewegte bei locker hängendem Arm die Hand sehr rasch und leicht aus dem Handgelenk nach oben.

«ÄU: Aufspringen oder Einstemmen der Glieder. So wie U ein Sprung nach oben ist, so ist ÄU ein Aufspringen auf den Boden, ein Wiederberühren der Erde. Einstemmen der Glieder kann es auch sein, zum Beispiel das in die Hüften Stemmen der Arme, oder das Stemmen des einen Ellbogens in die Hand des anderen Armes, oder das Zurückstemmen der Arme in das Schulter-gelenk, sogar die Augen können Sie einstemmen.»

«EI: Jede Bewegung des ganzen Leibes. Haben Sie dabei die Empfindung , so wie Sie erleben, wenn Sie ein Kind streicheln. Das kann man doch mit unbeweglich gehaltenem Körper weder empfinden noch zum Aus­druck bringen.»

Nachdem Rudolf Steiner so die einzelnen Vokale und schon einige Umiaute und Diphthonge erklärt und geschildert hatte, gab er auch noch Hinweise über die Art, wie man üben sollte. Immer wieder jeden Laut einzeln vornehmen, versuchen, immer neue Bewegungen zu finden und nicht zu ruhen, bis jede, auch die kleinste Bewegung wirklich im Herzen erlebt und empfunden sei. Erst dann sollte man versuchen, zwei Laute, zum Beispiel I 0, danach drei Laute I 0 U aneinanderzureihen, beziehungsweise einen Laut in den andern übergehen lassend fast gleichzeitig zu bilden. - Ich möchte jedem Eurythmisten wünschen, er hätte den freudig erwartungsvollen Klang dieser schönen Stimme miterlebt, mit der er den nächsten Satz sprach: « Sie werden sehen, wie schön das dann wird, ein wie differenziertes Erlebnis sich darin ausspricht.»

Nach einem kurzen Schweigen ergriff er plötzlich einen sehr großen Blei­stift, einen Zimmermanns stift, hielt ihn lose in der Hand und sagte: «Das ist V Lernen Sie V empfinden als etwas in der Hand haben oder auch nur berühren.»

Dann bewegte er diesen Stab so, daß derselbe auf seine Brust deutete, sie fast berührend. «Lernen Sie B empfinden als etwas in der Hand haben, das wieder zurückwirkt auf den Leib.»

Ein paar Tage später zeigte er mir in einem «Brevier der Tanzkunst» das Bild eines Korybantentanzes und sagte dazu: «Sehen Sie, diese beiden Krieger machen mit ihren Schilden eine B-Bewegung, denn jeder bezieht die Angriffs-lust des andern auf sich. Würden sie es nicht tun, so könnten sie ja ihr Schild in einer V-Bewegung ruhig hängen lassen.»

Wieder nahm er den Stab und führte ihn in einer unglaublich energischen, ich möchte sagen strahlenden Bewegung nach oben. «Und da haben Sie ein S,

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wenn Sie nämlich Ihren Arm und diesen Stab als eines fühlen. 5 bedeutet immer das gemeinsame Bewegen und Formgeben mit einem Gegenstand. Das Urbild des 5 ist der Mensch, der sich an einen Thyrsosstab lehnt. Und nun bedenken Sie, wie verschiedenartig Ihre S-Bewegungen werden müssen, je nach dem Gegenstand, das heißt dem Stück Außenwelt, das Sie in der Hand haben und dessen Charakter entsprechend Sie sich mit ihm bewegen oder sich Form geben müssen.»

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Nach einer Pause, die erfüllt war von einem Nachsinnen und Nachlelingen­lassen des Gehörten und Gegebenen, schon im Aufstehen, stellte meine Mutter eine Frage. Was sollte man mit Kindern, die sehr leicht schwindelig werden, tun beziehungsweise sie machen lassen? Daraufhin ließ Herr Doktor sich seine für mich gemachten Notizen noch einmal geben und zeichnete die liegende

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Lemniskate, erst langsam und dann immer schneller, so wie sie das Kind der Nase nach laufen sollte. Und für die Kinder und Personen, die zu stark und einseitig sanguinisch seien, riet er, sie zu veranlassen, aus einem raschen Lauf plötzlich in ein straffes, aufrechtes Stillstehen überzugehen. - Das allein war die Angabe, die dann in der verschiedensten Weise ausgebildet werden konnte und auch wurde.

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ZWEITER TAG, 17. September 1912

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Am nächsten Tag sprach Dr. Steiner weiter über Konsonanten als Reaktion auf äußeren Einfluß im Gegensatz zu dem ganz im Innern webenden und dieses Innere offenbarende Wesen der Vokale. Er begann an diesem Nachmittag damit, eine bestimmte Außenwelt zu schildern: « Stellen Sie sich eine sehr schöne friedliche Abendlandschaft vor. Nicht grandios, sondern weiche, sanfte Hügelketten. Im Hintergrund geht die Sonne eben zwischen zwei Hügeln unter. Ein paar weiße Wolken stehen ruhig, unbeweglich am Himmel und schauen auf ein liebliches Wiesental herab. Ein kleiner Bach ffießt leise wie ein Traum murmelnd dahin, Bäume und Sträucher stehen an seinem Uferrand und spiegeln sich in seinem stillen Wasser, Blumen blühen auf der Wiese, und auf den Hängen der Hügel stehen Obstbäume voll reifender Früchte. Vielleicht arbeitet dort in der Ferne auf einem der Hänge noch ein Mensch still und ruhig, eingehüllt in diesen Abendfrieden. Die Natur ruht ganz in sich geschlossen. Und durch dieses Tal gehen Sie, hingegeben und aufgenommen in diese ruhe-volle Stimmung, und mit jedem Ding, sei es ein Baum, sei es die Sonne, die Wolken am Himmel, die Blumen und Sträucher der Wiese, der Bach an Ihrer Seite, der Mensch dort in der Ferne, die Früchte der Obstbäume, mit allem fühlen Sie sich eins und verbunden und grüßen jedes einzelne mit dieser Be­wegung.»

Dann machte er eine unaussprechlich sanfte, leise sich senkende Hand­bewegung mit der nach unten gerichteten Handfläche, mehrmals hinter­einander, immer wieder die sich entspannende Hand nach oben hebend, und dann wieder, bis in die Fingerspitzen eher gedehnt als gestreckt nach unten sich senkend. Es war wie ein Blatt, das sich von seinem Zweige gelöst hatte und wie von der Luft getragen, sich sanft zur Erde herabsenkte. «Das ist ein D. Lernen Sie es empfinden als Reaktion auf ruhenden äußeren Einfluß. Üben Sie es aus dieser Stimmung heraus und mit jedem: , wenden Sie sich an ein anderes Ding in dieser Außenwelt. Bis in die Füße sollte man

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von der eben geschilderten Stimmung effaßt werden und versuchen, sie in der Art des Schrittes zum Ausdruck zu bringen.»

Zum Schluß erzählte Rudolf Steiner noch von der, von der unseren so ver­schiedenen Art des orientalischen Erziehers. Ruhig geht er neben oder hinter seinem Zögling, deutet auf alles, was um ihn herum ist, auf Stein, Pflanze und Tier, Berge und Meere, den Himmel mit allen seinen Lichtern und seinen Wolken, läßt ihn Sturm und Gewitter fühlen und erleben, und das einzige, was er tut, ist, er nennt seinem Zögling den Namen aller dieser Dinge. Er selber aber heißt: der Dada. «Und das ist auch ein D. Dies durch dich.»

Dann änderte sich seine Stimme, lebhaft sagte er: «Und nun stellen Sie sich vor, ein heftiger Windstoß stößt plötzlich in diesen Frieden hinein. Die Wolken verdunkeln die Sonne, der Bach schlägt Wellen, Bäume und Sträucher neigen sich tief ins Wasser, die Äpfel prasseln von den Bäumen, der Hut wird Ihnen vom Kopf geweht, und der Mensch dort oben winkt Ihnen aufgeregt zu. Lau­ter Fragen und Aufforderungen dringen Ihnen aus der eben noch so ruhevollen Außenwelt entgegen. , bitten die Äpfel, , ruft der Hut, , warnt der Bach, , will der Mann mit seinem Winken sagen. Und nun reagieren Sie mit der gleichen Bewegung, aber jetzt ganz energisch und elastisch.» Und wieder machte er die Bewegung vor, nach alien Seiten immer ein kurzes, energisches Herunter- und elastisch wieder Heraufschnellen. « Und so lernen Sie ein F empfinden, eine Reaktion auf auffordernden Einfluß. Wieder versuchen Sie auch mit den Füßen zum Ausdruck zu bringen, daß Sie diese Aufforderung verstanden haben.»

Weiter aber sollte ich selbst versuchen, mir eine häßliche, Ablehnung, Ab­scheu und ekelerregende, aber vorerst auch in sich ruhende Außenwelt so bis in alle Einzelheiten auszumalen und vorzustellen, wie er diese erste, schöne, friedevolle, in sich ruhende geschildert habe. Auch in diese sollte man sich hereingestellt erleben, aber nur widerwillig und ungern einen Fuß vor den andern setzend, gegen jede dieser unverhüllt sich darbietenden Häßlichkeiten eine ruhige, aber deutlich abwehrende Handbewegung ausführen. «Lernen Sie G empfinden als abwehrende Reaktion.»

Und wird auch diese Außenwelt durch irgend etwas aus ihrer Ruhe auf-gescheucht und nimmt eine bösartige, bedrohliche Haltung an, dann muß sich diese Abwehr verstärken, kurz, aus dem G muß dann ein K werden, eine ähn­lich zielgerichtetere Geste wie vorher bei dem F. K steht zu G wie F zu D.

Doch wenn man wirklich bedrängt und angegriffen würde, dann sollte man sich mit einer energisch abstoßenden Bewegung wehren. Mit einer H-Begung.

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«Und wenn etwas ganz Luziferisches kommt, dann dürfen Sie auch einmal machen Ziel!» Und vergnügt lächelnd vollführte er mit seinem linken Bein einen recht kräftigen Tritt, anscheinend nach irgendeinem vorgestellten Ziel Ziel!

Dann klammerte Rudolf Steiner die fünf bis dahin erklärten und kurz notierten Laute D F G K H zusammen und sagte: «Wenn Sie später einmal mit Kindern oder Erwachsenen zu tun haben werden, die aufgeregt, unruhig und nervös sind, dann kann diese Lautfolge D F G K H eine beruhigende und lösende Wirkung ausüben.»

Der nächste Laut hat nun einen ganz anderen Charakter. Bei ihm, dem L, sollte man versuchen, überall draußen in der Natur freie Entfaltbarkeit gewahr zu werden, mitzuerleben und zu versuchen, durch eine Arm- und Hand­bewegung dieses Empfinden zum Ausdruck zu bringen. Am deutlichsten sei es natürlich im Pflanzenhaften zu gewahren. Das Greifen und Kräftesammeln in der Region der Wurzeln, das Herauftragen der Säfte durch den Stengel, das allmählich sich immer weiter Entfalten der Blätter, das Aufleuchten der Blüten und endlich auch ein Zurücksinken zur Erde im Welken. « Einen ganzen Jahreslauf müßten Sie in dieser Bewegung zum Ausdruck bringen können.» Aber auch im Wäßrigen, im Luftigen, sogar in den Formationen der Erde, im Auftürmen der Gebirge, in den sanften Wellen der Hügel sollte man diese freie Entfaltbarkeit empfinden lernen. «Nur dürfen Sie diesen Laut nie mit den Füßen ausdrücken wollen.»

Es folgte das M. Da sollte man gewöhnlich vorwärts schreitend seine ganze Aufmerksamkeit, sein ganzes tastendes Empfinden darauf richten, das Etwas zu erfühlen, in welchem man sich bewegt. In Wärme oder Kälte, in Schwüle oder Frische, in Regen oder Nebel. Fühlen wie der Wind am Körper vorbei-streicht, oder auch Wasser verdrängt werden muß, wenn man vielleicht einen Bach durchschreitet. Wie anders man auf ebenem Weg geht als durch hohes Gras, anders über Sand als auf steinigem Boden. Ja, die Hände sollten anfangs nur auf und ab gebeugt werden, um auch noch den Raum über dem eigenen Kopf ertasten zu können. «Sich fühlen in Etwas».

N machte Rudolf Steiner mir vor und ließ es mich nachmachen. Bei dieser Bewegung sei ebenso deutlich wie bei L und M zu erleben, daß es sich oft wirklich um Bewegungen handle, die man in seinem eigenen Kehlkopf und dessen Nachbarorganen beobachten und nachahmend entzaubern könne. Übrigens zog Rudolf Steiner die Hand ebenso flach, aber wohl etwas ent­spannter zurück, wie er sie von sich weg - wie empfindend etwas berührend -vorgestreckt hatte.

Auch P machte er vor. Sitzend griff er mit beiden Händen nach unten und zog, wie einen Sternenmantel, eine Fülle von Farbe und Licht um sich herum. Es war eine unnachahniliche Bewegung voller Würde und Größe.

Zu Q sagte er nur noch, man solle es sparsam anwenden, so wie eine Dissonanz in der Musik. Schon in dem kleinen Übungssätzchen kommt dieses heilsame Maß zum Ausdruck: stoßen quer, arbeiten quirlig. Auch diese fünf Laute L M N P Q faßte Rudolf Steiner zusammen und sagte: «Diese Gruppe nun wirkt excitierend, anregend. Die müssen Sie Menschen machen lassen, die müde, abgespannt und schläfrig in Ihre Stunde kommen. Da werden sie wieder wach, angeregt und interessiert.»

Zuletzt sprach er noch über]?, über dieses Mitgerissensein - wenn der Wind davonträgt. Natürlich konnte weder er noch ich es in dem kleinen Raum vor­machen oder versuchen. Dr. Steiner betonte aber sehr deutlich, man müsse immer wieder versuchen, «den Moment zu erwischen, wo der Schritt übergeht in den Lauf». R wirkt nun weder beruhigend noch anregend, aber neutral und bekräftigend und sollte darum jedes Mal nach einer solchen Lautfolge gemacht und geübt werden. Denn «es bringt das ganze Vorhergehende in eine richtige Beziehung zu dem, was schon da ist». So hieß dieser Satz wohl wörtlich, über den viel nachzudenken ist, den man aber bei wiederholtem, aufmerksamem Tun doch leise an sich selbst erproben und erleben kann, wenn man nämlich immer wieder versucht, was Rudolf Steiner ganz zu Anfang gesagt hatte, das Herz in den Kopf zu nehmen.

Dann sprach er noch darüber, wie man zu einem realen Erleben der Konso­nanten kommen könnte. Man sollte sie wirklich draußen in der Natur, die er an diesem Tage immer wieder angeführt und geschildert hatte, intensiv erleben. Er sagte: «Gehen Sie hinaus und lassen Sie sich wirklich einmal vom Wind im R davontragen. Sehen Sie, wie Schilf oder Getreide, wie Strauch und Baum vom Wind hin- und hergeweht werden. Versuchen Sie, all diese Bewegungen mitzumachen, denn auch stehend kann man Mitgerissensein erleben. Oder gehen Sie einen steilen Abhang hinunter und spüren Sie, wie Sie ins Laufen kommen. Auch da ist R.

Versuchen Sie im M sich durch tiefrn Nebel oder Dunkelheit hlndurchzu­tasten, oder den Unterschied zwischen Sonne und Schatten durch diesen Laut zu empfinden.

Fühlen Sie die Zartheit der einen und das Rauhe der anderen Rinde, den samtigen Schmelz einer Blume, aber auch einmal einen heißen Ofen oder ein Stück Eis in dieser vorübergehenden Verbundenheit des N.

Versuchen Sie ein P zu formen, wenn Sie in eine Hütte oder in einen Wald hineingehen.»

So könnte man erreichen, alle diese Konsonanten innerlich erlebt und erfüllt zu gestalten.

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DRITTER TAG, 18. September 1912

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An diesem Tage brachte Dr. Steiner ein Buch mit, « Brevier der Tanzkunst». Ich sollte es bis zu einer mit energischen Bleistiftstrichen bezeichneten Stelle lesen, möglichst auch abschreiben. Aber wirklich nur bis dahin, danach würde der Czardas beschrieben, das sollte ich weder lesen noch abschreiben, « denn da wird die Seele aus dem Leib genommen und dem Luzlfer in die Hände gespielt». In dem erlaubten Teil findet sich auch das schon erwähnte Bild des Korybantentanzes, an dem Rudolf Steiner nicht nur die B-Geste der die Schilde haltenden Arme noch einmal erklärte, sondern auch zeigte, wie und wo die ganz zu Anfang als Überzeugung geforderte Anerkennung der Dreigliede­rung des Menschen nach Leib, Seele und Geist an der menschlichen Gestalt selbst abgelesen und gestaltet werden könnte. « Und wenn Sie erst Kopf-haltungen kennengelernt haben, müßten Sie an diesen ablesen können, wer der Sieger in diesem Kampfe sein wird.» Leider hat er die Gestalt des linken Satyrs auf dem zweiten Bild, von der er sagte, es sei eine ganz besonders interessante Stellung, auf die er später noch einmal zurückkommen würde, doch nicht mehr besprochen.

Nach einer kleinen Pause nahm er seinen Bleistift wieder zur Hand und sagte ungefähr das Folgende: «Es ist nicht nur möglich, mit den Armen und Händen die Ihnen schon bekannten Laute zu bilden, auch in Raumbewegungen müssen Sie sie empfinden lernen. Und da ist eine gerade in irgendeine Richtung strebende Linie ebenso wie ein 1, wie ein Strecken, eine zweite im Winkel dazu sich bewegende Linie wie ein E zu empfinden. Verlängern Sie nur einmal beide Linien über den Winkel heraus, da sehen Sie es ja mit Augen. Und die dritte Linie, die das gleichseitige Dreieck beschließt, indem sie zum Ausgangspunkt zurückkehrt, ist wie ein U zu empfinden. Jede Rückwärtsbewegung ist so etwas wie ein sich nach oben Wenden. Und so sollten Sie dieses gleichseitige Dreieck I E U wie urbildlich in sich tragen. »

Dann sprach Rudolf Steiner weiter: «Wären Sie in Griecheniand*, kurz ehe die Männer in eine Schlacht hätten ziehen müssen, an einem dem Dionysos geweihten Tempel vorbeigekommen, so hätten Sie einen merkwürdigen Ruf aus dem Innern des Tempels heraustönen hören.» Und nun hörten wir zum ersten Mal diesen eindringlichen Ruf: i i I i i I, e e E - und dann drei Halbtöne

* Hier sei bemerkt, daß ich beim Suchen nach griechischer Literatur in der Schrift «Über die Pantomime» von Lucian auf folgende Formulierungen stieß: «daß man keine einzige Weihe finden kann, die des Tanzes entbehrt», und «daß man von denen, die die Mysterien ausplauderten, gewöhnlich sagt: sie tanzen sie unter die Leute.» Da­durch erhielt mein Suchen nach Hinweisen auf die Tempeltänze einen ziemlich ener­~ischen Schlußpunkt.

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höher: u u U, u u U - den Rhythmus durch Klopfen mit seinem Bleistift noch intensiver betonend. «Wären Sie aber in den Tempel gegangen, hätten Sie erlebt, wie der Dionysospriester diese selben Männer in feierlichem Zug in das Tempelrund geführt hätte. Jeder trug einen Thyrsosstab, den er auf ein Zeichen des Priesters weit in das Innere des von ihnen gebildeten Kreises in den Boden pflanzte, als ein zu erstrebendes Ziel. Aber das in ihnen urbildhaft lebendige, harmonisch-ausgewogene Dreieck hatte, so wie es war, keine Be­ziehung zu dem gesteckten Ziel. Das gleichseitige Dreieck mußte sich in ein kraftvoll strebendes spitzwinkliges verwandeln. Nicht nur das durch den Stab repräsentierte Ziel impulsierte, sondern auch der im Mittelpunkt stehende Dionysospriester befeuerte sie durch seinen rhythmischen immer stärker an­schwellenden Ruf: i i I, i i I, e e E, u u U, u u U zu immer schnellerem und stärkerem Einsatz aller ihrer Kräfte. Und so wurden sie befähigt, siegreich in die Schlacht zu ziehen und als Sieger zurückzukommen.

Und diese Sieger, noch erregt, noch erfüllt von Angriffslust, sammelten sich gleich wieder in dem Tempel, vertauschten die Waffen mit dem Thyrsosstab und wurden wieder von dem Priester in feierlich-streng geformtem und ge­ordnetem Zug zu einem Kreis ins Innere des Tempels geleitet. Wieder pflanzten sie auf das Zeichen des Priesters ihre Stäbe in die Erde, aber diesmal ganz wenig entfernt, dorthin, wo bei dem gleichseitigen Dreieck die E-Linle ver­laufen wäre. Und da steht nun der Stab und wieder muß eine Metamorphose des Urbildes, das in ihnen lebt, gefunden werden, und die verlangt Rücksicht­nahme auf den Stab und das Bestreben, sorgsam und behutsam an ihm vorbei­zukommen, so wie der auch metamorphosierte Ruf des Priesters sie nun zu einem breit hingelagerten, stumpfwinkligen Dreieck veranlaßte: i i I, e e E, e e E, u u Ui»

Wir aber, die diese Ausführungen hören durften, erlebten staunend: Es gibt also doch noch eine Stelle, wieder eine Stelle, die uns Heutigen unmittelbar von griechischen Tempeltänzen sprechen kann.

Rudolf Steiner nannte den ersten Energietanz und meinte, auch heute noch könne er den Menschen Kraft zu gemeinsamer Arbeit geben, zum Beispiel Kindern und auch Lehrern, wenn derselbe vor Beginn der Schuie gemeinsam ausgeführt würde. Und durch den zweiten, den Friedenstanz, würden die streitsüchtigsten Kinder sich wieder friedlich und vergnügt vertragen, und aus den schwierigsten jungen Leuten könnten die sanftmütigsten Eheleute werden. «Wenn man sie nur dazu kriegen könnte !»

Von einem kleinen Zwischenfall möchte ich doch gerne erzählen, denn ich glaube, er war nicht unbeabsichtigt. Um den Rhythmus, in dem diese ver­schiedenen dionysischen Dreiecke getanzt werden sollten, deutlich zu zeigen, klopfte Dr. Steiner den Takt sehr energisch und akzentuiert mit seinem Blei­stift auf die Tischplatte: i i 1. Bei der Länge aber, bei dem I, sprang die Hülse von dem Bleistift und flog unter den Tisch. Es war sehr eng in dem kleinen Zimmer, besonders auch unter dem Tisch, und es war nicht so ganz einfach, die Hülse wieder zu finden und sie Dr. Steiner zu geben. Sie aber flog zum zweiten und dritten Mal herunter bei seinem energischen i i I. Als ich das dritte Mal wieder auftauchte, dachte ich lebhaft an den berühmten Grenzstein, von dem Dr. Steiner so gern erzählte. In seiner Heimat sei es immer sehr feierlich zugegangen, wenn ein neuer Grenzstein gesetzt oder ein alter versetzt wurde. Das ganze Dorf, Pfarrer, Lehrer, Apotheker, Bürgermeister, kurz die ganze Obrigkeit, aber auch alle Kinder seien versammelt gewesen, und in dem Augen­blick, wo der Stein feierlich an seine Stelle gesetzt wurde, gab der Herr Lehrer

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einem der Buben eine ganz kräftige Watschen, denn der sollte für alle andern, für sich, seine Kinder und Kindeskinder wissen und bezeugen können: Hier, an dieser Stelle, und nirgend anders muß er stehen. Und so weiß ich auch für viele Kinder und Kindeskinder: Es muß ein Anapäst sein und nichts anderes!

Nachdem Rudolf Steiner die Darlegung über den Energie- und Friedenstanz abgeschlossen hatte, fragte er plötzlich fast ein bißchen mißtrauisch, ob ich wüßte, wie dieser Rhythmus: u u - genannt würde. Glücklicherweise entstand aus dieser Frage für mich die Möglichkeit, ihm zu erzählen, daß ich bei meinem Suchen, Literatur über den griechischen Tanz zu finden, auf das Buch eines deutschen Philologen, Christian Kir~hhoff «Dramatische Orchestik der Hel­lenen», Leipzig 1898, gestoßen sei. Derselbe sei zu dem Schluß gekommen, die Griechen hätten gar nicht nötig gehabt, eine Tanzlehre aufzuschreiben, weil sie all ihre Bewegungen am Text abgelesen hätten. Er zeigt es gründiich und ausführlich, aber nur für die Bewegungen der Füße. Spricht von den ver­schiedenen metrischen Rhythmen, vor allen Dingen von steigenden und fallenden Metren, von vorgesetzten Kürzen bei den steigenden und nach-gezogenen bei den fallenden Rhythmen, zeigt auch, daß jeder Gott in seinem Rhythmus gerufen wurde und so weiter. «Das ist alles ganz gut, und Sie können es absolut übernehmen», sagte Dr. Steiner, «aber das Wesentliche bei einem steigenden Rhythmus - und der Jambus ist der steigende Rhythmus par excellence - ist wirklich, daß der Jambus zurückzuführen ist auf den Speerwurf. Das bedeutet, daß er auf dem kürzesten Weg das vor ihm in der Außenwelt klar und deutlich umrissen sich zeigende Ziel erreicht. Wie einen Sprung in das Leben hinaus kann man den Jambus empfinden. Und der fallende Rhythmus, der Trochäus? Den nannten die Griechen auch den Merkur-schritt. Der Götterbote kommt zu den Menschen aus dem Himmel auf die Erde herunter, aber hinter ihm steht die Fülle der göttlichen Weisheit und Gnade. Und aus dieser Fülle bringt er ihnen Freuden und Schmerzen, Auf­gaben und Enttäuschungen, wie die Götter es ihnen zugemessen haben. Von dieser Fülle getrieben, stürzt er mit solcher Vehemenz vom Himmel zur Erde, daß er abbremsen muß. Und so entsteht diese machtvolle Länge und die den allzu großen Schwung auffangende Kürze. Oft haben die Griechen den Merkur sogar hinkend dargestellt. Demonstrieren Sie beides später Ihren Schülern. Nehmen Sie für den Jambus einen Stab, zeigen Sie, wie er zielbewußt vorwärts dringt, und zeigen Sie, indem Sie vielleicht von einem Stuhl in den Raum hineinspringen, daß Sie diese ab- und ausklingende Kürze brauchen. Empfinden Sie selbst und versuchen Sie Ihre Schüler empfinden zu lehren, wie man durch den Jambus hell und mutig hinaus in die Außenwelt geführt wird, daß aber der Trochäus durch einen aus der geistigen Welt heraus hinter dem Menschen wirkenden schicksalhaften Impuls ihn vorwärts treibt.»

Einige Zeit später, als ich schon mit Kindern arbeitete, entstand das Be­dürfnis, diese Rhythmen in musikalischer Form an die Kinder heranzubringen. Improvisierende Begleiter hatte man damals noch nicht, und so bat ich eine bekannte, sehr musikalische Dame, mir einen Jambus und einen Trochäus zu komponieren. Ich erzählte ihr, wie Dr. Steiner über beide Rhythmen ge­sprochen habe, und so wählten wir gemeinsam Dur für den Jambus und Moll für den Trochäus. Wir konnten die Musik Dr. Steiner vorführen und da sagte er: «Das ist ganz richtig so, wenn Sie es für Erwachsene brauchen wollen, für Kinder müßte es aber umgekehrt sein. Für ein Kind ist es doch noch ein schmerzlicher Entschluß, sich in die Außenwelt hineinzuwagen, aber dort, wo es herkommt, da lebt es noch unbeschwert und glücklich. » Erst von da an konnte ich mit den doch oft so schmerzvoll drängenden Jamben und den fast tänzerisch leichten Trochäen etwas anfangen und ein tieferes Verständnis für das Wesen dieser Rhythmen gewinnen.

Dr. Steiner sprach sodann weiter über das Taktieren und gab auch Arm- und Handbewegungen an. «Denken Sie daran, daß Metrum soviel wie Maß be­deutet, und daß die Sprache es mit einem kurzen und einem langen Maß zu tun hat. Nun können Sie diese Kürze und Länge auch in der menschlichen Gestalt finden, die Kürze in der Schulterbreite, die Länge in der Rumpflänge. Zeich­nen Sie also Ihre Kürze und Ihre Länge - jeder Mensch hat seine eigene Kürze und Länge - frei vor sich in den Raum, ausgehend von dem Punkt, der draußen der Schulterhöhe und Breite entspricht. Führen Sie beide Hände von diesem Punkt aus leicht, nicht gespannt, aber doch bewußt zeichnend bis zum auch draußen fixierten Brustbein zusammen und ganz entspannt, wie schwe­bend, wieder zurück, so daß Sie die Länge nun noch bewußter und dezidierter nach unten führen können und dann wieder gelöst und leicht zurück zum Aus­gangspunkt. Nicht nach unten drücken, sondern frei im Raum diese Länge zeichnend. Wenn Sie sich erst in die Laute eingelebt haben, werden Sie in jeder Kürze etwas 0-haftes, in jeder Länge etwas I-haftes als Körperempfindung erleben.» Darum wäre eine zweite Art des Taktierens so, daß man bei jeder Länge ein I und bei jeder Kürze ein wirkliches 0 formen könnte. Diese zweite Art könnte schon ein begleitender Chor bei einer künstlerischen Darstellung ausführen. - Ich habe dies so ausführlich beschrieben, denn es sollte gezeigt werden, daß es in der Eurythmie nicht eine willkürliche Bewegung gibt, daß auch das anscheinend Nebensächlichste aus den Kräften und Maßen der menschlichen Organisation herausgeholt wurde.

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VIERTER TAG, 19. September 1912

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Am Donnerstag sprach Dr. Steiner zuerst über einen weiteren dionysischen Tanz, der sich auch um eine den Dionysos repräsentierende Gestalt als Mittel-punkt gruppiert. Bei diesem Tanz sollen alle Beteiligten die angegebenen Worte selbst sprechen. Das anfangs noch im Gegensatz zum «Du» zuerst-genannte und betonte «Ich» sollte immer freudiger aufgehen im «Wir», seine Ichhaftigkeit immer deutlicher zurückstellend Ziel! «Ich und Du, Du und Ich sind Wir» Ziel! Wie bei allen dionysischen Tänzen muß auch hier das Tempo schneller und schneller werden, so daß die beiden letzten I (sind Wir Ziel!) immer jubelnder und strahiender erklingen.

Nach dieser Übung beschrieb Dr. Steiner eine Reihe von Stellungen, die unabhängig von dem Lautlichen gewisse Seelenstimmungen ausdrücken. Die erste lieb/ich zeichnete er zuerst und sagte: «Stelien Sie den rechten Fuß mit etwas vom Boden gelöster Ferse so nach vorne, heben Sie den linken Arm in einem anmutigen Bogen so über den Kopf und den rechten entsprechend so nach unten.» Die anderen Stellungen mußte ich erst nach seinen Anweisungen ausführen und dann deutete er sie später nur mit ein paar Strichen an, als eine Art aide de mémoire.

So mußte ich die zweite Stellungfrierlich sehr viel strenger machen, als es aus der Zeichnung hervorgeht, schon so wie er es zwölf Jahre später wieder be­schrieben hat.

Mit meiner Handhaltung bei klug war er gar nicht zufrieden. Es war wohl zu hart und zu steif. Er nahm meine rechte Hand, knetete eine Zeitlang daran herum und sagte: «So», und legte sie in einer viel weicheren, und fast möchte ich sagen innerlicheren Haltung auf die Brust, so daß außer Daumen und Zeigefinger alle anderen lose auf dem Brustbein lagen.

Bei ernst sollten bei waagerecht vor dem Körper gehaltenen Unterarmen nur eben die Hände - die Handflächen nach oben - mit gestreckten Fingern über­einander gehalten werden. Es entsteht dadurch ein fast gleichseitiges Dreieck zwischen Kopf und den beiden Ellbogen.

Die nächste, damals gegebene Gebärde für Trauer zeigt auf der Zeichnung als das Wesentliche nur die Unterarme. Man muß sie durch ganz leicht vom Körper abgehobene Oberarme ergänzen, so daß der rechte Arm eine sehr zarte, aber doch eindringlich nach außen abschließende Linie formt, um den im Ausdruck vielleicht wohl stärkeren, das Herz wie schützend umschließen­den linken Arm. Dr. Steiner hat uns später manchmal aufgefordert, für die von ihm angegebenen Bewegungen andere auszuprobieren. «Aber Sie werden sehen, es ist dieses wirklich die entsprechende und darum auch die befriedi­gendste Bewegung Ziel!» Gerade an dieser Stellung kann man erleben, wie un­fertig und unbefriedigend es ist, wenn man den rechten Arm zum Beispiel

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einfach gerade herunterhängen läßt, oder die linke Hand gemütlich auf die Leber und Galle legt, anstatt das schwer und dumpf lastende Herz wie mit einer schützenden Hülle, in die doch wohl berechtigter Weise auch die Leber mit eingeschlossen ist, zu umgeben und abzuschließen von aller Außenwelt, damit es allein sein kann mit seiner Trauer. Darum darf diese linke Hand auch nicht fest anfliegen, weil sie sonst den schützen und beruhigen wollenden Strom zum Stillstand bringen würde.

Heiter. So wie es gezeichnet ist, mußte ich es machen, nur verläuft die Schulterlinie natürlich anders. Ich kann nicht sagen, wie sehr ich diese Stellung geliebt habe, hatte man doch Rudolf Steiner so oft mit dieser Bewegung die Menschen begrüßen sehen, die glücklich waren, wieder einmal seine Vorträge hören zu können.

Innig. Die Stellung der Arme war damals schon so, wie Rudolf Steiner sie 1924 gegeben hat, doch ohne die so ausdrucksvollen Hand- und Fußhaltungen, die zwölf Jahre später dazugekommen sind.

Diese zweite Profilstellung für feirlich ist wie alle damals en profil gezeich­neten Stellungen nach links orientiert, es ist also bei diesem Feierlich nicht der linke Arm oben wie bei der ersten en face-Stellung, sondern der rechte. Man kann und darf sie ebenso nach rechts wie nach links anwenden.

Leichtigkeit oder auchjede Verkgenheit im Tanz nannte Rudolf Steiner diese letzte Stellung, die auf der Zeichnung sehr genau und verständlich dargestellt ist. Es ist also wirklich eine Stellung und sollte nicht mit verschlungenen Armen, bequem sich auf den Magen stützend, womöglich noch in die Hüften sinkend, ausgeführt werden. Wenn wir in den ersten Zeiten, die Arme in dieser Stellung haltend, unermüdlich unsere Formen übten, dabei alle Aufmerksam­keit auf die die Formen laufenden Füße verwandten, und allmählich so weit kamen, daß zuschauende Freunde eines Tages sagen konnten, unsere Formen seien so schön, und sie hätten einen ganz starken Eindruck davon empfangen, dann war endlich aus «Verlegenheit im Tanz» «Leichtigkeit» geworden. Und als einmal zu einer ganz kleinen Form eine charakteristische Bewegung für Terpsichore als Muse der Tanzkunst gefunden werden mußte, da war es eben auch diese Stellung, die am meisten befriedigte.

Anschließend an diese Stellungen sprach Rudolf Steiner noch über Pirouet­ten oder Drehungen im Tanz. Er nannte sie Füllsel. Ich versuchte darum später einmal ein berechtigtes Füllsel anzuwenden in einem kleinen Gedicht «Lob des Frühlings» von Uhland: Saatengrün (Füllsel), Veilchen duft (FülIsel), Lerchenwirbel (Füllsel) und so weiter. Da wirkte es ganz gut und heiter. Motivschwung gab es noch nicht.

Es war dieser vierte Tag ein sehr vielseitiger, denn es kam nun noch die erste Stabübung, während dieser Stunden die einzige. Man sollte sie mit Kupferstähen machen, und wenn es schwer wäre, welche zu bekommen, sollte man mit Kupferdraht umwundene Holzstäbe nehmen. Kupfer gäbe nämlich den Bewegungen von innen heraus Sicherheit. Man würde dann zum Beispiel wie unwillkürlich aus vielen Büchern das gewünschte greifen und gleich

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richtig aufschlagen. Vielieicht aber auch bei komplizierten Gruppenformen von innen heraus richtig laufen. Bei dieser Übung käme es besonders darauf an, die Bewegungen mit absolut gestreckten Armen auszuführen und bei den seit­wärts gerichteten Bewegungen weder über Schulterhöhe heraus noch nach der Mitte hin auszuweichen. Das würde sonst die beabsichtigte Wirkung auf die Rückenmuskulatur illusorisch machen. Auf meine Frage, wie oft hintereinander man die Übungen machen sollte, meinte Dr. Steiner sieben mal. Das wäre die gesündeste und auch selbstverständlichste Zahl. Ich sollte nur einmal gesunde Burschen, die sich hauen, beobachten, die würden auch erst nach sieben mal siebenmal aufhören! Da ich damals mit der Bitte um die Musik für die Jamben und Trochäen auch noch die dritte, nämlich um eine Begleitung für diese Stabübung in sieben mal sieben Zeiten ausgesprochen hatte, und meine hilfsbereite Bekannte auch diesem Wunsch gegen schwere innere Wider­stände nachgekommen war, konnte auch die Stabübung Dr. Steiner vorgeführt werden. Seine Antwort: «Ja, das geht natürlich nicht! Denn unser Tonsystem verlangt einfach den achten Ton, damit können Sie keine Musik in sieben Zeiten schreiben. Aber wenn Sie in den alten griechischen Tonarten kompo­nieren könnten, da ginge es. Unsere heutigen Tonarten verlangen, wie gesagt, die Oktave. Und diesen achten Ton in der Musik müssen Sie dann als Pause gestalten und ruhig unten aushalten, dadurch wird der Siebenerrhythmus noch am besten bewahrt. Sobald Sie die Übung aber in einem Daktylus, Anapäst oder Amphibrachys machen, kann sie auch auf einen 4/4-Takt der heutigen Tonarten ausgeführt werden. Das wäre sogar eine sehr gute Übung.»

Ich weiß leider nicht mehr genau, wann es war, aber noch in Bottmingen habe ich Herrn Doktor von rhythmischen Übungen der Dalcroze-Schule er­zählt. Da müßte man mit jeder Hand einen anderen Rhythmus taktieren und mit den Füßen wieder einen anderen. Das wäre doch sicher nicht gesund, da würde man gewiß ganz zappelig, ganz nervös Ziel! «Aber warum denn?» fragte Dr. Steiner. «Da wird man doch sehr geschickt und lernt seine Glieder be­herrschen.» Überhaupt sollte man, wenn man keine Gelegenheit hätte, unsere neue Bewegungskunst auszuüben, aber doch die Möglichkeit zu der Dalcroze­schen Rhythmik, das unbedingt tun. Es wäre in jedem Fall besser, Dalcroze zu tun als gar nichts. «Das Verhältnis zwischen Dalcroze und unserer Sache ist ungefähr so: Wenn Dalcroze Chemie ist, ist unseres Alchemie.»

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FÜNFTER TAG, 20. September 1912

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Am nächsten Tag zeichnete Rudolf Steiner wieder Formen auf, die im Raum auszuführen sind. Sie zeigen drei Möglichkeiten. Wie die Seele einmal als Ich draußen in der Sinnenwelt stehend hörend und fühlend erlebt, das Erlebte mit der eigenen Wesenheit verbindet, in sie zurückträgt und durch dieses Wechsel­spiel immer reicher und weiter wird; wie diese Seele aber auch eine Beziehung zu der anderen Seele sucht, dem Du, ohne sich selbst aufzugeben. Es gibt kein Du ohne ein Ich. Und wie die Seele endlich einem Dritten gegenübersteht, verehrend oder betrachtend, von außen anschauend und beschreibend.

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1. Durch jede Form, die auf dem Rückweg alle Punkte des Hinweges wiedet berührt, spricht die Seele sich als Ich aus. Daß es wirklich jede Form sein kann, betonte er von vornherein: «Es braucht natürlich nicht immer eine Gerade sein, aber sie muß in sich zurücklaufen. Das ist das Wesentliche.»

2. Jede Form, die auf dem Rückweg auch nur einen Punkt des Hinweges wieder berührt, spricht zu einem Du.

3. Jede Form, die keinen Punkt des Hinweges wieder berührt, aber doch zum Ausgangspunkt zurückkehrt, ist der Ausdruck für ein Er, für eine Sie, ein Es. Für das Wesen des Dionysos, für das Wesen der Göttin Natura, für das Wesen des Alls, und allem, auch dem Kleinsten, was in ihm ist.

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Und nun weiter: Wenn sich viele Iche um einen gemeinsamen Mittelpunkt scharen, erlebt jedes Ich in dieser Gemeinsamkeit immer stärker und freudiger seine eigene Empfindung oder Freude am gemeinsamen Dasein , wie Dr. Steiner es auch ausdrückte. Auch diese Übung sollte wie «Ich und Du» gemeinsam ge­sprochen werden.

Für die Mehrzahl der Du-Form, für «Ihr», gab er von vorneherein eine ganze Anzahl verschiedenartigster Möglichkeiten an. Sie alie sollten nach gemeinsam gesprochenen Texten ausgeführt werden, die einen allgemein-menschlichen Inhalt haben, denn diese Ihr-Formen sprechen das Empfinden der ganzen Menschheit aus. Der von ihm aufgeschriebene Spruch sollte ein Beispiel sein, aber mit der strengen Forderung, ihn in einem anapästischen Rhythmus zu

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fassen, denn diese Ihr-Formen soliten alle anapästisch gelaufen werden. Bei den Lenmiskaten auf der ersten Zeichnung handelt es sich um viele kleine, um einen Mittelpunkt gescharte Formen. Die erste kann man auch auf dem nach außen liegenden Kopf anfangen und dann braucht man für diese beiden Varianten ein bis zwei Anapäste als Übergang. Die beiden anderen, auf der zwei­ten mit Planetenbewegung bezeichneten Zeichnung, sind ganz ohne Übergänge zu laufen. Wann und ob die Bezeichnung «Heitere Acht» von Rudolf Steiner angegeben wurde, weiß ich nicht, doch haben wir diese so anmutige Form schon bald als die heiterste der Planetenläufe empfunden.

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Die, ursprünglich auch nicht «Harmonische Acht» genannte Form, gehört in die Reihe der Ihr-Formen. Man braucht nur die untere Du-Form auf dem ersten Blatt so weit zu biegen, bis die Achse einen Kreis bildet, so wird sie zu einem harmonischen Du und in der Mehrzahl zum Ihr. Darum ist auch der anapästische Rhythmus der ihr zugehörige und entsprechende, und es ist sicher gut, sich die Form in dem dionysischen ~ ~ - Versmaß zu erarbeiten, ehe man mit ihr, wie mit allen anderen auch, in freier Weise Formen für Gedichte, besonders lyrischer Art, gestaltet.

Mit der letzten Form wollte Dr. Steiner zeigen, wie aus einer Art elliptischer Form dadurch, daß die Wege immer mehr zueinander streben, endlich im Mittelpunkt sich berühren und zuletzt sogar kreuzen, sich eine Lenmiskate bildet - Cassinische Kurve. (Abbildung siehe nächste Seite.)

«Die Mehrzahl der Er-Form ist Ihnen ja bekannt, die habe ich Ihnen doch in Kassel schon gegeben als Übung zum Schreiten und Laufen von Raum-formen.»

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SECHSTER TAG, 21. September 1912

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Wieder waten es Raumformen, mit denen Rudolf Steiner an diesem Tage be­gann. Hatte er gestern Ausdrucksformen für die persönlichen Fürwörter ge-geben, für die Art, wie man «als Ich», «zum Du», oder «dem Er gegenüber» seine menschliche Beziehung dokumentiert, so sollten diese neuen Formen ge­funden werden, wenn der Mensch sich prüft, ob er sich jeweils als wollende, denkende oder fühlende Seele erlebt. Diesen verschiedenen Kräften der Seele entsprechend sollte er sich in verschiedenen Formprinzipien bewegen, und zwar sind diese Prinzipien die folgenden.

«Jede krumme Linie, sei es in Stellung - das heißt in der Ruhe wie in der ersten Darstellung der luziferischen und ahrimanischen Wesen -, sei es in Bewegung, verbunden mit gerade gerichtetem Antlitz, ist der Ausdruck für Wille.

Jede Winkelbewegung, verbunden mit nach unten gerichtetem Antlitz, ist der Ausdruck für Denken.

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Jede Verbindung von geraden und krummen Linien, verbunden mit nach oben gerichtetem Antlitz, ist der Ausdruck für Fühlen.»

Diese schon bei den Formen für Denken, Fühlen und Wollen angedeuteten Kopfhaltungen wurden jetzt noch differenzierter beschrieben.

Das im Wollen gerade gerichtete Antlitz wird nun in seiner ganzen Aus­drucksfülle geschildert, und man denkt unwillkürlich an die strengen, ein­drucksvollen Häupter der ägyptischen Statuen, die größte Geschlossenheit zeigen, gerade weil sie noch in größter Abhängigkeit vom All, von Himmels­gesetzen bestimmt, tatkräftig handeln.

Das nach oben gerichtete Antlitz beim Fühlen verstärkt sich zu immer deut­licherem und tieferem «Ich-begreife-mich» der fühlenden Seele.

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Das im Denken nach unten gerichtete Antlitz - wer sieht nicht die sinnend gesenkten Stirnen der meisten griechischen Bildwerke vor sich - kann nun mit warmem Denken und Erkennen in «Ich-begreife-dich» immer wahrer das Wesen des anderen erfassen.

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Sollte man nicht auch versuchen nachaufühlen, warum Dr. Steiner bei einigen der kleinen Sätze einen Punkt macht und bei anderen andeutet, daß da so etwas wie ein Geschehen vorliegt, das nie zu einem Abschluß führt, dem man nachhorchen sollte? - Rudolf Steiner hat mehr als einmal betont, daß die Sätze so weit wie möglich gefaßt werden müssen und die verschiedenen Kopf-haltungen kombiniert werden sollten. So heißt «Ich will mich» genau so gut ich will mich allem und allen gegenüber behaupten und durchsetzen, aber auch ich will mich für Euch einsetzen, ja mich hingeben und opfern. In diesem letzten haben wir sogar schon eine Kombination von «Ich will mich» und «Ich begreife dich». Zuerst wendet sich der Kopf nach rechts, dann nach unten, wodurch das Kinn sich zur rechten Schulter senkt.

Zuletzt schilderte er noch die zwei Möglichkeiten des Nichtwollens und Nichtfühlens von etwas. Diese beiden sollen durch Neigungen des Kopfes nach rechts oder links ausgedrückt werden. Dr. Steiner machte das erste vor. Aus der Stellung: gerade gerichtetes Antlitz neigte er den Kopf nach rechts ohne jegliche Wendung. Es sah aus, als würde sich der Kopf durch eine Ver­kürzung des rechten Halsmuskels auf die rechte Seite neigen, das rechte Auge und die starke Braue senkte sich, und das linke Auge mit der Braue hob sich ein wenig.

Über eine Kombination sprach Rudolf Steiner noch (vgl. S. 167). Bei zwei Kriegern, die sich feindlich gegenüberstehen, könnte man an der Kopf-haltung erkennen, wer der Sieger sein wird. «Beide wollen nicht, daß der andere siegt. Aber der, welcher es aus dem Gefühl seiner Stärke tut, wird siegen, nicht der, welcher sich verkrampft und an das noch das hinzufügt.

Aber der Kopf darf nie angewachsen aussehen, er muß immer wie ein kleiner Kosmos frei über dem Leibe schweben.» Wieder einmal sah ich ihn hilfesuchend an. «Das ist doch ganz einfach Ziel! Sie dürfen nur eine Kopfbewegung nie bis ganz zu Ende führen. Niemals darf weder bei Ihnen selbst noch beim Zuschauer das Gefühl entstehen: Weiter geht es nicht, er ist ja angewachsen Ziel! Nun kann er mir nichts mehr über seine , seinem Geist gemäße Einstellung sagen.

Wissen Sie, daß nur ein ichbegabtes Wesen lachen und weinen kann? Daß nur der Mensch, niemals aber ein Tier lachen und weinen kann? Und so wollen wir die beiden Möglichkeiten, wie das Ich im Lachen oder Weinen der Welt gegenübersteht, auch durch zwei Arten in der Gestaltung der Be­wegungen zum Ausdruck bringen. Nämiich durch Spreizen und Ballen.»

So wurden diese beiden wesentlichen Äußerungen des ichbegabten Wesens zu einer Übung ausgebildet, die gut ist für initiativiose und etwas unintelligente Kinder. Allerdings setzte Dr. Steiner hinzu: «Aber schaden kann sie nie­mandem.»

Empfinden lernen sollte man in jedem Spreizen eine Erhebung des Inneren über das Äußere, so daß dieses Innere lachend herabschaut auf alle Unbilden der Außenwelt.

Wenn aber dieses Innere sich schwach fühlt gegen äußere Tatsachen, dann versucht es im Ballen sich seiner eigenen Kräfte bewußt zu werden, sie zu­sammenzufassen und alles, was in ihm steckt, wie in einen Punkt zusammen­zupressen, so wie im physischen Leib aus der sich ballenden Tränendrüse zuletzt die Tränen im Weinen herausgepreßt werden.

Diese Übung wurde gegeben, um das jüngste und schwächste Glied der menschlichen Wesenheit zu stärken. Und so sollte man versuchen, zwei kleine Ich-Wesen je als «äußere Tatsache» einander gegenüberzustellen und sie an­halten, ihre Hilflosigkeit und ihr Angstgefühl zu überwinden und sich tüchtig anzustrengen. Denn: «Du weißt ja noch gar nicht, was du alles kannst, wenn du nur willst. Eigentlich ist es ja zum Lachen, daß du so ängstlich warst. Lach' also tüchtig ! Ja, und dann dreh dich einfach um und lauf ganz fix weg. Es lohnt sich doch wirklich nicht, sich damit abzugeben Ziel!»

Vielieicht sollte man nicht gerade am Schluß einer Stunde «Ballen und Sprei­zen» üben lassen, obwohl ein gewisser Ausgleich von Rudolf Steiner schon von vornherein angegeben ist. Denn auch für diesen Reigentanz gilt das: Beginn eines Reigentanzes gespreizte Hände, und: Ende eines Reigentanzes leicht ge­ballte Hände - denn jedes Ich, sei es noch so stark, muß, wenn es sich aus einer Gemeinsamkeit herauslöst, erst einmal sich leicht zusammenfassen.

Außer dieser wichtigsten hygienischen Wirkung war «Ballen und Spreizen» für uns jüngste Anfänger in der Eurythmie noch in einer anderen Beziehung von allergrößter Bedeutung. Gab die Übung doch den ersten, bis 1915 wohl den einzigen Hinweis dafür, wie man aus einer gewissen Bewußtheit heraus seine Bewegungen färben, unter Umständen stark färben konnte, hin zum Lachen, Spreizen, Lösen bis zum hellsten Licht, oder zum Weinen, Ballen, sich Abschließen, Verdunkeln bis zum hoffnungslosesten Schwarz.

Darf ich noch einmal an einen der ersten Sätze erinnern, die Rudolf Steiner am Anfang dieser Unterweisungen fast wie eine Bedingung aussprach? Daß nämlich nur derjenige diese neue Bewegungskunst in Wahrheit ausüben könnte, der in seinem Innern davon überzeugt ist, daß der Mensch aus Leib, Seele und Geist besteht, mit ihren Entsprechungen im Gliedmaßenmenschen, im Brust-oder Herzmenschen und im Kopfmenschen. Von da aus schaue man noch ein­mal auf die oben geschilderte Stunde zurück.

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SIEBENTER TAG, 22. September 1912

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An diesem wunderschönen Herbst-Sonntagmorgen waren wir schon um 1/211 Uhr zu Dr. Steiner heraus bestellt worden. Er begrüßte uns wie immer mit einem Händedruck. Diesmal ließ er meine Hand nicht los, sondern sagte:

«Nun wollen wir doch mal sehen, ob die Kleine schon etwas gelernt hat.» Meine Mutter unterbrach ihn und sagte etwas bedrückt: «Ja, Herr Doktor, glauben Sie denn wirklich, daß sie das alles überhaupt können wird?» Herr Doktor lächelte beruhigend zu ihr hin: «Sie werden sich wundern, was aus so einem jungen Ding herauskommen kann.

Also, Kleine, machen Sie einmal ein H und gleich ein A Nun machen Sie siebenmal L, dann ein E. Nun folgen noch drei große, ruhige L-Bewegungen, die zu einem ganz großen, lang angehaltenen U hinführen. Zum Abschluß formen Sie noch ein starkes I und A.»

Dann sagte er ernst: «Nun haben Sie das Wort gemacht.

Das bedeutet: Ich reinige mich von allem, was mich am Anblick des Höch­sten hindert.»

Er schrieb das Wort hin, erklärte während des Schreibens: « E ist ein erster Höhepunkt, ein staunendes Erahnen, das aber erst nach den letzten großen L­Bewegungen im U seinen endgültigen, erstrebten Höhepunkt, ein ruhevolles Anschauen und Aufnehmen erreicht.» - Nach einer Pause mit gerade gerichte­tem Antlitz sollten das I und das letzte A ganz groß und objektiv bis in die Finger I und A geformt werden, denn damit sei, wie ein Siegel, der Name des Höchsten, des Jahve hingestellt. «Und nun machen Sie das Ganze noch ein­mal.»

So ist Halieluja das erste Wort, welches eurythmisch dargestellt wurde Ziel!

«Eine schöne Übung wird es, wenn Sie fünf Menschen in einem Pentagramm aufstellen und alle das Wort gleichzeitig wie ein Wesen formen lassen. Das würde eine gesellige Wirksamkeit im höchsten Sinne des Wortes entstehen lassen.» Wenn es aber ein Mensch allein macht, dann sollte er - oben in der Spitze stehend - das Wort formen, aber dann mit einem ganz leisen, wie ge­hauchten H zum nächsten Platz gehen, wie durch das H dorthin getragen, und wenn der Hauch ausgeatmet hat, dann solite man mit ganz gesenkten Armen dort angekommen sein. Auf diese Weise muß sechsmal Halleluja... h gemacht werden, denn am Anfang und am Ende sollte man immer oben an der Spitze stehen. Niemals dürfe man ein Pentagramm mit der Spitze nach vorne, also nach unten in den Raum, stellen, ebensowenig wie man Halleluja... h im Laufen machen dürfe, «denn dann wird es bacchantisch !» Als er das letzte Pentagramm, das ein einzelner ausführen soll, schilderte, rief Fräulein von Sivers plötzlich: «Aber, Herr Doktor, das muß ja ungeheure Kräfte geben Ziel!» «Ja, meinten Sie denn, wir wollen nur tanzen? Wir wollen doch auch kranken

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Menschen helfen», war die Antwort, und er schrieb unter die Zeichnung:

«Festigung des Äther-Leibes.»

Man kann Halleluja aber auch noch mit einer solchen Form verbinden, die von sieben Menschen ausgeführt werden kann, der siebente muß, wenn der sechste auf seinen Platz kommt, rasch in einem Bogen hinter den anderen auf den Platz des ersten laufen, damit auch dieser Reigentanz wiederholt werden kann.

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Außer über Halleluja... h sprach Rudolf Steiner an diesem Sonntagmorgen noch über den griechischen Ruf und Gruß Evoe. Nachdem er den darin zu empfindenden Sinn erklärt hatte, schilderte er, wie es auszuführen sei. Um etwas zu Verehrendes, um eine Anzahl schöngeformter Mineralien, eine Schale mit Blumen, um ein Kind, aber niemals um einen alltäglichen, gleichgültigen Gegenstand, zum Beispiel uni einen Stuhl oder etwas ähnliches, solite man einen Kreis bilden, oder sich auf einer Kreislinie fühlend, sich mit einer ehr­furchtsvollen B-Bewegung dem zu Verehrenden nahen, um dann von einem

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tief in das Knie sich senkenden zweiten, sehr kleinen Schritt aus mit den weit vorgestreckten Armen und Händen dieses Heilige leise und andächtig zu be­rühren: V, sich wieder aufrichtend ein 0 formen und in den Kreis zurück-tretend mit dem letzten E das Wort, den Gruß beschließen.

Auch zwei Menschen könnten Evoe gemeinsam ausdrücken, indem jeder in seinem Gegenüber den Menschen sucht und findet. Das heißt, daß jeder mit dem E den andern staunend wahrnimmt, mit dem V sich zu ihm neigend leise die Hände auf seine Schultern legt, dann zu ihm, nicht um ihn, das 0 formt und zurücktretend das E. «Sie können noch manche mittelalterliche Bilder finden, auf denen zwei Menschen das erste E - gemeinsam mit den Unterarmen ein Kreuz bildend - formen und dann das Evoe weiter so gestalten, wie ich es Ihnen eben geschildert habe. Aber», fügte er lächelnd hinzu, «zu oft sollten Sie es Buben und Mädchen in der Schule nicht machen lassen, sonst verlieben die sich ineinander!» Mehr hat er nicht gesagt.

Nun forderte Rudolf Steiner mich auf, ihm meine Hand entgegenzustrecken, näherte seine Hand der meinen so weit, daß beide Hände ein E bildeten , «nun die Berührung mit dem V, das Umschiießen oder Umfangen mit dem 0 und im Lösen wieder ein E. - So, sehen Sie, ist jeder Gruß aus Bvoe entstanden.» Für die heutigen Menschen nicht nur unbewußt, sondern meist auch un­gewollt. Und doch liegt in jedem grüßenden Handgeben das uralte Evoe. «Wir suchen uns und haben uns gefunden.»

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ACHTER TAG, 23. September 1912

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Am nächsten Tag fragte Dr. Steiner zuerst: «Wissen Sie, was Serpentin-Tänze sind?» Etwas erstaunt, aber doch seht eifrig - ich hatte mich ja in der Zwischen­zeit möglichst unterrichtet über die verschiedensten Richtungen, auch des modernen Kunsttanzes - bejahte ich seine Frage. Es gäbe in Amerika eine Frau, deren Tänze so genannt würden. Sie sei in unendlich viele Schleier gehüllt, die sie unaufhörlich in serpentinartige, wogende Bewegungen ver­setze, und dazu noch von allen Seiten mit immer anderen Farben beleuchtet würde. Herr Doktor hörte meiner stolzen Erklärung immer erstaunter und amüsiertet zu, lachte zum Schluß ganz laut und sagte: «Die habe ich aber nicht gemeint !»

Er wolle mir nun von ganz anderen Serpentin-Tänzen sprechen, von uralten, die ursprünglich aus den griechischen Tempeln und Mysterien stammten. Er zeichnete dann die erste große Serpentine auf, die wirken könne gegen den Egoismus bei vollblütigen Menschen, und die mit zwei verschiedenen Be­wegungen dem Charakter des Gedichtes entsprechend enden könnte.

In der zweiten großen Serpentine, die von außen nach innen getanzt werden sollte und als starke Befestigung des Ich sehr gut für bleichsüchtige Personen sei, gab er zwei verschiedene Haltungen als Abschluß. Die erste: äu - mit in die Hüften gestemmten Händen - für eine heitere Serpentine. Unter Umständen kann man es noch mit einem kräftigen Sprung, auch äu, in die Mitte der Ser­pentine verbinden. Die Abschlußgebärde für die ernste, feierliche Art sollte das eu sein - mit am Herzen gelegten Händen. «Aber, sehen Sie, solche ursprüng­lich tief bedeutsamen Bewegungen wie diese mit am Herzen gelegten Händen als Abschluß einer einwickelnden Serpentine, können Sie heute trivial ver­bailhornisiert wiederfinden , wenn eine Balletteuse nach einem wilden Schluß-wirbel - Serpentine ! - plötzlich in der Mitte, möglichst auf einem Bein stehen-bleibt mit am Mund gelegten Händen, um Kußhändchen ins Publikum zu werfen. Da ist eine richtige Bewegung an die falsche Stelle gerutscht!»

In andern Zusammenhängen, also nicht als Abschluß einer Serpentine, könne eu auch heißen: den andern meinen, auf ihn zeigend. - Erst meinen , früher hieß es minnen, und dann zeigen.

Er sprach dann noch von den Serpentin-Tänzen, die aus griechischen und noch älteren Tempeln stammen, von «sakralen Tänzen». Da sollte ein Ein­zelner oder ein Paar oder viele Paare - ganze Alleen von Serpentinen könnte man aufstellen - abwechselnd aus- und einwickelnde Serpentinen schreiten, verbunden mit Andachtsbewegungen der Hände (s. Abb. nächste Seite).

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NEUNTER TAG, 24. September 1912

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An diesem Tag gingen wir, traurig, daß es das letzte Mal war, und doch auch erfüllt von dem erwartungsvollen Wunsch, endlich ernsthaft mit all diesem Wunderbaren sich zu beschäftigen, noch einmal unseren so liebgewordenen Weg durch alle die Herbstpracht, durch raschelndes Laub an dem kleinen Flüßchen entlang, nach Bottmingen hinaus. Ich hatte mir eine Reihe von Fragen aufgeschrieben, zum Teil nach noch nicht besprochenen Lauten, aber auch ganz prinzipieller Art.

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Rudolf Steiner aber begann gleich damit, einen weiteren, ergänzenden Serpentin-Tanz: Frage und Antwort aufzuzeichnen und zu erklären. Er gab genau den Rhythmus an, in dem dieser Reigentanz getanzt werden sollte. Eigentlich ist er ein anapästischer Distichon. Wir sollten nun mit den ersten sechs regelmäßigen Anapästen eine von innen nach außen sich öffnende Ser­pentine als Frage ausbilden. Dann mit dem zweiten Teil der Strophe, dem Pentameter, den zweimal je zwei Anapästen eine Länge, eine von außen nach innen sich konzentrierende Serpentine die Antwort geben. Wir fühlten und erlebten auch, eigentlich ganz natürlich, daß man sich fragend der Welt gegen­über aufzuschließen und seinen bisher eingenommenen Ich-Standpunkt zu ver­lassen habe, fühlten aber auch, daß eine von allen Seiten her geschilderte und be­gründete Antwort mit ihrem Rat oder ihrem Ja oder Nein mit Recht aus dem Mittelpunkt tönen durfte.

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Nachdem Dr. Steiner diesen letzten Serpentin-Tanz gegeben hatte, schaute er mich mit einem lieben, auffordernden Lächeln an: «Nun, und Ihre Fragen?» Beglückt zog ich meinen Zettel hervor. «Ja, Herr Doktor, hier steht zuerst W. Sie haben mit noch nicht gesagt, wie man das W machen soll.» «Ja - W», war die etwas zögernde Antwort, «W, das ist so tief, das kann man eigentlich nicht machen!» Allen Mut zusammenraffend bat ich: «Aber wir haben doch so viele wichtige Wörter mit W: Wind und Woge, Wiese und Wald, Welt, Wehe, Wonne, Weisheit und Wahn, werden und welken, alle Fragewörter, noch viel mehr habe ich aufgeschrieben.» - «Tja, dann machen Sie bei jedem W ein ganz langes U.»

Meine nächste Frage galt dem Umlaut Ö. Da, wie sich besinnend, fast wie abtastend, zeichnete er zwei sehr zarte Kreise, den zweiten etwas kleiner als den ersten. Er sagte und schrieb auch nichts dazu, sondern sah nur gedankenvoll darauf herunter. Dann aber machte er einen sehr bestimmten Strich unter die beiden Kreise und ebenso bestimmt und, ich möchte sagen entschlossen, zeichnete und formulierte er den dritten, endgültigen Kreis; eben mit dem von einem Punkte in die Mitte gesprungen !

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Nun fehlten noch Ü und T. Zu Ü gab Rudolf Steiner keinerlei weitere Erläuterungen, sondern zeichnete sehr rasch und selbstverständlich die beiden aneinander vorbeitanzenden Wege.

Als ich aber nach T fragte, da schaute er mich, ich fühle es heute noch, wirklich mitleidig an, als wollte er sagen: Das hätten Sie aber wirklich allein wissen können ! - und formte rasch, fast wie nebenbei mit seinen Händen ein T, indem die flache rechte Hand sich einen kurzen Augenblick waagerecht auf die aufrechte linke legte. Die Zeichnung und die aufgeschriebene Erklärung ließen von vornherein jedoch noch manche andere Möglichkeiten offen. Aber auch hier tat und schrieb er nur und machte einen abschließenden Strich darunter.

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Schon wollte ich eine neue Frage stellen, als Rudolf Steiner den Bleistift nochmals in die Hand nahm und unvermittelt den letzten Satz, der doch an­scheinend ganz ohne Zusammenhang mit allem, was vorausgegangen war, da-steht, hinschrieb:

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Auch was er dann weiter dazu ausführte, schien wenig mit all den Vokalen und Konsonanten, den Formen und Rhythmen zu tun zu haben. Er erinnerte zum Beispiel an eine Kastagnettentänzerin, die ihre Kastagnetten nur wie durch eine vorbereitende oder einleitende Fußbewegung verursacht, ertönen läßt. Ebenso sei es mit den Tänzen, bei denen die verschiedenen Möglichkeiten, ein Tambourin zum Erklingen zu bringen, ausgeübt würden. Auch hier würde jedes Ertönenlas sen fast synkopisch auf eine Fußbewegung folgen. «Sogar bei einem echten Schnaderhüpferl wird der Bursch erst nach einem kräftigen Stampfer sich mit aller Macht auf den Schenkel klatschen.»

Und dann konnte ich auch die Frage stellen, die mir ganz besonders am Herzen lag: «Wenn ich nun alle Laute, erst einzeln und dann mehrere an­einandergereiht, immer wieder geübt habe, was für ein Gedicht könnte ich wohl wählen und als erstes versuchen?» Sehr bestimmt, als gäbe es überhaupt kein Zweifeln oder Überlegen, antwortete er: « von Goethe. Da haben Sie ein Gedicht, das Sie nur vokalisch machen sollen, es ist nichts, aber auch gar nichts von Außenwelt darin, es ist die Schilderung eines Trance-zustandes, ein nur im Innern sich abspielender Zustand der Seele, von keiner Außenwelt gestört oder gefärbt. Aber gleich daran anschließen sollten Sie das nächste: . Das ist dann ganz Außenwelt, und daher müssen Sie das mit allen Konsonanten machen, das Wort sogar mit allen Lauten. Aber diese beiden Gedichte gehören zusammen. Zusammen sind sie erst eine Ganzheit.»

Überhaupt sollte man sich ein sicheres Gefühl dafür aneignen, wann ein Gedicht vokalisch und wann es konsonantisch zu gestalten sei, und um das zu erreichen, sei ein guter Weg, ein und dasselbe Gedicht - «Prometheus» von Goethe sei dazu besonders geeignet - einmal vokalisch und das andere Mal konsonantisch anzulegen. «Vokalisch: da werden Sie alle Kämpfe des Pro­metheus, seinen ganzen Trotz, seine Auflehnung und Verachtung der Götter, seinen unbändigen Frelheitswillen für sich und seine Geschöpfe erleben und zum Ausdruck bringen können. Machen Sie es konsonantisch, da wird man mitten in dem Geschehen darinnen stehen, da ist man die wogend dahin-sausende Wolke, der Knabe, der Disteln köpft, und da übt man sich mit Zeus an Eichen und Bergeshöhen und läßt alles bildhaft vor seinem Zuschauer erstehen !»

Nun waren alle meine Fragen beantwortet, aber Rudolf Steiner sah noch wie überlegend vor sich hin und sagte dann: «Ja, aber nun muß unsere Sache doch auch einen Namen haben Ziel!» Und ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, rief Fräulein von Sivers: «Eurythmie!» Ebenso ohne Zögern wurde der Name von ihm angenommen und wiederholt: «Ja, Burythmie.» Als dann aber der Vorschlag gemacht wurde, es wäre doch wohl gut und angebracht, wenn ich erst einmal durch eine irgendwie geartete Gymnastik lernte, meine Glieder richtig und gewandt zu bewegen, stieß dieser auf sehr heftigen Widerspruch:

«Ja, ja, das wäre allerdings ein wirksames Mittel, die Sache von vorneherein kaputt zu machen. Das ist ja gerade das Gute, daß die Kleine bisher überhaupt gar nichts Derartiges gemacht hat und also noch ganz unverdorben ist. »

Auf einmal sprach Rudolf Steiner nun so weiter, als sei die Eurythmie schon eine vollzogene Tatsache, als könne ich nicht nur einzelne Schüler - «die ich Ihnen schicken werde» - unterrichten, sondern als könne, nein solle man Eurythmie in einem solchen Umfange in die Welt tragen, daß eines Tages sogar der Fußball durch sie verdrängt werden könne. «Aber wenn Sie dann hinausgehen in die Welt und die Eurythmie den Menschen bringen, so müssen Sie sich diese Eurythmie auch bezahlen lassen, und zwar gut bezahlen lassen, denn die Eurythmie ist dem Ahriman abgetrotzt, und er muß ein Äquivalent haben.»

Und weiter: «Wenn Sie dann draußen in der Welt so einen Schüler vor sich haben, der meinetwillen sechs Fehler macht, tun Sie mir den Gefallen und sagen Sie ihm erst den siebenten. Sie waren ja jetzt in München bei den Proben dabei, da werden Sie bemerkt haben, daß ich eigentlich niemals korri­giere, und zum Schluß haben die Leute es doch so gemacht, wie ich wollte.»

Das war der einzige pädagogische Ratschlag, den Rudolf Steiner mir je gegeben hat.

Neue Angaben anläßlich einer Vorführung als Resultat der bisherigen Arbeit Haus Meer - Düsseldorf, 26. April 1913

#G277a-1982-SE045 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

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Neue Angaben anläßlich einer Vorführung als Resultat der bisherigen Arbeit

Haus Meer - Düsseldorf, 26. April 1913

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Sieben Monate nach der letzten Stunde in Bottmingen kam Rudolf Steiner von Elberfeld aus, wo er zwei Vorträge gehalten hatte, nach Düsseldorf, um am 26. April 1913 das Resultat unserer bisherigen Arbeit anzusehen.

Wir lebten damals in Haus Meer - heute Meeresbusch genannt - einer Gar­tenstadt zwischen Düsseldorf und Krefeld.

Schon für die Vorarbeiten war ein größeres Zimmer unseres Hauses bis auf das Klavier ausgeräumt worden, so daß, als wir von Bottmingen zurückkamen, sofort mit der Arbeit begonnen werden konnte. Auch die Schüler, eigentlich «Mitarbeiter», drei jüngere Schwestern von mir und ein Bub, den Rudolf Steiner zu uns geschickt hatte, damit er bei uns erzogen wurde, und für «dessen willensschwaches Wesen diese Stunden besonders wichtig wären», standen mehr oder weniger begeistert bereit, mitzumachen.

Meine Mutter und ich hatten uns von vornherein vorgenommen, mit der Ausarbeitung besonders der Gruppensachen in der Reihenfolge vorzugehen, welche den Angaben Rudolf Steiners entsprach.

Wieviel leichter, ja beschwingter wurde aber die Arbeit, als Mitte März 1913 Annemarie Donath-Dubach zu uns kam und so schnell und selbstverständ­lich alles mitmachte, daß man sich nur wundern und freuen konnte. Mit ihrem Kommen hörten auch die vorher oft sehr schweren, einsamen Vormittage auf, während deren ich bis dahin allein gearbeitet hatte, um allmählich ein Emp-finden für die einzelnen Laute und Lautverbindungen zu einem ersten Erleb­nis zu bringen, aber auch übend vorbereitete, was wir am Nachmittag, wenn alle Schulaufgaben der «Mitarbeiter» gemacht waren, arbeiten wollten. Mit Annemarie Donaths Kommen wurde nun alles in einer freudigen Gemein­samkeit getan; für mich war es von größtem Gewinn, nun mit einem fast gleichaltrigen, vor allen Dingen so künstlerischen Menschen alles wie von neuem zu erleben.

Mitte April kam als dritte im Bunde Erna Wolfram-van Deventer dazu. Sie hatte nicht einmal zwei Wochen Zeit bis zu dem langersehnten Tag, an dem wir Rudolf Steiner zeigen durften, was wir bis dahin gelernt und wie wir uns in all das Neue hereingestellt hatten. So kam der 26. April!

Bald nach dem wie meist in Rudolf Steiners Gegenwart sehr heiteren Mittag­essen verschwanden wir, um uns umzuziehen. Außer mir, die ein weißes Kleid hatte, weil bei manchen Übungen ja eine dirigierende, manchmal auch etwas anfeuernde Gestalt in der Mitte stehen sollte, ich nachher auch die zwei von Rudolf Steiner schon in Bottrningen angegebenen Goetheschen Gedichte zeigen mußte, trugen alle heligrüne Kleider, von meiner Mutter, nicht von Rudolf Steiner, gewählt, entsprechend dem Kupfer, mit dem unsere Stäbe umwunden waren, und dem frischen Birkengrün, das den Raum schmückte.

Das sorgiältig aufgestellte Programm begann mit Alliterationen, Beherr­schungsübungen und Taktieren. Als wir den Chor der Schmiede aus Goethes «Pandora» machten, nahm Dr. Steiner meiner Mutter das Buch aus der Hand und las selbst. Und wie las er! Ich habe schon oft erzählt, wie er das machte. Wie er langsam anfing, so daß wir wirklich unser Maß vor uns in den Raum zeichnen konnten, wie er dann schneller sprach, immer schneller, zuletzt so schnell und doch deutlich akzentuiert, wie ich nie wieder einen Menschen sprechen hörte, wie mir wenigstens jedes Bemühen, deutliche, klare Bewegun­gen zu machen, verging und nur noch der Daktylus, das lebendige Wesen Daktylus, im Raum war, uns ergriff und unsere Glieder bewegte und fortriß. Aber dann ebbte dieses Prestissimo rasch wieder ab, so daß wir wieder einen Daktylus formen konnten und nicht mehr der Daktylus uns. So sollte man Temposteigerungen handhaben, erklärte dann Dr. Steiner: Langsam, allmäh­lich schnell und dann rasch wieder langsam werden.

Dann zeigten wir, wie seine Angabe, von einem raschen Lauf plötzlich in ein straffes Stillstehen überzugehen - gut für einseitig sanguinische Kinder und Personen -, von uns ausgebildet worden war. Eben die Übung: ein Scbritt -stillstehen, zwei Schritte - stillstehen, drei Schritte - stillstehen und so weiter bis herauf zu sieben Schritten - stillstehen. Die Schritte so schnell und leicht wie möglich, das Stillstehen so plötzlich und straff wie möglich. Diese Form der Übung stammt also nicht von Rudolf Steiner und kann daher sehr be­rechtigter Weise anders gemacht werden.

Dann kam unsere so vielfältig ausgearbeitete Stabübung, und als wir damit fertig waren, nahm Dr. Steiner mir meinen Stab aus der Hand und zeigte eine Reihe neuer Möglichkeiten für Stabübungen. Von der Ausgangsstellung der eben gezeigten Übung aus - also den Stab mit gestreckten Armen nach unten haltend - hob er ihn bis zur Schulter nach oben, indem er die Oberarme breit nach den Seiten, nicht nach vorne, bewegte und sagte dazu: «Das ist eine sehr gesunde Bewegung.» Dann faßte er den Stab auf dem Rücken, die Handflächen nach innen, warf ihn rasch nach oben und fing ihn zwischen Oberarm und Schulterblatt auf. «Und das ist auch eine gesunde Bewegung!» Als drittes führte er den Stab von vorne rasch über den Kopf nach hinten, ließ ihn los und fing ihn mit gestreckten Armen unten wieder auf. «Und da muß man schon geschickt sein, damit der Stab nicht hinfällt.» Da wir alles gleich auch ver­suchten, fiel natürlich immer wieder ein Stab auf den Boden, manchmal auch der von Dr. Steiner. Es wurde sehr vergnügt und geräuschvoll! Besonders als er noch andere Geschicklichkeitsübungen zeigte. Nicht nur wirbelte er den

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Stab, ihn mit drei Fingern fassend, vor sich, seitwärts, herauf und herunter aus dem Handgelenk ihn drehend, sondern er ließ ihn auch die Hand umkreisen, abwechselnd über den Handrücken und durch die Handfläche ihn laufen las­send.

Und dann «Qui»! Zuerst ließ er den Stab überhaupt ganz los, um den Griff, einmal von oben und einmal von unten fassend, zu wechseln, dabei dem Stab einen ganz leichten Impuls nach vorne, nicht nach oben, gebend. «Wenn Sie das viel üben, dann kann es zuletzt so aussehen, als schwebe der Stab vor Ihnen im Raum. Ihre Hände müssen nur sorgen, daß er nicht fällt. Man kann es aber auch so machen.» Diese zweite Art, das ja allen bekannte «Qui», machte er mit leicht und weich nach vorne gestreckten Armen und sagte dazu: «Das muß so leicht und zierlich gemacht werden, wie der Ruf eines Vogels auf einem Zweig:

Qui! Qui! - Da darf man doch auch nicht zu nahe herangehen, sonst fliegt der Vogel davon. Und wenn man es zu nah und kurzsichtig vor seiner Nase macht, fliegt die Leichtigkeit doch auch davon.»

Zuletzt zeigte er noch die Spirale, die auch in dem, am selbstverständlichsten aus dem menschlichen Organismus hervorgehenden Siebenerrhythmus ge­macht werden sollte und in einer auf- und in derselben Richtung wieder ab­steigenden Spirale, Kraft und Form spendend, den miffieren Menschen wirk­sam umkreist. Wie schön und wichtig wäre es, wenn man das alles wirklich einmal mit «griechischer Musik» als Begleitung machen könnte und damit in dem richtigen Siebenerrhythmus, denn, hatte Rudolf Steiner ja einmal gesagt:

In unserm Tonsystem kann man es nicht, aber griechische Musik verträgt sehr gut diesen 7/8-Rhythmus.

Auch eine Art von Kiebitzschritt machte Dr. Steiner uns vor, allerdings ohne das Schlagen in die Kniekehle, wie es später für heileurythmische Übun­gen ausgebildet werden mußte. Doch er nannte ihn so und machte nur - _ -. Aber wie lang waren diese Längen. Wie vergnügt war er und wie elegant seine Bewegungen.

Nach diesem erfrischenden Intermezzo wickelte sich unser Programm einige Nummern hindurch ohne Erweiterungen oder neue Anregungen ganz flüssig weiter ab. Wir zeigten den Energie- und Friedenstanz, «Ich und Du» und dann «Wir». Dabei stand ich zuerst auch in der Mitte, wie es für diese Gruppen-tänze auf den Zeichnungen angegeben ist, aber dann mischte ich mich, wie auch sonst beim Üben, aus «Freude am gemeinsamen Dasein » in den Kreis, und da sagte Dr. Steiner plötzlich zu den Zuschauenden: «Die Lory geht ganz richtig! Sie geht nämlich wie ein Seiltänzer oder wie ein Wilder im Urwald.» Und dann zu mir gewandt: «Das genügt aber nicht, daß Sie richtig gehen, Sie müssen auch wissen, wie Sie es machen, Sie müssen es doch Ihren Schülern auch erklären können. Wenn Sie das aber nicht können, muß man eben einen Kodak nehmen und jede Phase Ihres Schrittes aufnehmen, damit man es später den Schülern vorführen kann.» Er erwartete aber nicht, daß ich es gleich wußte, und so darf ich das Resultat unserer Bemühungen auch erst später dar­legen.

Nach dem «Wir» kamen natürlich verschiedene Lerrniskaten, gemeinsam im Kreis geschritten und gesprochen. Sogar die Harmonische Acht haben Anne­marie Donath und ich vorgeführt. Erna Wolfram zeigte trotz ihrer so kurzen Lehrzeit die große einwickelnde Serpentine, die außer der «starken Befesti­gung für das Ich sehr gut für bleichsüchtige Personen ist».

Dr. Steiner war von Nummer zu Nummer immer heiterer, und wir durch seine freudig liebevolle Zustimmung immer beschwingter geworden. Ja, und dann zeigte sich auf einmal, daß wir in unserem Programm beides, die Einzahl und die Mehrzahl des dritten persönlichen Fürwortes, die Er- und die Sie-Form vergessen hatten. Die einzige Reaktion Dr. Steiners war: «Ich sehe, was Ihnen fehlt sind Texte. Aber die werde ich Ihnen schaffen.»

Und dann kam das Allerschönste, was an diesem so schönen Tag geschah. Er rief uns drei Großen, ließ uns einen kleinen Kreis bilden und während er mit starker, klingender Stimme die Worte:

Der Wolkendurchleuchter:

Er durchleuchte,

Er durchsonne,

Er durchglühe,

Er durchwärme

Auch mich -

sprach, dirigierte er unsere Schritte im Raum. Bei « Der Wolkendurchleuchter» sollten wir mit zwei Schritten ehrfurchtsvoll zurücktretend einen zweiten größeren Kreis um die Gottheit bilden; auf diesem Kreis die vier Bitten anapä­stisch abschreiten und bei « Auch mich» uns mit wieder zwei Schritten bittend der Gottheit nähern. Trotzdem wir doch drei Bittende waren, sagte Dr. Steiner:

«Auch mich» und nicht «Auch uns». Wir wiederholten es mehrmals, und ich weiß, alle, die ihn miterlebten, haben diesen Augenblick niemals vergessen. Wir erlebten damals alle ahnend die tiefe Menschen bildende und Menschen heilende Kraft dieser neuen, für unsere Zeit inaugurierten Mysterienkunst.

Zuletzt baten wir Dr. Steiner noch, uns ein neues Gedicht vorzuschlagen. Er nahm ein Buch, eine Anthologie neuerer Dichter, das mit seiner Schrift «Lyrik der Gegenwart» und mit anderen Büchern auf dem Klavier lag. Trotz­dem in dieser Sammlung fast alle Dichter vertreten waren, die er in dieser Schrift besprochen hatte, mußte er lange, oftmals den Kopf schüttelnd suchen, bis er auf ein kleines Gedicht von Richard Dehmel stieß und darauf zeigte. «Das könnten Sie machen.» Ich glaube, dieses Gedicht entspricht in seiner Art

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wirklich dem, was in dem letzten seiner Vorträge im Lauteurythmiekurs Juni /Juli 1924 ausgesprochen ist: « Es ist beim Eurythmisieren wichtiger, den Lautgehalt sich vor die Seele zu führen, als den bloßen Sinngehalt. Denn der Sinngehalt ist Prosa. Und je mehr ein Gedicht darauf angewiesen ist, durch den Sinngehalt zu wirken, desto weniger ist es ein Gedicht. Je mehr ein Gedicht einem seinen Lautgehalt aufdrängt, durch den Lautgehalt wirkt, desto mehr ist es ein Gedicht.» Das von ihm gewählte Dehmelsche Gedicht heißt:

In allen Tiefen

mußt du dich prüfen,

zu Deinen Zielen

dich klarzufühlen.

Aber die Liebe

ist das Trübe.

Jedweder Nachen,

drin Sehnsucht singt,

ist auch der Rachen,

der sie verschlingt.

Aber ob rings von Zähnen umgiert,

das Leben sitzt und jubiliert:

Liebe!

Noch eine weitere Aufgabe für mich kam dazu. Ich sollte versuchen « Charon» aus Goethes neugriechisch-epirotischen Heldenliedern eurythmisch auszuarbei­ten. Eine Einleitung nach Vokalen und Konsonanten gab mir Rudolf Steiner an, aber die Formen im Raum mußte ich selbst finden und auch den Gegen­stand zum gemeinsamen Bewegen und Formgeben bei V B und 5 selbst wählen. Da ich irgendwo gelesen hatte, daß Charon häufig mit einem Hammer dar­gestellt wurde, wählte ich einen solchen aus vergoldetem Holz, der fast wie ein TAO wirkte.

Zweite eurythmisch-dramatische Darstellung

München 1913

Die Proben waren wieder in der schon vertrauten Turnhalle. Dr. Steiner er­klärte gleich zu Anfang, daß in dem zweiten Bild des neuen Spieles « Der Seelen Erwachen» zwei Gruppen von Elementargeistern auftreten würden, die durch die neue Bewegungskunst, die Eurythmie, dargestellt werden müßten. Seit ungefähr einem Jahr seien in einem kleinen Kreise ganz in der Stille nach seinen Angaben die Anfänge dieser neuen Kunst ausgearbeitet worden, und nun solle diese Eurythmie bei der Darstellung der Gnomen- und Sylphen­chöre zum ersten Mal zur Anwendung kommen.

