GA 136

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RUDOLF STEINER

VORTRÄGE

VORTRÄGE VOR MITGLIEDERN
DER ANTHROPOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT

Die geistigen Wesenheiten
in den Himmelskörpern und Naturreichen

Zehn Vorträge, gehalten in Helsingfors (Helsinki)
vom 3. bis 14. April 1912,
und ein öffentlicher Vortrag,
Helsingfors, 12. April 1912

GA 136

1984

Inhaltsverzeichnis


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EINLEITENDE WORTE ZUR BEGRÜSSUNG DER ZUHÖRER Helsingfors, 3. April 1912

Meine lieben Freunde, es sind soeben liebe Worte der Begrüßung hier vor Ihnen an mich gerichtet worden, und dasjenige, was ich zuallererst auf diese lieben Worte erwidern möchte, ist ein allerherzIichster Gruß in dem Sinne, wie wir, meine lieben Freunde, uns als Geistsuchende einander in aller Welt begrüßen. Indem ich mit einer Anzahl unserer engern deutschen Freunde zu Ihnen hier heraufgekommen bin in dieses wunderbare, von alten Erinnerungen, von alten Sagen zu uns sprechende Land, möchte ich vor allen Dingen gedenken, um gewissermaßen Universelles mit recht SpezieIlem zu verbinden, daß innerhalb eines großen Gebietes derjenigen Gegenden MitteIeuropas, in denen zunächst geisteswissenschaftIich zu wirken meine Aufgabe und Pflicht ist, man da, um auch dem fremdesten Menschen gleich mit Liebe entgegenzukommen, den Gruß gebraucht «Grüß Gott!» oder «Gott zum Gruß!» Es ist das ein in gewissen Gegenden Mitteleuropas allgemein angewendeter deutscher Gruß. An ihn möchte ich denken, wenn ich spreche von dem mir liebsten Gruß, den ich Ihnen bringen möchte und der eigentlich schon darin liegt, daß wir uns alle, meine lieben Freunde, wie wir mit unserer Gesinnung, mit unserem Streben nach einer gewissen Art des Wissens über die Welt hin verbreitet sind, Gottsucher nennen. Und indem wir uns so nennen, liegt ein Allumfassendes in dem von jeder gottsuchenden Seele zu der anderen gehenden Grube schon durch die Benennung, die wir uns erlauben, uns selber zu geben. Wir appellieren, indem wir uns Gottsucher nennen, an das Tiefste, an das Innigste in einem jeden Menschen. Und wir sprechen zu diesem Innigsten, zu diesem Tiefsten eines jeden Menschen, indem wir uns mit ihm zugleich so nennen, wiederum selbst aus unserem Tiefsten, Innigsten heraus, oder wollen wenigstens so sprechen. So vereint dasjenige, was wir zum

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Ausdruck bringen, indem wir uns Gottsucher nennen, das Göttliche in unserer Seele, und indem wir uns also nennen, begrüßen wir uns auch, weil wir sprechen lassen das Göttliche in uns selber. Daß immer mehr und mehr die Menschen zusammenführe in der Welt dasjenige, was in diesem Namen liegt, das ist ja unser aller Ziel, unser aller Streben. Und wenn wir so zusammenkommen an einem solchen Orte wie hier und uns vielleicht in bezug auf das Äußere unserer Sprache schwerer verstehen, so verstehen wir uns gleich als Gortsucher sozusagen über die ganze Welt hin, wenn wir dies wirklich anstreben zu sein, wenn wir das Innerste unseres Wesens in uns sprechen lassen. Deshalb erscheint es so sehr wie die Auffrischung uraltheiliger Erinnerungen, die allen Menschen gemeinsam sind, wenn wir uns als Gortsucher zusammenfinden. Wir sagen uns, daß alle, alle Menschen von einem gemeinsamen geistig-göttlichen Ursprung herkommen und daß, wie sie auch auseinander- gegangen sind nach Territorien, nach Sprachidiomen, es möglich ist, anzuschlagen in der Seele die Saite, die da tönt von den urältesten, heiligsten menschlichen Erinnerungen, die in sich schließen das Geistig-Göttliche, von dem wir ausgegangen sind. Und so kommen wir uns vor wie Brüder der allumfassenden Menschheitsfamilie, die ausgegangen sind von gemeinsamem Heim, ihre Entwickelung, ihre Evolution durchgemacht haben in den verschiedensten Gebieten und nicht vergessen haben dasjenige, was sie erinnert an ihren uraltheiligen Ursprung. Was ist denn Gottsuchen in unserer Gegenwart? Etwas wie ein mächtiger Sehnsuchtsschrei der Menschen, die heute schon verstehen dasjenige, was alle Menschen binden soll immer mehr und mehr in der Zukunft, was aufleben lassen soll in allen Herzen das Verbindende immer mehr und mehr in die Zukunft hinein, wie es immer mehr und mehr war, je weiter wir in unsere Vergangenheit zurückschauen. Deshalb ist es selbstverständlich, daß wir uns zusammenfinden in dem besten Gruß, den wir uns bieten können, wenn wir uns als Geistsuchende zusammenfinden.

Die Menschen, sie begegnen einander über das weite Erdenrund hin. Die einen kennen einander mehr, die anderen weniger,

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einzelne sind befreundet, einzelne lieben einander. So geht es im Alltag. Und diejenigen Menschen, die gemeinsame Ziele, gemeinsame Interessen haben, sie schließen sich insbesondere in unserer Zeit unter gemeinsamen Idealen zusammen, denn solche wissen, daß sie einander begegnen in diesen gemeinsamen Idealen. Aber noch etwas anderes heißt es, wenn wir uns als Strebende nach GeistErkenntnis zusammenfinden. Da finden wir uns so zusammen, daß im Grunde genommen ein jeder einen jeden sogleich kennt. Denn wodurch kennen sich Menschen? Dadurch, daß sie voneinander etwas wissen. Wir gehen gleichgültig vorbei an demjenigen in der Welt, von dem wir nichts wissen; wir reichen liebevoll die Hand dem, der unser alter Bekannter ist; wir lächeln an den, dem wir lange nicht begegnet sind und der uns mit inniger Freude durch seine Begegnung erfüllt, - kurz, es knüpft sich ein Band von Mensch zu Mensch dadurch, daß der eine von dem anderen etwas weiß. Wenn wir als Geistsuchende zusammenkommen, dann wissen wir alle etwas voneinander und keiner ist uns fremd. Wir wissen von dem anderen, daß in seinem tiefsten Innern, in seinem eigentlichen menschlichen Kern mit uns das gleiche geistige Ideal lebt, und so erscheint er uns wie ein alter Bekannter, wie ein selbstverständlicher Bekannter. Neben allem übrigen, das Geist-Erkenntnis dem Menschen bringen kann, wird es dieses sein, daß die Menschen, die sich noch nie auf dem äußeren physischen Plan gesehen haben, einander werden so begegnen können über das ganze Erdenrund hin, daß sie das Wichtigste voneinander wissen werden einfach dadurch, daß sie sich auf dem gemeinsamen Boden der GeistErkenntnis finden. Das gibt allem, was wir tun und sprechen, jenen Ton von Herzlichkeit, der da nicht fehlen soll, wenn wir uns zusammenfinden, jenen Ton von Herzlichkeit, der da eben zum Ausdruck gekommen ist und für den ich so innig danke. Wenn Sie, meine lieben Freunde, in den Vorträgen, die von mir verlangt worden sind, trotz alles scheinbar bloß Geistigen, in das uns namentlich die ersten Vorträge führen werden, etwas erkennen werden von diesem herzlichen Ton, dann werden Sie mich richtig verstanden haben. Das müssen wir ja so vielfach als Geistesforscher und Strebende

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nach Geist-Erkenntnis: durchwandern zunächst die Gefilde des Geistigen, um uns zuletzt, wenn wir das Mannigfaltigste des Geisteslebens auf uns haben wirken lassen, doch in den Ergebnissen dieser geistigen Erkenntnisse wieder zusammenzufinden wie in einem harmonischen Herzenston. Und so m&hte ich, daß Sie mich von diesem Gesichtspunkt aus ein wenig verstehen. Werden es zunächst scheinbar rein geistige, rein spirituelle Tatsachen sein, die wir zu durchwandern haben nach der Aufgabe, die mir gesetzt worden ist von unseren Freunden, so wird doch nichts gesagt werden im Laufe dieser Tage, das nicht innig zusammenhängen soll mit dem eben hier gekennzeichneten Ziele.

Und nach Voraussendung dieser Worte lassen Sie mich sogleich auf den Gegenstand, öder unsere Aufgabe bezeichnet, eingehen.

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ERSTER VORTRAG Helsingfors, 3. April 1912

Gefordert worden ist von unseren Freunden, als sie in Liebe mich hierher riefen, daß ich sprechen soll über das, was wir als geistige Wesenheiten finden in den Naturreichen und in den Himmelskörpern. Wir werden damit, das liegt im Thema, ein Gebiet berühren, das zunächst weit, weit abliegt von all dem, was heute das Wissen draußen in der intellektualistischen Welt dem Menschen gibt. Wir werden gleich vom Anfang an zu berühren haben ein Gebiet, dessen Realität gegenwärtig abgeleugnet wird von der äußeren Welt. Voraussetzen möchte ich nur das eine, liebe Freunde, daß Sie aus Ihren bisherigen geisteswissenschaftIichen Studien mir entgegenbringen ein Gefühls- und Empflndungsverständnis für die geistige Welt. In bezug auf die Art und Weise, wie wir die Dinge benennen werden, werden wir uns im Laufe der Vorträge schon verständigen. AIles übrige ergibt sich ja in gewisser Beziehung von selbst, wenn wir uns im Laufe der Zeit ein Gefühls- und Empflndungsverständnis dafür angeeignet haben, daß hinter unserer sinnlichen Welt, hinter der Welt, die wir zunächst erleben als Menschen, eine geistige, eine spirituelle Welt steht und daß man ebenso, wie man eindringt in die physische Welt, indem man sie nicht nur als eine große Einheit betrachtet, sondern indem man sie in einzelne Pflanzen, einzelne Tiere, einzelne Mineralien, einzelne Völker, einzelne Menschen speziflziert betrachtet, man ebenso die spiriruelle Welt spezifizieren kann in einzelne Klassen und Individuen von spirituellen, von geistigen Wesenheiten. So daß wir auf dem Boden der Geisteswissenschaft nicht nur von einer geistigen, von einer spirituellen Welt im allgemeinen sprechen, sondern daß wir von ganz bestimmten Wesenheiten und Kräften sprechen, die hinter unserer physischen Welt stehen.

Was alles rechnen wir denn zur physischen Welt? Seien wir uns darüber zunächst klar. Zur physischen Welt rechnen wir alles das,

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was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können, was unsere Augen sehen, unsere Ohren hören, unsere Hände greifen können. Zur physischen Welt rechnen wir ferner alles dasjenige, was wir mit unseren Gedanken umspannen können, insofern diese Gedanken sich auf die äußere Wahrnehmung, auf das beziehen, was uns die physische Welt sagen kann. Zur physischen Welt müssen wir auch alles das rechnen, was wir selber als Menschen innerhalb dieser physischen Welt tun. Es könnte freilich leicht Bedenken erregen, wenn man sagt, daß alles das, was wir als Menschen in der physischen Welt tun, zur physischen Welt gehöre, denn man muß sich ja sagen, daß die Menschen, indem sie in der physischen Welt handeln, Geistiges in diese physische Welt heruntertragen. Die Menschen handeln ja nicht nur so, wie ihnen die physischen Triebe und Leidenschaften das eingeben, sondern sie handeln zum Beispiel nach moraIischen Prinzipien; Moral durchzieht unser Handeln, unser Tun. Gewiß, wenn wir moralisch handeln, spielen spirituelle Impulse in unser Handeln herein, aber der Schauplatz, auf dem wir moralisch handeln, ist doch die physische Welt. Und ebenso, wie in unser moralisches Handeln spirituelle Impulse hereinspielen, ebenso dringen durch die Farben, durch die Töne, durch Wärme und Kälte, durch alle sinnlichen Wahrnehmungen geistige Impulse zu uns.

Das Geistige ist zunächst für die äußere Wahrnehmung, für das, was der äußere Mensch erkennen und tun kann, überall gewissermaßen verborgen, verhüllt. Das ist das Charakteristische des Geistigen, daß der Mensch es erst erkennen kann, wenn er sich bemüht, wenigstens im geringen Maße, anders zu werden, als er von vornherein ist. Wir arbeiten in unseren geisteswissenschaftlichen Vereinigungen miteinander. Ja, wir hören da nicht nur diese oder jene Wahrheiten, die uns etwa sagen: Es gibt verschiedene Welten, der Mensch besteht aus verschiedenen Gliedern oder Leibern, oder wie man es nennen will -, sondern indem wir das alles auf uns wirken lassen, auch wenn wir es nicht immer bemerken, wird nach und nach, auch ohne daß wir eine esoterische Entwickelung durchmachen, unsere Seele zu etwas anderem. Das, was wir lernen auf

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dem Boden der Geisteswissenschaft, macht unsere Seele zu etwas anderem, als sie vorher war. Vergleichen Sie einmal die Art, wie Sie fühlen können, nachdem Sie einige Jahre das spirituelle Leben in einer Arbeitsgruppe für Geisteswissenschaft mitgemacht haben; vergleichen Sie die Art und Weise, wie Sie fühlen, wie Sie denken, dann mit der Art und Weise, wie Sie vorher gefühlt und gedacht haben oder wie die nicht für Geisteswissenschaft interessierten Menschen fühlen und denken: Geisteswissenschaft bedeutet nicht bloß die Aneignung eines Wissens, Geisteswissenschaft bedeutet eine Erziehung im eminentesten Maße, eine Selbsterziehung unserer Seele. Wir machen uns zu etwas anderem, die Interessen werden andere, die Aufmerksamkeiten, die der Mensch für das oder jenes entwickelt nach einigen Jahren, wenn er in die Geisteswissenschaft eingedrungen ist, sie werden anders. Was ihn früher interessiert hat, interessiert ihn nicht mehr; was ihn früher nicht interessiert hat, beginnt ihn im höchsten Maße zu interessieren. Man darf nicht bloß sagen: Derjenige erst erhält ein Verhältnis zur geistigen Welt, welcher eine esoterische Entwickelung durchgemacht hat. - Die Esoterik beginnt nicht erst mit der okkulten Entwickelung. In dem Augenblicke, wo wir uns mit irgendeiner geisteswissenschaftlichen Vereinigung verbinden und mit unserem ganzen Herzen dabei sind und fühlen, was in den Lehren der Geisteswissenschaft liegt, da beginnt schon die Esoterik, da beginnt schon unsere Seele sich umzuwandeln, da beginnt schon mit uns etwas Ähnliches, wie etwa vorgehen würde, sagen wir, mit einem Wesen, das vorher nur gesehen hätte Hell und Dunkel und das dann durch eine besondere, andere Organisation der Augen anfangen würde, Farben zu sehen: die ganze Welt würde anders aussehen für ein solches Wesen. Wir brauchen es nur zu bemerken, wir brauchen es uns nur zu gestehen, dann werden wir finden: die ganze Welt beginnt anders auszusehen, wenn wir die spirituelle Selbsterziehung eine Weile durchmachen, die wir haben können in einer geisteswissenschaftlichen Vereinigung. Dieses Sich-Erziehen zu einer ganz bestimmten Empfindung gegenüber der geistigen Welt, dieses Sich-Erziehen zu einem Hinblicken auf etwas, was hinter den physischen Tatsachen steht, das

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ist eine Frucht der geisteswissenschaftlichen Bewegung in der Welt, und das ist das Wichtigste am spirituellen Verständnis. Wir sollen nicht glauben, daß wir uns spirituelles Verständnis aneignen können durch eine bloße SentimentaIität, dadurch daß wir immer nur Sagen, wir wolIen unsere Gefühle mit Liebe durchdringen. Das wollen andere Menschen auch, wenn sie gute Menschen sind; damit würden wir uns nur einen gewissen Hochmut heranerziehen. Wir müssen uns vielmehr klar sein, wie wir unsere Gefühle dadurch erziehen, daß wir auf uns wirken lassen die Erkenntnis der Tatsachen einer höheren Welt, und durch diese Erkenntnis unsere Seele umgestalten. Diese besondere Art und Weise, unsere Seele zu einer Empfindung gegenüber einer höheren Welt zu erziehen, diese Art und Weise macht den Geisteswissenschafter aus. Dieses Verständnis brauchen wir zunächst, wenn wir über die Dinge reden wollen, von denen in diesem Vortragszyklus gesprochen werden soll.

Derjenige, der mit einem okkult geschulten Blick hinter die physischen Tatsachen zu schauen vermag, der findet hinter all dem, was sich ausbreitet als Farbe, als Töne, als Wärme, aIs Kälte, was sich ausbreitet an Naturgesetzen, sogleich Wesenheiten, die sich für die äußeren Sinne und für den äußeren Verstand nicht offenbaren, die hinter der physischen Welt liegen. Dann dringt er immer tiefer und tiefer, und er entdeckt sozusagen Welten mit Wesenheiten von immer höherer Gattung. Wenn wir uns ein Verständnis für alI das aneignen wollen, was da hinter unserer Sinneswelt liegt, dann müssen wir, gemäß der besonderen Aufgabe, die mir hier gestellt worden ist, eigentlich ausgehen von dem allernächsten, was wir antreffen hinter unserer sinnlichen Welt; von dem, was wir gleichsam antreffen, wenn wir nur den allerersten Schleier heben, den uns die sinnliche Wahrnehmung ausbreitet über das geistige Geschehen. Im Grunde genommen überrascht eigentlich die Welt, die sich dem okkult geschulten Blick als die nächste darstellt, am aller- meisten den heutigen Verstand, die gegenwärtige Fassungsgabe. Nun, ich spreche ja zu solchen, welche schon Geisteswissenschaftliches in sich aufgenommen haben, ich darf daher voraussetzen, Sie wissen, daß hinter dem, was uns zunächst äußerlich am Menschen

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entgegentritt, was wir am Menschen mit unseren Augen sehen, mit unseren Händen greifen, mit unserem Verstande in der gewöhnlichen Anatomie oder Physiologie begreifen können, daß hinter dem, was wir den physischen Menschenleib nennen, wir im geisteswissenschaftlichen Sinne gleich ein nächstes übersinnliches Glied erkennen. Wir nennen dieses nächste übersinnliche Glied des Menschen den Äther- oder auch wohl Lebensleib, den ätherischen Leib. Wir wollen heute nicht von noch höheren Gliedern der Menschen- natur sprechen, sondern wollen nur uns klarlegen, daß der okkulte Blick, der da imstande ist, hinter den physischen Körper zu schauen, zunächst den Äther- oder Lebensleib findet. Ein Ähnliches kann nun der okkulte Blick auch tun gegenüber der Natur draußen. Wie wir den Menschen okkult daraufhin anschauen können, ob er hinter seinem physischen Leib noch etwas anderes hat und wie wir dann finden den Ätherleib, den Lebenskörper, so können wir auch die Natur draußen in ihren Farben, in ihren Formen, in ihren Tönen, in ihren Reichen, im mineralischen, pflanzlichen, tierischen, menschlichen Reich, sofern sie uns physisch entgegentreten, anschauen mit dem okkulten Blick, und wir finden dann: So wie wir hinter dem physischen Leib des Menschen den Äther- oder Lebenskörper haben, so finden wir auch eine Art von Äther- oder Lebensköter hinter der ganzen physischen Natur. Nur ist ein gewaltiger Unterschied zwischen diesem Äther- oder Lebenskörper der ganzen physischen Natur und dem des Menschen. Wenn der okkulte Blick sich auf den Äther- oder Lebenskörper des Menschen richtet, dann sieht er ihn als eine Einheit, als ein zusammenhängendes Gebilde, als eine zusammenhängende Form oder Gestalt. Wenn der okkulte Blick das durchdringt, was sich in der Natur draußen darstellt als Farbe, als Form, als mineralische, pflanzliche, tierische Gebilde, wenn der okkulte Blick das alles durchdringt, dann findet er den Äther- oder Lebenskörpet der physischen Natur als eine Vielheit, als eine unendliche Mannigfaltigkeit. Das ist der große Unterschied: ein einziges einheitliches Wesen als Äther- oder Lebenskörper beim Menschen, viele verschiedene, differenzierte Wesen hinter der physischen Natur.

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Nun muß ich Ihnen den Weg zeigen, durch den man zu einer solchen Behauptung, wie sie eben getan worden ist, kommen kann; zu der Behauptung, daß sich ein Äther- oder Lebensleib - eigentlich eine Äther- oder Lebenswelt -, eine Vielheit, eine Mannigfaltigkeit differenzierter Wesen hinter unserer physischen Natur findet.

Wenn ich sagen will, wie man dazu kommen kann, dann kann ich das in die einfachen Worte kleiden: man gelangt immer mehr zu der Anerkennung dieser Äther- oder Lebenswelt hinter der physischen Natur dadurch, daß man beginnt, die ganze Welt, die um einen herum ist, moralisch zu empfinden. Was heißt das: die Welt moralisch empfinden? Wir richten zunächst einmal unseren Blick, von der Erde aufschauend, in die Weiten des Weltenraums, aus denen uns entgegenkommt das Blau des Himmels. Wir nehmen an, wir tun das an einem Tag, an dem kein Wölkchen, nicht das Ieiseste weiße Silberwölkchen die Himmelsbläue unterbricht. Wir nehmen an, wir blicken überall hin in das sich über uns ausspannende Blau des Himmels. Ob wir das im physischen Sinne anerkennen als etwas Reales oder nicht, darauf kommt es nicht an, auf den Eindruck kommt es zunächst an, den dieses sich ausspannende BIau des Himmels auf uns macht. Nehmen wir an, wir können dieses Sich-Hingeben an das Blaue des Himmels intensiv, lange, lange machen, und wir können es so machen, daß wir vergessen alles dasjenige, was uns sonst aus dem Leben bekannt ist oder was sonst im Leben um uns herum ist. Nehmen wir an, wir könnten alle äußeren Eindrücke, alle Erinnerungen, alle Sorgen des Lebens, alle Bekümmernisse des Lebens für einen Augenblick vergessen und ganz hingegeben sein dem einzigen Eindrucke des blauen Himmels. Ja, das, was ich Ihnen jetzt sage, kann jede menschliche Seele erfahren, wenn sie nur die entsprechenden Veranstaltungen unternimmt; eine allgemein menschliche Erfahrung kann das werden, was ich Ihnen jetzt sage. Nehmen Sie an, eine menschliche Seele blickt so auf nichts als auf das Blau des Himmels schauend: Dann tritt ein gewisser Moment ein, ein Moment, wo aufhört das Blau des Himmels, wo wir nicht mehr Blau sehen, nicht mehr etwas sehen, was wir in irgendeiner menschlichen Sprache mit Blau

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bezeichnen. Wenn wir aber uns auf unsere eigene Seele besinnen in dem Moment, wo das Blau aufhört für uns blau zu sein, dann werden wir in unserer Seele eine ganz bestimmte Stimmung bemerken: Das Blau verschwindet gleichsam, eine Unendlichkeit tut sich vor uns auf, und in diese Unendlichkeit hinein will eine ganz bestimmte Stimmung unserer Seele, ein ganz bestimmtes Gefühl, eine ganz bestimmte Empfindung unserer Seele sich ergießen in die Leerheit, die da entsteht, wo vorher Blau war. Und wollen wir diese Seelenempfindung, wollen wir das, was da hinaus will in alle unendlichen Fernen, wollen wir das benennen, dann haben wir dafür nur ein Wort: fromm fühlt unsere Seele, fromm gegenüber einer Unendlichkeit, hingegeben fromm. Alle religiösen Gefühle der Menschheitsentwickelung haben im Grunde genommen eine Nuance, welche das in sich schließt, was ich jetzt hier fromm nenne. Fromm hingegeben, religiös gestimmt, moralisch ist der Eindruck des blauen Himmelsgewölbes geworden. Eine moralische Empfindung hat das Blau, das weithin sich dehnt, in unserer Seele hervorgerufen: indem es als Blau verschwunden ist, lebte auf in unserer Seele eine moralische Empfindung gegenüber der äußeren Welt.

Und jetzt wollen wir uns auf eine andere Empfindung besinnen, wo wir wieder in anderer Weise uns moralisch stimmen können gegenüber der äußeren Natur. Wir wollen hinbIicken, wenn die Bäume ausschIagen und die Wiesen sich mit Grün füllen, wir wollen unseren Blick richten auf das Grün, das in der mannigfaltigsten Weise die Erde bedecken oder uns aus den Bäumen entgegentreten kann, und wir wollen es wieder so machen, daß wir alles vergessen, was an äußeren Eindrücken auf unsere Seele wirken kann, und uns lediglich hingeben dem, was da in der äußeren Na- tur vor uns hintritt als das Grün. Wenn wir wieder imstande sind, uns dem, was real aIs das Grüne aufschießt, hinzugeben, so können wir dies wieder so weit treiben, daß das Grüne als Grünes für Uns verschwindet, wie früher das Blaue als Blaues verschwunden ist. Wir können also wieder nicht sagen, eine Farbe breitet sich vor unserem Blick aus, dafür aber - ich bemerke ausdrücklich, ich

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erzähle Dinge, die jeder an sich erfahren kann, der die betreffenden Veranstaltungen macht, - fühlt die Seele eigenartig. Sie fühlt: Jetzt verstehe ich das, was ich erlebe, wenn ich in mir vorstelle, wenn ich in mir denke, schaffe, wenn ein Gedanke in mir aufschießt, wenn eine Vorstellung in mir erklingt! Das verstehe ich erst jetzt, das lehrt mich erst das Hervorsprießen des Grünen überall um mich herum. Ich fange an, das Innerste meiner Seele zu verstehen an der äußeren Natur, wenn sie als äußerer Natureindruck verschwunden ist und mir ein moralischer Eindruck dafür geblieben ist. Das Grün der Pflanzen sagt es mir, wie ich fühlen sollte in mir selbst, wenn meine Seele begnadet ist, Gedanken zu denken, Vorstellungen zu hegen. - Wiederum ist ein äußerer Natureindruck verwandelt in eine moralische Empfindung.

Oder wir blicken hin auf eine weiße Schneefläche. Sie kann in derselben Art, wie das jetzt hier für das Blau des Himmels und das Grün der Pflanzendecke geschildert worden ist, in uns eine moralische Empfindung auslösen. Sie wird die moralische Empfindung auslösen für alles das, was wir nennen die Erscheinung des Stoffes in der Welt. Und erst, wenn man über die weiße Schneedecke hinschauend alles übrige vergessen hat und das Weiße empfindet und dann verschwinden läßt, dann bekommt man ein Verständnis für das, was die Welt als Stoff erfüllt. Dann fühlt man den Stoff webend und wesend in der Welt.

Und so kann man alle äußeren Gesichtseindrücke in moralische verwandeln, so kann man Gehöreindrücke in moralische Empfindungen verwandeln. Nehmen wir an, wir hören einen Ton und hören daraufhin seine Oktave. Wenn wir gegenüber diesem Zweiklang eines Grundtones und seiner Oktave wiederum unsere Seele so stimmen, daß sie alles übrige vergißt, alles sonstige aus sich ausschaltet und dann, ganz hingegeben diesem Zweiklange des Grundtones der Prim und der Oktave, endlich es dahinbringt, trotzdem diese zwei Töne tönen, sie nicht mehr zu hören, gleichsam die Aufmerksamkeit abzuwenden von diesem Zweiklang, dann finden wir, daß in unserer Seele wiederum eine moralische Empfindung losgelöst wird. Wir fangen dann an, ein geistiges Verständnis zu

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empfangen für das, was wir erleben, wenn in uns ein Wunsch lebt, der uns zu irgend etwas hinführen will, und dann unsere Vernunft auf diesen Wunsch wirkt. Das Zusammenklingen von Wunsch und Vernunft, von Gedanke und Begierde, wie sie in der menschlichen Seele leben, dies empfindet sie an einem Ton und seiner Oktave.

So könnten wir die mannigfaltigsten Sinnesempfindungen auf uns wirken lassen. Wir könnten auf diese Weise das, was wir rings- herum in der Natur durch unsere Sinne wahrnehmen, gleichsam verschwinden lassen, so daß diese sinnliche Decke hinweggehoben wird; dann würden überall moralische Empfindungen der Sympathie und Antipathie auftreten. Und wenn wir auf diese Weise uns angewöhnen, alles das, was unsere Augen sehen, was unsere Ohren hören, was unsere Hände greifen, was unser Verstand, der an das Gehirn gebunden ist, versteht, auszuschalten und uns angewöhnen, doch der Welt gegenüberzustehen, dann wirkt ein Tieferes in uns als die Sehkraft unserer Augen, als die Hörkraft unserer Ohren, als die Verstandeskraft unseres Gehirndenkens: dann stehen wir mit einem tieferen Wesen der Außenwelt gegenüber. Dann wirkt die Weite der Unendlichkeit auf uns so, daß wir religiös gestimmt werden. Dann wirkt die grüne Pflanzendecke auf uns so, daß wir uns selbst in unserem Innern geistig erblühen fühlen und empfinden. Dann wirkt die weiße Schneedecke so, daß wir an ihr Verständnis gewinnen, was Materie, was Stoff ist in der Welt. Dann erfaßt etwas Tieferes in uns die Welt als das, was sonst die Welt erfaßt. Daher kommen wir auf diese Weise auch zu etwas Tieferem in der Welt als sonst. Da ist gleichsam hinweggezogen der äußere Schleier der Natur, und wir kommen in eine Welt, die hinter diesem äußeren Schleier liegt.

Geradeso wie wir, wenn wir hinter den physischen Leib des Menschen blicken, in den Äther- oder Lebensleib gelangen, so kommen wir auf diese Weise in ein Gebiet, auf dem sich uns nach und nach mannigfaltige Wesenheiten enthüllen, jene Wesenheiten, welche hinter dem mineralischen Reich, hinter dem pflanzlichen und tierischen Reich wesen und kraften. Die ätherische Welt geht uns nach und nach differenziert in ihren Einzelheiten auf. Man hat in

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der okkulten Wissenschaft immer das, was auf die geschilderte Weise dem Menschen nach und nach aufgeht, die elementarische Welt genannt, und diejenigen geistigen Wesenheiten, zu denen wir kommen, wenn der Weg beschritten wird, von dem wir gesprochen haben, diese geistigen Wesenheiten sind die elementarischen Geister, die hinter allem Physisch-Sinnlichen verborgen liegen.

Ich sagte schon, während der ätherische Leib des Menschen ein Einheitliches ist, ist das, was wir als die ätherische Welt der ganzen Natur wahrnehmen, eine Vielheit, eine Mannigfaltigkeit. Wie können wir denn, da das etwas ganz Neues ist, was wir da wahrnehmen, uns in die Möglichkeit versetzen, etwas zu beschreiben von dem, was da hinter der äußeren Natur allmählich auf uns eindringt? Nun, wir können es, wenn wir vergleichsweise an das anknüpfen, was bekannt ist. Wir finden in der ganzen Mannigfaltigkeit, die da hinter der physischen Welt liegt, zunächst Wesenheiten, welche abgeschlossene Bilder geben für den okkulten Blick. Ja, ich muß schon an Bekanntes anknüpfen, um das zu charakterisieren, was wir da zunächst finden. Abgeschlossene Bilder, Wesenheiten von bestimmter Begrenzung nehmen wir wahr, von denen wir sagen können, daß sie sich ihrer Form oder Gestalt nach beschreiben lassen. Diese Wesenheiten sind die eine Klasse dessen, was wir zunächst finden hinter der physisch.sinnlichen Welt. Eine zweite Klasse von Wesenheiten, die wir da finden, können wir nur beschreiben, wenn wir absehen von dem, was sich in festen Formen zeigt, was feste Gestalten hat, wenn wir aussprechen das Wort Metamorphose, Gestaltenwandlung. Das ist das Zweite, was sich dem okkulten Blick darbietet. Wesen, die bestimmte Formen haben, gehören zur einen Klasse, Wesen, die eigentlich in jedem Augenblick ihre Gestalt wandeln, die, indem sie uns entgegentreten und wir glauben sie zu fassen, schon wieder anders sind, so daß wir ihnen nur folgen können, wenn wir selber unsere Seele beweglich und empfängIich machen, gehören zu dieser zweiten Klasse.

Der okkulte Blick findet die erste Klasse von Wesenheiten, die eine ganz bestimmte Form haben, eigentlich nur dann, wenn er von solchen Voraussetzungen aus, wie sie Ihnen geschildert worden

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sind, in - die Tiefen der Erde hineindringt. Ich habe Ihnen gesagt, man soll alles das, was in der Außenwelt auf uns wirkt, zu moralischer Wirkung erheben, wie es geschildert worden ist. Wir haben als Beispiel angeführt, wie man zu moralischen Eindrücken erheben kann das Blau des Himmels, das Grün der Pflanzen, das Weiß des Schnees. Nehmen wir an, wir dringen in das Innere der Erde ein. Wenn wir uns zu Genossen, sagen wir, von Bergarbeitern machen, dann kommen wir, in das Innere der Erde dringend, allerdings in Gebiete, in denen wir nicht unser Auge zunächst so schulen können, daß es einen Blick in einen moralischen Eindruck verwandelt. Aber wir merken da in unserem Gefühl Wärme, differenzierte Wärmeunterschiede. Diese müssen wir erst empfinden, das muß der physische Eindruck, der physische Natureindruck sein, wenn wir in das Reich des Irdischen eintauchen. Wenn wir diese Wärmedifferenzen, diese Wärmeverschiebungen ins Auge fassen und das, was sonst auf unsere Sinne wirkt, indem wir da hinunter- gehen, außer acht lassen, dann bekommen wir gerade durch dieses Eindringen in das Innere der Erde, durch dieses Uns-verbunden- Fühlen mit dem Wirksamen des Inneren der Erde, ein bestimmtes

Erlebnis: Wenn wir nämlich dann alles außer acht lassen, was da Eindrücke macht, wenn wir uns bemühen, da unten nichts zu empfinden, auch nicht die Wärmedifferenzen, durch die wir uns nur vorbereitet haben, wenn wir uns bemüIien, nichts zu hören und zu sehen, sondern den Eindruck nachwirken zu lassen so, daß das als ein Moralisches aus unserer Seele herauftaucht, dann ersteht vor unserem okkulten Blick diejenige KIasse von schaffenden Naturwesenheiten, die eigentIich in allem Irdischen, namentlich in allem Metallischen, für den OkkuItisten real wirksam ist und die sich seiner Imagination, seiner imaginativen Erkenntnis in scharfumrissenen Gestalten der verschiedensten Art zum Ausdruck bringt. Derjenige, der mit einer okkulten Erziehung und zu gleicher Zeit mit einer gewissen Liebe zur Sache - die gehört ganz besonders dazu auf diesem Gebiete - sich zum Genossen von Bergleuten macht, der in Bergwerke eindringt und da unten vergessen kann aIle äußeren Eindrücke, der fühlt aufgehen vor seiner Imagination

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die nächste Klasse sozusagen von Wesenheiten, die hinter allem Irdischen, allem Metallischen namentlich, schaffend und webend sind. Ich spreche heute noch nicht davon, wie Volksmärchen und Volkssagen sich dessen, was in solcher Weise real ist, bemächtigt haben, ich möchte Ihnen zuerst einmal gleichsam trocken die Tatsachen, die sich dem okkulten Blick darbieten, erzählen. Denn nach der Aufgabe, die mir gestellt ist, muß ich empirisch vorgehen, muß ich zunächst erzählen, was man da findet in den verschiedenen Naturreichen. So habe ich es verstanden, als das Thema mir gestellt worden ist.

Ebenso, wie man mit dem okkulten Blick so in seiner Imagination festbegrenzte Naturwesenheiten wahrnimmt, wie man auf diese Weise festgeformte Wesenheiten vor sich haben kann, für die man Grenzen sieht, die man aufzeichnen könnte, so ergibt sich eine andere Möglichkeit für den okkulten Blick, einen Eindruck zu haben von Wesenheiten, die unmittelbar hinter dem Schleier der Natur stehen. Wenn man, sagen wir, an einem Tag, wo die Witterungsverhältnisse sich jeden Augenblick ändern, wo beispielsweise Wolken sich bilden, aus den Wolken der Regen herunterfällt, wo vielleicht auch, von der Erdoberfläche ausgehend, wiederum Nebel sich aufwärts heben - wenn man an einem solchen Tage sich diesen Erscheinungen in derselben Weise hingibt, wie vorhin geschildert, so daß man einen moralischen Eindruck an die Stelle des physischen treten läßt, dann kann man wieder ein bestimmtes Erlebnis haben. Besonders geeignet ist es, wenn man sich dem eigentümlichen Spiel hingibt, sagen wir, einer in einem Wasserfall sich zerstäubenden, sich überschlagenden Wassermasse; wenn man sich hingibt den sich bildenden, sich auflösenden Nebeln und dem Wasserdunst, der die Luft erfüllt und rauchförmig nach oben geht, oder wenn man einen feinen Regen nach unten strömen sieht oder auch ein leises RieseIn durch die Luft gehen fühlt. Wenn man all dem gegenüber moralisch empfindet, so ergibt das die zweite Klasse von Wesenheiten, denen gegenüber wir anwenden möchten das Wort Metamorphose, Verwandlung. Diese zweite Gruppe von Wesenheiten könnten wir nicht zeichnen, so wenig wie man eigentlich

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den Blitz malen kann. Man kann eine bestimmte Gestalt, die nur einen Augenblick vorhanden ist, festhalten, im nächsten ist das alles schon verwandelt. Also solche sich immer verwandelnden Wesenheiten, deren Symbol wir für die Imagination höchstens finden können in den sich verwandelnden Wolkengebilden, sie erscheinen uns als die zweite Klasse von Wesenheiten.

Aber wir machen noch auf eine andere Weise als Okkultisten Bekanntschaft gerade mit diesen Wesenheiten. Wenn wir Pflanzen betrachten, wie sie zur Frühlingszeit aus der Erde herauskommen - wohlgemerkt, wenn sie die ersten grünen Sprossen heraustreiben, nicht später, wenn sie sich schon anschicken, Früchte zu tragen -, dann fühlt der okkulte Blick, daß dieselben Wesenheiten, die er entdeckt hat in den zerstäubenden und sich wiederum überschlagenden Wassermassen und in den sich sammelnden Nebeln, umspülen die Pflanzenknospen. So daß wir sagen können, daß, wenn wir hier aus der Erde die Pflanze heraussprossen sehen, wir sie überall umspült sehen von solchen sich metamorphosierenden Wesenheiten. Und der okkulte Blick fühlt dann, als wenn das, was da oben unsichtbar über der Pflanzenknospe webt und west, etwas zu tun hätte mit dem, was die Pflanze aus dem Boden herausstreben macht, herausholt aus dem Boden. Ja sehen Sie, meine lieben Freunde, die gewöhnliche physische Wissenschaft erkennt nur das Wachstum der Pflanzen, weiß nur, daß die Pflanze eine Triebkraft hat, die von unten nach oben sprießt. Der Okkultist aber erkennt: Bei der Blüte ist das anders. Nehmen wir an, da wäre ein junger Pflanzensproß. Der Okkultist erkennt um den jungen Pflanzensproß herum sich metamorphosierende Wesenheiten, die gleichsam entlassen sind aus der Umgebung und herunterdringen; die nicht bloß, wie es das physische Wachstumsprinzip tut, von unten nach oben gehen, sondern die von oben nach unten wirkend die Pflanzen herausholen aus dem Boden. So daß der okkulte Blick im Frühling, wenn die Erde sich mit Grün überdeckt, etwas fühlt wie aus dem Weltall herniedersteigende Naturkräfte, die herausholen das, was in dem Erdenboden ist, damit das Erdeninnere ansichtig werden kann des Himmels, der äußeren Umwelt. Ein immer Bewegliches ist über der Pflanze, und

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das ist das Charakteristische, daß der okkulte Blick sich eben eine Empfindung dafür aneignet, daß das, was da die Pflanze umwebt, dasselbe ist, was in dem verdunstenden und sich zu Regen ballenden Wasser auch vorhanden ist. Das ist die zweite Klasse von, sagen wir, Naturkräften und Naturwesenheiten.

Wenn wir morgen übergehen zur Schilderung der dritten und vierten Klasse, die noch viel interessanter ist, so wird sich uns das noch genauer zeigen. Das müssen wir festhalten, wenn wir solche Betrachtungen anstellen, die so weit abliegen von dem gegenwärtigen Bewußtsein der Menschheit: Alles, was uns entgegentritt im Physischen, ist durchzogen von einem Geistigen. Wie wir uns den einzelnen Menschen durchdrungen zu denken haben von dem, was der okkulte Blick als den Ätherleib sieht, so haben wir uns alles, was da draußen in der Welt webt und west, durchdrungen zu denken von einer Vielheit, von einer Mannigfaltigkeit von geistigen, spirituellen lebendigen Weseiiheiten und Kräften. Das soll der Gang unserer Betrachtungen sein, daß wir zunächst einfach die Tatsachen schildern, die der okkult geschulte Blick erleben kann an der Außenwelt; Tatsachen, die sich ergeben, wenn wir anschauen die Tiefen der Erde, den Luftkreis, das, was in den einzelnen Naturreichen geschieht, was in den Himmelsweiten bei den sich bewegenden Planeten, bei den die Himmelsräume erfüllenden Fixsternen geschieht, und daß wir das Ganze erst zuletzt zu einer Art von theoretischer Erkenntnis verbinden, die uns aufklären kann über das, w4s geistig unserem physischen Weltall und seinen verschiedenen Reichen und Gebieten zugrunde liegt.

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ZWEITER VORTRAG Helsingfors, 4. April 1912

Gestern abend versuchte ich zunächst, den Weg zu zeigen, der die menschliche Seele hinführt zur Beobachtung jener geistigen Welt, die unmittelbar hinter unserer sinnlich-physischen Welt verborgen ist, und ich versuchte aufmerksam zu machen auf zwei Klassen, auf zwei Kategorien von geistigen Wesenheiten, welche der okkulte Blick findet, wenn er in der gestern geschilderten Art den Schleier hinweghebt von der Sinneswelt. Es sollen zunächst heute noch zwei andere Arten, Kategorien von Naturgeistern besprochen werden. Die eine Art, also eine besondere Kategorie, ergibt sich für den okkult geschulten Blick dann, wenn man beobachtet das allmähliche Hinwelken und Absterben, sagen wir, der Pflanzenwelt im Spätsommer oder im Herbst, überhaupt das Absterben der natürlichen Wesenheiten. Schon wenn die Pflanzen beginnen, Früchte zu entwickeln in ihren Blüten, kann man dieses Entwickeln der Früchte 50 auf die Seele wirken lassen, wie wir es gestern geschildert haben. Und auf dieselbe Weise, wie das gestern geschildert worden ist, erhält man dann für seine Imagination den Eindruck von geistigen Wesenheiten, welche etwas zu tun haben mit dem Absterben, mit dem Hinwelken der natürlichen Wesenheiten. So wie wir gestern schildern konnten, daß die Pflanzen im Frühling gleichsam herausgezogen werden aus der Erde von gewissen Wesenheiten, die einer fortwährenden Metamorphose unterliegen, 50 können wir sagen: Wenn die Pflanzen zum Beispiel sich allmählich heranentwickelt haben und wiederum die Notwendigkeit beginnt, daß sie welken, dann greifen andere Wesenheiten ein, Wesenheiten, von denen wir nicht einmal sagen können, daß sie ihre Gestalten fortwährend verwandeln, denn wir können eigentlich von ihnen nur sagen, daß sie keine rechte Gestalt haben. Blitzartig aufleuchtend, wie kleine Meteore aufleuchtend und wieder verschwindend, 50 erscheinen sie uns, wieder aufblitzend und wieder verschwindend,

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so daß sie eigentlich gar keine bestimmte Gestalt haben, sondern wie über unsere Erde hinhuschend, meteor- oder irrlichtartig auf- leuchtend und verglimmend sind. Diese Wesenheiten hängen zu- nächst zusammen mit dem Heranreifen alles dessen, was in den Reichen der Natur vorhanden ist. Damit Wesenheiten in den Natur- reichen reif werden können, sind diese Kräfte oder Wesenheiten vorhanden. Für den okkulten Blick sind diese Wesenheiten eigentlich nur dann wahrnehmbar, wenn er sich einzig und allein auf die Luft selber richtet, und zwar auf eine möglichst reine Luft. Wir haben die zweite Art von Naturwesenheiten gestern so schildern müssen, daß wir das versprühende oder sich wieder sammelnde Wasser auf uns wirken lassen, das in den Wolkengebilden oder sonstwie unserer Betrachtung sich darbietet. Möglichst wasserreine Luft, die vom Sonnenlicht und von der Sonnenwärme durchspielt wird, muß auf die Seele wirken, wenn man die Imagination von diesen meteorisch aufleuchtenden und wieder verglimmenden Wesenheiten erhalten will, welche gleichsam unsichtbar in der wasserreinen Luft leben und gierig einsaugen das Licht, von dem die Luft durchdrungen ist und das sie aufglänzen und aufleuchten läßt. Diese Wesenheiten sind es, die sich dann niedersenken zum Beispiel auf die Pflanzenwelt oder auch auf die tierische Welt und das Reifen besorgen.

Wir sehen schon aus der Art, wie wir zu diesen Wesenheiten kommen, daß sie in einer gewissen Beziehung stehen zu dem, was man im Okkultismus von altersher die Elemente nennt. Was wir gestern als die erste Art solcher Wesenheiten geschildert haben, findet man ja, wenn man in die Tiefen der Erde hinuntersteigt, wenn man in das Feste unseres Planeten eindringt; da er,geben sich für unsere Imagination Wesenheiten von einer bestimmten Form, so daß wir diese Wesenheiten auch nennen können die Naturgeister des Festen oder die Naturgeister der Erde. Die zweite Kategorie, die wir gestern schilderten, fanden wir im sich zusammenziehenden und auseinanderstiebenden Wasser; daher können wir diese geistigen Wesenheiten in Zusammenhang bringen mit dem, was der Okkultismus von altersher das flüssige oder Wasser-

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element nennt. Darinnen metamorphosieren sie sich, übernehmen gleichzeitig die Rolle, alles das, was wächst, was hervorsprießt, aus dem Erdboden herauszuziehen. Und mit dem Element der möglichst wasserfreien Luft stehen diejenigen Wesenheiten in Zusammenhang, von denen wir heute sprechen konnten. So daß wir reden können von Naturgeistern der Erde, des Wassers und der Luft.

Noch eine vierte Kategorie von solchen geistigen Wesenheiten kÖnnen wir ins Auge fassen. Der okkulte Blick kann sich bekannt machen mit dieser vierten Kategorie, wenn er wartet, bis eine Blüte es zur Frucht und zum Keim gebracht hat, und dann beobachtet, wie der Keim allmählich heranwächst zu einer neuen Pflanze. Nur bei dieser Gelegenheit kann man leicht - sonst ist es schwierig - die vierte Art dieser Wesenheiten beobachten, denn die vierte Art, das sind die Bewahrer aller Keime, aller Samen innerhalb unserer Naturreiche. Sie tragen als die Hüter den Samen von einer Generation von Pflanzen oder auch anderen Naturwesen hinüber zu der nächsten Generation. Und beobachten können wir, daß diese Wesenheiten, welche die Bewahrer der Samen oder der Keime sind und es dadurch möglich machen, daß immer wieder dieselben Wesen auf unserer Erde auftauchen, daß diese Wesenheiten zusammenleben mit der Wärme unseres Planeten, mit dem, was man von altersher genannt hat das Element des Feuers oder das Element der Wärme. Deshalb sind auch die Samenkräfte verbunden mit einem bestimmten Wärmegrad, mit einer bestimmten Temperatur. Und wenn der okkulte Blick ganz genau beobachtet, dann findet er eben, daß die nötige Umwandlung der Wärme der Umgebung in eine solche Wärme, wie sie der Same oder der Keim braucht, um heranzureifen, daß diese Umwandlung der leblosen Wärme in die lebendige Wärme besorgt wird von solchen Wesenheiten. Daher kann man diese Wesenheiten auch als die Naturgeister der Wärme oder des Feuers bezeichnen. So daß wir nun zunächst - das Genauere werden wir schon in den nächsten Vorträgen hören - vier Kategorien von Naturgeistern kennengelernt haben, welche eine gewisse Beziehung haben zu dem, was man die Elemente Erde,

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Wasser, Luft und Feuer nennt, gleichsam als ob diese geistigen Wesenheiten ihren Bezirk, ihr Territorium hätten in diesen Elementen, wie der Mensch selber seinen Bezirk, sein Territorium auf dem ganzen Planeten hat. Wie er da heimisch ist gegenüber dem Weltenall, so haben diese Wesenheiten ihr Territorium je in einem der genannten Elemente.

Wir haben schon gestern darauf aufmerksam gemacht, daß diese verschiedenen Wesenheiten für unsere gesamte Erde mit ihren Naturreichen, also für unsere irdische, physische Welt, dasjenige bedeuten, was für den einzelnen Menschen der ätherische Körper oder Lebenskörper oder Lebensleib bedeutet. Nur, haben wir gesagt, ist dieser Lebensleib eine Einheit, während der Ätherkörper der Erde aus vielen, vielen solchen Naturgeistern besteht, die noch dazu in vier Kategorien zerfallen. In dem lebendigen Zusammenwirken dieser Naturgeister besteht der ätherische oder Lebensleib der Erde. Der ist also keine Einheit, sondern der ist eine Vielheit, eine Mannigfaltigkeit. Wenn man diesen ätherischen Körper der Erde erkennen will mit dem okkulten Blick, dann muß man, wie es gestern geschildert worden ist, die physische Welt moralisch auf sich wirken lassen und dadurch den Schleier der physischen Welt hinwegziehen. Dann wird gleichsam das, was unmittelbar unter diesem Schleier liegt, dieser ätherische Leib der Erde, sichtbar.

Wie ist es nun, wenn man auch das hinwegzieht, was als solcher ätherischer Leib der Erde zu bezeichnen ist? Wir wissen ja, daß als drittes Glied der menschlichen Wesenheit hinter dem ätherischen Körper der astralische Leib, der astralische Körper ist, der Körper, welcher der Träger unserer Begierden, unserer Wünsche, unserer Leidenschaften ist. So daß wir, wenn wir von den höheren Gliedern der Menschennatur absehen, sagen können: Wir haben zuerst am Menschen den physischen Leib, dann hinter dem physischen Leib den ätherischen und hinter dem ätherischen den astralischen Leib. Geradeso ist es bei der äußeren Natur: Wenn wir das Physische hinwegziehen, kommen wir allerdings auf eine Vielheit, aber diese stellt uns dar den ätherischen Leib unserer gesamten Erde mit allen

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ihren Naturreichen. Können wir nun auch von einer Art astralischem Leib der Erde sprechen, von etwas, was in bezug auf die ganze Erde, in bezug auf alle Reiche unserer Erde dem astralischen Leib des Menschen entspricht? Man kann allerdings nicht so leicht zu diesem astralischen Leib der Erde vorrücken wie zu dem ätherischen Körper. Wir haben gesehen, daß man einfach zu dem ätherischen Leib vorrückt, wenn man die Erscheinungen der Welt nicht bloß durch die Sinneseindrücke, sondern moralisch auf sich wirken läßt WiII man aber weiterdringen, dann sind für den Menschen tiefere okkulte Übungen notwendig, wie Sie sie zum Teil, soweit sie in einer äußeren Publikation mitgeteilt werden können, beschrieben finden in meiner Schrift «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? » Bei einem bestimmten Punkt der esoterischen oder okkulten Entwickelung, wie Sie dort nachlesen können, beginnt ja der Mensch auch in der Zeit, in welcher er sonst bewußtlos ist, nämlich vom Einschlafen bis zum Aufwachen, bewußt zu werden. Wir wissen ja, daß der gewöhnliche bewußtlose Zustand, der gewöhnliche Schlafzustand des Menschen darauf beruht, daß der Mensch im Bette Iiegenläßt seinen physischen Leib und Atherleib und den astralischen Leib und das andere, was zu ihm gehört, herauszieht: aber dann ist der Merssch auch für den normalen Zu- stand bewußtlos. Wenn er immer mehr und mehr sich jenen Übungen hingibt, die in Meditation und Konzentration und sc> weiter liegen, wenn er die schlummernden verborgenen Kräfte seiner Seele immer kräftiger macht, dann kann er einen bewußten Schlafzustand herstellen, so daß der Mensch nicht bewußtlos ist, wenn er seinen astralischen Leib aus dem physischen und Atherleib herausgeholt hat, sondern daß er dann um sich herum hat allerdings nicht die physische Welt, auch nicht die Welt, die bisher geschildert worden ist, die Welt der Naturgeister, sondern eine andere, eine noch spirituellere, eine geistigere Welt als die bisher geschilderte. Wenn der Augenblick eintritt für den Menschen, daß er sein Bewußtsein aufleuchten fühlt, nachdem er sich freigemacht hat von seinem physischen und seinem ätherischen Leib, dann nimmt er eine ganz neue Art von geistigen Wesenheiten wahr.

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Das nächste, was dem okkulten Blick, der so weit geschult ist, auffällt, das ist, daß diese neue Art von Geistern, die er jetzt wahrnimmt, gleichsam die Befehlshaber der Naturgeister sind. Machen wir uns klar, inwieweit sie die Befehlshaber sind. Sehen Sie, ich habe Ihnen gesagt, daß diejenigen Wesenheiten, die wir nennen können die Naturgeister des Wassers, Jbesonders bei der heraussprießenden, aus dem Boden hervorquellenden Pflanzenwelt wirken. Diejenigen Naturgeister, die wir nennen können die Naturgeister der Luft, spielen mehr eine Rolle, wenn im Spätsommer und im Herbst die Pflanzen verwelken, hinsterben sollen. Da senken sich die meteorartigen Luftgeister über die Pflanzenwelt herunter und ersättigen sich gleichsam an der Pflanzenwelt, indem sie diese in ihren Sommergestaltungen und Frühlingsgestaltungen hinwelken lassen. Diese Ordnung, daß in der Hauptsache einmal die Geister des Wassers, das andere Mal die Geister der Luft auf diesem oder jenem Erdengebiet wirken, diese Dinge ändern sich ja nach den verschiedenen Erdengebieten; auf der nördlichen Erdhälfte ist es selbstverständlich ganz anders als auf der südlichen. Diese Anordnung, zu dem richtigen Zeitpunkt die entsprechenden Naturgeister zu ihrer Beschäftigung gleichsam hinzudirigieren, treffen diejenigen geistigen Wesenheiten, die man erst erkennen lernt, wenn der okkulte Blick so weit geschult ist, daß der Mensch, wenn er sich von seinem Ätherleib und seinem physischen Leib befreit hat, auch noch in seiner Umgebung etwas wahrnehmen kann. So daß wir zum Beispiel sagen können: Es wirken mit unserer Erde, mit unserem Erdenplaneten im Zusammenhang geistige Wesenheiten, welche die Arbeiten der Naturgeister auf die Jahreszeiten verteilen, welche also den Wechsel der Jahreszeiten dadurch herbeiführen für die verschiedenen Gegenden der Erde, daß sie die Arbeiten der Naturgeister verteilen. Diese geistigen Wesenheiten stellen dasjenige dar, was wir nennen könnten den Astralleib der Erde. Sie sind auch dieselben, in welche der Mensch des Abends, wenn er einschläft, mit seinem eigenen astralischen Leib unter- taucht. Mit der Erde verbunden ist dieser astralische Leib, der aus höheren Geistern besteht, und in das Gebiet dieser höheren Geister,

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die da umspielen den Erdplaneten und ihn durchdringen wie eine geistige Atmosphäre, taucht der eigene Astralleib des Menschen während der Nachtzeit unter.

Nun besteht für die okkulte Beobachtung ein großer Unter- schied zwischen den zuerst beschriebenen Kategorien von Natur- geistern, den Geistern der Erde, den Geistern des Wassers und so weiter, und diesen Geistern, welche die Naturgeister wiederum dirigieren. Die Naturgeister beschäftigen sich damit, die Natur- wesen reifen zu lassen, verwelken zu lassen, alsc Leben hineinzubringen in das gesamte planetarische Erdgebiet. Anders ist das bei diesen geistigen Wesenheiten, die wir in ihrer Gesamtheit als den astralischen Leib der Erde bezeichnen können. Diese geistigen Wesenheiten sind so, daß der Mensch, wenn er mit seinem okkulten Blick sich mit ihnen bekannt machen kann, sie schon empfindet als Wesenheiten, welche mit seiner eigenen Seele, mit seinem eigenen Astralleib etwas zu tun haben, Wesenheiten, welche so wirken auf den astralischen Leib des Menschen und auch auf den astralischen Leib der Tiere, daß wir nicht bloß von einer beleben- den Wirkung sprechen können, sondern von einer Wirkung, wie die Wirkung von Gefühlen, von Gedanken auf unsere eigene Seele ist. Die Naturgeister des Wassers, der Luft, die beobachtet man und man kann sagen, sie seien in der Umgebung; diese geistigen Wesenheiten, von denen wir jetzt sprechen, von denen kann man nicht sagen, sie seien in unserer Umgebung, sondern man ist eigentlich immer mit ihnen vereint, wie in sie ergossen, wenn man sie wahrnimmt. Man geht in ihnen auf, und sie sprechen zu einem im Geiste. Es ist so, wie wenn man aus der Umgebung Gedanken und Gefühle wahrnehmen würde, und auch Willensimpulse, Sympathien und Antipathien kommen zum Ausdruck in demjenigen, was da diese Wesenheiten uns an Gedanken, an Gefühlen, an Willensimpulsen zufließen lassen. So daß wir, man möchte Sagen, schon den menschlichen Seelen ähnliche Wesen in dieser Art, in dieser Kategorie von Geistern zu sehen haben.

Wenn wir noch einmal zurückblicken auf das, was wir angeführt haben, so können wir sagen, daß auch alle Arten von Anord

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nungen in der Zeit, von Verteilung in den Zeit- und Raumverhältnissen mit diesen Wesenheiten zusammenhängen. Daher ist uns im Okkultismus ein altes Wort erhalten zur Bezeichnung von diesen Weseiiheiten, die wir in der Gesamtheit erkennen als den astralischen Leib der Erde, und dieses Wort würde, im Deutschen ausgedrückt, heißen: Geister der Umlaufszeiten. So daß also nicht nur der regelmäßige Jahresumlauf im Wachsen und Verwelken der Pflanzen, sondern auch der regelmäßige Umlauf, der sich in bezug auf den Erdplaneten in Tag und Nacht ausdrückt, von solchen Geistern bewirkt wird, welche zum astralischen Leib der Erde zu rechnen sind. Mit anderen Worten, alles, was mit rhythmischer Wiederkehr, rhythmischer Abwechslung, was mit dem Wechsel der Zeitverhältnisse und der Wiederholung der Zeitgeschehnisse zusammenhängt, das wird angeordnet von geistigen Wesenheiten, die alle zusammen zum astralischen Leib der Erde gehören und auf welche anwendbar ist der Name «Geister der Umlaufszeiten unseres Planeten». Und dasjenige, was der Astronom durch seine Berechnungen herausflndet von dem Umdrehen der Erde um ihre Achse, das ist dem okkulten BIick dadurch wahrnehmbar, daß er um die ganze Erde herum verteilt weiß diese Geister der Umlaufszeiten, welche wirklich die Träger der Kräfte sind, die die Erde um ihre Achse herum drehen. Es ist außerordentlich wichtig, daß man in dem astralischen Leib der Erde aIles dasjenige sieht, was mit dem gewöhnlichen Wechsel zusammenhängt, mit dem Aufblühen und Verblühen der Pflanzen, aber auch alles das, was mit dem Wechsel, bis zu Tag und Nacht hin, in den Jahreszeiten, in den Tageszeiten und so weiter zusammenhängt. Alles das, was so geschieht, ruft in dem Beobachter, der so weit gekommen ist, daß er mit seinem astralischen Leib aus seinem physischen und Ätherleib herausgehen und doch bewußt bleiben kann, den Eindruck von geistigen Wesenheiten hervor, die eben zu den Geistern der Umlaufszeiten gehören.

Damit haben wir gleichsam den zweiten Schleier hinweggezogen, den Schleier, der gewoben wird aus den Naturgeistern. Wir könnten sagen: Den ersten Schleier, der gewoben ist aus den sinnlichphysischen

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Eindrücken, den ziehen wir hinweg und kommen zum Ätherleib der Erde, zu den Naturgeistern. Dann können wir einen zweiten Schleier hinwegziehen und kommen zu den Geistern der UmIaufszeiten, die alles das, was in periodischer Weise wiederkehrt, was einem rhythmischen Wechsel unterworfen ist, regeln und anordnen.

Nun wissen wir, daß in unseren eigenen Astralleibern wiederum eingebettet ist das, was wir die höheren Glieder der Menschen- natur nennen können und was wir zunächst zusammenfassen als das in unseren astralischen Leib eingebettete Ich. Von unserem astralischen Leib haben wir schon gesagt, daß er in das Gebiet der Geister der Umlaufszeiten, gleichsam in das wogende Meer der Geister der Umlaufszeiten untertaucht: unser Ich, das schläft eigentlich für das normale Bewußtsein noch mehr als der astralische Leib. Daß dieses Ich noch mehr schläft, das wird derjenige Mensch, der sich in einer okkulten Entwickelung befindet, der esoterisch sich weiterbringt, dadurch gewahr, daß er zuerst eindringen lernt in die Wahrnehmungen des astralischen Leibes, in die geistige Welt, in die er untertaucht und die da besteht aus den Geistern der Umlaufszeiten. Dieses Wahrnehmen ist eigentlich in gewisser Beziehung eine gefährliche Klippe der esoterischen Entwickelung. Denn der astralische Leib des Menschen ist wiederum eine Einheit, alles das aber, was im Gebiet der Geister der Umlaufszeiten ist, das ist im Grunde genommen eine Vielheit, eine Mannigfaltigkeit. Und da der Mensch, wie geschildert wurde, vereinigt ist mit dieser Man- nigfaltigkeit, untergetaucht ist in diese Mannigfaltigkeit, so fühlt er sich, wenn er mit seinem Ich noch schläft und mit seinem astralischen Leib aufgewacht ist, wie zerstückelt innerhalb der Welt der Geister der Umlaufszeiten. Das muß auch bei einer regelrechten esoterischen Entwickelung vermieden werden. Daher werden von denjenigen, die Anweisung geben können zu einer solchen regelrechten EntwickeIung, Maßregeln getroffen, daß der Mensch womöglich sein Ich gar nicht zum Einschlafen bringt, wenn sein astraIischer Leib schon aufgewacht ist. Der Mensch würde nämlich, wenn sein Ich schlafend bliebe, während sein astralischer Leib schon aufgewacht ist, seinen inneren Zusammenhalt verlieren und würde

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sich zerspalten wie Dionysos vorkommen in der ganzen astralischen Welt der Erde, welche aus den Geistern der Umlaufszeiten besteht. Bei einer richtigen esoterischen Entwickelung werden also Maßregeln getroffen, daß dies nicht geschieht. Diese Maßregeln bestehen darin, daß man Sorge trägt, daß derjenige, welcher durch Meditation, Konzentration oder durch andere esoterische Übungen bis zur Hellsichtigkeit getrieben werden soll, in das ganze Gebiet der hellsichtigen, der okkulten Beobachtung hinein zwei Dinge behält, zwei Dinge ja nicht verliert. Das ist außerordentlich wichtig, daß in jeder esoterischen Entwickelung alles so eingerichtet wird, daß zwei Dinge nicht verlorengehen, die der Mensch im gewöhnlichen Leben hat, die er allerdings leicht verlieren kann in der esoterischen Entwickelung, wenn sie nicht richtig dirigiert wird. Wird sie aber richtig dirigiert, dann wird er sie nicht verlieren. Das erste ist, daß der Mensch nicht verliert die Erinnerung an alle Erlebnisse der gegenwärtigen Inkarnation, wie er sie sonst hat in seinem Gedächtnis. Der Zusammenhalt des Gedächtnisses darf nicht zerstört werden. Mit diesem Zusammenhalt des Gedächtnisses meint man auf dem Gebiet des Okkultismus noch viel mehr als im gewöhnlichen Leben. Im gewöhnlichen Leben versteht man mit diesem Gedächtnis eigentlich nur, daß man zurückblicken kann und wichtige Ereignisse seines Lebens nicht gerade aus dem Bewußtsein verloren hat. Im Okkultismus meint man unter richtigem Gedächtnis auch noch, daß der Mensch mit seiner Empfindung, mit seinem Gefühl nur auf das etwas gibt, was er schon in der Vergangenheit geleistet hat, so daß sich der Mensch keinen anderen Wert beimißt als den Wert, den ihm die Taten seiner Vergangenheit geben.

Verstehen wir uns da nur ganz richtig, meine lieben Freunde! Es ist damit etwas außerordentlich Wichtiges gesagt. Wenn ein Mensch durch seine okkulte Entw`ickelung dahin getrieben würde, sich plötzlich zu sagen: Ich bin die Verkörperung dieses oder jenes Geistes-, ohne daß irgendwie eine Berechtigung dazu vorliegen würde durch alles das, was er bisher geleistet hat, was schon da ist in dieser physischen Welt von ihm, dann würde im okkulten Sinn sein Gedächtnis

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unterbrochen sein. Ein wichtiger Grundsatz in der okkulten Entwickelung ist der, sich keinen anderen Wert beizumessen als denjenigen, der da kommt aus den Leistungen in der physischen Welt innerhalb der gegenwärtigen Inkarnation. Das ist außerordentlich wichtig. Jeder andere Wert muß erst auf Grundlage einer höheren Entwickelung kommen, die sich erst dann ergeben kann, wenn man zunächst feststeht auf dem Boden, daß man sich für nichts anderes hält, als was man in dieser Inkarnation hat leisten können. Es ist das auch natürlich, wenn man die Sache objektiv betrachtet, denn das, was man geleistet hat in der gegenwärtigen Inkarnation, ist das Ergebnis auch der früheren Inkarnationen; es ist das, was Karma bisher aus uns gemacht hat. Was Karma noch aus uns macht, müssen wir erst machen lassen, das dürfen wir nicht in unseren Wert hineinrechnen. Kurz, wir werden, wenn wir uns selber bewerten sollen, dies bei der beginnenden esoterischen Entwickelung nur in der richtigen Weise tun, wenn wir uns unseren Wert nur von dem beilegen lassen, was sich in der Erinnerung als unser Vergangenes darbietet. Das ist das eine Element, das uns erhalten bleiben muß, damit unser Ich nicht einschläft, während unser astralischer Leib aufwacht.

