Eine freie Initiative von Menschen bei anthrowiki.at, anthro.world, biodyn.wiki und steiner.wiki mit online Lesekreisen, Übungsgruppen, Vorträgen ... |
Use Google Translate for a raw translation of our pages into more than 100 languages. Please note that some mistranslations can occur due to machine translation. |
GA 178
RUDOLF STEINER
VORTRÄGE
VORTRÄGE VOR MITGLIEDERN
DER ANTHROPOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT
Individuelle Geistwesen
und ihr Wirken in der Seele
des Menschen
Siebzehn Vorträge, gehalten in Berlin
vom 29. Mai bis 25. September 1917
GA 178
1992
Inhaltsverzeichnis
- DIE ERKENNTNIS DES ÜBERSINNLICHEN UND DIE MENSCHLICHEN SEELENRÄTSEL Öffentlicher Vortrag, St. Gallen, 15. November 1917
- DAS GEHEIMNIS DES DOPPELGÄNGERS. GEOGRAPHISCHE MEDIZIN St. Gallen, 16. November 1917
- HINTER DEN KULISSEN DES ÄUSSEREN GESCHEHENS Zürich, 6. November 1917 Erster Vortrag
- HINTER DEN KULISSEN DES ÄUSSEREN GESCHEHENS Zürich, 13. November 1917 Zweiter Vortrag
- ÜBER DIE PSYCHOANALYSE Dornach, 10. November 1917 Erster Vortrag
- ÜBER DIE PSYCHOANALYSE Dornach, 11. November 1917 Zweiter Vortrag
- INDIVIDUELLE GEISTWESEN UND EINHEITLICHER WELTENGRUND Dornach, 18. November 1917 Erster Vortrag
- INDIVIDUELLE GEISTWESEN UND EINHEITLICHER WELTENGRUND Dornach, 19. November 1917 Zweiter Vortrag
- INDIVIDUELLE GEISTWESEN UND EINHEITLICHER WELTENGRUND Dornach 25. November 1917 Dritter Vortrag
- HINWEISE
- NAMENREGISTER
- AUSFÜHRLICHE INHALTSANGABEN
- Literatur
DIE ERKENNTNIS DES ÜBERSINNLICHEN UND DIE MENSCHLICHEN SEELENRÄTSEL Öffentlicher Vortrag, St. Gallen, 15. November 1917
Wer die Entwickelung des Menschengeistes im Laufe der Jahrhunderte oder Jarrrtausende verfolgt, der wird ein Gefühl davon sich erwerben, wie dieser Menschengeist zu immer neuen und neuen Errungenschaften auf dem Gebiete des Erkennens, auf dem Gebiete des Handelns weiterschreitet. Man braucht ja nicht gerade das Wort Fortschritt zu sehr dabei zu betonen, denn das könnte in der gegenwärtigen traurigen, über die Menschheit hereingebrochenen Zeit in manchem recht herbe Zweifel aufrufen. Aber das andere wird man klar vor Augen haben, wenn man diese Entwickelung des Menschengeistes betrachtet: daß sich die Formen und Gestalten, in denen dieser Menschengeist strebt, von Jahrhundert zu Jahrhundert wesentlich ändern. Und da wir es heute in dieser Betrachtung vorzugsweise zu tun haben mit einer anzustrebenden Erkenntnis, die sich gewissermaßen in der neueren Art in die Menschheitsentwickelung hineinstellen will, so brauchen wir auch nur vergleichsweise zu gedenken, wie solche Anschauungen, welche mit dem Alten in einer gewissen Beziehung in Widerspruch kommen, es schwierig haben, Fuß zu fassen in der sich fortentwickelnden Menschheit. Immer wieder und wieder muß dabei aufmerksam gemacht werden, wie schwierig es zum Beispiel war, den Denkgewohnheiten, den Empfindungsgewohnheiten der Menschen gegenüber die Kopernikanische Weltanschauung zur Geltung zu bringen - auf gewissen Gebieten hat es ja jahrhundertelang gedauert -, jene Weltanschauung, die gebrochen hat mit dem, was die Menschen durch lange Zeit aus ihrer Sinnesanschauung heraus geglaubt haben für die Wahrheit über das Weltengebäude halten zu mussen. Dann kam die Zeit, in der man nicht mehr sich verlassen durfte, sich verlassen konnte auf dasjenige, was Augen sehen über den Aufgang und Untergang der Sonne, über die Bewegung der Sonne; in der man wider den Augenschein annehmen mußte, daß die Sonne in einer gewissen Beziehung, wenigstens in ihrem Verhältnis zur
Erde, stillsteht. Solchen Umschwüngen in der Erkenntnis schmiegen sich die Denk- und Empfindungsgewohnheiten der Menschen nicht leicht an.
In der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft, welcher die Betrachtungen des heutigen Abends hier gewidmet sein sollen, hat man es nun noch viel mehr zu tun mit einem solchen Umschwung, von dem derjenige, der aus guten wissenschaftlichen Untergründen heraus glaubt überzeugt sein zu dürfen von dem Inhalte dieser Geisteswissenschaft, auch glaubt, daß sie notwendigerweise eingreifen muß in die Gegenwart und in die weitere Entwickelung des menschlichen Denkens, Empfindens und Fühlens. Man darf schon sagen - gestatten Sie mir diese Worte einleitungsweise: Bei so etwas wie der Kopernikanischen Weltanschauung hatte man es zu tun mit unzähligen Vorurteilen, mit althergebrachten Meinungen, von denen die Leute glaubten, wenn etwas anderes an ihre Stelle träte, so sei es geschehen um allerlei religiöse Vorstellungen und dergleichen. Bei dem, wovon heute abend gesprochen werden soll, türmt sich noch manches andere auf. Hier hat man es nicht bloß zu tun mit den Vorurteilen, die sich zum Beispiel dem Kopernikanismus gegenüberstellen, sondern hier hat man es zu tun damit, daß in unserer Zeit gar viele Menschen, ja die Mehrzahl derjenigen, die sich für aufgeklärt und gebildet halten, nicht nur ihre Vorurteile, ihre Vorempfindungen entgegenbringen, sondern daß gewissermaßen der Aufgeklärte, der Gebildete überhaupt sich heute schämt, einzugehen im Ernste auf das Gebiet, von dem Anthroposophie sprechen muß. Man glaubt sich etwas zu vergeben, nicht bloß gegenüber der Umwelt, sondern vor sich selbst, wenn man zugibt, daß man über die Dinge, von denen heute gesprochen werden soll, ebenso gründlich wissenschaftlich etwas wissen könne wie über die Dinge des äußeren Naturgebäudes; man glaubt gewissermaßen vor sich selbst sich töricht oder kindisch halten zu müssen.
Das sind die Dinge, welche in Betracht gezogen werden müssen, wenn heute von anthroposophisch orientierter Geisteswissenschaft die Rede ist. Derjenige, der von ihr spricht aus den Erkenntnissen dieser Wissenschaft heraus, der kennt die Einwände, die sich selbstverständlich heute noch zu Hunderten und zu Tausenden ergeben
müssen; er kennt die Einwände schon aus dem Grunde, weil heute nicht nur die einzelnen Wahrheiten und Ergebnisse dieser Geisteswissenschaft bezweifelt werden, sondern weil überhaupt bezweifelt wird, daß man ein Wissen, eine Erkenntnis aufbringen kann für jenes Gebiet, über das sich anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft erstreckt. Daß man über das Gebiet des Ewigen in der Seele Glaubensvorstellungen, allgemeine Glaubensvorstellungen entwickeln kann, das wird gewiß heute noch von sehr vielen Leuten als etwas sehr Berechtigtes anerkannt; daß man über die Tatsachen, die sich der Sinneswelt mit Bezug auf das Unsterblich-Ewige in der Menschennatur entziehen, ein wirkliches Tatsachenwissen entwickeln kann, das gilt in weitesten Kreisen, gerade in jenen, die da glauben, aus der berechtigten wissenschaftlichen Vorstellungsart der Gegenwart heraus zu urteilen, in vielfacher Beziehung als etwas Phantastisches, Schwärmerisches.
Mit Phantastischem und Schwärmerischem werden wir es heute abend nicht zu tun haben; aber mit einem Gebiete, wo schon, ich möchte sagen, den ersten Voraussetzungen nach der menschliche Betrachter und insbesondere der wissenschaftliche Betrachter zurückschreckt. Ich möchte nur noch ganz kurz berühren, daß diese anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft nicht irgend etwas Sektiererisches sein will. Derjenige verkennt sie vollständig, der da glaubt, daß sie wie die Begründung irgendeines neuen Religionsbekenntnisses auftreten wolle. Das will sie nicht. Sie ist so, wie sie heute auftreten will, ein notwendiges Ergebnis gerade dessen, was als Weltanschauungsvorstellung, als allgemeine, selbst populäre Vorstellung der weitesten Menschenkreise gerade die naturwissenschaftliche Entwickelung gebracht hat. Diese naturwissenschaftliche Entwickelung, die beute so viele Begriffe, welche wiederum Ursachen sind von Gefühlen und Empfindungen, für die Weltanschauung der weitesten Kreise abgibt, diese naturwissenschaftliche Betrachtungsweise stellt sich zur Aufgabe, dasjenige, was den äußeren Sinnen gegeben ist, was an Naturgesetzen über die Tatsachen der äußeren Sinne dem menschlichen Verstande zugänglich ist, zu ergründen, zu erklären.
Schon wenn man nur auf das Lebendige Rücksicht nimmt, so kann
man sehen - für andere Gebiete ist es etwas weiterliegend, aber am Lebendigen tritt es einem so ganz klar zutage -, wie diese Naturwissenschaft heute darauf bedacht sein muß, überall auf die Ursprünge, auf dasjenige zurückzugehen, was gewissermaßen die Keimesanlage abgibt für das Wachsende, für das Werdende, für das Gedeihende.
Will der Naturforscher das tierische, das menschliche Leben erklären in seinem Sinne, geht er auf die Geburt zurück; er studiert die Embryologie, er studiert dasjenige, aus dem sich das Wachsende, Werdende entwickelt. Auf die Geburt, die der Anfang ist von dem, was sich vor den Sinnen ausbreitet, geht Naturwissenschaft zurück. Und wenn Naturwissenschaft eine Welterklärung sein will, so geht sie auch zurück mit verschiedenen Hypothesen, mit Zugrundelegung dessen, was Geologie, Paläontologie, was die einzelnen Zweige der Naturwissenschaft eben geben können, zu dem, was sie sich an Vorstellungen bilden kann, man möchte sagen, über die Geburt des Weltgebäudes. Wenn auch der eine oder andere bezweifelt, daß solch eine Denkweise berechtigt ist -, sie ist immer angestrebt worden. Und bekannt sind ja die Gedanken, welche die Menschen aufgebracht haben, um, wenn vielleicht nicht den Anfang des irdischen Werdens zu ergründen, so doch wenigstens weit zurückliegende Epochen, solche Epochen, in denen zum Beispiel der Mensch noch nicht auf der Erde gewandelt ist, um aus dem Vorhergehenden, aus demjenigen, was keimhaft zugrunde liegt, das Nachfolgende, was der Mensch in seinem Umkreise für seine Sinne hat, irgendwie zu erklären. Die ganze Darwinische Theorie, oder, wenn man von ihr absehen will, die Entwickelungstheorie, sie fußen darauf, Entstehung aufzusuchen, Hervorgehen aus irgend etwas. Ich möchte sagen, überall ist der Gedanke, zurückzugehen in Jugend und Geburt.
Geisteswissenschaft im anthroposophischen Sinne ist in eine andere Lage versetzt. Und durch diesen Ausgangspunkt schon ruft sie zunächst, ohne daß der Mensch sich dessen klar bewußt ist, Widerspruch hervor: unklaren Widerspruch, man möchte sagen, unterbewußten Widerspruch, instinktiven Widerspruch! Und solcher Widerspruch ist viel wirksamer oftmals als der klar erkannte, klar durchdachte. Diese anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft muß ausgehen,
um überhaupt zu Vorstellungen, jetzt nicht über allgemein verschwommene Geistesbegriffe, sondern über geistige Tatsachen zu kommen, sie muß ausgehen von dem Tode. Dadurch steht sie von vornherein in einem, man möchte sagen, fundamentalen Gegensatz zu dem, was heute beliebt ist: zum Ausgehen von Geburt und Jugend, Wachstum, Vorwärtsschreiten der Entwickelung. Der Tod greift ein in das Leben. Und Sie können, wenn Sie Umschau halten in der wissenschaftlichen Uteratur der Gegenwart, überall finden, daß der gewissenhafte Forscher geradezu der Anschauung ist: Der Tod als solcher kann nicht in demselben Sinne in die naturwissenschaftliche Begriffsreihe hineingestellt werden wie andere Begriffe. Nun muß der Geisteswissenschafter diesen Tod, also das Aufhören, das Gegenteil der Geburt eigentlich, zu seinem Ausgangspunkt machen. Wie der Tod und das Todverwandte eingreift in das Leben im weiteren Sinne, das ist die Grundfrage. Der Tod aber schließt ab dasjenige, was Sinne schauen können; der Tod löst auf dasjenige, was wird, was vor den Sinnen sich entwickelt. Der Tod greift ein als irgend etwas, wovon man sozusagen die Vorstellung haben kann, es sei unbeteiligt an dem, was hier in der Sinneswelt wirkt und gedeiht, quillt und west. Da ergibt sich die Meinung, die in gewissen Grenzen ganz begreiflich, wenn auch eben durchaus unberechtigt ist, daß man über dasjenige, was der Tod gewissermaßen zudeckt, was der Tod verhüllt, nichts wissen könne. Und aus dieser Ecke menschlichen Fühlens heraus erheben sich eigentlich alle die Widersprüche, die sehr selbstverständlich gegen die Dinge vorgebracht werden können, die heute als Ergebnisse einer noch jungen Wissenschaft entwickelt werden. Denn jung ist diese Geisteswissenschaft, und der Geisteswissenschafter ist gerade aus den Gründen, die jetzt angeführt worden sind, in einer ganz andern Lage, auch wenn er über die Dinge seines Forschungsgebietes spricht, als der Naturwissenschafter. Der Geisteswissenschafter kann nicht in genau derselben Weise vorgehen wie der Naturwissenschafter, der irgendeine Tatsache hinstellt und dann auf Grund dessen, wovon gewissermaßen jeder Mensch überzeugt ist, daß man es sehen kann, diese Tatsachen beweist; denn der Geisteswissenschafter spricht ja gerade über dasjenige, was man nicht mit Sinnen
wahrnehmen kann. Daher ist der Geisteswissenschafter zunächst, wenn er über Ergebnisse seiner Wissenschaft spricht, immer genötigt, darauf hinzuweisen, wie man zu diesen Ergebnissen kommt.
Es gibt heute eine reiche Literatur über dasjenige Gebiet, das ich heute abend vor Ihnen zu vertreten habe. Kritiker, die sich berufen glauben, wenden gegen dasjenige, was zum Beispiel in meinen Schriften steht, immer wieder und wiederum ein, obwohl dies eigentlich nur beweist, wie ungenau, wie oberflächlich die Dinge gelesen werden: der Geisteswissenschafter behaupte, die Sachen seien so und so, aber er beweise nicht. - Ja, sehr verehrte Anwesende, er beweist schon, aber er beweist eben auf andere Art. Er sagt zunächst, wie er zu seinen Resultaten gekommen ist; er muß zuerst angeben, wie der Weg in das Tatsachengebiet hinein ist. Dieser Weg ist schon vielfach befremdlich, weil er ja für die heutigen Denk- und Empfindungsgewohnheiten ein ungewohnter ist. Zunächst muß gesagt werden: Gerade der Geistesforscher kommt durch seine Forschung zu dem zwingenden Ergebnisse, daß man mit den Methoden, mit den Verfahrungsarten, die der Geistesforscher nicht ablehnt, sondern gerade bewundert, mit denen die Naturwissenschaft zu ihren glänzenden Resultaten gekommen ist, in das Übersinnliche nicht hineinkommt. Ja, gerade von diesem Erlebnis, wie begrenzt die Verfahrungsarten des naturwissenschaftlichen Denkens sind, geht Geisteswissenschaft aus; aber nicht so, wie das heute vielfach gemacht wird, daß man einfach in bezug auf gewisse Dinge, bei denen die Naturwissenschaften an ihren Grenzen sind, sagt: Hier sind Grenzen des menschlichen Erkennens, - nein, sondern in der Weise, daß man an diesen Grenzen gerade versucht, zu ganz bestimmten Erlebnissen zu kommen, die nur erreicht werden können an diesen Grenzen. Ich habe von diesen Grenzorten des menschlichen Erkennens insbesondere in meiner neuesten, in diesen Wochen erscheinenden Schrift «Von Seelenrätseln» einiges gesprochen.
Nun, diejenigen Menschen, welche Erkenntnis nicht als irgend etwas, was ihnen äußerlich angeflogen ist, genommen haben, welche mit den Erkenntnissen gerungen haben, welche mit der Wahrheit gerungen haben, sie haben immer wenigstens an diesen Grenzen gewisse
Erlebnisse gehabt. Da muß man eben sagen: Die Zeiten ändern sich, die Entwickelung der Menschheit wandelt sich. - Noch vor verhältnismäßig kurzer Zeit standen die hervorragendsten Denker und Ringer mit der Erkenntnis an solchen Grenzorten so, daß sie eben die Meinung hatten, man kann an diesen Grenzorten nicht weiter, man muß bei ihnen stehenbleiben. Diejenigen der verehrten Zuhörer, welche mich öfter hier gehört haben, wissen, wie wenig es in meinen Gewohnheiten liegt, Persönliches zu berühren. Allein wenn das Persönliche mit dem Sachlichen in irgendeinem Zusammenhange steht, so darf das wohl in Kürze gestattet sein. Ich darf sagen: Gerade dasjenige, was ich über solche Erlebnisse an den Grenzorten des Erkennens zu sagen habe, es ist bei mir das Ergebnis einer mehr als dreißig Jahre andauernden geistigen Forschung. Und es war vor mehr als dreißig Jahren, als gerade diese Probleme, diese Aufgaben, diese Rätsel, die entstehen an den Grenzorten des Erkennens, auf mich einen bedeutsamen Eindruck machten. Aus den vielen Beispielen, die man über solche Grenzorte anführen kann, möchte ich eines herausheben, auf das hingewiesen hat ein wirklicher Ringer mit der Erkenntnis: Friedrich Theodor Vischer der berühmte Ästhetiker, der aber auch als Philosoph eine sehr bedeutende Persönlichkeit war, wenn er auch vielleicht zu seinen Lebzeiten schon zu wenig anerkannt und schnell vergessen worden ist. Friedrich Theodor Vischer, der sogenannte V-Vischer, hat ja vor Jahrzehnten eine sehr interessante Abhandlung geschrieben über ein auch sehr interessantes Buch, das VoLk?ll über die «Traumphantasie» geschrieben hat. Friedrich Theodor Vischer hat dabei manche Dinge berührt, die uns hier nicht weiter interessieren. Aber einen Sau möchte ich herausheben, einen Satz, über den man vielleicht weglesen kann, einen Satz aber auch, der wie ein Blitz einschlagen kann in das menschliche Gemüt, wenn dieses vom Erkenntnisstreben durchdrungen ist, von wahrem, innerem Erkenntnisstreben. Es ist der Satz, der sich Vischer aufdrängt, als er über das Wesen der Menschenseele nachsinnt, nachdenkt. Aus dem, was sich ihm ergeben hatte über das, was Naturwissenschaft in der neueren Zeit vom Menschen zu sagen hat, deduziert er einmal: Daß diese menschliche Seele nicht bloß im Leibe sein kann, das ist ganz
klar; daß sie aber auch nicht außerhalb des Leibes sein kann, das ist ebenso klar.