Er bestimmte auch die Persönlichkeiten, die in den beiden Gruppen mit­wirken sollten, bei den Gnomen waren auch ein paar Herren dabei, und sagte dann zu mir: « Nun, Fräulein Smits, Sie kennen ja die Gesetze und können also die Formen für diese Gruppen entwerfen. Arbeiten Sie in der Mittagspause erst einmal mit den Damen, die ich für den Sylphenchor bestimmt habe, dann kann ich heute Nachmittag schon etwas sehen.»

Also trafen wir, die von Dr. Steiner gewählten « Sylphen» und ich, uns bald nach dem Mittagessen wieder in der Turnhalle. Nachdem ich zuerst einmal gezeigt hatte, wie die verschiedenen Vokale und Diphthonge, denn nur um diese handelte es sich, gemacht werden, gingen wir gleich ohne irgendwelche theo­retische Erklärungen daran, Zeile für Zeile zu üben.

Ich stand vor der Gruppe, sprach langsam die Vokale, besonders die be­tonten hervorhebend und formte ebenso langsam und betont alle Bewegungen. Es ging sofort erstaunlich gut, bestimmt war es nicht von ungefähr, daß Dr. Steiner gerade diese Persönlichkeiten für den Sylphenchor gewählt hatte. In der Regieanweisung werden diese Wesen folgendermaßen geschildert:

«Von rechts kommen sylphenartige, schlanke, fast kopflose Gestalten; ihre Füße und Hände sind ein Mittelding zwischen Flosse und Flügel; ein Teil von ihnen ist blaugrün, der andere Teil gelbrötlich. Bei den geibrödichen ist die Gestalt mit schärferen Konturen begabt; bei den blaugrünen unbestimmter.»

So standen eine Reihe schöner, schlanker Gestalten vor mir, denen es nicht schwer fiel, große, luftige, schwebende Bewegungen zu machen, die sich wahr­scheinlich auch gleitend, wie schwimmend im Raume bewegen würden. So weit waren wir an diesem ersten Nachmittag aber noch nicht, sondern aus­schließlich mit den Armbewegungen beschäftigt; es war ja fast für alle Be­teiligten ein absolutes Neuland, in das sie sich hineinfinden mußten, es aber mit immer wärmerem Enthusiasmus, immer selbstverständlicher und freudiger taten.

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Ich selbst sollte in dem Gnomenchor mitwirken. Die von allem bisher Ge­lernten und Geübten sehr abweichende Art, wie die Gnomen sich bewegen sollten, machte Rudolf Steiner uns staunenden und bewundernden Zuschauern selbst vor. In der Regieanweisung für diese Gnomengeister heißt es:

«Sie haben stahigraue, den Menschen gegenüber kleine Gestalten; sie sind fast ganz Kopf; doch ist dieser vornüber gebeugt. Sie haben lange, bewegliche, zu Gebärden geeignete, zum Gehen ungeschickte Gliedmaßen.»

Rudolf Steiner nahm nun in jede Hand einen Sonnenschirm, und machte mit diesen verlängerten Armen ziemlich harte, sehr charakteristische, durch den vorgestreckten Kopf sehr eindringlich wirkende Bewegungen: alle Vokale. Dazu bewegte er sich mit von vornherein gebeugten Knien in kleinen Drei­ecksformen, die Ecken durch ruckhaftes Anhalten sehr scharf betonend, so als stolpere er in jede neue Richtung, den Zuschauer überraschend, ja erschreckend.

Wohl hatten wir seine unübertreffliche Wandlungsfähigkeit, zum Beispiel wenn er Luzifer oder Ahriman in den Proben dem jeweiligen Darsteller - neben ihm stehend - vormachte, schon oft staunend erlebt, aber dies war doch noch etwas anderes. Da bewegte sich ein für unser Lebensgefühl vollkommen frem­des, groteskes Wesen mit erschreckender Eindringlichkeit vor uns, souverän unsere menschliche Weisheit als Dummheit verspottend.

Daß Dr. Steiner auch die Persönlichkeiten für diesen Chor bestimmt hatte, habe ich schon erwähnt. Ich muß nun aber doch erzählen, daß Dr. Steiner mir nach der Generalprobe wirklich strahlend seine Zufriedenheit gerade über diese Gruppe aussprach: «Sie haben wirklich alle charakteristischen Bewegungen dieser Gnomengeister gefunden - bis auf eine, die diese Wesen sehr oft machen, allerdings wäre die doch zu frech gewesen!» Dabei machte er mir lachend eine lange Nase. Ich habe ihm dann aber gesagt, daß dieses Lob nicht mir, sondern weitgehend der dänischen Baronin Walleen zukäme, denn ohne ihre originelle und einfallsreiche Mitarbeit wäre alles sicher viel matter und langweiliger ge­worden. Sogar der Charakter einer langen Nase war eigentlich durch ihren Vorschlag, bei der Stelle «wir kichern» das i etwas vibrierend zu machen, ein bißchen hereingekommen.

In diesem letzten Münchener Festspieljahre wurden alle vier Mysterienspiele innerhalb einer Woche aufgeführt, für die Zuschauer immer mit einem freien Tag dazwischen, der aber für Dr. Steiner und die Mitwirkenden durch die Generalproben morgens und nachmittags reichlich ausgefüllt war. Dr. Steiner war oft schon um 7 Uhr morgens im Theater, um mit den Bühnenarbeitern Kulis senproben abzuhalten! Und als er einmal nicht kam, wurden die Bühnen­arbeiter ganz ängstlich: « Der liebe alte Herr ist doch hoffentlich nicht krank?» Übrigens schenkte Dr. Steiner jedem der Arbeiter ein Exemplar des Buches, das noch zu Beginn der Spiele herausgekommen war.

Ungefähr vierzehn Tage vor unserer letzten Aufführung rief er mich zu sich und sagte, er brauche für das achte Bild - für die ägyptische Tempelszene -noch einen ägyptischen Tanz. Er habe sich entschlossen, die vier Priester, die nach der Regieanweisung vorne stehen, etwas erhöht gegen den Hinter­grund zu stellen. Sie müßten während des ganzen Bildes vollkommen un­beweglich dort stehen und nur dann, wenn der Neophyt zum Schrecken aller im Tempel Versammelten nicht die erwarteten, nach alten Regeln vorherbestimm­ten Weltenworte, sondern sein eigenes Erleben und Empfinden ausspricht, wie von ihnen ergriffen und gezwungen diese Worte eurythmisch gestalten und begleiten. Auch hierfür bestimmte Dr. Steiner die Persönlichkeiten, darunter eine französische Malerin, Madame Péralté, die schon zum zweiten Mal die ahrimanischen Wesen und diesmal auch die Gnomen mitmachte. Sie war eine schon fast sechaigjährige, unheimlich temperamentvolle Frau, voll geballter Energie, und schon durch ihr Äußeres, das an Wüste und Einsamkeit erinnerte, wie prädestiniert für solch eine Aufgabe. Leider richtete sich diese Energie bald gegen mich und meinen Versuch, diesem Tanz dadurch einen ägyptischen Charakter zu verleihen, daß wir unsere Bewegungen - in der Art ägyptischer Reliefs - nur nach der Seite machten. Nachdem Dr. Steiner diese neue Aufgabe gestellt hatte, war ich aufgeregt in die verschiedensten Museen gelaufen, und diese seitlichen Bewegungen waren wirklich wie eine rettende, leider aber auch einzige Idee aufgetaucht. Doch Madame Péralté streikte und wollte so eine ägyptische Phantasie nicht mitmachen. Sie brachte nicht nur dicke Bücher, sondern auch einen Ägyptologen in die Probe und schließlich sagte Dr. Steiner zu mir: « Dann lassen Sie eben diese seitwärts gerichteten Bewegungen!» Als ich nach der Probe sehr bedrückt und ratlos den Saal verlassen hatte und die Treppe hinunterschlich, legte sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter. Es war Dr. Steiner, der mich tröstend gütig und fast auch etwas schelmisch an­schaute und erklärte: «Wissen Sie, ich habe das gar nicht pedantisch gemeint, daß Sie diese seitlichen Bewegungen lassen sollen, nur den Schluß, den müssen Sie ganz betont frontal machen, die Zeile:

Sehen Sie, diese Szene ist ein ganz bestimmtes, reales Bild, das in die Akasha-Chronik eingeschrieben ist. Es ist der Augenblick, in dem zum ersten Mal ein erstes Anzeichen des sich nähernden Griechentums aufleuchtet, und darum muß der Schluß wirklich wie ein Weckeruf ganz frontal gemacht wer­den!» Diesen beglückenden Hinweis durfte ich den andern weitergeben und er genügte nicht nur, sondern befeuerte unsere Weiterarbeit ungemein, die gerade durch den Gegensatz zwischen den ägyptisch-reliefartigen Bewegungen und diesem leuchtend klingenden Schluß sehr eindrucksvoll und überzeugend gewirkt haben soll.

Danach standen wir vier Priester wieder, wie seither, ganz unbeweglich da. Nur wenn der Opferweise bei seinen letzten Worten den Satz «Die Wahrheit

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hat gesiegt» aussprach, mußten wir eine einzige Bewegung mit beiden Armen machen, die Dr. Steiner eine Siegelbewegung nannte. Eine nicht gescHossene 0-Bewegung nach oben, die in eine kleine, wie ein Licht aufleuchtende S-Bewegung überging. Eine Zeichnung von Rudolf Steiner für diese Bewegung existiert nicht, er gab nur an, wie wir es auszuführen hatten.

Schon vor dem Beginn der Probenzeit waren in München für den Monat Juli einführende Kurse in einer von Rudolf Steiner inaugurierten neuen Bewegungs­kunst, der Eurythmie angekündigt worden und hatten neben Interesse und offener Bereitschaft auch mancherlei Rätselraten hervorgerufen. Von der Lei­tung des Münchener Arbeitskreises, Fräulein Sophie Sünde, die schon seit Januar 1912 in Kassel mit wärmstem Interesse an dem Entstehen der neuen Kunst teilgenommen hatte, war mir eines der «Kunstzimmer» der Gesellschaft, das ebenso wie die Turnhalle in Schwabing lag, für diese einführenden Kurse zur Verfügung gestellt worden. Dort begann nun in den Zeiten, die neben den Proben noch frei waren, am frühen Morgen und am frühen Nachmittag, ein sehr reges Leben. Viele Menschen haben damals mit froher Begeisterung und spontanem Verständnis Eurythmie kennengelernt, indem sie eifrig an den Kursen teilnahmen. Viele aber kamen nur zum Zuschauen und erklärten, Dr. Steiner habe ihnen lebhaft zugeredet, doch ja in das «Kunstzirnmer» in der Herzogenstraße zu gehen und sich dort «unsere neue Bewegungskunst, die Eurythmie» anzusehen.

Fast mit allen Darstellern mußte man dann nach den Stunden rasch in die Proben eilen, die pünktlich um zehn und fünf Uhr anfingen. Über diesen ersten Kursen lag ein zarter, erwartungsvoller Glanz, wie über einer frühen Morgen-stimmung, wenn man die ganze Pracht und Schönheit der Sonne erst ahnend vorausfühlt. Dieser Glanz rührte von all der innigen und freudigen Bereitschaft her, die von allen der neuen werdenden Kunst entgegengebracht wurde und die es dann auch möglich machte, gemeinsam mit einigen der Kursteilnehmer eine von Dr. Steiner gewünschte, erste orientierende Aufführung für alle in München versammelten Mitglieder am Nachmittag des 28. August in dem großen Konzertsaal der Tonhalle zu wagen.

Nach Dr. Steiners zu dieser ersten Aufführung auch erstmaligen einführen­den Ansprache haben wir versucht, einen möglichst umfassenden Eindruck unserer Übungen zu geben. «Machen Sie es ähnlich wie damals in Haus Meer», hatte Dr. Steiner gesagt, «aber versuchen Sie, dabei eine noch geschlossenere, künstlerischere Form anzustreben.»

Programm und Ansprache lassen wir nun folgen. Am Schluß stand Rudolf Steiner auf und sagte nur einen kurzen Satz: «Ich glaube, Goethe hat sich über dieses Geburtstagsgeschenk gefreut!»

#TI

Erste Eurythmie - Vorfübrung

München, 28. August 1913, nachmittags,

im Keimsaal der Tonhalle, Türkenstraße

PROGRAMM

#TX

Dreiteiliges Schreiten, vor-, rückwärts und

seitwärts, verbunden mit Seelengesten und

Kopfhaltungen. Evoe als Abschluß

Rhythmen

Stabübungen

Dionysische Formen: Energie- und

Friedenstanz

Der Wolkendurchleuchter Rudolf Steiner

Vokale und Konsonanten

Meeresstille J. W. v. Goethe

Glückliche Fahrt J. W. v. Goethe

Wiegeniied (E. Wolfram, L. Smits, Clemens Brentano

L. Stahlbusch)

150. Psalm mit Halleluja

Charon (L. Smits) J. W. v. Goethe


Mitwirkende: L. Smits, E. Wolfram, L. Stahlbusch; Joan Abels, Max

Benirschke, Max Gümbel-Seiling, und eine kleine Gruppe, die in wenigen

Wochen sich in die Eurythmie eingelebt hatte. Rezitation: M. Gümbel-Seiling

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RUDOLF STEINER Einführende Worte über Eurythmie

München, 28. August 1913, anläßlich der ersten Eurythmie-Vorführung

Meine lieben Freunde!

Als einmal der Professor Capesius zu Frau Felicia kam, da sagte er, daß er immer eine so große Erfrischung fühle durch alles das, was ihm die gute Frau Balde an Märchen und Geschichten und so weiter erzählen könne.

Frau Balde ist nun eine gerade Dame und daher sprach sie zu ihm genau, wie sie dachte, und zwar so: Ja, es macht mir immer eine recht große Freude, wenn ich sehe, wie Sie das erfrischt, was ich Ihnen erzählen kann, aber Sie können nur so schlecht zuhören, und das macht mir große Schwierigkeiten!

Sie war, wie erwähnt, eine gerade Dame, die geradeaus sagte, was ihr auf dem Herzen lag.

CAPESIUS : Ja, aber ich höre doch mit aller meiner Fassungskraft zu!

FELICIA: Das ist es ja eben, daß Sie die Fassungskraft gar nicht haben, mit der Sie auch noch zuhören sollten.

CAPEsIUS: Ja, was fehlt denn an meinem Zuhören?

FELICIA: Ich glaube, Sie werden mich gar nicht richtig verstehen!

CAPESIUS: Ich möchte es aber doch gerne verstehen.

FELICIA: Ja, wissen Sie, wenn Sie mir richtig zuhören würden, dann würde Ihr Ätherleib tanzen, aber er tanzt nicht!

CAPESIUS: Und warum sollte denn mein Ätherleib tanzen? Und wie soll ich das machen?

FELICIA: Ja, sehen Sie, da müssen Sie erst verstehen, wie ich eigentlich zu all den Märchen komme, die ich Ihnen erzähle.

Da war der gute Professor Capesius ein wenig verlegen und sagte:

Sie haben mir so oft gesagt, daß Sie die Märchen aus der geistigen Welt empfangen, und... ich getraue mich eigentlich gar nicht das auszusprechen, was ich nun sagen möchte. Ich kann nicht begreifen, warum diese Wesenheiten, die sich Ihnen da mitteilen, immer gerade die Sprache haben sollten, welche jene reden, die ihnen zuhören und dann die Märchen nacherzählen.

FELICIA: Das ist es ja eben! Da müssen Sie noch gescheiter werden gerade in diesem Punkt. Die Wesenheiten erzählen eben in gar keiner Sprache, sondern sie bewegen sich. Und alles, was an ihnen Bewegung ist, das muß man verstehen.

CAPESIUS: Wie machen Sie das?

FELICIA: Ja, sehen Sie, da muß man die Kunst verstehen, das Herz eine Weile in den Kopf hinauffahren zu lassen. Dann kriegt man eine eigentüm­liche Empfindung von all den Bewegungen, welche die Elfenwesen­heiten, die Märchenprinzen und Feen da machen. Und was man so fühlt, das geht dann wie Ströme in den Kehlkopf hinein: da kann man dann erzählen. Und wenn Sie recht zuhören würden, dann würde auch Ihr Ätherleib nachtanzen. Da Sie das aber nicht können, so können Sie auch nicht alles verstehen, und vieles geht Ihnen ver­loren von dem, was ich Ihnen sage.

Nun hat man diese Mitteilungen der Frau Balde an Capesius aufgefangen und hat versucht - wenigstens so haben wir es gemacht -, einmal diese Bewegungen, diese Elfen-, Gnomen- und auch sonstigen Engeltänze systematisch heraus­zubilden zu einer Art von Bewegungssprache.

In einer ganz wunderbaren Weise hat sich herausgestellt in vielen Konfe­renzen mit Frau Felicia, daß man eine intime Sprache, eine Ausdruckssprache

- man darf es schon gebrauchen, das Wort - tanzen kann. Kurz, es ist ein Aus­druckstanzen möglich, gewissermaßen eine Kunst der Bewegung, die wir uns erlaubt haben, die Kunst der Eurythmie zu nennen: eine Art Sprache durch Bewegung, eine solche Sprache, welche in einem gewissen sehr schönen Ver­hältnis stehen kann zu den Vorgängen, welche in der geistigen Welt sich ab­spielen. Denn Frau Felicia konnte nämiich, wenn auch unbewußt, aus der Welt der Formen, welche die Welt des physischen Planes ist, dann wenn sie ihr Herz in das Gehirn hineinstrahlen ließ, auch Blicke in die Welt der Geister der Be­wegung tun. Und da empfing sie ihre Märchen.

Nun wäre es recht schön, meine lieben Freunde, wenn man auch noch dieses Verständnis mitbringen könnte, das dem Capesius fehlt! Wenn man immer bei Mitteilungen - auch bei Mitteilungen, wie Frau Felicia sie aus der geistigen Welt geben konnte -, bei vollständigem Ruhigsein des physischen Leibes seinen Ätherleib tanzen lassen könnte. Dazu aber muß man erst sich ein wenig hinein-finden in das Bewegungsspiel, welches in einer gewissen Harmonie steht mit den Bewegungen, die der Ausdruck sind der Weltentöne, der Weltenworte. Was man da feststellen konnte in den Konferenzen mit Frau Felicia, das soll jetzt unserer Kunst der Eurythmie zugrunde liegen.

Es soll einmal der Anfang gemacht werden mit einer Kunst, die an einem Grenzgebiet steht und deshalb so bedeutend ist. Man kann mit dem Tanzen sozusagen das Alleralltäglichste haben, das, was menschlichen Trieben und

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Leidenschaften am nächsten liegt; man kann aber auch das dionysische Element in der Menschheitsentwickelung verkörpern.

Eine kleine Probe soll Ihnen vorgeführt werden. Sie sollen aufmerksam ge­macht werden auf das, was in der Bewegung selbst verstanden werden soll, wie auch auf das, was in Anlehnung an menschliche Worte und Gedanken übersetzt werden kann in die hier gemeinte Bewegung, damit man immer mehr und mehr lerne, daß man zuhören kann auch dem, was in einer solchen Sprache zum Ausdruck kommt. Beachten Sie dabei, daß wir es zu tun haben mit etwas, was im Anfang steht. Beachten Sie zunächst das Wollen, das dahinterliegt und aus dem wir glauben, daß sich im Laufe der Zeit noch viel Bedeutungsvolleres ent­wickeln kann, als jetzt da ist. Beachten Sie aber auch, daß ein dreifaches Wollen hinter dieser Eurythmie liegt.

Erstens ein ästhetisches Element, ein Element, das man als das Element der Schönheit bezeichnen könnte. Schönheit ist ein unmittelbarer Ausdruck des­jenigen, was in den höheren Welten bewegungsmäßig vorgeht. Verstärkte Be­wegungen der höheren Welten sind also ein künstlerisches Element.

Aber damit soli sich zugleich verbinden als zweites ein pädagogisch-didak­tisches Element. Die menschliche Seele in ihrer Verbindung mit dem Leib­lichen wird zu einer Entfaltung kommen, die mit den Welten, zu denen sie gehört, angemessen ist den Vokalismen und Konsonantismen, die als Welten-wort durch die Welt strömen. Und umgesetzt wird das in sichtbareBewegungen des physischen Leibes. Dadurch wird etwas ganz anderes erreicht werden, wenn unsere Anfänge einmal zu größerer Vollendung gekommen sein werden, als durch gewöhnliches Turnen und ähnliche Übungen, die in der Jetztzeit ge­macht werden und die nur auf physiologischen Gesetzen aufgebaut sind.

Drittens das hygienische Element. Indem der menschliche Leib angemessen wird der Welt der Bewegungen, und in die Didaktik hineingegossen wird die durchaus gesunde Beweglichkeit des Menschen, wird auch in gesunder Weise auf den menschlichen Organismus und auf die menschliche Seelenverfassung gewirkt werden können. Denn vieles, was heute in der äußern Welt unhygie­nisch ist, rührt davon her, daß so wenig Harmonie ist zwischen dem, was der physische Leib in Anpassung an die äußere Welt tut, und dem, was eigentlich der Ätherleib durch seine innere Beweglichkeit von dem physischen Leibe ver­langt. Dieses Nicht-Zusammenstimmen möchten wir aufheben durch eine Be­wegungsfähigkeit des physischen Leibes, die dem Ätherleib entspricht.

Und so wäre es schön, wenn namentlich unsere Jugend - bis zum sechzigsten, siebzigsten Lebensjahr - Verständnis erwerben würde für diese Eurythmie, welche in immer anderer Weise die geistige Welt auf den physischen Plan her­untertragen möchte. Wenn sich diese unsere Jugend nach und nach gewöhnt, Verständnis zu haben für diese Ausdruckskunst, so werden immer mehr und mehr Leute unter uns sein, zu denen Frau Balde sagen kann: «Sie hören mir nicht mehr so schlecht zu, Sie verstehen mich schon besser.» Sie ist eine gerade Frau, und damit sie sich aus ihrer Gradheit heraus nicht nur ein negati­ves Urteil zu machen braucht, damit wir ihr Verständnls entgegenbringen, wollen wir uns auch Verständnis aneignen für das, was sie erschaut in der Märchenwelt, und was sie dadurch, daß ihr das Herz in den Kopf zu steigen vermag, in Worte umsetzen kann.

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LORY MAJER-SMITS Neue Angaben

München, 31. August 1913

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Rudolf Steiner empfing uns in dem gleichen Raum, in dem er vor einem Jahr die ersten Angaben für 1 A und 0 gegeben hatte. Wieder mußte ich mich auf­recht hinstellen, aber nun sollte ich mit der linken Hand an den linken Fuß gehen und die rechte Hand und den rechten Fuß parallel nach rechts seitwärts strecken. Sehr erstaunt, aber doch ganz bereitwillig versuchte ich die immerhin etwas merkwürdige Stellung auszuführen, ging mit der linken Hand an den linken Fuß, indem ich mich möglichst stark nach links beugte und dazu rechte Hand und rechten Fuß parallel seitwärts streckte. Von den Gnomen war man ja schon an allerlei gewöhnt worden, aber diesmal erntete ich nur ein sehr erstauntes Lachen Rudolf Steiners für meine wiederholten Bemühungen nach von ihm wörtlich wiederholter Angabe, bis er endlich immer noch lachend rief: «Aber warum bücken's sich denn immer?» Das klang so echt wienerisch, und nun verstand ich erst, was Dr. Steiner wollte, denn in Österreich fängt der Fuß schon ganz oben bei der Hüfte an. Was er zeigen wollte, war die Be­wegung für «Ich bin da», die in dieser ersten Angabe aber nur aus den sehr rasch hintereinander nach rechts und links gebildeten Parallelen von Fuß und Hand erscheinen sollte, ohne durch ein A abgeschlossen zu werden. Kann man diese Absicht nicht deutlich aus der Zeichnung ablesen? Ich empfand die abwechselnd rechts und links bewegten Glieder immer wie einen dunkleren, rasch auftauchenden und sich wieder auflösenden Kern oder Schatten in der auf der Zeichnung angedeuteten aurischen Eiform.

Als zweites gab er noch eine Bewegung, die das Erleben bei «Ich schaue auf» ausdrücken sollte. Er wollte es zuerst auch zeichnen, fand dann aber wohl, daß das nicht ging und sagte darum: « Machen Sie mit den Armen eine ausgeprägte U-Bewegung, ganz hoch, weit über dem Kopf und nun sinken Sie langsam ganz tief herunter in die Knie, nicht auf die Knie, bleiben Sie auf

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Eurythmie Aufführung

Köln, 18. Dezember 1913, nachmittags

PROGRAMM

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Hyperions Schicksalslied Fr. Hölderlin

Weihnachtsgeschlchte nach Lukas

Halleluja

Allegretto aus der 7. Symphonie L. van Beethoven (mit Zymbeln)


Mitwirkende: T. Kisseleif, M. Woloschin> N. v. Papoff, E. Dollfrs, L. Smits, E. Wolfram, E. Röhrle

Rezitation: Wilma Schreiber

den Füßen stehen und nehmen Sie im Heruntersinken die Arme bis vor die Brust zurück, gleichzeitig den Kopf senkend. Verharren Sie etwas in dieser Stellung und nun richten Sie sich ebenso langsam wieder auf, Arme und Kopf mitnehmend, bis zur Ausgangsstellung. Wenn Sie diese Bewegung wirklich aus der Empfindung entstehen lassen, wird es eine besonders schöne und feierliche Bewegung sein.»

ELISABETH DOLLFUS-BAUMANN Zur Kölner Aufführung

«Im Dezember 1913 wurde Dr. Steiner in Köln zu Vorträgen erwartet, und bei dieser Gelegenheit sollte eine zweite Eurythmiedarbietung stattfinden. Wer die Anregung dazu gab, ist mir nicht mehr erinnerlich, wahrscheinlich die Kölner Freunde. Diesmal sollte nicht der Aufbau und die pädagogische Seite der Euryth­mie gezeigt werden, sondern zum erstenmal eine einheitliche Darbietung künst­lerischer Leistungen. Diese Frucht unserer dreimonatigen eurythmischen Aus­bildung reifte in intensiver gemeinsamer Arbeit und gestaltete sich zur stim­mungsvollsten Aufführung, deren ich mich in den Jahren zu erinnern weiß. Durfte sie doch stattlinden im Lichte der zwei einzigartigen Vorträge über das fünfte Evangelium, die Dr. Steiner am 17. und 18. Dezember im winterweih­nachtlichen Köln hielt. Ich erinnere mich nicht mehr an das ganze Programm, nur die wesentlichsten Nummern desselben stehen mir noch lebendig vor Augen, wie wenn wir erst vor kurzem daran gearbeitet hätten.

Es waren dies: von Hölderlin, das Weihnachts­Evangelium nach Lukas, das Halleluja und das Allegretto aus der 7. Symphonie von Beethoven. An dies letztere hatten wir uns gewagt, obwohl noch keinerlei Angaben zu einer Toneurythmie gegeben waren; doch lag der Ausarbeitung eine Anregung Dr. Steiners zugrunde, der einmal zu Lory Smits von dem Ge­brauch von Zymbeln beim Aufführen von Gruppentänzen auf musikalisch­eurythmischer Grundlage gesprochen hatte. Wir hatten uns nun Zymbeln an­geschafft, und zwar nicht die in Europa fabrikmäßig hergestellten Messing­zymbeln mit ihrem schetternden, leeren Klirren, sondern die echten chine­sischen, handgearbeiteten Bronzebecken, die bei richtigem Anschlag einen vollen, glockentief hallenden Klang ergaben. Sie sind nicht nur für das Ohr

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ein Genuß, sie bieten auch durch ihre leicht nach außen gewölbte edie Schalen­form für das Auge einen schönen Anblick. Wir verwandten sie daher nicht nur im rhythmischen Ertönenlassen, sondern auch in den sogenannten euryth-mischen Stellungen: Feierlich, Innig, Heiter, Evoe, sogar in einzelnen Laut-gebärden, und vermochten so der eigentümlich feierlichen Heiterkeit dieses Allegrettos einen zwar noch nicht den Tongesetzmäßigkeiten entsprechenden, aber der musikalischen Dramatik gerecht werdenden Bewegungsausdruck zu geben. war ganz aufgebaut auf den Angaben Dr. Steiners über die Gesetzmäßigkeit dionysischer Gruppengestaltungen und brachte in seinen drei Teilen die griechisch beschwingte Geistes-Schicksals-dramatik im Hölderlinschen träumenden Nacherleben sehr eindrucksvoll zum bewegten Ausdruck. Im Mittelpunkt stand die Gruppendarsteilung des Lukas­Evangeliums, mit sorgfältiger Ausarbeitung aller Lautgesten, Kopfhaltungen und Stellungen. Die Rezitation zu den verschiedenen Darbietungen hatte Fräulein Wilma Schreiber aus Köln übernommen.»

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RUDOLF STEINER

Ansprache zu eurythmischen Darbietungen

Berlin, 21. Januar 1914

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Meine lieben Freunde!

Vielleicht werden Sie einen gewissen Zusammenhang herausfinden zwischen demjenigen, was ich gestern Abend von intimen Angelegenheiten des mensch­lichen Denkens gesagt habe, und dem, was unsere jetzige Darstellung sein soll. Eine fundamentale Forderung für die Denk- und Weltanschauungsgesundung unserer Zeit sollte gestern Abend einmal dargestellt werden: die Möglichkeit, wieder das menschliche Denken, den menschlichen Gedanken aus seiner gegen­wärtigen Erstarrung, aus seinem Eingefrorensein in Bewegung zu bringen. Wenn wir in diesen Tagen öfter und mehr, als es uns recht sein konnte, genötigt waren, hinzuweisen auf die Schäden des erstarrten Denkens, so hat die Emp-findung, die sich knüpft an einen solchen Hinweis, wahrhaftig nicht nötig, irgend etwas in sich zu schließen, was Hochmut oder Überhebung ist über das­jenige, was in unserer Zeit durch den erstarrten, durch den sich nicht zur Be­wegung, zur Beweglichkeit aufraffenden Gedanken hereingekommen ist. Denn alles dasjenige, was wir besprechen mußten, hat eine ernste, tragische Seite.

Meine lieben Freunde! Zu den signifikantesten Symptomen unserer Zeit gehört das jetzt von mir öfter erwähnte Buch, dessen dritten Band ich hier in der Hand habe: «Kritik der Sprache» von Fritz Mauthner. In diesem Buch ist, wie ich Ihnen gesagt habe, viel Treffliches enthalten, allein es ist zugleich ein Ausfluß des unendlich traurigen, erstarrten Denkens unserer Zeit. Und wie traurig es ist, das entnehmen Sie aus den wenigen Worten, die auf der aller-letzten Seite des dritten Bandes, auf der letzten Seite der drei Bände stehen als das Resultat, das Ergebnis einer ersten, aber eben im tragischen Sinne unserer Zeit gehaltenen Kritik der Sprache, die doch sein sollte eine Kritik aller Weis­heit und Erkenntnis:

«So steht denn die Menschheit mit ihrer unstillbaren Sehnsucht nach Er­kenntnis in der Welt, ausgerüstet allein mit ihrer Sprache. Die Worte dieser Sprache sind wenig geeignet zur Mitteilung, weil Worte Erinnerungen sind, und niemals zwei Menschen die gleichen Erinnerungen haben. Die Worte der Sprache sind wenig geeignet zur Erkenntnis, weil jedes einzelne W6rt umschwebt ist von den Nebentönen seiner Geschichte. Die Worte der Sprache sind endlich ungeeignet zum Eindringen in das Wesen der Wirklichkeit, weil die Worte nur Erinnerungszeichen sind für die Empfindungen unserer Sinne, und weil diese Sinne Zufalissinne sind, die von der Wirklichkeit wahrlich nicht mehr erfahren als eine Spinne von idem Palaste, in dessen Erkerlaub­werk sie ihr Netz gesponnen hat.

So muß die Menschheit ruhig daran verzweifeln, jemals die Wirklichkeit

zu erkennen. Alles Philosophieren war nur das Auf und Ab zwischen wilder Verzweiflung und dem Glücke der ruhigen Illusion. Die ruhige Ver­zweiflung allein kann - nicht ohne dabei über sich selbst zu lächeln - den letzten Versuch wagen, sich das Verhältnis des Menschen zur Welt beschei­dentlich klar zu machen durch Verzichten auf den Selbstbetrug, durch das Eingeständnis, daß das Wort nicht hilft, durch eine Kritik der Sprache und ihrer Geschichte. Das wäre freilich die erlösende Tat, wenn die Kritik geübt werden könnte mit dem ruhig verzweifelnden Freitode des Denkens oder Sprechens, wenn sie nicht geübt werden müßte mit scheinlebendigen Wor­ten...»

Meine lieben Freunde! Nicht von mir ausgesprochen, von dem Manne aus­gesprochen, der in seiner Art sich bemüht hat, den Sinn unserer Zeit zu ent­rätseln, haben Sie hier die ganze Verzweiflung an dem geistigen Gehalt unserer Zeit ausgedrückt, die ganze Verzweiflung zu nichts anderem kommen zu können als zu dem Eingeständnis, «daß das Wort nicht hilft, durch eine Kritik der Sprache und ihrer Geschichte. Das wäre freilich die erlösende Tat, wenn die Kritik geübt werden könnte mit dem ruhig verzweifelnden Freitode des

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Denkens oder Sprechens, wenn sie nicht geübt werden müßte mit schein­lebendigen Worten.»

An solche Dinge mußte man denken, als - jetzt vor mehr als einem Jahr -es möglich wurde, weil ich zunächst die geeignete Persönlichkeit in Fräulein Smits fand, den Versuch zu machen, aus dem Born des schöpferischen Ge­dankens der Welt heraus, aus den Quellen heraus, in denen der Logos, das Wort schöpferisch in der Welt sich betätigt, dasjenige zu suchen im mensch-lichen Ätherleib, woran unsere Zeit noch nicht glaubt, was auch im Äußeren aus diesem ruhenden Menschenleibe heraus jene Gebärde aufruft, welche der Ausdruck davon ist, daß nicht der Tod eingeprägt ist dem menschlichen Leibe, sondern das Leben. Die kurze Zeit, die seither verflossen ist, hat ja vielen un­serer Freunde schon gezeigt, in Köln und in Leipzig, daß widerlegt werden kann der Glaube an das Nicht-Dasein des Ätherleibes, denn das, was als Ge­heimnis in der menschlichen Sprache ruht, so drinnen ruht, daß es Leben ge­winnen kann, wenn der menschliche Leib zum Ausdruck der naturgemäßen Gesetze des menschlichen Ätherleibes wird, wurde Ihnen vorgeführt und wird Ihnen nun auch in dieser Stunde vorgeführt werden.

Sie werden sehen, daß in Bewegung übergehen kann das Erhabenste, zu dem sich menschliches Wort erheben kann. Haben Sie gestern gesehen, wie erhabenste Worte, zu denen sich irdisches Denken und irdisches Sprechen durchgerungen haben, umgesetzt werden in Bewegungen, welche in uns wirk­lich die Ahnung hervorrufen: Ja, es gibt eine Fortsetzung desjenigen, was die Menschheit immer in der Kunst gewollt hat, ein Sprechen des menschlichen Leibes selbst, das tief ins Herz uns dringen kann..., - so werden Sie das auch heute sehen, wo Ihnen vorgeführt werden soll aus der Sprache des mensch­lichen Schaffens heraus solch ein bedeutendes Gedicht wie Hölderlins Schick­salslied, wie ein anderes, das in russischer Sprache gesprochen wird, oder solche bedeutsamen Dinge, wie die drei Büßerinnen aus Goethes «Faust», die Sie im Verlauf der heutigen Vorführungen sehen werden. Sie werden sogar eine Szene aus dem Evangelium sehen, von der man den Eindruck bekommen kann, wie selbst unendlich Erhabenstes wunderbar vor uns hingestellt werden kann, wenn es in jene Bewegungen überfließt, die den natürlichen Gesetzen des menschlichen Ätherleibes entsprechen.

Diejenigen unter uns, die künstlerische Sehnsuchten empfinden, mögen aus dem, was hier zunächst nur versucht ist, was wie ein Anfang hingestellt ist, den Mut und die Hoffnung schöpfen, daß die Kunst in neuer Gestalt und Metamor­phose wirklich von unserer Zeit hervorgebracht werden kann. Und diejenigen, welche heute der Anschauung sind, daß in alles Leben das hlneinfließen muß, was wir wollen, mögen hier ein solches Gebiet des Lebens, ein solch gesundes Gebiet des Lebens erblicken, denn nichts wäre schöner, als wenn möglichst viele Freunde, wenn recht viele Anthroposophen sich bemühen würden, daß diese mit den naturgemäßen weitgesetzlichen Bewegungen des ätherischen Menschenleibes zusammenhängenden Ausdrucksformen, die zu Tanzbewe­gungen werden, als ein gesundendes Element in die menschliche Kultur ein­strömen.

Man erlebt so viele Sehnsuchten in unserer Zeit. Was alles wird in unserer Zeit gemacht von allerlei gymnastischen Tanz- und Sprachübungen bis zu einer aussichtslosen Erneuerung der Olympischen Spiele und so weiter, alles hervor-gehend aus der Unmöglichkeit des menschlichen Denkens, etwas Neues zu schaffen. Sehen wir aber in alledem die Sehnsucht nach einem lebendigen Be­weise dessen, was der Mensch aus den Quellen der Ewigkeit in sich hat. Mögen unsere Anthroposophen es in rechter Stunde einsehen, daß sie hier etwas haben, was sie wirklich hinaustragen können ins Leben, was gesundend wirken wird. Schon im frühesten Kindesalter wird durch die entsprechenden Übungen der klndliche Organismus so in die naturgemäßen Bewegungen des Ätherleibes sich hineinfinden, daß er Gesundheit und gesundende Kraft für sein ganzes Leben hinüberträgt. Aber nicht nur im physischen Sinne gilt das, sondern es werden sich Menschen, die später auf die Sache zurückblicken werden, sagen müssen, daß nicht nur physische, sondern auch morallsche Kräfte gewonnen werden für das Leben.

Wichtig ist es, daß die hohen und erhabenen Gedanken von früh auf in den menschlichen Ätherleib hineinstrahlen, daß der Mensch eins wird damit; dann wird sein ganzes Wesen schon vom Äthetleibe aus durchdrungen mit gesundem moralischem Fühlen und moralischem Denken. Und von dem, wie sich der Leib bewegen wird, wird ein Abdruck werden in der Zukunft dasjenige, was der Mensch mit seinem Kehlkopf sprechen wird, denn nur aus den gesund ge­machten Leibern werden auch wieder schöne, gesunde Stimmen hervorgehen, und nicht mehr werden wir genötigt sein zu demjenigen, wozu wir heute ge­zwungen sind, zu unserem jämmerlichen Gekrächze, mit dem wir die er­habenen Wahrheiten mit verstimmten Stimmen mitteilen müssen. Endlich wird die Zeit kommen, in welcher dasjenige, was aus den ewigen Gesetzen des Äthers herausgewellt ist, übergehen wird bis in das hinein, wo es heute so wenig vorhanden ist, daß einer, der in dem heute charakterisierten Sinne es erfaßt, nur zu der Aussicht auf den Freitod aller Erkennmis kommen konnte!

Ja, auch in dieses Gebiet hinein wird sich das erstrecken, was wir suchen, in das hinein, was man den menschlichen Gedanken nennt, so daß zuletzt auch unsere Gedanken lernen, künstlerisch sich zu bewegen. Dann wird die Erlösung der Menschheit auf diesem einen Gebiet vor uns stehen. Oh, wenn uns in diesen Tagen öfters vorgeworfen worden ist, wir schlössen uns nicht in rich­tiger Weise dem Geiste an, der aus der tiefsten Erkenntnisohnmacht unserer Zeit bis zur Krankhaftigkeit das unendlich Traurige, das Erstarrte alles Den­kens und Empfindens unserer Zeit gegenüber aller Philosophie und Weltanschauung

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in sich selber erlebt hat, daß wir nicht richtig im Nietzscheschen Sinne Nietzsche verständen - Nietzsche, von dem wir vor allen Dingen lernen wollen, nicht wie man es erreichen kann, sondern wie man verzweifeln kann, krank werden kann an Philosophie und Weltanschauung der Gegenwart, bis zu dem Grade, bis zu dem Nietzsche krank wurde -, dann wollen wir aber auch hinschauen auf ihn, nicht da, wo seine Gedanken ihre ja noch von der Gegen­wart infizierte Form angenommen haben, sondern hinschauen auf das, was er hinzustellen versuchte aus seiner unklaren Sehnsucht heraus, die zugleich aber doch auch die Sehnsucht der Zeit ist. Demjenigen in unserer Zeit, was zu dem furchtbaren Bild des Freitodes kommt, versuchte er gegenüberzustellen in seinem «Also sprach Zarathustra» sein Ideal. Nietzsche versuchte hinzustellen

- abgesehen von allen Gedanken, die darin stehen - das Bestreben, sich in den Rhythmus, in die Bewegungen des Zarathustra zu versetzen, in den ganzen künstlerischen Bewegungsklang und -sang. In all das, was darinnen harmonisierend und melodisierend ist, versuchen Sie nun, sich hinein zu ver­setzen, und dann zu fühlen, was in Nietzsche lebte, als er das eine Wort emp­fand, das in ihm lebte, in dem, was er nicht konnte, in dem, was er wollte, wo­nach er bis zur Krankheit sich sehnte und was sich ihm auspreßte in der Emp­findung: Zarathustra. Ihn stellt er als Jdeal des Erkennenden hin, ihn, der in solch musikalisch-tanzhafter Weise versuchte, die menschlichen Begriffe und Ideen und Vorstellungen wieder zu beleben. Und dann atmete er das aus, was da in seiner starken Sehnsucht lebte: Zarathustra ist ein Tänzer.

Vielleicht ist das auch ein Verständnis, das man diesem Geiste entgegen­bringt, wenn man versucht, unsere Weltanschauung so ins Leben einzuführen, wie wir versuchen wollen mit demjenigen, was heute den Beginn unserer Aus-einandersetzungen ausmacht.

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Eurythmie -Aufführungen

Berlin, 20. und 21.Januar 1914

Architektenhaussaal

PROGRAMM

20. Januar

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Der erste Psalm hebräisch

Aus der Odyssee griechisch

Panis angelicus lateinisch

Pater noster lateinisch

Reisesegen altdeutsch

Mantrischer Spruch sanskrit

Ausführung: Erna Wolfram


PROGRAMM

21. Januar

Hyperions Schicksalslied (Gruppe) Fr. Hölderlin

Aus «Faust II»:

Büßerinnen und Gretchen (A. Donath) J. W. v. Goethe

Russisch: Weiße Glockenblumen W. Solowiew

Prophet A. Puschkin

Französisch: Le Matin (L. Smits) A. de Lamartine

Ecossaises L. van Beethoven

Weihnachtsgeschichte nach Lukas


Ausführung: Eine Arbdtsgruppe mit Lory Smits und Annemarie Donath Mitwirkende: T. Kisseleff, E. Wolfram,

M. Woloschin, N. v. Papoff, E. Dollfus, L. Smits, E. Röhrle Rezitation: Käthe Mitscher

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Über den Ursprung des künstlerischen Schaffens in der Menschheitsentwickelung

Dornach, 7. Juni 1914

Dasjenige, was allem künstlerischen Schaffen zugrunde liegt, ist ein Bewußt­sein, welches, ich möchte sagen, vor den Pforten der historischen Entwicke­lung der Menschheit, der äußeren historischen Entwickelung, die durch äußere Dokumente festgelegt ist, haltmacht. Ein gewisses Bewußtsein, das vor den Pforten dieser Entwickelung im Menschen tätlg war und das noch ein Über­bleibsel des alten Hellsehertums der Menschheit war, war etwas, was dem vierten nachatlantischen Zeitraume angehörte. Wenn auch die ägyptische Kultur dem dritten nachatlantischen Zeitraume angehört, so ist doch das, was in der ägyptischen Kultur zur Kunst hintendiert, dem vierten nachatlantischen Zeitraume angehörig. Im vierten nachatlantischen Zeitraume hat sich dieses Bewußtsein so geltend gemacht, daß inneres Gefühl, innere Empfindung des Menschen so Platz gegriffen hat, daß man fühlte, wie die Bewegung des Men­schen, wie Haltung und Geste, die menschliche Form und die menschliche Figur und Bewegung sich herausentwickelt ins Physische und ins Ätherische. Sie werden mich verstehen, wenn Sie sich darüber klar sind, daß für jene Zei­ten einer, ich möchte sagen richtigen Auffassung des künstlerischen Wollens viel wichtiger als die Anschauung einer Blume oder einer Ranke das Gefühl war: Ich muß etwas tragen, schwer tragen; ich beuge den Rücken und mache mit meiner menschlichen Figur die Kraftentwickelung, die mich Menschen nötigt, mich so zu bilden, um die Last zu tragen. - Man fühlte in sich gewisser­maßen das gebunden, was man in der eignen Geste ausführen muß. Und so führte man die Greifbewegung, so zum Beispiel auch das Tragen mit der Hand aus. Man fühlt dieses Tragen mit den Händen, wo man nötig hat, die Hände nach auswärts zu spreizen. Da entstanden die Linien und Formen, die ins künstlerische Gestalten übergingen. Man fühlt sozusagen an der eigenen Menschlichkeit, wie der Mensch über das, was er sieht mit den Augen und was er mit den übrigen Sinnen wahrnimmt, hinausgehen kann, wenn er sich einfügt einem Allgemeinen. Und ich möchte sagen: Schon bei diesem Allgemeinen, wenn man nicht mehr bloß hinzuschlendern braucht, sondern genötigt ist, sich dem Tragen einer Last zu fügen, ordnet man sich dem Organismus der ganzen Welt ein. - Und aus dem Fühlen solcher Linien, die man in sich selber zu bilden hat, entstanden jene Linien, die zur künstlerischen Gestalt führten. Das sind Linien, die nicht in der äußeren Wirklichkeit zu finden sind.

Nun tritt einem in der spirituellen Forschung eines oftmals entgegen. Ich möchte sagen, wie ein wunderbares Akashabild tritt einem immer wiederum das Einfügen einer Anzahl von Menschen in ein Ganzes entgegen, aber ein gesetzmäßiges, harmonisches Einfügen von Menschen in ein Ganzes. Denken Sie sich das etwa so: Wir hätten eine Art Bühne, ringsherum, wie amphi­theatralisch, Sitze, wo Zuschauer sind, und es würden Menschen einen Umgang formieren; sie gehen herum, sie haben einen Umgang im Innern zu formen. Nicht etwas naturallstisch Gebildetes, sondern etwas Höheres, Übersinnliches sollte vor des Menschen Auffassung treten. Denken Sie sich eine Anzahl von hintereinander gehenden Menschen. Die bilden sozusagen den Umzug, der da im Kreise herumgeht. Die anderen sitzen im Kreise und schauen zu.

Nun handelt es sich darum, daß diese Personen etwas Wichtiges darstellen, was es sozusagen nicht ausgebildet auf der Erde gibt, sondern wovon es auf der Erde nur Analogien gibt, was den Menschen in Zusammenhang mit dem großen Weltenzusammenhang brachte. Und da liegt nun ja nahe, vor diesen Menschen der damaligen Zeit das Verhältnis der Erdenwirkungen zu den Sonnenwirkungen darzustellen. Wie kann der Mensch das Verhältnis der Erdenwirkungen zu den Sonnenwirkungen fühlen? Wenn er es ähnlich fühlt, wie man zum Beispiel das Getragensein, wenn man eine Last trägt, fühlen kann. Man kann also das Verhältnis der Erden- zu den Sonnenwirkungen so fühlen:

Alles Irdische steht nur eben auf der Bodenfläche der Erde auf, und indem es sich von der Erde entfernt - das alles ist nur in Kräften gedacht -, spitzt es sich zu. Also, man fühlte sozusagen das Verbundensein des Menschen mit der Erde dadurch, daß man ein nach unten Breites und nach oben sich Zuspitzendes dar­stellte. Gar nichts anderes! Das heißt, indem inan diese Kraftwirkung so fühlte, sagte man: Ich fühle mich stehen auf der Erde.

Nun wurde der Mensch ebenso seine Zugehörigkeit zur Sonne gewahr. Dieses Hereinwirken der Sonne auf die Erde fühlte man, indem man die Kraft­linien eben so gestaltete, daß die Sonne, indem sie um die Erde herumgeht, in dieser Weise ihre Strahlen der Reihe nach hereinsendet, sie nach unten zu­spitzend, weil die Sonne scheinbar um die Erde herumgeht.

Denken Sie sich diese beiden Darstellungen in Abwechslung, so können Sie das Erden- und das Sonnenmotiv sehen, das von diesen umhergehenden Men­schen immer getragen wurde. Das gehörte zu dem, was in alten Zeiten im Um­gang vorgeführt wurde. Da saßen die Menschen herum, und da gingen die Darsteller herum. Die einen trugen gleichsam dasjenige, was man als Hinauf­leben zur Sonne darstellte, denn so konnte man das Hereinstrahlen des Sonnen­mäßigen auch darstellen. Und sie wechselten ab: Sonne-Erde, Sonne-Erde und so weiter. Diese Kraft, ich möchte sagen diese kosmische Kraft: Erde-Sonne fühlte man. Dann erst dachte man darüber nach, wie man das nun am besten machen könnte. Und da stellte sich heraus, daß man als Mittel, um das am besten zu machen, gleichsam als ein Kunstmittel am besten eine solche Pflanze oder einen solchen Baum verwendet, der seine Wipfelentfaltung nach

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oben so hat, daß er unten breit ist und nach oben spitz zuläuft, und daß man dann abwechselt mit Palmen. So daß sich herausbildet das Hintereinander­tragen von solchen Pflanzen, die etwas wie breite Knospen darstellen, welche sich nach oben zuspitzen, und von Palmen. Palmen als Entfaltung der sonnen­haften Kräfte und nach oben sich zuspitzende Knospen als charakteristisch für die Erdenkräfte... Aus dem lebendigen Erfühlen des Weltenzusammenhanges heraus ist das künstlerische Schaffen entstanden, das deshalb auch einem Ent­falten des Schaffensdranges entspricht, der im Menschen liegt, und nicht einer bloßen Nachahmung irgendeines bloß äußerlich Natürlichen...

Dasjenige, was sich nun jetzt den Menschen darbot, und was alles für die Zuschauer ringsherum dargestellt wurde, und was durchaus die Darstellung von lebendigen kosmischen Kräften war, wurde später zu jenem Ornamente vereinfacht, in dessen Linien man das zusammenfaßte, was da der Mensch lebendig erfühlte, indem er diese Dinge darstellte. ... Die Abwechselung von Sonnen- und Erdenmotiv bot sich sozusagen dem menschlichen Empfinden als Schmuckmotiv dar, als richtiges ornamentales Schmuckmotiv. Daß man selbstverständlich, möchte ich sagen, in diesem ornamentalen Schmuckmotiv eine ins Unbewußte übergegangene Nachbildung eines uralten Tanzmotives zu sehen hat, eines feierlichen Tanzes, das wußte man später nicht mehr. Aber erhalten hat sich das im Palmettenmotiv.

«Das Innere hat gesiegt» / «Das Äußere hat gesiegt»

Dornach, 28. Juni 1914

Können Formen sprechen aus der geistigen Welt? Formen können vielerlei sprechen aus der geistigen Welt heraus. Nehmen wir einen Gedanken, der uns gerade besonders naheliegt, weil er auf der einen Seite der Ausdruck des Höch­sten ist und auf der anderen Seite in seiner luziferischen Prägung in das Nied­rigste eintaucht: den Gedanken des Ich, den Gedanken der Selbstheit.

Es ist ja nicht zu leugnen, daß beim bloßen Ausdruck des Wortes Ich, unser Selbst, der Mensch eigentlich noch nicht besonders viel denken kann. Es wer-den noch mancherlei Zeitepochen hinunterfließen müssen in der Menschheits­geschichte, bis eine vollbewußte Vorstellung in der Seele auflebt, wenn das Wort Ich oder das Wort Selbst ausgesprochen wird. Aber in der Form kann die Selbstheit, die Ichheit empfunden werden, und zwar, wenn man vom rein mathematischen Formwissen zum Formfühlen übergeht, wird man stets bei dem völligen Kreis die Ichheit, die Selbstheit empfinden. Kreis fühlen würde heißen Selbstheit fühlen. Kreis fühlen in der Ebene, Kugel fühlen im Raum, ist Selbstheit fühlen, Ich fühlen. Wenn Sie sich das klarmachen, werden Sie auch das Weitere leicht verstehen. Wenn Sie sich klarmachen, daß im Grunde ge­nommen der wirklich lebendig empfindende Mensch, wenn er einem Kreise gegenübersteht, in seiner Seele das Gefühl der Ichheit, das Gefühl der Selbst­heit auftauchen fühlt, so daß, indem er das Kreisrund sieht, oder nur ein Stück von dem Kreis sieht, oder wenn er ein kleines Stück Kugeischale sieht, er fühlt, daß das hindeutet auf das Sich-selbständig-Fühlen. Wenn der Mensch so fuhlt, dann lernt er in Formen leben. Und es ist gewissermaßen das Charakteristische des lebendigen Fühlens, in den Formen leben zu können. Nun werden Sie, wenn Sie dieses in Betracht ziehen, zu dem weiteren leicht übergehen können.

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So wie ich die Kreislinie hier gezeichnet habe, ist sie zunächst ganz ungegliedert (1). Sie kann aber in zweifacher Weise gegliedert sein, so, daß sie aus­sendet solche Vorsprünge (2). Das wäre eine Glie­derung. Eine andere charakteristische Gliederung wäre diese (3). Beide Formen sind eigentlich nur ge­gliederte Kreise.

Was bedeuten diese Gliederungen? Diese Glie­derung (2) bedeutet, daß das Selbst, das Ich, in Be­ziehung getreten ist zur Außenwelt. Wenn wir dem bloßen Kreis gegenüberstehen, können wir das Ge­fühl haben, daß die ganze übrige Welt nicht da sei, daß nur das sich im Kreise Abschließende da sei. Wenn wir den gegliederten Kreis betrachten, dann können wir nicht mehr das Gefühl haben, daß das, was durch den Kreis ausgedrückt ist, allein in der Welt ist. Die Gliederung der Kreislinie drückt aus einen Kampf, gewissermaßen eine Wechselbezie­hung mit der Außenwelt.

Es ist charakteristisch, daß derjenige, der sich lebendig hineinfühlt in die Form bei dem geglieder­ten Kreis (2), fühlt: das Innere ist stärker als das Äußere. Und beim zackig ausgebildeten Kreis (3):

das Äußere hat sich eingebohrt und ist stärker als das, was im Kreise liegt. Und geht man nun durch irgendeinen Raum, der irgendwie Stücke von Kreis-linien oder Kugelflächen hat, und merkt man daran solche Gliederungen, so kann man, indem man ein­fach die Linien verfolgt, von der Zackeniinie das

#SE277a-058

Gefühl haben: Ah, hier siegt das Äußere! und bei der Welieniinie: Ah, hier siegt das Innere! Und es beginnt unsere Seele mit der Form mitzuerleben. Wir schauen sie nicht bloß an, sondern wir haben das lebendige, auf und ab wogende Gefühl Überwin­dung und Übergriff, Überwindung und Besiegung in der Seele, das heißt, unsere Seele gerät in Leben­digkeit, sie lebt mit der Form mit. Und das ist das Wesen des künstlerischen Empfindens, dieses Eins-werden mit der Form, dieses Mitleben mit der Form.

Aber wir können weitergehen. Denken Sie sich die Gliederung nicht so einfach, wie sie hier ist, son­dern so (4). Das heißt, die Form bewegt sich nach

#Bild s. 58a

der einen Richtung hin und sie ist Tat. Wer einiger­maßen sich in diese Form hineinlebt, hat unmittel­bar das Gefühl: sie geht weiter, sie bewegt sich.

So finden wir in den Formen selbst das Charak­teristikum der Bewegung.

Nebenstehend: Angaben von Rndolf Steiner für Tatiana Kisseleff, gegeben in Dornach 1914

#Bild s. 58b

#SE277a-059

#Bild s. 59a,b

#SE277a-060

LORY MAIER-SMITS Formen für Denken, FüHen und Wollen

Zu den Angaben der sechsten Stunde in Bottmingen

Bremen. Februar 1915

Es war das erste Mal, daß ich seit unserer Aufführung in Berlin im Januar 1914 wieder mit Rudolf Steiner sprechen konnte, und auch das erste Mal überhaupt, daß ich ein längeres Gespräch allein mit ihm haben durfte. «Nun, was haben Sie mir zu erzählen und zu fragen?» sagte er gleich nach der Begrüßung. Kurz erzäHte ich ihm alles Wissenswerte von zu Hause, besonders wie es meiner Mutter ginge, auch welche Nachrichten wir von meinem Bruder aus dem Feld hatten, denn nach allem hatte er sogleich gefragt. Aber dann durfte ich weiter von meiner Arbeit in der Eurythmie sprechen. Ich konnte schildern, wie ich versucht hätte, beim Eurythmisieren von Texten eine Verbindung von Laut und Bild zu erreichen. «Zeigen Sie ein Beispiel.» Nun zeigte ich drei Sprüche von Angelus Silesius. Bei dem ersten, dem wesentlichsten, handelte es sich im Anfang um lauter einsilbige Worte, mit denen der Dichter immer neue Ge­fühlsinhalte und Bilder für sein Gotteserleben findet: « Gott ist mein Stab, mein Licht, mein Pfad, mein Ziel, mein Spiel» und so weiter, aber auf diese Zeile kam es besonders an. Ich hätte nun versucht, das Feste, Haltgebende, in dem Wort Stab durch ein sehr bewußt und betont geformtes A, das doch auch lautlich gerechtfertigt sei - es folgt auf ein T -, auszudrücken. Das kurze I in Licht hätte ich schmal und hell, wie einen aufleuchtenden Strahl nach oben gemacht, Pfad tastender, vor allen Dingen etwas unsymmetrischer nach links zu formen versucht, aber auch das schien mir, vielleicht weil dieses A auf ein Pf folgt, nicht unbegründet. Ziel hätte ich durch ein energisch vorwärtsstrebendes langes I, das von dem linken Fuß bis vorne in die rechte Hand sich streckte und endlich das gelöste, nicht gezielte Gefühl bei Spiel breit nach den Seiten gedehnt.

«Das ist sehr schön, wenn Sie versuchen, das, was Sie eine Verbindung zwischen Bild und Laut nennen, sich auf diese Weise zu erarbeiten.» Meine jugendliche Weisheit ließ mich zweifelnd fragen: «Aber entsteht so nicht die Gefahr, daß es zu persönlich wird?» Und die Antwort? «Es wäre doch wunderschön, wenn es möglichst persönlich würde!»

Aus dem Gefühl, sich Rudolf Steiner unbefangener und rückhaltloser als jedem anderen Menschen gegenüber aussprechen zu können, das von manchen anderen ebenso erlebt und geschildert worden ist, konnte ich nun weiter-sprechen. «Herr Doktor, ich habe mich dabei beobachtet, daß ich Dinge, die mit der Außenwelt zu tun haben, meistens mit der rechten Hand mache, und solche, die mehr innerlich sind, mit der linken. Hat das eine wirkliche Be-deutung oder ist es gleichgültig?» «Nein, das ist gar nicht gleichgültig. Das ist sogar ganz richtig so, und ich freue mich, daß Sie von selbst darauf ge­kommen sind.» «Dürfte ich das dann auch unterrichten?» «Aber selbst-verständlich dürfen Sie das.» Dann kam noch eine ganz ungelöste Frage:

«Ich habe den Dichtern gegenüber immer so etwas wie ein schlechtes Ge-wissen, weil wir doch vorläufig das, was man dichterische Form nennt, gar nicht beachten. Weder ob eine Strophe drei oder vier Zeilen hat, noch ob und wie die Reime sind. Ich mache meine Formen nach ganz anderen Gesetzen und alles andere beachte ich überhaupt nicht, und das ist doch eigentlich nicht richtig.»

Diese Frage veranlaßte Dr. Steiner, mir die letzten elf Zeilen des schönen Altersgedichtes von Walther von der Vogelweide «0 weh, wohin entschwanden alle meine Jahr!» nach Wollen, Denken und Fühlen zu gliedern:

Er macht schöne Daran gedenket Ritter, es ist euer Ding,

Worte, um Empfin- Ihr tragt die lichten Helme und manchen

dungen anzuregen harten Ring, } Fühlen

Dazu den festen Schild und das geweihte Schwert.

Und da steigt der Wollt' Gott, ich wär' für ihn zu streiten

Willensimpuls herauf wert!

So wollt' ich armer Mann verdienen } Wollen

reichen Sold,

Vernünftige Nicht mein ich Haufen Landes noch der

Überlegung Fürsten Gold. } Denken

Er spricht seinen

Herzenswunsch aus Ich trüge Krone selber in der Engel Heer. } Fühlen

Nüchtern logisches Die mag ein Söldner wohl erjagen mit dem Denken

Denken Speer! }

Durch kein Denken Dürft ich die liebe Reise fahren über See,

mehr gehemmter So wollt' ich ewig singen Heil und } Wollen

Willensimpuls nimmermehr Oweh,

Nimmermehr oweh!

#SE277a-061

und folgende Anregung zu geben: «Versuchen Sie Ihre Formen, so wie ich es Ihnen jetzt nach Wollen, Denken und Fühlen gegliedert habe, einzurichten, aber dann dieselben so zu legen, daß Sie den Reim dorthin tragen, wo der Laut zuerst angeschlagen wurde, so, als zöge der dort noch immer klingende Reimlaut Sie an die gleiche, wenigstens annähernd gleiche Stelle zurück.»

Und das Prinzip: Jede krumme Linie, sei es in Stellung - das heißt in der Ruhe, wie in der ersten Art der Darstellung der luziferischen und ahrimani­schen Wesen -, sei es in Bewegung, ist der Ausdruck für Wille, wurde mir zu einem wirklichen Erleben, als Dr. Steiner plötzlich sagte, nachdem durch einen Nicht-Ritter in herzenswarmen Tönen das Idealbild eines wahren Kreuzritters geschildert worden war: «Und nun steigt der Willensimpuls herauf» und dazu mit beiden Händen, wie tief hineingreifend in noch schlafende Kräfte, diese von unten heraufhob und in einer krummen Linie im Raum ausbreitete und diesen Raum nach allen Richtungen erfüllte und ausfüllte.

#TI

Als Einführung zum zweiten Eurythmiekurs:

RUDOLF STEINER Über das Wesen der Eurythmie

Dornach, 7. Oktober 1914

#TX

Suchen wir denn nicht mit alledem, was in unserem Bau sich ausspricht, nach einer neuen Form der alten Schönheit? Nach Schönheit, denn Schönheit be­deutet noch viel mehr, als man gewöhnlich mit dieser Idee, mit diesem Begriff verbindet. Man muß nur, wenn man gewahr werden will, was es zu bedeuten hat, daß in irgendeinem Zeitalter, wie das unsrige eines ist, neue Formen der Schönheit, neue Formen der ganzen menschlichen Seelenstimmung hervor­treten sollen, sich klarmachen, wie mannigfaltig geartet der Menschheitsfort-schritt ist.

... Konnte doch Goethe, als er die Sehnsucht empfand, sich in Schönheit zu vertiefen, nichts anderes tun, als nach Rom gehen, um die griechische Schön­heit in der Seele nachzuerleben. Konnte doch im Grunde genommen das ganze neunzehnte Jahrhundert nichts anderes tun, als nach Rom gehen. Aber das Zeitalter ist gekommen, wo man nicht bloß nach Rom geht, nicht bloß in grie­chische Schönheitsformen sich vertieft, sondern wo man in geistige Welten hineingeht, um aus den geistigen Welten neue Schönheitsformen zu finden. ...

Das Bestreben bestand, der Menschheit etwas zu geben, was, ich möchte sagen, auch schon äußerlich die Evolution, den Sinn und den Geist der Evo­lution zeigt. Das konnte man nur, wenn man sich darüber klar war, daß wir in der Welt, im unmittelbaren Leben auch in einer Welt der Formen leben, und daß das Vorwärtsschreiten ein Hineindringen in die Welt der Bewegung ist. Die Welt der Formen beherrscht den physischen Leib, die Welt der Bewegung beherrscht den Ätherleib. Es müssen nun die Bewegungen gefunden werden, die dem Ätherleib eingeboren sind. Es muß der Mensch angeleitet werden, das-jenige in Gesten, in Bewegungen des physischen Leibes zum Ausdruck zu bringen, was dem Ätherleib natürlich ist...

Das wird in der Eurythmie versucht. Es wird sich herausstellen, daß der Mensch in seinen Bewegungen wirklich ein Zwischenglied zwischen den kos­mischen Buchstaben, den kosmischen Lauten ist und dem, was wir gebrauchen in den menschlichen Lauten und Buchstaben in unseren Dichtungen. Eine neue Kunst wird entstehen in der Eurythmie Diese Kunst ist für jeden Men­schen. Und man möchte, daß die Menschheit ergriffen würde von Verständnis für diese Kunst. ...

Ich habe in vieler Beziehung schon gesprochen von dem Verhältnis des großen Rundbaues zu dem kleinen, vom Verhältnis dessen, was im großen Rundbau steht, zum kleinen. Nun könnte jemand fragen: Wie gehen die kleinen Formen aus den großen in unserem Doppelkuppelbau hervor? Die Antwort ist: Es versuche jemand nach eurythmischen Gesetzen die Formen des großen Baues tanzen zu lassen, dann werden die Formen des kleinen Baues daraus. Man versuche sich vorzustellen, es vereinige ein Mensch alles das in seinen eurythmischen Bewegungen, was im großen Rundbau zum Ausdruck kommt, und tanze hinein in den kleinen Raum und strahle von da aus, was er tanzt: dann würde die Zwölfheit der Säulen und die Kuppel von selber daraus. Dann hoffe ich, daß noch etwas eurythmisch tanzen wird im Bau, unsichtbar:

das Wort. Das wird eine gute Akustik geben.

Kurz, man kann Eurythmie definieren als die Erfüllung desjenigen, was nach seinen natürlichen Gesetzen der menschliche Ätherleib vom Menschen verlangt. Daher ist wirklich in dieser Eurythmie etwas gegeben, was zu unserem geisti­gen Leben dazu gehört und was aus seiner Ganzheit heraus gedacht ist.

ZWEITER KURS DAS APOLLINISCHE ELEMENT

#G277a-1982-SE062 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

ZWEITER KURS DAS APOLLINISCHE ELEMENT

#TX

Unterweisungen für die seelische Gestaltung der bewegten Sprachformen

Dornach, 48. August bis ii. September 1915

Kunst und Sehönheit in der Eurythmie

entstehen dadurch,

I Dornach, 18. August 1915 daß Gesetzmäßigkeit hineinkomt

Wir haben bis jetzt buchstabiert. Jetzt werden wir zu dem bereits Gelernten dasjenige hinzufügen, was die Sache verinnerlicht, wodurch die Abbildung des Wortes in die Abbildung des Sinnes übergeht. Bis jetzt war alles so behandelt, als ob es eigenschaftlich wäre. Wir müssen nun bestimmte Unterschiede machen in dem, was als Text angewandt wird.

1. Alles Eigenschaftliche, alle Eigenschaftswörter (Adjektiva) werden durch

die Gebärde in der Ruhe ausgedrückt. Dazu gehören:

a) Numeralien (Zahlwort),

b) Adverben (Umstandswort),

c) Relativpronomen,

d) Artikel.

#Bild s. 62a,b

#SE277a-063

6. Alle Empflndungsausbrüche, Interjektionen, werden ausgedrückt durch Beuge oder Sprung. Alles senkrechte Bewegungen, nach rückwärts, oder graziöser Sprung. Oh! ach! wie! und so weiter.

7. Alle Präpositionen oder Verhältniswörter werden ausgedrückt durch Be­wegung des Kopfes oder Körpers nach rechts oder links.

8. Alle Bindewörter, Kopula, Konjunktionen, werden ausgedrückt durch Bewegung des Körpers in der Achse, vor- oder rückwärts, oder Beugung des Kopfes nach vorn und hinten.

Geübt wurde als erstes Gedicht zu diesen Formen aus dem Stegreif:

BEIM ANBLICK EINES KATERS

Daß ich dürft' ein Kater sein, Daß in Kunst Natur sein soll,

Frei von höhern Plagen, Fass' ich unwillkürlich,

Dessen Seelenstand ist ein Säß' er da gedankenvoll,

Tiefes Wohlbehagen. Wär' er noch natürlich?

Dieses treue Rundgesicht. Den Gesellen ohne Schmelz

Ruhig mit Empfindung, Peitscht man vor die Wände;

Ist ein lyrisches Gedicht Aber diesen glatten Pelz

Neuester Erfindung. Streicheln alle Hände.

Seine kleinen Öhrlein stehh Und auch sein Gemüt hat Schliff,

Wie gereimte Jamben Schreckt nicht ab durch Größe,

Und durch seine Kehle gehn Nicht durch allzu kühnen Griff,

Sachte Dithyramben. Ritzet nur die Blöße.

Dieser leicht schattierte Schwanz, Daß er oft sein Wesen trübt,

Voll von leiser Magik, Sittlich liegt in Trümmern,

Stünd' auch schön als Jungfernkranz Die Ästhetik türkisch übt,

Der modernsten Tragik. Sollte das uns kümmern?

Fercher von Stei nwand

FEST IM FREIEN *

Warme Gestalten Warm = eigenschaftlich

Hüben und drüben, Gestalten = gegenständlich

Schönes Entfalten, Hüben und drüben = Verhältnisse

Fröhliches Üben!

Lichte Gewänder

Glatt um die Hüften,

Farbige Bänder

Flatternd in Düften!

Reizende Zeugen

Festlicher Tage,

Kummer und Klage

Wißt ihr zu beugen;

Denn für euch stimmen

Äther und Fluren,

Wallen und glimmen

Alle Naturen!

Jubel im Freien!

Freudigstes Wesen,

Schnellstes Genesen,

Hellstes Gedeihen!

Lust auf den Hügeln,

Mut auf den Flügeln

Kecker Schalmeien -

Welcherlei Richter

Möchte dich zügeln,

Jubel im Freien!

Fercher von Steinwand


*Dieses - gekürzte - Gedicht wurde erst später aufgeführt.

#SE277a-064

II Dornach, 19.August 1915


Nun kann man Gedichte in nachstehender Form tanzen und den Text verteilen auf:

Außenkreis = Sonne, eine Person: alle Substantiva, abstrakt und konkret.

Mittelkreis =Planeten, zwei Personen: alle Adjektiva.

Innenkreis = Mond, eine Person: Verben, Interjektionen, Konjunktionen.

#Bild s. 64

Dazu die Gedichte: «Die Gnosis» von Joseph von Auffenberg, und aus «Der Erbarmer» von F. G. Klopstock.

#TI

GNOSIS

Aus einer Rede Simons des Magiers

Fragment

#TX

Die alte Nacht ist ewig, unergründlich,

In ihrem Mutterschoß trug sie die Zeit

Und ihre Schwester, die erhab'ne Weisheit.

Sie aber sind die Mütter der Äonen,

Die unterm Chaos lagen lichtberaubt.

Es stießen feindlich alle Elemente

In ungeheurer Kraft zusammen, und

Der Mund der Urnacht rief ein dreifach Wehe!

Sie zeugte unter herben Mutterschmerzen

Den alles überwindenden Verstand.

Der Sohn griff machtvoll in das Dunkel ein,

Und sterngleich strahlte Demlurgos auf, (abstrakt)

Den wir als nächsten Weltenschöpfer kennen.

Vereinzelt stand er da, und kein Altar

War noch umwölkt von süßen Opferdüften.

Er lockte Funken aus dem reinen Äther, (abstrakt)

Und bannte sie in schwere Körper fest;

Die liegen betend nun vor den Altären,

Und Deralurgos sieht sein Ziel erreicht.

Doch jene Funken streben stets hinauf,

Sie grüßt der Stern (konkret), sie reizt des Himmels (konkret) [Blau, (abstrakt)

Drum zehren sie an ihren düstern Kerkern

Und schwingen sich, nach abgestreifter Kette,

Schnell fliegend in das Mutterlicht (abstrakt) empor.

Der Trieb (abstrakt) nach oben hat den Tod (abstrakt) erzeugt,

Doch jene Funken, die wir Seelen (abstrakt) nennen,

Sind unvergänglich, wie das ew'ge Licht, (abstrakt)

Und blicken oft mit klaren Genien-Augen (abstrakt-konkret)

Auf die gesprengten Kerker froh herab.

Joseph von Auffenberg


AUS «DER ERBARMER»


0 Worte des ewigen Lebens!

Also redet Jehova:

«Kann die Mutter vergessen ihres Säuglings,

Daß sie sich nicht über der Sohn ihres Leibes erbarme ?

Vergässe sie sein,

Ich will dein nicht vergessen!»

Preis, Anbetung, Freudentränen und ewiger Dank

Für die Unsterblichkeit!

Heißer, inniger, herzlicher Dank

Für die Unsterblichkeit!

#SE277a-065

Halleluja im Heiligtum (konkret)!

Und jenseits des Vorhangs

In dem Allerheiligsten (abstrakt) Halleluja!

Denn so hat Jehova geredet.

F. G. Klopstock

Bei allem, was anknüpft an den alten dionysischen Tanz, eurythmisiert die Hauptperson Vokale, der Chor Konsonanten. Dionysos stand in der Mitte = vokalisch; der Chor, der ihn umgab und ansah = konsonantisch. Die Konso­nanten müssen richtig einfallen. Heute kann auch eine Person alles darstellen.

#Bild s. 65a

III Dornach, 20. August 1915

#TI

HEITERER UND TRAGISCHER AUFTAKT

Formen vor Beginn von heiteren oder tragischen Gedichten

#TX

Wenn nun Gedichte eurythmisiert werden, so kann man ihnen, dem Inhalt entsprechend, einen Auftakt geben. Als Beispiele für die Stimmung dieser Auf-takte nannte Rudolf Steiner zwei Gedichte von Fercher von Steinwand: «Flotte Bursche» und «Düstere Bursche».

Heiterer Auftakt

A beginnt mit der Kurve, endet bei C; C und B rücken nach und B beginnt von neuem die Kurve. So läuft jeder einmal oder mehrmals die Kurve, während der Stützpunkt D stehenbleibt. Armhaltung von A, B und C beim Laufen: heiter; stillstehend: leicht. Stützpunkt D: heiter. Musik in Dur

#Bild s. 65b

Tragischer Auftakt (später: Elegischer Auftakt)

A beginnt mit der Kurve, endet bei C; C und B rücken nach und B beginnt die Kurve von neuem; und so fort, während der Stützpunkt D stehen­bleibt. Armhaltung von A, Bund C beim Schreiten der Form: A: i 0 u; B: a i o; C: a a a; A: e a 0; B: e a o; C: e a o;

Stützpunkt D: Trauer = die bis dahin bekannte in Bottmingen gegebene Geste.

Musik in Moll

#Bild s. 65c

Diese beiden Auftakte wurden immer mit der für sie von Leopold van der Pals komponierten Musik aufgeführt oder geübt.

FLOTTE BURSCHE


Klare Lüfte, rasche Glieder,

Helle Blüten, edle Weine,

Lose Mädchen, knappe Lieder,

Witze, göttlich ungemeine -

Alles reißt mich hin zur Wonne,

Mag es auch im Beutel stocken;

Unwillkürlich lacht die Sonne

Und der Mond ist ganz erschrocken!

Ist die Blonde nicht bei Laune,

Wend' ich kühn mich an die Schwarze,

Lustig werb' ich um die Braune,

Fällt die Schwarze durch die Parze.

Wenn ich voll des Blanken wanke,

Stütz' ich mich aufs Faß des Roten;

Macht kein Fiedler mir's zu Danke,

Pfeif' ich mir nach eignen Noten.

Nichts vom Priester, nichts vom Gotte,

Nichts von Schranzen oder Schranken,

Nichts von Höll' und Höllenrotte,

Nichts von Kranken und Gedanken!

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Vor dem Ernste rasch vorüber,

Mit der Glatze noch zur Hatze!

Aber geht es einst hinüber,

So geschieht's mit einem Satze.


DÜSTERE BURSCHE

Hat sich je das große Ganze

Meines Teiles angenommen?

Ist mir aus des Lebens Tanze

Je ein Freudenstrahl erglommen?

Hat die Menschheit hold und sinnig

Mich in ihren Kranz gewunden?

Lebt ein Herz, das warm und innig

Meine Seele durchempfunden?

Wenn ich strebte, wenn ich wagte,

Mochte mich die Welt belohnen?

Wenn ich trauerte, verzagte,

Mich ermuntern oder schonen?

Starrten, die mir Mut empfohlen,

Nicht zur Tat hinauf wie Laffen?

Die mich schmähten unverhohlen,

Haben sie gewirkt, geschaffen?

Wenn ich zu verschmachten meinte,

Lud ein Prasser mich zu Tische?

Wenn ich vor Altären weinte,

Sprang ein Engel aus der Nische?

Wenn ich drum entfremdet wandle

Zwischen Schatten, unter Trümmern

Und dem Teufel mich verhandle,

Hat sich jemand drum zu kümmern?

Fercher von Steinwand

#TI

DREITEILIGER AÜFTAKT

für Balladen oder Gedichte ernster Natur

#TX

1. Schicksalsfrage oder Naturstimmung,

2. Verinnerlichung,

3. Elegische Lösung

#Bild s. 66

Von der 1. zur 2. Form die Laute: B M D N R L.

2. Form: Stehend in der E-Geste der Unterarme, nur mit den Händen die Far­ben: Weiß, Gelb, Rot, Grün; dreimal wechselnd.

Beim Übergang von Form 1 in Form 2 stehen die beiden Seitenfiguren so nahe beieinander (siehe Zeichnung), daß sie vor Beginn der Form 3 stumm in das gleichseitige Sechseck rücken müssen.

3. Form: die Kurve nach innen wird nacheinander gelaufen; jeweils in sechs langsamen Schritten mit der Fortsetzung der Konsonanten der menschlichen

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Evolution: G Ch F S H T. Es kann diese Reihe gewählt werden; es können aber auch andere Laute oder Seelengesten sein. Zum Beispiel: Trauer, Ver­zweiflung, innig und so weiter.

Man kann die drei Auftakte auch zwischen den Strophen eines Gedichtes eurythmisieren, wenn es geeignet erscheint.

Zu Thus, der alten Perserstadt,

Erblühte hoch ein Dichter,

Gequält auf jedem Lebenspfad

Von neidischem Gelichter,

Mehr angebellt als anerkannt

Folgt er dem innern Triebe

Und dichtete für Vaterland,

Für Männerruhm und Liebe.

Belohnen will ihn gern der Schah,

Denn er ist arm geboren.

Verleumderbrut, dem Throne nah,

Ist gegen ihn verschworen;

Sie wendet schlau des Mächt'gen Sinn -

Es wird ihm vorenthalten

Der schon versprochene Gewinn

Durch seiner Feinde Walten.

Spät bringt die Wahrheit vor den Thron

Ein muterfüllter Richter.

«Man reiche den verdienten Lohn

Dem schwergekränkten Dichter!»

Dies ruft der Schah - Trabanten ziehn

Nach Thus mit seinem Solde.

Schon sehen sie die Türme glühn

Im Abendsonnengolde.

Der Schnellste eilet durch das Tor;

Da ruft ein Bürger: «Weiche!»

Es tritt ein großer Zug hervor

Und trägt des Dichters Leiche.

IV Dornach, 21. August 1915

KOSMISCHER AUFTAKT

#Bild s. 67

I geht zu II

II geht zu I

III geht zu IV

IV geht zu III

Vgehtzu VI

VI geht zu V

VII geht zu VIII

VIII und IX laufen in entgegengesetzter Richtung Spiralen

Es sind sieben Bewegungen; hinzu kommt die Bewegung des Mittelpunktes und die des Rechtsstehenden. Die Vorwärtsbewegung geschieht dadurch, daß VIII nicht auf den Platz von VII geht, sondern wie hinausgeschleudert in einer spiraligen Bewegung Neues sucht und dadurch I, II, III, IV, V weiterzieht. Das Zentrum, IX, bewegt sich gleichzeitig mit VIII, aber in entgegengesetzter Richtung und endet wieder auf dem eigenen Platz. VIII und IX können alle möglichen Spiralschleifen und Spiralkreise ausführen.

Das Ganze kann beliebig oft wiederholt werden.

#SE277a-068

Dieses ist eine typische Ätherwelle und sollte sich, in sich kreisend, in Formen im Raume weiterbewegen.

#Bild s. 68a

V Dornach, 23. August 1915, vormittags

Das gesprochene Wort erscheint am Menschen

Der Ton erscheint durch den ganzen Menschen

#Bild s. 68

#SE277a-069

Für alle Tonleitern den Kreis in zwölf Teile gliedern.

Die Oktaven werden auf verschiedenen Stufen ausgeführt; die Pausen durch Zurücktreten ausgedrückt.

#Bild s. 69

VI Dornach, 23. August 1915, nachmittags

#TI

DER MAKROKOSMISCHE TANZ

#TX

Rudolf Steiner las zu Beginn dieser Stunde diese von ihm für die Eurythmie geschaffene Dichtung vor. Der strenge dreigliedrige Aufbau bringt jeweils in der ersten Strophe Liebe, in der zweiten Sehnsucht und in der dritten Ruf zum Ausdruck. In der ersten und zweiten Strophe wiederholt sich zuerst in äußer­licher, dann in innerlicher Weise die Frage, um in der dritten Strophe die Ant­wort zu bringen.

PLANETENTANZ

Es leuchtet die Sonne - Liebe Es funkeln die Sterne - Liebe

Was traget ihr Strahlen Was breitet das Glänzen

Zu Blüten und Steinen Aus Weiten zur Mitte

So machtvoll daher? Enthüllend daher?

Es webet die Seele - Sehnsucht Es fraget der Mensch - Sehnsucht

Was hebet das Leben Was rätselt im Innern

Aus Glauben zum Schauen Aus bänglichem Streben

So sehnend hinauf? Zum Wissen sich hin?

O suche, du Seele, Ruf So lenke, du Mensch, Ruf

In Steinen den Strahl, Zur Weite dich selbst,

In Blüten das Licht - Zur Mitte das Sein -

Du findest dich selbst. Du findest den Geist.

Es blauet der Himmel - Liebe Es waltet die Nacht - Liebe

Was sendet die Tiefe Was dämpfet die Wesen

Aus Fernen zur Erde In endlosem Raum

Geheimnisvoll her? Zu lastendem Nichts?

Es wirket der Geist - Sehnsucht Es weset das All - Sehnsucht

Was schaffet der Starke Was waltet, sich hüllend

Aus wollendem Sein Im Dunkel der Gründe,

Zur scheinenden Kraft? Verborgen atmend?

So lenke, o Geist, Ruf Es ahnet des Geistes Ruf

Zur Ferne den Blick, Erbrennendes Dursten

Zur Tiefe dich selbst - In Welten die Wesen,

Du findest die Welt. In Wesen die Welten.

#SE277a-070

Die Sonne beschreibt den äußeren Kreis; der Mond in entgegengesetzter Richtung den inneren Kreis; die Planeten pendeln in gleicher Richtung auf dem mittleren Kreis in Halbkreisen hin und zurück.

#Bild s. 70a

Die Sonne eurythmisiert Vokale und Konsonanten der ersten Zeile jeder Strophe; die beiden Planeten Vokale der zweiten und dritten Zeile nacheinan­der; der Mond Vokale und Konsonanten der vierten Zeile.

Jeder Darsteller führt alle apollinischen Formen seiner Zeile aus.

Oder:

Außenkreis = Sonne oder Tierkreis, eine Person oder zwölf Personen: alle Wortformen. Jeweils die erste Verszeile nacheinander durch eine Person: Vokale und Konsonanten.

Mittelkreis = Zwei Planeten, oder soviel Personen wie Verszeilen; nicht mehr als fünf zwischen Sonne und Mond = Sieben: Vokale.

