GA 25

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#G025-1956-SE007

I. DIE DREI SCHRITTE DER ANTHROPOSOPHIE

Es ist mir zur großen Befriedigung, diesen Vortrags­zyklus im Goetheanum abhalten zu können. Diese In­stitution soll der Pflege der spirituellen Wissenschaft dienen. Was hier spirituelle Wissenschaft genannt wird, sollte nicht verwechselt werden mit dem, was oftmals gerade in der Gegenwart als Okkultismus, Mystik usw. auftritt. Diese Bestrebungen lehnen sich entweder an alte, nicht mehr richtig verstandene spirituelle Traditio­nen an und geben in laienhafter Weise allerlei vermeint­liche Erkenntnisse über übersinnliche Welten; oder sie ahmen in äußerlicher Weise die gewohnten wissenschaft­lichen Methoden nach, ohne Kenntnis davon, daß Forschungswege, die musterhaft ausgebildet sind für die Be­trachtung der Sinnenwelt, niemals in die übersinnlichen Welten führen können. Und was an Mystik auftritt, ist entweder auch bloße Erneuerung alter Seelenerlebnisse, oder unklare, oft sehr phantastische und illusionäre Selbstbetrachtung.

Demgegenüber stellt sich die Anschauungsart des Goethe­anums als eine solche, die im vollen Sinne den gegenwär­tigen Gesichtspunkt der naturwissenschaftlichen For­schung bejaht und da anerkennt, wo er berechtigt ist. Dagegen strebt sie, durch die streng geregelte Ausbildung des rein seelischen Anschauens, über die übersinnliche Welt objektive, exakte Ergebnisse zu gewinnen. Sie läßt als solche Ergebnisse nur das gelten, was durch ein solches Anschauen der Seele gewonnen ist, bei der die seelisch-geistige Organisation ebenso exakt überschaubar

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ist wie ein mathematisches Problem. Es kommt darauf an, daß zunächst diese Organisation in wissenschaftlich einwandfreier Anschauung dasteht. Nennt man diese Or­ganisation «Geistesauge», so muß man sagen: wie der Mathematiker seine Probleme vor sich hat, so der Gei­stesforscher sein eigenes «Geistesauge». Für ihn wird also die wissenschaftliche Methode zuerst auf jene Vorberei­tung verwendet, die in seinen «Geist-Organen» liegt. Waltet in diesen Organen «seine Wissenschaft», so kann er sich dann derselben bedienen, und die übersinnliche Welt liegt vor ihm. Der Forscher der Sinneswelt lenkt seine Wissenschaft nach außen, nach den Ergebnissen. Der Forscher des Geistes betreibt Wissenschaft als Vorbereitung des Schauens. Beginnt das Schauen, dann muß die Wissenschaft bereits ihren vollen Beruf erfüllt haben. Will man dann sein «Schauen» Hellsehen nen­nen, so ist es «exaktes Hellsehen». Wo die Wissenschaft des Sinnlichen endet, da beginnt diejenige des Geistes. Der Geistesforscher muß vor allem seine ganze Denk­weise an der neueren Wissenschaft vom Sinnlichen herangebildet haben.

Daher ist es, daß die heute getriebenen Wissenschaften in das Gebiet einmünden, das die spirituelle Wissenschaft im modernen Sinne eröffnet. Das geschieht nicht nur für die einzelnen Gebiete der Naturwissenschaft und der Geschichte. Das geschieht auch z. B. für Medizin. Und es geschieht für alle Gebiete des praktischen Lebens, für die Kunst, die Moral und für das soziale Leben. Es geschieht auch für die religiösen Erfahrungen.

In diesen Vorträgen sollen drei dieser Gebiete behandelt und von ihnen gezeigt werden, wie sie in die moderne

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spirituelle Anschauung einmünden: Philosophie, Kosmo­logie und Religion.

Philosophie war einst die Vermittlerin der gesamten menschlichen Erkenntnis. In ihrem Logos erwarb sich der Mensch die Erkenntnis der einzelnen Gebiete der Weltwirklichkeit. Die einzelnen Wissenschaften sind aus ihrer Substanz heraus geboren. Aber was ist von ihr selbst zurückgeblieben? Eine Summe von mehr oder weniger abstrakten Ideen, die ihr Dasein zu rechtfertigen haben gegenüber den anderen Wissenschaften, während diese ihre Rechtfertigung in der Sinnesbeobachtung und in dem Experimente finden. Auf was beziehen sich die Ideen der Philosophie? Das ist heute eine Frage gewor­den. Man erlebt in diesen Ideen nicht mehr eine un­mittelbare Wirklichkeit; daher ist man bestrebt, diese Wirklichkeit theoretisch zu begründen.

Und was noch mehr ist: Philosophie hat es schon in ihrem Namen, als Liebe zur Weisheit, daß sie nicht bloß eine Verstandessache, sondern eine Sache der ganzen menschlichen Seele ist. Was man «lieben» kann, das ist eine solche Sache. Und Weisheit wurde einst als etwas Wirkliches empfunden; das ist bei den «Ideen», die bloß Vernunft und Verstand beschäftigen, nicht der Fall. Phi­losophie ist aus einer Menschheitssache, die in Seelenwärme einst erlebt worden ist, zu einem trockenen, kalten Wissen geworden. Und man fühlt sich nicht mehr in einer Wirklichkeit darinnen, wenn man in der Tätig­keit des Philosophierens ist.

Man hat im Menschen selbst dasjenige verloren, was einstmals die Philosophie zu einem wirklichen Erlebnis

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machte. Die Sinneswissenschaft wird durch die Sinne ver­mittelt, und was der Verstand über die Beobachtungen der Sinne denkt, das ist Zusammenfassung des durch die Sinne vermittelten Inhaltes. Dieses Denken hat keinen eigenen In­halt. Indem der Mensch in einer solchen Erkenntnis lebt, erkennt er sich selbst nur als physischen Körper. Philo­sophie war aber zuerst ein Seeleninhalt, der nicht mit dem physischen Körper erlebt wurde. Er wurde erlebt mit einem menschlichen Organismus, der nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden kann. Es ist dies ein äthe­rischer Körper, der dem physischen Körper zugrunde liegt, und der die übersinnlichen Kräfte enthält, die dem physischen Körper Form und Leben geben. Der Mensch kann sich der Organisation dieses ätherischen Körpers geradeso bedienen wie seines physischen. Dann aber bildet dieser ätherische Körper Ideen von einem Über­sinnlichen aus wie der physische Körper durch die Sinne Ideen von dem Sinnlichen. Die alten Philosophen ent­wickelten ihre Ideen durch den ätherischen Körper. In­dem das Geistesleben der Menschheit diesen ätherischen Körper für die Erkenntnis verloren hat, hat es zugleich den Wirklichkeitscharakter der Philosophie verloren. Phi­losophie ist ein bloßes Ideengebäude geworden. Es muß erst wieder die Erkenntnis des ätherischen Menschen er­worben werden: dann wird auch Philosophie wieder einen Wirklichkeitscharakter gewinnen können. Das soll den ersten der Schritte kennzeichnen, die durch Anthroposo­phie getan werden sollen.

Kosmologie hat einstmals dem Menschen gezeigt, wie er ein Glied der universellen Welt ist. Dazu war notwen­dig,

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daß nicht nur sein Körper, sondern auch seine Seele und sein Geist als Glieder des Kosmos angesehen werden konnten. Das war dadurch der Fall, daß im Kosmos Seelisches und Geistiges geschaut wurden. In der neueren Zeit ist Kosmologie nur ein Überbau dessen geworden, was die Naturwissenschaft durch Mathematik, Beobach­tung und Experiment erkennt. Was auf diese Weise er­forscht wird, das wird zu einem Bilde des kosmischen Werdens zusammengestellt. Aus diesem Bilde heraus kann man wohl den physischen Körper des Menschen verstehen. Es bleibt aber schon der ätherische Körper unverständlich, und in einem noch höheren Sinne das Seelische und Gei­stige am Menschen. Der ätherische Leib kann nur als ein Glied des Kosmos erkannt werden, wenn die ätherische Wesenheit des Kosmos durchschaut wird. Aber dieses Ätherische des Kosmos kann dem Menschen auch nur eine ätherische Organisation geben. In der Seele aber ist Innenleben. Es muß auch das Innenleben des Kosmos durchschaut werden. Eine Anschauung des Innenlebens des Kosmos war die alte Kosmologie. Durch diese An­schauung wurde auch die über das Ätherische hinausge­hende seelische Wesenheit des Menschen in den Kosmos eingegliedert. Aber dem modernen Geistesleben fehlt eine Anschauung von der Wirklichkeit des Seelen-Innen-Lebens. Wie dieses erlebt wird, so liegt in dem erlebten Inhalte keine Garantie dafür, daß es über Geburt und Tod hinaus ein Dasein hat. Was man heute von dem Seelischen weiß, kann in und mit dem physischen Körper durch das Keimesleben und die weitere Entwickelung in der Kindheit entstanden sein und kann mit dem Tode enden. In der älteren Menschenerkenntnis war für das

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seelische Wesen des Menschen etwas enthalten, von dem das heute Gewußte nur ein Abglanz ist. Es war dies als die astralische Wesenheit des Menschen angesehen. Es war nicht das, was in Denken, Fühlen und Wollen der Seele erlebt wird, sondern etwas, das seinen Abglanz in Den­ken, Fühlen und Wollen hat. Man kann nun nicht das Denken, Fühlen und Wollen in den Kosmos eingegliedert denken. Denn diese leben nur in der physischen Wesen­heit des Menschen. Dagegen kann die astralische Wesen­heit als ein Glied des Kosmos aufgefaßt werden. Denn diese tritt mit der Geburt in die physische Wesenheit ein und tritt mit dem Tode aus dieser aus. Dasjenige, was sich während des Lebens zwischen Geburt und Tod hinter Denken, Fühlen und Wollen verbirgt - eben der astra­lische Leib -, ist die kosmische Wesenheit des Menschen.

Indem die moderne Erkenntnis die astralische Wesenheit des Menschen verloren hat, ist ihr auch eine Kosmologie abhanden gekommen, die den Menschen umfassen könnte. Sie hat nur eine physische Kosmologie. In dieser aber sind nur die Grundlagen des physischen Menschen ent­halten. Es ist notwendig, daß wieder eine Erkenntnis des astralischen Menschen erworben werde. Dann wird es auch wieder eine Kosmologie geben können, die den Men­schen mit umfaßt.

Damit ist der zweite Schritt der Anthroposophie gekennzeichnet.

Religion im ursprünglichen Sinne ist auf dasjenige Er­lebnis gebaut, durch das sich der Mensch sowohl unabhängig weiß von seiner physischen und ätherischen We­senheit, durch 4ie er sein Dasein zwischen Geburt und

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Tod hat, wie auch von dem Kosmos, insofern dieser an einem solchen Dasein mitwirkt. Der Inhalt dieses Erleb­nisses bildet den eigentlichen Geistmenschen, dasjenige, worauf unser Wort «Ich» nur noch hindeutet. Dem Men­schen bedeutete einst dieses «Ich» etwas, das sich unab­hängig von aller Körperlichkeit und auch unabhängig von der astralischen Wesenheit wußte. Durch ein solches Erleben fühlte sich der Mensch in einer Welt, von der diejenige nur ein Abbild ist, die ihm Körper und Seele gibt. Er fühlte sich im Zusammenhange mit einer gött­lichen Welt. Die Erkenntnis von dieser Welt bleibt der sinnengemäßen Beobachtung verborgen. Die Erkenntnis des ätherischen und des astralischen Menschen führt all­mählich zu einer Anschauung dieser Welt hinüber. In der Sinnesanschauung muß sich der Mensch getrennt füh­len von der göttlichen Welt, der sein innerstes Wesen an­gehört. Durch die übersinnliche Erkenntnis verbindet er sich wieder mit dieser Welt. Dadurch mündet übersinn­liche Erkenntnis in Religion ein.

Damit dies der Fall sein kann, muß das wahre Wesen des «Ich» erschaut werden können. Das aber ist der mo­dernen Erkenntnis verlorengegangen. Selbst Philosophen sehen in dem «Ich» nur die Zusammenfassung der Seelenerlebnisse. Die Idee, die sie dadurch von dem «Ich», dem Geistesmenschen, erhalten, wird aber durch jeden Schlaf widerlegt. Denn im Schlafe wird der Inhalt dieses «Ich» ausgelöscht. Ein Bewußtsein, das nur ein solches Ich kennt, kann nicht erkenntnismäßig in Religion einmün­den. Denn es hat nichts, was dem Auslöschen des Schlafes widersteht. Aber eine Erkenntnis des wahren Ich ist dem modernen Geistesleben verlorengegangen; damit aber

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auch die Möglichkeit, von dem Wissen aus zur Religion zu kommen. Es wird, was von Religion einstmals vor­handen war, aus der Tradition als etwas hingenommen, wozu menschliche Erkenntnis nicht mehr kommen kann. Religion wird auf diese Art Inhalt eines Glaubens, der außerhalb der wissenschaftlichen Erlebnisse errungen wer­den soll. Wissen und Glaube werden zwei Erlebnisweisen für etwas, das einst eine Einheit war.

Es muß erst wieder eine anschauliche Erkenntnis des wahren «Ich» entstehen, wenn Religion die rechte Stellung im Leben der Menschheit haben soll. Der Mensch wird von der modernen Wissenschaft nur hinsichtlich seiner physischen Wesenheit als wahre Wirklichkeit verstanden. Er muß im weiteren erkannt werden als ätherischer, astra­lischer und Geistes-Mensch oder «Ich-Mensch», dann wird Wissenschaft die Grundlage des religiösen Lebens werden.

Damit ist der dritte Schritt der Anthroposophie ge­kennzeichnet.

Es wird nun für die folgenden Vorträge die Aufgabe sein, die Möglichkeit zu zeigen, daß der ätherische Mensch erkannt werden kann, das heißt, daß der Philosophie eine Wirklichkeit verliehen werden kann; es wird die weitere Aufgabe sein, die Erkenntnis des astralischen Menschen nachzuweisen, das heißt zu zeigen, daß eine Kosmologie möglich ist, die den Menschen mitumfaßt; und zuletzt wird noch die Aufgabe sich ergeben, zur Erkenntnis des «wahren Ich» zu führen, um die Möglichkeit eines reli­giösen Lebens darzulegen, das auf einer Erkenntnisgrundlage ruht.

II. SEELENÜBUNGEN DES DENKENS, FÜHLENS UND WOLLENS

#G025-1956-SE015 Kosmologie, Religion und Philosophie

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II. SEELENÜBUNGEN DES DENKENS, FÜHLENS UND WOLLENS

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Philosophie ist nicht in derselben Art entstanden, in der sie in der modernen Zeit weitergeführt wird. In dieser Art ist sie ein Zusammenhang von Ideen, die innerlich, in der Seele, nicht so erlebt werden, daß der seiner selbst bewußte Mensch sich in ihnen als in einer Wirklichkeit fühlte. Daher kommt es, daß man nach allen möglichen theoretischen Mitteln sucht, durch die man beweisen will, wie sich der philosophische Inhalt doch auf eine Wirklichkeit beziehe. In dieser Art aber kommt man nur zu verschiedenen philosophischen Systemen, von denen man sagen kann, daß sie eine gewisse relative Richtigkeit haben; denn es sind, im wesentlichen, die Gründe, mit denen man sie widerlegt, ebensoviel wert wie diejenigen, mit denen man sie beweisen will.

Es handelt sich bei Anthroposophie darum, daß man nicht mit theoretischem Nachdenken der Wirklichkeit des philosophischen Inhaltes beikommen kann; sondern durch Ausbildung einer Erkenntnismethode, die auf der einen Seite ähnlich ist derjenigen, durch die in alten Zei­ten Philosophie gewonnen worden ist, und die auf der andern Seite so vollbewußt exakt ist wie die mathema­tische und naturwissenschaftliche Methode der neueren Zeit.

Die alte Methode war eine halb unbewußte. Sie hatte gegenüber dem Bewußtseinszustand, in dem der moderne Mensch ist, wenn er wissenschaftlich denkt, etwas Halb­traumhaftes. Sie lebte nicht in solchen Träumen, die durch sich selbst nicht unmittelbar ihren realen Inhalt

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verbürgen, sondern in Wachträumen, die eben durch die­sen Inhalt auf Wirklichkeit wiesen. Solcher Seeleninhalt hat aber auch nicht den abstrakten Charakter wie der­jenige des gegenwärtigen Vorstellens, sondern den der Bildhaftigkeit.

Solch ein Seeleninhalt muß wieder gewonnen werden; aber, gemäß dem modernen Entwickelungszustande der Menschheit, in voller Bewußtheit; gerade in derselben Bewußtseinsverfassung, wie sie im wissenschaftlichen Denken vorhanden ist. Die anthroposophische Forschung sucht das zu erreichen in einer ersten Stufe des übersinn­lichen Erkennens, in dem imaginativen Bewußtseinszu­stande. Er wird erreicht durch ein meditatives Seelenverfahren. Durch dieses wird die Totalkraft des Seelenlebens auf leicht überschauliche Vorstellungen gelenkt und im Ruhen auf denselben festgehalten. Dadurch wird, wenn ein solches Verfahren durch genügend lange Zeitepochen immer wiederholt wird, zuletzt bemerkt, wie die Seele in ihrem Erleben leibfrei wird. Man erkennt klar, daß alles Denken des gewöhnlichen Bewußtseins Abglanz einer geistigen Tätigkeit ist, die als solche unbewußt bleibt, die aber dadurch bewußt wird, daß sie den mensch­lichen physischen Organismus in ihren Verlauf einbezieht. Alles gewöhnliche Denken ist ganz abhängig von der im physischen Organismus nachgeahmten übersinnlichen Gei­stestätigkeit. Dabei wird aber nur bewußt, was der phy­sische Organismus bewußt werden läßt.

Durch die Meditation kann die geistige Tätigkeit vom physischen Organismus losgerissen werden. Die Seele er­lebt dann auf übersinnliche Art das Übersinnliche. Es wird nicht mehr im physischen Organismus seelisch erlebt,

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sondern im ätherischen Organismus. Man hat ein Vorstellen mit Bildcharakter vor sich.