Nun, wir stehen also vor einem vollkommenen Widerspruch, vor einem Widerspruch, der nicht ein solcher ist, daß man ihn ohne weiteres auflösen kann. Wir stehen vor einem solchen Widerspruch, der sich mit unabänderlicher Notwendigkeit hinstellt, wenn man ernst nach Erkenntnissen ringt. V-Vischer konnte noch nicht - denn die Zeit war noch nicht dazu reif - vordringen von dem, was ich nennen möchte: stehen an solchen Erkenntnisorten, an solchen Grenzorten, vordringen vom Erkennen im gewöhnlichen Sinne des Wortes zum innerlichen Erleben eines solchen Widerspruches. Hören wir doch heute noch von weitaus den meisten Erkenntnismenschen der Gegenwart, wenn sie auf einen solchen Widerspruch stoßen, das Folgende - es gibt ja davon Hunderte und Hunderte, Du Bois Reymond, der geistvolle Physiologe, hat seinerzeit von den sieben Welträtseln gesprochen, aber man kann diese sieben Welträtsel in Hunderte vermehren - der heutige, zeitgenössische Erkenntnismensch sagt: Bis hierher geht eben das menschliche Erkennen, weiter kann es nicht kommen. - Einfach aus dem Grunde sagt er dieses, weil er sich an den Grenzorten des menschlichen Erkennens nicht entschließen kann, überzugehen vom bloßen Denken, vom bloßen Vorstellen zum Erleben. Man muß beginnen an einer solchen Stelle, wo sich ein Widerspruch, den man nicht ausgeklügelt hat, sondern der durch die Welträtsel sich einem geoffenbart hat, in den Weg stellt, muß versuchen, mit einem solchen Widerspruch immer wieder und wiederum zu leben, immer wieder und wieder, so wie man mit den Gewohnheiten des Alltags ringt, mit ihm ringen, gewissermaßen seine Seele ganz in ihn untertauchen. Man muß - es gehört ein gewisser innerer Denkermut dazu - in den Widerspruch untertauchen, keine Furcht davor haben, daß dieser Widerspruch etwa das Vorstellen der Seele zersplittern könne, daß die Seele nicht durchkönne oder ähnliches. In den Einzelheiten habe ich dieses Ringen an solchen Grenzorten gerade geschildert in meinem Buch «Von Seelenrätseln».
Dann, wenn der Mensch statt mit dem bloßen Vorstellen, bloßen Ausklüge1n, Fixieren, mit seiner vollen Seele an einem solchen Grenz-
ort ankommt, dann kommt er weiter. Aber er kommt nicht auf bloß logischem Wege weiter; er kommt auf einem Erkenntnislebenswege weiter. Und was er da erlebt, ich möchte es durch einen Vergleich ausdrücken; denn das, was geistesforscherische Wege sind, sind wirkliche Erkenntniserlebnisse, sind Erkenntnistatsachen. Die Sprache hat heute noch nicht viele Worte für diese Dinge, weil die Worte geprägt sind für die äußere sinnliche Wahrnehmung. Man kann sich daher oftmals über dasjenige, was klar vor dem Geistesauge steht, nur vergleichsweise ausdrücken. Wenn man in solche Widersprüche sich einlebt, fühlt man sich wie an der Grenze, wo die geistige Welt heranschlägt, die in der sinnlichen Wirklichkeit nicht zu finden ist, wo sie zwar heranschlägt, aber gewissermaßen von außen heranschlägt. Es ist so, wie - ob nun die Vorstellung naturwissenschaftlich gut begründet ist oder nicht, darauf kommt es nicht an, vergleichsweise kann sie herangezogen werden -, es ist so, wie wenn ein niederes Lebewesen es noch nicht bis zum Tastsinn gebracht hat, sondern nur innerlich erlebt, in dem sich regenden, steten Bewegen innerlich erlebt und die Grenze der physischen Welt, die Oberfläche der einzelnen Dinge erlebt. Ein Wesen, das noch nicht den Tastsinn ausgebildet hat und so die Oberfläche der sinnlichen Dinge erlebt, das ist noch ganz in sich beschlossen, das kann gewissermaßen noch nicht erfühlen, ertasten dasjenige, was da draußen an sinnlichen Eindrücken ist. Geradeso fühlt sich rein geistig-seelisch - wir dürfen da an gar nichts Materielles denken - der Ringer mit der Erkenntnis, wenn er an einer solchen Stelle ist, wie ich sie eben geschildert habe. Wie aber dann beim niederen Lebewesen gewissermaßen der Organismus durchbricht durch das Anstoßen an die äußere sinnliche Welt, sich differenziert zum Tastsinn, wodurch man die Oberfläche ertastet, wodurch man weiß, ob etwas rauh oder glatt, warm oder kalt ist an der Oberfläche, wie sich eröffnet nach außen dasjenige, was nur im Innern lebt, so erringt man sich die Möglichkeit, gewissermaßen durchzubrechen gerade an solchen Stellen, sich einen geistigen Tastsinn zu erwerben. Dann erst, wenn man vielleicht oftmals jahrelang an solchen Grenzorten des Erkennens gerungen hat durchzubrechen in die geistige Welt hinein, dann gelangt man zum Realen von geistigen
Organen. Ich spreche nur elementar von dem, wie sich dieser Tastsinn entwickelt. Aber man kann, um diese oder jene Ausdrücke in einem vollkommeneren Sinne zu gebrauchen, davon sprechen, daß sich durch immer weiteres und weiteres inneres Arbeiten, Herausarbeiten aus dem In-sich-Beschlossensein Geistesaugen, Geistesohren entwickeln. Heute erscheint es vielen Menschen noch absurd, davon zu sprechen, daß die Seele ein ebenso undifferenziertes Organ zunächst ist, wie der Organismus eines niederen Wesens, das seine Sinne aus seiner Substanz heraus bildet, und daß sich aus dieser Substanz seelische Begriffe, seelisch differenzierte Geistesorgane herausbilden können, die ihn dann der geistigen Welt gegenüberstellen.
Man darf sagen: Geisteswissenschaft, wissenschaftlich in aller Berechtigtheit systematisch dargestellt, stellt sich heute neu in den Erkenntnisfortschtitt der Menschheitsentwickelung hinein. Aber sie ist nicht in jeder Beziehung etwas Neues. Das Ringen nach ihr, das Streben nach ihr, wir sehen es gerade bei den hervorragendsten Erkenntnismenschen der Vergangenheit. Und auf einen von ihnen, auf Friedrich Theodor Vischer habe ich ja hingewiesen. Ich möchte gerade noch einmal zeigen an seinen eigenen Aussprüchen, wie er an einer solchen Erkenntnisgrenze gestanden hat, wie er allerdings davor stehengeblieben ist, wie er nicht den Übergang gemacht hat von dem inneren Regen zum Durchbrechen der Grenze, zum geistigen Tastsinn. Und da möchte ich gerade diejenige Stelle aus Friedrich Theodor Vischers Abhandlungen Ihnen vorlesen, wo er schildert, wie er an eine solche Grenze, wo der Geist heranschlägt an die menschliche Seele, gekommen ist gelegentlich seines Ringens mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Es war in der Zeit, in der die materialistisch gesinnte Naturwissenschaft den ernsten Erkenntnisringern viele Rätsel vorgelegt hat, wo zahlreiche Menschen gesagt haben, man könne gar nicht von Seele anders sprechen, als daß sie nur ein Produkt sei des materiellen Wirkens.
Hier seine Worte: «Kein Geist, wo kein Nervenzentrum, wo kein Gehirn, sagen die Gegner. Kein Nervenzentrum, kein Gehirn, sagen wir, wenn es nicht von unten auf unzähligen Stufen vorbereitet wäre; es ist leicht, spöttlich von einem Umrumoren des Geistes in Granit
und Kalk zu reden, - nicht schwerer als es uns wäre, spottweise zu fragen, wie sich das Eiweiß im Gehirn zu Ideen aufschwinge. Der menschlichen Erkenntnis schwindet die Messung der Stufenunterschiede. Es wird Geheimnis bleiben, wie es kommt und zugeht, daß die Natur, unter welcher doch der Geist schlummern muß, als so vollkommener Gegenschlag des Geistes dasteht, daß wir uns Beulen daran stoßen;» - ich bitte Sie zu beachten, wie der Erkenntnisringer schildert, daß wir uns Beulen daran stoßen; hier haben Sie ein inneres Erlebnis eines Erkenntnisringers: dieses Anschlagen eines Erkenntnisringers! - «es ist eine Diremtion von solchem Scheine der Absolutheit, daß mit Hegels Anderssein und Außersichsein, so geistreich die Formel, doch so gut wie nichts gesagt, die Schroffheit der scheinbaren Scheidewand einfach verdeckt ist. Die richtige Anerkennung der Schneide und des Stoßes in diesem Gegenschlag findet man bei Fichte, aber keine Erklärung dafür.»
Hier haben wir die Schilderung, die ein Mensch von seinem Erkenntnisringen gibt in der Zeit, bevor der Entschluß entstehen konnte, der geisteswissenschaftliche Entschluß: nicht bloß bis zu diesem Schlag und Gegenschlag zu kommen, sondern zu durchbrechen die Scheidewand gegenüber der geistigen Welt. - Ich kann nur ganz im Prinzipiellen über solche Dinge sprechen; Sie finden sie im einzelnen ausgeführt in meinen Büchern. Namentlich in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» und im zweiten Teil meiner «Geheimwissenschaft im Umriß» finden Sie in allen Details dasjenige ausgeführt, was die Seele in innerer Regsamkeit, in innerer Übung - wenn der Ausdruck erlaubt ist - mit sich vornehmen muß, um dasjenige» was in ihr undifferenziert ist, zu geistigen Organen, die dann die geistige Welt schauen können, wirklich umzugestalten.
Aber gar vieles ist notwendig, wenn man auf diesem Wege wirklich zu Forschungen kommen will. Es ist deshalb gar vieles notwendig, weil in unserer Zeit durch die Gewohnheiten, die sich gerade auf naturwissenschaftlichem Gebiete, auf dem Gebiete naturwissenschaftlicher Weltanschauung herausgebildet haben, das auf seinem Felde seine volle Berechtigung hat, eine besondere Art zu denken in das Menschenleben eingegriffen hat, die entgegengesetzt ist den Wegen,
die in die geistige Welt führen; so daß es ganz selbstverständlich ist, daß man von naturwissenschaftlicher Seite nur Dinge hört, die eigentlich von der geistigen Welt, wie sie wirklich ist, in ihren Tatsachen nichts wissen wollen. Ich will nur eines anführen - wie gesagt, das Genauere finden Sie in den genannten Büchern -, ich will anführen, daß der Mensch sozusagen sich eine ganz andere Art des Vorstellens erringen muß. Im gewöhnlichen Leben ist man zufrieden mit den Begriffen, den Vorstellungen, wenn man sich sagen kann: Diese Begriffe, diese Vorstellungen sind so geartet, daß sie ein Abbild irgendeiner äußeren Tatsache oder eines äußeren Dinges sind. - Damit kann sich der Geistesforscher nicht befriedigen. Schon die Vorstellungen, die Begriffe werden etwas ganz anderes in seiner Seele, als sie nach den Denkgewohnheiten der Gegenwart sind. Wenn ich wiederum einen Vergleich gebrauchen darf, so möchte ich daran zeigen, wie heute der Geistesforscher der Welt gegenübersteht. Materialistische, spiritualistische, pantheistische, individualistische, monadistische und so weiter, alle solche Leute glauben, in die Weltenrätsel irgendwie eindringen zu können; man versucht mit bestimmten Vorstellungen, Begriffen, ein Bild zu bekommen von den Vorgängen der Welt. So kann der Geistesforscher schon Begriffe gar nicht auffassen, sondern er muß sich zu einem Begriff in der Weise stellen, daß er immer sich klar bewußt ist: In einem Begriff[, in einer Vorstellung hat er nichts anderes, als was man in der äußeren Sinneswelt hat, wenn man zum Beispiel einen Baum oder einen andern Gegenstand von einer gewissen Seite her photographiert, man bekommt ein Bild von einer gewissen Seite, von einer andern Seite ein anderes Bild, von einer dritten Seite wieder ein anderes, von einer vierten Seite wiederum ein anderes Bild. Die Bilder sind voneinander verschieden; sie alle geben erst zusammen, wenn man sie im Geiste kombiniert, den Baum als gestaltete Vorstellung. Aber man kann sehr gut sagen, das eine Ding widerspricht dem andern! Sehen Sie nur, wie ganz verschieden oftmals ein Gegenstand aussieht, wenn Sie ihn von der einen und von der andern Seite her photographieren! Allen diesen Vorstellungen von Pantheismus, Monadismus und so weiter steht der Geistesforscher so gegenüber, daß sie nichts anderes sind als verschiedene Aufnahmen
der Wirklichkeit. Denn die geistige Wirklichkeit ergibt sich in Wahrheit dem Vorstellungsleben, dem Begriffsleben gar nicht so, daß man sagen kann, irgendein Begriff ist ein Abbild, sondern man muß immer um die Sache herumgehen, man muß immer von verschiedenen Seiten her sich die mannigfaltigsten Begriffe bilden. Dadurch ist man in die Lage versetzt, ein viel größeres inneres, seelisch regsames Leben zu entwickeln, als man für die äußere Sinneswelt gewohnt ist; dadurch ist man aber auch genötigt, die Begriffe zu etwas viel Lebendigerem zu machen. Sie sind nicht mehr Abbilder, aber indem man sie erlebt, sind sie etwas viel Lebendigeres, als sie im gewöhnlichen Leben und seinen Dingen sind.
Ich kann mich da in der folgenden Weise verständigen. Nehmen Sie an, Sie haben eine Rose, abgeschnitten vom Rosenstock, vor sich; Sie bilden sich die Vorstellung davon. Nun ja, diese Vorstellung können Sie sich bilden; Sie werden auch oftmals bei dieser Vorstellung das Gefühl haben: sie drückt Ihnen etwas Wirkliches aus, die Rose ist etwas Wirkliches. Der Geistesforscher kann niemals auf seinem Wege vorwärtskommen, wenn er bei solchen Vorstellungen sich befriedigt, die Rose sei etwas Wirkliches. Die Rose, vorgestellt für sich als Blüte mit einem kurzen Stengel, ist gar nichts in sich Wirkliches; sie kann so, wie sie ist, nur da sein am Rosenstock drauf. Der Rosenstock ist etwas Wirkliches! Und der Geistesforscher muß sich nun angewöhnen, für alle einzelnen Dinge, für welche die Menschen sich Vorstellungen bilden, indem sie glauben, das sei auch etwas Wirkliches, immer sich bewußt zu sein, in welch eingeschränktem Sinne solch eine Sache etwas Wirkliches ist. Er muß fühlen, indem er die Rose mit dem Stiel vor sich hat: das ist nichts Wirkliches; er muß den Grad von Unwirklichkeit mitempfinden, mitfühlen, miterleben, der in dieser Rose als bloßer Blüte enthalten ist.
Dadurch aber, daß man das für die ganze Weltbetrachtung ausdehnt, belebt sich das Vorstellungsleben selbst; dadurch bekommt man nicht die schon abgelähmten, die getöteten Vorstellungen, mit denen sich die heutige naturwissenschaftliche Weltanschauung zufrieden gibt, sondern man bekommt Vorstellungen, die mit den Dingen mitleben. Allerdings, man erlebt, wenn man von den Denkgewohnheiten
der Gegenwart ausgeht, mancherlei Enttäuschungen zunächst, Enttäuschungen, die sich ergeben, weil dasjenige, was man so erlebt, sich wirklich recht sehr unterscheidet von den Denkgewohnheiten der Gegenwart. Man muß schon manchmal recht paradox sprechen, wenn man aus den Erkenntnissen der geistigen Welt heraus spricht, gegenüber den Dingen, die heute allgemein gesprochen und geglaubt werden.
Man kann heute ein sehr gelehrter Mann sein, sagen wir auf physikalischem Gebiete, ein außerordentlich gelehrter Mann, und man kann mit Recht Bewunderung erregen durch seine Gelehrsamkeit, aber man kann mit lauter Begriffen arbeiten, die nicht herangeholt, nicht herangearbeitet sind an solchen, wie ich es geschildert habe: dem Lebendigmachen der Vorstellungswelt. Ich habe ja nur etwas ganz Elementares gesagt; dieses Elementare aber muß sich beim Geistesforscher ausdehnen über die ganze Weltbetrachtung. Ich will ein Beispiel anführen: Professor Dewar hat im Anfange des Jahrhunderts einen sehr bedeutsamen Vortrag in London gehalten. Dieser Vortrag, möchte ich sagen, zeigt in jedem Satze den großen Gelehrten der Gegenwart, der in physikalischen Vorstellungen bewandert ist, wie man nur bewandert sein kann. Der Gelehrte versucht aus den physikalischen Vorstellungen heraus, wie sie der Physiker der Gegenwart gewinnen kann, über den Endzustand der Erde zu sprechen beziehungsweise über irgendeinen Zukunftszustand, in dem eben vieles von dem abgestorben sein muß, was heute noch gegenwärtig sein kann. Er schildert sehr richtig, weil er auf lauter gut fundierten Voraussetzungen fußt; er schildert, wie einmal nach Jahrmillionen eintreten müsse ein Erdzustand, in dem die Temperatur um so und so viel hundert Grade heruntergegangen ist, und wie sich dann - man kann das sehr gut, berechnen - verändert haben müssen gewisse Substanzen. Man kann das berechnen, und er schildert, wie Milch zum Beispiel dann nicht mehr wie heute flüssig sein könne, sondern fest sein muß, wie Eiweiß, wenn man damit Wände bestreicht, so leuchtend wird, daß man Zeitungen dabei lesen kann, ohne daß man ein anderes Licht braucht, da man von dem bloßen Eiweiß Licht erhält, und viele solche Einzelheiten. Dinge, die heute nicht einmal ein paar
Gramm Druck aushalten würden, werden in ihrer Konsistenz, in ihrem Materiellen so stark sein, daß man Hunderte von Kilogramm daranhängen kann, kurz, eine großartige Schilderung eines künftigen Zustandes der Erde gibt Professor Dewar. Man kann vom Standpunkte des Physikalischen aus nicht das geringste einwenden; aber für den, der lebendiges Denken in seine Seele aufgenommen hat, stellt sich die Sache anders. Für den, der lebendiges Denken in seine Seele aufgenommen hat, tritt notwendigerweise sogleich, indem er solche Vorstellungsformen aufnimmt, wie sie dieser Professor gibt, das vor seine Seele, daß er sich nun etwas sagen muß, was in der Methode, in der Anschauungsweise ganz ähnlich wäre der Folgerung und Denkweise dieses Gelehrten.