Innenkreis = Mond, eine Person, die letzte Verszeile: Vokale und Konso­nanten.

Wenn zwölf den Außenkreis = Sonnenkreis oder Tierkreis darstellen, so eurythmisiert der erste die Konsonanten der ersten Zeile der ersten Strophe, der zweite Vokale der ersten Strophe stehend. Bei der zweiten Strophe euryth­misiert der zweite Konsonanten und der dritte Vokale und so weiter, so daß alle Laute zum Ausdruck kommen.

VII Dornach, 24. August 1915

#TI

DER TIERKREIS

#TX

Ein zwölfstrophiges Gedicht kann man nun so ausführen, daß durch zwölf Dar­steller ein Tierkreis gebildet wird, darinnen sieben Planeten durch sieben Dar-steller.

#Bild s. 70b

Es treten auf: Das Abgehen geschieht in umgekehr­ter Folge:

1. Mond 1. Merkur mit Wassermann u. Schütze

2. Saturn mit Widder und Waage 2. Venus mit Fische und Skorpion

3. Jupiter mit Stier und Jungfrau 3. Sonne mit Krebs und Steinbock

4. Mars mit Zwillinge und Löwe 4. Mars mit Zwillinge und Löwe

5. Sonne mit Krebs und Steinbock 5. Jupiter mit Stier und Jungfrau

6. Venus mit Fische und Skorpion 6. Saturn mit Widder und Waage

7. Merkur mit Wassermann u. Schütze 7. Mond

71

Dann eurythmisiert jedes Sternbild seine Strophe. Widder beginnt; die Pla­neten in folgender Reihenfolge: Sonne, Venus, Merkur, Mars, Jupiter, Saturn, Mond eurythmisieren jeder eine Verszeile. Die Planeten, wenn möglich auch die Tierkreisbilder, halten ihre Schlußgebärde. Die Sonne beschreibt bei jeder der zwölf Strophen ihren ganzen Kreis, ihre Schlußgebärde haltend und am Ende jeder Strophe alle Planeten in das nächste Sternbild mitnehmend. Zu be­achten ist, daß sich stets nur die fünfte Jupiter- und sechste Saturn-Verszeile reimen. Diese beiden vom Mittelpunkt am weitesten entfernten Planeten halten sich dadurch gegenseitig. Rudolf Steiner sprach hier von dem kosmischen Ur­sprung des Reimes.

Es sei noch darauf hingewiesen, daß Rudolf Steiner 1915 keinerlei weitere Angaben für die Darstellung der «Zwölf Stimmungen» machte; doch betonte er, daß es sich bei dem Umgang der Sonne um den Tagesablauf handelt: Wid­der = Sonnenaufgang, Krebs = Mittag, Löwe = drei Uhr nachmittags. Auch dieser Tag begann damit, daß Rudolf Steiner das ganze Gedicht vorlas.

Vorangehen kann der Darstellung der Kosmische Auftakt.

ZWÖLF STIMMUNGEN

Erstehe, 0 Lichtesschein, (Sonne)

Erfasse das Werdewesen, (Venus)

Ergreife das Kräfteweben, (Merkur)

Erstrahle dich Sein-erweckend. (Mars)

Am Widerstand gewinne, (Jupiter)

Im Zeitenstrom zerrinne. (Saturn)

O Lichtes schein, verbleibe! (Mond) WIDDER

Erhelle dich, Wesensglanz,

Erfühle die Werdekraft,

Verwebe den Lebensfaden

In wesendes Weltensein,

In sinniges Offenbaren,

In leuchtendes Seins-Gewahren.

O Wesensglanz, erscheine! STIER

Erschließe dich, Sonnesein,

Bewege den Ruhetrieb,

Umschließe die Strebelust

Zu mächtigem Lebewalten,

Zu seligem Weltbegreifen,

Zu fruchtendem Werdereifen.

o Sonnesein, verharre! ZWILLINGE

Du ruhender Leuchteglanz,

Erzeuge Lebenswärme,

Erwärme Seelenleben

Zu kräftigem Sich-Bewähren,

Zu geistigem Sich-Durchdringen,

In ruhigem Lichterbringen.

Du Leuchteglanz erstarke! KREBS

Durchströme mit Sinngewalt

Gewordenes Weltensein,

Erfühiende Wesenschaft

Zu wollendem Seinentschluß.

In strömendem Lebensschein,

In waltender Werdepein,

Mit Sinngewalt erstehe! LÖWE

Die Welten erschaue, Seele!

Die Seele ergreife Welten,

Der Geist erfasse Wesen,

Aus Lebensgewalten wirke,

Im Willenserleben baue,

Dem Weltenerblüh'n vertraue.

0 Seele, erkenne die Wesen! JUNGFRAU

Die Welten erhalten Welten,

In Wesen erlebt sich Wesen,

Im Sein umschließt sich Sein.

Und Wesen erwirket Wesen

Zu werdendem Tatergießen,

In ruhendem Weltgenießen.

0 Welten, traget Welten! WAAGE

#SE277a-072

Das Sein, es verzehrt das Wesen,

Im Wesen doch hält sich Sein.

Im Wirken entschwindet Werden,

Im Werden verhatret Wirken.

In strafendem Weltenwalten,

Im ahndenden Sich-Gestalten.

Das Wesen erhält die Wesen. SKORPION

Das Werden erreicht die Seinsgewalt,

Im Seienden erstirbt die Werdemacht.

Erreichtes beschließt die Strebelust

In waltender Lebenswillenskraft.

Im Sterben erreift das Weltenwalten,

Gestalten verschwinden in Gestalten.

Das Seiende fühle das Seiende! SCHÜTZE

Das Künftige ruhe auf Vergangenem.

Vergangenes erfühle Künftiges

Zu kräftigem Gegenwartsein.

Im inneren Lebenswiderstand

Erstarke die Weltenwesenwacht,

Erblühe die Lebenswirkensmacht.

Vergangenes ertrage Künftiges! STEINBOCK

Begrenztes sich opfere Grenzenlosem.

Was Grenzen vermißt, es gründe

In Tiefen sich selber Grenzen:

Es hebe im Strome sich,

Als Welle verfließend sich haltend,

Im Werden zum Sein sich gestaltend.

Begrenze dich, o Grenzenloses. WASSERMANN

Im Verlorenen finde sich Verlust,

Im Gewinn verliere sich Gewinn,

Im Begriffenen suche sich das Greifen

Und erhalte sich im Erhalten.

Durch Werden zum Sein erhoben,

Durch Sein zu dem Werden verwoben,

Der Verlust sei Gewinn für sich! FISCHE

#TI

DAS LIED VON DER INITIATION

Eine Satire*

#TX

Die Augen leuchten ihm helle,

Im Kopfe stolpert sein Denken,

Vom Glück des Sinnens ganz berauscht.

Im Sturme folgt er der Erinnerung

Des wunderbaren Traumes,

Der Blüte des Erkenntnisbaumes,

In mystisch schwüler Nacht erlebt. WIDDER

Schon spukt im wirren Hirne,

Possierlich grüblerisch verträumt,

Vom Herzen aus mit Wohlgefühl begleitet

Im Traumgaloppe geisterwärts

Gewichtig Schauen, kühn erspähend,

Wie aus dem Kosmos, deudich krähend,

Ein Geisterchor sich offenbaret. STIER

Entrissen fühlt das helle Ich

Dem Denken sich, das physisch nur,

Und drum vom hohen Geistestrieb

Mit einem Seelentritte mächtig

Vom Pfade edien Strebens

Und kosmisch hohen Lebens

Wird kühnlich weggeschmissen. ZWILLINGE

Ganz aus dem Leibe fühlt sich schon,

Durch Geistesboten recht geführt,

Durch Geistesliebe wohigepflegt,

Von weiser Torheit stark gestoßen,

Der Seele dunkles Schauen

In den weiten Geistesauen

Ganz kosmisch geistgenährt. KREBS

*Rudolf Steiner las diese satirische Dichtung am 29. August vor; sie wird hier des inneren Zusammenhanges wegen eingereiht.

#SE277a-073

Was wirkt so mächtig wundersam

Gedankenlos und geistesträchtig,

Von Weltenliebe prächtig triefend,

Im kühnen Herzen ihm so ahnungsvoll?

Er ist zum Löwengrade

Auf dem steilen Wissenspfade

Ja klärlich nun schon vorgedrungen. LÖWE

Nun muß er auch empfangen

Aus Weitgedanken würdevoll,

Aus Weltenliebe gnadereich,

Mit zuckendem Geistesblitz,

Aus der hierarchischen Region

Die hohe Seelen-Initiation

Ganz ungeteilt und tief. JUNGFRAU

Er lebt nun schon in Harmonie

Mit aller Weltenklarheit.

Empfinden kann in seinem Herzen er

Die Schwungkraft aller Wahrheit.

In sich fühlt er die Weltenwaage,

Auf der des Daseins Rätseifrage

Von Geistern abgewogen steht. WAAGE

Da zwickt und zwackt es ihn.

«Des Geistes Prüfung» findet er,

«Scheint mir dies Prickeln in dem Leibe.»

«Der Stich, der trifft ihn sicher!»

So grinst verständig jetzt ein Ungelehrter,

Ein gänzlich mystisch Unverkehrter -

Den Mysterien ganz frech entgegen. SKORPION

Er aber hat in Weltennacht erkannt,

Wie doch Homer und Sokrates, Goethe auch,

In seines Iches Wesensgründen

Die schärfsten Seelenpfeile schossen, -

Und ihre unverfälschte Menschenwesenheit

Verkörpert wie mit Selbstverständlichkeit

In ihm zu neuer Daseinsgröße sich. SCHÜTZE

« Erfühist du denn Homers Genie

In deinem Denken stark sich regen?»

«0, regt es sich, ich liebt es nicht»,

So sprach mit spitzer Rede

Der Eingeweihte, «das wäre Maya-Streben.

Homer will in meinem gegenwärt'gen Leben

All sein Genie im Mystenschlafe pflegen!» STEINBOC K

«Dir fehlt, 0 mystisch umgeformter Sokrates,

Vom klügsten Griechen jede Spur.

Dazu bist du so eitel, wie er weise war.»

«Erdrücke Lästerrede!», sagt der Myste,

«Nichts zu wissen, liebte ich als dieser Mann...

Und da ich jetzo gar nichts weiß und kann,

Erfühl ich dieses Leben ganz sokratisch-mystisch.»

WASSERMANN

«Und welcher Sonnenstrahl von Goethe,

Als Bote führt er deine Seele

Zum Reifen hoher Wissenstriebe?»

Der Seher greift zum schärfsten Redepfeile.

«Es schuf», so sagt er, «Goethe viel zu helle.

Drum träum ich Goethes hohe Kunst und wähle

Des Schlafes Tiefen mir zum Arbeitsfeld. » FISCHE

Der Aufbau der Dichtung entspricht dem der «Zwölf Stimmungen», nur ist dabei zu berücksichtigen, daß jede zweite Verszeile der zwölf Strophen dem Planeten Merkur und die dritte dementsprechend dem Planeten Venus zugeordnet ist. Rudolf Steiner bemerkte dazu: «Daß hier Merkur der zweite ist, merkt man daran, daß der zweite immer der Frechste ist.»

Merkur und Venus wechseln nur die Reihenfolge, nicht die Plätze.

#SE277a-074

#Bild s. 74a

Die Achse steht etwas schräg. Der Widder steht da, wo regulär der Stier steht. Während die Sonne wieder bei jeder Strophe einmal ihren Kreis be­schreibt und ohne die Planeten zum nächsten Tierkreisbild weitergeht, bleiben die Planeten während der zwölf Strophen zurück. Zum Beispiel geht Saturn nur anderthalb Tierkreisbild weiter; es endet also:

Saturn zwischen Stier und Zwillinge,

J upiter zwischen Krebs und Löwe,

Mars zwischen Jungfrau und Waage,

Venus zwischen Skorpion und Schütze,

Merkur zwischen Steinbock und Wassermann,

Sonne endet bei den Fischen.

Die Entstehung der Sprache

Über die Entstehung der Sprache gibt es in der Wissenschaft zwei Theorien:

1. Die Wau-Wau-Theorie (Max Müller): Die Sprache sei durch Nachahmung der Umwelt entstanden.

2. Die Bim-Bam-Theorie; wie die Glocke einen Ton in sich hat, hat jeder Mensch die Sprache in sich. Man muß den Ton nur anschlagen. [,n dem öffentlichen Vortrag, Berlin, 20. Januar 1910 «Die Geisteswissenschaft und die Sprache», hat Rudolf Steiner diese Gedanken ausführlich auseinander­gesetzt und begründet.]

Wir aber müssen in tieferen Gründen forschen. Die Sprache ist aus beidem entstanden: aus der Nachahmung und aus dem, was der Mensch in sich trägt. Die Eurythmie ist wirklich eine Sprache. Jetzt sind die Sprachen ahrimanisch geworden. Früher konnte man den Laut bilden, nachdem eine Bewegung ge­macht worden war. Die eurythmische Bildung der Laute ist aufzufassen als eine Nachahmung der Gebärden der Sprachorgane. Das ist das Weltgemäße daran.

#Bild s. 74b

#SE277a-075

Das Beugen: Jedes Beugen entnimmt von außen aurische Kraft und läßt sie nach innen einfließen. In der uns umgebenden Aura entsteht Verdunkelung. Beim Beugen wird Lebenskraft im Innern verbraucht; die von aussen herein-strömende aurische Kraft verbraucht den Menschen. Er verbrennt innerlich, wenn er immer beugt. Dem Beugen, dem In-sich-Aufnehmen des Aurischen, entspricht das In-die-Hand-Nehmen von etwas Lebendigem, zum Beispiel einem Zweig oder einem gegabelten Stab.

#Bild s. 75a

Beugen: Lebenskraft verbraucht mich.

Merkurstimmungen ausdrücken mit einem Zweig oder gegabelten Stab.

Besonders starke Stimmungen werden mit dem Stab ausgedrückt. Alles, was die Knospe nachahmt, kommt dem Stabe gleich. Dies ist in die Architektur übergegangen. Es entstand daraus die Säule.

In früheren Zeiten, bei Darstellungen kosmischer Zusammenhänge mit dem Menschen, trug abwechselnd eine Gestalt eine Knospe, die andere einen Zweig.

Strecken entläßt Lebenskraft.

Beugen: Lebenskraft verbraucht mich.

VIII Dornach, 25. August 1915

#TI

KOMPOSITION NACH GRUNDINHALTEN

und Größe und Richtung der Bewegung

#TX

Wir müssen einige Dinge sorgfältig beachten. Die Gebärde muß groß oder klein gestaltet werden. Sehr verschieden können nun Gedichte eurythmisiert werden, wenn man sie nach ihren Grundinhalten einteilt: 1. Gedanken, 2. Ge­fühle, 3. Willensimpulse.

#Bild s. 75b

#SE277a-076

2. Gefühle

Man stelle sich nun den Menschen vor, eine Ebene vor sich und eine Ebene hinter sich erlebend.*

Der Schmerz wird vor dieser Ebene erlebt, die Freude hinter dieser Ebene. Aller Schmerz ist okkult innerlich; aller Schmerz bewirkt Zusammenkramp­fung; innerlich.

Alle Freude bewirkt Erweiterung; äußerlich.

Die Steigerung ins Schmerzliche geschieht durch Bewegungen in kleinen Intervallen, durch Gebärden von hinten nach vorne.

Die Steigerung ins Freudige geschieht durch Gebärden von vorne nach hinten und nach oben.

Trauer wird durch Gebärden nach unten ausgedrückt.

Man unterscheidet:

a) Schmerz = Haltung nach vorne. Die Bewegungen immer von außen

nach innen, auch sich verengend nach unten.

Freude = Haltung nach hinten. Die Bewegungen nach oben schmal.

b) Erwartung = Haltung nach vorne. Breit und sehr weit nach vorne; mehr gestreckte Bewegungen und Hände offen.

Erfüllung = Haltung nach hinten. Die Bewegungen in der Mitte und möglichst weit nach hinten.

c) Spannung = Haltung nach vorne. Schmal nach vorne gestreckt, aber die Bewegungen nach innen.

Entspannung = Haltung nach hinten. Breit nach unten und nach hinten. Die Bewegungen auch weit, mehr passiv.

* Bei der Darstellung der Laute handelt es sich darum, daß wir mit unseren Armen und Händen die im Kehlkopf und seinen Nachbarorganen wie verzauberten Bewe­gungen und Bewegungs-Absichten zur Sichtbarkeit bringen, entzaubern. Nun ist es aber so, daß der Kehlkopf dieser dort wie verzauberte Mensch im Kleinen, nicht

nur in sich diese Bewegungen ausführt, sondern er möchte auch sich selbst im Raume bewegen, er möchte im Raume tanzen. Und wenn er nun weit, weit vorne, ganz ge­streckt und eng und schmal sich bewegen möchte, dann gibt das der Stimme den Timbre der Spannung, und wenn er wie erschlafft, breit nach hinten, unten zurück­weichen möchte, so entsteht in der Stimme der Timbre der Entspannung. Wenn er sich aber vorne im Raum offen, wie empfangend, bewegen möchte, dann kommt der Timbre der Erwartung in die Stimme, und sein Wunsch groß, strahlend, weit, hoch, über, sogar hinter dem Kopf zu tanzen, gibt der Stimme den Timbre der Erfüllung.

L. M.-S.

3. Willensimpulse

Liebe und Haß

Die Gebärde für Liebe findet ihren Ausdruck durch Bewegungen, welche von außen nach innen gehen.

#Bild s. 76

Die Bewegungen müssen charakteristisch gemacht werden. Das heißt, die Bewegungen für Liebe werden weich und liebevoll umfassend, wie zum Bei­spiel beim Bilden des 0, ausgeführt.

Haß wird durch nach außen und nach hinten abstoßende Bewegungen aus­gedrückt.

Es ist außerdem darauf zu achten, von wo, aus welcher Richtung die Be­wegung ausgeht, woher sie kommt.

Es gibt sich durchkreuzende Einteilungen. Das heißt, alle diese verschie­denen Impulse und Gesichtspunkte, diese inneren Regungen greifen oftmals ineinander, wodurch die mannigfaltigsten Zusammenstellungen zum Ausdrück gebracht werden können.

Vier Gesichtspunkte für den Text

Außerdem können wir den Text noch unter vier Gesichtspunkten betrachten:

Ruf Den Oberkörper zurückwenden.

Frage Den Oberkörper seitwärts, nach rechts wenden.

Mitteilung Den Oberkörper etwas nach vorne wenden.

Erkenntnis Den Oberkörper etwas gekrümmt haben.

Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

Es kommt auch in Betracht, ob sich der Text bezieht auf:

Vergangenheit Der Körper ist in sich zusammengeschoben .

#SE277a-077

Gegenwart Der Körper befindet sich in Normalstellung.

Zukunft Den Körper möglichst ausdehnen, auf Zehen­spitzen stehen.

Für Urzustände in der griechischen Mythologie: Zusammengekauert sein. Beispiel: Parzenlied aus «Iphigenie».

MÄDCHEN AM UFER

Weh: vorn Am Ufer steh' ich

Mit kaltem Weh,

Erwartung: vorn Hinüber seh' ich

Zum Dörfchen am See.

Freude: hinten Die Muntere lenkt

Gegenwart Sein Haus und Herz,

Der Wackere denkt

An keinen Schmerz.

Steigerung der Im jauchzenden Schwarme

Freude: hinten, oben Kam er vorüber,

Übergang zur An ihrem Arme

Vergangenheit Zur Kirche hinüber.

Vergangenheit Ich konnt' ihm nicht sagen,

Übergang zum leisen Was ich empfand,

Schmerz: vorn Durft's niemand klagen,

Wie mich's umwand.

Steigerung des Vom schüchternen Wähnen,

Schmerzes Vom heimlichen Lieben,

Viel weiter nach vorn Die Qual der Tränen

Gegenwart Ist mir geblieben.

Erfüllung: rück- Die Welle dehnt sich

wärts Um meinen Fuß,

Steigerung in der Die Welle nur sehnt sich

Enttäuschung Nach meinem Kuß.

Fercher von Steinwand

IX Dornach, 26. August 1915

#TI

HELL UND DUNKEL

als Stimmung und Empfindungsgehalt der Laute

#TX

Nun muß man versuchen, gewisse Licht- und Farbenunterschiede in den Formen und Bewegungen zu machen, gewisse Unterschiede zwischen Hell und Dunkel. Solche Unterschiede sind uralt. Wir empfinden zwischen Hell und Dunkel heute nur noch einen Lichtunterschied. Das Helle ist zurückzuführen auf gewisse Empfindungen, welche die schöpferischen Hierarchien in ver­gangenen planetarischen Zuständen gehabt haben. Und das, was wir heute als Freude empfinden, wird man auf dem Jupiter als Helligkeit erleben, was wir Schmerz nennen, wird auf dem Jupiter als Dunkelheit erscheinen.

Man versuche jedes Strecken als hell zu empfinden.

Man versuche jedes Zusammenziehen als dunkel zu empfinden.

#Bild s. 77

Wiegenlied

Singet leise, leise, leise,

singt ein flüsternd Wiegenlied,

von dem Monde lernt die Weise,

der so still am Himmel zieht.

Singt ein Lied so süß gelinde,

wie die Quellen auf den Kieseln,

wie die Bienen um die Linde

summen, murmeln, flüstern, rieseln.

Clemens Brentano

#SE277a-078

Wenn ich die gestreckte Hand nach außen öffne, so gehen die Farbnuancen von grün über gelb nach rot. Während, wenn ich die gestreckte Hand nach innen schließe, gehen die Schattierungen über blau,indigo, violett nach schwarz. In der Mitte, also zwischen blau und gelb, ist grün. Weiß: die Stellung von grün auf und ab bewegen und die Finger rasch spreizen. Folgende Farbskala nach einer Skizze von Rudolf Steiner:

#Bild s. 78a

Die Lebensstimmungen in den Farben erleben.

Das Sehnsüchtige = blauviolett = violett, indigo, blau.

Das Zornige, Mutige = rotgelblich = gelb, orange, rot.

Das Wagnerisch-Pedantische (Faust I) = grün.

X Dornach, 27. August 1915

#TI

DARSTELLUNG AUF DREI STUFEN

Der mikrokosmische Tanz

#TX

In den eurythmischen Gebärden für Vokale und Konsonanten haben wir Nachbildungen, Nachahmungen des menschlichen Kopfes und Kehlkopfrs, der Stellungen zu sehen, welche die Organe beim Bilden der Laute einnehmen.

In nachstehender Aufstellung haben wir etwas, was in Wahrheit dem Bild des Mikrokosmos am nächsten kommt. In dieser Darstellung haben wir, was dem Organismus nahe steht, sie stellt die Sprache dar. Hier ist man dem Mikrokosmos am allernächsten, wie man im Planetentanz und im Tierkreis dem Makrokosmos am allernächsten steht. So ist der ganze Mensch, Kopf und Kehlkopf organisiert.

#Bild s. 78b

1. Stufe: Vokale, Diphthonge.

2. Stufe: Lippen- und Zahnlaute.

3. Stufe: Zungen- und Gaumenlaute.

Auf Stufe 1 werden alle Vokale gebildet, die wie von innen tönen. Außer­dem werden apollinische Formen ausgeführt, und zwar alle konkreten Wörter und Zeitwörter. Die Formen werden in der Aufstellung des Radius, die Zeit-wörter nur im Radius ausgeführt (1-3 Personen). Auf Stufe 2 werden alle Lippen- und Zahnlaute gebildet, außerdem alle Wörter, die im Stehen aus­gedrückt werden, alle Eigenschaftswörter, alle Verhältnis-, Verbindungs- und Empfindungswörter (2-3-6 Personen). Auf Stufe 3 werden alle Zungen- und Gaumenlaute gebildet. Außerdem alle runden Formen, wie Geistiges, geistig Anschaubares und Seelisches. (5-7 Personen in den Zwischenräumen der Auf­stellung von Stufe 2.)

#Bild s. 78c

#SE277a-079

Wenn man genau darauf achtet, bemerkt man den Unterschied zwischen dem r im Worte rollen und im Worte Freude, kurz klingend, und eine Schattie­rung von a im Worte Bursche =Bu(a)rsche. Das erste r = untere Stufe 3, das zweite r = mittlere Stufe 2. Man kann aber auch beide gleich behandeln.

Beispiele: «Himmelstrauer» von Nikolaus Lenau, «Sturmesmythe» von Nikolaus Lenau.

Spätere Angabe: Vor solchen Darstellungen kann die Ätherwelle, Kos­mischer Auftakt, eurythmisiert Werden.

HIMMELSTRAUER

Am Himmelsantlitz wandelt ein Gedanke,

Die düstre Wolke dort so bang, so Schwer;

Wie auf dem Lager sich der Seelenkranke,

Wirft sich der Strauch im Winde hin und her.

Vom Himmel tönt ein schwermutvolles Grollen

Die dunkle Wimper blinzet manches Mal, -

So blinzen Augen, wenn sie weinen wollen, -

Und aus der Wimper zuckt ein schwacher Strahl. -

Nun schleichen aus dem Moore kühle Schauer

Und leise Nebel übers Haideland;

Der Himmel ließ, nachsinnend seiner Trauer,

Die Sonne lässig fallen aus der Hand.

Aus «Haidebilder» von Nikolaus Lenau

STURMESMYTHE


Stumm und regungslos in sich verschlossen

Ruht die tiefe See dahingegossen,

Sendet ihren Gruß dem Strande nicht;

Ihre Wellenpulse sind versunken,

Ungespüret glühn die Abendfunken,

Wie auf einem Totenangesicht.

Nicht ein Blatt am Strande Wagt zu rauschen,

Wie betroffen stehn die Bäume, lauschen,

Ob kein Lüftchen, keine Welle wacht?

Und die Sonne ist hinabgeschieden,

Hüllend breitet um den Todesfrieden

Schleier nun auf Schleier stille Nacht.

Plötzlich auf am Horizonte tauchen

Dunkle Wolken, die herüberhauchen

Schwer, in stürmischer Beklommenheit;

Eilig kommen Sie heraufgefahren,

Haben sich in angstverworrnen Scharen

Um die stumme Schläferin gereiht.

Und sie neigen sich herab und fragen:

«Lebst du noch?» in lauten Donnerklagen,

Und sie weinen aus ihr banges Weh.

Zitternd leuchten sie mit scheuem Grauen

Auf das stille Bett herab und schauen,

Ob die alte Mutter tot, die See?

Nein, sie lebt! sie lebt! der Töchter Kummer

Hat sie aufgestört aus ihrem Schlummer,

Und sie springt vom Lager hoch empor:

Mutter - Kinder - brausend sich umschlingen,

Und sie tanzen freudenwild und singen

Ihrer Lieb ein Lied im Sturmeschor.

Nikolaus Lenau

#SE277a-080

XI Dornach, 28. August 1915

DAS TEMPO UND DIE PAUSEN

Es Wird ganz verschiedenes ausgedrückt, wenn der Gang bei einer Darstellung beschleunigt oder verzögert Wird, oder im Gleichmaß bleibt.

Beschleunigung drückt aus, daß man gegen etwas sich wehren, gegen etwas anstürmen Will: aktiv.

Verzögerung drückt aus, daß man vor etwas zurückweichen will, vor seelischem oder physischem Schmerz: passiv.

Gleichmaß drückt Zufriedenheit aus, Gleichmaß in sich.

Etwas anderes wird ausgedrückt, wenn man eine große Pause oder eine kleine Pause im Tanz und Text eintreten läßt.

Große Zwischenzeit drückt aus, daß man den Inhalt des Gespräches in sich halten möchte.

Kleine oder keine Pause drückt aus, daß man ihn von sich losbekommen möchte, sich davon befreien möchte.

Zurückweichen und doch bei dem Zeitwort vortreten, bedeutet: dulden.

#TI

Eurythmieaufführung

Sonntag, 29. August 1915

Zwei Gedichte Rudolf Steiners, eurythmisiert:

Planetentanz

Zwölf Stimmungen

XII Dornach, 30. August 1915

MERKURAUFTAKT

#TX

Der Darstellung des folgenden siebenten Bildes aus «Die Pforte der Ein­weihung» von Rudolf Steiner geht der Merkurauftakt voran. Dieser Auftakt eignet sich besonders für Darstellungen, in welchen eine Botschaft aus der geistigen Welt überbracht wird.

#Bild s. 80

Vereinfachte Form des Merkursiegels

Maria bewegt sich auf dem äußeren Kreis, die Vokale I U A, U Wie AU, sich berührend wie im Worte AUM, in Ruf- und Erkenntnisbewegungen bil­dend.

Zu gleicher Zeit läuft Philia die runden Formen, die Bahn der Maria beglei­tend, in I, oben, Astrid läuft die Strahlen hin und zurück in A, vor sich in der Mitte, und Luna führt die Windungen um die Strahlenform der Astrid, auch hin und zurück, in U, ganz unten, aus.

Darstellung der Devachanszene aus «Die Pforte der Einweihung», Siebentes Bild

#G277a-1982-SE081 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

Darstellung der Devachanszene

aus «Die Pforte der Einweihung», Siebentes Bild

#TX

Gedichte und Dramen können nun auf verschiedene Arten dargestellt werden. Häufig treten eine Hauptperson und drei untergeordnetere Personen auf, wel­chen stets ein oder mehrere Chöre hinzugefügt werden können, wie zum Bei­spiel im siebenten Bild aus «Die Pforte der Einweihung». Als Hauptperson tritt Maria auf, daneben Philia, Astrid und Luna als Chorführerinnen.

Maria bewegt sich in apollinischen Formen, die möglichst zusammengezo­gen werden, und bringt die Seelengesten Ruf, Sehnsucht und Mitteilung oder Erkenntnis in den Vokalen 1 U A zum Ausdruck. 1 als Ruf, U als Sehnsucht, sich berührend wie AU im Worte AUM, und A als Erkenntnis oder Mitteilung. Dadurch kann man eine sehr harmonische Ausarbeitung der Gestaltung für die Maria erreichen.

Philia sucht ihre Worte in Antwort-Erfüllungs-Bewegungen zu Maria zum Ausdruck zu bringen. Sie bewegt sich in apollinischen Formen und bildet mög­lichst oben alle Vokale; der sie begleitende Chor ergänzt die Konsonanten, die Gebärden ebenfalls nach oben in die Höhe führend.

Astrid drückt ihre Worte in Antwort-Erfüllungs-Bewegungen zu Maria aus, bewegt sich in apollinischen Formen und bildet ineinanderwebend Vokale und Konsonanten; ihr Chor ergänzt die übrigen Konsonanten, Gebärden vor sich in der Mitte.

Luna drückt ebenfalls ihre Worte in Antwort-Erfüllungs-Bewegungen ganz unten zu Maria aus, bewegt sich in apoffinischen Formen und bildet alle Kon­sonanten, dem Chor die Vokale überlassend.

Nach den Reden der Seelenkräfte eurythmisiert Maria in Ruf-Gebärden, die hier durch A ausgedrückt werden, zuerst oben, dann in der Mitte und zu­letzt ganz unten.

Philia, Astrid und Luna verhalten sich wie vorher.

Am Schluß wendet sich Maria in Erfüllungs-Bewegungen zu den drei Seelen-kräften. Formen und Laute wie vorher.

MARIA: Ihr, meine Schwestern, die ihr

So oft mir Helferinnen wart, } Ruf I

Seid mir es auch in dieser Stunde,

Daß ich den Weltenäther

In sich erbeben lasse. } Sehnsucht U

Er soll harmonisch klingen

Und klingend eine Seele } Erkenntnis A

Durchdringen mit Erkenntnis.

Ich kann die Zeichen schauen, } Mitteilung A

Die uns zur Arbeit lenken.

Es soll sich euer Werk } Ruf I

Mit meinem Werke einen.

Johannes, der Strebende,

Er soll durch unser Schaffen } SehnsuchtU

Zum wahren Sein erhoben werden.

Die Brüder in dem Tempel,

Sie hielten Rat,

Wie sie ihn aus den Tiefen } Mitteilung A

In lichte Höhen führen sollen.

Von uns erwarten sie,

Daß wir in seiner Seele heben } Sehnsucht U

Die Kraft zum Höhenfluge.

Du, meine Philia, so sauge

Des Lichtes klares Wesen

Aus Raumesweiten,

Erfülle dich mit Klangesreiz } Ruf I oben

Aus schaffender Seelenmacht,

Daß du mir reichen kannst

Die Gaben, die du sammelst

Aus Geistesgründen.

Ich kann sie weben dann } Mitteilung A oben

In den erregenden Sphärenreigen.

Und du auch, Astrid, meines Geistes

Geliebtes Spiegelbild,

Erzeuge Dunkelkraft

Im ffießenden Licht, } Ruf I Mitte

Daß es in Farben scheine.

Und gliedre Klangeswesenheit;

Daß webender Weltenstoff

Ertönend lebe.

So kann ich Geistesfühien

Vertrauen suchendem Menschensinn. } Mitteilung A Mitte

Und du, o starke Luna,

Die du gefestigt im Innern bist,

Dem Lebensmarke gleich, } Ruf I unten

Das in des Baumes Mitte wächst,

Vereine mit der Schwestern Gaben

Das Abbild deiner Eigenheit,

#SE277a-082

Daß Wissens Sicherheit

Dem Seelensucher werde. } Mitteilung A unten

PHILIA: Ich will erfüllen mich

Mit klarstem Lichtessein

Aus Weltenweiten,

Ich will eratmen mir

Belebenden Klangesstoff

Aus Ätherfernen,

Daß dir, geliebte Schwester,

Das Werk gelingen kann.

ASTRID: Ich will verweben

Erstrahlend Licht

Mit dämpfender Finsternis,

Ich will verdichten

Das Klangesleben.

Es soll erglitzernd klingen,

Es soll erklingend glitzern,

Daß du, geliebte Schwester,

Die Seelenstrahlen lenken kannst.

LUNA: Ich will erwärmen Seelenstoff

Und will erhärten Lebensäther.

Sie sollen sich verdichten,

Sie sollen sich erfühien,

Und in sich selber seiend

Sich schaffend halten,

Daß du, geliebte Schwester,

Der suchenden Menschenseele

Des Wissens Sicherheit erzeugen kannst.

MARIA: Aus Philias Bereichen Ruf A oben

soll strömen Freudesinn;

Und Nixen-Wechselkräfte,

Sie mögen öffnen

Der Seele Reizbarkeit,

Daß der Erweckte

Erleben kann

Der Welten Lust,

Der Welten Weh. -

Aus Astrids Weben Ruf A Mitte

Soll werden Liebelust;

Der Sylphen wehend Leben,

Es soll erregen

Der Seele Opfertrieb,

Daß der Geweihte

Erquicken kann

Die Leidbeladenen,

Die Glück Erflehenden. -

Aus Lunas Kraft Ruf A unten

Soll strömen Festigkeit.

Der Feuerwesen Macht,

Sie kann erschaffen

Der Seele Sicherheit;

Auf daß der Wissende

Sich finden kann

Im Seelenweben,

Im Weltenleben.

PRILIA: Ich will erbitten von Weltengeistern,

Daß ihres Wesens Licht

Entzücke Seelensinn,

Und ihrer Worte Klang

Beglücke Geistgehör;

Auf daß sich hebe

Der zu Erweckende Maria I oben,

Auf Seelenwegen

In Himmelshöhen. zuletzt A oben

ASTRID: Ich will die Liebes ströme,

Die Welt erwarmenden,

Zu Herzen leiten

Dem Geweihten;

Auf daß er bringen kann

Des Himmels Güte

Dem Erdenwirken Maria I Mitte,

Und Weihestimmung

Den Menschenkindern. zuletzt A Mittc

LUNA: Ich will von Urgewalten

Erflehen Mut und Kraft

#SE277a-083

Und sie dem Suchenden

In Herzenstiefen legen;

Auf daß Vertrauen

Zum eignen Selbst

Ihn durch das Leben

Geleiten kann.

Er soll sich sicher

In sich dann selber fühlen.

Er soll von Augenblicken

Die reifen Früchte pflücken Maria I unten,

Und Saaten ihnen entlocken

Für Ewigkeiten. zuletzt A unten

MARIA: Mit euch, ihr Schwestern,

Vereint zu edlem Werk,

Wird mir gelingen,

Was ich ersehne.

Es dringt der Ruf als Erkenntnis behandeln

Des schwer Geprüften

In unsre Lichteswelt.

So schafft man aus dem Spirituell-Realen heraus.

Eine Darstellung dieser Szene auf drei Stufen

Maria steht auf der obersten Stufe, die Seelenkräfte auf der mittleren und unteren. Maria bildet die Vokale I U A, U wie AU im Worte AUM, sich be­rührend, als Ruf, Sehnsucht, Mitteilung oder Erkenntnis zu empfinden, und führt alle apollinischen Formen aus.

#Bild s. 83

Geeignet für eine solche Art von Darstellung sind ebenfalls Szenen aus Dra­men von Äschylos und Sophokles, in denen die Chöre nicht aufgelöst sind. Auch vorkommende Opferhandlungen - « Das Totenopfer», zweiter Teil der Orestie (übersetzt von Hans von Wolzogen> - werden durch die Hauptperson ausgeführt. Die Hauptperson bildet Formen wie Maria. Die Dienerin inter­pretiert. Der Chor kann eingeteilt werden in Chor und Gegenchor. Die Chöre stehen dann vertieft, die Personen erhöht. Die Opferhandlung der Elektra zum Beispiel kann auch in den Lauten I UA und AU M ausgeführt werden. In Schillers «Braut von Messina » gibt es Szenen mit einer Haupt- und mehreren Neben­rollen. Auch in Goethes Gedichten zu Festspielen kann man die Künste um eine Mittelperson gruppieren, die dann auch selbst spricht. Ursprünglich sollte auch die Maria selbst sprechen; es ist aber nie in dieser Weise aufgeführt wor­den.

Bei Schiller ist Seelisches besonders gut, in Goethes Gedichten aus «Gott und Welt» besonders das Abstrakte und Konkrete zu verwenden.

Ferner eignen sich auch folgende drei Gedichte von Goethe für eine Darstellung auf drei Stufen. Bei dieser Einteilung sind die Angaben für die Darstellung des Ge­danklichen, 25. August 1915, zu berücksichtigen. Der übergeordnete Gedanke wird auf der obersten Stufe dargestellt, die untergeordneten auf der nüttleren und der unteren. «Gesang der Geister über den Wassern» wurde zu viert dargestellt, «Wand-rers Nachtlied» und «Ein Gleiches» zu dritt.

GESANG DER GEISTER ÜBER DEN WASSERN


Des Menschen Seele } oben I

Gleicht dem Wasser:

Vom Himmel kommt es, links 2

Zum Himmel steigt es, rechts 3

Und wieder nieder

Zur Erde muß es. } unten 4

Ewig wechselnd.

Strömt von der hohen

Steilen Felswand oben I

Der reine Strahl,

Dann stäubt er lieblich

In Wolkenwellen } links 2

Zum glatten Fels,

Und leicht empfangen, } rechts 3

Wallt er verschleiernd,

Leisrauschend, } unten 4

Zur Tiefe nieder.

#SE277a-084

Ragen Klippen } oben I

Dem Sturz entgegen,

Schäumt er unmutig links 2

Stufenweise rechts 3

Zum Abgrund. unten 4

Im flachen Bette

Schleicht er das Wiesental hin, unten 4

Und in dem glatten See links 2

Weiden ihr Antlitz

} oben I

Alle Gestirne.

Wind ist der Welle oben i

Lieblicher Buhler; links 2

Wind mischt vom Grund aus rechts 3

Schäumende Wogen. unten 4

Seele des Menschen, unten 4

Wie gleichst du dem Wasser! rechts 3

Schicksal des Menschen, links 2

Wie gleichst du dem Wind! oben I

WANDRER5 NACHTLIED

Der du von dem Himmel bist, oben I

Alles Leid und Schmerzen stillest, oben i

Den, der doppelt elend ist, links 2

Doppelt mit Erquickung füllest, rechts 3

Ach, ich bin des Treibens müde! links 2

Was soll all der Schmerz und Lust? rechts 3

Süßer Friede,

Komm, ach komm in meine Brust! oben I

EIN GLEICHES

Über allen Gipfeln

Ist Ruh, oben I

In allen Wipfeln

Spürest du links 2

Kaum einen Hauch; rechts 3

Die Vögelein schweigen im Walde. links 2

Warte nur, balde rechts 3

Rubest du auch. oben i

#Bild s. 84

#SE277a-085

#TI

3. Satirischer Auftakt, als Auftakt für humoristische Gedichte

Ganz nah, leben wir uns, suchen wir uns.

#TX

Die Wege der vorhergehenden Form der Reihe nach zurück:

3. Form: ganz nah - auseinander. 2. Form: leben wir uns - kreuzen.

1. Form: suchen wir uns - zum nächsten Platz im Viereck nach rechts.

#Bild s. 85

Bei der 2. Form läuft der erste i 1/2 Wege der Lemniskate, die anderen je 1/4 weniger bis zur Stellung lc, 2c, 3c, 4c: Wir fühlen uns nah. Bei der 3. Form laufen alle i 1/2 mal die Kreise bis zur Stellung ld, 2d, 3d, 4d: Wir kennen uns wohl, oder 2mal, auf jeden betonten Vokal einen Halbkreis. Diese Form wurde frontal gelaufen, die Worte immer zweimal gesprochen.

Hören, Sehen, Fühlen

Bei konkreten, abstrakten Substantiva und so weiter, ferner bei Gedichten mit vielen Zeitwörtern ist es gut, darauf zu achten, daß man einteilt in

das, was man hört: ausgedrückt durch große Bewegungen des Körpers = Formen, und der Glieder = Laute;

das, was man sieht: ausgedrückt durch kleine Körperbewegungen, trotzdem große Gliederbewegungen;

das, was man fühlt: ausgedrückt durch gemessene Körper- wie Glieder-bewegungen.

Goethe «Faust I»: Prolog im Himmel. Die drei Erzengel:

Raphael: Die Sonne tönt nach alter Weise Hören

In Brudersphären Wettgesang,

Und ihre vorgeschriebne Reise

Vollendet sie mit Donnergang.

Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke, Sehen

Wenn keiner sie ergründen mag;

Die unbegreiflich hohen Werke

Sind herrlich, wie am ersten Tag.

Gabriel: Und schnell und unbegreiflich schnelle Sehen

Dreht sich umher der Erde Pracht;

Es wechselt Paradieseshelle

Mit tiefer schauervoller Nacht;

Es schäumt das Meer in breiten Flüssen

Am tiefen Grund der Felsen auf,

Und Fels und Meer wird fortgerissen

In ewig schnellem Sphärenlauf.

Michael: Und Stürme brausen um die Wette, Hören

Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer,

Und bilden wütend eine Kette

Der tiefsten Wirkung rings umher.

Da flammt ein blitzendes Verheeren Sehen

Dem Pfade vor des Donnerschlags;

Doch deine Boten, Herr, verehren Fühlen

Das sanfte Wandeln deines Tags.

Zu Drei: Der Anblick gibt den Engeln Stärke, Sehen

Da keiner dich ergründen mag,

Und alle deine hohen Werke

Sind herrlich. wie am ersten Tag.

#SE277a-086

#Bild s. 86

Jede Kniebeuge: alles, was Erinnerung ist.

Auch durch Fußstellungen kann Seelisches ausgedrückt werden. Sie können zum Beispiel im Gehen angewendet werden, wenn ein Gefühl ins andere übergeht. Bei Gedichten im trochäischen Versmaß eignen sich mehr die Fuß-stellungen; bei Gedichten im jambischen Versmaß hingegen die Stellungen, welche in der Bewegung des Körpers liegen, die Seelengesten.

XV Dornach, 2.-4. September 1915

DIE REIME

Reim, Gleichklang; man unterscheidet:

1. Alliteration oder Stabreim. Stäbe = gleiche Anlaute, Wiederholung des gleichen Konsonanten. Zum Beispiel: Haus und Hof, Schimpf und Schande, hoch und hehr.

2. Assonanz oder Halbreim. Wiederholung des gleichen Vokales. Zum Bei­spiel: kurz und gut, Spott und Hohn.

3. Vollreim. Man unterscheidet:

männlicher oder stumpfer Reim: Tal - Mal, belauscht - vertauscht; weiblicher oder klingender Reim: Sterne - Ferne, Sonne - Wonne; gleitender oder daktylischer Reim: betrübende - übende, lebende - webende; reicher Reim, meist ein Ghasel:

Herr, den ich tief im Herzen trage, sei du mit mir,

Du Gnadenhort in Glück und Plage, sei du mit mir.

Emanuel Geibel

Ferner: reiner und unreiner Reim: Hügel-Zügel; Hügel- Spiegel

Verschränkte Reime

Gepaarter Reim: aa bb

Gekreuzter Reim: ab ab, cd cd

Umfassender Reim: ab ba, cd dc

Unterbrechender Reim: ab cb db cb

Prinzip der Reimformen:

Am Ende der Strophe müssen die Reime in der Gebärde dastehen. Der Laut des Reimes wird durchgehalten und beim nächsten Reimwort neu gebildet.

#SE277a-087

#TI

PROGRAMM

5. September 1915

#TX

Eurythmie

Spruch aus dem Seelenkalender R. Steiner

Gesang der Geister über den Wassern* J. W. v. Goethe

Himmelstrauer* Nikolaus Lenau

Wanderers Nachtlied* J. W. v. Goethe

Rezitation

Gedichte Chr. Morgenstern

* Diese Gedichte wurden auf dem zum ersten Mal benutzten dreistufigen Podium ausgeführt.

XVI Dornach, 6. September 1915

Alliterationen

Die Darstellung von Alliterationen ist am besten im Kreis, Halbkreis oder Trapez auszuführen.

Zum Beispiel stellen sich sechs Personen in einen Kreis. Von außen, aus dem «Chaos», kommt eine siebente und stellt sich mit der ersten Alliteration hinter den Platz von i I läuft den ersten Weg der Form im Kreis, stellt sich hinter 2 und wiederholt den ersten alliterierenden Konsonanten. 2 läuft die nächste Alliteration und stellt sich hinter 3 auf, und so weiter. Die Körper­haltung bleibt immer frontal. In der Mitte des Kreises können zwei Personen stehen, welche die Vokale eurythmisieren.

Bei der letzten Zeile des folgenden Textes geht der Kreis in die Aufstellung der Assonanz, also in eine Gerade über.

Ein Beispiel aus «Demiurgos», III. Teil, von Wilhelm Jordan

Da wallen und wogen Blendende Blitze

Die Wipfel des Waldes, Durchazucken im Zickzack

Da brausen die Bäume Die Wolkenwand,

Und beugen sich bange. Wie riesige Risse

Dahinter enthüllend

Mit schleunigen Schritten Verborgenen Brand.

Und hohlem Geheule

Wandelt die Windsbraut Dumpf dräuend

Rasend heran. Dröhnt der Donner,

Wenn er in weiten

Wulstige Wolken Fernen fortrollt.

Wälzen sich wachsend, Aber der Boden

Flammig zerflackernd, Bebt und selbst die

Hoch einher Sausende, starke

Und hüllen den Himmel Stimme des Sturmes

In düstres Dunkel Still verstummt

Feierlich furchtbar. Neben dem nahen Übergang zur

Wettergeschmetter. Assonanz

#Bild s. 87

#SE277a-088

#Bild s. 88

Bei der Assonanz stehen soviel Personen, als Assonanzen im Text vorhanden sind, zu Beginn in einer waagerechten Reihe. Für vorliegendes Beispiel stehen sechs Personen in einer Reihe; auf beiden Seiten je eine Person für die aus­fallenden Reime. Treten im Text zwei verschiedene Assonanzen auf, so stehen die gleichen Assonanzen auf der gleichen Seite; die erste Assonanz stellt sich in die Mitte vor die waagerechte, die zweite in die Mitte hinter die waage­rechte Reihe. Wo der Reim fehlt, bilden an beiden Seiten die -Personen den betreffenden Vokal. In der Mitte eurythmisieren eine oder zwei Personen die Konsonanten. Bevor eine neue Assonanz beginnt, schwingen alle wieder in ihre Anfangsaufstellung zurück.

Bei Gedichten mit anderen Reimformen kann der Reim zum Beispiel so dar­gestellt werden, daß sich soviel Personen, als Reime in einer Strophe vor­handen sind, aufstellen und folgendermaßen eurythmisieren:

#TI

Der gepaarte Reim: aa bb

HERBSTGEFÜHL

#TX

Grünen, Blühen, Duften, Glänzen,

Reichstes Leben ohne Grenzen,

Alles steigernd, nirgends stockend,

Selbst die kühnsten Wünsche lockend:

Ja, da kann ich wohl zerfließen,

Aber nimmermehr genießen;

Solche Flügel tragen weiter,

Als zur nächsten Kirschbaumieiter.

Doch, wenn rot die Blätter fallen,

Kühl die Nebelhauche wallen,

Leis durchschauernd, nicht erfrischend,

In den warmen Wind sich mischend;

Dann vom Endlos-Ungeheuren

Flücht' ich gern zum Menschlich-Teuren,

Und in einer ersten Traube

Sieht die Frucht der Welt mein Glaube.

Friedrich Hebbel

#SE277a-089

#Bild s. 8a9

Der gekreuzte Reim: ab ab

HERBSTBILD

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!

Die Luft ist still, als atmete man kaum,

Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,

Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

0 stört sie nicht, die Feier der Natur!

Dies ist die Lese, die sie selber hält,

Denn heute löst sich von den Zweigen nur,

Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.

Friedrich Hebbel

#Bild s. 89b

#SE277a-090

Ghasel

Die Schöpfung ist zur Ruh gegangen, o wach in mir!

Es will der Schlaf auch mich befangen, o wach in mir!

Du Auge, das am Himmel wachet mit Sternenblick,

Wenn mir die Augen zugegangen, o wach in mir!

Du Licht, im Äther höher strahlend als Sonn' und Mond;

Wenn Sonn' und Mond ist ausgegangen, o wach in mir!

Wenn sich der Sinne Tor geschlossen der Außenwelt,

So laß die Seel' in Sich nicht bangen, o wach in mir!

Laß nicht die Macht der Finsternisse, das Graun der Nacht,

Sieg über's inn're Licht erlangen, o wach in mir!

O laß im feuchten Hauch der Nächte, im Schattenduft,

Nicht sprossen sündiges Verlangen, o wach in mir!

Laß aus dem Duft von Eden's Zweigen in meinem Traum

Die Frucht des Lebens niederhangen, o wach in mir!

O zeige mir, mich zu erquicken, im Traum das Werk

Geendet, das ich angefangen, o wach in mir!

In deinem Schoße will ich schlummern, bis neu mich weckt

Die Morgenröte deiner Wangen, 0 wach in mir!

Friedrich Rückert

Das Ghasel, Lobgedicht: persische Form, besteht gewöhnlich aus einer be­liebigen Anzahl zweizeiliger Strophen. Der meist reiche Reim wird zuerst zweimal durch die Gebärde sichtbar gemacht, angeschlagen, und dann unter­brochen weitergeführt: aa, ba, ca und so weiter. Ein Ghasel kann zum Beispiel folgendermaßen dargestellt werden:

1 eurythmisiert die erste Zeile,

1 und 2 eurythmisieren die zweite Zeile,

1, 2 und 3 eurythmisieren die dritte Zeile,

1, 2, 3 und 4 eurythmisieren die vierte Zeile.

Der Text wird in der Ruhe oder mit apollinischen Formen ohne Wechsel der Stellungen dargestellt. Den Refrain: o wach in mir! eurythmisieren immer alle zusammen.

Bei diesem Gedichtbeispiel müßte nach je vier Zeilen wieder neu begonnen werden:

#Bild s. 90a

Oder: Es werden soviel Personen aufgestellt, als Reimwiederholungen vor­handen sind. Den ersten Reim eurythmisieren alle; mit jeder Reimwieder­holung verringert sich nach und nach die Anzahl der Ausführenden.

Sonett

Das Sonett ist eine dem Italienischen entlehnte Form. Es besteht aus zwei vierzeiligen und zwei dreizeiligen Strophen. Die Reimstellung ist in den ersten beiden Strophen: abba, abba; in den letzten beiden Strophen: aba, aba, oder abc, abc.

#Bild s. 90b

Aus «Geharnischte Sonette»

Der Mann ist wacker, der, sein Pfund benutzend,

Zum Dienst des Vaterlands kehrt seine Kräfte:

Nun denn, mein Geist, geh auch an dein Geschäfte,

Den Arm mit den dir eignen Waffen putzend-

Wie kühne Krieger jetzt, mit Glutblick trutzend,

In Reihn sich stellend, heben ihre Schäfte;

So stell' auch Krieger, zwar nur nachgeäffte,

Geharnischter Sonette ein paar Dutzend.

Auf denn, die ihr aus meines Busens Ader

Aufquellt, wie Riesen aus des Stromes Bette,

Stellt euch in eure rauschenden Geschwader!

#SE277a-091

Schließt eure Glieder zu vereinter Kette,

Und ruft, mithadernd in den großen Hadet,

Erst: Waffen! Waffen! und dann: Rette! Rette!

Friedrich Rückert

Weiteres Beispiel: «Natur und Kunst» von Goethe.

Charakteristisch für ein Sonett: es sollte immer mit einem neuen Impuls auf­hören.

XVII Dornach, 7.-9. September 1915

#TI

GEOMETRISCHE FORMEN

Gut für Kinder, um sie aufgeweckt zu machen

#TX

Die geometrischen Formen wurden als musikalische Auftakte und Text-formen für Gedichte mit drei-, vier-, fünf-, sechs-, sieben- und achtzeiligem Strophenaufbau gegeben. Für die Auftakte, der Zahl der Zeilen entsprechend, drei Dreiecke, vier Vierecke, fünf Fünfecke und so weiter in einen großen Kreis eingeordnet.

Zuerst wird die einzelne Form, im Hintergrund beginnend, mit allen etwa möglichen Diagonalen und Außen-Umfangslinien - Umgingen - dar­gestellt, und zwar sollten alle diese Wege ursprünglich so schnell wie möglich ausgeführt werden. Rudolf Steiner tief uns damals befeuernd zu: «Jetzt schüttele ich Sie alle durcheinander!», klatschte rasch in die Hände, und nacheinander lief jeder wie ein blitzender Strahl von seinem Ausgangspunkt zu dem nächsten Platz, den dort Stehenden zu seiner Bewegung impulsierend. Bei Formen, bei denen Diagonalen möglich sind, also vom Fünfeck an, werden diese zuerst und dann die Umgänge ausgeführt. Der Zuschauer sollte das Bild eines Kristalls mit all seinen Kraftlinien erleben. Werden diese Kristallformen nun in einen Kreis eingeordnet, wiederholen sie sich ent­sprechend oft, bis sich die Anfangsaufstellung wieder hergestellt hat. Die Bewegungen der einzelnen Formen im Kreis verlaufen entgegengesetzt dem Uhrzeiger, und zwar jeweils auf einem großen äußeren, auf dem sich die Spitze der Form bewegt, und mehreren, bis zu vier kleineren inneren Kreisen, wie zum Beispiel beim Achteck. Bei dem Fünf-, Sechs- und Siebeneck bleiben jeweils die angrenzenden Plätze auf dem dritten Kreisbogen stehen, bei dem Achteck auf dem vierten Kreisbogen.

Als das Wesentliche bei diesen Übergängen von der einen Form in die nächste, betonte Rudolf Steiner, daß weder durch die alte Form noch durch die neu zu bildende gelaufen werden darf. Die alte Form zerfällt nach außen und aus dem Umkreis bildet sich, kristallisiert sich von außen die neue Form.

Außer beim Dreieck, welches sich als geschlossene Form weiterbewegt, müssen die einzelnen Punkte der Formen also nach rechts und nach links auf ihren Kreisbögen auseinander- und in die neue Form wieder zusammenlaufen. Da alle gleichzeitig ihre neuen Plätze erreichen sollen, muß das Tempo der sehr verschieden langen Wege untereinander harmonisch abgestimmt werden.

Beim Text richtet man sich nach der Anzahl der Strophen, muß aber immer an einer zentralen Stelle, entweder bei der Ausgangsaufstellung oder in der vorderen Mitte enden. Haben die Strophen einen Refrain, so steht eine Person für diesen Refrain in der Mitte der Form. L. M.-S.

Für Gedichte mit dreizeiligen Strophen

#Bild s. 91

l. Abschreiten der Dreieckseiten nacheinander: i geht zu 2, 2 geht zu 3, 3 geht auf den Platz von i .

2. Übergang gleichzeitig zum nächsten Dreieck.

#SE277a-092

#Bild s. 92

MEINE IDEALE

Ein einsam Haus voll Liebeswonne,

Ein Wald, ein Quell im grünen Tal,

Ein Lebenslauf in Lenz und Sonne,

Das war mein Ideal.

Ein Freund mit einer deutschen Seele,

Für mich beseelt in Freud' und Qual,

Für mich, auch wenn ich fall' und frhle,

Das war mein Ideal.

Ein Weibchen in der eignen Stube,

In Wert und Willen treu wie Stahl,

Dazu ein kerngesunder Bube,

Das war mein Ideal.

Ein hoher Meister, der mir kühle

Die Wahrheit mit dem Geistesstrahl

Hinuntersenkt in die Gefühle,

Das war mein Ideal.

Ein Fürst mit Tatkraft in der Ader

Und Männer, nicht von Mißmut fahl,

Und wackre Herzen ohne Hader,

Das war mein Ideal.

Wie gerne laß ich sie entrauschen,

Die lieben Bilder allzumal,

Ich kann dafür ein höchstes tauschen,

Ein liebstes Ideal!

Ein edles Volk, das sinnig waltet,

Das über jedes Leides Qual

Die Seele mutiger entfaltet

Der Welt zum Ideal -

Ein Deutschland auf der Menschheit Zinnen,

Ein Säulenhort im Weltensaal,

Nach außen gußfest und nach innen,

Sich selbst zum Ideal -

#SE277a-093

Verlierst auch du dich in den Fernen,

Mein Ideal von reinster Wahl:

Mit dir entwandl' ich zu den Sternen,

Mit dir, mein Ideal!

Fercher von Steinwand

#Bild s. 93a

Beispiel für die Darstellung eines vierzeiligen Gedichtes, bei welchem die

4. Zeile ein Refrain ist. In der Mitte des Dreiecks steht eine 4. Person.

1 . Ah schreiten der Dreieckseiten nacheinander. Refrain durch die Person in der Mitte des Dreiecks.

2. Ühergang gleichzeitig in gleicher Richtung zum nächsten Dreieck.

Für Gedichte mit vierzeiligen Strophen

#Bild s. 93b

1 . Abschreiten der Viereckseiten 2. Übergang zur nächsten Form

nacheinander; gemeinsam in verschiedenen

Richtungen

UREIGEN

Es läßt sich mein Geist nicht länger halten,

Was soll ihm mit Büchern die Plackerei?

Das Leben bezeugt in beredten Gestalten,

Daß er der Verlierende bleibt dabei.

#SE277a-094

Zwar meinen das viele bald keck, bald schüchtern,

Doch ernst im Innersten fassen sie's nie,

Und möcht' ein Grübler zur Tat sich ernüchtern,

Erschrocken enteilt er zur Theorie.

Da liegen die Griechen, in Noten verblichen,

Holt mancher davon sich ein grames Gesicht,

Nicht einem gelingt's, aus den attischen Strichen

das Wesen des Glückes zu heben ans Licht.

Mir schwillt ein belebender Zorn an die Kehle,

Indem wir so jäten in fremdem Korn;

O griffen wir mächtig in unsere Seele

Und grüben nach eigenem göttlichen Born!

Fercher von Steinwand

#Bild s. 94a,b

#SE277a-095

#Bild s. 95

Aus der Edda: Kriegerweisheit *

Feuer ist wert

Dem Volk der Menschen

Und der Sonne Gesicht,

Heiler Leib,

Wer ihn behalten kann,

Ohne daß ihn Tadel trifft.

Der ängstliche Mann

Meint ewig zu leben,

Meidet er Männerkampf;

Einmal aber

Bricht das Alter den Frieden,

Den der Ger ihm gab.

Froh lebt,

Wer freigebig und kühn,

Selten quält Sorge ihn;

Furcht hegt immer

Der feige Mann,

Es wurmt die Gabe den Geizhals.

Früh soll aufstehn,

Wer vom andern begehrt

Leben und Land:

Raub gewinnt selten

Der ruhende Wolf,

Noch der Schläfer die Schlacht.

Von seinen Waffen

Gehe weg der Mann

Keinen Fuß auf dem Feld:

Nicht weiß man gewiß,

Wann des Wurfspießes

Draußen man bedarf.

Der Handlose hütet,

Der Hinkende reitet,

Tapfer der Taube kämpft;

Blind ist besser

Als verbrannt zu sein:

Nicht taugt mehr, wer tot.

- - -

* aus: Genmanisches Heldentum, herausgegeben von Gustav Necke!

#SE277a-096

#Bild s. 96a,b

#SE277a-097

Aus der Edda: «Hrolf»*

Zur Schildburg schart euch

Um den Schatzspender!

Glänzende Gaben

Gilt es zu lohnen:

Silberne Ringe

Und Saxschwerter,

Breite Brünnen

Und blinkende Helme.

Nicht lässig laßt uns

Die Gelübde halten,

Die froh wir geschworen

Auf den Fürstenbecher

Bei Freyr und Njörd

Und dem furchtbaren Asen,

Den Ringspender nimmer

In Not zu verlassen.

Seht vorn im Heere

Den Hjörward schreiten,

Den Fürsten im Goldhelm

Freudig zur Schlacht!

Viel Kämpen folgen ihm,

Kalt sind ihre Blicke,

Mit lichten Kampfhelmen,

Klirrenden Geren.

Sann Skuld den Verrat?

Reizten dich Nornen?

Wer hetzte dich, Hjörward,

Zu heillosem Frevel?

Treulos betrogst du

Den trefflichsten Fürsten,

Das Reich ihm neidend,

Der Nordlande hehrsten.

- - -

* aus: Germanisches Heldenturn, herausgegeben von Gustav Neckel

XVIII Dornach, 10.111. September 1915

T I A I T

#Bild s. 97

Die Stellungen im Raum entsprechen der Bildung der Laute

T = sechs Personen in einer Reihe, stehend;

I = erste auswickelnde Spirale;

I = zweite auswickelnde Spirale;

A = die beiden vorderen Paare rücken auseinander, so daß ein Winkel im Raum entsteht, das hintere Paar bleibt stehen;

A = das hintere Paar bleibt stehen, die beiden vorderen Paare führen die nächsten auswickelnden Spiralen zweimal aus;

A = der Winkel bildet sich wieder zurück;

I = erste einwickelnde Spirale zurück;

I = zweite einwickelnde Spirale zurück;

T = stehend auf den Anfangsplätzen.

#SE277a-098

T I A O A I T - Das vollständige Kreuz

Gut für Kinder und junge Leute, daß das Denken nicht verstruweit

#Bild s. 98

Dies sind die Formen für die Laute T I I A A A 0 A A A I I T; sie ent­sprechen der Bildung dieser Laute.

Der erste Teil der Form wird wie bei der vorigen Form bis zum zweimaligen A ausgeführt; dann gehen die beiden vorderen Paare, den Laut 0 bildend, in einem Halbkreis in den hinteren Raum, während das hintere Paar stehen bleibt, so daß sich der Winkel nun nach hinten öffnet. Weiter wird das genaue Spiegelbild der vorderen Form ausgeführt, bis alle wieder in einer Geraden auf ihrem Anfangsplatz mit T ankommen. Die Blickrichtung ist bei T gerade­aus, bei I nach oben, bei A etwas gehoben, und bei 0 gesenkt.

Dieser Auftakt eignet sich besonders gut für die Darstellung feierlicher Gedichte, zum Beispiel für die «Urworte» von Goethe oder für Oden von Horaz oder Ovid.

Der Text wird mit allen apollinischen Formen, jeder auf seinem Platz, ausgeführt; dann folgen die Übergänge nach jeder Zeile in die nächste Auf­stellung.

Als Vor- und Nachtakt oder auch zwischen den Strophen kann bei feier­lichen Gedichten diese Form auch gekürzt als T I I A I I T eurythmisiert werden.

Höret ihr Himmel, denn ich wiil reden l. Stellung

Und die Erde vernehme die Worte meines Mundes. 2. Stellung

Mag triefen wie Regen meine Lehre, 3. Stellung

Mag träufeln wie Tau mein Wort, 4. Stellung

Wie Regenschauer auf junges Grün, 5. Stellung

Wie reichliche Tropfen auf die Flur. 6. Stellung

Denn Jalives Namen verkünde ich. 7. Stellung

Gebt große Ehre unserem Gott! 8. Stellung

Ein Fels ist er, vollkommen ist sein Werk, 9. Stellung

Alle seine Wege sind ja recht. 10. Stellung

Ein Gott der Treue ohne Falsch, 11. Stellung

Gerecht und redlich ist er. 12. Stellung

Schlecht handelten gegen ihn seine Söhne -

Ihr Fehler war's, daß verderbte und verkehrte Geschlecht.

Wollt ihr Jahve so vergelten,

Du törichtes und unweises Volk?

Ist nicht er dein Vater, der dich geschaffen,

Er es, der dich schuf und dich bereitet?

#SE277a-099

Gedenke der Tage der Vorzeit

Betrachte die Jahre, Geschlecht nach Geschlecht,

Frage deinen Vater, er wird es dir melden,

Die Greise unter dir, sie sagen es dir an,

Als der Höchste den Völkern Erbbesitz verlieh.

Als er die Menschenkindschaft teilte,

Die Grenzen steckte er da ab.

Nach der Zahl der Kinder Israels,

Denn Jahves Anteil ist sein Volk,

Jakob, der Landstrich seines Eigentums.

Man soll das nun Gegebene verwenden, wie es der Natur der Dichtungen entspricht: das Prinzip des langsamen oder schnellen Gehens, des Reimes. Aber besonders viel das Prinzip des Seelischen anwenden. Bei den Kursen erst das Willkürliche machen lassen, dann es unterdrücken und zu dem Höheren aufsteigen.

Der innere Zusammenhang zwischen Seele und Form kann die Strophe und das ganze Gedicht betreffen. In dem weitesten unpedantischsten Sinne. So kann man nacheinander alle Angaben ausführen.

#TI

Eurythmie-Aufführung

Dornach, 12. September 1915

#TX

PROGRAMM

Spruch aus dem Seelenkalender Rudolf Steiner

Zwölf Stimmungen Rudolf Steiner

Formen für Kinder und junge Leute

Das Lied von der Initiation Rudolf Steiner

Aus «Demiurgos», Alliterationen und Assonanzen Wilhelm Jordan

ZWEITER TEIL MARIE STEINER Über die Anfänge der eurythmischen Arbeit

#G277a-1982-SE101 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

ZWEITER TEIL

MARIE STEINER

Über die Anfänge der eurythmischen Arbeit

#TX

Als wir das erste Material zu unserer Kunst von Rudolf Steiner erhalten hatten, da waren es zum größten Teil Conrad Ferdinand Meyers Gedichte, an denen wir unsere Ausdrucksmöglichkeiten in der eurythmischen Gebärde her­angestalteten. Wir lernten an ihm Ohjektivierung, Stil, Linie, Geschlossenheit, dramatische Gebärde, Stimmung. Jch prüfte die bei seinen Gedichten aus der dramatischen Empfindung sich naturgemäß heraus ergebende Gebärde an der Gesetzmäßigkeit der Eurythmie und fand, daß sich beide deckten. Jch freute mich an dieser mir im Spiegel der Eurythmie zurückstrahlenden Gebärde und erkannte in ihr eine Quelle (1er Wiedererneuerung dramatischer Kunst.

Vor zehn Jahren [1916] arbeiteten wir in dieser Weise in dem rosaroten Raum (1er verstorbenen Freundin Eugenie von Bredow. Damals drohte der Weltkrieg die junge Kunst in ihrem Keime zu ersticken, kein Zweigleiter fand sich bereit, den jungen Mädchen in ihrer scheinbar unzeitgemäßen Arbeit zu helfen. Da nahm ich mich ihrer an. Wir lernten viel an Conrad Ferdinand Meyer und später an Fercher von Steinwand. Annemarie Donath, Alice Fels, Erna Wolfram, !\nnemarie Groh, Lory Smits, Edith Röhrle, Minnie Husemann waren es, die mit mir zusammen an der Eurvthmie bauten. Und wenn ich nach Dornach zurückkehrte, fand ich die Früchte der Arbeit von Tatiana Kisseleif vor, die zunächst in dem bescheidenen Räumehen (1er Villa Hansi emsig ge-wirkt hatte. Bis wir dann hinüber konnten in jenen der Flamme zum Opfer ge­fallenen weißen Saal, mit welchem auch die Erinnerungen der Priester ver­knüpft sind. In ihm haben wir als kleine Gruppe dasjenige erhalten (1915), was wir die grammatikalischen Formen nennen, die Linienführung, die sich mit Llauptwort, Verbum, Pronom, Verbindungswort und so weiter deckt. In ihm legten wir auf Grund des Erhaltenen die ersten Szenen übersinnlicher Gescheh­nisse aus «Faust» an, durften unsere Versuche in der Schreinerei szenisch vor­führen und erhielten dann auf Grund unserer bescheidenen Leistungen die un-ermeßliche Fülle der von Rudolf Steiner selbst gezeichneten Formen zu Gedichten und Musikstücken. So wob sich das eine in das andere. Die goldenen Eimer stiegen auf und nieder. Was in Arbeit umgesetzt worden war, wurde immer wieder die Quelle neu dargereichter Gaben. Sie gipfelten in jenem Kursus für Toneurythmie, der neue Wege für die Tongebärde erschloß, und dem sich dann im Sommer 1924 der letzte Kursus für Lauteurythmie anschloß,

- im September dann als Ausklang, als köstlichstes Vermächtnis der Kursus für Sprachgestaltung.

Aus dem Nachlaß:

Man hat das Gefühl, daß für das russische Gedicht weder die Rezitation, noch die Deklamation sich eignet, es will ausgeatmet, ausgehaucht werden. Die Sprache verfliegt, verfließt in Wellenbewegungen; sie ist das Gegenteil der französischen Sprache, die immer einschnappt. Sehr schwer die richtigen eurythmischen Formen zu finden, man muß sie in einer schrägen Horizontale aufsteigen lassen, die wie die Welle zurückfällt. Man könnte ruhiger sein, daß nichts Falsches herauskommt, wenn man eine Übersetzung vor sich hat. Wird einem das Gedicht vorgelesen, so wirkt es wie ein Hauch, der sich durch die Form nicht einfangen lassen will. Ganz anders wirkt die Sprache, wenn ein sie auch lautlich gut beherrschender Deutscher spricht; es kommt dann eine Form in sie hinein. Dasselbe spielt sich ab im seelischen Leben des Russen; auch dieses entzieht sich, flieht, schnappt nicht ein. Es ist eben wie die Sprache ganz Zukunft. Nimmt er das Westliche stark in sich auf, so wird der Russe unwahr (Beispiel: Mereschkowskij). Der Einschlag des Deutschtums ist für das Russen-rum notwendig. Durch seine ganze Geschichte hindurch hat es ihm den Inhalt gegeben. Es könnte ihm auch die Form geben, wenn sich der Russe nicht in unendlichem instinktivem Hochmut abschiösse. Dieser Hochmut macht den Gegenwartsrussen, der selbst noch nichts ist, aber sich als Zukunft fühlt, ziemlich unerträglich. In seinem Anschauen liegt etwas, was da sagt: «Ihr seid doch alle Barbaren, ich bin mehr; ich steige gar nicht zu euch herab. Was Ihr da alles schaffen wollt, das haben wir ja in uns.»

#SE277a-102

Das Deutschtum hat dem Russentum gegenüber eine ähnliche Aufgabe wie die der Pelasger den Urgriechen gegenüber. Die Pelasger gaben den Urgriechen erst die Form und es entstanden Agamemnon, Achilles.

Bei Solovieff könnte man sich sagen: so wie er da vor uns steht und schaut, könnten die Väter des Konzils von Nicäa (385) gestanden und geschaut haben.

Durch die Armbewegung nach oben und unten ist ein Versuch gemacht, das Charakteristische der russischen Sprechweise eurythmisch festzuhalten.

Beim Sprechen sollte man mehr vokalisieren und den Versuch machen, die Sprache mehr zu gestalten, bildhaft zu machen. Die Russen lassen die Vokale fallen.

Die Russen besitzen ihre Sprache noch nicht.

Die Russen sprechen egoistisch, in sich hinein, als ob die andern nicht da waren.

Es wird der Deutsche den Russen lehren müssen zu sprechen.

Der hat noch kein Gefühl für seine Sprache, der alle Augenblicke sie mit Sätzen aus fremden Sprachen vermischt, wie es die Russen tun.

Die Deutschen haben am Lateinischen oder am Französischen sprechen ge­lernt.



Die hier folgenden Beispiele geben Einblick in die Arbeitsweise, wie sie im voran­gegangenen Text geschildert wurde. Die einzelnen Gedichte sind (in der Reihen­folge der Wiedergabe):

Conrad Ferdinand Meyer: «Lenz Wanderer, Mörder, Triumpbator» I, mit Formen und Bemerkungen von Rudolf Steiner.

Conrad Ferdinand Meyer: «Thespesius» (zwei Blätter), mit Form von Rudolf Steiner und Bemerkungen von Marie Steiner.

Conrad Ferdinand Meyer: <(Der Musensaal» (drei Blätter), mit Bemerkungen von Marie Steiner.

Friedrich Nietzsche: «Mein Glück», mit Form von Rudolf Steiner.

Christian Morgenstern: «Der Zwölf-Elf», mit Bemerkungen von Marie Steiner.

#Bild s. 102

#SE277a-103

#Bild s. 103a,b

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TATIANA KISSELEFF

Zur Entstehungsgeschichte der Standardformen und über das Rezitieren zur Eurythmie

Das unschätzbare Gut der Eurythmie, das unser Leben bestimmte und für viele von uns zum Schicksal wurde, verdanken wir Herrn Dr. Steiner und Frau Marie Steiner-von Sivers, welche die jüngste Schwester der Künste in gemein­samem Wirken ins Leben gerufen haben. Durch das Schicksal war mir das Glück zuteil geworden, von Anfang an auf das intensivste zu erleben, wie die in neuer Form auflebende sakrale Bewegungskunst, die auf Vorschlag von Frau Dr. Steiner Eurythmie genannt wurde, in Dornach seit 1914 parallel dem Erbauen des Goetheanums sich von Stufe zu Stufe entwickelte.

Beim Niederschreiben der Mitteilungen und Überlegungen, welche in die­sem Bericht enthalten sind, hatte ich in der Hauptsache jene Leserinnen und Leser im Auge, die Herrn und Frau Dr. Steiner nicht gekannt haben, aber auch diejenigen, die nicht unter ihrer Leitung auf dem Gebiete der Eurythmie arbeiteten. Über das Vorstadium dieser Dornacher Zeit habe ich verschiedenes in meinem Buch «Eurythmie. Erinnerungen aus den ersten Jahren 1912-27 »* mitgeteilt und meine persönlichen, mit diesem Stadium zusammenhängenden Erlebnisse in München, in Düsseldorf-Haus Meer und in Berlin geschildert.

Die weitere Entwicklung der Eurythmiekunst wurde dadurch bestimmt, daß seit dem Herbst 1913 Dr. Steiner die Arbeit des Errichtens des ersten Goethe­anumbaues auf dem Dornacher Hügel in der Nähe von Basel begann, und Herr und Frau Dr. Steiner ihren ständigen Wohnort nach Dornach verlegten, wo­durch dieser Ort zurn Zentrum der Anthroposophischen Gesellschaft wurde.

Rudolf Steiner weist darauf hin, daß die eurythmischen Formen sich er­geben haben parallel dem, was er bei dem Erschaffen der Formen des Goetheanumbaues erlebte, was ihr volles Zusammenklingen als Resultat hatte. Er sagte, daß sie «durch einen gleichgearteten künstlerischen Impuls entstanden sind. Wahrscheinlich hätte die Eurythmie ohne die Arbeit am Bau nicht gefunden werden können. Vor dem Baugedanken war sie nur in ihren ersten Anfängen vorhanden.»

Die erste Phase der eurytl'mischen Entwicklung in Dornach bis zur Zeit 1918-19, wo wir von Dr. Steiner die ersten sogenannten Standardformen er­hielten, die dann in immer größerer Zahl geschaffen wurden, war sozusagen eine ein paar Jahre dauernde Zwischenzeit, in der wir in bezug auf die Bewegungs­formen im Raume gewissermaßen auf uns selbst angewiesen waren. Das war

* Neuauflage geplant

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die notwendige Vorbereitungszeit für das, was als das weitere Stadium kommen sollte. «Wenn irgend etwas erreicht werden soll, muß es vorbereitet werden», sagte Dr. Steiner. Das Erreichen einer weiteren Stufe verlangt aber einen voran­gehenden Zuwachs an Kräften, der durch ein Suchen, Sich-Anstrengen er­rungen wird. «Prüfe dich, Schüler, übe mit Mühe! »Ein Beispiel von Dr. Steiner für den Laut ü - Ü: Staunen mit Freude, schrieb er in mein Eurythmieheft. Wir waren dazu bereit und haben uns aufrichtig Mühe gegeben. Das alles hätte jedoch nicht genügt, um mit der vor uns stehenden Aufgabe fertig zu werden, wenn Frau Dr. Steiner nicht die Leitung der Arbeit übernommen hätte. In jener Zeit, in die auch der Eurythmiekurs im Spätsommer 1915, die sogenannte apollinische Eurythmie, fällt, die es sich zu erarbeiten galt, widmete Frau Dr. Steiner ihre Hauptkraft der Eurythmiekunst, und das wurde eine Zeitlang zu einer ihrer wichtigsten Betätigungen in der Anthroposophischen Gesell­schaft. Sie stellte ihr hervorragendes Talent und ihr vollendetes Können auf dem Gebiet des künstlerischen Sprechens, ihre Begeisterung für die Sprach-und Eurythmiekunst und ihr ganzes Lebens- und Weitgesundungsimpulse aus­strömendes Wesen in den Dienst der werdenden Kunst. Während der unend­lich langen Proben rezitierte sie für uns, sich nie schonend, mannigfaltige Texte in deutscher und in anderen Sprachen: Gedichte, Märchen, das norwegische Traumlied von Olaf Asteson, Szenen aus «Faust»: die Romantische und die Klassische Walpurgisnacht, die Arielszene und so weiter. Durch ihre wunder­bare Sprachkunst getragen bewegten wir uns auf der Schreinereibühne, später auf der einzig schönen Bühne des ersten Goetheanum, bald beschwingt - gleich­sam beflügelt -, bald in ernster, tragischer Art. Durch ihre Ratschläge, Kor­rekturen, wertvollen Bemerkungen und Gespräche bewirkte sie die Entfaltung unserer künstlerischen Kräfte und freute sich über unsere Fortschritte in Be­weglichkeit und wachsender, lebendiger Ausdrucksfähigkeit. Hingebungsvoll tat sie alles, um uns zu fördern, opferbereit, denn durch unsere gemeinsame Arbeit im Herbst 1914 in der Villa Hansi weiß ich, wie gern sie selbst sich der Eurythmie als ausübende Künstierin gewidmet hätte.

Jeden Tag arbeitete sie mit Eifer eurythmisch; auch machte sie 1915 den Versuch, das Rezitieren und das Eurythmisieren gleichzeitig durch dieselbe Persönlichkeit ausführen zu lassen, indem sie es selbst während der Pro­ben für den Erdgeist in «Faust 1» und Frau Felicia in einem Märchen der My­steriendramen Dr. Steiners versucht hatte, es aber sofort als eine unrichtige Lösung dieses Problems erkannte und diese künstlerischen Betätigungen auf zwei Künstler, den sprechenden und den eurythmisierenden, verteilte, um selbst die Rezitation zu übernehmen und auf das Ausüben der eurythmischen Bewegungskunst zu verzichten. Denn die neugeschaffene Kunst brauchte für ihr weiteres Wachstum und Entfalten ein sie begleitendes echt künstlerisches Sprechen, verlangte eine neue, viel lebendigere, bewegtere Sprache, durch die sie getragen werden sollte. Niemand außer ihr hätte es vollbringen können. Frau Dr. Steiner suchte diese neue tragende Sprechart und hat sie dann auch geschaffen; opfeifreudig vollbrachte sie es.

Durch diesen Verzicht wurde die Übergangszeit zu einer hochproduktiven, einer an künstlerischen und rein menschlichen Erlebnissen unendlich reichen Zeit. Indem sie uns förderte, den Sinn für echtes Künstlerisches, aber auch für hohes, reines Menschentum, für Moralität im weitesten Sinne in uns weckend, hatte sie gleichsam den Boden vorbereitet, der geeignet war, die Geistessaat aufzunehmen und zum Gedeihen zu bringen, die dann in diesen Boden gesenkt wurde.

Diese Saat waren die neuen Angaben, die wunderbaren neuen Formen, die Dr. Steiner jetzt in immer größerer Fülle erteilen konnte, hatte er doch bei einigen Vorführungen - so zum Beispiel bei derjenigen der sehr bewegten Lamienszene in der Klassischen Walpurgisnacht - erlebt, daß wir in künstle­rischem Ausdruck und in Beweglichke Fortschritte gemacht hatten,* viel­leicht auch ein wenig in allgemein-menschlicher Beziehung: hatten wir nicht während vieler Jahre der Arbeit mit Frau Dr. Steiner immer ein leuchtendes Vorbild der Hingabe, des heiligen Eifers, der Opferfreude und unvergleich­licher Bescheidenheit vor uns gehabt? Großes, Wichtigstes konnten wir von ihr lernen. Haben wir es auch wirklich gelernt?

Die Inszenierungen von «Faust» begannen im Jahre 1915. Die ersten von Rudolf Steiner erhaltenen Formen waren diejenigen für die vier Pausen der Arielszene (1. Bild II. Teil) auf zwei kleinen Blättern aufgezeichnet. Die große Form für den Nachtakt kam einige Jahre später. In den ersten Jahren erhielten wir noch einige wenige Formen für «Faust I1», nämlich: Studierzimmer:

1. Geister (auf dem Gange): Drinnen gefangen ist einer...

2. Der Spruch der Viere: Salamander soll glühen... Verschwind in Flammen...

* In der Vorbemerkung des Herausgebers von «Zur Klassischen Walpurgisnacht ». Zwei Lcseproben von Rudolf Steiner, Dornach 20., 23. August 1918, lesen wir: «. . Bei den Regiebemerkungen fällt auf wie Rudolf Steiner alles auf die Mitarbeit der Beteiligten, vor allem natürlich auf die Initiative von Marie Steiner mit den unter ihrer Leitung arbeitenden Eurythmistinnen abstellt, um mit Rat und Tat einzugreifen, sobald ihm wiederum etwas Neues vorgeführt wurde.... » - Dieser Satz ist eine treffende Charakteristik der Arbeitsweise Rudolf Steiners, sie gilt überhaupt für die Inszenie­rungen, die in den Jahren des Errichtens des ersten Goetheanumbaues stattfanden. Nachdem die während einiger Tage gründlich gearbeiteten Texte des neuen Eutythmicprogrannns dem zu einer Probe erscheinenden Dr. Steiner vorgeführt wurden, erteilte er Angaben mannigfaltiger Art für die Humoresken, «Pikanteeien » genannt. Dann kamen ab und zu auch schöne kleine, einfache Formen, die als Vor- und Nachtakte - zuweilen Zwischentakte - für Soli und Gruppensachen in einigen Goethe-, Hebbel-, Brentano- und anderen Gedichten gedacht waren, ausnahmsweise auch Fotmen für Texte «Mailied», «Harzreise», «An den Mond » von Goethe: sie waren im Anfang noch recht einfach.

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3. Geister: Schwindet ihr dunklen . . . - In der Mitte unbeweglich, gleich einer Säule, eine hohe verhüllte Gestalt, hinter welcher die sich bewegen­den Geister einer nach dem anderen verschwanden und von der anderen Seite wieder auftauchten.