Man hat in diesem Vorstellen Bilder der Kräfte vor sich, die aus dem Übersinnlichen heraus dem Organismus als seine Wachstumskräfte, auch als die Kräfte zugrunde liegen, die im Regeln der Ernährungsvorgänge wirksam sind. Man hat es mit einer wirklichen Anschauung der Lebenskräfte zu tun. Es ist dies die Stufe der imagina­tiven Erkenntnis. Man lebt auf diese Art im ätherischen menschlichen Organismus. Und man lebt mit dem eigenen ätherischen Organismus in dem ätherischen Kosmos. Es ist zwischen dem ätherischen Organismus und dem äthe­rischen Kosmos keine so scharfe Grenze in bezug auf Sub­jektives und Objektives wie bei dem physischen Nach­denken über die Dinge der Welt.

Mit dem Erleben in imaginativer Erkenntnis kann man die alte Philosophie als Wirklichkeitsinhalt nacherleben; man kann aber auch eine neue Philosophie konzipieren. Eine wirkliche Konzeption der Philosophie kann nur durch diese imaginative Erkenntnis zustande kommen. Ist diese Philosophie einmal da, dann kann sie aber von dem gewöhnlichen Bewußtsein erfaßt und auch verstan­den werden. Denn sie spricht aus dem imaginativen Er­leben heraus in Formen, die aus der geistigen (ätherischen) Wirklichkeit stammen, und deren Wirklichkeitsgehalt in der Aufnahme durch das gewöhnliche Bewußtsein nacherlebt werden kann.

Für die Kosmologie bedarf es einer höheren Erkennt­nisbetätigung. Diese wird erworben, wenn die Meditation erweitert wird. Man bildet nicht nur das intensive Ruhen

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auf einem Seeleninhalt aus, sondern auch das vollbewußte Beharren in einem inhaltlosen Seelenruhen, nachdem man einen meditativen Seeleninhalt aus dem Bewußtsein fortgeschafft hat. Man bringt es damit so weit, daß in das inhaltlose Seelenleben der geistige Gehalt des Kos­mos einfließt. Man erreicht die Stufe der inspirierten Erkenntnis. Man hat vor sich einen geistigen Kosmos, wie man vor den Sinnen den physischen Kosmos hat. Man gelangt dazu, in den Kräften des geistigen Kosmos das­jenige anzuschauen, was im Atmungsprozesse zwischen dem Menschen und dem Kosmos geistig vorgeht. In den Vorgängen dieses Atmungsprozesses und in den übrigen rhythmischen Prozessen des Menschen findet man das physische Abbild dessen, was im Geistigen existiert an dem astralischen Menschenorganismus. Man kommt zu der Anschauung, wie dieser astralische Organismus außer­halb des Erdenlebens im geistigen Kosmos seinen Bestand hat, und wie er sich durch das Keimesleben und die Ge­burt in den physischen Organismus einkleidet, um im Tode denselben wieder zu verlassen. Man kann durch diese Erkenntnis die Vererbung, die ein irdischer Vorgang ist, von dem unterscheiden, was sich der Mensch aus der geistigen Welt mitbringt.

So gelangt man durch die inspirierte Erkenntnis zu einer Kosmologie, die den Menschen in bezug auf sein seelisches und geistiges Dasein umfassen kann. Die in­spirierten Erkenntnisse bilden sich im astralischen Orga­nismus aus. Man hat sie, indem man außerhalb seines Körpers ein Dasein erlebt im Kosmos des Geistes. Sie spie­geln sich aber im Äther-Organismus; und in den Bil­dern, die sich da ergeben, kann man sie in die menschliche

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Sprache übersetzen und mit dem Inhalte der Philosophie vereinigen. Man erhält dadurch eine kosmische Philosophie.

Für die religiöse Erkenntnis ist ein Drittes notwendig. Man muß in die Wesenheiten untertauchen, die sich im inspirierten Erkenntnisinhalte bildhaft offenbaren. Man erreicht dieses, wenn man zu der bisher charakterisierten Meditation Seelenübungen des Willens hinzufügt. Man sucht, zum Beispiel, Vorgänge, die in der physischen Welt einen bestimmten Verlauf haben, in umgekehrter Folge, von rückwärts nach vorne vorzustellen. Dadurch reißt man durch einen Willensvorgang, den man im gewöhn­lichen Bewußtsein nicht anwendet, das Seelenleben los von dem kosmischen Außeninhalte und versenkt die Seele in die Wesenheiten, die sich in der Inspiration offenbaren. Man gelangt zu der wahren Intuition, zu dem Zusammen­leben mit Wesen einer geistigen Welt. Diese Erlebnisse werden im ätherischen und auch im physischen Menschen gespiegelt und ergeben in dieser Spiegelung den Inhalt des religiösen Bewußtseins.

Man gelangt durch diese intuitive Erkenntnis dazu, die wahre Wesenheit des «Ich» zu schauen, die in Wirklich­keit in die Geisteswelt eingesenkt ist. Was im gewöhn­lichen Bewußtsein von diesem Ich vorhanden ist, das ist nur ein ganz schwacher Abglanz seiner wahren Gestalt. Man erreicht durch Intuition die Möglichkeit, diesen schwachen Abglanz in Vereinigung zu fühlen mit der göttlichen Urwelt, der er durch seine wahre Gestalt an­gehört. Man ist dadurch auch imstande, zu durch schauen, wie der Geistmensch, das wahre «Ich», in der geistigen

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Welt seinen Bestand hat, wenn der Mensch in den Schlafzustand versenkt ist. In diesem Zustande brauchen physischer und ätherischer Organismus die rhythmischen Pro­zesse für sich, zu ihrer Regeneration. In dem Wachzu­stande lebt in diesem Rhythmus und den in ihn eingeglie­derten physischen Stoffwechselprozessen das «Ich». Im Schlafzustande sind der Rhythmus des Menschen und die Stoffwechselvorgänge als physischer und ätherischer Or­ganismus in einem Leben für sich; und der astralische Or­ganismus und das «Ich» haben da ihren Bestand in der Geisteswelt. In der inspirierten und intuitiven Erkenntnis wird der Mensch bewußt in diese Welt versetzt. Er lebt in einem geistigen Kosmos, wie er durch seine Sinne in einem physischen Kosmos lebt. Er kann erkenntnismäßig von dem Inhalte des religiösen Bewußtseins sprechen. Dieses kann er, weil sich das im Geistigen Erlebte im phy­sischen und ätherischen Menschen spiegelt und die Spie­gelbilder in der Sprache ausgedrückt werden können. Sie haben dann in dieser Ausdrucksform einen Inhalt, der dem Menschengemüte des gewöhnlichen Bewußtseins re­ligiös einleuchten kann.

So wird durch die imaginative Erkenntnis die Philosophie, durch die Inspiration die Kosmologie, durch die Intuition das religiöse Leben durchschaut. Zur Intuition führt, außer dem schon Charakterisierten, auch zum Beispiel die folgende Seelenübung. Man versucht in das Le­ben, das sich sonst unbewußt von Lebensalter zu Lebensalter beim Menschen entwickelt, so einzugreifen, daß man bewußt sich Gewohnheiten aneignet, die man vorher nicht gehabt hat, oder solche umwandelt, die man gehabt

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hat. Je größere Anstrengungen zu einer solchen Umwand­lung nötig sind, desto besser ist es für die Herbeiführung einer intuitiven Erkenntnis. Denn diese Verwandlungen bewirken eine Loslösung der Willenskräfte von dem phy­sischen und ätherischen Organismus. Man bindet den Wil­len an den astralischen Organismus und an die wahre Gestalt des «Ich», und versenkt diese beiden dadurch be­wußt in die Geisteswelt.

In der modernen geistigen Entwickelung der Mensch­heit hat sich erst das ausgebildet, was man abstraktes Den­ken nennen kann. Der Mensch früherer Entwickelungs­epochen hatte dieses Denken nicht. Es ist aber notwendig zur Entwickelung der menschlichen Freiheit. Denn es löst die Kraft des Denkens von der Bildform los. Man er­reicht die Möglichkeit, durch den physischen Organismus zu denken. Ein solches Denken wurzelt aber nicht in einer wirklichen Welt. Es ist nur in einer Scheinwelt ent­halten. In dieser Scheinwelt kann man die Naturvorgänge abbilden, ohne daß der Mensch in diese Bilder von sich aus etwas hineinlegt. Man gelangt zu einem Abbilde der Natur, das als Abbild wirklich sein kann, weil das Leben im denkerischen Abbild in sich selbst nicht Wirklichkeit, sondern nur Schein ist. In dieses Scheindenken können aber auch die moralischen Impulse so aufgenommen wer­den, daß sie auf den Menschen keinen Zwang ausüben. Die moralischen Impulse selbst sind wirklich, weil sie aus der Geisteswelt stammen; die Art, wie sie der Mensch in seiner Scheinwelt erlebt, macht es ihm möglich, sich frei nach ihnen zu bestimmen, oder nicht zu bestimmen. Sie selbst üben weder durch seinen Körper, noch durch seine Seele auf ihn einen Zwang aus.

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So schreitet die Menschheit vorwärts, indem dasjenige Denken, das in alten Zeiten ganz an die unbewußte ima­ginierte, inspirierte und intuitive Erkenntnis gebunden war und in dem die Gedanken so geoffenbart wurden wie die Imagination, Inspiration und Intuition selbst, zum ab­strakten Denken wird, das durch den physischen Orga­nismus ausgeführt wird. In diesem Denken, das ein Scheinleben hat, weil es geistige Substanz ist, in die phy­sische Welt versetzt, erlebt der Mensch die Möglichkeit, eine objektive Naturerkenntnis und seine moralische Frei­heit zu entwickeln. (Das Nähere darüber findet man in meiner «Philosophie der Freiheit», in meinen Schriften «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», «Theosophie», «Geheimwissenschaft» usw.) Aber um wie­der zu einer menschumfassenden Philosophie, Kosmo­logie und Religion zu kommen, ist notwendig, bewußt - also im Gegensatz zu dem alten traumhaften Hellsehen - in das Gebiet eines exakten Hellsehens in Imagination, Inspiration und Intuition einzutreten. Im Gebiete des abstrakten Vorstellungslebens erreicht der Mensch seine Vollbewußtheit. Es obliegt ihm im weiteren Menschheits­fortschritt, die Vollbewußtheit in die Erfahrungen aus der geistigen Welt hineinzutragen. Darin muß der wahre Menschheitsfortschritt in die Zukunft hinein bestehen.

III. IMAGINATIVE, INSPIRIERTE UND INTUITIVE ERKENNTNISMETHODE

#G025-1956-SE023 Kosmologie, Religion und Philosophie

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III. IMAGINATIVE, INSPIRIERTE UND INTUITIVE ERKENNTNISMETHODE

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Beim Eintreten in die imaginative Erkenntnis nimmt das Innenleben des Menschen eine andere Form an, als die des gewöhnlichen Bewußtseins ist. Und auch das Verhältnis des Menschen zur Welt ändert sich. - Man hat diese Änderung durch das Konzentrieren aller Seelenkräfte auf einen leicht überschaulichen Vorstellungskomplex herbeigeführt. Leicht überschaulich muß dieser sein, damit nichts von einem unbewußten Vorgang in die Meditation hineinspielt. In dieser muß alles nur innerhalb des Seelisch-Geistigen verlaufen. Wer ein mathematisches Problem durchdenkt, der kann ziemlich sicher sein, daß er dabei nur das Seelisch-Geistige engagiert. Unbewußte, gefühls- oder willensbeeinflußte Vorstellungsreminiszen­zen werden da nicht hineinspielen. So muß es im Medi­tieren sein. Nimmt man hierzu eine Vorstellung, die man aus der Erinnerung herausholt, so kann man gar nicht wissen, wieviel aus dem Körperlichen, Instinktiven, dem Unbewußt-Seelischen man zugleich in das Bewußtsein hereinholt und beim Ruhen auf der Vorstellung zur see­lischen Wirksamkeit bringt. - Es ist daher am besten, wenn man zum Meditationsinhalt etwas wählt, von dem man sicher ist, daß es der Seele ganz neu ist. Läßt man sich darinnen von einem erfahrenen Geistesforscher raten, so wird er vor allem darauf Rücksicht nehmen. Er wird einen Meditationsinhalt vorschlagen, der ganz einfach ist und den man ganz gewiß noch niemals gedacht haben kann. Es kommt dabei nicht darauf an, daß der Inhalt einem schon erfahrenen oder überhaupt einem Tatbestande

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der Sinnenwelt entspricht. Man kann zu einer bild­haften Vorstellung greifen, die nichts Äußerliches ab-bildet, z.B. «im Lichte lebt strömend Weisheit». Es kommt auf das Ruhen auf einem solchen Vorstellungs­komplex an. Bei diesem Ruhen verstärken sich die geistig-seelischen Kräfte, wie sich die Muskelkräfte beim Ver­richten einer Arbeit verstärken. Auf einmal kann die Me­ditation kurz sein; sie muß aber durch lange Zeiten wie­derholt werden, wenn ein Erfolg eintreten soll. Je nach der Veranlagung kann dieser Erfolg bei der einen Per­sönlichkeit schon nach Wochen, bei der andern erst nach Jahren eintreten. Will jemand wirklicher Geistesforscher werden, so muß er solche Uebungen in streng systemati­scher, intensiver Art machen. Zunächst wird durch ein Meditieren in der hier angedeuteten Art das erreicht wer­den, daß der Meditierende durch sein Innenleben eine Kontrolle von größerer Sicherheit über die Aussagen eines Geistesforschers hat als der gewöhnliche gesunde Menschenverstand. Doch reicht auch dieser, wenn er genug unbefangen und vorurteilslos ist, zu einer solchen Kon­trolle durchaus aus.

Dem Meditieren muß zu Hilfe kommen die Uebung in der Charakterstärke, inneren Wahrhaftigkeit, Ruhe des Seelenlebens, völliger Besonnenheit. Denn nur wenn die Seele von diesen Eigenschaften durchzogen ist, wird sie das, was im Meditieren als ein Vorgang sich bildet, der ganzen menschlichen Organisation allmählich einprägen.

Ist durch solches Üben der richtige Erfolg eingetreten, dann erlebt man sich im ätherischen Organismus. Das Gedankenerlebnis erhält eine neue Form. Man erlebt die

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Gedanken nicht nur in der abstrakten Form wie früher, sondern so, daß man in ihnen Kräfte fühlt. Die vorher erfahrenen Gedanken können nur gedacht werden; sie haben keine Macht zu einer Aktivität. Die Gedanken, die man jetzt erlebt, haben eine Macht wie die Wachstums­kräfte, die den Menschen vom kleinen Kinde zum Er­wachsenen umbilden. Eben deshalb aber ist es notwendig, daß die Meditation in richtiger Art ausgeführt wird. Denn greifen in sie unterbewußte Kräfte ein, ist sie nicht ein in voller Besonnenheit rein seelisch-geistig verlaufender Akt, so werden Impulse entwickelt, die so wie die natürlichen Wachstumskräfte in den eigenen menschlichen Organismus eingreifen. Das darf in keiner Art geschehen. Der eigene physische und ätherische Organismus muß durch die Meditation völlig unberührt bleiben. Man kommt bei richtiger Meditation dazu, mit dem neu ent­wickelten Gedanken-Kräfte-Inhalt außerhalb des eigenen physischen und ätherischen Organismus zu leben. Man hat das Äther-Erleben; und der eigene Organismus ge­langt zu dem persönlichen Erleben in ein Verhältnis einer relativen Objektivität. Man schaut ihn an, und er strahlt in Gedankenform zurück, was man im Äther erlebt.

Gesund ist dieses Erleben, wenn man in den Zustand kommt, durch den man in völlig freier Willkür abwechseln kann zwischen einem Dasein im Äther und einem solchen in seinem physischen Leibe. Liegt etwas vor, was einen in das Ätherdasein hineinzwingt, dann ist der Zu­stand kein richtiger. Man muß in sich und außer sich nach völlig freier Orientierung sein können.

Das erste Erlebnis, das man durch eine solche innere

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Arbeit sich erringen kann, ist die Anschauung des eigenen verflossenen Erdenlebenslaufes. Man schaut denselben, wie er durch die Wachstumskräfte von Kindheit auf ge­formt worden ist. Wie in Gedankengebilden, die zu Wachstumskräften verdichtet sind, schaut man ihn an. Man hat nicht etwa bloß die Erinnerungsbilder des eige­nen Lebens vor sich. Man hat Bilder von einem ätherischen Tatsachenverlauf vor sich, der sich in der eigenen Wesen­heit abgespielt hat, ohne daß er in das gewöhnliche Be­wußtsein eingetreten ist. Was im Bewußtsein ist und in der Erinnerung lebt, das ist nur die abstrakte Begleiter­scheinung des realen Verlaufes. Es ist gewissermaßen nur eine obere Welle, die in ihrer Formung ein Ergebnis des Tiefenvorganges ist. Man überschaut das Weben und Wirken des eigenen Ätherorganismus im Zeitverlauf des Erdenlebens.

In der Anschauung dieses Verlaufes offenbart sich das Wirken des ätherischen Kosmos auf den Menschen. Was da gewirkt wird, das kann man als Inhalt der Philoso­phie erleben. Es ist Weisheit, aber nicht in der abstrakten Form des Begriffes, sondern als Form des Ätherwirkens im Kosmos.

Für das gewöhnliche Bewußtsein ist nur das ganz kleine Kind, das noch nicht sprechen gelernt hat, in demselben Verhältnis zum Kosmos wie der regelrecht Imaginierende. Aber dieses Kind hat noch nicht aus den allgemeinen Wachstums-(ätherischen)Kräften die Gedankenkräfte ab­gesondert. Das geschieht erst im Sprechenlernen. Da son­dern sich aus den vorher vorhandenen nur allgemeinen Wachstumskräften die abstrakten Gedankenkräfte ab. Der Mensch in seinem späteren Lebensverlaufe hat diese

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abstrakten Gedankenkräfte; aber sie sind nur am physi­schen Organismus; sie sind nicht in das Ätherdasein aufgenommen. Der Mensch kann daher das Verhält­nis, das er zum Äther hat, sich nicht zum Bewußtsein bringen. Der imaginierende Mensch lernt dieses.