Nehmen Sie an, man nähme zum Beispiel einen fünfundzwanzigjährigen Menschen und beobachtete genau - heute kann man solche Beobachtungen schon anstellen, ich brauche ja nur zu erinnern an das Röntgenwesen -, man beobachtete genau, wie sich gewisse Organe, sagen wir der Magen, von Jahr zu Jahr ändern, im Verlauf von zwei, drei, vier, fünf Jahren ändern; sie nehmen andere Konfigurationen an. Man kann das beschreiben, wie es der Physiker macht, indem er die aufeinanderfolgenden Zustände der Erde vergleicht und dann berechnet, wie nach Jahrmillionen diese Erde ausschauen muß. Nun kann man auch beim Menschen das anstellen: man beobachtet, wie sich, sagen wir, Magen oder Herz von Jahr zu Jahr ändern; dann berechnet man, wie, sagen wir, nach zweihundert Jahren der Mensch ausschauen muß nach diesen Veränderungen. Man bekommt ein ebensogut fiindiertes Resultat heraus, wenn man ausrechnet, wie der Mensch nach zweihundert Jahren ausschauen muß, wenn man die einzelnen Anschauungen richtig zusammenrechnet, nur ist der Mensch dann längst gestorben, er ist nicht mehr da!
Sie sehen, was ich meine. Es handelt sich darum, daß man in dem einen Fall aus der unnlittelbaren Erfahrung heraus weiß: solche Rechnerei entspricht nicht der Wirklichkeit, weil nach zweihundert Jahren der menschliche Leib mit diesen Veränderungen nicht mehr da wäre, bei der Erde stellt man aber diese Berechnung an. Man beachtet aber nicht, daß die Erde nach zwei Jahrmillionen eben als physisches
Wesen auch längst gestorben ist, nicht mehr da ist; daß also die ganze gelehrte Berechnerei über diesen Zustand gar keinen Wirklichkeitswert hat, weil die Wirklichkeit, auf die sie angewendet ist, nicht mehr da ist.
Die Sachen gehen sehr weit. Sie können ja ebensogut beim Menschen wie nach vorwärts auch nach rückwärts rechnen, könnten rechnen, wie der Mensch nach den kleinen Veränderungen von zwei Jahren vor zweihundert Jahren ausgeschaut hat, aber er war noch nicht da! Aber nach derselben Methode ist die Kant-Laplacesche Theorie gebildet, jene Theorie, welche annimmt, daß einstmals ein Nebelzustand da war, der aus dem gegenwärtigen Zustand berechnet ist. Die Rechnung stimmt ganz gut, die Wahrnehmungen sind ganz richtig, nur - für den Geistesforscher stellt sich das hin, daß damals, als dieser ganze Urnebel dagewesen sein soll, die ganze Erde noch nicht geboren war, das ganze Sonnensystem noch nicht vorhanden war.
Ich wollte diese Berechnungen nur heranziehen, um Ihnen zu zeigen, wie das ganze innere Seelenleben aus der Abstraktion herauskommen muß, wie es untertauchen muß in die lebendige Wirklichkeit, wie die Vorstellungen selber lebendig werden müssen. Ich habe in meinem Buch «Vom Menschenrätsel», das vor zwei Jahren erschienen ist, unterschieden zwischen wirklichkeitsgemäßen und unwirklichkeitsgemäßen Vorstellungen. Kurz, worauf es ankommt, das ist, daß der Geistesforscher hinweisen muß darauf, daß sein Weg ein solcher ist, daß die Erkenntnismittel, die er gebraucht, erst erweckt werden müssen, daß er erst seine Seele umgestalten muß, um in die geistige Welt hineinschauen zu können. Dann kommen die Ergebnisse in einer solchen Form, daß man sehen kann: der Geistesforscher spekuliert nun nicht, ob die Seele unsterblich sei, ob die Seele durch Geburt und Tod durchgehe, sondern sein Forschungsweg führt ihn zu dem Ewigen in der Menschenseele, zu dem, was durch Geburten und Tode geht; sein Forschungsweg zeigt ihm, was im Menschen als Ewiges lebt. Also er sucht das Objekt, das Ding, das Wesen selber auf. Hat man das Wesen, so kann man an diesem Wesen seine Eigenschaften erkennen, so wie man an der Rose die Farbe erkennt. Daher entsteht oftmals der Schein, als ob der Geisteswissenschafter nur behaupte,
es sei so, denn er muß, indem er Belege angibt, immer darauf hinweisen, auf welchem Wege man zu diesen Dingen kommt; er muß gewissermaßen da anfangen, wo die andere Wissenschaft aufhört. Dann aber ist ein wirkliches Eindringen möglich in diejenigen Gebiete, die, ich möchte sagen, den Tod ebenso zu ihrem Ausgangspunkt haben, wie das auf naturwissenschaftlichem Feld Befindliche die Geburt und die Jugend zum Ausgangspunkte hat. Nur muß man sich klar sein darüber, daß dieser Tod keineswegs bloß dieses, die äußeren sinnlichen Anschauungsformen abschließende Ereignis ist, als das er gewöhnlich angeschaut wird, sondern daß er etwas ist, das teil hat am Dasein» so wie die Kräfte, welche mit der Geburt ins Leben gerufen werden, teil haben am Dasein. Wir begegnen dem Tode nicht nur, indem er uns als einmaliges Ereignis ergreift, sondern wir tragen die Kräfte des Todes in uns - abbauende Kräfte, immerfort abbauende Kräfte -, so wie wir die Kräfte der Geburt, oder die uns bei der Geburt gegebenen, als aufbauende Kräfte in uns tragen.
Um dies einzusehen, muß man allerdings an einem Grenzorte zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft wirklich Forschungen anstellen können. Ich kann ja heute von manchem natürlich nur Ergebnisse anführen, will ja auch nur anregen; sollte ich dasjenige in allen Einzelheiten ausführen, womit ich anregen will, so müßte ich viele Vorträge halten. Man muß sich also, wenn man das Angedeutete verfolgen will, an einen Grenzort begeben zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft. Man glaubt so vielfach und hat es geglaubt - heute ist die Wissenschaft meistens über diese Dinge schon hinaus, nur die populären Weltanschauungsbewegungen stehen noch auf einem Standpunkte, den die Wissenschaft schon vor Jahrzehnten verlassen hat -, man glaubt so vielfach, dieses menschliche Nervensystem, dieser menschliche Nervenapparat sei einfach ein Werkzeug fiir das Denken, Fühlen, Wollen, kurz, für das seelische Erleben. Derjenige, der mit solchen Seelenorganen, mit Geistaugen, Geistohren, wie ich sie wenigstens ptinzipiell beschrieben habe, erkennen lernt das seelische Leben, der es erst wirklich entdeckt, dieses seelische Leben, der weiß, daß sprechen: das Gehirn sei ein Werkzeug für das Denken - ebenso ist, wie wenn man sagt: Ich gehe über einen Weg,
der vielleicht aufgeweicht ist, ich trete meine Fußspuren hinein. Diese Fußspuren findet nachher einer, er will sie erklären. Wie erklärt er sie? Er erklärt sie dadurch, daß er sagt: Unten in der Erde sind allerlei Kräfte, die auf und ab schwingen und die dadurch, daß sie auf und ab schwingen, dieseFußspuren erzeugen, - was gar nicht auf Kräfte in der Erde zurückgeht, die diese Fußspuren erzeugen, denn ich habe sie hineingetragen, aber man kann meine Spuren genau darinnen nachweisen! - So erklären die Physiologen heute, daß dasjenige, was in dem Gehirn vorgeht, aus dem Gehirn kommt, weil jedem Denken, Vorstellen, Fühlen etwas in dem Nervensystem entspricht. Geradeso wie meine Spuren meinen Fußtritten entsprechen, so entspricht wirklich im Gehirn etwas demjenigen, was die Seele als Eindrücke hat. Aber die Seele hat es erst eingedrückt. Ebensowenig wie die Erde das Organ ist für mein Gehen oder die Fußspuren, ebensowenig wie sie diese herausbildet, ebensowenig ist das Gehirn das Organ für allerlei Vorgänge von Denken oder Vorstellen. Und so wie ich nicht gehen kann ohne Boden - ich kann nicht in der Luft gehen, ich brauche den Grund, wenn ich gehen will -, so ist das Gehirn notwendig; aber nicht weil es das Seelische hervorbtingt, sondern weil das Seelische den Grund und Boden braucht, auf dem es sich, solange der Mensch zwischen Geburt und Tod im Leibe lebt, ausdrückt. Es hat also gar nichts zu tun mit dem allem.
Gerade die heute so glänzend verstandene Naturwissenschaft erfährt ihre vollständige Aufklärung, wenn dieser Umschwung im Denken eintreten wird, den ich hiermit angedeutet habe, der allerdings ein radikalerer ist als der der Kopernikanischen Weltanschauung gegenüber der Weltanschauung, die man früher gehabt hat, aber der vor der wirklichen Weltanschauung so berechtigt ist, wie die Kopernikanische Weltanschauung gegenüber der früheren berechtigt war. Dann, wenn man auf seelenforscherischem Wege vorwärtsdringt, dann findet man auch, daß die Vorgänge im Gehirn, im Nervensystem, welche dem Seelenleben entsprechen, nicht aufbauende sind, nicht etwas sind, was dadurch da ist, daß die produktive, die wachsende, die gedeihende Tätigkeit im Nervensystem so vorhanden ist wie im übrigen Organismus. Nein! Sondern dasjenige, was die Seele
vollführt im Nervensystem, das ist abbauende Tätigkeit, das ist in der Tat während unseres wachen Bewußtseins außerhalb des Schlafes abbauende Tätigkeit. Und nur dadurch, daß das Nervensystem so in uns eingelagert ist, daß es von dem übrigen Organismus immer wieder aufgefrischt wird, kann die abbauende, die auflösende, die zerstörende Tätigkeit, die vom Denken aus eingreift in unser Nervensystem, immer wieder ausgeglichen werden. Abbauende Tätigkeit ist da, Tätigkeit, welche ganz genau qualitativ dieselbe ist wie diejenige, die der Mensch auf einmal durchmacht, wenn er stirbt, wenn der Organismus ganz aufgelöst wird. Der Tod lebt fortwährend in uns, indem wir vorstellen. Ich möchte sagen, atomistisch geteilt lebt der Tod fortwährend in uns; und der einmalige Tod, der uns ergreift, er ist nur summiert dasjenige, was fortwährend abbauend in uns arbeitet, allerdings wiederum ausgeglichen wird, nur sind die Ausgleiche so, daß eben zuletzt auch der spontane Tod hervorgerufen wird.
Man muß den Tod begreifen als eine Kraft, die im Organismus wirkt, so wie man die Lebenskräfte begreift. Sehen Sie sich aber heute die auf ihrem Gebiete durchaus berechtigte Naturwissenschaft an, so werden Sie finden: sie sucht nur die aufbauenden Kräfte. Dasjenige, was abbaut, das entzieht sich ihr. Daher kann auch das aus dem Abbauenden wieder Neuerstehende, nun immerfort jetzt nicht leiblich - denn das Leibliche wird eben abgebaut -, sondern geistig-seelisch sich wieder Aufbauende von der äußeren Naturwissenschaft nicht beobachtet werden, denn es fällt fortwährend aus der Beobachtung heraus und wird nur derjenigen Beobachtung zugänglich, die so vorgeht, wie ich es vorhin beschrieben habe. Dann zeigt sich allerdings, daß, währenddem wir unser Leben dahinbringen, unsere gesamte Seelentätigkeit nicht nur zugeordnet ist dem Grund und Boden, auf dem sie sich entwickeln muß und den sie sogar abbaut, insofern sie vorstellt, insofern sie tätig ist, sondern daß diese gesamte Seelentätigkeit auch zugeeignet ist einer geistigen Welt, die uns immer umgibt, in der wir mit unserem Seelisch-Geistigen so drinnenstehen, wie wir drinnenstehen mit unserem physischen Leibe in der sinnlich-physischen Welt. Eine wirkliche Beziehung des Menschen zu der geistigen Welt, die alles durchdringt, was physisch ist, zu der wirklichen,
konkreten, realen geistigen Welt, wird also durch die Geisteswissenschaft angestrebt.
Dann ergibt sich allerdings die Möglichkeit, weiter zu beobachten, wie dasjenige, was da in uns wirkt und webt als Seelisches, das in den Grenzen, die ich geschildert hatte, abbaut, ein zusammengehöriges Ganzes ist. Dasjenige, was ich Seelenentwickelung genannt habe, dringt vor vom gewöhnlichen Bewußtsein zum schauenden Bewußtsein. Ich habe davon gesprochen in meinem Buche «Vom Menschenrätsel». Dieses schauende Bewußtsein entwickelt die Möglichkeit, imaginative Erkenntnisse zu haben. Diese imaginativen Erkenntnisse geben nicht das, was äußerlich sinnlich ist, sondern sie geben am Menschen selber - ich will von der andern Welt jetzt absehen -, sie geben am Menschen selber dasjenige, was an ihm nicht sinnlich wahrnehmbar ist. Ich habe in der letzten Zeit, damit kein Mißverständnis entstehe, dieses, was zunächst von einer solchen geweckten Erkenntnis wahrgenommen werden kann, Bildekräfteleib genannt. Das ist jener übersinnliche Leib des Menschen, welcher tätig ist während unseres ganzen Lebens, von der Geburt, oder sagen wir Empfängnis, bis zu unserem physischen Tode, welcher auch der Träger unserer Erinnerungen ist, welcher aber als übersinnliche Wesenheit mit einer übersinnlichen Außenwelt in Verbindung steht. So daß unser sinnliches Leben mit seinem übrigen Bewußtsein nur wie eine Insel dasteht, aber rings um diese Insel herum und sogar diese Insel durchdringend, liegt die Beziehung des menschlichen Bildekräfteleibes mit der übersinnlichen Außenwelt. Da kommen wir allerdings dazu, alle Vorstellungswelt - jetzt nicht anders als wie ich es geschildert habe - in Zusammenhang zu bringen mit dem physischen Gehirn, das den Grund und Boden dafür abgibt; aber wir kommen dazu, einzusehen, daß der Bildekräfteleib der Träger der menschlichen Gedanken ist, daß sich die Gedanken entwickeln in diesem Bildekräfteleib, daß der Mensch, indem er denkt, in diesem Bildekräfteleib lebt.
Anders ist es schon, wenn wir vorschreiten zu einem andern Seelenerlebnis, zu dem Fühlen. Unser Fühlen, auch unsere Affekte, unsere Leidenschaften stehen in einem andern Verhältnis zu unserem Seelenleben als unser Denken. Der Geistesforscher findet, daß die Gedanken,
die wir uns gewöhnlich machen, an den Bildekräfteleib gebunden sind, nicht aber unsere Gefühle, nicht aber unsere Affekte. Diese Gefühle und Affekte leben in uns in einer viel unterbewußteren Art; dafür stehen sie aber auch mit etwas weit Umfassenderem im Zusammenhang als mit unserem Leben zwischen Geburt und Tod. Nicht als ob der Mensch in diesem Teile seines Lebens, von dem ich jetzt spreche, gedankenlos wäre; alle Gefühle sind von Gedanken durchdrungen; aber die Gedanken, von denen die Gefühle durchdrungen sind, kommen dem Menschen in der Regel nicht in das gewöhnliche Bewußtsein hinein, sie sind unter der Schwelle dieses Bewußtseins. Dasjenige, was als Gefühl heraufwogt, das ist gedankendurchsetzt, aber diese Gedanken sind weiterausgreifend, denn man findet sie nur, wenn man zu einem noch höheren Bewußtsein vorschreitet in der schauenden Erkenntnis: zu dem, was - ich denke nicht an abergläubische Vorstellungen -, was ich das inspirierte Bewußtsein nenne. Das Genauere darüber können Sie in meinen Büchern nachlesen.
Vertieft man sich nun in das, was eigentlich dem gewöhnlichen Bewußtsein gegenüber so schläft, wie der Mensch vom Einschlafen bis zum Aufwachen schläft mit Bezug auf die gewöhnlichen sinnlichen Vorstellungen, so sieht man es heraufwogen, wie in den Schlaf hinein die Träume wogen. So wogen in der Tat die Gefühle herauf, es klingt paradox, aber es ist so: aus dem Tieferen der Seele. Aber dieses Tiefere der Seele, das der inspirierten Erkenntnis zugänglich ist, das ist dasjenige, was da lebt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt; das ist dasjenige, was eingetreten ist in den physischen Zusammenhang durch unsere Empfängnis, oder sagen wir Geburt, was durch die Pforte des Todes tritt und unter andern Bedingungen ein geistiges Dasein hat, bis der Mensch wieder geboren wird. Wer mit inspirierter Erkenntnis wirklich hineinschaut in dasjenige, was in der Gefühlswelt lebt, der sieht nicht nur den Menschen zwischen Geburt und Tod, der sicht den Menschen auch in den Zeiten, die die Seele durchlebt frischen dem Tod und einer neuen Geburt.
Das ist nicht nur so einfach hingestellt: so ist es eben, - sondern es ist darauf hingewiesen, wie die Kräfte in der Seele entstehen, welche die Gefühle, Affekte, Leidenschaften so anzusehen vermögen, daß man
in ihnen drinnen lebt. So wie man in der Pflanze dasjenige sieht, was durch die Keimeskräfte entstanden ist, so sieht man etwas, was nicht mit unserer Geburt oder Empfängnis entsteht, sondern was aus einer geistigen Welt herausgekommen ist.
Ich weiß sehr wohl, wieviel sich von der heutigen naturwissenschaftlichen Weltanschauung gegen eine solche Vorstellung einwenden läßt. Es werden diejenigen, die bekannt sind mit solchen naturwissenschaftlichen Weltanschauungen, leicht sagen: Ja, da kommt er und schildert in dilettantischer Weise, daß diese Glieder seiner Seele, die er umfassen will, aus einer geistigen Welt herauskommen; schildert die besonderen Konfigurationen, Farben der Gefühle so, als ob in diesen Gefühlen auf der einen Seite der Hinweis wäre auf unser vorgeburtliches Leben, und auf der andern Seite wieder etwas, was so wäre, wie der Keim der Pflanze dasjenige ist, was in der Pflanze des nächsten Jahres sein wird. Kennt denn dieser Mensch nicht - werden die Leute sagen - die wunderbaren Vererbungsgesetze, die durch die Naturwissenschaft heraufgebracht sind? Weiß er denn nicht alles, was diejenigen wissen, welche die Wissenschaft der Vererbungsmerkmale erst schufen, welche erst zusammenprägten alles das, was die Kenntnis der Vererbungsmerkmale hervorgerufen hat?
Ist auf der einen Seite die Tatsache, auf welche Naturwissenschaft hinweist, ganz richtig, so stecken doch in der Entstehung der Vererbung unsere Kräfte, durch die wir uns durch Jahrhunderte vorbereiten und die wir herunterschicken, so daß sich aus Voreltern und Eltern jene Konstellationen herausbilden, welche zuletzt zu dem materiellen Ergebnis führen, mit dem wir uns dann umhüllen, indem wir aus der geistigen Welt in die physische heruntersteigen. Wer wirklich gerade die wunderbaren Ergebnisse der neueren Vererbungsforschung ins Auge faßt, der wird finden, daß das, was Geisteswissenschaft nur auf eine ganz andere Weise, ich möchte sagen, auf dem entgegengeseuten Wege, von der Seele aus findet, vollständig bestätigt wird gerade durch die Naturwissenschaft; während das, was die Naturwissenschaft selber sagt, gar nicht durch die Naturwissenschaft bestätigt wird. Das kann ich nur andeuten.