4. Studierzimmer. Geisterchor: Weh! Weh! Du hast sie zerstört . . .

5. Hexeneinmaleins «Du mußt verstehn... . » Siebeneck mit der Spitze nach vorne, zum Publikum; sieben Eurythmistinnen

6. Margaretes Lied «Es war ein König in Thule. . . »

Alle diese Formen wurden später, unabhängig von den «Faust»-Aufführungen, während verschiedener anderen eurythmischen Darbietungen aufgeführt, außer dem Chor der Geister im Studierzimmer: «Schwindet ihr dunklen...».

Einen tief bedeutenden Ausspruch hat Dr. Steiner während der letzten eurythmischen Unterweisungen im Juni 1924 in Dornach in bezug auf die Tat Marie Steiners im Dienste der Eurythmie gemacht: er habe, als er die aller-ersten Anfänge der Eurythmie gab, ja nicht wissen können, daß das aus der Eurythmie werden könnte, was dann unter Frau Dr. Steiners Händen daraus wirklich geworden sei. Marie Groddeck, welche dieses mitteilt, fügt hinzu:

«Hier hatte also jemand mit Rudolf Steiners Angaben so gearbeitet, daß die Ergebnisse der Arbeit weit über seine Erwartungen hinausgegangen waren . . . »Marie Steiner war der einzige Mensch, der solche alles überragenden Inten­tionen Rudolf Steiners unbedingt und voll verstehen und sie auch verwirk­lichen konnte. Im Kapitel XXIX des Buches «Mein Lebensgang » lesen wir:

<Wir haben gesehen, daß durch Marie Steiner auch für die Eurythmie ver­wirklicht wurde, was Dr. Steiner vorschwebte, was als die diesbezügliche In­tention in ihm lebte, und daß hier das Ergebnis sogar weit über seine Erwar­tung hinausging. Die Eurythmie in ihrer echten, reinen Gestalt haben wir ihr neben Rudolf Steiner zu verdanken..

Abschließen möchte ich meinen kurzen Rückblick auf jene so unendlich be­deutende, unvergeßliche Zeit, mit dem Ausdruck des tief empfundenen Dankes für dieses unvergleichliche Geistesgeschenk: die durch die beiden großen Helfer der Menschheit zum geistigen Aufstieg im gemeinsamen Wirken voll­zogene Schöpfung der die geistige Substanz reichenden, Heil und Segen brin­genden Eurythmie-Kunst.

RUDOLF STEINER

Über die Eurythmie Ansprache zu Aufführungen

München, 19. Februar 1918 I Stuttgart, 26. Februar 1918

Als vor einer Reihe von Jahren Frau Smits die Anregung gab, etwas im Sinn einer Durchgeistigung der Tanzkunst innerhalb unserer Bewegung zunächst zu schaffen, da war die Frage diese: In welcher Art könnte man dieser besonderen Kunstform heute beikommen? - Nicht wahr, bei einer solchen Gelegenheit muß man ins Auge fassen, daß in unserer Zeit vieles gerade auf künstlerischem Gebiet besteht, das - ich möchte sagen - ein sehr spätes Produkt von etwas darstellt, das in längst vergangene Zeiten zurückführt. Man kann sagen: Es existieren in unserer Zeit diese oder jene Bestrebungen, von denen man nur spätere Stadien kennt nichts vom Ursprung. - Wenn unsere Bewegung aber eine größere Bedeutung haben soll, so muß sie unter anderem dieses auch da­durch gewinnen, daß sie in mancher Beziehung an Ursprüngliches in der Menschheit anknüpft. Und so handelt es sich darum, gewissermaßen nach den Quellen dieser Kunstform zu suchen.

Wir haben es bei dieser oder jener Gelegenheit betont, daß das Künstlerische nicht isoliert entstanden ist, sondern daß es aus demselben Quell hervorgegan­gen ist, aus dem andere menschliche Kulturziele sich entwickelt haben. Er­kenntnis, also dasjenige, was man im nüchternen Leben oftmals Wissenschaft nennt, Religion und Kunst sind alle drei im Grunde genommen aus demselben Quell hervorgegangen. Und wenn man in die alten Tempel geht, findet man, daß da nicht eine abgesonderte Kunst, eine abgesonderte Wissenschaft, eine ab­gesonderte Religion war, sondern daß da eine Erkenntnis zu finden war, die unmittelbar auf die Gestaltung, auf die Konfiguration des Weltenalls ging, die anschaute in Ideen das was dann im religiösen Kultus so versucht wurde zum Ausdruck zu bringen, daß in diesem religiösen Kultus sich das Verhältnis des Menschen zu dem wissenschaftlich, erkenntnisgemäß Erschauten zum Aus­druck brachte. Und die Kunst wiederum war nichts anderes als ein im Men­schengeist Gestalten, Formen desjenigen, was erkannt wurde, was religiös er­hebt. Kurz, die drei Kulturströmungen: Religion, Wissenschaft und Kunst er­wuchsen aus einem einzigen Quell, aus einer einzigen Wurzel.

Wie aber alles das, was sich im Menschenleben weiter entwickelt hat, nur dadurch zustande kommt, daß es in vereinzelte Strömungen sich trennt, so ist es auch mit Religion, Wissenschaft und Kunst gegangen. Doch wir leben nun einmal in einem Zeitalter, in dem das, was sich aus Entwickelungsnotwendig­keiten heraus durch Jahrtausende getrennt halten mußte, wieder zusammen-strebt. Richard Wagner schon hat von dem Gesamtkunstwerke geträumt und

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auch nach einer gewissen Richtung hin es durchgeführt. Wenn aber ein solches Zusammenstreben stattfinden soll, so müssen nicht nur einzelne Kunstzweige aus sich heraus einen mehr innerlichen Charakter, einen Charakter, der mehr spirituell ist, annehmen, damit sie sich im Spirituellen wiederfinden können, sondern es müssen auch mehr oder weniger ungepflegte Kunstzweige zu den alten noch hinzukommen. Und man kann sagen, so wie wir die Eurythmie auf­fassen, so ist sie eigentlich etwas, was erst in unserer Zeit entstehen kann.

Die Tanzkunst bei ihrer Vereinzelung, bei ihrer Isolierung - die einzelnen Künste haben sich auch wieder isoliert -, wurde mehr und mehr ein Ausdruck des Subjektiven, des Persönlichen im Menschen, des Emotionellen. Das ist keine Kritik, sondern eine Charakterisierung. Nun handelt es sich darum, etwas zu finden, das mit dem allgemein Menschlichen, mit dem umfassenden univer­sell Menschlichen zusammenhängt. Da ergab sich denn zunächst einmal dieser Versuch. Es ist dasjenige, was als Eurythmie dargeboten wird, zunächst nur ein Versuch, aber wir haben im Lauf der Jahre gesehen, daß er vorwärtsgekom­men ist, daß heute unter uns schon mehr Eurythmie ist als vor Jahren. Alles schreitet fort, und daß wir diesem Gesetz des Vorwärtsschreitens folgen, ist ein Beweis dafür, daß etwas Lebendiges in der Eurythmie steckt. Es handelt sich darum, etwas wirklich Lebendiges zu schaffen, und wir kamen auf die Idee, das, was im Menschen eigentlich schon da ist, in einer gewissen Weise um­zusetzen.

Die verschiedenen künstlerischen Bestrebungen sind - man überzeugt sich davon, wenn man durch okkulte Wissenschaft zu den Quellen zurückgeht -eigentlich dadurch entstanden, wenn ich mich kurz ausdrücken will, daß der Mensch sein eigenes Wesen, das zunächst an ihm unmittelbar ist, in einer ge­wissen Weise aus sich heraussetzt und in der physischen Welt nachahmt. So sind alle künstlerischen Bestrebungen entstanden. Erlebnisse, die im Unter­bewußtsein ablaufen, werden in der äußeren Welt sichtbar gemacht. Dadurch kam der Gedanke, das, was eigentlich im menschlichen Ätherleib immer in einer regelmäßigen Weise tanzt - nämlich die Gegend des menschlichen Äther-oder Bildekräfteleibes, der die Kehlkopf-, die Sprachorgane überhaupt um­schließt -, zu beobachten.

Wenn man den Menschen kennt, so weiß man, daß der Mensch eigentlich nicht nur ein Gesamtsystem, ein gesamtes organisches System ist, sondern aus einer Anzahl von Systemen besteht. Dasjenige, was wir Ätherleib oder Bilde­kräfteleib nennen, ist in einer anderen Weise gegliedert als der physische Leib. Und man kann sagen, daß insofern der Äther- oder Bildekräfteleib zugrunde liegt den menschlichen Kehlkopforganen und allem, was damit zusammen­hängt: Gaumen, Lippen und so weiter, dieser Teil des menschlichen Äther­]eibes, der also den Sprachwerkzeugen zugrunde liegt, während der Mensch dem Worte Dasein verschafft, während der Mensch spricht, in einer gewissen Weise eigentlich tanzt, ausdrucksvolle Tänze vollführt. Wir können nicht sprechen, ohne daß der Teil vom Ätherleib, welcher zu Kehlkopf und An­hangsorganen zugeordnet ist, gewisse Bewegungen ausführt. Diese Bewegun­gen können nun deshalb auf den ganzen Menschen übertragen werden, können durch den physischen Leib ausgeführt werden, weil schon von Natur aus nicht nur die einzelnen Systeme des Menschen ineinander übergehen, wie die Goethe­sche Metamorphosenlehre zeigt, sondern auch der ganze Mensch in einem ge­wissen Sinne ein metamorphosiertes, ein einzelnes Organsystem ist. Der ganze Mensch kann Kehlkopf werden. Und das ist im wesentlichen die eurythmische Kunst, daß das, was unsichtbar der Ätherleib des Kehikopfes ausführt, wenn gesprochen oder gesungen wird, durch den ganzen Menschen ausgeführt wird. Es ist also nichts irgendwie Erdachtes oder Ersonnenes, sondern es sind nur die Hand, die Kopfbewegung, Arme, Beine - wenn man dasjenige überträgt, was der Teil des Ätherleibes, der dem Sprachsystem zugrunde liegt, ohne dies übersinnlich ausführt -, die das ins Sirmliche übersetzen: die Eurythmie des Wortes, die übersinnliche Eurythmie des Wortes. Die Bewegungen also, die der Ätherleib des Kehlkopfes und die Anhangsorgane ausführen, werden um­gesetzt in physische Bewegungen, in Bewegungen des physischen Leibes.

Es gibt aber noch andere Bewegungen, die der Ätherleib des Kehlkopfes in einer gewissen Weise zurückhält, die er aufhält, die latent bleiben, mit einem physikalischen Ausdruck gesagt.

Der Mensch spricht nicht bloß abstrakt, teilnahmslos, sondern er durch­dringt seine Worte und Sätze mit demjenigen, was aus dem Herzen quillt, was Gefühl, Empfindung, aufgehaltene Willensimpulse und so weiter sind. Dieses alles verwebt sich so in die Bewegungen des Ätherleibes des Kehlkopfes, daß es dort zurückgehalten wird, daß es nicht zurn Ausdruck kommt, daß es in Formen erstarrt. Dasjenige, was da aus der Gefühls-, aus der Empfindungswelt während des Sprechens in Formen umgesetzt wird, lösen wir nun in derEuryth­mie auf, indem wir den Organismus selbst, entweder in sich durch Beugen des Kopfes nach vorwärts und rückwärts oder in dem Raume, Bewegungen machen lassen, oder so, daß er seine Bewegungen zu anderen Persönlichkeiten ausführt, daß wir auf Gruppentänze übertragen dasjenige, was in der empfindungs­gemäßen oder sonstigen gefühlsgemäßen Gestaltung des Wortstoffes zum Aus­druck kommt. Auch das, was reiner Rhythmus ist und sonst zurückgehaltene Bewegungen des Kehlkopforganes des Ätherleibes, wird in Bewegung um­gesetzt. So daß die Eurythmie, soweit wir sie bis jetzt gebracht haben, aus zwei Gliedern besteht: Umsetzung von naturgemäßen Bewegungen des Ätherleibes des Kehikopfes und Auflösung der Bewegungen desjenigen, was in diesem Ätherteil des Menschen aufgehalten ist, was aus der Bewegung in die Form umgesetzt ist. Sie sehen also, es ist nur die Übertragung desjenigen auf den ganzen Menschen und im Verhältnis auf die Menschen, was schon da ist.

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Dadurch geht man wirklich auf die Prinzipien des alten Tempeltanzes zu­rück, denn alles das, was ursprünglich wirklich Tempelkunst war, hatte zu seinem Prinzip die Durchdringung des menschlichen Lebens mit der Gewalt des Wortes. Aber unter Wort wurde nicht das verstanden, was wir darunter verstehen können, sondern die im Sphärenklang die Welt durchtönende Weis­heit, die sich auf den verschiedensten Gebieten zum Ausdruck bringt, die einen reinen Abdruck hat in der menschlichen Sprache, einen etwas abstrakteren Ausdruck im menschlichen Gesang, die eine Vermaterialisierung in der Instru­mentalmusik hat, die erlöst werden kann, wenn in der geschilderten Weise der ganze menschliche Organismus in Gestaltung und Bewegung gebracht wird. Das ist eigentlich das Prinzip, um das es sich handelt. Es ist damit, glaube ich, etwas doch inauguriert, wenn auch noch nicht geleistet worden, was einer Ent­wickelung fähig ist.

Dadurch wird in einem gewissen Sinne etwas geschaffen, was man eigent­lich als so recht den Bedürfnissen und Sehnsuchten der Gegenwart bis zu einem gewissen Grade entgegenkommend bezeichnen kann. Sie werden verschiedent­lich gehört haben, wie die Gegenwart allerdings, indem sie gewisse ahnungs­volle Impulse noch nicht ausgestalten kann, unter gewissen Schlagworten nach gewissen künstlerischen Erscheinungen strebt. Schlagworte wie Impressionis­mus und Expressionismus haben in unserer Zeit, ich möchte sagen, einen be­rechtigt-unberechtigten Klang gewonnen. Berechtigt ist der Klang allerdings, weil sich in dem Streben nach Impressionismus und Expressionismus etwas ausdrückt, was aller Kunst zugrunde liegt und was voll berechtigt ist. Man kann sagen: Die expressionistische Kunst strebt mehr nach dem, was man nennen könnte in Sinnliches, in äußeres Sinnliches Umsetzen desjenigen, was im Menschen zwar fortwährend nach Vision strebt, was aber nicht beim ge­sunden Menschen Vision werden darf. - Denn das, was im Menschen fort­während nach Visionen strebt, muß untengehalten werden im gesunden Leben. Setzt man in die Außenwelt dasjenige hinein, was eigentlich die Vision will, aber sich innerlich nicht in Halluzinationen ausdrücken darf, so hat man die expressionistische Kunst. In diesem Sinne ist die Eurythmie eigentlich im ganz besonderen Maße eine expressionistische Kunst, eine Kunst, die in echtem und berechtigtem Sinne Ausdruckskunst ist, namentlich wenn vermieden wird alles Willkürliche, alles was aus der subjektiven menschlichen Persönlichkeit stammt, alles Pantomimische, alle Mimik und so weiter, wenn nur wirklich das Ob­jektive, das ich als Umsetzung der Bewegungen des Ätherleibes des Kehlkopfes angedeutet habe, in Betracht kommt.

Wir haben selbst im Laufe der Jahre etwas gelernt am Eurythmie-Treiben. Anfangs dachten wir, die Sache zu bloßer Ausdruckskunst zu machen. Das war bedenklich, weil es eine solche eigentlich nicht geben kann. Die Eurythmie ist aber geschützt davor, sie hat selbst Leben. Sie ist geschützt davor, daß sie der Wirklichkeit entlehnt ist, also demjenigen, das nicht bloß Ausdruck sein kann, sondern von innerem Selbstleben durchsetzt sein kann.

Nun haben wir anfangs die Rezitation mehr zurücktreten lassen und haben gemeint, die Eurythmie als solche unmittelbar hinzustellen. Das kann natürlich durchaus sein, aber es hat sich im Laufe der Zeit gezeigt, daß gerade mit dem Ausbilden der Eurythmie sehr gut die Pflege der Rezitation nebenher in selb­ständiger Weise wiederum als anderes künstlerisches Element gehen kann. Denn, wenn man sagen kann, daß Eurythmie wirklich im hohen Maße expres­sionistische Kunst ist, so ist dasjenige, was nun Rezitation ist, was Gesang ist, im ausgesprochensten Maße eine impressionistische Kunst. Und diese Zu­sammenfassung, dieses harmonische Zusammenklingen eines expressionisti­schen und eines impressionistischen Elementes in der Kunst, ist etwas, was, wie ich glaube, gerade wichtige Kunstimpulse in unserer Zeit vorwärtsbringen kann.

Sehen Sie, so richtig hineinschauen in das, was die Kunst soll, kann man eigentlich nur von einem geisteswissenschaftlich-psychologischen Standpunkte aus. Es handelt sich darum, zur richtigen Wertung des Künstlerischen in die Seele hineinzuschauen, was eigentlich sowohl bei dem Kunstgenießenden wie bei dem Kunstschaffenden, Kunstausübenden in dem Seelenieben vor sich geht. Das ist nicht so einfach. Der künstlerische Prozeß des Empfangens wie der des Schaffens ist ein außerordentlich komplizierter. Es geht in der Seele niemals eines nur vor, wenn wir Künstlerisches aufnehmen oder Künstlerisches schaf­fen, sondern es geht etwas unterbewußt Bleibendes, Rhythmisches in der Seele vor. Und analysiert man das, was in der Seele im künstlerischen Schaffen und Empfangen vorgeht, so hat man, wie eine Saite nach zwei Seiten ausschlägt, ein Schlagen der Gemütslage nach zwei Seiten. Es wird nur verhindert, daß die Sache zur Bewußtheit kommt dadurch, daß die eine die andere paralysiert. Denn gerade beim Künstlerischen ist es so, daß immer gewisse Seelenimpulse

- ich möchte sagen - wie Wogen im Seelenieben nach aufwärts schlagen, bevor sie aber zum Ausdruck kommen, abgestumpft werden, so wie wenn Meeres-wogen im Inneren des Meeres nach aufwärts schlagen würden, aber vorher durch etwas zurückgestaut werden müßten.

Es sind nämlich zwei Gefühisimpulse, die allem künstlerischen Empfinden, allem künstlerischen Schaffen zugrunde liegen. Das eine ist ein Empfindungs­itnpuls, der, wenn er sich ganz ausbilden würde, zum Erröten führen würde. Denken Sie sich den Empfindungsimpuls, der den Menschen, wie zum Beispiel beim Schamgefühl, zum Erröten führt, unten in der Seele wirksam, bevor es zum Erröten kommt, dann haben Sie einen rhythmischen Schlag, der sich nicht voll auslebt.

Das andere, was in der Kunst lebt, würde, wenn es sich auslebte, zum Er­blassen führen. Alles, was in der Furcht lebt, darf nicht zum Erblassen führen.

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Nun denken Sie sich einmal diese beiden Empfindungsimpulse, das, was zum Erblassen, das, was zum Erröten drängt, ineinanderströmend, dann haben Sie dasjenige Seelenleben, was eigentlich dem Künstlerischen zugrunde liegt, was in gewisser Weise im Unterbewußten bleibt. Es darf kein Extrem heraus­kommen, es muß ineinanderwirken.

Nun hat man gerade die Möglichkeit, wenn man Rezitation und Eurythmie zusammenwirken läßt, das, was zum Erblassen führen würde durch die Euryth­mie, was zum Erröten führen würde durch die Rezitation, ineinanderklingen zu lassen. Man hat also wirklich etwas, was im besonderen Maße den künst­lerischen Bedürfnissen, der künstlerischen Veranlagung der menschlichen Seele entgegenkommt. Man bekommt dadurch eine wunderbare Kompensa­tion, wenn man beide Dinge zusammenwirken läßt. Es ist schon einmal der psychologische Prozeß bei den einfachsten Dingen des Lebens ein kompli­zierter, und so wenig man etwas ahnt davon: Im wirklichen künstlerischen Leben werden die Seelen tatsächlich hin- und hergerissen zwischen Fürchten und Scham-Empfinden, zwischen Erröten und Erblassen. - Aber daß das Eigentümliche des Lebens in der Kunst dem Bewußtsein sich in anderer Weise darstellt, dem liegt zugrunde, geradeso wie im Meer, so in der Seele etwas, was man in so komplizierter Weise beschreiben und was derjenige kennen muß, der sich so in der Kunst beschäftigen will wie in den Zeiten, wo man nicht in Willkür künstlerische Formen zu schaffen suchte, sondern aus der Tiefe des geistigen Lebens selbst heraus.

Ich glaube nun allerdings, daß es vielleicht bald an der Zeit sein könnte, daß durch diejenigen Persönlichkeiten in unserer Gesellschaft, welche sich ein­gehend mit der Eurythmie befaßt haben, diese Eurythmie auch vor die Öffent­lichkeit getragen würde. Das ist allerdings mit einigen Schwierigkeiten ver­bunden, denn man muß sich ganz klar darüber sein, daß auf der einen Seite durch viele Bestrebungen der letzten Jahre, die mehr eine emotionelle Tanz-kunst allerdings pflegen, aber eine Tanzkunst vor die Öffentlichkeit getragen haben, schon Vorurteile gegen diese Art von Kunst geschaffen sind. Man spottet schon längst über solche Psychosen, die zu den anderen Psychosen ge­treten sind, indem man sich in der verschiedensten Weise tanzend in den letz­ten Jahren produziert hat. Auf der anderen Seite wird dasjenige, was eigentlich gewollt wird in der Eurythmie, nämlich etwas innerlich Gesetzmäßiges zu geben, nicht das, was von vorneherein zur Subjektivität deshalb spricht, weil es sich nicht erst aufzuschwingen braucht zu dem, was da eigentlich vorliegt. Dasjenige, was da eigentlich gewollt wird in der Eurythmie, wird auf Wider­streben stoßen. Das Sich-Einleben in eine Sache, das widerstrebt, nicht wahr, manchem von vornherein. Es ist bis jetzt nur, ich möchte sagen - aber es steht auch schon auf der Kippe - die Musikkunst vor der Gefahr bewahrt worden, daß der, welcher gar nichts von ihr versteht, eigentlich der richtige Beurteiler ist, daß man sich nicht erst in ein Verständnis einzuleben hat. Auch das wird nächstens anders werden. Aber der bildenden Kunst und allen anderen Kün­sten gegenüber ist man längst auf dem Standpunkt, daß derjenige das richtige Urteil hat, der sich nicht in die Gesetze der Kunst, in das, was die Kunst sein soll, in Wirklichkeit eingelebt hat. Nun muß bei der Eurythmie das schon wal­ten, daß man sich erst einleben muß. Daher wird - mit Respekt zu vermelden -der Journalismus, der heute tonangebend ist, furchtbar schimpfen, und ich habe schon eine leise Scheu davor, wenn unsere selbstverständlich durch Kunst und Leben etwas sensitiv gewordenen Damen vor die Öffentlichkeit hintreten müssen und da, nicht wahr, ordentlich ausgeschimpft werden. Das werden sie unweigerlich, das ist ganz selbstverständlich, denn würden sie es nicht, so würde ihre Kunst nichts wert sein. Würden sie gelobt werden, so würde die Sache sehr verdächtig sein. Wie gesagt, ich habe schon eine leise Scheu davor, aber es muß ausgehalten werden. Wir müssen uns darauf gefaßt machen, daß wir auch auf diesem Gebiet zunächst unsere Berechtigung dadurch erweisen, daß unsere Darbietungen gründlich durchgeschmipft werden. Das, nicht wahr, muß uns nicht irgendwie mutlos machen, sondern uns gerade das Rückgrat stärken.

Das sind so die paar Worte, die ich über die Eurythmie sagen wollte.


Für die Zeitungen*

Eine Darrtellnng in eurythinircher Kunst, veranstaltet von Tatiana Kisseleff und anderen wird am Montag, den 24. Februar 1919 (8 Uhr abends) im Pfauen-theater stattfinden. Diese Kunstform stellt sich neben andere ähnliche Formen von Bewegungskunst als etwas selbstandiges und neues dadurch hin, daß sie auf den inneren Kunstimpulsen des menschlichen Körpers selbst beruht, die sie durch intuitives Erfassen der Menschennatur zu erlauschen strebt und die sie in einer dem modernen Kunstempfinden entsprechenden Fortbildung der Goe­theschen Anschauung zur Offenbarung bringen will. In ihr liegt der Versuch vor, den in künstlerische Bewegung versetzten Einzelmenschen und Menschen­gruppen ebenso zum sichtbaren künstlerischen Ausdruck des Seelischen zu machen, wie dies in der Dichtung mit dem Worte, in der Musik durch den Ton geschieht, mit denen sie in ihrer Darstellung zusammenwirken und so eine Erweiterung der in diesen liegenden Kunstoffenbarung bieten will.

* Zur ersten öffentlichen Eurytbmie-Aufführung, die am 24. Februar 1919 in Zürich stattfand. Das Programm mit dem gedruckten Einführungstext Rudolf Steiners ist auf den folgenden Seiten wiedergegeben.

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MONTÄG DEN 24. FEBRUAR 1919, ABENDS 8 UHR

FINDET IM PFAUENTHEATER EINE DARSTELLUNG

EURYTHMISCHER KUNST

STATT. SIE WIRD VERANSTALTET SEIN DURCH

TATIANA KISSELEFF

UNTER MITWIRKUNG VON ELISABETH DOLLFUSS ANNA MARIE GROH, ANNA MARIE DONATH

EDITH ROHRLE U. A.

DIE DER AUEEUHRUNG ZU GRUNDE LIEGEN-

DEN DICHTUNGEN WERDEN VON MARIE

STEINER REZITI [RT WERDEN, DIE BEGLEITENDE

MUSIK IST VON LEOPOLD VAN DER PALS, VON

MAX SCHUURMAN, JAN STUTEN.

DIE EURVTHMISCHE KUNSTEORM IST NACH

INTENTIONEN U. ANGABEN RUDOLE STEINERS

GEBILDET.

KARTEN ZU 3.-, 4.-, 5. - UND 6. - ER. BILLETVERKAUE AN DER

THEAJERKASSE ABENDS 7 UHR.. VORVERKAUE AM 22., 23. UND 24.

EEBRUAR 1919 VON 1l'/2- 121/2 UHR AN DER THEATERKASSE.

DER EEURICH-KONZERTELUGEL STAMMT

AUS DEM PIANOHAUS JECKLIN, ZURICH.

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E I N F U H R U N G

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Die als Eurythmie hezeidnnere ßewegungskunst' die hisher nur in einem engeren Kreise gepflegt wurde, hat ihren Äusgangspunkt von der Änsdnauung Goethes genommen, dass alle Kunst die Offenharung ist verhorgener Natur­gesetze, die ohne soldne Offenbarung verhorgen blieben. Mit diesem Gedanken lässt sidn ein anderer, ebenfalls Goethesdner, verbinden. In jedem mensdnlidnen E inzelorgane findet man einen gesetzmässigen Äusdruek der mensdnlidnen Ge­samtform. Jedes einzelne Glied des Mensdnen ist gewissermassen ein Mensdn im kleinen, wie - goethisdn gedadnt - das Pflanzenblatt eine Pftanze im kleinen ist. Man kann diesen Gedanken umkehren und im Mensdnen einen Gesamtausdrudi dessen sehen, was eines seiner Organe darstellt. Im Kehlkopf und den Organen, die im Sprednen und Singen mit ihm verbunden sind, werden durdn diese Beta­tigungen ßewegungen ausgeführt oder audn nur intendiert, die sidn in Lauten oder Lautverbindungen offenbaren, während sie selbst im gewöhnliehen Leben unbeobadntet bleiben. Weniger diese ßewegungen selbst, als vielmehr die Be­wegungsintentionen sollen nun durch die Eurythmie umgesetzt werden in Bewe­gungen des Gesamtkörpers. Durch den ganzen Menschen soll sich als Bewegung und Haltung sichtbar machen, was sich im Bilden der Laute und Töne in einem

einzelnen Organsysteme unwahrnehmbar abspielt. Durch Bewegungen der Glie­der am Menschen kommt zur Offenbarung, was sich im Sprechen und Singen im Kehlkopf und seinen Nachbarorganen vollzieht; in der Bewegung im Raume und in den Formen und Bewegungen von Gruppen wird dargestellt, was durch das Menschengemüt in Ton und Sprache lebt. Dadurch ist mit dieser euryth-mischen Bewegungskunst etwas geschaffen, bei dessen Entstehung die Impulse gewaltet haben, die in der Entwiekelung aller Kunstformen gewirkt haben. Alles willkürlich Mimische oder Pantomimische, alles Symbolisieren von Seelischem durch Bewegungen ist ausgeschlossen. Der Ausdruek wird durch einen gesetz­massigen inneren Zusammenhang erreicht, wie in der Musik. Wovon im Wesen des Künstlerischen die Tanzkunst einmal ihren Ausgangspunkt genommen hat, wovon sie aber im Laufe der Zeit sich weit entfernt hat, darauf soll die Eurythmie sie wieder zurückführen. Sie will dies aber im Sinne einer wahrhaft modernen Kunstauffassung, nicht durch Nachahmung oder blosse Wiederherstellung eines Alten. Es liegt in der Natur der Sache, dass die eurythmische Kunst sich ver­bindet mit der musikalischen. Die im Verlaufe der Darstellung auftretenden musi­kalischen Beigaben zu den eurythmischen Aufführungen haben L. van der Pals, Max Schuurman und Jan Stuten geliefert. Was jetzt schon als Eurythmie auftritt, ist ein Anfang; die mit dieser Kunst verbundenen Absichten werden wohl eine weitere Entwicklung finden. Sie möchten aber als ein Anfang genommen werden.

Eurythmie-Aufführung Dornach, 14. Dezember 1919

#G277a-1982-SE116 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

Eurythmie-Aufführung

Dornach, 14. Dezember 1919

PROGRAMM

Einleitende Worte von Rudolf Steiner

über eurythmische Kunst

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Evoe Musik von Max Schuurman

Der Mensch Worte von Rudolf Steiner

Aus den 52 Jahressprüchen Rudolf Steiner

Howards Ehtengedächtnis J. W. v. Goethe

Stratus (dargestellt durch

Cumulus Tatiana Kisseleif)

Cirrus

Nimbus

Der Spaziergang Martin Opitz

Musik von Max Schuurman

Aus den «Galgenliedern» Christian Morgenstern

Die Beichte des Wurms

Die Metamorphose der Pflanzen J. W. Goethe

Einleitende Worte zur Eurythmie -Aufführung

Dornach, 14. Dezember 1919

Eine Probe von dem, was wir hier eurythmische Kunst nennen, möchten wir uns erlauben Ihnen vorzuführen. Diese Kunst ist allerdings, so wie wir sie hier treiben können, erst im Anfange. Und so wie alles dasjenige, was hier im Zu­sammenhange mit diesem Bau angestrebt wird, der unsere Bestrebungen in ge­wissem Sinne repräsentieren soll, anknüpfen will an das, was ich Goetheanis­mus nennen möchte, so will auch diese eurythmische Kunst anknüpfen an Goethesche Kunstgesinnung, Goethesche Weltanschauungsgesinnung. Allein indem ich das ausspreche, bitte ich, mich nicht mißzuverstehen. Nicht soll ge­wissermaßen an dasjenige angeknüpft werden, was durch den Goethe schon zum Vorschein gekommen ist, der 1832 gestorben ist, sondern der Goetheanis­mus wird hier betrachtet wie ein Keim, der in die Evolution der Menschheit hineingeworfen worden ist und der die mannigfaltigsten Blüten und Früchte treiben kann. Wir reden hier niemals von dem Goethe von 1832, wir reden hier von dem Goethe von 1919, von einem fortgebildeten Goetheanismus.

Und versucht ist worden, aus jenen bedeutungsvollen, tiefen Quellen, aus denen Goethe seine Weltanschauung, seine Kunstbestrebungen geschöpft hat, nun auch entsprechend den Fortschritten, die der menschliche Geist seither gemacht hat, diese eurcthmische Kunst auszubilden. Und nicht um diese Kunst zu erklären, möchte ich diese Einieitungsworte sprechen, denn das, was Kunst ist, muß sich selbst erklären, muß im unmittelbaren Anblicke für den ästheti­schen Eindruck alles dasjenige offenbaren, was in ihm ist. Aber über die Quellen dessen, was wir hier eurythmische Kunst nennen, möchte ich Ihnen sprechen.

Diese eurythmische Kunst bedient sich als Ausdrucksmittel des ganzen Men­schen. Es wird versucht, alle diejenigen Bewegungsmöglichkeiten, die im menschlichen Organismus veranlagt sind, zum Ausdrucke zu bringen. Sie werden auf der Bühne hier vor sich bewegte Menschen und in Bewegung be­griffene Menschengruppen sehen. Was ist dasjenige, was durch diese Menschen zur Darstellung kommen soll? Es ist auch eine Sprache, eine nicht hörbare, eine stumme Sprache. Aber es ist nicht bloß ein Vergleich, den ich gebrauche, wenn ich sage: Eurythmie soll eine Sprache sein, sondern es ist der Ausdruck einer Wirklichkeit. Wenn die Menschen so sprechen, daß unser Gesprochenes hörbar wird, fließen zusammen - jetzt seelisch gesprochen - in dem, was wir sprechen, zwei Elemente des menschlichen Wesens: von der einen Seite her, ich möchte sagen von der Kopfseite her das Gedankenelement, und von dem ganzen Men­schen aus begegnet sich in der Sprache mit diesem Gedankenelement, das durch seine Organe wirkt - man kann das heute schon physiologisch auch nachweisen -,

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das Willenselement. In jedem einzelnen Worte, das wir hervor-bringen, ist eine Offenbarung enthalten eines Zusammenflusses des Gedanken-elementes mit dem Willenselement. Nun, wenn wir dem gesprochenen Worte zuhören, wenden wir unsere Aufmerksamkeit zunächst durch das Ohr dem Ton, dem Laut, dem Lautzusammenhange und so weiter zu. Aber dem, was da zu uns dringt als Laut, als Ton, als Ton- und Lautzusammenhang, in dem Ge­sanglichen, in dem Musikalischen und in dem Wörtlichen liegen zugrunde Bewegungsmöglichkeiten des Kehikopfes und seiner Nachbarorgane, der Zunge, des Gaumens und so weiter. Diese Bewegungen beachten wir nicht. Wir hören einfach den Ton. Durch ein gewisses Schauen - im Goetheschen Sinne könnte man von einem sinnlich-übersinnlichen Schauen sprechen - kann derjenige, der sich dazu befähigt, wahrnehmen, welche Bewegungen, ins-bes ondere welche Bewegung sanlagen, Bewegungstendenzen dem gesprochenen Worte zugrunde liegen. Diese Bewegungstendenzen des Kehlkopfes und sei­ner Nachbarorgane sind versucht aufzufassen. Und aus der Erkenntnis des­jenigen, was also wirklich im Menschen geschieht, durch Bewegungen ge­schieht, wenn er spricht, aus der Beobachtung dessen ist die Kunst der Euryth­mie entstanden.

Auch in der Ausbildung dieser Eurythmie ist man - wenn ich so sagen darf -goethisch zu Werke gegangen. Sie kennen - ich will nicht theoretisieren, aber ich will nur in kurzem ein wichtiges Erkenntnis- und Kunstprinzip Goethes anführen - das, was man die Goethesche Metamorphosenlehre nennt. Sie ist heute noch nicht genügend gewürdigt, denn wenn sie einmal in ihren Grund­lagen erkannt sein wird, wird sie die Pforte sein zu einer bedeutungsvollen Weltanschauung, die in das Lebendige hineinführt.

Goethe ist der Anschauung, wenn ich mich populär ausdrücken soll, daß bei jedem Lebendigen, zum Beispiel bei der Pflanze, ein einzelnes Organ, das grüne Pflanzenblatt, der einfachere Ausdruck, die einfachere Offenbarung der ganzen Pflanze ist. Und wiederum die ganze Pflanze ist nur die komplizierte Aus­gestaltung des einzelnen Blattes. Und was Goethe nur auf die Form angewendet hat, kann man auf die Bewegungen anwenden, die in einem Organismus zum Ausdrucke kommen. Und es wird besonders bedeutungsvoll, wenn man diese Anschauung so anwendet, daß man künstlerisch aus dem Menschen herausholt, was in dem ganzen Menschen an Bewegungsanlagen vorhanden ist. Da stellt sich nämlich etwas sehr Interessantes heraus. Es stellt sich heraus, daß man die Bewegungen, welche durch das charakterisierte sinnlich-übersinnliche Schauen als zugrunde liegend unserer Sprache wahrgenommen werden können, auf den ganzen Menschen übertragen kann. So wie die ganze Pflanze morpholo­gisch, formell, eine komplizierte Ausgestaltung des einzelnen Blattes ist, so kann man den ganzen Menschen in seinen Gliedern sich so bewegen las­sen, daß er ein lebendiger Kehlkopf wird. Dann führt der ganze Mensch das aus, was uns sonst unsichtbar, unbeachtet bleibt, wenn wir dem Sprechen zuhören.

Sehen Sie, anf der einen Seite schafft man ein Werkzeug für eine Kunst. Den ganzen Menschen schafft man zum Werkzeuge für diese eurythmische Kunst. Und da aus dem ganzen Menschen herausgeholt werden können dieselben Be­wegungen, die das Organ des Kehlkopfes und seiner Nachbarorgane macht, so wird der ganze Mensch zu einem sichtbaren Sprachausdruck. Wenn man bedenkt, daß der Mensch, so wie er in seiner Organisation vor uns steht - in der Tat, man muß ihn nur durchschauen, um das zu erkennen -, eine Zu­sammenfassung ist von all dem, was sonst in dem ganzen Universum, das uns zugänglich ist, ausgebreitet ist, dann erkennt man, daß sich die Eurythmie als ihres Ausdrucksinstrumentes des kompliziertesten Werkzeuges bedient, das am meisten Geheimnisse des Universums enthält. Man kommt da wirklich, wenn man so den ganzen Menschen zum Kehlkopfr macht, nahe dem, was Goethe so schön charakterisiert als seine Anschauung von der Beziehung des Menschen zur Natur und zur Kunst, indem er sagt: Wenn der Mensch an den Gipfel der Natur gestellt ist und sich selber als diesen Gipfel fühlt, so bringt er in sich wiederum eine höhere Natur hervor, so daß er sich endlich, indem er zusammen-nimmt Maß, Ordnung, Harmonie und Bedeutung, zur Produktion des Kunst-werkes erhebt. - Man erhebt sich aber insbesondere zur Produktion des Kunst-werkes, wenn man nun den Menschen selbst als Ausdrucksinstrument für diese Kunst benützt.

Nun wird aber zu gleicher Zeit noch etwas anderes erreicht. Das Wesentliche des Künstlerischen liegt darinnen, daß, indem wir uns in das Kunstwerk ver­senken, wir zum Schweigen bringen alles Verständige, alles Intellektuelle, alles das, was bloß in Begriffen und Ideen lebt. Je mehr die Kunst Ideen und Begriffe enthält, desto weniger ist sie Kunst. Wenn mit Umgehung alles Begrifflichen, Vorstellungsmäßigen, der ganze Mensch sich in die Offenbarung der Natur-geheimnisse vertieft, kommt man damit, daß man die Ideen ausschließt, dem wahren Weben und Walten der Naturgeheimnisse näher. Dann ist dieses Wahr-nehmen, dieses ideen- und begriffelose Wahrnehmen und Sich-Versenken in die Dinge das Künstlerische gerade. Und das Schaffen in solchen Geheimnissen des Universums, die nicht begrifflich zu erfassen sind, sondern die mit Aus­schluß des Begrifflichen, des Ideenhaften durch die Versenkung des ganzen Menschen in sie hinein erfaßt werden müssen, ist im höchsten Maße eigent­lich durch die Eurythmie zu erreichen. Denn ich habe Ihnen gesagt: Im ge­wöhnlichen Sprechen fließen zusammen zwei Elemente, das Gedankenelement und das Willenselement. - Indem man nun überträgt die Bewegungstendenzen des Kehlkopfes und seiner Nachbarorgane auf den ganzen Menschen, so daß man durch diesen ganzen Menschen eine stumme Sprache schafft, schaltet man gerade das Gedankenelement und das Willenselement aus, das da wurzelt im

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ganzen Menschen. Das kommt dann durch die Bewegungen zum Ausdrucke, die Sie auf der Bühne sehen.

Und so werden Sie auf der einen Seite in den einzelnen Darstellungen etwas wie den ganzen Menschen sehen als einen bewegten Kehlkopf. Sie werden Menschengruppen sehen, Sie werden auch Bewegungen des einzelnen Men­schen im Raume sehen, Bewegungsverhältnisse der einzelnen Mitglieder der Gruppen zueinander. Wenn man so die eurythmische Kunst ausgestaltet, wie ich es geschildert habe, wird es einem ganz selbstverständlich, daß man auch dasjenige zum Ausdruck bringen will, was durch unsere Worte fließt an Seelen-wärme, an Enthusiasmus, an Lust und Leid, an Freude und Schmerz, an Er­hebung und so weiter. Alles dasjenige, was so, ich möchte sagen, mehr vom Herzen aus das Sprachelement durchwallt und durchwebt, wird durch die Be­wegungen des einzelnen Menschen im Raume und durch die Bewegungen der Gruppen, durch die Verhältnisse der Gruppen untereinander zum Ausdrucke gebracht; während das eigentliche Sprachelement, also dasjenige, was im Laut und in der Lautfolge liegt, durch den ganzen Menschen, indem er seine Glieder bewegt, zum Ausdrucke gebracht wird. Damit aber unterscheidet sich das, was wir hier als Eurythmie versuchen, von allen Nachbarkünsten. Wir wollen mit diesen Nachbarkünsten, mit den verschiedenen Arten von Tanz-künsten durchaus nicht konkurrieren. Wir wissen ganz gut, daß sie in ihrer Art heute selbstverständlich vollkommener sind als unsere Eurythmie, die erst im Anfange ihrer Bestrebungen ist. Aber sie ist auch etwas ganz anderes. Diese Künste bringen einen Zusammenhang zwischen der Gebärde der Bewegung und dem Seelischen, der gewissermaßen ein Augenbllckszusammenhang ist. Aber alles das, was so pantomimisch, mimisch durch Augenblicksgesten zum Ausdrucke gebracht werden kann, ist in unserer Eurythmie nicht an­gestrebt. So wie das Sprechen selbst durchaus gesetzmäßig verläuft, so wie das Musikalische gesetzmäßig verläuft, so besteht auch eine streng innerliche Ge­setzmäßigkeit in demjenigen, was wir eurythmisch anstreben. Wenn noch etwas Pantomimisches, etwas Mimisches durchdringt, so ist das noch eine Un­vollkommenheit und wird später abgestreift werden, wenn die eurythmische Kunst vollkommener und vollkommener wird. Daher ist auch nichts Willkür­liches in den Dingen.

Wenn zwei Menschen oder zwei Menschengruppen an verschiedenen Orten ein und dieselbe Sache eurythmisch darstellen würden, so würde der indivi­duellen Auffassung kein größerer Spielraum gestattet sein, als gestattet ist, wenn zwei Klavierspieler ein und dieselbe Beethovensche Sonate nach ihret Auffassung individuell zur Darstellung bringen. Alles Willkürliche ist aus­geschlossen. Es ist eine gesetzmäßige, stumme Sprache.

Daher kann heute noch, wo selbstverständlich noch nicht jedermann dem Eurythmischen als solchem folgen kann, dieses Eurythmische auf der einen Seite begleitet werden von dem Musikalischen, das schließlich der Ausdruck desselben ist, aber auch von der Rezitation begleitet werden. Und gerade bei der Rezitation zeigt sich, wie Kunst zu Kunst sich findet, wenn man sie mit der Eurythmie zusammenstellt. Da kann man nicht so rezitieren, wie es heute be­liebt ist zu rezitieren. Heute ist, wenn man rezitiert, ganz besonders das un­künstlerische Element der Dichtung bevorzugt. Es wird heute viel darauf ge­sehen beim Rezitieren, daß im Grunde der Prosainhalt durch das Rezitieren zum Ausdrucke kommt. Und das liebt man auch. Das ist ein Unkünstlerisches. Man fühlt dieses Unkünstierische, wenn man sich erinnert erstens, wie ge­wisse Arten - ich möchte sagen - von primitiver Rezitation sich in primitiven Kulturen zur Geltung gebracht haben. Man konnte es - diejenigen Leute, die jetzt älter geworden sind, konnten das auf dem Lande draußen noch erleben -sehen, wenn so die Bänkelsänger herumzogen, wie sie durchaus mit Gebärden, die aber sehr natürliche Gebärden waren, nicht in dem Sinne, wie man das heute natürlich nennt, sondern die sogar unseren eurytlnnischen Gebärden sehr ähnlich waren, oftmals durch den ganzen Körper dasjenige begleiteten, was sie zur Darstellung im Rezitativ brachten. Und schließlich liegt ja der wirklichen Dichtung nicht der Prosainhalt als die Hauptsache zugrunde, sondern das Rhythmische, das Formelle, das Formale, das Taktmäßige, das Gesetzmäßige in der Aufeinanderfolge des Hörbaren.

Schiller hatte bei den bedeutsamsten seiner Gedichte zunächst nicht den wort-wörtlichen Inhalt in der Seele, sondern etwas unbestimmt Melodiöses, und zu diesem unbestimmt Melodiösen, in dem gar noch nichts Wortwörtliches war, gese]lte er erst hinzu den wortwörtllchen Inhalt. Überall sollte man fühlen das Gestaltende, das jeder wirklichen Dichtung zugrunde liegt. Die meisten Dinge, die man heute Dichtungen nennt, sind keine Dichtungen. Es wird heute so viel gedichtet, daß eigentlich um 99 Prozent zu viel gedichtet wird. Aber man würde nicht mit der heute beliebten Rezitationskunst, die den wort-wörtlichen Prosainhalt besonders berücksichtigt, die Eurythmie begleiten können. So wird hier versucht, auch in der Rezitationskunst zu dem wirklich Künstlerischen zurückzugehen.

Goethe hat noch mit dem Taktstock in der Hand, wie ein Kapellmeister, selbst seine «Jphigenie», also eine dramatische Dichtung, mit seinen Schauspielern einstudiert, hinsehend auf das, was als das wirklich künstlerisch Formale dem zugrunde liegt, wodurch sich das wirklich Künstlerische zum Ausdrucke bringt, nicht im Prosaelemente, dem wortwörtlichen Inhalt. Und so ist es ins­besondere, daß man das, was sonst in der Dichtung zum Ausdrucke kommt durch das Wort, daß man das in seinem Willenselemente darstellen kann durch die eurythmische Kunst. Sie werden also rezitieren hören Gedichte, Sie werden diese Gedichte in der stummen eurythmischen Sprache auf der Bühne vor­geführt sehen.

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Ich glaube, es zeigt sich insbesondere gerade an Goetheschen Gedichten die Berechtigung dieser eurythmischen Kunst. Wir werden Ihnen heute zum Bei­spiel eurythmische Darstellungen für Goethes Wolken-Gedichte vorführen. Goethe hat seine Metamorphosenanschauung auch mehr sie veräußerlichend, aber dadurch eben gerade ins Künstlerische übertragend, auf die sich ver­wandelnden Wolkengebilde Stratus, Cumulus, Cirrus, Nimbus angewendet. Wie sich diese Wolkengebilde ineinander verwandeln, hat Goethe in wunder­schönen Versen zur Anschauung gebracht, eine Anschauung, die ihm auf­gegangen ist, als er den Wolkenbeobachter Howard gelesen hat. Er hat ein sehr schönes Gedicht zu Howards Ehrengedächtnis verfaßt, das wir ebenfalls Ihnen heute eurythmisch zur Darstellung bringen werden. Aber gerade wenn man solche Dichtungen Goethes hat, in denen es so recht darauf ankommt, ein in der Natur sich Gestaltendes in der Dichtung mit solchen Formen zu ver­folgen, daß das sich in der Natur Gestaltende nachquellt und nachwallt in dem Rhythmus und in der Formgebung des Sprachlichen, dann kann man auch mit den Formen der Eurythmie der Dichtung nachfolgen. Und deshalb glaube ich, daß gerade an diesen Wolken-Dichtungen Goethes schön zum Ausdrucke gebracht werden kann, wie völlig adäquat der eurythmische Ausdruck für das gefunden werden kann, was auf der anderen Seite auch dichterisch zum Aus­drucke gebracht werden kann.

Nun gibt es ein Gedicht Goethes, in dem Goethe selber die ganze Art seines Metamorphosengedankens, seiner Metamorphosenempfindung zum Aus­drucke gebracht hat, in dem Gedicht «Die Metamorphose der Pflanzen». Das ganze Gedicht lebt in der Darstellung von Formanschauung. Von Zeile zu Zeile haben wir eigentlich das Gefühl, daß wir nicht haften bleiben dürfen an der abstrakten Idee, sondern daß wir uns mit unserer ganzen Seele folgsam zeigen müssen den Formen, die in des Dichters Phantasie wogen und wallen. Und daher kann man gerade diesem Metamorphosengedichte Goethes die eurythmische Darstellung voll anpassen. Und wir haben versucht, für die heu­tige Aufführung auch dieses Gedicht Goethes über die Metamorphose der Pflanzen in eurythmische Formen umzugießen. Gerade da, wo die Dichtung selber wie ein unmittelbar durch die Seele geschaffener Abdruck der in der Natur waltenden Geheimnisse wird, offenbart sich auf der einen Seite das Künstierischwerden des menschlichen Empfindens selber, auf der anderen Seite die Möglichkeit, dieses Künstlerische auch so zur Darstellung zu bringen, wie es gebracht werden kann, wenn der ganze Mensch, wie ich es angedeutet habe, als gewissermaßen musikalisch-sprachiiches Instrument benützt wird. So dringen wir wohl in Naturgeheimnisse tief hinein, wenn wir in dieser Form-sprache diese Geheimnisse suchen, die wir in der Eurythmie zur Offenbarung zu bringen bestrebt sind.

Nur bitte ich Sie, alles dasjenige, was wir heute, was wir gegenwärtig schon als Probe dieser unserer eurythmischen Kunst vorbringen können, durchaus als einen Anfang zu betrachten, vielleicht als den Versuch eines Anfanges. Wir sind selbst in bezug auf das, was wir heute schon können, die strengsten Kriti­ker. Allein wir sind auch überzeugt, wenn das, was darinnen lebt in dem Ver­such einer neuen Kunst, entweder noch durch uns selbst oder wahrscheinlich durch andere weiter zur Ausbildung gebracht wird - und es liegen viele, viele Entwickelungsmöglichkeiten darinnen -, wird sich diese eurythmische Kunst als vollberechtigte Kunstform neben andere vollberechtigte Kunstformen ge­wiß einmal hinstellen können. Wie gesagt, wir denken über das, was wir heute schon bieten können, durchaus bescheiden, und ich bitte Sie deshalb auch das, was wir Ihnen darstellen werden, mit Nachsicht als den Anfang einer neuen Kunstform aufzunehmen.


HENDRIKA HOLLENBACH

Die ersten Anfänge der Toneurythmie

Es war 1919. In Dornach waren die Arbeiten am Bau, woran ich in bescheide­nem Maße hatte teilnehmen dürfen, mehr oder weniger abgelaufen. Aber ich hatte gehört, daß Dr. Steiner sich dahin geäußert haben sollte, daß es gut wäre, wenn die Kinder zum Singen zusammengenommen werden könnten, und da ich auf diesem Gebiete Erfahrung hatte, reifte der Plan in mir, einen kleinen Singchor zu formen. Es schien mir, daß die toneurythmischen Bewegungen für die Stammtöne unseres Tonsystems das einzige, was damals auf diesem Ge­biete schon gegeben war, geeignet sein würden, Aniänglich-Theoretisches und auch kleine Gehörübungen interessant für die Kinder zu machen. Und so besprach ich den Plan mit Frau Dr. Steiner. Diese erklärte sich einverstanden und teilte den Mitgliedern nach einem Vortrag Tag und Ort für die Anfangs-stunde mit. Es kamen acht oder zehn Kinder, und so fing eine musikalische Arbeit an, wovon ich dazumal wenig voraussehen konnte, daß sie zum Keim werden würde für die Entwicklung der Toneurythmie, zu einem selbständigen Kunstzweig neben der Lauteurythmie.

Im Jahre 1915 hatte Dr. Steiner den damals in Dornach anwesenden vier Eurythmielehrerinnen viel neues Material gegeben, dazu auch Bewegungen für die Farben und für die Töne, und wir Dornacher lernten diese Bewegungen im vierten und fünften Eurythmiekurs, machten ein Gedichtchen, wo die Handbewegungen

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für die Farben angewendet wurden, und ein kleines Liedlein mit den Tonbewegungen; aber viel weiter ging die Sache nicht. Die Töne wurden nur stehend gemacht, mit kleinen Sprüngen bei den Tönen g, a und h, so wie Dr. Steiner es angegeben hatte. Es waren einige Kompositionen entstanden, wo - nach Angaben von Dr. Steiner - auf dem letzten Wort jedes Satzes meh­rere Töne kamen, die «gehüpft» werden mußten. So war die Musik für die Sirenen in «Faust» von Leopold van der Pais und die zu einem Gedicht aus der «Chymischen Hochzeit» von Max Schuurman entstanden, wo in der Auf­führung nicht der gesungene Text, sondern nur die Tonreihen am Ende der Sätze stehend mitgemacht wurden. Ich fing nun an, mit den Kindern außer dem Üben von etwas größeren Liedern ganz kleine Liedlein über vier oder fünf Tönen in der Weise durchzunehmen, daß die eine Hälfte sang und die andere toneurythmisch die vorläufig nur in Sekunden sich bewegenden kleinen Melo­dien mitmachten; dann wurde die Sache umgekehrt: die Singenden hüpften und die Hüpfenden sangen, und so kam allmählich ein natürliches und leichtes Mitgehen mit den Bewegungen zustande. Da das stehende Hüpfen nicht viel Platz einnahm, genügte uns dazu ein Musikzimmer, welches uns durch Frau Eckinger, deren beiden Kindern ich damals auch Klavierunterricht gab, zur Verfügung gestellt wurde. Als Weihnachten herankam, fingen wir an, Weih­nachtslieder zu üben, und in der Weihnachtszeit 1919 trat der inzwischen etwas vergrößerte Singchor zum ersten Male in der Schreinerei auf, allerdings nur singend.

Im nächsten Jahr konnte ich dazu übergehen, größere Lieder durch die mehr fortgeschrittenen Kinder machen zu lassen. Und als wir ein dreistrophiges Lied in Dur so weit hatten, daß drei Kinder es hübsch im Dreieck hüpfen konnten, mit frei gelaufenen Übergängen zwischen den drei Strophen zu einem kleinen Zwischenspiel, das ich dazu geschrieben hatte, und ein Lied in Moll in etwas anderer Weise einstudiert war, bat ich Frau Dr. Steiner, sich die Sachen einmal anzusehen. Wir bereiteten alles vor auf der Bühne; der kleine Chor stand auf dem kleinen Podium vorne, und als Frau Doktor die Sachen sah, sagte sie zu unserem Erstaunen und zur Freude der Kinder: «Das nehmen wir Sonntag ins Programm.» Die Aufführung fand herzliche Aufnahme, jeder­mann freute sich, die Kinder etwas machen zu sehen, und nach der Aufführung sagte Frau Doktor zu mir: «Jetzt müssen meine Damen auch hüpfen lernen.» Sie schickte mir sechs von den damaligen Eurythmistinnen, und mit diesen und sechs von den begabtesten Kindern fing ich an, eine kleine Bach-Kompo­sition einzuüben.

Zum ersten Male waren wir von dem Gesanglichen abgegangen, und die Kinder, vorne im Sechseck stehend, machten die Oberstimme des Klaviers und die Damen den Baß. Bei der Wiederholung des ersten Teiles wurde ein etwas komplizierterer Übergang gemacht, um Abwechslung zu haben, und der zweite Teil fing dann an anderer Stelle an. Als es aufgeführt wurde, mußte es wieder­holt werden, und nun kamen auf der einen Seite Anfragen um Spezialunter­richt in Toneurythmie und auf der anderen Seite baten mich die Eurythmistin­nen, jeden Tag von 10 bis 11 Uhr mit ihnen auf der Bühne zu üben. Da kam dann die Entwicklung erst recht in Gang, denn öfters, wenn Dr. Steiner durch die Schreinerei kam, hatten wir Gelegenheit, Fragen zu stellen. So hörten wir, daß wir die Töne durchaus auch im Gehen machen konnten. In Dur hüpften wir nun die Töne g, a, h im Gehen, aber wie die anders gearteten Moll-Sprüng­lein im Gehen angedeutet werden könnten, war ein Problem. Als ich Dr. Steiner fragte, sagte er, man müsse dann anhalten in der Bewegung, und als ich nicht gleich verstand, wie er es meinte, ließ er es mich machen: Einen Schritt nach vorne, dann die Füße nebeneinanderstellen, wieder einen Schritt, und wieder Füße zusammenstellen und so weiter, so daß bei der Reihe f, g, a, h, c eine starke Verzögerung, wie eine leichte Hemmung, im Gehen herauskam. Auch das Problem der abgeleiteten Töne wurde besprochen. Zunächst fragten wir, wie die durch Kreuze erhöhten Töne gemacht werden könnten, und er gab an, daß dann in der Tonstellung des Stammtones zwischen Ober- und Unterarm ein rechter Winkel geformt werden sollte. Wir übten dies in verschiedener Weise in Dur und Moll und ftagten dann über die Beën. Zu unserem Erstaunen fand Dr. Steiner, daß kein Unterschied zwischen den enharmonischen Tönen gemacht zu werden brauchte, daß Ges zum Beispiel einfach als Fis gemacht werden konnte. Da wir aber gern Differenzierung in der Bewegung haben wollten, fragten wir, ob nicht durch weiche, nach innen gerundete Hand-haltung in der entsprechenden Winkelstellung die Beën angegeben werden könnten. Das bejahte Dr. Steiner. «Ja, so können Sie es auch machen», sagte er. Später gab er an, daß für ein Doppelkreuz außer der Winkelstellung von Ober- und Unterarm noch ein rechter Winkel zwischen Hand und Unterarm gemacht werden könnte. Wir wollten auch wissen, ob wir den oberen Dur-und unteren Molltonkreis auch in einer mittleren Zone in Schulterhöhe ver­legen könnten, wo dann in Dur die abgeleiteten Töne mit nach oben gerichte­tem Unterarm, in Moll mit flachliegenden Winkelstellungen gemacht werden könnten. Dies bejahte Dr. Steiner und fügte hinzu, daß wir es auch selbst nach hinten machen könnten, wenn das möglich wäre. Auf die richtigen Winkel-stellungen schien es in allen diesen Bewegungen anzukommen.

Hatte man diese erfaßt, dann konnte man metamorphosieren und zum Bei­spiel den Tonkreis in kleinerem Umfang mit Bewegungen nur mit dem Unter­arm, mit Handgelenkwinkel für die abgeleiteten Töne machen. Nun galt es, auf der einen Seite alle diese Sachen in Kursen zu unterrichten, was meine Aufgabe wurde, und auf der anderen Seite die geeigneten Sachen zu finden für die Bühne. Weihnachten 1920 hatten wir einen Teil der Hirtenmusik aus Bachs Weihnachtsoratorium aufgeführt, wofür ich zum ersten Male Herrn Doktor

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um eine Form gebeten hatte. Ich erinnere mich, wie er mir eine ziemlich frühe Zeit angab, wo er kommen wollte, um sich die Sache anzuhören. Die Musi­ker - es war für Geige, Cello, Harmonlum und Klavier - kamen frierend nach oben, denn es war sehr kalt, und als Dr. Steiner noch nicht gleich kam, fingen sie schon an zu meinen, es sei wohl ein Mißverständnis, und ich habe Herrn Doktor wahrscheinlich falsch verstanden. Dann aber kam Dr. Steiner, und ich mußte zu meiner Beschämung bemerken, daß kein Papier zum Zeichnen da war. Er aber riß ein großes Stück von dem groben grauen Papier, womit die Bühne vorne verschalt war, ab und begann darauf zu zeichnen, so daß diese allererste Toneurythmieform ein ganz merkwürdiges Dokument wurde.

Im nächsten Jahr galt es nun etwas zu suchen, womit das Moll-Gehen geübt werden konnte. Ich wählte dazu den Trauermarsch von Mendelssohn, und da um dieselbe Zeit eine junge Eurythmistin mir anvertraute, daß sie gerne ver­suchen möchte, ein Solostück in Toneurythmie einzustudieren, und mich bat, Dr. Steiner um eine Form zu bitten und es dann mit ihr im Glashaus einzuüben, ging ich mit der Bitte zu Herrn Doktor, sich die beiden Musikstücke anzu­hören. Er sagte zu und wollte gegen Abend im Bau sich die Sachen anhören. Als sie vorgespielt waren, der Trauermarsch und «Schmetterling» von Grieg, sagte er, er würde mir am nächsten Tag die Formen geben. Wie erstaunt war ich, als ich die Blätter sah, denn für den «Schmetterling» waren zwei ver­schiedene, sehr schöne Formen gezeichnet, wovon er aber sagte, die obere wäre doch wohl die meist geeignete, und für den Trauermarsch, den ich als Gruppe einstudieren wollte, hatte Herr Doktor außer der großen Form unten am Blatt ganz klein die Form dreimal ineinander gezeichnet, um anzudeuten, wie das mit drei oder mehr Menschen gemacht werden konnte. «Sie können dann so viele hereinstellen, wie Sie wollen», sagte er, und obschon er die Musik nur einmal am vorigen Abend hatte vorspielen hören, schien sie ihm ganz gegen­wärtig zu sein, denn er ging liebevoll auf einiges ein, was ich noch über Ein-teilung fragte.

Ankündigungen Rudolf Steiners zu den Dornacher

Eurythmie -Aufführungen

und Mitteilungen an die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft


Das Märchen vom Quellenwunder ist besonders gut wiederzugeben in Euryth­mie, weil es schon eurythmisch in Gedanken und Gefühlen dichterisch ge­staltet ist. Bei der Konzeption schwebten Steiner die Gestalten in euryth-mischen Formen vor.

Notiz, 1917

*

Aber vieles ist noch zu tun, zum Beispiel bemühe ich mich, werde mich in der nächsten Zeit sehr bemühen, gerade den Gang der dramatischen Kunst, das eigentlich Künstlerische des Dramas, irgendwie zur eurythmischen Offen­barung bringen zu können, was sehr schwierig ist.

Aus einer Eurythmie-Ansprache, Dornach, 9. Mai 1920

*

Zwei Darbietungen

mit teilweise erneutem Programm

Samstag, 7. Februar 1920, 5 Uhr

Sonntag, 8.Februar 1920, 5 Uhr

Imaginationen, Impressionen, Phantasien

(Ernstes und Grotesken)

*

Wir müssen, meine sehr verehrten Anwesenden, ebenso, wie wir uns einer wirklichen geisteswissenschaftlichen Kultur, Kunst und so weiter zuwenden, ebenso stark alles das abweisen, was aus nicht ehrlichen, nicht wahren, nicht aufrichtigen Empfindungen heraus sich zu dem sogenannten Geistigen wendet, was Mystelei und dergleichen ist. Und um Ihnen zu zeigen, was wir gegenüber dem falschen Mysteln, dem koketten Mysteln, dem unaufrichtigen, unehrlichen Mysteln für Empfindungen haben können, möchten wir Ihnen noch kurz et­was Eurythmisches vorführen.

Ankündigung der Aufführung des Satirischen Auftaktes am Schluß des ersten Hochschulkurses in Dornach am 16. Oktober 1920

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WEST - OST

II. Internationaler Kongreß der anthroposophischen Bewegung

Volksoper, Freitag, 2. Juni 1922, 3 Uhr, nachmittags

Darstellungen in eurythmischer Kunst

ausgehend vom GOETHEANUM

Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach (Schweiz>

PROGRAMM

Einleitende Worte über eurythmische Kunst

von Dr. Rudolf Steiner

In eurythmischer Einzel- und Gruppenkunst kommen zur Darstellung:

I. Teil

Harmonischer Auftakt Max Schuurman

Aus «Wegzehrung» Albert Steffen

Weltenseelengeister Rudolf Steiner

Lebenszauber Edvard Grieg

Kophtisches Lied J. W. Goethe

Begegnung C. F. Meyer

Szene aus dem 4. Bilde der dramatischen

Dichtung «Der Seelen Erwachen» Rudolf Steiner

II. Teil

Szene aus dem 6. Bilde der dramatischen

Dichtung «Der Hüter der Schwelle» Rudolf Steiner

Einleitende Musik aus der 4. Symphonie Anton Bruckner

Der Schatzgräber J. W. Goethe

Musikalischer Auftakt Max Schuurman

Amiens Lied aus «Was ihr wollt» Shakespeare

mit musik. Beigabe von L. v. d. Pais

An eine Gans Fercher von Steinwand

Ariels Lied aus «Der Sturm» Shakespeare

Tonbild Edvard Grieg

Der Rattenfänger J. W. Goethe

mit Musik von Max Schuurman

Einführung

Der eurythmischen Kunst liegt eine aus der menschlichen Wesenheit heraus gebildete sichtbare Sprache zu Grunde. Diese offenbart sich in Bewegungen, die der einzelne Mensch durch seinen Körper oder seine Körperglieder aus­führt, oder die durch Menschengruppen vollzogen werden. Es handelt sich nicht um eine gebärdenhafte, mimische oder tanzartige Bewegung, sondern um eine wirkliche Sprache, die von Tanz, Mimik, Gebärde so weit absteht wie der Gesang oder die Lautsprache selbst. Es wird nicht ein einzelnes Seelenerlebnis, eine Empfindung oder ein Gefühl, mit einer Bewegungsform willkürlich zu­sammengebracht; sondern es wurden die in der organischen Gestaltung des ganzen menschlichen Organismus veranlagten Bewegungsmöglichkeiten zu einem Ausdrucksmittel so gebildet, wie dies naturgesetzlich mit einer einzelnen Organgruppe bei Gesang und Sprache geschieht. Und es folgen sich dadurch auch die Einzelbewegungen wie Töne und Laute beim Singen und Sprechen. -Die in der Eurythmie zur Offenbarung gelangenden Bewegungen sind auch bei Gesang und Sprache in der Anlage (als organische und Willens-Tendenz) vorhanden; sie werden da aber schon in der Entstehung umgewandelt in die­jenigen, welche die Sing- und Sprechorgane ausführen. Diese Anlagen werden in der Eurythmie durch sinnlich-übersinnliches Schauen festgehalten und dadurch der ganze Mensch zum (auf sichtbare Art sich ausdrückenden) Sing­und Sprachorganismus gemacht.

In der menschlichen Sprache kommt Gedanke und Wille zum Ausdrucke. Der Gedanke ist dabei das unkünstlerische Element. In der dichterischen Sprachbehandlung wird die Kraft des Gedankens zurückgeführt auf das willensartige Element, in Takt, Rhythmus, Bildhaftigkeit usw. Die Eurythmie führt diese Umwandlung bis zum Ende durch. Der räumlich-bewegte Mensch wird zur Erscheinung des Seelisch-Geistigen. - Das Eurythmische kann einer­seits begleitet sein vom Musikalischen. Da ist es sichtbarer Gesang. Andrer­seits von Rezitation und Deklamation. Da kommt der wirkliche künstlerisch-poetische Gehalt zur unmittelbaren Anschauung. Die Rezitation und Dekla­mation sind, wenn sie däs Eurythmische begleiten, genötigt, in allem (pro­saischen) Pointieren des Inhaltes der Dichtung sich zurückzuhalten und das Bildhafte und Musikalische, also das wahrhaft Künstlerische hervortreten zu lassen. Außer der künstlerischen Seite hat die Eurythmie noch eine hygienisch-therapeutische und eine pädagogisch-didaktische. Dabei werden die in der Eurythmie als Kunst auftretenden Formen entsprechend umgewandelt. - Man darf glauben, daß diese Kunstform, die heute noch im Beginn ihrer Entwick­lung steht, sich wird unbegrenzt vervollkommenen können; denn ihr Werk­zeug ist in einem umiassenderen Sinne der Mensch selbst, als dies bei anderen Kunstformen der Fall ist.

#SE277a-123

WEST-OST

II. Internationaler Kongreß der antliroposophischen Bewegung

Volksoper, Freitag, 9. Juni 1922, 3 Uhr nachmittags

Darstellungen in eurythmischer Kunst

ausgehend vom GOETHEANUM

Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach (Schweiz)


PROGRAMM

Einleitende Worte über eurythmische Kunst von Dr. Rudolf Steiner

In eurythmischer Einzel- und Gruppenkunst kommen zur Darstellung:

I. Teil

Romantischer Auftakt Max Schuurman

Proteus Fr. Hebbel

Chor der Urträume Fercher von Steinwand

Mit musikalischer Beigabe von Leopold van der Pais

II. Teil

Elfe Eichendorff

Mit musikalischer Beigabe von Max Schuurman

Abendgefühl Fr. Hebbel

Das Veilchen J. W. Goethe

Menuett L. van Beethoven

Humoresken Chr. Morgenstern


Die der Aufführung zugrunde liegenden Dichtungen

werden von Marie Steiner rezitiert

WEST-OST

II. Internationaler Kongreß der anthroposophischen Bewegung

Volksoper, Montag, 12. Juni 1922, 3 Uhr nachmittags

Darstellungen in eurythmischer Kunst

ausgehend vom GOETHEANUM Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach (Schweiz>

PROGRAMM

Einleitende Worte über eurythmische Kunst von Dr. Rudolf Steiner

In eurythmischer Einzel- und Gruppenkunst kommen zur Darstellung:

I. Teil

Das Traumlied, aus dem Alt-Norwegischen

übertragen von Rudolf Steiner

Mit musikalischer Beigabe von Jan Stuten

II. Teil

Aus «Der Sturm», Ariels Lied W. Shakespeare

Mit musikalischer Beigabe von Leopold van der Pais

Das Sträußchen (aus dem Alt-Böhmischen) J. W. Goethe

Heiterer Auftakt L. van der Pals

Aus dem «Buch der Lieder» H. Heine

Musikalischer Auftakt L. van der PaIs

Aus «Wilhelm Meister» J. W. Goethe

Frühling Rudolf Steiner

Mit musikalischer Beigabe von Leopold van der PaIs

Feuerzeichen Fr. Nietzsche

Schmetterling Grieg

Die der Aufführung zugrunde liegenden Dichtungen werden von Marie Steiner rezitiert

#SE277a-124

Eurythmie-Aufführung

Dornach, 31. Dezember 1922, nachmittags


PROGRAMM

Aus «Faust I», Prolog im Himmel J. W. v. Goethe

Pause

Trauermarsch Felix Mendelssohn-Bartholdy

Zum neuen Jahr Wladimir Solowieff

Träumerei Max Reger

Epiphanie J. M. de Heredia

Le Repos en Egypte Albert Samaln

Allegro aus der vierten Klaviersonate L. van Beethoven

Aus «As you like it» W. Shakespeare

It was a lover and bis lass...

Heiterer Auftakt

Aus «Love's Labour lost» Winter W. Shakespeare

Aus «Faust II», Lied der Insekten J. W. Goethe

Capriccio Max Reger


Dies war das Programm der letzten Eurythmie-Aufführung im ersten Goetheanum. In der Silvesternacht 1922/23 wurde der Bau ein Raub der Flammen


RUDOLF STEINER

Einleitende Worte zu einer Eurythmie-Vorstellung*

Eurythmie soll eine Kunst sein, deren Ausdrucksmittel gestaltete Bewegungs­formen des menschlichen Organismus an sich und im Raume, sowie bewegte Menschengruppen sind. Es handelt sich aber dabei nicht um mimische Ge­bärden und auch nicht um Tanzbewegungen, sondern um eine wirkliche, sicht­bare Sprache oder einen sichtbaren Gesang. Beim Sprechen und Singen wird durch die menschlichen Organe der Luftstrom in einer gewissen Weise ge­formt. Studiert man in geistig-lebendiger Anschauung die Bildung des Tones, des Vokals, des Konsonanten, des Satzbaues, der Versbildung und so weiter, so kann man sich ganz bestimmte Vorstellungen bilden, welche plastischen For­men bei den entsprechenden Sprach- oder Gesangsoffenbarungen entstehen. Diese lassen sich nun durch den menschlichen Organismus, besonders durch die ausdrucksvollsten Organe, durch Arme und Hände nachbilden. Man schafft dadurch die Möglichkeit, daß, was beim Singen, Sprechen gehört wird, gesehen werden kann.

Weil die Arme und Hände die ausdrucksvollsten Organe sind, besteht die Eurythmie in erster Linie in den gestalteten Bewegungen dieser Organe; es kommen dann die Bewegungsformen der andern Organe unterstützend hinzu wie bei der gewöhnlichen Sprache das Mienenspiel und die gewöhnliche Ge­bärde. Man wird sich den Unterschied der Eurythmie von dem Tanz besonders dadurch klarmachen können, daß man auf die eurythmische Begleitung eines Musikstückes sieht. Dabei ist, was wie Tanz erscheint, nur die Nebensache; die Hauptsache ist der sichtbare Gesang, der durch Arme und Hände zustande kommt.

Man soll nicht glauben, daß eine einzige Bewegungsform der Eurythmie willkürlich ist. In einem bestimmten Augenblicke muß als Ausdruck eines Musikalischen, oder eines Dichterischen eine bestimmte Bewegungsform er­zeugt werden, wie im Singen ein bestimmter Ton, oder in der Sprache ein be­stimmter Laut. Der Mensch ist dann ebenso gebunden in der Bewegungs­sprache der Eurythmie, wie er im Singen oder Sprechen an Ton und Laut ge­hunden ist. Er ist aber ebenso frei in der schönen, kunstvollen Gestaltung der eurythmischen Bewegungsformen, wie er dies bei der Sprache oder dem Ge­sange ist.

* Diese «Einleitenden Worte» wurden gesprochen vor den Eurythmievorstellungen, die sm Zu­sammenhange mit meinen Vortragsreihen während meiner englischen Reise in Ilkley, Penmaenmawr und London (im Sommer 1923) stattfanden.

#SE277a-125

Man ist dadurch in der Lage, ein Musikstück, das gespielt wird, eurythmisch, in einem sichtbaren Gesange, oder eine rezitierte oder deklamierte Dichtung in einer sichtbaren Sprache zugleich darzustellen. Und da Sprache und Musik aus dem ganzen Menschen stammen, so erscheint ihr innerer Gehalt erst recht anschaulich, wenn zu der hörbaren die sichtbare Offenbarung hinzukommt. Denn eigentlich bewegt alles Gesungene und Gesprochene den ganzen Men­schen; im gewöhnlichen Leben wird die Tendenz zur Bewegung nur zurück-gehalten und in den Sprach- und Gesangsorganen lokalisiert. Die Eurythmie bringt nur zur Offenbarung, was in diesen menschlichen Lebensäußerungen als Tendenz zur Bewegung stets veranlagt ist, aber in der Anlage verborgen bleibt. - Man erhält dadurch, daß zur instrumentalen Musikdarbietung und zur Rezitation oder Deklamation eurythmisiert wird, eine Art orchestralen Zu­sammenwirkens des Hörbaren und Sichtbaren.

Für die Rezitation und Deklamation, die im Zusammenhange mit der Eurythmie zur Darstellung kommen, ist zu beachten, daß diese in einer wirk­lich künstlerischen Gestaltung des Sprachlichen auftreten müssen. Rezitatoren oder Deklamatoren, die nur den Prosainhalt der Dichtung pointieren, können in der Eurythmie nicht mitwirken. Wahre künstlerische Dichtung entsteht nur durch die imaginative oder musikalische Gestaltung der Sprache. Der Prosa-inhalt ist nicht das Künstlerische, sondern nur der Stoff, an dem sich das Bild­hafte der Sprache, oder auch Takt, Rhythmus, Versbau und so weiter offenbaren sollen. Jede dichterische Sprache ist schon eine verbotgene Eurythmie. Der Rezitator und Deklamator muß durch das Malerische, Plastische oder Musi­kalische der Sprache das aus der Dichtung herausholen, was der Dichter in sie hineingelegt hat. Diese Art der Rezitations- und Deklamationskunst hat Frau Dr. Steiner seit Jahren besonders ausgebildet. Nur eine solche Sprachkunst kann zusammen mit der Eurythmie auftreten, weil nur dann der Rezitator in Tongestaltung und Tonplastik das für das Ohr bietet, was der Eurythmist für das Auge darstellt. Durch ein solches Zusammenwirken wird aber erst vor die Seele des Zuhörers und Zuschauers gebracht, was wirklich in der Dichtung lebt.

Die Eurythmie ist nicht für ein mittelbares Verständnis des Intellektes, son-dern der unmittelbaren Wahrnehmung veranlagt. Der Eurythmist muß die sichtbare Sprache Form für Form lernen, wie der Mensch sprechen lernen muß. Aber die Wirkung der von Musik oder Sprache begleiteten Eurythmie ist eine solche, die unmittelbar durch die bloße Anschauung empfunden wird. Sie wirkt wie das Musikalische auch auf den Menschen, der die Formen nicht selbst gelernt hat. Denn sie ist eine natürliche, eine elementare Offenbarung des menschlichen Wesens, während die Sprache immer etwas Konventionelles hat.

Die Eurythmie ist in der Gegenwart so entstanden, wie zu ihren entsprechen­den Zeitepochen alle Künste entstanden sind. Diese gingen daraus hervor, daß man einen Seeleninhalt durch entsprechende Kunstmittel zur Offenbarung brachte. Wenn man dazu gekommen war, gewisse Kunstmittel so zu beherr­schen, daß man in ihnen zur sinnlichen Offenbarung bringen konnte, was die Seele erlebt, dann entstand eine Kunst. Die Eurythmie entsteht nun dadurch, daß man das edelste an Kunstmitteln, den menschlichen Organismus, diesen Mikrokosmos, selbst als Werkzeug gebrauchen lernt. Dies geschieht in der mimischen sowohl wie in der Tanzkunst nut in bezug auf Teile des mensch­lichen Organismus. Die Eurythmie bedient sich aber des ganzen Menschen als ihres Ausdrucksmittels. Doch muß immer vor einer solchen Darbietung gegen­wärtig noch an die Nachsicht der Zuschauer appelliert werden. Jede Kunst mußte einmal ein Anfangsstadium durchmachen. Das muß auch die Eurythmie. Sie ist im Beginne ihrer Entwickelung. Aber weil sie sich des vollkommensten Instrumentes bedient, das denkbar ist, muß sie unbegrenzte Entwickelungs­möglichkeiten in sich haben. Der menschliche Organismus ist dieses voll­kommenste Instrument; er ist in Wirklichkeit der Mikrokosmos, der alle Welt-geheimnisse und Weltgesetze konzentriert in sich enthält. Bringt man durch eurythmische Bewegungsgestaltungen das zur Offenbarung, was sein Wesen umfassend veranlagt enthält als eine Sprache, die körperlich das ganze Erleben der Seele erscheinen läßt, so muß man dadurch umfassend die Weltgeheimnisse künstlerisch zur Darstellung kommen lassen können.

Was gegenwärtig Eurythmie schon bieten kann, ist erst ein Anfang dessen, was nach der angedeuteten Richtung in ihren Möglichkeiten liegt. Aber weil sie sich der Ausdrucksmittel bedient, die eine solche Beziehung zu Welt- und Menschenwesen haben können, darf man hoffen, daß sie in ihrer weiteren Ent­wickelung als vollberechtigte Kunst neben den andern sich erweisen werde.


Es folgen nun die Programme der Aufführungen in Ilkley und Penmaenmawr 1923

#SE277a-126

EURHYTHMY

(from the Goetheanum School of Eurhythmy)

Ilkley, August 14th, 1923

PART I.

Introductory Remarks on the Art of Eurhythmy

The Delta of the Nile Wladimir Solovioff

With Music by Jan Stuten

Larghetto Handel

Poem Albert Steffen

Extase Victor Hugo

With Music by Geo, Metaxa

Poem Albert Steffen

Prelude Bach

Dirge (from ,,Cymbeline") Wm. Shakespeare

Amiens' Song (from ,,As You Like It") Wm. Shakespeare

With Music by Leopold van der Pals

Slavonic Dance Dvorak

PART II.

Minuet Schubert

The Passionate Shepherd Ch. Marlowe

Lauglung Song Wm. Blake

With Music by Jan Stuten

Fancy (from ,,The Merchant of Venice") Wm. Shakespeare With Music by Jan Stuten

Baithazar's Song

(from ,,Much Ado About Nothing") Wm. Shakespeare

With Music by Max Schuurman ,,It was a lover and his lass"

(from ,,As You Like It") Wm. Shakespeare

With Music by Max Schuurman

Amiens' Song (from ,,As You Like It") Wm. Shakespeare Ariel's Song (from ,,The Tempest") Wm. Shakespeare

With Music by Max Schuurman

Piano and Violin: Geo, Metaxa and Max Schuurman

#TI

EURHYTHMY

(from the Goetheanum School of Eurhythmy)

Penmaenmawr, August 26th, 1923

PART I.

Introductory Remarks on the Art of Eurhythmy

#TX

Sonnet (,,When to the sessions Shakespeare

of sweet silent thought.")

Gefunden Goethe

Chor der Geister (from ,,Faust") Goethe

Trauermarsch Mendelssohn

Poem Albert Steffen

Adagio (from the ,,Sonata Pathétique") Beethoven

Poem Albert Steffen

Sarabande Bach

My heart's in the Highlands Burns

PART II.

Cradle Song Schumann

Winter (from ,,Love's Labour's Lost") Shakespeare

Danse de Fée Dragée Tschaikowsky

From ,,Two Gentlemen of Verona" Shakespeare

Musette Bach

The Clown's Song (from ,,Tweffth Night") Shakespeare

With Music by Jan Stuten

Musette Bach

The Hen Morgenstern

The Grammophone Morgenstern

Capriccio Max Reger


Piano and Violin: Geo, Metaxa and Max Schuurman

#SE277a-127

EURHYTHMY

(from the Goetheanum School of Eurhythmy)

Penmaenmawr, August 27th, 1923

PART I.

Introductory Remarks on the Art of Eurhythmy

The Rune of the Four Winds Fiona Macleod

With Music by Jan Stuten

The Moon-Child Fiona Macleod

With Music by Geo. Metaxa

Prelude Bach

Poem Albert Steffen

Poem Albert Steffen

Remembrance Bruckner

April Wm. Watson

Theme and Variations from Violin Sonata Mozart

PART II.

Intermezzo Brahms

From ,,Schiffer und Nixenmärchen" Mörike

Intermezzo Brahms

From ,,Midsummer Night's Dream" Shakespeare

Romance sans Paroles Tschaikowsky

The Fairies' Lullaby

(from ,,Midsummer Night's Dream") Shakespeare

With Music by Max Schuurman

From ,,Scenes of Childhood" Schumann

Spring (from ,,Love's Labour's Lost") Shakespeare

With Music by Jan Stuten

#TI

Piano and Violin: Geo. Metaxa and Max Schuurman

Ankündigungen Rudolf Steiners

zu den Dornacher Eurythmie -Aufführungen

EURYTHMISCHE DARBIETUNGEN

#TX

Klassische und romantische Dichtung und Musik, so man, bevor sie auf die große Reise geschleppt werden, hier eurythmisch aufführet

*

Klassisches und Romantisches in Dichtung und Musik, eurythmisiert

*

Aus der

EURYTHMISCHEN KUNST

werden Sonnabend, 5 Uhr

und Sonntag, 5 Uhr

ernste und heitere, dichterische und musikalische Proben gegeben, so sich für weit hergereiste Zuschauer, die man geziemend respektiert, gehört und die mit eisernem Fleiß durchaus von den Akteuren studieret sind

*

Französische Lyrik, Epik sowie humoristische Fabeln; außerdem ernstes und anmutiges Musikalische, eurythmisiert

*

Zwei dichterische Darbietungen unserem Karma gewidmet, dazwischen Kiassisch-Romantisches aus Dichtung und Musik

*

EURYTHMIEDARBIETUNG

Mittwoch, 13. Juni 1923, 5 Uhr nachmittags

Eurythmie, dargestellt durch seht junge, mittlere und junge Menschen auf ernsten und heiteren Gebieten, gestaltlich, lautlich und musikalisch in mehr oder weniger großer Vollendung

#SE277a-128

Ansprache zur Eurythmie -Vorstellung

Dornach, 23. Dezember 1923

Meine lieben Freunde!