Das ganz kleine Kind ist ein unbewußter Philosoph; der imaginierende Philosoph ist wieder das kleine Kind, aber zum vollen Bewußtsein erwacht.

Durch die Inspirationsübung wird zu den vorher ent­wickelten Fähigkeiten eine neue hinzugebracht, nämlich Bilder, auf denen man in der Meditation geruht hat, wie­der aus dem Bewußtsein fortzuschaffen. Es muß ausdrücklich betont werden, daß hier die Fähigkeit entwickelt werden muß, vorher willkürlich in der Meditation er­griffene Bilder fortzuschaffen, und zwar wieder in völlig freier Willkür. Das Fortschaffen von Vorstellungen, die nicht durch freie Willkür in das Bewußtsein versetzt worden sind, genügt nicht. Es ist eine größere seelische Energie notwendig zum Fortschaffen von Bildern, die in der Meditation erworben sind, als zum Auslöschen von Vorstellungen, die in anderer Art in das Bewußtsein ge­kommen sind. Und diese größere Energie braucht man zum Fortschreiten in übersinnlicher Erkenntnis.

Man gelangt dazu, ein waches, aber ganz leeres Seelen­leben auf diese Art sich zu erringen. Man beharrt in wachem Bewußtsein. Erlebt man diesen Zustand in völli­ger Besonnenheit, dann erfüllt sich die Seele mit den gei­stigen Tatsachen, wie sie sich durch die Sinne mit den physisch-sinnlichen erfüllt. Das ist der Zustand der Inspiration. Man erlebt sich mit einem Innenleben im Kos­mos,

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wie man sich sonst mit einem solchen Innenleben in dem physischen Organismus erlebt. Aber man weiß, daß man das kosmische Leben in sich erlebt, daß die geistigen Dinge und Vorgänge des Kosmos sich als eigenes inneres Seelenleben offenbaren. Es muß nun die Möglichkeit ge­blieben sein, dieses innere Erleben des Kosmos stets mit dem Zustande des gewöhnlichen Bewußtseins in freier Willkür zu vertauschen. Dann kann man, was man in der Inspiration erlebt, stets auf etwas beziehen, was man im gewöhnlichen Bewußtsein erlebt. Man schaut in dem sinnlich wahrgenommenen Kosmos ein Abbild des geistig erlebten. Der Vorgang läßt sich dem vergleichen, durch den man eine neue Erfahrung des Lebens mit einem Er­innerungsgebilde vergleicht, das im Bewußtsein auftaucht. Die geistige Anschauung, die man erlangt, ist wie die neue Erfahrung, und die sinnliche Anschauung des Kos­mos ist wie das Erinnerungsbild.

Die geistige Anschauung, die man in dieser Art von dem Kosmos erlangt, ist verschieden von der imaginativen. Bei dieser entstehen allgemeine Bilder eines äthe­rischen Geschehens; bei der Inspiration ergeben sich Bil­der von geistigen Wesenheiten, die in diesem ätherischen Geschehen walten. Was man als Sonne und Mond, als Planeten und Fixsterne in der physisch-sinnlichen Welt kennengelernt hat, findet man als kosmische Wesenheiten wieder. Und das eigene seelisch-geistige Erleben erscheint in den Kreis des Waltens dieser kosmischen Wesenswelt eingeschlossen. Der physische Organismus des Menschen wird jetzt erst verständlich, denn zu seiner Form und seinem Leben wirkt nicht nur das, was die Sinne des Menschen überschauen, sondern die Wesenheiten, die in

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den Tatsachen der Sinnenwelt schaffend walten. Alles, was so durch die Inspiration erlebt wird, bleibt dem ge­wöhnlichen Bewußtsein völlig verschlossen. Es würde dem Menschen nur bewußt sein, wenn er seinen Atmungs­prozeß so erlebte wie den Wahrnehmungsprozeß. Für das gewöhnliche Bewußtsein bleibt das kosmische Walten zwischen Mensch und Welt verborgen. Die Yoga-Philo­sophie sucht auf dem Wege zu einer Kosmologie zu kom­men, daß sie den Atmungsprozeß in einen Wahrneh­mungsprozeß umwandelt. Das sollte der abendländische Mensch der modernen Zeit nicht nachahmen. Er ist im Laufe der Menschheitsentwickelung in eine Organisation eingetreten, die solche Yoga-Uebungen bei ihm aus-schließt. Er würde durch dieselben sich nie ganz von sei­nem Organismus loslösen und dadurch der Forderung nicht genügen, den physischen und den ätherischen Or­ganismus unberührt zu lassen. Solche Übungen entspra­chen einer abgelaufenen Epoche der Menschheitsentwicke­lung. Was aber durch sie erreicht wurde, muß so errun­gen werden, wie dies soeben für die inspirierte Erkennt­nis beschrieben worden ist. Dadurch wird vollbewußt erlebt, was in abgelaufener Zeit von der Menschheit in wachen Träumen erlebt werden mußte.

Ist der Philosoph ein vollbewußtes Kind, so muß der Kosmologe in vollbewußter Art ein Mensch der Vorzeit werden, einer Zeit, in der der Geist des Kosmos noch durch natürliche Fähigkeiten angeschaut werden konnte.

In der Intuition wird durch die schon das letzte Mal geschilderte Willensübung der Mensch mit seinem Be­wußtsein ganz in die objektive Welt der kosmischen

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geistigen Wesenheiten hineinversetzt. Er erlangt einen Er­lebniszustand, den nur die Urmenschheit auf Erden hatte. Diese war mit dem Innensein der kosmischen Umgebung so verbunden wie mit den Vorgängen des eigenen Kör­pers. Diese Vorgänge waren nicht völlig im Unbewuß­ten wie bei dem neuzeitlichen Menschen. Sie spiegelten sich in der Seele. Der Mensch erlebte seelisch sein Wachs­tum, seinen Stoffwechsel wie in wachen Traumbildern. Und was er in solcher Art erlebte, das befähigte ihn, auch die Vorgänge seiner kosmischen Umgebung traum­haft-fühlend mit ihrem geistigen Innensein wahrzuneh­men. Er hatte eine traumhafte Intuition, von der heute in besonders veranlagten Menschen nur ein Nachklang vorhanden ist. Die Umwelt war für das Bewußtsein des Urmenschen zugleich materiell und geistig. Was da halb traumhaft erlebt worden ist, war für den Urmenschen die religiöse Offenbarung. Für ihn war diese eine gerad­linige Fortsetzung seines übrigen Menschenlebens. Diese von der Urmenschheit traumhaft gewußten Erlebnisse in der Geisterwelt bleiben dem neuzeitlichen Menschen völlig unbewußt. Der übersinnlich intuitiv Erkennende bringt sie sich zum vollen Bewußtsein. Er wird dadurch auf eine neue Art in den Zustand der Urmenschheit zu­rückversetzt, für die das Weltbewußtsein noch den reli­giösen Inhalt abgab.

Wie der Philosoph zum vollbewußten Kinde, der Kos­mologe zum vollbewußten Menschen einer abgelaufenen mittleren Menschheitsepoche, so wird der im modernen Sinne religiös Erkennende wieder ähnlich dem Urmen­schen, nur daß er in seiner Seele die geistige Welt nicht wie dieser traumhaft, sondern vollbewußt erlebt.

IV. ERKENNTNISGRUNDLAGEN EINER WAHREN PHILOSOPHIE, KOSMOLOGIE UND RELIGION

#G025-1956-E031 Kosmologie, Religion und Philosophie

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IV. ERKENNTNISGRUNDLAGEN EINER WAHREN PHILOSOPHIE, KOSMOLOGIE UND RELIGION

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Für die Entwickelung des inspirierten Erkennens wurde gesagt, daß eine grundlegende Übung ist, Bilder, die im Meditieren oder in der Folge des Meditationsvorganges im Bewußtsein entstanden sind, aus dem Bewußtsein fort­zuschaffen. Diese Übung ist aber zunächst eigentlich nur eine Vorübung für eine andere. Man gelangt durch dieses Fortschaffen dazu, den eigenen Lebenslauf so zu überschauen, wie das in der letzten Betrachtung dargestellt worden ist. Man gelangt auch zu einer Anschauung des geistigen Kosmos, insofern sich dieser in einem äthe­rischen Geschehen auslebt. Man erhält, auf den Menschen projiziert, ein Bild des ätherisch lebenden Kosmos. Man sieht, wie alles, was man zur Vererbung rechnen kann, von den physischen Organismen der Vorfahren auf die physischen Organismen der Nachkommen in einem fort­laufenden Geschehen übergeht. Man schaut aber auch, wie sich für die Tatsachen des ätherischen Organismus eine fortwährend neue Wirkung des ätherischen Kosmos einstellt. Diese Wirkung stellt sich der Vererbung entge­gen. Sie ist eine solche, die nur den individuellen Men­schen betrifft. In diese Dinge Einsicht zu haben, ist ganz besonders für den Erzieher wichtig.

Um weiterzukommen in übersinnlicher Erkenntnis, ist notwendig, die Übung des Fortschaffens der imaginativen Bilder immer mehr auszubilden. Man verstärkt da­durch die Seelenenergie für dieses Fortschaffen. Denn zu­nächst erreicht man nur eine Überschau über den Lebenslauf

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seit der Geburt. Man hat da zwar ein Seelisch-­Geistiges des Menschen vor sich, aber ein solches, von dem man nicht sagen kann, daß es ein Dasein über das physi­sche Leben des Menschen hinaus hat.

In der Weiterführung dieser Übungen für die Inspi­ration zeigt sich, daß die Kraft des Fortschaffens für die imaginativen Bilder immer größer wird. Sie wird dann im weiteren so groß, daß man auch das Totalbild des eigenen Lebenslaufes aus dem Bewußtsein fortschaffen kann. Man hat dann ein auch von dem Inhalte der eigenen physischen und ätherischen Menschenwesenheit be­freites Bewußtsein.

In dieses in einem höheren Grade leeres Bewußtsein tritt dann durch eine höhere Inspiration ein Bild von der seelisch-geistigen Wesenheit, so wie diese war, bevor der Mensch aus einer seelisch-geistigen Welt in die physische eingetreten ist und da sich mit dem Körper vereinigt hat, der durch Empfängnis und Keimesentwickelung entsteht. Man erhält eine Anschauung davon, wie die astralische und Ich-Organisation sich einkleidet in eine ätherische, die aus dem ätherischen Kosmos stammt, und in eine phy­sische, die in der physischen Vererbungsfolge entsteht.

Erst auf diese Art erhält man die Erkenntnis von dem ewigen Wesenskern des Menschen, der sich während des Erdendaseins in dem Abglanz des Vorstellens, Fühlens und Wollens der Seele auslebt. Man erhält aber auch dadurch die Idee von der wahren Natur des Vorstellens. Dieses ist nämlich innerhalb des Erdendaseins gar nicht in sei­ner wahren Gestalt vorhanden.

Man sehe sich einen menschlichen Leichnam an. Er hat die Form, die Gliederung des Menschen. Das Leben

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ist aus ihm geschwunden. Versteht man das Wesen des Leichnams, so hält man ihn nicht für etwas Ursprüngliches. Man erkennt ihn als Rest des lebenden physischen Menschen. Die Kräfte der äußeren Natur, denen der Leichnam überliefert wird, können ihn wohl zerstören; sie können ihn aber nicht aufbauen. - In ähnlicher Art erkennt man, auf einer höheren Stufe der Anschauung, das menschliche Erden-Denken als den leichnamartigen Rest dessen, was das Denken als Lebendiges war, bevor der Mensch aus seinem Erleben in der geistig-seelischen Welt in das Erdendasein übergetreten ist. Die Wesenheit des irdischen Denkens ist aus sich selbst ebensowenig begreiflich wie die Form des menschlichen Organismus aus den Kräften, die im Leichnam walten. Man muß das irdische Denken als ein totes erkennen, wenn man es recht erkennen will.

Ist man auf dem Wege zu einem solchen Erkennen, dann kann man auch die Wesenheit des irdischen Wol­lens durchschauen. Man erkennt dies als einen in einer gewissen Art jüngeren Bestandteil der Seele. Was sich hinter dem Wollen verbirgt, steht zu dem Denken in einer solchen Beziehung, wie für den physischen Orga­nismus das ganz junge Kind zu dem ersterbenden Greise. Nur ist es für die Seele so, daß Kindheit und Greisen­alter, ja leichnamartiges Dasein, nicht nacheinander sich entwickeln, sondern nebeneinander bestehen.

Man sieht aber aus dem Dargelegten gewisse Folgen für eine Philosophie, die ihre Ideen nur aus dem Erleben des Erdendaseins heraus gestalten will. Sie erhält zu ihrem Inhalte nur tote oder wenigstens ersterbende Ideen. Ihre Obliegenheit kann daher nur sein, den toten Charakter

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der Gedankenwelt zu erkennen, und von dem Toten auf ein vorher vorhanden gewesenes Lebendiges zu schließen. Insofern man in der begrifflich-beweisenden Methode des physischen Menschen bleibt, kann man gar nichts anderes wollen. Diese bloß intellektualistische Philosophie kann zu dem wahren Wesen der Seele daher nur auf eine in­direkte Art gelangen. Sie kann die Natur des mensch­lichen Denkens untersuchen und das Ersterbende dessel­ben erkennen. Dann kann sie indirekt beweisen, daß das Tote auf ein Lebendiges hindeutet wie der Leichnam auf einen lebenden Menschen.

Zu einer wirklichen Anschauung des wahrhaft Seeli­schen kann nur die inspirierte Erkenntnis kommen. Durch die Seelenübungen für die Inspiration wird der Denk-Leichnam wieder in einem gewissen Sinne belebt. Man wird zwar nicht vollständig zurückversetzt in den Zu­stand vor dem Beginn des Erdendaseins; aber man belebt in sich ein wahres Bild dieses Zustandes, aus dessen We­senheit man erkennen kann, daß es aus einem vorirdischen Dasein in das Erdendasein hereingestrahlt wird.

Durch die Ausbildung der Intuition in Willensübun­gen ergibt sich, daß im Unterbewußten das im Denken er­storbene vor-irdische Dasein während des Erdendaseins wieder belebt wird. Durch diese Willensübungen wird der Mensch in einen Zustand versetzt, durch den er außerhalb seines physischen und ätherischen Organismus in die Welt des Geistigen eingeht. Er erhält das Erleb­nis des Daseins nach Ablösung vom Körper. Damit ist ihm eine Vor-Anschauung gegeben von dem, was im Tode wirklich eintritt. Er kann aus dieser Anschauung heraus

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über die Fortdauer des Seelisch-Geistigen nach dem Durchgange durch den Tod sprechen.

Die rein intellektualistische Begriffsphilosophie kann zu einer Anerkennung der Seelenunsterblichkeit wieder nur auf indirektem Wege gelangen. Sie kann, wie sie im Denken etwas Leichnamartiges erkennt, in dem Wollen etwas Keimhaftes feststellen, etwas, das ein in sich be­stehendes Leben hat, welches über die Körperauflösung hinausweist, weil sich seine Wesenheit auch schon wäh­rend des Erdendaseins als von diesem unabhängig zeigt. Auf diese Art, indem man nicht beim Denken stehen-bleibt, sondern das gesamte Seelenleben zum Selbst-Erlebnis macht, kann man zu einer indirekten Anerkennung des ewigen menschlichen Wesenskernes gelangen. Man muß dazu seine Betrachtung nicht auf das Denken be­schränken, sondern das Wechselspiel des Denkens mit den andern Seelenkräften der philosophischen Beweismethode unterwerfen. Man kommt damit aber doch nur zu einem Erleben des ewigen menschlichen Wesenskernes, so wie er im Erdendasein ist, nicht zu einer Anschauung des Zu­standes vom menschlichen Geistig-Seelischen vor und nach dem Erdendasein. In dieser Lage ist z. B. die Berg­sonsche Philosophie, die auf einem umfassenden Selbsterleben dessen fußt, was im Erdendasein ergriffen wer­den kann, die aber das Gebiet der wirklichen übersinn­lichen Erkenntnis doch nicht betreten will.

Alle Philosophie, die bloß innerhalb des gewöhnlichen Bewußtsein stehenbleiben will, kann nur eine indirekte Erkenntnis des wahren Wesens der Menschenseele er­langen.

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Kosmologie in einer Art, daß durch sie auch die ge­samte menschliche Wesenheit mitumfaßt wird, kann nur durch die imaginative, inspirierte und intuitive Erkennt­nis erlangt werden. Innerhalb des gewöhnlichen Bewußtseins liegen ihr nur die Zeugnisse für das ersterbende und keimhaft wiedererwachende menschliche Seelenleben vor. Aus diesem Tatbestand kann sie sich bei unbefangener Betrachtung Ideen bilden, die auf Kosmisches hindeuten und ein solches erschließen lassen. Allein diese Ideen sind eben doch nur dasjenige, was aus dem geistigen Kosmos in das Menscheninnere hereinstrahlt und sich dazu auch noch innerhalb des Menschen in veränderter Form zeigt. Die Philosophie hatte in früheren Zeiten zwar noch einen Teil, der als Kosmologie auftrat. Allein der wirkliche Inhalt dieser Kosmologie waren sehr abstrakt gewordene Ideen, die sich traditionell aus alten Formen der Kos­mologie erhalten hatten. Die Menschheit hatte diese Ideen ausgebildet, als noch eine alte traumhafte Imagination, Inspiration und Intuition vorhanden waren. Man ent­nahm diese Ideen der Tradition und faßte sie in das Ge­webe des rein intellektuellen logischen oder dialekti­schen Beweisens. Man war sich dabei oft gar nicht bewußt, daß man diese. Ideen überkommen hatte. Man hielt sie für selbsterzeugt. Allmählich fand man, daß im neueren Geistesleben kein wirklicher innerer Lebenszusammen­hang mit diesen Ideen vorhanden ist. Deshalb kam diese «rationelle Kosmologie» fast ganz in Mißkredit. Sie mußte das Feld räumen der aus den rein physisch-sinn­lichen Naturerkenntnissen aufgebauten physischen Kos­mologie, die aber, für eine unbefangene Beobachtung, den Menschen nicht mehr mitumfaßt.