Das zweite, was uns als gegenwärtiger Mensch auch nicht verlorengehen darf, ist der Grad unseres Gewissens, den wir in der äußeren physischen Welt besitzen. Hier ist wiederuin etwas, was außerordentlich wichtig ist> zu beachten. Sie werden schon öfter erfahren haben, daß da oder dort irgend jemand eine okkulte Entwickelung durchmacht. Wenn sie nicht in der richtigen Weise gelenkt und geieitet ist, dann kann man oftmals die Erfahrung machen, daß der Mensch die Dinge in bezug auf Gewissensfragen leichter nimmt als vor seiner okkulten Entwickelung. Vorher haben ihn Erziehung, sozialer Zusarr~enhang geleitet, daß er dies oder jenes tun oder nicht tun durfte. Nach Beginn einer okkulten Entwickelung fängt sogar mancher, der früher nicht gelogen hätte, zu lügen an, nimmt die Dinge in bezug auf Gewissensfragen leichter, als er sie früher genommen hatte. Keinen Grad des uns angeeigneten Gewissens dürfen wir verlieren. Gedächtnis so, daß wir uns unseren Wert

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nur geben lassen aus der Betrachtung dessen, was wir schon geworden sind, nicht durch irgendeine Anleihe auf die Zukunft, auf as, was wir noch tun werden, Gewissen in dem Grade, wie wir erworben haben in der ganz gewöhnlichen physischen Welt bisher, das müssen wir uns erhaIten. Wenn wir diese zwei Elemente in unserem Bewußtsein erhalten, unser gesundes Gedächtnis, das uns nicht vorgaukeIt, etwas anderes zu sein als das, was sich als in unseren Leistungen gelegen ergeben hat, und unser Gewissen, das uns die Dinge moralisch nicht leichter nehmen läßt, als wir sie bisher genommen haben, womöglich noch schwerer -, wenn wir uns diese erhaIten haben, dann kann niemals unser Ich einschlafen, wenn unser astralischer Leib aufgewacht ist. Dann tragen wir den Zusammenhalt unseres Ich hinein in die Welt, in der wir aufwachen mit unserem astralischen Leib, wenn wir gleichsam wachend schlafen, wenn wir unser Bewußtsein hinüberretten in den Zustand, in dem wir mit unserem astralischen Leib von dem physischen und ätherischen Leib befreit sind. Und dann, wenn wir mit unserem Ich aufwachen, dann fühlen wir nicht nur unseren astralischen Leib verbunden mit all den geistigen Wesenheiten, die wir heute geschildert haben als die Geister der Umlaufszeiten unseres Planeten, sondern dann fühlen wir in einer ganz eigenartigen Weise, daß wir eigentlich nicht mehr eine unmitteIbare Beziehung haben zu dem einzelnen Menschen, der Träger dieses physischen Leibes, dieses ätherischen Leibes ist, in dem wir uns gewöhnlich befinden. Wir fühlen sozusagen alles dasjenige, was nur aIs Eigenschaften unseres physischen Leibes, unseres ätherischen Leibes sich ergibt, wie von uns genommen. Wir fühlen daher dann auch von uns genommen alles das, was nur äußerlich leben kann auf irgendeinem Territorium unseres Planeten, denn was auf einem Territorium unseres Planeten lebt, hängt eben zusammen mit den Geistern der Umlaufszeiten. Jetzt aber fühlen wir, wenn wir mit unserem Ich auf- wachen, nicht nur uns ergossen in die ganze Welt der Geister der Umlaufszeiten, sondern wir fühlen uns eins mit dem ganzen einheitlichen Geist des Planeten selber; wir wachen in dem einheitlichen Geist des Planeten selber auf.

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Das ist außerordentlich wichtig, daß wir uns fühlen wie zum ganzen Planeten gehörig. Es drückt sich zum Beispiel, um eine Einzelheit zu sagen, für den genügend aufgewachten okkulten Blick dieses Leben mit dem Planeten so aus, daß der Mensch dann, wenn er so weit gekommen ist, daß sein Ich und sein astralischer Leib zugleich aufwachen, allerdings während des Tagwachens, wenn er in der Sinneswelt ist, die Sonne verfolgt, wie sie über den Himmel hin zieht von der Morgen- bis zur Abenddämmerung, daß ihm aber die Sonne nicht entschwindet, wenn er einschläft. Wenn er einschläft, bleibt die Sonne mit ihm verbunden. Sie hört nicht auf zu leuchten, nur nimmt sie einen geistigen Charakter an. So daß der Mensch, wenn er nun wirklich während der Nacht dann schläft, die Sonne auch während der Nacht verfolgt. Der Mensch ist eben so, daß er mit den wechselnden Zuständen des Planeten nur insofern etwas zu tun hat, als er in seinem astralischen Leib lebt. Mit diesen wechselnden Zuständen des Planeten hat er aber dann nichts zu tun, wenn er sich seines Ich bewußt wird. Da wird er sich aller Zustände bewußt, die sein Planet durchmachen kann. Er, der Mensch, ergießt sich dann in die ganze Substanz des Planetengeistes.

Sie dürfen, indem ich dieses so ausspreche, nicht etwa glauben, daß mit dem Ausspruch: Der Mensch ist eins geworden mit dem Planetengeist, lebt in Einheit mit diesem Planetengeist - schon etwas Ungeheures in bezug auf Hellsichtigkeit gesagt ist. Es ist dies doch zunächst so, wie es hier gemeint ist, nur ein Anfang. Denn wenn der Mensch in der geschilderten Weise aufwacht, dann ist es so, daß er eigentlich nur den Planetengeist wie im allgemeinen miterlebt, während dieser Planetengeist aus vielen, vielen Einzelheiten, aus wunderbaren einzelnen geistigen Wesenheiten besteht, wie wir in den folgenden Vorträgen hören werden. Die Einzelheiten des Planetengeistes, die besonderen Mannigfaltigkeiten dieses Geistes nimmt der Mensch noch nicht wahr. Was er wahrnimmt, ist, daß er zunächst weiß: Ich lebe in dem Planetengeist eingetaucht wie in dem Meere, das eben den ganzen Erdplaneten geistig umspült und der Geist der Erde also selber ist. - Man kann ungeheuer lange Entwickelungen durchmachen, um dieses Einswerden mit dem Planetengeist

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immer weiter und weiter zu erleben, aber der Anfang ist mit dem gemacht, was geschildert worden ist. So wie wir beim Menschen also sagen: hinter seinem astralischen Leib ist Sein Ich, so sprechen wir davon, daß hinter all dem, was wir die Gesamtheit der Geister der Umlaufszeiten nennen, verborgen ist der Geist des Planeten selbst, der Planetengeist. Während die Geister der Umlaufszeiten die Naturgeister der Elemente dirigieren, um auf dem Erdenplaneten rhythmischen Wechsel, Wiederholungen in der Zeit, Abwechselung im Raum hervorzurufen, hat der Geist der Erde eine andere Aufgabe. Dieser Geist der Erde hat die Aufgabe, die Erde selber in Wechselbeziehung zu bringen zu den übrigen Himmelskörpern der Umgebung, sie so zu dirigieren und zu lenken, daß sie im Laufe der Zeiten in die richtigen Stellungen kommt zu den anderen Himmelskörpern. Dieser Geist der Erde ist gleichsam der große Sinnesapparat der Erde, durch den die Erde, der Etdenplanet, in das richtige Verhältnis zu der Umwelt kommt.

Wenn ich also die Aufeinanderfolge jener geistigen Wesenheiten, mit denen wir es zunächst auf unserer Erde zu tun haben und zu denen wir den Weg finden können durch eine allmähliche okkulte Entwickelung, zusammenfassen soll, so muß ich sagen: Wir haben aIs den äußersten Schleier die Sinnenwelt mit aller ihrer Mannigfaltigkeit, mit demjenigen, was wir ausgebreitet sehen für unsere Sinne, was wir mit dem Verstand des Menschen begreifen können. Wir haben dann hinter der Sinneswelt liegen die Welt der Naturgeister. Hinter der Welt der Naturgeister haben wir liegen die Welt der Geister der Umlaufszeiten und dahinter den Planetengeist.

Wenn Sie dasjenige, was für das normale Bewußtsein von diesehi Weltenaufbau vorliegt, vergleichen wollen mit diesem Weltenaufbau seIber, dann können Sie sich das etwa so klarmachen: der äußerste Schleier der Welt wäre diese Welt der Sinne, dahinter die Welt der Naturgeister, die WeIt der Geister der Umlaufszeiten und dahinter der Planetengeist. Nun müssen wir aber sagen, daß der Planetengeist sich in seiner Wirksamkeit in einer gewissen Beziehung durchdrückt bis zur Sinneswelt, so daß man in der Sinnes- weIt Sein Abbild in gewisser Weise wahrnehmen kann, ebenso die

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Zeichnung aus GA 136, S. 45
Zeichnung aus GA 136, S. 45

Geister der UmIaufszeiten, ebenso die Naturgeister. So daß wir, wenn wir die Sinneswelt selber mit dem normalen Bewußtsein beobachten, in dieser Sinneswelt gleichsam wie in einem Aufdruck von hinten die Spur dieser Welten haben, die dahinter liegen, etwa so, wie wenn wir in der obersten Haut, die wir als die Sinnes- weIt weggezogen haben, eben die hinter dieser stufenweise wirksamen geistigen Wesenheiten hätten. Das normale Bewußtsein nimmt die Sinneswelt als ihre Wahrnehmungen wahr; die Welt der Naturgeister, die drückt sich in den Wahrnehmungen als das ab, was man die Naturkräfte nennt. Wo die Wissenschaft von Naturkräften spricht, da haben wir eigentlich nichts Wirkliches. Für den Okkultisten sind die Naturkräfte nichts Wirkliches, sondern sie sind die Maja, sie sind die Abprägung der Naturgeister, die hinter der Sinneswelt wirken.

Der Abdruck wiederum der Geister der Umlaufszeiten ist das, was man gewÖhnlich für das normale Bewußtsein die Naturgesetze nennt. Alle Naturgesetze sind im Grunde genommen dadurch vorhanden, daß die Geister der Umlaufszeiten dirigierend als Mächte wirken. Naturgesetze sind nichts Wirkliches für den Okkultisten. Wenn der gewöhnliche Naturforscher von Naturgesetzen spricht und sie äußerlich kombiniert, so weiß der Okkultist, daß diese Naturgesetze in ihrer Wahrheit sich enthüllen, wenn der Mensch bei aufgewachtem Astralleib hinlauscht auf das, was die Geister der Umlaufszeiten sagen und wie sie die Naturgeister anordnen, dirigieren. Das drückt sich in der Maja, im äußeren Schein, in den Naturgesetzen aus. Und weiter geht gewöhnlich das normale Bewußtsein

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nicht. Zu dem Abdruck des Planetengeistes in der äußeren Welt geht gewöhnlich das normale Bewußtsein nicht. Das normale Bewußtsein der heutigen Menschheit spricht von der äußeren Wahrnehmungswelt, von den Tatsachen, die man wahrnimmt, spricht von den Naturkräften: Licht, Wärme, Magnetismus, Elektrizität und so weiter, Anziehungskraft, Abstoßungskraft, Schwere und so weiter. Das sind diejenigen Wahrnehmungen in der Welt der Maja, denen in Wirklichkeit die Welt der Naturgeister zugrunde liegt, der Ätherleib der Erde. Dann spricht die äußere Wissenschaft von Naturgesetzen. Das ist wiederum eine Maja. Es liegt zugrunde das, was wir heute geschildert haben als die Welt der Geister der Umlaufszeiten. Erst dann, weru~ man noch weiter vordringt, kommt man auch zu der Ausprägung des Planetengeistes selber in der äußeren Sinneswelt. Die Wissenschaft tut das heute nicht. Diejenigen, die das heute noch tun, denen glaubt man nicht mehr so recht. Die Dichter, die Künstler tun es, sie suchen noch einen Sinn hinter den Dingen. Warum blüht die Pflanzenwelt? Warum entstehen und vergehen die tierischen Gattungen und Arten? Warum belebt der Mensch die Erde? Wenn man so fragt nach dem Sinn der Naturerscheinungen und diesen Sinn zergliedern will, kombinieren will aus den äußeren Tatsachen, wie manchmal auch die tiefere Philosophie noch versucht, dann nähert man sich der Ausprägung des Planetengeistes selber in der physischen Welt. Aber man glaubt heute nicht mehr recht diesem Suchen nach dem Sinn des Daseins. Das Gefühl glaubt manchmal noch ein wenig, aber die Wissenschaft will nicht mehr viel wissen von etwas, was man über die Naturgesetze hinaus finden könnte in der Erscheinungen Flucht. Wenn man über den Naturgesetzen in den Dingen der Welt, wie man sie mit den Sinnen wahrnimmt, noch einen Sinn sucht, dann würde man diesen Sinn als den Abdruck des Planetengeistes in der Sinneswelt wahrnehmen können. Das wäre die äußere Maja. Zunächst ist eine äußere Maja die Sinneswelt selber, denn sie ist das, was hervor- treibt aus sich selbst der Ätherleib der Erde, die Substanz der Naturgeister. Eine zweite Maja ist das, was den Menschen von den Naturgeistern in den Naturkräften erscheint; eine dritte Maja, was als

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Naturgesetze erscheint von den Geistern der Umlaufszeiten, und eine vierte Maja etwas, was trotz seiner Maja-Natur zu der Seele des Menschen spricht, weil der Mensch in der Wahrnehmung des Sinnes der Natur sich wenigstens verbunden fühlt mit dem Geist des ganzen Planeten, der den Planeten durch den Weltenraum führt und eben dem ganzen Planeten einen Sinn gibt. In dieser Maja liegt unmittelbar der Abdruck des Planetengeistes selber.

So können wir Sagen: Wir sind heute aufgestiegen bis zu dem einheitlichen Geist des Planeten. Und wollen wir wiederum dasjenige, was wir hier für den Planeten gefunden haben, mit dem Menschen parallelisieren, so können wir sagen: Es entspricht die Sinnenwelt dem physischen Leib des Menschen, die Welt der Naturgeister dem ätherischen Leib, die Welt der Geister der Umlaufszeiten dem astralischen Leib und der Planetengeist dem Ich des Menschen. So wie das Ich des Menschen die physische Erdenumgebung wahrnimmt, so nimmt der Planetengeist wahr alles dasjenige, was im Umkreis und überhaupt in der Raumeswelt außerhalb des Planeten ist und richtet die Taten des Planeten und auch das Fühlen des Planeten, von dem wir morgen sprechen werden, ein nach diesen Wahrnehmungen aus dem Weltenraum. Denn das, was ein Planet tut außerhalb im Raum, indem er seinen Weg durch die Weltenweiten geht, und das, was er bewirkt in seinem eigenen Leib, in seinen Elementen, aus denen er besteht, das ist wiederum das Ergebnis der Beobachtungen des Planetengeistes gegenüber der äußeren Welt. Wie die einzelne menschliche Seele auf der Welt der Erde neben anderen Menschen lebt, sich nach ihnen richtet, so lebt der Planetengeist in seinem Planetenleib, der eben der Boden ist, auf dem wir stehen; aber dieser Planetengeist lebt in der Gesellschaft anderer Planetengeister, anderer Geister der Himmelskörper überhaupt.

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DRITTER VORTRAG Helsingfors, 5. April 1912

Im Verlaufe der beiden schon gehaltenen Vorträge haben wir uns bekannt gemacht mit gewissen geistigen Wesenheiten, welche der okkulte Blick antreffen kann, wenn er sich vertieft in das geistige Leben unseres Planeten. Es wird nun heute notwendig sein, noch einen anderen Weg zu gehen, um uns in die geistige Welt zu erheben, weil wir erst durch eine Betrachtung von einer zweiten Seite her in die Lage kommen werden, uns rechte Vorstellungen zu bilden über die Natur der geistigen Wesenheiten, von denen wir gesprochen haben, bis zu dem sogenannten Planetengeist hinauf. Es wird immer außerordentlich schwierig sein, in den Worten irgendeiner Sprache jene geistigen Wesenheiwn zu charakterisieren, welche uns das okkulte Wahrnehmen vermittelt, denn die menschlichen Sprachen, wenigstens die gegenwärtigen, sind ja nur gemacht für die Erscheinungen, für die Tatsachen des physischen Planes. Und daher kann man nur hoffen, daß man durch eine Charakteristik von verschiedenen Seiten aus dem nahekommen kann, was eigentlich gemeint ist, wenn von geistigen Wesenheiten gesprochen wird. Unserer heutigen Charakteristik wird es notwendig sein, daß wir ausgehen von der Natur des Menschen selber und uns zunächst klarwerden über gewisse Eigenschaften der menschlichen Natur, damit wir von da aus höhere Wesenheiten, die wir in den höheren Welten antreffen, charakterisieren können. Und da sei heute eine Eigenschaft der menschlichen Natur ganz besonders hervorgehoben. Das ist die Eigenschaft, die man so charakterisieren kann: Der Mensch ist ausgestattet mit der Möglichkeit, ein von allem Äußeren unabhängiges Innenleben zu führen. Diese Möglichkeit tritt uns ja in jeder Stunde unseres wachen Tageslebens vor Augen. Wir wissen, daß wir in bezug auf dasjenige, was wir sehen mit unseren Augen, hören mit unseren Ohren, etwas Gemeinschaftliches haben mit allen anderen Wesenheiten, die sich auch ihrer Sinne bedienen

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können. Ein inneres Leben gegenüber der Außenwelt haben wir als Menschen mit anderen Menschen und vielleicht auch mit anderen Wesenheiten gemeinsam. Jeder für sich, das wissen wir ja nur zu gut als Menschen, hat seine besonderen Leiden, seine besonderen Freuden, hat seine Bekümmernisse und Sorgen, hat seine besOnderen Hoffnungen und Ideale; und in einer gewissen Weise sind diese Sorgen, diese Leiden, diese Bekümmernisse, diese Hoffnungen und Ideale ein besonderes Reich, das man mit physischem Blicke nicht sogleich dem anderen Menschen ansehen kann, das er eben als ein selbständiges inneres Leben mit sich durch die Welt trägt.

Wenn wir mit einem Menschen in demselben Raum sind, so wissen wir, was auf seine Augen, was auf seine Ohren wirken kann. Was in seiner Seele vorgeht, was er da drinnen erlebt, darüber können wir vielleicht Ahnungen haben aus demjenigen, was er uns äußern wilI durch seine Mienen, durch seine Gesten oder aber durch seine Sprache; wenn er aber Sein Innenleben als seine besondere Welt für sich haben will, dann können wir nicht ohne weiteres in diese seine besondere Innenwelt eindringen.

Wenn wir nun mit okkultem Blick in die Welten schauen, die zunächst für die äußere physische Welt verborgen sind, dann treffen wir da Wesenheiten an, welche gerade in bezug auf diejenigen Eigenschaften, die jetzt eben charakterisiert worden sind, ganz anders geartet sind. Wir treffen Wesenheiten an, welche ein solches selbständiges Innenleben nicht so führen können, wie der Mensch es führt. Wir treffen als eine nächste Gruppe, als eine nächste Kategorie von geistigen Wesenheiten nämIich solche an, welche dann, wenn Sie ihr Innenleben führen, sogleich durch dieses innere Leben in einen anderen Zustand versetzt werden, in einen anderen Bewußtseinszustand als dasjenige Leben, das sie in der Außenwelt und mit der AußenweIt führen. Versuchen wir uns zu verständigen. Nehmen wir an, es müßte ein Mensch so leben, daß, wenn er in seinem Inneren leben und den Blick nicht auf die Außenwelt lenken wollte, die ihn umgibt, wenn er nicht mit dieser Außenwelt leben wollte, er dann sogleich einfach durch diesen seinen Willen in einen anderen Bewußtseinszustand übergehen müßte. Wir wissen,

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daß der Mensch ohne seinen Willen in einen anderen Bewußtseinszustand in seinem normalen Leben übergeht, wenn er sich im Schlaf befindet. Aber wir wissen auch, daß dieser Schlaf dadurch herbeigeführt wird, daß sich der astralische Leib und das Ich des Menschen von dem ätherischen und physischen Leib absondern. Wir wissen also, daß mit dem Menschen etwas vorgeht, wenn er in einen anderen Bewußtseinszustand kommen soll. Dadurch, daß der Mensch zum Beispiel einfach sagt: Hier habe ich vor mir eine Wiese, mit vielen Blumen bedeckt; indem ich sie anschaue, macht sie mir Freude -, dadurch kommt der Mensch noch nicht in einen anderen Bewußtseinszustand; er erlebt sozusagen für sich selber seine Freude an der Wiese, an den Blumen, in der Gemeinschaft mit der Außenwelt. Diejenigen Wesenheiten nun, welche durch den okkulten Blick als die nächste Kategorie in einer höheren Welt angetroffen werden, verändern jedesmal ihren Bewußtseinszustand, wenn sie ihre Wahrnehmung, ihr Tun ablenken von ihrer Außenwelt und auf sich selber hinlenken. Bei ihnen braucht also keine Trennung einzutreten zwischen verschiedenen Wesensgliedern, sondern in ihnen selbst, so wie sie sind, bewirken sie einfach durch ihren Willen einen anderen Bewußtseinszustand.

Nun sind die Wahrnehmungen dieser Wesenheiten, von denen wir hier sprechen als der nächsten Kategorie über dem Menschen, nicht so wie die Wahrnehmungen des Menschen. Der Mensch nimmt dadurch wahr, daß eine Außenwelt an ihn herantritt für seine Sinne. Er gibt sich sozusagen dieser Außenwelt hin. Diese Wesenheiten, von denen wir hier zu sprechen haben, nehmen nicht eine solche Außenwelt wahr, wie der Mensch sie wahrnimmt mit seinen Sinnen, sondern sie nehmen so wahr, wie der Mensch - das ist aber vergleichsweise -, wenn er zum Beispiel selber spricht oder eine Handbewegung macht und seine eigene Handbewegung wahrnimmt, oder wenn er, sagen wir, in irgendeiner Mimik sein Inneres äußert, kurz, wenn er seine eigene Natur zum Ausdruck bringt. ES ist also in einer gewissen Weise bei jenen Wesenheiten einer höheren Welt, von denen wir hier zu sprechen haben, alle Wahrnehmung zugleich eine Offenbarung ihres eignen Wesens. Das bitte

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ich Sie zu berücksichtigen, meine lieben Freunde, daß, indem wir aufsteigen zu der höheren Kategorie von Wesenheiten, die nicht mehr äußerlich wahrnehmbar sind für den Menschen, wir solche Wesenheiten vor uns haben, welche wahrnehmen, indem sie offenbaren, indem sie zum Ausdruck bringen das, was sie selber sind. Und sie nehmen ihr eigenes Wesen eigentlich nur 50 lange wahr, solange sie offenbaren wollen, solange sie es in irgendeiner Weise nach außen zum Ausdruck bringen. Sie sind, wir könnten sagen, nur wach, indem sie sich offenbaren. Und wenn sie sich nicht offenbaren, wenn sie durch ihren Willen also nicht zu der Umwelt, zu der äußeren Welt in eine Beziehung treten, dann tritt für sie ein anderer Bewußtseinszustand ein, dann schlafen sie in einer gewissen Weise. Nur ist ihr Schlaf kein bewußtloser Schlaf wie beim Menschen, sondern ihr Schlaf bedeutet für sie eine Art Herabminderung, eine Art Verlust ihres Selbstgefühles. Sie haben ihr Selbstgefühl so lange, als sie nach außen sich offenbaren, und sie verlieren in einer gewissen Weise ihr Selbstgefühl, wenn sie sich nicht mehr offenbaren. Sie schlafen dann nicht wie die Menschen, sondern dann tritt in ihr eigenes Wesen etwas herein wie die Offenbarung von geistigen Welten, die höher sind als sie selber. Sie sind dann ausgefüllt in ihrem Innern von höheren geistigen Welten.

Also wohlgemerkt, wenn der Mensch den Blick nach außen richtet und wahrnimmt, dann lebt er mit der Außenwelt, dann verliert er sich an die Außenwelt. Er verliert sich zum Beispiel auf unserem Planeten an die verschiedenen Naturreiche. Wenn er den Blick von außen ablenkt, dann kommt er in Sein Inneres hinein und lebt ein selbständiges Innenleben, dann wird er frei von dieser Außenwelt.

Wenn diejenigen Wesenheiten, von denen wir als einer nächsten Kategorie über dem Menschen sprechen, nach außen wirken, dann offenbaren sie sich, und dann haben sie ihr Selbstgefühl, ihr eigentliches Selbsterlebnis in diesem Offenbaren, und wenn sie in ihr Inneres kommen, dann kommen sie nicht an ein selbständiges Innenleben wie der Mensch, sondern dann kommen sie dafür in ein Leben mit anderen Welten. Wie der Mensch zu einem solchen kommt, wenn er die Außenwelt wahrnimmt, so nehmen sie andere

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geistige Welten, die über ihnen stehen, wahr, wenn sie in sich hineinblicken; dann kommen sie zu diesem anderen Bewußtseinszustand, wo sie sich erfüllt finden von anderen Wesenheiten, die höher sind als sie selbst. So daß wir sagen können, wenn wir den Menschen ins Auge fassen: Der Mensch hat, indem er sich selbst an die Außenwelt verliert, sein Wahrnehmen, indem er sich von der Außenwelt zurückzieht, sein selbständiges Innenleben. Diejenigen Wesenheiten, die zu der nächsthöheren Kategorie gehören - wir nennen sie im allgemeinen die Wesenheiten der sogenannten dritten Hierarchie -, haben statt des Wahrnehmens die Offenbarung, und im Offenbaren erleben sie sich. Statt des Innenlebens haben sie das Erlebnis höherer geistiger Welten, das heißt, sie haben statt des Innenlebens Geist-Erfüllung. Dies ist der wesentlichste Unterschied zwischen dem Menschen und den Wesenheiten der nächsthöheren Kategorie.

Dritte Hierarchie: Offenbarung, Geist-Erfüllung

Mensch: Wahrnehmen, Innenleben

Wir können an einem, ich möhte sagen, krassen Fall des Lebens den Unterschied angeben zwischen dem Menschen und diesen Wesenheiten der nächsthöheren Kategorie. Der krasse Fall ist der, daß der Mensch in die Lage kommt, innerlich Erlebnisse zu haben, welche mit dem, was er äußerlich wahrnimmt, nicht stimmen, und wenn innere Erlebnisse des Menschen mit der Wahrnehmung der Außenwelt nicht zusarnmenstimmen, so haben wir als krassesten Fall die Lüge. Und wir können, um uns zu verständigen, eine für den Menschen mögliche Eigentümlichkeit dadurch ausdrücken, daß wir Sagen: Der Mensch ist fähig, etwas wahrzunehmen und andere Vorstellungen in seinem Inneren zu erwecken, auch zu äußern, als sie den Wahrnehmungen entsprechen. Der Mensch kann durch diese seine Eigenschaft der Außenwelt durch die Lüge widersprechen. Das ist eine Möglichkeit, welche, wie wir später hören werden im Verlauf dieser Vorträge, dem Menschen gerade deshalb gegeben werden mußte, damit er durch seinen freien Willen zur Wahrheit kommen könne. Indem wir aber den Menschen so, wie er einmal ist

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in der Welt, betrachten, müssen wir diese Eigenschaft ins Auge fassen, daß der Mensch in seinem inneren Leben Vorstellungen ausbilden und auch äußern kann, welche mit den Wahrnehmungen, mit den Tatsachen nicht übereinstimmen. Dies ist als eine Möglichkeit bei den Wesenheiten der höheren Kategorie, die hier angeführt worden sind, solange sie ihre Natur behalten, nicht gegeben. Die Möglichkeit der Lüge besteht bei den Wesenheiten der dritten Hierarchie, wenn sie ihre Natur beibehalten, nicht. Denn was würde erfolgen, wenn eine Wesenheit der dritten Hierarchie lügen wollte? Dann müßte sie in ihrem Innern etwas erleben, was sie in einer anderen Weise, als sie es erlebt, in die Außenwelt übertrüge. Aber dann würde diese Wesenheit der nächsthöheren Kategorie dies nicht mehr wahrnehmen können, denn alles das, was diese Wesenheiten in ihrem Innern erleben, ist Offenbarung, tritt sogleich in die Außenwelt über. Diese Wesenheiten müssen im Reich der absoluten Wahrheit leben, wenn sie sich überhaupt erleben wollen. Nehmen wir an, diese Wesenheiten würden lügen, das heißt, etwas in ihrem Innern haben, was sie so umsetzen würden in ihren Offenbarungen, daß es mit den Offenbarungen nicht zusammenstimmt, dann würden sie es nicht wahrnehmen können, denn sie können nur ihre innere Natur wahrnehmen. Sie würden unter dem Eindruck einer Lüge sogleich betäubt werden, sogleich in einen Bewußtseinszustand versetzt werden, der eine Herabdämmerung, eine Herabstirnmung wäre ihres gewöhnlichen Bewußtseins, das eben nur in der 0ffenbarung ihres Innern leben kann. So haben wir über uns eine Klasse von Wesenheiten, welche durch ihre eigene Natur leben müssen im Reich der absoluten Wahrheit und Wahrhaftigkeit, wenn sie diese Natur nicht verleugnen wollen. Und jede Abweichung von der Wahrhaftigkeit würde diese Wesenheiten betäuben, ihr Bewußtsein herabstimmen. Wenn diese Wesenheiten von uns mit dem okkulten Blick beobachtet werden sollen, dann handelt es sich darum, daß der Okkultist zunächst die richtigen Wege findet, auf denen er diese Wesenheiten antreffen kann. Ich werde versuchen, zu charakterisieren, wie der Okkultist diese Wesenheiten finden kann.

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Das erste, was derjenige, der eine okkulte Entwickelung durch- macht, als inneres Erlebnis haben muß, das ist ja, daß er anstrebt, in einer gewissen Weise gerade das Innenleben des gewöhnlichen normalen Bewußtseins zu überwinden. Wir bezeichnen ja dasjenige, was wir in unserem Innern erleben als unser egoistisches Erleben, als dasjenige, was wir von der Welt sozusagen nur für uns selbst haben wollen. Je mehr es der sich okkult entwickelnde Mensch dahin bringt, gelassen zu werden gegenüber dem, was sein egoistisches Erleben ist, gegenüber demjenigen, was nur ihn angeht, desto näher ist er der Eingangspforte zu den höheren Welten. Nehmen wir einen naheliegenden Fall an. Wir wissen alle, daß uns gewisse Wahrheiten, gewisse Dinge in der Welt rein um unser selbst willen gefallen und nicht gefallen, daß uns dieses oder jenes um unser selbst willen sympathisch oder antipathisch berührt. Solche Gefühle gegenüber der Welt, die wir nur um unser selbst willen hegen, muß der, der sich okkult entwickeln will, zunächst aus seinem Herzen herausreißen. Er muß in einer gewissen Weise frei werden von alle dem, was nur ihn angeht. Es ist dieses eine Wahrheit, die oftmals betont wird, die aber im Grunde genommen schwieriger zu beobachten ist, als man gewöhnlich denkt, denn im normalen Bewußtsein hat der Mensch außerordentlich wenige Anhaltspunkte, um von sich selber frei zu werden, um dasjenige zu überwinden, was nur ihn angeht. Bedenken wir nur einmal einen Augenblick, was das eigentlich heißen soll, von sich selber frei werden. Das Frei- werden von dem, was man gewöhnlich die egoistischen Regungen nennt, das ist ja vielleicht nicht so schwierig. Aber wir müssen bedenken, daß wir in der einen Inkarnation, in der wir leben, in einer gewissen Zeit, an einem gewissen Orte geboren sind, daß, wenn wir die Augen hinlenken auf das, was uns umgibt, diese Augen auf ganz andere Dinge fallen als zum Beispiel bei einem Menschen, der auf einem anderen Fleck der Erde lebt. Den müssen ja ganz andere Dinge in seiner Umgebung interessieren. So sind wir schon dadurch, daß wir als verkörperte, physisch verkörperte Menschenwesen in einer Zeit und an einem Ort geboren sind, mit allerlei Dingen umgeben, die unser Interesse, unsere Aufmerksamkeit

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hervorrufen, die eigentlich uns speziell angehen und die bei einem anderen Menschen anders sind. Dadurch, daß wir als Menschen differenziert über unseren Planeten hin verteilt sind, sind wir in einer gewissen Weise in die Notwendigkeit versetzt, ein jeder seine besonderen Interessen, gleichsam seine besondere Heimat auf der Erde zu haben. Daher können wir niemals in dem, was wir von unserer unmittelbaren Umgebung lernen können, im höchsten Sinne dasjenige erleben, was uns frei macht von unseren speziell menschlichen Interessen, von unseren speziell menschlichen Aufrnerksamkeiten. Also weil wir Menschen im physischen Leibe sind und insofern wir es sind, können wir schon durch unsere äußere Wahrnehmung überhaupt nicht das Tor erreichen, das uns in eine höhere Welt hineinführt. Von all dem, was unsere Sinne außen sehen können, was unser Verstand kombinieren kann an Dingen der Außenwelt zunächst, von all dem müssen wir absehen, das gehört zu unseren speziellen Interessen. Wenn wir aber nun blicken auf das, was wir gewöhnlich in unserm Inneren haben, unsere Leiden und Freuden, unsere Bekümmernisse und Sorgen, unsere Hoffnungen und Ziele, dann werden wir sehr, sehr bald gewahr werden, wie diese Innenwelt abhängig ist von dem, was wir draußen erleben, wie sie in einer gewissen Weise sich färbt nach dem, was wir draußen erleben. Aber ein gewisser Unterschied ist dennoch vorhanden.

Wir werden allerdings ohne weiteres zugeben müssen, daß wir ein jeder unsere Welt in unserem Innern tragen. Daß der eine an einem ort der Erde, in einer Zeit geboren ist, der andere an einem anderen Ort, in einer anderen Zeit, das färbt in einer gewissen Weise seine Innenwelt. Aber wir erfahren auch noch etwas anderes gegenüber dieser Innenwelt. Sie ist ja freilich unsere spezielle, gewissermaßen unsere differenzierte Innenwelt; sie trägt eine gewisse Farbe, aber wir können noch etwas anderes erfahren. Wenn wir einmal von dem Ort, an dem wir gewohnt sind, unsere Sinne tätig sein zu lassen, nach einem ganz entfernten Ort kommen, mit einem Menschen zusammentreffen, der ganz andere äußere Erfahrungen, Wahrnehmungen gemacht hat, dann können wir uns mit ihm verstehen,

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und deshalb verstehen wir uns mit ihm, weil er gewisse Leiden durchlebt hat, die wir selber in einer ähnlichen Weise durch- lebt haben, weil er sich in einer gewissen Weise freuen kann über ähnliche Dinge, über die wir uns selber freuen. Wer hätte es denn nicht erlebt, daß er sich vielleicht schwer verständigen kann mit einem Menschen, den er in einer fernen Gegend trifft, über die Außenwelt, die beide haben, daß er sich aber leicht verständigen kann über dasjenige, was das Herz fühlt und sehnt. Mit unserer Innenwelt sind wir Menschen einander schon viel näher als mit unserer Außenwelt, und wahrhaftig, es würde wenig Hoffnung sein, hinüberzutragen die geisteswissenschaftliche Idee in die ganze Menschheit, wenn wir nicht das Bewußtsein haben könnten, daß im Innern eines jeden Menschen, wo er auch auf der Erde sich befindet, etwas lebt, das sich mit uns verständigen kann. Um nun aber zu etwas zu kommen, was ganz frei ist von dem speziellen, egoistischen Innern, muß der Mensch auch jene Färbung seines inneren Erlebens ablegen, welche noch von der Außenwelt beeinflußt ist. Das kann nur sein, wenn der Mensch sich die Möglichkeit verschafft, in seinem Innern etwas zu erleben, was ihm überhaupt nicht von der Außenwelt kommt, was dem entspricht, was man nennen kann innere Eingebungen, Inspirationen, dasjenige, was nur in der Seele innerlich selber wächst und gedeiht. Von dem speziellen Innenleben kann der Mensch aufsteigen so, daß er fühlt, daß sich seinem Innern etwas offenbart, was unabhängig ist von seiner speziellen, egoistischen Existenz. Das fühlen ja die Menschen, wenn sie immer wieder geltend machen, daß über den ganzen Erdball hin Verständnis sein kann für gewisse moralische Ideale, für gewisse logische Ideale, an denen kein Mensch zweifeln kann, die jedem Menschen einleuchten können, weil sie sich nicht von der Außenwelt, sondern von der Innenwelt aus dem Menschen mitteilen.

Ein Gebiet - es ist freilich ein trockenes, nüchternes Gebiet - haben ja ganz zweifellos alle Menschen gemeinsam in bezug auf solche Innenoffenbarungen. Das ist dasjenige, was sich bezieht auf die Zahlen und ihre Verhältnisse, kurz, auf das Mathematische, auf

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Zählen und Rechnen. Daß dreimal drei neun ist, können wir niemals von der Außenwelt erfahren, das müssen wir durch unser Inneres uns offenbaren lassen. Daher gibt es auch keine Möglichkeit, darüber zu streiten über den Erdball hin. Ob irgend etwas schön oder häßlich ist, darüber kann man über den ganzen Erdball hin viel streiten, wenn aber einer nur einmal in seinem Innern sich hat offenbaren lassen, daß dreimal drei neun ist, oder daß das Ganze gleich ist der Summe seiner Teile, oder daß ein Dreieck als Summe seiner Winkel 180 hat, so weiß er es, weil ihm das keine Außenwelt offenbaren kann, sondern nur sein Inneres. Es beginnt schon bei der trockenen, nüchternen Mathematik dasjenige, was wir Inspiration nennen können. Nur merken die Menschen gewöhnlich nicht, daß die Inspiration bei der trockenen Mathematik beginnt, weil die meisten Menschen diese trockene Mathematik für etwas ungeheuer Langweiliges halten und sich daher nicht gerne etwas von ihr offenbaren lassen. Aber in bezug auf das innere Offenbaren ist es im Grunde genommen auch mit den moralischen Wahrheiten nicht anders. Wenn der Mensch etwas als recht erkannt hat, so wird er sagen: Dies ist recht und das Gegenteil ist unrecht, und keine äußere Macht der Welt auf dem physischen Plan kann mir beibringen, daß das, was sich mir als das Rechte offenbart, in meinem Innern unrichtig wäre. - Auch die moralischen Wahrheiten im höchsten Sinne offenbaren sich durch das Innere. Man kann, wenn man den geistigen Blick gefühls- und empfindungsmäßig hinlenkt auf diese Möglichkeit der Innenoffenbarung, sich daran erziehen. Es ist sogar die Erziehung durch die bloße Mathematik sehr gut. Wenn der Mensch zum Beispiel öfter einmal sich dem Gedanken hingibt: Ob dieses oder jenes Essen gut ist, darüber kannst du deine Meinung haben und ein anderer kann einer anderen Meinung sein. Das steht in der Willkür des einzelnen. Die Mathematik, die moralischen Verpflichtungen aber stehen nicht in solcher Willkür. Bei ihnen weiß ich, daß sie mir etwas offenbaren, dem gegenüber ich mich, wenn ich es nicht als wahr anerkennen will, als unwürdig der Menschlichkeit erweise. - Diese Anerkennung einer Offenbarung durch das Innere, als Gefühl, als innerer

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Impuls gefaßt, ist eine mächtige pädagogische Kraft in dem Innern des Menschen, wenn er sich ihm meditativ hingibt. Wenn er sich zunächst sagt: In der Sinnenwelt ist vieles, worüber meine Willkür bloß entscheidet, aber aus dem Geiste heraus offenbaren sich mir Dinge, über die meine Willkür nichts vermag und die mich doch angehen, deren ich mich würdig erweisen muß als Mensch -, wenn der Mensch diesen Gedanken immer stärker und stärker werden läßt, so daß der Mensch bezwungen werden kann durch sein eigenes Inneres, dann wächst er über den bloßen Egoismus hinaus, dann überwindet, wie wir auch sagen, ein höheres Selbst, das sich eins weiß mit dem Geist der Welt, das gewöhnliche willkürliche Selbst. SO etwas müssen wir in uns als Stimmung entwickeln, wenn wir dahin kommen wollen, das Tor zu erreichen, das hineinführt in die geistige Welt. Denn wenn wir oftmals uns solchen Stimmungen, wie sie charakterisiert worden sind, hingeben, dann erweisen sie sich fruchtbar. Sie erweisen sich namentlich dann fruchtbar, wenn wir sie so konkret wie möglich in die Gedanken hineinbringen, und namentlich, wenn wir solche Gedanken hegen, solche Gedanken in uns aufnehmen, die als wahr uns einleuchten und die doch der äußeren Sinnenwelt widersprechen. Solche Gedanken können zunächst nur Bilder sein, aber solche Bilder sind außerordentlich nützlich für die okkulte Entwickelung des Menschen.

Ich will Ihnen ein solches Bild sagen, will Ihnen an einem solchen Bild zeigen, wie der Mensch seine Seele über sich selber hinaufrücken kann. Nehmen Sie zwei Gläser, in dem einen ist Wasser und in dem anderen keines. Das Glas, in dem Wasser ist, soll nicht ganz angefüllt sein, sondern nur zur Hälfte. Nehmen wir jetzt an, Sie beobachten in der Außenwelt diese zwei Gläser. Wenn Sie aus dem Glas mit Wasser nun etwas in das leere Glas herüberschenken, so wird das leere Glas etwas mit Wasser gefüllt sein, das andere aber wird nachher weniger Wasser haben. Wenn Sie ein zweites Mal aus diesem Glas, das zuerst halb mit Wasser gefüllt war, in das zuerst leere Glas Wasser herübergießen, wird das erste Glas noch weniger Wasser haben, kurz, durch das Herübergießen wird immer weniger und weniger in dem Glas sein, das zuerst halb mit Wasser

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gefüllt war. Das ist für die äußere physisch-sinnliche Welt eine wahre Vorstellung.

Jetzt bilden wir uns eine Vorstellung, die ganz anders ist. Denken Sie sich einmal, Sie würden probeweise sich die umgekehrte Vorstellung bilden, Sie würden sich vorstellen, Sie gießen aus dem halbgefüllten Glas Wasser in das leere Glas ein. Da kommt in das letztere Glas Wasser hinein, in dem halbvollen Glas aber, da, stellen Sie sich vor, würde durch das Herübergießen das Wasser mehr, und wenn Sie ein zweites Mal ausgießen würden, so würde wieder etwas hinübergehen in das früher leere Glas, aber das zuerst halbgefüllte Glas würde dadurch noch mehr Wasser haben. Durch das Ausgießen würde immer mehr und mehr Wasser in dem ersten Glas sein. Denken Sie sich, Sie bilden sich diese Vorstellung. Selbstverständlich wird jeder Mensch, der sich in unserer Gegenwart zu den absolut vernünftigen Menschen rechnet, sagen: Nun, das ist ein rechter Wahnsinn, den du dir da vorstellst. Du stellst dir vor, daß du Wasser ausgießest und daß dadurch immer mehr Wasser in das Glas kommt, aus dem du herausgießest. - Ja, wenn man diese Vorstellung anwendet auf die physische Welt, dann ist sie natürlich eine wahnsinnige Vorstellung, aber merkwürdigerweise läßt sie sich auf die geistige Welt anwenden. In einer sonderbaren Weise läßt sie sich anwenden. Nehmen wir einmal an, ein Mensch habe ein Iiebevolles Herz, und er erweist aus seinem liebevollen Herzen einem anderen Menschen, der der Liebe bedarf, eine liebende Tat, so gibt er etwas dem anderen Menschen ab, aber er wird dadurch nicht leerer, sondern indem er Liebestaten dem anderen Menschen hinübergibt, erhält er mehr, er wird voller, und wenn er ein zweites Mal eine Liebestat verrichtet, wird er noch voller, hat er noch mehr. Man wird nicht arm, nicht leer dadurch, daß man Liebestaten verrichtet, sondern man wird reicher, man wird voller. Man gießt in den anderen Menschen etwas hinüber, was einen selbst voller macht.

Wenden wir nun unser Bild, das für die gewöhnliche physische Welt unmöglich, wahnsinnig ist, auf das Ausgießen der Liebe an, dann ist es anwendbar, dann können wir es als ein Sinnbild, als ein

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Symbolum für geistige Tatsachen auffassen. Was Liebe ist, ist etwas so Kompliziertes, daß kein Mensch den Hochmut besitzen sollte, Liebe zu definieren, Liebe ihrem Wesen nach ohne weiteres zu durchschauen. Liebe ist kompliziert. Wir nehmen sie wahr, aber keine Definition kann die Liebe ausdrücken. Aber ein Sinnbild, ein einfaches Sinnbild, ein Glas Wasser, das, indem es ausgegossen wird, voller wird, das gibt uns eine Eigenschaft des Liebeswirkens wieder. Wir tun im Grunde genommen, wenn wir uns so das Komplizierte der Liebestaten vorstellen, nichts anderes, als was der Mathematiker in seiner trockenen Wissenschaft tut. Nirgends ist ein wirklicher Kreis, nirgends ein wirkliches Dreieck; die müssen wir uns nur denken. Wenn wir einen Kreis aufzeichnen und ihn nur ein wenig durch ein Mikroskop besehen, so sehen wir lauter Kreide- oder andere Punkte; solcher Kreis wird nie die Regelmäßigkeit eines wirklichen Kreises haben. Wir müssen zu unserer Vorstellung, zu unserem Innenleben gehen, wenn wir den Kreis oder das Dreieck oder sonst etwas vorstellen wollen. So müssen wir, um uns so etwas wie eine geistige Tat vorzustellen - die Liebe zum Beispiel -, auch zum Bilde greifen und an eine Eigenschaft uns halten.

Solche Bilder sind nützlich für die okkulte Entwickelung. An ihnen merken wir, daß wir über die gewöhnliche Vorstellung hin- ausgehoben werden, daß wir, wenn wir zum Geiste aufsteigen wollen, uns geradezu entgegengesetzte Vorstellungen bilden müssen zu denen, die auf die Sinnenwelt anwendbar sind. Daher finden Sie, daß die Ausgestaltung solcher symbolischer Vorstellungen ein wichtiges Mittel ist, um in die geistige Welt hinaufzusteigen. Sie finden das ausgeführt in meinem Buch «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» Dadurch kommt der Mensch dazu, etwas anzuerkennen, was als eine Welt über ihm steht, die ihn inspiriert, die er nicht in der Außenwelt wahrnehmen kann, die aber in ihn hereindringt. Wenn er immer mehr und mehr dieser Vorstellungswelt sich hingibt, dann kommt er dazu, anzuerkennen, daß durch ihn, durch jeden Menschen etwas geistig Wesenhaftes lebt, das höher ist als er selbst, der Mensch, in dieser einen Inkarnation mit seinem Egoismus.

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Wenn man anzuerkennen beginnt, daß so etwas über uns ist wie ein uns gewöhnliche Menschen leitendes Wesen, dann hat man in der Reihe der Wesenheiten der dritten Hierarchie die erste Form, diejenigen Wesenheiten, die man da nennt Engel oder Angeloi. Der Mensch erlebt zunächst, indem er über sich selber in der geschilderten Weise hinausgeht, das Hereinwirken eines Engelwesens in seine eigene Wesenheit. Wenn man sich nun dieses Wesen, das uns inspiriert, verselbständigt denkt, so daß es die Eigenschaften hat, die geschildert worden sind als Offenbarung und als Geist-Erfüllung, dann kommt man zu dem Begriff der unmittelbar über dem Menschen stehenden nächsten Wesen der dritten Hierarchie. So daß man die ersten Wesenheiten über dem Menschen ansprechen kann als diejenigen, die jeden einzelnen, individuellen Menschen führen, leiten und lenken.

Auf diese Weise habe ich Ihnen ein wenig den Weg geschildert, wie der Mensch sich zunächst zu den ersten Wesen, die über ihm stehen, hinauferheben kann, so daß er eine VOrstellung von ihnen bekommt. So wie nun der einzelne auf diese Weise seinen Führer hat und der okkulte Blick, wenn wir über uns selber hinauskommen, über unsere egoistischen Interessen, uns darauf aufmerksam macht: Du hast deinen Führer -, so gibt es nun auch die Möglichkeit, daß sich der okkulte Blick hinrichtet auf Menschengruppen, Stämme, Völker und so weiter. Solche zusammengehörigen Menschen gruppen haben ebenso eine Führerschaft, wie der einzelne Mensch sie in der geschilderten Weise hat. Nur sind diejenigen Wesen, welche ganze Völker oder ganze Stämme führen, eben mächtiger als die Führer des einzelnen Menschen. In der abendländischen Esoterik nennt man solche Völker- oder Stammesführer, die in der geistigen WeIt leben und Offenbarungen als ihre Wahrnehmungen, Geist-Erlebnisse als ihr Inneres haben und deren Taten zum Ausdruck kommen in dem, was ein ganzes Volk oder ein ganzer Stamm tut, Erzengel oder Archangeloi. Wenn der Mensch in seiner okkulten Entwickelung immer weiterschreitet, dann kann er dazu kommen, daß sich ihm nicht nur enthüllt, was ihn selbst speziell führt, sondern dann enthüllt sich ihm das, was die Gruppe von Menschen, zu der er zunächst gehört, führt.

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Und dann, wenn unsere okkulte Entwickelung noch weiter geht, dann finden wir Wesenheiten als Führer der Menschen, welche nichts mehr zu tun haben mit einzelnen Stämmen, mit einzelnen Völkern, sondern welche Führer sind in den aufeinanderfolgenden Zeiten. Wenn der okkult geschulte Mensch verfolgt zum Beispiel jenes Zeitalter, in dem die alten Ägypter oder die alten Chaldäer gelebt haben, dann erscheint ihm das ganze Gepräge, der ganze Charakter der Zeit unter einer gewissen Führerschaft. Diese Führerschaft ändert sich. Wenn der okkulte Blick hinschaut auf das, was zum Beispiel auf die ägyptische, auf die chaldäische Zeit folgte, wenn der okkulte Blick sich hinrichtet auf das Zeitalter, in welchem die Griechen, die Römer den Ton angegeben haben in der abendländischen Geisteswelt, da zeigt sich, daß über einzelne Völker hinaus, mächtiger als die Erzengel, die Völkerführer, Geister walten, die ganze zusammengehörige Völkergruppen gleichzeitig leiten und die dann abgelöst werden nach einer bestimmten Zeit von anderen Zeitlenkern. So wie wir also im Raum verteilt finden die einzelnen Gebiete der Archangeloi, der Erzengel, die gleichzeitig Menschengruppen leiten, aber einzelne Menschengruppen, so finden wir, wenn wir den okkulten Blick hinschweifen lassen über die laufende Zeit, daß die einzelnen Zeitalter von ihren realen Zeitgeistern, die mächtiger sind als die Erzengel, geleitet werden und daß unter ihnen die verschiedensten Völker zugleich stehen. Diese dritte Kategorie der dritten Hierarchie nennen wir Zeitgeister oder Archai mit einem Ausdruck der abendländischen Esoterik.

All die Wesenheiten, die zu diesen drei Klassen der dritten Hierarchie gehören, haben die Eigenschaften, die Ihnen heute charakterisiert worden sind, sie alle haben das, was hier genannt worden ist als Offenbarung und als innere Geist-Erfüllung. Das nimmt der okkulte Blick wahr, wenn er sich zu diesen Wesenheiten erheben kann. Wir können also sagen: Wenn wir dasjenige, was in der geistigen Welt den Menschen umgibt, was gleichsam um den Menschen herum als sein eigener individueller Führer ist, wenn wir das, was da geistig lebt, unsichtbar waltet und uns eigentlich anstiftet zu unseren unpersönlichen Handlungen und zu unserem

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unpersönlichen Denken und Fühlen, wenn wir das beobachten, so haben wir darin zunächst die Wesenheiten der dritten Hierarchie. Der okkulte Blick nimmt diese Wesenheiten wahr. Für ihn sind sie Realitäten. Aber auch das normale Bewußtsein lebt unter ihrer Gewalt, wenn auch dieses Bewußtsein den Engel nicht wahrnimmt, denn es steht unter seiner Führerschaft, wenn auch unbewußt. Und so stehen unter ihrem Erzengel die Menschengruppen und in der Führerschaft der Zeitgeister die Zeiten und die Menschen ihrer Zeiten.

Diese Wesenheiten nun der dritten Hierarchie, wir finden sie so, wie sie heute geschildert worden sind, in unserer geistigen Umgebung, in der allernächsten geistigen Umgebung. Wenn wir aber zurückgehen würden in der Entwickelung unseres Planeten bis zu einem bestimmten Zeirpunkt, den wir in den nachfolgenden Vorträgen kennenlernen werden, dann würden wir immer mehr und mehr finden, daß diese Wesenheiten, die so eigentlich nur in dem Kulturprozeß des Menschen leben, fortwährend aus sich selber andere Wesenheiten hervorbringen. Geradeso, wie eine Pflanze einen Keim von sich abstößt, so bringen die Wesenheiten der dritten Hierarchie, die ich Ihnen geschildert habe, andere Wesenheiten hervor. Es ist nun nur ein gewisser Unterschied zwischen dem, was die Pflanze als Keim hervorbringt, wenn wir das als Vergleich heranziehen, und zwischen diesen Wesenheiten, die sich absondern von den Wesenheiten der dritten Hierarchie. Wenn die Pflanze einen Keim hervorbringt, so ist dieser gewissermaßen gerade so viel wert wie die ganze Pflanze> denn aus ihm kann wiederum eine ganze Pflanze gleicher Art werden. Diese Wesenheiten sondern gleichfalls andere ab, die sich gleichsam abschnüren, wie sich die Keime von den Pflanzen abschnüren: sie bekommen gleichsam Nachkommen, die aber jetzt in gewisser Beziehung von niedrigerer Sorte sind als sie selbst. Sie müssen von einer niedrigeren Sorte sein, weil sie andere Aufgaben bekommen, die sie nur verrichten können, wenn sie von einer niedrigeren Art sind. Das, was wir, wie es geschildert worden ist, geistig in unserem Umkreis haben als Engel, Erzengel und Zeitgeister, das sondert von sich ab gewisse

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Wesenheiten, welche aus der Umgebung des Menschen hinunter- steigen in die Naturreiche, und der okkulte Blick belehrt uns darüber, daß die Wesenheiten, welche wir gestern und vorgestern kennengelernt haben als Naturgeister, solche von den Wesenheiten der dritten Hierarchie, die wir heute kennengelernt haben, abgeschnürte Wesenheiten sind. Sie sind Nachkommen, die zu anderem Dienst als zum Menschheitsdienst, nämlich zum Naturdienst bestimmt worden sind. Und zwar sind gewisse Nachkommen der Archai diejenigen Wesenheiten, welche wir kennengelernt haben als die Naturgeister der Erde. Diejenigen, welche sich abschnüren von den Erzengeln und hinuntergesendet werden in die Natur, das sind die Naturgeister des Wassers, und solche, die sich von den Engeln abschnüren, haben wir als die Naturgeister der Luft anzusehen. Die des Feuers oder der Wärme werden wir noch kennenlernen. So sehen wir, daß gewissermaßen durch eine Spaltung der Wesenheiten, welche als dritte Hierarchie unsere Verbindung mit der nächsthöheren Welt darstellen, gewisse Wesenheiten hinuntergeschickt werden in die Reiche der Elemente, in Luft, Wasser, Erde, in das Gasförmige, Flüssige und Feste, um da unten Dienste zu leisten, um innerhalb der Elemente zu arbeiten und gewissermaßen als niedrigere Abkömmlinge der Wesenheiten der dritten Hierarchie, als Naturgeister zu fungieren. Wir können also sprechen von einer Verwandtschaft der Naturgeister mit den Wesenheiten der dritten Hierarchie.

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VIERTER VORTRAG Helsingfors, 6. April 1912

Wenn wir das Wesen der geistigen Kräfte und Mächte kennenlernen wollen, welche in den verschiedenen Naturreichen und in den Himmelskörpern wirksam sind, so müssen wir ja zuerst diese geistigen Wesenheiten selber kennenlernen, und wir haben damit den Anfang bereits gemacht in den drei Vorträgen, die gehalten worden sind. Wir haben versucht, die sogenannten Naturgeister zu charakterisieren, und sind dann aufgestiegen zu den Wesenheiten, welche unmittelbar über dem Menschen stehen in der nächsthöheren Welt, die wir von der unsrigen ausgehend finden können. Wir werden heute diese Betrachtung fortsetzen und müssen deshalb anknüpfen an dasjenige, was sich uns erwiesen hat als der Weg, auf dem wir uns zunächst erheben können zu den Wesenheiten der dritten Hierarchie. Es ist im vorigen Vortrag gezeigt worden, daß es dem Menschen möglich ist, über sich selber hinauszukommen, alles, was an ihm an speziellen egoistischen Interessen und Aufmerksamkeiten ist, zu überwinden, um dadurch sich in eine Sphäre zu erheben, in welcher er zunächst seinen eigenen Führer findet, der ihm schon eine Vorstellung geben kann von jenen Wesenheiten, die wir im Sinne der abendländischen Esoterik Engel, Angeloi, nennen. Und wir haben dann gezeigt, wie ein Weiterschreiten auf diesem Wege dazu führt, die Stammes-, die Völkergeister kennenzulernen, die wir als Erzengel, Archangeloi, angesprochen haben, und wie man dann als tätig im Verlaufe des Kulturprozesses die sogenannten Zeitgeister, die Archai, findet. Es wird der Mensch, wenn er den Weg beschreitet, der gestern skizzenhaft angedeutet worden ist, ein gewisses Gefühl davon erhalten, was mit diesen Wesenheiten der dritten Hierarchie gemeint ist. Es wird lange Zeit, auch wenn man eine okkulte Entwickelung durch- macht, durchaus so bleiben, daß man bloß eine Art von Gefühl hat. Erst wenn man lange in Geduld und Ausdauer alle die Gefühle

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und Empfindungen durchmacht, welche gestern angedeutet worden sind, dann wird man übergehen können zu dem, was genannt werden darf hellsichtiges Erblicken dieser Wesenheiten der dritten Hierarchie.

Wenn man diesen Weg also weiter beschreitet, dann wird man finden, daß man allmählich zu einem anderen Bewußtseinszustand sich selber erzieht, sich selber entwickelt, und dann kann das hellsichtige Anschauen der Wesenheiten der dritten Hierarchie beginnen. Dieser andere Bewußtseinszustand läßt sich vergleichen mit dem Schlaf des Menschen, und zwar zunächst dadurch, daß der Mensch in diesem Zustand mit seinem Ich und seinem astralischen Leib sich befreit fühlt von dem physischen und ätherischen Leib. Dies Befreitfühlen muß man als eine Empfindung haben. Man muß allmählich lernen, was es heißt, nicht durch seine Augen zu schauen, durch seine Ohren zu hören, durch den Verstand, der an das Gehirn gebunden ist, zu denken. Unterscheiden wiederum von dem gewöhnlichen Schlaf müssen wir diesen Zustand dadurch, daß wir bei ihm eben nicht bewußtlos sind, sondern daß wir Wahrnehmungen von geistigen Wesenheiten in unserer Umgebung haben; zuerst ein dunkles Gefühl, daß solche Wesenheiten in unserer Umgebung sind, dann aber, wie gesagt, das Aufleuchten hellsichtigen Bewußtseins und das lebendige Anschauen von den Wesenheiten der dritten Hierarchie und ihrer Nachkommen, der Naturgeister. Wenn man noch genauer diesen Zustand charakterisieren will, so kann man nun sagen, daß derjenige, welcher sich in der okkulten Entwickelung bis zu diesem Zustand erhebt, zunächst wirklich eine Art von Scheidung erblickt zwischen seinem gewöhnlichen Bewußtsein und diesem neuen Bewußtseinszustand. Wie eine Scheidung zwischen Wachen und Schlafen, so ist zunächst für den, der eine okkulte Entwickelung durchmacht, eine Scheidung zwischen dem Bewußtsein, wo der Mensch mit seinen gewöhnlichen Augen sieht, mit seinen gewöhnlichen Ohren hört, mit seinem gewöhnlichen Verstande denkt, und jenem hellseherischen Zustand, in dem er nichts von all dem um sich herum hat, was er im gewöhnlichen normalen Bewußtseinszustand wahrnimmt, dafür

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aber eben eine andere Welt um sich hat, die Welt der dritten Hierarchie und ihrer Nachkommen. Wozu man es zunächst bringt, ist, daß man lernt, im gewöhnlichen Bewußtsein sich dessen zu erinnern, was man erlebt hat in diesem anderen Bewußtseinszustand.

Wir können also genau eine Stufe der okkulten Entwickelung des Menschen unterscheiden, auf welcher der Mensch abwechselnd leben kann in seinem gewöhnIichen Bewußtsein, wo er sieht und hört und denkt wie andere Menschen mit normalem Bewußtsein, und in dem anderen Bewußtseinszustand, den er in gewisser Weise auch willkürlich herbeiführen kann, in welchem er wahrnimmt, was in der geistigen Welt der dritten Hierarchie um ihn herum ist. Und dann kann er, wie man sich an einen Traum erinnert, sich, wenn er in seinem gewöhnlichen Bewußtseinszustand ist, an das erinnern, was er in dem anderen, in dem hellseherischen Zustand erlebt hat, und er kann davon erzählen, er kann das umsetzen in gewöhnliche Begriffe und Ideen, was er im hellseherischen Zustand erlebt. Wenn also ein solcher Hellseher in seinem gewöhnlichen Bewußtseinszustand ist und selber etwas wissen will von der geistigen Welt oder aber erzählen will von ihr, dann muß er sich erinnern an das, was er in seinem anderen, hellseherischen Bewußtseinszustand erlebt hat. Ein Hellseher, der auf dieser Stufe der Entwickelung steht, kann nur etwas wissen von jenen geistigen Wesenheiten, die wir bisher beschrieben haben als die Wesenheiten der dritten Hierarchie und ihre Nachkommen. Er weiß zunächst nichts von noch höheren Welten. Wenn er etwas wissen will von noch höheren Welten, dann muß er auch eine höhere Stufe der Hellsichtigkeit erreichen.

Diese höhere Stufe kommt dadurch zustande, daß der Mensch jene Übungen, die beschrieben sind in dem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», immer weiter fortsetzt, daß er namentlich diejenigen Übungen macht, welche dort beschrieben sind als das Beobachten, sagen wir, der Pflanzen, der Tiere und so weiter. Wenn der Mensch also seine Übungen fortsetzt, dann kommt er zu einer höheren Stufe der Hellsichtigkeit.

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Sie besteht darin, daß der Mensch dann nicht nur zwei wechselnde Zustände hat, einen gewöhnlichen normalen Bewußtseinszustand und einen hellsichtigen, und sich also an die hellseherischen Erlebnisse in dem gewöhnlichen Bewußtseinszustand erinnern kann, sondern es kann dann der Mensch, wenn er diese höhere Stufe der HelIsichtigkeit erreicht hat, geistige Welten, geistige Wesenheiten und geistige Tatsachen auch wahrnehmen, wenn er in seinem gewöhnlichen Bewußtseinszustand ist und durch seine Augen auf die Dinge der Außenwelt schaut. Er kann sozusagen dann die Hellsichtigkeit hereintragen in seinen gewöhnlichen Bewußtseinszustand und er kann hinter den Wesenheiten, die ihn in der Außenwelt umgeben, überall die wie hinter einem Schleier verborgenen tieferen geistigen Wesenheiten und Kräfte sehen.

Wir fragen uns: Was ist denn da geschehen mit einem solchen Hellseher, welcher in die Lage gekommen ist, nun nicht mehr bloß sich erinnern zu müssen an die ErIebnisse eines anderen Bewußtseinszustandes, sondern der in seinem alltäglichen Bewußtseinszustand hellseherische Erfahrungen machen kann? Wenn der Mensch erst zu der ersten Stufe des Hellsehens aufgestiegen ist, kann er nur seinen astralischen Leib benützen, um in die geistige Welt hineinzuschauen. Der Leib also, dessen sich der Mensch bedient, um in die geistige Welt hineinzuschauen auf der ersten Stufe der Hellsichtigkeit, das ist der astralische Leib. Auf der zweiten Stufe der Hellsichtigkeit, welche eben jetzt beschrieben worden ist, kann sich der Mensch bedienen lernen seines ätherischen Leibes. Dadurch kann er auch in dem gewöhnlichen normaIen Bewußtsein hineinschauen in eine geistige Welt. Wenn der Mensch so lernt, seinen ätherischen Leib als ein Werkzeug für seine HeIlsichtigkeit zu benutzen, dann lernt er allmählich alles das in der geistigen Welt erkennen, was zu den Wesenheiten der zweiten Hierarchie gehört.

Nun aber darf der Mensch nicht stehenbleiben dabei, nur so- zusagen seinen eigenen ätherischen Leib wahrzunehmen, sondern wenn er zu dieser zweiten Stufe der Hellsichtigkeit aufsteigt, macht er eine ganz bestimmte Erfahrung. Er macht nämlich die Erfahrung,

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daß er wie aus sich selber herausgeht, daß er sich gleichsam nicht mehr in seiner Haut eingeschlossen fühlt. Wenn er, sagen wir, einer Pflanze, einem Tiere gegenübersteht oder auch einem anderen Menschen, dann fühlt er, wie wenn ein Stück von ihm selber in dieser anderen Wesenheit drinnen wäre. Wie untergetaucht in die andere Weseriheit fühlt er sich. Im normalen Bewußtsein und wenn wir auf der ersten Stufe des Hellsehens stehen, dann können wir noch in einer gewissen Weise sagen: Ich bin hier, das Wesen, welches ich sehe, ist dort. - So können wir auf der zweiten Stufe des Hellsehens nicht mehr sagen, sondern da können wir nur sagen: Wo das Wesen ist, das wir wahrnehmen, da sind wir selber. - Wir sind gleichsam so, daß wir unseren eigenen Ätherleib wie Fang- arme nach allen Seiten ausstrecken und uns hineinsaugen in die Wesenheiten, in die wir, also wahrnehmend, unser eigenes Wesen untertauchen.