Da heute vor allem unsere auswärtigen Gäste, sofern sie schon angekommen sind, bei dieser eröffnenden Eurythmie-Vorstellung anwesend sind, habe ich nicht nötig, im besonderen über das Wesen der Eurythmie zu sprechen. Es ist unseren Freunden bekannt aus den Darstellungen, die in unseren Zeitschriften jetzt schon erschienen sind. Dagegen möchte ich doch gerade mit Rücksicht darauf, daß wir wiederum einmal zu einer anthroposophischen Unternehmung beieinander sind, auch diese Eurythmie-Vorstellung mit ein paar Worten ein­leiten.

In der Eurythmie haben wir zunächst diejenige Kunst, welche aus anthro­posophischem Boden ganz ursprünglich hervorgegangen ist. Nun war es im­mer so in der Welt, daß eine jede künstlerische Betätigung, die etwas Neues in die Zivilisation hineinbrachte, hervorging aus übersinnlichem Menschheits­streben. Man kann auf Architektur, auf Plastik, auf Malerei, auf das Musika­lische, auf das Dichterische hinschauen, überall wird man zuletzt finden, daß die Impulse, die einem entgegentreten im äußeren Verlauf der künstlerischen Menschheitsentwickelung, doch in irgendeiner Weise zurückgehen auf okkul­te, übersinnliche Grundlagen, Grundlagen, die wir geradezu im Mysterien­wesen zu suchen haben. Die Kunst kann eben nur in die Menschheitsentwicke­lung hineinfließen, wenn sie Kräfte, Impulse übersinnlicher Art hinter sich hat. Und die Anschauungen, die man in der Gegenwart über die Kunst hat, sind im wesentlichen mit der ganzen materialistischen Denkrichtung, die Europa und Amerika seit dem fünfzehnten Jahrhundert ergriffen hat, zusammenhän­gend. Aber wenn auch eine gewisse Art von wissenschaftlicher Erkenntnis in diesem Materialismus gedeihen kann, Künstlerisches, wirklich Künstlerisches kann da drinnen nicht gedeihen. Wirklich Künstlerisches kann nur hervor­gehen aus spirituellem Leben.

Deshalb darf man es als etwas, ich möchte sagen, Selbstverständliches an­sehen, daß auch eine besondere Kunstrichtung aus dem spirituellen Leben der anthroposophischen Bewegung hervorging. Man muß sich darüber klar sein, daß das Künstlerische durch die Vermittelung des Menschen herausgeboren werden muß aus dem Übersinnlichen. Geht man von dem Übersinnlichen ab­wärts bis zu der äußeren sinnlichen Erscheinung, so hat man ganz oben, ich möchte sagen, da wo der Mensch zusammenfließt mit dem Übersinnlichen, die Intuition. Wenn der Mensch schon selbständig dem Übersinnlichen gegenüber­steht, es vernimmt, es sich offenbaren lassen kann, dann hat man es zu tun mit der Inspiration. Und wenn der Mensch das Inspirierte so intensiv mit seiner eigenen Wesenheit verknüpfen kann, daß er es zu gestalten in der Lage ist, dann tritt die Imagination ein.

In der Sprache haben wir etwas, was allerdings im äußeren Bilde auftritt, aber in diesem äußeren Bilde der Inspiration außerordentlich ähnlich ist. Wir können schon sagen: Was wir eigentlich in der Seele tragen, wenn wir sprechen, ist der Intuition ähnlich; was sich uns auf die Zunge, in den Gaumen, durch die Zähne auf die Lippen legt, indem wir sprechen, das ist das sinnliche Bild der Inspiration.

Aber woher rührt dasjenige, was wir da von unserem inneren Seelenleben nach auswärts drängen in der Sprache? Es rührt her von unserer beweglichen Körpergestaltung, ich könnte auch sagen, von unserer Körpergestaltung in Beweglichkeit. Die Bewegungsmöglichkeit sowohl der Beine, wie der Arme und Hände, der Finger, sie sind es, in denen der Mensch als ganz kleines Kind zunächst sein Verhältnis zur Außenwelt fühlt. Das erste Erlebnis, das ins Be­wußtsein der Seele hereindringen kann, ist dasjenige, was wir in den Füßen, in den Händen, den Beinen und Armen haben. Die anderen Erlebnisse sind mehr mit dem Menschen zusammenhängend, aber gerade diejenigen Glieder, die der Mensch sozusagen von sich ab in die Welt hinstreckt, die geben ihm Welt-gefühl. Und ebenso wie der Mensch sein Bein ausstreckt zum Gehen oder Springen, wie er seine Arme zum Greifen, seine Finger zum Fühlen ausstreckt, so strömt wiederum, was er da erlebt, zurück. Und beim Zurückströmen er­greift es Zunge, Gaumen, Kehlkopf und so weiter, und wird zur Sprache.

So ist der Mensch in seinem Organismus der bewegte Ausdruck des ganzen Menschen. Indem man anfängt, dies zu verstehen, empfindet man, wie das, was in der Sprache mehr der Inspiration ähnlich ist, heruntergehen kann in die Imagination... Und wir werden dann dasjenige, was auf diese Weise herauf­geströmt ist, wiederum zurücksenden können in den ganzen Menschen, in den Gliedmaßen-Menschen. Wir werden für das, was die Sprache der Inspiration ähnlich macht, etwas bekommen, was anzuschauen ist, was gestaltet ist, was der Imagination ähnlich ist. So ist eigentlich die Eutythmie dadurch zustande gekommen, daß dasjenige, was unbewußt im Menschen wirkt, damit seine Be­wegungsmöglichkeit zur Sprache wird, nun wiederum zurückgeholt wird aus der Sprache in die Bewegungsmöglichkeit. Und so wird ein inspiratives Ele­ment zu einem imaginativen Element gemacht.

Deshalb ist es schon mit dem Verständnis der Eurythmie verknüpft, daß man geradezu durch sie darauf kommt, wie zusammenhängen Intuition, In­spiration, Imagination. Man hat natürlich da nur die Bilder, aber die Bilder sprechen klar.

Nehmen Sie einmal, meine lieben Freunde, das Gedicht - das Gedicht, wie es bloß in der Seele lebt. Wenn der Mensch sich ganz innerlich identifiziert mit dem Gedichte, wo er es, sagen wir, so sehr in sich aufgenommen hat, so

#SE277a-129

stark in sich aufgenommen hat, daß er gar nicht mehr die Worte braucht, son­dern die Empfindungen hat und diese Empfindungen in der Seele erleben kann:

es ist Intuition. Nehmen wir an, er kommt jetzt dazu, das Gedicht zu rezitieren oder zu deklamieren. Er versucht, in dem Vokaiklang, in der Harmonie, in dem Rhythmus, in den konsonantischen Bewegungen, im Tempo, im Takt und so weiter, in der Sprache also rezitatorisch oder deklamatorisch das zum Ausdruck zu bringen, was in der Empfindung liegt: es ist Inspiration, was so erlebt wird. Aus dem rein Seelischen, wie es im Nervensystem lokalisiert ist, ist durch das Inspirationselement die Sache hinuntergedrängt in Kehlkopf> Gaumen und so weiter.

Jetzt lassen wir es hinuntersinken in die menschlichen Gliedmaßen, so daß der Mensch in seiner eigenen bewegten Gestaitenbildung das zum Ausdrucke bringt, was Sprache ist, dann haben wir im eurvthmisierten Gedicht das dritte Element: die Imagination.

Sie haben, ich möchte sagen, ein Bild des Hinuntersteigens der Weltentwik­kelung bis zum Menschen, jene Skala, die der Mensch wiederum zurückmachen muß: von der Imagination durch die Inspiration zur Intuition. In dem euryth­misierten Gedichte haben Sie Imagination, in der Rezitation und Deklamation Inspiration im Bilde, und in dem nur innerlich erlebten Gedicht, bei dem man nicht den Mund aufmacht, sondern es nur innerlich erlebt, sich selbst damit identifiziert, eins wird mit ihm, Intuition.

So haben Sie in der Tat, wenn Sie ein eurythmisiertes Gedicht vor sich haben, das Sie innerlich erleben, das rezitiert wird, die drei Stufen - allerdings in einem äußerlichen Bilde - vor sich. Wir haben es hier in der Eurythmie mit einem künstlerischen Element zu tun, das ganz aus innerer Notwendigkeit aus der anthroposophischen Bewegung hervorgehen mußte, und das geeignet ist, sich zum Bewußtsein zu bringen, was es für eine Bewandtnis damit hat, durch sie Erkenntnis zu gewinnen zum Aufsteigen von der Imagination zur Inspira­tion, zur Intuition.

Eurythmie Aufführung

Dornach, am 23. Dezember 1923


PROGRAMM

Sarabande J. S. Bach

Treue-Leben-Ewig Albert Steffen

Ich sah ein bleiches Licht... Albert Steffen

Romanze Robert Schumann

Wenn wir sagen: Ewiglich... Albert Steffen

Sarabande J. S. Bach

Ich und du, wir waren tot... Albert Steffen

Es saugt die leere Finsternis... Albert Steffen

Andante J. E. Galliard

Largo G. Fr. Händel

Heidenröslein J. W. v. Goethe

Siciliana J. S. Bach

Adler und Taube J. W. v. Goethe

Arie J. S. Bach

Abend O. E. Hartleben

Scherzo L. van Beethoven

Ansprache zur Eurythmie-Vorstellung Dornach, 20. April 1924, 11 Uhr*

#G277a-1982-SE130 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

Ansprache zur Eurythmie-Vorstellung

Dornach, 20. April 1924, 11 Uhr*

#TX

Wir wollen nunmehr eine eurythmische Darstellung geben, welche denjenigen Gefühlen und Empfindungen entsprechen soll, die Sie vielleicht der ersten größeren Veranstaltung entgegenbringen, die nach der Weihnachtstagung am Goetheanum hier stattfindet.

Das Wesentliche im inneren Verlauf unserer anthroposophischen Bewegung muß ja in der Zukunft darinnen bestehen, daß sich die Dinge wirklich ent­wickeln. So daß nicht, wie es vorher der Fall war, der Fortgang immer wieder abbricht, daß man sozusagen nur in Stücken arbeitet, sondern es muß sich, wie es auch in einem Lebendigen ist, das Spätere aus dem Früheren heraus ent­wickeln. Dafür muß ein Verständnis aber vorhanden sein innerhalb der Mit­gliederschaft. Und wir möchten mit der heutigen Eutythraie-Vorstellung eben etwas geben, was in gewissem Sinne eine Fortsetzung desjenigen genannt wer­den kann, was mit der Weihnachtstagung inauguriert war.

Deshalb mußte auch abgetrennt werden diese Morgen-Eurythmie-Vorstel­lung von demjenigen, was ja mit der Öffentlichkeit verbunden an den zwei Tagen Ostersonntag und Ostermontag, als Eurythmie-Vorstellungen am Nach­mittag gegeben wird. Diese heutige Eurythmie-Vorstellung ist im eminente­sten Sinne etwas in die anthroposophische Bewegung selbst Eingereihtes.

Und so sollen zunächst im Beginne die Weisheits-Worte, die dazumal unsere seelisch-herzliche Grundsteinlegung für die Anthroposophische Gesellschaft begleitet haben, heute zum erstenmal eurythmisch wirken.

Solche Dinge müssen nur immer in der rechten Art verstanden werden. Alle Dinge dieser Art sind bisher viel zu sehr im theoretischen Sinne genommen worden, viel zu sehr so genommen worden, daß man dabei nicht gesehen hat, wie es einfach etwas bedeutet, nicht bloß, daß solche Dinge wie die Weisheits­Worte existieren, sondern daß sie als lebendige Kraft laufen durch die anthro­posophische Bewegung und sie tatsächlich impulsieren. Dann aber, wenn das stattfinden soll, darf man nicht nur schauen auf den Inhalt solcher Worte, son­dern auf die reale Tatsache, wie solche Worte durch die anthroposophische Be­wegung laufen.

So daß also für das Goetheanum zunächst heute der zweite Entwickelungs­schritt ist im Wirken dieser Worte.

Das ist dasjenige, was ich der in die diesmaligen Veranstaltungen besonders eingereihten Eurythmie-Vorstellung als eine Art Begrüßung der anthropo­sophischen Freunde, die heute erschienen sind, vorausschicken wollte.

* Die Veranstaltung wurde am 22. April 1924, nachmittags 5 Uhr, wiederholt, ebenfalls eingeleitet durch eine Ansprache von Rudolf Steiner.

Oster-Sonntag-Vormittag

20. April 1924, 11 Uhr


Eurythmie-Programm

I.

Die Grundsteinlegung Rudolf Steiner

Air J. S. Bach

Aus «Wegzehrung» Albert Steffen

Du hebst die Hände...

Für meine Mutter

Präludium J. S. Bach

Aus «Wegzehrung» Albert Steffen

Christus in mir -

Andante Galliard

II.

Menuett Rosenberg

Aus «Wegzehrung» Albert Steffen

Wie die Blumen im Garten .......

Liegt der bloße Erdenleib...

Largo Händel

Vermächtnis Hamerling

Präludium Pugnani

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#Bild s. 131a,b

#SE277a-132

Die neunzehn Gesten: 1914/1924


Die hier faksiniiliert wiedergegebenen Aufzeichnungen von Rudolf Steiner sind einem Notizbuch aus dem Jahre 1914 entnommen, wurden aber erst zehn Jahre später von ihm in der zehnten Stunde des Lauteurythmiekurses all­gemein mitgeteilt. Er führte damals, am 7. Juli 1924, in Dornach folgendes aus:

«Wir haben bisher unseren Ausgang genommen für die Charakteristik der eurythmischen Geste von der Lautsprache her, wenigstens in gewissem Sinne von der Lautsprache her. Wir müssen uns nur klar sein darüber, daß alles das­jenige, was an eurythmischen Gesten zum Ausdrucke kommen kann, was also in gewissem Sinne eine Offenbarung des Menschen ist, wie das Wort selber, das der Mensch spricht, eine Offenbarung seiner selbst ist, daß alles das in den Bewegungs- und Formmöglichkeiten des menschlichen Organismus begründet ist. Wir können daher auch jetzt einen anderen Ausgangspunkt noch wählen; das ist der, die Wesenheit des Menschen zunächst, wie sie ist, heranzunehmen und von da ausgehend die Form- und Bewegungsmöglichkeiten zu ent­wickeln, zu sehen, was für Formen aus dem menschlichen Organismus folgen können, und dann von da ausgehend zuletzt gewissermaßen aufzustoßen dar-auf, wie die einzelne Form nun den Charakter des sichtbaren Lautes annimmt.

So wollen wir zunächst einmal heute den Versuch machen, von der Wesen­heit des Menschen auszugehen, die Formen zu suchen, die sich aus der Wesen­heit des Menschen ergeben können, und dann weitergehen und uns fragen:

Welche Laute können gedacht werden mit diesen betreffenden Formen?»

Dieses «Weitergehen» bestand nach einem Dezennium darin, nunmehr zu jeder Bewegung den entsprechenden Laut hinzuzufügen.

«Wir bekommen die neunzehn Lautmöglichkeiten, indem wir im Tierkreis das Konsonantische, im Reigen der Planeten das Vokalische sehen. Der Him­mel spricht: jedesmal, wenn ein Planet zwischen zwei Tierkreisbildern steht, steht ein Vokal zwischen zwei Konsonanten. Und in den Konstellationen, die durch die Planeten entstehen, spricht der Himmel, spricht in der mannig­faltigsten Weise, und dasjenige, was da gesprochen wird, ist eigentlich Wesen­heit des Menschen. Daher kein Wunder, daß durch menschliche Gesten und Bewegungsmöglichkeit gerade ein Kosmisches ausgedrückt wird.»

Veranlassung, bereits 1914 «Form- und Bewegungsmöglichkeiten des menschlichen Organismus» im Zusammenhang mit den zwölf Tierkreis-zeichen und den sieben Planeten «zu entwickeln», gab eine Bitte von Elise Wolfram, Leipzig, der Rudolf Steiner die neunzehn Gesten mitteilte. Die drei von ihm erhaltenen Blätter befinden sich heute im Besitz von Erna van Deventer.

Die nebenstehend abgedruckten Notizbucheintragungen sind insofern auf­schlußreich, als sie einmal die erste Niederschrift zeigen - die Abschrift für Elise Wolfram weist nur unwesentliche Änderungen auf -, zum anderen aber erkennen lassen, daß Rudolf Steiner erst später, wie dies aus der Handschrift ersichtlich ist, die Lautangaben und Zusätze (mit Copierstift) hinzufügte.

Die Bedeutung dieser Gebärdensprache wird in dem Schlußwort der gleichen Kursstunde durch folgende Worte hervorgehoben:

«Damit haben wir die Möglichkeit, uns vorzustellen, daß wir in der Eurythmie dasjenige erneuern, was in den uralten Mysterien Tempeltanz war:

die Nachahmung des Sternenreigens, die Nachahmung desjenigen, was durch Götter vom Himmel herunter zum Menschen gesprochen wurde. Es mußte nur wiederum aus dem Elemente des geistigen Erkennens heraus in unserer Zeit die Möglichkeit gefunden werden, den inneren Sinn der entsprechenden Gesten wirklich zu suchen.

Und so haben wir heute neunzehn Gesten; zwölf ruhende und sieben be­wegte Gesten, von denen die eine nur ruhend ist, weil die Ruhe einfach der Gegensatz zu der Bewegung ist. Die Bewegung, die an Geschwindigkeit gleich Null ist, ist auch darunter, im Monde. Wir haben also diese Gesten kennen-gelernt und haben auch schon andeuten können, wie diese Gesten hineinführen in das Lautliche. Wir sind jetzt ausgegangen vom Menschen und gehen den anderen Weg. Erst gingen wir von den Lauten aus, suchten uns von dem Laute aus die Geste; jetzt gehen wir von den Bewegungsmöglichkeiten aus und verfolgen den Weg zum Menschen, zu der sichtbaren Sprache, zu den Lauten hin.»

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Eurythmie

Es kann sich nicht darum handeln, der eurythmischen Vorstellung als eines Kunstwerkes eine Einleitung vorauszuschicken. Kunst muß durch sich selbst wirken, und eine Kunstschöpfung erklären wollen, ist etwas Unkünstlerisches. Aber bei den eurythmischen Versuchen hat man es nicht mit den alten, ge­wohnten Kunstquellen und der gewohnten künstlerischen Formensprache zu tun, sondern in beiden Beziehungen mit etwas Neuem. Deshalb sei es gestattet, über diese neuen Kunstmittel und diese künstlerische Formensprache einiges zu sagen.

Man wird auf der Bühne den bewegten Menschen und bewegte Menschen­gruppen sehen. Diese Bewegungen werden den Inhalt von Dichtungen und von musikalischen Schöpfungen zum Ausdruck bringen. Aber das geschieht nicht durch mimische, oder pantomimische, und auch nicht durch tanzartige Gesten. Mit diesen Nachbarkünsten, gegen die aber durchaus nichts eingewendet wer­den soll, darf Eurythmie nicht verwechselt werden.

Eurythmie ist eine wirkliche sichtbare Sprache und ein sichtbarer Gesang. Sie ist aus der Gesetzmäßigkeit der menschlichen Organisation so herausgebil­det wie der Ton im Gesang und das Wort in der Sprache.

Das mußte durch ein sorgfältiges Studium dessen geschehen, was im Spre­chen und Singen im menschlichen Organismus vor sich geht. Man kann das nicht durch die gewöhnliche physiologische Beobachtung erreichen, sondern nur durch «sinniich-übersinnliches Schauen».

Für ein solches Schauen stellt sich dar, daß im Sprechen des Menschen Gesten, mimische Bewegungen unterdrückt werden. Diese Gesten wollen ent­stehen; sie entstehen aber nicht, sondern sie werden durch den Gehirnorganis­mus in Bildekräfte umgesetzt, die mit der Tätigkeit des Willensorganismus ver­einigt und durch den Kehlkopf und seine Nachbarorgane auf die Luft über­tragen werden. In dem Studium, das die Eurythmie geschaffen hat, werden die in der Sprache und im Gesange lebenden unterdrückten Gesten zu Tage gefördert und auf den ganzen Menschen und auf Menschengruppen übertragen. Dadurch kann durch Bewegungen gesprochen und gesungen werden. - Man erhält da­durch Raumesbewegungen am Menschen, zu denen sich die gewöhnlichen mi-mischen Gesten und auch der Tanz verhalten wie das Lallen zu der Sprache.

Eine Dichtung oder ein Musikstück kommen dadurch für das Auge zur An­schauung wie andererseits durch Sprechen oder Singen für das Ohr zum Gehör.

Es kann das ganze Bühnenbild im Sinne der Eurythmie gestaltet werden. So versuchen wir die Lichteffekte auch so auszugestalten, daß sie in ihrer Auf­einanderfolge wie zu einem sichtbaren melodiösen Ausdruck des Dichterischen oder Musikalischen werden.

Parallel mit der sichtbaren eurythmischen Wiedergabe des Dichterischen er­scheint die Rezitation und Deklamation. Diese muß, wenn sie mit der Euryth­mie auftritt, selbst auch eurythmisch gestaltet sein. In der wahren künstlerischen Dichtung liegt Sprachgestaltung zum Grunde. Diese und nicht der Prosagehalt der Dichtung ist die Hauptsache. Das Melodiöse und das Imaginative ist in der Wortgestaltung enthalten. Dieses Musikalische und Sprachbildnerische muß in der Deklamation und Rezitation herausgearbeitet werden; nicht die Pointie­rung des Prosagehaltes. Auf diese Art wird das Künstlerische der Dichtung gerade beim Rezitieren und Deklamieren zur Eurythmie zur Darstellung kommen. Prosaisch pointiert läßt sich zur Eurythmie nicht rezitieren, weil in den eurythmischen Bewegungen Bild und Melodie und nicht Sprachlogik lebt.

Neben dem künstlerischen Element der Eurythmie, das in dieser Aufführung zur Darstellung kommt, gibt es noch zwei andere: das hygienisch-therapeu­tische und das pädagogisch-didaktische.

Weil die Bewegungen, welche in der Eurythmie von dem Menschen aus­geführt werden, aus dem gesunden Organismus stammen, können sie auch so umgestaltet werden, daß der kranke oder schwache Organismus, wenn er sie in fachkundiger Art ausführt, durch sie gesundet oder erstarkt. Es entsteht da­durch eine Heil-Eurythmie. Sie ist nicht dasselbe wie die künstlerische Euryth­mie, aber sie ist aus ihr hervorgebildet. In den klinisch-therapeutischen Insti­tuten, welche sich an das Goetheanum in Dornach und Stuttgart angegliedert haben, wird diese Eurythmie als ein therapeutischer Zweig gepflegt.

In der Waldorfschule in Stuttgart und an der Fortbildungsschule in Dorn-ach wird die Eurythmie in pädagogisch-didaktischer Absicht als ein seelisch-geistiges Turnen (Gymnastik) gepflegt. In mehrjähriger Erfahrung hat sich gezeigt, daß die Kinder sich in derselben Art in diese Bewegungssprache hin­einleben wie vorher in die Wortsprache. Und weil dabei Seele und Geist mit-tätig sind, ohne daß der Körper dabei vernachlässigt wird, stellt sich diese Eurythmie als eine wohltätige Ergänzung der Gymnastik ein. Besonders kommt dabei die Willensbildung des Kindes in der freien Beherrschung des Körpers zum Rechte.

Gegenwärtig ist die Eurythmie noch im Anfange ihrer Entwickelung. Das wissen deren Schöpfer gut. Aber sie wissen auch, daß sie einer unermeßlichen Vervollkommenung fähig ist. Denn sie bedient sich als Werkzeug des mensch­lichen Körpers selbst. Dieser aber ist ein Ausdruck aller Weltgeheimnisse. Er ist ein wahrer Mikrokosmos. Spricht durch ihn die menschliche Seele, so kann sie alle Weltgeheirrnisse in der Offenbarung ihres eigenen Innenlebens künst­lerisch vor das Auge stellen. Deshalb darf man glauben, daß dereinst die Euryth­mie als eine vollberechtigte jüngere Kunst neben den vollberechtigten älteren Schwesterkünsten wird stehen können.

Die letzte handschriftlich vorliegende Eurythmie-Ansprache: Torquay, Sommer 1924

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EURHYTHMY

Torquay, August 20th, 1924


PART 1

Sarabande J. S. Bach

Poem Albert Steffen

,,A Song of Dreams" Fiona Macleod

Arioso Händel

,,The Belis of Youth" Fiona Macleod

Intermezzo J. Brahms

,,Thomas the Rhymer" Old Scotch Ballad

,,The Bandruidh" Fiona Macleod

Music by J. Stuten

From the ,,Davidsbündier" Tänze R. Schumann

PART II

Gavotte J. S. Bach

,,Ballade ä la lune" A. dc Musset

,,Ariel's Song" Shakespeare

Music by Leopold van der PaIs

,,Carnival Prank" R. Schumann

Fahle La Fontaine

Allegretto, C minor Beethoven

Fahle La Fontaine

Humoristic Rondo Max Schuurman

#TI

MUSENSAAL - ROSENGARTEN - MANNHEIM

Sonntag, den 22. März 1925, vormittags 11 ¼ Uhr

Darbietungen in Eurythmischer Kunst

ausgehend vom GOETHEANUM Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach (Schweiz)

Vortragsfolge:

1. TEIL

#TX

Aus «Faust», 2. Teil (1.Akt, I. Szene) J.W. Goethe Musik von J. Stuten

2. TEIL

Präludium J. S. Bach

Gedichte aus «Weg-Zehrung» Albert Steffen

Adagio J. S. Bach

Das trunkene Lied Friedrich Nietzsche

Adagio L. v. Beethoven

Gedicht Albert Steffen

Allegro W. A. Mozart

Lebenslied Roh. Hamerling

Allegro G. Tartini

Das letzte Programm, welches Marie Steiner gemeinsam mit Rudolf Steiner bestimmte

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KONFERENZ

im Eurythmeum Stuttgart, 30. April 1924, mit den Lehrerinnen und Dozenten


Anwesende: Dr. Rudolf Steiner, Frau Marie Steiner, Frau Alice Fels, Fräulein

H. Köhler, Frau I. von Molnar, Fräulein Elly Wilke, Herr José del

Monte, Vorsitzender des Vereins «Eurythmeum», Fräulein Caroline von

Heydebrand, Herr Dr. Carl Unger, Herr Dr. Eugen Kolisko, Herr

Dr. W. J. Stein und Herr Dr. Hermann von Baravalle.

Frau Dr. Steiner bittet Herrn Dr. Steiner, die Leitung der Konferenz zu über­nehmen.

Dr. Steiner: Wir werden, wie es Frau Dr. Steiner für notwendig hält, in aller-erster Weise über Eurythmie als solche zu sprechen haben. Wir werden zuerst die allgemeine Eurythmie-Frage behandeln und dann übergehen zu der Regelung des Literarischen, Historischen, der Ästhetik, des An­throposophischen, Pädagogischen, Mathematischen - auf Grundlage des­sen, was in einer solchen Eurythmieschule als wünschenswert erscheinen könnte.

Das, was Eurythmie selber betrifft, bitte ich zunächst vorzubringen, da­mit ich dann das andere danach besprechen kann.

Frau Fels hat gedacht, daß man ein gewisses Ziel haben sollte, etwas, was den Ausbau des eurythmischen Unterrichts für zukünftige Lehrerinnen be­trifft.

Dr. Steiner: Nicht wahr, die Sache ist diese: zunächst ist das Eurythmeum be­gründet worden dazu, die Eurythmie als Kunst zu pflegen.

Frau Dr. Steiner: Es ist beides ins Auge gefaßt worden. Die überwiegende Zahl der Schülerinnen kommt wohl als Lehrerinnen in Betracht.

Dr. Steiner: Eurythmie als Kunst-Unterricht: das würde zusammenfallen, ob man jemanden ausbildet zum Auftreten auf der Bühne oder als Lehrerin. Bei uns wollen allerdings die Menschen schon in drei Jahren fertig sein. Wer zum Ballett geht, weiß, daß er fünf bis sieben Jahre braucht. Aber dann hat er bereits mit dem Üben begonnen, als er noch ganz klein war. Dagegen sind zwei andere Arten zu teilen. Da ist Eurythmie eingeglie­dert in eine gewöhnliche Schule als Unterrichtsgegenstand. Zur Aus-bildung in Eurythmie gehört Kunsteurythmie-Unterricht. Wenn aber auch ausgebildet werden sollte eine solche Persönlichkeit, die dann an

einer Schule - innerhalb des gesamten Unterrichtes - angestellt werden sollte als Lehrerin, dann wäre ein Seminar notwendig. Die Pädagogik der eurythmischen Kunst müßte getrennt werden von der Seminardurchbil-dung (seminaristischen Vorbildung) für Eurythmie-Lehrerinnen an Schulen.

Das dritte ist die Heileurythmie, die nur im Zusammenhang mit Ärzten stattfinden kann und hier nicht in Frage kommt.

Die Frage eines Seminars ist etwas, was diskutabel ist. Aber der Euryth­mie-Unterricht wird kaum eine besondere Modifikation erfahren für Eurythmie-Lehrerinnen gegenüber Künstlerinnen. Das tut man auf an­deren Gebieten auch nicht; man bildet nicht aus auf getrennte Weise; der Unterricht muß ein einheitlicher sein. Für die, welche Eurythmie-Lehre­rinnen von vornherein werden wollen, die sich dem widmen wollen, müßte eine besondere Anleitung zum Unterrichten in Eurythmie da sein. Das müßte eingerichtet werden.

Nun ist es nicht möglich, im Verlaufe einer Konferenz einzelnes an­zugeben, aber wenn der Kurs in Dornach zustande kommt, der von Frau Dr. Steiner angeregt wurde, und wo noch einmal Lauteurythmie von Anfang an behandelt werden soll, dann könnten damit Gesichtspunkte verbunden werden für das Unterrichten in Eurythmie Das muß man in umfassender Weise pflegen.

Frau Fels fragt nach der Ursache von Kniekrankheiten bei den Eurythmisten.

Dr. Steiner: Es kommt eines immer wieder vor. Es werden mir sehr viele schwer oder leicht erkrankte Menschen vorgeführt, darunter Euryth-misten. Da kommen sehr häufig Kniekrankheiten vor. Es kann aber das Knie nur gewinnen und stärker werden durch Eurythmie Es ist ganz ausgeschlossen, daß durch Eurythmie das Knie beschädigt wird, weder Bein noch Muskulatur. Aber überall konnte ich feststellen, daß die Eurythmisten, die am Bein oder Knie etwas haben, nicht richtig das Bein aufstellen; sie trippeln oder schlagen mit der gesamten Fußsohle zugleich auf, während es richtig ist, zuerst mit den Zehen aufzutreten und dann die Ferse zu senken. Dann kann nie Ungesundes daraus hervorgehen.

Es sind viele Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Das kann während des Kurses geschehen. Schauspieler zum Beispiel werden auch unter­richtet, wie sie gehen sollen. Namentlich springen ist furchtbar schädlich, wenn nicht mit den Zehen aufgestoßen wird und die Ferse gesenkt wird.

Frau Fels bemerkt, daß das richtige Gehen schon im dreigeteilten Schritt ent­halten sei.

Dr. Steiner: Enthalten ist alles, aber manche Dinge werden nicht beachtet. Es

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ist notwendig, eine Anleitung zum Eurythmie-Unterticht aufzunehmen. Das gehört nicht ins Seminar, das gehört ins Eurythmeum.

Frau Fels: In der Schule muß man die Kinder zur Ruhe kommen lassen nach der Stunde. Kommt das für Schüler der Eurythmie-Schule auch in Frage? Manche Schüler haben einen Wochenspruch (aus dem «Seelenkalender») oder etwas ähnliches zu machen gewünscht.

Dr. Steiner: Es empfiehlt sich nicht, mit dem Wochenspruch zu beginnen, da doch alle möglichen Leute in die Kurse aufgenommen werden, die auch nicht alle Mitglieder der Gesellschaft sind. Das gibt ein gewisses «air», über das bald gespottet werden kann.

In anderen Schulen ist es gebräuchlich, daß man am frühen Morgen mit einem Gebet anfängt. Meinen Sie, daß man das auch machen kann? Das geht eigentlich nicht. Wenn schon, dann sollte man so vorgehen, daß Sie sagen: Es ist gut, daß man einen allgemeinen Rhythmus voranstellt, und zum Schluß damit schließt. - Sie können einen Reigen fabrizieren, der so verläuft, daß die Leute sich aufstellen und die Figur formieren und am Schlusse sie wieder machen, also damit anfangen und schließen:

immerfort dasselbe mit Musik. Das kann ein auseinandergelegter, melo­diös gestalteter Akkord sein; dann wird es sehr schön sein. Sie können auch das hinzufügen: i, u, a; ein auseinandergeiegter Akkord, oder an­fangen lassen mit i, u, a; ein paarmal im Kreise herum machen lassen.

Frau Fels meint, für den ersten Kurs fehlten Formen, um die Laute im Raum in Formen bringen zu können.

Dr. Steiner: Es wäre am besten, wenn man die Formen, die da geübt werden, an die Formen anlehnen würde, die in der Geometrie vorhanden sind, wo sich die Zöglinge der inneren Gesetzmäßigkeit bewußt werden, wie es Dr. von Baravalle macht, bis man übergeht zu den freien Formen, die sich anpassen an den dichterischen oder musikalischen Inhalt. (Auf eine Zeichnung von Dr. von Baravalle deutend:) Ist das nicht die menschliche Niere? Sehen Sie, in den Konstruktionen von Dr. von Baravalle hat man lebendige Organformen vor sich. Das ist gerade das, was man für die Eurythmie braucht.

Frau Fels sieht manche Schwierigkeit in der Zahl der Kursteilnehmer. Wenn zum Beispiel für die Ausführung irgendeiner Sache weniger Menschen notwendig sind als vorhanden, finden es die Nichtbeschäftigten oft lang­weilig zu warten.

Dr. Steiner: Ich habe auf gar keinem Gebiete Angst vor der großen Zahl. Im Grunde kann das innere Interesse wachsen, wenn die Zahl größer ist.

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Wenn man etwas üben will, wozu nur drei nötig sind, kann man nicht fünfzehn nehmen: dann muß man die anderen beruhigen. Das muß man einrichten von Fall zu Fall; eine eigentliche Schwierigkeit kann es nicht geben.

Nun wird es sich hauptsächlich darum handeln, den Eurythmie-Unter­richt an das anzupassen, was ringsherum betrieben wird. Es ist not­wendig, daß die Eurythmie, wenn sie ernsthaft vom Eurythmeum aus zum wirklichen Ansehen kommen soli, so betrieben werde, daß die Leute, die da herauskommen, nicht nur handwerksmäßige Eurythmisten sind, sondern im Ganzen gebildete Menschen werden. Das scheint schon emp­funden worden zu sein: zu dem Zwecke ist das erlauchte Lehrerkolle­gium da. Dazu muß ein Lehrplan mit einer inneren Notwendigkeit nach einer gewissen Gestaltung da sein.

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Es ist unbedingt notwendig für die, welche Eurythmie lernen wollen, daß sie treiben:

Erstens den Zusammenhang von Metrik und Poetik (zu Dr. W.J. Stein) mit der besonderen Besprechung ausgewählter Literaturkapitel. Aber es muß wirklich ein regeirechter Unterricht in Metrik und Poetik da sein; das heißt, die Gesetze des dichterischen Aufbaues müssen behandelt werden.

Das müßte auslaufen in einen vollständigen Unterricht der Ästhetik aller Künste, nicht nur in ein paar Regeln, sondern in einen wirklichen Unterricht. Es ist absolut notwendig, daß der, welcher einen Kurs gibt, eine ganz bestimmte Ansicht über Ästhetik hat. Alle Künste müßten um­faßt werden. Als Leitlinien für diesen Unterricht könnte benutzt werden Schillers Ästhetik, und was von mir daran anknüpfend gesagt worden ist.

Zweitens ist ebenso notwendig ein richtiger Unterricht in bezug auf Musik. Sie (zu Fräulein Elly Wilke) sollten herausarbeiten, wie Takt, Harmonie, Rhythmus, Melos, Phrasierung verwendet werden bei den verschiedenen Komponisten. Die Elemente des Kontrapunktes sollten entwickelt werden. Dies mit Hilfe des Gesanges, mit der Verwendung der Stimme im Gesang, ein- und mehrstimmig. Das alles mit ausgewählten Kapiteln.

Drittens ferner Geometrie (zu Dr. H. von Baravalle), mit Gipfelung in Raumformen. Diese Formen, deren innere Gesetzmäßigkeit, sollten An­wendung finden auf den menschlichen Organismus. Ich will gleich aus­einandersetzen, wie ich das meine. Die Sache ist so: Man kann zunächst, wie Dr. von Baravalle es schon getan hat, die Geometrie in dem Sinne darstellen, daß sich die Figuren entsprechen, daß der Unterricht in das Figurale ausläuft, so daß man wirklich da den Übergang zu Stellungen und Bewegung in Stellungen findet. Man kann den Leuten richtig bei­bringen an Beispielen, wie im «Sposalizio» diese wunderbare Anordnung zu finden ist. Studieren Sie die Gruppierung der Gestalten im Raume auf diesem Bilde. Dann wieder gründlich ins einzelne gehen. Wie jeder Arm und jede Hand liegt, wie das Ganze geometrisch durchgeführt wird. Das sind Gruppierungen, die auch in der Eurythmie schön sind. Dadurch ge­wöhnen sich die Leute, solche Gruppierungen zu verstehen. Das führt dann wieder in Zusammenhang mit der Ästhetik. Der Ästhetiker, der mehr beim Malen vom Kolorit, oder beim Tanz mehr von der Bewegung spricht, wird hören, wie der Geometer das aus der inneren Gesetzmäßig­keit findet. Das würde aber weiterhin zum inneren Verständnis des menschlichen Organismus überführen. Man würde zeigen können, wie ein Organ aufgebaut ist, rein in seinen Formen. Studieren Sie den mensch-lichen Körper nach seinen Proportionen, zum Beispiel dem Goldenen Schnitt. Seien Sie auch aufmerksam auf solche Sachen, wie zum Beispiel auf dieses, daß in der menschlichen Gestalt das Pentagramm eingeschrie­ben ist, wie, wenn man die Arme ausstreckt, man einen Kreis herum­ziehen kann, wie man bei einer andern Lage ein Viereck konstruieren kann. Dies zeigt, wie sich das Figurale im menschlichen Organismus sel­ber ausnimmt. Eine gute Anleitung dazu finden Sie bei Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim. Sie brauchen da nichts anderes zu nehmen.

Das würde viertens hinüberleiten (zu Dr. E. Kolisko) in die plastisch-musikalische Anthropologie. Da würde man im Anthropologie-Unter­richt vor allen Dingen die eigentlichen Formen aufzeigen müssen, aber auch die plastische Bewegungsmöglichkeit der einzelnen Organe. Etwas müssen die Leute, die mit dem menschlichen Körper arbeiten, auch davon wissen. Neunzig Prozent der Eurythmisten wissen das nicht. Die Euryth-misten müssen eine wirkliche Vorstellung vom menschlichen Körper haben. Fragen Sie sich: Wo sitzt das menschliche Herz? Aber auch: Wie wird die Lunge verändert, wenn man rasch atmet? und so weiter. Also die Veränderung in der Bewegung verstehen; namentlich auch das Dyna­misch-Mechanische, wie Knochen und Muskeln liegen, wenn eine be­stimmte Bewegung ausgeführt wird, muß man studieren. Wenn der Mensch unter einem bestimmten Winkel den Arm hebt, wie ist dann der Ansatz des Oberarm- im Verhältnis zum Unterarmknochen? Betrachten Sie das. Dann könnte man von da aus den Übergang finden, den mensch­lichen Organismus künstlerisch zu erfassen.

Sehen Sie, wie der Organismus sich verhält bei den künstlerischen Be­wegungen. Dann besprechen Sie den menschlichen Organismus, wie er sich ergibt, wenn man ihn plastisch nachbilden will. Betrachten Sie also den Kopf als eine modifizierte Kugel, die nach unten abgestützt ist; die Brust als einen modifizierten Zylinder. Und die Gliedmaßen? Ja, sehen Sie, die gewinnt man so: Da habe ich den Zylinder in der Hand, sagen wir aus Plastilin, und nun drücke ich hier unten von der Kreisfläche aus. Da drücke ich nach innen. Dann buchtet sich der Zylinder ein und so ent­stehen schließlich die Beine. Diesen Hohlraum zwischen den Beinen müssen Sie sich so denken, daß die Erdenkräfte sich hineindrängen. So entsteht die menschliche Gestalt.

Dann fügen Sie zu dieser plastischen Betrachtung, die Sie natürlich ausbauen müssen, eine musikalische Betrachtung.

Sie finden das näher ausgeführt in meinem Toneurythmie-Kurs, wo ich vom Schlüsselbein ausgehend die einzelnen Knochen betrachtet habe. Die Prim ist hinten am Schlüsselbein und Schulterblattansatz. Sie ist aus dem Astralleib in die Form geschossen. Dann folgen Sekund, große Terz,

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kleine Terz. Jedes Organ kann man wiederum so behandeln, wie die musikalischen Gesetze. Nicht wahr, das Handgelenk zum Beispiel mit seinen vier Knöcheichen ist die Quart. Und die fünf Finger der Hand, das ist die Quint. Die Sext und die Septime liegen schon darüber hinaus, die hat man, wenn man so abstößt mit den Fingern. Der Mensch ist aber auch sonst aus der Musik herausgestaltet. Darauf kommen Sie, wenn Sie zum Beispiel sehen, wie er links und wie er rechts gestaltet ist. Er ist auf­gebaut aus dem Verhältnis zwei zu drei. Links und rechts hat der Mensch das Verhältnis von zwei zu drei in sich. Rechts ist die Lunge nach der Dreizahl, links nach der Zweizahl gebildet. Es ist ein innerlich Musika-lisches. Da haben Sie im Verhältnis der Lungenflügel zueinander die Quint. Sie haben 1, 9/8, 5/4, 4/3, 3/2 Töne in der Skala; die Zahlen-verhältnisse der Intervalle. Sie haben in 1 die Prim, in 9/8 die Sekund, in 5/4 die Terz, in 4/3 die Quart und in 3/2 die Quint. Der ganze Mensch ist bis an die Oberfläche eine Quint, ist aber auch innerlich danach gebaut. Das geht durch den ganzen Menschen hindurch, daß er eine Quint ist. Dahinein muß die musikalisch-plastische Anthropologie auslaufen.

Wenn Sie das alles durchgesprochen haben, dann müßte man mit dem, was man hier gewinnt, anfangen zu sprechen vom Sprachorganismus, vom Kehlkopf, und das Zustandekommen der Laute plastisch-musika­lisch betrachten. Wie die Gaumeniaute beispielsweise gebildet werden, kurz all die verschiedenen Arten von Lauten. Betrachten Sie es gerade von Ihrem Standpunkte anatomisch, plastisch, aber fruchtbar und an­regend, nicht fidel philiströs.

Dann würde fünftens von größtem Vorteil sein, wenn unterrichtet würden Gesang, auch Chorgesänge, und Rezitation.

Sechstens und siebentens kämen allgemeine Pädagogik (Fräulein Dr. Caroline von Heydebrand) und allgemeine Anthroposophie (Herr Dr. Carl Unger), wobei man bei der letzteren immer im Auge haben muß, daß es ohne Anthroposophie keine Eurythmie geben würde. In der Pädagogik könnte man die allgemeinen pädagogischen Grundsätze immer mit Zu­spitzung auf die Eurythmie behandeln. Sie müssen beobachten, wie der Mensch in Fluß kommt durch die Eurythmie, wie er sich da fühlt als Gesamtausdruck des Seelischen. Ja, was kommt denn da heraus, wenn man sich wirklich so fühlt als ein Gesamtausdruck des Seelischen? Da kommt gerade die Sprache heraus.

Da haben wir dann für die einzelnen Fächer:

Erstens: Metrik, Poetik, was dann überläuft in Ästhetik

Zweitens: Takt, Harmonie, Rhythmus

Drittens: Geometrie

Viertens: Anthropologie

Fünftens: Gesang und Rezitation

Sechstens: Allgemeine Pädagogik

Siebentens: Allgemeine Anthroposophie.

Eine Möglichkeit sollte wenigstens da sein, die Natur des Gesanges kennenzulernen, für die, welche Begabung haben; die sollten Singen und Rezitation treiben. Die, die nicht singen können, die sollten wenigstens zuhören. Es ist niemals unnütz, daß man zuhört. Gepflogen werden müßte das schon. Aber wer ist dafür da?

Frau Dr. Steiner: Für Gesang käme Fräulein Köhler eventuell in Betracht, aber für Rezitation ist niemand da. In Dornach hätten die Eurythniisten Ge­legenheit gehabt, viel zu lernen, aber keiner hat sich Mühe gegeben. Sie plärren lieber. Wenn ich Anleitungen gab für die Rezitation, sind die Damen davongestoben. Die Eurythmisten in Dornach haben die Ge­legenheit gar nicht ausgenutzt. Andere warten schon lange darauf; sogar die Waldorflehrer warten seit zwei Jahren.

Dr. Steiner: Es kann ja nicht alles mit einem Male eingerichtet werden, weil die Menschen fehlen. - Aber als Ideal soll es hingestellt werden. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß eine geheime Eurythmie in der Sprach-behandlung des Dichterischen liegt.

Frau Dr. Steiner bemerkt, daß sie bisher die verschiedensten Erfahrungen ge­macht hat. Auch hat man ihr erzählt, daß zum Beispiel Frau Halbauer bei den Proben zur Schüleraufführung der Eurythmie-Schule so stark ge­sprochen hat, daß die Eurythmie ganz davon erdrückt wurde. Die Lehre­rinnen waren entsetzt darüber und sagten es ihr. - «Die Erfahrung habe ich: man spricht entweder zu schwach oder zu stark.»

Dr. Steiner: Noch ein paar Aphorismen zur allgemeinen Anthroposophie. Es kann alles schon auf Eurythmie hingelenkt werden. Man behandelt das, was man als Anthroposophie zu sagen hat. Man nimmt den physischen Leib durch, zeigt, daß durch die Eurythmie eigentlich bis zu einem hohen Grade die Bewegungen des Ätherleibes anstelle des physischen Leibes treten, so daß die eigenen Gesetze des Physischen aufhören, so daß der Ätherleib unmittelbar in der physischen Welt auf dem physischen Plan wirkt, sonst wirkt er hinter dem physischen Plan. Aber das geht dann weiter. Da kann man zeigen: der physische Leib tritt in den Hintergrund, wird nur mitgezogen, der Ätherleib bewegt sich so, daß er in der phy­sischen Welt ist. Der Astralleib wird das, was der Ätherleib sonst ist, geht in die Ich-Organisation hinüber, so daß wir den Menschen drinnen stehen haben in einer höheren Welt schon. Wird der physische Leib mit­gezogen, so kommt er hinaus über die physischen Gesetze. Wenn der

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Mensch sich im Übermenschlichen bewegt, sind nicht mehr die Gesetze der physischen Welt maßgebend.

Eigentlich müßte man, wenn man der Eurythmie zusieht, die Frage im Hetzen tragen: Ja, sind denn das alles Engel? Da müßte im Menschen etwas wie eine Rückerinnerung an die ganze Erdenentwickelung auf­steigen. Denn was hat man da vor sich? In der kosmischen Entwickelung ist es so, daß der Astralleib den Ätherleib bearbeitet. Und bei der Euryth­mie? Da ist es umgekehrt. Da steigt der Mensch gewissermaßen auf zu einem engelartigen Dasein, aus dem er im Laufe der Erdenentwickelung während der kosmischen Entwickelung herabgestiegen ist.

So könnte man in der Eurythmie eigentlich aufsteigen fühlen etwas wie ein Rückerinnern. - Das wäre ein Gesichtspunkt, von dem aus Sie die Gliederung des Menschen zugespitzt gerade auf die Eurythmie be­trachten könnten. Dadurch würde man den Übergang finden von der Eurythmie in das Allgemein-Anthroposophische.

In der Pädagogik wäre auseinanderzusetzen, wie der Mensch durch die Eurythmie in Fluß kommt, und dadurch solche Erscheinungen zutage treten, daß der Mensch sich wie ein Gesamtausdruck des Seelischen, wie ein genauer Ausdruck des Seelischen fühlt. Unsere Sprache ist nicht mehr richtig seelisch, sondern sie hat einen Erkenntnis- oder konventionellen Inhalt. Es wäre zu zeigen, daß die Eurythmie in jede Erziehungsetappe eingreifen kann.

Dr. Stein fragt nach dem Hexameter.

Dr. Steiner: Es genügt vollständig das Beispiel vom Hexameter. Aber es wird sich mehr darum handeln, überhaupt Metren zu entwickeln. Die Leute haben keine Ahnung von Jambus, Trochäus, Daktylus, Spondäus, Ana­päst, zusammengesetzten Metren, Hexameter, Pentameter. Die Leute sollen einfach einen Be&riff davon bekommen, aber natürlich auch den Unterschied zwischen vier- und fünffüßigen und so weiter Versmaßen. Dann kommen Reim, Alliteration, Assonanz, Endreim. Dann in der Poetik: Lyrik, Lied, Hymnus, Ode; diese Formen überall mit Beispielen belegen. Darauf charakterisieren Epik, Ballade, Romanze bis zum großen Epos. Ferner erklären, was ein Lustspiel, ein Schauspiel, was das Wesen der Tragödie ist. Darüber gibt es sogar einen Aufsatz in «Lucifer­Gnosis». *

Auch die Exposition des Dramas müßte besprochen werden.

Dann, was der Eurythmie sehr hilft: die Verbindung von Figuren, Formen- und Tropenlehre, also was eine Metapher ist, eine Metonymie.

*« Aristoteles über das Mysteriendrama» in: Lucifer-Gnosis 1903-08. Gesammelte Aufsätze.

Gesamtausgabe Dornach 1960.

Den Vergleich von Hyperbel, Parabel und so weiter, das müssen die Menschen auch verstehen, davon sollen sie einen Begriff bekommen. Da finden sie dann den Übergang zu dem mehr formalen Sprechen. Es kommt mehr darauf an, daß man den Charakter der Dichtungen be­spricht. Wenn man ein Schema gegeben hat, von altgermanischer, mittel­hochdeutscher und neuhochdeutscher Dichtung, dann reiht man an Vor-klassiker, Klassiker, Epigonen, und nimmt nach diesem Kapitel Balladen-dichter, Romanzendichter und so weiter. Nach solchen Kategorien müßte man vorgehen.

Fräulein Wilke fragt, wie sie am besten vorgehen kann.

Dr. Steiner: Nehmen Sie den Klavierauszug von einer Sonate und versuchen Sie sich aufzubauen, wie ein guter Komponist Takt, Harmonie, Melos ver­wendet. Am besten, Sie gehen von Beispielen aus; die heutigen Dinge sind viel zu akustisch. Sie können auch eine Partitur nehmen, wenn Sie sie lesen können. Einfach namentlich auch in der Phrasierung. Versuchen Sie richtige musikalische Interpunktion zu treiben. - Noch bis in die Goethe-Zeit hinein schrieb man in die Partitur Punkt, Komma, Semikolon und so weiter, um die Phrasierung herauszuarbeiten. - Hören Sie sich zwei Klavierspieler an, wie sie dasselbe Stück verschieden spielen, da können Sie auch anschaulich machen, worin der Unterschied besteht. Wenn Sie falsch phrasieren, wirkt es unglaublich philisterhaft. Diesen Unterschied hervorheben, zeigen, was auf Phrasierung beruht. Harmonielehre selbst aufbauen. Beispiele suchen, wie die Harmonielehre von irgendeinem Künstler gehandhabt wird. - Bach, Mozart, Beethoven als Komponisten. -Alle Schülerinnen sollten die Improvisation auf dem Klavier erlernen. Es macht doch nichts, daß es etwa achtzig Schülerinnen sind. Fangen Sie an mit dem, was Sie vor sich haben. - Gehen Sie beim Klavierspiel von der Konstruktion des Klaviers aus. Und dann erklären Sie auch die Form der Sonate; wie die Sonate der ganze Mensch ist.

Dr. Stein: Von welchen Büchern für Metrik und Poetik kann ich selbst aus­gehen?

Frau Dr. Steiner bemerkt, daß es wirklich lebendig Geistvolles gar nicht gibt.

Dr. Steiner: Wenn Sie da etwas haben wollen, so nehmen Sie den alten Zauper:

Poetik. [Grundzüge zu einer deutschen theoretisch-praktischen Poetik, aus Goethes Werken entwickelt von J. St. Zauper, (1784-1850) Wien 1840.] Es fällt mir nichts anderes ein. Er ist so uralt, daß ich nicht einmal die Jahreszahl sagen kann.

Dr. Unger stellt eine Frage über Ordnung des Denkens.

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Dr. Steiner: Das wäre schon etwas gewagter. - Es wäre gut, wenn Sie ent­wickeln würden, wie die ersten Kapitel der «Philosophie der Freiheit» verstanden werden könnten, wenn man ein Eurythmisch-Konsonanti­sches herausarbeitet; da, wo die Kapitel übergehen in die «moralische Phantasie», kommt man ins Vokalische. Alles hinüberleiten in Euryth­mie. Schillers Ästhetik gehört ins Literar-Ästhetische hinein, ist für Eurythmisten ausgezeichnet geeignet.

Frau J. von Molnar fragt wegen Anwendung der Eurythmie-Figuren.

Dr. Steiner: Die Eurythmie-Figuren sind da, um die eurythmischen Bewegun­gen daran zu rektifizieren. Die Bewegungen werden nicht unnatürlich, wenn man sie nachmacht. Man muß sie nachmachen, auch mit der Schleierbewegung. Man muß es machen, wie es im Ganzen ist, auch den Schleier in die Lage kriegen; das kann nicht verrenkte Bewegungen geben. Gerade für Ungeschickte ist das außerordentlich gut. Man lasse ein «A» machen, und macht es der Schüler ungeschickt, kann er ge­zwiebelt werden durch zehn Stunden hindurch, bis er geschickt ist. Das, was Sie als Fehler machen, ist, daß Sie den Unterricht so schnell geben, wie unter den Krankheiten die galoppierende Schwindsucht verläuft. Sie müssen Unterricht so geben, daß die Bewegung zuletzt in Grazie aus-geführt wird.

Frau Dr. Steiner fürchtet, daß die diesjährigen, kurzbemessenen Sommerferien-kurse die galoppierende Schwindsucht fördern.

Dr. Steiner: Die Sommerferienkurse hängen davon ab, wie man im allgemeinen das Prinzip ordnet. Wenn eingeführt wird, daß eine vom Eurythmeum anerkannte Lehrerin eine bestimmte Reife und Vollkommenheit erlangt hat, dann ist jemand, der sich informiert, noch nicht anerkannte Euryth­mie-Lehrerin. Die Frage kann erst geordnet werden, wenn anerkannte diplomierte Eurythmie-Lehrerinnen eingeführt sind. Die Dinge können Sie nur einrichten durch eine Beziehung zu sich und Ihrem Unterricht. In dem Augenblick, wo sich der Schüler verpflichtet hat, bis zu einer ge­wissen Ausbildung keine Stunden zu geben, können Sie von einem sagen, der dies doch zu früh tut: dies ist ein Wilder.

Frau Dr. Steiner bemerkt, daß in den Fällen, wo man hat warten müssen, bis die Lehrerinnen ganz ausgebildet seien, die anderen Systeme zuvor­gekommen sind.

Dr. Steiner: Diese Dinge sollen nicht zu stark berücksichtigt werden. Was liegt daran, wenn die Leute zu Dalcroze oder Loheland gehen? Man muß die Eurythmie richtig und ernst betreiben, ebenso die Anthroposophie. Die

Sachen sollen sich durch ihre innere Kraft ausbreiten, nicht durch Kon­kurrenz mit anderen; dann breiten sie sich am allerbesten aus.

Es würde überhaupt viel besser gehen, wenn Sie Diplome einführen für die Leute, die wirklich hier ausgebildet worden sind, wenn Sie die Erklärung geben, daß sie im Sinne der von hier geleiteten Eurythmie an­erkannte Lehrerinnen sind. Eine anerkannte Eurythmistin muß alle Fächer und Nebenfächer studiert haben.

Das Seminar ist nur für Volksschullehrerinnen der Eurythmie da.

Dr. Steiner wiederholte auf weitere Einwände:

Man muß anerkannte Eurythmielehrerinnen machen. Lernen einige nur kurze Zeit und geben dann Unterricht, sind sie Kurpfuscher.


An die Mit#eder!

Marie Steiners Bestrebungen für das Eurythmische ist das Eurythmeum in Stuttgart entsprungen. Der Gedanke eines eurythmischen Konservatoriurns liegt zugrunde. Eurythmie in allen ihren Verzweigungen wird gelehrt. Die Hilfsfächer, Poetik, Ästhetik, Kunstgeschichtliches, Musikwissenschaftliches und so weiter werden vorgetragen. Alles das in künstlerischer Auffassung in dem Lichte, in dem Eurythmie stehen muß. Was in dieser Art in Stuttgart ent­standen ist, trägt in sich viele Möglichkeiten eines weiteren Ausbaues.

Dornach, 8. Juni 1924

Handschriftlicher Entwurf Rudolf Steiners

Zur Ausfertigung der Urkunde durch Marie Steiner 1924

Hierdurch wird bescheinigt, daß Fräulein Kocherhans die ordnungsgemäße Ausbildung zur Eurythmielehrerin am Goetheanum Dornach und am Euryth­meum Stuttgart absolviert hat und von der Leitung dieser Institute für be­fähigt erklärt worden ist, Kindern im Alter von 6 bis 14 Jahren Eurythmie­Unterricht zu erteilen. Dieses Zeugnis wird dem Fräulein Kocherhans zum Zwecke der Verwendung als Eurythmielehrerin an einer Volksschule erteilt.

Goetheanum Dornach

14.Juni 1924

Die Leitung

der Eurythmie-Abteilung am Goetheanum und des Stuttgarter Eurythmeums

#SE277a-144

RUDOLF STEINER

Sechs Humoresken mit den eurythmischen Formen


Der Erfrorne

Ich bin ein Kameel

Selbstbetrachtung einer alten Tante

Tiefsinn im Schiefsinn

Es war einmal...

A dunnarwedar kummt

#Bild s. 144

#SE277a-145

DER ERFRORNE

Ein Nordpolfahrer hat wollen

Auf dem kalten Eise schlafen.

Da träumt' er auf den Schollen

Von Hitze und von Licht,

Der Traum war ganz verworren,

Er war so schwül und hitzig.

Der Fahrer war erfroren,

Doch das war nur sein Leib.

#Bild s. 145

#SE277a-146

#Bild s. 146a,b

#SE277a-147

Ich bin ein Kameel

Ohne Schuld und Fehl',

Ich hab einen hohen Rücken

Und kann mich nicht bücken.

Kameelsein ist so seelig,

Drum will ich mählig

Meinen Höcker tragen

Und niemals ia sagen.

Das laß ich dem Grauen,

Der soll nach mir schauen,

Wenn ich ein stolz' Kameel

Kau' ohne Schuld und Fehl.

Ich steig' nicht zum Himmel,

Ich bleib ein Wüstenschimmel.

Der Graue ist so faul -

Ich hab' ein feines Maul.


SELBSTBETRACHTUNG EINER ALTEN TANTE

Ich kann nicht mehr jabsen.

Ich döse nur so hin.

Macht mir keine Faxen,

Weil ich einmal so bin.

#Bild s. 147

#SE277a-148

TIEFSINN IM SCHIEFSINN

Es wispern die Wissenden,

Es wispern die Wissenden;

Es mysten die Mysten,

Es mysten die Mysten.

Es waspern die Wasselnden,

Es waspern die Wasselnden;

Es meisten die Meisten,

Es meisten die Meisten.

Es wespern die Wespernden,

Es wespern die Wespernden;

Es mopsen die Möpse,

Es mopsen die Möpse.

#Bild s. 148

#SE277a-149

#Bild s. 149a,b

#SE277a-150

#Bild s. 150a,b

Ankündigungen Rudolf Steiners zu den Vorstellungen Sonntag, am 23.Mai 1920, 5 Uhr - Montag, am 24. Mai 1920, 5 Uhr

#G277a-1982-SE151 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

Ankündigungen Rudolf Steiners

zu den Dornacher Eurythmie -Aufführungen

GOETHEANUM DORNACH

EURYTHMISCHE KUNST

Vorstellungen

Sonntag, am 23.Mai 1920, 5 Uhr - Montag, am 24. Mai 1920, 5 Uhr

Eurythmisierung ernster und getragener Poesieformen; sowie auch zierlicher

und naiver dichterischer Koketterien; Musikalisches.

Für hungernde Eurythmie-Besucher, die nach der Eurythmie-Darbietung zu

den Vorträgen bleiben wollen, wird ein zartes und niedliches Buffet in der

Schreinerei vorfindlich sein.

*

Sonntag, 15. juli und Dienstag, 17. Juli 1923

5 Uhr um die Nachmittagszeit

DICHTERISCHES UND MUSIKALISCHES

auf zierlich-anmutige und getragen-würdige Weise, an beiden Tagen ganz

verschieden beinhaltet

EURTHMISIERT

zu Nutz und Kunsterleben der Besucherschaft.

*

Ein feines, sinnvoll gegliedertes, den schönsten und zierlichsten Dichtungen

und Musikstücken sorgfältig zugeordnetes Programm wird für eine

EURYTHMIE-AUFFÜHRUNG

am Freitag, den 27. Juli1923

den sich einfindenden Zuschauern künstlerisch und launig vor die Äugen

gestellet werden

*

Am Mittwoch, den 25. Juli1923, abends 71/2 Uhr

wird eine ganz fleißig stucierte, sorgfältig international zusammengestellte, inniglich in sich abgestimmte, dichterisch und musikalisch geartete

EURYTHMIE-VORSTELLUNG

#TX

zu ernster Erbauung und nicht banalem Ergetzen einer geneigten Zuhörer­schaft allhier gegeben

*

Dichtungen mit ernst-formstrengem und Musikalisches mit lyrisch-roman-tischem Charakter, Humoristisch-Bizarres

Donnerstag, 1. November 1923

EURYTHMIE 7 Uhr

*

Donnerstag, 25. Oktober 1923, 7 Uhr abends Furythmische Wiedergabe von Dichtungen und Musikalischem

*

NEUES PROGRAMM: Ernst-Getragenes und Heiter-Bizarres in Eurythmisierung

*

Sonntag, 4.November 1923, 5 Uhr

Dichtungen lyrischer und lyrisch-epischer Gestaltung und Musikalisches

eurythmisiert

*

Eine

WEIHNACHT-EURYTHMIE-VORSTELLUNG

Das Programm wird zum größten Teil Weihnachtssprüche Rudolf Steiners, außerdem Gedichte von Steffen und Morgenstern und Musikalisches bringen

28. Dezember 1923, 1/2 5 Uhr

*

#SE277a-152

Sonntag, 20. Januar 1924, 5 Uhr

ERNSTE dramatische und lyrische Dichtung sowie Groteskes und auch

Musikalisches eurythmisiert

*

Sonntag, 16. März 1924, 5 Uhr nachmittags

Ernstes und Anmutig-Leichtes aus Dichtung und Musik eurythmisiert

*

Freitag, 9. Mai 1924, 5 Uhr nachmittags

Ängehende Eurythmisten werden ihre Kunst und deren Grenzen zeigen

Karten zu 3, 2 und 1 Fr. an der Kasse

*

Sonntag, 29.Juni 1924, nachmittags 5 Uhr

ROMANTISCHES und auch KLASSISCHES in Dichtung und Musik eurythmisiert

(Mörike, Steffen, Mistralwind, Tartini, César Franck, Chopin, Bach)

Karten zu 4, 3 und 2 Fr. an der Kasse

*

Sonntag, 23.November 1924, nachmittags 5 Uhr

Eurythmische Vorstellung durch Fortgeschrittene und Schüler gegeben dem

Publikum den Anblick ganz anfänglichen und späteren Könnens zu zeigen

*

Sonntag, 5 Uhr, Nachmittag

Eine würdig allseitige Zusammenstellung des mannigfaltigsten Dichterischen

und Musikalischen auf eurythmische Art, so aus der Haltung des

Anthroposophischen nicht herausfällt

Montag : Ganz ernst künstlerisch-eurythmisch

*

Darstellung von Motiven aus aller Welt; Insbesondere auf anthroposophischem

Boden gewachsener Neuheiten

*

Sonntag, 7.Dezember 1924, 5 Uhr

Proben aus dem Goetheanum in Erringung der Eurythmischen Kunst

*

Sonntag, 11.Januar 1925

EURYTHMISCHE VORFÜHRUNG von klassischer und romantischer Dichtung und Musik durch reife Künstler und auch durch Schülerinnen

*

Sonntag, 18. Januar 1925

Ein Programm, das durch seinen getragenen und auch anmutigen Inhalt sehr schön als Ausklang der Weihnachtsfesttage einmal dienen kann

*

Sonntag, den 1. Februar 1925

Klassisches und Romantisches in Dichtung und Musik

Im zweiten Teil «ELEUSIS» von Hegel, [durch] das auf die erste Anregung Rudolf Steiners hin Marie von Sivers ganz im Anfange der anthroposophischen

Bewegung unsere REzITATIONSKUNST inauguriert hat

*

EURYTHMIE

Wir freuen uns, den Freunden der Eurythmie cie schöne Mitteilung machen zu können, daß die vom Goetheanum in Dornach ausgehenden Eurythmie-Dar­bietungen im Lessing-Theater in Berlin, im Stadttheater in Danzig und ebenso in Fürth vor vollausverkauftem Hause einen außerordentlichen Beifall fanden

und große Erfolge erzielten.

15.März 1925

*

EURYTHMIE-AUFFÜHRUNGEN

Die letzten Eurythmie-Aufführungen, die wieder unter der Leitung von Marie Steiner stattfanden, brachten in Heidenheim, Karlsruhe und Mannheim bei

vollbesetzten Häusern einen großen, unbestrittenen Erfolg.

29.März 1925

#SE277a-153

DRITTER TEIL

ERGÄNZUNGEN


Zu dein Gespräch zwischen Rudolf Steiner und Clara Smits :

Ich sagte, der Kursus - [Sprachgestaltung und Dramatische Kunst] - hat eine kleine Geschichte. Er ging aus davon, daß zu Frau Dr. Steiner und mir zu­nächst einzelne Persönlichkeiten kamen, welche das Bedürfnis hatten, aus ihrem Drinnenstehen im Bühnenmäßigen an die Anthroposophie heranzu­kommen in dem Glauben, daß, weil Anthroposophie heute dasjenige sein soll, das nach allen Seiten hin Anregung gibt, nach der religiösen, der künstleri­schen, wissenschaftlichen und so weiter, auch nach der künstlerisch drama­tischen Seite Anregungen gegeben werden sollen oder können.

Das kann durchaus der Fall sein, denn es gingen die verschiedenen Kurse voraus, die Frau Dr. Steiner für Sprachgestaltung gegeben hat. Es ging auch hier ein Kursus von Frau Dr. Steiner über Sprachgestaltung voraus, dem ich dazumal schon einiges hinzufügen durfte, was sich auf die Bühne selbst be­zieht. Es ging voraus, daß von diesem Kursus dann allerlei Anregungen aus­gegangen sind, und daß wiederum auf der anderen Seite Persönlichkeiten, die im Bühnenleben drinnenstanden, das oder jenes, was bisher als Anregung von unserer Seite her gegeben worden ist, schon vor die Öffentlichkeit hingestellt haben; einzelne Gruppen von Persönlichkeiten traten ja in der Welt bühnen-mäßig auf mit der Anerkennung zunächst für sie selbst, daß von hier aus ge­wisse Anregungen ausgehen können.

Dazu kommt, daß diejenige Kunst, die unter uns steht seit 1912, die euryth­mische Kunst, nahe, möglichst nahe an das heutige Bühnenmäßige angrenzt; und daß diese eurythmische Kunst in der Zukunft eben ganz mit dem Bühnen-mäßigen eins werden wird, das geht schon aus der äußerlichen Art, wie sie vorgebracht werden muß, so hervor, daß einfach die Schauspielkunst das Eu­rythmische als etwas zu ihr Gehöriges in der Zukunft wird zu betrachten haben. Dieses Eurythmische war zunächst, als es von mir gegeben worden ist, im allerkleinsten Rahmen gedacht, vielleicht überhaupt nicht gedacht, könnte ich sagen, denn es lag die Sache 1912 so, wie immer die Dinge liegen, wenn in der richtigen Art innerhalb der anthroposophischen Bewegung gearbeitet wird :

man nimmt dasjenige, was Karma fordert, auf, und gibt soviel, als gerade die Gelegenheit dazu da ist. Das ist in der anthroposophischen Bewegung nicht anders möglich. In der anthroposophischen Bewegung hat man nicht eine Ten­denz, Reformgedanken zu haben, rnan hat nicht die Tendenz, eine Idee in die Welt zu setzen, sondern man hat das Karnia vor sich. Und dazumal war es so, daß im allerengsten Kreise das Bedüffnis entstand, sozusagen eine Art Beruf zu bilden. Es war auf die naturgemäßeste, aber auch karma-gemäßeste Weise. Und da tat ich zunächst soviel, als gerade notwendig war, um diesem Karraa entgegenzukommen.

Dann wiederum war es ebenso karmisch, daß etwa zwei Jahre darnach Frau Dr. Steiner, deren Domäne das selbstverständlich innig berührte, sich der eurythmischen Kunst annahm. Und alles, was dann daraus geworden ist, ist ja durch sie eigentlich erst geworden. So daß es also ganz selbstverständlich ist, daß auch dieser Kursus jetzt, der unmittelbar in diesen Anregungen auf das Jahr 1913, 1914 zurückgeht, sich hineinstellt in die Sektion für redende Künste, deren Leiter Frau Dr. Steiner ist.

Rudolf Steiner, Dornach, 5. September 1924

Zum Bottminger Kurs:

In den Monaten Mai und Juni 1913 beschäftigten wir uns auch mehr mit einer Übung, von der ich nicht mehr genau weiß, ob wir sie Rudolf Steiner schon gezeigt hatten, als er bei uns war.

«Jedes Ertönen lassen im Tanz muß einer Fußbewegung entsprechen» stand auf dem letzten Blatt der Bottminger-Notizen. Und darum war das auch eine gestellte Aufgabe, und man mußte sich beschäftigen und empfinden lernen, was damit im Zusammenhang mit Eurythmie gemeint war.

#SE277a-154

Auf der anderen Seite stand der Anapäst stark im Mittelpunkt der diony­sischen Formen und Gruppentänze, und so entstanden anapästische Übungen, bei denen der Länge immer ein Ertönenlassen entsprach und folgte. Es gab energische, tragische, heitere bis zu bacchantische Anapäste, leider vorerst nur mit Händeklatschen. Später benutzten wir wunderschöne echt chinesische Bronce-Zimbeln, die in Klang und Form wirklich ein Genuß waren. - Aber was durch diese Übungen zu lernen und zu erleben war, konnte auch so er­reicht werden : Denn nicht nur das «Ertönenlas sen» folgte der Fußbewegung, sondern die Bewegung des ganzen Leibes, sich bis in die Arme und Hände er-gießend, bekam ihren Charakter und Impuls von der Art, wie dieser Impuls, ob energisch, straff, tragisch-schwer oder heiter-beschwingt eben durch die Fußbewegung in Verbindung mit der Erde ausgelöst wurde, und von da aus wie ein Klang und Fluß ungebrochen die ganze Gestalt ergriff.

Die Erklärung, die wir damals für das «richtig Gehen wie ein Seiltänzer» gemeinsam gefunden haben, brauche ich eigentlich gar nicht aufzuschreiben. Es war nach vielem Suchen, Ausprobieren und Verwerfen genau dieselbe, die man im Lauteurythmie-Kurs 1924 nachlesen kann.

Seit dem Tag in Kassel, an dem Rudolf Steiner mir die beiden, in ihrer Be­ziehung zur Erde so verschiedenen Statuen : den Apoll von Tenea und den Apoll Sauroktonos, gezeigt hatte, ahnte ich wirklich beglückt, daß man es beim Gehen mit einem lebendigen Geschehen zwischen Fuß und Erde zu tun hatte und nicht mit dem Betätigen eines Mechanismus, wie es mir kurze Zeit vor­her eine Gymnastikerin erklären wollte. Im Gegensatz dazu war das, was man an diesen beiden Statuen erlebte, so befriedigend, weil die Füße nicht mehr ir­gendein lebloses Gewicht waren, sondern sehr aktive, bewußte, fühlende Glie­der. Sie mußten den Impuls des Revoltierens betätigen und sich durch ihr Tun aus der Erd-Gebundenheit selbst lösen.

Wir hatten auch einmal einen vierteiligen Schritt ausprobiert, bei dem als vierte Phase der Fuß Sich voll auf den Boden stellte, und nicht erst dann, wenn durch das Revoltieren des zweiten Fußes er nun Seinerseits das Gewicht des ganzen Körpers aufnehmen und tragen mußte. Das schien uns aber sehr un­natürlich und unterbrach den Fluß der Bewegung auf unschöne Weise. - Auch hatte Dr. Steiner damals die Bemerkung «sie geht richtig, sie geht wie ein Seiltänzer» bei der «Wir»-Übung gemacht, und es war sehr viel Freude und Schwung in mir und es gab wirklich keine Zeit, eine vierte Phase einzuschie­ben und damit das sehr bewußte Vorwärts- und Rückwärtsstreben zu unter­brechen. So kamen wir endlich zu der uns alle drei befriedigenden Erklärung des dreiteiligen Schrittes.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine Deutung des Wortes Unter­richten anführen, die Dr. Steiner einmal gab : «Es wird etwas gerichtet, richtig gestellt, in eine vom Unterrichtenden gewollte Richtung gebracht, aber - unter der Oberfläche. Ein Kind wird unterrichtet, nicht an Kopf-Verstehen appel­lierend, sondern in dem man etwas tun läßt.» Vielleicht sollte man beides zu­letzt Geschilderte von diesem Gesichtspunkt aus ansehen! -

Er regte das Erleben beim Ertönenlassen im Tanz in der geschilderten Art an, ungebrochen durch die ganze Gestalt fließende Bewegungen zu veranlagen; ferner den Unterschied zwischen Erd-Gebundensein, durch die ägyptisch­archaische Gestalt, und dem freiwilligen sorgfältigen Erd-Verbundensein, durch das Schreiben mit den Füßen, in einer fruchtbaren Richtung zu betä­tigen und zu erleben. An der griechischen Gestalt betonte er das Revoltieren gegen Erd-Gebundensein und zeigte damit, daß jeder Fort-Schritt durch den Wechsel von Freiheit und Gebundenheit entstehen muß.

L.M.-S.


Zu: Bottiningen, 17.September 1912

Die ganze Art ihres Seelenlebens war aber noch eine solche, die beherrscht war von den «geheimen» Seelenkräften des Menschen. Man trifft die Sache nicht ganz, aber annähernd, wenn man von einem somnambulen Anschauen dieser Frauen spricht. In einem gewissen höheren Träumen enthüllten sich ihnen die Geheimnisse der Natur und erflossen ihnen die Antriebe zu ihrem Handeln. Alles war für sie beseelt und zeigte sich ihnen in seelischen Kräften und Erscheinungen. Sie überließen sich dem geheimnisvollen Weben ihrer seelischen Kräfte. Das, was sie zu ihren Handlungen trieb, waren «innere Stimmen» oder das, was Pflanzen, Tiere, Steine, Wind und Wolken, das Säu­seln der Bäume und so weiter ihnen sagten.

Aus solcher Seelenverfassung erstand das, was man menschliche Religion nennen kann. Das Seelenhafte in der Natur und im Menschenleben wurde all­mählich verehrt und angebetet. Einzelne Frauen gelangten zu besonderer Vor­herrschaft, weil sie aus besonderen geheimnisvollen Tiefen heraus zu deuten wußten, was in der Welt enthalten ist.

So konnte es kommen, daß bei solchen Frauen das, was in ihrem Innern lebte, sich in eine Art Natursprache umsetzte. Denn der Anfang der Sprache liegt in etwas, was dem Gesange ähnlich ist. Die Kraft des Gedankens setzte sich in die hörbare des Lautes um. Der innere Rhythmus der Natur erklang von den Lippen «weiser» Frauen. Man versammelte sich um solche Frauen und empfand in ihren gesangartigen Sätzen die Äußerungen höherer Mächte. Der menschliche Gottesdienst hat mit solchen Dingen seinen Anfang genom­men. - Von einem «Sinn» in dem Gesprochenen kann für die damalige Zeit nicht die Rede sein. Man empfand Klang, Ton und Rhythmus. Man stellte

#SE277a-155

sich dabei nichts weiter vor, sondern sog die Kraft des Gehörten in die Seele. Der ganze Vorgang stand unter der Leitung der höheren Führer. Sie hatten in einer Art, über welche jetzt nicht weiter gesprochen werden kann, Töne und Rhythmen den «weisen» Priesterinnen eingeflößt. So konnten sie veredelnd auf die Seelen der Menschen wirken. Man kann sagen, daß in dieser Art über­haupt erst das eigentliche Seelenleben erwachte.

Rudolf Steiner : «Aus der Akasha-Chronik»

Aus dem Kapitel «Die lemurische Rasse» S.67


Zu : Bottiningen, 21. September 1912

Oder wie lustig könnte es aus schauen, wenn bei den Morgensternschen «Eseln» der eine, wenn er sagt: «Ich bin so dumm» ein schwelgerisches «Ich begreife mich» macht, und der andere es mehrfach bestätigt «Ich begreife dich» und bei «Du bist so dumm» sie ihre Erkenntnisse und Beteuerungen tauschen.

L.M.-S.


Zu : Bottiningen, 23. und 24. September 1912

Formen für Erna Wolfram-van Deventer, welche am 8. März 1915 in Leipzig ihre Schüler Rudolf Steiner vorführte.

#Bild s. 155a

«Serpentinen dürfen sich niemals kreuzen.»

Rhythmus : Serpentinen immer im Anapäst oder in sehr ausgesprochenen Jamben, zum Beispiel aus Goethes «Pandora».

#Bild s. 155b

I. Alle acht Personen gehen zuerst in einer einwickelnden Spirale nach innen und in einer auswickelnden Spirale wieder auf ihre Anfangsplätze.

II. 1/3/2/4 gehen in einer einwickelnden Spirale nach innen; 5/7/6/8 bleiben, «wandeln», auf dem Außenkreis.

III. 1/3/2/4 wandeln auf dem Mittelkreis einen Platz (1/8 des Kreises) weiter und gehen in die zweite einwickelnde Spirale, in den Innenkreis. 5/7/6/8 bleiben, «wandeln», auf dem Außenkreis.

IV. 1/3/2/4 bleiben innen, oder gehen den Weg zurück, bis sie wieder außen zwischen 5/7/6/8 sich einfügen.

Zahlenanordnungen von Rudolf Steiner.

#SE277a-156

«Es wäre schön, wenn man ganze Alleen von Serpentinen darstellen würde, aber so, daß in der Mitte der Raum leer bleibt.»

#Bild s. 156a

7 Paare hintereinander, zuerst alle zusammen eine Spirale aus- und einwickeln; dann das I. Paar nach dem Auswickeln im Bogen zur neuen Spirale, die andern währenddem zurück einwickeln. Sehr geeigneter Text :

Die Schöpfung ist zur Ruh gegangen, o wach' in mir! -

von Fr. Rückert

#Bild s. 156b

Zu : Bottiningen, 24. September 1912

Zum Laut W: So habe ich fast ein Jahr lang, bemerkt Lor"' Maier- Smits, dieses lange U gemacht, bis Erna Woffram-van Deventer mir erzählte, Dr. Steiner habe ihr in Leipzig gesagt, sie solle das W schon wie ein langes U machen, aber mit schweren, schweren Händen. - Erna van Deventer fügt noch dazu, daß sie 1913 Rudolf Steiner in Leipzig gefragt habe, wie manWorte wie Wehmut, Wahn, die mehr Innerliches als Woge, Welle und so weiter ausdrücken, ge­stalten soll. Seine Antwort war : «Für das mehr innerliche W machen Sie ein U, aber die Hände schwergewichtig nach unten ziehend fühlen. Bei dem ande­ren W, da müssen Sie schon das innerliche W in Bewegung bringen. So kom­men Sie zur Wellenbewegung.»

In einem Notizbuch, in welchem sich Aufzeichnungen aus den Jahren 1914 und 1924 finden, faßt Rudolf Steiner gewissermaßen zusammen, wenn er schreibt : «W : es ist der Laut, der wellend trägt - der auf seinem Rücken die Fortbewegung hat -».

#SE277a-157

Eine zentrale Frage und eine grundkgende Antwort

Kann oder muß man alle Laute ausführen, oder kann man die uns am wichtig­sten scheinenden Laute herausgreifen?

Dr. Steiners Antwort war eindeutig : «Vor dem Zuschauer muß stets das ganze Wortbild stehen, sonst ist die Eurythmie keine Sprache, sondern nur ein . Wie beim Kind, das auch noch nicht alle Laute im Worte aus­sprechen kann.»

Und auf die weitere Frage, ob man dann mit der Rezitation noch mitkäme, entgegnete Rudolf Steiner sehr freundlich, fast wie ironisch : «Warum denn nicht? Sie müssen ja nicht alle Laute gleich groß bilden, im Sprechen tun Sie dies ja auch nicht, denn dann wird es ein , aber keine künstle­rische Sprache. Ist denn ein E mit zwei Fingern nicht schön oder ein L mit dem Mittelfinger, oder ein N zwischen Arm- und Haislinie ?»

Außerdem wies er darauf hin, daß beim Konsonantieren die Vokale sich in den Übergangs bewegungen beinahe «wie von selbst» formen, zum Bei­spiel im Worte «Leben».

Erna Wolfram-van Deventer


Z'u einer Eurythinie-Demonstration, Leipzig, i. Januar 1914

ABENDLÄUTEN

In deine langen Wellen, verschwistert nun

tiefe Glocke, dem ewigen Gesang

leg ich die leise Stimme der Lebensglocke,

meiner Traurigkeit; Schicksalsglocke,

in deinen Schwingen die

löst sie zu unsern Häupten

sanft sich auf, läutet, läutet, läutet.

Christian Morgenstern


Im Anschluß an eine eurythmische Demonstration in Leipzig am I. Januar 1914, der er beiwohnen konnte, bat Christian Morgenstern, Näheres über die neue Kunst zu erfahren. Rudolf Steiner und Marie Steiner (Marie von Sivers) kamen diesem Wunsche nach und besuchten den Dichter in den nächsten Tagen in seinem Zimmer im Hotel de Pologne mit Erna Wolfram. Bei dieser Gelegenheit bat der Dichter die Eurythmistin, ob sie nicht auch eines seiner Gedichte ihm zeigen könnte. Ihr fielen obige Verszeilen ein, die sie improvisierte. Für die letzte Zeile erhielt sie auf ihre Frage folgende Anweisung :

«Warum versuchen Sie denn nicht ein sich steigerndes äu mit den Augen­lidern? Das gäbe einen besonders wirksamen Abschiuß! Erst stemmen Sie gewissermaßen die Hände in die Unterarme, dann die Unterarme in die Ober­arme, dann die Oberarme in die Schultern und als Schlußbewegung lassen Sie die Augenlider tief in die sich schließenden Augen hineinsenken, stemmen Sie die Augenlider in die Augen. Da fühien Sie das Ausklingen von . Zwischen den äu-Bewegungen kann dann noch jedeimal das e in läutet angedeutet werden.»

nach E.v.D.-W.

#Bild s. 157

Die Sonne bewegt sich in Richtung von Widder und Stier weiter; der Mond bewegt sich in entgegengesetzter Richtung.

Eine Person in der Mitte vokalisiert und führt die seelischen Formen aus, während ein Chor (zwölf Personen) rundherum die Konsonanten und die Na­turformen ausführt. Genaues Zusammenarbeiten.