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Eine wahre Kosmologie wird erst wieder entstehen können, wenn Imagination, inspirierte und intuitive Erkenntnis gelten gelassen und ihre Ergebnisse für die Er­kenntnis der Welt verwertet werden.

Für die Erkenntnis auf dem Religionsgebiete gilt in noch höherem Grade dasjenige, was für die Kosmologie gesagt werden mußte. Auf dem Religionsgebiete müssen Erkenntnisse erworben werden, die aus einem Erleben der geistigen Welt stammen. Ein Schliessen auf solche Erleb­nisse aus dem Inhalte des gewöhnlichen Bewußtseins ist nicht möglich. In intellektuellen Begriffen kann der Reli­gionsinhalt nicht erschlossen, sondern nur verdeutlicht werden. Als man anfing, nach Gottesbeweisen zu suchen, war dieses Suchen selbst schon ein Beweis dafür, daß man den lebendigen Zusammenhang mit der göttlichen Welt verloren hatte. Deshalb kann auch kein intellek­tualistischer Gottesbeweis in einer befriedigenden Weise geführt werden. In traditionell übernommenen Ideen, die nur durch eine eigene Denkarbeit in ein System gebracht werden, muß jede bloß auf das gewöhnliche Bewußtsein hauende Theologie arbeiten. Früher haben die Philoso­phen auch eine «rationelle Theologie» aus diesem ge­wöhnlichen Bewußtsein heraus gewinnen wollen. Allein diese ist der auf traditionellen Ideen ruhenden Theologie gegenüber in einem noch höheren Grade als die «rationelle Kosmologie» deren Schicksal verfallen. Was aber aufge­taucht ist als unmittelbares «Gott-Erleben», das bleibt in der Gefühls- oder Willenswelt und vermeidet es sogar, zu irgendeiner begrifflich beweisenden Methode überzu­gehen. Die Philosophie selbst ist darauf verfallen, in einer

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bloßen Religionsgeschichte bestandene und bestehende Religionsformen zu betrachten. Sie tut dieses aus der Ohn­macht heraus, durch das gewöhnliche Bewußtsein zu Ideen über das zu kommen, was nur außerhalb des physischen und ätherischen Organismus erlebt werden kann.

Eine neue Erkenntnisgrundlage des religiösen Lebens kann nur gewonnen werden durch Anerkennung der ima­ginativen, inspirierten und intuitiven Erkenntnismetho­den und durch Verwertung von deren Ergebnissen für dieses Leben.

V. SCHLAFERLEBNISSE DER SEELE

#G025-1956-SE039 Kosmologie, Religion und Philosophie

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V. SCHLAFERLEBNISSE DER SEELE

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Man spricht heute vom «Unbewußten» oder «Unterbewußten», wenn man andeuten will, daß die Seelenerlebnisse des gewöhnlichen Bewußtseins - Wahrnehmen, Vorstellen, Fühlen und Wollen - von einem Dasein ab­hängig sind, das von diesem Bewußtsein nicht umfaßt wird. Diejenige Erkenntnis, die sich nur auf diese Erleb­nisse stützen will, kann wohl durch logische Schlußfolge­rungen auf ein solches «Unterbewußtes» hinweisen; sie muß sich aber mit diesem Hinweis begnügen. Zu einer Charakteristik des Unbewußten kann sie nichts beitragen.

Die in den vorangehenden Betrachtungen geschilderte imaginative, inspirierte und intuitive Erkenntnis vermag eine solche Charakteristik zu geben. Diesmal soll das versucht werden für die Seelenerlebnisse, welche der Mensch während des Schlafes durchmacht.

Die Schlaferlebnisse der Seele treten in das gewöhnliche Bewußtsein nicht ein, weil dieses auf der Grundlage der körperlichen Organisation entsteht. Während des Schlafes ist aber das seelische Erleben ein außerkörperliches. Wenn die Seele beim Erwachen beginnt, mit Hilfe des Körpers vorzustellen, zu fühlen, zu wollen, knüpft sie in ihrem Erinnern an diejenigen Erlebnisse an, die vor dem Ein­schlafen auf der Grundlage der körperlichen Organisation sich abgespielt haben. Vor der Imagination, Inspiration, Intuition erst treten die Schlaferlebnisse auf. Sie stellen sich nicht wie in einer Erinnerung dar, sondern wie in einem seelischen Hinschauen auf sie.

Ich werde nun zu schildern haben, was in diesem Hin­schauen sich offenbart. Weil dieses dem gewöhnlichen Bewußtsein

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eben verborgen ist, so muß für dasselbe, wenn es unvorbereitet an eine solche Schilderung herantritt, diese sich naturgemäß grotesk ausnehmen. Aber die voran­gehenden Darstellungen haben ja gezeigt, daß eine solche Schilderung möglich, und wie sie aufzufassen ist. Ich werde daher, trotzdem über sie von der einen oder andern Seite sogar gespottet werden kann, sie einfach so geben, wie sie aus den gekennzeichneten Bewußtseinszuständen erfließt.

Zunächst im Einschlafen befindet sich der Mensch in einem innerlich unbestimmten, undifferenzierten Sein. Es wird da kein Unterschied erlebt zwischen dem eigenen Sein und dem Sein der Welt; auch nicht ein solcher zwi­schen einzelnen Dingen oder Wesenheiten. Der Mensch ist in einem allgemeinen, nebelhaften Dasein. In das ima­ginative Bewußtsein heraufgehoben, stellt sich dieses Er­leben als ein Sich-Erfühlen dar, in dem das Erfühlen der Welt mitenthalten ist. Der Mensch ist aus dem Sinnensein ausgetreten und noch nicht deutlich in eine andere Welt hineinversetzt.

Es werden im weiteren nun Ausdrücke gebraucht wer­den müssen, wie «Fühlen», «Sehnsucht» usw., die auch im gewöhnlichen Leben auf ein Bewußtes bezogen wer­den. Und doch soll durch sie hingewiesen werden auf Vorgänge, die für das gewöhnliche Seelenleben unbe­wußt bleiben. Aber die Seele erlebt sie als reale Tatsachen während des Schlafens. Man denke daran, wie im Alltagsleben z. B. Freude im Bewußtsein erlebt wird. Im Körperlichen spielt sich da eine Erweiterung der feinen Blut­gefäße und anderes ab. Diese Erweiterung ist eine reale Tatsache. Im Bewußtsein wird bei ihrem Ablaufen Freude

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erlebt. So wird von der Seele während des Schlafens Reales erlebt; im folgenden soll dieses durch die Ausdrücke ge­schildert werden, die auf das entsprechende Erleben des imaginativen, inspirierten und intuitiven Bewußtseins sich beziehen. Wenn z. B. von «Sehnsucht» gesprochen wird, so ist ein tatsächlicher Seelenvorgang gemeint, der imaginativ als Sehnsucht sich offenbart. Es werden also die unbewußten Seelenzustände und Seelenerlebnisse so geschildert werden, als ob sie bewußt wären.

Gleichzeitig mit dem Erfühlen des Unbestimmten, Un­differenzierten, stellt sich in der Seele eine Sehnsucht ein nach einem Ruhen in einem Geistig-Göttlichen. Die Menschenseele entwickelt diese Sehnsucht als die Gegen­kraft gegen das Verlorensein im Unbestimmten. Sie hat das Sinnensein verloren und begehrt nach einem Sein, das sie aus der geistigen Welt heraus trägt.

In den soeben geschilderten Seelenzustand wirken die Träume hinein. Sie durchsetzen das Unbewußte mit halb-bewußten Erlebnissen. Die wahre Gestalt der Schlaferleb­nisse wird durch die gewöhnlichen Träume nicht deut­licher, sondern noch undeutlicher. Auch für das imagina­tive Bewußtsein tritt diese Undeutlichkeit ein, wenn dieses in seiner Reinheit durch unwillkürlich auftauchende Träume gestört wird. Die Wahrheit schaut man jenseits des wachen und auch jenseits des Traumeslebens durch diejenige Seelenverfassung, die im freien Willen durch die in den vorigen Darstellungen beschriebenen Seelenübungen herbeigeführt ist.

Der nächste Zustand, den die Seele erlebt, ist wie ein Aufgeteiltsein ihres Selbstes in voneinander differenzierte

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innere Geschehnisse. Die Seele erlebt sich in dieser Schlaf­periode nicht als eine Einheit, sondern als eine innere Vielheit. Dieser Zustand ist ein von Ängstlichkeit durch­setzter. Wenn er bewußt erlebt würde, wäre er Seelen-angst. Das reale Gegenstück von dieser Ängstlichkeit erlebt aber die Menschenseele in jeder Nacht. Es bleibt ihr nur unbewußt.

Für den Menschen der Gegenwart tritt in diesem Augenblicke des Schlafzustandes die seelen-heilende Wirkung dessen auf, was er im Wachzustande als seine Hingegebenheit an Christus erlebt. Vor dem Ereignisse von Golgatha war dies für die Menschen anders. Sie bekamen von ihren Religionsbekenntnissen im Wachen die Mittel, die dann in den Schlafzustand hereinwirkten und die Arznei gegen die Ängstlichkeit waren. Für den Menschen, der nach dem Ereignisse von Golgatha lebt, treten die religiösen Erlebnisse, die er in der Beschauung des Lebens und Sterbens und Wesens Christi hat, dafür ein. Er über­windet durch deren Hineinwirken in den Schlaf die Ängstlichkeit Diese verhindert, solange sie vorhanden ist, die innere Anschauung dessen, was von der Seele im Schlafen so erlebt werden soll, wie der Körper im Wachen. Die Führung Christi faßt die innerliche Zer­splitterung, die Vielheit in eine Einheit zusammen. Und die Seele kommt jetzt dazu, ein anderes Innensein zu haben als während des Wachzustandes. Zu ihrer Außenwelt gehören jetzt auch der eigene physische und äthe­rische Organismus. Dagegen erlebt sie in ihrem jetzigen Inneren eine Nachbildung der Planetenbewegungen. Es tritt in der Seele an die Stelle des individuellen, durch den physischen und ätherischen Organismus bedingten

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Erlebens ein kosmisches Erleben. Die Seele lebt außer­halb des Körpers; und ihr Innenleben ist eine innere Nach­bildung der Planetenbewegung. Als eine solche erkennt die entsprechenden inneren Vorgänge das inspirierte Be­wußtsein in der Art, wie dies in den vorigen Betrachtun­gen geschildert worden ist. Dies Bewußtsein erschaut auch, wie dasjenige, was die Seele durch das Planetener­lebnis hat, in seiner Nachwirkung im wachen Bewußtsein vorhanden ist. In dem Rhythmus der Atmung und der Blutzirkulation wirkt dies Planetenerlehnis während des Wachens als Anreiz fort. Während des Schlafes stehen physischer und ätherischer Organismus unter der Nachwirkung des Planetenreizes, der im wachen Tagesleben in der geschilderten Art als Nachwirkung der vorigen Nacht in ihnen waltet.

Parallel diesen Erlebnissen gehen andere. Die Seele er­lebt in dieser Sphäre ihres Schlafdaseins ihre Verwandt­schaft mit allen Menschenseelen, mit denen sie jemals in einem Erdenleben in Beziehung gestanden hat. Was da vor der Seele steht, wird, intuitiv erfaßt, zur Gewißheit über die wiederholten Erdenleben. Denn in der Verwandt­schaft mit Seelen enthüllen sich diese Erdenleben. Auch die Verbindung mit andern Geistwesen, die in der Welt leben, ohne je einen menschlichen Körper anzunehmen, wird Seelenerlebnis.

Aber in diesem Stadium des Schlafes tritt auch ein Erlebnis dessen auf, was gute und schlechte Neigungen, gute und schlechte Erlebnisse im Schicksalszusammenhange des Erdendaseins bedeuten. Was ältere Weltan­schauungen Karma genannt haben, steht vor der Seele.

In das Tagesleben wirken alle diese Schlafereignisse

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so herein, daß sich das allgemeine Sich-Fühlen, die Seelenstimmung, das Sich-glücklich- oder -unglücklich-Empfinden mitbewirken.

Im weiteren Verlaufe des Schlafes tritt zu dem ge­schilderten Zustande der Seele noch ein anderer. Diese erlebt in sich das Fixsterndasein im Abbilde. Wie im Wachzustande die Körperorgane, so werden jetzt Nach­bildungen der Fixsternkonstellationen erlebt. Das kos­mische Erleben der Seele erweitert sich. Sie ist jetzt Geist-wesen unter Geistwesen. Die Intuition erkennt in der Art, wie dies in den vorigen Betrachtungen geschildert worden ist, die Sonne und die anderen Fixsterne als die physischen Ausgestaltungen von Geistwesen. Was die Seele da erlebt, wirkt im Tagesleben nach als ihre religiöse Anlage, ihr religiöses Fühlen und Wollen. Man muß in der Tat sagen, was in den Tiefen der Seele sich regt als religiöse Sehn­sucht, ist für das Wachen die Nachwirkung des Sternen­erlebens während des Schlafzustandes.

Aber vor allem bedeutungsvoll ist, daß die Seele in diesem Zustande vor sich hat die Tatsachen der Geburt und des Todes. Sie erlebt sich als Geistwesen, das in einen physischen Leib durch Empfängnis und Keimesleben ein­zieht, und sie schaut (unbewußt) den Todesvorgang als einen Übertritt in eine rein geistig-seelische Welt. Daß die Seele in ihrem Wachzustande nicht an die Realität dessen glauben kann, was sich äußerlich den Sinnen als die Ereignisse der Geburt und des Todes darstellt, ist eben nicht bloß ein phantasievolles Ausgestalten einer Sehnsucht, sondern das dumpf gefühlte Nacherlehen des im Schlafzustand vor der Seele Stehenden.

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Könnte der Mensch alles dasjenige, was vom Ein­schlafen bis zum Aufwachen unbewußt durchlebt wird, in seinem Bewußtsein gegenwärtig machen, so hätte er in dem ersten Erlebnis, in dem die Sinneserscheinungen in einem allgemein inneren Welterleben sich auflösen und in dem eine Art pantheistischen Gottesbewußtseins auftritt, einen Bewußtseinsinhalt, der seinen philosophi­schen Ideen das Erlebnis der Wirklichkeit gäbe. Könnte er das Planeten- und Fixsternleben des Schlafes bewußt in sich tragen, so hätte er eine inhaltvolle Kosmologie. Und den Abschluß könnte bilden das im Sternenerleben Auftauchende, das ein Erleben des Menschen als Geist unter Geistern ist. In der Tat wird der Mensch von dem Einschlafen an, durch weitere Schlafzustände hindurch, unbewußter Philosoph, Kosmologe und gottdurchseeltes Wesen. Imagination, Inspiration und Intuition heben aus der dunklen Tiefe des sonst nur im Schlafe Erlebten das heraus, was zeigt, welch ein Wesen der Mensch an sich ist, wie er ein Glied des Kosmos ist, wie er gottdurch­drungen wird.

Das letztere tritt für den Menschen im tiefsten Schlafzustande ein. Von da aus tritt die Seele wieder den Rück­weg in die Sinneswelt an. In dem Impuls, der zu diesem Rückweg führt, erkennt das intuitive Bewußtsein eine Wirkung derjenigen Wesenheiten, die als geistige ihr sinnliches Gegenbild im Monde haben. Es sind die geisti­gen Mondenwirkungen, die den Menschen in jedem Schlaf wieder zum Erdendasein zurückrufen. Natürlich sind diese Mondenwirkungen auch beim Neumond vorhanden. Aber es hat die Verwandlung dessen, was an dem Mon­denbilde

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in sinnlicher Sichtbarkeit sich wandelt, eine Be­deutung für dasjenige, was Mondenwirkungen für das Festhalten des Menschen im Erdendasein von der Geburt (Empfängnis) bis zum Tode sind.

Nach dem tiefsten Schlafstadium kehrt der Mensch durch dieselben Zustände hindurch wieder zum Wachdasein zurück. Er macht vor dem Erwachen wieder das Erleben in dem allgemeinen Weltdasein mit der Gottes­sehnsucht durch, in das die Träume hineinspielen können.

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VI. DER ÜBERGANG VOM SEELISCH-GEISTIGEN DASEIN IN DER MENSCHEN-ENTWICKELUNG ZUM SINNLICH-PHYSISCHEN

Es ist in den vorangehenden Betrachtungen gezeigt wor­den, wie durch die inspirierte und intuitive Erkenntnis eine Anschauung des ewigen geist-seelischen Wesensker­nes im Menschen erlangt werden kann. Dabei ist aufmerksam gemacht worden, wie das menschliche Innen­leben von Nachbildungen des kosmischen Geschehens erfüllt wird. Wie der Mensch ein solches kosmisches Innen­leben unbewußt während des Schlafes erlebt, das ist in der letzten Betrachtung dargestellt worden. Die mensch­liche Innenwelt wird zur Außenwelt, und umgekehrt: die geistige Wesenheit der Außenwelt wird zur Innenwelt.

Während des Schlafzustandes sind der physische und der ätherische Organismus des Menschen eine Außen­welt für die seelisch-geistige Wesenheit. Sie bleiben in der Art vorhanden, wie sie immer wieder im Wachen das Werkzeug des seelisch-geistigen Menschen werden können. In den Schlafzustand nimmt der Mensch den Wunsch nach diesen beiden Organismen mit hinüber. Dieser Wunsch hängt - das wurde in der letzten Betrachtung gezeigt - mit denjenigen geistigen Kräften des Kosmos zusammen, die in den Erscheinungen des Mondes ihr sin­nenfälliges Abbild haben. Diesen Mondenkräften ist der Mensch nur durch seinen Zusammenhang mit dem Erdenwesen unterworfen. Es ergibt die Anschauung desjenigen Zustandes, in dem sich der Mensch in der rein geistigen Welt eine gewisse Zeit vor seiner Hinwendung zum Erdenleben

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befindet, daß er da den Einflüssen dieser Mon­denkräfte nicht unterworfen ist.