Und wenn wir dann eintreten in jenes Gebiet, das man als den
Willen bezeichnet, so entzieht sich das ja sehr dem, was der Mensch in seinem gewöhnlichen Bewußtsein hat. Was weiß der Mensch selbst über das, was in ihm vorgeht, wenn der Gedanke: Ich will etwas haben - sich zu einer Handbewegung gestaltet? Der eigentliche Willensvorgang schläft im Menschen. Mit Bezug auf die Gefühle und Affekte konnte man wenigstens sagen, der Mensch träumt im Menschen. Deshalb ist die Frage über die Freiheit eine so schwierige, weil der Wille schlafend ist dem gewöhnlichen Bewußtsein gegenüber. Über das, was in, dem Willen vorgeht, kommt man nur zu einer Erkenntnis, indem man im schauenden Bewußtsein bis zum wirklichen intuitiven Bewußtsein gelangt, nicht dem verschwommenen alltäglichen, intuitiv genannten Bewußtsein, zu dem, was ich in meinen Schriften die drei Stufen: imaginatives, inspiriertes und intuitives Erkennen genannt habe. Da kommt man hinein in das Willensgebiet, in dasjenige, was in uns wirken, leben soll. Das muß erst aus den unterseelischen Tiefen heraufgeholt werden. Dann aber findet man, daß allerdings dieses Willenselement daneben noch - der gewöhnliche Gedanke steht für sich - von Gedanken, von Geistigem durchsetzt ist. Aber so wie wir den Willen in uns tragen, wirkt in diesen Willen hinein jetzt nicht nur das, was wir in der geistigen Welt erlebt haben, was in unsere Gefühle, in unsere Affekte hinein wirkt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, sondern es wirkt dasjenige, was wir in vorigen Erdenleben erlebt haben. In die Willensnatur des Menschen wirken hinein die Impulse früherer Erdenleben. Und in dem, was wir im gegenwärtigen Wollen entwickeln, heranzüchten, möchte ich sagen, leben die Impulse für folgende Erdenleben. So daß das gesamte Menschenleben für die wirkliche Geistesforschung zerfällt in solche Leben, die zwischen der Geburt und dem Tod liegen, und in solche, welche - weil das ganze physische Dasein aus der Welt heraus gebaut werden muß - in weit längeren Zeiträumen in der geistigen Welt erlebt werden. Aus solchen Leben, wiederholten Erdenleben, wiederholten geistigen Leben, setzt sich das gesamte menschliche Leben zusammen. Dies ist nicht eine Phantastik, nicht ein Einfall, sondern etwas, das man findet, wenn man wirklich auf das Ewige, Unvergängliche in der Menschenseele lernt das Geistesauge hinzuwenden.
Diese Dinge schließen nicht die menschliche Freiheit aus. Ebensowenig wie es meine Freiheit ausschließt, wenn ich mir dieses Jahr ein Haus baue, in dem ich nach zwei Jahren wohnen werde - ich werde darinnen ein freier Mensch sein, trotzdem ich dieses Haus für mich gebaut habe -, so bestimmen die einen Erdenleben die andern, die folgenden vor. Aber nur mißverstandene Auffassung könnte das als eine Beeinträchtigung des menschlichen Freiheitsgedankens hinstellen.
So kommt man allmählich in geistiger Forschung an die geistigen Tatsachen heran, indem man ausgeht von dem Tode. Auch im einzelnen ergibt diese Beobachtung das Mannigfaltigste, wenn man den Tod der Geistesforschung so zugrunde legt, wie man die Geburt und das Keimesleben der physischen Forschung zugrunde legt. Ich will nur einiges anführen, weil ich nicht im Unbestimmten herumreden möchte, sondern konkrete Ergebnisse der anthroposophlschen Geistesforschung anführe. Wir können unterscheiden im gewöhnlichen Geistesleben zwischen dem gewaltsam eintretenden Tode durch äußere Veranlassung und dem Tod, der von innen heraus, sei es durch Krankheit von innen heraus, sei es durch Altern, eintritt. Wir können also verschiedene Arten des Todes unterscheiden. Geistesforschung, die konkret auf die Natur des Todes eingeht, findet folgendes: Nehmen wir zum Beispiel den gewaltsamen Tod, der in ein Leben hereintritt, sei es dadurch, daß man verunglückt, oder auf irgendeine andere Weise, kurz, gewaltsam. Das ist der Hereintritt eines Ereignisses, das das Leben in diesem Erdendasein auflöst. Von diesem einmaligen Eintritt des Todes hängt ebenso die Entwickelung des Geistbewußtseins für die geistige Welt nach dem Tode ab, wie von den Kräften, die uns bei der Geburt gegeben werden, die Grundlage abhängt - in der Weise aber wie ich es geschildert habe - dafür, daß wir im Leben ein Bewußtsein entwickeln können. Andersartig ist das Bewußtsein, das wir nach dem Tode entwickeln: Das Bewußtsein, das wir hier auf Erden entwickeln, steht auf dem Boden des Nervensystems, so wie ich auf dem Boden stehe, wenn ich auf dem Boden gehe; in der geistigen Welt begründet ist das Bewußtsein nach dem Tode ein andersartiges, aber durchaus ein Bewußtsein. Wenn der Mensch eines gewaltsamen Todes stirbt, so ist das nicht nur etwas,
was hereingreift in seine Vorstellungen. Das gewöhnliche Bewußtseinsvorstellen schließt ja mit dem Tode ab, ein anderes Bewußtsein beginnt, aber es greift herein in seinen Willen, von dem wir gesehen haben, daß er herübergeht in folgende Erdenleben. Der Geistesforscher hat die Mittel, in einem Erderileben zu untersuchen, was da auftreten kann, wenn in einem vorigen Erdenieben ein gewaltsamer Tod eingetreten ist.
Wenn man über solche Dinge heute spricht, so weiß man selbstverständlich, daß allerlei Menschen sagen: Das ist töricht, kindisch, phantastisch. - Aber die Ergebnisse sind ebenso gesicherte wissenschaftliche - nur solche bringe ich vor - wie die der Naturwissenschaft. Wenn ein gewaltsamer Tod in ein Leben eingreift, so zeigt sich dieses im nächstfolgenden ErdenIeben so, daß dieser Tod nachwirkt, indem er in ganz bestirniten Lebensjahren des nächstfolgenden Lebens irgendwie eine Richtungsänderung des Lebens hervorbringt. Es werden jetzt schon Forschungen angestellt über Seelenleben; nur werden sie in der Regel so angestellt, daß man nur das Alleräußerlichste dabei berücksichtigt. In manchen Menschenleben tritt in einem bestimmten Augenblicke dieses Lebens etwas ein, was das ganze Schicksal des Menschen ändert, was ihn auf andere Lebenswege bringt, wie innerlich herausgefordert. In Amerika nennt man solche Dinge «Bekehrungen», weil man Namen haben will für sie; aber wir brauchen nicht immer an Religiöses zu denken; der Mensch kann in andere Lebeuswege, in eine bleibende Änderung seiner Willensrichtung hineingedrängt werden. Solch eine radikale Änderung einer Willensrichtung bat ihren Ursprung in einem gewaltsamen Tode seines vorhergehenden Lebens. Denn wie sehr häufig dasjenige, was im Tode auftritt, gerade für die Mitte des nächsten Lebens wichtig ist, das zeigt sich der konkreten Forschung. Tritt der Tod spontan aus dem Innern durch Krankheit oder durch Altern auf, so hat der Tod viel mehr als für das nächste Erdenleben eine Bedeutung für das Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt.
Ich wollte diese Beispiele anführen, damit Sie sehen, daß man nicht im Unbestimniten herumredet, sondern in der Tat über Einzelheiten, die im Zusammenhange des Lebens auftreten, ganz bestimmte Anschauungen
gewinnen kann. Und so ist es, daß in der Tat die Geistesforschung neu, selbst auch für diejenigen, die überzeugt sind von der Unsterblichkeit der Menschenseele, in das Bewußtsein hereinbringt, daß man nicht nur im allgemeinen von Unsterblichkeit zu reden hat, sondern daß durch das Begreifen des Ewigen in der Menschenseele das Menschenleben als solches begreiflich wird. All die sonderbaren Vorgänge, die man beobachtet, wenn man Sinn hat für seelischen Lebensverlauf, für den Verlauf des seelischen Lebens im Menschen, all die wunderbaren Ereignisse, sie stellen sich hinein, wenn man weiß, man hat es zu tun mit wiederholten Erdenleben und wiederholten geistigen Leben. In der geistigen Welt - ich sage das nur wie in Parenthese - steht der Mensch mit geistigen Wesenheiten, nicht nur mit den Mitmenschen, die ihm schicksalsmäßig nahegetreten sind und die auch durch die Pforte des Todes gegangen sind, sondern auch mit andern geistigen Wesen so in Beziehung, wie er hier mit den drei Reichen, dem Pflanzenreich, dem Mineralreich, dem Tierreich in Beziehung steht. Der geistige Forscher redet von einzelnen bestimmten Geistern, einzelnen bestimmten geistigen Wesenheiten, von einer konkreten, individualisierten geistigen Welt, wie wir hier von individualisierten Pflanzenwesen und Tierwesen und Menschenwesen reden, insofern sie zwischen Geburt und Tod physische Wesen sind. Was vor allen Dingen den Menschen erschüttern kann - es ist schwierig über die Dinge so zu sprechen, daß sie in einer neuen Weise wie aus grauer Geistestiefe heraustreten -, das ist, was dann eintritt, wenn die Erkenntnis selber in einer ganz bestimmten Weise an die menschliche Seele herantritt. Sie haben aus dem, was ich gesagt habe, gesehen, daß man Erkenntnis über die geistige Welt gewinnen kann. Diese Erkenntnisse haben tiefe Bedeutung für die menschliche Seele; sie machen gewissermaßen aus dieser menschlichen Seele etwas anderes. Es greift ein in das Leben der Seele, gleichgültig ob man Geistesforscher ist oder ob man nur das, was vom Geistesforscher erforscht ist, gehört hat, verstanden hat, es aufgenommen hat; es ist gleichgültig, es kommt nicht darauf an, es selbst erforscht zu haben: man kann es auch begreiflich finden. Alles kann man begreiflich finden, wenn man es nur genügend durchdringt. Man braucht es nur aufgenommen
zu haben. Dann tritt es aber, wenn man es in seiner vollen Wesenheit erfaßt, so in dieses menschliche Seelenleben herein, daß man sich eines Tages eines sagt, daß es bedeutungsvoller ist als alle andern Ereignisse des Lebens.
Man kann Schweres, Trauriges erlebt haben, das einen erschüttert hat, Freudiges, was einen erhoben hat, Erhabenes - man braucht nicht stumpf zu sein dagegen, wenn man etwa Geistesforscher oder Geist-Erkenner ist, man kann alles so voll empfindend miterleben wie die andern Menschen, die noch nicht Geistesforscher sind -, aber wenn man in seiner vollen Wesenheit durchdringt, was die GeistErkenntnis der Seele gibt und sich die Frage zu beantworten vermag: Was hat die Seele von diesen geistigen Ergebnissen? - wenn man sich voll sagt, was die Seele geworden ist durch die geistige Erkenntnis, dann wird dieses Ereignis wichtiger als alle andern Schicksale, als alle andern Schicksalserlebnisse, die an den Menschen herantreten. Nicht daß die andern kleiner werden, aber dieses wird größer als die andern. Die Erkenntnis selbst tritt dann schicksalsmäßig durch das menschliche Seelenleben herein. Tritt so die Erkenntnis durch das menschliche Seelenleben herein, dann fängt man an, das menschliche Schicksal als solches zu verstehen: von da aus leuchtet das Licht, das das menschliche Schicksal aufklärt. Man sagt sich von diesem Momente ab: Hat man so rein im Geistigen dieses Schicksalserlebnis, dann wird einem erklärlich, wie man schicksalsmäßig in das Leben hereingestellt ist, wie unser Schicksal an den Fäden hängt, die sich herausspinnen aus vorhergehenden Leben, vorhergehenden Erdenleben und Leben zwischen Tod und neuer Geburt, die sich wieder hineinspinnen aus diesem Leben in ein folgendes Leben. - Und man sagt sich: Das gewöhnliche Bewußtsein durchträumt sein Schicksal nur; das gewöhnliche Bewußtsein nimmt sein Schicksal hin, ohne es zu verstehen, wie man den Traum hinnimmt. Das schauende Bewußtsein, zu dem man erwacht, wie man aus dem Traum zum gewöhnlichen Bewußtsein erwacht, das gewinnt auch ein neues Verhältnis zum Schicksal. Das Schicksal wird erkannt als dasjenige, was mitarbeitet an unserem umfassenden Leben, an dem Leben, das durch Geburten und Tode geht.
Es ist die Sache nicht in der trivialen Weise aufzufassen, als wenn der Geistesforscher nun sagen würde: Dein Unglück hast du selbst verschuldet - nein, das wäre nicht nur ein Verkennen, es wäre sogar eine Verleumdung der Geistesforschung. Ein Ünglück braucht sogar gar nicht aus dem vorhergehenden Leben irgendwie verursacht zu sein. Es kann spontan eintreten; es wird nur seine Folgen für das folgende und auch alles Leben zwischen den Erdenleben haben, weil wir sehr häufig sehen, daß aus Unglück, aus Leid und Schmerz dasjenige herauswächst, was andersgestaltetes Bewußtsein in der geistigen Welt ist. Aber Sinn kommt in unser ganzes Leben hinein, Verständnis auch für unser Schicksal, das wir sonst nur durchträumen, das wir nun verstehen lernen.
Eines tritt vor allem hervor, wenn diese Geisteserkenntnis ins Auge gefaßt wird. Man kann nicht etwa dann noch sagen: Nun ja, nach dem Tode mag die Seele in ein anderes Leben eintreten, aber das kann man ja abwarten. Hier nehme man das Leben, wie es sich im physischen Leib darbietet; was nach dem Tode ist, das kann man ja abwarten. - Die Sache ist eine Bewußtseinsfrage. Allerdings steht das, was nach dem Tode eintritt, in einem Zusammenhänge mit dem Leben, das wir durchleben im Leibe. So wie wir hier durch unseren Leib in gewissem Sinne das Bewußtsein haben, das wir eben im gewöhnlichen Wachzustande haben, so haben wir nach dem Tode ein Bewußtsein, das sich jetzt nicht räumlich aus dem Nervensystem aufbaut, sondern das sich zeitlich aufbaut, im Zurückschauen aufbaut. So wie unser Nervensystem gewissermaßen die Widerlage und der Gegenschlag ist für unser gewöhnliches Bewußtsein zwischen Geburt und Tod, so bildet eine Grundlage für unser Bewußtsein in der geistigen Welt zwischen Tod und neuer Geburt dasjenige, was schon hier in unserem Bewußtsein sitzt. Und so wie wir hier die Welt um uns haben, so haben wir, wenn wir gestorben sind, gerade unser Leben als wichtiges Organ vor uns. Daher hängt viel ab von dem Bewußtsein im physischen Leib, das sich hineinerstrecken kann in das Bewußtsein, das nach dem Tode an uns herantritt. Wer zum Beispiel, wie es oftmals den Denkgewohnheiten der Gegenwart entspricht, sich nur beschäftigt mit physischen Vorstellungen, die durch die Sinne
aufgefaßt sind, der bekommt in sein Bewußtsein, auch in sein Erinnerungsvermögen, in all dasjenige, was sich in seiner Seele abspielt, nur Vorstellungen aus dem gewöhnlichen Leben: auch er baut sich eine Welt auf nach dem Tode. Die Umgebung baut man sich auf durch das, was man innerlich ist. So wie einer, der physisch in Europa geboren ist, nicht Amerika um sich herum sehen kann, so wie man durch das, worin man hineingeboren ist leiblich, seine Umgebung erhält, so bestimmt man gewissermaßen die Umgebung, den Ort seines Daseins durch das, was man im Leibe sich gebildet hat.
Nehmen wir den extremen Fall, der aber nicht leicht bei einem Menschen eintreten kann, daß jemand sich gewehrt hat gegen alle übersinnlichen Vorstellungen, Atheist geworden ist, auch von seiten der Religion her nicht einmal ein Gefühl aufgenommen hat, daß er sich damit auch nur beschäftigen wolle - ich weiß, daß ich etwas sehr Paradoxes sage, aber es hat auch gute geisteswissenschaftliche Unterlagen: er verurteilt sich dazu, in der Erdensphäre zu bleiben, mit seinem Bewußtsein dazubleiben, während der andere, der geistige Vorstellungen aufgenommen hat, in eine geistige Umgebung versetzt wird. Derjenige aber, der nur sinnliche Vorstellungen aufgenommen hat, verurteilt sich, in der sinnlichen Umwelt zu bleiben.
Wie man gedeihlich wirken kann im physischen Leib, weil man gewisserraaßen in dem physischen Leib die Schutzhülle hat gegen die Umwelt, wie man gedeihlich wirken kann, wenn man im physischen Leib in der physischen Welt anwesend ist, so wirkt man ungedeihlich, wenn man nach dem Tode in der physischen Welt anwesend bleibt. Mit physischen Vorstellungen in dem Bewußtsein nach dem Tode wird man zum Zerstörer. - Ich habe schon bei dem Vererbungs problem angedeutet, wie die Kräfte des Menschen, wenn er in der geistigen Welt ist, eingreifen in die physische Welt. Wer sich selber durch sein bloßes physisches Bewußtsein verurteilt, in der physischen Welt zu bleiben, der wird zum Zentrum von zerstörenden Kräften, die in dasjenige eingreifen, was im Menschenleben und im übrigen Welterileben geschieht. Solange wir im Leibe sind, mögen wir bloß sinnliche Gedanken, materialistische Gedanken haben: der Leib ist
ein Schutz. Oh, er ist in einem viel höheren Maße, als wir es denken, ein Schutz! Es ist sehr sonderbar, aber dem, der hineinschaut in den ganzen Zusammenhang der geistigen Welt, ist eines klar: Wenn der Mensch nicht durch seine Sinne abgeschlossen wäre von der Umwelt, wenn die Sinne nicht zurückhalten würden, da er im gewöhnlichen Bewußtsein nicht fähig ist, lebendige Begriffe aufzunehmen, sondern die abgetöteten, die ihn zurückhalten sollen von dem Eindringen in die geistige Umgebung, wenn der Mensch unmittelbar wirksam machen könnte seine Vorstellungen, wenn er sie nicht bloß als innerliche in sich hätte, nachdem schon die Dinge durch die Sinne gegangen sind, so würde der Mensch auch hier in der physischen Welt, wenn er sein Vorstellungsleben entwickelt, durch seine Vorstellungen tötend, lähmend wirken. Denn diese Vorstellungen sind in einer gewissen Weise zerstörerisch, abbauend für alles das, was sie ergreifen. Nur weil diese Vorstellungen in uns zurückgehalten werden, sind sie nicht abbauend, bauen sie nur ab, wenn sie in Maschinen zum Ausdruck kommen, in Werkzeugen, die ja auch ein Totes aus der lebendigen Natur heraus sein müssen. Das ist zwar nur ein Bild, das aber einer Wirklichkeit entspricht. Aber wenn der Mensch eintritt in die geistige Welt mit bloß physischen Vorstellungen, wird er ein Zentrum der Zerstörung.