DIE MUTTER

Tief in den Alpen, im halmigen Riet,

Da sitzt auf einem Stein

Ein armes, greises Mütterlein

Und sieht und sieht

In einen dunkelgrünen See.

#SE277a-158

Dies Auge, wie ringt es im ströhinenden Weh,

Dies Herz, ach wie schmachtet es tief nach Erbarmen !

Im See sind Nixen mit blanken Armen,

Die kamen geschwommen

Und haben der Mutter den warmen,

Den blühenden Sohn genommen.

Die Nixen kommen

Und reihen sich dicht

Um ihren Fuß

Und blicken licht.

Andere winken,

Wallen und blinken

Und nahen gewinnend und bringen Gruß,

Mit silbernen Lippen klingenden Kuß,

Doch bringen sie nicht

Den geliebten Sohn.

Die Mutter weinet. -

Wie schmerzlich ihr Busen im Sehnen schwillt,

Wie heiß die heilige Träne quillt -

Die Nixen schwimmen,

Sinken und klimmen

Vor ihrem Gesicht

Mit jammerndem Ton,

Sie bringen ihr nicht

Den geliebten Sohn.

Die Monden, die Jahre flohn,

Die jungen Tage blühn

Und spiegeln sich rosig in See's Grün,

Die Mutter weinet -Die Sonne scheinet,

Die Sonne sinkt,

Der Sternenhimmel winkt,

Die Mutter weinet, weinet, weinet. -

Fercher von Steinwand

Aus einem Arbeitsheft von M. St.

Zu: Dornach, 20. August 1915

Zu Beginn der dritten Stunde wiederholte Rudolf Steiner aus der ersten Stunde : Abstraktionen sind immer kreisförmig, durch eine krumme Linie, aber auch durch eine Ellipse auszudrücken. Abstrakta, die sich auf die äußere Welt beziehen - Kreisliinie nach vorne; auf das Innere - Schiangerlinle, see­lische Linie; auf Geistig-Göttliches, Überirdisches - Kreislinie nach hinten.

Ferner sprach Rudolf Steiner über das unpersönliche «Es»:« als schein­bares Subjekt, als unbestimmtes Pronomen, wird durch E über dem Kopf, Handflächen nach vorne, ausgedrückt.» Dazu gab Rudolf Steiner ungefähr folgende Erläuterung : «Mit diesem unpersönlichen werden Sie sich in Ihrer nächsten Inkarnation, besonders diejenigen, welche dann Philosophen sein werden, viel beschäftigen. Dann werden Sie sich fragen bei : es regnet, es schneit, es offenbart : Wer oder was regnet, schneit, offenbart? Dann be­zeugt derjenige, der dieses anwendet, damit, daß er mit tiefen Geheim­nissen des Kosmos bekannt ist.»

Zu jener Zeit wurden alle Pronomen, auch das persönliche Es, außer Relativ-Pronomen, gegenständiich, also im Winkel nach hinten ausgeführt. Nur dieses unpersönliche «Es» sollte stehend, mit einem hoch über dem Kopf geformten E ausgeführt werden.

Zu: Dornach, 23. und 24.August 1915

Aus der Ansprache, Dornach, 29. August 1915

Ich möchte nur vorausbemerken einige Worte darüber, wie man den Zu­sammenhang in allem sehen möge, was wir versuchen, in allem, was hervor-geht aus dem von uns Versuchten. Es ist in unserer Zeit gewiß auf der einen Seite eine starke Sehnsucht vorhanden, den Zusammenhang des materiellen Lebens mit dem geistigen Leben zu gewinnen. Auf der anderen Seite aber sind die Möglichkeiten dazu nicht so leicht zu finden. Denn, wie ich in ande­rem Zusammenhange hervorgehoben habe, ist bei den wenigsten Menschen Europas heute ein deutliches Gefühl vorhanden von dem Suchen nach dem Wesenhaften in den unserer Welt zugrunde liegenden und mit ihr verbundenen anderen Welten. Wenn Sie heute Lehren nehmen, die gegeben werden über Poesie, über Kunst, so werden Sie vielfach bemerken, wie alles Künstlerische zurückführt auf ein Höheres, wie es aber schwierig ist für den Menschen, den Zusammenhang mit diesem Höheren wirklich heute zu erfühien. Und des­halb steht zu hoffen, daß gerade das weitere Populärw'erden des Eurythmischen, wie wir es versuchen, von einer, ich möchte sagen, ganz menschlichen Seite

#SE277a-159

her dasjenige fördert, was man braucht, um den Zusammenhang des Men­schen mit den geistigen Welten zu finden. Wie oft werden Sie von dieser oder jener sich theosophisch nennenden Richtung gehört haben, daß ein Wesent­liches für das Seelenleben darauf beruht, eins zu werden mit dem großen All­wesen, das die Räume erfüllt und die Zeiten durchwallt. Aber mit so großem Enthusiasmus und mit so starker Inbrunst auch manchmal dieses Verlangen nach dem Sich-eins-Fühlen mit dem All, wie man sagt, theosophisch betont wird, so wenig ist man geneigt, die Wirklichkeit davon zu ergreifen. Viele betonen heute die Form, wie in der Mitte des Mittelalters, etwa durch Meister Eckart, durch Johannes Tauler, das «Entw'erden», wie man sagte, angestrebt worden ist, das Sich-eins-Fühlen mit dem göttlich durchströmten All. Wir sind aber heute in einer Zeitperiode, wo dies im Konkreten, im Wirklichen angestrebt werden muß, wo wirklich etwas getan werden muß zur Bekräfti­gung der großen Wahrheit, daß der Mensch in seinem Tun und in seinem Sein zusammenklingen kann mit dem Tun und mit dem Sein der Welt. Und so etwas ist versucht eben in dem, was jetzt unsere Freunde kennenlernen werden durch die Damen, die es zunächst betreiben, in dem zweiten Kapitel unserer Eurythmie. Ich will nur ganz kurz auf einiges aufmerksam machen, das aus dem Heutigen erschlossen werden kann.

In der zweiten Vorführung haben Sie gesehen, wie gewissermaßen nach­gebildet ist ein Bewegt-Ruhiges, das im Universum ist : die Zwölfheit, die im Universum als der Tierkreis vorhanden ist; die Siebenheit, die irn Universum als Planetenfolge vorhanden ist. Sie haben auch gesehen, wie das Ruhende der Tierkreisbilder im Verhältnis zum Bewegten des planetarischen Seins Ihnen aus der Darbietung der Figuren hervorgetreten ist. Solche Dinge sind natür­lich nur möglich, wenn in dem Ganzen dieser Geist des Sich-eins-Fühlens mit dem Universum vorhanden ist. Und so ist denn einrnal versucht, etwas zu machen, bei dem ein ganz inniger Einklang ist zwischen dem gesprochenen Worte, und nicht nur dem gesprochenen Worte, sondern den sich offenbaren-den Empfindungen und jeder einzelnen Bewegung. Man wird nach und nach verstehen, daß man im Ganzen dieser Darstellung nur als eine Hilfe das ge­sprochene Wort haben wird. Man wird nach und nach verstehen, daß, wenn die Bewegung in ihrer Fülle gemacht wird, man dasjenige, was gesagt wird, ebenso wird aus der Bewegung absehen können, wie man, wenn man die Buch­staben vor Sich hat, den Sinn ablesen kann. Man braucht nichts anderes, als Lesen gelernt zu haben, dann wird man nach und nach, wenn eben das ganze System entwickelt ist, auch dasjenige lesen können, was dargeboten wird. Aber man wird nicht nur lesen können buchstabengemäß, lautgemäß, sondern auch sinngemäß.

Dazu ist allerdings notwendig, daß man einen Begriff hat von dem sinn­gemäßen inneren Erleben. Der Mensch muß selbstverständlich als Erdenmensch, da er mit den Wesen, die in den Abgrund gestoßen sind, eben im Ab-grund der Erde herumirrt, in der Regel während seines Erdenseins auch irren mit seinen Gedanken und Empfindungen. Aber er kann sich emporschwingen aus diesem irrenden Denken und Empfinden Zu dem, was regelmäßig aus der ruhigen Bewegung ihm dann festes Denken und Empfinden ist. Denn, sehen Sie, der Kosmos, wie er uns zunächst als unser Sonnensystem vorliegt, der ist ja nur ein Spezialfall. «Im Urbeginn war das Wort, und das Wort war bei Gott, und ein Göttliches war das Wort.» Und im Kosmos sehen wir gleichsam er-Starrt das Wort, das Wort in seiner Ruhe und das Wort in seiner Bewegung. Aber man muß es eben fühien im Kosmos. Ich möchte nicht, daß man ver­wechsle, was hier vorgebracht wird, mit mancherlei verworrenem Mystizismus der Gegenwart. Nicht um Nachahmung der Methoden etwa derjenigen mo­dernen Astrologen, die in ihren Methoden jeden Materialismus überbieten und die zur materialistischen Unwissenheit nur den unwissenden Aberglauben hin­zufügen, handelt es sich hier, sondern um das Eingehen auf die gesetzmäßigen Zusammenhänge einer geistigen Welt, die ihre Offenbarung im Menschen ebenso hat wie im Kosmos. Wahre Geisteswissenschaft sucht nicht aus Sternen-Konstellationen Menschengesetze, sondern aus dem Geistigen sowohl Men­schengesetze wie Naturgesetze. Obgleich diese Geisteswissenschaft mit den unsinnigen mystischen Bestrebungen der modernen Zeit inrner wieder zu­sammengeworfen wird, hat sie doch damit gar nichts zu tun. Wer, wo in ge­wissen Äußerungen des Menschen Analogien mit kosmischen Verhältnissen als Grundlage einer Ausdrucksweise angewendet werden, muß besonders be­tont werden, daß Geisteswissenschaft nichts mit dem Dilettantismus moderner Astrologen und deren plumpen Offenbarungen zu tun haben will.

Und so wurde denn einmal versucht, eine solche Aufeinanderfolge des Füh­lens, Empfindens und Sprechens zu machen, die so wie sie dargeboten wird, gleichsam einen anderen Fall, einen Fall inneren Seeienerfühlens gibt gegen­über dem, was ausgeflossen ist in die Bewegung unseres Sonnensystems. Der Bau nach zwölf Strophen, die je siebenzeilig sind, entspricht, ich möchte sagen, dem äußeren Gerippe. Aber Sie werden, wenn Sie gerade dieses zwölf-sieben­gliedrig versuchte Gedicht nehmen, sehen, daß in allen Einzelheiten festgehal­ten ist dasjenige was sich da offenbaren will....

Was ist eigentlich mit so etwas versucht? Wahrhaftig, es ist etwas ganz an­deres ais eine Spielerei ! Es ist versucht, dasjenige festzuhalten in wirklichem inneren Ergreifen, was kosmisch ausgeführt worden ist, indem unser Sonnen­system geschaffen worden ist. Man versucht da wirklich sich hineinzuleben, in Stimmung, im Tun und in allem sich hineinzuleben, und - man möchte sagen :

Das, was Sie da sich haben abspielen sehen, das gibt einem die Möglichkeit, eine Beweglichkeit und in Bewegung befindliche Begriffe sich zu verschaffen von dem, was man so nennen kann :

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Das Wort wallt durch die Welt,

Und die Weltenbildung hält das Wort fest.

In der ersten Darbietung wird ebenso versucht, nur in einer etwas anderen Weise wiederum, ein Weitenzusammenhang. Da werden Sie gesehen haben, daß genau festgehalten wurde in den Bewegungen die Tatsache, daß man es zu tun hat mit Strophen zu je vier Zeilen, und daß auf einem äußeren Kreise die Sonne ihre zwölf Bewegungen machte. Es sind ja auch zwölf Strophen. Nur ist da auf dem äußeren Kreis die Sonne als den Tierkreis durchlaufend dar­gestellt worden.

Diejenigen beiden Damen, die im mittleren Kreise standen, drückten das Planetarische, und die Dame, die ganz im Zentrum stand, drückte das Luna­rische, den Mond, aus. So hatten Sie hier : Sonne, Planeten und Mond. Und so war auch der innere Zusammenhang der Zeilen und auch das Verhältnis immer der letzten Zeile zur ersten Zeile : die erste Zeile ist immer das Sonnen-hafte, die letzte immer das Mondhafte. Gerade so, wie das Sonnenlicht vom Monde zurückgestrahit ist, so wird immer die letzte Zeile ein Rückstrahien sein.

So wurde einmal versucht aus dem Geheimnisse des Universums heraus die Form, die dann sowohl gesprochen werden kann, wie auch in Bewegungen eurythmisch ausgedrückt werden kann. Wenn aiso einmal die Zeit kommen wird, wo man diese Dinge wird lesen lernen, wird man, wenn man so etwas vorgeführt gesehen hat, wissen, eindeutig wissen, was ein solches ganzes Be­wegungssystem zum Ausdrucke bringt.

Man kann selbstverständlich der Anschauung sein, daß man so etwas nicht zu machen braucht; aber, nicht wahr, man kann ja verschiedene Ansichten haben. Man kann auch die Ansicht haben, daß der Mensch stumm sein könnte und nicht zu reden brauchte. Und wenn alle Menschen stumm wären auf der Welt und nur ein Paar würde zu reden beginnen, so würden die übrigen das Reden als höchst überflüssig betrachten. Also, das sind ganz relative Anschau­ungen, nicht wahr. Man braucht sich nur auf das Relative dieser Anschauungen einzulassen, dann wird man schon merken, daß der wahre Fortschritt in der Entwickelung der Menschheit nur erreicht werden kann, wenn man sich darauf einläßt, alle die Möglichkeiten wirklich herauszuholen, die in der menschlichen Natur sind.

Sie werden, wenn die Damen einmal in der Lage sein werden, das auch zu lehren, was jetzt das zweite Kapitel der Eurythmie ist, zu dem, was da makro­kosmisch Ihnen vor Augen tritt und auch noch dahin ausgebaut werden muß, sehen, daß jene Auftakte, die wir zuerst gemacht haben, selbstverständ­lich musikalische Begleitung werden haben müssen; heute war es nur ein stummer Auftakt. Sie werden dann später sehen, daß zu dem Makrokosmischen auch ein Mikrokosmisches kommt, und daß Vorführungen kommen werden, in denen sich zum Ausdruck bringen wird irgend etwas genau so regelmäßig wie im menschlichen Sprechen selber. Sie werden später Kompositionen der Eurythmie sehen, wo Sie bemerken werden, daß genau an der einen richtigen Stelle ein Lippenlaut, an der anderen richtigen Stelle ein Zahnlaut entsteht, und daß wirklich das geschieht, was im Menschen beim Reden in anderer Art entsteht, so daß der Mensch sich selber kennenlernt in diesem, was sich in der Eurythmie vollzieht. Sie werden heute auch schon bemerkt haben, daß die Damen nach und nach werden lehren können, daß Verschiedenes in den Worten, Verschiedenes in den Bedeutungen und im Sinn in verschiedener Weise zur Darstellung kommt. Sie werden heute bemerkt haben, daß ein konkretes Wort in einer ganz anderen Weise getanzt worden ist als ein abstraktes Wort, daß ein Zeitwort, das eine Tätigkeit andeutete, in einer anderen Weise getanzt wurde als ein Zeitwort, das einen leidenden Zustand andeutete, als ein Zeitwort, das eine Dauer andeutete und so weiter. Auch diesen Zusammenhang - ich möchte sagen - des Gehirns mit dem Sprachorganismus werden Sie dargestellt finden im Eurythmischen.

Ich hoffe, daß man die folgende «Satire» nicht mißverstehen werde. Die in ihr zum Ausdruck kommende Stimmung darf dort nicht fehien, wo ernste geistes-wissenschaftliche Weltauffassung der Lebensführung zugrunde liegen will. Es ist wahrlich kein «Spielen» mit ernsten Dingen, wenn der Humor sich er­gehen möchte über den Ernst, der in manchen Kreisen, die sich «mystisch» dünken, mit jener Spielerei getrieben wird, welche die karikierte Maske der «geistigen Tiefe» annimmt und in Gebärden sich auslebt, die in physischer Würde und mit tragisch verlängerten Antlitzen doch für den Lebenskundigen nur burleske Purzelbäume eines geistigen Lebens schlagen. Über das Lächer­liche muß lachen können, wer dem Ernst gegenüber richtig ernst sein will, wenn das Lächerliche sich als ernsthaft drapiert. Wer bei Humoristischem keinen Humor finden kann, der kann auch im wahren Sinne dem Ernsten gegenüber nicht ernst sein. Gerade da, wo nach der Erkenntnis des Geistes gestrebt wird, muß auch gelacht werden können über die Auswüchse mancher «Geistsucher». Sonst machen diese das Ernste bei den andern gar zu lächerlich, bei jenen andern, die lachen, weil ihre Lachmuskeln jederzeit in Bewegung geraten, wenn sie etwas nicht verstehen - oder sie machen diejenigen wütend, die in Wut geraten, wenn sie auf etwas stoßen, das sie «noch nie gesehen oder gehört haben».

*

Die musikalische Begleitung zu den im Vorstehenden erwähnten Auf-takten schuf Leopold van der Pals. 1918 wurden diese Auftakte im Philoso­phisch-Antroposophischen Verlag, Berlin, veröffentlicht. Rudolf Steiner ver­faßte ein Vorwort, aus dem wir folgende Stellen abdrucken : «Herr van der Pals hat die musikalischen , die in den folgenden Blättern mitgeteilt

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sind, als Beigaben zu einer bestimmten Art von eurvthmischen Darstellungen gedacht. Diese Art von Eurythmie wird zunächst innerhaib eines geschlos­senen Kreises gepflegt, der aber in Erweiterung begriffen ist. Entstanden ist sie dadurch, daß vor mehreren Jahren eine Dame, Frau Smits, mich fragte, ob nicht eine ernstere Form der Tanzkunst verwirklicht werden könnte. Aus dem Entgegenkommen dieser Anfrage hat sich dann etwas entwickelt, das aller­dings nicht viel zu tun hat mit dem, was man gewohnt ist, zu nennen...

Der Komponist hat sich den Kunstgesetzen der Eurythmie völlig angepaßt. Im Beginne, im Verlaufe an gewissen Stellen, am Schlusse eines eurythmischen Stückes werden diese vorgeführt, und zwar im Zusammenhange mit Bewegungen, die ebenso dem Musikalischen wie dem folgenden oder vor­angehenden Rezitatorischen entsprechen. Es darf wohl ausgesprochen werden, daß die an der Eurythmie beteiligten Persönlichkeiten sich Herrn van der Pais zu herzlichem Danke verpflichtet wissen. Denn er hat durch seine musi­kalische Hilfe in bedeutsamster Art anregend und belebend auf die euryth­mische Kunst gewirkt. Mit großer Befriedigung unternimmt es der Kreis dieser Persönlichkeiten daher, van der Pals' Kompositionen zum Abdrucke zu bringen. Sie werden einen Begriff davon geben, wie sich künftig noch mehr diese Eurythmie auch dem Musikalischen verbinden wird. Bisher ist mehr mit einer Verbindung nach dem Rezitatorischen der Anfang gemacht worden. Doch besteht die Möglichkeit, die gemeinte Bewegungskunst an das Musikalische ebenso nahe heranzubringen wie an die Rezitationskunst.»

Seit 1923 liegt zu den «Zwölf Stimmungen» eine Komposition von Jan Stuten für kleines Orchester vor.

Zu den «Zwölf Stimmungen» : «Zwöif Strophen zu je sieben Zeilen : das ist das Gedicht der Welt.»

Wenn zwölf Personen den Außenkreis darstellen, so macht die erste Kon­sonanten, die zweite Vokale und so weiter. Oder alle zwölf machen alle Laute der ersten Zeile.

Zu: Dornach, 23. August 1915

Die Dur-Scala : In diesen Angaben, auf welche wir uns beschränken, liegt der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Toneurythmie. Außerdem sei er­wähnt, daß Rudolf Steiner während des Kurses (26. August) ebenfalls eine Kennzeichnung für die Moll-Scala gegeben hat.

Siehe Kapitel über Ton-Eurythmie aus «Erinnerungen» von Tatiana Kisseleff.

Später wurden die Winkel durch die halben Töne folgendermaßen aus­gedrückt :

Prim 0° = das musikalische Bild von U

Sekund Arme im Winkel von 36°

Terz Arme im Winkel von 72°

Quart Arme im Winkel von 90°

Quint Arme bleiben im Winkel von 90°

Beine im Winkel von 30° (Sprung)

Sext Arme im Winkel von 54°

Beine im Winkel von 60° (Sprung)

Septim Arme im Winkel von 18°

Beine im Winkel von 30° (Sprung)

Oktave 0° wie U

Zum Vorstehenden liegen verschiedene Aufzeichnungen von Eurythmi­stinnen vor; Erna van Deventer vermittelt:

«Diese Formen gelten für jede normale Dur-Tonart. Sie sind nicht Noten-werte, sondern Intervalle. Intervalle nicht vom Grundton aus, sondern von einem Ton zum nächsten zu machen.»

Aus dem gleichen Jahr vermittelt sie noch folgende Äußerung Rudolf Steiners :

«Auf die Dauer müssen Sie fühlen, ob die Bewegungen als Ton oder als Intervall zu gebrauchen sind.»

Bei der Moll-Scala ist die Prim (a) entgegengesetzt wie bei der Dur-Scala. Die Arme werden nach unten gesenkt, so daß sie am Körper anliegen. In Intervallen von je 18° oder 360 heben sich die Arme, bis sie bei der Quart in Schulterhöhe einen Winkel in der vorderen Ebene bilden. Bei der Quinte springen die Füße in einem Winkel von 300 nach vorne, die Arme bleiben wie bei der Quarte. Bei der Sext springen die Füße in einen Winkel von 60° nach vorn, bei der Septim wieder zurück in einen Winkel von 30° nach hinten und bei der Oktave in 0°. Die Arme gehen von der Sexte ab wieder zurück in Richtung Prim (Oktave).

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Diese Formen (Stellungen) gelten für alle Moll-Tonarten. Sie drücken et­was Schmerzliches aus. Alle Bewegungen gehen schmerzvoll nach innen.

«Melodische Molltonart : weiche Bewegungen.

Harmonische Molltonart : Bewegungen hart wie Eiszapfen»; durch E. v. D.


Zu: Dornach, 24. August 1915

Alle Planeten treten von der linken Seite aus dem Hintergrund der Bühne auf; ebenfalls Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Fische und Wassermann; Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock von der rechten Seite.


Zu: Dornach, 25. August 1915

Frage : Den Oberkörper seitwärts nach rechts oder links wenden.

L.M.-S.


Zu: Dornach, 30. August 1915

Bereits Ende 1914 wurde das Siebente Bild aus «Die Pforte der Einweihung» in folgender Weise dargestellt :

Maria rezitiert oder vokalisiert stehend

Philia vokalisch stehend

Astrid konsonantisch in Bewegung

Luna vokalisch und konsonantisch in Bewegung mit verschiedenen Rhythmen :

Weg nach vorne - u-; Weg nach rückwärts - -

#Bild s. 162

Zu: Dornach, 31.August 1915

Form : Wir wollen uns suchen, wir fühlen uns nah, wir kennen uns wohl. Numerierung laut Notiz von E. v. Deventer


Zu: Dornach, i. September 1915

Fuß stellungen. Mit einem Fuß heraustreten; beharren, ruhige Stärke.

L.M.-S.

Es besteht auch folgende Aufzeichnung :

rechter Fuß steht, linker Fuß hinten auf die Zehenspitze : beruhigend.


Zu : Dornach, 6. September 1915

Assonanzen. Als Beispiel gab Rudolf Steiner aus dem «Denäurgos» von Wilhelm Jordan diesen Text im Gegensatz zur Alliteration.

Wenn der Text eines Gedichtes seelischen Charakter hat, so können auch die Wege bei den Reimformen in ein- oder auswickelnden Spiralen oder ge­bogenen seelischen Linien verlaufen.


Zu : Dornach, 7.-9. September 1915

Die geometrischen Formen.

Wir haben uns darauf beschränkt, nur das Prinzip der geometrischen Formen darzustellen. In dem Buch «Die Grundelemente der Eurythmie» sind diese Formen von Annemarie Dubach-Donath in allen Einzelheiten ausgeführt. Es ging im vorliegenden Fall um den chronologischen Aufbau der Arbeit.

Die beigefügten Texte sind von Rudolf Steiner zu jener Zeit angegeben.


Zu: Dornach, 10./ /1. September 1915

Im Jahre 1919 wurden auf diese Form, T 1 A 0 A 1 T, bei der ersten öffent­lichen Aufführung «Worte an den Geist und an die Liebe» aus dem Mysterien-drama «Die Pforte der Einweihung» (Siebentes Bild) : Des Lichtes webend Wesen... eurythmisiert.

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Offenb. Joh. 20, 1-6

T I. Und ich sahe einen Engel vom Himmel fahren, der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand.

I 2. Und er griff den Drachen, die alte Schlange, welche ist der Teufel und Satan, und band sie tausend Jahre.

I 3. Und warf ihn in den Abgrund, und verschloß ihn, und versiegelte oben darauf,

A daß er nicht mehr verführen sollte die Heiden, bis daß vollendet würden tausend Jahre;

A und darnach muß er loswerden eine kleine Zeit.

a Und ich sahe Stühle, und sie setzten sich darauf, und ihnen ward ge­geben das Gericht;

0 und die Seelen der Enthaupteten um des Zeugnisses Leser und um des Wortes Gottes willen, und die nicht angebetet hatten das Tier, noch sein Bild, und nicht genommen hatten sein Malzeichen an ihre Stirn und auf ihre Hand,

a diese lebten und regierten mit Christo tausend Jahre.

a 5. Die andern Toten aber wurden nicht wieder lebendig, bis daß tausend Jahre vollendet wurden.

a Dies ist die erste Auferstehung.

i 6. Selig ist der und heilig, der Teil hat an der ersten Auferstehung;

j über solche hat der andere Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit ihm regieren tausend Jahre.

T ________

T 7. Und wenn tausend Jahre vollendet sind, wird der Satanas loswerden aus seinem Gefängnis,

1 8. und wird ausgehen, zu verführen die Heiden an den vier Enden der Erde, den Gog und Magog, sie zu versammeln in einen Streit, welcher Zahl ist wie der Sand am Meer.

1 9. Und sie traten auf die Breite der Erde, und umringten das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt.

A Und es fiel das Feuer von Gott aus dem Himmel und verzehrte sie...

a ii. Und ich sahe einen großen weißen Stuhl und den der darauf saß, vor welches Angesicht floh die Erde und der Himmel, - und ihnen ward keine Stätte erfunden.

a 12. Und ich sahe die Toten, beide groß und klein, stehen vor Gott, die Bücher wurden aufgetan;

0 und ein anderes Buch ward aufgetan, welches ist des Lebens.

a Und die Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken.

A 13. Und das Meer gab die Toten, die darinnen waren; und der Tod und die Hölle gaben die Toten, die darinnen waren;

a und sie wurden gerichtet, ein jeglicher nach seinen Werken.

i 14. Und der Tod und die Hölle wurden geworfen in den frurigen Pfuhl.

i Das ist der andere Tod.

T

Aus einem Arbeitsheft von M. St.

Zu den Aufzeichnungen von Marie Steiner:

Nebenher gegeben für die Gedichte, die aufgeführt wurden.

Wärme : dehnt aus, Bewegungen nach außen, mit Oberarm und Hand­flächen nach außen : rot.

Kälte : zieht zusammen, Bewegungen nach innen, mit gestrecktem Ober-arm und Handflächen nach innen : blau.

#Bild s. 163

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Zum Eurythmie- Diplom> Seite 143


Ankündigung

Die eurythmische Kunst, die aus den geistigen Grundiagen der anthroposophi­schen Bewegung heraus gepflegt wird, hat in der neuesten Zeit durch die Arbeiten in Dornach wesentliche Fortschritte erlebt. Durch Angaben Dr. Steiners und durch Aufführungen, die seinen Intentionen nach gehalten sind, sind der Umfang und die Vertiefung dieser Kunst nach mancher Richtung größer geworden. Das rechtfertigt Veranstaltungen zu einer sachkundigen Ver­breitung. Solche sollen nun in Berlin W, Potsdamerstraße 39a, im Zweiglokale der Anthroposophischen Gesellschaft in Form von Kursen stattfinden. Diese werden innerhalb von vier Wochen in die eurythmische Kunst einführen. Der Beginn ist auf den 15. November 1919 festgesetzt. Sie werden von Annemarie Groh, die durch lange Zeit in Dornach mitgewirkt hat, geleitet sein. Teil­nehmer können alle Persönlichkeiten sein, die aus ernstem Interesse an der eurythmischen Kunst und aus einer zureichenden Begabung heraus ejne ziel­sichere Ausbildung suchen. Die Arbeit wird den größten Teil des Tages in Anspruch nehmen. Unterrichtsstunden, Gruppenübungen und Privatausbil-dung werden dem Ziele dienen.

Das Honorar wird für die sämtlichen Kursveranstaltungen 200 Mark be­tragen. Privatstunden, die nach besonderer Vereinbarung genommen werden können, werden auch besonders zu honorieren sein. Schriftliche Anmeldungen sind erbeten an Frau Ilse Rosenberg, Berlin-Wilmersdorf, Barstraße 30. Naturgemäß ist die Teilnehmerzahl beschränkt. Auskünfte erteilt auch Frau Rosenberg.

Die Leiterin der eurythmischen Kunstübungen :

Marie Steiner

Zu dem Stuttgarter Kongreß: August/September 1921


Folgende Satiren von Christian Morgenstern gelangten zur Darstellung :

30. August

Mondendinge/Die Luft/Nach Norden

West-östlich/Die Wissenschaft

Der Lattenzaun/Das Butterbrotpapier

31. August

Der Wasseresel/Palmström

Das Böhmische Dorf/Die Behörde

Die Mausefalle/Korfs Verzauberung

Bildhauerisches

I. September

St. Expeditus/Bim, Bam, Bum

Die Beichte des Wurms

Beim Anblick einer Gans, v. Fercher von Steinwand

Die Weste/Der Hahn

Der Rattenfänger, v. Goethe

2. September

Anto-Logie/Aus der Vorstadt

Das Nasobìm/Physiognomisches

Erklärung einer antiken Gemme, v. Goethe

Die Hystrix/Ein modernes Märchen

6. September

Vanitas ! vanitatum vanitas!, v. Goethe

Der Würfel/Die Elster

Anfrage und Antwort (i.A.)

Entwurf zu einem Trauerspiel

Die wirklich praktischen Leute

7. September

Das Theater I und II

Feuerprobe/Die Priesterin

Der Rock/Etiketten-Frage

Toilettenkünste/Der Gaul

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ALBERT CZERWINSKI Aus «Brevier der Tanzkunst»


EINLEITUNG

Noch stehen viele sogenannte schöne Künste in zu hohem, andere ungleich mehr bildende, anständigere, nutzbarere in zu geringem An­sehen; die Waage des Urteils ist in der Hand der Zeit; sie, die sich langsam besinnt und dann schnell entscheidet, wird manche Gewichte

ändern. Herder

Die Tanzkunst, das heißt nicht die Kunst des Tanzens, sondern die Kunst des Tanzes, wendet wie die Dramatik in der Poesie das höchste Mittel zur Erreichung ihres Zweckes an. Während die Musik durch den Ton, die Poesie durch das Wort und die Plastik, die ihr hierin am nächsten verwandt ist, durch die Materie bildet, hat sie den Menschen selbst als Material und sie wirkt durch die Bewegung auf die Phan­tasie. Die Form ist ihr Inhalt, und daher ist sie die anziehendste der Künste, da sie, ohne einen andern Vermittler als sich selbst, sich auf ihr Ziel, die Erregung des sinnlichen Vergnügens, wendet. Hierbei bedarf sie der Hilfe ihrer drei Mitschwestern :

der Plastik entlehnt sie die Gestaltungskraft, der Musik die Harmonie, die Bewegung und die Regel ihrer Bildung, endlich der Poesie den Gedanken.

Die Bewegung ist der unwillkürliche Begleiter des Affekts, und bevor man daran dachte, die Materie zu formen, den Ton zu erzeugen und harmonisch zu verbinden, ja ehe man das Wort zu dem abbildlichen Ausdruck des Gefüffis verwandte, drückte man durch die Bewegung des Körpers die des Gemüts aus.

Der in solcher Bewegung an sich liegende Reiz entging den Naturvölkern eben so wenig, ja weniger als der des Tones - sie tanzten und sangen. Der Tanz ist daher zunächst der instinktive Ausdruck der Freude am Leben.

Jedes Volk auf den ersten Ansätzen zur Kultur, die sich immer da finden, wo die einzelnen Menschen zur Gesellschaft zusammentreten, erfreute sich daher zuerst am Naturtanz - später an der lyrischen (Natur->Poesie, am Volksliede.

So muß der heitere Tanz als die Basis der Künste angesehen werden; er ist die natürliche, der tragische (seriöse) Tanz aber die künstliche Entwicklung der Be­wegung.

Aus dem seriösen Tanz erst entsprang die Plastik, unzweifelhaft die jüngste der vier Schwestern, die das Schöne dem Menschen vergegenwärtigen. Sie bildet das räumlich Festgesetzte, das Ruhende, gleichsam die Ruhe der Bewegung, und in ihr liegt, als letzter Hintergedanke, die Erinnerung an den Tod, die unlösbare Auf­hebung der Bewegung des menschlichen Körpers, verborgen.

Die Tanzkunst ist in diesem Betracht naiv, die Plastik sentimental.

Die Musik war durch ihr Medium an eine langsamere Entwicklung gebunden. Sie bedurfte einer höheren Stufe der Intelligenz, um aus dem ersten rohen Zustande sich nur zu jenem Rang im System der Künste zu erheben, den der Naturtanz und die Naturpoesie sogleich inne hatten. Die Verbindung zwischen Tanz und Musik war zwar schon anfangs nicht ohne Bedeutung, doch erst auf den Höhen ihrer Erfolge traten beide unzertrennlich zusammen. Auf der höchsten Stufe seiner Ausbildung suchte der Tanz sich auch mit der Poesie zu verbinden. Er borgte von ihr den Ge­danken, das heißt er erhob sich zum Ballett.

Die Tanzkunst trat wie keine der Künste (selbst nicht die Poesie) in das Leben ein, befähigt dazu durch den Umstand, daß sie in der bequemsten Verminlung (der selbsttâtigen, anspruchilosen Bewegung) ihren Zauber wirken lassen kann, und da­durch, daß sie mehr als Poesie, Musik und Plastik die Minangkeit in Anspruch nimmt, daß sie mehr als jene subjektiv ist. Sie ist für unsere Kultur eine Notwendig­keit, sie ward einer ihrer Träger und Stützen. Daß der Tanz als Kunst heute indessen so wenig gepflegt wird, ist ein großer Fehler, denn er soll zu den Künsten gezählt und als Kulturmittel betrachtet werden, während er jetzt auf der Bühne wie im täglichen Leben nur eine untergeordnete Stufe des Zeitvertreibs einnimmt.

Vorwärts schreitet überall der forschbegierige Sinn des Jahrhunderts; Wissen­schaften und Künste streben regsam empor zur Vollkommenheit Auch die Tanz­kunst muß der allgemein herrschende Geist ergreifen und dieselbe auf eine höhere Stufe so würdig neben ihre jüngeren Schwestern stellen, wie sie nach dem vieffach beigebrachten Zeugnis achtungswerter Denker und Kunstrichter lange schon zu stehen verdient.

DER TANZ IM ALTERTUM

Altägyptische Tänze - Die Tänze der Juden - Altgriechische Tanzkunst Die Tanzkunst bei den Römern

Was aber könnte wohl unhilliger sein, als wenn man um der schlechten Tä"zer willen die Tanzkunst selbst verdanimen wollte? Lucian

Das Gefallen an dem, was unter den verschiedenartigsten Modifikationen «Tanz» genannt wurde, ist uralt und tief in der menschlichen Natur begründet. Alle Völker und alle Zeiten kannten den Tanz und überall hat er sich eigentürilich, dem Lande, dem Charakter des Volkes, dem Klima, den Vorstellungen und Umgebungen der Menschen gemâß ausgebildet. Schon in den frühesten Zeiten und bei den Völkern des Altertums war der Tanz ein Erfordernis bei allen religiösen und weltlichen Darstellungen.

Altägyptische Tänze

In Ägypten tanzte man nicht nur bei den Festlichkeiten, die zu Ehren des Apis ver­anstaltet wurden, und bei sonstigen mit dem religiösen Kultus zusammenhängenden Veranlas sungen, sondern man betrachtete den Tanz wie bei den Griechen als eine körperliche Übung und als ein notwendiges Requisit guter Erziehung. Die ägypti­schen Priester stellten in ihren Tänzen den Lauf der Gestirne und mythologische Szenen aus der Geschichte des Osiris und der Isis dar, die während mehrerer Tage an den Ufern des Nils aufgeführt wurden. Bei den tollen Fesifeiern zu Bubastis war Gesang und Tanz ein Haupterfordernis, und bei Leichenbegänguissen waren Trauer-reigen und Totentänze seit uralten Zeiten im Gebrauch. Daß man es in dieser Kunst schon im grauen Altertum zu einer bedeutenden Höhe gebracht haben muß, ersehen wir aus den Abbildungen altägyptischer Tänzer, von denen man zum Beispiel eine Gruppe von fünf tanzenden Figuren, welche verschiedenartige Pas machen und Stellungen einnehmen, in der Grabesgrotte Amenoph's II. zu Theben antrifft, der

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bereits im fünfzehnten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung lebte. Man findet auf den alten Denkmälern eine große Anzahl ähnlicher tanzender Gruppen sowie von einzelnen Individuen, die sich bald frei, bald Instrumente spielend in mannigfaltigen Stellungen, jedoch stets mit einem gewissen Anstand, bewegen. Aus allen diesen Darstellungen des altägyptischen Tanzes spricht eine große Eurhythmie bei allen Bewegungen der Tänzer. Sie sind nämlich dem Zustande des gebildeten Menschen ganz angemessen, und sämtliche hierbei handelnde Figuren verraten in ihren mannig­faltigen Gebärden große körperliche Fertigkeit und Biegsamkeit und sprechen, in­sofern der Tanz den unwillkürlichen Ausdruck des Gemütszustandes anzudeuten pflegt, innere Ruhe und eine Stimmung aus, die große Sanftmut und Selbstzufrieden­heit verrät.

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Der altägyptische Tanz drückt daher in seinen verschiedenen Modalitäten nicht eine bloße wilde und ungebundene Freude, wie bei den Tänzen der meisten un­kultivierten Völkerschaften, oder Gefühle der rohesten Sinnllchkek, wie dies noch heutigen Tages bei den gegenwärtigen Bewohnern Ägyptens der Fall ist, sondern freudige, mit Ernst und Würde gepaarte Gefühle aus. Wenn der Engländer Lane in seinem Werk : «Über die Sitten und Gebräuche der alten Ägypter» behauptet, daß man auf den alten Denkmälern Frauen im vollkommensten Stande der Unschuld vor Männern tanzend abgebildet finde, so hat er sich wahrscheinlich durch den Umstand täuschen lassen, daß man bei den Frauen meistenteils die Konturen des ganzen Kör­pers durch das nur leicht angedeutete Gewand durchschimmern sieht. Merkwürdig ist die Darstellung des einen Tänzers, der mit dem vertikal in die Höhe gehobenen Fuß eine Pirouette macht. Die alten Ägypter kannten also bereits in frühester Vorzeit die Pirouette, die mit Unrecht für eine Erfindung der späteren italienischen oder französischen Tanzkunst gilt. Übrigens war der Tanz in Ägypten nach gewissen un­veränderlichen Regeln und Gesetzen gebildet, von denen keine Abweichung statt­finden durfte, wie überhaupt in allen Künsten, die auf die Sitten einen Einfluß hatten und die mit der Religion in Verbindung standen, jede Neuerung auf das Strengste verboten war.

Tänze der Juden

Es ist wahrscheinlich, daß die Juden die religiösen Tänze der Ägypter in ihren Gottes­dienst mit aufnahmen und sie bei allen freudigen Gelegenheiten in Ausführung brachten. So wurde nach dem Durchzuge durch das Rote Meer ein festlicher Tanz an­geordnet, und «Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, nahm eine Pauke in ihre Hand, und alle Weiber folgten ihr nach mit Pauken am Reigen, und Mirjam sang ihnen vor : Lasset uns dem Herrn singen». Der Tanz um das goldene Kalb war eine Nachahmung der ägyptischen Apis-Feierlichkeiten, und wenn auch Moses in seinem Eifer die abgöttischen Reigen störte, so ging doch deren Gebrauch unmerklich über in den Gottesdienst der Juden. Aus der Beschreibung jenes berühmten Tanzes, den David vor der Bundeslade «mit aller Macht» aufführte, ersehen wir auch, daß die heiligen Tänze der Juden nicht aus einem feierlichen, wohlgeordneten Schreiten be­standen, wie etwa die Umzüge bei Prozessionsfeierlichkeiten der katholischen Kirche, sondern wirkliche, vielleicht nur pathetische und langsamere Bewegungen eines wahrhaften Tanzes darstellten. Von jährlichen Festen, bei denen getanzt wurde, finden sich ebenfalls Beispiele. So erkennen wir in den Psalmen auch viele Spuren von der Einführung der Chöre von Sängern und Tänzern beim Gottesdienst. In den Tempeln von Jerusalem, auf Garizim und in Alexandrien waren eigene Chöre, auf denen zu Lob- und Dankliedern die heiligen Tänze mit großem Pomp getanzt wur­den. In späteren Zeiten, unter der Regierung Herodes' des Großen (um das Jahr 3924; er regierte von 40-4 v.Chr.) wurde sogar zum großen Verdruß desjenigen Teils der Nation, der an den alten Sitten festhielt, ein Theater im römischen Stil in Jerusalem erbaut, auf dem sich auch Tänzer produzierten. Josephus, der dies berich­tet, erzählt nicht, ob es einheimische oder fremde Künstler waren; jedenfalls ist aber das Letztere der Fall, und Herodes ließ, um sich seinem hohen Gönner, dem römi­schen Kaiser Augustus, verbindlich zu zeigen, diese Aufführungen im römischen Geschmack auch von römischen Künstlern ausführen.

Altgriechlsche Tanzkunst

Kein Volk aber behandelte die körperliche Bildung ernsthafter, wichtiger und systematischer als die alten Griechen. Bei ihnen machte die Tanzkunst den wichtigsten Teil der Jugenderziehung aus und galt als eine dem Körper heilsame Disziplin, der man sich selbst noch in späteren Jahren unterwarf. Sie stand in so hohem Ansehen bei ihnen, daß man Götter und Göttinnen als Tänzer und Tanz-Erfinder bezeichriete und die berühmtesten Heroen als Anordner festlicher Reigen betrachtet wurden. Machten doch die in den von Orpheus und Musäos eingesetzten Mysterien vor­kommenden Tänze ein so wesentliches Stück dieser geheimnisvollen Feierlichkeiten aus, daß man von jemand, der die Mysterien ausgeplaudert hatte, zu sagen pflegte, er habe den Tanz verraten. Wahrscheinlich nahmen die Griechen diese heiligen Tänze mit dem ihnen aus Ägypten und Kleinasien zugeführten Kultus anf, indem sie, wie Strabo sagt, solche für besonders geeignet hielten, die Seelen der Menschen mit der Gottheit zu vereinigen. Vornehmlich sind hier die zur Verehrung Apollons bestirnm­ten Hyporchemata zu erwähnen, worunter man eigentümliche Lieder verstand, die unter Begleitung der Zither oder Flöte abgesungen wurden, und nach denen man um den Altar und in späteren Zeiten sogar um den ganzen Tempel herumtanzte. Athen­äos glaubt, daß das Hyporchema ein komischer Tanz gewesen sei und mit dem Kordax Ähnlichkeit gehabt habe, er widerspricht sich aber, indem er ausdrücklich sagt, daß die Dichter der hierzu gebräuchlichen Tanzlieder es nicht gestatteten, sich bei der Ausführung dieses Tanzes in Stellungen und Gebärden von dem edlen und männlichen Charakter zu entfernen, der ihrer Bestimmung nach in dem Hyporchema

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herrschen sollte. Auch Bürette ist der Meinung, daß es ein Tanz ernsthafter Art ge­wesen sein müsse, weil es zur Verehrung Apollons bestimmt war, und, während das Opfer brannte, um den Altar getanzt wurde. Zu einem solchen Zweck würde ein komischer Tanz allerdings nicht geeignet gewesen sein. Nach Plutarch wurden übrigens die Hyporchemata nicht mit der Flöte begleitet, wie die komischen und satyrischen Tänze, sondern allein nach dem Klange der Zither ausgeführt. Die ersten Erfinder dieser Tänze sollen nach einigen die Kureten gewesen sein, die nach Lucian Priester der Cybele, nach Strabo aber phrygische Flötenspieler waren. Plutarch be­zeichnet Xenodamos als einen vorzüglichen Komponisten derselben. Übrigens wer­den diese Hyporchemata gerade eine solche Art von heiligen Tänzen gewesen sein, wie sie auch bei den Ägyptern und Hebräern bekannt waren. Als David um die Bundeslade tanzte, führte er nach hebräischer, vielleicht sehr wenig verschiedener Art ein Hyporchema aus; und so wie überhaupt von den alten jüdischen und heid­nischen Zeremonien viele in die neueren christlichen Religionsgebräuche über­gegangen sind, so scheinen insbesondere Spuren der alten Hyporchemata in den Pro­zessionen der katholischen Kirche um den Altar, bei Austeilung des Abendmahls, gewissermaßen noch vorhanden zu sein; man muß sich aber unter den religiösen Tänzen der alten Griechen nicht bloß Ergüsse kindlicher Freude, sondern schon voll­kommen ausgebildete pantomimische Darstellungen denken.

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Dieses beweisen die alten Denkmäler, auf denen solche Tanze abgebildet sind, und Pollux' Beschreibung der aus Pantomime und Tanz bestehenden Aufführung, die den Sieg des Apollon über den Drachen Python in fünf besonderen Handlungen oder Akten nachahmte. In diesem uralten heiligen Ballett wurde der Anfang gemacht mit Vorbereitungen zum Kampfe und zugleich mit Erforschung des Ungeheuers, ob das­selbe in seiner Größe und Kraft eines Gottes wohl würdig sei. Hierauf folgte die Herausforderung; dann der Kampf; darauf die Erlegung und endlich das Siegesfest, welches durch fröhliche Tänze gefeiert wurde. Flöten, Kitharen und Trompeten be­gleiteten die bedeutsame Handlung mit charakteristischem Ausdruck, der so weit getrieben wurde, daß man das Zähneknirschen des verwundeten Tieres durch eigen­tümlichen Trompetenschall nachzuahmen suchte. Thiersch (Pindar. Einl.) sagt von dieser pantomimischen Darstellung : «Offenbar erschien dabei ein geübter Tänzer als Apollon, begleitet von einem Chor Delphiern; und wahrscheinlich erregte ein solcher mimischer Künstler, bei Darstellung des Augenblicks, wo der zürnende Gott den Pfeil absendet, die Phantasie jenes großen Bildhauers, der in dem vatikanischen Apollon ihn in diesem Augenblicke und in der ganzen Bewegtheit, die eine solche mimische Darstellung herbeiführte, gebildet hat. » In jener frühen Zeit, wo der Tanz durch die Religion geheiligt mit Leben und Kunst auf das Innigste zusammenhing, waren die großen Dichter auch die eigentlichen Meister dieser Kunst. Thespis, Phrynichos, Pratinas u. a. haben die Tanzkunst gelehrt; Arion und Tyrtäos sind Erfinder berühmter Tänze, und der große Dichter Äschylos hat sich um die Erweiterung der Gebärdenkunst sowie um die Verediung des szenischen Tanzes überhaupt sehr verdient gemacht.

Während in den ältesten Zeiten des Homer und Hesiod die Tänze nur als Gegen­stände der Erholung bei Gastmähiern und Hochzeiten genannt werden, wurden sie später auch ein notwendiger Teil der theatralischen Aufführungen. Als solche waren sie noch in den Zeiten, wo die griechische Bühne den höchsten Gipfel ihrer Voll­endung erreicht hatte, allgemein beliebt. Platon führte ,nit einem Chor tanzender Knaben kostbare zyklische Reigentänze auf, und Alcibiades ergötzte das Volk häufig durch theatralische Darstellungen und Tänze, deren Glanz den Neid seiner Mit-bürger erregte. Daß ein so großer Wert auf diese Tanzspiele und Tanzfeste gelegt wurde, ist nicht zu verwundern, da die größten Männer, Dichter, Feldherren und Weltweise, sich selbst sehr ernsthaft mit der Tanzkunst beschäftigten. Sophokles war ein berühmter Tänzer und Reigenführer, der schon als Knabe nach der Schlacht bei Salamis, nach einigen nackend, nach anderen aber bekleidet, um die Trophäen ge­tanzt haben soll; Epaminondas wurde als sehr geschickt im Tanze gerühmt, und Sokrates bekräffigte seine feurige Lob- und Schutzrede auf die Tanzkunst am besten durch die Tat, indem er den Tanz nicht nur erlernte, sondern weit entfernt, etwas Unanständiges für einen Mann in seinen Jahren darin zu finden, ihn auch fleißig übte.

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Er zählte das Tanzen unter die schweren und wichtigen Disziplinen, und betrach­tete es als eine der wichtigsten schönen Künste, weil es im Äußern und zugleich auch im Innern Ebenmaß und Mensur, Anstand und musikalische Schönheit erzeuge, worauf er, wie sein ganzes Zeitalter, einen überaus hohen Wert legte. Plato, der das Tanzen eine liebliche und freudige Gabe der Götter nennt, bezeichnet jene, die keine Lust dafür bezeigen, geradezu als grobe und unartige Tölpel (Lib. II de Legibus).

Es ist natürlich, daß die Griechen bei ihrem feinen Auge für körperlichen Anstand in Gang, Haltung und Bewegung diese bei uns leider zu oft als bloße Äußerlichkeiten betrachteten Dinge sehr schätzten und wert hielten. Sie gingen hierin so weit, daß sie von der Bewegung und dem Gange einer Person auf deren Charakter schließen zu können glaubten. Bei ihnen herrschte die größte Sittsamkeit, im Gesichte sowohl als in allen ihren Bewegungen; schon das schnelle Gehen war ihrem Begriff des An­ständigen entgegen. Daher tadelt Demosthenes den Nicobulus, daß er auf diese Art einhergehe, und stellt in seiner Rede ausdrücklich das freche Sprechen und das

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schnelle Gehen zusammen. Diese Sittsamkeit beobachteten die alten Künstler selbst bei den Statuen der Tänzer und Tänzerinnen, mit Ausnahme der Bacchantinnen, und Athenäos sagt, daß jede Stellung dieser Figuren nach dem Numerus abgemessen wurde, und daß in den späteren Zeiten ihre Statuen wieder den Tänzern zum Muster gedient hätten, um sich in den Grenzen des Anstandes und der Sittsamkeit zu er­halten. Von dieser gefälligen Wohlbewegung spricht auch Platon, wenn er von einigen mit ihrem Lehrer Protagoras lustwandelnden Schülern sagt : «Diesen Chor aufmerksam betrachtend, ergötzte ich mich besonders daran, wie artig sie sich in acht nahmen, niemals dem Protagoras vorn im Wege zu sein, sondern, wenn er mit seinen Begleitern umwendet, wie ordentlich und geschickt diese Hörer zu beiden Seiten sich teilten und sich dann im Kreise herumschwenkten, um fein artig immer hinten zu bleiben.»

So viel nun auch über die alten griechischen Tänze geschrieben ist, und so sehr man sich zu einer Zeit Mühe gab, über sie gelehrte Forschungen anzustellen, so können wir uns von ihnen doch kaum mehr als eine skizzenhafte Vorstellung machen, da das Altertum von denselben als von einem Alltäglichen uns nur spärliche, bruch­stückartige Berichte hinterlassen hat. Wenn indes der gelehrte Scaliger den pyrrhichi-scheu Tanz in vollständiger Rüstung vor Kaiser Mazimilian I. aufführte, und der steife Professor Meibom zur allgemeinen Erheiterung angesichts des schwedischen Hofes unter der Königin Christine nach einer altgriechischen Arie altgriechisch zu tanzen versuchte, so waren dies eben nichts weiter als Chariatanerien; an die beide vielleicht selbst glaubten, die aber von der Kritik zurückgewiesen werden müssen, da selbst Meursius, der über diese Tänze ein besonderes Werk verfaßt hat, in wel­chem man 189 derselben aufgeführt findet, von vielen wenig mehr als den Namen zu berichten weiß.

Waffentänze

Unter dieser großen Anzahl griechischer Tänze steht der pyrrhichische Waffentanz oben­an. Er war ein lebhafter, feuriger Tanz, der in allen seinen Gängen und Schritten geregelt, in seinen Stellungen studiert und in seinen Bewegungen vollkommen rhyth­misch war, und der als Vorübung zur geschickten Waffenführung dienen sollte, in­dem man alle Bewegungen nachahmte, die im Kriege vorkamen. Einen solchen Tanz, an dem auch Tänzerinnen teilnehmen durften, beschreibt Xenophon (Anabasis lib. VI): «Jetzt erschien ein Mysier mit einem runden Schilde in jeder Hand und tanzte bald so, daß er mit zweien zugleich zu fechten schien, bald so, als stritte er nur gegen einen; bald machte er viele Wendungen und stürzte über den Kopf, wobei er immer die runden Schilde behielt. Zuletzt tanzte er wie ein Perser, wobei er die Schilde zusammenschlug, auf die Knie fiel und wieder aufstand; und alles dieses tat er nach dem Takte einer Flöte. Als der Mysier sah, daß die Gesandten der Paphla­gonier dieses anstaunten, so beredete er einen Arkadier, der eine Tänzerin hatte, die­selbe, auf das Prächtigste bewaffnet und einen leichten Schild haltend, vorzuführen. Diese tanzte den Pyrrhichos sehr geschickt und erhielt laut klatschenden Beifall. Auch zwei Thraker traten auf und hielten einen Waffentanz nach der Flöte; sie taten dabei leichte und hohe Sprünge und schwangen die Schwerter. Zuletzt hieb einer auf den andern zu, so dass alle glaubten, er habe ihn tot geschlagen. Er hatte aber den Hieb mit Kunst angebracht. Hierüber erhoben die Paphlagonier ein lautes Beifalls-geschrei. Nachdem nun der Sieger den andern der Waffen beraubt hatte, verließ er mit Gesang das Gefecht, und man trug den Überwundenen als tot hinweg; er aber hatte keinen Schaden bekommen. » Übrigens kannte man sehr viele Arten dieser Waffentanze, die alle mit dem Gattungsnamen des Pyrrhichos bezeichnet wurden. Athenäos beschreibt einen dem Bacchus geweihten pyrrhichischen Tanz, in welchem die Siege dieses Gottes über die Indier und die Geschichte der Penthea dargestellt wurden, und wobei die handelnden Personen statt der Waffen Thyrsusstäbe und Fackeln trugen.

Ein sehr alter Reihentanz war der Hormos, der nach Lucian Ähnlichkeit mit einer Hals schnur hatte, und den einige Archäologen in dem von Dädalos erfundenen Tanze erkennen wollen, den Homer, als auf dem Schilde des Achill von Vulkan abgebildet, also beschreibt :

Blühende Jünglinge dort, und viel gefeierte Jungfraun

Tanzten den Ringeltanz, an der Hand einander sich haltend. -

Kreisend hüpften sie bald mit schön gemessenen Tritten

Leicht herum, so wie oft die befestigte Scheibe der Töpfer

Sitzend mit prüfenden Händen herumdreht, ob sie auch laufe;

Bald dann hüpften sie wieder in Ordnungen gegen einander.

Zahlreich stand das Gedräng' um den lieblichen Reigen versammelt,

Innig erfreut. (1lias XVIII. 593.)

Ein ähnlicher Figurentanz war der Geranos (Kranich), den Theseus erfunden hatte, und in dem die Irrgänge des Labyrinths dargestellt wurden.

Bacchische Tanze

Der Kordax war ein berüchtigter komischer Tanz, in dem trunkene Lustigkeit und freche Gebärden herrschten. Man findet ihn häufig auf alten Bildwerken dargestellt, wo ihn trunkene Mänaden, die aber dabei selten oder nie den Fuß bis über das Knie

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erhoben haben, in Verbindung mit Satyrn und Faunen tanzen, welche die ver­zerrtesten Bocksprünge machen und oft in unnatürliche Ausbrüche üppiger und zügelloser Wildheit ausarten. Immer aber sind hier die Stellungen der Tanzenden von größter Mannigfaltigkeit, überaus zierlich und einen gefäffigen Kontrast zueinander bildend. Dieser so wie andere komische Tänze waren bei den Griechen besonders

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den Satyrn und Silenen zugeteilt, welche im Gefolge des Bacchus als Lustigmacher und leichtfertige Tänzer erscheinen. Bei der Feier der Dionysien sah man die Tanzer in eigentümlichen Stellungen und drastischen Bewegungen diese fabelhaften Wesen nachahmen...

Tanzkunst bei den Römern

in Rom stand der Tanz in nicht so hohem Ansehen als in Griechenland; es erhoben sich gewichtige Stimmen gegen ihn, die indes nicht verhindern konnten, daß er in den Augen der Menge bald eine eben so große Bedeutung erhielt als alle jene Künste, die von den Griechen zu den Römern gekommen waten. Schon in den frühesten Zeiten, wo sich die Dichtkunst aus dem ursprünglichen Festjubel herausbildete, in dem sich Tanz, Spiel und Lied noch in ungetrennter Einheit durchdrangen, war der Tanz in Rom bei religiösen Darstellungen und feierlichen Aufzügen unumgängliches Erfordernis, und es ist dabei bemerkenswert, daß in den ältesten Religionsgebräuchen der Tanz und demnächst das Spiel weit entschiedener hervortreten, als das Lied. Das alte Gewerbe der Tänzer, die sich in ernste und lustige unterschieden, spielte bei allen Feierzügen und Volksfesten die vornehmste Rolle. Ebenso war die Genossenschaft der zwölf «Springer» (salii), die im März den Waffentanz zu Ehren des Mars auf­führte, die älteste und heiligste von allen Priesterverbindungen. Damals galt noch der Tanz als eine ehrenvolle Verrichtung, das Spiel als untergeordnete, aber not­wendige Tätigkeit, während die Dichtung mehr als ein Zufälliges und gewisser­maßen Gleichgültiges erscheint, mochte sie nun für sich entstehen oder dem Tänzer zur Begleitung seiner Sprünge dienen. ...

Schließlich sei hier noch ein eigentümlicher Gebrauch erwähnt, den die Römer mit den Ägyptern und Griechen teilten : wir meinen die Anwendung der Pantomime bei den Leichenbegängnissen. Ein Haupttänzer erschien dabei in der Maske und in den Kleidern des Verstorbenen und stellte pantomimisch die wichtigsten Handlungen desselben, ja sogar auch dessen vorherrschende Neigungen dar. So zielte zum Bei­spiel bei der Leichenfeier des Vespasiän der Archimimus, der die Person des Kaisers darstellte, auf den Zug des Geizes im Charakter des Verstorbenen.

LUCIAN Über die Pantomimik

Lycinus : Zuvörderst scheint es dir gänzlich unbekannt zu sein*, daß die Tanzkunst nicht eine neuere Erfindung ist und nicht vor kurzem wie etwa zur Zeit unserer Großväter oder ihrer Ahnherren angefangen hat, sondern diejenigen, die den Ur­sprung des Tanzes am richtigsten herleiten, werden dir sagen, daß die Tanzkunst zu­gleich mit der ersten Erschaffung der Welt und mit jenem uralten Eros entstanden und in die Erscheinung getreten sei. Der Reigen der Sterne und die verschlungene Bewegung der Planeten zu den Fixsternen und ihre taktmäßige Vereinigung und ordnungsvolle Harmonie sind Proben des ursprünglichen Tanzes. Durch allmähliche Fortschritte und nach und nach hinzugefügte Verbesserungen scheint sie jetzt zur höchsten Vollendung gediehen und ein Mosaik von allen Treiflichkeiten der Melo­dien und Musen geworden zu sein.

Zuerst fand Rhea, wie es heißt, an der Kunst ihre Freude und gebot in Phrygien den Korybanten, in Kreta den Kureten zu tanzen : ihre Fertigkeit brachte ihr keinen geringen Nutzen, weil sie durch die Tänze, die sie um den Zeus aufführten, ihn retteten, so daß auch Zeus sich ihnen zum Dank verpflichtet bekennen würde, weil er durch ihren Tanz den Zähnen seines Vaters entgangen ist. Ihr Tanz war ein Waf­fentanz, sie schlugen dabei mit den Schwertern an die Schilde und führten begeisterte und kriegerische Sprünge aus. Hierauf betrieben die ausgezeichnetsten Kreter die Kunst mit Eifer und wurden die besten Tänzer, nicht allein die Leute aus dem Volk, sondern auch die Könige und die Vornehmen. Homer nennt den Meriones, in der Absicht ihn zu ehren, nicht ihn zu beschimpfen, einen Tänzer, und er war wegen seiner Tanzfertigkeit bei allen so berühmt und bekannt, daß nicht nur die Hellenen das von ihm wußten, sondern auch seine Feinde, die Troer : denn sie sahen, denk' ich, in der Schlacht seine Behendigkeit und Gewandtheit, die er durch das Tanzen er­worben hatte. Die Verse lauten :

Meriones, bald hätte, wiewohl du ein trefflicher Tänzer

Bist, mein Speer dir das Tanzen gelegt - (Homer, Ilias, Ges. XVI, V. 617),

aber gleichwohl legte er es ihm nicht : denn weil er in der Tanzkunst geübt war, ent­ging er den auf ihn geschleuderten Speeren leicht. Obgleich ich viele andere Herren nennen kann, die sich eben darin geübt und aus der Sache eine Kunst gemacht haben, so halte ich es für genügend, den Neoptolemus zu erwähnen, den Sohn des Achilles, der sich in der Tanzkunst sehr auszeichnete und die schönste Art hin:zufügte, die von seinem Namen Pyrrhus die Benennung Pyrrhychius bekam. Sicherlich freute sich Achilles mehr, wie er das von seinem Sohne hörte, als über seine Schönheit und sonstige Kraft : denn das bis dahin nicht genommene Ilium nahm seine Tanzkunst ein und machte es dem Boden gleich.

Die Lakedämorier, die für die besten unter den Hellenen gelten, lernten von Kastor und Polydeukes die Karyatis, eine Art Tanz, die daher den Namen hat, weil sie in der lakonischen Stadt Karyä gelehrt wird : nichts tun sie ohne die Musen, bis insoweit, daß sie zur Flöte und im Taktschritt in die Schlacht ziehen; das erste Signal zum Angriff gibt bei den Lakedämoniern die Flöte. Man darf also behaupten, daß sie alle besiegten, weil Musik und Eurythmie ihnen vorangingen. Noch jetzt kann man sehen, daß ihre Jünglinge nicht weniger tanzen, als die Waffen führen lernen : denn wenn sie sich satt gerungen und einander genug Schläge beigebracht

* Vorangegangen ist ein kurzer Eingangsdialog zwischen Lycinus und Krato.

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haben, so beschließt ihren Wettkampf der Tanz : in ihrer Mitte sitzt ein Flötenbläser, der sein Instrument spielt und mit seinem Fuße ihnen den Takt schlägt, während sie in Reihen einander folgend allerlei rhythmische Stellungen, bald kriegerischen, bald reigenartigen Genres, wie Dionysos und Aphrodite sie lieben, darstellen. Auch das Lied, welches sie beim Tanze singen, ist eine Aufforderung an Aphrodite und die Liebesgötter, ihnen tanzen und springen zu helfen. Das andere, welches anfängt «Munter, ihr Knaben, vorwärts den Fuß und so weiter», enthält eine Anweisung, wie man tanzen muß. Ähnlich machen es diejenigen, welche den Tanz Hormus, das heißt die Halskette, aufführen; dieser wird von Jünglingen und Mädchen zusammen getanzt, die einzeln auftreten und dabei in der Tat eine Kette darstellen. Es eröffnet ihn ein Jüngling mit kühnen, kraftvollen Attitüden, die er später einmal in der Schlacht anwenden wird; in zierlichen, züchtigen Stellungen folgt das Mädchen, ein Muster des weiblichen Tanzes, so daß diese Kette aus Männlichkeit und Sittsamkeit geflochten wird. Ebenso sind ihre Gymnopädien ein Tanzfest.

Was Homer von Ariadne und dem Tanzplatze, den ihr Dädalus herrichtete, in der Beschreibung des achilleischen Schildes erzählt, übergehe ich als dir bekannt, sowie die beiden Tänzer, die der Dichter Luftspringer nennt, welche den Reigen führen, und endlich die Stelle «Tanzende Jünglinge walzten umher», wie wenn es das Schönste wäre, was Hephästos auf dem Schilde dargestellt hätte. Daß die Phäaken, ein weichliches und in allen Genüssen lebendes Volk, am Tanz ihre Freude fanden, ist natürlich, und Homer läßt seinen Odysseus die Kunstfertigkeit und die ffimmernde Bewegung der Füße an ihnen am meisten anstaunen und bewundern.

In Thessalien nahm die Beschäftigung mit der Tanzkunst einen solchen Auf­schwung, daß sie ihre Befehlshaber und Vorkämpfer Vortänzer nannten, wie die Inschriften der Bildsäulen beweisen, die sie den Ausgezeichnetsten setzten. «Die Stadt wählte ihn zum Vortänzer», heißt es auf der einen; und «dem Eilation setzte das Volk die Bildsäule, weil er sich in dem Kriegstanze hervorgetan hat».

Ich will davon nicht reden, daß man keine einzige alte Weihe finden kann, die des Tanzes entbehrt : weil Orpheus und Musäus, die besten Tänzer der damaligen Zeit, sie einführten, die den Tanz für das Schönste hielten, so machten sie es zum Gesetz, daß jeder mit Rhythmus und Tanz initiiert wurde. Daß es sich mit diesen Feierlich­keiten so verhält, darf man um der Uneingeweihten willen nicht näher erklären, jeder­mann aber hört, daß man von denen, die die Mysterien ausplaudern, gewöhnlich sagt, sie tanzen sie unter die Leute. In Delos finden sogar die Opfer nicht ohne Tanz, sondern mit demselben und mit Musik statt. Es versammelten sich Knabenchöre und tanzten zur Flöte und Zither, und Auserlesene stellten pantomimische Tänze dar. Die Lieder, die für diese Reigen geschrieben waren, nannte man Hyporchemata und es gab eine Menge derselben für die Laute.

Und was soll ich dir von den Hellenen reden, da ja auch die Inder, wann sie des Morgens aufstehen und den Helios anbeten, nicht wie wir die Zeremonie des Ge­betes erfüllt zu haben glauben, wenn sie sich die Hand küssen, sondern sie wenden sich nach Morgen und begrüßen den Helios, indem sie sich stillschweigend in Stellun­gen bewegen und den Reigen des Gottes nachahmen; und dies vertritt bei den Indern die Stelle des Gebetes, der Reigen und des Opfers; deshalb suchen sie auch zweimal am Tage bei Sonnenauf- und -untergang den Gott hierdurch sich gnädig zu stimmen.

Die Äthiopen führen sogar ihre Kriege mit Tanz, und kein Äthiope wird den Pfeil vom Kopfe nehmen - sie benutzen ihren Kopf als Köcher und binden sich die Pfeile strahlenförmig herum - und ihn entsenden, bevor er getanzt und den Feind durch seine drohende Stellung in seinem Tanz in Schrecken gesetzt hat.

Da wir Indien und Äthiopien erwähnt haben, so verlohnt es sich wohl auch, in einigen Worten auf das benachbarte Ägypten zu kommen. Ich glaube, die alte Fabel von dem Ägypter Proteus bedeutet nichts anderes, als einen Tänzer, der so geschickt nachahmen und alle Stellungen und Verwandelungen annehmen konnte, daß er durch die Schnelle seiner Bewegungen auch die Feuchtigkeit des Wassers darstellte, das Lodern des Feuers, die Wildheit des Löwen, den Grimm des Pardels und das Säuseln des Baumes, kurzum alles, was er wollte. Und um die Sache wunderbarer zu machen, erzählt die Mythe, daß er alles das geworden sei, was er nur nachahmte. Dieselben Eigenschaften finden sich auch bei den Pantomimen der heutigen Zeit. Man kann sehen, daß sie sich nach Umständen mit großer Schnelligkeit verwandeln und den Proteus selbst nachahmen. Ebenso muß man von der Empusa vermuten, daß eine Person, die sich in unzählige Gestalten verwandeln konnte, von der Mythe zu einem solchen Gespenste gemacht sei.

Billigerweise dürfen wir hierbei auch den höchst feierlichen und heiligen Tanz der Römer nicht vergessen, den die Salier - so heißt dieses Priesteramt - Männer aus den edelsten Geschlechtern zu Ehren des kriegerischen Gottes, des Ares, aufführen.

Nicht sehr verschieden von dieser italischen ist die bithynische Mythe, daß Priapos, ein Kriegsgott, vermutlich einer der Titanen oder der idäischen Daktylen, die es zu ihrem Geschäft gemacht hatten, in der Fechtkunst zu unterrichten, von der Hera den Ares bekommen, der noch ein Knabe, aber über die Maßen derb und männlich war, und ihn nicht früher im Waffenkampfe unterwiesen habe, als bis er ihn zu einem voll­endeten Tänzer gemacht hatte. Als Belohnung hierfür bestimmte Hera, daß Ares ihm den zehnten Teil von dem, was er im Kriege verdiente, geben sollte.

Daß die Feste zu Ehren des Dionysos und Bacchus lauter Tanz waren, erwartest du wohl nicht noch besonders von mir zu hören. Die drei ursprünglichen Arten des Tanzes, den Kordax, die Sikinnis, und den Emmeleia, erfanden die Saty'rn, die Diener des Dionysos, und bezeichneten sie mit ihren eigenen Namen; und durch die An­wendung dieser Kunst unterwarf Dionysos die Tyrrhener, Inder und Lydier und, tanzte mit seinen schwärmenden Scharen so kriegerische Völker in Grund und Boden.

Aus diesen Gründen gib acht, mein wunderlicher Freund, ob es nicht ruchlos sei, eine so heilige und geheimnisvolle Kunst, die von so vielen Göttern gepflegt und zu ihrer Ehre angewandt wird, die eine so große Ergötzung und Belustigung gewährt, in Anklagezustand zu versetzen. Da ich weiß, daß du ein besonderer Liebhaber des Homer und Hesiod bist, um wieder auf die Dichter zurückzukommen, so nimmt es mich vorzüglich wunder, wie du ihnen zu widersprechen wagst, die vor allem den Tanz preisen. Wenn Homer das Lieblichste und Schönste aufzählt, Schlaf, Liebe, Gesang und Tanz, so nennt er diesen allein untadelig, dem Gesang bezeugt er gewiß Lieblichkeit, und beides, lieblicher Gesang und untadeliger Tanz, bringt die Panto-mimik hervor, die du jetzt zu schmähen gedenkst. In einer anderen Partie des Ge­dichtes sagt er:

Diesem verleiht ein Gott die Gaben zu kriegerischen Werken,

Einem andern den Tanz und die reizende Kunst des Gesanges !

Reizend in der Tat ist der Gesang mit Tanz und schönste Gabe der Götter. Wie es scheint, hat Homer alle Dinge unter die zwei Rubriken Krieg und Frieden gebracht und den Tanz allein als das Schönste dem Kriege gegenübergestellt. Hesiod, der seine Kunde nicht von einem andern hat, sondern die Musen frühmorgens mit eige­nen Augen tanzen sah, weiß im Anfange seines Gedichtes kein höheres Lob von ihnen zu erzählen, als

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Daß sie den Rand des kastalischen Quells und des mâchtigen Vaters

Kronions hohen Altar mit zarten Füßen umtanzen.

Du, mein edler Freund, scheinst mit deiner Verhöhnung des Tanzes beinahe gegen die Götter zu kämpfen. Sokrates aber, der weiseste Mann, falls man dem pythischen Gotte glauben soll, der ihn dafür erklärte, lobte die Tanzkunst nicht allein, sondern wollte sie sogar erlernen, weil er auf Rhythmus der Musik und auf die Wohlgestalt und Gefälligkeit der Bewegungen sehr viel gab, und schâmte sich als alter Mann nicht, die Tanzkunst für eins der wesentlichsten Bildungsmittel zu halten. Und daß er es mit der Tanzkunst so ernst nahm, ist nicht zu verwundern, da er kein Bedenken trug, Unwesentliches zu lernen; er ging sogar in die Schule der Flötenspielerinnen und verschmähte es nicht, von Aspasia, die doch nur eine Hetäre war, etwas Kluges zu hören. Gleichwohl sah er die Kunst nur in ihrem Anfange, als sie noch nicht zu einer so hohen Schönheit ausgebildet war : würde er jetzt diejenigen sehen, die sie zur größten Vollendung gebracht haben, so weiß ich gewiß, daß er alles andere auf­geben und nur dieses Schauspiel beachten und die Jünglinge nichts eher lernen lassen würde.

Wenn du die Tragödie und die Komödie so erhebst, so scheinst du vergessen zu haben, daß in beiden eine eigentümliche Art des Tanzes vorkommt, nämlich in der Tragödie die Emmeleia und in der Komödie der Kordax, wozu mitunter noch die dritte Gattung, die Sikinnis, hinzutritt. Da du nun im Anfange die Tragödie und die Komödie, die kyklischen Flötenspieler und die Zither über die Tanzkunst setzest und diese Dinge für würdevoll erklärtest, weil sie unter die Arten des öffentlichen Wett­kampfes aufgenommen wären, so laß uns die Tanzkunst mit jeder einzelnen ver­gleichen. Doch wollen wir, wenn es dir recht ist, die Flöte und die Zither übergehen, denn sie gehören zu den Hilfsmitteln des Tänzers. Laß uns einmal die Tragödie nach ihrer äußeren Erscheinung betrachten, ein wie häßlicher und Angst einflößender An­blick ein zu einer unförmlichen Länge herausstaffierter Mensch ist, der auf hohen Schuhen daherreitet und eine den Kopf weit überragende Maske auf hat, mit einer gewaltigen Mundöffnung, als wollte er die Zuschauer verschlingen, von den Brust-und Bauchpolstern zu geschweigen, die ihm eine falsche, erkünstelte Dicke verleihen sollen, damit die unförmliche Länge mit der hageren Gestalt nicht in einem zu argen Kontrast stehe. Wie hübsch ist es, wenn er nun von innen heraus zu schreien anfängt, sich mit hohen und tiefen Tönen abmüht, die Jamben herdeklamiert und was das Widerlichste ist, seine Unglücksfälle im Gesang vorträgt, wobei nichts weiter als die Stimme auf seine Rechnung kommt; alles andere haben die Dichter besorgt, die längst vor ihm lebten. Und so lange er eine Andromache oder Hekabe vorstellt, ist der Gesang noch erträglich, wenn er aber als Herakles auftritt und sich selbst ver­gessend ohne Scham vor dem Löwenfell und der Keule, die er trägt, ein Solo singt, so würde jeder Vernünftige doch das einen argen Solözismus nennen.

Was du ferner der Pantomimik vorwarfst, daß Männer Frauen vorstellen, so würde dieser Vorwurf ebensogut die Tragödie und die Komödie treffen : in diesen kommen desgleichen mehr Frauen als Männer vor. Die Komödie aber hält die Lächerlichkeit der Masken, ihrer dummen und schelmischen Sklaven und Köche für einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Ergötzlichkeit. Daß die Erscheinung des Pantomimen ordentlich und gefällig für das Auge ist, darf man nicht sagen : wer nicht blind ist, kann das sehen. Er hat die schönste und dem Inhalt des Stückes angepaßte Maske, nicht eine mit weit aufgesperrtem Munde, sondern eine geschlossene : denn es sind viele, die für ihn den Mund öffnen. In alten Zeiten tanzten und sangen dieselben; als man aber bemerkte, daß das durch die Bewegung verursachte Keuchen den Gesang störe, so schien es besser, andere das Gebärdenspiel des Pantomimen durch Gesang begleiten zu lassen. Die Sujets sind beiden gemeinsam, und die des Pantomimen unterscheiden sich von denen der Tragödie gar nicht, sind nur mannigfaltiger, lehr­reicher und abwechselnder. Ist der Tanz nicht unter die Zahl der Kampfspiele auf­genommen, so kommt das meiner Meinung nach daher, weil die Sache den Kampf-richtern als zu schwierig und würdevoll vorkam, als daß man sie zu einem Gegen-stande der öffentlichen Prüfung hätte machen sollen; nur kurz sei bemerkt, daß die ausgezeichnetste Stadt chalkidischer Abkunft in Italien den Tanz als Schmuck zu ihren Wettkämpfen hinzugefügt hat ...

So viel über die Tanzkunst selbst, denn durch eine genaue Ausführung die Rede lang auszuspinnen, ist geschmacklos. Welche Eigenschaften aber der Tänzer selbst besitzen, wie er sich vorgebildet und was er gelernt haben muß, um seine Hantierung zu unterstützen, das will ich dir schildern, damit du einsiehst, daß die Kunst nicht zu den leichten und einfachen gehört, daß sie vielmehr die höchste Bildung erfordert, nicht allein Musik, sondern Rhythmik, Metrik und namentlich Philosophie, wenig­stens Physik und Ethik : die Spitzfindigkeiten der Dialektik dagegen hält sie für ihre Zwecke nicht für förderlich. Selbst der Rhetorik steht sie nicht fern, sondern hat auch an ihr teil, insofern sie den Charakter und die Leidenschaft darstellt, wonach auch die Redner streben. Ebensogut gehört in ihr Bereich die Malerei und Plastik, deren Proportionen und Ebenmaß in der Form sie vorzüglich nachahmt, sodaß weder Phidias noch Apelles sie darin zu übertreffen scheinen. Vor allem strebt sie nach der Gnade der Mnemosyne und ihrer Tochter Polymnia und sucht alles im Gedächtnis zu haben. Denn gleich dem Kalchas Homers muß der Pantomime wissen das Gegen­wärtige, Zukünftige und Vergangene, so daß alles ihm im Gedächmisse zur Hand ist und ihm nichts entgeht. Und da die Hauptaufgabe der Kunst in der Nachahmung be­steht, in der Darstellung und Äußerung der Gedanken und dem Offenbaren des Un­sichtbaren, so müßte, was Thukydides zum Lobe des Perikles sagt, auch das höchste Lob des Pantomimen sein, die richtigen Gedanken zu haben und sie auszudrücken :

unter Ausdruck verstehe ich jetzt die Deutlichkeit des Gebärdenspiels.

CHRONOLOGISCHE ÜBERSICHT 1911-1925

#G277a-1982-SE172 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

CHRONOLOGISCHE ÜBERSICHT 1911-1925

Datum ohne nähere Angabe = Eurythmieaufführung

#TX

1911

Mitte Berlin Erste Besprechung über eine neue Bewe­

Dezember Motzstraße 17 gungskunst zwischen Rudolf Steiner und

Clara Smits. - Erste Aufgabe für Lory Smits:

Schreiten von Alliterationen

1912

29. Januar Kassel Vorübung für Lory Smits; Stellungen des

Agrippa von Nettesheim

Juli München Proben zu «Der Hüter der Schwelle»: Luzi­

ferische und ahrimanische Wesen Erste Anfänge der Eurythmie

24. August Ur-Aufführung «Der Hüter der Schwelle»

1. od. 2. Sept. Angaben für Körperhaltungen: I A 0

16.-27. Sept. Bottmingen Erster Eurythmiekurs für Lory Smits. Dio­

nysische Formen, Seelengesten, Kopf-haltungen, Ballen und Spreizen, Stab-übungen, Vokale, Konsonanten, Spiralen, ßvoe, Hallelujah

In Anwesenheit von Marie von Sivers und Ciara Smits. In der letzten Stunde schlug Marie von Sivers für die neue Bewegungs­kunst den Namen Eurythmie vor

1913

Düsseldorf - Eurythmische Arbeit: Lory Smits und ihre

Haus Meer drei jüngeren Schwestern; dazu kommen im März Annemarie Donath aus Berlin; 15. April Erna Wolfram aus Leipzig

26. April Düsseldorf Rudolf Steiner gibt «Der Wolkendurch­

leuchter...»; Stabübungen: Qui, Spirale,

zwölfteilige Übung, Wasserfall

Juli München Proben zu «Der Seelen Erwachen »: Gno­

men und Sylphen (2. Bild); ägyptische Szene,

Priester (8. Bild>, eurythmisch dargestellt,

u. a. «Die Wahrheit hat gesiegt.»

22. August Uraufführung: «Der Seelen Erwachen»

28. August Erste eurythmische Vorführung anläßlich

eines geselligen Beisammenseins

1913 Fortsetzung:

31. August Zwei neue Angaben für Lory Smits: « Ich

bin da» - «Ich schaue auf»

Oktober Düsseldorf - Beginn einer sehr intensiven Arbeit mit

Haus Meer einer größeren Gruppe: T. Kisseleif, M. Wo­

loscHn, N. v. Papoff, P. Meltzer, R. Damann,

E. Dollfus, I. Hilverkus, E. Röhrle, die jedes

Wochenende von Rheidt herüberkam

18. Dezember Köln Eurythmie-Aufführung im Zweigraum,

durch Lory Smits und ihre Arbeitsgruppe

28. Dezember bis Leipzig Vortragszyklus «Christus und die geistige

1.Januar 1914 Hotel de Pologne Welt»

Rudolf Steiner und Marie von Sivers be­

suchen Christian Morgenstern mit Erna

Wolfram, welche ihm Eurythmie vorführt,

u. a. ein Gedicht von Christian Morgenstern

«Abendläuten»

Seit dem Herbst 1913 gab auch Erna Wolf­

ram in verschiedenen Städten, z. B. Leipzig

und Hamburg regelmäßig Laienkurse. Elisa­

beth Dollfus arbeitete in München auf die

gleiche Art. Auf diese Weise wurde anfäng­

lich die Eurythmie in den Mitgliederkreisen

verbreitet. Dauer der Kurse meist zwölf

Stunden innerhalb von vier Wochen. Lory

Smits gab Kurse in Berlin, Kassel, London

und im März 1915 in Den Haag; Tatiana

Kisseleif Kurse 1913/14 in Berlin

1914

1. Januar Leipzig Eurythmie-Darbietungen

20./21. Januar Berlin Eurythmie-Aufführungen anläßlich der Ge­

neralversammlung der Anthroposophischen

Gesellschaft mit Ansprache von Rudolf

Steiner

20. Januar Erna Wolfram führt Texte in orientalischen

und anderen Sprachen, sowie einen mittel­

alterlichen Spruch vor

21. Januar Lory Smits mit ihrer Arbeitsgruppe und

Annemarie Donath führen deutsche, franzö­

sische und russische Gedichte vor, u. a.

Bäßerinnen und Gretchen aus «Faust» II;

Beethoven

April Dornach Beginn der eurythmischen Arbeit von Tatia­

na Kisseleff, zunächst im Restaurant «Jura»

Angaben für die neunzehn Gesten: Tier­

kreisstellungen und Planetenbewegungen

#SE277a-173

1914 Fortsetzung:

Mai London Eurythmie in England. Kleine Aufführun­

gen in Zweigen der Gesellschaft: Lory

Smits, Flossy von Sonclar, Elisabeth Dollfus

28. Juni Dornach Rudolf Steiner gibt die Formen: «Das In­

nere hat gesiegt » - «Das Äußere hat ge­

siegt»

August/ Sept. Eurythmische Arbeit in «Haus Hansi».

Marie von Sivers (Marie Steiner) übernimmt

die Führung der eurythmischen Arbeit

Herbst Im Herbst 1914 wurde die eurythmische

Arbeit aus dem Saal des Restaurants «Jura »

in die Schreinerei verlegt. Mit dem Erstellen

der Bühne kamen vor den Vorträgen von

Rudolf Steiner eurythmische Darbietungen

verschiedenen Charakters zur Aufführung,

auch Szenen aus «Faust» 1 und II. Auf diese

Weise wurde die Mitgliedschaft mit der

Eurythmie vertraut gemacht

Ende 1914 Erste Art der Darstellung des siebenten

Bildes aus «Die Pforte der Einweihung».