In diesem Zustande erlebt er nicht einen physischen und ätherischen Menschenorganismus als zu ihm gehörig, wie das im Schlafzustande der Fall ist. Aber er erlebt doch in ganz anderer Art diese Organismen. Er erlebt in den kosmischen Welten ihre Grundlagen. Er erlebt das Werden dieser Organismen aus dem geistigen Kosmos heraus. Er schaut einen geistigen Kosmos an. Dieser gei­stige Kosmos ist der geistige Teil des Keimes des physi­schen Erdenorganismus, den er künftig tragen wird. Wenn man in diesem Zusammenhange von «Keim» spricht, so wird damit etwas bezeichnet, das in einer gewissen Be­ziehung sich entgegengesetzt zu dem verhält, das im phy­sischen Weltzusammenhange so genannt wird. Da ist der «Keim» der kleine physische Anfang eines sich ver­größernden Gebildes. Das geistige Kraftgebilde, das der Mensch in seinem vorirdischen geistigen Dasein im Zu­sammenhange mit seinem Wesen erschaut, ist groß und zieht sich immer mehr zusammen, um zuletzt mit dem physischen Keimteil zu verwachsen.

Man muß sich zur Darstellung dieser Verhältnisse der Ausdrücke «groß» und «klein» bedienen. Aber es muß dabei berücksichtigt werden, daß das Erleben in der gei­stigen Welt ein geistiges ist, und daß für dasselbe der Raum, in dem das physische Geschehen vor sich geht, nicht vorhanden ist. Die verwendeten Ausdrücke sind also eigentlich nur Verbildlichungen dessen, was geistig, rein qualitativ, unräumlich, erlebt wird.

Im Erleben des kosmischen Gebildes, welches der geistige Keim seines künftigen physischen Organismus ist,

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ist der Mensch während des vorirdischen Daseins. Und dieses geistige Gebilde wird als eine Einheit mit dem gan­zen geistigen Kosmos anschauend erlebt und offenbart sich zugleich als der kosmische Leib des eigenen Men­schenwesens. Der Mensch fühlt den geistigen Kosmos als die Kräfte seines eigenen Wesens. Sein ganzes Dasein be­steht darinnen, daß er sich in diesem Kosmos erlebt. Aber er erlebt nicht nur sich. Denn es trennt ihn dieses kos­mische Dasein nicht wie später sein physischer Organis­mus von dem anderen Leben des Kosmos ab. Er ist die­sem Leben gegenüber in einer Art Intuition. Das Leben anderer geistiger Wesen ist zugleich sein Lehen.

In dem tätigen Erleben des Geist-Keimes seines künf­tigen physischen Organismus hat der Mensch sein vor-irdisches Dasein. Er bereitet selbst diesen Organismus vor, indem er in der geistigen Welt mit anderen Geistwesen an dem Geist-Keim wirkt. Wie er während des Erdenda­seins durch seine Sinne eine physische Umwelt vor sich hat und in dieser tätig ist, so hat er im vorirdischen Da­sein seinen im Geiste sich erbildenden physischen Orga­nismus vor sich; und seine Tätigkeit besteht in der Teil­nahme an dessen Gestaltung, wie seine Tätigkeit in der physischen Welt in der Teilnahme an der Gestaltung der physischen Dinge in der Außenwelt besteht.

In dem Geist-Keim des physischen Menschenleibes, welchen der geistig-seelische Mensch in seinem vorirdischen Dasein anschauend erlebt, ist ein wahres Universum vorhanden, nicht minder mannigfaltig und vielgestaltig in sich, als die physische Umwelt der Sinne ist. Ja, die intuitive Erkenntnis darf sagen, daß dasjenige, was der

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Mensch, in dem physischen Menschenkörper zusammen­gezogen, als ihm unbewußte Welt an sich hat, ein solches Universum ist, mit dem sich an Großartigkeit die phy­sische Welt gar nicht im entferntesten messen kann.

Und dieses Universum erlebt auf geistige Art der Mensch in seinem vorirdischen Zustande, und er wirkt an ihm. Er erlebt es in seinem Werden, seiner Beweglichkeit, aber erfüllt von geistigen Wesenheiten.

Er hat innerhalb dieser Welt ein Bewußtsein. Mit den tätigen Kräften, die im Werden dieses Universums sich auswirken, sind seine eigenen verbunden. Die Zusammen­arbeit der geistigen Kosmoskräfte mit seinen eigenen er­füllt sein Bewußtsein. Der Schlafzustand ist in einem gewissen Sinne eine Nachbildung dieser Betätigung. Aber dieser verläuft so, daß der physische Organismus als ein abgeschlossenes Gebilde außer dem seelisch-geistigen Men­schen vorhanden ist. Die sich betätigenden Kräfte, die im vorirdischen Dasein den Inhalt des Bewußtseins bilden, fehlen der Anschauung. Deswegen verläuft der Zustand unbewußt.

Im weiteren Verlaufe des vorirdischen Daseins wird das bewußte Mit-Erleben am Werden des zukünftigen Erden-Organismus immer dumpfer. Es schwindet für die Anschauung nicht völlig dahin; aber es dämmert ab. Es ist, als ob der Mensch seine eigene kosmische Innenwelt immer mehr sich entfremdet fühlte. Er lebt sich aus dieser Welt heraus. Was erst ein völliges Mit-Erleben mit den geistigen Wesenheiten des Kosmos war, stellt sich nun­mehr nur als eine Offenbarung dieser Wesen dar. Man kann sagen, vorher hatte der Mensch eine erlebte Intui­tion

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der Geisteswelt; jetzt verwandelt sich diese in eine erlebte Inspiration, bei der das Wesen von außerhalb auf den Menschen, sich offenbarend, wirkt.

Damit aber tritt im Innern des geistig-seelischen Men­schen ein Erleben auf, das sich mit dem «Entbehren» und der Entstehung der «Begierde nach dem Verlorenen» be­zeichnen läßt. Wenn man solche Ausdrücke gebraucht, so ist es, um durch ähnliche Verhältnisse des physischen Erlebens das übersinnliche zu verbildlichen.

In einem solchen «Entbehren» und «Begehren» lebt die Menschenseele in einer späteren Zeit ihres vorirdischen Daseins. Sie hat eine geistige Welt nicht mehr in der vollen Realität des Mit-Erlebens, sondern als geoffenbarten Ab­glanz, gewissermaßen mit geringerer Intensität des Daseins im Bewußtsein.

Die Menschenseele wird jetzt reif zum Mit-Erleben der geistigen Mondenkräfte, die vorher außerhalb ihres Da­seinsbereiches waren. Sie erhält dadurch ein Sein, durch das sie sich als selbständig absondert von den andern Geistwesen, mit denen sie vorher gelebt hat. Man kann sagen: vorher war ihr Erleben geistdurchdrungen, gottdurchdrungen; nachher wird ein eigenes, seelisches Wesen gefühlt; und der Kosmos wird als eine Außenwelt emp­funden, wenn auch das Mit-Erleben mit dieser Offen­barung des Kosmos noch immer ein sehr intensives ist in den Anfangsstadien und sich erst allmählich als ein dumpferes herausbildet.

In diesem Erleben tritt also der Mensch aus dem als Wirklichkeit empfundenen, geistdurchtränkten Dasein in ein solches, in dem ihm ein geoffenbarter Geist-Kosmos

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gegenübersteht. Das erste Stadium des Erlebens ist die Realität desjenigen, was später im Erdendasein als religiöse Seelenanlage für Vorstellung und Empfindung er­scheint. Das zweite ist die Realität dessen, was, wenn es beschrieben wird, eine wahre Kosmologie ergibt. Denn es wird da die physische Menschenorganisation auch in ihrer kosmischen Keimanlage angeschaut, ohne die sie nicht verständlich sein kann.

In der Folgezeit verliert der Mensch die Anschauung des Geist-Kosmos. Dieser verdunkelt sich vor dem «Gei­stesauge». Das Erleben des seelischen Inneren, das im Zusammenhange steht mit den geistigen Mondenkräften, wird dafür immer intensiver. Und die Menschenseele wird reif, dasjenige von außen zu empfangen, was sie vor­her im Innern erlebt hat. Die geistige Tätigkeit am Werden des physischen Organismus, die vorher der Mensch bewußt miterlebt hat, entfällt seinen Seelenorganen; sie geht über an die physische Tätigkeit, die sich in der Fort­pflanzungsentwickelung innerhalb des Erdendaseins voll­zieht. Das von der Menschenseele vorher Miterlebte geht über auf diese Fortpflanzungsentwickelung, um in der­selben als dirigierende Kräfte zu wirken. Die Menschenseele hat jetzt für einige Zeit in der geistigen Welt ein Dasein, in dem sie an der Bildung des physischen Men­schenorganismus nicht mehr einen Anteil hat.

In diesem Stadium wird sie reif, dasjenige, was in ihr «Entbehren» und «Begehren» ist, an dem Atherischen des Kosmos zu befriedigen. Sie zieht den kosmischen Ather an sich heran. Und sie bildet im Sinne der Anla­gen, die ihr aus dem Mitarbeiten an dem menschlichen

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Universum geblieben sind, ihren ätherischen Organismus. So lebt sich der Mensch in seinen ätherischen Organismus hinein, bevor ihn im Erdendasein sein physischer Orga­nismus empfängt.

Die im Bereich des Erdendaseins in der Folge der voll­zogenen Empfängnis auftretenden Vorgänge haben, abgesondert von dem Verlauf der letzten Stadien des vorirdischen Lebens der Menschenseele, die Bildung des phy­sischen Organismus bis zu der physischen Keimanlage ge­bracht. Mit dieser kann sich die Menschenseele, die mitt­lerweile sich ihren ätherischen Organismus eingegliedert hat, vereinigen. Sie vereinigt sich mit derselben durch die Kraft des fortwirkenden «Begehrens»; und der Mensch tritt sein physisches Erdendasein an.

Das Erleben der Menschenseele bei ihrer Eingliederung des ätherischen Organismus in sich, gewissermaßen des Zuwachsens dieses Organismus aus dem Weltenäther, ist ein erdfremdes Erleben; denn es wird ohne den physischen Organismus durchgemacht. Es hat aber diesen zum «be­gehrten» Objekt. Dasjenige, was im Erleben des ganz kleinen Kindes auftritt, ist eine unbewußte Erinnerung an dieses Erleben. Es ist aber eine tätige Erinnerung, ein unbewußtes Arbeiten an dem physischen Organismus, der vorher seelische Innenwelt war und der jetzt als ein äußerer der Menschenseele gegeben ist. Die bildende Tätigkeit, welche der Mensch unbewußt an seinem eige­nen Organismus in dessen Wachstum vollzieht, ist die Erscheinung dieser tätigen Erinnerung. Was die Philoso­phie sucht und was sie nur durch ein vollbewußtes Ima­ginieren des ersten Kindheitserlebens als eine innere Realität

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haben kann, das liegt in dieser tätigen, unbewußten Erinnerung. Damit hängt das weltfremde und doch. wie­der der Welt geneigte Wesen des Philosophierens zusam­men.

VII. CHRISTUS IN SEINEM ZUSAMMENHANG MIT DER MENSCHHEIT UND DAS RÄTSEL DES TODES

#G025-1956-SE055 Kosmologie, Religion und Philosophie

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VII. CHRISTUS IN SEINEM ZUSAMMENHANG MIT DER MENSCHHEIT UND DAS RATSEL DES TODES

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Wie das seelisch-geistige Dasein auf dem Gebiete der Menschenentwickelung in das sinnlich-physische übergeht, versuchte ich in der letzten Betrachtung zu schil­dern. Von dem Verständnisse, das der Mensch diesem Übergange entgegenbringt, hängt es ab, ob er ein dem gegenwärtigen Bewußtsein entsprechendes Verhältnis gewinnen kann zu dem Ereignis von Golgatha und seiner Beziehung zur Erdenentwickelung des Menschen.

Erkennt man in seinem eigenen physisch-sinnlichen Wesen nicht, wie ein Geistig-Seelisches aus einer geistigen Erlebensform sich so gewandelt hat, daß es zur Erschei­nung in der physisch-sinnlichen Welt geworden ist, so muß einem auch verschlossen bleiben, wie der Christusgeist aus Geisteswelten in dem Jesusmenschen innerhalb der physischen Welt erschienen ist.

Es muß aber immer wieder betont werden, daß nicht das schauende Erkennen selbst bei jedem Einzelnen in Betracht kommt, sondern das gemütvolle Verstehen des durch das Schauen Erforschten. Das schauende Erkennen erringen sich Einzelne. Das begründete Verstehen ist jedem möglich.

Wer die Welten anerkennt, welche die Menschenseele im vorirdischen Dasein durchlebt, der lernt auch aufblicken zu Dem, der vor dem Geschehen des Mysteriums von Golgatha nur in diesem Dasein gelebt, als Christus, und der durch dieses Mysterium und seit dessen Gesche­hen sein Leben mit der Erdenmenschheit verbunden hat.

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Die Seelen der Erdenmenschheit haben diejenige Ver­fassung, in der sie heute leben, erst in einer allmählichen Entwickelung erlangt. Das gewöhnliche Bewußtsein nimmt die Seelenverfassung, wie sie heute ist, und kon­struiert sich eine «Geschichte», in welcher die Sache so dargestellt wird, als ob die Menschen der grauen Vorzeit fast ebenso gedacht, gewollt und gefühlt hätten wie heute. Aber das ist nicht so. Es hat Zeiten gegeben im Erdendasein der Menschheit, in denen diese Seelenverfassung ganz anders war als gegenwärtig. Damals war nicht ein so schroffer Gegensatz zwischen Schlafen und Wachen. Einen Übergang zwischen beiden bildet heute nur das Träumen. Aber dessen Inhalt hat etwas Trügerisches, Fragwürdiges. Der Mensch der Vorzeit erlebte zwischen dem vollen Wachen und dem bewußtlosen Schlafen einen Zwischenzustand, der bildhaft und sinnentrückt war, durch den aber ein wirklich Geistiges sich offenbarte, wie durch die Sinneswahrnehmung ein wirkliches Physisches.

In diesem Erleben durch Bilder, nicht durch Gedan­ken, hatte der Mensch der Vorzeit eine traumhafte Erfahrung von seinem vorirdischen Dasein. Er erlebte sich selbst als vorirdisches Seelenwesen wie in einem Nachklang des damals Durchgemachten. Aber er hatte dafür nicht das volle deutliche Ich-Erleben, das der Mensch der Gegenwart hat. Er empfand sich nicht in demselben Grade wie heute als ein «Ich». Dieses «Ich»-Erleben ist erst im Laufe der menschlichen Geistesentwickelung eingetreten.

Die entscheidende Entwickelungsepoche für die Ent­wickelung des Ich-Erlebens der Menschheit ist diejenige, in die auch das Ereignis von Golgatha gefallen ist.

In dieser Zeit wurde für das gewöhnliche Bewußtsein

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das seelische Erleben eines Nachklanges des vorirdischen Daseins immer dumpfer. Der Mensch wurde mit dem, was er von sich selbst wissen kann, immer mehr auf das beschränkt, was sich ihm von sich selbst als physisch­sinnliches Erden-Sein offenbart.

Von diesem Zeitpunkt an bekam auch die Wahrneh­mung des Todes eine neue Bedeutung. Vorher wußte der Mensch in der angedeuteten Art von seinem eigenen We­senskerne. Er kannte denselben durch das Schauen des erwähnten Nachklanges so, daß ihm klar war, dieser werde vom Tode nicht berührt. In dem weithistorischen Zeitabschnitt, in dem der Blick auf das physische Men­schenwesen beschränkt wurde, stellte sich der Tod als ein quälendes Rätsel vor die Seele hin.

Dieses Rätsel wurde dem Menschen nicht durch die weitere Entwickelung bloß innerer Erkenntniskräfte gelöst. Es wurde ihm gelöst, indem das Ereignis von Golga­tha in die Erdenentwickelung eintrat.

Auf den Boden des Erdendaseins ist der Christus aus denjenigen Welten herabgestiegen, in denen der Mensch sein vorirdisches Dasein verlebt. In der Vereinigung der Erlebnisse des wachen gewöhnlichen Bewußtseins mit der Wesenheit und in dem Aufblick zu Christi Taten kann der Mensch seit dem Ereignis von Golgatha finden, was er vorher durch eine natürliche Beschaffenheit seines Be­wußtseins gefunden hat.

Die Initiierten der alten Mysterien haben zu ihren Be­kennern so gesprochen, daß diese in den Wahrnehmun­gen über das vorirdische Dasein eine Gnadengabe des

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geistigen Sonnenwesens gesehen haben, das seinen Ab­glanz in der physischen Sonne hat.

Die Initiierten, die zur Zeit des Mysteriums von Gol­gatha noch in einer Fortsetzung der alten Initiationsmethoden lebten, sprachen zu denjenigen, die es hören wollten, davon, wie das Wesen, welches früher den Men­schen aus den geistigen Welten den Nachklang des vorirdischen Daseins in das irdische mitgegeben hat, als der Christus heruntergestiegen ist in die physische Erdenwelt und in dem Menschen Jesus Körper angenommen hat.

Von Seite derjenigen, die dadurch aus der Initiation das Rechte über das Mysterium von Golgatha wußten, wurde in den ersten Zeiten der christlichen Entwickelung durchaus von dem Christuswesen als einem solchen gesprochen, das aus geistigen Welten in die irdische her­untergestiegen ist. Auf den Christus der überirdischen Welt und auf seinen Weg zu den Erdenmenschen kam es den damaligen Lehrern der Menschheit vorzüglich an.

Die Voraussetzung zu einer solchen Anschauung war, daß man aus der alten Initiation noch so viel über die übersinnlichen Welten wußte, um in Christus ein Wesen der geistigen Welt vor seinem Abstieg zur Erde zu schauen.

Die Reste eines solchen Wissens dauerten etwa bis in das vierte nachchristliche Jahrhundert hinein. Dann dämmerten sie in den menschlichen Bewußtseinen ab. Das Ereignis von Golgatha wurde dadurch ein nur durch die Fortpflanzung der äußeren Geschichte gewußtes Ereignis. Die Initiationsprinzipien der alten Welt gingen der Außenwelt verloren und pflanzten sich nur noch in Stät­ten

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fort, von denen die Menschen kaum etwas wußten. Erst jetzt, seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts, ist innerhalb der Menschheitsentwickelung wie­der ein Stadium erlangt, in dem die neue Initiation, die in den vorangehenden Darstellungen geschildert worden ist, zu einer Anschauung des Wesens Christi innerhalb der Geisteswelt führt.