So habe ich diese eine Vorstellung als ein Beispiel nur für viele anzuführen, daß wir nicht sagen dürfen: Wir können warten -, sondern daß es in des Menschen Wesenheit liegt, ob er sinnliche oder übersinnliche Vorstellungen entwickelt, so oder so sich vorbereitet das folgende Leben. Dieses ist freilich ein ganz anderes, aber es wird herausentwickelt aus dem Leben hier; das ist das Wesentliche, was man überschauen muß. Mancherlei tritt einem anders entgegen aus der Geisteswissenschaft, als man vermutet. Deshalb muß ich am Schlusse noch einige Bemerkungen machen.
Es könnte sehr leicht der Glaube entstehen, daß derjenige, der nun in die geistige Welt eintritt, unbedingt selber ein Geistesforscher werden müsse. Das ist nicht nötig, obwohl ich beschrieben habe in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» so viel von dem, was die Seele aus sich machen muß, damit sie wirklich
eintreten kann. Und es kann es heute bis zu einem gewissen Grade jeder, aber es braucht es nicht jeder. Das, was man als Seelisches entwickelt hat, ist eine rein innerliche Angelegenheit; das aber, was daraus entsteht, ist, daß die erforschten Wahrheiten in Begriffe geformt werden, daß man in solche Vorstellungen, wie ich sie heute entwickelt habe, einkleidet, was der Geistesforscher geben kann. Dann kann es mitgeteilt werden. Für das, was der Mensch braucht, ist es ganz gleichgültig - ich spreche damit ein Gesetz der Geistesforschung aus -, ob man die Dinge selber erforscht hat, oder ob man sie von anderer glaubwürdiger Seite erhalten hat. Es kommt nicht darauf an, die Dinge selbst zu erforschen, sondern es kommt darauf an, daß man sie in sich hat, daß man sie in sich entwickelt hat. Es ist daher eine irrtürnliche Vorstellung, wenn man glaubt, ein jeder müsse ein Geistesforscher werden. Der Geistesforscher wird nur heute das Bedürfnis haben, wie ich selber das Bedürfnis gehabt habe, über seinen Forschungsweg gewissermaßen Rechenschaft zu geben. Und nicht nur aus dem Grunde, weil heute bis zu einem gewissen Grade jeder ohne allen Schaden den Weg gehen kann, den ich beschrieben habe, sondern auch, weil jeder berechtigt ist zu fragen: Wie hast du es gemacht, daß du zu solchen Resultaten gekommen bist? - daher habe ich diese Dinge beschrieben. Und ich glaube, daß auch jeder, der nicht ein Geistesforscher werden will, wenigstens sich überzeugen wird wollen, wie der Geistesforscher zu den Resultaten kommt, die ja heute jeder braucht, der im Sinne der heutigen menschlichen Entwickelung die Grundlage legen will für das Leben, das sich in den Menschenseelen entwickeln muß.
Es ist heute die Zeit vorüber, die in alten Zeiten bezüglich der Geistesforschung da war, wo man so sehr zurückgehalten hat dasjenige, was Seelenentwickelung bewirkt hat. Es war in alter Zeit streng verboten, das Verborgene mitzuteilen. Auch heute noch halten diejenigen, die von diesen Geheimnissen des Lebens wissen - es sind ja ihrer nicht wenige -, mit diesen Dingen zurück. Wer bloß als Schüler diese Dinge bekommen hat von einem andern Lehrer, der wird unter allen Umständen nicht gut tun, die Dinge weiterzugeben! Es ist heute nur ratsam, dasjenige weiterzugeben, worauf man selber
gekommen ist, was man selber erforscht hat. Das aber kann und muß der übrigen Menschheit dienen.
Es kann schon aus den wenigen kurzen Andeutungen, die ich heute geben konnte, hervorgehen, was für den einzelnen Menschen Geistesforschung sein kann; aber sie ist nicht bloß für den einzelnen Menschen von Bedeutung. Und um dieses andere zum Schlusse mit ein paar Worten wenigstens anzudeuten, möchte ich auf etwas hinweisen, was recht wenig heute berücksichtigt wird.
Es ist eine eigentümliche Erscheinung, auf die ich aufmerksam machen möchte in der folgenden Art: Wir haben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine gewisse naturwissenschaftliche Richtung groß heraufkommen sehen, es ist die an den Namen Darwin sich knüpfende Erklärung der Lebewesen. Begeisterte, gelehrte Forscher, begeisterte Schüler haben diese Dinge durch die Jahrzehnte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts getragen. Ich habe vielleicht auch hier schon darauf aufmerksam gemacht, was da für ein eigentümliches Faktum eingetreten ist. In den sechziger Jahren schon war die Sache so, daß unter der Führung Haeckels eine mächtige Weltanschauungsbewegung entstanden war, welche alles Alte über den Haufen werfen und die ganze Weltanschauung umgestalten wollte nach darwinistischen Begriffen. Heute gibt es noch immer zahlreiche Leute, welche hervorheben, wie groß und bedeutend es gewesen wäre, wenn man nicht mehr eine weisheitsvolle Weltenlenkung hätte, sondern daß aus mechanistischen Kräften heraus im Sinne des Darwinismus das Werden alles hätte erklärt werden können.
1869 trat Eduard von Hartmann auf mit seiner «Philosophie des Unbewußten» und wendete sich gegen den rein äußerlich die Welt auffassenden Darwinismus, indem er auf die Notwendigkeit innerer Kräfte, wenn auch in unzulänglicher Weise - Geistesforschung hatte er nicht -, in bloß philosophischer Weise hinwies. Selbstverständlich waren diejenigen, welche begeistert waren vom Heraufkommen des Darwinismus, bereit, zu sagen: Nun, der Philosoph ist ein Dilettant, man braucht nicht auf ihn zu hören. - Gegenschriften erschienen, in denen man spöttisch über den Dilettanten Eduard von Hartmann
redete: der wahre, gelehrte Naturforscher braucht auf solche Dinge nichts zu geben.
Da erschien auch eine Schrift von einem Anonymus, die diese Schrift von Eduard von Hartmann glänzend widerlegte. Mit dieser Schrift waren die Naturforscher und diejenigen, die in ihrem Sinne dachten, recht einverstanden, denn Eduard von Hartmann wurde vollständig widerlegt. Alles, was man da vorbringen konnte, recht gelehrt aus dem Fond der Naturwissenschaft heraus, wurde in dieser Schrift von einem Ungenannten gegen Eduard von Hartmann vorgebracht - geradeso wie heute vieles vorgebracht wird gegen Geistesforschung. Und siehe da, die Schrift wurde sehr beifällig aufgenommen. Haeckel sagte: Das hat einmal ein wirklicher Naturforscher geschrieben gegen diesen Dilettanten Eduard von Hartmann; da sieht man, was ein Naturforscher kann; ich selber könnte nichts Besseres schreiben. Er nenne sich uns, und wir betrachten ihn als einen der Unsrigen. - Kurz, die Naturforscher haben für diese Schrift, die ihnen sehr zugute kam, recht Propaganda gemacht, so daß sie bald vergriffen war. Eine zweite Auflage war nötig. Da nannte sich der Verfasser: es war Eduard von Hartmann!
Da hat einmal jemand der Welt eine Lektion erteilt, die wichtig war. Derjenige nämlich, der heute erleben muß als Geistesforscher, was gegen Geistesforschung geschrieben ist, könnte nämlich alles das aus dem kleinen Finger sich saugen ohne viel Mühe, was gegen die Geisteswissenschaft vorgebracht wird. Eduard von Hartmann konnte auch alles das, was die Naturforscher gegen ihn vorbrachten, sich schon selber sagen - und er tat es.
Aber dies nur als Einleitung. Worauf es mir ankommt ist das: Oscar Hertwig ist einer der bedeutendsten Schüler Haeckels, der den emsigen und ehrlichen und großen Forscherweg der Naturwissenschaft beschritten hat. Hertwig hat im vorigen Jahre ein sehr schönes Buch geschrieben. Das Buch heißt «Das Werden der Organismen. Eine Widerlegung von Darwin`s Zufallstheorie», und darin weist er hin auf solche Dinge, wie sie schon Eduard von Hartmann vor gebracht hat. Solch eine Sache ist eigentlich ziemlich ohne Beispiel da: daß schon die nächste Generation, diejenige, die noch unter dem
Meister aufgewachsen ist, abkommen muß von etwas, wovon man glaubte, daß es eine ganze Weltanschauung aufbauen, daß es auch über die geistige Welt Aufschluß geben könne. Ein guter Darwinist widerlegt den Darwinismus! Aber er tut noch mehr; und das ist es, worauf es mir zum Schlusse ankommt.
Oscar Hertwig schreibt am Schlusse seines so ausgezeichneten, schönen Buches «Das Werden der Organismen. Eine Widerlegung von Darwin`s Zufallstheorie», so etwas wie eine Weltanschauung, wie der Darwinismus es war, stehe nicht bloß als ein theoretisches Gebäude da, sondern greife ein in das ganze Menschenieben, umfasse gewissermaßen das auch, was die Menschen tun, wollen, fühlen und denken. Er sagt: «Die Auslegung der Lehre Darwins, die mit ihren Unbestimmtheiten so vieldeutig ist, gestattete auch eine sehr vielseitige Verwendung auf anderen Gebieten des wirtschaftlichen, des sozialen und des politischen Lebens. Aus ihr konnte jeder, wie aus einem delphischen Orakelspruch, je nachdem es ihm erwünscht war, seine Nutzanwendungen auf soziale, politische, hygienische, medizinische und andere Fragen ziehen und sich zur Bekräftigung seiner Behauptungen auf die Wissenschaft der darwinistisch umgeprägten Biologie mit ihren unabänderlichen Naturgesetzen berufen. Wenn nun aber diese vermeintlichen Gesetze keine solchen sind, sollten da bei ihrer vielseitigen Nutzanwendung auf andere Gebiete nicht auch soziale Gefahren bestehen können? Man glaube doch nicht, daß die menschliche Gesellschaft ein halbes Jahrhundert lang Redewendungen, wie unerbittlicher Kampf ums Dasein, Auslese des Passenden, des Nützlichen, des Zweckmäßigen, Vervollkommnung durch Zuchtwahl etc. in ihrer Übertragung auf die verschiedensten Gebiete, wie tägliches Brot, gebrauchen kann, ohne in der ganzen Richtung ihrer Ideenbildung tiefer und nachhaltiger beeinflußt zu werden! Der Nachweis für diese Behauptung würde sich nicht schwer aus vielen Erscheinungen der Neuzeit gewinnen lassen. Eben darum greift die Entscheidung über Wahrheit und Irrtum des Darwinismus auch weit über den Rahmen der biologischen Wissenschaften hinaus.»
Im Leben überall zeigt sich dasjenige, was in einer solchen Theorie zutage tritt. Dann entsteht die Frage, die auch ins Leben eingreift, von
dem Gebiete der Geisteswissenschaft her. Wir leben heute in einer traurigen, in einer für die Menschheit tragischen Zeit. Es ist die Zeit, die herausentwickelt ist doch aus den menschlichen Vorstellungen, aus den menschlichen Ideen. Derjenige, der die Zusammenhänge geisteswissenschaftlich studiert, weiß es, der kennt den Zusammenhang desjenigen, was uns jetzt äußerlich gegenübertritt mit dem, was die Menschheit jetzt an Tragischem erlebt. Man erlebt gar vieles; die Menschen glauben zu wissen, sie glauben mit ihren Begriffen die Wirklichkeit zu umspannen - sie umspannen sie nicht. Und dadurch, daß sie sie nicht umspannen, weil mit naturwissenschaftlich gearteten Begriffen nie die Wirklichkeit umspannt werden kann, dadurch wächst ihnen die Wirklichkeit über den Kopf und zeigt ihnen, indem die Ereignisse den Menschen über den Kopf wachsen, daß die Menschen wohl eintreten können in solche Ereignisse, aber dann dasjenige Chaos entsteht, von dem wir in der Gegenwart umgeben sind.
Geisteswissenschaft entsteht nicht nur - wie es ja wahr ist - durch eine innere Notwendigkeit; sie würde entstanden sein durch eben diese innere Notwendigkeit, wenn die äußeren Ereignisse auch nicht als ein großartiges, gewaltiges Zeichen jetzt dastehen würden. Daß die alten Weltanschauungen zwar auf naturwissenschaftlichem Gebiete groß sind, daß sie aber niemals auf sozialem, auf rechtlichem, auf politischem Gebiete in die Welt gestaltend eingreifen können, daß die Wirklichkeit die Menschen überwächst, wenn sie das wollen, das ist es, was von der andern Seite her in gewaltigen Zeichen auf die Geisteswissenschaft hinweist, die wirklichkeitsgemäße Begriffe sucht, Begriffe, die der Wirklichkeit entlehnt sind und daher auch fähig sein werden, auf sozialem, auf politischem Gebiete die Welt zu tragen.
Man mag noch so sehr mit den Begriffen, die außerhalb der Geisteswissenschaft heute üblich sind, glauben aus dem Chaos herauszukommen, man wird es nicht; denn in der Wirklichkeit waltet der Geist.
Und weil der Mensch mit seinen Handlungen selbst in diese Wirklichkeit eingreift im sozialen, im politischen Leben, so braucht er, um zu fruchtbaren Begriffen auf diesem Gebiete zu kommen, solche Vorstellungen, solche Empfindungen, solche Willensimpulse, welche aus dem Geiste herausgeholt sind. Politik und Sozialwissenschaft, sie
werden in der Zukunft dasjenige brauchen, wozu allein Geisteswissenschaft die Grundlage legen kann. Das ist dasjenige, was auch für die heutige Zeitgeschichte von ganz besonderer Wichtigkeit ist.
Ich, selbst kann heute in diesem Vortrage, der schon lang genug geworden ist, nur einzelne Anregungen geben wollen. Hinweisen darauf will ich nur, daß dasjenige, was als Geisteswissenschaft heute in systematischer Ordnung auftritt, von den Besten gewollt ist. Käme es allein auf mich an, so würde ich diese Geisteswissenschaft mit einem besonderen Namen belegen. Denn seit mehr als reichlich dreißig Jahren arbeite ich zu immer größerer und größerer Ausgestaltung diejenigen Vorstellungen aus, die Goethe an der Wirklichkeit gewonnen hat in seiner großartigen Metamorphosenlehre, wo er schon den Begriff lebendig zu machen versuchte gegenüber den toten Begriffen. Das war, dazumal nur elementar möglich. Wenn man aber Goethe nicht nur bloß historisch nimmt, wenn man ihn als einen noch Gegenwärtigen betrachtet, so gestaltet sich heute gerade die Goethesche Metamorphosenlehre um zu demjenigen, was ich lebendige Begriffe nenne, die dann den Weg in die Geisteswissenschaft finden. Goetheanismus möchte ich am liebsten dasjenige nennen, was ich mit der Geistesforschung meine, weil es auf den gesunden Grundlagen einer Wirklichkeitsauffassung beruht, wie sie Goethe gewollt hat. Und den Bau in Dornach, der dieser Geistesforschung gewidmet sein soll, und durch den diese Geistesforschung mehr bekanntgeworden ist, als sie vielleicht ohne ihn bekanntgeworden wäre, ich möchte ihn am liebsten Goetheanum nennen, damit man sehen würde, daß dasjenige, was als Geistesforschung heute auftritt, in vollem, gesundem Entwickelungsprozeß der Menschheit drinnensteht. Freilich sagen heute noch viele, die da glauben, auch sich zur Goetheschen Weltanschauung zu bekennen: Goethe war derjenige, der die Natur vor allen Dingen als das Höchste anerkannte und auch den Geist aus der Natur hervorgehen ließ. - Nun, Goethe hat schon als ganz junger Mann gesagt: «Gedacht hat sie und sinnt beständig»; sinnt beständig, wenn auch nicht als Mensch, sondern als Natur. Mit demjenigen Naturalismus, der die Natur durchgeistigt denkt wie Goethe - man kann mit ihm einverstanden sein, wenn man auch Geistesforscher ist.
Und denjenigen, die da immer glauben, man müsse an den Grenzen der Erkenntnis stehenbleiben, könne da nicht weiter, denen kann mit Goethes Worten wohl erwidert werden - und lassen Sie mich daher diese Worte noch am Schlusse anfügen, die Goethe gebrauchte gegenüber einem andern verdienten Forscher, der die 'spätere Kantsche Anschauung vertrat:
Ins Innere der Natur - |
Dein gegenüber hat Goethe die Worte gestellt, die da bedeuteten, daß Goethe wohl wußte, daß wenn der Mensch den Geist in sich selber erweckt, er auch den Geist in der Welt findet, und sich als Geist:
Ins Innere der Natur |
Geisteswissenschaft will dahin wirken, daß der Mensch sich ernsthaftig prüfen lernt, ob er selbst Kern oder Schale sei. Und er ist Kern, wenn er sich in seiner vollen Wirklichkeit erfaßt. Erfaßt er sich als Kern, dann dringt er auch vor bis zum Geist der Natur; dann wird in der Entwickelung der Menschheit mit Bezug auf die Geistesforschung etwas Ähnliches eintreten, wie es eintreten mußte, als Kopernikus vom Sichtbaren auf das Nichtsichtbare sogar für dieses Sichtbare selbst hingewiesen hat.
Für das Übersinnliche aber wird sich die Menschheit dazu bequemen müssen, in sich selber dieses Übersinnliche zu erfassen. Man
braucht dazu kein Geistesforscher zu werden; man muß aber alle Vorurteile hinwegräumen, welche sich vor die Seele lagern, wenn dasjenige verstanden werden soll, was die Geistesforschung gerade aus einer solchen Goetheschen Gesinnung heraus meint.
Dies wollte ich nur als ein paar Anregungen heute geben. Man kann von diesem Gesichtspunkte aus wenigstens immer nur anregen; denn wollte man ausführen dasjenige in allen Einzelheiten, müßte man viele Vorträge halten. Aber ich glaube, diese wenigen Ausführungen werden genügt haben, um zu zeigen, daß etwas herausgeholt werden soll aus dem Entwickelungsprozesse der Menschheit, das diese Seele des Menschen erst zum vollen Leben erweckt. Niemand braucht zu glauben, daß er die Seele verkümmert, daß er irgend etwas ersterben läßt in sich, auch das religiöse Leben nicht. Denn geradeso wie Goethe gesagt hat:
Wer Wissenschaft und Kunst besitzt |
so darf man sagen, so wie sich die Denkweise der neueren Zeit entwickelt: Wer geisteswissenschaftliche Wege finden wird, wird den Weg zum wahren religiösen Leben auch finden; wer aber den geisteswissenschaftlichen Weg nicht findet, von dem kann befürchtet werden, daß er auch für die Zukunft den für die Menschheit so nötigen religiösen Weg verliert!