Marie Steiner als Maria rezitierend, Ta­

tiana Kisseleif nacheinander die drei Seelen-

kräfte eurythmisierend; Käthe Mitscher und

Loulse Clason rezitieren

Neue Angaben für Tatiana Kisseleff, u. a.

die Evolutionsreihe; U als Parallele

1915

8. März Leipzig Erna Wolfram führt Rudolf Steiner ihre

Schüler vor. Verschiedene neue Formen,

Spiralen in neuer Anordnung

4. April Dornach «Faust» 1: Osternacht

11. Apri] «Faust» I: Osternacht und Erdgeist

22. April «Faust» II: Arielszene. Erste Formen für die vier Pausen: Elfenchöre

29. Mai «Faust»I: Osternacht

18. Juli

I. August

7. August

15. August <(Faust» II: Himmelfahrt

18. August bis Zweiter Eurythmiekurs. Apollinische For­

11. September men, Auftakte, die Dur-Skala, Planetentanz,

Zwölf Stimmungen, Das Lied von der Ini­

tiation, Farben, Darstellung auf drei Stufen

1915 Fortsetzung:

und des siebenten Bildes aus «Die Pforte der Einweihung», Formen für Kinder und junge Leute, Fußstellungen, Reimformen, geometrische Formen

29. August Zwölf Stimmungen, Planetentanz von Ru­dolf Steiner

5. September Darstellung auf drei Stufen: «Gesang der

Geister über den Wassern», «Wanderers

Nachtlied» von Goethe, «Himmelstrauer»

von Lenau

12. September Spruch aus dem Seelenkalender, Auftakt,

Zwölf Stimmungen, Formen für Kinder

und junge Leute, Das Lied von der Initia­

tion, Strophen aus «Demiurgos» von Jordan

19. September u. a. Zwölf Stimmungen. Das Lied von der

Initiation, Humoresken

26. September Eurythmie und Rezitation

3. Oktober Eurythmie vor einer Lienhard-Feier

10. Oktober u. a. Humoresken von Morgenstern

17. Oktober u. a. Humoresken von Morgenstern

24. Oktober u. a. Gedichte und Humoresken von Mor­

genstern

31. Oktober Eurythmie und Rezitation

1 . November Eurythmie und Rezitation

7. November

16. November bis 21. Dezember Rudolf Steiner in Deutschland

1916

15. Januar Dornach Humoresken

25. Januar bis 18. Juli Rudolf Steiner in Deutschland

6. August «Faust»II: Arielszene

7. August Wiederholung

13. August Eurythmie und Musik

19. August «Faust » I: Zueignung, Prolog im Himmel

20. August Wiederholung

26. August «Faust » I: Zueignung, Vorspiel auf dem

Theater, Prolog im Himmel

27. August Musik und Eurythmie

28. August Wiederholung vom 26.

2. September Eurythmie und Musik

3. September Eurythmie und Musik

9. September «Faust» II: Mitternacht und Grablegung

10. September Gesang und Eurythmie

11. September Wiederholung vom 10.

#SE277a-174

1916 Fortsetzung:

16. September Wiederholung

17. September Gesang und Eurythmie

23. September «Faust» I: Zueignung, Vorspiel auf dem

Theater, Prolog im Himmel

24. September Gesang und Eurythmie

26. September «Faust» II: Mitternacht und Grablegung

30. September «Faust» I: Studierzimmer

i. Oktober Humoresken von Morgenstern,

Gedichte von C. F. Meyer

2. Oktober «Faust» I: Studierzimmer, Gedichte von

C. F. Meyer und Hans Reinhart

7. Oktober «Faust» I: Hexeneinmaleins

«Faust»II: Philemon und Baucis, Wanderer

14. Oktober «Faust» I: Osterspaziergang, Eurythmie

15. Oktober «Faust» I: Osterspaziergang, Studierzim­

mer

21. Oktober «Faust» I: Osternacht

28. Oktober Wiederholung

4. November «Faust» I: Szene im Dom

5. November «Faust»I: Osternacht

12. November Eurythmie und Rezitation -

18. November «Faust» I: Studierzimmer, Schülerszene mit

Geisterchor

19. November u. a. Chor der Toten von C. F. Meyer

25. November u. a. «Faust» I: Studierzimmer

26. November Eurythmie und Musik

27. November «Faust»I: Vor dem Bild der Mater dolo-

rosa; Böser Geist im Dom

4. Dezember Wiederholung vom 27. November

9. Dezember «Faust» I: Romantische Walpurgisnacht

11. Dezember Wiederholung

16. Dezember

17. Dezember Wiederholung

25. Dezember

1947

6.Januar Dornach

8. Januar

13. Januar

20. Januar

21. Januar

27. Januar «Faust»II: Hochgewölbtes gotisches Zim­

mer

28. Januar

30. Januar

6. Februar bis 25. September Rudolf Steiner in Deutschland

1917 Fortsetzung:

1 . Oktober

6. Oktober «Faust»I: Prolog im Himmel

13. Oktober u. a. Harmonischer Auftakt

22. Oktober

26. Oktober

4. November Märchen aus «Die Prüfung der Seele », Mär­

chen aus «Der Hüter der Schwelle», «Der

Tanz» von Schiller (mit freien Formen>

6. November Märchen aus «Die Pforte der Einweihung»,

Märchen aus «Die Prüfung der Seele», (mit

freien Formen)

26. November Tatiana Kisseleif erhält Lautzuteilungen für

die zwölf Tierkreisbilder

2. Dezember

10. Dezember « Faust » II: Klassische Walpurgisnacht

17. Dezember

22. Dezember

31. Dezember Das Märchen vom Quellenwunder aus « Die

Prüfung der Seele» (mit freien Formen)

1918

2. Januar Dornach Tatiana Kisseleif erhält Angaben für Korre­

spondenzen zwischen Vokalen und Planeten,

s. «Aus der Eurythmie-Arbeit» und

«Erinnerungen»

15.Januar

17. Januar

19. Februar München

26. Februar Stuttgart

3. April Dornach «Das Verhängnis», von Fercher von Stein-

wand (freie Formen)

5. April

14. April

5. Mai

14. Mai

2. Juni Wien

28.Juni Berlin

30.Juni Hamburg

22. Januar bis 6. August Rudolf Steiner in Deutschland

18.August Dornach

24. August

25. August «Faust» I: Prolog im Himmel (in Anwesen­

heit des holländischen Prinzgemahls>

26. August

31. August

#SE277a-175

1918 Fortsetzung:

1 . September

7. September

14. September

17. September

21. September

29. September «Faust» II: Klassische Walpurgisnacht (alle

Szenen)

S. Oktober « Faust » II: Klassische Walpurgisnacht

12. Oktober

19. Oktober

20. Oktober

26. Oktober

27. Oktober

2. November

9. November

23. November

24. November

30. November « Chor der Urtriebe» von Fercher von Stein-

wand. Erste Standardformen von Rudolf

Steiner

Dezember In dieser Zeit entstehen die Formen für die

fünf Dezember-Wochensprüche, ohne Vor-

und Nachtakte

1 . Dezember Wiederholung vom 30. November

14. Dezember

17. Dezember

22. Dezember Basel Weihnachtsfeier

24. Dezember Dornach Weihnachtsprogramm

25. Dezember Weihnachtsprogramm

25. Dezember « Faust » II: Klassische Walpurgisnacht

28. Dezember

29. Dezember

31. Dezember Das Traumiied vom OlafAsteson (mit freien

Formen)

1919

1. Januar Dornach Gedichte von Goethe

12. Januar

16. Januar « Faust » II: Klassische Walpurgisnacht (Schlußszene) vor deutschen Internierten

17. Januar Wiederholung

18. Januar Wiederholung

19. Januar Wiederholung

25. Januar Wiederholung vor geladenen Gästen

26. Januar Wiederholung vor geladenen Gästen

2. Februar Wiederholung vor geladenen Gästen

1919 Fortsetzung:

24. Februar Zürich

Pfauen-Theater Erste öffentliche Eurythmie-Aufführung

27. Februar Winterthur Wiederholung

13. März Dornach Erste öffentliche Eurythmie-Aufführung

Saal der Schreinerei

14. März Wiederholung

23. März

24. März

30. März u. a. « Faust » II: Graue Weiber

5. April

13. April Den Haag Eurythmie, Musik, Rezitation

30. April Stuttgart

6. Mai Stuttgart Aufführung vor Arbeitern der Waldorf­

Kuppelsaal des Astoria-Zigarettenfabrik

Kunstgebäudes

19. Mai

25. Mai Stuttgart Darbietungen eurythmischer Kunst

Landestheater Morgenunterhaltung

Kleines Haus

22. Juni Stuttgart

Kuppelsaal des

Kunstgebäudes

19. Juli Stuttgart

Kuppelsaal des

Kunstgebäudes

24. Juli Stuttgart

Kuppelsaal des

Kunstgebäudes

27. Juli Mannheim

Musensaal

10. August Dornach

11. August Aufführung vor Münchener Ferienkindern

16. August

17. August

7. September Stuttgart Eurythmie zur Eröffnung der Waldorf-

Großer Saal des schule

Stadtgartens

14. September Berlin

Potsdamer Straße

16. September Berlin

21. September Dresden

11. Oktober Dornach

12. Oktober

19. Oktober

#SE277a-176

1919 Fortsetzung:

31. Oktober Zürich « Faust » II: Graue Weiber u. a.

« Zur Kaufleuten»

2. November Dornach u. a. « Faust » II: Graue Weiber

5. November Bern

Kursaal « Schänzli»

8. November Dornach Aufführung für die Arbeiter

9. November Schüler-Vorstellung (unter Mitwirkung ei-

15. November niger Lehrerinnen)

16. November

22. November

23. November

28. November

29. November

30. November

7. Dezember

14. Dezember u. a. « Die Metamorphose der Pflanzen», die

(

1920

10. Januar Dornach

11. Januar

17. Januar

18. Januar

24. Januar

25. Januar

31. Januar u. a. 2. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Gnomen und Sylphen

1. Februar u. a. 2. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Gnomen und Sylphen

7. Februar Das Märchen vom Quellenwunder aus «Die

Prüfung der Seele»

8. Februar u. a. 2. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Gnomen und Sylphen

14. Februar

15. Februar

21. Februar

22. Februar Aufführung.mit Kindereurythmie

28. Februar

21. März

27. März

28. März

4. April Ostern

5.April Ostern

10. April

11. April

1920 Fortsetzung:

17. April

18. April

24. April

27. April Auffuhrung für Gäste der Mustermesse

1. Mai

2. Mai

8. Mai

9. Mai

15. Mai

16. Mai Pfingsten

23. Mai Aufführung mit Kindereurythmie

24. Mai

29. Mai

4. Juli

17. Juli

18. Juli

8. August

15. August

22. August Aufführung mit Kindereurythmie

29. August

S. September

26. September bis Dornach Erster Mochschulkurs

16. Oktober

26. September Eröffnungsfeier im Goetheanum mit Musik,

Rezitation und Eurythmie Zwölf Stirrrrnun­

gen

Von nun an finden die Eurythmi-Aufführungen

auch im Goetheanum statt

2. Oktober Dornach

3. Oktober

9. Oktober

10. Oktober

13. Oktober Aufführung mit Kindereurythmie

16. Oktober

17. Oktober

22. Oktober

23. Oktober

24. Oktober

30. Oktober

31. Oktober

19. November Freiburg i. Br. Aufführung unter Mitwirkung von Kindern

Kasinosaal der Waldorfschule in Stuttgart: Eurythmie als beseelte Turnübung

21. November Cannstatt Aufführung unter Mitwirkung von Kindern

Wilhelma -Theater der Waldorfschule in Stuttgart: Eurythmie als beseelte Turnübung

#SE277a-177

1920 Fortsetzung:

23. November Cannstatt Aufführung unter Mitwirkung von Kindern

Wilhelma-Theater der Waldorfschule in Stuttgart: Eurythmie als beseelte Turnübung

28. November Essen-Bredeney Aula des Städt. Lyzeums

29. November Elberfeld Stadthalle

2. Dezember Dornach Gründung des Vereins « Eurythmeum» im

Beisein von Rudolf Steiner

5. Dezember Dornach

11. Dezember

12. Dezember u. a. 2. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Gnomen und Sylphen

19. Dezember

20. Dezember 1 . Teil im Goetheanum, 2. Teil in der Schrei­

nerei

29. Dezember Olten Aufführung vor Lehrern, hauptsächlich

Kindereurythmie

1921

9. Januar Stuttgart Aufführung unter Mitwirkung von Kindern

Kuppelsaal des der Waldorfschule Kunstgebäudes

16. Januar

30. Januar Dornach

6. Februar Dornach

20. Februar Hilversum u. a. Gedichte von Goethe, « Urworte»,

Humoresken von Christian Morgenstern

22. Februar Amsterdam

26. Februar Rotterdam

27. Februar Den Haag

6. März Köln u. a. « Urworte» von Goethe

Schauspielhaus

15. März Freiburg i. Br. u. a. « Urworte» von Goethe

Kasinosaal

19. März Stuttgart

Gr. Haus

27. März Dornach

28. März

3. April

9. April

1921 Fortsetzung:

12.-1 7. April Dornach Heileurythmiekurs

24. April

1. Mai u.a. 2. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Gnomen und Sylphen

5. Mai

8. Mai 7. Bild aus « Die Pforte der Einweihung»

15. Mai

16. Mai Pfingsten 2. Bild aus « Der Seelen Erwachen», Gno­

men und Sylphen

31. Mai Tübingen

1. Juni Frankfurt a. M.

5. Juni Darmstadt

Landestheater

7.Juni Heidelberg

Stadthalle

9. Juni Baden-Baden

Städt.

Schauspiele

12. Juni Cannstatt

Wilhelma-Theater

14. Juni Heidenheim

18. Juni Konstanz

21. Juni Zürich

23.Juni St. Gallen

26. Juni Bern

27.Juni Bern

Kursaal « Schänzli»

3. Juli Dornach II. Teil in der Schreinerei

10. Juli II. Teil in der Schreinerei

15. Juli

17. Juli

24.Juli «Faust» I: Prolog; II. Teil in der Schrei­

nerei

7. August II. Teil in der Schreinerei

14. August

20. August

21 .-27. Aug. Dornach Summer Art Gourse

22. August

24. August Kinderaufführung Leitung: H. Hollenbach

26. August u. a. 4. Bild aus «Der Seelen Erwachen»

28. Aug. bis Stuttgart Allgemeiner öffentlicher Kongreß « Kultur-Aus-

7. September blicke der anthroposophischen Bewegung»

#SE277a-178

1921 Fortsetzung:

3. September Cannstatt u. a. Das Marchen vom Quellenwunder aus

Wilhelma-Theater « Die Prufung der Seele»

4. September Wiederholung

30. August Stuttgart Eurythmische Satiren unter der Leitung von

G. Siegle-Haus Marie Steiner im Anschluß an die Nach­mittagsvorträge

31. August

1 . September

2. September

6. September

7. September

18. September Berlin

Kammerspiele des

Deutschen Theaters

20. September Berlin

22. September

25. September Dresden u. a. 6. Bild aus «Der Hüter der Schwelle»

Alberttheater

28. September Berlin

29. September

5. Oktober Dornach

9. Oktober

16. Oktober

23. Oktober

30. Oktober u. a. 4. Bild aus «Der Seelen Erwachen»

6. November Das Traumlied vom Olaf Asteson

13. November

27. November Kristiania u. a. 6. Bild aus «Der Hüter der Schwelle»

Nationaltheater

3. Dezember Kristiania

Opera Comique

7. Dezember Berlin

8. Dezember

11. Dezember Bremen

13. Dezember Cannstatt u. a. Das Traumlied vom Olaf Asteson

Wilhelma-Theater

14. Dezember

25. Dezember Dornach u. a. Das Traumlied vom Olaf Asteson

28. Dezember Kinderaufführung in der Schreinerei

30. Dezember

31. Dezember u.a. 4. Bild aus «Der Seelen Erwachen»

1922

1. Januar Dornach u. a. 2. Bild aus « Der Seelen Erwachen»,

Gnomen und Sylphen

22.Januar Mannheim u. a. Das Traumlied vom Olaf Asteson

Musensaal

24. Januar Berlin u. a. 4. Bild aus « Der Seelen Erwachen»

25. Januar

29.Januar Hamburg

1 . Februar Breslau

5. Februar Prag

24. Februar Stuttgart

25. Februar

I. März Leipzig u.a. 2. und 4. Bild aus «Der Seelen Er­

wachen»

1. März Halle u. a. 2. und 4. Bild aus « Der Seelen Er­

wachen»

9. März Berlin

12. März u. a. 4. Bild aus « Der Seelen Erwachen»,

Humoresken

13. März Stuttgart

19. März Dornach Aufführung für Mitglieder (Schreinerei)

26. März 8. Bild aus «Der Hüter der Schwelle »

2. April Aufführung in der Schreinerei

6. Mai Aufführung in der Schreinerei

7. Mai Aufführung in der Schreinerei

27. Mai u. a. « Kosmische Chöre» von Fercher von

Steinwand

1 .-12. Juni Wien West-Ost-Kongreß

2.Juni Wien u. a. 4. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Volks oper 6. Bild aus «Der Hüter der Schwelle »

9. Juni u. a. « Kosmische Chöre» von Fercher von

Steinwand

12. Juni u. a. Das Traumlied vom Olaf Asteson

2. Juli Dornach Aufführung für Kinder aus der Umgebung

Dornachs

23.Juli u.a. 6. Bild aus «Der Hüter der Schwelle»

27.Juli

30. Juli

4. August

6. August Englisches Programm

10. August

18. August Oxford u. a. 4. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Kehle College 6. Bild aus « Der Hüter der Schwelle»

#SE277a-179

1922 Fortsetzung:

19. August Oxford Kindereurythmie-Aufführung

23. August

26. August

6.-15. Sept. Dornach Französischer Kurs

10. September u.a. 6. Bild aus «Der Hüter der Schwelle»

12. September

14. September

17. September u.a. aus «Faust» II: Sorge-Szene

24. September u.a. 6. Bild aus «Der Hüter der Schwelle»

30. September u.a. aus «Faust» II: Sorge-Szene

8. Oktober Stuttgart I. Teil: Kinderaufführung

II. Teil: Humoresken

11. Oktober

13. Oktober

15. Oktober

18. Oktober

22. Oktober

25. Oktober

29. Oktober Köln u. a. 4. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

Schauspielhaus 6. Bild aus «Der Hüter der Schwelle»

2. November Den Haag

K. Schouwburg

5. November u. a. 4. Bild aus «Der Seelen Erwachen»,

6. Bild aus « Der Hüter der Schwelle»

11. November London

The Royal

Academy of

Dramatic Art

13. November u. a. 4. Bild aus « Der Seelen Erwachen»,

6. Bild aus « Der Hüter der Schwelle»

15. November

3. Dezember Berlin

4. Dezember Dornach

S. Dezember Berlin

6. Dezember

9. Dezember Hamburg

Thalia-Theater

17. Dezember Dornach Schüleraufführung

25. Dezember

31.Dezember u.a. «Faust» I: Prolog

Brand des Goetheanums

1923

7. Januar Dornach «Faust» II: Sorge-Szene, Graue Weiber

14. Januar

21. Januar

28. Januar

4. Februar

11.Februar

18. Februar

27. Februar Stuttgart

28. Februar

3. März

4. März

6. März

7. März

7./8. März Zwei Vorträge: Das Tonerlehnis im Men­

schen. Intervailformen

l1.März Berlin

12. März

14. März

15. März

16. März

18. März

19. März

23. März Stuttgart

24. März

25. März

25.-29. März Stuttgart Künstlerisch-Pädagogische Tagung der freie;'

Waldorfschule

27. März Kindereurythmie-Aufführung

28. März Kindereurythmie-Aufführung

31. März Dornach

i. April Ostern

2. April u. a. Gedichte von A. Steffen, Humoresken

von Chr. Morgenstern

7. April

8. April

14. April

15.-22. April Dornach Pädagogischer Kurs

15. April

18. April

21.April

24. April Stuttgart

25. April

29. April Prag

N. Dtsch. Theircr

#SE277a-180

1923 Fortsetzung.

5. Mai Breslau

9. Mai Nürnberg

11. Mai Heidenheim

14. Mai Ulm

Stadt-Theater

22. Mai Berlin

3. Juni Dornach

9. Juni

10. Juni

13. Juni Kinderaufführung

16. Juni

17. Juni

24. Juni u. a. Elfenszenen aus « Ein Sommernachts­

traum» von Shakespeare

1. Juli

8. Juli

9. Juli

15. Juli

17. Juli u. a. «Edward...», Altschottische Ballade

21. Juli Aufführung anläßlich der internationalen

Delegiertenversammiung, u. a. Elfenszenen

aus « Ein Sommernachtstraum»

22. Juli

25. Juli

27. Juli

29. Juli

8. August Ilkley Kindereurythmie-Aufführung

14., 16. Aug.

22., 25., 27. Aug. Penmaenmawr

29., 30. Aug.

4. September London

The Royal Acad. of Dramatic Art

11. September Dornach

15. September Stuttgart

16. September

18. September

20. September

22. September

23. September

30. September Wien

1923 Fortsetzung:

5. Oktober Gmunden

Stadt-Theater

7. Oktober Wien

Neues Wiener Stadt-Theater

11. Oktober Salzburg

Stadt -Theater

22. Oktober St. Gallen

Stadt-Theater

25. Oktober Dornach

28. Oktober Olten

Stadt-Theater

1 . November Dornach

4. November

8. November

Ii. November

17. November

23. November Paris

2. Dezember Dornach

23. Dezember

26. Dezember

28. Dezember

30. Dezember u. a. « Das Traumlied vom Olaf Asteson»

24. Dezember bis Gründungsversammlung der Allgemeinen

1 . Januar 1924 Anthroposophischen Gesellschaft

1924

i. Januar Dornach Wiederholung vom 30. Dezember 1923

5. Januar

9.Januar

13. Januar

16. Januar

20. Januar

23. Januar

26.Januar Bern «Faust » II: u. a. Arielszene

Stadt-Theater

29.Januar Zürich «Faust» II: u.a. Arielszene

Stadt -Theater

2. Februar Dornach

3. Februar

10. Februar

#SE277a-181

1924 Fortsetzung:

11. Februar

17. Februar

19.-27. Februar Dornach Toneurythmie-Kurs

24. Februar

2. März Dornach

9. März

16. März

21. März Stuttgart

22. März Stuttgart

23. März Dornach

24. März Karlsruhe

26. März Stuttgart

30. März Prag

N. Dtsch.Theater

2. April Prag mit Demonstration

Konservatorium

« Na Slovanech»

6. April Prag

Tschechisches

Theater

11. April Stuttgart

12. April

14. April Heidenheim

Konzerthaus

14. April Bern Vorführung pädagogischer Eurythmie mit

einer Ansprache von Rudolf Steiner

20. April Ostern Dornach Matinée für Mitglieder: u. a. « Die Grund­

steiniegung», 5 Uhr öffentliche Aufführung

21. April 5 Uhr öffentliche Aufführung

22. April Matinée für Mitglieder: u. a. « Die Grund­

steinlegung»

26. April

27. April

30. April Stuttgart Konferenzim «Eurythmeum», Übung: IUA

3. Mai Dornach

4. Mai

9. Mai Schüleraufführung

11. Mai

13. Mai Schüleraufführung

16. Mai

19. Mai Ulm

Stadt -Theater

21. Mai Nürnberg

1924 Fortsetzung:

23. Mai Eisenach

26. Mai Erfurt

28. Mai Naumburg

30. Mai Hildesheim

2. Juni Hannover

5. Juni Halle

7.-1 7. Juni Koberwitz Landwirtschaftlkher Kurs

8. Juni Dornach

9. Juni Breslau

Lobe-Theater

22.Juni Dornach

29. Juni

24. Juni-12. Juli Lauteurythmie-Kurs

3.Juli Dornach

6. Juli

10. Juli

13. Juli

20. Juli

27. Juli

31. Juli

3. August

Anfang August Stuttgart Aufführung während der Tagung der Chri­

G.-Siegle-Haus stengemeinschaft

13. August Torquay

Town Hall

15. August

18. August

20. August

22. August

26. August London Eurythmiedemonstration unter

The Royal Acad. Marie Steiner

of Dramatic Art

28. August

5.-23. Sept. Kursus für Sprachgestaltung und dramat. Kunst

5.-22. Sept. Kursusfür die Priester der Ghristengemeinschaft

8.- 18. Sept. Kursus für Pastoralmedizin

7. September Dornach

10. September

12. September

14. September

19. September

21. September

#SE277a-182

1924 Fortsetzung:

25. September

28. September

Es kamen im September die Programme der

Englandreise zur Aufführung, u. a. die

Elfenszenen aus «Ein Sommernachtstraum» von Shakespeare

i. Oktober Stuttgart

Landhausstraße

5 . Oktober Hannover Matinee; u. a. « Die Grundsteinlegung»

Schauburg

6. Oktober Abendvorstellung

9. Oktober Barmen

Concordia

12. Oktober Hamburg

Thalia-Theater

14.Oktober Bremen

16. Oktober Kiel

Gewerkschafts­haus

19. Oktober Lübeck Matinee

Stadt-Theater

21. Oktober Hamburg u. a. « Die Grundsteiniegung»

26. Oktober Berlin

28. Oktober u. a. «Die Grundsteinlegung»

29. Oktober u. a. «Die Grundsteiniegung»

2. November Berlin u. a. Elfenszenen aus « Ein Sommernachts­Lessing-Theater traum» von Shakespeare

6. November Kassel

9. November Stuttgart u. a. Elfenszenen aus « Ein Sommernachts-

traum»

11. November

23. November Dornach Schüleraufführung

30. November

7. Dezember

14. Dezember u. a. Eifenszenen aus «Ein Sommernachts-

traum»

28. Dezember u. a. Elfenszenen aus « Ein Sommernachts-

traum»

31.Dezember u.a. «Die Grundsteinlegung»

1925

4. Januar Dornach

8. Januar u. a. « Die Grundsteinlegung»

11.Januar

18.Januar

i. Februar u. a. Eleusis von Hegel

8. Februar u. a. Eleusis von Hegel

15.Februar u.a. «Faust» II: Arielszene

19. Februar

22. Februar u. a. « Kosmische Chöre» von Fercher von

Steinwand

27. Februar Berlin u. a. Eleusis von Hegel

2. März Berlin u. a. « Kosmische Chöre» von Fercher von

Lessing-Theater Steinwand

5. März Danzig u. a. «Faust» II: Arielszene

Stadt-Theater

8. März Berlin u. a. « Faust»II: Arielszene

Lessing-Theater

10. März Fürth u. a. «Faust» II: Arielszene

Theater

13. März Stuttgart

15. März Waldorfschule u. a. «Faust» II: Arielszene

16. März u. a. « Faust » II: Arielszene

15. März Dornach

18. März Heidenheim u. a. « Faust » II: Arielszene

Konzertsaal

20. März Karlsruhe u. a. «Faust» II: Arielszene

Konzerthaus

22. März Mannheim u. a. « Faust » II: Arielszene

Musensaal

22. März Dornach u. a. « Chor der Urtriebe» IV, von Fercher

von Steinwand

23. März Stuttgart

29. März Dornach u. a. «Kosmische Chöre» von Fercher von

Steinwand

30. März Rudolf Steiner

1 . April Dornach Feier für Rudolf Steiner

2.-6. April Stuttgart Öffentl. Tagung der Waldorfschule

2. April Stuttgart u. a. « Eleusis» von Hegel

Waldorfschule

6. April

12. April Ostern Dornach u. a. «Michael-Imagination» und « Dic

Grundsteinlegung»

FORMEN FÜR DIE LAUTEURYTHMJE Gedichte und dramatische Szenen

#G277a-1982-SE183 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

FORMEN FÜR DIE LAUTEURYTHMJE

Gedichte und dramatische Szenen

#TX

alphabetisch geordnet nach Dichtern und Überschriften

Ziffern in [J = Anzahl der Darsteller. Jahreszahl = Erstes Aufführungsdatum

DEUTSCHE TEXTE AESCHYLOS

Aus: Agamemnon, verdeutscht von Hans von Wolzogen

Zwei Greise, drei Bürger, Kassandra

1.Greis: «Lang ist ja doch die Zeit...» S.35 [4]

ASYESON, Olaf

siehe Traumlied

BAUMHACH, Rudolf

Die Gäste der Buche Mietegaste vier... (Form für Kinder> [9] (Musik: Jan Stuten)

BRENYANO, Clemens

Nachklänge Beethovenscher Musik Selig, wer ohne ....... Kopie

(Form für Vor- und Nachtakt) [1] 1918

BUERGI, Emil

stumme Form zu: Laubgold [1] 1916

EICHENDORFF, Joseph, Frh. v.

Elfe (Musik: Jan Stuten) Bleib bei uns... [4] 1921

Loreley Es ist schon spät... [2] 1920

FERCHER VON SYEINWAND, Johann

An mein Kalb Kälbchen, ich schmolle... [1]

Beim Anblick einer Gans Du mit sanftem Jungfernblick... [1] 1921

Chor der Urträume Allen erstiegenen Räumen entzogen... [7] (Musik: Leop. v.d.Pals) 1922

Chor der Urtriebe (I-XII) 1918

J In den unbegrenzten Breiten... [10]

II Ist's ein Schwellen, ist's ein Wogen,... [131

III Treiben wir, sind wir getrieben?... [16]

IV Wie die Dämpfe rings gerinnen' [9]

V Strebt die Sonne zu vollenden,... [6]

VI Aber stürmisch dreht sich's oben,... [12]

FERCHER VON STEINWAND, Johann (Fortsetzung)

VII Aus dem stolzen Wettgedränge [15]

VIII Kühngejochtes Baumgewinde... [15]

IX Hehre Sonne, komm', gebiete... [12]

X Wir vollzieh'n mit Allbehagen... [8]

XI Prächtig, um sich selbst geschlungen... [14]

XII Mag der Dauer sich gewöhnen... [13]

Das Verhängnis Gewitter entladen sich wälderentlang... [7]

1923

GOETHE, Joh. Wolfgang v.

Szenen aus Faust I:

Studierzimmer II, Geister auf dem Gange

Drinnen gefangen ist einer... [7-9]

Studierzimmer II, Spruch der Viere Salamander soll glühen... (Kopie) [4] 1920 Studierzimmer III, Geisterchor (unsichtbar)

Weh! Weh! Du hast sie zerstört...

s. Seite 185

Gretchens Stube Der König in Thule s. Seite 184

Szenen aus Faust II:

1. Akt, Ariel-Szene (Form für den Auftakt) [25, später 15 oder 19] Wenn der Blüten Frühlingsregen...

(Formen für die vier Pausen, Kopie) 1915 2. Akt, Studierzimmer, Chor der Insekten

Willkommen, willkommen, du alter Patron... [6] 1922 2. Akt, Ägäisches Meer, Doriden und Nereiden (ScM'aBform)

Heil dem Meere! Heil den Wogen... 1918

3. Akt, Helena-Szene, Chöre der Trojanerinnen, Phorkyas

Verschmähe nicht, 0 herrliche Frau,... [10 und Phorkyas] 1 929 5. Akt, Lynkeus

s. Seite 184

S. Akt, Sorge-Szene

Die Frage fordert: ja... [1]

Gedichte:

Allerdings Ins Innre der Natur... [4] 1920

Amor und Psyche Den Musenschwestern fiel es ein... [3]

1920

An den Mond Füllest wieder Busch und Tal... [6] 1919

An die Zikade Selig bist du, liebe Kleine,... [1] 1920

An Schwager Kronos Spute dich, Kronos!... [1] 1920

Antepirrhema So schauet mit bescheidnem Blick [2] 1920

Beherzigung Ach, was soll der Mensch verlangen? [1]

1921

Beherzigung Feiger Gedanken... [1] 1921

Charon (Neugriechisch- Die Bergeshöhn, warum so schwarz? [1]

epirotische Heldenlieder) 1921

Das Göttliche Edel sei der Mensch... [1] 1920

#SE277a-184

GOETHE, Joh. Wolfgang v. (Fortsetzung)

Das Leben ist ein Gänsespiel... (West-östl. Diwan 4/16) [4] 1920

Das Leben ist ein (West-östl. Diwan 4/15) [4]

schlechter .......

Das Sträußchen Wehet ein Lüftchen... [1] 1921

(Musik: L.v. d. Pais)

Das Veilchen Ein Veilchen auf der Wiese stand... [2]

1921

Der Olympos, der Kissavos,.. (Neugriech.-epirot. Heldenlieder) [2]

Den Originalen Ein Quidam sagt... [1] 1920

Der Fischer Das Wasser rauscht, das Wasser schwoll...

[5] 1920

Der König in Thule (FAUST 1) Es war ein König in Thule,... [1] 1923

Der Sänger Was hör' ich draußen vor dem Tor?...

[als Solo und als Gruppe] 1922

Der Schatzgräber Arm am Beutel, krank am Herzen,... [2]

1920

Der Rattenfänger Ich bin der wohlbekannte Sänger... 1920

(Musik: M. Schuurman)

Der Zauberlehrling Hat der alte Hexenmeister... (Kopie) [4]

1920

Die Bekehrte Bei dem Glanze der Abendröte... [1] 1920

(Musik: M. Schuurman)

Die Freuden Es flattert um die Quelle... [1] 1920

Die Metamorphose der Pflanzen Alle Gestalten sind ähnlich... [12] 1919

(Text eingerichtet für die Eurythmie von R. Steiner)

Die Poesie Gott sandte seinen rohen Kindern... [1]

1920

Die Spröde An dem reinsten Frühlingsmorgen... [1] (Musik: M. Schuurman) 1920

DieWolken: [14] 1919

Stratus Wenn von dem stillen Wasserspiegel-Plan...

Cumulus Und wenn darauf zu höhrer Atmosphäre... Cirrus Doch immer höher steigt der edle Drang... Nimbus Nun laßt auch niederwärts, durch Erd­gewalt...

Drinnen gefangen ist einer ... siehe FAUST 1

Eins wies andre Die Welt ist ein Sardellensalat... [5] 1920

Epirrhema Müsset im Naturbetrachten... [1] 1920

Erklärung einer antiken Gemme Es steht ein junger Feigenstock... [4] 1920

Erlkönig Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?

dazu Auftaktform für tückische Elfen [7] [3] 1920

Frühzeitiger Frühling Tage der Wonne,... [1] 1922

Fünf andere Dinge Was verkürzt mir die Zeit? [6] 1920

Fünf Dinge Fünf Dinge bringen... [5] 1920

Ganymed Wie im Morgenglanze... [1] 1923

GOETHE, Joh. Wolfgang v. (Fortsetzung)

Gedichte Gedichte sind gemalte Fensterscheiben... [1]

Gefunden Ich ging im Walde... [2] 1923

Grenzen der Menschheit Wenn der uralte, Heilige Vater... [1] 1920

Harzreise im Winter Dem Geier gleich... [7] 1919

Heidenröslein Sah ein Knab' ein Röslein stehn... [2] 1923

Hochländisch Matt und beschwerlich... [1] 1921

Howards Ehrengedächtnis Wenn Gottheit Kamarupa... [1] 1919

Hymnus an die Natur Natur, wir sind von ihr umgeben... [1]

(Text eingerichtet für die Eurythmie von Rudolf Steiner) 1919

Ihr guten Kinder... (Zahme Xenien IV/87) [3]

Ihr schmähet meine Dichtung... (Zahme Xenien V/84) [3] 1920

Kläffer Wir reiten in die Kreuz und Quer... [3] 1921

Kophtisches Lied Lasset Gelehrte sich zanken und... [1] 1922

Legende In der Wüsten ein heiliger Mann... [2]

1920

Lynkeus (FAUST II, 5) Zum Sehen geboren,... [1] 1922

Mahomets Gesang Seht den Felsenquell... [1] 1920

Mächtiges Überraschen Ein Strom entrauscht umwölktem Felsen-

saale,... [2] 1920

Mailied Wie herrlich leuchtet... [4] 1919

Mailied (Musik: M. Schuurman) Zwischen Weizen und Korn... [7] 1920

Meine Göttin Welcher Unsterblichen... [7] 1919

Meeresstille Tiefe Stille herrscht im Wasser... [1] 1919

Mit einem gemalten Band Kleine Blumen, kleine Blätter... [1] 1921

Neugriechlsch-epirotische Heldenlieder: siehe oben: Charon, und: Der Olympos, der Kissavos... [1] 1921

Offene Tafel Viele Gäste wünsch' ich heut... [1] 1921

Parabase Freudig war, vor vielen Jahren,... [1] 1920

Parzenlied a. «Iphigenie» IV, 5 Es fürchte die Götter... [1] 1924

Proemion (1) Im Namen dessen, der Sich selbst erschuf...

[1] 1921

Proemion (2) Was wär' ein Gott, der nur von außen

stieße... [1] 1921

Rezensent Da hatt' ich einen Kerl zu Gast,... [1] 1921

Se'ance Hier ist's, wo unter eignem Namen... [9]

1920

Selige Sehnsucht Sagt es niemand... [1]

Urworte, Orphisch Wie an dem Tag, der dich der Welt ver-

(Musik: L.v. d. PaIs) liehen... [6] 1921

Valet Sonst war ich Freund von Narren,... [3]

1921

Vanitas! vanitatum vanitas! Ich hab' mein Sach auf Nichts gestellt... [1]

1924

#SE277a-185

GOETHE, Joh. Wolfgang v. (Fortsetzung)

Wanderers Sturmlied Wen Du nicht vetlässest, Genius... [3]

(Musik: L.v. d. Pais> 1920

Weh! Weh! Du hast sie zerstört... FAUST 1 [7] 1923

Weltseele Verteilet euch nach allen Regionen... [9]

1920

Wer in der Weltgeschichte... (Zahme Xenien 1/6) [1] 1921

Willkommen, willkommen... siehe FAUST II

Aus «Wilhelm Meister» 1921

Mignon (Ballade) Kennst Du das Land,... [1]

Mignon Heiß mich nicht reden,... [1]

Dieselbe Nur wer die Sehnsucht kennt,... [1]

Dieselbe So laßt mich scheinen, bis ich werde,... [1]

Harfenspieler An die Türen will ich schleichen... [1]

Derselbe Wer nie sein Brot mit Tränen aß,... [1]

Derselbe Wer sich der Einsamkeit ergibt,... [1]

HAMERLING, Robert

Der Adler Aufwärts rauscht er... [2] 1924

Diamanten Morgenhell auf Gräserspitzen... [1] 1924

Die Lerchen Es ziehen die Wolken,... [4] 1920

Lebenslied 0 himrniische Wonne des Lebens... [2]

1923

Liebe im Schnee Saßen zwei Lebende... [2] 1924

Nächtliche Regung Horch der Tanne Wipfel... [1] 1924

Vermächtnis Ich liebe die Flamme... [1] 1924

Vernichtung oder Verjüngung Wälze, du Wettersturm,... [2] 1924

HARTLEBEN, Otto Erich: Übertragungen Gedichte von Albert GIRAUD

Aus «Pierrot Lunaire»: (Musik: Leopold van der Pals) 1921

Abend Melancholisch ernste Störche... [5]

Eine Bühne Eine Bühne, bunt... [4]

Gebet an Pierror Pierrot! Mein Lachen... [2]

Harlekin Leuchtend wie ein Sonnenspektrum... [3]

Nachteinsamkeit Einsamkeit der... [1]

Souper In einer müden Gondel... [9]

HEBBEL, Friedrich

Abendgefühl Friedlich bekämpfen Nacht sich und Tag...

[2] 1921

Das Element des Lebens Du schiltst die Welt... [1] Das Vöglein Vöglein vom Zweig gaukelt hernieder...

[1] 1921 Dämmerempfindung Was treibt mich hier von hinnen?... [1] Dem Schmerz sein Recht (10) Unergründlicher Schmerz!... Kopie [1]

(Form als Vor- und Nach- oder Zwischentakt) 1918

HEBBEL, Friedrich (Fortsetzung)

Die Weihe der Nacht Nächtliche Stille!... [1]

Herbstbild Dies ist ein Herbsttag,... [1] 1923

Meisenglück Aus dem goldnen Morgenqualm... [1]

(nur Vor- und Nachtakt und Angaben für den Text) 1920

Nachtlied Quellende, schwellende Nacht... [1] 1920

Proteus Was oben und unten in Fülle und Kraft...

[1] 1922

Sommerbild Ich sah des Sommers letzte Rose stehn,...

[1] 1921

HEGEL, Georg Friedrich Wilhelm

Eleusis (An Hölderlin) Um mich, in mir ist Ruhe... [5] 1925

HEINE, Heinrich

Auf Flügeln des Gesanges... Aus: Lyrisches Intermezzo [2] 1921

Aus alten Märchen... Aus: Lyrisches Intermezzo [2] 1921

Mein Kind, wir waren Kinder... Aus: Buch der Lieder [als Solo und als

Duo] 1921

HERDER, Johann Gottfried

Edward, Edward, Dein Schwert, wie... [4]

Altschottische Ballade (Form für den deutschen Text)

Erlkönigs Tochter Herr Oluf reitet spät und weit... [7] 1921

aus dem Dänischen (EIf-Stroke, englisch)

HOFFMANN v. FALLERSLEBEN, August Hch.

Ei, was blickt so heimlich an... [4] 1925

HöLDERLIN, Friedrich

*Die Jugend Da ich ein Knabe war... [1] 1925

*Hyperions Schicksalslied Ihr wandelt droben im Licht,... [1] 1924

Sonnenuntergang Wo bist du?... [1] 1925

JAKOBOwSKI, Ludwig

Melodie (Musik: L.v. d. Pals) Es kam ein Ton... [3] 1921 Vortakt

KALEwALA (Finnisches Volksepos)

Schluß der 2. Rune Werfe jetzo ich den Samen... [1]

KITIR, Joseph

Traumverwandlung Ich zog mit dir... [2] 1922

KTBER, Manfred

Salome Im Königssaale... QJortakt und Zwischen-

takte) [1] 1919

* Für zwei verschiedene Darsteller zwei verschiedene Kostümangaben und Beleuchtungen

#SE277a-186

LAGARDE, Paul de

Symphonie Es drängen sich um mich... Skizze 1918

LENAU, Nikolaus

Die drei Zigeuner Drei Zigeuner fand ich einmal... [4] 1921

(Musik: Jan Stuten)

Sturmesmythe Stumm und regungslos... [4] 1922

Waldiied Wie Merlin möcht ich... [4] 1921

MEYER, Conrad Ferdinand

Begegnung Mich führte durch den Tannenwald... [2]

1921

Chor der Toten Wir Toten, wir Toten... Kopie [12] 1916

Die sterbende Meduse Ein kurzes Schwert gezückt in... [2] 1922

Die zwei Reigen Ein Cherub schritt das Tal empor... [1] (Zwischentakt oder Vor- und Nachtakt) Kopie 1918

In der Sistina In der Sistine dämmerhohem Raum,... [1]

(Vor- und Nachtakt) 1918

Lenz Wanderer, Mörder, Ich lag an einem ....... [1] 1923

Triumphator

Morgenlied Mit edlen Purpurröten... [1] 1919

Möwenflug Möwen sah um einen Felsen kreisen... [4]

1923

Napoleon im Kreml Er nickt mit seinem großen Haupt... [1]

(dazu stumme Form: Flammenauftakt)

Thespesius Zwei Greise ruhten unter einer Pinie... (Nachtakt)

MORGENSTERN, Christian

Gedichte:

Auf dem Strome Am Himmel der Wolken... [1] 1924

Auf leichten Füßen So sein heitres Gleichgewicht... [2] 1923

Butterblumengelbe Wiesen... Aus: Ein Kranz [2] 1921

Der Engel Wo bist du hin? Noch eben warst... [2]

Der vergessene Donner Ein Gewitter im Vergehn... [4] 1919

Die Fußwaschung Ich danke dir, du stummer Stein,... [3]

1923

Ein Weihnachtslied Winters onnenwende!... [5] 1924

Für Rudolf Steiner Zur Schönheit führt Dein Werk.... [1]

1925

Glückselig nach dem Regen... [2] 1925

Ich bin aus Gott wie alles Sein geboren... [4] 1924

Lucifer Ich will mein Licht vor eurem Licht ver­schließen... [5] 1925

Rudolf Steiner So wie ein Mensch, am trüben Tag,... [1]

1925

Selige Leichtigkeit Keine «Verse»!... [1] 1923

Waldkonzerte! Waldwindchöre... (Musik: Max Schuurman) [5] 1921

MORGENSTERN, Christian (Fortsetzung)

Wind, du mein Freund .... Aus: Ein Kranz [1] 1922

Wind und Geige Drinnen im Saal...

(Musik: L.v. d. Pals)

Humoresken *

Anfrage (PK) Der Ichthyologe Berthold Schrauben... [2]

Anto4ogie (G) Im Anfang lebte, wie bekannt,... [4] 1921

Antwort (i. A.) (PK) ,Sehr geehrter Herr! Gestatten... [2]

Auf einer Bühne (Z) Auf einer Bühne steht ein Baum... [2]

Aus der Vorstadt (Z) ,Ich bin eine neue Straße... [1] 1921

Blldhauerisches (P) Palmström haut aus seinen Federbetten...

[5] 1921

Das aesthetische Wiesel (G) Ein Wiesel saß auf einem Kiesel... [2] 1922

Das böhmische Dorf (P) Palmström reist mit einem Herrn v. .......

[3] 1921

Das Buch (PK) Ein Buch lag aufgeschlagen,... [5] 1923

Das Butterbrotpapier (PK) Ein Butterbrotpapier im Wald, -... [1]

1921

Das Geierlamm (PK) Der Lämmergeier ist bekannt,... [2] 1921

Das Grab des Hundes (PK) Gestern war ich in dem Tal,... [1] 1921

Das Grammophon (Z) Der Teufel kam hinauf zu Gott... [2] 1922

Das große Lalula (G) Kroklokwafzi? Semememi!... [1]

Das Hemmed (G) Kennst du das einsame Hemmed?... [2]

(Musik: M. Schuurman) 1922

Das Huhn (G) In der Bahnhofhalle, nicht für es gebaut,...

[2] 1923

Das Nilpferd (PK) Ein Nilpferd las sich jüngst, 0 weh,... [1]

Das Perlhuhn (PK) Das Perlhuhn zäht: eins, zwei, drei... [4]

1921

Das Polizeipferd (P) Palmström führt ein Polizeipferd vor... [2]

1923

Das Wasser (G) Ohne Wort, ohne Wort... [1] 1922

Das Weiblein mit der Kunkel (G) Um stille Stübel schleicht des Monds... [2]

1922

Der Aromat (P) Angeregt durch Korfs Geruchs-Sonaten...

[3] 1922

Der Aesthet (Gg) Wenn ich sitze, will ich nicht... [1] 1920

Der Bahnvorstand (Z) Der Bahnvorstand des kleinen Orts...

[4] 1924

Der eingebundene Korf (P) Korf läßt sich in einen Folianten... [1]

Der E. P. V. (Z) Der Exerzierplatzvogel singt,... [1] 1921

Der Gaul (G) Es läutet beim Professor Stein... [15] 1921

Der gestrichene Bock (PK) Ein Wildbret mußt' allabendlich... [8]

1922

Der Hahn (4 Legenden) Zu Basel warf einst einen Hahn... [6] 1921

* G = Galgenlieder, Gg = Gingganz, P = Palmström, PK = Palma Kunkel. Z = Zeitgedichte (Berlin 1932, Verlag Bruno Gassirer: Alle Galgenlieder)

#SE277a-187

MORGENSTERN, Christian (Fortsetzung)

Der heilige Pardauz (Gg) Inr Irselwald «Zum stillen Kauz..,... [2]

1922

Der Leu (PK) Auf einem Wandkalenderblatt... [2] 1921

Der Mond (G) Als Gott den lieben Mond erschuf,... [1]

Der Papagei (Gg) Es war einmal ein Papagei,... [2] 1922

Der Papagei (PK) Palma Kunkeis Papagei... [1] 1921

Der Purzelbaum (G) Eir Purzelbaum trat vor mich hin... [2]

1922

Der Rabe Ralf (G) Der Rabe Ralf... [3] 1922

Der Rock (F) Der Rock, an Tage angehabt,... [2] 1921

Der Salm (PK) Eir Rheinsalm schwamm den Rhein... [2]

1922

Der Sperling und das in seinem Zaan das Känguruh - ... [2] 1923

Känguruh (PK)

Der Tanz (G) Eir Vierviereeischwein und eine Auftakt­

eule... [4]

Der Wasseresel (Z) Der Wasseresel taucht empor... [1] 1921

Der Würfel (G) Eir Würfel sprach zu sich: Ich bin... [2]

1921

Der Zwölf-Elf (G) DerZwölf-lllfhebt die linke Hand:... [16]

1922

Deus Artifex (PK) Wer keimte nicht die wackre Mähre... [2]

Die Behörde (P) Korf erhält vom Polizeibüro... [4] 1921

Die Elster (PK) Eir Bach, nit Namen Elster, rinnt... [1]

(Musik: Jan Stuten) 1921

Die Fledermaus (PK) Die Iledermaus hört «sich» von Strauß...

(Musik: Jan Stuten) [4] 1922

Die Geruchs-Orgel (P) Palmström baut sich eine Geruchs-Orgel [2]

1921

Die Hystrix (G) Das hinterindische Stachelschwein... [1]

1921

Die Korfsche Uhr (P) Korf erfindet eine Uhr... [3] 1921

(Musik: Jan Stuten)

Die Lämmerwolke (Z) Es blökt eine Lämmerwolke ... [2]

Die Luft (G) Die Luft war einst dem Sterben nah... [1]

1921

Die Maus efalle 1(P) Palmsrröm hat nicht Speck im Haus... [3]

Die Mausefalle II (P) Murgens konmt v. Korf und lädt... [4]

1921

Die Mitternachts maus (G) Weur's mittemächtigt und nicht Mond...

[13] 1922

Die Nähe (PK) Die Nähe ging verträumt umher... [2]

1921

Die Oste (Gg) Erenann zur Weste... [2] 1921

Die Priesterin (P) Nachdenklich nickt im Dämmer die Pa-

gode... [2] 1921

Die Schuhe (PK) Mau sieht sehr häufig unrecht tun,... [4]

1921

MORGENSTERN Christian (Fortsetzung)

Die Stationen (Z) Überall, auf allen Stationen... [1] 1921

Die Tafeln (Z) Man soll nichts gegen jene Tafeln sagen...

[4]

Die Tagnachtlampe (P) Korf erfindet eine Tagnachtlampe... [2]

Die unmögliche Tatsache (P) Palmström, etwas schon an Jahren... [1]

Die weggeworfene Flinte (P) Palmström findet eines Abends,... [1] 1923

Die Weste (G) Es lebt in Süditalien eine Weste... [1] 1921

Die Westküsten (G) Die Westküsten traten eines Tages zu­

sammen... [3] 1923

Die Windhosen (P) Beim Windhosenschneider Amorf... [4]

1922

Die wirklich praktischen Leute (P) Es kommen zu Palmström heute... [4] 1921

Die Wissenschaft (P) So beschließen beide denn... [2] 1921

Die Zeit (Z) Es gibt ein sehr probates Mittel,... [3] 1922

Die zwei Parallelen (PK) Es gingen zwei Parallelen... [3]

Ein modernes Märchen (Z)

1 Früchte der Bildung Schränke öffnen sich... [6] 1921

II Not lehrt beten Eine Spitzenbluse nämlich... [8] 1921

Entwurf zu einem Trauerspiel (PK) Ein Fluß, namens Elster,... [2] 1921

Etiketten-Frage (Gg) Ein halber Eßl. und ein Teel... [4] 1921

Exlibris (PK) Ein Anonymus aus Tibris... [2] 1922

Feuerprobe (P) In das Museum der Gegenbeispiele... [2]

1921

Gleichnis (P) Palmström schwankt als wie ein Zweig...

[2]

Igel und Agel (P) Ein Igel saß auf elnem Stein... [2] 1922

(Musik: Jan Stuten)

Im Reich der Interpunktionen (Gg) Im Reich der Interpunktionen... [18] 1922

Korf erfindet eine Art Korf erfindet eine Art von Witzen... [1]

von Witzen - (P) 1923

Korf in Berlin (P) Korf man kennt ihn wohl genügend... [4]

1923

Korfs Geruchsinn (P) Korfs Geruchsinn ist enorm... [2]

Korfs Verzauberung (P) Korf erfährt von einer fernen Base,... [5]

1921

Kronprätendenten (G) - «Ich bin der Graf von Réaumur... [3]

1923

L'art pour l'art (P) Das Schwirren eines aufgeschreckten Sper­

lings... [3] 1921

«Lore» (PK) Wie heißt der Papagei.... [3] 1921

Lorus (PK) Fritz Kunkels Pudel ward, noch ungetauft,

[2] 1921

Mopsenleben (PK) Es sitzen Möpse gern auf Maucrecken... [3]

1922

Muhme Kunkel (PK) Palma Kunkel ist mit Palm verwandt,... [1]

1921

Nach Norden (P) Palmström ist nervös geworden,... [1]

1921

#SE277a-188

MORGENSTERN, Christian (Fortsetzung)

Notturno in Weiß (P) Die steinerne ....... [6] 1922

Palmström (P) Palmström steht an einem Teiche... [3]

1921

Palmströms Uhr (P) Palmströms Uhr ist andrer Art... [3] 1921

(Musik : Jan Stuten)

Physiognomisches (PK) Lalacrimas, es war ein Wesen,... [1] 1921

Scholastikerproblem (Z) Wieviel Engel sitzen können... [5] 1922

Sprachstudien (P) Korf und Palmström nehmen Lektionen...

[2]

St. Expeditus (Z) Einem Kloster, voll von Nonnen,... [6]

1921

Tapetenblume (G) «Tapetenblume bin ich fein,... [1] 1922

Theater 1 und II (P) Palmström denkt sich dieses aus... [2] 1921

Toilettenkünste (Z) Das Wort, an sich nicht eben viel,... [2]

1921

Unter Schwarzkünstlern (G) Eines Mittags las man : ... [13] 1921

Unter Zeiten (G) Das Perfekt und das Imperfekt... [5] 1921

Venus-Palmström-Anadyomene (P) Palmström wünscht sich manchmal

aufzulösen... [2] 1922

Westöstlich (P) Als er dies v. Korf erzählt,... [2] 1921

Wort-Kunst (PK) Palma Kunkel spricht auch. 0 gewiß... [1]

1921

MÖRIKE, Eduard

Der Gärtner Auf ihrem Leibrößlein... [1] 1924

Der Zauberleuchtturm Des Zauberers sein Magdiein saß... [3]

Die Geister am Mummelsee Vom Berge was kommt dort um Mitter­

nacht spät... [5] 1923

Die traurige Krönung Es war ein König Milesint... [7] 1924

(Musik : Jan Stuten)

Elfenlied (Musik : Jan Stuten) Bei Nacht im Dorf der Wächter rief: ... [7]

1924

Er ist's Frühling läßt sein blaues Band... [1] 1924

Nixe Binsefuß Des Wassermanns sein Töchterlein... [1]

(Musik: Jan Stuten) 1923

Schön-Robtraut Wie heißt König Ringangs Töchterlein?...

[3] 1923

Um Mitternacht Gelassen stieg die Nacht ans Land... [4]

1923

Vom Sieben-Nixen-Chor Manche Nacht im Mondenscheine... [9]

(Musik : Jan Stuten) 1924

Zwei Liebchen Ein Schifflein auf der Donau schwamm...

[3] 1923

NIETzSCHE, Friedrich

(D. D. = Dionysos-Dithyramben)

An den Mistral (Ein Tanzlied) Mistral-Wind, du Wolkenjäger ... [1] 1921

Aus hohen Bergen 0 Lebens Mittag! Feierliche Zeit!... [1]

NIETzSCHE, Friedrich (Fortsetzung>

Campo santo di staglieno 0 Mädchen, das dem ....... [1] 1923

Da stehn sie da,... D.D.14 [2] 1921

Das eherne Schweigen... D. D. 1 23 Fünf Ohren - und kein Ton darin!... [3]

Das Feuerzeichen D. D. Hier, wo zwischen Meeren die Insel wuchs

[1] 1921

Das sind Krebse,... D.D. 117

Das trunkne Lied... 0 Mensch! Gib acht!... [1] 1925

Der Herbst Dies ist der Herbst : ... (Skizze) [Bel. und

Kost.]

Dichters Berufung Als ich jüngst mich zu erquicken... [1]

1923

Die Sonne sinkt II. D.D. Tag meines Lebens!... [1]

Ein glitzernder, tanzender Bach,... D. D. II 8 [1] 1921

Für Tänzer Glattes Eis... [1] 1921

Lieder und Sinnsprüche Takt als Anfang, Reim als Endung... [1]

Mein Glück (aus : Scherz, List und Seit ich des Suchens müde ward... [1] Rache)

Meine Weisheit tat der Sonne gleich... D. D. 4Z [3] 1921 Mitleid hin und her

1. Vereinsamt Die Krähen schrei'n... (Aufstellung und

Angaben) [1+5] 1919

2. Antwort Daß Gott erbarm!... [1]

Motto (über meiner Haustür) Ich wohne in meinem eigenen Haus,... [1]

Ruhm und Ewigkeit IV. D. D. Höchstes Gestirn des Seins.... [1] 1921

Schlußreim Eine ernste Kunst ist Lachen... [4]

Unter Feinden Dort der Galgen, hier die Stricke... [10]

1921

Wahrheiten, die noch kein Lächeln... D. D. 16 [2] Wirf dein Schweres in die Tiefe!... D.D. 67 [1]

NOvALIS, Friedrich von Hardenberg

Zueignung (Musik : Jan Stuten) In ewigen Verwandlungen begrüßt... [4]

1922

OLAF ASTESON, siehe Traumlied

POLzER-HODITz, Berta von

Schwellengang Der Weg ist schmal... [8] 1919

REINHART, Hans

Das Ende aller Dinge [Gruppenform] 1919

Das Ewige Das Ewige, es gleicht dem Hirtenkinde [9]

1919

Die Jahreszeiten In Wald und Hain... [8] 1919

#SE277a-189

SYEFFEN, Albert

Aus «Wegzehrung» (I., II. und III. Auflage) :

Als am dritten Tage... [2] 1923

Als wir auf der goldnen Insel schliefen... [3] 1923

An eine Rose Ich schaue mich in dir... [2] 1922

Aus dem Häuschen in den Garten... [14] 1922

Christus in mir - ... [1] 1924

Das heilige Nachtmahl Welt, worin die Tage... [6] 1924

Daß den Traum... [2] 1923

Deine Tänze... [1] 1923

Den Sterbekeim in dir... [1]

Der Mond geht auf... [1] 1923

Der Pilger spricht... [4] 1925

Der Tag ist da... [1] 1924

Des Engels Flügelschlag erfüllt das All... [1] 1923

Die Geisterscharen, die den Leib gebaut... [1] 1923

Die Jüngerin Heilige Zeiten stehn... [5] 1923

Die Mutter träumt Sie rollte fort... [4] 1924

Die Seele, fremd... [3] 1923

Drei Seufzer pres sen meine Brust... [6] 1925

Du blickst so irr... [1]

Du denkst, dein Leiden hätte keinen Wert... [6] 1923

Du hast mein Herz berührt mit deinem Kuß... [2] 1924

Du hebst die Hände, fluchest deinem Stern... [4] 1923

Du starbst in mich... [1] 1924

Du starrst den Himmel lange an... [1] 1923

Ein riesenhaftes Antlitz nahm ich wahr... [3] 1923

Es ist in meinem Herzen... [1] 1923

Es saugt die leere Finsternis... [4] 1923

Es schlingen deine Tat ins Labyrinth... [3] 1923

Es träumt die Braut Es hat geknackt... [3] 1924

Felizitas Oft wenn ich in der Nacht... [1] 1924

Feuerrotes Fohlen... [1] 1923

Feuervögel, frostige Skelette... [5] 1925

Für meine Mutter Ich geh durch rote Acker... [1] 1924

Herbst Welch ein Ruch dringt aus... [7]

Ich flieh die Menschen, um den Schmerz zu fliehn... [1]

Ichheit schwebt über mir... [1] 1924

Ich irre ab nach rechts und bin nicht gut... [1] 1923

Ich lief hinweg... [311923

Ich muß ja gehn... [211923

Ich sah ein bleiches Licht... [311923

Ich sah ein goldnes Haus... [2] 1923

Ich und du, wir waren tot... [2] 1923

Ich weilte unter abgeschiednen Seelen... [3] 1923

In dem Haupt ersterbende Gedanken... [4] (zwei verschiedene Formen) 1924

In die schwarze, schlummerlose Nacht... [2] 1924

Ja! Er ist auferstanden... [7]

STEFFEN, Albert (Fortsetzung)

Jenseits von Freude und von Leid... [3] 1923

Kamst du her in neuen Schuh'n... [1] 1925

Kräfte, daß ich heilig werde... [1] 1924

Lange war es um mich schwarz... [3] 1925

Laßt uns die Bäume lieben... [1] 1922

Licht seh ich... [1] 1924

Liegt der bloße Erdenleib... [1] 1924

Mitten in der Nacht... [2] 1924

Schwerer Alp, ich duckte mich und sprang... [1] 1923

Schwing dich auf die Sattelflügel... [4] 1922

Seh ich über diese Dächer... [1] 1923

Treue - Leben - Ewig Treue, sprach mein Geist,... [3] 1923

Vom Sterben noch versteift... [2] 1925

Weihnacht Fahrt bei Nacht im Winterwald... [4] 1923

Wenn ich denke:... [1] 1924

Wenn wir sagen : Ewiglich... [2] 1923

Wie die Blumen im Garten stehn... [5] 1922

Wohl ist die Erde... Für Rudolf Steiner [4]

Aus «Pilgerfahrt zum Lebensbaum» :

Der Mond erhellt... [5]

Zum Adam- und Evatag... Erdenmutter, die mir gab,... [5] 1924

STEINER, Rudolf

Aus den «Vier Mysteriendramen » : Märchen und Szenen

Die Pforte der Einweihung

6. Bild Das Märchen vom Lieben und Hassen

Es war einmal ein Wesen,... [2] 1923 Die Prüfung der Seek

S. Bild Das Märchen vom Quellenwunder

Es war einmal ein Knabe,... [11] 1921

(Musik : L.v. d. Pals, W. Abendroth, R. Kux) 9. Bild: Woher kommt das Böse?

Es war einmal ein Mann... [4] 1923 Der Hüter der Schwelle

2. Bild Stimme des Gewissens

Es schwanken deine Gedanken... [1] 1921

6. Bild Stimme (zusammenklingend v. Philia, Astrid, Luna gesprochen) Es schweben Gedanken... [1] 1921

6. Bild Luziferische und Ahrimanische Wesenheiten

In deinem Willen wirken Weltenwesen... [10] 1921

6. Bild Das Märchen von der Phantasie

Es war einmal ein helles Götterkind... [4] 1921 8. Bild Ahriman und zwölf Bürger

Sie sind als Seelen ... bis ... Doch starke Kraft versiegt im Erden-werden [12 und Ahriman] 1921

#SE277a-190

STEINER, Rudolf (Fortsetzung) Der Seelen Erwachen

2. Bild Gnomen und Sylphen

Wir härten, wir kraften... [12] 1921

2. Bild Philia, Astrid, Luna, die andere Philia Sie strahlen die Helle... [4] 1921

2. Bild Geist von Johannes Jugend, Luzifer, die andere Philia Es nähret deiner Wünsche Sein mein Leben ... bis .. .Dem deine Schuld verzaubert Leben schafft [3] 1921

4. Bild Der Doppelgänger, Ahriman, der Hüter, Geist von Johannes Jugend Johannes, dein Erwachen bleibt ein Wahn,... bis

.. .Erkrafte dich [4] 1921

Anthroposophischer Seelenkalender

52 Wochensprüche [2-7] (35.-39. Woche ohne Vor- und Nach-

takt) 1918

Aus «Wahrspruchworte»

Die geistige Grundsteinlegung Menschenseele! Du lebest in den Gliedern

des Goetheanum [6] 1924

Ecce Homo In dem Herzen webet Fühlen... [6] 1919

Es keimen der Seele Wünsche... (Text, Beleuchtung, Kostüm) 1924

Finsternis, Licht, Liebe Dem Stoff sich verschreiben... [5] 1924

Frühling (Musik : L.v. d. Pals) Der Sonnenstrahl,... [2] 1921

Michael-Imagination Sonnenmächten entsprossene... [6] 1925

Tischgebet Es keimen die Pflanzen... [3] 1925

Ur-Weihnacht In der Zeitenwende... [6] 1924

Weihnacht Im Seelenaug' sich spiegelt... [2] 1924

Weihnacht In des Menschen Seelengründen... [1]

1924

Weihnacht (Musik : Jan Stuten) Isis-Sophia,... [3] 1921

Weltenseelengeister Im Lichte wir schalten... [3] 1921

Wintersonnenwende Die Sonne schaue... [1] 1921

Humoresken 1924

A Dunnarwedar kummt... [1]

Der Erfrorene Ein Nordpolfahrer. .. [1] 1922

Eine Humoreske Es war einmal durch Weltenwillen... [1]

Ich bin ein Kameel... [1]

Selbstbetrachtung einer alten Tante Ich kann nicht mehr jabsen... [1]

Tiefsinn im Schiefsinn Es wispern die Wissenden... [2]

(Musik : Jan Stuten)

Auftakte

Elfenauftakt (Tückische Elfen) (siehe GOETHE, Erlkönig) [7]

Flammenauftakt (Musik: L.v.d.Pals, R.Kux) [5]

Harmonischer Auftakt (Musik : Max Schuurman) [8] 1921

Humoristischer Auftakt, Kopie (Musik: Jan Stuten) [8] 1921

STEINER, Rudolf (Fortsetzung)

Romantischer Auftakt (Musik : Max Schuurman) [9] 1921 Form für Humoristisches

Übungsreigen : I U A 30. April 1924

TIIYLMANN, Karl

Advent Reichlich senkt sich der Schnee... [2] 1921

TRAUMLIED vom Olaf Asteson, Das

Aus dem Norwegischen übersetzt von Ingeborg Möller-Lindholm, in Rhythmen übertragen von Rudolf STEINER (Musik : Jan Stuten) [7] 1921

UHLAND, Ludwig

Das Schloß am Meer Hast du das Schloß... [1] 1924

#TI

CHINESISCHE GEDICHTE

#TX

Aus : Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten

verdeutscht von Richard Wilhelm

DSCHUNG Tsü

Sehnsucht Im Nebel hebt sich fein und dämmernd eine Brücke... [1] 1923

Li TAI PE

Waldgespräch Ihr fraget mich, warum im grünen Wald

(Musik: Jan Stuten) ich niste - ... [1] 1923


ENGLISCHE TEXTE

ALTSCHOTTISCHE BALLADE

Edward, Edward Why does your brand.. .

Form für den englischen Text [4] 1923 BLAKE, William

Laughing Song When the green... [2] 1922 (Musik : L.v. d. Pals und Jan Stuten)

#SE277a-191

BURNS, Robert

Aus : Songs and Ballads My heart's in the highiands... [1] 1923

(Musik: Max Schuurman)

A Red, Red Rose 0 my Luve's llkea red, red rose... [2] 1924

(Musik: Max Schuurman)

BARREY-BROWNING, Elisabeth

My Child siehe H. HEINE My cbild, we ....... [als Solo oder als Duo]

LONGFELLOW, Henry Wadsworth

Tbe Arrow and the Song 1 shot an arrow. . . [1] 1921

The Gastle by tbe Sea Hast thou seen... [1] 1924

siehe J. UHLAND MACLEOD, Fiona

A Song of Dreams One came to me. . . [1] 1924

Eilidh' my Fawn Far away upon the ...... [2] 1924

(Musik: Max Schuutman)

Mo-Lennav-a Chree Eilidh, dear to ..... [1] 1924

(Musik: Jan Stuten)

The Bandruidh My robe is of green. . . [1] 1922

(Musik : Jan Stuten)

The Belis of Youth The bells of youth. . . [1] 1924

The Moon Child A liffle lonely child. . . [1] 1923

Tbe Rune of the four Winds By the voice. . . [4] 1923

(Musik : Jan Stuten)

The Secret Gate From out the dark... [1] 1922

The Vision In a fair place. . . [1] 1924

The Weaver of Snow In polar noons... [1] 1924

Time (Musik : Jan Stuten) I saw a happy spirit... [3] 1922

DE LA MARE, Walter

Mrs. Gill and the Fairy Don't you look... [2] 1924

(Musik : Jan Stuten)

MARLOwE, Christopher

The Passionate Shephard - to his Come, live with me. . . [2] 1923 Love

MOORE, Thomas

Oft, in the stilly night. . . [1]

Those evening bells. . . [1] 1921

NASHE, Thomas

Spring (The golden Treasury) Spring, the sweet spring. . . [1] 1923 (Musik : Jan Stuten)

ROSSETTI, Dante Gabriel

Cassandra Rend, rend thine hair. . . [1]

Sister Helen Why did you ....... [2]

SCOTT, Walter

Thomas the Rhymer True Thomas . . . [2] 1924

(Altschottische Ballade, deutsch Theodor FONTANE)

SHAKESPEARE, William Aus den Dramen :

As you like it

II, 5 Amien's Song Under the greenwood tree... [1] 1922 (Musik : L.v. d. Pals)

II, 7 Amien's Song Blow, blow thou . . . [1] 1922

V, 3 Amien's Song It was a lover and his lass. . . [2] 1922 (Musik : L.v. d. Pah, Max Schuurman)

Cymbeline

II, 2 Aubade Hark, bark... [1] 1922

[V, 2 Song Fear no more. . . [1] 1922

King Henry VIII

III, 1 Song Orpheus with. . . [1] 1922

I,oye's Labour lost

IV, 3 Love's Perjuries On a day. . . [4] 1924

V, 2 Spring When daisies pied. . . [2] 1923 (Musik: Jan Stuten)

V, 2 Winter When icicles hang . . . [als Solo]

dasselbe [als Gruppe, 3] 1922

Midsummer-Night's-Dream

(Musik: Jan Stuten, bestehen noch Musiken von anderen Komponisten, so sind sie erwähnt)

II, 1 Fairy

Over hill, over ....... (Über Tal, über Höhn...) [1] 1922 (Musik : L.v. d. Pals)

II, 1 Fairy, Puck

Either I mistake... (Wenn du nicht ganz...) [2] 1923 II, i Oberon, Titiana, Fairy, Puck

I'll meet by moonlight,... - ..Oberon : for this injury [4]

(Schlimm treffen . . . - . ..Oberon : gebüßt)

II, i Oberon, Puck

My gentle ....... - . . .up her page to me [2]

(Mein guter ....... - . . .Edelknaben lassen) II, i Oberon, Puck

Hast thou the flower... - Puck : your servant shall do so [2]

(Hast du die Blume . . . - . . .Puck : Knechtes Treu)

#SE277a-192

SHAKESPEARE, William (Fortsetzung)

II, 2 Titania with her train

Come, now a roundel... - . . .and let mc rest [7] (Kommt - ruhn)

Faries' Song (Lullaby) : You spottcd snakcs - lullaby [6] 1922 (Lullaby : Bunte Schlangen - lullaby)

(Musik : Max Schuurman) II, 2 Oberon

What thou seest. . . - . . .thing is near [2]

(Was Du wirst . . . - . . .ärgste Fratzt) III, i Titania, Bot., Faries

What Angel wakes me... - . . bring him silently [5 und Esel]

(Weckt mich . . . - . . . Laube finden)

(«Zettel» keine Form von R. Steiner) III, 2 Oberon, Puck

I wonder if Titania... - . . .that is finish'd too [2]

(Mich wundert's . . . - . . .habe schlafend ihn beschlichen)

III, 2 Oberon, Puck

My fairy lord,... - . . .up and down [2] (Mein Elfenfürst... - . . .hin und her)

IV, i Titania, Bot., Faries

Come, sit thee ....... - . . .how I dote on thee! [4 und Esel]

(Komm, laß uns . . . - . . .vergöttre!)

(«Zettel» keine Form von R. Steiner) IV, i Oberon, Titania, Puck

See'st thou this sweet sight? - Tit. : on the ground [3]

(Jetzt fängt mich ... - Tit. : mich traf) V, I Thisbc

Aslecp my love?... [2]

(Schläfst du, . . . - . . bedecken fein?) V, i Puck and mousc

Now the hungry lion roars... - ..behind the door [2]

(Jetzt beheult der Wolf den Mond . . . - . . blank und weiß) V, i Oberon, Titania, Puck and 8 Fairies

Through thc housc... - Puck : and Robin shall restore amends

(Bei des Feuers . . . - zum Schluß von Puck) [3 and 8 fairies]

Much ado about nothing

II, 3 Baithazar's Song Sigh no more. . . [1] 1922

(Musik: Max Schuurman)

V, 3 Song Pardon, goddes . . . [1] 1922

The Merchant of Venice

III, 3 Portia sings Tell mc where. . . [2] 1923 (Musik: Jan Stuten)

IV, i Portia (Mcrcy) The quality of mercy. . . [1] 1922

SHAKESPEARE, William (Fortsetzung)

The Tempest

1, 2 Ariel's Song Come unto these... [als Solo] 1922 (Musik : Max Schuurman) dasselbe [als Duo]

1, 2 Ariel's Song Full fathom five... [1] 1922 (Musik : Jan Stuten)

V, i Ariel sings Where the bee sucks . . . [als Solo] (Musik : L.v. d. PaIs) dasselbe [als Gruppe, 3] i 921

The two Gentlemen of Verona

IV, 2 Song Who is Silvia... . [3] 1923

Twelfth Night

II, 3 Clown, Song 0 mistress mine... [2] 1922

V, i Clown, Song When that I was . . . [2] (Musik : Jan Stuten) [wurde immer zu dreien aufgeführt]

Winter's Tale

IV, 2 Autolykus' Song When daffodils begin to peer. . . [4] 1922

(Musik : Jan Stuten)

Aus den Sonetten

Sonnet No. 30, Remembrance

When to thc sessions of sweet silent thought... [1] 1923 Sonnet No. 94, The Life without Passion

They, that have power to hurt. . . [1] 1921 Sonnet No. 116, Truc Love

Let mc not to the marriage of true minds... [1] 1921 Sonnet No. 146, Poor soul, the center of my sinfirl earth . . . [4] 1922

WATSON, William

Song April, April. . . [1] 1921

Dichter unbekannt

He was a rat and she was a rat... - what became of them [3] 1924


FRANZÖSISCHE TEXTE

BELLEAU, Rcmy

Avril Avril, l'honncur et des bois et des mois;...

[5] 1923

BOURGET, Paul

Sur la Falaise Les papillons bleus . . . [1] 1922

GrRAUD, Albert

Pierrot lunaire siehe Otto Erich HARTLEBEN

#SE277a-193

HEREDIA, J. M.

Androméde au Monstre La Vierge Céphéenne, hé las! encor vi­

vante,. . . [1)1922

Ariane Au choc clair et vibrant des cymbales

d'airain, . . . [2]

Artémis L'acre senteur des bois montant de toutes

parts... [1] 1921

Epiphanie Donc, Baltbazat, Melchior et Gaspar, les

Rois Mages,. . . [6] 1922

J ason et Médée En un calme enchanté, sous l'ample fron­

daison. . . [2]

La Jeune Morte Qui que tu sois , Vivant passe vite .......

[1)1921

La Vision de Khém I Midi. L'air brûle et sous la terrible lu­

miére. . . [4] 1921

La Vision de Khém lI La lune sur le Nil, splendide et ronde luit . . .

[4] 1921

La Vision de Khém III Et la foule grandit plus incombrable en­

cor. . . [4] 1921

Le Bain des Nymphés C'est un vallon sauvage abrité de l'Euxin; . .

(Musik: Jan Stuten) [6]

Lé Chévrier 0 berger, ne suis pas dans cet âpre ravin...

[2)1923

Le Ravissement d'Androméde D'un vol silencieux' le grand Cheval ailé...

[2]

Lé Récif de Gorail Le soleil sous la mer, mystérieusé aurore,...

[1] 1923

Le Samourai D'un doigt distrait fr6lant la sonore biva'...

[2)1923

Les Bergérs Viens. Le sentier s'enfoncé aux gorges de

Cylléné... [2] 1923

Les Conquérants Comme un vol de gerfauts hors du char­

nier natal,. . . [4]

Maris Stella Sous les coiffes de lin, toutes, croisant

leurs ....... [5]

Nymphée Le quadrige céleste â l'horizon descend' . . .

(Musik : Jan Stuten) [7]

Persée et Androméde Au milieu de l'écume arrétant son essor. . .

[2)1922

HUGO, Victor

Extase J'étais seul prés des flots, par une nuit

d'étoiles... [1)1921

L'Art et le Peuple L'art c'ést la gloire et la joie. . . [1)1921

Aus : Les Chants du Crépuscule L'aurore s'allume,... [1) 1923

Lux aus : Les Châtiments Temps futurs! vision sublime! . . . [1)1922

LAFONTAINE, Jean de

La Cigale et la Fourmi Lacigalé, ayantchanté tout l'été,. . . [2)1923

LAFONTAINE, Jean de (Fortsetzung)

La Grenouille Une grenouille vit un ..... . [2] 1924

(ohrle die letzten vier Zeilen)

Le Corbeau et le Renard Maltre corbeau sur en arbre perché,... [2]

1923

Le Loup et l'Agneau Un agneau se désalterait. . . [2] 1924

(ohne die ersten 2 Zeilen)

Le Rat de Ville et le Rat des Autrefois le rat de ville . . . [2] 1924

Champs

LECONTE DE LISLE

Christine Une étoilé d'or lá-bas illumine... [3] 1924

Kléarista Kléarista s'en vient par les blés onduleux. . .

(Musik : Jan Stuten) [1] 1924

Les Elfes (Musik : Jan Stuten) Couronnés de thym et de marjolaine . . . [6]

1923

Symphonie 0 Chevriér! ce bois est cher aux Piérides' . . .

[5]

MUSSET, Alfred de

Ballade á la Lune C'était dans la nuit brune,... [2)1923

Venise (Musik : Jan Stuten) Dans Venise la rougé... [4)1923

D'ORLÉ ANS, Charles

Rondel Le témps a laissé son manteau. . . [1] 1921

RAMEAU' Jean

Les Papillons Bleus, blancs, gris, noirs, prompts, gais,

(Musik : Jan Stuten) fous, lestes,... [als Solo]

dasselbe [als Gruppe, 3)1921

RONSARD, Pierre de

A Cassandré Mignonne, allons voir si la rose... [1] 1922

(Musik : Max Schuurman)

SAMAIN, Albert

Le Repos en Egypte La nuit est bleue et chaude, et le calme infinit... [5)1922

Dichter unbekannt

Oiseau Gris 11 était un oiseau gris. . . [1] 1923


LATEINISCHER TEXT

PATER NOSTER Pater noster qui es in caelis. . . Kopie 1915

[wird meistens zu siebt dargestellt]

#SE277a-194

RUSSISCHE TEXTE

BJELY, Andrej

Die Berge im Hochzeitsglanz Auf den Bergen . . . [2] 1924

LERMONTOW, M.

Segelschiff Es schimmert weiß . . . [1]

PUSCHKIN, Alexander

Die bösen Geister [8]

SOLOVIEFF, Wiadimir (ins Deutsche übertragen von

Marje STEINER-von Sivers)

Das Nildelta Goldenglänzendes, smaragdenes,... [1]

1921

Den Abgeschiedenen Kaum war entronnen ich dem dumpfen

Lärm des Tages,.. . [1]

Der Erde Frühlingssehnen Endlich hat sie abgeschüttelt . . . [4] 1924

(Musik : Max Schnurman)

Ganz in hellblauem Lichte. . . [1)1923

Herrscherin der Erde Zu dir, 0 Erde, Göttin, senkte ich mein

Antlitz, . . . [1)1923

Immanu-el Im Zeitendunkel schwand schon jene

Stunde,. . . [1)1922

Sind unsre Wünsche so flüchtig wie Schatten, . . . [1] Überwunden die Hetze des Tages, . . . [1] 1922

Weihnacht 24.12.1894 Und deckt auch Schmach des Erde­wesens Antlitz. . . [1)1921

Weiße Glöckchen Weiß erblühten sie jüngst noch im Walde,

[3] 1921

Wieder weiße Glocken Lastende, sengende, . . . [3] 1921

Zum neuen Jahr Neuem Jahr begegnen. . . [1)1922

FORMEN FÜR DIE TONEURYTHMIE alphabetisch geordnet nach den Komponisten

#G277a-1982-SE195 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

FORMEN FÜR DIE TONEURYTHMIE

alphabetisch geordnet nach den Komponisten

#TX

Ziffern in [] = Anzahl der Darsteller. Datum = Entstehungstag der Form Wenn nicht anders angegeben: Kompositionen für Klavier


ARMAND, Atirta Zsadányi Ungarische Serenade [1] 11.Juli 1924

BACH, Friedemann

Kein Hälmlein wächst auf Erden [2] Mai 1922

BACH, Johann Sebastian

Adagio (Adagiosissimo) aus Capriccio B-Dur aus «Die Abreise», bearbeitet von Max Reger [1] 10. Juli 1924

Choralvorspiel: Ich ruf' zu dir, Herr Jesu Christ (Andante> [1] 19. Oktober 1923 «Bist Du bei mir...» aus dem Notenbüchlein der Anna Magdalena Bach [3]

Mai 1922 Arie, d-moll (Menuett) aus dem Notenbüchlein der Anna Magdalena Bach [1]

Oxford, August 1922

Musette, D-Dur aus dem Notenbüchlein der Anna Magdalena Bach [1] 1923, auch in «Der erste Bach » Nr.8

und in 7 leichte Stücke, Heft 2, Nr.4

Praeludium, e-moll Wohltemperiertes Klavier I, Nr.2 [1] 1924

Praeludium, es-moll Wohltemperiertes Klavier 1, Nr.8 [1] 26. Juni 1923

Praeludium, f-moll Wohltemperiertes Klavier I, Nr.12 [1] 28. April 1924

Praeludium, b-moll Wohltemperiertes Klavier I, Nr. 22 [1] 1924

Fuge (5-st.), b-moll Wohltemperiertes Klavier I, Nr.22 [5] April 1922 Form nur für die ersten 25 Takte

Praeludium, f-moll Wohltemperiertes Klavier II, Nr.12 [als Solo und als Duo] 27. Juni 1923

Gavotte, G-Dur aus der 5.Französisehen Suite in G-Dur [1]

19. Oktober 1923

Sarabande, a-moll, Nr.5 (Andante sostenuto) [1] 19. Oktober 1923

3. Satz aus der 2. Englischen Suite

Musette (Gavotte Nr.2), G-Dur aus der 3. Englischen Suite in g-moll [1]

August 1922

Flöte und Klavier

Menuett aus der 4. Sonate für Flöte und Klavier in C-Dur [1]

10. Juli 1924

Violine und Klavier

Grave aus der Orchester-Suite in D-Dur (bearbeitet für Vio­line und Klavier) [2] 5. Mai 1924

BACH, Johann Sebastian (Fortsetzung)

Air aus der Orchester-Suite in D-Dur Q,earbeitet für Vio­

line und Klavier) [1] 31. Mal 1924

Gavotte aus der Orchester-Suite in D-Dur (bearbeitet für Vio­

line und Klavier) [2] 19. September 1923

Bourrée I, C-Dur aus der 3.Cello-Suite (Cello-Sonaten) (bearbeitet für

Violine und Klavier) [2] Dezember 1922

(wurde als Cello-Solo aufgeführt)

Violine-Solo

Adagio aus der 1. Sonate für Violine-Solo in g-moll [1] 1925

Cello-Solo

Gigue, e-moll aus der Suite für Cello-Solo in Es-Dur [1] 1924

Sarabande aus der 2. Suite für Cello-Solo in d-moll [1]

26. November 1923

Orchester

Pastorale, Sinfonie, G-Dur aus dem Weihnaehtsoratorium, Teil II. [7]

Dezember 1920

BEETHOVEN, Ludwig van

Seherzo, A-Dur aus der Klavier-Sonate in A-Dur, Op. 2, Nr.2 [1]

20. Januar 1923

Largo eon gran espressione, C-Dur aus der Klavier-Sonate in Es-Dur, Op. 7 [1]

Juni 1924

Minore und Allegro aus der Klavier-Sonate in Es-Dur, Op. 7 [1]

Februar 1923 / September 1922

Adagio cantabile, As-Dur aus der Klavier-Sonate in c-moll, Op. 13 [1]

(Pathétique) 20. Januar 1923

Rondo-Allegro, e-moll aus der Klavier-Sonate in c-moll, Op. 13 [1]

(Fathétique) (1. Teil des Finale) 20. Januar 1923

Adagio eon espressione, As-Dur a. d. Klavier-Sonate in Es-Dur, Op. 27, Nr.1 [1]

Juni 1924

Allegretto, Des-Dur aus der Klavier-Sonate in eis-moll, Op. 27, Nr.2 [1]

(Mondschein-Sonate) 10. Juli 1924

Violine und Klavier

Adagio molto espressivo aus der 6. Violin-Sonate in A-Dur, Op. 30, Nr.1 [1]

1925

Adagio eantabile aus der 7. Violin-Sonate in c-moll, Op. 30, Nr.2 [1] 1923 Scherzo und Trio aus der 7. Violin-Sonate in c-moll, Op. 30, Nr.2 [1]

Februar 1923

Andante con variazioni aus der 9. Violin-Sonate in A-Dur, Op. 47 [1] 1925

Adagio espressivo aus der 10. Violin-Sonate in G-Dur, Op. 96 [2] 1925

Menuett, G-Dur für Violine und Klavier bearbeitet von W. Burmester [2]

Mai 1922

Aus dem Septett

Thema und Variationen 1 und 2 [7] 31. Mal

Menuett [7] } 1923

#SE277a-196

BRAHMS, Johannes

Intermezzo, h-moll Op. 10, Nr.3 (b-moll/Fis-Dur) [2-4] 4. April 1923

Intermezzo, As-Dur Op. 76, Nr.3 [1] 4. April 1923

Intermezzo, B-Dur Op. 76, Nr.4 [1] 13. Februar 1924

Intermezzo, e-moll Op. 116, Nr.5 [1] 4. April 1923

Intermezzo, A-Dur Op. 118, Nr.2 aus «Klavierstücke» [1] 4. April 1923

Intermezzo, es-moll Op.118, Nr.6 [1] 13.Februar 1924

Romanze, F-Dur Op.118, Nr.5 [1] Juli 1924

BRUCKNER, Anton

Erinnerung [1] 4. Mai 1922

CHOPIN, Frédérie

Ballade, As-Dur Op.47, Nr.3 [1] 12.Februar 1924

Etude, E-Dur Op. 10, Nr.3 [1] 19. Oktober 1923

Etude, f-moll Op. 10, Nr.9 Allegro molto agitato [1] September 1922

Etude, f-moll aus «Drei Etuden» Nr.1 [2] Dezember 1922

Etude, As-Dur Op. 25, Nr.1 [2] 11. Februar 1923

Mazurka, g-moll Op. 7, Nr.1 [1] ii. Februar 1923

Noeturne, b-moll Op. 9, Nr.1 (Takt 27-34 gestrichen) [1] 12. Juni 1923

Noeturne, Es-Dur Op. 9, Nr.2 [1] September 1922

Prélude, E-Dur Op. 28, Nr.9 [1] 19. Oktober 1923

Prélude, H-Dur Op. 28, Nr.11 [1] 11.Februar 1924

Prélude, Des-Dur Op. 28, Nr.15 (Regentropfen-Prélude) [1]

8. September 1922

Prélude, Es-Dur Op. 28, Nr.19 Vivace [1] 21. November 1924

CORELLI, Arcangelo

Violine und Klavier:

Sarabande, e-moll aus der VIII. Sonate für Violine und figurierten Baß Op. 5

in e-moll [1] 11.Juli 1924

COUPERIN, François

Rondeau pour piano, F-Dur aus «Sour Monique» (Ed. Schott & Co.) [1]

29. Mal 1922

DVORAK, Anton

Slawisehe Tänze, Nr.2 (bis Takt 85) [1] 19.Februar 1923

DEBUssY, Claude

Claire de lune, Des-Dur aus «Suite Bergamasque» [1] 5.November 1923

FRANCK, César

Choral, h-moll aus «Prélude, Choral et Fugue» pour Piano [1] 21. Oktober 1923

Violine und Klavier:

Allegretto, 1. Satz aus der 1. Violin-Sonate in A-Dur [2] 26. November 1923

GABRIELLI, Andreia

Arie für Geige und Fagort [2] 17. März 1923

GAILLARD, J. E.