Zur vollen Entfaltung des Ichbewußtseins, das inner­halb der Menschheitsentwickelung zutage treten sollte, war es notwendig, daß die initiierte Erkenntnis für einige Jahrhunderte zurücktrat und der Mensch sich zunächst auf die sinnliche und äußerlich-historische Welt verwie­sen sah, in der er das Ichbewußtsein frei entfalten konnte.

So wurde es der christlichen Gemeinschaft nur möglich, die Gläubigen auf die historische Tradition über das Mysterium von Golgatha zu verweisen, und dasjenige, was einmal durch Geisterkenntnis über dasselbe gewußt wurde, in Dogmen für den Glauben zu kleiden. Nicht um den Inhalt dieser Dogmen handelt es sich hier, sondern um die Art, wie er in der Seele erlebt wird, ob durch Glauben oder durch Wissen.

Heute ist es wieder möglich, ein unmittelbares Wissen von dem Christus zu erlangen. Aber es stand die Gestalt Jesu durch Jahrhunderte vor dem gewöhnlichen Be­wußtsein; und der Christus, der in ihm lebte, war ein Gegenstand des Glaubens geworden. Immer mehr aber verlor sich gerade in dem geistig führenden Teil der Menschheit die Hinneigung zu den Glaubensdogmen; Jesus wurde immer mehr nur so gesehen, wie er sich aus der Geschichte heraus vor das gewöhnliche Bewußtsein hinstellt. Man verlor nach und nach ein Erleben des

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Christus. Und so ergab sich sogar ein moderner Zweig der Theologie, der sich eigentlich nur beschäftigt mit dem Menschen Jesus, und dem ein lebendiges Verhältnis zu dem Christus fehlt. Aber ein bloßer Jesusglaube ist eigentlich kein Christentum mehr.

In dem Bewußtsein von seinem vorirdischen Dasein hatte der Mensch der Vorzeit auch einen Halt für ein rechtes Verhältnis zu seinem Dasein nach dem Erdentode. Das, was ihm auf diese Art in der Vorzeit für das Rätsel des Todes ein natürliches Sich-Erleben gegeben hatte, das sollte ihm in der späteren Zeit in einer anderen Art durch seine Verbindung mit dem Christus gegeben wer­den. Dieser sollte ihn nach dem Paulusworte: «Nicht ich, sondern der Christus in mir», so durchdringen, daß er ihm dadurch der Führer durch die Todespforte werden konnte. Im gewöhnlichen Bewußtsein hatte der Mensch jetzt zwar etwas, was das volle Ich-Erleben zur Entfaltung bringen konnte, nicht aber etwas, was der Seele die Kraft geben konnte, an ihren lebendigen Durchgang durch die Todespforte erkennend heranzukommen. Denn das gewöhnliche Bewußtsein ist ein Ergebnis des physischen Leibes. Es kann also auch der Seele nur eine Kraft geben, die sie als mit dem Tode erlöschend ansehen muß.

Denjenigen, die noch aus der alten Initiation heraus das alles erkennen konnten, erschien der menschliche physische Organismus krank. Denn sie mußten anneh­men, er könne nicht die Macht entfalten, ein so umfassen­des Bewußtsein der Seele zu geben, daß diese ihr volles Dasein erleben kann. Christus erschien als der Seelenarzt der Welt, als der Heiler, der Heiland. Und als solcher

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muß er in seinem tiefbegründeten Zusammenhang mit der Menschheit erkannt werden.

Das Ereignis des Todes im Zusammenhange mit dem Christus soll den Gegenstand der nächsten Betrachtun­gen bilden.

Durch das Aufnehmen des Christuserlebens wird, was das alte Bewußtsein, vertieft durch die Aussagen der In­itiierten, als Ewigkeitserlebnis dem Menschen gegeben hatte, zu einer Philosophie, die im Weltendasein mit dem göttlichen Vaterprinzip rechnen kann. Der Vater im Geiste kann wieder angesehen werden als das allesdurch­dringende Seiende. Durch die Erkenntnis des Christus, der, ein Wesen der außerirdischen Welt, in dem Men­schen Jesus irdischen Körper annahm, erlangt die Kos­mologie ihren christlichen Charakter. In den Geschehnis­sen der Menschheitsentwickelung wird der Christus mit-erkannt als das Wesen, dem ein Entscheidendes in dieser Entwickelung zugefallen ist. - Und durch das Wieder­anfachen der abgedämmerten Erkenntnis von dem «ewigen Menschen» wird das menschliche Gemüt aus der bloßen Sinneswelt, die das Ichbewußtsein entwickelt, zu dem Geiste gelenkt, der mit dem Vatergott und dem Christus zusammen in einer erneuten Erkenntnisgrundlage der Re­ligion von der Seele verständnisvoll erlebt werden kann.

VIII. DAS GEWÖHNLICHE UND DAS HÖHERE BEWUSSTSEIN

#G025-1956-SE062 Kosmologie, Religion und Philosophie

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VIII. DAS GEWÖHNLICHE UND DAS HÖHERE BEWUSSTSEIN

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Im Schlafzustande hört für das gewöhnliche Bewußtsein das Sinnes-Erleben auf, und auch die seelische Betätigung in Denken, Fühlen und Wollen. Damit entfällt dem Men­schen dasjenige, was er als sein «Selbst» zusammenfaßt.

Durch die in den vorangehenden Betrachtungen charak­terisierten Seelenübungen wird von einem höheren Be­wußtsein zunächst das Denken erfaßt. Man kann dieses Erfassen nicht bewirken, ohne das Denken zuerst verloren zu haben. Im Erfolg bewirkenden Meditieren erlebt man diesen Verlust des Denkens. Man fühlt sich zwar innerlich als wesenhaft; es tritt ein unbestimmtes inneres Erleben ein; aber man kann sich zunächst nicht selbst mit einem so starken Sein erleben, daß man dieses Innensein in denkender Tätigkeit erfassen könnte. Diese Möglichkeit tritt erst nach und nach ein. Die innere Aktivität wächst; und die Kraft des Denkens wird von einer andern Seite entzündet als im gewöhnlichen Bewußtsein. Man erlebt sich in diesem gewöhnlichen Bewußtsein immer nur in einem gegenwartigen Augenblicke. Indem durch die Seelenübungen das Denken wieder entzündet wird, nachdem man durch das Nicht-Denken hindurchgegangen und dadurch zum Imaginieren gekommen ist, erlebt man den Inhalt des ganzen Lebenslaufes von der Geburt bis zum jeweilig gegenwärtigen Augenblicke als das eigene «Ich». Auch die Erinnerungen des gewöhnlichen Bewußtseins sind Erlebnisse des gegenwärtigen Augenblickes. Sie sind Bilder, die gegenwärtig erlebt werden, und die durch ihren Inhalt auf Vergangenes nur hinweisen.

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Solche Erinnerung entfällt zuerst beim Eintritte des Imaginierens. Das Vergangene wird dann angeschaut, wie wenn es ein Gegenwärtiges wäre. Wie man in der Sinnes-wahrnehmung den Sinn nach den Dingen hinlenkt, die im Raume nebeneinander sind, so lenkt man die erwachte Aktivität der Seele im Imaginieren nach den verschiede­nen Geschehnissen des eigenen Lebenslaufes hin. Man hat den zeitlichen Verlauf als Einheit vor sich. Der Inhalt des Werdens tritt als ein augenblicklich Gegenwärtiges auf.

Aber man hat im höheren Bewußtsein etwas anderes als die Erinnerungen des gewöhnlichen Bewußtseins. Man hat die Tätigkeit des vorher diesem Bewußtsein unbe­kannten ätherischen Örganismus vor sich. Die Erinnerun­gen des gewöhnlichen Bewußtseins sind nur Bilder dessen, was der Mensch durch seinen physischen Organismus mit der Aussenwelt erlebt hat. Das imaginative Bewußtsein aber erlebt die Tätigkeit, welche der ätherische Organis­mus am physischen Organismus vollbracht hat.

Das Auftauchen dieses Erlebens geschieht so, daß man das Gefühl hat, es steigt aus den Seelentiefen etwas her­auf, das vorher in der eigenen Wesenheit zwar gesteckt hat, das aber nicht in das Bewußtsein herauf seine Wellen getrieben hat. Alles dieses muß in voller Besonnenheit erlebt werden. Das ist der Fall, wenn das gewöhnliche Bewußtsein neben dem imaginativen vollkommen erhalten bleibt. Man muß die Erlebnisse, die man an der Wech­selwirkung zwischen ätherischem und physischem Orga­nismus macht, stets in Beziehung bringen können zu dem entsprechenden Erinnerungsleben des gewöhnlichen Be­wußtseins. Wer das nicht kann, hat es nicht mit einer

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Imagination zu tun, sondern mit einem visionären Er­leben.

In dem visionären Erleben ist das Bewußtsein nicht wie bei der Imagination mit einem neuen Inhalt erfüllt, der zu dem alten hinzukommt, sondern es ist verwandelt; der alte Inhalt kann neben dem neuen nicht gegenwärtig gemacht werden. Der Imaginierende hat seinen gewöhn­lichen Menschen neben sich; der Visionär hat sich ganz in einen andern Menschen verwandelt.

Wer die anthroposophische Forschung von außen kri­tisiert, muß das beachten. Es kommt immer wieder vor, daß die imaginative Erkenntnis so beurteilt wird, als ob sie zu einem Visionären führte. Ein solches muß gerade der wahre Geistesforscher im strengsten Sinne von sich weisen. Er setzt nicht an die Stelle des gewöhnlichen Bewußtseins ein visionäres; sondern er gliedert dem gewöhn­lichen das imaginative ein. Bei ihm waltet in jedem Augen­blicke die volle Kontrolle des imaginativ Erlebten durch das gewöhnliche Denken. Das visionäre Vorstellen ist ein stärkeres Hineinlehen des «Ich» in den physischen Or­ganismus, als das beim gewöhnlichen Bewußtsein der Fall ist. Das Imaginieren ist ein wirkliches Heraustreten aus dem physischen Organismus; und es bleibt daneben der gewöhnliche Bestand der Seele in dem physischen Or­ganismus bewußt erhalten. Man wird bewußt in einem Teile der Seele, der vorher unbewußt war; aber der See­lenteil, der vorher im physischen Organismus bewußt war, bleibt in dem gleichen seelischen Erleben. Das Wechsel­verhältnis zwischen dem Erleben des Imaginierten und demjenigen des gewöhnlichen Bewußtseins ist ein ebenso besonnenes Erfahren der Seele wie das Hin- und Herlenken

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der Seelentätigkeit von einer Vorstellung zur an­dern im gewöhnlichen Bewußtsein. Berücksichtigt man dieses, so wird man die imaginative Erkenntnis nicht so beurteilen, als ob sie etwas Visionäres wäre. Sie ist, im Gegenteil, dazu geeignet, alle Neigungen zum Visionären zu vertreiben. Aber der imaginativ Erkennende ist auch in der Lage, einzusehen, daß in den Visionen nicht kör­perfreie Erlebnisse gegeben sind, sondern solche, die in einem viel höheren Grade vom Körper abhängig sind als die Sinneserlebnisse. Denn er kann den Charakter der Visionen mit dem der wirklich körperfreien Imaginationen vergleichen. Der Visionär steckt tiefer in seinen physi­schen Körperfunktionen darinnen als derjenige, der auf gewöhnliche Art seine Sinneswahrnehmungen erlebt.

Tritt die Imagination ein, dann wird das gewöhnliche Denken als etwas erkannt, das keinen substantiellen Be­stand in sich hat. Als der substantielle Inhalt dieses ge­wöhnlichen Denkens ergibt sich dasjenige, was man mit der Imagination in das Bewußtsein einführt. Das gewöhn­liche Denken läßt sich in der Tat vergleichen mit einem Spiegelbild. Aber während im gewöhnlichen Bewußtsein das Spiegelbild entsteht, ist das auf unbewußte Art le­bendig, was in der Imagination auftritt. Man imaginiert auch im gewöhnlichen Seelenleben; aber unbewußt. Ima­ginierte man nicht, so dächte man nicht. Die bewußten Gedanken des gewöhnlichen Seelenlebens sind die von dem physischen Organismus reflektierten Spiegelbilder des unbewußten Imaginierens. Und das Substantielle dieses Imaginierens ist der ätherische Organismus, der in der irdischen Lebensentwickelung des Menschen sich offenbart.

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Mit der Inspiration tritt ein neues Element in das Be­wußtsein ein. Von dem eigenen menschlichen Lebenslauf muß, um zur Inspiration zu kommen, so abstrahiert wer­den, wie das in den vorigen Betrachtungen dargestellt worden ist. Aber die Kraft der Aktivität, welche sich die Seele durch das Imaginieren errungen hat, bleibt dabei erhalten. Im Besitze dieser Kraft kann die Seele zu Vor­stellungen von demjenigen gelangen, was im Weltall dem ätherischen Organismus ebenso zugrunde liegt, wie die­ser dem physischen.

Und damit wird die Seele vor ihre eigene ewige Wesen­heit gestellt. Im gewöhnlichen Bewußtsein ist es so, daß die Seele, wenn sie vorstellend aktiv werden will, dies nur kann, indem sie den physischen Organismus ergreift. Sie taucht in denselben unter, und er reflektiert ihr in den Vorstellungsbildern dasjenige, was sie mit ihrem ätheri­schen Organismus erlebt. Diesen selbst erlebt sie aber in seiner Tätigkeit nicht. Im imaginativen Bewußtsein wird dann dieser ätherische Organismus selbst erlebt. Aber es geschieht dies dadurch, daß die Seele mit ihrem Erleben zu dem astralen Organismus weiter zurückgegangen ist. Solange die Seele bloß imaginiert, lebt sie im astrali­schen Organismus unbewußt, und der physische und äthe­rische werden angeschaut; sobald die Seele in inspirierter Erkenntnis ist, wird auch der astralische Organismus an-geschaut. Denn die Seele lebt jetzt in ihrem ewigen We-senskerne. Diesen anzuschauen, vermag die Seele durch das Fortschreiten zur intuitiven Erkenntnis. Durch diese lebt sie in der geistigen Welt, wie sie im gewöhnlichen Dasein in ihrem physischen Organismus lebt.

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Die Seele erkennt auf diese Art, wie physischer, äthe­rischer und astralischer Organismus aus der geistigen Welt sich herausbilden. Aber sie kann auch das Fortwirken des Geis4gen an der Organisation des Erdenwesens «Mensclii> beobachten. Sie sieht, wie der geistige Wesenskern des Menschen in den physischen, ätherischen und astralischen Organismus untertaucht. Dieses Untertauchen ist nicht etwa ein Hineinschlüpfen eines Geistigen in ein Physisches, so daß das erstere dann das letztere bewohnte. Nein, es ist ein Verwandeln eines Teiles der Menschen-seele in die physische und ätherische Organisation. Dieser Teil der Menschenseele verschwindet während des Erdenlebens, indem er sich in den physischen und ätherischen Organismus verwandelt. Es ist derjenige Teil der Seele, von dem gewöhnlichen Bewußtsein in seinem Abglanz durch das Denken erlebt wird. Aber die Seele taucht auf einer andern Seite wieder auf. Es ist das der Fall mit demjenigen ihrer Teile, der im Erdendasein als Wollen erlebt wird. Das Wollen hat einen andern Charakter als das Denken. Im Wollen trägt der Mensch auch während des gewöhnlichen Wachlebens einen schlafenden Teil in sich. Das Gedachte steht klar vor der Seele. Der Mensch ist denkend wirklich ein vollerwachter. Das ist beim Wollen nicht der Fall. Der Wille wird durch den Ge­danken angeregt. Soweit der Gedanke reicht, reicht auch das wache Bewußtsein. Aber dann taucht der Willensakt unter in den menschlichen Organismus. Bewege ich durch den Willen meine Hand, so habe ich im gewöhnlichen Bewußtsein den veranlassenden Gedanken als Anfang und die Anschauung der Hand-Erhebung mit allen beglei­tenden gefühlsmäßigen Seelenerlebnissen als Ende der

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Willenswirkung. Die Mitte bleibt unbewußt. Was aber in den Tiefen des Organismus vor sich geht, wenn ein Wollen im Menschen abläuft, das entzieht sich dem ge­wöhnlichen Bewußtseins geradeso wie die Erlebnisse des Schlafes. Der Mensch hat immerfort auch im- Wachen einen schlafenden Teil in sich.

Dieser Teil ist dasjenige, in dem vom Geist-Seelischen während des Erdendaseins das weiterlebt, was sich nicht in den physischen Organismus verwandelt. Man erschaut diese Verhältnisse, wenn durch die in den vorigen Be­trachtungen geschilderten Willensübungen die wahre In­tuition herbeigeführt worden ist. Dann erkennt man hin­ter dem Wollen den ewigen Teil der Menschenseele. Die­ser verwandelt sich in die Kopforganisation; er ver­schwindet in deren Form und Leben während des Erdenlebens, und taucht auf der andern Seite wieder auf, um durch den Tod hindurchzugehen und wieder zur Mitar­beit an einem zukünftigen physischen Erdenkörper und Erdenleben reif zu werden. Damit dringt diese Betrachtung an das Ereignis des Todes im Menschenleben heran, das in der nächsten Betrachtung weiter geschildert werden soll. Denn man kommt durch die Anschauung, die ich heute entwickelt habe, nur zu dem Fortleben des Wol­lens und zu einer Erkenntnis eines Seelenteiles aus der Vergangenheit, der sich in die menschliche Kopforganisa­tion verwandelt. Man kommt aber nicht zu dem Schicksal des Ich-Bewußtseins. Dieses kann nur im Zusammen-hange mit dem Christusproblem behandelt werden. Daher wird die entsprechende Betrachtung wieder zu einer An­schauung der Geheimnisse des Christentums zurückführen.