DAS GEHEIMNIS DES DOPPELGÄNGERS. GEOGRAPHISCHE MEDIZIN St. Gallen, 16. November 1917
Sie werden bemerkt haben, daß in dem gestrigen öffentlichen Vortrage etwas gesagt wurde, das sehr bedeutungsvoll ist für die Auffassung geistiger Erkenntnisse innerhalb des Menschenlebens. Ich habe angedeutet, wie diejenigen Menschen, welche in der Gegenwart hier auf dem physischen Plane vorzugsweise nur aufnehmen Vorstellungen, die aus der Sinneswelt kommen, oder gewonnen sind mit dem Verstande, der sich an die Sinneswelt bindet, der von etwas anderem nichts wissen will als von der Sinnenwelt, wie solche Menschen nach ihrem Tode gewissermaßen gebunden sind an ein Umgebung, welche noch stark hereinfällt in die irdische, in die physische Region, in welcher der Mensch in der Zeit zwischen der Geburt und dem Tode ist. So daß durch solche Menschen, die also durch ihr Leben innerhalb des physischen Leibes sich nach dem Tode noch lange Zeit hereinbannen in die irdisch-physische Welt, zerstörende Kräfte innerhalb dieser physischen Welt geschaffen werden. Mit einer solchen Sache berührt man tiefe, bedeutungsvolle Geheimnisse des menschlichen Lebens, solche Geheimnisse, welche durch Jahrhunderte, Jahrtausende kann man sagen, gewisse okkulte Gesellschaften sorgfältig behütet haben, weil sie - wir wollen heute nicht untersuchen, mit welchem Rechte - behauptet haben, daß die Menschen nicht reif seien zum Empfange solcher Wahrheiten, solcher Geheimnisse, und daß durch das Bekanntwerden große Verwirrung gestiftet würde. Über das Recht, solche tief einschneidenden, für das Leben so bedeutungsvollen Wahrheiten zurückzuhalten vor den Menschen und sie nur im engeren Kreise von okkulten Schulen zu pflegen, über dieses Recht wollen wir uns heute weniger aussprechen. Aber gesagt werden muß, daß die Zeit herangerückt ist, in welcher die Menschheit im weiteren Kreise nicht sein kann und nicht sein darf ohne die Mitteilungen gewisser Geheimnisse über die übersinnliche Welt von der Art, wie das gestern erwähnt wurde. Ja, es wird immer
weiter und weiter gegangen werden müssen in der öffentlichen Mitteilung solcher Dinge.
Wenn es auch in gewissen Grenzen in früheren Zeiten, in denen die Menschheit in andern Bedingungen gelebt hat, berechtigt war, solche Geheimnisse zurückzuhalten, jetzt wäre die Sache nicht mehr berechtigt, denn jetzt steht der Mensch - wir wissen, es ist die fünfte Epoche der nachatlantischen Zeit -, jetzt steht der Mensch in Lebensbedingungen, in denen er durch die Pforte des Todes unbedingt als ein solcher Zerstörer treten würde, wenn er sich nicht hier im Leben immer mehr und mehr umsehen würde nach Vorstellungen, nach Begriffen und Ideen, die von übersinnlichen Dingen handeln. Man kann daher nicht sagen, daß die Menschen Recht haben, die behaupten: Nun ja, was nach dem Tode kommt, das kann man ja abwarten. Nein, wissen muß man zwischen der Geburt und dem Tode von gewissen Dingen der geistigen Welt in der Art, wie es gestern angedeutet worden ist, um mit diesen Vorstellungen, mit diesen Ideen durch die Pforte des Todes zu treten.
In früheren Zeiten der Menschheitsentwickelung war das anders. Sie wissen, daß bis ins 16. Jahrhundert, bis zum Auftauchen der Kopernikanischen Weltanschauung, die Menschen ganz anderes geglaubt haben über das Weltengebäude. Nun ist es selbstverständlich notwendig gewesen für den menschlichen Fortschritt, auch für das Hereindringen der menschlichen Freiheit in die Menschheitsentwickelung, daß die Kopernikanische Weltanschauung gekommen ist, geradeso wie jetzt die Geisteswissenschaft kommen muß. Aber mit derjenigen physischen Weltanschauung, die die Menschen vor dem Kopernikanismus gehabt haben - man kann sie heute meinetwillen falsch nennen -, mit dieser Anschauung über das physische Weltengebäude, daß die Erde stillsteht, die Sonne sich um den Erdenhimmel herum bewegt, die Sterne sich um die Erde bewegen, daß jenseits des Sternenhimmels eine geistige Sphäre ist, in der die geistigen Wesenheiten wohnen, mit dieser Anschauung vom Weltengebäude konnten die Menschen noch durch die Pforte des Todes gehen, ohne zurückgehalten zu werden als Gestorbene in der irdischen Sphäre. Diese Weltanschauung bewirkte noch nicht, daß die Menschen, wenn sie
durch die Pforte des Todes gingen, zu Zerstörern in der irdischen Sphäre wurden. Erst das Hereinbrechen des Kopernikanismus, erst die Vorstellung, daß die ganze Welt, die im Raume ausgebreitet ist, auch nur von Raumesgesetzen beherrscht ist, die Vorstellung erst dieser Kopernikanischen Art, die Erde um die Sonne kreisen zu lassen, die fesselt den Menschen an das physisch-sinnliche Dasein und verhindert ihn nach dem Tode, in die geistige Welt entsprechend aufzusteigen.
Man muß heute auch diese Kehrseite der Kopernikanischen Weltanschauung kennenlernen, nachdem durch Jahrhunderte darauf vorbereitet worden ist, das großartig Fortschrittliche der Kopernikanischen Weltanschauung immer wieder und wiederum vor die Seele der Menschen hinzustellen. Das eine ist ebenso berechtigt wie das andere. Wenn auch das eine heute noch als Klugheit gilt - es ist freilich eine recht philiströse Klugheit schon geworden, daß die Kopernikanische Weltanschauung die allein seligmachende Lehre ist -, aber wenn das auch noch heute die Klugheit ist und das andere, daß der Mensch durch diese Kopernikanische Weltanschauung nach dem Tode an die Erde gefesselt wird, wenn er sich nicht eine geistige Vorstellung davon macht, wie man sie heute in der Geisteswissenschaft haben kann, für die heutigen Menschen zwar noch eine Torheit ist, eine Narrheit: aber es ist eben eine Wahrheit. Sie wissen ja schon aus der Bibel, daß manches, was vor den Menschen eine Torheit ist, eine Weisheit ist vor den Göttern.
Denn wenn der Mensch durch die Pforte des Todes schreitet, so ändert er sein Bewußtsein. Es wäre eine ganz falsche Vorstellung, zu glauben, daß der Mensch nach dem Tode bewußtlos würde. Diese sonderbare Vorstellung ist sogar in manchen Kreisen, die sich «theosophische» nennen, verbreitet. Es ist ein Unsinn. Im Gegenteil, das Bewußtsein wird ein viel mächtigeres, wird ein viel intensiveres, aber es ist ein andersartiges. Selbst schon gegenüber den gewöhnlichen Vorstellungen der physischen Welt muß gesagt werden, daß die bewußten Vorstellungen nach dem Tode etwas anderes sind.
Vor allen Dingen kommt der Mensch nach dem Tode zusammen mit denjenigen Menschen, mit denen er durch das Leben karmisch
verknüpft ist. Also es kann so sein, daß der Tote in der geistigen Welt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt vielen Menschenseelen begegnet, durch die er durchgeht - denn dort herrscht Durchgänglichkeit, nicht Undurchdringlichkeit -, an denen er sich vorbeibewegt, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf; sie sind für ihn nicht da.
Da sind diejenigen, zu denen er irgendwelche karmische Verbindung hat. Daß wir immer mehr und mehr hineinwachsen in einen allgemeinen Weltenzusammenhang, auch nach dem Tode, das müssen wir uns erwerben durch das Leben hier auf der Erde. Und die Begründung von rein auf das Geistige gebauten Gesellschaften ist schon eine Aufgabe der Gegenwart und der Zukunft. Warum sucht man solche Gesellschaften, wie die anthroposophische ist, zu begründen? Warum sucht man Menschen gewissermaßen unter solchen Ideen zu vereinen? Weil dadurch ein karmisches Band geschaffen wird zwischen Menschen, die sich finden sollen in der geistigen Welt, die auch in der geistigen Welt zusammengehören sollen, was sie nicht könnten, wenn sie vereinsamt hier herumlaufen würden. Gerade durch die Möglichkeit, geistige Erkenntnisse und geistige Weistümer untereinander auszubreiten, schafft man ungeheuer viel für das Leben in der geistigen Welt, das aber zurückwirkt auf die physisch-sinnliche Welt, denn die steht fortwährend unter dem Einfluß der geistigen Welt. Hier geschehen ja überhaupt nur die Wirkungen; drüben in der geistigen Welt, auch indem wir hier auf dem physischen Plane leben, geschehen die Ursachen. Und wir können sagen, wenn wir uns rein befassen mit dem, was heute so vieffach propagandistisch betrieben wird: Vereinigungen werden ja für alles mögliche gestiftet, aber wenn sie auch aus noch so großem Enthusiasmus hervorgehen, geistigen Angelegenheiten sind sie oftmals wirklich sehr wenig gewidmet. Man denkt durch manche Vereinigungen die Erde allmählich in ein irdisches Paradies zu verwandeln, na, vor diesen drei Kriegsjahren waren auch schon zahlreiche solche Vereinigungen auf der Erde begründet, in denen die Menschen daran gearbeitet haben, Europa allmählich in ein soziales Paradies zu verwandeln! Das, was jetzt da ist, spricht nicht sonderlich dafür, daß die Dinge so gehen, wie man sie meint dirigieren zu können.
Auf der andern Seite aber ist allerdings das Zusammenwirken der physischen Welt mit der geistigen komplizierter. Und dennoch muß gesagt werden: Wenn unter dem Lichte spiritueller Wissenschaft Vereinigungen gegründet werden, so arbeiten die Menschen dadurch mit, nicht nur an der Welt der Wirkungen, sondern an der Welt der Ursachen, die hinter den sinnlichen Wirkungen liegen. - Mit diesem Gefühle muß man sich durchdringen, wenn man richtig verstehen will das unendlich tief Bedeutsame, das gerade in dem Zusammenleben in spiritueller Arbeit in der Gegenwart und in der Zukunft der Menschheit geleistet wird.
Dies ist nicht etwas, was aus irgendeiner bloßen Vereinsmeierei hervorgehen kann, sondern dies ist eine heilige Aufgabe, welche von den die Welt dirigierenden göttlich-geistigen Wesenheiten in die Menschheit der Gegenwart und der Zukunft hineingelegt werden sollte. Denn gewisse Vorstellungen werden die Menschen doch über die übersinnliche Welt aufnehmen müssen, weil aus der sinnlichen Welt immer weniger und weniger übersinnliche Vorstellungen kommen werden. Ich möchte sagen, aus der sinnlichen Welt werden gerade durch die fortschreitende Naturwissenschaft die übersinnlichen Vorstellungen immer mehr und mehr ausgetrieben werden. Daher würden die Menschen sich allmählich von der geistigen Welt ganz ausschließen, wenn sie keine übersinnlichen, keine geistigen Begriffe aufnehmen würden. Sie würden sich dazu verurteilen, nach dem Tode ganz und gar mit dem, was bloße physische Erde ist, sich zu verbinden; mit dem auch zu verbinden, was die physische Erde wird.
Aber die physische Erde wird ein Leichnam in der Zukunft, und die Menschen stünden vor der furchtbaren Perspektive, sich zu verurteilen dazu, in der Zukunft einen Leichnam zu bewohnen als Seele, wenn sie nicht sich dazu entschließen würden, in die spirituelle Welt sich eirizuleben, in der spirituellen Welt Wurzel zu fassen. Es ist eine ernste, eine bedeutungsvolle Aufgabe, welche dem Betrieb der Geisteswissenschaft gestellt ist. Das müssen wir uns gewissermaßen jeden Tag einmal als einen heiligen Gedanken vor die Seele rufen, damit wir nimmermehr verlieren können den Eifer für diese berechtigte Angelegenheit der Geisteswissenschaft.
Und solche Vorstellungen, die sich vermehren und vermehren können, wenn wir mitmachen dasjenige, was über diese geistige Welt an vielen Begriffen nun schon hereingekommen ist aus der geistigen Welt in unsere geistige Strömung, all das, was an Begriffen uns da zukommt, das befähigt uns eben, uns frei zu machen von der Fesselung an das Irdische, an das Zerstörerische im Irdischen, um zu wirken aus andern Richtungen her. Wir bleiben ja deshalb doch mit den Seelen, die wir auf Erden zurückgelassen haben und mit denen wir karmisch verbunden sind, auch mit der Erde in Verbindung, aber von andern Orten her verbunden. Ja, wir sind sogar intensiver verbunden mit den auf der Erde zurückgelassenen Seelen, wenn wir gewissermaßen aus höheren geistigen Regionen mit ihnen verbunden sind, wenn wir nicht verurteilt sind durch ein rein materialistisches Leben - gewissermaßen auf der Erde zu spuken, wo wir dann nicht in Liebe verbunden sein können mit irgend etwas auf der Erde, sondern wo wir eigentlich nur zerstörerische Zentren sind.
Sehen Sie, meine lieben Freunde, wenn wir hier unser Bewußtsein allmählich von der Kindheit auf entwickeln - nun, wir wissen, wie dieses Bewußtsein heranwächst, herangedeiht, das brauchen wir nicht zu schildern. Nach dem Tode herrschen ganz andere Vorgänge, um das Bewußtsein, das wir uns für das Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt erwerben müssen, allmählich wirklich zu erlangen. So wie wir auf der Erde herumgehen, Erfahrungen machen, Erlebnisse haben, so ist es nicht nach dem Tode; das haben wir gewissermaßen nicht notwendig. Was wir aber notwendig haben, das ist, daß wir das ungeheuer Intensive, das mit uns verbunden ist, wenn wir den physischen Leib verlassen haben, gewissermaßen von uns loslösen. Wir sind, indem wir durch die Pforte des Todes gehen, Verhältnisse zu ihr haben, mit jener geistigen Welt verwachsen, die wir hier durch die Geisteswissenschaft beschreiben. Wir beschreiben sie als die Welt der höheren Hierarchien: Angeloi, Archangeloi, Archai, Exusiai, Dynamis, Kyriotetes und so weiter, als die Welt der höheren Hierarchien und der Taten und Erlebnisse dieser Hierarchien. Hier ist die Welt außer uns; die Welt des Mineralreichs, des Pflanzenreichs, des Tierreichs ist in unserem Umkreise. Wenn wir durch die Pforte
des Todes gegangen sind, da sind diese geistigen Wesenheiten, die wir in den höheren Hierarchien aufzählen, ja ihre Welten selbst in uns. Wir sind mit ihnen verbunden; wir können uns zunächst nur nicht von ihnen unterscheiden; wir leben in ihnen drinnen, indem sie uns erfüllen. Es ist das schon ein schwieriger Begriff, aber man muß sich ihn aneignen: Hier sind wir außerhalb der Welt, dort sind wir innerhalb der Welt. Unser Wesen breitet sich aus über die ganze Welt; aber wir können uns nicht unterscheiden. Wir sind gewissermaßen nach dem Tode vollgepfropft mit den Wesen der höheren Hierarchien und mit dem, was diese Hierarchien tun. Aber es handelt sich vor allen Dingen darum, daß wir die nächsten Hierarchien, von denen wir erfühlt sind, die Hierarchie der Angeloi, Archangeloi und Archai, loslösen können von den höheren Hierarchien. Wir kommen drüben gar nicht zu einem ordentlichen Ich-Bewußtsein - von andern Gesichtspunkten habe ich in Zyklen und Vorträgen dieses Heranreifen des Ich-Bewußtseins ja schon geschildert -, aber wir kommen nicht zu einem ordentlichen Ich-Bewußtsein, wenn wir nicht in uns die Kraft finden können, drüben zu unterscheiden: Was ist in uns - Angelos? Elohim? Was ist ein Wesen aus der Hierarchie der Angeloi, was ein Wesen aus der Hierarchie der Exusiai, der Formgeister? Wir müssen da drüben unterscheiden lernen, wir müssen die Kraft haben, loszulösen von dem, was mit uns verbunden ist, dasjenige, was wir erkennen wollen; sonst ist es in uns, steht nicht außer uns. Hier müssen wir mit dem, was draußen ist, zusammenkommen, es anschauen; dort müssen wir es von uns loslösen, damit wir mit ihm verbunden sein können.
Nun, wie die Welt jetzt ist in der Menschheitsentwickelung, können wir dasjenige, was wir sonst wie schlafend nur in uns tragen würden, nur dadurch loslösen, daß wir uns spirituelle Begriffe aneignen; diese spirituellen Begriffe, die hier dem Menschen so unbequem sind, weil er sich ein bißchen anstrengen muß, mehr anstrengen muß als bei den gewöhnlichen Begriffen. Wenn er sich sie aneignet, entwickeln sie nach dem Tode eine ungeheure Kraft, durch die wir dort überhaupt erst die Fähigkeit gewinnen, die geistige Welt zu erkennen, zu durchschauen. Das ist sehr wichtig. Die Menschen finden es unbequem
heute, sich spirituelle Begriffe anzueignen. Sie gehen gern in solche Veranstaltungen, wo man ihnen allerlei Lichtbilder, oder was sonst von der Art da ist, vorführt, damit sie möglichst wenig übersinnlich zu denken brauchen, alles nur sehen können, oder mindestens gehen sie gern zu Veranstaltungen, wo ihnen von Dingen erzählt wird, die sie sonst auch immer vor Augen haben. Aber die Anstrengung scheut heute der Mensch, sich zu erheben zu solchen Begriffen, die hier schwieriger sind, weil sie kein äußeres Objekt haben, weil ihr Objekt die Tatsachen sind, auf die sie sich beziehen in der übersinnlichen Welt. Aber dort drüben sind sie die Kräfte, die uns in Wirklichkeit die Welt erst geben.
So erwerben wir uns durch die spirituellen Ideen und Begriffe diejenige Weisheit, die wir brauchen, damit wir drüben ein Licht haben; sonst ist alles dunkel. Denn dasjenige, was hier als Weisheit angeeignet ist, ist drüben Licht, geistiges Licht. Weisheit ist geistiges Licht. Ja, damit es drüben nicht finster ist, brauchen wir Weisheit. Und wenn wir uns keine spirituellen Begriffe aneignen, so ist das eben das beste Mittel, drüben kein Licht zu haben. Aber wenn man kein Licht hat, so bewegt man sich weg aus der Sphäre, die man beleuchten sollte, und kommt eben zurück zur Erde und wandelt als Toter als zerstörendes Zentrum auf der Erde herum, kann dann höchstens ab und zu von einem schwarzen Magier dazu benützt werden, um die Inspiration zu liefern zu ganz besonderen Verrichtungen und zu zerstörerischen Werken auf der Erde.