Es gibt im gewöhnlichen normalen Bewußtsein ein Gefühl, welches uns eine Vorstellung davon geben kann, was der Hellseher auf dieser zweiten Stufe der Hellsichtigkeit erlebt, nur ist das, was der Hellseher da erlebt, unendlich viel intensiver und nicht nur ein Gefühl, sondern steigert sich bis zur Wahrnehmung, bis zum Verstehen, bis zum Untertauchen. Das Gefülil des normalen Bewußtseins, das sich mit diesem Erlebnis des Hellsehers auf der zweiten Stufe der Hellsichtigkeit vergleichen läßt, ist nämlich das Mitleid, ist die Liebe. Was bedeutet es denn, wenn wir im gewöhnlichen Leben Mitleid und Liebe empfinden? Wenn man genauer nachdenkt über das Wesen von Mitleid und Liebe - es ist einiges schon gestern angedeutet worden -, dann findet man, daß Mitleid und Liebe uns dahin bringen, von uns selber loszukommen und uns in das andere Wesen hinüberzuleben. Es ist eigentlich ein wunderbares Mysterium des Menschenlebens, daß wir imstande sind, Mitleid, Liebe zu empfinden. Und unter den gewöhnlichen Erscheinungen des normalen Bewußtseins gibt es wohl kaum etwas, was den Menschen so sehr überzeugen kann von der Göttlichkeit des Daseins als die Möglichkeit, daß er Liebe, daß er Mitleid entwickeln kann. Man erlebt als Mensch sonst sein eigenes Dasein

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in sich selber, oder man erlebt die Wdt, indem man sie wahr- nimmt durch die Sinne oder indem man sie versteht durch den Verstand. Hineinzuschauen in ein menschliches Herz, hineinzublicken in eine menschliche Seele ist keinem Verstand, ist keinem Auge möglich, denn verschlossen in innersten Kammern hält die andere Seele das, was sie in sich selbst an Leiden, an Freuden hat. Und wunderbar eigentlich, mysteriös sollte es jedem Menschen er- scheinen, daß er gleichsam sich selber ergießen kann in das Wesen der anderen Seele, in ihr Leben mit ihren Freuden, mit ihren Leiden. So wie wir untertauchen können mit dem normalen Bewußtsein durch Mitleid und Liebe in Leiden und Freuden bewußter Wesen, so lernt der Hellseher auf der zweiten Stufe der Hellsichtigkeit unterzutauchen nicht nur in alles Bewußte, das leiden und sich freuen kann auf eine menschliche oder menschenähnliche Art, sondern ein solcher Hellseher lernt unterzutauchen in alles Lebendige. Wohlgemerkt, ich sage: in alles Lebendige. Denn auf dieser zweiten Stufe der Hellsichtigkeit lernt man nur unterzutauchen in alles Lebendige, noch nicht in das, was uns unlebendig, tot erscheint, was uns als ein Mineralisches umgibt. Aber mit diesem Untertauchen in das Lebendige ist verbunden ein Anschauen dessen, was im Innern der Wesenheiten vorgeht. Wir selbst fühlen uns da drinnen in den lebendigen Wesenheiten, wir lernen leben mit den Pflanzen, mit den Tieren, leben mit den anderen Menschen auf dieser zweiten Stufe der Hellsichtigkeit. Aber nicht nur das. Wir lernen auch hinter all dem, was da lebt, eine höhere geistige Welt kennen, eben mit den Wesenheiten der zweiten Hierarchie. Es ist notwendig, daß wir uns diese Begriffe klarmachen, denn es erscheint wie eine trockene Theorie, wenn man nur aufzählt, was für Wesenheiten zu den verschiedenen Hierarchien gehören. Eine lebendige Vorstellung kann sich der Mensch zunächst von dem, was da hinter der Sinneswelt webt und lebt, nur dann verschaffen, wenn er den Weg kennt, auf dem das hellsichtige Bewußtsein dorthin dringt.

Nun wollen wir, ebenso wie wir gestern versuchten, die Wesenheiten der dritten Hierarchie zu charakterisieren, wiederum vom Menschen ausgehend diese Wesenheiten der zweiten Hierarchie

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schildern. Wir haben gestern gesagt, daß die Wesenheiten der dritten Hierarchie dadurch charakterisiert sind, daß sie an der Stelle der menschlichen Wahrnehmung die Offenbarung ihres eigenen Wesens haben und an der Stelle der menschlichen Innerlichkeit dasjenige, was wir nennen können Geist-Erfüllung. Bei den Wesenheiten der zweiten Hierarchie, da erfahren wir, indem wir in sie untertauchen, daß nicht nur ihre Wahrnehmung eine Offenbarung ihres Wesens ist, daß sie nicht nur ihr eigenes Wesen offenbaren, sondern daß diese Offenbarung ihres eigenen Wesens erhalten bleibt als etwas Selbständiges, was sich absondert von diesen Wesenheiten selbst. Eine Vorstellung von dem, was wir da wahrnehmen, können wir uns verschaffen, wenn wir etwa denken an eine Schnecke, welche ihr eigenes Haus absondert. Das Haus, so stellen wir uns vor, besteht aus einer Substanz, die zuerst in dem Leib der Schnecke enthalten ist. Dann sondert die Schnecke ihr Haus ab. Sie hat nicht nur ihr eigenes Wesen nach außen für den Anblick gezeigt, sondern sie hat etwas abgesondert, was dann objektiv wird, was bleibt. So ist es mit dem eigenen Wesen, mit der Selbstheit der Wesenheiten der zweiten Hierarchie. Sie offenbaren nicht nur ihr Selbst, wie die Wesenheiten der dritten Hierarchie, sondern sie sondern dieses Wesen von sich ab, so daß es erhalten bleibt als eine selbständige Wesenheit.

Dies wird uns klarer werden, wenn wir uns etwa auf der einen Seite ein Wesen der dritten Hierarchie, auf der andern Seite ein Wesen der zweiten Hierarchie vorstellen. Wir richten den okkulten Blick auf ein Wesen der dritten Hierarchie. Dieses Wesen wird für uns dadurch erkennbar, daß es seine Selbstheit, seine Innenheit nach außen offenbart und in seiner Offenbarung seine Wahrnehmung hat; wenn es aber seine innere Vorstellung, sein InnenerIebnis ändert, dann ist auch eine andere Offenbarung da. So wie also dieses Wesen der dritten Hierarchie innerlich seine Zustände ändert, seine Erlebnisse variiert, so ändert sich fortwährend die äußere Offenbarung. Wenn wir ein Wesen der zweiten Hierarchie anschauen mit dem okkulten Blick, so ist das anders. Da, sagen wir, stellt das Wesen auch vor, erlebt auch innerlich, aber das, was

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es innerlich erlebt, das sondert es von sich ab wie eine Art Schale, wie eine Art Haut: es bekommt eine selbständige Wesenheit. Und wenn das Wesen dann zu einem andern Innenzustand übergeht, wenn das Wesen etwas anderes vorstellt und sich also auf eine neue Art offenbart, dann ist die alte Offenbarung des Wesens noch vorhanden, bleibt bestehen und geht nicht vorüber wie bei der Wesenheit der dritten Hierarchie. So daß wir dasjenige, was an die Stelle der Offenbarung tritt bei den Wesenheiten der zweiten Hierarchie, nennen können ein sich selbst Schaffen einer Art von Schale oder Haut. Wie einen Abdruck seiner selbst schaffen, sich selber in einer Art von Bild objektiv machen, das ist es, was die Wesenheiten der zweiten Hierarchie auszeichnet. Und wenn wir uns fragen: Was tritt an die Stelle der Geist-Erfüllung der Wesenheiten der dritten Hierarchie bei den Wesenheiten der zweiten Hierarchie? - dann zeigt sich für den okkulten Blick, daß jedesmal, wenn das Wesen ein solches Bild seiner selbst absondert, solch eine Art von Schale seiner selbst, die das Gepräge seiner selbst trägt, daß dann im Innern des Wesens Leben erregt wird. Immer ist das Erregen von Leben die Folge eines solchen Sich-selber-Schaffens.

So müssen wir unterscheiden bei den Wesen der dritten Hierarchie ihre Äußerlichkeit in ihrer Offenbarung und ihre Innerlichkeit in dem Erfülltsein vom Geiste, wir müssen unterscheiden bei den Wesen der zweiten Hierarchie ihre Außenseite als «sich selber im Abdruck, im Bilde schaffen, objektivieren» und ihre Innerlichkeit als Lebenserregung, wie wenn Flüssigkeit fortwährend in sich selber rieselte, indem sie gefrierend ihr Bild nach außen absondert. So ungefähr stellt sich für den okkulten Blick dar, was die Wesenheiten der zweiten Hierarchie äußerlich und innerlich erfüllt. Während dem okkulten Blick die Geist-Erfüllung der Wesenheiten der dritten Hierarchie im Bilde, in der Imagination wie eine Art von geistigem Licht erscheint, so erscheint dieses Lebenrieseln, diese Lebenserregung, die mit Absonderung nach außen verknüpft ist, so, daß die okkulte Wahrnehmung etwas wie geistiges Tönen, Sphärenmusik vernimmt. Es ist wie geistiges Tönen, nicht wie geistiges Licht wie bei den Wesenheiten der dritten Hierarchie.

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Wir können nun wiederum bei diesen Wesenheiten der zweiten Hierarchie mehrere Kategorien unterscheiden, wie wir auch bei den Wesenheiten der dritten Hierarchie mehrere Kategorien unterscheiden konnten. Wenn wir allerdings die Unterschiede dieser Kategorien ins Auge fassen wollen, so wird das schwieriger, weil ja die Dinge immer schwieriger werden, je mehr wir zu den höheren Hierarchien aufsteigen. Wir haben, wenn wir da aufsteigen, zunächst eine Vorstellung zu gewinnen von all dem, was der uns umgebenden Welt zugrunde liegt, insofern diese uns umgebende Welt Formen hat. ES kommt, wie ich schon gesagt habe, für diese zweite Stufe der Hellsichtigkeit nur das in Betracht, was lebt, nicht das, was uns zunächst als Lebloses erscheint. Das, was lebt, kommt in Betracht, aber das, was lebt, ist zunächst geformt. Formen haben die Pflanzen, Formen haben die Tiere, eine Form hat der Mensch. Wenn der hellsichtige Blick mit all den Eigenschaften, die wir heute beschrieben haben, sich richtet auf alles, was Um uns herum in der Natur geformt ist, und wenn er absieht von allem übrigen bei den Wesenheiten und nur auf die Formen sieht, bei den Pflanzen also die Mannigfaltigkeit der Formen betrachtet, ebenso bei den Tieren und bei den Menschen, dann nimmt dieser hellsichtige Blick aus der Gesamtheit der Wesenheiten der zweiten Hierarchie diejenigen wahr, welche wir nennen die Geister der Form, Exusiai.

Wir können aber auch etwas anderes an den Wesenheiten der uns umgebenden Natur ins Auge fassen als die Form. Wir wissen ja, daß alles, was lebt, seine Form in einer gewissen Beziehung ändert, indem es wächst. Am meisten fäIlt uns diese Änderung, dieser Wechsel der Form, diese Metamorphose bei der Pflanzenwelt auf. Wir betrachten nunmehr, indem wir nicht den gewöhnlichen Blick, sondern den heIlsichtigen Blick der zweiten Stufe auf die wachsende Pflanzenwelt richten, wie die Pflanze ihre Form nach und nach gewinnt, wie sie von der Form der Wurzel übergeht zu der Form des Blattes, zu der Form der Blüte, zu der Form der Frucht. Wir betrachten das wachsende Tier, den wachsenden Menschen, kurz, wir betrachten nicht bloß eine Form, wie sie in einem Augenblick da ist, sondern wir betrachten das Werden der Lebewesen.

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Wenn wir uns anregen lassen von dieser Betrachtung des Werdens der Lebewesen: wie die Formen wechseln, wie sie in lebendiger Metamorphose sind, dann tritt uns für den hellseherischen Blick der zweiten Stufe das entgegen, was wir die Kategorie der Geister der Bewegung nennen, Dynamis.

Schwieriger ist nun, eine dritte Kategorie von solchen Wesenheiten der zweiten Hierarchie zu betrachten. Da müssen wir weder die Form als solche noch auch die Bewegung, die Veränderung der Form, sondern dasjenige betrachten, was in der Form sich ausdrückt. Wir können charakterisieren, wie der Mensch zu einer solchen Betrachtung sich erziehen kann. Natürlich genügt nicht, daß man das gewöhnliche normale Bewußtsein in solcher Weise erzieht, wie es jetzt geschildert wird, sondern es müssen die anderen Übungen, welche dem Menschen zu dem okkulten Blick verhalfen, dabei sein. Der Mensch muß die anderen Übungen machen und nicht mit dem gewöhnlichen Bewußtsein gleichsam sich erziehen an dem, was jetzt geschildert wird, sondern sich schon mit dem hellseherischen Bewußtsein erziehen. Das hellseherische Bewußtsein muß sich zuerst erziehen an der Art und Weise, wie der Mensch selber in seiner äußeren Form zum Ausdruck wird für sein Inneres. Wie gesagt, es kann das auch das normale Bewußtsein. Da wird man aber nichts erreichen als ein Ahnen, als ein Vermuten dessen, was hinter der Miene, hinter der Geste, hinter dem Gesichtsausdruck, hinter der Physiognomie des Menschen ist. Wenn aber der hellseherische Blick, der sich schon bis zur zweiten Stufe des Hellsehers geschult hat, wenn der die Physiognomie, die Geste, den mimischen Ausdruck beim Menschen auf sich wirken läßt, dann ruft er in sich Anregungen hervor, durch die er sich allmählich erziehen kann, die Wesenheiten der dritten Kategorie der zweiten Hierarchie zu beobachten.

Aber das kann nicht geschehen - ich bitte wohl zu beachten, was ich jetzt sagen werde -, wenn man dabei stehenbleibt, nur die Gesten, den mimischen Ausdruck, die Physiognomie des Menschen zu betrachten. Da erreicht man eigentlich noch wenig. Man muß dann, so ist die okkulte Schulung auf diesem Gebiete am ratio

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nellsten, zu den Pflanzen übergehen. Die Tiere kann man überspringen, das ist nicht besonders wichtig, daß man sich an den Tieren heranschult. Aber wichtig ist, daß, nachdem man sich hellseherisch ein wenig dazu erzogen hat, aus der Mimik, aus der Physiognomie, aus dem Gestus eines Menschen in das Innere seiner Seele sich hineinzuleben, nachdem man sich so erzogen hat am Menschen, man dann sich zu der Pflanzenwelt wendet und an der Pflanzenwelt sich weiter erzieht. Da wird der hellseherisch geschulte Mensch sehr merkwürdige Erlebnisse haben können, da wird der hellseherisch geschulte Mensch tief empfinden können einen Unterschied zwischen einem Pflanzenblatt, das, sagen wir, spitz zuläuft

Zeichnung aus GA 136, S. 75
Zeichnung aus GA 136, S. 75

(a), und einem Pflanzenblatt, welches diese Form (b) hat; zwischen einer Blüte, welche in dieser Weise (c) nach aufwärts wächst, und einer Blüte, welche etwa so (d) nach außen sich öffnet. Ganze Welten von Unterschieden in den inneren Erlebnissen stellen sich ein, wenn man den okkulten Blick der zweiten Stufe nach einer Lilienblüte eder nach einer Tulpenblüte hinwendet, wenn man die Rispe eines Hafers eder den Halm der Gerste Oder des Weizens auf sich wirken läßt. Alles das wird so lebendig sprechend wie die Physiognomie eines Menschen. Und wenn das so lebendig sprechend wird, wie die Physiognomie eines Menschen spricht, wie sogar der Gestus eines Menschen spricht, wenn wir empfinden, wie eine Blüte, die nach außen sich öffnet, etwas hat wie eine Hand, die sich etwa, mit der Innenfläche nach unten, mit der Außenfläche nach oben, auswärts wendet, wenn wir dann wiederum eine Blüte finden, welche die Blätter nach oben zusammenschließt wie eine

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Handbewegung, wo die zwei Hände sich zusammenfalten -, wenn wir so den Gestus, die Physiognomie der Pflanzenwelt und in der Farbe der Blüte etwas wie Physiognomik empfinden, dann belebt sich der okkulte innere Blick, die okkulte Wahrnehmung und das okkulte Verständnis, und wir erkennen dann eine dritte Kategorie von Wesenheiten der zweiten Hierarchie, die wir nennen die Geister der Weisheit. Dieser Name ist vergleichsweise gewählt aus dem Grunde, weil, wenn wir einen Menschen betrachten in seiner Mimik, in seiner Physiognomie, in seinen Gesten, wir sein Geistiges, sein Weisheitsvolles nach außen sprießen sehen, sich darleben sehen. So fühlen wir, wie geistige Wesenheiten der zweiten Hierarchie alle Natur durchdringen und sich in der Gesamtphysiognomie, in dem Gesamtgesrus, in der gesamten Mimik der Natur zum Ausdruck bringen. Flutende Weisheit geht lebensvoll durch alle Wesen, alle Reiche der Natur, und nicht bloß eine allgemein flutende Weisheit, sondern differenziert ist diese flutende Weisheit in eine Fülle von geistigen Wesenheiten, in die Fülle der Geister der Weisheit. Es ist, wenn das okkulte Bewußtsein sich hinauferhebt zu diesen Geistern, zunächst die h&hste Stufe dieser geistigen Wesenheiten, die wir auf diese Art erreichen.

Aber so, wie wir sagen konnten, daß die Wesenheiten der dritten Hierarchie, die Engel, Erzengel und Zeitgeister, Nachkommen haben, die sich von ihnen abspalten, so haben auch die Wesenheiten dieser zweiten Hierarchie Nachkommen. Im Laufe der Zeit spalten sich in ähnlicher Art, wie wir das gestern für die Wesen der dritten Hierarchie beschreiben konnten, von diesen Wesenheiten der zweiten Hierarchie andere ab, die dann von niedrigerer Kategorie werden, die geradeso in die Reiche der Natur heruntergesandt werden wie die Naturgeister aus den Wesenheiten der dritten Hierarchie, welche gleichsam die Baumeister und Werkmeister im kleinen in den Naturreichen sind. Die geistigen Wesenheiten nun, welche da von der zweiten Hierarchie abgespalten werden und sich heruntersenken in die Reiche der Natur, das sind diejenigen Wesenheiten, welche wir im Okkultismus bezeichnen als die Gruppenseelen der Pflanzen, der Tiere, die Gruppenseelen in den einzelnen

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Wesenheiten. So daß der okkulte Blick auf der zweiten Stufe in den Wesenheiten, die zum Pflanzen-, zum Tierreich gehören, geistige Wesenheiten findet, welche nicht so wie beim Menschen als individuelle Geister in den einzelnen menschlichen Persönlichkeiten sind, sondern wir finden Gruppen von Tieren und Pflanzen, die ähnlich gestaltet sind, beseelt von einer gemeinsamen geistigen Wesenheit. Sagen wir, wir finden die Form der Löwen, die Form der Tiger, andere Formen beseelt von gemeinsamen Seelenwesen. Die gemeinsamen Seelenwesen, wir nennen sie die Gruppenseelen, und diese Gruppenseelen sind abgespaltene Nachkommen der Wesenheiten der zweiten Hierarchie, wie die Naturgeister Nachkommen der Wesenheiten der dritten Hierarchie sind.

So dringen wir von unten hinauf in die höheren Welten, finden, wenn wir die Elemente überblicken, die wichtig sind für alle Wesenheiten des Pflanzen-, des Tierreichs, des Menschenreichs, daß in diesen Elementen, im Festen, im Flüssigen, im Gasförmigen, die Naturgeister walten, die da Nachkommen sind der Wesenheiten der dritten Hierarchie. Wir finden, wenn wir von den Elementen Erde, Wasser, Luft aufsteigen zu dem, was mit Hilfe dieser Elemente lebt in den Naturreichen, geistige Wesenheiten, die belebend durchdringen die Wesenheiten dieser Naturreiche, Gruppenseelen, und diese Gruppenseelen sind abgespaltene geistige Wesenheiten derjenigen, die wir als die Wesenheiten der zweiten Hierarchie kennen.

Sie können daraus ersehen, daß auch nur für den okkulten Blick der zweiten Stufe diese Wesenheiten, die wir als Gruppenseelen bezeichnen, wirklich wahrnehmbar sind. Nur für denjenigen okkult entwickelten Menschen, der das Wesen seines eigenen Ätherleibes wie in Fangarrnen ausdehnen kann, ist es möglich, daß er die Wesenheiten der zweiten Hierarchie kennenlernt und auch die Wesenheiten der Gruppenseelen, die in den verschiedenen Reichen der Natur vorhanden sind. Noch schwieriger ist das Aufsteigen zu den Wesenheiten der ersten Hierarchie und zu denjenigen Wesenheiten, welche in den Naturreichen wiederum die Abkömmlinge sind dieser Wesenheiten der ersten Hierarchie. Davon wollen wir dann morgen weitersprechen.

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FÜNFTER VORTRAG Helsingfors, 7. April 1912

Wir sind in unseren Betrachtungen bis zu der sogenannten zweiten Hierarchie der geistigen Wesenheiten gelangt, und wir haben gestern charakterisiert, wie die menschliche Seele sich verhalten muß, wenn sie eindringen will in das Wesen der zweiten Hierarchie. Ein noch schwierigerer Weg führt zu einer noch höheren Reihe von geistigen Wesenheiten, zu jenen Wesenheiten, welche der ersten, der obersten uns zunächst erreichbaren Hierarchie angehören. ES ist hervorgehoben worden, daß durch eine besondere Steigerung jener Erlebnisse, die wir schon im gewöhnlichen Leben in dem Mitleid und in der Liebe haben, dadurch daß diese Erlebnisse gesteigert werden bis zum okkulten Pfad, man dahin gelangt, das eigene Wesen gleichsam aus sich herauszuergießen und unterzutauchen in die Wesenheiten, die man dann betrachten will. Beachten Sie wohl, daß das Charakteristische dieses Untertauchens darin besteht, daß wir unser eigenes Wesen wie in Fangarmen aus- strecken und es hineinergießen in die fremde Wesenheit. Dabei aber bleiben wir immer neben den fremden Wesenheiten in unserem Bewußtsein, in unserem Innenleben noch bestehen. Das ist das Charakteristische der zweiten Stufe der Hellsichtigkeit, von der gesprochen worden ist. Wir wissen auf dieser zweiten Stufe der Hellsichtigkeit in jedem Augenblick, in dem wir uns eins wissen mit den anderen Wesenheiten noch, daß wir auch da sind, daß wir gleichsam neben den anderen Wesen da sind. Auch dieser letzte Rest von egoistischem Erleben muß aufhören, wenn die dritte Stufe der HeIlsichtigkeit erstiegen werden soll.

Da müssen wir ganz die Empfindung verlieren, als ob wir an irgendeinem Punkt der Welt als besondere Wesen vorhanden wären. Wir müssen dahin kommen, daß wir nicht nur uns aus- gießen in die fremden Wesenheiten und nebenbei stehen mit unserem eigenen Erleben, sondern wir müssen die fremden Wesenheiten

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eigentlich als unser Selbst empfinden, müssen ganz aus uns heraus- gehen und das GefühI verlieren, daß wir neben den fremden Wesenheiten stehen. Wenn wir dann so untertauchen in die fremden Wesenheiten, dann kommen wir dazu, uns selbst, wie wir vorher waren, wie wir im gewöhnlichen Leben sind, als fremde Wesenheit anzuschauen. Sagen wir zum Beispiel, wir tauchen so auf der dritten Stufe der Hellsichtigkeit in irgendein Wesen der Naturreiche unter, dapn schauen wir nicht von uns aus auf dieses Wesen, wir tauchen nicht bloß unter wie auf der zweiten Stufe der Hellsichtigkeit, sondern wir wissen uns eins mit diesem Wesen und schauen zurück von diesem Wesen auf uns selbst. Wie wir sonst das fremde Wesen außer uns anschauen, so schauen wir jetzt auf der dritten Stufe der Hellsichtigkeit von dem fremden Wesen aus uns selber als ein fremdes Wesen an. Das ist der Unterschied zwischen der dritten Stufe und der zweiten Stufe. Erst wenn diese dritte Stufe erreicht ist, dann kommen wir dahin, außer den schon charakterisierten Wesenheiten der dritten und der zweiten Hierarchie noch andere Wesenheiten in unserer geistigen Umgebung wahrzunehmen.

Die geistigen Wesenheiten, die wir dann wahrnehmen, gehören wiederum drei Kategorien an. Die erste Kategorie nehmen wir vorzugsweise wahr, wenn wir so, wie es jetzt geschildert worden ist, untertauchen in das Wesen anderer Menschen oder der höheren Tiere und uns dadurch erziehen. Nicht was wir in anderen Menschen oder in den höheren Tieren wahrnehmen, ist das Wesentiiche, sondern daß wir uns dadurch erziehen und hinter Menschen

und Tieren die Geister wahrnehmen, welche der einen Kategorie der ersten Hierarchie angehören: die Geister des Willens oder, wie die abendländische Esoterik sagt, die Throne. Wir nehmen dann Wesenheiten walir, die wir nicht anders charakterisieren können, als indem wir sagen: Sie bestehen nicht aus Fleisch und Blut, auch nicht aus Licht oder Luft, sondern sie bestehen aus dem, was wir nur in uns selber wahrnehmen können, wenn wir uns bewußt wer

den, daß wir einen Willen haben. Sie bestehen in bezug auf ihre niedrigste Substanz nur aus Wille.

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Dann, wenn wir uns dadurch erziehen, daß wir auf die geschilderte Weise untertauchen nun auch in niedrigere Tiere und deren Leben ins Auge fassen mit dem okkulten Blicke, oder auch wenn wir untertauchen in das Pflanzenleben, aber es nicht bloß so betrachten, wie wir das gestern schon charakterisiert haben, durch die Geste, durch die Mimik, sondern wenn wir eins werden mit den Pflanzen und von den Pflanzen aus uns selber anschauen, ja, dann werden wir zu einer Erfahrung, zu einem Erlebnis gebracht, für das es eigentlich keinen rechten Vergleich mehr gibt innerhalb der Welt, die wir sonst haben. Wir gewinnen h&hstens einen Vergleich für die Eigenschaften jener Wesenheiten, zu denen wir uns dann als den Wesenheiten der zweiten Kategorie der ersten Hierarchie aufschwingen, wir gewinnen eine Möglichkeit, sie zu charakterisieren, wenn wir so recht auf unser Gemüt dasjenige wirken lassen, wozu es ernste, würdige Menschen gebracht haben, welche viele Schritte ihres Lebens dazu verwendet haben, Weisheit in sich anzusammeln, welche nach vielen Jahren reichen Erlebens so viel Weisheit angesammelt haben, daß wir uns sagen: Wenn solche Menschen ein Urteil aussprechen, so spricht nicht ein persönlicher Wille zu uns, sondern es spricht das Leben zu uns, das durch Jahre, durch Jahrzehnte in diesen Menschen sich angehäuft hat und durch das sie in einer gewissen Weise unpersönlich geworden sind. Menschen, weIche auf uns einen solchen Eindruck machen, daß ihre Weisheit unpersönlich wirkt, daß ihre Weisheit wie die Blüte und Frucht eines reifen Lebens erscheint, die rufen in uns ein wenn auch nur ahnendes Empfinden von dem hervor, was aus unserer geistigen, aus unserer spirituellen Umgebung auf uns wirkt, wenn wir zu dieser Stufe des Hellsehens emporrücken, von der hier jetzt die Rede sein muß. Man nennt diese Kategorie in der abendIändischen Esoterik die Cherubim. Es ist außerordentlich schwierig, die Wesenheiten dieser höheren Kategorien zu charakterisieren, denn je weiter wir hinaufsteigen, desto unmöglicher wird es, Eigenschaften des gewöhnIichen Lebens heranzuziehen, um eine Charakteristik von der Höhe und Größe und Erhabenheit der Wesenheiten dieser Hierarchien zu erwecken. Die Geister des Willens, die niederste

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Kategorie also der ersten Hierarchie, sie können wir noch dadurch charakterisieren, daß wir sagen, wir machen uns klar, was Wille ist, denn Wille ist die niederste Substanz, aus der sie bestehen. Aber es würde unmöglich sein, wenn wir nur auf den Willen, wie er uns beim Menschen oder bei denTieren im normalen Leben entgegentritt, wenn wir nur auf die gewöhnlichen Gefühle und Gedanken des Menschen sehen würden, es würde unmöglich sein mit dem, was dem gewöhnlichen menschlichen Denken, Fühlen und Wollen entnommen ist, die Wesenheiten der zweiten Kategorie der ersten Hierarchie zu charakterisieren. Da müssen wir schon zu besonderen Menschen des Lebens gehen, die eben in der charakterisierten Weise überwältigende Macht der Weisheit in ihrer Seele aufgehäuft haben. Wenn wir diese Weisheit fühlen, dann fühlen wir ähnlich, wie der Okkultist fühlt, wenn er den Wesenheiten, die wir Cherubim nennen, gegenübersteht. Solche Weisheit, die nun nicht gesammelt ist in Jahrzehnten, wie die Weisheit hervorragender Menschen, sondern solche Weisheit, die in Jahrtausenden, in Jahrmillionen des Weltenwerdens gesa1tmelt ist, die strömt uns entgegen in erhabener Macht aus den Wesenheiten, die wir Cherubim nennen.

Und noch schwieriger sind zu charakterisieren diejenigen Wesenheiten, die nun die erste, die h&hste Kategorie der ersten Hierarchie ausmachen und die man Seraphim nennt. Es würde nur möglich sein, sich eine Vorstellung von dem Eindruck, von der Impression, welche die Seraphim auf den okkulten Blick machen, zu verschaffen, wenn wir etwa folgenden Vergleich aus dem Leben nehmen. Wir setzen den Vergleich fort, den wir eben gebraucht haben. Wir betrachten einen Menschen, der durch Jahrzehnte Erlebnisse auf- gehäuft hat, die ihn zu überwältigender Weisheit gebracht haben, und wir stellen uns vor, daß ein solcher weiser Mensch, aus dem unpersönlichste Lebensweisheit spricht, aus seiner unpersönlichsten Lebensweisheit heraus wie mit innerem Feuer sein ganzes Wesen derart durchdringt, daß er uns nichts zu sagen braucht, sondern sich nur vor uns hinzustellen braucht und das, was Jahrzehnte ihm an Lebensweisheit gegeben haben, in seinen Blick hineinlegt, so daß der Blick uns erzählen kann Leiden und Erfahrungen von Jahrzehnten

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und wir aus dem Blicke einen Eindruck davon haben können, daß dieser Blick spricht wie die Welt selber, die wir erleben. Wenn wir uns einen solchen Blick vorstellen, oder wenn wir uns vorstellen, daß ein solcher weiser Mensch dahin gekommen ist, uns nicht nur Worte zu sagen, sondern in dem Klang und in der eigentümlichen Färbung seiner Worte den Abdruck zu geben von reichen Lebenserfahrungen, so daß wir etwas wie einen Unterton hören in dem, was er sagt, weil er es mit einem gewissen Wie ausstattet und wir aus diesem Wie eine Welt von Lebenserfahrungen vernehmen, dann bekommen wir wiederum ein Gefühl, wie es der Okkultist hat, wenn er zu den Seraphim aufsteigt. Wie ein Blick, der am Leben herangereift ist, und wie Jahrzehnte von Erfahrungen sprechen oder wie ein Satz, der so ausgesprochen wird, daß wir nicht bloß seine Gedanken hören, sondern daß wir hören: der Satz ist, indem er mit solchem Klange ausgesprochen wird, in Schmerzen und in Erfahrungen des Lebens errungen, er ist keine Theorie, er ist erkämpft, er ist erlitten, er ist durch Lebensschlachten und Siege in das Herz gegangen - wenn wir all das durch einen Unterton hören, dann bekommen wir einen Begriff von der Impression, welche der geschulte Okkultist hat, wenn er sich aufschwingt zu den Weseiiheiten, die wir Seraphim nennen.

Wir konnten die Wesenheiten der dritten Hierarchie charakterisieren, indem wir sagten: Was bei den Menschen Wahrnehmung ist, das ist bei ihnen Offenbarung ihres Selbst, was bei den Menschen Innenleben, waches Bewußtsein ist, das ist bei ihnen GeistErfüllung. Wir konnten die Wesenheiten der zweiten Hierarchie charakterisieren, indem wir sagten: Was bei den Wesenheiten der dritten Hierarchie Offenbarung ihres Selbst ist, ist bei ihnen Selbstverwirklichung, Selbstschaffen, Abdrückeprägen von ihrem eigenen Wesen, und was bei den Wesenheiten der dritten Hierarchie Geist-Erfüllung ist, das ist bei ihnen Lebenserregung, so daß innere Lebenserregung entsteht in dem Absondern, in dem Selbstobjektivieren. Was nun bei den Wesenheiten der zweiten Hierarchie Selbstschaffen ist, das tritt uns auch noch bei den Wesenhe,iwn der ersten Hierarchie entgegen, wenn wir sie mit dem okkulten Blick

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betrachten, aber es ist doch ein Unterschied. Der Unterschied besteht nämlich darin, daß das, was die Wesenheiten der zweiten Hierarchie objektivieren, was sie aus sich heraus schaffen, so lange vorhanden bleibt, als diese Wesenheiten mit dem Geschaffenen verbunden bleiben. Also wohlgemerkt, diese Wesenheiten der zweiten Hierarchie können so etwas wie ein Abbild von sich schaffen, das aber bleibt mit ihnen verbunden, und es kann sich nicht von ihnen trennen. Es bleibt in einer gewissen Weise mit ihnen verbunden. Bei den Wesenheiten der ersten Hierarchie ist es so, daß sie sich auch selbst objektivieren, daß sie ihr eigenes Wesen abprägen, ab- sondern wie in einer Haut, in einer Schale, die aber ein Abdruck ihres eigenen Wesens ist. Das sondert sich jetzt von ihnen ab und bleibt in der Welt vorhanden, auch wenn sie sich davon trennen. Sie tragen also ihre Schöpfung nicht mit sich herum, sondern diese Schöpfung bleibt, auch wenn sie von ihr weggehen. Da- durch ist ein höherer Grad von Objektivität erreicht als der durch die zweite Hierarchie erreichte. Wo die Wesen der zweiten Hierarchie schaffen, da müssen sie, damit ihr Geschaffenes nicht zugrunde gehe, bei dem Geschaffenen bleiben. Das Geschaffene würde tot sein und zerfallen, wenn sie nicht selber damit verbunden blieben. Es hat eine selbständige, objektive Wesenheit, aber nur so lange, als das Wesen damit verbunden bleibt. Dasjenige, was abgesondert wird aus den Wesenheiten der ersten Hierarchie heraus, davon können diese Wesenheiten der ersten Hierarchie weggehen, und dennoch bleibt es als etwas Selbsttätiges, Objektives vorhanden.

Bei der dritten Hierarchie haben wir Offenbarung und Geist- Erfüllung, bei der zweiten Hierarchie Selbsterschaffen und Lebenserregung. Bei der ersten Hierarchie, die da besteht aus den Thronen, Cherubim und Seraphim, da haben wir ein solches Schaffen, daß das Geschaffene abgesondert wird, da haben wir statt des Selbstschaffens Weltschaffen: Eine abgesonderte Welt wird das, was hervorgeht aus den Wesenheiten der ersten Hierarchie, eine solche selbständige Welt, daß diese Welt Erscheinungen, Tatsachen zeigt, auch wenn die Wesenheiten nicht mehr dabei sind.

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Wir können uns jetzt noch fragen: Und wie ist denn das eigene Leben dieser ersten Hierarchie? Das eigene Leben der Wesenheiten der ersten Hierarchie ist so, daß es sich selber wahrnimmt, indem es solche objektive, selbständige, sich absondernde Wesen aus sich hervorgehen läßt. Im Schaffen, im Selbständigmachen von Wesenheiten liegt für diese Wesenheiten der ersten Hierarchie ihr innerer Bewußtseinszustand, ihr inneres Erleben. Wir können sagen, sie schauen hin auf das, was sie schaffen und was die Welt wird, und nicht indem sie in sich hineinschauen, sondern indem sie hinaus- schauen auf die Welt, auf ihre Geschöpfe, haben sie sich. Wesen schaffen, das ist ihr Innenleben. Andere Wesen schaffen, in anderen Wesen leben, das ist das innere Erleben dieser Wesenheiten der ersten Hierarchie. Weltschaffen ist ihr Außenleben» Wesenschaffen ihr Innenleben.

Wir haben nun im Laufe dieser Tage darauf aufmerksam gemacht, wie die verschiedenen Wesenheiten der einzelnen Hierarchien Nachkommen, sich abspaltende Wesenheiten haben, die sie herunterschicken in die Reiche der Natur, und wir haben kennengelernt, daß die Nachkommen der dritten Hierarchie die Naturgeister sind, daß die Nachkommen der zweiten Hierarchie die Gruppenseelen sind. Auch die Wesenheiten der ersten Hierarchie haben solche sich abspaltenden Nachkommen, und im Grunde genommen habe ich Ihnen bereits von einer anderen Seite her diese Wesenheiten beschrieben, welche die Nachkommen der ersten Hierarchie sind. Ich habe es Ihnen beschrieben in den allerersten Betrachtungen, als wir aufgestiegen sind zu den sogenannten Geistern der Umlaufszeiten, zu denjenigen Geistern, welche anordnen und dirigieren, was in den Naturreichen in rhythmischer Folge und Wiederholung geschieht. Die Wesenheiten der ersten Hierarchie spalten von sich ab diejenigen Wesenheiten> welche anordnen den Wechsel von Winter und Sommer, so daß die Pflanzen sprießen und wiederum verwelken; jene rhythmische Folge, wodurch zum Beispiel die Angehörigen einer gewissen tierischen Art eine bestimmte Lebenszeit haben, innerhalb welcher sie sich entwickeln von der Geburt bis zum Tod. Aber auch alles, was in den Naturreichen

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rhythmisch und sich wiederholend folgt, wie Tag und Nacht, wie Jahreswechsel, wie die vier Jahreszeiten - alles, was so rhythmisch folgt, alles was auf sich wiederholendem Geschehen beruht, das wird geregelt von den Geistern der Umlaufszeiten, von den Nachkommen der Wesenheiten der ersten Hierarchie. Man kann diese Geister der UmIaufszeiten von der einen Seite charakterisieren, wie wir das vor einigen Tagen gemacht haben, und man kann Sie jetzt ihrer eigenen Abstammung nach charakterisieren, wie wir das heute taten. So können wir zusammenfassend das Wesen dieser drei Hierarchien wie folgt darstellen:

Erste Hierarchie

Weltschaffen Wesenschaffen Geister der Umlaufszeiten

Zweite Hierarchie

Selbsterschaffen Lebenserregung Gruppenseelen

Dritte Hierarchie

Offenbarung Geist-Erfüllung Naturgeister

Wenn wir nun in der mir gestellten Aufgabe weiterschreiten wollen, da müssen wir uns bekannt machen mit Vorstellungen, zu denen sich der geschulte Blick des 0kkuItisten allmählich erhebt und die ja für den Anfang, wenn man zuerst mit ihnen bekannt wird, etw`as schwierig sind. Aber wir werden sie schon heute vor unsere Seele hinstellen, diese Vorstellungen und Ideen, und indem wir das tun, bekommen wir die Möglichkeit, uns in den nächsten Vorträgen, wo uns das ganze Leben und die ganze Wesenheit der Naturreiche und der Himmelskörper vor Augen treten soll, immer mehr und mehr hineinzugewöhnen in die Art und Weise, wie die charakterisierten Wesenheiten mit den Naturreichen und mit den Himmelskörpern zusammenhängen. So werden wir immer bestimmtere Vorstellungen nach dieser Richtung hin erhalten können.

Wenn wir von dem Menschen sprechen, dann sprechen wir so, daß wir diesen Menschen charakterisieren, wie er sich dem okkulten

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Blick darbietet; Sie können das ja verfolgen in theosophischen Schriften, zum Beispiel in meiner «Theosophie» und in meiner «Geheimwissenschaft». Wenn wir den Menschen mit dem okkulten Blick betrachten, So sagen wir: Dasjenige, was zunächst das äußerste für Augen und Sinne überhaupt Wahrnehmbare am Menschen ist, das ist sein physischer Leib. Also den physischen Leib des Menschen betrachten wir als das erste menschliche Glied. Als das zweite menschliche Glied betrachten wir dann schon etwas Übersinnliches, schon etwas für das normale Bewußtsein Unsichtbares, den ätherischen Leib. Als drittes Glied betrachten wir den astralischen Leib. Wenn wir diese drei Glieder haben, dann haben wir ungefähr die Hüllennatur des Menschen. Wir kommen dann zu noch höheren Gliedern. Die sind dann seelenartiger Natur. Die nimmt man im gewöhnlichen Leben wahr als inneres Seelenleben, und ebenso wie wir von einer dreifachen äußeren Hülle sprechen, so können wir sprechen von einer dreifachen Seele: von der Empfindungsseele, Verstandes- oder Gemütsseele und Bewußtseinsseele. Diese Glieder der menschlichen Natur, von dem physischen Leib bis zur Bewußtseinsseele herauf, sind im Grunde genommen heute bei jedem Menschen schon vorhanden. Dazu kommt noch ein Hereinleuchten des nächsten Gliedes, das wir bezeichnen als Geistselbst oder, wie vielleicht viele von Ihnen gewohnt sind, es zu nennen, Manas. Dann haben wir das nächste Glied, das in der Zukunft für den Menschen eigentlich erst ausgebildet werden wird im rechten Maße; wir nennen das den Lebensgeist oder die Buddhi. Und dann haben wir das, was wir als den eigentlichen Geistesmenschen oder Atma bezeichnen, was zwar die innerste menschliche Natur ist, was aber in dem Menschen für sein Bewußtsein heute noch schlummeft und erst in zukünftigen Erdentagen innerhalb des Bewußtseins als der eigentliche Mittelpunkt des Bewußtseins aufleuchten wird. Diese Glieder der menschlichen Natur sind so, daß wir von ihnen sprechen als Einheiten. In einer gewissen Weise haben wir in dem physischen Leib des Menschen eine Einheit, wir haben in dem ätherischen Leib des Menschen eine Einheit und so in den anderen Gliedern der menschlichen Natur. Der ganze Mensch ist eine Einheit, welche

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aus der Zusammenfügung und dem Ineinanderwirken dieser verschiedenen Glieder besteht.

Sie müssen sich nun vorstellen, wenn wir weiterkommen wollen in unseren Betrachtungen, daß es über dem Menschen stehende Wesenheiten gibt, welche so erhaben sind über die menschliche Natur, daß sie nicht bestehen aus Gliedern, die wir bezeichnen können als physischen Leib, Ätherleib und so weiter, sondern daß die Glieder dieser Wesenheiten selbst wiederum Wesenheiten sind. Während der Mensch also zu seinen einzelnen Gliedern das hat, was wir nicht als Wesenheit, sondern eben nur als einheitliche Glieder ansehen können, müssen wir aufsteigen zu solchen Wesenheiten, die nicht einen physischen Leib haben als ihren Teil, son dern welche ebenso, wie der Mensch seinen physischen Leib als einen Teil hat, zu ihrem Teil etwas haben, was wir jetzt genannt haben in unseren Betrachtungen die Geister der Form. Wenn wir sagen: Es gibt eine Wesenheit höherer Kategorie, welche nicht wie der Mensch zu seinem Gliede einen physischen Leib hat, son dern welche zu ihrem Glied eine Wesenheit selbst hat, einen Geist der Form, dann bekommen wir eine Vorstellung von einer Wesenheit, die wir bisher noch nicht charakterisiert haben, aber die wir jetzt charakterisieren wollen. Wollen wir sie charakterisieren, so müssen wir uns schon derjenigen Vorstellungen bedienen, zu denen wir uns aufgeschwungen haben im Laufe unserer Betrachtungen.

Ich sagte schon, es ist schwierig, zu diesen Vorstellungen zu kommen, aber Sie werden durch eine Analogie sich erheben können zu solchen Vorstellungen, wie wir sie hier brauchen. Betrachten Sie einen Bienenstock oder einen Ameisenhaufen und nehmen Sie die einzelnen Wesenheiten, die einzelnen Bienen des Bienenstockes und seien Sie sich klar darüber, daß der Bienenstock einen realen Gesamtgeist hat, eine reale Gesamtwesenheit, und daß er in den einzelnen Bienen seine Teile hat, wie Sie Ihre Teile haben in Ihren einzelnen Gliedern. Da haben Sie eine Analogie für noch höhere Wesenheiten, als diejenigen sind, die wir bisher betrachtet haben, die zu ihrem Glied nicht so etwas haben, was wir nur als physischen

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Leib wie beim Menschen bezeichnen, sondern was wir selber als eine Wesenheit bezeichnen müssen, als Geist der Form. Wie wir in unserem physischen Leibe leben, so leben Wesenheiten von höherer Erhabenheit so, daß sie die Geister der Form, oder einen Geist der Form meinetwillen, zu ihrem untersten Gliede haben. Wir Menschen haben dann den ätherischen Leib, statt dessen haben diese Wesenheiten als zweites Glied Geister der Bewegung; statt des astralischen Leibes des Menschen haben diese Wesenheiten Geister der Weisheit; statt dessen, was wir Menschen als Empfindungsseele haben, haben diese Wesenheiten als ihr viertes Glied Throne oder Geister des Willens; statt unserer Verstandesseele haben diese Wesenheiten als fünftes Glied Cherubim; als sechstes haben sie, wie wir die Bewußtseinsseele haben, Seraphim. Und wie wir hinauf- schauen zu demjenigen, was wir uns allmählich erst aneignen in zukünftigen Erdentagen, so schauen diese Wesenheiten hinauf zu dem, was überragt das Wesen der Hierarchien. Wie wir von unserem Manas, Buddhi, Atma oder Geistselbst, Lebensgeist, Geistes- menschen sprechen, so schaut gleichsam aus seinem seraphischen Glied, wie wir aus unserer Bewußtseinsseele, diese Wesenheit hinauf zu einer Urgeistigkeit. Da erst haben diese Wesenheiten dann etwas dem Analoges, was wir unser geistiges Innenleben nennen. Es ist außerordentlich schwierig, von dem, was da oben über den Hierarchien gleichsam als die geistige Wesenheit höchster Geister selber vorhanden ist, Vorstellungen zu erwecken. Im Laufe der Menschheitsevolution haben die verschiedenen Religionen und Weltanschauungen daher auch, man möchte sagen, mit einer gewissen ehrfürchtigen Vorsicht unterlassen, in deutlichen, an die Sinneswelt erinnernden Vorstellungen von dem zu sprechen, was da oben noch vorhanden ist über den Hierarchien. Mußten wir schon, um eine Vorstellung hervorzurufen, wie sie in der Seele des Okkultisten lebt, wenn er auf die Seraphim blickt, zu solchen Mitteln greifen, die uns nur in Analogien entgegentreten bei Menschen mit reicher Lebenserfahrung, so reicht auch alles das, was uns selbst bei solchen Menschen als reine Äußerung ihres Lebens entgegentritt, nicht mehr aus, um die Dreiheit zu charakterisieren,

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die gleichsam über den Seraphim als höchstes Wesen, als ihr Manas, Buddhi, Atma, figuriert.

Im Laufe der Menschheitsevoluflöon ist über die vorsichtigen Ahnungen, mit denen der Menschengeist von dem, was da oben ist in den geistigen Regionen, gesprochen hat, sogar, man darf sagen leider, viel gestritten worden. Leider! darf man sagen, weil es dem Menschengeist viel angemessener wäre, nicht mit Vorstellungen, die er sich nun einmal aus dem gewöhnlichen Leben durch allerlei Analogien und Vergleiche gezimmert hat, Wesenhaftes von so hoher Gattung charakterisieren zu wollen; viel mehr geziemend wäre es für den Menschen, in tiefer Ehrfurcht immer mehr und mehr lernen zu wollen, um annähernde Vorstellungen von dem zu bekommen, was da oben ist. Annähernde Vorstellungen versuchten die Religionen und Weltanschauungen von dem, was da oben ist, zu geben, indem sie heranzogen vieldeutige und vielsagende Begriffe, Begriffe, welche gewissermaßen dadurch etwas Besonderes gewinnen, daß sie über das einzelne Leben des Menschen schon in der äußeren Sinneswelt hinausgehen. Mit solchen Begriffen kann man natürlich das erhabene Wesen, um das es sich hier handelt, auch nicht einmal annähernd charakterisieren, aber man kann gewissermaßen eine Vorstellung hervorrufen von dem, was man nicht zu sagen vermag, sondern was sich hüllen soll in ein heiliges Geheimnis, in ein heiliges Mysterium. Denn nicht sollte man mit menschlichen Verstandesbegriffen, die an der Außenwelt gewonnen sind, so ohne weiteres herankonimen an diese Dinge. Daher versuchte man in den aufeinanderfolgenden Religionen und Weltanschauungen annähernd, ahnungsvoll diese Dinge dadurch zu charakterisieren, daß man das, was über den Menschen hinausragt und schon in der Natur mysteriös ist, zur Charakteristik oder, sagen wir besser, zur Namengebung heranzog.

Die alten Äögypter haben zur Namengebung herangezogen die Begriffe von Kind oder Sohn, von Mutter und Vater, also das, was über den einzelnen Menschen hinausragt. Das Christentum hat versucht, in der Aufeinanderfolge von Heiligem Geist, Sohn und Vater für diese Dreiheit eine Namengebung zu finden. So daß wir sagen

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können: Wir würden an die siebente Stelle zu setzen haben den Heiligen Geist, an die achte den Sohn und an die neunte den Vater. Wenn wir also ein Wesen, zu dem wir hinaufschauen und dessen oberster Inhalt uns wie in ein geistiges Mysterium verschwindet und wir andeutungsvoll dazu sagen: Geist, Sohn und Vater -, wenn wir ein solches Wesen mit dem okkulten Blick betrachten, so sagen wir uns: Wie wir uns zum Menschen verhalten, indem wir ihn äußerlich anschauen, wie wir seinen physischen Leib als sein unterstes Glied betrachten, so haben wir bei einem solchen Wesen, wenn wir es so betrachten, daß diese Betrachtung analog ist der Menschenbetrachtung, den Geist der Form vor uns, das heißt, einen Geist, der sich eine Form gibt, einen geformten Geist. Wir müßten also hinschauen können auf dasjenige, was von diesen Wesenheiten analog, ähnlich ist dem physischen Leib des Menschen, auf etwas Geformtes.

Wie wir etwas Geformtes im physischen Leib des Menschen als sein unterstes Glied haben, und wie in diesem Geformten, das in Wahrheit, so wie es uns entgegentritt, selbstverständlich eine Maja ist, aber eben das lebt, was Geist der Form ist, so ist das, was uns erscheint, wenn wir den Blick hinausrichten in den Weltenraum und im Weltenraum einen Planeten erblicken - Merkur, Venus, Mars, Jupiter , die äußere Form des Geistes der Form, das, was zu diesem Wesen, von dem wir jetzt gesprochen haben, gehört, wie der physische Leib des Menschen zu dem Menschen gehört. Wenn ein Mensch vor uns steht, dann drückt uns diese Form aus, was als höhere Glieder, als ätherischer Leib, astralischer Leib, Empfindungsseele und so weiter, in dem Menschen lebt; wenn wir einen Planeten sehen, drückt uns diese Form aus, was die Form der Geister der Form ausmacht. Und wie hinter der menschlichen Form, hinter dem physischen Leib der ätherische Leib, der astralische Leib, die Empfindungsseele und so weiter sind, so ist hinter dem Planeten als zu ihm gehörig dasjenige, was wir ansprechen als Geister der Bewegung, der Weisheit, des Willens, Seraphim, Cherubim und so weiter. Wenn wir also im Sinne der Geisteswissenschaft das vollständige Wesen eines Planeten uns vorhalten wollen, dann müssen wir sagen: Uns begegnet

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im Weltenraum für unsere Wahrnehmung der Planet, indem er uns sein Physisches, das der Geist der Form ihm gegeben hat, entgegenleuchtet, und er verbirgt, wie der Mensch seine höheren Glieder dem physischen Blick verbirgt, dasjenige, was als Wesenheiten der höheren Hierarchien in dem Planeten und um ihn waltet. Wir stellen uns also einen solchen Planeten wie den Mars oder den Merkur richtig vor, wenn wir ihn uns zunächst seiner physischen Form nach vorstellen und ihn umgeben und durchdrungen denken von einer geistigen Atmosphäre, die ins Endlose ausgreift, die in dem physischen Planeten eben ihre physische Form, die Schöpfung der Geister der Form, hat und die in ihrem geistigen Umkreis die Wesenheiten der anderen Hierarchien hat. Dann erst haben wir den vollständigen Planeten, wenn wir ihn so betrachten, daß er in der Mitte das Physische als einen Kern hat und um ihn herum geistige Umhüllungen, die aus den Wesenheiten der Hierarchien bestehen. Es soll das in den nächsten Vorträgen noch eingehender betrachtet werden. Damit wir aber gewissermaßen heute noch die Richtung unserer Betrachtung andeuten können, sei noch folgendes zunächst als Mitteilung, wie es die okkulte Forschung ergibt, gesagt.

Wir haben schon angedeutet: Wenn wir das, was physische Planetenform ist, betrachten, so ist das ein Geschöpf des Geistes der Form. Auch unsere Erdenform ist Geschöpf des Geistes der Form. Nun aber wissen Sie von unserer Erde zunächst, daß sie in sich kein Ruhendes ist, daß diese Erde einer fortdauernden inneren Veränderung und Beweglichkeit unterliegt. Sie alle werden sich aus den Schilderungen der Akasha-Chronik erinnern, daß das äußere Antlitz unserer Erde heute anders aussieht, als es zum Beispiel aus- gesehen hat während der Periode der Erdenentwickelung, die wir als die atlantische Zeit bezeichnen. In dieser uralten atlantischen Zeit war die Fläche unseres Erdballs, welche heute vom Atlantischen Ozean überflutet ist, mit einem mächtigen Kontinente bedeckt, während an der Stelle, wo heute Europa, Asien, Afrika sind, kaum erst Kontinente sich bildeten. So hat sich die Masse, die Substanz der Erde umgesetzt durch innere Beweglichkeit. Der Planet ist in einer fortwährenden inneren Beweglichkeit. Bedenken Sie

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nur, daß zum Beispiel das, was heute bekannt ist als die Insel Helgoland, nur ein kleiner Teil dessen ist, was noch im neunten, zehnten Jahrhundert von dieser Insel Helgoland ins Meer hinausragte. Wenn auch die Zeiten, in denen Umlagerungen, innere Veränderungen des Antlitzes der Erde stattfinden, verhältnismäßig groß sind, ohne viel auf diese Dinge einzugehen, kann jeder sich sagen, der Planet ist in einer forrwährenden inneren Beweglichkeit. Und gar, wenn der Mensch nicht nur zum Planeten das Feste der Erde rechnet, sondern auch Wasser und Luft, dann lehrt ja das alltägliche Leben, daß der Planet in innerer Beweglichkeit ist. In Wolkenbildung, in Regenbildung, in all den Witterungserscheinungen, im auf- und absteigenden Wasser, in alledem zeigt die planetarische Substanz die innere Beweglichkeit. Das ist ein Leben des Planeten. Innerhalb dieses Lebens des Planeten wirkt, wie im Leben des einzelnen Menschen der Atherleib, dasjenige, was wir bezeichnen als die Geister der Bewegung. So daß wir sagen können: Außere Gestalt des Planeten - Geister der Form als Schöpfer. Die innere Lebendigkeit, sie wird geregelt durch die Wesenheiten, die wir die Geister der Bewegung nennen.

Nun ist aber ein solcher Planet für den Okkultisten durchaus eine wirkliche Wesenheit, eine Wesenheit, welche das, was in ihr vorgeht, nach Gedanken regelt. Nicht nur, daß innere Lebendigkeit, wie sie eben geschildert worden ist, im Planeten vorhanden ist, sondern auch Bewußtsein hat der Planet als ganzer Planet, denn er ist ja eine Wesenheit. Und dieses Bewußtsein, welches dem menschlichen Bewußtsein entspricht, insofern die niedere Bewußtseins form, das Unterbewußtsein, im astralischen Leib ist, das wird geregelt beim Planeten durch die Geister der Weisheit. So daß wir sagen können: Das niederste Bewußtsein des Planeten wird geregelt durch die Geister der Weisheit. Wenn wir so den Planeten charakterisieren, dann bleiben wir noch immer innerhalb des Planeten. Wir schauen hinauf zum Planeten und sagen uns: Er hat eine gewisse Form, das entspricht den Geistern der Form; er hat eine innere Beweglichkeit, das entspricht den Geistern der Bewegung; das alles ist von Bewußtsein durchdrungen, das entspricht den Geistern

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der Weisheit. Aber nun verfolgen wir den Planeten weiter: Er geht durch den Raum, er hat einen inneren Impuls, der ihn treibt durch den Raum, wie der Mensch einen inneren Willensimpuls hat, der ihn treibt, seine Schritte zu machen, durch den Raum zu gehen. Das, was den Planeten durch den Raum führt, was seine Bewegung im Raum regelt, was da macht, daß er zum Beispiel um den Fixstern sich bewegt, das entspricht den Geistern des Willens. Sie geben dem Planeten den Impuls, hinzufliegen durch den Raum. Also, die Bewegung des Planeten im Raum entspricht den Geistern des Willens oder den Thronen. Wenn nun diese Geister des Willens nur die Bewegungsimpulse dem Planeten geben würden, so würde jeder Planet in der Welt seine eigenen Wege gehen. Das ist aber nicht der Fall, sondern ein jeder Planet richtet sich nach dem ganzen System. Es wird die Bewegung nicht nur so geregelt, daß der Planet sich bewegt, sondern es wird Ordnung hineingebracht in das ganze planetarische System. Wie Ordnung hineingebracht wird, wenn, sagen wir, eine Gruppe von Menschen, von denen der eine dahin, der andere dorthin ging, einem gemeinsamen Ziele zuzustreben beginnt, so werden die Bewegungen der Planeten geordnet, bis sie zusammenstimmen. Dieses Zusammenstimmen der Bewegungen des einen Planeten mit dem anderen, diese Tatsache, daß in der Bewegung des einen Planeten Rücksicht genommen wird auf die der anderen, das entspricht der Tätigkeit der Cherubim. Also die Regelung der gemeinsamen Bewegung des Systems entspricht der Tätigkeit der Cherubim. Und jedes Planetensystem mit seinem Fixstern, der gewissermaßen als der Hauptanführer dasteht unter der Leitung der Cherubim, hat seine Beziehung wiederum zu den anderen Planetensystemen, die anderen Fixsternen zugehören, verständigt sich über seinen Ort im Raum und über seine Bedeutung mit seinen Nachbarsystemen, wie die einzelnen Menschen sich untereinander verständigen, miteinander sich besprechen zu ihren gemeinsamen Taten. Wie die Menschen ein soziales System begründen dadurch, daß sie Gegenseitigkeit haben, so gibt es auch eine Gegenseitigkeit der Planetensysteme. Von Fixstern zu Fixstern waltet gegenseitige Verständi

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gung. Dadurch kommt allein der Kosmos zustande. Das, was sozusagen die Planetensysteme durch den Wdwnraum miteinander sprechen, um zum Kosmos zu werden, das wird geregelt durch diejenigen Geister, welche wir Seraphitn nennen.

Und nun haben wir gleichsam das erschöpft, was wir beim Menschen finden bis herauf in die Bewußtseinsseele. Wie wir dann beim Menschen kommen zu seinem höheren Geistesleben, zu dem, was dem ganzen System bis zur Bewußtseinsseele herauf erst Sinn gibt, so kommen wir, wenn wir über die Seraphim heraufkommen, zu dem, was wir vorhin versuchten, heute zunächst andeutungsweise als oberste Dreiheit der Welwnwesenheit zu charakterisieren: Wir kommen da zu dem, was im Weltenall waltet als das alldurchziehende, göttliche, dreifach göttliche Leben, das sich in den einzelnen Planetensystemen Hüllen schafft. Wie sich das, was im Menschen lebt als Geistselbst, Lebensgeist, Geiste,smensch - Manas, Buddhi, Atma - Hüllen schafft in Bewußtseinsseele, Verstandesseele, Empfindungsseele, astralischem, ätherischem und physischem Leibe, so wandeln durch den Raum die Fixsterne der Planetensysteme als die Körper der göttlichen Wesenheiten. Und indem wir das Leben der Sternenwelt betrachten, betrachten wir die Leiber der Götter und zuletzt des Göttlichen überhaupt.

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SECHSTER VORTRAG Helsingfors, 8. April 1912

Gestern haben wir versucht, ein Planetensystem zu betrachten, wie es abhängig ist von den verschiedenen geistigen Wesenheiten der drei gleichsam übereinandergeschichteten Hierarchien, die wir im

Lauf der bisherigen Vorträge zu beschreiben suchten. Wir haben eine Vorstellung davon gewonnen, was alles an einem Planeten beteiligt ist, und wir haben gesehen, wie der Planet seine Form erhält, also seine abgeschlossene Gestalt, dadurch, daß da wirken die Geister der Form. Wir haben ferner gesehen, daß das innere Leben, die innere Beweglichkeit des Planeten eine Wirkung ist der Tätigkeit der Geister der Bewegung. Dasjenige, was wir das niederste Bewußtsein des Planeten nennen können, das wir vergleichen können mit dem Bewußtsein, das beim Menschen in seinem astralischen Leibe vorhanden ist, das haben wir zuzuteilen den Geistern der Weisheit Jene Impulse, durch die der Planet nicht feststehend im Raum ist, sondern im Raum seinen Ort ändert, wir haben sie zuzuteilen den Geistern des Willens oder den Thronen. Dasjenige, was den Planeten eingliedert in sein ganzes System, wodurch er sozusagen nicht seinen eigenen Weg im Raume geht, sondern sO schreitet, daß seine BewegungsimpuIse im Einklang sind mit den Bewegungsimpulsen seines ganzen Planetensystems, zu dem er gehört, das, was also die Einzelbewegung eines Planeten im Zusammenhang mit dem ganzen Planetensystem regelt, das ist eine Wirkung der Cherubim. Und endlich dasjenige, was wir nennen können das innere seelische Leben des Planeten, wodurch der Planet gleichsam in Verbindung tritt mit den anderen Himmelskörpern, wie der Mensch durch seine Sprache etwa mit anderen Menschen in Verbindung tritt, das schreiben wir den Seraphim zu. So daß wir im Planeten einen Zusammenhang zu betrachten haben, innerhalb dessen dasjenige, was von den Geistern der Form kommt, nur wie eine Art von Kern vorhanden ist; dagegen ergibt sich etwas

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für jeden Planeten wie eine Art von geistiger Atmosphäre, wir könnten auch sagen etwas wie eine Aura, in welcher die Geister der beiden höheren Hierarchien leben, die oberhalb der Geister der Form sind.

Nun aber müssen wir, wenn wir alles das richtig verstehen wollen, was wir im letzten Vortrag angeführt haben und was ich soeben versuchte, in ein paar Sätzen zu wiederholen, uns noch mit anderen Vorstellungen bekannt machen, mit Vorstellungen, welche wir am leichtesten gewinnen werden, wenn wir von den Wesenheiten jener Hierarchie ausgehen, die unmittelbar sozusagen nach oben, nach der geistigen Welt zu, an den Menschen angrenzt, wenn wir also ausgehen von den Wesenheiten der dritten Hierarchie. Wir haben gesagt, daß diese Wesenheiten der dritten Hierarchie dadurch charakterisiert werden, daß das, was beim Menschen Wahrnehmung ist, bei ihnen Offenbarung ist, und dasjenige, was beim Menschen Innenleben ist, ist bei ihnen Geist-Erfüllung. Schon in jenen Wesenheiten, die wir um eine Stufe höher stehen haben in der Rangordnung der WeIt als die Menschen selber, bei den Engeln, Angeloi, finden wir diese Eigentümlichkeit, daß sie eigentlich dasjenige wahrnehmen, was sie aus sich selber heraus offenbaren, und daß sie, wenn sie in ihr Inneres einkehren, nicht etwas so Selbständiges, in sich Abgeschlossenes haben wie der Mensch, sondern daß sie in ihrem Innern dann aufleuchten und aufsprießen fühlen die Kräfte und Wesenheiten der höheren Hierarchien, die über ihnen sind, kurz, daß sie sich erfüllt, inspiriert fühlen von dem Geist der höheren Hierarchien, von den Wesenheiten, die über ihnen sind. So ist das, was wir beim Menschen selbständiges Innenleben nennen, eigentlich bei diesen Wesenheiten nicht vorhanden. Wollen sie ihr eigenes Wesen entwickeln, wollen sie das, was sie sind, gleichsam wie der Mensch denken, fühlen und wollen, so offenbart sich alles gleich nach außen; nicht wie beim Menschen, der da in sich selber verschließen kann seine Gedanken und seine Gefühle und der seine Willensimpulse ungetan lassen kann. Was als Gedanken in diesen Wesen lebt, insofern sie diese Gedanken selber hervorbringen, das ist zugleich auch ihre Offenbarung

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nach außen. Und wenn sie sich nicht offenbaren wollen, dann können sie nicht anders in ihr Inneres einkehren, als sich wiederum im Innern erfüllen mit der über ihnen stehenden Welt. So lebt im Innern dieser Wesenheiten die über ihnen stehende Welt, oder, wenn sie sich selber leben, leben sie sich nach außen hin objektiv dar.

Diese Wesenheiten können also nichts in sich verbergen, was Produkt ihres eigenen Denkens oder Fühlens wäre, denn es würde sich alles, was sie in ihrem Innern sich erarbeiten, nach außen zeigen. Sie kÖnnen, wie wir in einem der vorigen Vorträge erwähnt haben, nicht lügen, so daß das, was sie vorstellen, was sie fühlen, nicht stimmen würde mit der Außenwelt. Sie können nicht irgendeine Vorstellung in sich haben, die mit irgendeiner Außenwelt nicht stimrtien würde, denn jene Vorstellungen, die sie in ihrem Innern haben, nehmen sie eben wahr in ihrer Offenbarung. Nun aber wollen wir einmal annehmen, diese Wesenheiten bekämen das Gelüste, ihre eigene Natur zu verleugnen; was würde sich da zeigen? Nun, bei den Wesenheiten, die wir als Engel, Erzengel und Geister der Zeiten oder Archai bezeichnet haben, finden wir durchaus, daß alles das, was sich ihnen offenbart, was sie wahrnehmen können, sozusagen ihr eigenes Wesen ist. Würden sie lügen wollen, dann würden sie in ihrem Innern etwas entwickeln müssen, was zu ihrem eigenen Wesen nicht stimmt. Jede Lüge wäre eine Verleugnung ihrer Natur, das heißt aber nichts anderes als eine Betäubung, eine Vernichtung der eigenen Wesenheit. Nehmen wir aber an, dennoch würden diese Wesenheiten das Gelüste bekommen, in ihrem Innern etwas zu erleben, was sie nicht unmittelbar nach außen hin offenbaren - dann würden sie eben eine andere Natur annehmen müssen.