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Die gewöhnliche Ideen-Philosophie verläuft in Ge­danken; aber man hat in diesen Gedanken kein Leben, keine Substanz. Man erhält die Substanz, wenn einem in der Imagination der physische Organismus entfällt. Vorher waren eben die Gedanken der Philosophie nur Spiegelbilder in der geschilderten Art. Gestaltet man diese zur Philosophie aus, so muß man deren Unwirkliches empfinden, wenn man sich unbefangen in sie einlebt. Man empfindet dann ahnend den Moment, der hier cha­rakterisiert worden ist als der, in dem das erinnerte Den­ken ganz verschwindet. Augustinus und Descartes haben das empfunden, aber es sich ungenügend als «Zweifeln» gedeutet. Es erhält aber die Philosophie Leben, wenn die Einheit des Lebenslaufes substantiiert in der Seele auf­taucht. Das hat Bergson empfunden und in seiner Idee der «Dauer» zum Ausdrucke gebracht. Aber er ist von diesem Punkte aus nicht weitergegangen. Wie es, aus diesen Verhältnissen heraus, mit der Kosmologie und Religionserkenntnis steht, soll im weiteren betrachtet werden.

IX. DAS EREIGNIS DES TODES IM ZUSAMMENHANG MIT DEM CHRISTUS

#G025-1956-SE070 - Kosmologie, Religion und Philosophie

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IX. DAS EREIGNIS DES TODES IM ZUSAMMENHANG MIT DEM CHRISTUS

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Das Seelenleben im Erdendasein vollzieht sich in den Tat­sachen des Denkens, Fühlens und Wollens. Im Denken erscheint ein Spiegelbild dessen, was der astralische Or­ganismus und die Ich-Wesenheit innerhalb der physisch-sinnlichen Welt erleben. Ein anderes Erleben dieser höhern Glieder der Menschenwesenheit geschieht während des Schlafzustandes. Aber dieses Erleben bleibt im Erden-dasein unbewußt. Die Seele ist da in ihrem Innern zu schwach, um ihren eigenen Inhalt sich selbst vor das Be­wußtsein zu stellen. Sobald das schauende Bewußtsein diesen Inhalt erlebt, stellt er sich als ein rein geistig-seelischer dar.

Mit dem Erwachen treten der astralische Organismus und die Ich-Wesenheit in den ätherischen und physischen Organismus ein. Durch das Denken werden die Sinneswahrnehmungen im ätherischen Organismus erlebt. Aber in diesem Erleben ist nicht die Welt wirksam, die den Menschen umgibt, sondern eine Nachbildung dieser Welt. In dieser Nachbildung offenbart sich die Summe der bildenden Kräfte, die dem Erden-Lebenslauf des Men­schen zugrunde liegen. In jedem Lebensaugenblicke ist eine solche Nachbildung der Außenwelt im Menschen vorhanden. Der Mensch erlebt diese Nachbildung durch das Denken nicht direkt, sondern es stellt sich deren Re­flexion durch den physischen Organismus als Gedanken-inhalt vor das gewöhnliche Bewußtsein.

Was hinter der reflektierenden Tätigkeit des Denkens im physischen Organismus vor sich geht, das kann durch

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das gewöhnliche Bewußtsein nicht wahrgenommen wer­den, sondern nur das Ergebnis, welches die als Gedanken sich darstellenden reflektierten Bilder sind. Diese nicht wahrgenommenen Vorgänge im physischen Organismus sind Tätigkeiten des ätherischen und astralischen Orga­nismus und der Ich-Wesenheit. Der Mensch nimmt in seinen Gedanken dasjenige wahr, was er selbst als see­lisch-geistiges Wesen in seinem physischen Organismus bewirkt.

Im ätherischen Organismus lebt eine Nachbildung der äußeren Welt als eine innere Tätigkeit, die den physi­schen Organismus erfüllt. Im astralischen Organismus lebt ein Nachbild des vorirdischen Daseins; in der Ich-Wesen­heit lebt der ewige Wesenskern des Menschen.

Im ätherischen Organismus ist die äußere Welt im Menschen tätig. Im astralischen Organismus ist dasjenige nachwirkend tätig, was der Mensch im vorirdischen Da­sein erlebt hat. Diese Tätigkeit ist ihrem Wesen nach während des Erdendaseins keine andere geworden, als sie während des vorirdischen Daseins war. Sie war eine solche, die im geistig verwandelten physischen Organis­mus sich vollzog. Im Wachzustand ist sie eine ähnliche. Die innere Kopforganisation des Menschen ist in einem fortwährenden Bestreben begriffen, aus dem physischen Zustand in einen geistigen umgewandelt zu werden. Aber diese Umwandlung tritt während des Erdendaseins nur als Anlage auf. Die physische Organisation leistet Wider­stand. In dem Augenblicke, in dem der astralische Orga­nismus in seiner umwandelnden Tätigkeit an dem Punkte angekommen ist, an dem die innere physische Kopforga­nisation

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als physische zerfallen müßte, tritt der Schlaf­zustand ein. Dieser führt der inneren Kopforganisation aus dem übrigen physischen Organismus wieder die Kräfte zu, durch die sie in der physischen Welt bestehen kann.

Diese Kräfte liegen im ätherischen Organismus. Dieser wird während des Wachzustandes innerhalb der Kopf-Organisation immer undifferenzierter; während des Schlafzustandes differenziert er sich innerlich zu bestimmten Gestaltungen. In diesen Gestaltungen offenbaren sich die Kräfte, die während des Erdendaseins für den physischen Organismus aufbauend wirken.

In der Kopforganisation vollzieht sich also während des Wachzustandes eine zweifache Tätigkeit: eine auf­bauende durch den ätherischen Organismus und eine ab­bauende, das ist eine solche, welche die physische Orga­nisation zerstört. Diese Zerstörung wird durch den astra­lischen Organismus bewirkt.

Durch diese astralische Tätigkeit hat der Mensch den Tod während seines Erdendaseins dauernd in sich. Dieser Tod wird nur jeden Tag durch die ihm entgegenwirken­den Kräfte besiegt. Aber den fortwährend sich voll­ziehenden Todeswirkungen verdankt man das gewöhn­liche Bewußtsein. Denn in dem ersterbenden Leben der Kopforganisation liegt dasjenige, was geeignet wird, die Seelentätigkeit als Gedanken-Erleben zu reflektieren. Eine zum Leben drängende organisch-sprossende Tätig­keit kann kein Gedankenweben hervorbringen. Dazu ist eine nach dem Sterben hin tendierende notwendig. Die organisch-sprossende Tätigkeit dämpft das Gedanken-weben zur Betäubung oder Bewußtlosigkeit herab.

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Was sich im physischen Tode einmal mit dem ganzen menschlichen Organismus vollzieht, das begleitet das menschliche Dasein während des Erdenlebens als eine An­lage, ja als ein sich fortwährend bildender Anfang des Sterbens immer fort. Und diesem Ersterben in sich ver­dankt der Mensch sein gewöhnliches Bewußtsein. Vor dieses Bewußtsein stellen sich der ätherische und der phy­sische Organismus hin wie undurchsichtige Wesenheiten; der Mensch schaut nicht sie, sondern die Gedankenspiegel­bilder, die sie ihm zurückwerfen und die er in seiner Seele erlebt. Die physische und ätherische Organisation ver­decken ihm die astralische Organisation und die Ich­-Wesenheit. Weil das Bewußtsein der Seele durch die Re­flexion des physischen Organismus im gewöhnlichen Er­dendasein erfüllt ist, kann der Mensch seine ätherische und astralische Organisation sowie seine Ich-Wesenheit nicht wahrnehmen.

Mit dem Tode löst sich der physische Organismus von dem ätherischen und astralischen und von der Ich-Wesen­heit los. Der Mensch trägt nun seinen ätherischen und astralischen Organismus sowie seine Ich-Wesenheit an sich. Durch das Wegfallen des physischen Organismus ist für das Bewußtwerden der ätherischen Organisation durch den Menschen kein Hindernis mehr da. Vor die Menschenseele tritt das Bild des eben verflossenen Erdenlebens. Denn dieses Bild ist nur der Ausdruck der gestal­tenden Bildekräfte, welche in ihrer Summe den ätherischen Leib darstellen.

Was so im ätherischen Leib lebt, ist aus dem ätheri­schen Wesen des Kosmos in den Menschen hineingewoben.

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Es kann sich nie ganz vom Kosmos ablösen. Es setzt sich das kosmisch-ätherische Geschehen in die menschliche Organisation herein fort; und die innermenschliche Fort­setzung ist der Ätherorganismus. Daher kommt es, daß in dem Momente, in dem nach dem Tode der Mensch in seiner ätherischen Organisation sich bewußt wird, dieses Bewußtsein auch schon beginnt, sich in ein kosmisches Bewußtsein umzuwandeln. Der Mensch fühlt den Weltenäther geradeso wie seinen Ätherorganismus als etwas, was in seiner eigenen Wesenheit ist. Das heißt aber in

Wirklichkeit: der Ätherleib löst sich nach ganz kurzer Zeit im Weltenäther auf. Der Mensch behält sein Inne­res, das während des Erdendaseins an den physischen und ätherischen Organismus gebunden war, seinen astrali­schen Organismus und seine Ich-Wesenheit zurück.

Die astralische Wesenheit ist nie ganz in den physi­schen Organismus eingegliedert. Die Kopforganisation stellt eine völlige Umwandlung dieses astralischen Orga­nismus und der Ich-Wesenheit dar. Aber in allem, was rhythmische Organisation des Menschen ist, in dem Atmungsvorgange, der Blutzirkulation und in den andern rhythmischen Prozessen leben die astralische Organisation und die Ich-Wesenheit mit einer gewissen Selbständigkeit fort. Deren Tätigkeiten werden durch diese Prozesse nicht so reflektiert wie durch die Kopforganisation. Mit den rhythmischen Vorgängen vereinigen sich die astralische Organisation und die Ich-Wesenheit. Es entsteht da eine geistig-physische Wesenheit, die im gewöhnlichen Be­wußtsein als Gefühlsleben zur Erscheinung kommt. In dem Gefühlsleben verbindet sich dasjenige, was der Mensch durch seine Gedanken mit der Sinneswelt zusam­men

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erlebt, mit dem astralischen Organismus und der Ich-Wesenheit.

Man muß diese Verbindung in ihren Einzelheiten be­trachten. Man nehme an: der Mensch vollbringe etwas in der Sinnenwelt. Es bleibt für sein Seelenleben nicht bei dem äußeren Geschehen. Er beurteilt die eigene Tat. Dieses Beurteilen geschieht aber nicht im Gedankenleben allein, sondern der Impuls dazu kommt aus dem astrali­schen Organismus, der in der Vereinigung mit den rhyth­mischen Vorgängen sich auch im physischen Dasein offen­bart. In das Gedankenleben, das in Reflexbildern ver­läuft, fügt sich ein Abglanz des moralischen Urteilens ein. Dieser Abglanz erscheint innerhalb der reflektierten Ge­dankenwelt selbst mit dem Charakter der bloß reflek­tierten Gedankenwesenheit. Im astralisch-rhythmischen Organismus lebt er aber in seiner Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit tritt während des Erdendaseins nicht in das gewöhnliche Bewußtsein ein. Der Eintritt wird da­durch verhindert, dass die physischen rhythmischen Pro­zesse stärker gefühlt werden als ihre geistigen Begleit­prozesse. Ist im Tode der physische Organismus abgewor­fen, sind die physischen rhythmischen Prozesse nicht mehr im Menschen-Erleben da, dann tritt in das kosmi­sche Bewußtsein die Anschauung von dem, was die Ta­ten des Menschen vor der geistig-kosmischen Welt be­deuten. Dieses kosmische Bewußtsein bildet sich aus, nach­dem der ätherische Organismus ausgeschieden ist. Der Mensch schaut sich in diesem Zustande selbst als mora­lische Gestaltung an, wie er sich im Erdendasein als phy­sische Gestaltung angesehen hat. Er hat jetzt ein Inneres, das gestaltet ist von der moralischen Qualität seiner Erdenbetätigung.

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Er schaut seinen astralischen Organismus an. Aber in diesen astralischen Organismus leuchtet die geistig-kosmische Welt hinein. Was sie zu den im Erden-dasein vollbrachten Menschentaten sagt, das steht als ein Tatsachenbild vor der Menschenseele.

Der Mensch tritt mit dem Tode in eine Form des Er-lebens ein, in der er einen andern Rhythmus erlebt als im Erdendasein. Dieser Rhythmus erscheint wie in einer kosmischen Nachbildung der Erdenbetätigung. Und in dieses Nach-Erleben strömt fortwährend das Leben des Geist-Kosmos herein wie im Erdenleben die Atemluft in die Lunge. In dem bewußten kosmischen Erleben er­scheint ein Rhythmus, von dem der physische ein Abbild ist. Durch den kosmischen Rhythmus gliedert sich, was durch den Menschen im Erdendasein geschieht, als eine Welt mit moralischen Qualitäten in eine amoralische Welt ein. Und der Mensch erlebt nach seinem Tode die­sen im Schoße des Kosmos sich ausbildenden moralischen Wesenskern eines künftigen Kosmos, der nicht nur wie (1er gegenwärtige in einer rein natürlichen Ordnung sich ausleben wird, sondern in einer moralisch-natürlichen. Die Grundempfindung, welche die Seele durchzieht während dieses Erlebens in einer werdenden kosmischen Welt, ist ihr durch die Frage gegeben: werde ich würdig sein, mich in einem kommenden Dasein in die moralisch-natürliche Weltordnung einzugliedern.

Ich habe die Welt der Erlebnisse, die in dieser Art der Mensch nach dem Tode durchmacht, in meinem Buche «Theosophie» die «Seelenwelt» genannt. Das durch die Inspiration auftretende Bewußtsein von dieser Welt gibt erst den Inhalt für eine wahre Kosmologie, wie eine ima­ginative

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Erkenntnis des realen menschlichen Lebenslaufes den Inhalt ergibt für eine wahre Philosophie.

Aus demjenigen kosmischen Bewußtsein heraus, in das die kosmische Nachwirkung der menschlichen Erdentaten hineinwirkt, können nicht die ausreichenden Impulse ge­wonnen werden, aus denen die Menschenseele im Geisti­gen den kommenden physischen Organismus vorbereiten kann. Dieser Organismus würde verdorben werden, wenn die Seele in der Seelenwelt verbleiben würde. Sie muß in eine Welt des Erlebens eintreten, in der die außermensch­lichen geistigen Impulse des Kosmos wirken. Ich habe diese Welt in dem genannten Buche das «Geisterland» genannt.

Die alten Initiierten konnten aus ihrem durch die In­itiation erworbenen Wissen ihren Bekennern sagen: das geistige Wesen, das in der physischen Welt in der Sonne seinen Abglanz hat, werdet ihr nach dem Tode in der geistigen Welt finden. Es wird euch aus der Seelenwelt in das Geisterland führen. Ihr werdet durch seine Führung gereinigt werden, so daß ihr im Geisterland fähig werdet, einen weltgemäßen physischen Organismus vorzubereiten.

Die Initiierten zur Zeit des Mysteriums von Golgatha und die der ersten christlichen Jahrhunderte mußten zu ihren Bekennern sagen: Der Grad des Ich-Bewußtseins, den ihr während des Erdendaseins erlanget, wird durch sein eigenes Wesen auf Erden so hell, daß sein Gegenpol, der nach dem Tode auftritt, so dunkel ist, daß ihr den geistigen Sonnenführer nicht sehen könntet. Deshalb ist das Sonnenwesen als Christus auf die Erde herabgestiegen und hat das Mysterium von Golgatha vollbracht. Durchdringet

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ihr euch nun schon während der Erdenzeit mit einem lebendigen Gefühle eures Zusammenhanges mit dem Mysterium von Golgatha, so wird dessen Sinn dem Erdenleben eingegliedert und wirkt in der Menschenwesenheit nach dem Tode fort. Ihr könnt dann den Chri­stusführer durch diese Nachwirkung erkennen.

Vom vierten Jahrhundert an ist dieses alte initiierte Wissen innerhalb der Menschheitsentwickelung verloren­gegangen. Eine erneute christliche Religionserkenntnis muß auch das Wirken Christi für die Menschheit bis in die Erlebnisse nach dem Tode hinaus aus der Inspiration wieder in die kosmologische Wissenschaft einführen. Wie das im Wollen verborgene Geschehen des menschlichen Erdendaseins bis nach dem Tode hinaus wirkt, das zu schildern bleibt nun die Aufgabe der nächsten Darstel­lung.

X. DAS ERLEBEN DES WILLENSTEILS DER SEELE IN SEINER WIRKUNG BIS ÜBER DEN TOD HINAUS

#G025-1956-SE079 Kosmologie, Religion und Philosophie

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X. DAS ERLEBEN DES WILLENSTEILS DER SEELE IN SEINER

WIRKUNG BIS ÜBER DEN TOD HINAUS

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Wenn das gewöhnliche Bewußtsein den Willen in Tätig­keit versetzt, so ist ein Teil des astralischen Organismus besonders wirksam, der mit dem physischen Organismus in einer loseren Verbindung steht als derjenige, der dem Fühlen entspricht. Und dieser dem Fühlen entsprechende Teil des Astralorganismus ist schon loser mit dem physi­schen Organismus verbunden als der dem Denken ent­sprechende. Zugleich liegt in dem Astralorganismus des Willens die wahre Wesenheit des «Ich». Während dem Gefühl ein Seelisch-Geistiges entspricht, das mit dem rhythmischen Teil des physischen Organismus fortwäh­rend in tätiger Verbindung ist, durchdringt der Willensteil der Seele den Stoffwechsel-Organismus und die Gliedmaßen-Organisation zwar fortwährend; aber er ist mit diesen Gliedern des Menschenwesens in einer tätigen Ver­bindung nur, während sich ein Wollen vollzieht.