Weisheit braucht man also, damit man Licht hat nach dem Tode. Aber man braucht nach dem Tode auch noch etwas anderes; man braucht nach dem Tode nicht nur die Fähigkeit, die Wesen loszulösen, so daß man sie überhaupt vor sich haben kann, die Wesen der geistigen Welt, man braucht nach dem Tode auch die Fähigkeit der Liebe, sonst würde man die Verhältnisse zu den Wesen, die man durch Weisheit schaut, nicht in der richtigen Weise entwickeln können. Man braucht Liebe. Aber die Liebe, die hier auf der Erde entwickelt wird und die im wesentlichen abhängig ist auch vom physischen Leibe, sie ist ein Gefühl, sie ist vom Atmungsrhythmus abhängig hier in der physischen Welt. Diese Liebe können wir auch nicht hinübernehmen
in die geistige Welt. Das Wäre eine vollständige Illusion, wenn man glauben würde, die Liebe, die man namentlich in der jetzigen Zeit hier entwickelt, die könne man in die geistige Welt hinübernehmen. Aber man nimmt alle Kraft der Liebe in die geistige Welt hinüber von dem, was man sich hier in der physischen Welt gerade durch die sinnenfällige Anschauung erwirbt, durch das Leben mit der physischen Wesenheit. Die Liebe wird schon angefeuert durch dasjenige, was sich hier in der physischen Welt an Verständnis für diese physische Welt entwickelt. Und gerade solche Erlebnisse wie die Weltanschauungserlebnisse mit der modernen Naturwissenschaft, wenn man sie als Empfindungen aufnimmt, die entwickeln für drüben die Liebe. Nur - die Liebe, die ist etwas, was hoch oder niedrig ist, je nach dem Gebiete, auf dem sie sich entfaltet. Wenn Sie durchgehen durch die Pforte des Todes und als ein zerstörendes Zentrum im Bereich der Erde bleiben müssen, so haben Sie zwar auch viel Liebe entwickelt - denn daß Sie es bleiben müssen, ist gerade eine Folge Ihres Verbundenseins mit rein naturalistischen Begriffen -, aber Sie verwenden diese Liebe auf das Zerstörungswerk, Sie lieben dann gerade das Zerstörungswerk, sind dazu verurteilt, sich selber zu beobachten, wie Sie das Zerstörungswerk lieben.
Doch die Liebe wird etwas Edles, wenn der Mensch aufsteigen kann in höhere Welten und lieben kann dasjenige, was er sich erobert durch die spirituellen Begriffe. Vergessen wir nur ja nicht: Liebe ist etwas, was niedrig ist, wenn es in einer niedrigen Sphäre wirkt, was edel und hoch und geistig ist, wenn es in einer höheren, in einer geistigen Sphäre wirkt. Das ist das Wesentliche, worauf es ankommt. Wenn man sich dessen nicht bewußt wird, so überschaut man die Dinge durchaus nicht in der richtigen Weise.
Das sind solche Begriffe vom Leben des Menschen nach dem Tode, die heute sich der Mensch aneignen muß. Es genügt nicht mehr für die gegenwärtige Menschheit, und insbesondere wird es nicht genügen für die Menschheit der nächsten Zukunft, daß ihnen die Prediger sagen, sie sollen dies oder jenes glauben, sie sollen sich vorbereiten für das ewige Leben, wenn ihnen diese Prediger niemals sagen können, wie es eigentlich aussieht in dieser Welt, die der Mensch betritt, nachdem
er die Pforte des Todes durchschritten hat. In früheren Zeiten ging das, weil eben die naturwissenschaftlichen, die naturalistischen Begriffe noch nicht da waren, weil die Menschen noch nicht infiziert waren von den bloßen materiellen Interessen, die allmählich seit dem 16. Jahrhundert alles ergriffen haben; in früheren Zeiten ging es, daß man den Menschen nur in der Art, wie es die religiösen Bekenntnisse heute noch wollen, von der übersinnlichen Welt sprach. Heute geht das nicht mehr; heute verspinnen sich die Menschen oftmals - aus tiefem Mitleid mit der Menschheit muß man leider dieses sagen - gerade dadurch, daß sie in egoistischer Weise ihre ewige Seligkeit fördern wollen durch die religiösen Bekenntnisse: sie verspinnen sich dadurch gerade erst recht sehr in die physisch-sinnliche, in die naturalistische Welt und versperren sich den Aufstieg, nachdem sie durch die Pforte des Todes gegangen sind. Da kommt man noch auf ein ganz anderes, was einen in die Notwendigkeit versetzt, ja recht tief zu betonen, daß Geisteswissenschaft in der Gegenwart und in der Zukunft von der Menschheit getrieben werden muß, wenn man gezwungen ist zu sagen: Bejammernswert sind diejenigen Menschen, die sich durch keine Geisteswissenschaft Vorstellungen für das Leben nach dem Tode verschaffen können. - Geisteswissenschaft ist zugleich etwas, was man aus Mitleid, aus innigem Mitgefühl mit den Menschen zu verbreiten trachten muß, weil es bejammernswert ist, wenn die Menschen sich sträuben - in ihrem Unverstande auch weiter sträuben - gegen das Herankommen an geisteswissenschaftliche Vorstellungen.
Aber wir müssen uns durchaus klar sein: die geistige Welt ist überall da. Bedenken Sie doch nur, die Welt, in der die Toten mit den Toten sind, diese übersinnliche Welt, die Fäden, welche die Toten verknüpfen mit den zurückgelassenen Lebenden, die Fäden, welche die Toten verknüpfen mit den höheren Hierarchien, sie gehören zu der Welt, in der wir drinnenstehen. So wahr die Luft um uns ist, so wahr ist diese Welt immer um uns herum. Wir sind gar nicht geschieden von dieser Welt; wir sind nur durch Bewußtseinszustände geschieden von der Welt, die wir nach dem Tode beschreiten. Es muß dieses scharf betont werden; denn auch innerhalb unserer Kreise sind noch
nicht alle Freunde sich klar darüber, daß der Tote den Lebenden voll wiederfindet, daß wir nur geschieden sind, solange der eine hier im physischen Leib, der andere ohne den physischen Leib ist, aber daß alle diese Kräfte erworben werden müssen, welche uns mit den Toten zusammenbringen, dadurch daß wir sie von uns loslösen; sonst leben sie in uns, und wir können sie nicht gewahr werden. Dann auch, daß wir hinüberbringen müssen in die richtige Sphäre die Kraft der Liebe, die sich unter den naturalistischen Vorstellungen hier entwickelt, sonst wird diese Kraft für uns zu einer bösen Kraft drüben. Gerade die Liebe, die sich entwickelt unter den naturalistischen Vorstellungen, könnte sonst zu einer bösen Kraft werden. Eine Kraft ist an sich nicht gut oder böse; sie ist das eine oder das andere, je nachdem sie in dieser oder jener Sphäre auftritt.
Aber ebenso wie wir mit dieser übersinnlichen Welt, in der die Toten sind, im Zusammenhange stehen, so ragt auch noch in anderer Weise die übersinnliche Welt in diese physisch-sinnliche herein. - Ja, die Welt ist kompliziert, und ihr Begreifen muß man sich langsam und allmählich aneignen. Aber man muß den Willen dazu haben, es sich anzueignen.
Die geistige Welt ragt in unsere Welt herein. Alles ist durchsetzt von der geistigen Welt. Im Sinnlichen ist überall auch ein Übersinnliches. Den Menschen muß ganz besonders interessieren jenes Übersinnliche, das mit seiner eigenen sinnlichen Natur zu tun hat. Nun bitte ich Sie, beachten Sie das Folgende ja recht gut, denn es ist eine hervorragend wichtige Vorstellung.
Wir Menschen gliedern uns nach Leib, Seele und Geist, aber damit ist unsere Wesenheit lange nicht erschöpft. Unser Leib, unsere Seele, unser Geist sind gewissermaßen dasjenige, das uns zunächst als unser Bewußtsein angeht; aber es ist nicht alles dasjenige, was mit unserem Dasein in Beziehung steht. Keineswegs! Das, was ich jetzt sage, hangt mit gewissen Geheimnissen des Menschwerdens, der Menschennatur zusammen, die auch heute bekannt und immer bekannter werden müssen.
Wenn der Mensch durch die Geburt ins irdische Dasein hereintritt, dann hat er, indem er seinen physischen Leib hat, nicht nur die Möglichkeit,
seiner eigenen Seele ihr Dasein zu geben - ich bitte Sie, das wohl zu berücksichtigen -, sondern dieser physische Leib, ihn kennt ja der Mensch durchaus nicht ganz, was gehen da alles für Dinge vor im physischen Leib, von denen der Mensch nichts weiß! Er lernt ja allmählich erst kennen, und zwar noch dazu auf eine recht unzukömmliche Weise, durch Anatomie, Physiologie das, was in diesem Leib vorgeht. Wenn man warten müßte mit der Ernährung, bis man den Ernährungsvorgang begriffen hätte, man könnte nicht einmal sagen, die Menschen müßten verhungern; denn das ist gar nicht denkbar, daß man etwas weiß von dem, was die Organe zu tun haben, um die Nahrung zuzubereiten für den Organismus. Also der Mensch kommt recht sehr mit seinem Organismus, mit dem er sich bekleidet, in diese Welt herein, ohne daß er mit seiner Seele hinunterlangt in diesen Organismus. Dafür ist aber auch Gelegenheit vorhanden, daß kurze Zeit bevor wir geboren werden - nicht sehr lange bevor wir geboren werden -, außer unserer Seele noch ein anderes geistiges Wesen Besitz ergreift von unserem Leib, von dem unterbewußten Teil unseres Leibes. Das ist schon mal so: kurze Zeit bevor wir geboren werden, durchsetzt uns ein anderes, wir würden nach unserer Terminologie heute sagen, ein ahrimanisches Geisteswesen. Das ist ebenso in uns wie unsere eigene Seele. Diese Wesenheiten, welche ihr Leben gerade dadurch zubringen, daß sie die Menschen selber dazu benützen, um da sein zu können in der Sphäre, in der sie da sein wollen, diese Wesenheiten haben eine außerordentlich hohe Intelligenz und einen ganz bedeutsam entwickelten Willen, aber gar kein Gemüt, nicht das, was man menschliches Gemüt nennt. - Und wir schreiten schon so durch unser Leben, daß wir unsere Seele haben und einen solchen Doppelgänger, der viel gescheiter ist, sehr viel gescheiter ist als wir, sehr intelligent ist, aber eine mephistophelische Intelligenz hat, eine ahrimanische Intelligenz hat, und dazu einen ahrimanischen Willen, einen sehr starken Willen, einen Willen, der den Naturkräften viel näher steht als unser menschlicher Wille, der durch das Gemüt reguliert wird.
Im 19. Jahrhundert hat die Naturwissenschaft entdeckt, daß das Nervensystem von elektrischen Kräften durchsetzt ist. Sie hatte recht,
diese Naturwissenschaft. Aber wenn sie glaubte, wenn die Naturforscher glauben, daß die Nervenkraft, die zu uns gehört, die für unser Vorstellungsleben die Grundlage ist, irgendwie mit elektrischen Strömen zu tun hat, welche durch unsere Nerven gehen, so haben sie eben unrecht. Denn die elektrischen Ströme, das sind diejenigen Kräfte, die von dem Wesen, das ich eben jetzt geschildert habe, in unser Wesen hineingelegt werden, die gehören unserem Wesen gar nicht an: wir tragen schon auch elektrische Ströme in uns, aber sie sind rein ahrimanischer Natur.
Diese Wesenheiten von hoher Intelligenz, aber rein mephistophelischer Intelligenz, und von einem der Natur mehr verwandten Willen, als es für den menschlichen Willen gesagt werden kann, die haben emmal aus ihrem eigenen Willen heraus beschlossen, nicht in jener Welt leben zu wollen, in der sie durch die weisheitsvollen Götter der oberen Hierarchie zu leben bestimmt waren. Sie wollten die Erde erobern, sie brauchen Leiber; eigene Leiber haben sie nicht: sie benützen so viel von den menschlichen Leibern, als sie benützen können, weil die menschliche Seele eben nicht ganz den menschlichen Leib ausfüllen kann.
Diese Wesenheiten also können, so wie sich der menschliche Leib entwickelt, zu einer bestimmten Zeit bevor der Mensch geboren wird, gewissermaßen in diesen menschlichen Leib hinein, und unter der Schwelle unseres Bewußtseins begleiten sie uns. Sie können nur eines im menschlichen Leben absolut nicht vertragen: sie können nämlich den Tod nicht vertragen. Daher müssen sie diesen menschlichen Leib, in dem sie sich festsetzen, immer auch, bevor er vom Tode befallen wird, verlassen. Das ist eine sehr herbe Enttäuschung immer wiederum, denn sie wollen gerade das sich erobern: in den menschlichen Leibern zu bleiben über den Tod hinaus. Das wäre eine hohe Errungenschaft im Reiche dieser Wesenheiten; das haben sie zunächst nicht erreicht.
Wäre das Mysterium von Golgatha nicht geschehen, wäre der Christus nicht durch das Mysterium von Golgatha gegangen, so wäre es längst so auf der Erde, daß diese Wesenheiten sich die Möglichkeit erobert hätten, im Menschen auch drinnen zu bleiben, wenn dem
Menschen der Tod karmisch vorbestimmt ist. Dann hätten sie überhaupt -über die menschliche Entwickelung auf der Erde den Sieg davongetragen, und sie wären Herren der menschlichen Entwickelung auf der Erde geworden.
Das ist etwas von einer ungeheuer tiefgehenden Bedeutung: einzusehen diese Zusammenhänge zwischen dem Durchgehen des Christus durch das Mysterium von Golgatha und diesen Wesenheiten, die den Tod in der Menschennatur erobern wollen, aber ihn heute noch nicht vertragen können; die sich immer hüten müssen, im Menschenleibe zu erleben die Stunde, wo der Mensch vorbestimmt hat zu sterben, hüten müssen, seinen Leib über diese Todesstunde hinaus zu erhalten, das Leben seines Leibes über diese Todesstunde hinaus zu verlängern.
Auch über diese Sache, über die ich jetzt spreche, sind gewisse okkulte Brüderschaften längst unterrichtet, kennen die Dinge sehr gut und haben sie - wiederum wollen wir das Recht nicht untersuchen - der Menschheit vorenthalten. Heute ist die Sache so, daß es unmöglich ist, die Menschen nicht allmählich auszurüsten mit solchen Begriffen, die sie brauchen, wenn sie durch die Pforte des Todes geschritten sind. Denn alles das, was der Mensch hier erlebt, auch was er unter der Schwelle des Bewußtseins erlebt, das braucht er nach dem Tod, weil er zurückblicken muß auf dieses Leben und ihm dieses Leben ganz verständlich sein muß im Rückblicke, und weil es das Schlimmste ist, wenn er dieses nicht kann. Man hat aber keinen genügenden Begriff, um im Rückblicke dieses Leben zu verstehen, wenn man ein Wesen nicht beleuchten kann, das solchen Anteil nimmt an unserem Leben wie dieses ahrimanische Wesen, das vor unserer Geburt Besitz von uns ergreift und immer da ist, immer im Unterbewußten vor uns herumfiguriert, wenn man nicht immer wiederum Licht darauf hinwerfen kann. Denn Weisheit wird Licht nach dem Tode.
Diese Wesen sind aber überhaupt sehr wichtig für das menschliche Lehen, und ihre Kenntnis muß allmählich die Menschen ergreifen und wird die Menschen ergreffen. Sie muß nur auf die richtige Weise die Menschen ergreifen; sie darf nicht nur etwa von solchen okkulten Brüderschaften in der Menschheit verbreitet werden, die eine Macht-
frage daraus machen, und die dadurch ihre eigene Macht erhöhen wollen, und sie darf vor allen Dingen nicht ferner behütet werden zur Erhöhung der Macht gewisser egoistisch wirkender Brüderschaften. Die Menschheit strebt nach allgemeinem Wissen, und das Wissen muß ausgebreitet werden. Denn nicht mehr kann es in der Zukunft vom Helle sein, wenn okkulte Brüderschaften solche Dinge zur Ausbreitung ihrer Macht verwenden können. Die Kenntnis dieser Wesenheiten wird in den nächsten Jahrhunderten immer mehr und mehr die Menschen ergreifen müssen. Der Mensch wird in den nächsten Jahrhunderten Immer mehr und mehr wissen müssen, daß er einen solchen Doppelgänger in sich trägt, einen solchen ahrimanischen, mephistophelischen Doppelgänger in sich trägt. Der Mensch muß es wissen. Heute entwickelt allerdings der Mensch schon eine ganze Anzahl von Begriffen, die aber eigentlich blind sind, weil der Mensch doch noch nichts Rechtes mit ihnen anzufangen weiß. Begriffe, sage ich, entwickelt der Mensch heute, die erst auf eine richtige Basis gestellt werden können, wenn sie mit dem, was als Tatsache ihnen zugrunde liegt, zusarnmengebracht werden.
Und hier eröffnet sich etwas, was in der Zukunft wirklich getrieben werden muß, wenn nicht das Menschengeschlecht unendlich Hemmendes, unendlich Schreckliches eigentlich erleben soll. Denn dieser Doppelgänger, von dem ich gesprochen habe, der ist nichts mehr und nichts weniger als der - Urheber aller physischen Krankheiten, die spontan aus dem Innern hervortreten, und ihn ganz kennen, ist Organische Medizin. Die Krankheiten, die spontan, nicht durch äußere Verletzungen, sondern spontan von innen heraus im Menschen auf- treten, sie kommen nicht aus der menschlichen Seele, sie kommen von diesem Wesen. Er ist der Urheber aller Krankheiten, die spontan aus dem Innern hervortreten; er ist der Urheber aller organischen Krankheiten. Und ein Bruder von ihm, der allerdings nicht ahrimanisch, sondern luziferisch geartet ist, der ist der Urheber aller neurasthenischen und neurotischen Krankheiten, aller Krankheiten, die eigentlich keine Krankheiten sind, die nur, wie man sagt, Nervenkrankheiten, hysterische Krankheiten und so weiter sind. So daß die Medizin geistig werden muß nach zwei Seiten hin. Daß das gefordert wird,
das zeigt sich heute - ich habe darüber in Zürich gesprochen - durch das Hereinbrechen solcher Anschauungen wie der Psychoanalyse und dergleichen, wo man mit geistigen Entitäten schon wirtschaftet, aber mit unzulänglichen Erkenntnismitteln, so däß man gar nichts anfangen kann mit den Erscheinungen, die immer mehr und mehr in das menschliche Leben hereinbrechen werden. Denn gewisse Dinge müssen ja notwendig geschehen, und auch dasjenige, was nach der einen Richtung hin schädlich ist, es muß geschehen, weil der Mensch dieser Schädlichkeit ausgesetzt werden muß, um sie zu überwinden und dadurch gerade Kraft zu gewinnen.