Das, was ich Ihnen jetzt geschildert habe, die Verleugnung der Natur der Wesenheiten der dritten Hierarchie, das Annehmen einer anderen Natur, das ist wirklich geschehen, es ist im Laufe der Zeiten geschehen. Wir werden noch sehen im Laufe der Vorträge, warum es geschehen mußte, aber wir wollen zunächst einmal darauf aufmerksam machen, daß es geschehen ist, daß tatsächlich unter den

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Wesen der dritten Hierarchie sich solche gefunden haben, welche das Gelüste bekamen, in ihrem Innern Erlebnisse zu haben, die sie nicht nach außen hin zu zeigen brauchten, das heißt, sie bekamen das Gelüste, ihre Natur zu verleugnen. Was ist für diese Wesenheiten dadurch eingetreten? Es ist dadurch etwas eingetreten, was die anderen Wesenheiten, die ihre Natur beibehalten innerhalb der dritten Hierarchie, nicht haben können: die Wesenheiten der dritten Hierarchie können keine innere Selbständigkeit haben, wie sie der Mensch etwa hat. Wollen sie in ihrem Innern leben, so müssen sie sich gleich erfüllen mit der geistigen Welt, die über ihnen steht. Das war das Gelüste einer gewissen Anzahl von Wesenheiten dieser dritten Hierarchie, in ihrem Innern etwas zu entwickeln, was ihnen nicht gleich in der Außenwelt als Wahrnehmung, das heißt als Offenbarung ihres eigenen Wesens entgegentrete. Damit war die Notwendigkeit gegeben, ihre eigene Natur zu verleugnen, eine andere Natur anzunehmen. Um eigenes Leben, innere Selbständigkeit entwickeln zu können, mußte eine Anzahl von Wesenheiten der dritten Hierarchie ihre Natur aufgeben, verleugnen. Sie mußten sozusagen an sich selber bewirken, daß gewisse innere Erlebnisse sich nicht nach außen offenbarten. Fragen wir uns jetzt: Was waren denn die Gründe, die diese Wesenheiten bewogen haben können, solch ein Gelüste in sich zu entwickeln? Wenn wir die Natur der Wesenheiten der dritten Hierarchie mit der Offenbarung und Geist-Erfüllung ins Auge fassen, dann merken wir, daß eigentlich diese Wesenheiten ganz und gar in den Dienst der Wesenheiten der höheren Hierarchien gestellt sind, daß sie eigentlich kein Eigenleben haben. Angeloi haberi kein Eigenleben, ihr Eigenleben ist Offenbarung, ist da für alle Welt, und sobald sie nicht sich selber offenbaren, ist in ihrem Innern das in sie hineinleuchtende Leben der höheren Hierarchien. Das, was eine Anzahl von ihnen bewog, ihre Natur zu verleugnen, war Kraftgefühl, Selbständigkeitsgefühl, Freiheitsgefühl. In einer gewissen Zeit kam über eine Anzahl von Wesenheiten der dritten Hierarchie der Trieb, der Drang, nicht bloß abhängig zu sein von den Wesenheiten der höheren Hierarchien, sondern in sich selbst Eigenleben zu entwickeln. Damit

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war für die gesamte Evolution des Planetensystems, dem wir zunächst angehören, außerordentlich viel getan. Denn nichts Geringeres haben diese Wesenheiten, die wir da nennen können die Rebellen der dritten Hierarchie, angerichtet, als daß sie vorbereitet haben die eigene Selbständigkeit des Menschen, die Möglichkeit, daß der Mensch nun für sich selbständiges Leben entwickelt, das sich nicht unmittelbar nach außen offenbart, sondern das von der äußeren Offenbarung unabhängiges Innenleben sein kann.

Ganz absichtlich mache ich, um dieses Verhältnis, um das es sich hier handelt, zu charakterisieren, so viele Worte. Aus dem Grund mache ich so viele Worte, weil es außerordentlich wichtig ist, ganz genau zu fassen, um was es sich hier handelt. Es handelt sich darum, daß der Trieb entstand in einer Anzahl von Wesenheiten der dritten Hierarchie, selbständige innere Lebendigkeit zu entwickeln. Alles übrige war nur Folge, war nur Konsequenz dieses Triebes. Aber was war diese Folge? Diese Folge war im Grunde genommen etwas Furchtbares: die Verleugnung des eigenen Wesens, die Unwahrheit, die Lüge.

Sehen Sie, darum handelt es sich, daß Sie verstehen, daß die Geister der dritten Hierarchie, welche diesen Trieb erlangt hatten, das was sie dann taten, nicht etwa getan haben, um zu lügen, sondern um der Entwickelung eines eigenen Lebens willen, aber mit dieser Entwickelung eines Eigenlebens mußten sie die Konsequenz auf sich nehmen, Geister der Unwahrheit, Geister der Verleugnung der eigenen Wesenheiten, Geister der Lüge mit anderen Worten, zu werden. Geradeso wie wenn jemand, sagen wir, eine Reise zu Fuß zu machen hat, die über einen Regentag hin dauert, er notwendigerweise in den Kauf nehmen muß, den Regen auszuhalten und naß zu werden, während er das gar nicht beabsichtigt hat, geradeso haben die Geister, von denen hier die Rede ist, keineswegs irgendeine Tat unternommen, um in Unwahrheit zu versinken. Ihre Tat entspringt aus der Absicht, inneres Leben, innere Regsamkeit zu entwickeln, und die Folge, die Konsequenz davon war, daß sie zugleich Geister der Unwahrheit wurden.

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Alle die geistigen Wesenheiten nun, welche in dieser Art wie eine zweite Kategorie neben den Geistern der dritten Hierarchie durch die Verleugnung ihrer inneren Natur entstanden sind, nennen wir im Okkultismus die Iuziferischen Geister. Der Begriff der luziferischen Geister besteht im wesentlichen darin, daß diese Geister ein selbständiges inneres Leben entwickeln wollen. Es fragt sich jetzt nur, was haben sie tun müssen, diese Geister, um zu ihrem Ziel zu gelangen? Was sie als Konsequenz entwickeln mußten, das haben wir eben gesehen. Was sie tun mußten, um zu ihrem Ziel zu kommen, selbständiges inneres Leben zu entwickeln, das wird sich uns durch eine andere Betrachtung ergeben. Was wollten sie denn überwinden, diese Geister? Sie wollten überwinden die Geist-Erfüllung mit der Substanz der höheren Hierarchien. Sie wollten nicht nur mit diesen Wesenheiten der höheren Hierarchien erfüllt sein, sondern mit ihrem eigenen Wesen. Das konnten sie nicht anders machen, als indem sie, statt sich zu erfüllen mit dem Geist der höheren Hierarchien und gleichsam sich den freien AusbIick nach den höheren Hierarchien offenzuIassen, sich abschnürten,

Zeichnung aus GA 136, S. 100
Zeichnung aus GA 136, S. 100

abspaIteten von den Wesenheiten der höheren Hierarchien, um sich auf diese Weise Eigensubstanz aus der Substanz der höheren Hierarchien zu verschaffen.

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Wir können uns über das, um was es sich handelt, eine genaue Vorstellung machen, wenn wir uns das Folgende denken. Wir denken uns symbolisch graphisch dargestellt die Wesenheiten der dritten Hierarchie so, daß sie ihr eigenes Wesen gleichsam wie ihre Haut nach außen offenbaren, daß jedesmal eine Offenbarung wie ein Aufleuchten ihres Wesens entsteht, wenn sie inneres Denken oder Fühlen entwickeln. In dem Augenblick, wo sie sich nicht selbst offenbaren, da nehmen sie dasjenige auf, was als Licht der höheren Hierarchien in sie hereinfließt; da erfüllen sie sich mit dem Geiste der höheren Hierarchien und öffnen gleichsam ihre ganze Weseriheit nach diesen höheren Hierarchien. Die geistigen Wesenheiten der dritten Hierarchie, von denen ich Ihnen jetzt erzählt habe, wollen nicht geist-erfüllt sein, nicht zusammenhängen mit der geistigen Substanz der Hierarchien. Sie wollen selbständiges geistiges Leben. Sie schnüren sich daher ab, sie spalten sich ab, so daß über ihnen ist das Wesen der höheren Hierarchien. Da heben sie den Zusammenhang auf und spalten sich als selbständige Wesenheiten ab, in ihrem Inneren das eigene Licht dadurch erhaltend, daß sie dasjenige gleichsam rauben, was sie nur erfüllen sollte und hinaufgehen sollte nach den höheren Hierarchien. Das rauben sie für sich, füllen sich in ihrem Inneren damit aus und entwickeln dadurch eine selbständige Seite. Dies ist nun eine Vorstellung, die uns Aufklärung verschaffen kann über Vorgänge im Kosmos, ohne welche wir ein Sternensystem, überhaupt den Bestand der Sterne, wie wir sie als Menschen mit dem physischen Bewußtsein kennen, gar nicht zu begreifen in der Lage wären. Ohne diese Vorstellungen begreift man gar nicht das Leben der Sterne, das Leben der Himmelskörper.

Sehen Sie, ich habe jetzt versucht, Ihnen anzudeuten, wie gewisse Wesenheiten der dritten Hierarchie zu ganz anderen Wesenheiten werden: zu luziferischen Geistern. Dasjenige, was mit den Wesenheiten der dritten Hierarchie vorgeht, das kann allerdings nicht in derselben Weise geschehen bei den Wesenheiten der anderen Hierarchien, aber etwas Ähnlkhes geht auch mit ihnen vor sich. Es wird uns das, was mit den Wesenheiten der anderen Hierarchien

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vor sich geht, insbesondere wenn wir es anwenden auf die Betrachtung der Geister der Form, eine Vorstellung davon geben, wie eigentlich ein Planetensystem sich bildet.

Zeichnung aus GA 136, S. 102
Zeichnung aus GA 136, S. 102

Wir haben am Schlusse der gestrigen Betrachtung gesehen, daß das, was unser Blick zunächst wahrnimmt am Planeten, von den Geistern der Form herrührt. Aber es ist dies, wenn man es so darstellt, noch nicht ganz genau gesprochen. Wenn Sie nämlich den Planeten, sagen wir den Mars oder den Saturn oder Jupiter, der draußen im Weltenraum steht, so betrachten, wie Sie ihn mit den physischen Augen oder mit einem Fernrohr als Planeten sehen, so haben Sie in dem, was er Ihnen als solche Form zeigt, nicht ohne weiteres die Geister der Form. Betrachten wir zum Beispiel einmal den äußersten Planeten, der eine lange Zeit hindurch als der äußerste auch unseres Sonnensystems gegolten hat. Später kam ja, wie wir noch sehen werden, Uranus und Neptun dazu, wir wollen aber zunächst als äußersten den Saturn betrachten. Betrachten wir den Saturn mit dem physischen Blick, dann haben wir draußen im Weltenraum - ich will absehen von dem Ring - eine Art leuchtender Kugel. Für den Okkultisten, für denjenigen, der die geistigen Vorgänge im Kosmos verfolgt, ist diese Kugel, die da draußen gesehen wird, nicht dasjenige, was der Okkultist den Saturn nennt, wohlgemerkt, sondern für den Okkultisten heißt etwas ganz anderes Saturn. Für den Okkultisten heißt Saturn dasjenige, was den ganzen Raum erfüllt, der begrenzt ist von der scheinbaren elliptischen Bahn des Saturn. Sie wissen, daß die Astronomie einen Weg des Saturn beschreibt, den sie auffaßt als einen Weg des Saturn um die Sonne. Wie es damit sein mag, wollen

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wir jetzt nicht weiter berühren, aber wenn Sie diese gewöhnliche Vorstellung zu Hilfe nehmen, sich hier in der Mitte die Sonne vor- stellen und den äußeren Kreis als den Weg des Saturn, wie ihn die Astronomie annimmt, beschreiben, so ist alles das, was innerhalb der Saturnbahn, innerhalb der Saturnellipse ist, für den Okkultisten der Saturn. Denn für den Okkultisten ist nicht nur das, was das physische Auge als die äußerste physische Materie des Saturn sieht, nicht nur das, was da glänzt am Himmel, der Saturn, sondern der 0kkultist weiß, der okkulte Blick lehrt es uns, daß tatsächlich eine Art von Substanzanhäufung besteht, welche von der Sonne bis zu der Saturnbahn hingeht, so daß, wenn wir alles das mit dem okkulten Blick ins Auge fassen bis zu dieser Saturnbahn hin, wir eine Art ätherischer Erfüllung in dem ganzen Raum haben (weite &hraffierung). Sie müssen sich das, was innerhalb dieser Bahn liegt, erfüllt denken von ätherischer Substanz, allerdings nicht kugelförmig, sondern so, daß wir es mit einer Art stark abgeplatteter Kugel, mit einer Linse zu tun haben. Wenn wir also das von der Seite her ansehen würden, so würden wir, wenn wir hier die Sonne hätten, den Saturn des Okkultisten so zu zeichnen haben: eine ganz abgeplattete Kugel, und hier würde das sein, was als physischer Saturn zu bezeichnen ist.

Wir werden noch besser verstehen, um was es sich da handelt, wenn wir gleich eine Vorstellung anschließen, die wir in ähnlicher Weise aus der okkulten Wissenschaft heraus über den Jupiter gewinnen können. Nicht wahr, die äußere physische Astronomie nennt den Jupiter jenen leuchtenden Körper, den sie, sagen wir, als zweiten um die Sonne kreisen läßt (innerer Kreis). Für den 0kkultisten ist nicht das der Jupiter, sondern alles das, was innerhalb der Jupiterbahn liegt (engere Schraffierung). Von der Seite ,gesehen hätten wir den Jupiter SO zu zeichnen, daß, wenn wir den Saturn so weit schraffieren, wir etwas enger schraffieren könnten den Jupiter. Und das, was der Astronom beschreibt, das ist nur ein Körper, der sozusagen an dem äußersten Rand des wahren okkulten Jupiter ist. Das, was ich hier sage, sind nicht bloße theoretische Begriffe oder Phantastereien, sondern die Sache ist wirklich so, daß

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zwar nicht grobphysische Materie, aber feine ätherische Substanz den Raum innerhalb der Saturnbahn ausfüllt in seiner linsenförmig abgeplatteten kugeligen Gestalt, wie es hier gezeichnet ist. Und ebenso ist es eine Tatsache, daß dieser zweite kleinere Raum für den Jupiter wirklich von einer anderen ätherischen Substanz aus- gefüllt ist, welche die erste durchdringt, so daß nur hier zwischen den beiden Bahnen einfache Äthersubstanz ist, da drinnen aber zwei Äthersubstanzen ineinander stecken, sich gegenseitig durchdringen. Und nun fragen wir: Was tun bei dieser ganzen Anordnung die Geister der Form? Nun, jener Geist der Form, welcher zugrunde liegt dem Saturn, der begrenzt eben, gibt Form dieser Äthersubstanz hier, welche wir im okkulten Sinn den Saturn nennen. Diese äußerste Linse also ist in ihrer Formung sO gestaltet worden durch den Geist des Saturn, der ein Geist der Form ist. Ebenso ist die Linse des Jupiter durch den Geist der Form, der dem Jupiter zugeteilt ist, gestaltet, die Linse des Mars durch den Geist des Mars, der ein Geist der Form ist.

Nun fragen wir aber: Wo ist denn eigentlich der Geist der Form, der dem Saturn, oder der, der dem Jupiter, der dem Mars entspricht? Wenn wir von einem Ort, an dem diese Geister sind, sprechen wollen, wo ist dieser Ort? Ja, im gewöhnlichen Sinn des Wortes läßt sich darüber nicht sprechen, sondern man kann nur sagen: Diese geistigen Wesenheiten, die wir die Geister der Form nennen, die wirken als Kräfte innerhalb der ätherischen Substanz, die ich eben erwähnt habe, aber sie haben alle einen gemeinsamen Mittelpunkt, und dieser gemeinsame Mittelpunkt ist nichts anderes als die Sonne. Wenn wir also den eigentlichen Ort, von dem aus die Geister der Form wirken, sowohl der Geist des Saturn wie der des Jupiter wie der des Mars und so weiter, auch der Geist der Form, der der Erde entspricht, wenn wir den Angriffspunkt, den Ausgangspunkt, von dem aus diese Geister der Form wirken, aufsuchen, so finden wir ihn in der Sonne. Das heißt, diese Geister der Form, die unseren Planeten entsprechen, sie sind gleichsam ein Kollegium, ein Komitee von Geistern, das seinen Sitz in der Sonne hat und von der Sonne aus gewisse Äthersubstanzen, Äthermassen,

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begrenzt, so daß das entsteht, was wir nun genannt haben «okkulter Saturn», «okkulter Jupiter» und so weiter. Jetzt fragen wir uns: Wie wäre es, wenn nur diese Geister der Form wirken würden?

Nun, der ganze Sinn der Betrachtungen, die wir angestellt haben, kann Ihnen zeigen, daß im Grunde genommen diese physischen Planeten nicht da wären, wenn diese Geister der Form allein wir- ken würden. Sie hätten ja gleichsam ihren Sitz da, wo sie ein Kollegium bilden, in der Sonne, und wir hätten rings herum die planetarischen Sphären bis zur Saturnsphäre, denn es würden sozusagen konzentrische Kugeln, abgeplattete Kugelschalen da sein als okkulte Planeten: die äußerste Kugelschale von dünnster Äthersubstanz, die nächste von etwas dichterer und die innerste von dichtester Äthersubstanz. Nicht würden also, wenn diese Geister der Form allein wirken würden, die physischen Planeten da sein, sondern kugelförmige Äthermassen.Anhäufungen, welche begrenzt würden durch das, was die physische Astronomie heute die Planeten- bahnen nennt. Nun aber entsprechen innerhalb des Kosmos auch den Geistern der Form solche geistige Wesenheiten, welche gleichsam eine Art Rebellen bilden gegen ihre gleiche Klasse. Wie wir bei den Wesenheiten der dritten Hierarchie die luziferischen Geister finden, die zur Herstellung jenes selbständigen Innenlebens sich abschnüren von der geistigen, von der spirituellen Substanz der höheren Hierarchien, so finden wir auch, daß innerhalb der Kategorie der Geister der Form solche da sind, welche sich abschnüren, welche die übrige Entwickelung der Geister der Form nicht mitmachen, sondern weiche eine eigene Entwickelung durchmachen.

Diese Geister der Form widersetzen sich den normalen Geistern der Form, stellen sich ihnen entgegen. Und nun geschieht folgendes:

Nehmen wir einmal an, wir hätten hier an diesem Punkt den Mittelpunkt des geistigen Kollegiums der Geister der Form; es würde derjenige Geist der Form, welcher auf den Saturn hin wirkt, hervorrufen diese Ätherkugel, so daß durch diesen Geist der Form eine solche abgeplattete Ätherkugel entstünde. An einem äußersten Punkt dieser Ätherkugel wirkt nun entgegen diesem Geist der

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Form, der aus dem Mittelpunkt der Sonne heraus wirkt, der Rebell, derjenige, der eine Art luziferischer Geist der Form ist. Der wirkt ihm von außen herein entgegen. So daß wir den normalen Geist der Form von der Sonne nach außen, zentrifugal, wirksam haben;

Zeichnung aus GA 136, S. 106
Zeichnung aus GA 136, S. 106

der bewirkt den okkulten Saturn, welcher da als eine mächtige Ätherkugel mit dem Mittelpunkt in der Sonne anzusehen ist. An der Peripherie wirkt aus dem Weltenraum herein ein abnormer Geist der Form, welcher sich abgeschnürt hat von den Wesen der normalen Geister der Form, und durch das Zusammenwirken dessen, was aus dem Weltenraum hereinwirkt, und dessen, was von der Sonne hinauswirkt, entsteht hier eine Einstülpung, die zuletzt zu einer wirklichen Abschnürung wird, und das ist der physische Planet Saturn. So daß wir uns vorzustellen haben, daß da, wo das Auge den physischen Planeten Saturn sieht, zwei Kräfte zusammen- wirken: die eine, normale Kraft des Geistes der Form, die von der Sonne nach auswärts wirkt, und ihr entgegen in einem bestimmten Punkt der abgespaltene Geist der Form. Dadurch entsteht dort eine Einstulpung, der Äther wird eingestülpt, und diese Einstülpung, die sieht das physische Auge als den physischen Saturn. Und ebenso verhält es sich mit dem physischen Jupiter, dem physischen Mars.

Sie sehen hier an diesem besonderen Beispiel, wie eigentlich in den einzelnen Fällen das zustande kommt, was wir die Maja nennen,

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die große Illusion. In Wahrheit ist an der Stelle, wohin man in der physischen Astronomie einen Planeten versetzt, ein Zusammenwirken von zwei Kräften, und nur dadurch, daß in Wahrheit eigentlich ein großer, mächtiger ätherischer Himmelskörper da ist, der durch eine entgegenwirkende Kraft ein Loch bekommt, an einer Seite eingestülpt wird, dadurch entsteht der Schein des physischen Planeten. Denn in Wahrheit haben wir es hier eigentlich mit einer Einstülpung zu tun, und ganz genau müßte zunächst die Sache so geschildert werden: Die Geister der Form dehnten die ätherische Substanz von der Sonne her aus bis zu einer gewissen Grenze; hier wirken entgegen die abnormen Geister der Form und süilpen die Materie ein, so daß eigentlich ein Loch entsteht in der Äthersubstanz. In bezug auf die ursprüngliche ätherische Substanz des Planeten ist nämlich dort gerade nichts, wo das physische Auge den Planeten zu sehen glaubt, und der wirkliche Planet ist dort, wo das physische Auge nichts sieht. Das ist das Eigenartige der Maja: an der Stelle, wo der physische Planet gesehen wird, ist ein Loch. Sie werden vielleicht sagen, das sei eine kuriose Vorstellung, daß eigentlich da, wo der physische Planet gesehen wird, ein Loch sein soll, denn Sie werden sich berufen auf unsere Erde. Unsere Erde mußte ja im Sinne dessen, was auseinandergesetzt worden ist, nun eigentlich auch eine Art abgeplatteter Kugel sein, die ihren Mittelpunkt in der Sonne hat, und sie müßte auch am äußersten Rande soIch eine Einstülpung, solch eine Art Loch sein. Sie können sagen: &höne Sache das, wir wissen doch ganz genau, daß wir auf der festen, massive,n Erde herumgehen! - Ebenso könnten wir annehmen, daß da, wo der Saturn, der Jupiter, der Mars ist, daß da selbstverständlich massive Ausfüllungen sein müßten, nicht Löcher. Und dennoch, auch da, wo Sie herumgehen auf unserer Erde, wo Sie glauben im Sinne der Majawahrnehmung auf festem, massivem Boden zu gehen, auch da gehen Sie in Wahrheit auf einem Loch herum. Unsere Erde selber, insofern sie physische Massenanhäufung ist, ist ein Loch im Weltenraum, eine Einbohrung im Weltenraum. Alle physische Materie kommt nämlich dadurch zustande, daß sich Kräfte begegnen, die von den Geistern der Form herrühren.

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So haben wir hier die Begegnung von Kräften der normalen Geister der Form und von Kräften der abnormen Geister der Form. Die prallen aufeinander. Es entsteht in Wahrheit eine Einstülpung, und damit zugleich an dieser Stelle ein Zerbrechen der Form, aber eben nur der Form. Die Form zerbricht, und es entsteht diese Einbohrung. Und zerbrochene Form, zersplitterte Form, das ist in Wahrheit Materie. Materie im physischen Sinne gibt es nur da, wo Formen zersplittert werden. So sind auch die Planeten draußen zersplitterte Formen.

In unserem Planetensystem haben die Geister der Form, wie ja aus dem ganzen Geist der bisherigen Betrachtungen hervorgeht, Hilfen. Sie stellen die Grenzen her, wie wir das eben beschrieben haben. Aber über den Geistern der Form stehen die Geister der Bewegung, über diesen die Geister der Weisheit, über diesen die Geister des Willens, über ihnen die Cherubim und über 'den Cherubim die Seraphim. Für alle diese geistigen Wesenheiten gibt es auch solche, welche sich vergleichen lassen mit dem, was wir beschrieben haben als die Iuziferischen Geister. So daß wir je am äußersten Rande, da, wo ein Planet sich bildet, nicht bloß die Geister der Form zusammenwirkend haben, sondern daß sich da immer etwas so abspielt, daß von der Sonne aus die Wirksamkeit der normalen Hierarchien geht und von außen nach innen die der abnormen, der rebelIischen Hierarchien.

Die Seraphim und die Cherubim, das sind diejenigen Hierarchien, die ebenso zu dem ganzen Spiel der Kräfte hier gehören wie die Geister der Form. Die haben die Aufgabe, aus dem Mittelpunkt des Planetensystems, aus dem Sonnenmittelpunkt her nach außen zu tragen die Kraft des Lichtes. Indem die Wesenheiten der höheren Hierarchien, Cherubim und Seraphim, Träger des Lichtes werden, haben sie nun dasselbe Verhältnis zu dem Licht, wie die Kräfte der Geister der Form es zu der Äthersubstanz haben. Wie die Kräfte der normalen Geister der Form nach außen gehen und ihnen die abnormen entgegenwirken und dadurch eine Einbohrung entsteht, so wirken auch die Kräfte, welche das Licht tragen, ausfüllend den ganzen Ätherraum, aber da wirken ihnen die abnormen

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entgegen, so daß der Planet das Licht aufhält. Ebenso wie er aufhält die Kräfte der Geister der Form, so hält er das Licht auf, wirft es zurück und erscheint damit als ein Reflektor, als ein Zurückwerfer

Zeichnung aus GA 136, S. 109
Zeichnung aus GA 136, S. 109

des Lichtes, das ihm die Geister, die wir als Cherubim und Seraphim bezeichnen, von der Sonne aus zutragen. Daher haben die Planeten auch kein Eigenlicht, weil sie die Kraft des Lichtes, die ihnen als Wesenheiten zukommen würde, wenn sie sich gegenüber den normalen Cherubim und Seraphim öffnen würden, für sich in Anspruch nehmen, weil sie sich einhüllen, abschnüren von dem Ganzen. Jeder Planet hat auch solch eingeschnürtes, abgesondertes Licht. ES ist nicht richtig, daß die Planeten nur erborgtes Licht von der Sonne haben. Jeder Planet hat sein Eigenlicht, nur hat er dieses Licht abgeschnürt, hält es in sich selber verborgen, entwickelt es zu einem selbständigen inneren Lichtleben. Wir werden sehen, daß sie es nur ihren eigenen Wesenheiten der Natur- reiche mitteilen, die auf dem betreffenden Planeten sind. Dasjenige

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Licht aber, dem sie sich öffnen sollen, das sie aufnehmen sollen von außen, das ihnen von der Sonne durch die Cherubim und Seraphim zugetragen wird, dem verschließen sie sich, das werfen sie zurück. Daher sind sie für den Weltenraum Sterne, die nicht mit eigenem Licht ausgestattet sind. Also in dem Licht, das von der Sonne hinfließt, wird gleichsam eine Einstulpung gemacht, und der Planet wirft sich entgegen dem von der Sonne hinflutenden Licht, hält es auf, wirft es zurück.

Es ist eben dasjenige, was wir in der Sternenwelt zu beobachten haben, vor dem okkulten Blick etwas durchaus anderes, als es sich für die physische Astronomie ausnimmt. Was für diese vorhanden ist, ist eben nichts anderes als die Beschreibung einer Maja, und erst hinter dieser Maja liegt die Wahrheit; denn die Wahrheit hinter der materiellen Welt ist die geistige Welt. Die materielle Welt existiert gar nicht einmal in Wirklichkeit. Das, was man materielle Welt nennt, ist das Zusammenspielen der Kräfte der geistigen Welt.

Damit haben wir heute versucht zu beschreiben, wie eigentlich ein solches Planetensystem entsteht. Es ist von der Entstehung eines solchen Planetensystems eigentlich recht wenig bekannt in der äußeren Welt, in der Welt der physischen Wissenschaft, denn diese physische Wissenschaft läßt ein Planetensystem wohl auch aus einer Art ätherischer Anhäufung von Substanz entstehen, aber nun wird sonderbarerweise der allererste Grundsatz versäumt, der in aller Naturwissenschaft gelten sollte. Wie oft wird es den Kindern in der Schule erzählt - ich weiß nicht, ob es auch hier geschieht, aber in Mitteleuropa wird ihnen erzählt -, wie im Sinne des Kant-Laplaceschen Weltentstehungssystems - heute sind ja diese Dinge etwas reformiert, aber bei Betrachtung des Prinzips kommt es darauf nicht an - eine Urmaterie in Rotation gewesen wäre und sich dann abgetrennt hätten die einzelnen Planetenkugeln. Und damit dies recht anschaulich, recht begreiflich wird, wird den Kindern gezeigt in einem kleinen Experiment, wie leicht ein Planetensystem entstehen kann. Man bildet einen großen Tropfen aus einer öligen Substanz, die auf Wasser schwimmt, und macht kunstvoll in der Äquatorrichtung einen Kreis und durchsteckt ihn mit einern

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Kartenblatt: Oben steckt man dann eine Nadel hinein von Pol zu Pol, dann beginnt man zu drehen und siehe da: künstlich entsteht aus diesem Öltropfen ein kleines, niedliches Planetensystem. Ganz im Sinne der Kant-Laplaceschen Weltentstehungstheorie spalten sich da kleine Tropfen ab, die dann rotieren, und in der Mitte bleibt der größere Tropfen, die Sonne. Was ist natürlicher, als daß man das der Jugend hinstellt als anschaulichen Beweis, daß das auch einmal im großen Weltenraum sich habe abspielen können. Man macht dabei aber einen gewaltigen Fehler, den man in der Naturwissenschaft niemals machen sollte. Man darf bei keinem Experiment, das man macht, gewisse Bedingungen vergessen. Derjenige, welcher Bedingungen vergißt, ohne welche ein Experiment nicht zustande kommen kann, der beschreibt naturwissenschaftlich nicht richtig. Wenn Sie irgendeine wesentliche Bedingung auslassen, so beschreiben Sie naturwissenschaftlich nicht richtig. Die wesentliche Bedingung bei der Entstehung dieses Planetensystems ist aber, daß der Herr Lehrer dasteht und dreht, sonst würde das Ganze nicht zustande kommen. So daß die Kant-Laplacesche Theorie nur möglich wäre, wenn zugleich von denen, die sie vertreten, ein riesiger Lehrer in den Weltenraum hinausversetzt würde, der die ganze ätherische Masse drehen würde. Kleine logische Fehler bemerken die Leute vielleicht auch nicht immer. Solche Kapitalfehler aber, solche logischen Fehler, welche sich in ihrer Wirkungsweise über den ganzen Weltgedanken ausdehnen, merken die Leute oftmals nicht. Nun, ein großer Herr Lehrer ist nicht da, der draußen die Weltenachse drehte, aber es sind vorhanden die einzelnen geistigen Wesenheiten der verschiedenen Hierarchien, die durch das Zusammenspiel ihrer Kräfte hervorbringen die Verteilung und auch die Anordnung der Bewegung der einzelnen Himmelskörper. Das ist denjenigen zu er- widern, welche etwa gIauben sollten, daß die gewöhnliche materialistische Theorie, wie sie sich in der Kant-Laplaceschen oder in den späteren Hypothesen ausspricht, genüge, um das Weltensystem zu erklären, und man hätte nicht nötig, auf etwas anderes zu reflektieren, wie die Okkultisten es tun. Solchen, die vom materialistischen Standpunkt etwas einwenden gegen dieses lebendige Zusammenspiel

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der Hierarchien, muß erwidert werden: Mit dem kapitallogischen Fehler, der von allen kosmisch-materialistischen Hypothesen gemacht werden muß, kommt man nicht durch, denn es gibt keine Möglichkeit, ein Planetensystem zu erklären, ohne zu Hilfe zu rufen das, was der okkulte Blick wirklich schaut. Allerdings zeigt sich für diesen okkulten Blick dann vielfach, daß das, was man mit physischen Sinnen beschreiben muß, eigentlich, in seiner Wahrheit betrachtet, etwas ganz anderes ist. So ist das, was das Auge sieht, eigentlich nichts anderes als das zurückgeworfene Licht, das dadurch zurückgeworfen wird, daß die Seraphim und Cherubim in den Weltenraum das Licht der Sonne hinaustragen und daß sich diesen Wesenheiten sozusagen luziferische Cherubim und Seraphim entgegenwerfen, die einstulpen in die Sonnenlichtsubstanz Finsternis nach außen, weil sie das Licht im Inneren abschnüren und ein eigenes Licht in Anspruch nehmen für den Planeten.

Diese Gedanken, die jetzt geäußert worden sind auf Grundlage okkulter Beobachtungen und okkUlter Forschungen, in einer grandiosen Weise trug sie in der nachatlantischen Zeit zuerst der große Zarathustra seinen Schülern vor. Alles das, was von der Sonne hinausstrahlt in den Weltenraum, in ähnlicher Weise, wie wir das heute beschrieben haben von den in der Sonne zentrierten Wesenheiten der höheren Hierarchien, das schrieb Zarathustra jenem Geist zu, den er Ahura Mazdao oder Ormuzd nannte. Jedem Geist, der von dem Sonnenmittelpunkt in den Umfang die Kräfte seiner Wesenheit hinausträgt, ihm werfen sich überall die abnormen Geister der einzelnen Hierarchien entgegen, die in ihrer Gesamtheit das Reich des Ahriman bilden. Wir werden allerdings sehen, daß wir noch trennen müssen das Reich des Ahriman von dem des Luzifer - davon werden wir noch genauer sprechen - auch in bezug auf das Planetensystem. Es sollte nur aufmerksam gemacht werden am Schluß dieser Betrachtung, daß Zarathustra seinen Schülern diesen Zusammenhang von einem von der Sonne ausstrahlenden Licht des Ahura Mazdao oder Ormuzd, in das sich ein- bettet das Reich des Ahriman, symbolisch angedeutet hat in seiner Art, indem er, Zarathustra, sagte: Was von der Sonne ausgeht, stellen

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wir uns symbolisch vor als das, was die Cherubim und Seraphim hinaustragen durch das Licht. Das, was sich entgegenwirft von allen abnormen Geistern der höheren Hierarchien, was die einstülpen, das stellen wir uns vor als das, was von Finsternis, das heißt von innen gefangengenommenem Eigenlicht, das nach außen als Finsternis sich offenbart, eingenommen wird. - Das stellte Zarathustra als ein Reich des Angramainyu, des Ahriman dar. So sehen wir, wie von Vorderasien ausgehend gerade diese Lehre, die uns auch heute in einer gewissen Weise wieder gegeben wird, wie diese Anschauung uns in der Zarathustra-Kultur zuerst entgegentritt. Das ist es, was uns immer gegenüber der Entwickelung der Menschheit mit so bedeutsamen Empfindungen erfüllt: daß wir selber auf gewisse Dinge kommen, die einfach, wenn gar nichts überliefert und in der Akasha-Chronik nichts zu beobachten wäre, die heutige okkulte Forschung lieferte und die wir dann wiederentdecken bei den großen Lehrern in der Vorzeit. Das macht uns dann erst richtig bekannt mit diesen großen Lehrern der Vorzeit. Und wenn wir uns durchdringen mit der Wahrheit, die gegenwärtig gefunden werden kann in der okkulten Forschung, und wenn uns dann dieselbe Wahrheit entgegenleuchtet von alten Lehrern und Führern der Menschheit, dann bekommen wir erst ein richtiges Verhältnis zu diesen Führern der Menschheit. Dann werden uns diese erst lebendig, dann verstehen wir sie erst in richtiger Art. Dann wird uns auch die Menschheitsevolution zu einem gewaltigen Gespräch, das die Geister führen, nur jetzt nicht im Raum zueinander tönend, sondern in den aufeinanderfolgenden Zeitperioden einander aufklärend, einander ergänzend und die Kultur im Strome weiterführend.

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SIEBENTER VORTRAG Helsingfors, 10. April 1912

Sie werden aus den bisher gehaltenen Vorträgen entnommen haben, daß wir, wenn wir in das Planetensystem, wenn wir überhaupt in den gestirnten Himmel hinausblicken, für den physischen Blick wahrhaftig nur eine Maja, nur eine große Illusion vor uns haben, daß wir zur Realität, zur Wirklichkeit erst dann kommen, wenn wir allmählich uns Erkenntnisse davon verschaffen, was in diesen verschiedenen Himmelskörpern eigentlich an geistigen Wesenheiten wirkt. Wir mußten in unserer Betrachtung bisher den Versuch machen, die einzelnen geistigen Wesenheiten, welche im WeItenraum, in den Sternensystemen wirken, als solche geistige Wesenheiten kennenzulernen, mit anderen Worten, wir mußten den Versuch machen, die verschiedenen Wesenheiten der drei über den Menschen stehenden Hierarchien kennenzulernen. Sie haben bemerkt, meine lieben Freunde, daß wir uns bisher den Wesenheiten dieser Hierarchien genähert haben, indem wir überall auf die Wege hingewiesen haben, auf denen das okkulte Bewußtsein wirklich zu einer Art Wahrnehmung, zu einer Art Auffassung jener Wesenheiten hindringt, die in der übersinnlichen Welt über dem Menschen unmittelbar oder auch mittelbar erhaben sind. So haben wir versucht, einen inneren, gleichsam einen mystisch-esoterischen Weg zu gehen, um eine Art von Vorstellung, von rein geistig-Seelischer Vorstellung zu gewinnen über den Charakter der Wesenheiten höherer Hierarchien. Nur in der letzten Stunde haben wir versucht, sozusagen ein wenig von dem Inneren ins Äußere zu kommen und zu zeigen, wie durch das Zusammenwirken einer Zweiheit in den Hierarchien, der eigentlich normalen Wesen der Hierarchien und der luziferischen Wesen der Hierarchien, die eigentlich äußeren, für die Sinne sichtbaren Formen der Sterne zustande kommen. Im heutigen Vortrag m&hte ich, bevor wir in der okkult-esoterischen Betrachtung vorwärtsschreiten, von einer

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anderen Seite her, nämlich von der Seite her, die dem gewöhnlichen Bewußtsein gegeben ist, den Weg suchen, der sich dann wiederum zusammenschließt mit den Wegen, die wir in den früheren Stunden genommen haben. Allerdings werden wir uns auf mancherlei in den früheren Stunden beziehen müssen, wenn wir diesen mehr äußerlichen Weg betreten, der ausgeht von den für das gewöhnliche Bewußtsein vorhandenen Tatsachen.

Wenn das gewöhnliche normale Bewußtsein hinaussieht in den Weltenraum, so findet es zunächst schon als solches Himmelskörper verschiedener Art. Diese Himmelskörper verschiedener Art sind ja auch von der äußeren materialistischen Astronomie unterschieden und beschrieben worden. Wir wollen heute dasjenige ins Auge fassen, was gewissermaßen innerhalb eines Planetensystems schon für das äußere Bewußtsein, für die materialistische Astronomie zutage tritt. Wir haben da die Planeten selber, haben wie ein sie Beherrschendes den Planeten gegenübergestellt den Fixstern, die Sonne und, um die Planeten herumkreisend, die Monde - wenn wir also von unserer Erde sprechen, unseren Mond -, und wir haben innerhalb des Planetensystems jene merkwürdigen Sterne, die sich so schwer für das äußere Bewußtsein einreihen lassen in das Gesamtbild des Planetensystems, wir haben die meteorischen und kometenartigen Körper. Wir wollen zunächst von allem übrigen in den Sternensystemen absehen und wollen diese Vierheit innerhalb eines Planetensystems ins Auge fassen: den Planeten, den Fixstern, den Mond und den Kometen. Wir wollen nun einmal uns über die selbstverständliche Tatsache klarsein, daß für das äußere normale Bewußtsein eigentlich nur die Beobachtung des Planeten selber, und zwar jenes Planeten, auf dem sich dieses normale Bewußtsein wahrnehmend befindet, möglich ist, also für die Erdenbewohner die Erde als Planeten. Alles übrige ist ja für das normale äußere Bewußtsein zunächst nur, man möchte sagen, seiner aller- äußersten Seite nach beobachtbar. Wir wollen mit den Voraussetzungen, die uns der esoterisch-okkulte Weg gegeben hat, an diese äußerliche Einteilung, die das normale Bewußtsein gibt, heran- treten.

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Wir haben bisher in der Reihe der Wesenheiten, die in Betracht kommen, unterschieden den Menschen selber als gleichsam zunächst auf der untersten Stufe der hierarchischen Leiter stehend, sind dann aufgestiegen zunächst durch die drei Kategorien der dritten Hierarchie und haben die entsprechenden Wesenheiten charakterisiert, die wir nach der abendländischen Esoterik Engel oder Angeloi, Erzengel oder Archangeloi und Archai nennen. Wir haben dann über diesen stehend als nächste Hierarchie diejenigen Weseriheiten, die wir bezeichnet haben als Geister der Form, als Geister der Bewegung, als Geister der Weisheit und darüber die Geister des Willens oder Throne, Cherubim und Seraphim. Wenn wir so die Reihe der einzelnen Wesenheiten, gleichsam die Rangstufenleiter der einzelnen Wesenheiten der Hierarchien ins Auge fassen, dann haben wir zunächst vor dem esoterischen Bewußtsein Erdenverhältnisse im Auge. Mit allen diesen Wesenheiten haben wir es ja zu tun, wie wir gesehen haben, wenn wir den Menschen und alles das, was auf seinem Planeten zu ihm gehört, vollständig betrachten wollen. Wir sahen in den letzten Stunden, daß die Erscheinungen am Menschen und an seinem Planeten geistig nicht zu erkIären sind, wenn wir nicht diese Wesenheiten ins Auge fassen. Wir haben gesehen, daß wir es von dem Menschen bis zu den Zeit- geistern mit Wesenheiten zu tun haben, die zunächst im menschlichen geschichtlichen Kulturprozeß ihre RoIle spielen, so daß wir in diesen Wesenheiten der dritten Hierarchie dasjenige zu sehen haben, was den Menschen im Laufe der Erdenentwickelung selber Schritt für Schritt vorwärtsbringt, was die Kulturentwickelung leitet. Wir haben ferner gesehen, daß, während diese Wesenheiten der dritten Hierarchie seIber im Kulturprozeß oben bleiben, gewisse Nachkommen von ihnen, die wir die Naturgeister genannt haben, hinuntersteigen in die Welt des natürlichen Daseins und als Naturgeister wirken. Wir haben ferner gesehen, daß, wenn wir den Planeten selber ins Auge fassen, dasjenige, was zu dem Planeten gehört, nicht erklärt werden kann, wenn wir nicht seine Form bestimmt denken durch die Geister der Form, seine innere Beweglichkeit und Regsamkeit durch die Geister der Bewegung, das

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Planetenbewußtsein durch die Geister der Weisheit. Damit sind wir innerhalb des Planeten stehengeblieben, also innerhalb dessen, was von der Erde zum Beispiel zum Menschen gehört. Wir haben ferner

Zeichnung aus GA 136, S. 117
Zeichnung aus GA 136, S. 117

gesehen, daß der Planet, wenn nur diese höheren Wesenheiten bis zu den Geistern der Weisheit wirksam wären, stillestehen würde. DRß er sich nach außen bewegt, daß er einen Bewegungsimpuls hat, das mußten wir den Geistern des Willens zuschreiben, und daß die Bewegung in dem Plan des ganzen Planetensystems geregelt ist, das mußten wir den Cherubim zuschreiben. Damit aber haben wir schon das PIanetensystem zusammengefügt, denn indem die einzelnen Bewegungen der Planeten so geregelt werden, daß sie das System zusammen bilden, ist die Voraussetzung gegeben, daß das Ganze dirigiert wird von den Fixsternen aus. Und in den Seraphim haben wir dann das, was vom Planetensystem nach dem Weltenraum, nach den Nachbarplanetensystemen hinausspricht. Wir konnten es damit vergleichen, daß die Menschen ja im sozialen Zusammenhang auch nicht nur einzeln für sich gehen - was sich

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vergleichen ließe mit der Direktion von den Geistern des Willens -, sondern daß sich die Menschen durch ihre Sprache verständigen. So findet Verständigung von einem Planetensystem zum anderen statt durch die Seraphim. Sie sind gleichsam für das Planetensystem, was auf Erden die Sprache zum Ausdruck bringt, die ja die Menschen zusammenführt, zusammenhält, zur Verständigung führt. Die Seraphim tragen die Botschaften von einem Planetensystem zum anderen, geben von dem, was in einem Plantensystem geschieht, Kunde an das andere Planetensystem. Dadurch schließt sich die Welt der Planetensysteme zusammen und bildet ein Ganzes.

Im Grunde also mußten wir diese Stufenfolge von Wesenheiten der Hierarchien anführen, weil all das, was an Kräften, was an Wirkungsweisen ausgeht von diesen Hierarchien, wahrnehmbar ist an der gesamten Erscheinung des Menschen auf seinem Planeten. So wie der okkulte Blick uns lehrt, daß dieses ganze System von Wesenheiten mit dem Erdenplaneten zu tun hat, so hat in ähnlicher Weise ein ähnliches System mit anderen Planeten zu tun. Wenn mit allen ihm zu Gebete stehenden Mitteln der Mensch den okkulten Blick hinrichtet zu den anderen Planeten unseres Planetensystems, dann findet er, daß wir dieselben Erfahrungen, die wir machen, wenn wir da als Menschen uns den Seraphim oder den Cherubim oder Thronen nähern, auch in bezug auf andere Planeten machen. Mit anderen Worten, alles, was ich Ihnen geschildert habe als notwendig, um sich zu erheben zu einer seraphischen, einer cherubinischen Wesenheit, zu einer Wesenheit, die in die Reihe der Throne gehört, alles das, was man tun muß, um sich zu diesen Geistern zu erheben, insofern diese mitwirken an den Geschehnissen des Erdenplaneten, alles das findet man, wenn man den okkuIten Blick beobachtend, sagen wir, auf den Saturn oder auf andere Planeten unseres Systems richtet, auch. Genau in derselben Weise muß man vorgehen bis zu den Geistern der Bewegung herunter. Seraphim, Cherubim, Throne, Geister der Weisheit, bis hierher ist für alle einzelnen Planeten unseres Planetensystems das Ergebnis für den okkulten Blick ganz das gleiche, ob Sie die Beobachtung anstellen für den Mars, für den Jupiter, für den Merkur

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oder die Venus. Überall finden Sie, wenn Sie die Arbeiten der Seraphim, Cheiubim, Throne und Geister der Weisheit ins Auge fassen, dieselben Ergebnisse. Dagegen finden wir nicht mehr dieselben Ergebnisse, wenn wir für die anderen Planeten unseres Systems ins Auge fassen, was an Wirkungsweisen herrührt von den Geistern der Bewegung und von den Geistern der Form. Mit anderen Worten, wenn wir versuchen, den okkulten Blick einzustellen auf einen anderen Planeten, sagen wir auf den Mars, und uns fragen: Wie wirken die Seraphim, Cherubim, Throne, Geister der Weisheit auf dem Mars? - dann bekommen wir zur Antwort: Sie wirken da geradeso wie auf uriserer Erde. - Wenn wir dasselbe fragen für die Geister der Bewegung und Form, so ist das nicht der Fall, so unterscheiden sich die Tätigkeiten dieser zwei Kategorien der höheren Hierarchien für die einzelnen Planeten untereinander. So daß wir eigene Geister der Form, eigene Geister der Bewegung unterscheiden müssen für einen jeden einzelnen Planeten unseres Planetensystems.

Wir können nun auch den okkult geschulten Blick auf die Sonne selbst richten, auf den Fixstern. Wenn wir den Fixstern selber in seiner Wesenheit kennenlernen wollen, so müssen wir achtgeben, daß wir in die Beobachtung des Fixsterns nicht dasjenige hinein- mischen, was im Grunde genommen nicht für den Fixstern, sondern für die umgebenden Planeten Bedeutung hat. Verstehen wir uns recht. Wir haben vorgestern ausgeführt, wie alle diese Wesenheiten der höheren Hierarchien bis zu den Geistern der Form hin, also von den Seraphim herunter bis zu diesen Geistern der Form, eigentlich wie eine Art von Kollegium im Weltensystem wirken, das seinen Sitz in der Sonne hat, so daß der Ausgangspunkt für die Wirkungen dieser Geister in der Tat in der Sonne liegt. Wenn wir also heute angeführt haben, daß zum Beispiel der Mars seine eigenen Geister der Form hat, ebenso der Jupiter, ebenso die Erde, so müssen wir uns, wenn wir bildlich sprechen wollen - in bezug auf diese erhabenen Verhältnisse ist alles mehr oder weniger Bild -, vorstellen, daß zwar der Sitz, der Angriffspunkt der Wirkungen für die Geister der Form des Mars, für die Geister der Form des Jupiter

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und so weiter immer in der Sonne, im Fixstern ist, daß sie von dort aus wirken, - aber den Geistern der Form, die auf den Mars wir- ken, ist sozusagen dieses Ressort von der Sonne aus zugeteilt, sie wirken von der Sonne aus auf den Mars, andere auf die Erde, andere auf den Jupiter als Geister der Form. Dasjenige, was sie so tun, ist eine Tätigkeit, die dem System zugute kommt. Jetzt fragen wir aber nicht: Was geschieht von der Sonne, von dem Fixstern aus für die Planeten? - sondern: Was geschieht innerhalb des Bereiches des Fixsternes für seine eigenen Wesen, für die eigene Entwickelung der Wesenheiten auf dem Fixstern? - Nicht wahr, wir können da die Sache geradeso auffassen wie vergleichsweise dasjenige, was ein Mensch für den anderen tut. Wir können zunächst die Tätigkeit, die ein Mensch für den anderen tut, nicht so auffassen, daß diese Tätigkeit unmittelbar etwas bedeuten muß für seine eigene Entwickelung. Sie kommt dem anderen zugute. So kommt die Tätigkeit der Geister der Bewegung und der Geister der Form, die hier gemeint ist, dem Planetensystem zugute. Jetzt aber fragen wir: Wie geschieht, wenn wir absehen davon, daß der Fixstern von Planeten umgeben ist, auf dem Fixstern als solchem, als einem Einzelwesen, die Entwickelung? Was beteiligt sich auf dem - Fixstern selber an der Entwickelung der Wesenheiten? Und da bekommen wir in der Tat dieselbe Grenze. Wenn wir nämlich den okkulten Blick richten nach dem Fixstern, also zunächst in unserem Planetensystem nach der Sonne hin, da müssen wir sagen: Eine gewisse Macht über die Wesen der Sonne haben nur diejenigen geistigen Wesenheiten der höheren Hierarchien, welche von den Seraphim heruntergehen bis zu den Geistern der Weisheit. Die sind aktiv für die Entwickelung des Fixsterns selber und seiner Wesenheiten, während die Geister der Bewegung und der Form sozusagen nichts tun können für die Entwickelung der Wesen auf dem Fixstern selber, sondern eben das zugeteilt haben, was den Fixstern umgibt im Planetensystem.

Wenn wir also den Blick zum Fixstern hinauf richten, dann können wir sagen: Das Leben auf dem Fixstern ist ein so erhabenes, so großartiges, so gewaltiges, daß die Wesenheiten, die auf dem Fixstern

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sich entwickeln, nur zu tun haben können mit Wesenheiten von solcher Erhabenheit, wie die Seraphim, Cherubim, Throne und Geister der Weisheit sind, während jene Wesen, die auf dem Fixstern selber ihre Evolution durchmachen, eben die Geister der Bewegung und der Form, ohnmächtig sind, zu seiner Entwickelung irgend etwas zu tun. Sie sind nicht von so hohem Rang. Sie, die noch etwas Ungeheures für die Menschheit des Planeten bedeuten, sie sind für die Wesenheiten des Fixsterns von keiner Bedeutung. Sie sind ohnmächtig, einzugreifen in die Entwickelung, in die Evolution des Fixsterns. Wenn wir also ins Auge fassen auf der einen Seite das Wesen des Planeten und absehen zunächst vom Menschen, der auf dem Planeten, auf unserer Erde, wohnt, so können wir sagen: Für den Planeten, insofern dieser Planet seine Stellung im Sonnensystem hat, haben Einfluß auf die Entwickelung die Wesenheiten bis zu den Geistern der Form herunter. So daß wir bis zu den Geistern der Weisheit zu zählen haben die Einflußsphäre der Fixsterne, bis zu den Geistern der Form herunter die Einflußsphäre der Planeten.

Nun bleiben uns innerhalb des Planetensystems noch zwei Weltenkörper, die Monde und die Kometen. Und die Frage ist nun: Wie stellen sich dem okkulten Blick gegenüber diese Weltenkörper dar? Wenn der okkulte Blick sich einstellt auf den Mond, der unsere Erde umgibt, welche Wirkungsarten findet er da?

Von dem, was auf der Erde als menschliches Leben sich entwickelt, findet man mit dem okkulten Blick auf dem Monde nichts. Eine der menschlichen ähnliche Evolution ist auf dem Monde nicht aufzufinden. Ebensowenig ist auf ihm etwas aufzufinden, was in bezug auf seine Evolution unserem Tierreiche gleichen würde. Das ist beides auf unserem Mond für die okkulte Forschung nicht aufzufinden. Ich will durchaus nicht, was ja wirklich eine Trivialität wäre, etwa damit bloß die Äußerlichkeit sagen, daß keine im Fleisch verkörperten Menschen auf dem Monde herumlaufen oder solche Tiere, wie sie auf der Erde vorkommen, sondern der Okkultist meint, wenn er einen solchen Ausspruch tut, etwas wesentlich anderes. Es könnte ja durchaus sein, daß so etwas wie die höheren

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Glieder der Menschennatur, das Menschen-Ich oder der menschliche Astralleib, unter anderen Bedingungen auf irgendeinem Weltenkörper vorhanden wären und dort eine Entwickelung durch- machten, ohne im menschlichen fleischlichen oder menschlichen Ätherleibe verkörpert zu sein. Es wäre denkbar, und solche Verhältnisse gibt es durchaus, daß also eine Evolution im geistigen Sinn stattfinden könnte, zum Beispiel auf dem Monde, ohne daß die äußere Verkörperung, die äußere Ausprägung der Wesenheiten so wäre wie die des Menschen. Aber das ist eben nicht der Fall. Etwas wie eine menschliche Geschichte, wie eine Entwickelung von Wesenheiten, die auch seelisch dem Menschen oder unseren Tieren ähnlich wären, findet auf dem Mond nicht statt. Aber auch wenn wir aufsteigen vom Menschen nach aufwärts zu denjenigen Wesen, die wir genannt haben die nächsten geistigen Führer des Menschen, die wir angesprochen haben in der Reihe der Wesenheiten der höheren Hierarchien als Engel, auch dann finden wir ihre Evolution, die Evolution der Engel, nicht auf dem Mond. Wir finden keine Wirkungsweisen, keine Kräfte, wie sie von dem Eingreifen der Engel oder Angeloi auf die Erde ausgehen. Wir haben ziemlich genau charakterisiert, was diese Wesenheiten für den Menschen auf der Erde zu tun haben. Solch ein Eingreifen findet auf dem Monde nicht statt. Wir finden nirgends sozusagen die Spur einer menschlichen oder tierischen Tätigkeit oder einer solchen, wie wir sie vom Engel kennen.

Wenn wir nun weiter die Kräfte ins Auge fassen, mit welchen die Erzengel die menschliche Evolution vorwärtsbringen, und wenn wir den okkulten Blick nun richten, einstellen auf den Mond, dann finden wir merkwürdigerweise diese Kräfte allerdings vorhanden: der okkulte Blick findet auf dem Monde dieselben Kräfte als wirksame Kräfte vor, die er da findet, wo er innerhalb der Erdenentwickelung die Entwickelung eines Volkes durch seinen Volksgeist, durch seinen Erzengel erblickt. Der Erzengel, der geistig das Völkerleben leitet, ist in seiner charakteristischen Eigentümlichkeit als Kräfte auf dem Mond vorhanden, spricht zu uns, wenn wir den okkulten Blick auf den Mond hin einstellen. Wenn wir die Wesen

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derjenigen geistigen Wesen, die wir als die Archai oder Zeitgeister bezeichnen, ins Auge fassen, derjenigen Wesenheiten, welche die irdische Evolution von Epoche zu Epoche übernehmen und weiterleiten, also zum Beispiel von der ägyptischen Kultur zur griechischen oder von der griechischen zu unserer gegenwärtigen, wenn wir uns eine okkulte Anschauung von den Kräften verschaffen, die da walten bei der Führung der Evolution durch die Zeitgeister, dann finden wir dieselbe charakteristische Art von Kräften wiedeium, wenn wir anschauen, was uns vom Mond entgegenblickt. Wie wir für den Planeten als seine Sphäre die Wesenheiten der geistigen Hierarchien bis zu den Geistern der Form also bezeichnen konnten, so können wir beim Monde die Grenze machen und sagen: Es erstreckt sich die Sphäre des Mondes bis in das Gebiet der Erzengel herunter.

Nun wird es für unsere weitere Betrachtung nützlich sein, bevor wir in derselben Weise wie bisher die Ergebnisse des okkulten Blickes verfolgen, wenn wir sozusagen vom Gesichtspunkt des Okkultismus aus Mond und Planeten und Fixstern noch weiter vergleichen. Es ist notwendig, wenn man eine solche Betrachtung anstellt, daß man sich einmal zuerst ordentliche Vorstellungen über das aneignet, was schon am Menschen selber, und zwar am physischen Leib des Menschen, vorhanden ist und was ganz und gar nicht berücksichtigt wird von der gewöhnlichen materialistischen Anatomie und Physiologie unserer Wissenschaft. Nicht wahr, der gewöhnliche Anatom von heute, was tut er, wenn er den physischen Leib untersucht? Nun, er untersucht ein Stück, sagen wir Leber, dann ein Stück Nerven- und Gehirnmasse, eben als nebeneinander- liegende Substanzen. Er untersucht beide so, wie man eben zwei Dinge nebeneinander legt und sie nun miteinander vergleicht, rein äußerlich. Er zieht nicht in Erwägung, der gewöhnliche äußerliche materialistische Anatom oder Physiologe, daß wir, wenn wir ein Stück Gehirnsubstanz vor uns haben und ein Stück Lebersubstanz, überhaupt ganz radikal verschiedene Dinge haben. Wir haben an dem einen Teil des menschlichen Leibes etwas an uns, woran die höheren Leiber, die übersinnlichen Glieder in ganz anderer Weise

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arbeiten als an einem anderen Gliede. So zum Beispiel, wenn wir ein Stück Gehirnsubstanz haben, so ist ja in diesem alles so, daß die ganze Struktur, die ganze Formung nicht entstehen könnte, wenn diese Substanz nicht durchgearbeitet wäre nicht nur vom Ätherleib, sondern auch von einem astralischen Leib. Der astralische Leib durchsetzt und durcharbeitet die Gehirnsubstanz, und es ist nichts innerhalb der Gehirnsubstanz, nichts innerhalb irgendeiner Nervensubstanz, worin nicht der astralische Leib neben dem ätherischen Leib mitarbeitete. Nehmen Sie dagegen einen großen Teil der Leber, so müßten Sie sich das so vorstellen, daß zwar der astralische Leib auch die Leber durchdringt, daß er aber nichts tut in der Leber, keinen Anteil nimmt an der inneren Organisation der Leber, daß dagegen einen ganz wesentlichen Anteil nimmt an der Organisation, an der Struktur der Leber der Ätherleib. Die verschiedenen Organe sind eigentlich ganz verschiedene Dinge beim Menschen. Ein Stück Leber ist etwas, was wir nur studieren können, wenn wir wissen, daß da der Ätherleib mit seinen Kräften den Hauptanteil hat und daß der astralische Leib, wie Wasser den Schwamm, zwar die Leber durchsetzt, aber an der Bildung der Leber, an der inneren Konfiguration derselben keinen besonderen Anteil hat. Ein Stück Gehirnsubstanz können wir uns nicht anders vorstellen als so, daß einen wesentlich großen Anteil der astralische Leib hat und nur einen geringen der ätherische Leib. Wiederum an der ganzen Struktur des Blutsystemes, bis in den Bau des Herzens hinein, hat das Ich seinen wesentlichen Anteil, während zum Beispiel an der Organisation der Nervensubstanz als solcher das Ich gar keinen Anteil hat, geschweige denn an den anderen Organen.

So haben wir, wenn wir den physischen Leib des Menschen im Sinne von wirklichem Okkultismus betrachten, nicht im Sinne bloßer okkulter Schematik, in seinen verschiedenen Organen Dinge, Wesenheiten von ganz verschiedener Wertigkeit, von ganz verschiedenem Wesen, überhaupt von ganz verschiedener Natur. Wir können sagen, es hängt das, was ein Wesen schon am Menschen ist, Leber oder Milz, von den höheren Gliedern ab, die in sie hin- einwirken. Leber und Milz sind ganz verschiedene Organe. An der

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Milz hat der astralische Leib in ganz besonderer Weise einen starken Anteil, während er an der Leber fast gar keinen Anteil hat. Alle diese Dinge werden einmal, und zwar in nicht sehr ferner Zeit, studiert werden müssen, auch von den Physiologen und Anatomen, weil nach und nach Tatsachen zutage treten werden in der materialistischen Beschreibung der menschlichen, tierischen und pflanzlichen Organe, die keinen Sinn haben werden, wenn man nur die Dinge so nebeneinander legt wie Erbsen und Bohnen, wie es die äußere Anatomie und Physiologie heute tut. Wie ein Ding in der Welt und am Menschen zum Geiste steht, so ist es überhaupt, so ist seine Wesenheit. Und so wie es am Menschen ist, so ist es auch im Himmelssystem. Ein Mond ist etwas ganz anderes als ein Planet oder ein Fixstern. Wenn wir schon gesehen haben, daß die Beziehungen der Wesenheiten der höheren Hierarchien andere sind zum Fixstern und andere zum Planeten und andere zum Mond, so müssen wir noch folgendes ins Auge fassen, um die Verschiedenheit des Mondes, des Planeten, des Fixsternes zu charakterisieren. Nehmen wir einmaI heraus aus einem Planetensystem, wie wenn wir es herausschälen würden, alles, was die Monde der einzelnen Planeten sind, das heißt, denken Sie sich für einen Moment weg den Fixstern selber, denken Sie sich weg die Planeten, so daß im Planetensystem nur die Monde übrig bleiben. Wenn der okkulte Blick 50 gerichtet wird, daß er nun nur beobachtet dasjenige, was ich Ihnen eben hervorgehoben habe: die Monde, alles, was Mond ist innerhalb eines Planetensystems, alIes, wo die Kräfte bis zu den Erzengeln herunter dieselben sind wie auf unserer Erde in der aufeinanderfolgenden Evolution der Menschheit -, dann bekommen wir einen ganz bestimmten Eindruck, dann machen wir eine ganz bestimmte okkulte Erfahrung. Diese okkulte Erfahrung können wir noch ein zweites Mal machen.

Nicht wahr, derjenige, der mit dem praktischen okkulten Blick an die Dinge herangeht, der kann, wenn er genügend Willensvermögen hat, sich die Fixsterne und die Planeten aus dem Planetensystem wegdenken: es bleiben ihm die Monde zurück, das heißt er stellt auf alles das, wofür er sich so vorbereitet hat, seinen Blick ein.

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Und nun muß man noch etwas anderes suchen, wo man dieselbe Impression, denselben Eindruck hat, den man so von allen Monden eines Planetensystems zusammen hat. Denselben Eindruck, den man von allen Monden zusammen hat, hat man genau, wenn man einen menschlichen Leichnam betrachtet, einen physischen Leib, dessen Träger eben oder vor kurzer Zeit durch die Pforte des Todes gegangen ist. So sehr die Dinge äußerlich verschieden aussehen, das, was die äußere Naturwissenschaft angibt als äußere Verschiedenheit, das ist Maja. Was sich für den okkulten BIick als Impression ergibt, wie wir als Menschen mit dieser Impression stehen zu der Summe der Monde eines Planetensystems das einemal, und zu dem, was uns ein physischer Leib, der verlassen worden ist von seinem ätherischen, seinem astralischen Leib und so weiter, was uns ein physischer Leib als Eindruck hervorruft das anderemal, das ist das gleiche. Daraus ergibt sich die okkulte Erkenntnis, daß das Planetensystem in den fortdauernd entstehenden Monden innerhalb seiner selbst nach und nach seinen Leichnam ausbildet. Alle Monde eines Planetensystems sind das, was sich fortwährend eingliedert als der Leichnam des Planetensystems. Der Unterschied gegenüber dem Menschen ist der, daß der Mensch von dem Augenblick an, wo er mit seiner Wesenheit übergeht in den Zustand, in dem das Planetensystem ist, wenn es seine Monde bildet, dann seinen Leichnam ausscheidet, daß das Planetensystem aber den Leichnam in sich behält, das Absterbende in den Monden zusammenschnürt, zusammenkondensiert. Es ist so, wie wenn der Mensch, wenn er durch die Pforte des Todes geht, seinen physischen Leib nicht ablegen, sondern ihn zusammenballen würde zu irgendwelchen Organen und durch irgendeine Kraft, die er an sich hat, ihn noch weiterschleppen würde. In seinen Monden schleppt tatsächlich ein Planetensystem seinen eigenen, und zwar fortwährend sich ändern- den Leichnam mit sich, einen Leichnam, der im Werden ist, der in Evolution sich befindet.