Die Beziehung des denkenden Seelenteiles zur Kopf-Organisation ist ein Hingegebensein des Geistig-Seelischen an das Physische. Die Beziehung der fühlenden Seele an die rhythmische Organisation ist ein abwechselndes Hin­gegebensein und Sich-wieder-Zurückziehen. Der Willensteil aber steht zum Physischen in einer Beziehung, die er zunächst als ein unbewußtes Seelisches erlebt. Es ist ein unbewußtes Begehren nach dem physischen und ätheri­schen Geschehen. Dieser Willensteil geht durch seine eigene Wesenheit nicht in die physische Tätigkeit auf. Er hält sich von ihr zurück und bleibt seelisch-geistig lebend.

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Nur wenn der denkende Seelenteil seine Tätigkeit in die Stoffwechsel- und Gliedmaßen-Organisation hinein er­streckt, dann wird der Willensteil angeregt, sich an die physische und ätherische Organisation hinzugeben und in ihr tätig zu sein.

Dem denkenden Seelenteil liegt eine abbauende Tätig­keit des physischen Organismus zugrunde. Im Bilden von Gedanken erstreckt sich dieser Abbau nur auf die Kopf-Organisation. Wenn ein Willensmäßiges entstehen soll, so ergreift die abbauende Tätigkeit die Stoffwechsel- und die Gliedmaßen-Organisation. Die Gedankenkraft strömt in den Rumpf- und Gliedmaßen-Organismus ein, in denen ihr eine abbauende Tätigkeit des physischen Organismus entspricht. Das regt den Willensteil der Seele an, dem Abbau einen Aufbau, der auflösenden organischen Tätig­keit eine bildende, gestaltende entgegenzusetzen.

Tod und Leben kämpfen so im Menschenwesen. Im Denken offenbart sich eine stets im Absterben begriffene organische Tätigkeit; im Wollen offenbart sich ein Lebenweckendes, Lebenerschaffendes.

Bei denjenigen Seelenübungen, welche mit dem Ziele der übersinnlichen Anschauung als Willensübungen un­ternommen werden, tritt ein Erfolg nur ein, wenn sie zu einem innerlichen Schmerzerlebnis werden. Wer seinen Willen zu einer erhöhten Energie bringt, bei dem stellt sich ein Leidgefühl ein. In älteren Epochen der Mensch­heitsentwickelung wurde dieser Schmerz unmittelbar durch asketische Übungen herbeigeführt. Durch diese wurde der Körper in einen Zustand versetzt, der es dem Seelischen schwer machte, sich an ihn hinzugeben. Da­durch wurde der Willensteil der Seele von dem Körper

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losgerissen und zum selbständigen Erleben der geistigen Welt angeregt.

Diese Art von Übungen ist derjenigen Menschenorga­nisation, die im gegenwärtigen Zeitpunkt der Erdenentwickelung erreicht ist, nicht mehr angemessen. Der menschliche Organismus ist jetzt so beschaffen, daß man ihn als die Grundlage der Ich-Entwickelung stört, wenn man die alten Übungen zur Askese anstellt. Man muß jetzt das Gegenteil machen. Die Seelenübungen, die in der gegenwärtigen Zeit notwendig sind, um den Willensteil der Seele leibfrei zu machen, bildeten den Gegenstand einer Charakteristik in den vorangehenden Darstellungen. Sie bringen die Erstarkung dieses Seelenteiles nicht von der Körperseite her zustande, sondern von der Seelenseite. Sie erkraften das Seelisch-Geistige im Menschen und lassen das Physisch-Körperliche unberührt.

Man kann schon vom gewöhnlichen Bewußtsein aus sehen, wie das Schmerzerlebnis mit der Entwickelung der seelischen Erfahrungen zusammenhängt. Jeder, der sich einiges an Erkenntnissen höherer Art errungen hat, wird sagen: Für die glücklichen, lustbringenden Einschläge in mein Leben bin ich dem Schicksal dankbar; meine in wahrer Wirklichkeit wurzelnden Lebens-Erkenntnisse verdanke ich aber meinen bitteren, meinen leidvollen Er­lebnissen.

Soll der Willensteil der Seele verstärkt werden, wie es zur Erlangung der intuitiven Erkenntnis notwendig ist, dann muß zunächst das Begehren verstärkt werden, das im gewöhnlichen Menschenleben durch den physischen Organismus sich auslebt. Es geschieht dieses durch die cha­rakterisierten Übungen. Wird dieses Begehren dann so,

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daß der physische Organismus in seinem Erdenbestande für dasselbe keine Grundlage sein kann, dann geht das Erleben des Willensteiles der Seele in die geistige Welt über; und das intuitive Anschauen tritt ein. Es wird also für dieses Anschauen der geistig-ewige Teil des Seelen­lebens seiner selbst bewußt. Wie das im Körper lebende Bewußtsein diesen in sich erlebt, so erlebt das geistige Be­wußtsein den Inhalt einer geistigen Welt.

In dem Wechselgeschehen von Aufbau und Abbau der menschlichen Organisation, wie es sich in der denkenden, fühlenden und wollenden Menschheitsorganisation offen­bart, muß man den mehr oder weniger normalen mensch­lichen Lebenslauf des Erdendaseins sehen. Er ist in der Kindheit anders als beim erwachsenen Menschen. Ein Durchschauen, wie die abbauenden und aufbauenden Kräfte in der Kindheit wirken und welche Wirkung auf sie durch die Erziehung und den Unterricht ausgeübt werden, ist die Aufgabe einer wahren Pädagogik. Eine solche kann nur entstehen aus der im Übersinnlichen wurzelnden Erkenntnis der vollständigen Menschennatur nach deren körperlichem, seelischem und geistigem We­sen. Eine Erkenntnis, die nur in den Grenzen des natur­wissenschaftlich Erreichbaren sich hält, kann nicht die Grundlage einer wahren Pädagogik sein.

In dem kranken Menschen ist der mehr oder weniger normale Verlauf des Wechselverhältnisses zwischen aufbauenden und abbauenden Kräften für den ganzen Orga­nismus oder für einzelne Organe gestört. Es überwiegt da entweder der Aufbau in einem wuchernden Leben, oder der Abbau in ertötenden Bildungen einzelner Organe oder

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Vorgänge. Überschauen, was da vorgeht, kann nur der­jenige, welcher die totale Menschenorganisation nach physischem, ätherischem, astralischem Organismus und Ich-Wesenheit erkennt. Und die Mittel zur Heilung können auch nur durch eine solche Erkenntnis gefunden wer­den. Denn in den Reichen der äußeren Welt sind mine­ralische und pflanzliche Wesen vorhanden, in denen man bei aufbauender Erkenntnis Kräfte erkennt, die einer be­stimmten Art von zu stark aufbauenden oder abbauenden Kräften im Organismus entgegenwirken. Ebenso kann ein solches Entgegenwirken in gewissen Verrichtungen des Organismus selbst gefunden werden, die für den gesunden Zustand nicht ausgeführt oder angeregt werden. Eine wahre medizinische Erkenntnis, eine echte Pathologie und Therapie können nur auf einer Geist, Seele und Leib umfassenden Menschen-Erkenntnis auferbaut sein, welche die Ergebnisse der Imagination, Inspiration und Intuition verwertet. Heute nennt man die Forderung nach einer solchen Medizin noch kindlich. Man tut dieses, weil man auf dem Gesichtspunkt einer bloßen Sinneswissenschaft steht. Von diesem Standpunkt aus ist das ganz begreiflich, denn man ahnt von ihm aus nicht, wieviel mehr man wissen muß für eine Erkenntnis des ganzen Menschen als für diejenige des bloßen Menschenkörpers. Man kann wirklich sagen, daß Anthroposophie die Einwände ihrer Gegner kennt und zu würdigen versteht. Gerade deshalb aber weiß sie auch, wie schwer diese Gegner durch sie zu überzeugen sind.

Der Willensteil der Seele erlebt dasjenige mit, was in dem Gefühlsteil vor sich geht. Dieses Erleben vollzieht sich für das gewöhnliche Seelenleben unbewußt. Aber es

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geht in den Tiefen der Menschenorganisation als ein Tat­sachenzusammenhang vor sich. Da gestaltet sich das durch Gefühl und Wille vollzogene Bewerten der menschlichen Erdentätigkeit zu dem Streben um, der minderwertigen Tat eine wertvolle im weiteren Erleben entgegenzusetzen. Es wird die ganze moralische Qualität des Menschen un­bewußt erlebt; und aus diesem Erleben formt sich eine Art geistig-seelischer Wesenheit, die während des Erdendaseins in der unbewußten Region des Menschenwesens heranwächst. Sie stellt dasjenige dar, was sich als zu er­reichendes Ziel aus dem Erdendasein ergibt, Ziel dem aber der Mensch in diesem nicht gelangen kann, weil der phy­sische und ätherische Organismus, die aus dem vorigen Erdenleben ihre bestimmte Gestaltung haben, dies nicht ermöglichen. Es lebt deshalb in dem Menschen durch diese geistig-seelische Wesenheit das Bestreben, einen andern physischen und ätherischen Organismus zu bilden, durch den das moralische Ergebnis des Erdendaseins im weiteren Erleben umgestaltet werden kann.

Die Bildung eines solchen physischen und ätherischen Organismus kann nur bewirkt werden, indem der Mensch die gekennzeichnete geistig-seelische Wesenheit durch die Pforte des Todes in die übersinnliche Welt trägt.

Unmittelbar nach dem Tode hat der seelisch-geistige Mensch kurze Zeit den ätherischen Organismus an sich. Da tritt in dem Bewußtsein nur eine Andeutung des im Erdenleben entstandenen, unbewußten moralischen geistig-seelischen Wert-Wesens auf. Denn der Mensch ist da ganz in die Anschauung des ätherischen Kosmos ver­sunken. In dem folgenden längeren Erlebnis zustande (den

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ich in meiner «Theosophie» die Seelenwelt genannt habe) ist zwar ein deutliches Bewußtsein dieser moralischen Wertwesenheit vorhanden, aber noch nicht die Kraft, das Wirken an dem Aufbau des Geistkeimes für den folgenden physischen Erdenorganismus zu beginnen. Der Mensch hat da noch eine Tendenz, wegen seiner im Er­denleben erworbenen moralischen Qualität nach diesem zurückzublicken. Nach einer gewissen Zeit kann der Mensch den Übergang zu einem Erlebniszustande finden, in dem diese Tendenz nicht mehr vorhanden ist. (Ich habe die Region, die der Mensch da durchlebt, in meiner «Theosophie» als das eigentliche Geistgebiet bezeichnet.) Vom Gesichtspunkte des übersinnlichen Gedankeninhal­tes, den der Mensch - nach dem Tode - im kosmischen Bewußtsein erringt, kann man sagen: der Mensch lebt eine Zeitlang nach dem Tode noch der Erde zugewandt, indem er sich mit den geistigen Kräften durchdringt, die in den physischen Mondenerscheinungen ihr sinnliches Abbild haben. Er hat sich zwar äußerlich von der Erde losgelöst, hängt aber indirekt durch seinen geistig-seeli­schen Inhalt mit ihr zusammen. Mit den gekennzeichneten geistigen Mondenkräften durchdringt sich alles, was der Mensch während des Erdendaseins an moralisch-geistiger Bewertung zu einem realen Wert-Wesen in seinem astra­lischen Organismus - oder wie oben gesagt ist: in der unbewußten Region des gefühls- und willensgemäßen Seelenlebens - ausgestaltet. Dieses moralisch-geistige Wertwesen hat eine inhaltliche Verwandtschaft mit den geistigen Mondenkräften. Und diese sind es, die den Men­schen an der Erde festhalten. Zur Ausgestaltung des Geist­keimes für den physischen Organismus des nächsten Erdenlebens

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muß er sich aber auch geistig-seelisch von der Erde trennen. Das kann er nur, wenn er sich auch aus dem Bereiche der Mondenkräfte löst. In diesem Bereiche muß er das mit ihm verwandte moralische Wertwesen zurücklassen. Denn das Wirken für den künftigen physi­schen Organismus im Zusammenhange mit den geistigen Wesen der übersinnlichen Welt muß unbeschwert durch jenes Wesen geschehen.

Diese Loslösung aus dem Gebiet der geistigen Monden­kräfte kann der Mensch nicht durch die ihm eigenen geistig-seelischen Kräfte erreichen. Sie muß sich aber doch vollziehen.

Vor dem Mysterium von Golgatha war es so, daß die Initiationswissenschaft den Menschen sagen konnte: In einem gewissen Zeitpunkte des nachirdischen Daseins muß das menschliche Erleben der Mondensphäre entzogen werden, das den Menschen im Bereich des Planetenlebens erhält. Der Mensch kann dieses Entziehen nicht selbst bewirken. Da aber tritt das Wesen, dessen physischer Abglanz die Sonne ist, für ihn ein und führt ihn in eine reine Geistsphäre, in der es selbst, nicht aber die geistige Mondwesenheit wirksam ist. Der Mensch erlebt ein Sternendasein so, daß er die geistigen Urbilder der Fix­sternkonstellationen gewissermaßen von der andern Seite, von der Peripherie des Kosmos aus schaut. Dieses Schauen ist, wenn sich ihm auch die Sterne offenbaren, doch ein unräumliches. Mit den Kräften, von denen der Mensch jetzt durchdrungen ist, erwächst ihm die Möglichkeit, den Geist-Keim des physischen Organismus aus dem Kosmos heraus zu gestalten. Göttliches vollbringt in ihm Göttliches.

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Ist der Geist-Keim gereift, so beginnt der Herun­terstieg zu einem erneuten Erdendasein. Der Mensch tritt wieder in die Mondensphäre ein. Er findet da die mora­lisch-geistige Wert-Wesenheit, die er beim Eintritt in das reine Sternendasein zurückgelassen hat; und er gliedert sie seinem seelisch-geistigen Wesen ein, um sie zur Grund­lage seines schicksalgemäßen (kosmisch bestimmten) fol­genden Erdenlebens zu machen.

Die Initiationswissenschaft des Christentums ergibt etwas anderes. Im Aufnehmen der Kraft, welche für die Seele aus dem anschauenden und tätigen Gefühls-Miterleben des irdischen Christuslebens und des Mysteriums von Golgatha erwächst, erringt der Mensch schon auf der Erde, nicht erst durch das Sonnenwesen nach dem Tode, die Fähigkeit, sich in einem bestimmten Zeitpunkte des nachirdischen Daseins dem Mondeneinfluß zu entziehen und in die reine Sternensphäre einzutreten. Diese Fähigkeit ist das geistige, nach dem Tode erlebte Gegen­bild der durch das Ichbewußtsein im Erdenleben herbei­geführten Freiheit. Der Mensch übernimmt dann in der Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt sein in der Mondensphäre zurückgelassenes moralisch-geistiges Wertwesen als den Bildner seines Schicksals, das er da­durch während des folgenden Erdendaseins in Freiheit erleben kann. Er trägt auch in Freiheit die irdische Nach­wirkung seines zwischen Tod und Geburt durchlebten gottdurchdrungenen Daseins als religiöses Bewußtsein in sich.

Eine neuere Initiationswissenschaft kann das durch­schauen und die Wirksamkeit des Christus im menschlichen Dasein erkennen. Sie fügt zu einer lebensvollen

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Philosophie und einer Kosmologie, die den Geist-Kosmos miterkennt, eine Religionserkenntnis, welche den Christus als den Mittler eines erneuten religiösen Bewußtseins, als den Weltenführer in der Freiheit, anerkennt.

Skizzenhaft habe ich in diesen Darstellungen nur die mögliche Entstehung einer Philosophie, Kosmologie und Religionserkenntnis darstellen können. Es würde noch vieles zu sagen sein, wenn die Skizze zum farbigen Bilde werden sollte.

BEMERKUNGEN ZUR NEUHERAUSGABE

#G025-1956-SE089 Kosmologie, Religion und Philosophie

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BEMERKUNGEN ZUR NEUHERAUSGABE

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Vom 6. bis 15. September 1922 sprach Rudolf Steiner im sog. «Französischen Kurs» (Semaine franeaise) im Goetheanumbau über «Philosophie, Kosmologie und Religion in der Anthroposophie». Im französischen Einladungstext heisst es «La Philosophie, la Cosmo­logie et la Religion, comme parties de l'Anthroposophie». Da an diesem Kurs viele Besucher französischer Zunge teilnahmen, wurde der Inhalt der Vorträge in gekürzter Form jeweilen abschnittweise, nach Auto-Referaten Dr. Steiners, durch Jules Sauerwein (Paris) ins Französische übertragen.

Die Auto-Referate erschienen in der Wochenschrift «Das Goethe­anum« in den Nrn. 6-16 vom 10. September bis 19. Novem­ber 1922. Marie Steiner machte diese Referate unter dem Titel «Kos­mologie, Religion und Philosophie» 1930 erneut zugänglich als vierte Publikation in der Reihe «Meditationsvorgänge als geisteswissen­schaftliche Erkenntnisse, geschildert von Rudolf Steiner».

Vorliegende Ausgabe wurde verglichen mit den noch erhaltenen Originalmanuskripten des Referates zum 1., 2., 4. und 6. Vortrage. Rudolf Steiner betitelte die Niederschriften z. B. als «Zweiter Vor­trag zum französischen Curs am Goetheanum». Die Auszeichnun­gen in Kursivschrift stimmen, von wenigen Fällen abgesehen. mit dem Originalmanuskript überein.

Die Vortragsnachschriften wurden bisher noch nicht veröffentlicht. Dagegen sind zu erwähnen die von Rudolf Steiner selber als «Nach­träge» bezeichneten Vorträge vom 16. und 17. September 1922 (ge­druckt in »Die Grundimpulse des weltgeschichtlichen Werdens der Menschheit», Dornach 1948). Ferner wäre hinzuweisen auf die «wich­tige Ergänzung» über die Verbindung des Menschen mit den Hier­archien, die Rudolf Steiner in den letzten Vorträgen des Zyklus «Der Mensch als Zusammenklang des schaffenden, bildenden und gestal­tenden Weltenwortes» geboten hat. (12 Vorträge vom 10. Oktober bis 11. November 1923, als Esoterische Betrachtungen in Buch­form 1931 erschienen). Auch in den zwölf Vorträgen zwischen 26. November und 31. Dezember 1922 über «Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des Menschen zur Sternenwelt. Die geistige Kommunion der Menschheit» wird verschiedentlich auf den «Französischen Kurs» verwiesen. E. W.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.