Cello und Klavier:

Andante teneramente, 3. Satz aus der Sonate für Cello in f-moll [1] April 1924

Allegro spiritoso, 4. Satz aus der Sonate für Cello in F-Dur (bearbeitet von

Moffat) [1] Juni 1924

GLUCK, Christian Wlllibald

Reigen seliger Geister aus «Orpheus», bearbeitet für Klavier und Flöte [2]

12.Februar 1924

GOMBET

chlnesisch (Komposition nicht feststellbar) [1] 21. November 1924

GRIEG, Edvard

Elfentanz Lyrische Stücke Heft I, Op. 12, Nr.4 [4]

Mai 1922

Schmetterling Lyrische Stücke Heft III, Op. 43, Nr.1 [1]

August 1921

Einsamer Wanderer Lyrische Stücke Heft III, Op. 43, Nr.2 [1]

Oxford, August 1922

Vöglein Lyrische Stücke Heft III, Op. 43, Nr.3 [1]

Februar 1923

Lebenszauber (Eroticon) Lyrische Stücke Heft III, Op. 43, Nr.4 [1J

März 1922

aus «Poetische Tonbilder» Op. 3, Nr.2 [1] September 1921

HÄNDEL, Georg Friedrich

Sarabande aus der Suite Nr.11 in d-moll (vierstimmig) [8] April 1924

Violine und Klavier:

Sarabande, B-Dur für Violine und Klavier [2] 30. November 1922

Arioso, D-Dur für Violine und Klavier [2] Dezember 1922

1.Andante aus der l.Violin-Sonate in A-Dur [2] 11.Juli 1924

Andante aus der 2. Violin-Sonate in g-moll [1] Februar 1924

Largo aus einer Violin-Sonate (vermutlich 3. Sonate in F-Dur) [1]

Larghetto 3. Satz aus der 4. Violin-Sonate in D-Dur [1] 21.Juli 1923

Allegro 4. Satz aus der 4. Violin-Sonate in D-Dur [1] August 1923 2 Violinen und Klavier

Largo, g-moll aus der Sonate Nr.2 für 2 Violinen [2] 10. Juli 1924 Violine und Oboe

Largo, B-Dur aus der Sonate Op. 2, Nr.8 für Violine und Oboe [2] 4. Januar1924 Cello und Klavier

Largo aus der 3. Sonate für Cello in B-Dur [1] 1924

#SE277a-197

HAYDN, Joseph

Finale (Allegro) aus der Sonate in D-Dur [1] 1. Februar 1924

KONJU RAKIR

japanisch (Komposition nicht feststellbar) [1] 21. November 1924

LEwERENZ, Wilhelm

Cello-Solo

Cellostück Andante für Cello [1] 1924

Scherzo [1]

LISZT, Franz

II penseroso aus «Années de Pélerinage» [1] 25. Oktober 1923

Gnomenreigen aus «Konzertetuden» Nr.2 [5] 1923

Waldesrauschen aus «Konzertetuden» Nr.9 [1] 1923

MENDELSSOHN-BARTHOLDT, Felix

Trauermarsch aus «Lieder ohne Worte» Op. 62, Nr.3 [1] dieselbe Form auch für Gruppe [5] 1921

MOCZKOwS ET, Alexander

Romanze Op. 42 [1] 19. Oktober 1923

MOZART, Wolfgang Amadeus

Allegro, c-moll aus der Klaviersonate in c-moll, K. V. 457 [1] 1924

(Anfang und Schluß, ohne Mittelteil)

Andante aus der Klaviersonate in G-Dur, K.V. 283 [1] 28. April 1924

Andante graZioso aus der Klaviersonate in A-Dur, K. V. 331 [4]

September 1922 Allegro, 1. Satz aus der Klaviersonate in F-Dur, K.V. 332 [1] September 1922

Violine und Klavier

Allegro maggiore aus der Violinsonate in G-Dur, K. V. 301 [2] 4. Mai 1922

Thema und Variationen, Andantino cantabile (ohne die Klaviervariation) aus der

Violinsonate in G-Dur, K.V. 379 [1] 26. Juni 1923

Menuett ES-Dur (Sammlung Burmester) (bearbeitet für Klavier) [1]

5. April 1924

«Ave verum» bearbeitet für Violine und Klavier (Original: Vierstimmiger Chor mit Streichern und Orgel in D-Dur) [1] Wien, 1.Oktober 1923

NERUDA, Franz

Komposition für Cello: Berceuse Op. 11 [4] 4. April 1923

NIEMANN, Walter

Schmetterling aus «Romantische Miniaturen» Op. 33, Nr.6 [1] 4.April 1923

PALS, Leopold van der

Vorfrühling [1] 19. Februar 1923

PUGNANI-KREISLER

Violine und Klavier

Praeludium aus «Klassische Manuskripte für Violine und Klavier», Nr.5 [1]

Dezember 1923

RACHMANINOFF, Serge

Prélude, cis-moll Op. 3, Nr.2 [2] 1924

REGER, Max

Caprice Op. 18, Nr.3 Allegro vivace aus «Improvisationen» [1]

Den Haag, November 1922

Träumerei, D-Dur aus «Träume am Kamin» Nr.7 [1] Oktober 1922

ROSENBERG, Andu Gustaf

Komposition für Flöte und Klavier: Menuett [2] Mai 1924

SCARLATTI, Alessandro

Pastorale, d-moll [2] 24. Juni 1923

SCHUBERT, Franz

Menuetto, Allegro moderato aus: Phantasia, Andante, Menuerto, Allegretto (Sonate in G-Dur) Op. 78 [3] Januar 1923

Andante con moto aus dem Streichquartett in d-moll, «Der Tod und das Mäd­chen» [1] 19.November 1924

Klavier, Violine und Cello

Andante aus dem Klavier-Trio Op. 100 in Es-Dur [6] 17. März 1923

SCHUMANN, Robert

Davidsbündler Tänze Op.6, Nr. 2 [1] 4.April 1923

Davidsbündler Tänze Op. 6, Nr.11 [1] 4. April 1923

aus «Faschingsschwank aus Wien», Op. 26

1. Allegro (Einleitung) [1] 30. November 1923

2. Romanze, g-moll [1] 13.Februar 1924

Romanze, Fis-Dur Op.28, Nr.2 [1] 30.November 1923

Eintritt aus «Waldscenen», Op. 82, Nr.1 (Form für Kinder) [6] Dezember 1922

Warum? aus «Phantasiestücke», Op. 12 [1] 30. November 1923

aus «Papillons»: Introduktion, Nr.1 [3], Nr.2 [1], Nr.9 [2], Nr.12 [3]

Dezember 1922

Violine und Klavier

Thema in Es-Dur, Letzte Komposition von R. Schumann, Februar 1854 (Aus­gabe Schumann Barnas, 10 Stücke für Violine und Klavier, Nr.493) [1]

31. Mai 1923

#SE277a-198

SCHUURMAN, Max

Humoristisches Rondo [5] Oxford, August 1922 Kinderreigen (Kopie) [1] Sommer 1921

Sc RIABINE, Alexander

Prélude Op.11, Nr.14 [1] 21.November 1924

Prélude Op. 49, Nr. 2 [1] 27. Juni 1923

Prélude Op.51, Nr. 2 [1] 1924

STUTEN, Jan

Bächlein im Frühling [1] 19. September 1923

Papillon [1] 12. Februar 1923

Nachtwäcbter (Noten durch den Baubrand vernichtet [3] 1922

Form für das Thema zu dem Orchesterwerk:

Vorspiel zur Eröffnung des ersten Goetheanum (kein Original) 1920

TARTINT, Giuseppe

Violine und Klavier

Andante cantabile für Violine und Klavier (Klassische Stücke, Heft 1) [2]

Dezember 1924

Presto non troppo aus der Violin-Sonate in g-moll [1] März 1924

2.Allegro aus der Violin-Sonate in g-moll [1] 21.November 1924

Allegro und Grave aus der Violin-Sonate in g-moll, Teufelstriller-Sonate [1]

21.November 1924 Allegro energico Beginn: Wiederholung des Themas nach dem ersten Abschnitt des Allegro assai

Larghetto affetuoso aus der Violin-Sonate in g-moll, Teufelstriller-Sonate [1]

März 1924

TELEMANN, Georg Philipp

Gigue, A-Dur aus der Suite A-Dur (aus dem Klavierbüchlein des J. S. Bach für Friedemann Bach, Bärenreiter-Verlag 1929) [3] Oxford, August 1922

TSCHAIKOWS KY, Peter

Danse de la Fée dragée aus der Suite «Gasse Noisette», Op. 71 [1]

September 1922

VERACINI, F. M.

Violine und Klavier

Allegro aus der Violin-Sonate in A-Dur [1] 21. November 1924

#SE277a-199

BELEUCHTUNGSANGABEN

zu Texten und Kompositionen ohne dazugehörige Formen

K = auch Kostümangaben


EICHENDORFF, Joseph Frh. von

Wechsel Es fällt nichts vor... 1924

(Übung für verschledene Seelen-

stimmungen)

FERCHER VON STEINWAND, Joh.

Lebensfreude, Erfahrungswehe Vöglein fliehn von Höhn zu ....... 1923

Sonne Gottes Sonne, wenn sie steigt... Kinderaufführung 1923

GOETHE, Job. Wolfgang v.

Adler und Taube Ein Adlersjüngling hob die Flügel... [3]

1923

Die wandelnde Glocke Es war ein Kind, das wollte nie... 1923

Ländliches Glück (K) Seid, o Geister des ....... 1924

Schweizerlied Uf'm Bergil bin i gesässe... 1923

Veni creator spiritus Komm heilger Geist... 1924

Wanderers Nachtlied (K) Der du von dem Himmel bist... 1924

Ein Gleiches (K) Über allen Gipfeln ist Ruh... Nov.1924

Symbolum Des Maurers Wandeln... (Angabe für

Stellungen) (Musik: L.v. d. Pals) [5] 1919

HEBBEL, Friedrich

Requiem (K) Seele, vergiß sie nicht... 1924

Der junge Schiffer Dort bläht ein Schiff die Segel... 1923

Auf ein schlummerndes Kind (K) Wenn ich, o Kindlein, vor dir stehe... 1923

HERDER, F. G. von

Schmetterling (Volkslied) K Liebes, leichtes, luftges Ding... 1925

JORDAN, W.

Bienenstimmchen (K) Wo honigreich... zu deinem Glücke Kinderaufführung 1923

KLOPSTOCK, F. G.

aus der Ode «Der Erbarmer» (K) 0 Worte des ewigen Lebens... [5] Zeile 35-46 1924

MEYER, Conr. Ferd.

Friede auf Erden Da die Hirten ihre Herde ließen... 1923

Die Jungfrau Wo sah ich, Mädchen, deine Züge... 1923

MORGENsTERN, Christian

Es kommt der Schmerz gegangen... Nov.1924 Zum zweiten Satz (Andante con

moto) von Beethovens Oh siehe die Lande, sie liegen... 1923

Appassionata

Ein Kindergedicht (K) Spann dein kleines Schirmchen auf... 1922

Das Mondschaf Das Mondschaf steht auf weiter Flur...

1922

Das Nasobem Auf seinen Nasen schreitet... 1923

Die Beichte des Wurms Es lebt in einer Muschel... 1916

Die beiden Esel Ein finstrer Esel sprach einmal... 1920

Die beiden Flaschen Zwei Flaschen stehn auf einer Bank... 1923

Die Probe Zu einem seltsamen Versuch... 1923

Die Weste Es lebt in Süditalien eine Weste...

Geburtsakt der Philosophie Erschrocken staunt der Heide Schaf...

Himmel und Erde Der Nachtwindhund weint wie ein Kind...

1922

NIETZSCHE, Friedrich

Liebeserklärung 0 Wunder! Fliegt er noch? ... [1] 1921

NOVALIS, Friedrich von Hardenberg

Marienlieder II Ich sehe dich in tausend Bildern,... [1] 1923

SCHRÖER, Karl Julius

Vorfrühling (K) Konnt' schlafen nicht,... [5] 1924 aus dem Lauteurythmie-Kurs; Übung für verschiedene Tätigkeiten

STEFFEN, Albert

(K) Schlafend an des Meeres Ufer... [4] 1924

Voikslied

Marienwürmchen (K) Marienwürmchen, setze dich auf meine

Hand... 1924

AUFTAKTE (Keine Original-Formen vorhanden)

Evoe

Elegischer Auftakt

Heiterer Auftakt

Frage und Antwort

Schau in dich, schau um dich

Tiaoait

Wir wollen suchen

HEREDIA, J. M.

L'Esclave Tel, nu, sordide, affreux... 1921

La Priere du Mort Arrìte! Ecoute-moi, voyageur... 1921

#SE277a-200

HUGO, Victor

Rives III On croit sur la falaise... 1922

LAFONTAINE

La Laitiìre et le Por au lait Perette, sur la tite ayant un p6t au .......

1923

MUSSET, Alfred de

L'Etoile du soir Päle étoile du soir... 1923

RONSARD, Pierre de

Gontre les Bücherons á la forìt

de Gätine Ecoure, bûcherons... 1921

ÄGYPTISCHE TEXTE 1924

Du süßer Brunnen...

Amenemhet der Dritte

Herrlicher, Bunter...

Lebenstrauer

BACH, Joh. Sebastian

Praeludium Nr.7 aus: Zwölf kleine Praeludien und Übungen (K)

Air a-moll für Violine und Klavier (Andante con moto) (K)

Praeludium c-moll für Cello-Solo aus der Suite Nr. V (K) 1924

Gigue, Allegretto con moto aus der Partita Nr. I in B-Dur (K)

November 1924 Menuett II aus: Sonaten und Partiten für Violin-Solo (K)

Grave Adagio aus: Partita Nr. II (K) 1925

BACH, Friedemann

Largo aus dem Orgelkonzert in d-moll aus: Drei alte Stücke Nr. I (K) 1925 (bearbeitet von Heinrich Grünfeld)

BEETHOVEN, Ludwig van

Scherzo, D-Dur, aus der Kiaviersonate Nr.15, Op. 28 (K)

Andante maestoso aus der Klaviersonate in As-Dur, Op. 26 (K)

Adagio sostenuto espressivo aus der Cello-Sonate Nr. II (K)

BRAHMS, Johannes

Intermezzo, Andante moderato, Op. 117, Nr.I (K) 1924

CHOPIN, Frédéric

Prélude, C-Dur, Op. 28 Nr.I (K) 1925

GLUCK, Christoph Willibald

Gavotte, A-Dur für Klavier (von Brahms bearbeitet für Clara Schumann) (K)

1924

Melodie aus «Orpheus», bearbeitet für Klavier und Flöte oder ein Streich­instrument (K) 1925

GRIEG, Edvard

Sommerabend 1922

HÄNDEL, Georg Friedrich

Andante d-moll aus der Sonate Nr.2 für Cello und Klavier 1924 Adagio E-Dur aus dem Klavier-Trio Nr.11 1925

LOCATELLI

Siciliano für Geige und Klavier (K) [2] 1923

LULLY, I. B.

Gavotte für Geige und Klavier (K)

MOZART, Wolfgang Amadeus

Andante grazioso aus dem 4. Violin-Konzert in D-Dur (Mittelteil aus dem Rondo) (K) 1925

MATTHESON, Johann

Air, Adagio espressivo für Cello und Klavier (K) 1924

SCHUBERT, Franz:

Impromptu

Moment musical Op. 94 1925

SCRIABINE, Alexander

Prélude Nr.17 (K) 1925

TSCHAIKOWSKY, Peter

Lied ohne Worte Op. 2 Nr.3 1923

Altfranzösische Melodie (33 Takte) 1924

WEIHNACHTSLIED

Es ist ein Reis entsprungen

HINWEISE

#G277a-1982-SE201 Die Entstehung und Entwickelung der Eurythmie

#TI

HINWEISE

#TX

Die Herausgeber haben in den Vorbemerkungen beschrieben, wie das vorliegende Buch entstanden ist. An dieser Stelle soll noch hinzugefügt werden, daß außer Rudolf Steiner die anderen Autoren, auf deren Beiträge nicht verzichtet werden konnte, zu dem Thema Stellung nehmen, welches im Titel angegeben ist. Daraus erklärt sich, daß manches, was an persönlichen Erinnerungen vorlag und an sich von Wert ist, fortfallen mußte, daß aber durch die getroffene Auswahl und Anordnung es sich rechtfertigt, als Autor dieses Buches nur Rudolf Steiner zu nennen.

Zu Seite:

7 «Die Grunde/emente der Eurythmie»: zusammengefaßt und dargestellt von Annemarie Dubach-Donath. 3. erweiterte Auflage, Dornach 1961

8 C/ara Smits-Mess'oud-Bey: 1863-1948, Zweigleiterin in Düsseldorf Henri Smits-Mess'oud-Bey: 1863-1911

Mensendieckschen Methode: Bess Marguerite Mensendieck, 1864-1958, nieder­ländisch-amenkanische Gymnastikpädagogin und Ärztin.

9 Es sei in Ergänzung zu dem ersten Gespräch auch noch auf folgende Mit-teilungen Rudolf Steiners, welche er am 4. Oktober 1920 während einer Kon­versation über Geisteswissenschaft im Rahmen des ersten Hochschulkurses am Goetheanum machte, hingewiesen.

«Die Eurythmie kann - ich möchte sagen - nach zwei Seiten hin verfolgt werden. Die eine ist die, auf die ich immer in den aufmerksam mache, die ich zu den Vorstellungen gebe. Da zeige ich, wie bewußt wird durch sinnlich-übersinnliches Schauen an dem heutigen Menschen der Sprach-organismus mit seinen Bewegungstendenzen, die dann auf den ganzen menschlichen Organismus übertragen werden. Aber nicht weniger Bedeutung hat auch der umgekehrte Weg. Denn, sehen Sie, bei dem, was Ihnen heute von einem anderen Gesichtspunkt aus bei der Sprachentstehung von Dr. Treichler sehr gut vorgebracht worden ist, spielt ganz zweifellos, ganz gewiß eine Ur-Eurythmie der Menschen eine ganz bedeutsame Rolle. Die Dinge haben nicht den Klang gleichsam in sich in dem Sinne, wie es die Bim-Bam-Theorie behauptet, aber es besteht zwischen allen Dingen, zwischen dem ganzen Makrokosmos und der menschlichen Organisation, diesem Mikrokosmos, eine Beziehung, und im Grunde genommen kann alles, was äußerlich in der Welt geschieht, auch durch die menschliche Organisation in einer gewissen Weise gebärdenhaft in Bewegung nachgebildet werden. Und so haben wir denn fortwährend im Grunde genommen allen Erscheinungen gegenüber die Tendenz, sie durch unseren eigenen Organismus nachzubilden. Wir führen das nur mit dem physischen Organismus nicht aus, sondern wir führen es mit dem Ätherorganismus aus. Der Atherorganismus ist in einer fortwährenden Eurythmie begriffen. Der ursprüngliche Mensch war viel beweglicher als der heutige. ...

9 Dasjenige, was im Organismus zur Ruhe gekommen ist, hat sich spezialisiert in den Sprachorganen, hat selbstverständlich erst die Sprachorgane eigentlich ausgebildet. Wie das Auge am Licht gebildet ist, so ist das Sprachorgan an einer zuerst tonlosen Sprache gebildet.»

Das Johannes-Evangelium, Gesamtausgabe Dornach 1962

10 « Die grüne Schlange»: Seite 199-201, 271-275. Deutsche Verlagsanstalt, Stutt­gan 1956

nach einem Vortrag: Vgl.: Berlin, 21. XII. 1908 «Über den Rhythmus der menschlichen Leiber» in «Geisteswissenschaftliche Menschenkunde», Ge­samtausgabe Dornach 1959

11 Über die eurythmische Kunst: Aus «Das Goetheanum in seinen zehn Jahren», Gesamtausgabe und Sonderdruck Dornach 1961

in dem Saal: s. «Aus der Eurythmiearbeit» von Tatiana Kisseleff, Verlag «Die Pforte», Basel 1965

13 im September: am 20. September 1913

den alten Hyrt?: Joseph Hyrtl 1810-1894

griechische Literatur: s.S.169

Barbara saß: Vgl. S.31 in «Methodik und Wesen der Sprachgestaltung»,

Gesamtausgabe Dornach 1964

16 Mysterienspiel-Aufführungen: Vgl. die Übersicht über die in München unter der Leitung von Rudolf Steiner stangefundenen Aufführungen auf S.6 in «Über die vier Mysteriendramen», Gesamtausgabe Dornach 1964

17 Tanzmeister: Dr. Oskar Schmiedel, 1887-1959, Leiter der Weleda AG in Schwäb.-Gmünd.

Musik: «Besonders erwähnt soll werden, daß die musikalischen Beigaben für die Aufführungen der vier Dramen von Adolf Arenson herrühren», schreibt Rudolf Steiner im August 1913 im Personenverzeichnis zu «Der Seelen Er-wachen». Adolf Arenson, 1855-1936, war ein führendes Mitglied der Anthro­posophischen Gesellschaft in Deutschland. Lory Maier-Smits bemerkt noch, daß Adolf Arenson immer selbst am Kunstharmonium saß, dem einzigen Instrument, welches man damals hatte, und daher niemals eine Aufführung vom Zuschauerraum aus sehen konnte.

Die Wesen trugen: Sehr oft wird gefragt: «Wann sind denn zum ersten Mal Schleier angegeben worden?» Nun, eigentlich schon bei dieser ersten «Eurythmie»! L.M.-S.

18 Erste Lautangaben: Durch diese Übung kann man einen leisen Hauch davon empfinden, wenn Rudolf Steiner in den Betrachtungen zu den Leitsätzen aus-führt, was es heißt, «daß sich der Mensch in die Schwereverhältnisse der Erde in aufrechter Stellung hineinfügen kann, daß er innerhalb dieser Schwere-verhältnisse das Gleichgewicht in freier Bewegung bewahren kann, daß er Arme und Hände der Schwere entreffien und in Freiheit gebrauchen kann.» L. M.-S. S. «Anthroposophische Leitsätze», Seite 187, Gesamtausgabe Dornach 1962

#SE277a-202

19 Bottmingen: Die Stunden fanden im Hause von Herrn R. Geering-Christ in der Blumenstraße statt; dieser Ortsteil heißt zwar Bottriingermühle, gehört aber zur Gemeinde Binningen; doch wurde der Ortsname Bottmingen, der durch Jahrzehnte mit diesem Kurs verbunden ist, nicht verändert.

das folgende: Vgl. die erste Ansprache Rudolf Steiners zur Eurythmie-Auf-führung in München am 28. August 1913, S. 50.

20 Korybantentanz: s. Hinweis zu S.24 und 165, ferner Abb. auf S. 167.

24 Dritter Tag: Die Stunden begannen nachmittags um 1/25 Uhr und dauerten meist bis gegen 6 Uhr. Von diesem Tage an wohnte auch Marie von Sivers (Marie Steiner) ihnen bei.

«Brevier der Tanzkunst»: Das Buch beilndet sich in der Bibliothek von Rudolf Steiner; nur bis zur Tarantella durfte gelesen werden; s. auch Hinweis zu S. 20.

Lucian: s. Hinweis zu S. 13

27 Christian Kirchhoff: 1822-1894

30 «Lob des früh/ings»: Ludwig Uhland, Frühlingslieder:

S. Lob des Frühlings: Saatengrün, Veilchenduft, / Lerchenwirbel, Amsel-schlag, 1 Sonnenregen, linde Luft! - Wenn ich solche Worte singe, 1 Braucht es da noch großer Dinge, / Dich zu preisen, Frühlingstag?

31 Dalcroze-£chule: Emile Jacques Dalcroze, 1865-1950, Schweizer Komponist, Gründer einer rhythmischen Gymnastik.

32 ein Beispiel sein: Da ein solches Umdichten also nicht nur erlaubt, sondern sogar angeregt wurde, begann ein solches intensiv, dessen Resultate ich oft­mals mit Schrecken als Rückertsche Poesie in verschiedenen Eurythmieheften wiederfand. In seinen «Angereihten Perlen» klangen sie indessen anders!

L.M.-S.

Lemniskate: In einem 1915 (XIII: 31. VIII.) gegebenen Auftakt wurde der Weg noch weitergeführt bis zum Kreis, aber ohne die hier erlebbaren Über-gänge. L.M.-S.

33 in Kassel: s. S. 16

36 auf die geschilderte Stunde: Drei Jahre lang ließ Rudolf Steiner uns mit diesen Formen leben und arbeiten, ehe er die apollinischen Formen, die Sinnformen, wie er sie auch nannte, oder gar nur den Sinn dazu gab. Darum sollte man solche Formen nicht vergessen, denn wenn die Schüler später Rudolf Steiners Standard-Formen arbeiten dürfen, «dann werden Sie sehen, daß schon im weitesten Sinn dasjenige verarbeitet ist, was in solchen Formen liegt. Sie werden es immer ilnden (Lauteurythmiekurs, 6. Vortrag).» L.M.-S.

40 Achter Tag: Dieses Kapitel der Eurythmie ist von uns am Anfang vielleicht zu sehr als ein in weiter, weiter Ferne liegendes Ziel betrachtet worden. Andachtsbewegungen der Hände von uns, die wir überhaupt erst anfangen sollten lallen zu lernen? Auch glaubte ich und glaube es noch, daß es sich hier­bei überhaupt nicht um gesprochene Worte handelte. Und ehe man soweit war, ohne die Unterstützung oder Richtungweisung des gesprochenen Wortes,

40 Laute oder Seelenhaltungen so wahr und erlebt zu bilden, daß man hätte wagen können, sacrale Tänze zu gestalten, schien doch wirklich ein kaum oder sehr spät zu erreichendes Ziel. Und doch steht dieses Versäumnis heute oft­mals als ein schmerzlicher Vorwurf vor meiner Seele. L. M.-S.

43 wie man das W machen soll: s. S. 131

45 Elberfild: 24. April 1913 «Die Ergebnisse der Geistesforschung», öffentlicher Vortrag; 25. April 1913 «Einweihung des Zweigraumes». - Nach dem Zweig-vortrag durfte ich ein Stück des Weges, den Dr. Steiner in sein Hotel und meine Mutter und mich zum Bahnhof führte, mit ihm gehen. Auf diesem Wege fragte er auf einmal, obwohl er doch erst am nächsten Tag das Resultat unserer bisherigen Arbeit sehen würde, ob ich schon einmal daran gedacht hätte, ein französisches Gedicht zu versuchen. «Ihr Vater liebte doch Frank­reich und die französische Sprache so sehr, sprach besser französisch als deutsch, er würde sich sicher darüber freuen!» - Es dauerte aber doch bis zu der zweiten Generalversammlung im Januar 1914, ehe ich so weit war, bei der damaligen Aufführung ein Gedicht von Lamartine «Le Matin» zeigen zu können. In seiner Vorrede zu dieser Aufführung hat Rudolf Steiner diesen Versuch nicht erwähnt, aber als ich damit fertig war, stand er auf und meinte:

«Sie sehen, ein französisches eurythmisiertes Gedicht sieht wirklich ganz anders aus, als ein deutsches!» L.M.-S.

46 das Resultat: s. S. 154

«Lyrik der Gegenwart»: s. «Veröffentlichungen aus dem literarischen Früh-werk», Heft XXII, Band V, Dornach 1958

46/47 Richard Dehmel: 1863-1920. Das Gedicht ist betitelt «Leitwort» aus der Sammlung «Aber die Liebe», S.Fischer, Berlin 1907. - Im Anschluß an die Vorführung komponierte Adolf Arenson eine Musik für die Spirale: Kinder-reigen.

48 die Gnomen: Die Malerin Imme, Freiin von Eckardtstein, 1871-1930, skizzierte eifrig Dr. Steiners Mienenspiel, während er die Gnomen darstellte. Sie hatte die künstlerische Leitung bei der Herstellung aller Kostüme und benützte diese Skizzen, als sie später die Gesichter auf die ovalen, breiten Stolen malte, die wir als Kopf über den als zottige Augenbrauen ausgebildeten Schultern trugen, während unser eigener Kopf durch eine Art Gaze, Fächer oder Kamm bedeckt war. L.M.-S. - Die Kostüme wurden auch in Dornach bei den Aufführungen gebraucht

Münchener Festpieljahre: s. Hinweis zu S. 16

einen äg yptischen Tanz: Ägyptische Eurythmie - viel symmetrische, geo­metrische Bewegungen; sie dürfen nur in zwei Dimensionen ausgeführt sein. Nur das Innere ausdrücken. - Die ägyptische Malerei ist wertvoll für Be­wegung und Ausdruck des Inneren. Die Skulptur ist wertvoll für Kopfputz, Faltenfall und mehr Äußeres. Aus einem Arbeitsbuch von M. St.

49 Sophie Stinde: 1853-1915, s. «Unsere Toten», Gesamtausgabe Dornach 1963

Kunstzimmer: Der Herausgabe eines in Berlin am 22. Dezember 1910 ge­haltenen Vortrags von Rudolf Steiner, in welchem er auf die Kunstzimmer hinwies, fügte Marie Steiner als Nachtrag folgende Bemerkungen hinzu.

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49 «Diese Kunstzimmer, von denen das eine in Berlin-Charlottenburg, das andere in Berlin-Ost eingerichtet wurde - zwei andere gab es in München -, ver­dienen es, in der Erinnerung festgehalten zu werden. Denn sie gehen durch-aus auf den inspirierenden Einfluß zurück, den das soziale Wirken und die Menschenachtung Dr. Steiners ausübte -, wenn auch die unmittelbare Initia­tive dieser einzelnen Tat dem warmen Herzen der zwei die anthroposophische Arbeit in München leitenden Künstlerinnen, Fräulein Stinde und Gräfin Kalckreuth, entsprang, und dann von Fräulein von Sivers und Fräulein Mieta Waller (-Pyle) auch in Berlin durchgeführt wurde. Diese Kunstzimmer waren fürs breite Volk gedacht, als gastfreie Stätten, die nicht nur Wärme und Be­haglichkeit, sondern auch Schönheit, Ästhetik und geistige Anregung bieten sollten. Die Wände waren mit farbigen Rupfen bespannt, alles bis auf die Bestuhlung dem gewählten Tone angepaßt; Bilder-Ausstellungen wechselten jeden Monat: gute Reproduktionen klassischer Kunstwerke und Gemälde zeitgenössischer Künstler; Abendveranstaltungen gab es mit musikalischen und rezitatorischen Darbietungen, einen Einführungskurs in Geisteswissen­schaft, auch in andere Wissensgebiete, - kleine dramatische Darstellungen, wie zum Beispiel «Die Geschwister» von Goethe und ähnliches. Hier war es auch, wo in Berlin die Weihnachtspiele aus altem Volkstum eingeführt wurden, die dann von Mitspielern nach anderen Stätten gebracht werden konnten. Es darf vielleicht erwähnt werden, daß es nach den Anstrengungen des Tages nicht immer leicht war, bei Nacht und Nebel die weiten Wege in den Osten Berlins mit Untergrundbahn oder Tram zurückzulegen und zuletzt in ab­gelegenen dunklen Straßen im Schnee zu stapfen. Doch das tägliche Beispiel des unermüdlichen Schaffens Dr. Steiners wirkte anfeuernd. Und man lernte aus eigener Erfahrung die Bedeutung des Kontrastes kennen, wenn man aus der trostlos steinernen Umgebung öder Arbeiterquartiere in die warme Um­hüllung eines in gedämpftem Rot erstrahlenden Raumes trat und das Auge auf Kunstwerke fiel, die den Blick fesselten und das Herz erfrischten, so daß es in Sammlung dem Gebotenen in Wort und Ton folgen und sich von der Last des Alltags einigermaßen befreien konnte. In bescheidenem und kleinem Rahmen war es doch Nahrung für die Seelen der Geistsuchenden aus der arbeitenden Bevölkerung. In diesem Sinne war ja so manches in Briefen zum Ausdruck gekommen, die Rudolf Steiner erhalten hatte, als er noch in der Arbeiter­bildungsschule Berlins wirkte. Ihm wurde dafür gedankt, daß er den Glauben habe, der Arbeiter brauche auch das geistige Brot, nicht nur das physische. Der Weltkrieg brachte Veränderungen auch in diesen Betrieb.

Rezitation: Es handelt sich hier noch nicht um die von Marie Steiner später ausgeübte und ausgebildete Rezitationskunst zu den eurythmischen Dar­bietungen. Diese Ausbilduug begann im November 1924.

50 Einführende Worte: s. «Eurythmie als Impuls für künstlerisches Betätigen und Betrachten», fünfzehn Ansprachen vor Eurythmie-Aufführungen:l919-1924, Dornach 1953. - Bei diesen und den folgenden zum Abdruck gelangenden Worüzuten von Rudolf Steiner, insofern es sich nicht um von ihm ge­schriebene Texte handelt, ist zu berücksichtigen, daß diese nicht für den Druck bestimmt waren. Wir bringen daher an dieser Stelle den Vermerk, der stets jenen Privatdrucken vorangestellt wird:

50 Als Manuskript gedruckt

Über den Charakter dieser Privatdrucke äußert sich Rudolf Steiner in seiner

Selbstbiographie «Mein Lebensgang» (35. und 36. Kapitel, März 1925)

folgendermaßen:

«Als mündliche, nicht zum Druck bestimmte Mitteilungen waren die Inhalte

dieser Drucke gemeint ...

Es ist nirgends auch nur in geringstem Maße etwas gesagt, was nicht reinstes

Ergebnis der sich aufbauenden Anthroposophie wäre ... Wer diese Privat-

drucke liest, kann sie im vollsten Sinne eben als das nehmen, was Anthropo­

sophie zu sagen hat. Deshalb konnte ja auch ohne Bedenken ... von der Ein­

richtung abgegangen werden, diese Drucke nur im Kreise der Mitgliedschaft

zu verbreiten. Es wird eben nur hingenommen werden müssen, daß in den von

mir nicht nachgesehenen Vorlagen sich Fehlerhaftes findet.

Ein Urteil über den Inhalt eines solchen Privatdruckes wird ja allerdings nur dem­jenigen zugestanden werden können, der kennt, was als Urteils-Voraus­setzung angenommen wird. Und das ist für die allermeisten dieser Drucke mindestens die anthroposophische Erkenntnis des Menschen, des Kosmos, insofern sein Wesen in der Anthroposophie dargestellt wird, und dessen, was als in den Mitteilungen aus der Geist-Welt sich findet.»

Professor Gapesins zu Frau Felicia: Zwei Gestalten aus den Vier Mysterien­dramen von Rudolf Steiner.

Elisabeth Dollfus-Baumann: 1895-1947, erste Vertreterin der Heil-Eurythmie.

52 der zwei einzigartigen Vorträge: «Aus der Akasha-Forschung. Das fünfte Evangelium», Gesamtausgabe Dornach 1963

53 Die Rezitation: s. Hinweis zu S. 49

gestern Abend: Berlin, 20. Januar 1914, erster Vortrag in «Der menschliche und der kosmische Gedanke», Gesamtausgabe Dornach 1961

54 Die kurze Zeit: Als Fräulein Smits im Anschluß an die Sommerveranstal­tungen im Jahre 1913 nach Stuttgart fuhr, um dort auch einführende Kurse in die neue Bewegungskunst zu geben, freute sich Rudolf Steiner, daß in «dem sehr regen und bedeutenden Stuttgarter Zweig» schon so bald der Wunsch nach Eurythmie-Kursen laut geworden sei; überhaupt sei er befriedigt über die enthusiastische Aufnahme, welche die Freunde ganz allgemein der Eurythmie bereitet hätten. Nach L.M.-S.

die Kunst in neuer Gestalt: Vgl. Bergen, iI. Oktober 1913 in « Okkulte Unter­suchungen über das Leben zwischen Tod und neuer Geburt», Gesamtausgabe Dornach 1961

55 Käthe Mitscher: 1892-1940, übte während der Proben zunächst meist die Rezi­tation aus, um Frau Dr. Steiner dadurch bei der Einstudierung der Pro­gramme zu entlasten. Sie gehörte zum engen Mitarbeiterkreis innerhalb der Sektion für redende Künste, speziell im Gebiete der Eurythmie.

56 7.Juni 1914: In «Wege zu einem neuen Baustil», Stuttgart 1957

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56 dem dritten nachatlantischen Zeitraume: s. «Die Geheimwissenschaft im Umriß», Gesamtausgabe Dornach 1962

57 28.Juni 1974: «Der neue baukünstlerische Gedanke» in «Wege zu einem neuen Baustil», Stuttgart 1957

60 Bremen, Februar 7975: Noch zwei wesentliche Richtlinien Rudolf Steiners, die er etwas später - Düsseldorf, Mitte Juni - im Fortgang der Arbeit ge­geben hat, verdanken wir Lory Maier-Smits.

«Ich hatte mich in den vergangenen Monaten mit Goethes beschäftigt und konnte es Dr. Steiner und Frau Marie Steiner-v. Sivers zeigen. Für die Stelle: hatte ich als Form eine auswickelnde Serpentine gewählt, und um sie möglichst jünglingsifisch zu gestalten, hatte ich mit einer einzigen Drehung angefangen, aber - - - schon unterbrach Dr. Steiner energisch:

Er sprach sich noch weiter über diese Stillosigkeit aus, die neuerdings auf den modern sein wollenden Bühnen ein­geführt worden sei. - Wie betroffen und ratlos war ich, als er wenig später in Dornach für ein Gedicht von Chr. Morgenstern unsere reigen-mäßigen Formen ohne Zeichnung auf einfachste Art dirigierte und als es im Text hieß: alle zehn oder zwölf Schwalben mit eben einem kurzen raschen Bogen der Nase nach nach hinten laufen ließ, und wir alle mit dem Rücken zum Publikum standen. Später mußten die Krä­hen in Nietzsches von vornherein so stehen und alle Bewegungen nach hinten machen. Erst bei einer dritten Rückenwendung, die er für den nach jeder Strophe sich wiederholenden Refrain in dem Nietzsche-Gedicht angab, glaubte ich verstanden zu haben, wann dieses Rückenzeigen anzuwenden ist. Der Refrain lautet: achselzuckt der Vogel Specht! -Außerdem erklärte Rudolf Steiner mir, es hätte sich gezeigt, daß es doch gut

wäre, nicht nur auf das Erlebnis bei einem Laut zu achten, sondern auch auf die dem Laut gemäße Form, also bei A auf den Winkel, bei 1 auf Strecken in einer Linie, bei U auf eine Parallele, denn der Zuschauer sei doch darauf an­gewiesen, die Laut-Formen aufzunehmen.

Sehr bald, zwei bis drei Monate später, war aus diesem zu vermeidenden 1 das große E geworden.

Dieses stärkere - von einigen Euryrhmisten ganz einseitig angenommene -Betonen der Laut-Formen hatte nicht nur zu Mißverständnissen, sondern auch zu einem gewissen Mißtrauen mir gegenüber geführt, und als Dr. Steiner mich eines Tages fragte: , erzählte ich ihm davon. Seine Antwort war einfach und selbstverständlich:

60 Man stelle sich vor, was aus der Eurythmie geworden wäre, wenn am Anfang nur gesagt worden wäre: A ist ein Winkel, E ein Kreuz, 1 eine Linie, 0 ein Kreis und U eine Parallele!»

61 7. Oktober 1914: In «Zeiten der Erwartung. Neue Formen der alten Schönheit aus der Welt des Geistes.» Dornach 1935

62 Zweiter Kurs: Bei den Angaben dieses Kurses ist zu berückskhtigen, daß nicht sogleich alles, was Rudolf Steiner mitteilte, ausgeführt oder geübt werden konnte.

65 Leopolduan der Pals: s. S. 160

67 Zu Thus, der alten Perserstadt: Der Dichter konnte noch nicht festgestellt

werden

72 «Das Lied von der Initiation»: s. Ankündigung auf S. 121

74 zwei Theorien: s. Hinweis zu S. 13

Das Strecken und das Beugen: Vgl. «Wege zu einem neuen Baustil», Vortrag

vom 7. Juni 1914 «Das Akanthusblatt». Stuttgart 1957

76 2. Gefühle: Sinngemäß bemerkte hier Rudolf Steiner: Man kann auch Strophen seelisch zum Ausdruck bringen durch Farbennuancen. Immer verinnerlichen.

77 Mädchen am Ufir: Einteilung von Rudolf Steiner.

auf dem Jupiter: s. Hinweis zu S. 56

80 Merkurauftakt: Die Musik komponierte Leopold van der Pals. Auch zu Be­

ginn des «Faust» könnte dieser Auftakt vor dem «Prolog im Himmel» aus­

geführt werden. Dann würden die drei Erzengel die Bahnen der Seelenkrafte

übernehmen. - Rudolf Steiner hat für alle sieben Planeten Zeichnungen für

Siegel geschaffen wie auch für die Vier Mysteriendramen. Alle könnten

eurythmisiert werden. - Es handelt sich hier um die ersten Angaben für eine

Darstellung der Devachan-Szene. Zur Aufführung gelangte sie erst später;

es kamen dann ergänzende Angaben hinzu.

84 für Kinder undjunge Leute: von 3 - 80 Jahren.

87 Rezitation: durch Marie Steiner.

101 Marie Steiner: Vgl. Hella Wiesberger: «Aus dem Leben von Marie Steiner-

von Sivers», Biographische Beiträge und eine Bibliographie, Dornach 1956;

«Aus dem Wirken von Marie Steiner», Gesammelte Aufsätze, Dornach 1951;

«Erinnerungen» I und II, Dornach 1949 und 1952

108 weist daraufhin: s. Hinweis zu S. 11

109 injener Zeit: s. Aufsatz und Hinweis zu S. 101

in der Villa Hansi: In zwei Zimmern der Villa Hansi, wo Herr und Frau

Dr. Steiner wohnten, wurde im August/September dieses Jahres (1914) jeden

Morgen eurythmisch gearbeitet. An dieser Arbeit nahmen Frau Dr. Steiner

und ich und ab und zu Fräulein Mieta Waller (-Pyle> teil. Dr. Steiner prüfte

von Zeit zu Zeit unsere Bewegungen und gab jedesmal verschiedene neue

Anweisungen. Einmal nahm Dr. Steiner mein Eurythmieheft für einige Tage

zu sich und trug in dasselbe Ergänzungen, Erklärungen und neue Elemente

ein. Siehe S. 58/59.

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109 Vieles von diesen dem Bottminger Eurythmie-Kursus hinzugefügten Unter-weisungen habe ich später Annemarie Dubach-Donath vermittelt, es mit ihr nachträglich, als sie im Jahre 1918 nach Dornach kam, durchgenommen. Sie hat dann diese Angaben in ihrem Buch «Die Grundelemente der Eurythmie» neben der Behandelung der anderen, schon früher gegebenen Elemente an­geführt oder verarbeitet.

Auch aus Folgendem kann ersehen werden, welche Bedeutung Rudolf Steiner der eurythmischen Kunst beigemessen hat. Als er im Jahre 1914 in Dornach Vorträge zu halten begonnen hatte, lehnte er rein musikalische Einleitungen zu denselben, die ihm vorgeschlagen wurden, ab und sagte, er wünsche vor seinen Vorträgen keine Musik, sondern Eurythmie. Seitdem rezitierte Frau Dr. Steiner vor jedem Vortrag gewöhnlich 2-3 Sprüche, die ich auf der bald errichteten Bühne der Schreinerei eurythmisch auszuführen hatte. Siehe ferner die Fußnote auf Seite 37 in meinem Buch. T. K.

Ab 1. IV. 1914 Domizil von Herrn und Frau Dr. Steiner. Erst zehn Jahre nach dem Tode von Rudolf Steiner konnte Marie Steiner in die Rudolf Steiner-Halde, das frühere Haus Brodbeck, unweit vom Goetheanum mit dem Nachlaß Rudolf Steiners übersiedeln. Sie schlug die Villa Hansi Albert Steffen als Wohn­haus vor, der dort 1963 gestorben ist. DieVilla wird jetzt Haus Steffen genannt.

der sehr bewegten Lamienszene: s. Hinweis zu S. 11

110 Einen tief bedeutenden Ausspruch: Vgl. S. 153

Marie Groddeck:1891-1958, Leiterin der Friedwart-Schule am Goetheanum. Von Mitte 1946 bis Jahresende 1951 wurden von ihr die «Beiträge für ein freies Geistesleben» herausgegeben; vgl. Nr.30-33, Ostern 1949

113 vor die Öffentlichkeit getragen würde: Im gleichen Jahre, am 17. August 1918, spricht sich Rudolf Steiner wiederum, diesmal in Dornach, über dieses Thema aus. Schon damals begannen die Besprechungen, um öffentliche Aufführungen zu veranstalten, so daß diese Worte wie Richtlinien für das Auftreten in der Öffentlichkeit gelten können...... Alle diese Dinge sind ja geeignet, in uns das Bewußtsein hervorzurufen, daß wir gar sehr nötig haben, mit aller Ent­schiedenheit auf dem Boden unserer Sache zu stehen. Denn nichts könnte uns in schlimmere Verwirrung hineinführen, als wenn wir irgendwelche Kom­promisse schließen wollten mit dem - nun wovon die Außenwelt meint, daß es das Richtige für uns zu tun wäre. Nur in den Prinzipien unserer Sache selbst müssen wir dasjenige finden, was uns die Richtung für unser Tun angibt.

Auch zum Beispiel für so etwas, das mehr mittelbar mit unserer Sache zu­sammenhängt, aber doch innerlich zusammenhängt, auch für die Eurythmie bat sich in der letzten Zeit ein immer steigendes Interesse an den verschieden­sten Orten gezeigt. Und wenn wir, die wir da waren, uns erinnern, wie zum Beispiel gerade die Eurythmie in einem Orte aufgenommen worden ist, wo sie fast noch gar nicht gesehen worden ist, wo sie zum Teil sogar etwas Neues war für diejenigen, die sie gesehen haben - in Hamburg -, so muß man sich wirklich an die Art, wie da die Sache aufgenommen wurde, mit einer tiefen Befriedigung erinnern. Gerade in Hamburg konnte man sehen, wie bedeu­tungsvoll die Impulse sind, die auch von einer solchen Sache ausgehen können.

113 Da waren Leute, die eigentlich im Grunde zum erstenmal so recht einen eurythmischen Wurf gesehen haben. Und es wird vielleicht auch für die Eurythmie die Möglichkeit herankommen, mit ihr in die Öffentlichkeit ein­zutreten. Aber gerade dann müssen wir. mit solch einer Sache auf dem aller­festesten Boden stehen, nichts anderes tun, als was lediglich aus unserer Sache selbst heraus folgt! Sonst würde sich sehr bald zeigen, daß - von einem gewissen Punkte ab - niemand glauben darf, daß ich in einer gewissen Sache, wenn es auf mich selbst ankommt, biegsam bin. Die meisten von Ihnen wissen schon, daß selbstverständlich überall da, wo es nicht auf etwas Prinzi­pielles ankommt, sondern wo es darauf ankommt, menschlich zu sein, das Menschliche in den Vordergrund zu stellen, ich in jeder Weise da mit allen Menschen mitgehe. Aber wo es sich darum handeln würde, daß an die Grenze angekommen würde, wo irgend etwas Prinzipielles verleugnet werden müßte -auch nur im Geringsten -, da würde ich mich nicht als biegsam erweisen. Wenn also in der jetzigen Zeit, wo so vieles an Tänzerei gesehen werden kann - denn überall wird getanzt, das ist ganz schrecklich, man könnte an jedem Abend, wenn man in einer größeren Stadt wohnt, einen Tanzabend mitmachen, wo überall schaugetanzt wird -, wenn man da glauben würde -ich sage diese Sache nicht so ohne Begründung, obwohl ich auf nichts Konkretes hinweise, aber ich sage es doch nicht ohne Begründung -, daß wenn diese unsere Eurythmie jetzt vor die Öffentlichkeit treten würde, wir irgendwie uns binden sollten an eine journalistische Verständnislosigkeit, die irgendwelche Anforderungen stellte, so würde ich mich in der ganz ent­schiedensten Weise dagegen verwahren. Dasjenige, was Geschmacksrichtung ist, was Geschmackstendenz ist, muß lediglich aus unserer Sache selbst hervor-gehen.» Vgl. «Die Geschichte und die Bedingungen der anthroposophischen Bewegung im Verhältnis zur Anthroposophischen Gesellschaft», Gesamt­ausgabe Dornach 1959, S. 146

119 Hendrika Hollenbach: Der Aufsatz erschien 1948 in Nr.38, 19. IX., des Dornacher Nachrichtenblattes; verfaßt wurde er in Pretoria am 8. VIII. 1948 und an Frau Dr. Steiner geschickt, die ihn «ausgezeichnet» fand, «sehr gründlich und lebendig dargestellt und das Bild Dr. Steiners in schöner Weise hervortreten lassend». Am 14. September 1950 starb Hendrika Hollenbach in Pretoria. Sie war schon im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts dort füh­rendes Mitglied der Theosophischen Gesellschaft gewesen; sie folgte Rudolf Steiner nach dem Ausschluß der Deutschen Sektion der T. G. und arbeitete lange Zeit nach vorübergehendem Aufenthalt in München am Goetheanum.

121 Ankündigungen: Diese und die folgenden Texte drucken wir in der Form, wie sie von Rudolf Steiner aufgezeichnet wurden, ab.

Dornach, 9. Mai 1920: Die Ansprache wurde im Prospekt der Schule für eurythmische Kunst am Goetheanum in Dornach 1927 veröffentlicht.

124 Einleitende Worte: Rudolf Steiner veröffentlichte diesen Text in der Wochen-schrift «Das Goetheanum», 1923, Nr.7. S. «Gesammelte Aufsätze aus der Wochenschrift , Gesamtausgabe Dornach 1961

128 23. Dezember 1923: s. «Die Weihnachtstagung zur Begründung der All­gemeinen Anthroposophischen Gesellschaft», Gesamtausgabe Dornach 1963. -

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128 Der hier abgedruckte Text konnte an Hand der stenographischen Nachschrift neu durchgesehen und teilweise verbessert werden.

130 Die Grundsteinlegung: Vgl. «Die Grundsteiniegung der Allgemeinen Anthropo­sophischen Gesellschaft», Dornach 1958

132 Elise Wolfram: 1 868-1 942. Marie Steiner schrieb im Nachrichtenblatt, Nr.26, folgenden Nachru£ «Spät erreichen uns jetzt die Nachrichten von dem Hin-scheiden unserer Freunde jenseits der Grenzen. Sie gehen dahin, einer nach dem andern, die an dem Aufbau der Bewegung geholfen und ihre besten Kräfte ihr gewidmet haben. Jetzt erst erreicht uns die Nachricht, daß am 18. März Frau Elise Wolfram abberufen wurde. Noch im vorigen Jahr erhielt ich ihr letztes Werk: (Verlag Arno Ullrich, Breslau). Sie ist als Schriftstellerin, als Vortragende, als Zweigleiterin [in Leipzig] tätig gewesen. Eine reich begabte Frau, impulsiv und ausdauernd, zäh in der Arbeit, eine Kämpfernatur, die den Schicksalsschlägen mutig standhielt. Diese sind ihr nicht erspart geblieben. Früh Witwe geworden, mußte sie auch die eine Tochter verlieren, während die andere ihre Mit­arbeiterin und Pionier der Eurythmie wurde; dann in Holland ihr Heim ge­gründet hat: Frau Erna van Deventer, zu der unsere Gedanken in liebender Teilnahme sich hinwenden.» In ihrem letzten Buch hat sie auch zusammen­gefaßt, was ihr Rudolf Steiner in zahlreichen Gesprächen mitgeteilt hat. 1914 schrieb sie ihm - Leipzig, 2. April -, daß sie im Sommer mit ihrer Tochter Gruppentänze einstudieren möchte, da sie hebräische und indische Texte gefunden habe und diese aufführen wolle. «Dazu aber fehlt mir nun die Gebärde der Planeten, von der Sie sprachen, daß Sie die Güte haben wollten, sie uns gelegentlich zu sagen.» So erhielt sie schon 1914 diese Angaben für sich und ihre Tochter, aber eben ohne den Zusammenhang mit den Lauten. Durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges fand die Aufführung nicht statt. Auf was es Rudolf Steiner bei der Ausführung dieser Gebärden ankam, betont er, nachdem er am 8. Juli 1924 an Beispielen die Anwendung der neunzehn Gesten demonstrierte, in folgender Weise: «Es handelt sich nicht darum, daß wir jetzt gleich denken, wir müssen einen Planetentanz aufführen, sonst kommt das zustande, daß, wenn man einen Planetentanz aufführen will, wozu man zwölf und sieben Personen, also neunzehn Personen braucht, die Leute, bei denen Eurythmie-Aufführungen gemacht werden sollen, dann kommen und sagen: Ihr dürft uns aber nur sieben Eurythmisten mitbringen mit den Ankleiderinnen, denn für mehr haben wir nicht Geld. - Ja, wie soll man denn die Sache dann machen? - Also wenn die Sache richtig verstanden werden soll, so kann es sich nicht darum handeln, daß Sie gleich einen solchen Planetentanz etwa aufführen, sondern es kann sich nur darum handeln, daß Sie das, was gerade in diesen zwei Stunden jetzt gegeben wird beim Über­gang von der Geistgebärde zu der Lautgebärde, sich aneignen zum Ge­schmeidigmachen des Organismus. Dann kommen Sie hinein in ein feines Erfühlen desjenigen, was Sie für die Eurythmie notwendig haben. Wir wollen ja in diesem Kursus nicht bloß wiederholen, sondern wir wollen eben auch alles dasjenige dabei in Betracht ziehen, was die Eurythmie vorwärtsbringen kann.

Nun steht ja dem Vorwärtskommen in der Eurythmie das entgegen, daß man, um sie zu können, nicht immer glaubt - ich meine, daß man oftmals, um sie zu

132 können, nicht glaubt, daß man sie zu lernen braucht. Es gibt sogar Menschen, welche durch zwei oder drei Wochen das Eurythmisieren sich angeschaut haben und die dann Lehrer oder Lehrerinnen werden wollen. Bedenken Sie nur, wie ungeheuerlich das wäre, wenn solche Anforderungen in der Musik oder in der Malerei gemacht würden! Es handelt sich wirklich darum, daß man einsehen lernt: Eurythmie ist etwas, was den Menschen ganz seinen Organmöglichkeiten nach zum Ausdrucksmittel macht. Das kann aber nur erreicht werden, wenn auch dasjenige geübt wird, was dann nicht ausgeführt zu werden braucht, sondern was nur dazu beiträgt, daß man in der Ausführung dann die entsprechende Geschmeidigkeit hat. Denken Sie nur, was in anderen Künsten alles gemacht wird. Sie kennen ja doch wohl alle das berühmte Lisztklavier - wahrscheinlich haben es auch andere Komponisten gehabt -, das zwar Tasten hatte, aber keine Saiten. Auf diesem Klavier übte Liszt fort­während, das hatte er immer bei sich, darauf übte er fortwährend. Diese Übungen machte er natürlich nicht, um nun Musik zu erzeugen, sondern um die Beweglichkeit in den Organismus hineinzubekommen. Der Nachbar hört auch nichts davon; für die anderen ist es also auch gut, wenn auf diese Weise geübt wird. Man braucht nicht seine Nachbarn die ganze Nacht zu stören, man kann auf einem solchen Klavier die ganze Nacht üben, und man stört niemanden. Es ist dies nur dazu da, um in den Organismus hinein die Beweg­lichkeit zu bringen.

Das, was wir jetzt in diesen zwei Stunden gehabt haben, ist eigentlich insofern ein Fundament für die Eurythmie, als es in den Organismus eben gerade das eurythmische Sich-Bewegen und Sich-Stellen hineinbringt.»

Was Rudolf Steiner über das zu rasche Aufführen 1924 aussprechen mußte, war aber schon frühzeitig ein Element gewesen, das sich die Arbeit erschwerend in den Weg stellte. Es gehörte in den eigentlichen Aufgabenkreis von Frau Dr. Steiner, dann auf die strengen Richtlinien von Rudolf Steiner hin­zuweisen. «Das Theater, so wie wir es in unsere Bewegung hereinbezogen haben, ist nur gerechifertigt durch seine okkulte Bedeutung. Als solches hat es einen ungeheuren Wert. Ohne diese okkulte Grundlage hat es keine Da­seinsberechtigung unter uns... Diejenigen, die sich zusammengeschlossen haben, um die Errichtung dieses Baues [- es handelte sich damals um das erste Goetheanum -] herbeizuführen, waren sich von Anfang an bewußt, daß die Bühne, die er enthalten soll, unter strengster Kontrolle Dr. Steiners stehen müsse. Wir hätten sie sonst nicht errichtet.» Und in der gleichen Zeit in einem anderen Briefe symptomatisch charakterisierend: «In welcher Weise nun tem­peramentvolle Leute redlich glauben, daß ihre eigenen Wünsche diejenigen Dr. Steiners sind, das habe ich immer wieder Gelegenheit, objektiv zu be­obachten. Dr. Steiner in seiner unendlichen Güte antwortet auf Fragen, gibt Belehrung, wenn solche gefordert werden, gibt Ratschläge, wenn er sieht, daß die Wünsche oder Gedanken sich auf etwas Verkehrtes richten, oder nicht zu Bewältigendes, oder auf etwas, wo man beim besten Bemühen nicht über das Niveau des Dilettantismus hinauskommen kann. Wenn er auf das Richtige dann hinweist, verfehlt er nicht vor Überstürzung, vor Übereilung zu warnen. Er sagt gern: Lassen Sie es reifen! - oder: Warten Sie 10 Jahre. - Nicht soll man, sobald man an etwas getippt hat, es gleich verwirklichen.» Wer in Dornach die Probenzeit in Anwesenheit von Rudolf Steiner mitgemacht hat

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132 oder später den Aufbau der dramatischen Arbeit durch Frau Dr. Steiner, weiß aus Erfahrung, daß das oben Angeführte nicht für eine bestimmte Situation, die an und für sich belanglos ist, galt, sondern eben den Ernst ausdrückt, auf den Rudolf Steiner immer wieder hinwies, daß von ihm echtes künstlerisches Leben getragen sein müsse.

Vgl. zu den neunzehn Gesten: «Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie», Kristiania, 2.-12. Juni 1912, X.Vortrag. Ge­samtausgabe Dornach 1956. «Okkultes Lesen und okkultes Hören», Dornach 3.- 6. Oktober 1914. Dornach 1936.

136 Torquay: Aus den von Rudolf Steiner beim zweiten inter­nationalen Sommerkurs in England sind die folgenden Worte noch hervor­zuheben: «Es ist auch in gewissem Sinn in außerordentlich lieber Weise für das Künstlerische, für die Eurythmie gesorgt worden, so gesorgt worden bei diesen Sommerkursen, daß diese aus okkulten Intentionen herausgeholte, für die Gegenwart und nächste Zukunft, wie ich glaube, bedeutungsvolle Eu­rythmie hier hat zur Geltung kommen können. Das Geistige, das Künstle­rische, kann ja insbesondere durch diese Eurythmie zur Geltung kommen.»

137 zu dem Programm: «In den Eurythmie-Aufführungen hat Marie Steiner inter­nationale Programme für die eurythmische Darstellung von Dichtungen und vielseitige Musik-Eurythmisierungen zusammengestellt, die das Wesen der eurythmischen Kunst allseitig zur Vorführung bringen. Die englische, franzö­sische und deutsche Rezitation wird von Marie Steiner besorgt. In den zwei Aufführungen, die wir gehabt haben, herrschte eine herzliche und erfreuende Stimmung. Man hat das Gefühl, die Eurythmie dringt allmählich zu den Herzen der kunstempfänglichen Menschen vor. Ich bin froh darüber, daß die unter Marie Steiners Leitung stehende Eurythmietruppe, die am Goetheanum ihren künstlerischen Mittelpunkt hat, wird - nach den zwei bisher statt­gehabten Vorstellungen ist das zu schließen - mit den befriedigendsten Ge­fühlen an die so herzlich begeisterte Aufnahme ihrer Leistungen zurück­denken können.» («Unsere Sommerkurse in Torquay», Dornach, 24. Au­gust 1924.)

138 Konftrenz: Der Wortlaut konnte nach einem nicht wörtlichen, lückenhaften Stenogramm, aber auch nach Aufzeichnungen von verschiedenen Teil­nehmern durchgearbeitet und in diese Form gebracht werden. Besonders sind die Herausgeber Elly Wilkie, die leider nicht mehr das Erscheinen des Buches hat erleben können, verpflichtet; sie starb am 23. März 1961 in Eckwälden. - Der «Verein Eurythmeum», dessen Initiative auch das Stuttgarter Eurythmeum sein Entstehen verdankt, wurde am 2. Dezember 1920 im Beisein von Rudolf Steiner zur Förderung der eurythmischen Kunst ins Leben gerufen. Später erweiterte sich durch die Arbeit in Dornach mit den Schauspielern der Aufgabenkreis des Vereins, so daß er in Fortführung der genannten Ziele als «Verein zur Förde­rung Goetheanischer Bühnenkunst» tätig war. Heute trägt der Verein den Namen «Verein zur Förderung anthroposophischer Art und Kunst, Dor­nach». - Auf nähere Angaben über Kollegium und Dozenten mußte ver­zichtet werden. Nur einen Hinweis von Elly Wilkie aus einem Briefe vom 23. August 1922 veröffentlichen wir, der uns wesentlich erscheint. «Ich ver­suche, ob man wirklich ohne Pose die Töne in verschiedenen Zonen machen kann. Da habe ich nun eine interessante Entdeckung gemacht. Eine Stelle,

138 die zweifellos ganz in Moll geschrieben war, also zusammengezogen nach unten gemacht werden mußte, hatte für mich doch so einen zarten Klang, daß ich mich entschloß, die ganze Geschichte nicht unten in der Willenszone zu machen, sondern sie - zwar zusammengezogen - in die geistige Sphäre hinauf­zurücken. Am Abend erfuhr ich, daß Rudolf Steiner gesagt habe, so etwas dürfe man tun, wenn solche Stellen ganz leise klingen. Je lauter sie sind, desto tiefer muß man sie machen.»

Kurs in Dornach: Über. die Teilnehmer an dem Lauteurythmiekurs schreibt Rudolf Steiner im 1924, Nr.28: «Die eurythmisierenden Künstler, die am Goetheanum und von da aus an vielen Orten die Eurythmie als Kunst ausüben, die auf diesem Gebiete Lehrenden, die Lehrkräfte der von Marie Steiner in Stuttgart begründeten und geleiteten Eurythmie-Schule, die für Eurythmie tätigen Lehrkräfte der Waldorfschule und der Fortbildungs-schule am Goetheanum, Heil-Eurythmisten und eine Reihe anderer Persön­lichkeiten, die durch ihren Beruf als Künstler oder Wissenschafter auf anderen Gebieten für Eurythmie Interesse haben, nahmen an dem Kursus teil.»

139 einen Reigen: Die Zeichnung stammt von Rudolf Steiner.

143 n?htg und ernst betreiben: s. Hinweis zu S. 132

144 Sechs Humoresken: Diese für die Eurythmie geschaffenen Texte und Formen

werden hier zum ersten Male veröffentlicht; sie entstanden 1922 und 1924.

Rudolf Steiner sah nur die «Selbstbetrachtung einer alten Tante» und «Der

Erfrorene» auf der Bühne.

151 23.Mai 1920: Pfingsten

152 Eurythmie-Aufführungen: Rudolf Steiner faßte in diesen Mitteilungen an die

Mitglieder zusammen, was er durch den fortgesetzten Briefwechsel, in wel­

chem er mit Marie Steiner stand, über den Verlauf der Tournée erfuhr. In

seinem letzten Briefe vom 23. März 1925 an Marie Steiner gibt er seiner großen

Freude und Befriedigung darüber Ausdruck, daß sich noch eine Eurythmie­

Aufführung mit dem Reiseprogramm, u. a. auch die Arielszene, für die

Waldoffschule in Stuttgart hat einrichten lassen, denn durch die Eurythmie

würde ein künstlerisches Element in die Schule hineingebracht, welches diese

so sehr brauche, «denn die Kinder brauchen jetzt, da sie mich nicht sehen,

Impulse.» S. das Programm auf S. 137. - Im «Nachrichtenblatt» Nr.22, 8. Juni

1924, veröffentlichte Rudolf Steiner im Anschluß an die Frühjahrsreise der

Eurythmisten unter Leitung von Marie Steiner einen grundlegenden Aufsatz

über «Die Stellung der Eurythmie in der Anthroposophischen Gesellschaft»,

abgedruckt in «Eurythmie als sichtbare Sprache», Gesamtausgabe, Dornach

1955.

157 Eine zentrale Frage: 1920

162 Zu: Dornach, 30. August 1915: Vgl. «Die Grundelemente der Eurythmie» von

annemarie Dubach-Donath und «Erinnerungen» von Tatiana Kisseleff.

164 Ankündigung: Der Text liegt handschriftlich von Rudolf Steiner vor.

Folgende Satiren: Die Themen der Vorträge über positive Zeitkritik lauten:

30.VIII.: Dr. med. Friedrich Husemann: «Udenotherapie», nihilistische Phä­

nomene in der modernen Medizin

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164 31 VIII.: Dipl.-Ing. Alexander Strakosch: Ostwalds Farbenlehre

1. IX.: Dr. Walter Johannes Stein: Über jesuitische Goethe-Interpretation

2. IX.: Ernst Uehli: Elard Hugo Meyers germanische Mythologie

6. IX.: Direktor Emil Leinhas: Robert Wilbrands «Ökonomie»

7. IX.: Dr. med. Eugen Kolisko: Die Philosophie von Graf Hermann

Keyserling und sein «Weg zur Vollendung»

165 Brevier der Tanzkunst: «Die Tänze bei den Kulturvölkern von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart», von Albert Czerwinski, Tanzlehrer in Danzig. Otto Spamer, Leipzig 1879. - S. auch Hinweis zu S. 24

169 Lucian: um 120-um 190, griechischer Schriftsteller und Philosoph. Wir haben hier den 1915 benutzten Text abgedruckt in der Übersetzung von Dr. Theodor Fischer, Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung, Berlin-Schöneberg.

173 15. August 1915: Die Besetzung war folgende: Mater gloriosa = Cécil Peipers,

Magna peccatrix = Elisabeth Dollfus, Mulier samaritana = Margarita

Woloschin, Maria ägyptiaca = Lory Smits, Una poenitentium (Gretchen> =

Erna Wolfram, Pater ecstaticus = Joan Abels, Pater profundus = Harald

Lilie, Pater seraphicus = Tatiana Kisseleff.

174 26. November 1917: Vgl. S. 132

2. Januar 1918: Vgl. S. 132. S. «Aus der Eurythmiearbeit» von Tatiana

Kisseleff, Verlag «Die Pforte», Basel 1965. Dazu bemerkt Tatiana Kisseleff:

Der äußere Anlaß für diese Hilfe war, daß Dr. Steiner auf einer Probe «mit

der Ausführung der Vokale unzufrieden war».

175 Dornach, 15. November 1918: Vor Beginn dieses Vortrages führte Rudolf Steiner aus: «Meine lieben Freunde, Sie haben vor kurzem eurythmisiert ge­sehen den von Fercher von Steinwand. Es wird nun vorbereitet jene Dichtung Fercher von Steinwands, die sich an den anreiht, der für eine eurythmische Darbietung. Es ist vielleicht bei dieser Dichtung ganz wünschenswert, wenn Sie sich mit dem Gedanken der Dichtung erst bekanntmachen, weil - während der eurythmischen Darstellung durch das gleichzeitige Aufnehmen des Euryth­mischen und der Dichtung - die Aufmerksamkeit doch sehr stark in Anspruch genommen wird. Damit nun vor der eurythmischen Aufführung es noch möglich ist, daß Sie sich schon mit der Dichtung bekannt machen, wird heute Frau Dr. Steiner den ersten und den zweiten Absatz des Chores der Urtriebe rezitieren vor dem Vortrag und morgen dann damit fortsetzen.»

Dezember 1918: Erst nach einjähriger Pause gab Rudolf Steiner die Fort­setzung der Formen für die Wochensprüche, nun mit Vor- und Nachtakten.

Basel, Weihnachtsftier: Zur Aufführung gelangten: Altbolländisches Weih­nachtslied mit Musik. PATER NOSTER, in lateinischer Sprache, durch Ta­tiana Kisseleff. Lobgesang der Engel aus dem Lukas-Evangelium. Der Text von Clemens von Alexandrien zu einem Morgenhymnus verarbeitet. Einzelnes wird in der altslavischen Kirchensprache zum Vortrag gebracht. Rezitation durch Frau Dr. Steiner.

175 24. Februar 1919: Ursprünglich sollte diese Aufführung bereits am 18. Oktober

1918 im Konservatorium in Zürich stattfinden, wie aus einem Programm-Entwurf von Rudolf Steiner hervorgeht.

13./14. März 1919: Freitag, den 7. März 1919, Dornach: keine Eurythmie. Dagegen eine Mitteilung zu den ersten öffentlichen Eurythmieaufführungen:

Frau Dr. Steiner: «Ich möchte die Mitteilung machen, daß wir eine Wieder­holung unserer in Zürich und Winterthur stattgefundenen Eurythmie-Vor­führung am 13. und 14. März haben werden, und zwar hier in der Schreinerei. -Wir haben unser Bestes getan, um in Basel einen Saal zu finden; es ist alles für Karneval und Maskerade und Bälle belegt, und man hat uns tief bedauert, daß wir glauben, daß überhaupt ein Mensch kommen werde. Aber da Dr. Steiner nach dem 15. März vielleicht doch wegfahren wird, so bleibt keine andere Wahl. Und nun, obwohl jedermann sagt, daß kein Mensch kommen wird, wollen wir das Plakat vorläufig bis 13. März bei Hug in Basel lassen und die Mitglieder bitten, nicht die Plätze im Vorverkauf sich zu sichern, sondern erst abends an der Kasse Karten zu kaufen, um schließlich doch noch einigen Leuten zu den Aufführungen am 13. und 14. März die Möglichkeit zu lassen, Karten in Basel zu kaufen und den Fremden schließlich die Möglichkeit geben, sich die Plätze zu sichern, ohne daß sie sich stoßen. Wir haben doch noch die Idee, daß dies sein könnte, obgleich das Gegenteil gesagt wird.

Also: im Vorverkauf bei Hug in Basel lieber die Plätze für die Außenstehenden reserviert lassen, und für die Mitglieder am Abend an der Kasse hier.

Sollte plötzlich dieser ganz unerwartete Andrang stattfinden, werden es viel­leicht einige Mitglieder nicht übelnehmen, sich Karten für den zweiten Abend statt für den ersten Abend zu nehmen. Aber man stellte uns in Aussicht, daß kein Andrang sein wird.»

Tatiana Kisseleff teilte noch eine andere Ankündigung mit, die von Rudolf Steiner einige Jahre früher an einem Sonntag vor Beginn des Abendvortrages, nachdem am Nachmittag eine Eurythinie-Aufführung stattgefunden hatte, erfolgt war. Ungefähr folgende Worte habe er gesagt: Bei der heutigen Eurythmie-Aufführung haben die meisten von Ihnen durch ihre Abwesenheit geglänzt. Sie müssen aber wissen, daß, wenn Sie an der Eurythmie - als Mit­wirkende auf der Bühne oder als Zuschauer - nicht teilnehmen, ich Ihnen auch keine Vorträge zu halten brauche, denn Sie würden sie nicht aufnehmen können, und ich hätte umsonst zu Ihnen gesprochen.

186 Zur Schönheit... / So wie ein Mensch: Diese beiden Gedichte gelangten am

20. September 1925 zum ersten Mal zur Aufführung.

190 Humoristischer Auftakt: Die Noten verbrannten am 31. Dezember 1922. Es hat sich aber eine Abschrift von H. Hollenbach gefunden.

Ferner sei hier vermerkt, daß die beiden Beispiele im XIV. Vortrag des Lauteurythmiekurses, welche Rudolf Steiner angibt, «Vorfrühling» und «Scheiden», Gedichte von Karl Julius Schröer sind.

Abkürzungen: M. St. = Marie Steiner; L.M.-S. = Lory Maier-Smits;

E. v. D.-W. = Erna van Deventer-Wolfram; T. K. = Tatiana Kisseleff.

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164 31 VIII.: Dipl.-Ing. Alexander Strakosch: Ostwalds Farbenlehre

1. IX.: Dr. Walter Johannes Stein: Über jesuitische Goethe-Interpretation

2. IX.: Ernst Uehli: Elard Hugo Meyers germanische Mythologie

6. IX.: Direktor Emil Leinhas: Robert Wilbrands «Ökonomie»

7. IX.: Dr. med. Eugen Kolisko: Die Philosophie von Graf Hermann

Keyserling und sein «Weg zur Vollendung»

165 Brevier der Tanzkunst: «Die Tänze bei den Kulturvölkern von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart», von Albert Czerwinski, Tanzlehrer in Danzig. Otto Spamer, Leipzig 1879. - S. auch Hinweis zu S. 24

169 Lucian: um 120-um 190, griechischer Schriftsteller und Philosoph. Wir haben hier den 1915 benutzten Text abgedruckt in der Übersetzung von Dr. Theodor Fischer, Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung, Berlin-Schöneberg.

173 15August 1915: Die Besetzung war folgende: Mater gloriosa = Cécil Peipers, Magna peccatrix = Elisabeth Dolifus, Mulier samaritana = Margarita Woloschin, Maria ägyptiaca = Lory Smits, Una poenitentium (Gretchen> = Erna Wolfram, Pater ecstaticus = Joan Abels, Pater profundus = Harald Lille, Pater seraphicus = Tatiana Kisseleff.

174 26. November 1917: Vgl. S. 132

2Januar 1918: Vgl. S. 132. S. «Aus der Eurythmiearbeit» von Tatiana

Kisseleff, Verlag «Die Pforte», Basel 1965. Dazu bemerkt Tatiana Kisseleff:

Der äußere Anlaß für diese Hilfe war, daß Dr. Steiner auf einer Probe «mit

der Ausführung der Vokale unzufrieden war».

175 Dornach, 15November 1918: Vor Beginn dieses Vortrages führte Rudolf Steiner aus: «Meine lieben Freunde, Sie haben vor kurzem eurythmisiert ge­sehen den von Fercher von Steinwand. Es wird nun vorbereitet jene Dichtung Fercher von Steinwands, die sich an den anreiht, der für eine eurythmische Darbietung. Es ist vielleicht bei dieser Dichtung ganz wünschenswert, wenn Sie sich mit dem Gedanken der Dichtung erst bekanntmachen, weil - während der eurythmischen Darstellung durch das gleichzeitige Aufnehmen des Euryth-mischen und der Dichtung - die Aufmerksamkeit doch sehr stark in Anspruch genommen wird. Damit nun vor der eurythmischen Aufführung es noch möglich ist, daß Sie sich schon mit der Dichtung bekannt machen, wird heute Frau Dr. Steiner den ersten und den zweiten Absatz des Chores der Urtriebe rezitieren vor dem Vortrag und morgen dann damit fortsetzen.»

Dezember 1918: Erst nach einjähriger Pause gab Rudolf Steiner die Fort­setzung der Formen für die Wochensprüche, nun mit Vor- und Nachtakten.

Base4 Weihnachtffiier: Zur Aufführung gelangten: Altholländisches Weih­nachtslied mit Musik. PATER NOSTER, in lateinischer Sprache, durch Ta­tiana Kisseleff. Lobgesang der Engel aus dem Lukas-Evangelium. Der Text von Clemens von Alexandrien zu einem Morgenhymnus verarbeitet. Einzelnes wird in der altsiavischen Kirchensprache zum Vortrag gebracht. Rezitation durch Frau Dr. Steiner.

175 24. Februar 1919: Ursprünglich sollte diese Aufführung bereits am 18. Oktober

1918 im Konservatonum in Zürich stattfinden, wie aus einem Programm-Entwurf von Rudolf Steiner hervorgeht.

13./14. März 1919: Freitag, den 7. März 1919, Dornach: keine Eurythmie. Dagegen eine Mitteilung zu den ersten öffentlichen Eurythmieaufführungen:

Frau Dr. Steiner: «Ich möchte die Mitteilung machen, daß wir eine Wieder­holung unserer in Zürich und Winterthur stattgefundenen Eurythmie-Vor­führung am 13. und 14. März haben werden, und zwar hier in der Schreinerei. -Wir haben unser Bestes getan, um in Basel einen Saal zu finden; es ist alles für Karneval und Maskerade und Bälle belegt, und man hat uns tief bedauert, daß wir glauben, daß überhaupt ein Mensch kommen werde. Aber da Dr. Steiner nach dem 15. März vielleicht doch wegfahren wird, so bleibt keine andere Wahl. Und nun, obwohl jedermann sagt, daß kein Mensch kommen wird, wollen wir das Plakat vorläufig bis 13. März bei Hug in Basel lassen und die Mitglieder bitten, nicht die Plätze im Vorverkauf sich zu sichern, sondern erst abends an der Kasse Karten zu kaufen, um schließlich doch noch einigen Leuten zu den Aufführungen am 13. und 14. März die Möglichkeit zu lassen, Karten in Basel zu kaufen und den Fremden schließlich die Möglichkeit geben, sich die Plätze zu sichern, ohne daß sie sich stoßen. Wir haben doch noch die Idee, daß dies sein könnte, obgleich das Gegenteil gesagt wird.

Also: im Vorverkauf bei Hug in Basel lieber die Plätze für die Außenstehenden reserviert lassen, und für die Mitglieder am Abend an der Kasse hier.

Sollte plötzlich dieser ganz unerwartete Andrang stattfinden, werden es viel­leicht einige Mitglieder nicht übelnehmen, sich Karten für den zweiten Abend statt für den ersten Abend zu nehmen. Aber man stellte uns in Aussicht> daß kein Andrang sein wird.»

Tatiana Kisseleff teilte noch eine andere Ankündigung mit, die von Rudolf Steiner einige Jahre früher an einem Sonntag vor Beginn des Abendvortrages, nachdem am Nachmittag eine Eurythmie-Aufführung stattgefunden hatte, erfolgt war. Ungefähr folgende Worte habe er gesagt: Bei der heutigen Eurythmie-Aufführung haben die meisten von Ihnen durch ihre Abwesenheit geglänzt. Sie müssen aber wissen, daß, wenn Sie an der Eurythmie - als Mit­wirkende auf der Bühne oder als Zuschauer - nicht teilnehmen, ich Ihnen auch keine Vorträge zu halten brauche, denn Sie würden sie nicht aufnehmen können, und ich hätte umsonst zu Ihnen gesprochen.

186 Zur Schönheit... / So wie ein Mensch: Diese beiden Gedichte gelangten am

20. September 1925 zum ersten Mal zur Aufführung.

190 Humorittitcher Auftakt: Die Noten verbrannten am 31. Dezember 1922. Es hat sich aber eine Abschrift von H. Hollenbach gefunden.

Ferner sei hier vermerkt, daß die beiden Beispiele im XIV. Vortrag des Lauteurythmiekurses, welche Rudolf Steiner angibt, «Vorfrühling» und «Scheiden», Gedichte von Karl Julius Schröer sind.

Abkürzungen: M. St. = Marie Steiner; L.M.-S. = Lory Maier-Smits;

E.v.D.-W. = Erna van Deventer-Wolfram; T.K. = Tatin«

Literatur

Neuauflage
  • Rudolf Steiner: Die Entstehung und Entwicklung der Eurythmie 1912–1918, 5. Auflage, GA 277a (2022), ISBN 978-3-7274-2776-3
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.