Wir gehen nun weiter und versuchen eine Impression zu schildern, welche der okkulte Blick hat, wenn er wegdenkt alle Monde eines Planetensystems, den Fixstern und die eventuell vorhandenen

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Kometen. Wenn er also das ganze System der Planeten selber ins Auge faßt, Sie hinstellt vor seinen okkulten Blick und dann, indem er vollständig konzentriert nur auf sich wirken läßt dieses System der Planeten, die Impression sich klarmacht und -sie sich einprägt seinem Gedächtnis, um sie charakterisieren zu können, dann muß er später wiederum vergleichen diese Impression mit irgend etwas anderem, das verschieden ist von dem Eindruck, den er von den einzelnen Planeten erhält. Wenn der Mensch nach irgend etwas sucht, was ihm einen solchen Eindruck gibt wie die Gesamtheit der Planeten eines Systems, dann kommt er in seiner nächsten irdischen Umgebung zu nichts anderem als zu dem Eindruck, den er hat, wenn er die verschiedenen Formen von Tieren auf sich wirken läßt. Es ist der Eindruck außerordentlich schwierig vollständig zu gewinnen, aber man kann ihn dadurch partiell gewinnen, daß man verschiedene tierische Formen auf sich wirken läßt. Man kann nicht von allen Tieren auf der Erde einen okkulten Eindruck zu gleicher Zeit haben, das wäre zu kompliziert, aber man kann ein Kompromiß machen, wenn man eine Anzahl von charakteristischen tierischen Formen so auf sich wirken läßt, daß man nur dasjenige, was an okkulten Kräften in den tierischen Formen wirkt, in Betracht zieht. Dann kann man aus den tierischen Formen mit dem vergleichenden okkulten Blick etwas gewinnen, was einen ähnlichen Eindruck macht wie die Gesamtheit der Planeten eines Systems. Weil also das Tierreich - und insofern der Mensch den Extrakt des tierischen Leibes in seinem lebendigen Leib hat, können wir auch den menschlichen lebendigen I,eib zum Vergleich heranziehen - auf der Erde lebt und eine Impression von all den in ihm wirkenden Kräften ähnlich ist den Kräften, die von den einzelnen Planeten ausgehen, können wir sagen: Der eigentlich lebendige Leib, der I,eib, mit dem ein lebendiges, bewußtes Wesen begabt ist, wie wir ein solches etwa im primitiven Menschen oder in den Tieren kennen, der entspricht dem System der Planeten eines Planetensystems, so daß wir den lebendigen Leib, das heißt den Leib, durchdrungen von dem Prinzip des Lebens und des Bewußtseins, innerhalb eines ganzen Planetensystems in demjenigen

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vor uns haben, was wir nennen können die Gesamtheit der Planetenmasse. Die Gesamtheit der Planeten eines Systems ist also der lebendige Leib des Planetensystems. Wenn wir alle die geistigen Wesenheiten, welche wir beschrieben haben als im Planetensystem enthalten, als den Geist und die Seele des Planetensystems betrachten, so haben wir als den lebendigen Leib die Gesamtheit der Planeten zu betrachten und als den schon mitgeschleppten Leichnam der Planeten die Gesamtheit der Monde.

Nun richten wir den okkulten Blick auf den Fixstern, bei uns also auf die Sonne. Wir suchen in einer ähnlichen Weise, wie wir das geschildert haben für die Gesamtheit der Monde und Planeten, eine Impression zu gewinnen von dem Fixstern. Wenn wir uns merken, was wir durch die Kräfte, die wirksam sind am Fixstern, als Impression gewinnen, so können wir wiederum etwas finden, was die gleiche Impression innerhalb der Erdenverhältnisse selber auf uns hervorrufen kann. Und siehe da, es ist das wiederum etwas schwierig, weil wir es diesmal mit den Pflanzen zu tun haben und wir nicht die gesamte Pflanzenwelt auf unserer Erde heranziehen können. Aber es genügt vergleichsweise, wenn man nur eine Anzahl von Pflanzenformen in das, erlauben Sie den Ausdruck, okkulte Auge faßt, um die okkulte Impression zu bekommen von jenem, was in den Pflanzen wirkt und lebt. Und wenn man das auf seinen okkulten Blick wirken läßt, so erinnert das an die Impression, die man von der inneren Entwickelung des Fixsternes erhalten hat.

Die Verschiedenheit wird allerdings immer größer und größer. In bezug auf die okkulte Impression ist die Ähnlichkeit zwischen einem menschlichen Leichnam nach dem Tode und der Gesamtheit der Monde eigentlich noch eine frappierende. Diese Ähnlichkeit ist ausgesprochen auch vorhanden bei den Impressionen, die die Pflanzenwelt und die der Fixstern auf den Menschen machen. Da ist die Ähnlichkeit deutlich vorhanden, aber sie ist nicht mehr so groß wie die zwischen dem physischen abgelegten Menschenleib und der Gesamtheit der Monde. Es wird aber die Ähnlichkeit viel größer, wenn wir dem okkulten Blick jetzt noch etwas Besonderes zumuten, wenn wir nämlich, nachdem wir die Impression von einer

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Anzahl von Pflanzenformen bekommen haben, nun auch noch von diesen Pflanzen absehen, die wir beobachtet haben mit dem okkuIten Blick, von den physischen Pflanzenleibern absehen, und jene Mittel anwenden, die der praktische Okkultist anwendet, wenn er die Atherleiber der Pflanzen betrachtet. Also wir machen eine Nebenbeobachtung. Wir haben uns gemerkt die Impression, die wir vom Fixstern bekommen, suchen dann die schon ähnliche, aber uns doch noch nicht befriedigende Impression, die wir von einer Anzahl von Pflanzen bekommen. Wir gehen weiter, abstrahieren von der äußeren Form der Pflanze und lassen nur den Ätherleib, der ja in den Pflanzen ist, auf uns wirken. Dann erhöht sich diese Ähnlichkeit und wird fast so groß wie die Ähnlichkeit zwischen dem physischen Leichnam des Menschen und der Gesamtheit der Monde. Daraus ergibt sich für die okkulte Erkenntnis, daß wir, indem wir zum Fixstern hinaufblicken, das als im Fixstern wirkend erfaßt haben, was der Ätherleib des Planetensystems ist, denn wir bekommen tatsächlich den Eindruck eines Ätherleibes. Wir verstehen den Eindruck, den wir vom Fixstern bekommen, wenn wir den Ätherleib an den Pflanzen betrachten, da, wo der Ätherleib noch unvermischt, noch nicht mit einem astralischen Leib zusammen wirkt, wo er nur als ätherischer Leib mit dem physischen zusammen wirkt. Es ergibt sich also daraus die Erkenntnis, daß, indem wir auf den Fixstern blicken, wir in der Tat vom Fixstern aus- strahlend den Ätherleib des Planetensystems haben.

Wir können jetzr sagen: Im Mond haben wir den Leichnam des Planetensystems, in der Summe der Planeten haben wir den Leib, und zwar den physischen Leib, in dem Fixstern selber, von ihm ausstrahlend, haben wir den ätherischen Leib des Planetensystems. In der Tat, für den okkulten Blick hört sehr bald die Möglichkeit auf, jenes Tote, man m&hte sagen, Papiermach&artige, das in aller physischen Astronomie vorliegt, festzuhalten, denn der okkulte Blick merkt überall, wie das gesamte Planetensystem von Leben durchströmt ist, ein lebendiger Organismus ist. Und zwar geht ein fortwährender Strom ätherischen Lebens von dem Fixstern aus bis zum äußersten Rand des Planetensystems und fließt wiederum zu

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rück. Wir haben es fortwährend wie im lebendigen tierischen und pflanzlichen Leibe mit Lebenskräften zu tun, die ungefähr so zentriert sind, ich sage das jetzt vergleichsweise, innerhalb des Fixsterns, wie das Leben des Tieres zentriert ist, sagen wir, im Herzen, oder wie das pflanzliche Leben zentriert ist in den verschiedenen Organen, welche die auf- und absteigende Säftebewegung regeln. Kurz, wir haben es zu tun mit einem Zentrum des Planetensystems, das wir im Fixstern zu suchen haben.

Dann kann man auch noch den okkulten Blick richten auf den Kometen, auf das kometarische Leben. Nun, ich zweifle ja nicht daran, daß, wenn irgendwo in der äußeren Wissenschaft diese Dinge gehört werden, die wir eben besprochen haben, die Charakteristik des Planetensystems, dies heute als eine ganz besondere Torheit betrachtet wird; das macht aber nichts. Gegenüber dem Kometenleben jedoch wird die Sache noch ganz besonders schwierig, weil. die Gelegenheit, das kometarische Leben zu beobachten, eine seltene ist, so daß schon eine gewisse Unbefangenheit des okkulten Blickes dazu gehört, um dieses eigentümliche kometarische Leben im PIanetensystem zu beobachten.

Sie werden ja keinen Augenblick daran zweifeln, meine lieben Freunde, daß in dem ganzen Planetensystem nicht nur das ist, was wir jetzt Leichnam, physischen Leib und Ätherleib genannt haben, sondern es ist das ja überall natürlich von den Wesenheiten der verschiedenen Hierarchien durchdrungen, es sind natürlich geistig- seelische Kräfte überall darinnen. Und Sie brauchen ja nur ins Auge zu fassen, daß im Planetensystem selbstverständlich die Zeitgeister, Erzengel und die luziferischen Wesenheiten darinnen sind, die gehören ja auch dazu. Wir haben jetzt entdeckt im Planetensystem den Leichnam, den physischen Leib, den Atherleib. Wir können aus dem, was wir bisher gehört haben, selbstverständlich sagen, daß überall darinnen auch astralische Substanz ist, die zu Wesenheiten gegliedert ist, denn in den Wesenheiten der höheren Hierarchien ist eben astralische Substanz. Wenn wir vom Menschen sprechen, so wie er vor uns wandelt, dem Mikrokosmos, dann sagen wIr: Dieser Mensch besteht aus physischem Leib, ätherischem Leib,

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astralischem Leib und so weiter. Wenn wir ein Planetensystem beschreiben, so müssen wir nur das unterste Glied etwas anders ansetzen, wir müssen sagen: Ein Planetensystem besteht aus seinen Monden, das ist sein Leichnam; aus seinen Planeten, das ist sein physischer Leib; und aus alledem, als dessen Dirigent sich der Fixstern erweist, das ist sein ätherischer Leib. Das Astralische finden wir schon von selber darinnen, denn das lernen wir dadurch kennen, daß wir wissen, Wesenheiten wohnen darinnen. Wie der Mensch in seinen Hüllen wohnt, so wohnen die Wesenheiten der höheren Hierarchien in der Leichnamhülle, in der physischen Hülle und in der ätherischen Hülle des Planetensystems. Für den astralischen I,eib, m&hte ich sagen, haben wir nicht erst zu sorgen, den haben wir schon durch den esoterisch-okkulten Blick, der nach innen gerichtet ist. Aber schon wenn Sie das Menschenleben auf der Erde betrachten, werden Sie zugeben, daß durch dieses Menschenleben - das wissen Sie ja aus der bisherigen elementaren Geisteswissenschaft - eine Summe von astralischen Wesenheiten und Kräften, von astralischen Formen entsteht, welche eigentlich schädlich, hemmend sind für das Leben. Vom Menschen selbst strömen ja fortwährend irrtümliche, häßliche, böse Gedanken aus: die sind ja Realitäten, die gehen hinaus in die astralische Welt und leben dort weiter. So daß die astralische Sphäre eines Planeten angefüllt ist nicht nur von dem, was die normalen Substanzen seiner seelischen Wesenheit sind, sondern auch von diesem ausgeströmten Astralischen. Und wenn wir erst zu all dem gehen würden, was an schädlichen Kräften die verschiedenen luziferischen Geister hervorbringen, dann würden Sie eine Unsumme von schädlichen astralischen Substanzen innerhalb eines Planetensystems finden. Und kurioserweise zeigt uns der okkulte Blick, der die Gelegenheit hat, eine Zeitlang ein Kometenleben zu beobachten, daß alles Kometarische überhaupt und alles Meteorartige innerhalb unseres Planetensystems immer bestrebt ist, um sich herum zu sammeln die schädlichen Astralprodukte im Planetensystem und diese schädlichen Astralprodukte aus dem Planetensystem fortzuschaffen. Wir werden noch im Laufe der Vorträge sehen, wie sich das insbesondere

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zu den schädlichen Astralprodukten des Menschen verhält, aber wir sehen, daß die großen Schädlichkeiten, die luziferischen Schädlichkeiten, durch die Kometen aus dem Planetensystem fortgeführt werden. Wie diese Fortführung geschieht, davon möchte ich Ihnen am Schlusse dieses Vortrages noch eine Vorstellung geben.

Zeichnung aus GA 136, S. 132
Zeichnung aus GA 136, S. 132

Nicht wahr, wenn ich hier ein Planetensystem mit seiner Sonne andeute, so können wir irgendeinen Kometen, der gerade da durch- geht, so andeuten, daß er in solch einer Bahn gleichsam das Planetensystem kreuzt. Die physische Astronomie sagt: Nun ja, der Komet kommt eben von sehr weit her. - Wenn man den Anfang eines Dinges nicht verfolgen kann, dann sagt man eben: Das kommt von sehr weit her. Und so sagt auch die physische Astronomie: Es kommt von sehr weit her und geht auch wiederum sehr weit fort. - Aber weil gewisse Kometen periodisch wiederkehren, so kann die physische Astronomie nicht anders denken, als daß diese Kometen, die doch von sehr weit her kommen, dann durch unser System durchgehen und wieder verschwinden, daß sie eben einen recht weiten Weg machen im Weltenraum und dann wieder zurückkommen. Anders kann sich das die materialistische Astronomie nicht vorstellen. Der okkulte Blick zeigt uns, daß der Komet in der Tat da, wo er dem physischen Blick ungefähr entschwindet,

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sich auflöst und jetzt seinen Weg durch eine Welt nimmt, die nicht innerhalb der gewöhnlichen drei Raumdimensionen begrenzt ist. Er ist gar nicht vorhanden innerhalb der gewöhnlichen Welt. Er verschwindet in der Tat nach der einen Seite und erscheint wiederum von der anderen Seite. Er ist gar nicht da in den Zwischen- räumen. Er verschwindet nach der einen Seite und bildet sich von der anderen Seite her neu. Das ist natürlich eine Vorstellung, mit der die materialistische Astronomie nichts anzufangen weiß, da Sie doch nicht daran denken kann, daß der Komet, der da wiederum erscheint, inzwischen nicht dagewesen sein soll. Der Anthroposoph sollte mit solchen Dingen schon etwas anzufangen wissen, denn er weiß ja, daß zum Beispiel tatsächlich die Aufeinanderfolge physischer I,eiber der Menscheninkarnationen in gewisser Beziehung von der Kraftseite her auch ein Ganzes bildet und doch physisch nicht zusammenhängt. Also kurz, mit Ausnahme einiger weniger Kometen, die wirklich langgestreckte, elliptische Bahnen haben, ist der meiste Teil der Kometen so gestaltet, daß der Komet von der einen Seite her kommt und nach der anderen verschwindet, und wenn er wiederkommt, hat er sich eben neu gebildet. Warum? Weil, indem er sich annähert, er Anziehungskraft ausübt - er ist zunächst bloß eine Art geistigen Kraftzentrums, er bildet sich nur dadurch, daß dieses geistige Kraftzentrum alles von schädlichen Astralströmungen anzieht und um sich herum entwickelt. Wir werden in den nächsten Stunden noch hören, warum er Schweif und Kern zeigt gerade unter dem Einfluß dieses Heranziehens der schädlichen Astralität. Immer mehr und mehr zieht er an sich heran, während er durch das Planetensystem geht. Indem er nach der anderen Seite fortgeht, trägt er das so lange mit, bis er hinauskommt aus dem Bereich des Planetensystems, dann wirft er das in den Weltenraum hinaus. Dann bildet sich das Kraftzentrum, ohne daß es den dreidimensionalen Raum braucht, am anderen Pol wieder, nimmt wiederum die schädlichen Stoffe auf und wirft sie nach der anderen Seite aus. So daß wir das Kometenleben als etwas anzusehen haben, was fortwährend wie Gewitter im Planetensystem reinigend wirkt. Indem der Komet durchfährt durch das Planeten-

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system, werden die Schädlichkeiten innerhalb des Planetensystems, die hervorgerufen worden sind durch die schädlichen astralischen Ausstrahlungen der Wesen, aus dem Planetensystem fortzuschaffen versucht. Da haben wir allerdings in dem Kometenleben etwas, wofür wir zunächst nicht solch eine Analogie am Menschen selber angeben können wie den physischen Leib und Ätherleib. Physischer Leib des Planetensystems ist die Gesamtheit der Planeten, Ätherleib das, was ausstrahlend vom Fixstern das Planetensystem durch- strömt; aber für den physisch herumwandelnden Menschen haben wir auch nicht die Sache so, daß er seinen Leichnam mitschleppt. Das Planetensystem schleppt seinen Leichnam mit. Auf der anderen Seite hat es die Einrichtung, das schlimme Astralische abzusondern durch seine Kometen.

Wenn wir nun das, was nur der Maja nach im Kometen vorhanden ist, was aber drinnen an Kräften wirksam ist, studieren, dann ist es tatsächlich so, daß wir mit dem, was wir im Laufe dieser Vorträge kennengelernt haben, außerordentlich schwer zurecht- kommen. Ich habe Ihnen charakterisiert, wie man hinaufkommt zu den Thronen, zum Beispiel, daß man da eigentlich nur das Hilfsmittel hat, den menschlichen Willen zu studieren. Dann kann man, wenn man dieses Studium des Willens mit den okkulten Mitteln unternimmt, sich erheben bis zu den Thronen. Von all dem ist in den Kometen gar nichts zu finden, nichts von den Geistern der Weisheit, nichts von den Thronen. Wir finden, wenn wir den Kometen selber anblicken, gar nichts, was anders erreichbar wäre als dadurch, daß wir jene Methoden anwenden, die in den letzten Tagen vom mir als okkulte Methoden angeführt worden sind. Solche Methoden also, die davon ausgehen, daß wir einen Menschen verfolgen, der nicht bloß ein denkender, fühlender und wollender Mensch ist, sondern der uns eine besondere Impression geben kann. Wir haben diese Impression so geschildert, daß wir sie gewinnen, wenn wir einen Menschen, der eine jahrzehntelange, reiche Lebenserfahrung hinter sich hat, mit seiner Weisheit als Extrakt dieser Lebenserfahrung auf uns unmittelbar wirken lassen, so daß diese Weisheit mehr bewirkt, als man durch Gründe logischer Art,

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bloß verständiger Art bewirken kann. Das eigentlich Überzeugende einer Weisheit aus der Menschenerfahrung spricht, durch den okkulten Blick wahrgenommen, so, daß tatsächlich das Spirituelle dadurch geschaut werden kann; das gibt dem okkulten Blick erst eine Vorstellung der Cherubim. Und wenn wir diesen okkulten Blick heranschulen an dem unmittelbar Überzeugenden, das nun selbst das ungesprochene Weistum, Krafttum eines solchen Menschen hat, wodurch er das, was er als Lebenserfahrung gewonnen hat, bis in den Blick hineinbringt, dann können wir ein Verständnis gewinnen für die Impression, die wir haben müssen für die Sphäre der Seraphim. Aber die Impression, die wir so haben können, führt uns noch nicht zu der Betrachtung des Geistigen hinter den Kometen. Alles das nützt nichts, um den Kometen okkult zu studieren. Nur [jene erwähnten] zwei Mittel, die zu der [Vorstellung vom Wesen der] Cherubim und Seraphim führen, können uns Aufschluß geben über die Kometen. Die Sphäre der Kometen reicht bis zu der Sphäre der Cherubim [und Seraphim]; wir müssen also erst wissen, worin das Wesen der Seraphim und Cherubim besteht, um zu verstehen, was für einen Sinn Substanz und Bewegung der Kometen haben.

Die Evolution innerhalb der Kometen ist also abhängig von den Wesenheiten der höheren Hierarchien bis herunter zu den Cherubim. Die Evolution innerhalb des Fixsterns, von den Wesenheiten der höheren Hierarchien bis herab zu den Geistern der Weisheit, die Entwickelung des Planeten selber, abgesehen von dem Menschen, der ihn bewohnt, ist abhängig von den Kräften, die ausgehen von den Wesenheiten der höheren Hierarchien bis herab zu den Geistern der Form. Und dasjenige, was auf dem Mond wirkt, ist abhängig von den Kräften, welche von den höheren Hierarchien ausgehen bis herunter zu der Sphäre der Erzengel. So haben wir von verschiedenen Seiten her das Leben eines Planetensystems beschrieben und können auf dieser Grundlage an den nächsten Abenden weiterbauen. Allerdings müssen wir berücksichtigen, daß wir gerade an einer solchen Sache im eminentesten Sinne sehen, wie man mit bloß schablonenhaften Definitionen nicht auskommt. Wie oft wird gesagt, daß jeder Mikrokosmos einem Makrokosmos ent

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spricht! Man kann den Menschen einen Mikrokosmos nennen, ein Sonnensystem im kleinen. Wenn man aber davon sprechen will, daß eine Entsprechung da ist, so muß man nicht bei diesen ab- strakten Aussagen stehenbleiben, sondern man muß auf das konkrete Verhältnis so weit eingehen, daß man weiß: überall in der Welt haben solche schablonenhafte Schilderungen nur einen annähernden Wert. Und wenn wir beginnen, den mikrokosmischen Menschen von unten herauf, vom physischen Leibe ab, als unmittelbar vor uns stehendes Wesen zu schildern, so müssen wir beim Planetensystem schon vom Leichnam an schildern und finden in dem physischen System dann auch die Substanzen der Kometenkörper, die der äußere Ausdruck sind für die reinigenden astralischen Gewitter innerhalb des Planetensystems.

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ACHTER VORTRAG Helsingfors, 11. April 1912

Es wird gut sein, gleich im Beginne des heutigen Vortrags darüber zu sprechen, inwiefern überhaupt für das menschliche Anschauen, für die menschliche Wahrnehmung und Erkenntnis der physische Kosmos eine Bedeutung hat, das physische Weltsystem hat, das wir gestern in bezug auf seine Teile - wenigstens in bezug auf einzelne seiner Teile - einer Betrachtung unterzogen haben. Wir haben gestern von dem Kometenleben, dem Fixsternleben, dem solarischen Leben, von dem planetarischen und dem lunarischen, dem Leben der Monde gesprochen. Wenn man so vom Standpunkte des gewÖhnlichen Bewußtseins aus von diesen Himmelskörpern spricht, SO meint man ja natürlich nur die Himmelskörper, die das Auge wahrnimmt. Nun haben wir im Laufe unserer Vorträge eigentlich dieses System von HimmeIskörpern, man könnte sagen, ersetzt durch etwas anderes. Wir haben es ersetzt durch die Betrachtung entsprechender geistiger Wesenheiten, die wir als die Glieder der verschiedenen Hierarchien anerkannt haben. Vielleicht wird dasjenige, was eigentlich damit hat gesagt sein sollen, noch klarer, wenn wir folgendes erwähnen. Wir haben als die unmittelbar über den Menschen stehende Kategorie von Wesenheiten die Angeloi oder Engelwesenheiten gefunden. Wir haben auch gezeigt, wie eigentlich der Mensch, wenn er zu einer Anschauung der geistigen Welt, der übersinnlichen Welt kommen will, sich gewissermaßen hinauforganisieren rnuß zu dieser nächsten Wesenheit, die über ihm steht, wie er gleichsam lernen muß, mit der Wahrnehmungsart des Engels oder der Angeloi die Welt anzusehen. Nun können wir ja auch die Frage aufwerfen: Wenn nun soIch ein Wesen der nächsthöheren Kategorie innerhalb der Rangordnung unserer Hierarchien in seiner Wahrnehmung, die wir Offenbarung nennen, sich ein Bewußtsein von dem Kosmos erwirbt, wie sieht dann für ein solches Wesen der Kosmos aus? Wenn wir diese Frage beantworten, dann

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wird uns noch klarer werden, was eigentlich hat gesagt werden sollen. Ein solches Engelwesen würde nämlich draußen im Kosmos von all dem, was wir sehen und wovon wir ja wissen, daß es eine Maja, eine Illusion ist, was wir nur hervorrufen durch menschliches Anschauen, in einer sOlchen Weise nichts sehen. Das müssen wir uns ganz klar vor die Seele stellen. Aber ein Engelwesen würde dafür sehen oder wahrnehmen in seiner Art, so wie wir es beschrieben haben, das verschiedene Zusammenwirken der Wesenheiten der Hierarchien, das wir angeführt haben. Statt daß ein solches Wesen davon sprechen würde, daß da oben der Mars ist, würde es vielmehr sagen: Da oben wirken zusammen in der Weise, wie wir das charakterisiert haben, diese oder jene Wesenheiten der höheren Hierarchien. - Das heißt, für diese Wesenheiten, für die Engel oder Angeloi, würde unmittelbar das ganze kosmische System als eine Sumine von geistigen Wirksamkeiten erscheinen. Ja, als was würden denn einem solchen Wesen unsere für unsere Augen sichtbaren Planeten und andere Himmelskörper erscheinen?

Wir dürfen über diese Dinge reden aus dem Grunde, weil wir ja von der ganzen übersinnlichen Welt, die dem Planetensystem oder dem Himmelssystem, dem Kosmos überhaupt zugrunde liegt, gar nicht sprechen könnten, wenn wir uns nicht durch okkulte Schulung gewissermaßen künstlich hineinversetzen könnten in die Anschauungsweise eines solchen Wesens. Denn hellsichtig sein heißt nichts anderes, als in sich die Möglichkeit hervorrufen, die Welt so zu sehen, wie ein solches Wesen die Welt sieht. Also auch für das hellsichtige Bewußtsein verschwinden eigentlich die Formen, diese Lichtformen der gewöhnlich für das Auge sichtbaren Himmelskörper. Die sind nicht mehr da, die verschwinden. Dagegen bekommt das hellsichtige Bewußtsein und also, wie gesagt worden ist, auch das Bewußtsein eines solchen Engelwesens doch auch einen Eindruck von dem, was dem physischen Himmelskörper entspricht. Den Mond, den Mars, so wie sie ein Erdenbewohner sieht, kann das hellsichtige Bewußtsein nicht wahrnehmen, denn das wäre ja physisch gesehen, aber wissen kann das hellsichtige Bewußtsein dennoch von dem, was da ist. Nun möchte ich Ihnen eine Vorstellung

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davon hervorrufen, wie das, was das hellsichtige Bewußtsein von einem solchen Himmelskörper weiß, geartet ist.

Sie können sich, allerdings zunächst theoretisch, denn das Praktische ergibt erst die okkulte Schulung, eine Vorstellung davon machen, wenn Sie sich einmal vor Augen stellen, was in Ihrer Seele ein Gedächtnisbild ist, eine Erinnerung, ein Vorstellungsbild von dem, was Sie gestern oder vorgestern erlebt haben. Nicht wahr, dieses Vorstellungsbild, das in Ihrer Seele liegt, das unterscheidet sich von dem Vorstellungsbild einer Sache, die gerade vor Ihren Augen steht. Die sehen Sie mit aller nur notwendigen Intensität.

Wenn Sie sich morgen erinnern an diese Rose, dann haben Sie das Erinnerungsbild von dieser Rose. Machen Sie sich nun klar, wie sich in Ihrem Gemüte, in Ihrer Seele das bloße Erinnerungsbild von demjenigen unterscheidet, was als Wahrnehmungsbild durch den unmittelbaren Eindruck entsteht, dann haben Sie die Möglichkeit zu verstehen, wie das hellsichtige Bewußtsein die Himmelskörper wahrnimmt. Es versetzt sich also hellseherisch in die Welt, und wenn es sich zum Beispiel in den Mars, in den Mond versetzt, so weiß es unmittelbar nicht, was jetzt vor dem Auge erscheinen würde, wenn man den Himmelskörper physisch betrachten würde, aber es hat durch dieses Sichversetzen etwas in sich, was man nicht anders bezeichnen kann als ein Erinnerungsbild, als ein Gedächtnisbild. Und so ist es mit allem, was uns für das gewöhnliche normale Bewußtsein im Kosmos als physische Himmelskörper entgegentritt. Für das hellseherische Bewußtsein stellt sich das alles so dar, daß wir unmittelbar wissen: Das alles, was uns da erscheint, das ist eigentlich etwas Vergangenes, das ist etwas, was volles Leben in der Vergangenheit gehabt hat, und so, wie es in der Gegenwart ist, ist es eigentlich nicht in seiner ursprünglichen lebendigen Gestalt uns erscheinend, sondern vergleichsweise so wie ein Schneckenhaus, aus dem die Schnecke fort ist. Das ganze physische System von Himmelskörpern ist ein Zeugnis für lauter Vergangenheiten, für lauter vergangene Geschehnisse. Während wir auf unserer Erde mit den Dingen gleichzeitig sind, die vor unsere physischen Augen treten, ist das, was wir im gestirnten Himmel sehen, weil es nicht

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einen Zustand darstellt, der der lebendigen Gegenwart entspricht, erst recht eine Maja, es stellt etwas dar, was eigentlich seine volle Bedeutung in der Vergangenheit hatte und zurückgeblieben ist. Die physische Himmelskörperwelt stellt die Reste vergangener Taten der entsprechenden Wesenheiten der Hierarchien dar, die nur noch in ihrer Nachwirkung hereinreichen in die Gegenwart.

Wir wollen die Sache noch genauer betrachten, indem wir versuchen, auf ein konkretes Beispiel einzugehen. Wenn wir unseren Erdenmond betrachten, dann hat das hellsichtige Bewußtsein, das von allem übrigen abstrahiert und sozusagen sich nur dem Monde gegenüberstellt, den eigentümlichen Eindruck, daß der äußere physische Mond verschwindet und an dessen Stelle etwas tritt, was einen Eindruck macht, wie man ihn gegenüber einer Erinnerungsvorstellung hat. Man hat den Eindruck, daß uns das, was da dem physischen Auge sonst erscheint - was ja natürlich physisch da ist, aber alles Physische ist eben eine Maja -, im Grunde genommen den Eindruck erzählt von einer Vergangenheit, wie uns auch eine Erinnerungsvorstellung von einer Vergangenheit erzählt. Und lassen wir das alles auf uns wirken, was da jetzt beginnt, uns von einer Vergangenheit zu erzählen, so sagt uns der Eindruck: Wenn das> was da eigentlich vor unser okkultes Auge tritt, so wie es da auftritt, wirken würde, wenn es nicht durch andere Dinge in seiner Wirkungsweise paralysiert würde, dann könnte durch die Nachbarschaft dessen, was wir da am Monde wahrnehmen, unsere Erde überhaupt nicht in ihrer gegenwärtigen Gestalt bestehen. Der Mond erzählt uns etwas für das okkulte Bewußtsein, was nicht geschehen dürfte, so wie es sich darstellt, wenn unser Erdenleben überhaupt möglich sein soll. Wenn dasjenige, was sich uns da darstellt, nicht, ich m&hte sagen, paralysiert würde durch andere Dinge, so würde zum BeispieI der Mensch durch das, was in bezug auf den Mond uns der Planet selber erzählt, in Seinem jetzigen Leben gar nicht möglich sein. Dagegen würde das gegenwärtige Tierleben auf der Erde, auch das Pflanzenleben und das Wirken innerhalb der mineralischen Welt nicht besonders beeinträchtigt. Gewisse Wesenheiten aIlerdings aus dem tierischen und dem pflanzlichen

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Reich würden andere Gestalten haben müssen, das erkennen wir unmittelbar durch die Kräfte, die mit aller Vehemenz auf uns wirken vom Mond herunter, aber im wesentlichen wäre doch tierisches, pflanzliches und mineralisches Leben auf unserer Erde möglich, nicht aber das menschliche Leben. Es erzählt uns also der Mond, indem er so vor uns hintritt, von einem Zustand, der, wenn er wirksam wäre, das menschliche Leben auf der Erde ausschließen würde.

Sie bemerken, meine lieben Freunde, ich versuche die Dinge möglichst konkret zu schildern, so wie sie sich der Anschauung durch den okktilten Blick ergeben. Ich möchte nicht in abstrakten Schemen sprechen; damit kann man alles mögliche erzählen. Ich möchte so die Dinge darstellen, wie sie sich für den okkulten Blick ausnehmen. Der Eindruck, den man da erhält, der läßt sich nur mit folgendem vergleichen. Wenn in einem Menschen, der, sagen wir, dreißig Jahre alt ist, plötzlich auftreten würden all die Vorstellungen, welche er gehabt hat, als er fünfzehn Jahre alt war, und wenn all die Vorstellungen schweigen würden, die er seit seinem fünfzehnten Jahre in seiner Seele hat verarbeiten können, dann würde er gleichsam objektiviert, seinem eigenen Bewußtsein gegenübergestellt, seine innere Seele im fünfzehnten Lebensjahre vor sich haben. Aber er würde sich sagen müssen: Wenn ich jetzt nur das in mir hätte, was damals der Inhalt meiner Seele war, ja, dann könnte ich alles das nicht denken, was ich jetzt denke, dann wäre ich überhaupt nicht möglich in dieser Seelenverfassung, in der ich jetzt bin. - Zurückgeschraubt 15m fünfzehn Jahre würde sich der Mensch vorkommen, und er würde sich klarsein darüber, daß alles das, was er da erlebt als Inhalt seiner Seele im fünfzehnten Lebensjahr, seinen jetzigen Menschen nicht bewirken würde, daß das aber zu tun hat mit dem, wie er geworden ist. So sehen Sie, daß wir allerdings in einer gewissen Weise den Eindruck charakterisieren können, den wir vom Mond erhalten. Wir können sagen, wir haben unmittelbar die Impression: Du hast etwas vor dir, was dir eigentlich keine Gegenwart anzeigt, sondern was dir spricht von einer Vergangenheit, und wie du dir, wenn du mit dreißig Jahren nur wahrnehmen könntest deinen Seeleninhalt vom fünfzehnten Lebensjahre, alles

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wegdenken müßtest, was in den letzten fünfzehn Jahren aus dir geworden ist, so mußt du dir jetzt wegdenken die Möglichkeit, daß überhaupt eine Erde ist. - Denn die Erde, so wie sie jetzt ist, die die Bedingungen des Menschenlebens enthält, ist nicht möglich, wenn sich das realisieren würde, als was sich da der Mond darstellt. Dadurch nun, daß diese Impression für den hellseherischen Blick eintritt, ist es überhaupt erst möglich, diesen hellseherischen Blick so zu schulen, daß man einen Begriff, eine Vorstellung bekommen kann von dem, was da war, bevor eine Erde möglich gewesen ist. Denn das, was man da sieht, war möglich vor der Erde, und das, was später zur Erde geführt hat, das ist erst möglich geworden, als der Zustand, den man da erblickt, verschwunden war.

Ich habe Ihnen jetzt geschildert, was der Hellseher tun muß, um, wie man sagt, in der Akasha-Chronik zurückzukommen zu einem früheren Zustande unseres Planetensystems, denn dadurch, daß man den hellseherischen Blick auf den Mond fixiert hat, hat man einen früheren Zustand unseres Planetensystems festgehalten. Und wenn man den nun zu schildern versucht, dann kann man sagen, wie es sich mit unserem Planetensystem verhielt, bevor es unsere jetzige Erde gegeben hat. Und weil man so vorgehen muß, daß man den Zustand vor der Entstehung unserer gegenwärtigen Erde dadurch erkennen lernt, daß man dasjenige fixiert, was im Mond gedächtnismäßig erhalten geblieben ist, deshalb ist man gewohnt geworden, den Vorfahrenzustand unseres Erdenzustandes auch einen Mondzustand zu nennen. Allerdings, einen vollen Aufschluß über die ganze Sachlage bekommt man erst dann, wenn man aus dem hellseherischen Zustand, den man da entwickelt hat, um zu einer Art Erinnerungsbild des Planetensystems zu kommen, wiederum übergeht in den gewöhnlichen Bewußtseinszustand und sich versucht klarzumachen, worin der Unterschied besteht. Der Unterschied besteht dann darin, daß man versuchen muß, die beiden Impressionen miteinander irgendwie in Einklang zu bringen, und dieses Ineinklangbringen ist nur dadurch möglich, daß man überhaupt zunächst absieht von dem Mond. Denn der gewöhnliche äußere Blick des normalen Bewußtseins sagt uns ja nicht viel über

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den Mond. Sie wissen zwar, daß die äußere Astronomie mancherlei versucht über den Mond zu erkunden, aber im allgemeinen sagt die äußere Beobachtung ja nicht viel.. Wir müssen vielmehr zum Vergleich eine gewisse hellseherische Beobachtung unserer eigenen Erde heranziehen, so wie sie gegenwärtig als der Himmelskörper ist, auf dem wir selber herumwandeln. Wenn wir alles Physische ausschließen, was uns in den verschiedenen Reichen der Natur vor das Auge tritt, und hellseherisch unsere Erde betrachten, dann zeigt sich uns, daß diese Erde, die ja als physischer Planet unmittelbar unter und um uns ist, sich wie ein fortentwickelter Zustand dessen erschließt, was als Mond vorhanden war. Und wenn wir dann die beiden Impressionen vergleichen, dann können wir uns fragen: Wie ist der eine Zustand aus dem anderen geworden? Und dann bekommen wir, ich möchte sagen wie von selbst, vor den hellseherischen Blick hingestellt die Arbeit, die geleistet worden ist, um einen alten Zustand unserer Erde, den wir eben charakterisiert haben als den Mondzustand, übergehen zu lassen in unseren gegenwärtigen Erdenzustand. Wir bekommen dann nämlich die Impression, daß diesen Übergang bewirkt hat eine derjenigen geistigen Wesenheöten oder eine Anzahl derselben, die wir in der HierarchienOrdnung genannt haben die Geister der Form. So bekommen wir die Möglichkeit, in das Werden des Planeten, in seine früheren Zustände einzudringen. Die Frage ist nun: Können wir noch weiter zurückblicken? Wir müssen diese Betrachtungen schon anstellen aus dem Grunde, weil wir nur dadurch die geistigen Wesenheiten, die beteiligt sind an diesen Himmelskörpern, im richtigen Sinne verstehen werden.

Wir müssen nun als einen zweiten Versuch hellseherischer Beobachtung noch einmal absehen von unserer Erde, auch absehen von unserem Monde, überhaupt von allem Mondhaften im ganzen Planetensystem, und, soweit wir das können, uns in den Zustand eines anderen Planeten oder einer Reihe von anderen Planeten versetzen und diese Zustände miteinander vergleichen. Wohlgemerkt, ich erzähle jetzt wirkliche Tatsachen, die im hellseherischen Bewußtsein auftreten können. Es kann der hellseherische Blick, wenn

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auch vielleicht nicht gleichzeitig - das lassen manchmal die Umstände nicht zu -, gerichtet werden auf andere Planeten unseres PIanetensystems, und er kann kennenlernen, was sich ihm als Eindruck, als Impression ergibt von anderen Planeten unseres Planetensystems. Wenn man so einen oder den anderen Planeten oder mehrere betrachtet, dann ergibt sich noch nicht sonderlich viel, da bekommt man noch keine klare Vorstellung. Man bekommt aber sofort eine klare Vorstellung, wenn man in einer gewissen Weise mit seinen hellseherischen Eindrücken vorgeht. Ich will wiederum einen Vergleich wählen, damit uns das klarwerden kann, was ich eigentlich sagen will. Nehmen Sie einmal an, Sie würden sich an etwas erinnern, was Sie in Ihrem achtzehnten Lebensjahr erlebt haben, und Sie würden sich sagen: Aber in meinem achtzehnten Lebensjahre, da habe ich eben diesem Erlebnis gegenüber einen Standpunkt eingenommen, zu dem ich damals reif war. Ich werde vielleicht über die Sache klarerwerden, wenn ich mich noch an ein anderes Erlebnis erinnere. Ich habe ja über dieselbe Tatsache, an die ich mich da erinnert habe, etwas in meinem fünfundzwanzigsten Jahre erlebt. Ich will einmal die beiden Eindrücke miteinander vergleichen. - Versuchen Sie sich einmal klarzumachen, was Sie dadurch gewinnen im Leben, wenn Sie dieselben Dinge, die auseinanderliegen im Leben, miteinander vergleichen. Sie bekommen dann einen Gesamteindruck, wo immer das eine das andere beleuchtet, eins das andere aufklärt. Sie werden bei einem solchen Vergleichen eine Art arithmetischen Mittels bilden und eigentlich etwas ganz Neues hervorrufen an Vorstellungen aus dem Zusammenwirken Ihrer beiden Erinnerungsvorstellungen. So muß es der Hellseher machen, wenn es ihm gelungen ist, den hellseherischen Blick beeindrucken zu lassen, sagen wir, vom Mars, vom Merkur, von der Venus, von dem Jupiter und so weiter. Und er muß nun diese einzelnen Impressionen nicht als solche betrachten, sondern er muß diese einzelnen Impressionen miteinander vergleichen, aufeinander wirken lassen, sie miteinander in Verhältnis und Beziehung bringen. Wenn man sich dieser Arbeit unterzieht, dann bekommt man wiederum den Eindruck: Mit dem, was man da

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durch Vergleichung dieser Impressionen gewonnen hat, hat man wiederum etwas wie eine Erinnerungsvorstellung des Planetensystems vor sich. Es ist wieder kein Zustand, der in der Gegenwart möglich ist, aber ein Zustand, der in der Vergangenheit möglich sein muß, denn er drückt sich aus wie etwas, das in derselben Weise, wie ich das vorhin für den Mondzustand geschildert habe, Ursache ist zu demjenigen, was jetzt im Planetensystem besteht.

Nun hat dieser Eindruck, den man auf diese Weise bekommt, wirklich umfassende Eigentümlichkeiten. Was man so, ich m&hte sagen, mit scheinbar recht trockenen Vorstellungen erzählen muß, das gehört eigentlich zu den allererhabensten Impressionen, die man überhaupt haben kann. Und wenn man sagen sollte, worin das Charakteristische dieses Eindrucks besteht, so kann man wieder nur einen Vergleich wählen. Ich muß gestehen, ich könnte Ihnen nicht gut irgend etwas anderes anführen als das, was ich jetzt an- führen werde, wenn die Impression geschildert werden soll, die man auf die geschilderte Weise erhält.

Ich weiß nicht, ob Sie schon im gewöhnlichen physischen Leben eininal den folgenden Eindruck gehabt haben. Nicht wahr, Sie haben gan:: gewiß sclion zuweilen geweint, waren zum Weinen traurig und mitleidsvoll mit Wesenheiten, die im physischen Leben um Sie henüm sind. Aber1man kann auch noch einen anderen Eindruck haben. Es gibt geWiß viele unter Ihnen, die jenen Eindruck kennen, der bisweilen kommt, wenn man eine hinreißende, ergreifende Schilderung in einem Kunstwerk, in einem Roman zum Beispiel vor sich hat und eine Szene liest, von der man, wenn man nur ein wenig sich besinnt, sogleich weiß, man hat ja keine Realität vor sich, aber die vollsten Tränen quellen aus den Augen. Man kommt nicht in die Gelegenheit, nachzudenken darüber, ob man eine Realität vor sich hat oder nicht, sondern man nimmt das, was einem nur geschildert wird, was man nur in Gedanken, in der Empfindung aufnimmt, so, daß es wie eine Realität wirkt, daß es aus uns Tränenströme herauspreßt. Wer jemals diesen Eindruck gehabt hat, der hat ein wenig eine Vorstellung davon, was es heißt, durch ein Geistiges, bei dem man gar nicht in die Verlegenheit

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kommt zu fragen, ob eine sinnliche Realität zugrunde liegt, wie inspiriert zu einer Impression zu kommen, zu einer solchen Impression, bei der man gar nicht nach irgend etwas anderem fragt, als was einen ergreift und zusammenführt mit sich selber, wovon man nur innerlich erfüllt ist und dennoch auch erfüllt wie von irgendeinem normalen Wahrnehmungsakt des normalen Bewußtseins.

Von solch einer Impression muß man sprechen, wenn man den Zustand schildern will, der einen überkommt, wenn man die Impressionen, die das hellseherische Bewußtsein von den einzelnen Planeten erhält, miteinander vergleicht. Da ist alles, was man erlebt, so, daß es nur durch unser Inneres wirkt, wie ein seelischer Eindruck. Und man bekommt dann einen ganz realen Begriff von dem, was eigentlich eine Inspiration ist, wenn man Dinge weiß, für die es nur einen Impuls des Wissens von innen aus gibt. Niemand versteht zum Beispiel den Inhalt der Evangelien wirklich, der sie nicht vergleichen kann in bezug auf ihren Eindruck mit einem solchen Eindruck, wie er jetzt eben geschildert worden ist. Denn die EvangeIien sind aus Inspirationen heraus geschrieben; nur muß man dann auf ihre ursprünglichen Texte zurückgehen. Aber noch viel großartiger und gewaltiger ist der Eindruck, den man auf die geschilderte Weise durch eine Vergleichung der Impressionen von den einzelnen Planeten aus erhält.

Das ist das eine, was ich über diesen Eindruck sagen möchte. Das zweite ist, daß man diesen Eindruck nicht ungestört und ungehemmt bekommen kann, wenn man nicht fähig ist, wenigstens für Augenblicke - es ist ja in unserem gegenwärtigen Zeitenzyklus für länger als für Augenblicke kaum jemand dessen fähig - restlos nur Mitleid und Liebe zu fühlen, restlos den Egoismus ganz aus der Seele zu verdrängen, denn jeder Grad von Egoismus, mit dem sich dieser Eindruck vereinigt, wirkt sogleich betäubend, und man bekommt sogleich statt dessen, was ich geschildert habe, einen Zustand wie Betäubung, wie Niedergeschlagenheit des Bewußtseins. Das Bewußtsein verdunkelt sich dann sofort. Daher gehört es zu gleicher Zeit zu den seligsten Erlebnissen, solch einen Eindruck zu bekommen.

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Wenn man nun das Glück hat, solch einen Eindruck zu bekommen, dann stellt sich etwas ganz Eigentümliches ein. Man mag dann tun, was man will: Es ist die Sonne nicht mehr als Sonne aufzufinden für das Bewußtsein. So wie die Sonne für andere Zustände des Bewußtseins aufzufinden ist, so ist sie nicht mehr aufzufinden. Die Sonne hört auf, etwas Abgesondertes zu sein. Nur erst, wenn wir uns ein wenig zurechtfinden, dann bekommen wir den Eindruck: Wir haben ja da etwas vor uns, einen Zustand, für den eine abgesondeite Sonne eigentlich keinen Sinn mehr hat. Denn das Ganze, was da vor unsere okkulten Augen tritt, das können wir wiederum nur haben, wenn wir von unserem ganzen heutigen PIanetensystem absehen und uns einstellen auf unsere gegenwärtige Sonne, das heisst, wenn wir den physischen Eindruck auch der Sonne tilgen. Man kann das ja am besten tun, wenn man versucht, den okkulten Eindruck von der Sonne nicht bei Tag zu haben, sondern bei Nacht. Für den okkulten Eindruck ist natürlich die Tatsache, daß bei Nacht die physische Erde vor der Sonne steht, kein Grund, keine Impression von der Sonne zu haben, denn die physische Erde ist zwar etwas Undurchsichtiges für physische Augen, aber nicht für die okkulten Augen. Im Gegenteil, wenn man bei vollem, hellem Tageslicht versucht, den okkulten Blick auf die Sonne zu richten, so sind die Störungen doch so groß, daß man kaum ohne physische Schädigung zu einem guten okkulten Eindruck von der Sonne gelangen kann. Daher ist auch in den alten Mysterien gar nicht versucht worden, die Schüler etwa bei Tag zu einem okkulten Eindruck von der Sonne kommen zu lassen, sondern man hat sie so unterwiesen, daß sie okkult die Sonne gerade dann kennenlernten in ihrer EigentümIichkeit, wenn sie für das physische Auge am wenigsten zu sehen ist, nämlich um Mitternacht. Sie sind angeleitet worden, durch die physische Erde hindurch gerade um Mitternacht den okkulten Blick auf die Sonne zu richten. Daher finden Sie unter den mancherlei Beschreibungen, die geblieben sind von antiken Mysterien, unter den Dingen, die heute meist nicht verstanden werden, zum Beispiel in den ägyptischen Mysterien, den Satz: Der Schüler muß die Sonne um Mitternacht sehen.

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Was alles ist von dilettantischer Seite aufgebracht worden, um durch allerlei nette und liebenswürdige Symbole zu erklären, was es heißt, die Sonne um Mitternacht sehen. Gewöhnlich hat man keine Ahnung, daß man am richtigsten die Dinge versteht, die in den okkulten Schriften mitgeteilt sind, wenn man so wenig als möglich sich bemüht, sie symbolisch auszudeuten, sondern wenn man sie so wörtlich als möglich nimmt. Und zu den symbolischen Ausdeutungen fühlt sich gewöhnlich nur der Mensch der neueren Zeit veranlaßt, weil das gegenwärtige Bewußtsein nicht mehr recht eingestellt ist auf ein Verständnis dieser alten Tatsachen. Für diejenigen, die genauer nachdenken, sollte überall klarsein, daß man in alten Schriften recht sehr gewohnt war, genau zu sprechen. Ich möchte da nur gleichsam wie in Parenthese auf eines aufmerksam machen, was in dem vorgestrigen öffentlichen Vortrag hätte eingefügt werden können bei der Betrachtung der Kriemhilde. Es wird ja erzählt, sie habe, nachdem Siegfried tot war, den Nibelungenhort für sich gehabt und hätte Gutes damit getan, und dann hätte ihn Hagen ihr genommen und in den Rhein versenkt, und als sie ihn später wieder forderte von Hagen, unten bei dem König Etzel, da verriet er ihr den Ort nicht, wo er lag. Ja, sehen Sie, diese Stelle steht ausführlich in der Nibelungensage, um Licht zu verbreiten über gewisse Dinge. Ich habe bei symbolischen Erklärern der Nibelungensage wahrhaft geistvolle, übergeistvolle Auseinandersetzungen gefunden, die erzählen sollten, was alles das zu bedeuten hat. Bei dem einen sollte der Nibelungenschatz dies, bei dem anderen jenes bedeuten. Ich gestehe, es wirkt manchmal überwältigend geistvoll, was aufgebracht wird zu solchen Erklärungen. Meistens wird der Nibelungenschatz als Symbol für dieses oder jenes Geistige erklärt. Erstens ist es aber überhaupt schwer, mit bloßen Symbolen Kranke zu heilen, zweitens kann man Symbole nicht dadurch vor jemand verstecken, also auch vor der Kriemhilde nicht, daß man sie etwa in den Rhein wirft. Wenigstens kann ich mir nicht recht vorstellen, daß man ein Symbolum von der Art, wie es manche Erklärer anführen, in den Rhein versenkt. Überhaupt kann ich mir schwer vorstellen, daß jemandem etwas äußerlich weggenommen

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werden könnte, was nur symbolisch erklärt werden kann. Derjenige freilich, der die Dinge kennt, weiß, daß es sich um etwas ganz Besonderes handelte, um etwas, was wir jetzt nennen würden einen Talisman, einen ganz physischen Talisman, der nur in der Weise hergestellt worden ist, daß seine ganze Substanz zusammengestellt war aus Gold. Aber dieses Gold war gewonnen nur aus Schwemmland, nur aus dem, was das Wasser angeschwemmt hatte im Flußsand, und all die Kraft, welche gerade dieses Schwemmgold hat, war noch dazu zusammengefaßt - jetzt tritt das Symbelum ein - in der Form des Talismans, und die Wirkung dieses Talismans auf Kriemhilde erzeugte in ihr die Kräfte, durch die sie Kranke heilen konnte und dergleichen. Diesen Talisman konnte Hagen tatsächlich vor ihr verstecken und ihr den Ort später verheimlichen. Da hat man es tatsächlich mit einem physischen Ding, mit einem ganz realen Ding zu tun, da ihm nur durch die besondere Art seiner Herstellung okkulte Kräfte eigen waren.

Ich habe das nur als ein Beispiel angeführt, um Ihnen zu zeigen, wie man oftmals in alten Schriften solche Dinge zu verstehen hat. So hat man auch den Ausdruck wörtlich zu nehmen: die Sonne um Mitternacht sehen. Man bekommt also von der Sonne den okkulten Eindruck am allerbesten dann, wenn man gar nicht sich stören läßt vom physischen Eindruck, das heißt, wenn man überhaupt nichts vom Sonnenlicht sieht, sondern in der Nacht die Sonne betrachtet. Da bekommt man den Eindruck von der gegenwärtigen Sonne, und der ist bis zu einem sehr hohen Grade ähnlich dem, was sich durch jene Impression ergibt, die vorhin geschildert wurde. Es ergibt sich eben durch alles das, was ich Ihnen geschildert habe, die Impression eines noch früheren Zustandes unseres ganzen Planetensystems, dem auch unsere Erde angehört, eines Zustandes, wo eine abgesonderte Sonne nicht vorhanden war, dagegen das ganze Planetensystem in einer gewissen Weise Sonne war und auch die Substanz unserer Erde enthielt. Diesen Zustand, der also gleichzeitig der Zustand unserer Erde war, bezeichnet man deshalb als den Sonnenzustand. So daß wir sagen können: Unsere Erde war,

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bevor sie Erde geworden ist, in einem Mondzustand, bevor sie Mond war, in einem Sonnenzustand.

Einen entsprechenden Eindruck für einen noch früheren Zustand unseres Erdenplaneten würde man bekommen, wenn man versuchte, einen okkulten Eindruck von derjenigen Kategorie von Himmelskörpern zu gewinnen, über die gestern am Schluß des Vortrages gesprochen worden ist: von den Kometen. Das Genauere zu schildern würde unsere Zeit zu sehr in Anspruch nehmen, methodisch aber stellt es sich ähnlich dar wie das schon Geschilderte.

Wenn wir nun wiederum vergleichen dasjenige, was wir hier durch die okkulte Wahrnehmung des kometarischen Lebens bekommen, mit der Vorstellung - jetzt handelt es sich darum, daß wir uns eine gewisse Vorstellung machen müssen, denn mit etwas Gegenwärtigem Iäßt sich die Erinnerungsvorstellung, die man da bekommt, nicht gut vergleichen -, so erhält man unmittelbar den Eindruck, weiter kann man nicht gehen, man habe eine Impression bekommen von einem noch vor dem Sonnenzustand zurückliegenden Zustand, den man aus gewissen Gründen den Saturnzustand nennt. So sehen Sie, wie unsere inneren Erlebnisse, die wir am Planetensystem haben können, für den Okkultisten ausschlaggebend sind für die Vorstellung, die er sich macht von diesem Planetensystem.

Und jetzt wollen wir einmal für eine kurze Zeit abgehen vom Planetensystem. Alles, was ich bis jetzt vorgebracht habe, war vorgebracht zu dem Zweck und dem Ziel, zu gipfeln in einer Gesamtschilderung der Wirkungsweisen der geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern. Wir müssen aber, da die Himmelskörper gleichsam zusammengesetzt sind aus den Naturreichen, jetzt, wenigstens annähernd, uns auch vom Standpunkt des Okkultisten aus eine Vorstellung verschaffen über den nächsten Tatbestand, der sich dem okkulten Blick gegenüber ergibt, wenn wir die einzelnen Natur- reiche auf uns wirken lassen.

Gehen wir bei der Betrachtung der einzelnen Naturreiche zunächst vom Menschen aus. Sie wissen, wenn wir den Menschen betrachten, so reden wir davon, daß der Mensch besteht aus physischem Leib, ätherischem Leib, astralischem Leib und dem, was wir

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die Ichheit, das Ich selber nennen. Diese viergliedrige menschliche Wesenheit, wo ist sie zunächst für die geisteswissenschaftliche Betrachtung? Nun sehen Sie, diese viergliedrige menschliche Wesenheit ist in der physischen Welt, denn alles das, was jetzt aufgezählt worden ist vom Menschen, wirkt innerhalb der physischen Welt auf uns. Nun wollen wir eirinal übergehen zu der tierischen Welt.

Zeichnung aus GA 136, S. 151
Zeichnung aus GA 136, S. 151

Wenn wir das Tier betrachten, dann ist es ja ganz zweifellos, daß wir ebenso bei dem Tier einen physischen Leib innerhalb unserer gewöhnlichen physischen Sinneswelt finden wie auch beim Menschen. Daran kann kein Zweifel sein. Ebenso aber müssen wir auch dem Tier einen ätherischen und astralischen Leib zuschreiben, denn wir schreiben ja innerhalb der physischen Welt dem Menschen einen ätherischen Leib zu, weil sein physischer Leib allein innerhalb der physischen Welt eigentlich eine unmögliche Sache ist. Das stellt sich sogleich heraus, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes gegangen ist. Da ist sein physischer Leib allein in der physischen Welt, da zerfällt er, da ist er seinen eigenen Kräften überlassen. Während der Mensch lebt, muß daher ein fortwährender Kämpfer gegen den Zerfall des physischen Leibes vorhanden sein, und das ist der ätherische Leib, den erst das okkulte Bewußtsein wirklich sieht. Dasselbe Verhältnis ist auch beim Tiere vorhanden, so daß wir ihm einen ätherischen Leib zuschreiben müssen in der physischen Welt. Weil wir uns klar sind, daß die Tatsachen und

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Dinge auf den Menschen nicht nur Wirkungen ausüben, sondern daß sie in ihm sich spiegeln, daß sie in ihm etwas hervorrufen, was man eine innere Spiegelung nennen kann, deshalb schreiben wir dem Menschen den astralischen Leib zu; der okkulte Blick nimmt ihn wahr. Genau dasselbe ist aber beim Tiere der Fall. Während die Pflanze zum Beispiel keinen Schrei entwickelt, wenn ein äußerer Eindruck auf sie gemacht wird, läßt sich das Tier im Schrei vernehmen, das heißt, ein solcher äußerer Eindruck tritt auch als inneres Erlebnis zutage. Der okkulte Blick lehrt uns, daß dieses innere Erlebnis nur möglich ist, wenn ein astralischer Leib da ist. Von einem Ich jedoch beim Tier zu sprechen, wenn man innerhalb der Erscheinungen der physischen Welt bleibt, das hat höchstens einen Sinn für gewisse moderne Naturphilosophen, die rein nach der Analogie gehen. Wenn man aber bloß nach Analogien vorgeht, dann kann man wirklich alles mögliche behaupten. Es gibt ja heute sogar Theosophen, denen es einen gewissen Respekt einflößt, wenn ein Naturbetrachter, der etwas bekannter geworden ist, Raoul France`, den Pflanzen eine Seele zuschreibt und dann nicht unterscheidet zwischen dem, was man beim Tier und was man bei der Pflanze als Seele bezeichnet. Er findet nämlich, was ja richtig ist, daß es gewisse Pflanzen gibt, die, wenn ein kleines Insekt in ihre Nähe kommt, die Blätter so zusammenlegen, daß sie dieses kleine Insekt anziehen und auffressen. Solch ein äußerlicher Beobachter sagt sich also: Wo in der Natur äußerlich die Tatsache eintritt, die analog ausschaut dem Heranziehen von Nahrungsmitteln und dem Verzehren derselben, da muß etwas Ähnliches vorliegen wie bei Wesenheiten, die aus einem inneren Seelenhaften heraus diese Dinge heranziehen und verzehren. Nun, ich kenne etwas, was auch kleine Wesenheiten anzieht, dem man aber ganz gewiß nicht nach dem Muster moderner Naturphilosophen eine Seele zuschreiben wird. Das ist nämlich eine mit Speck gespickte Mausefalle. Die zieht auch kleine Wesen heran, und wenn man nach der Methode von solchen Naturphilosophen vorgeht, dann muß man ebenso, wie man der Venusfliegenfalle, Dionaea muscipula, eine Seele zuschreibt, der Mausefalle eine Seele zuschreiben; denn sie zieht Mäuse an, wenn

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sie gut mit Speck versehen ist. - Alle diese Betrachter, die nicht bloß auf das Äußerliche gehen, dürften durchaus jene Sehnsucht nicht verlieren, welche bei vielen spirituell Gesinnten vorhanden ist, und sich zufrieden geben, wenn nur ein wenig vom Geiste gesprochen wird.

Gerade innerhalb der deutschen Literatur ist in dieser Beziehung, wie manche sagen, viel Schönes zutage gefördert, wie der Okkultist sagen würde, viel Unfug getrieben worden. Ebensowenig wie man bei der Venusfliegenfalle Oder irgendeiner anderen Pflanze von einem der tierischen Seele ähnlichen Seelenwesen sprechen kann, ebensowenig kann man bei unbefangenem Blicke bei irgendeinem Tiere davon sprechen, daß das Tier ein Ich hat. Das Tier hat innerhalb dessen, was uns auf dem physischen Plan entgegentritt, kein Ich. Erst die okkulte Untersuchung führt uns zum Ich des Tieres. Aber dieses Ich des Tieres ist nicht mehr innerhalb desselben Bereiches zu finden, wo das menschliche Ich zu finden ist. Das tierische Ich ist erst abgesondert von dem physischen Leib aufzufinden, so daß wir eigentlich eine ganz andere Welt kennenlernen, wenn wir mit dem okkulten Blick aufsteigen zu dem tierischen Ich. Und wenn man nicht liebt, allerlei schematische Einteilungen zu machen und von vornherein zu sagen: die Welt besteht aus dem physischen Plan, dem Astralplan, dem Mentalplan und so weiter, wenn man das nicht liebt, weil bei all den Wortbezeichnungen nicht viel herauskommt, dann muß man in anderer Weise vorgehen. Ich habe sogar in theosophischen Büchern gefunden, daß viel von dem Ausdruck I,ogos gesprochen wird, habe aber nicht gefunden, daß damit eigentlich Vorstellungen hervorgerufen werden von dem, was Logos wirklich ist. Gewöhnlich fand ich nur, daß die Schreiber dieser Bücher wissen, daß dieser Logos aus fünf Buchstaben besteht. Sobald man aber versucht, zu wirklich konkreten Vorstellungen zu kommen, sO daß man etwas im Gemüte behält, dann verrauchen die Vorstellungen. Denn damit, daß man allerlei Dinge erzählt: daß der Logos spinnt und so weiter, wird ein konkret sein wollendes Bewußtsein nichts anzufangen wissen. Mag der Logos was immer sein: eine Spinne ist er ganz gewiß nicht, und was er tut,

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kann man ganz gewiß nicht als ein Gewebe bezeichnen. So ist es also nicht gut, mit Abstraktionen vorzugehen, um Vorstellungen hervorzurufen, wenn man von Dingen spricht, die über das physische Bereich des Menschen hinausgehen.

Etwas anderes ist es, wenn der okkulte Blick für das Tier dasjenige sucht, was beim Menschen schon in der physischen Welt sich ankündigt im ganzen Tun und Vorgehen des Menschen: das Ich. Wenn er das beim Tier sucht, dann findet er es auch, nur nicht in der Welt, wo physischer Leib, Ätherleib und astralischer Leib des Tieres vorhanden ist, sondern in einer übersinnlichen Welt, die allerdings sich gleich ergibt, wenn man den Schleier der gewöhnlichen Welt wegzieht vor der Welt, die der sinniichen Welt am nächsten ist So daß wir sagen können: In einer Welt übersinnlicher Art ist das tierische Ich zu finden. Und von diesem tierischen Ich muß man wiederum sagen: Es tritt uns dort als eine Realität entgegen, kündigt sich aber in der physischen Welt nicht als Individualität an, sondern hier verstehen wir es nur, wenn wir das Interesse auf eine ganze Gruppe von Tieren, auf eine Gruppe von Wölfen, von Lämmern und so weiter richten. Und so, wie zu unseren beiden Händen, zu unseren zehn Fingern, zu unseren Füßen eine Seele gehört, die ein Ich in sich hat, so gehört zu einer Gruppe gleichgeformter Tiere ein solches Ich, das wir nicht in unserer physischen Welt finden; es verrät sich nur in der physischen ~Tdt. Der gewöhnliche Abstraktling, der heutige Materialist, sagt: Ja, eigentlich ist am Tier nur das real, was man mit physischen Augen sieht, und wenn wir uns den Begriff Wolf oder den Begriff Lamm bilden, so sind das eben nur Begriffe. - Das sind sie für den Okkultisten nicht, es sind nicht bloße Begriffe, die in uns existieren, sondern es sind Spiegelbilder von etwas Realem, was nur nicht auf dem physischen Plan, sondern in einer übersinnlichen Welt ist. Doch verrät es sich für ein wenig Nachdenken schon auf dem physischen Plan, daß außer demjenigen, was man sinnlich wahrnehmen kann, noch etwas vorhanden ist, was nicht wahrgenommen werden kann in der physischen Welt und dennoch Bedeutung hat für die inneren Kraftverhältnisse des Tieres. Ich möchte nur diejenigen, die zum Beispiel

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die Vorstellung Wolf für einen Begriff halten, der keiner Realität entsprechen soll, auf folgendes Experiment aufmerksam machen: Nehmen Sie eine Anzahl von Lämmern - der Wolf frißt bekanntlich Lämmer - und füttern Sie damit den Wolf so lange, bis es dem entspricht, was die Naturwissenschaft herausgebracht hat, daß tatsächlich die ganze physische Materie sich umgewandelt hat, so daß der Wolf, während der Zeit, während welcher sich die physische Körperlichkeit ersetzt, nur Lämmer gefressen hat. Nun hat der Wolf lauter Lämmer in sich. Was Sie am Wolf allein sehen können, die physische Materie, rührt von lauter Lämmern her. Versuchen Sie dann das Ergebnis zu ziehen, ob der Wolf ein Lamm geworden ist. Wenn er kein I,amm geworden ist, dann haben Sie kein Recht, zu sagen, daß das, was Sie als Begriff des Wolfes haben, sich erschöpft in demjenigen, was physisch wahrgenommen werden kann, sondern es ist ein Übersinnliches darin. Dieses findet man nicht eher, als bis man in das Übersinnliche kommt. Dort stellt es sich so dar, daß ebenso, wie unsere zehn Finger zu der einen Seele, so alle Wölfe zu dem einen Gruppen-Ich gehören. Und die Welt, in der wir das Gruppen-Ich der Tiere finden, die bezeichnen wir zunächst ganz konkret als die astralische Welt.

Was nun die Pflanzen betrifft, so wird eine ähnliche Betrachtung dazu führen, daß wir innerhalb der physischen Welt bei der Pflanze nichts anderes finden als den physischen und Ätherleib! Eben deshalb, weil die Pflanze in dieser physischen Welt nur physischen und Ätherleib hat, schreit sie nicht, wenn man sie verletzt. So daß wir sagen müssen: Von der Pflanze ist in der physischen Welt der physische und der Ätherleib vorhanden. Wenn wir nun diejenige Welt mit dem okkulten Blick durchsuchen, das heißt uns einfach in sie versetzen, in die wir hineinversetzen mußten die tierischen Gruppen-Iche, da finden wir in bezug auf die Pflanzenwelt etwas sehr Charakteristisches: Wir finden nämlich, daß es allerdings auch Schmerzen gibt in der Pflanzenwelt, und zwar dann, wenn man die Pflanzen mit der Wurzel aus dem Boden heraus- reißt. Dann ist ein ähnlicher Schmerz für den gesamten Erdenorganismus vorhanden, wie er vorhanden ist, wenn man ein Haar

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ausreißt aus einem Organismus. Aber auch anderes Leben, bewußtes Leben ist vorhanden mit dem Pflanzenwachstum. Versuchen Sie sich einmal vorzustellen das Heraussprießen - ich habe das schon während dieser Vorträge bei einer anderen Gelegenheit herangezogen -, das Herausdringen der Pflanzensprossen im Frühling aus der Erde. Dieses Hervorsprießen, das ist etwas, was einer Empfindung entspricht in gewissen geistigen Wesenheiten, die zur Erde gehören, die die Erde in ihrer geistigen Atmosphäre mit ausmachen. Wenn man diese Empfindung schildern soll, so kann man sie mit der Empfindung vergleichen, die man in seinem Bewußtsein in den Momenten abends hat, wenn man aus dem Wachzustand in den Schlafzustand übergeht. Wie da das Bewußtsein allmählich hin- untergeht, so empfinden ähnlich gewisse Geister der Erde bei dem Hervorsprossen der Pflanzen im Frühling. Bei dem allmählichen Welken und Hinsterben der Pflanzenwelt haben wiederum gewisse geistige Wesenheiten, die mit der geistigen Atmosphäre der Erde verbunden sind, dieselbe Empfindung, die der Mensch hat, wenn er am Morgen aufwacht. Wir können also sagen: Es gibt Wesenhaftes, was mit unserem Erdenorganismus verbunden ist, das so empfindet, wie unser eigener Astralleib empfindet beim Einschlafen und Aufwachen. Nur darf man nicht abstrakt vergleichen. Da würde natürlich viel näher liegen, das Hervorsprossen in der Frühlingsnatur mit dem Aufwachen und das Absterben der Pflanzenwelt im Herbst mit dem Einschlafen zu vergleichen. Aber das Umgekehrte ist wahr, nämlich daß die Wesenheiten, die da in Betracht kommen, wie Aufwachen empfinden im Herbst und wie Einschlafen beim Hervorsprießen der Pflanzen im Frühling. Diese Wesenheiten sind nun nichts anderes als die Astralleiber der Pflanzen, und wir finden sie in demselben Gebiet, in dem wir das Gruppen-Ich der Tiere finden. Die Astralleiber der Pflanzen befinden sich auf dem sogenannten astralischen Plan.

Nun müssen wir auch bei der Pflanze von einem Ich sprechen, wenn wir sie okkult betrachten. Dieses Ich der Pflanzen finden wir wiederum in ähnlicher Weise als ein Gruppen-Ich, als etwas, was zu einer ganzen Gruppe von gleichgeformten Pflanzen gehört, wie

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wir das bei dem Gruppen-Ich der Tiere betrachtet haben. Aber dieses Gruppen-Ich der Pflanzen werden wir vergeblich dort suchen, wo wir den astralischen Leib der Pflanzen und wo wir das GruppenIch der Tiere gefunden haben. Wir müssen vielmehr in eine noch höher geartete übersinnliche Welt gehen; wir müssen uns geradeso erheben von dem Astralplan zu einer Welt, die wir als noch höher empfinden. Erst in eine solche Welt dürfen wir das Gruppen-Ich der Pflanzen versetzen. Und wir können nun wiederum, wenn wir diese Welt durchforschen, in welcher die Gruppen-Iche der Pflanzen zu finden sind, diese Welt mit einem Namen belegen. Sie ist zunächst, obwohl noch vieles andere darinnen ist, dadurch für uns charakterisiert, daß die Gruppen-Iche der Pflanzen darinnen sind. Wir bezeichnen sie, die Namen tun nichts zur Sache, als die Devachanwelt.

Beim Mineral haben wir - nun, das ist leicht einzusehen - in der physischen Welt nur den physischen Leib. Dadurch erscheint uns ja gerade das Mineral als das Unorganische, Unlebendige. Dagegen haben wir beim Mineral in derselben Welt, in welcher die Gruppen-Iche der Tiere und die Astralleiber der Pflanzen sind, den ätherischen Leib der Mineralien. Aber noch nichts finden wi? davon, daß das Mineralwesen irgend etwas von Empfindung zeigt. Dennoch, auch das Mineral erweist sich als etwas Lebendiges. Wir lernen das langdauernde Leben von Mineralien, das Wachsen, das Sichentwickeln, sagen wir, von Erzen oder dergleichen, kurz, wir lernen das vielgestaltige mineralische Leben unseres Planeten auf dem astralischen Plan kennen. Wir lernen erkennen, wenn uns ein einzelnes Mineral entgegentritt, daß es nicht viel anders ist als unsere eigenen mineralähnlichen Knochen, die aber doch mit unserem Leben zusammenhängen. So hängt auch alles Mineralische mit einem Lebendigen zusammen, nur ist dieses Lebendige erst auf dem astralischen Plan zu finden. So ist also der ätherische Leib der mineralischen Welt auf dem Astralplan zu finden. Wenn wir nun in derselben Welt, in welcher die Gruppen-Iche der Pflanzen sind, uns sozusagen okkult aufhalten, dann merken wir, daß die mineralische Welt auch mit etwas zusammenhängt, dem die Empfindung

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möglich ist, mit etwas Astralischem. Wenn Steine geklopft werden in einem Steinbruch, merkt man es freilich auf dem astralischen Plan nicht, daß da irgend etwas von einer Empfindung vorhanden ist, aber auf dem Devachanplan, da fällt es einem sofort auf, daß, wenn man die Steine zerklopft, wenn Teile abspringen, dann in der Tat etwas auftritt wie eine Wohlempfindung, wie eine Art Genuß. Das ist auch eine Empfindung; sie ist eben entgegengesetzt der Empfindung, wie sie die Tiere und Menschen in solchem Falle haben. Wenn man die zerklopfen würde, würden sie Schmerzen haben. Bei den Mineralien ist das Gegenteil der Fall: wenn man sie zerkIopft, dann empfinden sie Wohlgefühle. Wenn man in einem Wasserglas Kochsalz aufgelöst hat und man verfolgt mit dem Blick, der auf die devachanische Welt gerichtet ist, wie sich das Kochsalz wieder in Kristalle zusammenfügt, dann sieht man, wie das unter Schmerzen geschieht; dann fühlt man Schmerz an den betreffenden Stellen. So ist es überall in dem mineralischen Leben, wo aus dem Wässerigen heraus durch Kristallisation ein Festes sich bildet. So war es im Grunde genommen auch bei unserer Erde, die einmal in einem weicheren und flüssigeren Zustand war. Das Feste hat sich erst nach und nach herausgebildet aus dem Flüssigen, und jetzt gehen wir auf dem festen Erdboden herum und führen unseren Pflug über den Erdboden hin. Dadurch tun wir allerdings der Erde nicht weh, das tut ihr sehr wohl. Aber das tat nicht wohl den Wesenheiten, die mit der Erde verbunden sind und die als astralisches Reich zum Planeten gehören, daß sie sich kompakt zusammenballen mußten, damit das menschliche Leben auf dem Planeten möglich würde. Da mußten die Wesenheiten, die als Astralleiber hinter den Steinen stehen, Schmerz über Schmerz aushalten. Im Mineralreich leidet die Wesenheit, die Kreatur mit dem fortschreitenden Erdenprozeß. Es wird einem ganz sonderbar zumute, wenn man dies aus der okkulten Untersuchung heraus erkennt und dann einmal wiederum stößt an die berühmte Stelle bei einem Eingeweihten: «Alle Kreatur seufzet und leidet unter Schmerzen, der Erlösung harrend, der Annahme an Kindes Statt harrend.» Über solche Dinge liest man hinweg in den auf okkulter Anschauung

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begründeten Schriften. Wenn man aber diesen Schriften gegenübersteht mit dem okkülten Blick, dann weiß man erst: sie geben dem einfachsten Gemüte viel, noch mehr aber dem, der alles, was in ihnen liegt, oder wenigstens vieles davon wahrnehmen kann. Das Seufzen und Stöhnen des mineralischen Reiches, das da sein muß, weil der Kulturprozeß unserer Erde einen festen Boden unter seinen Füßen braucht, das stellt Paulus dar, indem er von dem Seufzen der Kreatur spricht.

Das alles geht vor in jenen Wesenheiten, die zugrunde liegen dem mineralischen Reich als der astraIische Leib und die wir finden in der devachanischen Welt. Das eigentliche Ich, das wirkliche Gruppen-Ich des Mineralreiches, ist in einer höheren Welt zu suchen, die wir die höhere devachanische Welt nennen wollen. Hier erst finden sich die Gruppen-Iche des Mineralreiches. Sie müssen sich nämlich ganz freimachen von der Vorstellung, dasjenige, was wir an einer Wesenheit, sagen wir, den astraIischen Leib nennen, zu identifizieren mit der astralischen Welt. Bei den Mineralien ist der astralische Leib auf dem Devachanplan zu suchen, der Ätherleib der Mineralien dagegen in der Astralwelt, das Gruppen-Ich der Tiere auf dem astraIischen Plan, der Astralleib der Tiere auf dem physischen Plan. So wie die Welt uns entgegentritt, müssen wir sagen: Wir dürfen, was wir an den Wesenheiten als die einzelnen Glieder finden, nicht identifizieren mit den entsprechenden Welten, sondern wir müssen uns eben daran gewöhnen, Differenzierungen bei den verschiedenen Wesenheiten vorauszusetzen. Eine genauere okkulte Einsicht zeigt das ja ganz klar. Wir haben also vorläufig in einem höheren devachanischen Gebiete zunächst nur die Gruppenseelen der Mineralien zu finden. So haben wir die einzelnen Wesenheiten der verschiedenen Naturreiche in ihren Beziehungen zu den höheren Welten angeführt, und erst das kann uns die Grundlage geben, um die Verhältnisse dieser verschiedenen Naturreiche zu suchen zu den schaffenden und in der Welt wirkenden Wesenheiten der Hierarchien, wie wir sie kennengelernt haben.

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NEUNTER VORTRAG Helsingfors, 13. April 1912

In unserer letzten Betrachtung haben wir andeutend darauf hingewiesen, wie das Verhältnis der geistigen Kräfte, die in den Wesen der Naturreiche der Erde wirken, zu dem ist, was man äußerlich sieht. Wir wollen uns heute kurz ins Gedächtnis zurückrufen, wie das ausgeführt worden ist, weil es notwendig erscheint, diese Dinge, die einen wesentlichen Teil unseres Themas bilden, noch genauer zu beleuchten, denn sie werden uns zu dem führen, worin eigentlich unsere Vorträge gipfeln sollen: zu einer Erfassung des lebendigen Zusammenwirkens der Wesen der verschiedenen Hierarchien und ihrer Nachkommen in den Himmelskörpern und Naturreichen. Wir haben ausgeführt, daß der Mensch auf dem physischen Plan die vier Glieder seiner Wesenheit wirksam hat, den physischen, den ätherischen, den astralischen Leib und das Ich. Wir haben dann weiter geltend gemacht, daß für das Tier im wesentlichen die drei Glieder, physischer, ätherischer und astralischer Leib, wirksam sind auf dem physischen Plan, das Gruppen-Ich dagegen auf dem astralischen Plan. Wir haben weiterhin gesehen, daß für die Pflanzen auf dem physischen Plan wirksam sind der physische und ätherische Leib, auf dem astralischen Plan der astralische Leib und auf dem devachanischen Plan das Gruppen-Ich. Dann haben wir für das Mineral den physischen Leib allein auf dem physischen Plan gefunden, den ätherischen Leib auf dem astralischen Plan, den astralischen Leib auf dem Devachanplan, und das, was wir als einen höheren Devachanplan bezeichnen wollen, das bewohnt das Gruppen-Ich des Minerals.

Wir wollen nun im genaueren darauf eingehen, was das alles eigentlich in der Realität heißt. Bisher konnte ja eben nur gesagt werden, daß der okkulte Blick, der sich bis zu der ersten, uns zu- nächst liegenden übersinnlichen Welt erhebt, innerhalb der physischen Welt beim Tier nicht das findet, was er noch beim Menschen

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in der physischen Welt findet, das Ich, sondern daß das, was wir beim Menschen Ich nennen, für das Tier erst gefunden werden kann auf dem astralischen Plan, in der übersinnlichen Welt und dort erst den Angriffspunkt seines Wirkens hat. Wir sehen daraus, daß die okkulte Wissenschaft innerhalb des physischen Planes dem Tier nicht das Ich zusprechen kann. Sie spricht dem Tier das Ich nicht ab, sagt aber, daß das, was als Ich beim Tier anzusprechen ist, erst in der astralischen Welt zu finden ist.

Es kann ja leicht der Einwand erhoben werden, daß damit den Tieren, auch den höheren Tieren, abgesprochen werde ein Ich auf dem physischen Plan, während man doch sagen müsse, daß die Tiere in bezug auf viele ihrer Verrichtungen eine außerordentliche Intelligenz zeigen, einen ganz wunderbaren Verstand, so daß man manches von dem, was das Tier auf dem physischen Plan tut, wohl vergleichen könne mit demjenigen, was der Mensch auf dem physischen Plan tut. Nun muß gesagt werden, daß der, welcher so sich ausspricht, nicht das eigentliche Grundprinzip dieser Sache erfaßt hat. Niemandem, der in diese Dinge eindringt, wird es einfallen, das, was wir die menschlichen Seelenkräfte nennen, der Tierheit auf dem physischen Plane abzusprechen. Darum handelt es sich gar nicht. Hier auf diesem Gebiet liegt der Grund zu den allermannigfaltigsten Irrtümern und Mißverständnissen. So finden wir gleich ein Mißverständnis, wenn ein gewisser materialistischer Darwinismus unserer Zeit etwa sagen wollte: Ja, da seht ihr Anthroposophen die Sache so an, als wenn der Mensch unbedingt auf einer höheren Stufe der Geistigkeit zu suchen sei als das Tier, während man doch beobachten kann, wie das Tier Intelligenz entwickelt. So viel Intelligenz, auch so viel von einer gewissen instinktiven Moral ist im Tierreich vorhanden, daß sich ganz gut das, was der Mensch in seinen Seelenkräften hat, als eine Art höherer Stufe ergeben kann von dem, was man schon im Tierreich antrifft. - Da ist der Gesichtspunkt, um den es sich dabei handelt, ganz verschoben. Einer unbefangenen Betrachtung wird es gar nicht einfallen, Verstand, Vernunft selbst dem Tierreich abzusprechen. Man braucht sich nur solche Tatsachen klarzumachen wie die eine, daß die

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Menschheit in ihrer Entwickelung verhältnismäßig spät aus ihrem Kulturprozeß heraus zu der Erfindung des Papiers gekommen ist. Wie wird doch in unseren geschichtlichen Beschreibungen diese Erfindung des Papiers durch den menschlichen Verstand als eine große Errungenschaft hingestellt, und sie ist in einer gewissen Beziehung ja auch ein Zeichen für den menschlichen Fortschritt. Aber die Wespen haben Jahrmillionen vorher dieselbe Kunst schon gekannt, denn was die Wespe in ihrem Nest macht, ist richtiges Papier. So daß wir sagen können: Dasö, was da der menschliche Verstand als Verstand zuwege bringt, das haben wir im Tierreich da unten, weit, weit unten schon. Es fällt dem unbefangenen Betrachter gar nicht ein, die menschlichen Seelenkräfte als solche der Tierheit abzusprechen. Ja, wir sind auf dem Gebiete des Okkultismus sogar überzeugt, daß Verstand und Vernunft bei der Tierheit viel sicherer, viel präziser, viel irrtumsfreier wirken als im Menschen.

Das Wesentliche, um das es sich handelt, ist, daß beim Menschen in der physischen Welt alle diese Seelenkräfte bezogen sind auf ein Ich, das sich innerhalb dieser physischen Welt selbständig entwickelt, das selbständige Entwickelung zunächst schon in der Erziehung durchmacht. Wenn wir den Angehörigen irgendeiner tierischen Gruppe haben, so wissen wir, daß einfach durch die Spezies, durch die Art, zu welcher das Tier gehört, der Kreis seiner Entwickelung bedingt ist, also in ganz anderer Art, als das beim Menschen der Fall ist, der sich individüell entwickelt.

Richten wir nun einmal den Blick auf den Kreis des Tierreiches, so finden wir innerhalb der tierischen Welt die mannigfaltigsten Formen, die sehr weit voneinander verschieden sind, ganz anders als etwa die menschlichen Rassen. Wir finden über den Erdball hin allerdings auch eine große Verschiedenheit der menschlichen Rassen, aber vergleichen Sie damit die große Verschiedenheit der Tiere von den unvollkommeneren zu den vollkommeneren Arten herauf, dann werden Sie gleich merken, wie gewaltig die Differenzierung innerhalb des Tierreiches ist; ganz anders als beim Menschen. Woher rührt denn das? Wir kommen einer Antwort darauf näher, wenn wir uns erst einmal fragen: Was bewirkt denn die verschiedenen

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Gruppen des Tierreiches, die verschiedenen Arten, die wir da über den Erdball hin charakteristisch ausgebreitet finden?

Da zeigt uns der okkulte Blick, daß das, was die Verschiedenheit der tierischen Arten bewirkt, nicht bloß von der Erde herrührt, daß die tierischen Arten vielmehr ihre Formen vom Himmelsraum herunter erhalten, und zwar so, daß die Kräfte, welche zu der einen Art führen, von einem anderen Ort des Himmelsraumes sind als die Kräfte, welche zu der anderen Art führen. Die Kräfte, welche die verschiedenen tierischen Formen bilden, strömen nämlich auf unseren Erdplaneten her von den anderen Planeten unseres Planetensystems. Wir können das ganze Tierreich eigentlich einteilen in sechs bis sieben verschiedene Hauptgruppen, und diese Hauptgruppen haben die obersten Gruppen-Iche. Diese obersten GruppenIche haben ihre Wirkungsimpulse innerhalb der sechs bis sieben zu unserem Planetensystem gehörigen Hauptplaneten, so daß geistig die Kräfte, welche die Hauptgruppen der Tiere bilden, von den Planeten her wirken. Damit aber haben wir zugleich real an- gegeben, was es denn eigentlich heißt, bei den Tieren von GruppenIchen zu sprechen. Es heißt, daß im Tiere geistige Kräfte leben, deren Wesenheit wir gar nicht auf der Erde selber zu suchen haben, sondern deren Wesenheit wir zu suchen haben außerhalb der Erde im Himmelsraum, und zwar zunächst in der planetarischen Welt. Gleichsam die Regenten der Gruppenhauptformen der Tiere leben auf unseren Planeten, und sie mußten sich auf diese Planeten zurückziehen, um mit ihren Kräften aus den richtigen Entfernungen, von der richtigen Seite her auf die Erde zu wirken. Denn nur von diesen Seiten her kann in der richtigen Weise das bewirkt werden, was die tierischen Hauptformen ausmacht. Nun sehen Sie, wenn die Planeten nur solche Kräfte herniederströmen ließen auf unsere Erde, dann würden wir in der Tat nicht eine solche Mannigfaltigkeit des Tierreichs haben, wie wir sie jetzt haben, sondern wir würden sieben Hauptformen haben. Es gab auch einmal in einer sehr fernen Urzeit nur sieben Hauptformen des Tierreichs. Aber diese sieben Hauptformen waren sehr beweglich, bestimmbar, so daß sie gleichsam in ihrer Bildung weich, plastisch waren, leicht umgebildet

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werden konnten, die eine Form zu einer solchen speziellen Form, die andere zu einer anderen, und das wurde in einer späteren Zeit auch zustande gebracht. Die sieben Hauptformen liegen weit, weit zurück. Dann aber traten andere Kräfte, die gleichsam unter- stützend oder hemmend wirkten auf die Kräfte der Planeten, hinzu.

Nun werde ich zunächst davon zu sprechen haben, wie diese anderen Kräfte zustande kommen. Wenn man den gewöhnlichen Blick hinausrichtet in die Himmelsweiten, so glaubt man sehr leicht, daß draußen eigentlich alles gleichförmig sei. So ist es aber nicht. Wenn wir nach irgendeiner gewissen Richtung den Blick in den Raum hinein lenken, dann ist für den okkulten Blick etwas ganz anderes wahrzunehmen, als wenn man nach einer anderen Richtung des Raumes den Blick lenkt. Der Raum ist durchaus keine homogene Sache, nicht etwas, was nach allen Seiten hin gleich ist, sondern von den verschiedenen Richtungen des Raumes wirken aus dem Weltenall wiederum verschiedene Kräfte herein. Der ganze Weltenraum ist mit geistigen Wesenheiten der verschiedenen Hierarchien ausgefüllt, welche aus den verschiedenen Richtungen her auf die Erde verschieden wirken. In denjenigen Zeiten, als die Menschen ein gewisses ursprüngliches primitives Hellsehen hatten, war es den Menschen klar: Wenn ich zu einer bestimmten Tageszeit den Blick nach der einen Richtung gegen den Himmel richte, dann kommen gewisse Kräfte mir entgegen, und auf einer anderen Seite finde ich andere Kräfte. Und die Menschen nahmen auch wahr, daß von gewissen Punkten aus besonders präzise und bestimmte Kräfte herkamen aus dem Himmelsraum, die für die Erde ganz besonders wichtig waren. Die liegen alle angeordnet in dem Sternenkreise am Himmelsraum, den man seit alten Zeiten den Tierkreis genannt hat. Man hat wahrhaftig nicht umsonst in alten Zeiten von dem Tierkreis gesprochen, sondern man hat gewußt, warum man das tut. In dem Himmelsraum verhält es sich so, daß, sagen wir, die Kräfte, die vom Planeten Mars herunterwirkten und in dem noch weichen Tierischen die eine der sieben Hauptformen für sich zustande brachten, verschieden wirken, wenn der Mars über dem einen Teil des Tierkreises steht oder über dem anderen.

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Man hat dann den Tierkreis eingeteilt nach zwölf Zeichen, die sich naturgemäß ergeben als die Sternbilder, und je nachdem die Marskräfte, die für eine Tierheitsform maßgebend sind, über dem Widder oder Stier oder über einem anderen Sternbild stehen, je nachdem wirken sie anders. Danach spezifizieren sich die sieben Haupt- formen. Daraus entsteht eine ganze Menge von Möglichkeiten für verschiedene Tierformen. Und wenn Sie daran denken, wie dazu noch kommt, daß zum Beispiel der Mars bestimmend wirken kann, indem er sich über den Löwen stellt, so daß er den Löweneinfluß verdrängt in bezug auf die Erde, oder daß er von der anderen Seite her sich bestimmend stellt, indem die Erde zu stehen kommt zwischen die Sonne und den Mars, so gibt es eine noch größere Anzahl von Möglichkeiten. Das alles sind Kräfte, die zusammengewirkt haben, um die sieben Hauptgruppen des Tierreichs weiter zu differenzieren. So ist die ganze Mannigfaltigkeit unserer Tierformen auf der Erde dadurch entstanden, daß die Kräfte der Planeten eigentlich die Sitze der Gruppenseelen, der Gruppen-Iche der Tiere sind und daß diese Gruppen-Iche ihre Aufgabe erfüllen von diesen Sitzen aus, weil sie nur von dort aus diese Aufgabe erfüllen können. Denn nur dadurch, daß sich jenes Gruppen-Ich einer Tierform, das vom Mars herunterwirken soll, gerade diesen Ort am Himmel ausgewählt hat, kann es die entsprechende Wirkung auf die Erde her- unter ausüben. Hier liegen die Kräfte, welche die Mannigfaltigkeit unserer Tierformen gebildet haben, und wenn wir den Ausdruck gebrauchen: Das tierische Gruppen-Ich ist auf dem Astralplan zu finden, sO heißt das real: Wenn der okkulte Blick das Gruppen-Ich irgendeiner tierischen Form suchen will, so muß er nicht auf der Erde suchen, sondern auf einem Planeten. Was er beim Menschen auf der Erde findet, das findet der okkulte Blick für das Tier erst im Himmelsraum draußen bei den Planeten. Und so wie, sagen wir, derjenige Mensch, der eine Arbeit auf der Erde auszuführen hat, die verschiedene Standpunkte notwendig macht, sich eben zu diesen verschiedenen Standpunkten begeben muß, so muß das GruppenIch, das auf dem Planeten sitzt, durchlaufen den Himmelsraum über dem Tierkreis, um von da aus seine Kräfte zu differenzieren.

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Wenn wir diese Tatsache, die wir eben hingestellt haben, damit in Zusammenhang bringen, daß man heute so häufig die Impulse der tierischen Formen in irgendwelchen Prinzipien der Erde selbst sucht, zum Beispiel im Kampf ums Dasein, in irgendeiner natürlichen Zuchtwahl und dergleichen, dann erscheinen wahrhaftig auf der einen Seite die Tatsachen, die zustande gekommen sind durch diese Bestrebungen, wie sie zum Beispiel Darwin angeführt hat, großartig, insoweit Darwin bei den Tatsachen stehengeblieben ist. Denn unbewußt hat der Darwinismus geschildert, wie die Beweglichkeit der tierischen Formen besteht, wie in der Tat da geschaffen wird aus den Grundformen heraus. Aber nach der ganzen Anlage unserer Zeit hat man abgesehen davon, daß die Kräfte, welche diese Formen schaffen, aus dem Himmelsraum hereinwirken, daß also die Schöpfer der tierischen Formen in der Welt der Planeten zu suchen sind, die zu unserem Planetensystem gehören, aber außer- halb unserer Erde sind.

Wenn wir uns nun fragen: Wie steht dieselbe Sache in bezug auf den Menschen? - da bekommen wir erst dann eine Antwort, wenn wir uns vorher auch noch die andere Frage beantworten, welcher Art diese Geister sind, die wir jetzt als Gruppenseelen der Tiere angesprochen haben und die ihren Wohnsitz auf den verschiedenen Planeten haben. Da zeigt sich, daß diese Gruppen-Iche der Tiere Nachkommen sind jener Kategorie von geistigen Wesenheiten, die angeführt worden sind von mir Im Laufe dieser Vorträge als die Geister der Bewegung. Also wir müssen die Gruppen-Iche der Tiere als Nachkommen der Geister der Bewegung auffassen. Die Geister der Bewegung haben nämlich aus ihrer eigenen Substanz heraus während des alten Mondzustandes dem Menschen seinen astralischen Leib gegeben. Wir können also, um die Sache zu ergänzen, so sagen: Dieser Erde ist der Mondenzustand vorausgegangen; da haben während dieses Mondenzustandes die Menschen von den Geistern der Bewegung ihren astralischen Leib bekommen. Das heißt mit anderen Worten: Als die Erde Mond war - der alte Mond, nicht der jetzige; der jetzige ist ja nur ein abgeIöstes Stück der Erde selber, während der alte Mond etwas ist wie

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eine vorhergehende Verkörperung unserer Erde -, während die Erde in diesem alten Mondzustand war, da umschwebten die Geister der Bewegung diesen alten Mond und ließen gleichsam einträufeln, einströmen in das, was der Mensch herüberbrachte aus noch früheren Zuständen, ihre eigene Substanz. So daß das, was der Mensch als astralischen Leib bekam, der für ihn neu war, denn er hatte damals nur physischen Leib und ätherischen Leib, herstammt von den Geistern der Beweg`~ng. Der alte Mond ist verschwunden, die Erde hat sich gebildet, die Geister der Bewegung haben außer ihrer eigenen Fortentwickelung auch noch Nach- kommen entwickelt. Diese Nachkommen der Geister der Bewegung, das sind diejenigen Wesenheiten, die wir als die Gruppen-Iche der Tiere bezeichnen und die nun ihre Wohnsitze nicht auf der Erde auf- geschlagen haben, sondern auf den anderen Planeten, um von da aus auf die Erde so zu wirken, daß sie die tierischen Formen hervorbringen in der geschilderten Art. Das ist das Spezielle von dem, was ich gesagt habe, daß wir Gruppen-Iche in einer gewissen Weise als Nach- kommen der Wesenheiten der zweiten Hierarchie charakterisieren können.

Wir müssen nun einmal die folgende Frage stellen: Auf die Tiere also wirken von den Planeten herunter diese Nachkommen der Geister der Bewegung` - wirken nun ähnliche geistige Wesenheiten auch auf den Menschen, auf das Menschengeschlecht, das über die Erde hin ausgebreitet ist? Das können wir nicht behaupten von denjenigen geistigen Wesenheiten, welche wir angeführt haben als die normalen Glieder der einzelnen Hierarchien. Aber wir haben ja die besondere Kategorie angeführt, die wir die luziferischen Geister genannt haben, und wir haben charakterisiert, wie diese luziferischen Geister sich verhalten zu den normalen Geistern. Für jede Kategorie der verschiedenen Hierarchien gibt es nun in unserem Zeitenzyklus auch die luziferischen Geister. Während die Tiergruppenseelen ganz normale Nachkommen, richtige Nachkommen der Geister der Bewegung sind, sind die luziferischen Geister, welche den Geistern der Bewegung entsprechen, solche, welche sich aufgelehnt haben gegen den normalen Weg der Geister

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der Bewegung, welche sich entgegengestellt haben diesen normalen Geistern der Bewegung. Diese luziferischen Geister der Bewegung sind ebenso gruppiert auf den verschiedenen Planeten im Verhältnis zur Erde wie die richtigen Nachkommen der Geister der Bewegung, sie haben auch gleichsam ihre Rolle so verteilt, daß sie ihre Wohn- sitze aufgeschlagen haben auf den verschiedenen Planeten. Wie nun die Gruppenseelen der Tiere auf den Planeten wohnen, so wohnen auch gewisse luziferische Geister der Bewegung auf den Planeten. Sie haben sich die Aufgabe gestellt, die den Geistern der Bewegung schon einmal entspricht: von den Planeten herein formend zu wirken, so daß Gruppen der entsprechenden Wesen auf der Erde entstehen. Wie sieben Haupttiergruppen sich bildeten, die nur durch die geschilderten Verhältnisse spezifiziert worden sind, so wirkten die luziferischen Wesenheiten der Bewegung von den Planeten auf die Erde herein, indem sie das Menschengeschlecht, das eigentlich in einer gewissen Weise nach einem einzigen Plan gedacht ist, spezifizierten. Während also der Mensch so gedacht war im ganzen Weltenplan, daß eine Menschenform über die Erde hin hätte Platz greifen sollen, wirkten von den verschiedenen Planeten herein diese Iuziferischen Geister der Bewegung und spezifizierten die Menschenform so, daß die Formen für die einzelnen menschlichen Hauptrassen über die Erde hin entstehen konnten. Das Genauere ist ja zu finden in meinen Vorträgen, die ich in Christiania gehalten habe über die besondere, spezielle Art, wie diese luziferischen Geister der Bewegung rassenbildend wirken.

So haben wir zu unterscheiden Nachkommen der Geister der Bewegung und Iuziferische Geister der Bewegung. Aber jetzt noch etwas. Wir werden nun naturgemäß die Frage aufwerfen müssen: Wo sind denn nun die normalen Geister der Bewegung, welche während der alten Mondenzeit dem Menschen seinen astralischen Leib gegeben haben? Also diejenigen, die das Ziel ihrer EntwickeIung erreicht haben in jener Zeit, die abgelaufen ist beim Übergang von der Mondenbildung zur Erdenbildung, diese ganz reif gewordenen Geister der Bewegung, wo sind sie? Auch diese Geister der Bewegung haben das Eigentümliche, daß sie ihren eigentlichen

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Wohnsitz oder vielmehr, besser gesagt, das Angriffsfeld ihres Wirkens auf den Planeten unseres Planetensystems haben, so daß sie zum Beispiel nicht direkt als Geister der Bewegung von der Sonne her wirken, wo sie sozusagen doch ihren Hauptversammlungsort haben, sondern daß sie erst ihre Strahlen aussenden nach den Planeten und von da zurückwirken auf die Erde. Insofern wir es mit den richtigen Geistern der Bewegung zu tun haben, kommt ihre unmittelbare Wirksamkeit von den Planeten unseres Planetensystems her. Aber das alles, wie da von den Planeten her diese geistigen Wesenheiten wirken, gehört natürlich der übersinnIichen, unsichtbaren Welt als solcher an. Nur die Wirkungen selbst äußern sich sehr wohl auf der Erde, die Wirkungen kommen auf der Erde zustande. Was tun denn für den Menschen diese Geister der Bewegung, die ihm einstmals auf dem alten Mond aus ihrer eigenen Substanz heraus seinen astralischen Leib gegeben haben? Dieser astralische Leib war als ein Keim im Erdensein enthalten, und nachdem der alte Mond verschwunden und eine Zwischenzeit vergangen war und die Erde sich wieder neu gebildet hatte, da hatte auch dieser astralische Leib sich aus dem Keim wieder herausentwickelt. Die Geister der Bewegung aber haben sich weiterentwickelt zu einer höheren Tätigkeit. Von ihren Nachkommen wissen wir, daß sie tierische Gruppenseelen geworden sind; von denjenigen, die sich gegen sie empört haben, wissen wir, daß sie mitbildend waren an der Differenzierung der Men&chenrassen. Wo zeigen sich nun diese fortgeschrittenen echten, normal entwickelten Geister der Bewegung? An einem Beispiel soll es anschaulich gemacht werden, wie sie sich zeigen.

Wir wissen, daß der einzelne Mensch zunächst geführt wird von dem, was wir seinen Engel nennen. Wir wissen, daß Völker geistig zunächst von ihren Völkergeistern oder Erzengeln geführt werden, - Völker sind etwas anderes als Rassen. Wir wissen, daß die aufeinanderfolgenden Zeitkulturen von den Geistern der Zeit, den Archai, geführt werden. Wir wissen dann, daß über den Archai diejenige Kategorie der Hierarchien steht, die wir da nennen die Geister der Form, und über ihnen die Geister der Bewegung. Wir

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wollen sie in jenem Zustand fassen, wie sie auf der Erde sind, wo schon hinter ihnen Iiegt, daß sie den Menschen den astralischen Leib gegeben haben und daß sie selbst ihren richtigen Fortschritt genommen haben. Es gibt nun in der menschlichen Evolution etwas, was über die Charaktere der bloßen Zeitgeister hinausgeht, was bedeutungsvoller, gewaltiger ist für die gesamte Menschheit als die Sphäre der einzelnen Zeitgeister. Die Zeitgeister wirken auf der Erde durch eine bestimmte Zeit hindurch. Aber es gibt geistige Entwickelungen innerhalb der gesamten Menschheitsentwickelung, welche größere Sphären umfassen als die der bloßen Zeitgeister. Solche größeren Menschheitsepochen, die über die Sphäre der bloßen Zeitgeister hinausgehen, die haben nun zu ihren Regenten die normal entwickelten Geister der Bewegung. Diese normal entwickelten Geister der Bewegung zeigen sich also in ihrer Wirkung im Menschenwerdeprozeß so, daß sie die großen Kulturimpulse geben. Und wenn wir nun die Menschengeschichte, die Menschenkulturgeschichte überblicken, dann sehen wir, daß die einzelnen Menschen geleitet werden von Engeln, Angeloi; Völker von den Erzengeln, ArchangeIoi; gewisse Zeiten hindurch werden Kulturen geIeitet von Zeitgeistern und auch gewisse Sphären, wie wir noch sehen werden, von den Geistern der Form. Dann aber haben wir den gesamten Kulturverlauf der Menschenentwickelung so, daß gewisse lange Zeiten hindurch, die vieI länger sind als die, die ein Zeitgeist umspannt, in größeren Sphären inspirierend sich betätigen das eine Mal der Geist der Bewegung, der von dem einen Planeten herunterwirkt, und das andere Mal der Geist der Bewegung, der von dem anderen Planeten herunterwirkt. Und so wirken diese Geister der Bewegung, die normale Entwickelung haben, so von den Planeten herunter, daß sie sich nun im Menschenwerdeprozeß ablösen und sich in den großen über die Sphären der Zeitgeister hinausgehenden KulturImpulsen der Erdenentwickelung zeigen. So kam zum Beispiel der KuIturImpuls des Geistes der Bewegung, der von dem Planeten herunterwirkt, welchen die heutige Astronomie die Venus nennt und den die alte Astronomie Merkur genannt hat - diese zwei Namen sind verwechselt worden -, dieser Kulturimpuls,

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er kam ursprünglich von jenem Geist der Bewegung, der sich in dem Buddhismus ausdrückte. Andere Kulturimpulse, die über die bloßen Zeitgeister hinauswirken, kamen von Geistern der Bewegung, die von anderen Planeten herrühren. Während also von den Nachkommen der Geister der Bewegung die Gruppenseelen der Tiere kommen und von den luziferischen Geistern der Bewegung die Rassenform der Menschen, kommen diese großen Kultur- Impulse von den Geistern der Bewegung, die ihre normale Entwickelung erreicht haben. Es kommen noch mancherlei andere Impulse von dieser Seite her, aber es ist zunächst wichtig, auch von diesem Gesichtspunkte aus einmal die Kulturimpulse zu betrachten.

Sehen Sie, hier haben Sie zum Beispiel jetzt, ich möchte sagen, aus unserem ganzen Planetensystem heraus entwickelt etwas, was Sie angedeutet finden unter den großen Wahrheiten, die, wie jeder Kundige weiß, in der «GeheImlehre» von H. P. Blavatsky stehen. Kundige finden sie dort angedeutet. Da steht auf einer Zeile: Buddha = Merkur. Buddha ist gleich Merkur, das heißt, die tonangebende Individualität für den Buddhismus wird zurückgeführt Im Okkultismus auf jenen Geist der Bewegung, der von diesem Planeten herunterwirkt. Der ist der Inspirator, von ihm kommt jener Einfluß, der sich in dieser Kulturströmung zum Ausdruck bringt. Es ist schon einmal so, daß gerade dieses merkwürdige Buch, die Blavatskysche GeheImlehre, große Wahrheiten birgt, die man nur in der richtigen Weise erkennen muß. Man darf dieses Buch nicht einfach wie ein Dogmenbuch hinnehmen, sondern man muß allen einzelnen Dingen nachgehen. Dann wird man erst die Größe dieses Buches erkennen. Von all den großen Wahrheiten, die der wirkliche 0kkultist lehrt, finden Sie zuweilen bedeutsame Andeutungen gerade in der Blavatskyschen Geheimlehre. Und als dies niedergeschrieben worden ist durch den Inspirator der Blavatskyschen Geheimlehre, Buddha ist gleich Merkur, da wirkte die große Wahrheit mit, daß der Inspirator der H. P. Blavatsky wußte: Jene Individualität, die Im neunundzwanzigsten Jahre ihres Lebens der Buddha wurde, die konnte in dem Zeitpunkt, der uns symbolisch

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angedeutet wird durch das Sitzen unter dem Bodhibaum, anfangen, sich von dem Geist der Bewegung, der auf dem Merkur thront, inspirieren zu lassen. Damit war diese Individualität aus einem Bodhisattva ein Buddha geworden, das heißt einer der Geister, welche das, was sie erfüllt, hereininspiriert bekommen nicht aus der Erdensphäre, sondern aus dem Weltenraume her, aus dem Kosmos. Damit war er der Erdensphäre entrückt nach Nirwana, das heißt in das Gebiet, wo die Erdensphäre nicht mehr hinein- spielt. - H. P. Blavatsky wußte in ihrem gewöhnlichen Bewußtsein von vielen dieser Dinge nichts, aber ihr Inspirator wußte es. Diese Dinge müssen eben aus den Tiefen des Okkultismus herausgeholt werden, und es darf in diesen subtilen und auch großen Wahrheiten nicht etwa alles durcheinandergeworfen werden. Nun ist meine Behauptung nicht, daß in dem Augenblicke, wo ein Bodhisattva zum Buddha erhoben wurde, nur der Geist der Bewegung inspirierend wirkte, sondern durch ihn wirkten die Wesenheiten der höheren Hierarchien dann herein. Das Wesentliche ist, daß von dem Zeitpunkte an die anderen Geister, der unteren Hierarchien, wegfielen, daß er unmittelbar sozusagen zu jenen Wesenheiten hinkommen konnte, welche man als die normal entwickelten Geister der Bewegung bezeichnet.

Nun wollen wir, bevor wir den menschlichen Kulturprozeß noch in bezug auf einen anderen Punkt in Betracht ziehen, übergehen zu dem Pflanzenreich. Bei dem Pflanzenreich sehen wir, daß schon der astralische Leib auf dem astralischen Plan zu finden ist, dort wo zu finden ist das tierische Gruppen-Ich. Das führt wiederum auf die reale Tatsache zurück, die sich dem okkulten Blick zeigt, daß für die Pflanzen nicht nur im Gruppen-Ich, sondern schon in dem astralischen Leib der Pflanze Kräfte wirken, welche nun auch von dem Planetensystem, von den Sternen her wirken. Während beim Tier also erst in den Gruppenkräften, in den Kräften, die die Gruppenformen schaffen, die Geister der Bewegung wirken, wirkt schon auf den pflanzlichen astralischen Leib dasselbe, was zur Sphäre der Geister der Bewegung gehört. Nachkommen der Geister der Bewegung sind auch solche, nur unterscheiden sie sich dadurch

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von den anderen Nachkommen, daß sie sich zu einer etwas anderen Zeit gebildet haben, aber sie wirken ebenso als Nachkommen der Geister der Bewegung auf den astralischen Leib der Pflanzen, nicht bloß auf das Ich. Wiederum können wir nämlich sagen, daß auf den astralischen Leib der Pflanzen von den Planeten des Planetensystems her die Kräfte der Geister der Bewegung oder ihrer Nachkommen wirken. Der astralische Leib ist nämlich bei jedem Wesen dasjenige, was den Impuls gibt zur Bewegung. Auf dem physischen Plan haben wir von der Pflanze den physischen und Ätherleib. Wenn auf die Pflanze irgendwelche Kräfte aus der Sphäre der Geister der Bewegung wirkten, so würden diese Kräfte, weil der astralische I,eib nicht in der Pflanze drinnen ist, sondern sie umspült, die Pflanze zur Bewegung bringen> aber jetzt nicht so, wie Menschen und Tiere sich bewegen, sondern so, daß sie die Pflanze, wie sie zuerst entsteht, von der Erde wegholen. Wenn Sie sehen, wie sich an einer Pflanze die Kräfte wie in Spiralen von Blattansatz zu Blattansatz weiterentwickeln, dann haben Sie die Tätigkeit dieser Kräfte, welche von den Planeten hereinwirken. Und je nachdem

Zeichnung aus GA 136, S. 173
Zeichnung aus GA 136, S. 173

von diesem oder jenem Planeten herein die Kräfte der Nachkommen der Geister der Bewegung wirken, wird diese eigentümliche Linie, welche die Blätter ansetzt, anders.

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Es gibt ein gewisses Mittel, die wirklichen Bahnen der einzelnen Planeten in ihrem Abbild zu studieren; und wenn man einmal in der äußeren Wissenschaft diese Tatsache erkannt haben wird, dann wird man noch manches an den bisherigen astronomischen Systemen zu korrigieren haben. Gewisse Pflanzen sind zugeteilt den Kräften der Geister der Bewegung, die auf dem Mars sind, andere denen, die auf der Venus, andere denen, die auf dem Merkur sind. Da wirken sie herein, und je nachdem sie von dem einen oder anderen Planeten her wirken, erteilen sie der Pflanze die in ihrem spiralen Blättergewinde zum Ausdruck kommende Bewegung: dieselbe Bewegung, die der entsprechende Planet macht, die absolute Bewegung, die er Im Himmelsraum macht. Wenn Sie eine gewöhnliche Ackerwinde nehmen, noch dazu, wo der Stengel selbst gedreht ist, da haben Sie in den spiralen Bewegungen des Stengels sogar nachgeahmt planetarische Bewegungen, die von den Geistern der Bewegung herrühren. Da wo der Stengel feststeht, da haben Sie in den Blattansätzen Abbilder jener Kräfte, die von den Geistern der Bewegung aus den Planeten des Planetensystems herrühren. Diese Kräfte wirken bei der Pflanze zusammen mit den eigentlichen Gruppen-Ichen, und diese Gruppen-Iche der Pflanzen, die wirken nun alle so, daß wir die Richtung ihrer Kräfte finden können, wenn wir einfach die Sonne mit dem Mittelpunkt der Erde verbinden, das heißt, es wirken zusammen mit den Kräften, die aus den Geistern der Bewegung kommen, andere Kräfte, welche in der Richtung des Pflanzenstengels gehen, der ja immer nach dem Mittelpunkt der Erde hin wirkt. -Wir haben also die gesamte Pflanze zusammenzusetzen aus dem, was gegen die Sonne oder gegen den Mittelpunkt der Erde hin wächst, und dem, was sich herumwindet und in den Blattansätzen nachbildet die Bewegungen der Planeten. Dem aber entspricht die reale Tatsache, daß wir die unmittelbaren Wirkungsimpulse für die Gruppen-Iche der Pflanzen in der Richtung von der Erde zur Sonne hin zu suchen haben. Das heißt, wenn wir den okkulten Blick jetzt nicht nach den Planeten richten, sondern nach der Sonne, da bekommen wir die einzelnen GruppenIche für die Pflanzen. Diese Gruppen-Iche der Pflanzen,. die sind

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nun ebenso Nachkommen der Geister der Weisheit, wie die Gruppen-Iche der Tiere Nachkommen der Geister der Bewegung sind. Also wir haben in den Gruppen-Ichen der Pflanzen Nachkommen der Geister der Weisheit zu sehen.

Nun habe ich Im Verlaufe dieser Vorträge ausgeführt, daß wir in den Naturgeistern zu sehen haben Nachkommen der dritten Hierarchie, daß wir zu sehen haben in den Gruppen-Ichen Nachkommen der zweiten Hierarchie. Dazu kommt jetzt das Hinzutreten der Geister der Umlaufszeiten, welche die Zeiten regeln. Hier sind wir an einer Stelle, wo wir hinweisen können auf die Funktion einer gewissen Kategorie solcher Geister der Umlaufszeiten. Wir können an dieser Stelle nämlich darauf hinweisen, daß gewisse Geister der Umlaufszeiten für die Pflanze die Wirkungen der von den Planeten herkommenden Bewegungskräfte, die spiralig wirken, und der Kräfte, welche von der Sonne her kommen, miteinander verbinden. Die werden zu einer bestimmten Zeit verbunden durch Geister der Umlaufszeiten, und zwar, wenn der Zeitpunkt des Jahres eintritt, wo die Pflanze zu ihrer Befruchtung schreitet. Da verbindet sich das spiralige Bewegungsprinzip mit dem Prinzip, das im Stengel wächst. Daher haben wir ja auch das Prinzip, welches spiralig wirkt, in den Staubgefäßen und das Prinzip, das die direkte Fortsetzung des Stengels ist, in dem Fruchtknoten in der Mitte der Pflanze. Wenn der Kreislauf der Pflanze abgelaufen ist, das heißt, wenn die Geister der Umlaufszeiten für die Pflanze die Tätigkeit der Planerengeister mit der Tätigkeit des Sonnengeistes verbinden, dann ordnen sich bei der Pflanze, die also vollständig ist, diejenigen Organe, die bis dahin spiralig den Planeten folgten, hübsch in einem Kreis an wie die Staubgefäße ringsherum, und der Stengel wächst und schließt sich ab im Fruchtknoten. Die beiden werden verbunden. Es wird das Pflanzenwachstum abgeschlossen, indem hinzutritt zu den beiden geistigen Tätigkeiten der Geister der Bewegung und der Geister der Weisheit, respektive ihrer Nachkommen, die Tätigkeit der Geister der Umlaufszeiten, welche die beiden geistigen Wesenheiten zu einer Art von Ehe verbinden.

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So haben wir in dem Pflanzenreich eine Gelegenheit gehabt, Nachkommen der Geister der Weisheit kennenzulernen. Wir müssen wiederum voraussetzen, daß diese Nachkommen der Geister der Weisheit - und Sie können das ja auch noch nachlesen in meiner «GeheImwissenschaft» oder in der «Akasha-Chronik» - eben sich gebildet haben aus diesen Geistern der Weisheit seit jener Zeit her, da die Geister der Weisheit selber aus ihrer eigenen Substanz heraus dem Menschen seinen ätherischen Leib gegeben haben. Das geschah, während die Erde in dem Zustand der alten Sonne war. Da wurde der menschliche Atherleib aus den Geistern der Weisheit heraus entlehnt. Nun ist aber seit jener Zeit die alte Sonne fortgeschritten zum Mondenzustand, dann wiederum der Mondenzustand fortgeschritten zu unserem Erdenzustand. Schon während des Mondenzustandes waren die Geister der Weisheit, die einstmals während der alten Sonne die Fähigkeit hatten, aus ihrer eigenen Substanz heraus dem Menschen seinen ätherischen Leib zu geben, so weit fortgeschritten, daß sie nicht mehr unmittelbar aus sich heraus die Fähigkeit zu entwickeln brauchten, dem Menschen etwas zu geben. Sie waren auf der Erde zu höheren Tätigkeiten fortgeschritten. Nun ist es nicht nur charakteristisch für die Nachkommen der Geister der Weisheit, die wir gefunden haben als Gruppen-Iche für das Pflanzenreich, daß sie ihren unmittelbaren Impuls von der Sonne her geben, so daß er also nicht nur von den Planeten zu kommen scheint, sondern von der Sonne her; es ist auch den eigentlichen Geistern der Weisheit eigen, daß sie sich unmittelbar von der Sonne auf die Erde her- kommend zeigen. Wie zeigen sich nun die Impulse, welche von den Geistern der Weisheit, die ihre normale Entwickelung durchgemacht haben, herkommen?

Wir haben gesehen, daß in solchen Geistern wie dem den Buddha inspirierenden zunächst ein normal entwickelter Geist der Bewegung von einem Planeten her wirkt. Nun kommen wir dazu, die normalen Geister der Weisheit aufzusuchen. Wir müssen sie nach dem ganzen Geist der bisherigen Betrachtungen auf der Sonne suchen. Wir müssen sie im selben Sinne auf der Sonne suchen, wie wir die normalen Geister der Bewegung von den Planeten her wirkend

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zu suchen haben, wenn sie auch ihren eigentlichen Wohnsitz auf der Sonne haben. Unmittelbar von der Sonne ausgehend, haben wir die Impulse der normal entwickelten Geister der Weisheit zu suchen. Nun tritt uns aber hier etwas Eigentümliches entgegen.

Zwar können wir für die Pflanzen, weil wir es mit Nachkommen der Geister der Weisheit zu tun haben, wenn wir okkult recht genau vorgehen, Differenzierungen unterscheiden, aber wenn wir die Pflanzen auf der Erde in ihrer Beziehung zu den Geistern der Weisheit auf der Sonne anschauen, dann erscheinen uns ihre Bewegungen alle mehr oder weniger als Vertikalverbindung von der Sonne mit dem Mittelpunkt der Erde. Wir können unterscheiden das, was in der Pflanzenform von den Geistern, die auf den Planeten ihren Sitz haben, herrührt, aber es fließt uns in die eine Vertikale zusammen dasjenige, was wir als von den Geistern der Weisheit herrührend empfinden. In einer ähnlichen Weise verhält es sich, und davon wird ihnen jeder, der die okkulten Tatsachen auf diesem Gebiete kennt, genau denselben Bericht geben können, daß wir auf dem Gebiete, das wir da betreten, wenn wir den Blick nach der Sonne richten - denn dort müssen wir die normalen Geister der Weisheit suchen -, nicht mehr Differenzierungen unterscheiden können. Da empfinden wir eine Einheit. Es fließt uns das, was von den normalen Geistern ausgeht, in eine Einheit zusammen. Und wenn wir nun fragen, wo zeigt sich das, was von dieser Einheit der Geister der Weisheit, die auf der Sonne unmittelbar ihren Sitz haben, wo zeigt sich das in der Erdenwirksamkeit, dann kommen wir zu einer noch weitergehenden Sphäre.

Die Sphäre eines solchen Geistes, wie er den Buddha inspiriert hat, der also der Geist der Bewegung auf dem Merkur ist, sie ist eben noch klein im Verhältnis zu der weit umfassenderen Sphäre, die da im Menschenwerdeprozeß dirigiert wird von der als Einheit empfundenen geistigen Wesenheit der Weisheit, die auf der Sonne aufzusuchen ist. Wenn wir zurückgehen in die Kultur des alten Indiens, da finden wir, daß die sieben heiligen Rischis von dem sprachen, was sie aus ihren okkulten Gründen heraus ein jeglicher der Menschheit zu geben hatten. Sie waren sich bewußt, daß sie das

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bewahrt hatten, was durch sieben lange Kulturzeiträume dirigiert war von den Geistern der Bewegung. Und wie wenn sieben hintereinanderliegende Zeiträume in der Erdenentwickelung dadurch auf einmal wirken sollten, daß sie nebeneinander in ein Kollegium große Individualitäten hineinstellten, so geschah es, daß diese sieben aufeinanderfolgenden Wirksamkeiten von den Geistern der Planeten zutage traten in demjenigen, was die heiligen sieben Rischis der Menschheit zu sagen hatten, ein jeder von sich aus. Sie behaupteten damit nicht etwa, das, was sie zu geben hatten, sei ein unmittelbarer Ausfluß eines Geistes der Bewegung, sondern sie sagten, daß es wie eine Erinnerung in eines jeden Seele sei für das, was früher die Geister der Bewegung gegeben hatten. Denn die hohen Weistümer, welche die heiligen Rischis der Erdenmenschheit gaben, waren die großen Erinnerungen an die altatlantischen Kulturen, nur neu gestaltet. Aber diese sieben heiligen Rischis sagten zugleich: Über dem, was wir zu geben haben als Kulturen der aufeinanderfolgenden Zeiträume, liegt etwas anderes, was über unserer Sphäre lebt. Vischvakarman nannten die heiligen Rischis das, was über ihrer Sphäre lag. Sie wiesen also hin auf etwas, was über ihrer Sphäre liegt, was eine größere Erdensphäre umfaßt als die der einzelnen Geister der Bewegung. Wie diese Sphären der Zeitgeister, so wiesen die heiligen Rischis auf KuIturepochen hin, die über den Sphären der einzelnen Geister der Bewegung liegen.

Dann kam die Zarathustra-Kultur, und Zarathustra wies wiederum hin auf dasselbe, was die heiligen Rischis Vischvakarman genannt haben. Nur wies er in seiner Art darauf hin. Ahura Mazdao nannte er es. Sowohl die heiligen Rischis wie auch Zarathustra wußten, daß dasjenige, was mit Vischvakarman gemeint ist, den Geist der Weisheit darstellt, der umfassend auf die Erde strömt und größere Sphären hat als die Sphäre der einzelnen Geister der Bewegung. Auch Zarathustra meinte, daß Ahura Mazdao größere Sphären hat als die Geister der Bewegung.

Und es kam die ägyptische Kultur und sah aus gewissen Gründen die Notwendigkeit ein, zu sagen: Die Gegenwart, das heißt die damalige ägyptische Gegenwart, ist nicht geeignet, so den Blick

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hinaufzurichten zu jenem Sonnengeist der Weisheit, den der Zarathustra in seiner Art geahnt hat. - Daher kleidete die ägyptische Kultur ihre Anschauung von dem Wesen dieses Geistes in die Legende, daß dieser Geist, als er der Erde sich mitteilen wollte, sogleich zerstückelt wurde. Osiris, der von seinem Bruder zerstückelt wird, er ist ein Hinweis auf das, worauf schon die heiligen Rischis hin- gewiesen hatten mit ihrem Vischvakarman. Und dann kam die vierte nachatlantische Kulturperiode und wies darauf hin, daß dasjenige, worauf jede Kulturepoche hingewiesen hatte, durch die besonderen Verhältnisse gerade für diese vierte nachatlantische Kulturperiode in unmittelbarer Anschauung zu erreichen sei; das heißt, daß durch besondere Vorgänge der vierten nachatlantischen Kulturperiode die Möglichkeit gegeben sei, daß eine Wesenheit von ihr inspiriert werden konnte.

Die sieben Rischis wiesen darauf hin, daß diese Wesenheit vorhanden ist, Zarathustra, daß der okkulte Blick, der auf die Sonne` gerichtet ist, diese Wesenheit schaut, die ägyptische Kultur, daß diese Wesenheit der Erde noch so fremd ist, daß der Mensch sie erst antrifft nach dem Tode; die vierte Kulturperiode durfte darauf hinweisen, daß innerhalb unserer Erdenentwickelung die Bedingungen eingetreten waren, daß drei Jahre hindurch eine menschliche Wesenheit unmittelbar inspiriert werden konnte von diesem Geist der Weisheit. Und es war dadurch möglich, zu erkennen, daß tatsächIich die Sphäre dieses Sonnengeistes der Weisheit umfassender ist als die Sphäre der Geister der Bewegung, weil sie nun den gesamten Kulturprozeß der Erde umfaßt. Das heißt, dasjenige, was man in der Sprache der heiligen Rischis aIs Vischvakarman bezeichnet, in der des Zarathustra als Ahura Mazdao, in der der ägyptischen KuItur, wenn man wirklich versteht, was hinter dem Namen steckt, als Osiris, und was man bezeichnete in der Sprache des vierten Kulturzeitraumes mit dem Wort Christus, das hat hereingeleuchtet durch das Tor des Sonnengeistes der Weisheit. - Ebensowenig als ich gesagt habe, daß es nur der Gehst der Bewegung ist, der durch den Buddha hereingeleuchtet hat, sowenig sage ich, daß es nur der Sonnengeist der Weisheit ist, der durch den Christus

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hereingeleuchtet hat. Er war das Tor, um hinauszurichten den okkulten 'Blick in unendliche Sphären, worin die Geister der höheren Hierarchien vorhanden sind; aber der Einlaß war der Geist der Weisheit, der Sonnengeist der Weisheit. Wie die Sonne sich zu den Planeten verhält, so verhält sich der Sonnengeist der Weisheit zu den Geistern der Bewegung, die ihrerseits in solchen Geistern zum Ausdruck kommen wie der, der den Buddha inspiriert hat. So hat es in ihrer guten alten Theorie H. P. Blavatsky gemeint. Ihr ist es niemals eingefallen, den Christus mit irgendeinem der Planetengeister der Bewegung etwa zu identifizieren.

Es wäre ein arger Abfall von dem ursprünglichen Geist der theosophischen Bewegung, in dem so viel Großes und Richtiges und Bedeutsames an tiefen okkulten Wahrheiten geherrscht hat, wenn man zu der Verwechselung dessen kommen sollte, was uns durch den Okkultismus über solche Geister gelehrt werden kann, die da gipfeln in einem Namen wie Buddha, von dem H. P. Blavatsky in ihrer einfachen Anführung so deutIich gezeigt hat, daß er dem Merkurgeist entspricht - es wäre ein Bruch mit allen ursprünglichen Ausgangspunkten der theosophischen Verkündigung, mit dieser Lehre, die dazumal richtig verstanden worden ist und aus der heraus niemals der Buddhageist mit dem Christusgeist verwechselt worden wäre -, wenn man heute diese einzelnen Wesenheiten durcheinanderwerfen würde; wenn man aus den GrundeIementen der okkulten Lehre heraus nicht den Unterschied zu machen wüßte zwischen jenen Geistern, welche das Menschen- werden im Laufe aufeinanderfolgender Zeitensphären leiten und die ihren Gipfel haben in Geistern wie Buddha, und jenem Geist, auf den alle anderen, auch der Buddha selber, hingewiesen haben, der der Einheitsgeist der Erdenkultur ist, so wie das Sonnenhafte der Einheitskörper für das Planetensystem ist. Und dieser Einheitsgeist muß im Sinne der vierten nachatlantischen Kulturperiode als der Christus bezeichnet werden. Innerhalb des Sonnensystems kann man nicht in dem gewöhnlichen Sinn von zwei Sonnen sprechen und etwa sagen, das wäre eine andere Sonne, die den Widder bedeckt das eine Mal, und eine andere Sonne, die den Steinbock

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bedeckt das andere Mal. Man muß sich klarsein, daß es dieselbe Sonne ist, die durch den ganzen Tierkreis geht, und daß es verschiedene Planeten sind, die durch die Tierkreisbilder gehen. So aber auch muß man sich klarsein, wenn man von dem Christus spricht, der durch die Kultursphären der ganzen Menschheitsentwickelung der Erde hindurch geht, wie zu allen Zeiten von allen Religionen anerkannt worden ist, da wo diese Religionen ihre Gipfel erreichten. Dann muß man unterscheiden diesen Christusgeist von den Geistern der einzelnen Sphären, die etwa so in ihren großen Individualitäten gipfeln, wie der Buddhismus in seinem Buddha gipfelt. Das zeigt uns, wie das Objektive in diesen Dingen erst zu finden ist.

Es darf, wenn der abendländische Okkultist auf diese Tatsache hinweisen muß, ihm nicht etwa zum Vorwurf gemacht werden, daß er etwas vertreten wolle, was intolerant wäre gegen andere Religionssysteme, während die Theosophie die Aufgabe habe, jedes Religionssystem zu seinem Rechte kommen zu lassen. Bei einem solchen Vorwurf darf man nicht vergessen, daß das, was da von dem abendländischen Okkultisten gefordert wird, schon geleistet ist. Ist der Christus-Impuls aus dem Abendland heraus geworden? Hat irgendein Volk des Abendlandes den Christus-Impuls aus seinem Volkstum, aus seinem Rassentum herausgeboren? Nein, es hat den Christus-Impuls als einen Impuls, der der ganzen Menschheit gilt, angenommen, trotzdem dieser Christus-Impuls in bezug auf sein äußeres Auftreten den Völkern des Abendlandes fremd war. Es hat die abendländische Kultur damit zuerst gezeigt, daß sie Verständnis hat für jene Entäußerung, weIche notwendig ist in bezug auf das Eigene. Indem das Abendland sich des Geistes der Bewegung auf dem Mars aIs unmittelbaren Inspirators entschlagen hat, damals als es vertauschte diesen Inspirator mit dem Chrisrusgeist, mit dem Inspirator, der da entspricht dem Geist der Weisheit auf der Sonne, da hat das Abendland eine historische, eine wichtige Tat geleistet. Und es ist unangemessen, wenn etwa von anderer reIigiöser Seite gerade um dieser Sache willen dem Abendland Intoleranz vorgeworfen würde. Die großen Führer der anderen

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Religionen zeigen überall, daß sie über den Geistern der Bewegung den Geist der Weisheit anerkennen. Bloß diejenigen, die ihren eigenen Geist der Bewegung unter einem anderen Namen zu einer Art führendem Geist machen wollen, die selber den Schritt nicht unternehmen wollen, von ihrem Geist aufzusteigen zu dem Sonnengeist, die können davon sprechen, daß eine Intoleranz bei denjenigen vorliegt, die das Tolerante schon geleistet haben. Man leiste auf anderen Gebieten erst jene Toleranz, welche das Abendland geleistet hat, indem es vertauscht hat seinen Geist der Bewegung mit dem Geist der Weisheit.

So ist mit dieser Tat schon vortheosophisch die theosophische Tat vollführt, den einzelnen ReIigionen zu ihrem Recht zu verhelfen, indem kein einzelner, zu irgendeiner einzelnen Menschengruppe gehöriger Impuls beansprucht wird für den Christus, sondern nur das, was auch die Theosophie beansprucht: jenen Impuls zu suchen, welcher ein Menschheitsimpuls ist im Unterschied zu den speziellen Religionen, wie der Sonnenimpuls für alle Planeten. Es geschieht aus den Tiefen des Okkultismus heraus, wenn diese Tatsache objektiv so dargestellt wird, und es wäre, wenn jemals gesagt würde, daß diese Darstellung des Christus-Impulses irgendeinem besonderen nationalen oder Völkerinteresse oder abendländischen Interesse entspringt, es wäre das nur möglich aus einem Nichtwissen der faktischen Verhältnisse heraus oder aus einem Entstellen derselben. Es kommt in allen Dingen darauf an, daß wir ungeschminkt und kühn den objektiven Tatsachen ins Auge schauen. Wir können dies nur, wenn wir in die Tiefen des Wdtenwerdens hineinschauen. Alle okkulten Wahrheiten zeigen uns zuletzt, wie das Weltenwerden geschieht. Aber wir müssen den Mut, wir müssen auch die Unbefangenheit haben, uns diesem Welten- werden gegenüberzustellen. Was gehen uns Namen an, ob sie aus dem Orient oder aus dem Okzident entlehnt sind, ob sie von diesen oder jenen persönlichen Geistern getragen werden; die gehen uns nichts an. Das, was in der Welt wirkt, das geht uns an, das müssen wir bekennen. Und Geisteswissenschaft führt uns dazu, das zu schauen, das zu sehen, was in der Welt wirkt. Haben wir es ja im

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Grunde genommen auf dem geisteswissenschaftlichen Felde so leicht schon aus dem Instinkt heraus, möchte ich sagen, das Richtige zu finden. Wir müssen nicht immer lechzen nach neuen Sensationen, sondern ein wenig zu verstehen suchen, was in den ersten Impulsen der theosophischen Bewegung liegt. Indem H. P. Blavatsky identifiziert hat den Buddha mit dem Merkur, war eine große Wahrheit ausgesprochen, die um so besser erkannt wird, je mehr man auf okkultem Gebiet das Verhältnis des Buddha zum Christus erkennt, so wie man die kosmischen Verhältnisse besser erkennt, wenn man das Verhältnis des Planeten Merkur zum Fixstern Sonne erkennt. Die Dinge lassen sich nicht durch Menschenvorurteile aus den Angeln heben. Sie wirken nur das Richtige im Kulturprozeß, wenn wir ihnen unbefangen ins Auge schauen.

Diese Betrachtung durfte angefügt werden gerade an dasjenige, was heute über die in den Planeten und in der Sonne wirksamen Geister gesagt wurde, denn diese Geister erstrecken ihre Wirksamkeit auf die Erde, und von vielem, was in populären Vorträgen gelehrt werden muß, ahnt die Welt nicht, wie tief es in okkulten Gründen wurzelt. Wie tief begründet ist das Verhältnis der aufeinanderfolgenden Kultursphären, das jetzt gegeben werden darf, von denen die eine im Buddha kulminiert, die andere in dem, nennen Sie es, wie Sie wollen, die vierte Kulturepoche nannte es: Christus. Wie sich das eine von dem anderen unterscheidet, kann nur aus den Tiefen des 0kkultismus heraus gelernt werden. Der Okkultismus aber bezeugt uns auch, wie, richtig angesehen, der Kosmos uns überall Zeichen bietet für das, was tief in unsere Herzen sich einsprichr. So daß wir sagen können: Lernen wir die Schrift, die ausgebreitet ist im Kosmos, in den Sternen, in ihrer Anordnung und Bewegung kennen, so spricht überall aus dem Kosmos dasjenige, was unsere Herzen durchdringt mit der Wahrheit, mit der Liebe und mit jener Frömmigkeit, die die Menschheitsentwickelung fortträgt von Epoche zu Epoche.

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ZEHNTER VORTRAG Helsingfors, 14. April 1912

Aus der Darstellung, die gestern gegeben werden konnte über das Zusammenwirken der verschiedenen Geister der einzelnen Hierarchien in den Naturreichen, ist uns zunächst noch geblieben eine Betrachtung des mineralischen Reiches. Wir erinnern uns daran, daß wir das mineralische Reich so charakterisieren konnten, daß auf dem physischen Plan, in der physischen Welt von ihm nur der physische Leib vorhanden ist, daß wir dagegen dasjenige, was als ätherischer Leib dem Mineral entspricht, zu suchen haben in der sogenannten astralischen Welt, den astralischen Leib in der niederen devachanischen Welt und das eigentliche Gruppen-Ich des Mineral- reiches auf dem höheren Devachanplan. So bildet das mineralische Reich einen merkwürdigen Gegensatz zum Menschen. Während wir sagen mußten, daß beim Menschen auf dem physischen Plan alle vier Glieder seiner Wesenheit wirksam sind, sowohl der physische wie der ätherische, der astralische Leib und das Ich, so müssen wir gleichsam auseinanderschälen dasjenige, was der Mensch auf dem einen Plan hat, und Sagen: Auf dem astralischen Plan haben wir beim Mineral das zu suchen, was dem ätherischen Leib des Menschen entspricht, auf dem Devachanplan den astralischen Leib und auf dem höheren Devachanplan das Gruppen-Ich des Mineralreichs. So ist in bezug auf seine Wirkungsweise für das Mineralreich in verschiedene Welten verteilt, was beim Menschen in der physischen Welt zusammengefaßt ist. Wenn wir mit dem okkulten Blick wiederum verfolgen, um was es sich real dabei handelt, so stellt sich uns folgendes heraus. Wir müssen im Sinne des Okkultismus auf dem physischen Plan von dem Mineralreich zunächst überhaupt nur dasjenige suchen, was wirklich physisch wahrnehmbar ist, was also für die äußeren Sinne vom Mineralreich wahrnehmbar ist. Wir müssen uns klar sein darüber, daß vom MineraIreich zunächst wahrnehmbar ist dasjenige, was wir die

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Formen, die Gestalten nennen. Wir wissen ja - das kann hier nur berührt werden -, daß uns die mineralische Welt, teilweise wenigstens, in einer solchen Weise geformt, gestaltet entgegen- tritt, daß wir diese Gestaltung als etwas der mineralischen Natur Angemessenes empfinden. Wenn wir einen Körper in Würfelform erblicken und einen anderen in einer anderen Form, so wissen wir, daß diese Formen nichts Zufälliges sind, sondern daß sie in einer gewissen Weise mit der Natur des Minerals zusammenhängen.

Es lehrt uns nun die okkulte Forschung, daß diese Formen im Mineralreich, die wir ja auch als Kristallformen bezeichnen, zunächst auf die Wirkungsweise der Geister der Form zurückzuführen sind. Eben weil der Okkultismus überall auf die Realität ausgeht und sucht, woher dieses oder jenes rührt, so wird auch die Namengebung im Okkultismus so getroffen, daß der Name irgendwo auf etwas Charakteristisches hinweist. Und der Name Geist der Form ist aus dem Grunde gewählt worden, weil in dem Reiche, das wir auf der Erde als das mineralische Reich ansprechen, wirksam sich erweisen die Geister der Form, und ferner vor allen Dingen die Nachkommen der Geister der Form in dem Sinne, wie wir von Nachkommen der Geister höherer Hierarchien im Laufe dieser Vor- träge gesprochen haben. Wir müssen, wenn wir die Natur des Minerals verstehen wollen, uns jetzt klar darüber sein, daß eigentlich in der Hauptsache für das physische Wahrnehmen diese Formen des Minerals vorhanden sind; dann allerdings gewisse Kräfte, die sich im Mineralreich äußern, zum Beispiel Kräfte der Elektrizität, des Magnetismus, Kräfte, die da bewirken, daß die Mineralien uns in gewissen Farben erscheinen. Kurz, wir müssen uns klar sein darüber, daß eigentlich von dem Mineralreich in der Hauptsache nur die Form auf dem physischen Plan zu beobachten ist. Lassen wir zunächst die anderen Eigenschaften unberücksichtigt, betrachten wir die Form, die uns wenigstens bei einem großen Teil des Mineralreiches entgegentritt, und seien wir uns klar, daß diese reine Form zunächst von der Wirkungsweise der Geister der Form oder von ihren Nachkommen herrührt.

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Nun kommen wir zu dem, was wir als zweites Glied eines Wesens des Mineralreiches anzusprechen haben, zum sogenannten ätherischen Leib. Der okkulte Forscher findet das, was er als den ätherischen Leib bei einem Mineral anzusprechen hat, nicht in der physischen Welt, er findet es in demselben Gebiete, in dem er suchen muß, wenn er zum Beispiel den astralischen Leib der Pflanze oder das Gruppen-Ich der Tiere ins Auge faßt. Und wir haben gestern gesehen, er braucht keine anderen Veranstaltungen in seiner Seele zu machen als diejenigen, die notwendig sind, um die Gruppen-Iche der Tiere zu finden: mit denselben Bewußtseinszuständen, mit denen er die Gruppen-Iche der Tiere wahrnimmt, findet er auch die astralischen Wesenheiten der Pflanzen und das, was als Atherisches dem Mineralreich zugrunde liegt. Nun hat sich uns gezeigt, daß wir dazu mit unserer Beobachtung bis in die Region der Planeten eines Planetensystems gehen müssen; also bei unserem Planetensystem zu denjenigen Planeten, die außerhalb der Erde vorhanden sind. Und wir haben gezeigt, wie sozusagen unmittelbar von diesen Planetenorten her die entsprechenden Kräfte wirken, welche sich in den Gruppen-Ichen der Tiere, in den Astralleibern der Pflanzen äußern. Dahin müssen wir aber auch gehen, wenn wir suchen wollen, was ätherisch hineinwirkt in die Mineralien. Wie ein Mineral umspült wird von Lebenskräften, das zeigt sich uns erst, wenn wir bis zu jenem allgemeinen Leben gehen, welches gleichartig ist von der Erde bis zu den übrigen Planeten unseres Planetensystems. So haben wir also das Prinzip, durch welches das Mineralische belebt wird, das Leben des Minerals, nicht in der physischen Welt zu suchen, nicht im Bereich dessen, was unsere Erde unmittelbar uns darbietet, sondern in den Lebensströmungen, die von den Planeten herunterströmen. Angeregt allerdings von der Sonne, aber unmittelbar eben doch von den Planeten herunterströmend und lebendig unseren Erdplaneten durchdringend, um da drinnen mit ihren Nachkommen, den ätherischen Naturgeistern, von denen wir gesprochen haben, zu durchdringen dasjenige, was Form ist, so daß also dasjenige, was Form ist, Innerlichkeit hat; mit anderen Worten, daß die Form des Minerals, als einzig und

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allein vom physischen Plan herrührend, nicht durchdringlich ist, sondern uns Widerstand entgegensetzt. Würde im Mineral zunächst nichts wirksam sein als das, was auf dem physischen Plan wirksam ist, dann würde das Mineral uns eben bloß die Form wahrnehmbar machen, aber es ist diese Form ausgefüllt mit Innerlichkeit. Das Mineral hat doch auch Innerlichkeit, es hat die Innerlichkeit der verschiedenen Mineralsubstanzen. Es hat nicht nur Form, es hat Materie, es hat Substanz. Wenn wir diese Substanz unmittelbar in der physischen Welt gewahr werden, so ist sie allerdings eine erstorbene, eine tote Substanz; für den Weltenraum ist sie nicht tot, für den Planetenrauni wenigstens ist sie etwas, was zu seinem Leben gehört, was das Leben des Planetensystems ausscheidet. So wie der menschliche oder tierische Organismus, sagen wir, auch Härteprodukte ausscheidet, die Nägel zum Beispiel, so wird ausgeschieden die mineralische Substanz. Aber die wirksamen Kräfte, durch welche diese ausgeschieden werden, sind nicht auf der Erde selber zu suchen, und daher erscheinen sie uns für die Erde tot. Es sind diese Lebensströmungen, diese Lebenskräfte, es ist dieses Ätherische als herabströmend von den einzelnen Planeten zu suchen. Und so wie wir beim Betrachten der Gruppen-Iche der Tiere sagen konnten: es werden eigentlich nur allgemeine Formen geschaffen durch die Gruppen-Iche der Tiere, die dann weiter ausgebaut werden, so müssen wir auch sagen: die Lebensströmungen, welche von den einzelnen Planeten herunterströmen und die Erde allseitig durchdringen, sie schaffen für die Mineralien nicht die Formen, denn die werden geschaffen durch die Geister der Form, sondern es werden durch diese Strömungen die Mineralien durchdrungen mit Innerlichkeit, aber zunächst so, daß diese Innerlichkeit gewisse Haupttypen, Hauptinnerlichkeiten, Hauptsubstanzen gibt, und eine jede Substanz hängt mit irgendeiner Strömung, die von einem Planeten ausgeht, zusanIInen. Nur werden von diesen Planeten aus beim mineralischen Reich, weil die Mineralien gleich feste Formen bekommen, durch diese planetarischen Strömungen nicht Typen geschaffen, die in Beweglichkeit sind, sondern gleich eindeutige Typen, und es werden dann durch die verschiedenen Stellungen

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der Planeten, wie ich das gestern für die Gruppenseelen der Tiere geschildert habe, außer den Haupttypen, außer den Hauptsubstanzen andere Typen, Nebensubstanzen geschaffen, die wiederum von der Konstellation der einzelnen Planeten abhängen; aber das, was die Planeten durch ihre ursprüngliche Eigenheit schaffen, das drückt sich in den Hauptsubstanzen des Erdorganismus aus.

Wir haben also gewisse mineralische Hauptsubstanzen des Erdorganismus, von denen wir sagen können: Hier ist eine Substanz, die ist so, wie sie ist, dadurch, daß sie mit einer ätherischen Strömung von dem einen Planeten durchzogen wird; eine andere wird von einer Strömung von einem anderen Planeten her durchzogen. So daß wir die Natur der mineralischen Substanzen zurückzuführen haben auf Tätigkeiten innerhalb des Planetensystems, auf Tätigkeiten, die sich innerhalb des Erdenorganismus als ätherische Strömungen äußern. Und deshalb haben die okkulten Schulen, die solche Sachen zu untersuchen haben, wirklich auch die Hauptsubstanzen unseres Erdenorganismus so auf die Planeten bezogen, daß sie diejenigen Substanzen, die ganz unmittelbar, nicht erst durch Konstellation, sondern durch die Haupttätigkeit der Planeten bewirkt sind, mit denselben oder ähnlichen Namen bezeichnet haben wie die Planeten; oder wenigstens haben sie diese Substanzen in Zusammenhang gebracht mit den entsprechenden Planeten, und zwar so, daß dabei wirklich die okkulte Beobachtung eingehalten worden ist. Nehmen wir innerhalb unseres Planetensystems den Saturn, so hängt mit der Strömung, die gerade unmittelbar von ihm als Lebensströmung die Erde durchzieht, die Substanz zusammen, die wir als Blei bezeichnen. Wir haben da also eine Grundsubstanz, die innerlich belebt ist vom Saturn aus. Vom Jupiter aus haben wir als Hauptsubstanz das Zinn, vom Mars das Eisen, von der Venus - also jetzt im okkulten Sinn gemeint - das Kupfer. Bei dem Merkur hat man ja zu berücksichtigen, daß er später mit der Venus verwechselt worden ist. Was nun die Lebenstätigkeit des Merkur, im Sinne der eigentlichen okkulten Namengebung, substantiell schaffend bewirkt hat, indem sie eindrang in den Erdenorganismus, das zeigte durch die größere Nähe noch mehr Ähnlichkeit mit dem

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Planeten selbst, denn der Merkur steht ja der Erde näher als die anderen Planeten. Darum hat man der Substanz denselben Namen gegeben wie dem Weltenkörper selbst, nämlich Merkur oder Quecksilber. Das sind die Hauptsubstanzen, die in ihrem Ätherleib zusammenhängen mit den entsprechenden Planeten des Planetensystems. Und wenn wir uns erinnern, wie wir von dem, was überhaupt von dem Planetensystem aus wirkt, sprechen mußten in bezug auf die Gruppenseelen der Tiere, in bezug auf die AstralIeiber der Pflanzen, so handelte es sich immer um Wesenheiten, die im Zusammenhang stehen mit den Geistern der Bewegung, entweder mit ihnen selbst oder ihren Nachkommen, und die von den Planeten des Planetensystems in ihrer Gesamtheit auf die Erde wirken. So müssen wir dasjenige wiederum zur Sphäre der Geister der Bewegung rechnen, was ätherisch die mineralischen Substanzen durchdringt.

Nur um eine Welt höher, sozusagen, haben wir zu steigen, wenn wir in Betracht ziehen wollen, was als astralischer Leib zu dem mineralischen Reich gehört. Im Sinne unserer gepflogenen Betrachtung wird es Ihnen klar sein, daß wir, so wie wir von dem astralischen Leib der Pflanzen zu dem Gruppen-Ich der Pflanzen aufsteigen mußten, von den Planeten zur Sonne, zum Fixstern hin, so beim mineralischen Reich, wenn wir von dem ätherischen Leib zum astralischen Leib gehen, wiederum zum Fixstern hin aufsteigen müssen. Das heißt, wir können verstehen, daß der okkulte Blick uns sagt, daß das Astralische des Minerals in der Reihe der Wesenheiten der Hierarchie von dem aus wirkt, was wahrnehmbar ist unmittelbar von der Sonne her, von dem, was wir Geister der Weisheit nennen oder was zusammenhängt mit der Sphäre dieser Geister der Weisheit. Also es kommt alles in Betracht, auch was Nachkommen der Geister der Weisheit sind. Das, was da im Mineral wirkt, zeigt sich für die okkulte Forschung allerdings abgesondert, außerhalb des Minerals. Aber es zeigt sich so, daß allerdings das Leben, das jetzt eben geschildert worden ist als im Mineral sich befindend, als das Ätherische des Minerals, von außen hereingedrängt wird. Während der astralische Leib, sagen wir, beim Menschen

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oder Tier das Atherische von innen zusammenhält, wird beim Mineral das Atherische vom astralischen Leib, der außerhalb des Minerals ist, gleichsam zusammengeschoben, nicht zusammengezogen wie beim Menschen oder Tier. Wir könnten sagen: Wenn wir das Verhältnis des astralischen Leibes des Menschen zu dem ätherischen Leib betrachten, so wird das, was als ätherischer Leib wirkt, durch anziehende Kräfte zusammengehalten; bei dem Mineral ist das so, daß das Atherische von außen durch Kräfte zusammengeschoben wird, so daß also in die Form des Minerals durch astralische Wirkungskräfte hineingeschoben wird der Inhalt, die Innerlichkeit, die sich in der ätherischen Strömung zum Ausdruck bringt. Das Mineral wird astralisch von außen zusammengehalten, und zwar dadurch, daß dieses Mineral in bezug auf dieses astralische Zusammendrängen bestimmt wird durch die verschiedenen Stellungen, die die Sonne zur Erde hat. Man könnte sagen: Von dem Punkte aus, von dem die Sonne auf die Erde scheint, wird die ätherische Substanz in das Mineral hineingeschoben. Während also dieses Atherische selber von dem Planeten dirigiert wird, wird es hineingeschoben und zusammengehalten im Mineral oder Kristall von der Sonne aus, von jenen Kräften aus, die zur Sphäre der Geister der Weisheit gehören.

Zeichnung aus GA 136, S. 190
Zeichnung aus GA 136, S. 190

Nun zeigt sich da aber etwas sehr Merkwürdiges. Wenn wir diese Wirkung, die als astralische Kraft von der Sonne aus auf die Mineralien wirkt, okkult durchforschen, so erkennen wir gerade an diesem Punkt am allerdeutlichsten eine außerordentlich wichtige

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Tatsache: Wir lernen nämlich hier kennen, daß, während alle ätherischen Kräfte, die auf die Mineralien wirken und eigentlich ihre Grundsubstanzen bilden, von den Planeten herrühren, auch von der Sonne aus solche ätherische Strömungen auf die Erde her- untergehen. Also während im allgemeinen für die normale Bildung der Mineralien das substantiell Atherische von den Planeten her kommt und nur die ätherische Substanz von außen zusammengezogen, zusammengeschoben wird durch die Kräfte, die von der Sonne ausgehen, ist es doch wiederum nicht so, daß von der Sonne gar keine ätherischen Strömungen herunterkämen, sondern es kommt tatsächlich eine solche Strömung von ihr herunter. Woher rührt das nun? Warum kommt da von der Sonne eine ätherische Strömung herunter, die gleichsam das Mineral doch innerlich beleben kann? Warum geschieht das?

Das geschieht aus dem Grunde, weil da hinein wirkt dasjenige, was ich bezeichnet habe als das luziferische Prinzip. Diejenigen Geister, die aus der Reihe der höheren Hierarchien heraus astralisch auf die Mineralien wirken, sind, wie wir eben erwähnt haben, die Geister der Weisheit, während die Geister der Bewegung ätherisch wirken. Es gibt nun solche Geister der Weisheit, von der Sonne aus wirksam, die ihren normalen Entwickelungsprozeß durchgemacht haben; die wirken so, wie das eben beschrieben worden ist, sie wirken astraIisch auf das Mineralische. Es sind aber Geister der Weisheit Iuziferisch geworden. Wir haben dieses Luziferischwerden von gewissen geistigen Wesenheiten einer Hierarchie wie eine Art Rebellentum im Weltall bezeichnen können. Dieses Rebellentum wird dadurch bewirkt, daß sich gewisse Geister einer hierarchischen Stufe gegen ihresgleichen auflehnen und dadurch ihnen entgegenwirken, etwas anderes wirken. Erreicht wird dieses Auflehnen dadurch, daß sie einfach die Entwickelung nicht mitmachen, die die anderen machen. Sie bleiben einfach zurück auf einer früheren Stufe. So wie wir es in unserer eigenen Seele erleben, daß wir fortwolIen, aber die Vorstellungen und Gewohnheiten, die wir uns angeeignet haben, uns nicht fortlassen, weil sie auch dasein wolIen. Unsere Gewohnheiten sind oftmals die Rebellen gegen das,

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was wir uns in einer neuen Lebensepoche erworben haben. So sind die geistigen Wesenheiten, die auf einer früheren Stufe zurückbleiben, die Rebellen im Weltenall. Die luziferischen Geister, die Weisheitsgeister aus der zweiten Hierarchie, welche nicht mitgemacht haben die Entwickelung, die strömen nun, statt daß sie von der Sonne auf die Mineralien astralische Strömungen aussenden, ätherische Ströme herunter auf die Erde. Dadurch aber geschah es, daß eine gewisse mineralische Grundsubstanz gebildet wurde, die direkt von der Sonne her ihre Innerlichkeit erhielt. Also nicht von den Planeten, sondern von der Sonne her hat diese Grundsubstanz ihre Innerlichkeit erhalten, und das ist das Gold. Der 0kkuItist hat deshalb der Sonne direkt zugeteilt das Gold. Das Gold ist jenes luziferische Mineral, welches in bezug auf seine Innerlichkeit nicht von den Planeten ätherisch bewirkt wird, sondern von der Sonne aus. Dadurch ist gerade dieses Metall in einer gewissen Beziehung etwas anderes als die anderen Metalle.

Nun können Sie leicht begreifen, daß dadurch, daß ätherische Strömungen von der Sonne kommen und etwas in der Erde bewirken, was eigentlich innerhaIb der Erde ein Rebellenprinzip ist, das Gleichgewicht der Erde gestört ist. Das Gleichgewicht der Erde in bezug auf das Mineralreich wäre dann vorhanden, wenn alle ätherischen Einflüsse auf die Mineralien von den Planeten kämen und nur die astralischen Einflüsse von der Sonne. So aber gibt es auch von der Sonne her direkte ätherische Einflüsse, die das Gleichgewicht stören. Dieses Gleichgewicht mußte nun durch die weisen Weltenführer wiederum hergestellt werden. Die Erde konnte ihre Evolution nicht in solchem Zustande durchführen. Das Zusammenwirken der Hierarchien mußte so geschehen, daß wiederum Gleichgewicht bewirkt wurde. Den stärkeren luziferischen Atherkräften mußten entgegengestellt werden Kräfte, die diese Wirkung in einer gewissen Weise paralysieren, aufheben. Das konnte nur dadurch geschehen, daß der Ätherströmung, welche von der Sonne kam, eine andere entgegengesteIlt worden ist, die mit ihr in ein Wechselspiel tritt und ihre Wirkungen in einer gewissen Weise ausgleicht. Während sich also Geister der Weisheit luziferisch erwiesen haben

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und von der Sonne in das Mineralreich der Erde schickten Ätherströmungen, haben andere Geister dafür gesorgt, daß diesen Strömungen andere Strömungen entgegengesetzt werden. Diese entgegengesetzten Ströme, die das Gleichgewicht wieder herstellen, sind nun dadurch geschaffen worden, daß aus der gestörten Gleichgewichtssubstanz der Erde ein Teil abgesondert wurde und als Mond die Erde umkreiste. So kommen den Ätherströmungen von der Sonne her jene Ätherströme entgegen, die nun von dem Mond von der ganz anderen Seite her auf die Erde fließen und das Gleichgewicht wieder herstellen. Es mußten also, weil luziferische Geister der Weisheit auf der Sonne die Möglichkeit gewonnen hatten, Ätherströme auszusenden, andere Geister der Weisheit darauf verzichten, von der Sonne aus zu wirken, vielmehr sich herbeilassen, ihre Kräfte dazu zu verwenden, um das Gleichgewicht herzustellen. Das heißt eine Weltenkolonie, eine Planetenkolonie wurde begründet auf dem Monde, von dem nun ausströmten ätherische Strömungen nach der Erde hin, so daß eine Substanz erzeugt wurde, die in der Erde sein mußte, damit die direkte Goldkraft abgeschwächt wurde. Das geschah dadurch, daß der Mond von der Erde getrennt wurde. Und von den Geistern der Weisheit her, die den Mond abgetrennt haben und jetzt gewissermaßen die Gegner der luziferischen Geister der Weisheit von der Sonne geworden sind, durch- strömen die Erde diejenigen Ätherkräfte, die nun zum Silber als Substanz geführt haben. Sie sehen daraus, daß in dem Weltall, in dem Kosmos gewisse Dinge so wirken, daß man, ich möchte sagen, mit einem gewissen Schema zurechtkornmen kann, aber das Eigenartige ist, daß dieses Schema überall durchbrochen wird. Wenn jemand schematisch behaupten wollte, alle Ätherkräfte für die Mineralien kämen von den Planeten, so würde er sich irren, denn in Wahrheit kommen zwei Ätherströme von anderen Seiten her, die eine von der Sonne, die andere vom Monde, und dadurch werden auf andere Weise gerade zwei Grundsubstanzen gebildet.

Wenn wir uns einmal vergegenständlichen wollen, versinnlichen wollen, wie sich das, was ich eben erzählt habe, äußerlich zum Ausdruck bringt im Weltenall, so können wir dazu den folgenden Weg

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einschlagen. Wir müssen uns zuerst klarwerden darüber, was es denn eigentlich ist, was wir sehen, wenn wir zur Sonne hinauf- schauen. Wir haben ja vor einigen Tagen gezeigt, wie von den höheren Hierarchien eine eigene Entwickelung auf dem Fixstern eigentlich nur durchmachen die Geister, die heruntergehen bis zu den Geistern der Weisheit. So daß wir sagen können: Wenn wir den Blick hinausrichten auf einen Fixstern, so ist das, was da drin- nen ist im Fixstern, eigentlich Inhaltssubstanz der Geister der Weisheit. Das ist der wahre Inhalt des Fixsterns. Ja, der Mensch kann sich eigentlich zunächst von dem, was diese Substanz der Geister der Weisheit ist, nur dann eine Vorstellung bilden, wenn er das nimmt, was in ihm selber wenigstens als Bild dieser Substanz vorhanden ist. Was ist in uns selber, im Menschen, in der menschlichen Seele ein Bild der Substanz der Geister der Weisheit? Unsere Gedanken. Aber unsere Gedanken sehen wir nicht mit physischen Augen. Das ist das Wesentliche, daß auch die Fixsterne, insofern sie der Schauplatz sind der echten Geister der Weisheit, auch nicht zu sehen sind mit physischen Augen. Hier stehen wir an einem Punkt, wo wir wiederum hinweisen können auf das ungeheuer Bedeutungsvolle, das uns in den religiösen Urkunden, die auf Okkultismus gebaut sind, entgegentritt. Sie wissen ja, daß in der biblischen Urkunde, in der Genesis, die Menschen auf eine ganz eigenartige Weise geschaffen werden. Es wird uns gesagt, daß zur Eva Luzifer hinzutrat und ihr sagte, wenn sie das tut, was er will, werden ihr die Augen aufgetan werden. Wer den ursprünglichen Text kennt, wird auch da nicht mit einer symbolischen Erklärung bei der Hand sein. Denn wie das Gute und Böse in der Bibel gemeint ist, ist es nicht auf das moralische Gute und Böse bezogen - das gehört einer ganz anderen Kulturentwickelungsschichte an -, was dort als gut und böse bezeichnet wird, ist das, was außen gesehen wird, also etwas, das nicht geistig-seelisch geschaut wird, sondern mit Sinnesaugen. «Eure Augen werden aufgetan werden! » Vorher waren sie nicht aufgetan. Das ist buchstäblich zu nehmen. Bevor Luzifer herangetreten ist an den Menschen, konnte der Mensch hinausschauen; er sah mit einem ursprünglichen, den Menschen zuteil

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gewordenen Hellsehen die Fixsterne, aber er sah sie so, wie sie sind in ihrer Substanz als der Substanz der Geister der Weisheit: er sah sie geistig. Und er fing an, sie physisch zu schauen, das heißt, es strahlte ihm erst für seine physischen Augen wahrnehmbares Licht entgegen, als er selber, der Mensch, der luziferischen Versuchung unterlegen war. Das heißt, so wie die Fixsterne zunächst dirigiert werden von den Geistern der Weisheit, so sind sie physisch nicht sichtbar, so verbreiten sie nicht physisches Licht. Physisches Licht kann nur verbreitet werden, wenn etwas zugrunde liegt, was dem Lichte wie ein Träger unterliegt, wenn das Licht gleichsam gefesselt wird durch einen Träger. Daß ein Fixstern sichtbar werden kann, dazu ist noch etwas anderes notwendig, als daß bloß die geistigen Wesen der Weisheit in dem Fixstern wirken. Dazu ist notwendig, daß in diesem Fixstern luziferische Geister wirken, die sich auflehnen gegen die bloße Substanz der Weisheit, die diese bloße Substanz der Weisheit durchsetzen mit ihrem Prinzip. Und so ist innerhalb des Fixsterns dasjenige, was nur geistig sichtbar ist, untermischt mit dem, was sich gegen diese bloß geistige Sichtbarkeit auflehnt als Luziferisches in den Fixsternen, was das Licht bis zur physischen Erscheinung herausträgt.

Der Fixstern wäre nicht sichtbar, wenn er nicht in sich zu den Geistern der Weisheit, die normal fortgeschritten sind, auch solche hätte, die nicht ihr Ziel erreicht haben, die auf untergeordneter Stufe stehengeblieben sind, entweder auf der Stufe der Geister der Bewegung oder der Geister der Form. Stehengebliebene Geister der Weisheit, die nicht ihr Ziel erreicht haben, die haben wir als die Träger des Lichtes in der lichtlosen Geistsubstanz der Fixsterne anzuerkennen. Und wenn wir uns nun darüber klar sind, daß uns also eigentlich von den Fixsternen, somit auch von unserer Sonne, physisch Leuchtendes nur entgegendringt, weil sich den normalen Geistern der Weisheit die zurückgebliebenen beigesellen und zu Trägern des Lichtes, zu Luzifer, zu Phosphoros werden, so werden wir uns jetzt auch klar darüber sein, daß derselbe Grund, der die Sonne sichtbar macht, der uns von dem Fixstern das Licht zusendet, auch der ist, der die ätherischen Lebensströme nach der Erde schickt und das

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Gold bewirkt. Deshalb war es notwendig, daß eben von dem Monde aus die anderen Kräfte entgegenwirken, welche - als Ätherströme nimmt der okkulte Blick das wahr - zum Silber führen.

Wenn es nun aber wirklich Geister der Weisheit gibt, welche den Mond der Sonne entgegenstellen, um einen Ausgleich zu schaffen, so müssen wir uns sagen: Diese Geister der Weisheit auf dem Monde können nicht leuchten, denn Geister der Weisheit leuchten nicht. Wenn daher der okkulte Blick die Geister auf dem Monde sucht, so findet er sie nicht leuchtend. Aber ausschließen müssen diese Geister der Weisheit, die auf dem Monde eine Kolonie begründeten, die Iuziferischen Geister gerade vom Monde, sonst würde ja keine Waage gehalten werden.

Daher darf vom Mond kein Eigenlicht ausströmen, sondern nur das Licht, das als Sonnenlicht zurückgeworfen wird. Auf dem Mond haben ganz normale Geister der Weisheit wie durch ein Opfer ihren Sitz aufgeschlagen, um von da aus die Erde zu versorgen mit den nötigen Strömen, die das Gleichgewicht halten gegenüber den Iuziferischen Strömung,en, die von der Sonne ausgehen. Daher ist vom Mond das Eigenlicht ausgeschlossen. Und es ist jetzt nicht schwer, in dem äußeren Tatbestand, der uns in der physischen Welt entgegentritt, ein Symbolum zu sehen für einen tiefen okkulten Zusammenhang. Von der Sonne erscheint uns Eigenlicht, von dem Monde nicht, und das zurückgeworfene Licht, das uns vom Monde zustrahlt und von dem Luzifer der Träger ist, Luzifer, Phosphoros kündigt uns an, daß dieses Licht ausgeschlossen ist von dem Mond. Das, was Luzifer ist, kann nur dadurch in einem Bild, in einer Maja vom Monde herein erscheinen, daß Sonnenlicht zurückgestrahlt wird. Wenn also zum Beispiel die Mondsichel Sonnenlicht zurück- strahlt, so ist zunächst auf dem Mond selber nichts von luziferischen Geistern der Weisheit, sondern das, was von der Sonne her- strömt von den luziferischen Geistern der Weisheit, das wird als Licht zurückgeworfen. Richtet man nun den okkulten Blick nach dem Mond hinauf, dann verschwindet das, was der physische Blick sieht, dann verschwindet die leuchtende Mondsichel, denn die ist nur für physische Auge`n da; aber an der Stelle, wo die Mondsichel

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ist, da zeigt sich dem okkulten Blick das reale Wesen, das dem Lichtschein im Kosmos zugrunde liegt, zeigt sich das Bild des Luzifer, allerdings wie ein Spiegelbild. Denken Sie sich also das Bild des Luzifer für den okkulten Blick an die Stelle der Mondsichel gesetzt, dann müssen Sie sagen: Dieser Mond verdankt seine Entstehung dem Umstand, daß normale Geister der Weisheit Verzicht geleistet haben auf ihren Wohnplatz auf der Sonne, aufgeschlagen haben ihren Wohnplatz auf dieser Kolonie und dort bändigen, was von den luziferischen Geistern ausstrahlt. Daher zeigt sich für den okkulten Blick der Geist der Weisheit hier oberhalb der Mondsichel, bändigend das luziferische Prinzip. Wie ein guter Geist der Weisheit, der da bändigt das luziferische Prinzip unter sich, so zeigt der okkulte Tatbestand sich symbolisch vor der Imagination.

Die Okkultisten haben daher eine Gestalt hingestellt, die man gewöhnlich auffaßt als einen Erzboten des höheren Geistes der Weishefr, der Luzifer bezähmt, und an Stelle der Mondsichel ist hingestellt der Luzifer, der gefesselt, der gebändigt wird. Das ist ein okkultes Bild. Sie finden auch unter unseren okkulten Bildern eines, das darstellt, wie der Erzbete bändigt Luzifer. Das weist eben auf tiefe okkulte Geheimnisse hin. Das, was äußerlich in der Maja erscheint, ist in Wahrheit zuzuschreiben dem Zusammenwirken der Geister der Hierarchien. Wenn wir die Mondsichel mit physischen Augen sehen, siIbererglänzend, und oben noch wie einen Schatten dadrinnen das Finstere, das manchmal zu erblicken ist, so verwandelt sich vor dem oI&ulten Blick die Mondsichel in ein lebendiges Lebewesen mit dem bändigenden Geist darüber, der das Gleichgewicht vom Mond aus herstellt. Sie sehen also, daß schon, um eine solche Erscheinung hervorzubringen, wie unser Erdenmond ist, mancherlei Veranstaltungen im Kosmos nötig sind. Das Zusammenwirken der verschiedenen Hierarchien im Kosmos ist ein sehr kompliziertes, und man würde auch in einer längeren Reihe von Vorträgen immer nur Andeutungen geben können. Wir können nur das Prinzip, wie diese geistigen Hierarchien zusammenwirken, klarmachen.

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Halten Sie bitte diesen Gedanken fest, der jetzt ausgeführt worden ist in Anknüpfung an den astralischen Leib der Mineralien. Wir haben ja jetzt noch das Gruppen-Ich der Mineralien zu betrachten. Wenn wir dieses Gruppen-Ich ins Auge fassen, so ist das zunächst in einer noch höheren übersinnlichen Welt zu suchen, das heißt in einer Welt, die wir nicht innerhalb der Gebiete finden, wo die Gruppen-Iche der Tiere oder die der Pflanzen sind. Wir können es deshalb auch nicht auf der Sonne finden. Wo zeigt sich denn nun dem okkulten Blick das Gruppen-Ich der Mineralien? Ja, sehen Sie, das ist das Eigentümliche, daß dieses Gruppen-Ich der Mineralien eigentlich nirgends so recht sein Ende hat, wenn wir in den Weltenraum hinausgehen: daß es im ganzen weiten Weltenraum ist und von da hereinwirkt. Da kommen wir dazu, einzusehen: Wir müssen das Gruppen-Ich des Mineralreiches eigentlich außerhalb des Planetensystems suchen, wir müssen es als etwas ansehen, das von außen her in das Planetenreich hereinwirkt. Das stimmt ja insofern auch mit dem, was Sie aus der «Akasha-Chronik» wissen: daß die nächsthöhere Klasse von Wesenheiten nach den Geistern der Weisheit die Geister des Willens oder die Throne sind. Diese Geister des Willens, die der ersten Hierarchie angehören - ihre Nachkommen bringen es aber nicht so weit, daß sie der ersten Hierarchie beizuzählen sind -> diese Geister des Willens oder ihre Nachkommen geben dasjenige ab, was zum Gruppen-Ich der Mineralien führt und was im Grunde genommen von außen in das Planetensystem hereinwirkt. Das stimmt ja auch damit überein, daß gleich mit der Ausgießung der Geister des Willens die Bildung des Planetensystems beginnt mit dem alten Saturn, der bewirkt wird von den Geistern des Willens. So wie diese dazumal aus dem Weltenall die erste Verkörperung unserer Erde aufgebaut haben, so wirken sie auch jetzt noch. Sehen können wir diese Geister des Willens eigentlich nur dadurch, daß sie, wenn sie luziferisch werden, in einer gewissen Weise sich in jenen Erscheinungen zeigen, die wir als Meteore im Bereich der Erde finden und die wie aus dem Weltenraum hereinkommen. Es zeigt sich uns, man möchte sagen, der kosmische Ursprung, der außerirdische Ursprung dessen, was da in

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Betracht kommt, dadurch daß, wenn diese Geister des Willens hereinwirken, sie sich angliedern, leicht, leicht angliedern an das, was in das Planetensystem hereinwirkt als kometarische und meteorische Wesenheiten, kometarisches oder meteorisches Leben.

Wir haben gezeigt, was dieses Leben für einen Sinn hat innerhalb des Planetensystems. Andeutend möchte ich wenigstens bemerken, daß tatsächlich der Komet etwas ist, was von außen herein- kommt, was sich aber in gewisser Weise das Mineralische angliedert. Indem der Komet das Planetensystem durchfährt, gliedert sich an, was auch von den Geistern des Willens herstammt, das MineraIische. Und die Folge kann sein, daß, indem der Komet das Planetensystem durchsaust, sich Mineralisches angliedert, das dann von der Erde angezogen wird und hinunterfällt. Das ist natürlich nicht der Komet; öes verhält sich vielmehr so, daß er in irgendeiner Weise durch Meteorsteinauswürfe sich auf der Erde ankündigt. Die Dinge sind durchaus sachgemäß, und wenn sich bei einer Betrachtung gewisse Widersprüche herausstellen zu dem, was früher dargestellt wurde, so darf man immer gewärtig sein, daß diese Widersprüche sich einfach lösen, wenn man alles, was in Betracht kommt, wirklich berücksichtigt.

Das war nur eine Andeutung, die zeigen sollte, daß wir es im Planetensystem wirklich mit Dingen zu tun haben, die aus dem Kosmos hereinwirken. Diese GruppenseeIen der Mineralien wirken strahlenförmig von außen nach innen. Und da ja von den verschiedenen Seiten her der Raum uns verschiedene Wirkungsweisen dar- bietet, da es ja nicht ein gleichartiger Raum ist, strahlen uns diese Gruppenseelen der Mineralien, die dem Bereich der Geister des Willens angehören, von den verschiedenen Seiten her in der verschiedensten Weise entgegen. Durch das Zusammenwirken nun dessen, was für die Mineralien von den Planeten kommt, was von der Sonne kommt und was aus dem Weltenall hereinströmt in den verschiedensten Richtungen, durch alles das entsteht die Möglichkeit, daß nicht nur jene Grundtypen, die wir heute erwähnt haben, im MineraIreich vorhanden sind, sondern daß alle möglichen anderen Formen und alle möglichen anders modifizierten Substanzen

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des Mineralreiches sich bilden. Welche Substanz ein Mineral aufweist, das hängt lediglich davon ab, in welcher Weise die Kräfte, die von den Planeten aus wirken, wiederum beeinflußt werden von anderen Kräften, die entweder astralisch von der Sonne her oder aber aus dem Weltenraum herein in verschiedenen Richtungen auf die Erde zuströmen. Die ganze Mannigfaltigkeit des Mineralreiches kann damit also begriffen werden.

Wenn wir unseren heutigen Saturn betrachten, so stellt er sich zunächst für den okkulten Blick als der äußerste Planet unseres Planetensystems dar. Warum? Weil eigentlich der Saturn als Planet geradeso wie der alte Saturn, welcher die erste für uns verfolgbare Verkörperung unseres Erdenzustandes ist, mitbewirkt wird von den äußeren Strömungen, die aus dem Weltenraum hereinkommen. Und wenn wir in einem sehr frühen Zustand unserer Erdenentwickelung den Saturn hätten beobachten können, so würden wir gesehen haben, daß er in seiner Bahn wie eine Art von Kern hat und eine Art Kometenschweif, welcher hinausgeht in die Welten- weiten.

Zeichnung aus GA 136, S. 200
Zeichnung aus GA 136, S. 200

Der Saturn würde sich für alte Zeiten durchaus so gezeigt haben, daß er einen Kern hat und einen richtigen Kometenschweif, der in die Weiten hinausgeht. Das heißt, der Saturn würde sich in

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Urzeiten unserer Erde als ein in der Saturnbahn fortgehender, den Schweif nach außen gerichteter Komet gezeigt haben.

So war er früher, so zeigen ihn die Tatsachen der Akasha-Chronik. Dieser Schweif des alten Saturn, der gab die verschiedensten Richtungen in den Raum hinaus an, welche den Strömungen entsprachen, die vom Weltenraum hereinkamen, dirigiert von den Geistern des Willens, die die Gruppenseelen der Mineralien sind. In einer späteren Zeit, als durch die Geister der anderen Hierarchien das Planetensystem in sich geschlossen worden ist, da hat sich das, was sonst in den Weltenraum hinausging, so zusammengezogen, daß aus dem Schweif ein in sich geschlossener Ring wurde. Durch die Anziehung des Planetensystems formierte es sich zu dem Ring. Der Ring des Saturns ist nichts anderes vor dem okkulten Blick als genau dieselbe Erscheinung wie ein Kometenschweif. Wenn Sie den Ring des Saturns nehmen würden, wie er den Saturn umkreist, und ihn auflösten, so hätten Sie den Kometenschweif.

Wir haben also die Möglichkeit, auf das Hereinströmen der Gruppenseelen der Mineralien in unser planetarisches System noch zurückzusehen. Wiederum geben uns die einzelnen Stationen in der Hauptsache die Zeichen des Tierkreises an. Zu bemerken ist, daß die beiden äußersten Planeten, die heute von der physischen Astronomie zu unserem System gezählt werden, Uranus und Neptun, ursprünglich nicht zu unserem Sonnensystem gehörten, sondern daß diese vieI später zugeflogen und in den Anziehungsbereich unseres Systems gekommen sind. Dann wurden sie Genossen und blieben bei dem Sonnensystem. Also nicht in demselben Sinn können sie zu unserem System zugezählt werden wie die anderen Planeten vom Saturn an, die sozusagen vom Anfang an zu unserem System gehörten. So haben wir im Sat~rn, namentlich wenn wir ihn in seiner alten Gestalt betrachten, einen Planeten zu sehen, der, indem er seine eigene von seiner Mitte ausgehende ätherische Strömung unserer Erde zuschickt, die Substanz des Bleies, wir können sogar sagen, schafft. Wir sehen aber zugleich, wie die Gruppenseelen der Mineralien hereinströmen, wie diese Gruppenseelen ergriffen werden, indem auf sie eine Anziehung ausgeübt wird von

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der Sonne, von der aus der astralische Leib des Minerals ausströmt. Von der Sonne strömt in den Raum hinaus der astralische Leib des Minerals, vom Weltenraum herein strömt das Ich des Minerals. Indem Sie zusammenströmen, wird etwas bewirkt, was modifiziert gleichsam sich ausdrückt in einer Befruchtung des Gruppen-Ichs mit dem astralischen Leib und wodurch erst das Mineral in seiner Vollständigkeit zustande kommt.

So haben wir aber auch, wenn wir noch einmal auf die Kometen zurückgehen, in den Kometen etwas zu sehen, was im Grunde genommen aus dem Weltenraum herein mit einer ähnlichen Art von Wesenheit strömt wie die Gruppenseelen der Mineralien. Die Gruppenseelen der Mineralien gehören dem Bereich der Geister des Willens an. Über sie hinaus liegen nun die Wesenheiten, die dem Kometenleben wesentlich zugrunde liegen. Aber überall gibt es luziferische Wesenheiten; so auch in den Kometen drinnen, welche auf der Stufe der Throne, nicht der Seraphim oder Cherubim stehen. Dadurch bekommt der Komet eine mineralische Natur, erscheint also als ein mineralischer Einschlag im Planetensystem, und wir haben, mit anderen Worten, in den Kometen Weltenkörper zu sehen, die aus dem Kosmos hereinfiiegen zu einer Zeit, als das Planetensystem schon gebildet ist, und die daher nicht so weit kommen wie die Körper innerhalb des Planetensystems selbst, sondern auf einer wesentlich früheren Stufe zurückbleiben.

Es würde nun allerdings reizvoll sein, die Stufen des Weltenwerdens zu verfolgen, wie sie sich bilden durch das Zusammenwirken der Geister der Hierarchien innerhalb eines Fixsternsystems, wie diese selben Geister uns im Grunde genommen erscheinen, wenn wir den Blick hinausrichten auf Weltennebel und auf ferne Fixsterne. Wo immer wir den okkulten Blick auf einen Fixstern richten, überall begegnen wir zunächst normalen Geistern der Weisheit. Es würde unsichtbar bleiben der ganze Himmel für die physischen Augen und sichtbar nur für ein hellsichtiges Bewußtsein, wenn nur diese normalen Geister der Weisheit wirkten. Aber überall sind in die normalen Geister der Weisheit hineingemischt luziferische Geister, die physisches Eigenlicht in die Fixsternwelten

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hineinbringen. Wenn uns der nächtliche Sternenhimmel entgegen- leuchtet, wirkt eigentlich Phosphoros aus unzähligen Punkten her, und überall im Weltall finden wir die Möglichkeit der Gestaltung nur durch das Zusammenwirken von Gegensätzen, durch das Zusariirnenwirken von den normalen Geistern der Hierarchien mit denen, die Rebellen geworden, das heißt zurückgeblieben sind. Unleuchtend dem physischen Auge, aber dem geistigen Auge sichtbar, ist der Sternenhimmel durch die normalen Geister der Weisheit; leuchtend wurde er dem physischen Auge, in Maja zeigt er sich durch Luzifer oder durch die luziferischen Geister, die überall tätig sind und sein müssen.

So haben wir, meine lieben Freunde, auch im Mineralreich etwas Merkwürdiges gesehen. Wir haben sozusagen heute abgefangen den Mond als einen Schauplatz, von dem aus ein Weisheitsgeist wirkt, der Luzifer bändigt, weil ein Ort geschaffen werden mußte, von dem aus durch den Gegensatz das Gleichgewicht gegenüber der luziferischen Wirksamkeit hergestellt werden konnte. Welche Bedeutung hat das nun für den Menschen? Wir haben gesehen, wie beim Menschen alles zusammengedrängt ist auf den physischen Plan, was gleichsam verteilt ist über die Welten für das Mineral. Wir haben Gruppenseelen gefunden für die Mineralien, Pflanzen, Tiere. Gibt es auch für den Menschen eine Art Gruppenseele? O ja. Die Grnppenseelen der Mineralien finden wir im Reich der Throne, die Gruppenseelen der Pflanzen in der Sphäre der Geister der Weisheit, die Gruppenseelen der Tiere in der Sphäre der Geister der Bewegung; der Mensch aber hat seine Gruppenseele so erhalten, daß mit dem Einflößen seines Ich eine Gruppenseele ursprünglich als der Ausfluß der Geister der Form gegeben war. Und was diese Gruppenseele des Menschen, die eigentlich durch die Geister der Form dazu bestimmt war, eine einheitliche Seele in der ganzen Menschheit zu sein, was diese Gruppenseele differenziert, gegliedert hat in solche Verschiedenheiten, daß Rassenverschiedenheiten, Stammesverschiedenheiten auftraten, das ist nun durch das Wirken der anderen Geister geschehen. Wir haben einiges davon gestern andeuten können. Der Mensch ist über die Erde hin als eine Einheit

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geschaffen worden, durch die sich geltend machen sollte das gemeinsame, das Ur-Ich der Menschen wie eine Gruppenseele, die in allen Menschen lebt, die eben bis zum physischen Plan herunter- gestiegen ist. So wie für die Mineralien nur die äußere Form von den Geistern der Form zustande gebracht werden kann, so wird von denselben Geistern der Form für den Menschen das GruppenIch geschaffen, das dann durch die anderen Wesenheiten der verschiedenen Hierarchien differenziert wird. Was nun für das mineralische Reich durch die Bildung des Mondes an Gleichgewicht geschaffen worden ist, es ist auch für den Menschen an Gleichgewicht geschaffen worden, und zwar so, daß, während für das mineralische Reich im Mond auch der physische Ausgleich da ist, nun auch für den Menschen genau in derselben Weise ein Mondprinzip vorhanden ist, das dem luziferischen Einfluß auf die menschliche Natur ebenso entgegenwirkt wie im Mineralreich das dunkle Mondprinzip dem luziferischen Prinzip. Wie in der mineralischen Welt im Monde etwas wirksam ist, was das Gleichgewicht hält dem von der Sonne ausströmenden luziferischen Prinzip, 50 wirkt ein geistiges Mondprinzip vom Mond aus der Versuchung des Luzifer entgegen, die an den Menschen herangetreten ist im Verlaufe der Erdenentwickelung. Und wie wir gesehen haben, daß alle Planeten, alle Himmelskörper in Zusammenhang stehen mit Wesenheiten der höheren Hierarchien, so auch der Mond. Die Geister der Weisheit begründeten eine Kolonie auf dem Monde, um das Gleichgewicht zu retten, und so wirken auch in der Richtung vom Mond her auf den Menschen zunächst gegen Luzifer ausgleichende Geister, der versuchend an den Menschen herantrat und, wie er das Licht verbreitete, so auch seine geistigen Prinzipien in die Menschenseele hineinsenkte. So daß wir damit auch hinweisen können auf den Mond als den Träger des Gegners des Luzifer, als den Wohnsitz von finsteren Geistern, die aber da sein müssen, damit den vorwärtsdrängenden Lichtträgern, die zugleich die versuchen- den Geister der Menschheit sind, das Gleichgewicht gehalten werde.

Im hebräischen Altertum wurde im Grunde genommen das Geheimnis vom Mond und seinem geistigen Prinzip zuerst der Menschheit

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enthüllt, und was wir physisch am Mond gefunden haben, ist in seinem geistigen Aspekt das, was das hebräische Altertum als das Jahveprinzip bezeichnet. Es ist damit sozusagen der Mond als der Ausgangspunkt der Wirkungskräfte des Gegners des Luzifer auf den Menschen bezeichnet. Jahve oder Jehova ist der Gegner des Luzifer. Die althebräische Geheimlehre schaut hin auf die Sonne und sagt sich: In der Sonne wirken die unsichtbaren Geister der Weisheit, die nur für den geistigen Blick sichtbar sind, nicht aber für den physischen Blick. Für diesen strahlt herunter das Prinzip des Luzifer. Was äußerlich zu sehen ist an dem Sonnenprinzip, ist Luzifer; darinnen aber wirkt geheirnnisvoll, unsichtbar für den physischen Blick alles das, was erreichbar ist durch die Geister der Weisheit, die das Tor dazu bilden. Abgetrennt und geopfert hat sich einer dieser Geister der Weisheit und seinen Platz auf dem Mond aufgeschlagen, um von da aus so zu wirken, daß das Licht gebändigt, aber auch das Geistige des Luzifer getilgt wird. - Einen Abgesandten jener wahren, höheren geistigen Wesenheiten, zu denen sich der Blick eröffnet durch die Geister der Weisheit, wenn geistig auf die Sonne geschaut wird, sah das hebräische Altertum in Jahve oder Jehova. So lange - das stellte sich mit Recht das althebräische Altertum vor -, so lange muß Jahve vom Mond her wirken, bis die Menschen reif geworden sind, innerlich wenigstens zunächst, zu ahnen, zu empfinden, was nach und nach im weiteren Verlauf die Menschheit auch erkennend schauen wird: daß nicht nur das Physische des Luzifer von der Sonne her kommt, sondern von der Sonne aus die Verbreitung desjenigen geschieht, wozu die Geister der Weisheit das Tor sind.

So erschien dem hebräischen Altertum in Jahve das, was gleichartig ist mit den Geistern der Weisheit der Sonne, und wir können sagen: Wie das Sonnenlicht vom Mond im Raum zurückgeworfen wird, so war für die wirklichen Kenner des hebräischen Altertums Jahve die Zurückstrahlung jener geistigen Wesenheit, die einstmals, wenn die Menschen reif werden, von der Sonne herstrahlen wird, deren Erscheinen die Rischis und Zarathustra und die Osirisdiener vorausgesagt haben. Wie im Raum das Sonnenlicht vom Mond

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zurückgestrahlt ist, so zeigte sich in Jahve oder Jehova wie eine Reflexion das Prinzip des Sonnengeistes, den Sie mit einem Namen, wie Sie wollen, bezeichnen können: mit Vischvakarman, wie ihn die alten Inder, mit Ahura Mazdao, wie ihn Zarathustra, mit Osiris, wie ihn die alten Ägypter, oder mit Christus, wie ihn die vierte nach- atlantische Kulturperiode bezeichnet hat. Das ist die esoterische Auffassung des Jahve: es ist der vom Mondenprinzip zurückgestrahlte und, weil in der Zeit zurückgestrahlte, vorher angekündigte Christus. Daher uns auch im Johannesevangelium eine Stelle entgegentritt, die sonst niemals verstanden werden kann, da wo darauf hingewiesen wird, daß bei Moses die Rede ist von dem Christus. Es ist in Wahrheit die Rede von Jahve; aber es ist der Christus, der vorher verkündigt wurde. Es wird auf eine solche Stelle hingewiesen, wo von Jahve die Rede ist, weil der Träger des Christus damit die Tatsache andeutet, daß Jahve nur der in der Vorzeit angekündigte Christus ist.

So sehen wir, wie diese Dinge in sich selber zusammenstimmen und wie sich uns zusammenschließt die heutige Betrachtung mit der gestrigen; wie wir nunmehr in dem, was wir äußeres Licht und seinen Träger nennen, etwas zu sehen haben, was im Kampfe liegt mit einem geistigen Prinzip, das auf dem normalen Punkt seiner Entwickelung ist und das uns zunächst als der geistige Mittelpunkt unseres Planetensystems so erscheint, wie wir das gestern und heute dargestellt haben. Auf Namen kommt es dabei nicht an, sondern darauf, daß wir die ganze Bedeutung dieses Prinzips erkennen. Wir müssen erkennen, daß wir auf geistigem Gebiete sprechen vom Christus, wie wir sprechen auf physischem Gebiete von der Sonne; daß wir auf geistigem Gebiete von den Planetengeistern und den Planeten sprechen, wie wir sprechen in der Entwickelung der Erdenkultur etwa von dem Prinzip des Buddha. Hier haben Sie wiederum einen Punkt, wo Sie eine der bedeutenden Offenbatungen finden, die Ihnen entgegentreten bei H. P. Blavatsky. Was für große Offenbarungen in der «Geheimlehre» sind, ersehen Sie auch wiederum aus der Behandlung, die Blavatsky dem Jahvebegriff zuteil werden läßt. Wir brauchen uns nicht daran zu stoßen, daß

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sie den Dingen nicht gerecht wird, weil sie eine gewisse Antipathie gegen Christus und Jahve hat; aber das Wahre dringt doch durch, und die Charakteristik des Jahve als einer Mondgottheit und die Darstellung, daß Luzifer sein Gegner ist, bei H. P. Blavatsky, das erweist sich als etwas wie, man m&hte sagen, der gebrochene Ausdruck eines Wahren. Und die Darstellung, die da bei Blavatsky gegeben ist aus der Inspiration, sie erhält nur bei ihr eine subjektive Färbung, weil sie die Empfindung hatte, daß Luzifer eigentlich eine gute Gottheit ist. Sie empfand ihn als eine gute Gottheit. Sie zog ihn in gewisser Beziehung dem Mondgott vor, weil Luzifer für sie ein Sonnengott war. Das ist er auch, aber wir mußten den wahren Zusammenhang hinstellen, damit wir den Ausspruch, der früher figurierte, begreifen können: Christus ist der wahre Luzifer. «Christus verus Luciferus.» Heute klingt das nicht mehr gut für die Menschen. Damals hat es noch gut geklungen, als man aus den alten Geheimlehren wußte: In dem äußeren physischen Licht offenbart sich Luzifer, der Lichtträger, aber wenn wir durch das physische Licht durchdringen zu den Geistern der Weisheit, durchdringen zum geistigen Licht, dann gelangen wir zu dem Lichtträger des geistigen Lichtes: Christus verus Luciferus.

Ich denke, meine lieben Freunde, daß trotz all der Unvollkommenheit, mit der dieses umfassende Thema hat ausgeführt werden können, dennoch vor Ihre Seelen getreten ist, was wir ja auf geisteswissenschaftlichem Gebiet immer erreichen wollen: daß uns die Behandlung eines jeglichen Themas dahin bringt, aus dem Sinnlichen ins Geistige aufzuschauen. Bei den Himmelskörpern, die uns als die Abdrücke der Weltenwunder hereinleuchten aus dem Raum, wird das ja in vieler Beziehung ganz besonders schwer, weil wir in den Himmelskörpern ein kompliziertes Zusammenwirken der Wesenheiten der verschiedenen Hierarchien haben und weil wir alles das, was im Weltenraum geschieht, doch nur begreifen können, wenn wir auch hier hinter aller Materie, selbst hinter der Lichtmaterie, den Geist oder die Geister finden. Hinter all diesem Geistigen liegt ja das gemeinsame, das väterliche, göttliche Leben. Dieses eine allüberall und immer wirkende, allgöttliche

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Leben gliedert sich, bevor es im Physischen zum Ausdruck kommt, in zahlreiche Welten geistiger Hierarchien. Wir aber blicken auf zu diesen Welten und sehen in ihnen das, was den Wundern des Himmels zugrunde liegt und herunterwirkt bis in unsere Natur- reiche hinein. Denn auch in unseren Naturreichen zeigen sich die Hierarchien selber oder ihre Nachkommen. Wenn wir so in den Hinimelsraum hinausblicken, dann können wir durch eine solche Betrachtung doch auch einen moralischen Eindruck bekommen, einen moralischen Eindruck, der darin bestehen muß, daß, wenn wir die gewaltigen Wirkungen der Hierarchien am Himmelsraum auf uns ein wenig Einfluß gewinnen lassen, wir dann abgezogen werden von den Leidenschaften, von den Trieben, Begierden, Vorstellungen, die das physische Erdenleben zeitigt. Diese Vorstellungen, diese Triebe, Begierden und Leidenschaften, die das physische Erdenleben zeitigt, sie sind es im wesentlichen, welche über die Erdenentwickelung das hinwerfen, was die Menschen in Parteiungen spaltet, was die Menschen über die Erde hin zu Gegnern und Anhängern der verschiedensten Richtungen macht. Man kommt in einem höheren moralischen Sinn zu einer Freiheit, wenn man wenigstens für kurze Momente von der Betrachtung des Irdischen sich losreißt und die Welten der Geister im Weltenraum betrachtet. Da werden wir frei von dem, was sonst` hereinspielt in unsere egoistischen Triebe, die doch nur die Ursachen aller Erdenkämpfe und aller Erdenkleinigkeiten sind. Daher ist es wohl das sicherste Mittel, gerade die hohen Ideale des anthroposophischen Lebens zu erreichen, wenn wir zuweilen den Blick hinaufrichten zu den Sternenwelten und ihren geistigen Lenkern und Leitern,den Hierarchien. Wenn wir da oben, so wie wir es gestern und heute versucht haben, Kulturströmungen ergründen und die Bedeutung der inspirierenden Geister für die Religionen und Weisheitsträger der Menschheit, dann wird es uns vergehen, Streit zu führen auf der Erde wie die Bekenner einzelner Systeme. Wir werden uns nicht an Namen hängen, nicht an Bekenntnisse einzelner Gruppen von Menschen auf der Erde. Wenn die Menschen dort ihre Erkenntnisse suchen werden, wohin die Blicke aller Menschen der

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Erde sich richten können und wo sie gemeinsame Erkenntnisse finden - Erkenntnisse, welche einen und nicht entzweien -, wenn die Menschen wirklich vordringen werden bis zu dem, was als Himmelssprache ausspricht die Bedeutung der verschiedenen Religionsstifter und Inspiratoren der Menschheit, dann wird das geisteswissenschaftliche Ideal einer toleranten und unbefangenen Betrachtung aIler Religionen und Weltanschauungen wirklich eintreten können. Es werden sich die Menschen nicht mehr streiten, wenn sie nicht mehr für eine Gruppe diesen oder jenen Träger religiöser oder sonstiger Kulturströmungen in Anspruch nehmen, sondern wenn sie die Ursprünge dieser Träger draußen im Himmelsraum suchen. In diesem Sinn kann auch eine solche Betrachtung eine große moralische Bedeutung gewinnen, indem für mancherlei, was sonst auf der Erde Entzweiungen, Disharmonien bringt, Friede, Harmonie gestiftet wird. Nur müssen wir lernen, die gewaltige, in den Formen und Bewegungen der Himmelskörper gegebene Schrift zu lesen, lesen wie wahrhaftig nicht verschiedene Geister, sondern dieselben Geister für alle einzelnen Menschen auf der Erde wirken, allen Menschen angehören. Man m&hte mit einem physischen Bild diese Tatsache erklären: Solange wir auf der Erde bleiben, kann eine Gruppe von Menschen oben oder unten, im Westen oder Osten wohnen. Dann aber schauen wir auf die Bewegungen der Erde, wie sie ihr Antlitz zukehrt den Sternen, indem sie ihre Stellung ändert, sei es in kurzen Zeiträumen oder im Laufe von Jahrmillionen, wie die südliche Hälfte nach der nördlichen gewendet und unseres nördlichen Sternenhimmels ansichtig wird, und dann die nördliche Erdhälfte dem Süden zu sich wendet und des südlichen Sternenhimmels ansichtig wird. Und so wie die Erde im Laufe der Zeiten ihr Antlitz sozusagen allen Sternen, die aus dem Weltenraum uns entgegenglänzen, hinwendet, so möge die Menschheit lernen durch die Ideale der Geisteswissenschaft unbefangen zu blicken auf alles, was geistig von dem Weltenraum herein spricht. Durch ein solches positives Betrachten der Tatsachen wird am besten dieses anthroposophische Ideal erreicht werden, nicht durch ein sentimentales Betonen von Liebe und Frieden. In realer Weise

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werden wir Liebe und Frieden und innere Harmonie erlangen, wenn wir von den Angelegenheiten unserer Erde, welche die Menschen in Rassen, Nationen, Religionen teilen, den Blick hinauf- wenden zu den Sternenwelten, wo Geister zu uns sprechen, die für alle Menschenseelen, für jedes Menschenherz die gleiche Sprache sprechen durch alle Zeiten, ja durch alle Ewigkeiten, wenn wir sie nur richtig verstehen.

In diesem Sinne m&hte ich, da wir jetzt am Schlusse dieses Vortragszyklus stehen, auch hingedeutet haben auf die moralische Wirkung einer jeden geisteswissenschaftlichen Betrachtung, wenn wir uns bemühen, die Tatsachen des Okkultismus kennenzulernen. Wenn wir sie im echten okkulten Sinn kennenlernen, so strömen sie zuletzt in unser Herz ein, daß das Gelernte in uns Kraft des Lebens, Hoffnung des Lebens, daß es vor allen Dingen moralische Energie wird und uns wirklich zu dem macht, was wir nennen können einen Bürger der Himmelswelten. Dann trägt der Mensch den Himmel durch sein geistiges Leben in die Angelegenheiten der Erde herein und bewirkt im Verlaufe des Kulturprozesses das, was wir im höchsten Sinne als Harmonie, als Frieden bezeichnen können. Und mehr und mehr wird es ihm dann auch zum Bewußtsein kommen, daß wirklich am Ausgangspunkt wie am Ende der Kulturentwickelung ein Eirilieitsgeist waltet, ein Geist der Form, der einheitlich durch die Menschen hindurch wirkt und sich anregen Iäßt durch seine Brüder, die anderen Geister der Form, die ihm Dienst leisten, um ein einheitliches Wirken durch die ganze Menschheit hindurch zu senden. So wird durch die wahre Himmelswissenschaft etwas Einheitliches in alle Menschen gebracht und damit das intellektuelle und moralische Verstehen der Menschheit auf der Erde gefördert. So wollen wir nicht bloß Abstraktes, Theoretisches betrachten, sondern jede solche Betrachtung soll zugleich zu einer KraftquelIe, vor allen Dingen zu einer moralischen Kraftquelle in uns werden, und dann werden auch alle Kapitel uns dazu dienen, auch diejenigen, die scheinbar sehr weit hergeholt sind, um die unmittelbaren Ziele und Ideale der Geisteswissenschaft zu verfolgen.

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Mit diesen Worten, die in einer Empfindungsnuance Geist und Gesinnung dieser Vorträge zusammenfassen sollten, möhte ich mich von Ihnen, meine lieben Freunde, am Ende dieses Vortragszyklus verabschieden.

DER OKKULTISMUS UND DIE INITIATION Öffentlicher Vortrag Helsingfors, 12. April 1912

#G136-1984-SE213 - Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen

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DER OKKULTISMUS UND DIE INITIATION

Öffentlicher Vortrag

Helsingfors, 12. April 1912

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Wer in unserer Gegenwart von Okkultismus spricht, muß gewärtig sein, daß sehr vieles von dem, was er zu sagen hat, aufgenommen wird als nicht nur etwa eine Summe von gewagten Hypothesen, sondern vielleicht sogar als Träumerei, als Phantasterei. Und wenn in einer Seele, welche im Bildungsleben und vielleicht im wissenschaftlichen Leben der Gegenwart steht, sich Widerspruch regt zunächst gegen mancherlei von dem, was in der Betrachtung dieses Abends zu sagen sein wird, so bitte ich in bezug darauf die Versicherung entgegenzunehmen, daß zu denen, die einen solchen Widerspruch, wie er sich regt in den Herzen der Gegenwart, voll verstehen können und begreiflich finden können, ganz gewiß ich selber gehöre. Vorerst möchte ich auf das hinweisen, was gemeint ist, wenn heute gesprochen werden soll von Okkulnösmus und von jenen Forschungsmethoden, welche zu den Ergebnissen des Okkultismus führen und die man zusammenfassen kann in dem Wort Initiation. Denn im Grunde genommen ist unter Initiation nichts anderes zu verstehen als die Summe aller derjenigen Verrichtungen, welche der Mensch zu vollbringen hat, wenn er zu den Ergebnissen des Okkultismus kommen will. Nun meine ich unter 0kkultismus hier nicht all das Verschiedene, das unter diesem Namen in der Gegenwart da oder dort verbreitet wird, sondern ich meine jene ganz bestimmten, sich im Grunde den wissenschaftlichen Denkweisen und logischen Forderungen der Gegenwart fügenden Ergebnisse einer Art von Geisteswissenschaft. Ich meine alles das, was sich unter diesem Namen und unter dem eben erwähnten Gesichtspunkt hereinstellen will an Erkenntnissen in das Gegenwarrsleben, an solchen Erkenntnissen, welche Dinge betrachten, von denen es unzweifelhaft gelten muß, daß gewöhnliche Wissenschaft, gewöhnliches Erkennen zu ihnen nicht führen kann. Was

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von diesem Gesichtspunkte aus heute in der Literatur seinen Einzug hält, ist nur allzu leicht geeignet, recht sehr den Widerspruch mancher unserer Zeitgenossen hervorzurufen, so hervorzurufen, daß man dagegen sagt Was ist das alles, was da auftritt und Erkenntnisse bieten will über ein übersinnliches Leben, über übersinnliche Tatsachen, was ist das alles, wenn man es vergleicht mit den auf so strenger, gewissenhafter Forschung beruhenden Ergebnissen der gegenwärtigen Wissenschaft! - Die Erkenntnisse, die da auftreten und die ich meine, sind vor allen Dingen diejenigen, welche hinaus- führen über das mit den Sinnen Wahrnehmbare und das durch den gewöhnlichen, an das Instrument des Gehirns gebundenen Verstand Erkennbare, was hinausführt über das innerhalb von Geburt und Tod Erlebbare, was hinausführt in diejenigen Regionen, welche der Mensch betritt, wenn er durch die Pforte des Todes schreitet. Und die Ergebnisse, zu denen diese Geisteswissenschaft oder, sagen wir auch, dieser 0kkultismus kommt, sie sprechen so von einer Entwickelung des eigentlichen geistigen Wesenskernes im Menschen, daß, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes schreitet, dieser geistig.seelische Wesenskern übergeht in eine Übersinnliche, in eine geistige Welt, daß er aus dem Leben, das er geführt hat zwischen Geburt und Tod innerhalb des physischen Leibes, gewisse Kräfte mitnimmt, aus denen er sich in Verbindung mit anderen rein über- sinnlichen Kräften und Mächten in einer Zwischenzeit, die da verläuft zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, die Fähigkeiten, die Kräfte aneignet, durch die er als geistig-seelischer Wesenskern sich verbindet mit dem, was als physisches Erbstück gegeben wird innerhalb der physischen Vererbung, was also abstammt von Vater und Mutter und von den Vorfahren überhaupt, was sich also mit diesen rein physischen Substanzen und Kräften verbindet und erst den ganzen Menschen gibt.

Sie erkennen daraus, daß die Ergebnisse dieser Forschung sprechen müssen von einer solchen Entwickelung des geistig-seelischen Wesenskernes des Menschen, die durch wiederholte Erdenleben führt, die da spricht von Wiederverkörperung, von wiederholten Erdenleben und die auch spricht davon, daß das, was wir an inneren

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Fähigkeiten erleben> die in einem Leben aus unserer Seele hervorsprießen, ja was wir sogar erleben an Schicksalsschlägen, daß das in einer gewissen Weise die Ergebnisse sind von dem, was wir uns in früheren Erdenleben zubereitet haben, und daß wiederum dasjenige, was wir in diesem Erdenleben durchleben, erfahren, an Fähigkeiten uns aneignen, hindurchgeführt wird durch die Pforte des Todes und verarbeitet wird in einer übersinnlichen, rein geistigen Welt, um, wenn es reif verarbeitet ist in dieser geistigen Welt, neuerdings einzutreten in ein neues Erdendasein auf die geschilderte Weise. Schon diese Erkenntnis ist etwas, was den Menschen der Gegenwart abenteuerlich berÜhren kann. Dazu kommen dann die Dinge, welche auf Grundlage dieser Geisteswissenschaft das über- sinnlich zu dem sinnlichen Wesen des Menschen Hinzugehörige seiner Natur erklären wollen, diejenigen Dinge, die erklären wollen, daß der Mensch außer jenem physischen Leib, den wir mit unseren äußeren Sinnen wahrnehmen, noch einen übersinnlichen Träger hat, den man auch in einer gewissen Weise mit den Mitteln der Geisteswissenschaft durchschauen kann und den man eben als geistig-seelischen Wesenskern erkennt, der die charakterisierten Schicksale durch die wiederholten Erdenleben durchmacht. Ja, so- gar das findet man in der Literatur dieser Geisteswissenschaft, daß auf frÜhere Zustände unseres Menschenlebens in längst verflossenen Epochen des Erdendaseins hingewiesen wird, daß sogar in einer auf Geisteswissenschaft fußenden Weise hingewiesen wird auf Zustände im Kosmos, die sich zugetragen haben, als die Erde noch nicht als der gegenwärtige Planet vorhanden war - daß also hingewiesen wird auf Zustände, die sich vor unserem Erdenleben abgespielt haben. Auf die Entwickelung also des kosmischen Lebens selber, auf die Umgestaltung unserer Erde und anderer Himmels

körper wird hingewiesen. Von den Methoden dieser Wissenschaft aus muß man auf der einen Seite zugeben, daß, falls sich über diese Dinge irgendwie etwas erkennen läßt, diese Erkenntnisse zu demjenigen gehören, was am aller-, allertiefsten das Leben des Menschen berühren muß, weil es zusammenhängt mit dem, was der Mensch eigentlich seiner tiefsten Natur und Wesenheit nach ist.

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Und auf der andern Seite wiederum muß darauf hingewiesen werden, daß gerade vom Standpunkt unserer gegenwärtigen, sagen wir, Naturerkenntnisse aus eine berechtigte Skepsis gegen die Möglichkeit eines Wissens auf diesem Gebiete sich erhebt.

Die nächste Frage, die gegenüber solchen Forschungsergebnissen aufgeworfen werden kann, ist eben die, die uns am heutigen Abend beschäftigen soll. Sie ist ja keine andere als die allzu berechtigte: Auf welchen Wegen kommen denn diejenigen, die solche Angaben machen, die solche Behauptungen tun, zu ihren Ergebnissen? Wie machen sie es? Denn daß man mit der gegenwärtigen Wissenschaft über diese Dinge nichts wissen kann, daß man mit denjenigen Methoden> welche wahrhaftig niemand mehr als gerade der gewissenhafte Geisteswissenschafter bewundern kann, trotz ihrer Gewissenhaftigkeit und Sicherheit, trotz ihrer inneren Logik nicht in jene Gebiete eindringen kann, darüber braucht ja nicht weiter gesprochen zu werden. Wenn aber diese Frage aufgeworfen wird, so kann sich für die menschliche Seele sogleich eine andere ergeben. Angesichts einer gewissen Tatsache kann sich die Frage ergeben: Da es nun doch einmal unzweifelhaft ist, daß in jedem Menschenherzen, in jeder Menschenbrust eine tiefe Sehnsucht ist nach einem Wissen von solchen Dingen, wie kommt es denn, daß der Mensch gerade durch die gewissenhafteste Forschungsmethode abgeschlossen erscheint von der Welt, in die er da hineinblicken möchte? Wenn man sich diese Frage unbefangen vorlegt, dann kommt man sehr bald zu dem Ergebnis, daß der Mensch ja eigentlich nur eine gewisse Art von Tatsachen verstehen kann, denen er in einer ganz bestimmten Weise gegenübersteht. Im Grunde ge nommen kann der Mensch nur das verstehen, wovon er weiß, wie es entsteht, wie es wird. Er kann nur das verstehen, an dessen Schöpfung er in einer gewissen Weise erkennend sich beteiligen kann. Nur das kann der Mensch verstehen, bei dessen Schöpfung er in einer gewissen Art anwesend zu sein vermag. Wenn der Mensch aber den Blick auf das richtet, was ihn in der Natur umgibt, auf das Wesen aller Naturreiche, dann muß er sich sagen: Ja, so wie sie sind, so wie sie fertig vor mich hingestellt sind, so kann ich Sie mit

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meinen Sinnen überblicken, so kann ich sie dadurch erkennen, daß ich etwa ihre Gesetze erforsche durch Kombinationen meines Verstandes; aber in dem Augenblick, wo ich das Werden, wo ich die Entstehung ergreifen will, da versagt im Grunde genommen der Blick, der in die Dinge eindringen will. - Als fertige, als geschaffene Dinge treten den Menschen die Wesenheiten und Tatsachen der Naturreiche entgegen, und es scheint, als ob er zunächst nicht teilnehmen könnte an der Schöpfung des Geschaffenen.

Wenn der Mensch wiederum in sein Inneres blickt, überblickt das, was in seinem Seelenleben als Gedanken, Vorstellungen, Gefühle, Willensimpulse lebt, dann hat er damit eine mehr oder weniger reiche Innenwelt gegeben, eine Welt, deren Realität er wahrhaftig viel mehr noch erlebt als die Realität der äußeren Dinge, ja als die Realität dessen, was von ihm selber der Außenwelt angehört. Denn wer könnte es leugnen, daß mehr als die Realität der physischen und physiologischen Vorgänge, die in unserem Organismus ablaufen, für uns Realität, Wirklichkeit unsere Schmerzen und Leiden, unsere Triebe und Begierden, unsere Gedanken und Ideale haben, kurz, dasjenige, was vom Aufwachen bis zum Einschlafen innerhalb unseres Seelenlebens auf- und abwogt. Aber auch dann, wenn wir noch so sehr versuchen, Einblick zu halten in unser Seelenleben - wir sehen, wie sich dieses Seelenleben an der Außenwelt entzündet, wie das oder jenes uns ergreift, wie das oder jenes uns mit Sorgen, mit Freude erfüllt; aber an der eigentlichen Entstehung, an dem schöpferischen Prozeß können wir auch da nicht teilnehmen. Und gerade wenn wir bedenken, wie uns eine Sache nur verständlich wird, wenn wir an dem schöpferischen Prozeß teilnehmen, dann wird uns erklärlich, was uns durch die beiden angedeuteten Betrachtungsweisen versagt ist. Wir brauchen ja nur einen Blick auf das zu werfen, was unsere Phantasie hervorbringt, was wir schaffen durch das, was sozusagen in unserer eigenen inneren Macht steht, was wir formen nach unseren Gedanken und Idealen; wir brauchen uns auch nur an das zu erinnern, was dem Menschen heute schon zu durchschauen möglich ist durch seine Technik; an die Art und Weise, wie er die Naturkräfte kombiniert

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und wie ihm das, was er da empfindet als Teilnahme an dem Aufbauen, an dem Schaffen, an dem Werden, das Gefühl der befriedigten Einsicht hervorruft und wie er sich unbefriedigt fühlt, wie er sich wie vor einem Tor stehend fühlt, durch das er nicht eingelassen wird, wenn er die Dinge um sich herum und an sich erblickt, an deren Schaffungsprozeß er nicht einmal Anteil haben kann.

Nun fragt es sich, ob es nicht doch möglich ist, in dasjenige, was wir eigentlich als die Werdeprozesse des Daseins empfinden, in die wir selbst hineingestellt sind, irgendwo einen Einlaß zu finden, an dem Schöpferischen teilzunehmen? Es gibt ein Gebiet, bei dem wir unmittelbar wissen können, daß wir in einer gewissen Art an dem Schöpferischen teilnehmen, aber bei dem wir ebensogut wissen, daß wir erkennend, beobachtend mit unserem gewöhnlichen Bewußtsein in den Schöpfungsprozeß nicht hineinschauen können! Dasjenige, was hier gemeint ist, offenbart sich dem Menschen an jedem Tage, wenn er nur ein wenig nachdenkt über die sonderbaren Erscheinungen in der Abwechslung von Schlafen und Wachen. Diese Erscheinungen sind für den, der tiefer eindringen will in das Wesen des Lebens, von einer ungeheuren Bedeutung. Sie rufen dasjenige hervor, was wir ein Mysterium des Lebens nennen können; und wenn es dem gewöhnlichen Bewußtsein nicht auffällt, daß etwas so unendlich Bedeutungsvolles vorliegt in diesem Wechsel von Schlafen und Wachen, so rührt das wohl nur davon her, daß alles Gewohnte auf den Menschen die Stärke des Eindrucks verliert. Weil der Mensch einfach gewohnt ist, Schlafen und Wachen wechseln zu sehen innerhalb von vierundzwanzig Stunden, so empfindet er nicht mehr das ganz Bedeutungsvolle, das Große und Gewaltige, in das uns gerade diese alltägliche Erscheinung hineinweist. Wenn wir charakterisieren wollen, worin der Unterschied von Schlafen und Wachen liegt, so ist diese Charakteristik zunächst eine Trivialität, eine Selbstverständlichkeit, denn jeder Mensch weiß, daß sein Schlafzustand so eintritt, daß jene Erfüllung seiner Seele, die vom Aufwachen bis zum Einschlafen da ist, die sich zeigt in den auf- und abwogenden Gefühlen, Empfindungen, Trieben, Begierden und Leidenschaften, Vorstellungen und Idealen, schwindet, daß diese

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ganze Welt hinuntertaucht in das Dunkel, in die Finsternis des Unbewußten. Jeder Mensch ist aber auch überzeugt davon, daß an seiner Wesenheit auch in dem Zwischenzustand zwischen Einschlafen und Aufwachen fortgearbeitet wird, daß etwas geschieht, etwas geschieht, bei dem er nur nicht mit seinem Bewußtsein dabeisein kann. Das also, was man sO über die Wechselzustände von Schlafen und Wachen sagen kann, ist gewiß eine Selbstverständlichkeit; aber wenn wir uns diese Selbstverständlichkeit denken, so werden wir gewahr, daß der Grund, warum sich hier unserem Wissen, unserer Erkenntnis ein Riegel vorschiebt, eigentlich nicht besonders ferne liegt. Wir müssen uns sagen, wenn wir diesen Wechsel von Wachen und Schlafen ins Auge fassen, daß im Grunde genommen unser ganzes bewußtes Tagesleben, unser ganzes Wachleben etwas sein muß wie ein Zerstörungsprozeß, wie ein Auflösungsprozeß von tieferen Vorgängen, die in unserem Organismus stattfinden. Ich kann hier nicht - denn das würde zu weit führen - eingehen auf die physischen, chemischen, physiologischen Prozesse, welche sich innerhalb der Erscheinung der Ermüdung abspielen; darauf kommt es jetzt nicht an. Das aber ist es, was jedem vor Augen treten kann: daß die Ermüdung etwas ist wie ein Abnützungs-, wie ein Zerstörungsprozeß tieferer Kräfte, die in unserem Organismus arbeiten. Daraus kann sich uns ergeben, daß eigentlich unser waches Tag- leben die Merkwürdigkeit an sich hat, daß es nicht an unserem Aufbau, nicht an unserer Schöpfung teilnimmt, sondern im Grunde genommen in seinem Ergebnis die Ermüdung zeigt, daß es uns im Grunde genommen fortwährend aufzehrt, auflöst. Tatsächlich ist das wache Tagleben ein AufIösung~, ein Zerstörungsprozeß, und jedem unbefangenen Beobachter drängt es sich eigentlich auf, daß der Schlaf der entgegengesetzte Prozeß ist: ein schöpferischer Prozeß, der das wieder herstellt, wieder in Ordnung bringt, wieder schafft, was der Wachprozeß ertötet, verwelken läßt.

Nun ist es natürlich, daß wir gerade von diesem schöpferischen Prozeß in uns, der während des Schlafes sich abspielt, nichts wissen können. Es ist ein schöpferischer Prozeß, der an uns selber stattfindet, von dem wir aber doch nichts wissen können, weil wir un

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mittelbar, bevor dieser schöpferische Prozeß eintreten muß, das Bewußtsein verlieren, wir also mit unserem Wissen nicht eindringen können, wenn ein schöpferischer Prozeß an uns selber geschieht. Daraus ergibt sich aber unmittelbar, daß wir das, was in der Natur, in den Vorgängen der Welt ein Schöpferisches ist, ergreifen könnten, wenn es uns gelänge, unser Bewußtsein über den Zustand hinaus zu erhalten, bei dem es eben betäubt wird. In dem Augenblick, in dem der Mensch sein Schöpferisches in sich entwickelt, wird ihm sein Bewußtsein betäubt; er kommt in einen Zustand des Schlafes, der Bewußtlosigkeit. Und wir sehen daraus, daß die menschliche Wesenheit, so wie sie nun einmal gegenwärtig ist, so eingerichtet ist, daß dann, wenn der Mensch eindringen sollte in eine schöpferische Tätigkeit, die noch dazu an ihm selber stattfindet, er betäubt wird, sein Bewußtsein hinschwindet, daß er nicht Zeuge sein kann von dem schöpferischen Prozeß. Wir haben also in derjenigen Tätigkeit innerhalb unseres Organismus, die sich als eine schöpferische erweist, etwas an uns selbst, in das wir nicht eindringen können, weil unser Bewußtsein davor betäubt wird, weil unserem Bewußtsein dieser Prozeß eine Außenwelt bleibt. Es gibt keinen anderen Weg, zu einer Erkenntnis über die Dinge zu kommen, die hinter der Sinneswelt liegen, als wenn wir in die Lage kommen, über unser Bewußtsein hinauszukommen, einzudringen in einen schöpferischen Prozeß, wie er sich an uns selber abspielt, oder wenigstens in einen ähnlichen Prozeß.

Wo gibt es etwas in der Welt, das uns lehren kann, daß wir über uns selbst, über unser gewöhnliches Bewußtsein hinauskommen und eindringen können in ein uns Fremdes und dennoch nicht betäubt werden, nicht in eine Art Schlafzustand verfallen? Im weiten Umkreis unseres gewöhnlichen Bewußtseins gibt es zwei Dinge, denen gegenüber der Mensch sich allerdings eingestehen muß, daß er durch sie aus seinem gewöhnlichen Bewußtsein, aus Seinem Alltagsbewußtsein herausgeführt wird und dennoch nicht etwa so betäubt oder in Schlaf übergeführt wird, wie das an jedem Abend der Fall ist. Und diese beiden Dinge, die uns innerhalb des gewöhnlichen Bewußtseins wie eine Art Muster sein können für ein Herausdringen

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des Bewußtseins aus sich selbst und ein Eindringen desselben in ein Fremdes, diese beiden Dinge liegen auf moralischem Gebiet. An zwei moralischen Erlebnissen, die das ganze Menschenleben durchziehen, kann die menschliche Seele sich Musterbegriffe schaffen für die Art und Weise, wie es, ohne daß unser Bewußtsein betäubt wird, den Weg aus sich selber heraus machen kann. Und diese zwei Dinge sind erstens das Mitleid und zweitens das Gewissen. Und wenn wir studieren, wie im moralischen Leben das Mitleid, das Gewissen zu dem Bewußtsein sich verhalten, dann bekommen wir zunächst eine Idee, wie es sein könnte, daß dieses Bewußtsein aus sich heraus kommt. Wenn wir Mitleid, Liebe, Mitgefühl mit einer fremden Seele entwickeln, dann erleben wir in uns selber je nach unserer Fähigkeit nicht dasjenige, was uns berührt - denn das wäre nicht das Erlebnis von Mitleid und Liebe -, sondern wir erleben die Freuden, die Leiden, die Schmerzen und lustvollen Dinge der anderen Seele. Wir stecken tatsächlich in einem solchen Augenblicke, wo wir mitleidsvoll in der andern Seele auf- zugehen vermögen, wir leben tatsächlich - eine unbefangene Betrachtung kann das lehren - außerhalb unseres gewöhnlichen Bewußtseins, wir stecken in der andern Seele drin. Ein tiefes Geheimnis des Lebens steht dabei eigentlich vor unserer Seele. Das ist um so tiefer, als wir bei diesem Hinüberleben in ein Anderes, wenn wir moralisch empfinden, eben nicht betäubt werden, nicht unser Bewußtsein dahinschwindet. Und es ist geradezu ein Gradmesser für die Moralität eines Menschen, wie weit er imstande ist, sein Bewußtsein voll aufrechtzuerhalten, wenn er nicht seine eigenen Leiden und Freuden erleben soll, sondern die Leiden und Freuden einer fremden Seele. Und ein moralischer Defekt ist es eben, wenn das Bewußtsein sich betäubt fühlt an den Leiden und Freuden der fremden Seele, denn dann ist es in einer ähnlichen Lage wie der eigenen schöpferischen Tätigkeit gegenüber, die im Schlaf sich vollzieht. Es schläft gleichsam das Bewußtsein ein gegenüber fremdem Leid und fremder Freude.

Und ein zweites Erlebnis, auch auf moralischem Gebiete, das uns hinausführt über unser gewöhnliches Bewußtsein, ist das Gewissen;

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das Gewissen, von dem wir, wenn wir es unbefangen betrachten, sagen können: Was wir auch immer aus unseren Trieben und Begierden, aus der Leidenschaft unseres Daseins heraus, aus den Anforderungen der alltäglichen Sympathie und Antipathie, die wir haben, was wir da auch lieben oder verabscheuen, tun oder lassen wollen - von außen spricht vielleicht Erziehung, spricht sozialer Zusammenhang, aber niemals spricht von außen das, was wir das Gewissen nennen. Das Gewissen kommt uns aus einer Welt - das fühlen, das erleben wir -, aus der gesprochen wird in unsere Wahrnehmungswelt herein; denn alles, was wir wahrnehmen können, wird korrigiert, wenn es zu Impulsen des Handelns wird, durch die übersinnlichen Forderungen des Gewissens. Daß unserer Seele also etwas gesagt werden kann, was nicht innerhalb des gewöhnlichen Bewußtseins liegt, dafür ist auf moralischem Gebiet ein Zeugnis das Gewissen. Und wiederum ist es so, daß ein moralischer Defekt vorliegt, wenn unsere Seele, wo das Gewissen sprechen sollte, in eine Art von Schlafzustand kommt, die Stimme des Gewissens nicht hört, nur auf das hört, was innerhalb der Sinneswelt zu den Impulsen des Handelns aus Sympathie oder Antipathie sprechen kann. Können wir lernen, aus unserem Bewußtsein herauszugehen ohne Betäubung, so können wir an dem Gewissen schon innerhalb des gewöhnlichen Bewußtseins eine Erscheinung beobachten, durch welche zur Seele so gesprochen wird, daß sie nicht angewiesen ist, irgend etwas wahrzunehmen, sich die Impulse geben zu lassen durch irgend etwas, das von der Außenwelt auf sie wirkt. Daraus aber ist einzusehen: Wenn die Möglichkeit vorliegt, in bezug auf andere fremde Wesenheiten, auf anderes außerhalb unseres Wissens, unseres Bewußtseins Liegendes in ähnlicher Art einzugehen, wie wir auf moralischem Gebiet auf fremde Wesenheiten durch Mitleid und Liebe eingehen, wenn wir uns also durch das Gewissen sozusagen Wahrheiten sagen lassen, die nicht aus der Sinneswelt kommen - wenn es möglich ist, so in fremde Wesenheiten einzudringen und uns Wahrheiten in die Seele hereinsprechen zu lassen nach jenem Muster, wie das Gewissen spricht, dann ist eine Aussicht vorhanden, in eine andere Welt als

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diejenige, die uns für unser Wachbewußtsein vom Aufwachen bis zum Einschlafen gegeben ist, einzudringen. Dies aber ist eben möglich, und die Möglichkeit ergibt sich in praktischer Weise durch jene Methoden, die wir die Methoden der Initiation nennen. Diese Methoden der Initiation bestehen darin, daß wir unser Seelenleben, insoweit es Vorstellen, Fühlen, Wollen ist, in einer etwas anderen Weise betätigt sein lassen, als wir das für das äußere Wissen und für die äußere Erkenntnis der Welt gewöhnt sind.

Warum verschaffen wir uns im gewöhnlichen Leben Vorstellungen, Begriffe, Ideen? Niemand wird leugnen, daß namentlich für den Menschen der Gegenwart der Zweck, warum er sich Vorstellungen, Begriffe und Ideen schafft, der ist, durch diese Vorstellungen, Begriffe und Ideen, ja sogar durch seine Empfindungen und Gefühle sich eine gewisse Erkenntnis von dem zu verschaffen, was in der Außenwelt um ihn herum ist. Wir nennen ja heute das Wahrheit, was an unseren Begriffen und Ideen mit irgendeiner Außenwelt, mit einer Erscheinung der Außenwelt zusammen- stimmt, was gleichsam diese Erscheinung der Außenwelt abbildet. Für alles äußere Leben, für alle äußere Kultur ist selbstverständlich diese Betätigung unseres Seelenlebens die einzig richtige. Vollständig ändern muß sich diese Betätigung unseres Seelenlebens, wenn wir in die übersinnlichen Geheimnisse des Daseins eindringen wollen, mit anderen Worten, wenn wir - es sei das verpönte Wort gebrauCht - in die okkulten Geheirnnisse eindringen wollen; dann müssen wir bei den Begriffen, bei Ideen, bei Vorstellungsbildern, ja auch bei Empfindungen, Gefühlen und Willensimpulsen ganz absehen können von dem, was sie in der Außenwelt bedeuten. Wir müssen zunächst nicht fragen: Was bedeuten sie in bezug auf ihren Wahrheitswert für das oder jenes in der Außenwelt? Wir müssen alles das, was so Inhalt unseres Seelenlebens werden kann, lediglich betrachten als ein inneres pädagogisches Selbsterziehungsmittel unseres Seelenlebens. Wir müssen Begriffe, Ideen, ja auch Empfindungen und Gefühle in unserer Seele so wirken lassen, daß wir diese Seele abgeschlossen halten von alledem, was wir aus der Außenwelt aufnehmen können, ja sogar, was wir schon im Laufe

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des Lebens an Erfahrungen, an Erlebnissen aufgenommen und im Gedächtnis angehäuft haben. Wenn wir absehen können durch eine energische Willensbetätigung von allen Eindrücken, die uns die äußere Sinneswelt geben kann, von allen Kombinationen, die unser Verstand machen kann, wenn wir auch absehen können von allen Bekümmernissen und Sorgen, von allen Freuden und sonstigen Dingen, die in unserem Gedächtnis angehäuft sind, wenn wir die Seele leer machen können, so wie sie sich selber leer macht, wenn durch die Ermüdung abends der Schlafzustand eintritt, wenn wir aber dann das völlig Entgegengesetzte erreichen können als beim Schlaf; wenn wir in der Lage sind, unter völliger Aufrechterhaltung des Bewußtseins dieses Bewußtsein nun hinzulenken auf irgendwelche fruchtbaren, namentlich sinnbildlichen Vorstellungen, auf solche, die möglichst vieldeutig sind - denn man hat nicht nach ihrem Wahrheitswert zu fragen, sondern nach dem Erziehungswert für die Seele -; dann, wenn man diese Seele durch einen energischen Willensentschluß auf einen Inhalt hin konzentriert, entweder ein Vorstellungsbild oder einen Empfindungsimpuls, den man in den Mittelpunkt des Seelenlebens stellt, und wenn man nun die seelische Tätigkeit, die gereinigt ist von allem anderen, auf dieses selbstgewählte Bild hinwendet und immer länger und länger es dahinbringt, mit starker Willenskonzentration das gesamte jetzt wachgehaltene Seelen- leben auf einen solchen selbstgewählten Inhalt zu konzentrieren -, dann wird man merken, daß nicht von diesem Inhalt, wohl aber von den aufgewandten, energisch zusammengehaltenen Seelenkräften etwas wie ausstrahlt in unserem Seelenleben und wir in die Lage kommen, innerlich etwas zu erleben, was wir sonst nicht erleben können, wovon wir dann das unmittelbare Erlebnis, die unmittelbare Erfahrung bekommen: Du erlebst jetzt etwas, was so real, so wichtig, so wesentlich ist für das Dasein wie die Dinge, die du durch deine Augen siehst, durch deine Ohren hörst - was auch so wirklich ist, was du aber niemals durch eine äußere Sinnesbetäti gung und durch den Verstand hättest erleben können. - Kurz, jetzt erst fängt man an zu wissen, was eigentlich das ist: übersinnliches Erleben; jetzt weiß man sich erst in seinem geistig-seelischen Kern

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darinnen; jetzt fängt man an zu begreifen, daß man ein Leben führen kann in einer inneren seelischen Wesenheit, unabhängig von der Körperlichkeit. Das ganze Bewußtsein wird dadurch um- geändert.

Ich bemerke ausdrücklich, daß das, was zu einer solchen inneren Betätigung führt, ja viel Ähnlichkeit hat und doch wieder das Entgegengesetzte ist von dem trivialen Prozeß, der etwa hervorgerufen wird, wenn man auf einen glänzenden Gegenstand die äußere Aufmerksamkeit wendet und sich in eine Art Hypnose versetzt. Das, was da so hervorgerufen wird von einem Seelenzustand, der sonst nicht da ist, das wird durch die scharfe Konzentration auf einen Gegenstand hervorgerufen, der weghält die übrige seelische Betätigung. Insoferne stimmt das, was durch die geschilderte Konzentration auf einen inneren, frei gewälilten Inhalt erzielt wird, mit einer solchen Betätigung der Seele überein, weil es auch Konzentration ist; aber es ist das Gegenteil insofern, als unser Bewußtsein dadurch ausgelöscht wird, daß wir uns durch einen glänzenden Gegenstand in eine Art Hypnose versetzen, unser Bewußtsein aber immer erhalten bleibt, wenn wir durch einen energischen Willen einen inneren - und nur inneren -, nur Vorstellungsinhalt in den Mittelpunkt unseres Seelenlebens rücken. Solch eine Methode, die eigene Seele heranzuziehen, man nennt sie mit einem technischen Ausdruck innerhalb der Geisteswissenschaft Meditation. Das ist die wirkliche Meditation. Und ich bemerke ausdrücklich, daß diese Meditation in der Praxis etwas weitaus Schwierigeres ist als das, was man zunächst glauben könnte, wenn sie so einfach geschildert wird. Denn mit wenigen Experimenten auf diesem Gebiete ist es nicht abgetan, sondern man muß versuchen, in immer wieder und wieder gebildeten Vorstellungen, Bildern, Vorstellungen, die dem moralischen, dem intellektuellen Leben entnommen sind, namentlich sinnbildlichen Vorstellungen, man muß immer wieder und wiederum versuchen, eine solche Konzentration, solche Meditation vorzunehmen, bis der entscheidende Augenblick auftritt, der einfach in dem inneren Wissen liegt Du hast in dir einen geistig- seelischen Wesenskern, der in einer übersinnlichen Realität lebt

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und der sich zu seiner Wahrnehmung in dieser übersinnlichen Realität nicht der äußeren Sinnesorgane und des an das Gehirn gebundenen Verstandes bedient.

Nun werden Sie aus all den Vorgängen, die da geschildert worden sind, eines entnehmen können: daß wir da ja eigentlich immer innerhalb unser selbst bleiben, daß wir eigentlich im Grunde genommen uns von aller Außenwelt abgewendet haben und auf unser Inneres zurückgegangen sind. Was wir da also zunächst erfahren können, ist eigentlich nur und kann nur sein Innenerfahrung, aber diese Innenerfahrung bringt zunächst praktisch zu einem ganz bestimmten Punkt. Der Mensch, der nämlich in dieser Weise seine Konzentration, seine Meditation vornimmt, der sieht alsbald, und zwar sieht er das wirklich, sein Blickfeld ausgefüllt mit Realitäten, Realitäten, die wir zunächst meinetwillen Visionen nennen können. In Form von Bildern erscheint allerlei, was sich nicht vergleichen läßt mit früher Erlebtem; in bezug auf gewisse Äußerlichkeiten läßt es sich vergleichen, aber namentlich in bezug auf die Art und Weise, wie es sich zusammenstellt und wirkt, ist es eine durchaus neue Erfahrung, ist es nicht kombiniert aus Früherem. Wir können dieses durchaus Neue nach dem gewöhnlichen Wortgebrauch, den man hat, eben Vision nennen. Es gleicht auch aufs Haar, möchte man sagen, Traumbildern; nur ist es, wenn man es mit den gewöhnlichen Traumbildern vergleicht, von einer ungeheuer weiter gehenden Intensität und von einer sich aufdrängenden, man möchte sagen, aufdringlichen Realität.

Hier kommt für denjenigen, der also die Methoden durchläuft, um in die übersinnliche Welt einen Einblick zu gewinnen, eine Klippe, die man eine Gefahr nennen kann. Es kommt die Gefahr, daß er nun diese visionäre Welt von vornherein als etwas Reales hinnimmt, als etwas, was sich vor ihn hinstellt, wie sich die gewöhnliche äußere Sinnenwelt vor ihn hingestellt hat, und daß er sozusagen denselben Sinn, den er mit dem Wort verbindet, «diese Welt ist real>, wenn er von der Sinnenwelt spricht, mit dem Wahrnehmen dieser visionären Welt verbindet. Diese Klippe, die da vorliegt, wird um so größer, wenn nicht wirklich alle diejenigen Vorsichtsmaßregeln

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ergriffen werden bei einer solchen okkulten Schulung, wie sie hier geschildert wird, die natürlich heute nicht alle besprochen werden können, die Sie aber auseinandergesetzt finden können in meinem Buch: «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? » Wenn aber diese Vorsichtsmaßregeln ergriffen werden, dann verliert der Mensch gegenüber der Welt, der er dann gegenäbersteht, keinen Augenblick das Gefühl, daß er es selbst ist, der diese Welt hervorruft. Und das ist das ungeheuer Wichtige, daß wir niemals unser Bewußtsein betäuben lassen bis zu der Impression, daß wir eine fremde Welt vor uns haben. Sie sieht aufs Haar wie eine fremde Welt aus, sie breitet sich aus wie eine räumliche Welt, sie zeigt uns Vorgänge, die zeitlich sind wie die Vorgänge der äußeren Sinneswelt; sie täuscht uns ganz wie eben ein in die ungeheuerste I`,ebhaftigkeit gesteigerter Traum zunächst eine Realität vor. - Personen, welche durch die gemeinten Vorsichtsmaßregeln nicht dahin kommen, einzusehen, daß sie nun in dieser visionären Welt nur ihre von sich selbst aus geschaffene Welt haben, die kommen selbstverständlich in die Träumerei, in die Phantastik hinein. Denn dadurch unterscheidet sich der, lassen Sie mich das Wort gebrauchen, wirklich hellsichtige Mensch von dem Phantasten und Visionär, daß der Phantast und Visionär glaubt, die Visionen, die er zunächst vor sich hat, seien objektiv hervorgerufen; derjenige aber, der zur wirklichen Hellsichtigkeit vordringt, der weiß in jedem Augenblick, und muß es wissen - muß es wissen durch eine intensive Selbsterziehung -, daß er, trotzdem er eigentlich eine weite Raumeswelt um sich herum wahrnimmt, nur eine selbstgeschaffene Welt vor sich hat. In keinem Augenblick - und die Dinge wirken außerordentlich suggestiv - darf das Bewußtsein schwinden, man habe es doch nur mit seiner eigenen Schöpfung zu tun. Und dieses Bewußtsein muß nun wiederum ein Gegenstand der Meditation und Konzentration selbst werden. Der Mensch muß nun wieder lang und intensiv seinen Willen energisch anstrengen, immer wieder und wiederum sich darauf zu konzentrieren, daß die Welt, die er jetzt sozusagen erobert hat, seine eigene Schöpfung ist, daß sie von ihm selbst hervorgerufen ist. Dann tritt - das kann ja

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natürlich nur als praktisches Erlebnis geschildert werden - etwas Eigentumliches in unser Bewußtsein herein. Dann erkennen wir nämlich, daß wir auch jetzt in dieser Tätigkeit etwas getan haben, ganz bewußt getan haben, was wir sonst im normalen Bewußtsein auch tun.

Es ist heute gesagt worden, daß wir im normalen Bewußtsein eigentlich einen Zerstörungsprozeß an uns selber bewirken. Das weiß der Mensch im gewöhnlichen Bewußtsein nicht, wenigstens achtet er nicht darauf. Wenn er in der geschilderten Weise unter voller Aufrechterhaltung seines Bewußtseins bis dahin kommt, eine solche Welt sich vorzuzaubern, und dabei eben den Gedanken, der gerade charakterisiert worden ist, festhält, dann tritt er auch in ein volles Wissen davon ein, daß er mit alledem, was er da als ein, man nennt es mit dem technischen Ausdruck imaginatives Wissen sich erobert hat, auch einen Zerstörungsprozeß heivorruft. Er merkt, daß es immer bis zu dem Punkt kommt, wo die imaginative Welt an uns zehren kann, wo wir bis zur Nervenschwäche, bis zur Krankheit kommen würden, wenn wir ausließen das volle, nur bei einem energischen Willen mögliche Bewußtsein: Da steckst du überall selber drinnen. - Die Kraft, die in diesem Bewußtsein liegt - da steckst du selber drinnen -, die wird uns nie zu dem Punkt kommen lassen, wo wir die Grenze überschreiten würden, jenseits welcher der wirkliche Zerstörungsprozeß begänne. Wir sind dadurch, daß wir es nicht bis zum Zerstörungsprozeß kommen lassen, sondern ihn dadurch zurückhalten, daß wir das energische Bewußtsein aufrechterhalten: Wir sind selbst die Schöpfer der imaginativen Welt - wir sind dadurch in der Lage, an einem schöpferischen Prozeß teilzunehmen. - Dadurch treten wir in der Tat in eine schöpferische Welt ein, und wir lernen erkennen, lernen bewußt etwas verfolgen, was in ähnlicher Weise geschieht, wenn wir nach Eintritt des Schlafes an uns selbst schöpferische Tätigkeiten vollführen, die wir im normalen Bewußtsein nicht wahrnehmen können. Wir lernen dadurch, daß wir auf diese Weise von einem schöpferischen Prozeß Zeuge werden, etwas verstehen von einem Werden, von einem Werden in uns selber.

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Aber das ist noch mit etwas anderem verbunden - es können nur diese Stadien der Initiation geschildert werden -, damit verbunden, daß nach und nach der ganze Vorgang uns zwingt, auf etwas zu verzichten, auf das der gewöhnliche Hellseher gar nicht gern verzichtet. Der gewöhnliche Hellseher ist so froh, wenn er nun in der Welt seiner Visionen leben kann, er tut sich so etwas zugute mit diesen` seinen Erfahrungen einer höheren Welt, und sie wirken so suggestiv, daß sie leicht als eine Realität genommen werden können. Dann kann er sehr leicht hineinkommen in das Nervenzerrüttende. Wenn aber der geschilderte Willensentschluß mit dem vollen Bewußtsein: Das machst du alles selber! - beibehalten wird, wenn nie das Bewußtsein einschläft, ja, dann tritt das ein, was manchem leid tut: daß diese Kraft, die in dem genannten Willensentschluß liegt, sich zerstörend hermacht über die ganze imaginative Welt, daß diese durcheinandergetrieben wird, daß vieles von dem, was gerade diesen gewöhnlichen Hellseher am wertvollsten dünkt, ausgelöscht wird. Es tritt, mit anderen Worten, das Folgende eIn: Während wir in dem Auftreten des imaginativen Bewußtseins ein Element haben, das wirklich die Kräfte darstellt, die einen schöpferischen Prozeß bilden - denn wir lassen es nicht weiter kommen als bis zu der Grenze, wo die Zerstörung eintreten würde -, während wir da wirklich nach dem Muster des gewöhnlichen Bewußtseins im Mitleid und in der Liebe aus unserem Bewußtsein herausgehen, in einen schöpferischen Prozeß hineingehen, so kommen wir> wenn wir nun durch den geschilderten Willensentschluß selbst zerstörend, selbst ordnend, aber auch zusammenstellend eingreifen in unsere visionäre Welt, dazu, eine Tätigkeit in uns zu entwickeln, die nirgends in der Außenwelt wahrnehmbar ist und die sich doch sehr bald für die Beobachtung herausstellt als die schöpferische Tätigkeit, die in uns stattfindet und die dem gewöhnlichen Bewußtsein entzogen ist, jene schöpferische Tätigkeit, die unseren geistig-seelischen Wesenskern darstellt, wie er schafft an unserem eigenen Organismus, wie er seine Kräfte wiederum herausholt aus der geistigen Umgebung, wie er drinnensteht in dem geistigen Kosmos. Wir lernen auf der nächsten Stufe, die man technisch

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die Inspiration nennt, unsern geistig-seelischen Wesenskern erkennen, wie er drinnensteht in den schöpferischen Kräften des Kosmos selber. Während die Imagination als die erste Stufe der Initiation uns nur eigentlich in uns selbst hineinführt und noch dazu so, daß uns eine Welt vorgezaubert wird, die aber nur eine visionäre Welt ist, treten wir durch den Prozeß der Inspiration auf eine höhere Stufe. Es fällt wie ein Blitz hinein in die ganze visionäre Welt etwas, was so wirkt, wie wenn es durchaus aus dem geistigen Kosmos käme - es kommt auch daher, das zeigt die Beobachtung selber -, was aber doch so zu uns spricht, wie wir das im gewöhnlichen, normalen Bewußtsein nur an dem Gewissen erkennen. An dem Gewissen haben wir einen Vergleich mit der Art und Weise, wie in der Inspiration zu dem imaginativen Bewußtsein gesprochen wird; dann aber tritt diese Imagination in die Inspiration über, und wir gelangen dadurch in eine wirkliche geistige, in eine wirkliche Übersinnliche Welt hinein.

Und jetzt werden wir imstande, dadurch, daß wir durch unsere eigene Entwickelung den Punkt erreicht haben, wo wir hinter die sinnlichen Ereignisse schauen können, zum Beispiel das wunderbare Geheimnis des menschlichen Werdens und auch des menschlichen Todes zu begreifen. Denn jetzt wird uns vergehen, zu glauben, daß das, was in der Seele eines Menschen herein sich lebt, wenn wir diesen Menschen durch die Geburt ins Dasein treten sehen, wenn wir erleben, wie aus den unbestimmten Gesichtszügen und ungeschickten Bewegungen des Kindes sich allmählich bestimmte und geschickte entwickeln - es wird uns unmöglich, zu sagen, alles, was in dem Kinde aus dem Mittelpunkt der Seele heraustritt, die Physiognomie des Leibes plastisch macht, so weit, daß auch noch die feineren Windungen des Gehirns gebaut werden schon nach der Geburt, alles, was uns so entgegentritt, das wäre nur ein Ergebnis der Vererbung. Jetzt sehen wir vielmehr zurück auf den geistig- seelischen Wesenskern, der aus einer ganz anderen Welt kommt, der sich mit dem zusammenfügt, was von Vater und Mutter genommen wird, und jetzt sprechen wir nicht nur von Erbstücken, sondern von dem, was sich aus der geistigen Welt heraus mit dem verbindet,

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was von Vater und Mutter, von den Vorfahren überhaupt vererbt ist. Eine reale Anschauung wird das, was sonst nur Glaube ist: daß der geistig-seelische Wesenskern aus der geistigen Welt kommt und das Physisch-Leibliche selber plastisch gestaltet. Und weiter: Wenn wir dann das Leben verfolgen, verfolgen mit der durch die Initiation gewonnenen Erkenntnis, dann sehen wir, wie der geistig-seelische Wesenskern die Erfahrungen und Erlebnisse des Daseins zwischen dem Tod und einer neuen Geburt immer mehr und mehr gegen sein Inneres hin richtet, abzieht von der äußeren Welt. Wir begreifen es, wie durch dieses Zurückgehen des Wesenskernes von dem Äußeren das Gesicht sich runzelt, und wir bekommen den unmittelbaren Eindruck: Während, nachdem wir den Höhepunkt des Lebens überschritten haben, unser äußerliches Körperhaftes zu welken beginnt, sogar unser Gehirn zu welken beginnt, so daß das, was die Seele in sich hat, nicht mehr zum Ausdruck kommen kann und es scheint, als ob die Seele selber verkümmerte -, sehen wir, wie das, was nicht mehr sich äußern kann, sich in sein Inneres zurückzieht, seine Kräfte zusammennimmt, wie gerade das, was wir erlebt, erfahren, erlitten, ersiegt haben, sich zusammeniindet in der Seele und dann am stärksten ist, seine stärkste innere Kraft hat, wenn der Leib uns entläßt; seine stärkste innere Kraft, welche dann, wenn der Vorgang weiterverfolgt wird, sich vereinigt mit den Kräften, die in einer übersinnlichen Welt das Urbild zu einer neuen Verkörperung, zu einem neuen Leibe in einem neuen Leben zusammenfügen. Es wird so die Evolution des geistig-seelischen Wesenskernes, sein Schaffen an der äußeren Leiblichkeit eine unmittelbare Tatsache durch das Hineinschauen in die geistige Welt. Und wenn wir dann dasjenige, was am Anfang des Lebens steht, das allmähliche plastische Herausgestalten des Leibes, mit dem vergleichen, was am Ende steht, mit dem In-sich-Zurückziehen der Lebenserfahrungen durch die Seele, mit dem Losreißen der seelischen Kräfte vom Leibe und mit dem Hindurchtreten durch die Pforte des Todes: dann wird das für eine übersinnliche Betrachtung so, wie wenn wir vergleichen Anfangs- und Endprozeß, sagen wir bei der Pflanze, wo wir den Endprozeß so haben, daß das, was

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als Keim gebildet wird, wiederum den Anfangspunkt bildet für die nächste werdende Pflanze. Während wir aber da Anfang und Ende so verknüpft sehen, daß im wesentlichen immer das gleiche er- scheint, sehen wir durch eine in der Initiation gewonnene über- sinnliche Erkenntnis, daß dasjenige, was die Seele im Leben erfahren hat, hineinverwoben wird in den geistig-seelischen Wesenskern, und der Mensch, wenn er nun nach der Zwischenzeit zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, die eine lange Zeit ist, zurückkehrt, formt sich den neuen Leib. Aber jetzt formt sich dieser geistig-seelische Wesenskern seinen neuen Leib, sein neues Dasein so, daß er die Wirkungen darstellt dessen, was als Ursachen in früheren Leben erlebt worden ist.

So werden durch jene Methoden, die durch die Initiation gewonnen werden und die ihr Vorbild gewissermaßen in dem erlebten Mitgefühl und dem Gewissen des normalen Bewußtseins haben, die Vorgänge der übersinnlichen Welt, die mit dem Menschen zusammenhängen, unmittelbare Erkenntnis. Initiation wird dadurch zum Weg, in die übersinnlichen Welten hinaufzusteigen.

Wenn Sie sich nun tiefer auf das einlassen, was nur skizzenhaft hier geschildert werden konnte, wenn Sie es verfolgen in meiner Schrift «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? », dann werden Sie finden, daß diese Initiation, wie sie gegenwärtig geschildert wird, eine ganz bestimmte Eigentümlichkeit hat. Sie richtet sich nämlich durchaus in ihrem ganzen Verlauf und in der Art und Weise, wie sie die Ereignisse darstellt, nach den Anforde rungen der gegenwärtigen Menschheitserziehung, den gegenwärtigen Forderungen von Logik, von gesundem Menschenverstand und von Wissenschaft; so daß immer mehr und mehr diese Vor- gänge der Initiation von den Menschen erkannt werden können als das, was den Weg darstellt, auf dem der Mensch, und zwar jeder Mensch, Erkenntnisse der übersinnlichen Welt erlangen kann. In völlig freien, nur durch das Wachrufen seiner Seele, seiner inneren Seelenkräfte bewirkten Vorgängen lebt er sich selber hinauf in jene übersinnlichen Vorgänge, die ihm Aufschluß darüber geben, welches der Weg seines geistig-seelischen Wesenskernes durch die Welt ist,

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Aufschlüsse, die nicht etwa bloß einer Welt angehören, die uns nichts anzugehen braucht, sondern einer Welt, aus der wir fort- dauernd Kraft und Zuversicht für das gewöhnliche Leben schöpfen müssen. Dies, daß die Initiation mit den Mitteln unserer gegenwärtigen Legik, unserer gegenwärtigen wissenschaftlichen Anforderungen rechnet, das ist allerdings eine neue Errungenschaft, m&hte man sagen, des Initiationsprozesses. Sie sehen ja, daß die Menschen allmählich dahin gelangen werden, auf diese Weise nach dem Muster wissenschaftlichen Denkens Erkenntnisse zu gewinnen, die in das religiöse Gefühl eindringen, welche dem religiösen Gefühl Befriedigung durch das Wissen geben. Damit ist aber ein Umschwung gegeben durch das ganz sichtbar eintretende Eindringen des Initiationsprozesses in die Kultur der Gegenwart und Zukunft. Es ist ein Umschwung gegeben in der Entwkkelung der Menschheit, den wir bezeichnen können als den Umschwung, der eintreten wird von dem Glauben zum Wissen von übersinnlichen Dingen.

Der Glaube ist aber - und man wird leichter verstehen, daß dieser Umschwung eintreten kann, wenn man dies berücksichtigt.-, der Glaube, wie er aufgetreten ist, er ist, wenn man die Dinge namentlich mit den Mitteln der Initiation studiert, so, daß er überall, wo er aufgetreten ist, auch nicht etwas Ausgedachtes ist, wie eine neuere, im Wesenlosen wurzelnde Aufklärung annehmen will, sondern jeder Glaube führt ursprünglich zurück auf Ergebnisse, die initiierte Menschen gewonnen haben, auf Erlebnisse der Initiation. Nur gibt es eben diesen gewissen Unterschied zwischen neuerer Initiation, die hier gemeint ist und die immer mehr und mehr die Initiation der Menschheit überhaupt werden wird, und der Initiation in den alten Zeiten.

In den alten Zeiten war es strenge Regel, und es ist heute noch für viele Initiationen, die in der Welt sind, strenge Regel, daß der, der den geschilderten Weg sucht, eine Art von Führer hat, den man in gewissen Kreisen eben den geistigen Führer, den Guru nennt. Was ist die Aufgabe dieses Gurn? Nun, wir haben gesehen, daß man im Verlaufe jener inneren Entwickelung, die geschildert worden ist, vor gewisse Gefahren kommt, Gefahren, vor denen man gewarnt

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werden soll. Zunächst ist die Aufgabe gewesen in denjenigen Initiationen, die noch aus den alten Zeiten sich herübergeerbt haben, daß der Guru ein Warner ist. Das kann er auch noch heute sein, wenn er einfach die Person ist, die man als eine Art von Lehrer aufsucht wie in der äußeren Wissenschaft und zu der man Vertrauen hat. Aber es ist außerordentlich naheliegend, daß das, was der alte Guru sein mußte, der neue sein will, was er aber nimmer sein darf und immer weniger wird sein dürfen, je mehr sich die Initiation dem fortschreitenden Entwickelungsprozeß der Menschheit anpassen wird. Im Grunde genommen fing die Initiation überall so an, wie geschildert worden ist. Dem Menschen wurden - nur daß er seinen persönlichen Führer hatte - die einzelnen Regeln gegeben: jetzt sollst du dich auf das, dann auf jenes konzentrieren, jetzt sollst du diese, dann jene Übung machen; dann wurde unter strenger Führerschaft der Zustand herbeigeführt, in welchem die Welt der Imagination eintrat. Während nun - es liegt das in der Natur des modernen Menschen - der moderne Mensch dahin kommen muß, durch seinen eigenen energischen Willensentschluß das in sich zu haben, was geschildert worden ist: die Imagination in die Inspiration hinaufzuführen, wurde von dem alten Guru die Aufgabe übernommen, den Schüler aus der Imagination in die Inspiration hinauf- zuführen durch gewisse Einflüsse, denen dann der Mensch eben leichter zugänglich ist, wenn er bis zu einer solchen Stufe der Initiation gebracht ist, so daß das, was hier geschildert worden ist als im Menschen selber sitzend, dann als ein Impuls ausgeübt wird von dem Guru auf den Schüler. Es wird gleichsam von dem Guru in den Schüler hinüber verpflanzt etwas, wodurch Ordnung hinein- kommt in sein imaginatives, in sein visionäres Leben. Damit aber hat der Guru den Schüler vollständig in der Hand; dadurch ist der Schüler in gewisser Beziehung ein Werkzeug in den Händen des Guru. Und Sie verstehen, daß dadurch verknüpft war mit allen alten Initiationen, von denen im Grunde genommen auch alle religiösen Bekenntnisse ausgegangen sind, die strenge Forderung, daß der Guru, daß der Initiator über jede Unmoralität, über jede Möglichkeit, einen unrichtigen Einfluß auf den Schüler auszuüben,

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erhaben war, daß er in seiner ganzen Gesinnung über die Möglichkeit des Betruges erhaben sein mußte und daß nur dann etwas herauskommen konnte, wenn er diese Eigenschaft hatte; daß er seinen Einfluß nur dahin wandte, die von ihm selbst gewonnenen Erkenntnis-Bilder der höheren Welt auf den Schüler zu übertragen, so daß er dem Schüler den Weg erleichterte.

Ich glaube, es wird für Sie nicht vieler Beweise bedürfen, wenn Sie unbefangen den Gang des modernen Bewußtseins einsehen wollen, daß die Menschheit auch in bezug auf die höheren, über- sinnlichen Erkenntnisse sich immer mehr und mehr unabhängig machen wird von dem persönlichen Einfluß. Das liegt einfach in der fortlaufenden Entwickelung der Menschheit. Die Gurus, die ihre Schüler so um sich versammelten wie eben Religions- oder Sektenstifter, werden immer mehr und mehr aus dem Menschheitsentw`ickelungsprozeß verschwinden; an ihre Stelle werden für diejenigen, die die Initiation suchen, die Menschen des Vertrauens treten, des Vertrauens, das man gewinnt, wie man auch das Vertrauen zu einem anderen Lehrer gewinnt. Aber es muß sozusagen der selbstgewählte Lehrer, der nicht von irgendeiner Seite her fest- gesetzte Guru sein. Sektenstifterei in der Weise der alten Adepten, das ist nicht etwas, was die Menschheitsnöte überwinden wird. Und es ist sogar gut, wenn in bezug auf diese Übersinnliche Entwickelung die Menschen nicht sehr leichtgläubig, sondern sehr schwer- gläubig sind, wenn sie sich nicht einmal und zweimal, sondern viel- mal fragen, wem sie ihr Vertrauen entgegenbringen sollen, und wenn sie viel, viel Mißtrauen aufzubringen vermögen, wenn von außen her ihnen irgend etwas wie ein Prophet, wie ein Sektenstifter, wenn ein Adept ihnen wie ein großer Lehrer aufgedrängt werden soll. Das wird gerade auf dem Gebiet, das hier gemeint ist, immer eine gefährliche Klippe sein, wenn geistige Strömungen, die okkultismus in die Welt bringen wollen, vor allen Dingen sich auf große Lehrer berufen, auf diejenigen, die von außen her den Menschen aufgedrängt werden sollen, die nicht aus dem selbstverständlichen Vertrauen, aus innerem Vertrauen, das aus der Begegnung mit dem Lehrer hervorgeht und das sich im Schüler

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selbst bildet, hervorgeht. Wir haben ja in gewisser Beziehung ein klassisches Beispiel erlebt, das gerade hier erwähnt zu werden nicht unnötig ist. Wir haben das Beispiel erlebt, daß in den letzten Jahrzehnten eine Persönlichkeit aufgetreten ist, die in die Menschheit große bedeutsame Erkenntnisse gebracht hat; nicht solche, die von der äußeren Aufklärung anerkannt werden, aber solche, die sich durch ihre innere Gediegenheit als etwas entpuppt haben, was tief gerade in die übersinnlichen Geheimnisse hineinführt. So etwas ist ja enthalten in den Büchern der in gewissen Kreisen berühmten H. P. Blavatsky. Was in diesen Büchern steht, das ist auch für denjenigen, der in diesen Dingen bewandert ist, zuweilen etwas außerordentlich Großes, Bedeutungsvolles, was mehr in die Geheimnisse des Daseins hineinführt als irgend etwas anderes. Aber leider stand am Ausgangspunkt der okkulten Bewegung, die damit eingeleitet worden ist, etwas, was dieser okkulten Bewegung geschadet hat, was ich zwar hier nicht als eine Unrichtigkeit hinstellen will - im Gegenteil, es hat geschadet, trotzdem es seine Richtigkeit hatte: H. P. Blavatsky hat sich auf Lehrer berufen, die der Welt nicht bekanntgeworden sind, auf ihre Gurus. Wer eine Einsicht hat in die Fähigkeiten der H. P. Blavatsky, weiß, daß sie durch diese nicht in der Lage war, selbständig zu den Dingen zu kommen. Zu diesen hohen Erkenntnissen hätte H. P. Blavatsky durch ihre Fähigkeiten niemals kommen können. Sie empfehlen sich durch sich selbst, soweit Sie wahr sind, und sie können nachgeprüft werden. Daher schadete es nichts, daß H. P. Blavatsky hinweisen mußte auf Überlieferungen, auf Schulungen, die von Gurus ausgingen und zu denen sie selber niemals hätte kommen können. Ihrer Bewegung hat es selbstverständlich geschadet, daß nicht auf die innere Wahrheit des Okkultismus, sondern auf äußere Autorität hin die Dinge angenommen worden sind. So gutwillig es mancher hinnehmen wird, die Zeit ist vorüber, ob berechtigt oder unberechtigt, die Notwendigkeit der Zeit lehrt es, daß das vorüber ist als Möglichkeit, daß auf Autorität von Gurus hin die Dinge einfach aufgenommen werden. Aufgenommen werden müssen die Dinge auf die Autorität des gesunden Menschenverstandes hin. Und so darf Ihnen das, was

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gewonnen werden kann auf dem Wege, der geschildert worden ist etwa in solchen Schriften wie in meiner «Theosophie», so entgegen- treten, daß es zwar nur in der heute beschriebenen Art erforscht werden konnte, daß es aber, wenn es als Ergebnis nun da ist, geprüft werden kann, verglichen werden kann mit den Tatsachen des Lebens und auf keine Autorität hin bloß angenommen zu werden braucht. So wird die Initiation nur als eine richtige aufzufassen sein, wenn bei ihr heute berücksichtigt wird, daß sie sich anpaßt dem modernen Kulturprozeß, daß sie Mittel und Wege beschreitet, die jedem Menschen zugänglich sind.

Gewiß, es wird noch lange dauern, daß Menschen von diesem oder jenem Bildungsgrade, auch von dieser oder jener wissenschaftlichen Höhe noch Rat brauchen von einem okkulten Lehrer, daß ihnen die Initiation erleichtert werden muß durch einen solchen, der sie schon empfangen hat, in den schon eingedrungen sind die Inspirationen einer höheren Welt, denn er allein kann in den Ein- zelheiten die richtigen Ratschläge geben. Aber das Verhältnis kann nur ein solches sein zwischen Schüler und Lehrer, wie es auch sonst in unserer heutigen Kulturwelt ist zwischen dem, der etwas lernen will, und dem, der etwas lehren kann. Alles Geheimnisvolltun mit Adeptentum, alles Hintreten vor die Wdt mit der Anforderung: Glaubt an irgendwelche neue Propheten oder Religionsstifter -, all das wird zurückgewiesen werden von dem modernen Kulturgeist, von dem modernen wissenschaftlichen Geist und empfiehlt sich schon durch die einzige Tatsache nicht, daß es dem modernen Kulturgeist widerspricht. Was man auch sagen mag von Lehrern, die auftreten sollen: das einzige, was verbürgen wird in der Zukunft, daß einer Lehrer sein kann, wird nur das Vertrauen in seine Leistungen sein, in die Art und Weise, wie er sich gibt, wie er ist. Das Vertrauen muß es sein, durch das derjenige, der Rat haben will, hingelenkt werden kann zu dem Lehrer. Sonst, wenn diese Vorsicht nicht geübt wird, gerade auf okkultem Gebiet, wo Initiation gesucht wird, dann wird die Gefahr nicht von der Welt weichen, die immer da sein muß durch das Bedenkliche des geschilderten Gebietes: die Gefahr, die einfach in der Tatsache besteht, daß auf diesem Gebiete

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unmittelbar neben dem gewissenhaften Initiierten, der auf gewissenhafte Weise seinen Weg gesucht hat in die übersinnlichen Welten und die Ergebnisse der Welt vermittelt, sich hinstellt der Scharlatan. Scharlatanerie ist das, was sich so leicht hinstellen kann neben die gewissenhaften, vom Wahrheitsgeist diktierten Ergebnisse des Okkultismus oder der Initiation. Und weil in unserer Zeit ebenso groß ist die Leichtgläubigkeit, die Sensationslust gegenüber Mitteilungen aus der übersinnlichen Welt, die aus der Initiation heraus stammen, wie auf der anderen Seite die Zweifelsucht - weil es fast ebenso viele Menschen gibt, die gleich mit ihrem Glauben bei der Hand sind auf die Autorität dieses oder jenes hin, wie es Menschen gibt, die alles ableugnen, was auch mit den strengsten Methoden übersinnlicher Forschung gewonnen ist, muß heute allgemein verbreitet werden ein zu den okkulten Tatsachen führender Forschungsweg, wie er heute eben geschildert worden ist als Initiation. Und dieser Initiationsweg ist ein solcher, der von jedem Menschen betreten werden kann, dessen Ergebnisse aber sich dem gesunden Menschenverstand ebenso aufdrängen können wie andere Ergebnisse der Wissenschaft, die auch hingenommen werden vom unbefangenen Menschenverstand, ohne daß man sie vielleicht in jeder Lage prüfen kann. Man weiß von den Tatsachen, die in unserer Klinik zum Beispiel oder anderswo gewonnen werden, daß sie jeder untersuchen kann, wenn er sich die dazu notwendige Methode aneignet; man kann aber doch nicht alles nachprüfen, man nimmt das hin, was sich dem Menschenverstand als geeignet erweist, was sich ihm als wahr ergibt. So und nicht anders kann es auch sein mit den Ergebnissen der Initiation. Nicht ein jeder wird in der Lage sein, immer nachzuprüfen, aber diejenigen, die forschen, werden ihre Ergebnisse immer mehr und mehr mitteilen der Welt, und es wird sie der gesunde Menschenverstand hinnehmen, wie er hin- nimmt die Ergebnisse anderer Wissenschaften. Der eine Unterschied besteht allerdings, daß die Ergebnisse der Initiation die Wahrheiten enthalten, die ein jeder Mensch braucht, um Kraft und Sicherheit in den Leiden und Freuden des Lebens zu haben, Kraft und Sicherheit zu haben in seiner Arbeit, in seinem Wirken, damit

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er sich nicht verliert, wenn ihm das Leben hart zusetzt, sondern er den Mittelpunkt zu ergreifen vermag, der ihn sicher den Weg zu seinen Idealen führt. Kraft aber auch können ihm die Resultate seiner Forschung geben, wenn es sich darum handelt, daß das Leben uns niederdrückt und wir Trost brauchen gegenüber dem Niederdrückenden der Welt, in der Krankheit und Tod herrschen, durch den Aufblick in die Tatsachen der geistigen, der übersinnlichen Welt, der wir angehören und aus der wir auch für diese Sinneswelt die echten, die aufrechterhaltenden Kräfte gewinnen. Denn das wird von den Ergebnissen der Initiation und des Okkultismus in die Gesinnung eindringen, was man etwa zusammenfassen könnte in die Worte, die in Empfindungsnuancen, in Gefühlsnuancen geben möchten, was über Initiation gesagt worden ist, in die Worte:

Es sprechen zu den Menschensinnen

die Dinge in den Raumesweiten.

Sie wandeln sich im Zeitenlaufe.

Erkennend dringt die Menschenseele,

von Raumesweiten unbegrenzt

und ungestört durch Zeitenlauf,

ins Reich der Ewigkeiten.

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HINWEISE

Zu diesen Vorträgen war Rudolf Steiner von den Theosophen Finnlands eingeladen worden. Sie fanden im Saale des schwedischen Normallyceums statt. Ferner fanden zwei öffentliche Vorträge statt: am 9. April 1912 TextgrundIage: Die Vorträge wurden von Rudolf Steiner frei gehalten und von einem namenentlich nicht bekannten stenographiekundigen Zuhörer mitstenographiert. Sie wurden nach dessen Klartextübertragung 1912 erstrnals als Manuskriptdtuck herausgegeben. Mle folgenden Auflagen beruhen auf diesem Erstdruck. Korrekturen im Text gegenüber den früheren Auflagen sind am Schluß der Hinweise angeführt.

Der Titel des Vortragszyklus wurde von Rudolf Steiner gegeben. Die Inhaltsangaben stammen vom Herausgeber.

Werke Rudolf Steiners innerhalb der Gesamtausgabe (GA) werden in den Hinweisen mit der Bibliographie-Nummer angegeben. Siehe auch die Übersicht am Schluß des Bandes.

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108 Materie im physischen Sinne gibt es nur da, wo Formen zersplittert werden:Ausführlicher hierüber vgl. Rudolf Steiner

110 f. Kant, 1724—1804. Kants kosmogonische Nebeltheorie: «Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels oder Versuch von der Verfassung und dem mechanischen Ursprünge des ganzen Weltgebäudes, nach Newtonschen Grundsätzen abgehandelt», 1755; durch Laplace 1796 in einigen wesentlichen Punkten ergänzt; allgemein als Kant-Laplace-Theorie bezeichnet.

112 der große Zarathuttra: Der eigentliche oder erste Zarathustra, den schon griechische Geschichtsschreiber ca. 5- bis 6000 Jahre vor den trojanischen Krieg versetzten. Vgl. Rudolf Steiners Vortrag über Zarathustra, Berlin 19. 1. 1911 in , GA Bibl.-Nr. 60.

147 in den ägyptischen Mysterien: der Schüler muß die Sonne um Mitternacht sehen: Ausführlicher hierüber vgl. z. B. Rudolf Steiner , GA Bibl.-Nr. 144.

148 vorgestriger öffentlicher Vortrag: Vortrag vom 9.4.1912 . Das Wesen nationaler Epen mit speziellem Hinweis auf Kalewala< in , Bibl.-Nr. 158.

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152 Raoui Heinrich Fran>e 1874-1943, österreichischer naturwissenschaftlicher Schriftsteller. Direktor eines biologischen Instituts in München. ln Nr. 3i (i906, ohne Monatsangabe) der Zeitschrift

153 in theosophischen Büchern... Ausdruck Logos: Vgl. hierzu Rudolf Steiner in Bibl.Nr. 93a

1 58 «Alte Kreatur seufzet . . .»: Paulus, Römer 9, 18.

166 Charles Darwin, i809-1882. (1859).

168 Vorträge in Christiania: , GA Bibl.-Nr. 121.

171 HP Blavatsky, 183i -i89i. , Leipzig o.J. (1899) und Arkana-Verlag Ulm a. D. 1960.

da sieht auf einer Zeite: Buddha = Merkur: .Geheimlehre> Bd. Il, S. 31 wörtlich:

171 Inspirator der Biavatsky: Vgl. hierzu

197 unter unseren okkulten Biidern: Siehe das 5. Bild in . GA Bibl.-Nr. 284.

206 Johannes-Evangelium... daß bei Moses die Rede ist von dem Christus: Johannes 5, 46.

207 Blavatsky ... Jahve als Mondgottheit... Lucifer sein Gegner Siehe «Geheimlehre», Bd. II,

S. 79, und Rudolf Steiner, 26. Vortrag in «Grundelemente der Esoterik», GA 93a

236 Blavatsky hat sich auf Lehrer herufen: Vgl. Hinweis zu S. 171.

Textkorrekturen in der 5. Auflage

46 Zeile 7 von oben: Das sind diejenigen Wahrnehmungen in der Welt der Maja... Früher: Das sind diejenigen Wesenheiten der Maja...

135 Zeilen 11-16 v. o.: Aber die Impression, die wir so haben können ... usw. Die sinngemäßen Ergänzungen eines offensichtlichen Mangels in der Nachschrift wurden hier in eckigen Klammern hinzugefügt.

152 Zeile 2 von unten: Venusfliegenfalle, Dionaea muscipula Früher: «Drosera» (Fehler in der Nachschrift)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.