Um nun solche Dinge voll zu verstehen, wie ich sie jetzt angeführt habe, daß dieser Doppelgänger eigentlich der Urheber von allen Krankheiten ist, die organische Grundlage haben, die nicht bloß funktionell sind, um das voll zu verstehen, muß man aber noch viel mehr wissen. Man muß wissen zum Beispiel, daß unsere ganze Erde nicht das tote Produkt ist, wie es heute die Mineralogie oder die Geologie meint, sondern ein lebendiges Wesen ist. Mineralogie oder Geologie kennt ja von der Erde so viel, als man vom Menschen kennen würde, wenn man nur das Knochensystem kennen würde. Denken Sie sich nur einmal: Sie würden gar niemals fähig sein, durch irgendwelche Sinne die Menschen zu sehen, sondern es würde nur Röntgenaufnahmen von Menschen geben und man würde von jedem, der einem bekannter ist, nur das Knochensystem kennen: dann würden Sie vom Menschen so viel kennen, als die Geologen und überhaupt die Wissenschaft von der Erde kennt. Denken Sie sich, Sie würden hier hereingehen und von all den verehrten Herrschaften, die Sie hier finden, nichts anderes als die Knochen sehen, dann hätten Sie soviel Bewußtsein von all den Gegenwärtigen hier, als die Wissenschaft heute von der Erde hat. Die Erde, die man also nur als Knochensystem kennt, die ist ein lebendiger Organismus, und als lebendiger Organismus wirkt sie auf die Wesen, die auf ihr herumwandeln, nämlich auf die Menschen selber. Und so wie der Mensch differenziert ist in bezug auf die Verteilung seiner Organe über den Leib, so ist die Erde auch differenziert in bezug auf dasjenige, was sie lebendig aus sich herausentwickelt und womit sie die Menschen beeinflußt, die auf
ihr herumwandeln. Ich meine, Sie sind sich dessen bewußt wenn Sie denken, so werden Sie nicht gerade den rechten Zeigefinger oder die linke große Zehe anstrengen, sondern Ihren Kopf; Sie wissen ganz genau, Sie denken nicht mit Ihrer rechten großen Zehe, Sie denken mit dem Kopf. Also die Dinge verteilen sich im lebendigen Organismus, der ist differenziert. So ist auch unsere Erde differenziert. Ein Wesen, das etwa überall das gleiche auf seine Bewohner hinaufstrahlt, ist unsere Erde durchaus nicht, sondern auf den verschiedensten Gebieten der Erde wird ganz Verschiedenes hinaufgestrahit. Und da gibt es verschiedene Kräfte: magnetische, elektrische, aber auch viel mehr in das Gebiet des Lebendigen heraufgehende Kräfte, die aus der Erde heraufkommen, und die den Menschen beeinflussen in der mannigfaltigsten Weise in den verschiedensten Punkten der Erde, also nach der geographischen Gestaltung in verschiedener Weise den Menschen beeinflussen.
Das ist eine sehr wichtige Tatsache. Denn das, was der Mensch zunächst ist an Leib, Seele und Geist, das hat eigentlich wenig direkten Bezug zu diesen von der Erde heraufwirkenden Kräften. Aber der Doppelgänger, von dem ich gesprochen habe, der hat vorzugsweise Bezug zu diesen von der Erde aus aufströmenden Kräften. Und indirekt, mittelbar steht der Mensch nach Leib, Seele und Geist mit der Erde in Beziehung und dem, was sie ausstrahlt an den verschiedenen Punkten dadurch, daß sein Doppelgänger die intimsten Beziehungen hegt zu demjenigen, was da heraufströmt. Diese Wesen, die als solche ahrimanisch-mephistophelische Wesen von dem Menschen eine kurze Zeitstrecke, bevor er geboren ist, Besitz ergreifen, die haben ihre ganz besondere Geschmacksnatur. Da gibt es solche Wesenheiten, denen ganz besonders die östliche Halbkugel, Europa, Asien, Afrika gefallen; die wählen sich solche Menschen, die dort geboren werden, um ihre Leiber zu benützen. Andere wählen sich Leiber, die auf der westlichen Halbkugel, in Amerika geboren werden. Dasjenige, was wir Menschen in einem schwachen Abbilde als Geographie haben, das ist für diese Wesenheiten lebendiges Prinzip ihres eigenen Erlebens; danach richten sie ihren Wohnsitz ein.
Und daraus ersehen Sie weiter, daß eine der wichtigsten Aufgaben
der Zukunft sein wird, wieder weiterzupflegen dasjenige, was abgerissen ist: geographische Medizin, medizinische Geographie. Bei Paracelsus ist es aus der alten atavistischen Weisheit heraus abgerissen; seither ist es wenig gepflegt worden wegen der materialistischen Anschauungen. Es wird wieder Platz greifen müssen; und manche Dinge werden erst wiederum erkannt werden, wenn man den Zusammenhang des krankmachenden Wesens im Menschen mit der Erdengeographie, mit all den Fusionen, mit all den Ausstrahlungen, die je nach den verschiedenen Gegenden der Erde von dieser Erde herauskommen, kennenlernen wird. Also wichtig ist es schon, daß der Mensch mit diesen Dingen bekannt wird, denn sein Leben hängt ja davon ab. Er ist ja durch diesen Doppelgänger in einer ganz bestimmten Weise hineingestellt in das Erdendasein, und dieser Doppelgänger, der hat sein Wohnhaus in ihm selbst, in dem Menschen.
Nun, so unendlich wichtig geworden ist eigentlich alles das erst im fünften nachatlantischen Zeitraum und wird besonders wichtig werden schon für die allernächste Zukunft für die Menschen. Daher muß auch Geisteswissenschaft jetzt verbreitet werden. Und sie ist jetzt besonders wichtig, weil diese jetzige Zeit den Menschen aufruft dazu, in bewußter Weise sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen, in bewußter Weise sich zu diesen Dingen ein Verhältnis zu geben. Der Mensch muß stark werden in dieser unserer Epoche, um sein Dasein zu diesen Wesenheiten zu regeln.
Diese Epoche trat ein im 15. Jahrhundert, denn unser jetziger Zeitraum beginnt 1413; der vierte nachatlantische Zeitraum, der griechisch-lateinische, beginnt 747 vor dem Mysterium von Golgatha, dauert bis 1413: das ist die Zeit, wo ein schwacher Einschnitt geschieht, 1413. Seit jener Zeit haben wir die fünfte nachatlantische Zeit, in der wir drinnen leben, und die allmählich erst ihre Charaktereigentümlichkeiten in unserer Zeit so ganz herausbringt, aber sie haben sich vorbereitet seit dem 15. Jahrhundert. In der vierten nachatlantischen Zeit, da war es vorzugsweise die Verstandes- und Gemütsseele, die sich entwickelte; jetzt ist es die Bewußtseinsseele, die sich entwickelt in der Gesamtmenschheitsentwickelung. Als der Mensch eingetreten ist in dieses Zeitalter, da war es seine besondere Schwachheit,
auf welche die führenden geistigen Wesenheiten Rücksicht nehmen mußten gegenüber diesem Doppelgänger. Hätte der Mensch da viel in sein Bewußtsein hereingenommen von alldem, was zusammenhängt mit diesem Doppelgängerwesen, ja, dann wäre es den Menschen schlecht, recht schlecht gegangen. Schon die Jahrhunderte her vor dem 14. Jahrhundert mußten die Menschen vorbereitend davor geschützt werden, um recht wenig aufzunehmen, was irgendwie erinnerte an diesen Doppelgänger. Daher ist auch die Erkenntnis dieses Doppelgängers, die durchaus in älteren Zeiten da war, verlorengegangen. Man mußte die Menschen davor beschützen, ja nichts aufzunehmen» also nicht nur die Theorie von diesem Doppelgänger nicht aufzunehmen, sondern möglichst wenig mit Dingen in Berührung zu kommen, die mit diesem Doppelgänger etwas zu tun haben.
Dazu bedurfte es einer ganz speziellen Veranstaltung. Die Sache, die sich da entwickelt, müssen Sie versuchen zu begreifen: In den Jahrhunderten, die vorangingen dem 14. Jahrhundert, da mußten die Menschen geschützt werden vor dem Doppelgänger; er mußte allmahlich aus dem Gesichtskreise der Menschen heraus und durfte erst allmählich wieder hereinkommen jetzt, wo der Mensch sein Verhältnis zu ihm regeln muß. Das bedurfte wirklich einer recht bedeutsamen Veranstaltung, die nur auf die folgende Weise erreicht werden konnte: So allmählich, seit dem 9., 10. Jahrhunderte, richtete man in Europa die Verhältnisse so ein, daß die europäischen Menschen einen gewissen Zusammenhang verloren, den sie früher gehabt haben, einen Zusammenhang, der für die früheren, noch für die Menschen des 7., 6. nachchristlichen Jahrhunderts wichtig war. Es wurde nämlich - vom 9. Jahrhundert angefangen, vom 12. Jahrhundert ab dann besonders ausgesprochen - eingestellt der gesamte Schiffahrtsverkehr nach Amerika hinüber, wie er eben dazumal war, mit der Art von Schiffen, die man hatte. Das mag Ihnen sonderbar klingen! Sie werden sagen: Wir haben ja in der Geschichte so etwas nie gehört. - Ja, die Geschichte ist eben in vieler Beziehung wirklich eine Fable convenue, eine Legende; denn in den älteren Jahrhunderten der europäischen Entwickelung fuhren die Schiffe von Norwegen aus, vom damaligen
Norwegen aus immer nach Amerika hinüber. Man hat es natürlich nicht Amerika genannt, es hatte dazumal andere Namen. In Amerika wußte man dasjenige Gebiet, wo insbesondere jene magnetischen Kräfte aufsteigen, welche die Menschen in Beziehung bringen zu diesem Doppelgänger. Denn die deutlichsten Beziehungen zum Doppelgänger gehen aus von demjenigen Gebiete der Erde, das vom amerikanischen Kontinente bedeckt ist; und in den älteren Jahrhunderten fuhr man mit norwegischen Schiffen hinüber nach Amerika und studierte da drüben Krankheiten. Von Europa aus wurden in Amerika gewissermaßen die unter dem Einflusse des Erdenmagnetismus bewirkten Krankheiten studiert. Und der geheimnisvolle Ursprung der älteren europäischen Medizin, der ist da zu suchen. Da konnte man den Verlauf beobachten, den man nicht hätte beobachten können in Europa, wo die Menschen empfindlicher waren gegen die Einflüsse des Doppelgängers. Man mußte allmählich - und das Wesentliche tat dazu die römisch-katholische Kirche durch ihre Edikte -, man mußte allmählich über den Zusammenhang mit Amerika Vergessenheit bringen. Und erst nachdem der fünfte nachatlantische Zeitraum eingetreten war, wurde Amerika auf physisch-sinnliche Weise wieder entdeckt. Das ist aber nur eine Wiederentdeckung, die allerdings so bedeutsam aus dem Grunde ist, weil die Mächte, die am Werke waren, es tatsächlich erreicht haben, daß in den Urkunden nirgends sehr viel gemeldet wird von den alten Beziehungen Europas zu Amerika. Und da wo es gemeldet wird, da erkennt man es nicht, da weiß man nicht, daß sich die Dinge auf den Zusammenhang von Europa und Amerika in alten Zeiten beziehen. Die Besuche waren allerdings mehr Besuche. Daß die Europäer selber dann amerikanisches Volk werden - wie man heute sagt, wo man den Ausdruck Volk mit Nation mißverständlicherweise verwechselt -, amerikanisches Volk geworden sind, das war erst nach der physischen Entdeckung Amerikas, physischen Neuentdeckung Amerikas möglich. Es waren vorher eher Besuche, die man ausführte, um zu studieren, wie an der andersartigen indianischen Rasse der Doppelgänger eine ganz besondere Rolle spielt.
Europa mußte eine Zeitlang, vor dem Beginn der Entwickelung der fünften nachatlantischen Zeit, vor dem Einilusse der westlichen Welt
geschützt werden. Und das ist die bedeutsame historische Einrichtung, die bedeutsame historische Veranstaltung, die gepflogen wurde von den weisheitsvollen Weltenmächten: Europa mußte eine Zeitlang geschützt werden vor allen diesen Einflüssen, und es hätte nicht geschützt werden können, wenn man nicht in den Jahrhunderten vor dem 15. Jahrhundert die europäische Welt zugesperrt hätte, ganz abgeschlossen hätte von der amerikanischen.
Nun, man mußte sich eben bemühen, eine Zeitlang in den vorbereitenden Jahrhunderten etwas in die europäische Menschheit hereinzutragen, das der feineren Sensitivität Rechnung trug. Ich möchte sagen: der Verstand, der vorzugsweise Platz greifen sollte in dieser fünften nachatlantischen Zeit, der mußte in seinem ersten Auftreten ganz besonders geschont werden. Dasjenige, was ihm geoffenbart werden sollte, das mußte ganz besonders fein an ihn herangebracht werden. Manchmal war diese Feinheit natürlich auch eine solche wie die Feinheit der Erziehung, wo man natürlich auch tüchtige Bestrafungsmittel anwendet. Aber das alles, was ich meine, bezieht sich ja auf größere historische Impulse.
Und so kam es denn, daß insbesondere irische Mönche es waren, unter dem Einfluß der sich dort ausbildenden reinen christlich-esoterischen Lehre, die so wirkten, daß man in Rom die Notwendigkeit einsah, Europa vor der westlichen Halbkugel abzuschließen. Denn von Irland aus wollte diese Bewegung gehen, über Europa das Christentum in einer solchen Weise auszubreiten in diesen Jahrhunderten vor dem fünften nachatlantischen Zeitraum, daß man nicht gestört wurde durch alles dasjenige, was heraufkam aus dem Unterirdischen der Erde aus der westlichen Halbkugel. Unwissend halten sollte man Europa vor all den Einflüssen auf der westlichen Halbkugel. Und es liegt nahe, gerade hier einmal über diese Verhältnisse zu sprechen. Denn Columban und sein Schüler Gallus, sie waren wesentliche Individualitäten in jenem großen, bedeutsamen Missionsweg, der seine Erfolge in der Christianisierung Europas dadurch wirksam zu machen versuchte, daß er Europa dazumal wie mit geistigen Wänden umgab und keinen Einfluß hereinkornmen ließ von der Seite, die ich angedeutet habe. Und solche Individualitäten, wie Columban und
sein Schüler Gallus, von dem dieser Ort hier seine Begründung und seinen Namen hat, sie sind diejenigen, die vor allen Dingen eingesehen haben: die zarte Pflanze der Christianisierung, sie kann in Europa nur ausgebreitet werden, wenn man Europa gleichsam mit einem Zaun umgibt in geistiger Beziehung. Ja, hinter den Vorgängen in der Weltgeschichte liegen tiefe, bedeutungsvolle Geheimnisse. Und die Geschichte, die in den Schulen gelehrt wird und gelernt wird, ist vielfach nur eine Fable convenue; denn zu den wichtigsten Tatsachen im Verständnisse der neueren Zeit in Europa gehört dieses, daß von den Jahrhunderten an, von denen von. Irland aus die Verbreitung der Christianisierung in Europa ging, bis namentlich ins 12. Jahrhundert, zugleich gearbeitet wurde daran, daß gerade die päpstlichen Edikte allmählich die Schifffahrt zwischen Europa und Amerika verpönt haben, aufgehoben haben, so daß der Zusammenhang mit Amerika für Europa vollständig vergessen worden ist. Man brauchte dieses Vergessen, damit die ersten Zeiten, in denen sich in Europa vorbereiten sollte der fünfte nachatlantische Zeitraum, in der richtigen Weise sich abwickeln konnten. Und erst dann, als die materialistische Zeit nun begann, da wurde Amerika neuerdings wiederum entdeckt, so wie man es heute erzählt: westlich - östlich; da wurde Amerika entdeckt unter dem Einfluß der Goldgier, unter dem Einfluß der rein materialistischen Kultur, mit welcher der Mensch eben in der fünften nachatläntischen Zeit zu rechnen hat, mit der er sich in das entsprechende Verhältnis zu setzen hat.
Diese Dinge sind wirkliche Geschichte. Und diese Dinge, denke ich auch, klären auf über dasjenige, was wirklich ist. Die Erde ist wirklich etwas, was lebendiges Wesen genannt werden muß. Nach geographischen Differenzierungen strömen die verschiedensten Kräfte aus den verschiedensten Territorien nach oben. Deshalb müssen die Menschen nicht nach Territorien geschieden sein, sondern voneinander annehmen dasjenige, was auf jedem Territorium als das Gute und als das Große, und gerade nur dort geschaffen werden kann. Deshalb ist eine geisteswissenschaftliche Weltanschauung darauf bedacht, etwas zu schaffen, was von allen Nationen von allen Gebieten wirklich angenommen werden kann. Denn die Menschen müssen im gegenseitigen
Austausch ihrer geistigen Güter vorwärtsschreiten. Das i&t das, worauf es ankommt.
Dagegen entsteht von einzelnen Territorien aus sehr leicht das Bestreben, Macht und Macht und Macht zu erhöhen. Und die große Gefahr, daß in einseitiger Weise die Entwickelung der neueren Menschheit vorwärtsschreitet, die kann man nur beurteilen aus den konkreten, aus den wirklichen konkreten Verhältnissen heraus, wenn man weiß, wie die Erde ein Organismus ist, wenn man weiß, was eigentlich geschieht von den verschiedenen Punkten der Erde aus. Im Osten Europas ist verhältnismäßig wenig Neigung rein durch das, was von der Erde ausströmt, denn das Russentum zum Beispiel hängt wohl innig zusammen gerade durch den Boden, aber es nimmt ganz besondere Kräfte aus dem Boden heraus auf, und zwar Kräfte, die nicht von der Erde kommen. Das Geheimnis der russischen Geographie besteht darinnen, daß das, was der Russe von der Erde aufnimmt, zuerst das der Erde mitgeteilte Licht ist, das von der Erde wieder zurückgeht. Also der Russe nimmt eigentlich aus der Erde dasjenige auf, was aus den äußeren Regionen zu der Erde erst hinströmt; der Russe liebt seine Erde, aber er liebt sie eben aus dem Grunde, weil sie ihm ein Spiegel ist des Himmels. Dadurch aber hat der Russe, wenn er noch so territorial gesinnt ist, in dieser territorialen Gesinnung etwas - wenn es auch heute noch auf einer kindlichen Stufe ist - außerordentlich Kosmopolitisches: weil die Erde, indem sie sich durch den Weltenraum bewegt, mit allen möglichen Partien des Erdenumkreises in Beziehung kommt. Und wenn man nicht dasjenige in die Seele aufnimmt, was von unten nach oben strömt in der Erde, sondern dasjenige, was von oben nach unten und wiederum hinaufströmt, dann ist es etwas anderes, als wenn man aufnimmt das, was - direkt von der Erde ausströmend - in eine gewisse Verwandtschaft zur Menschennatur gesetzt wird. Das aber, was der Russe an seiner Erde liebt, womit er sich durchdringt, das gibt ihm manche Schwäche, aber auch vor allen Dingen eine gewisse Fähigkeit, jene Doppelgängernatur zu überwinden, von der ich Ihnen vorhin gesprochen habe. Daher wird er berufen sein, in dem Zeitalter die wichtigsten Impulse zu liefern, in welchem diese Doppelgängernatur
endgültig bekämpft werden muß, in der sechsten nachatlantischen Kulturperiode.
Aber ein gewisser Teil des Erdbodens zeigt die meiste Verwandtschaft mit jenen Kräften. Wenn der Mensch sich dorthin versetzt, kommt er in ihr Bereich; sobald er dort weggeht, ist es ja wieder nicht so, denn das sind geographische, das sind nicht ethnographische, nicht nationale, sondern das sind rein geographische Dinge. Dasjenige Gebiet, wo am meisten Einfluß hat auf den Doppelgänger das, was von unten heraufströmt, und wo es dadurch, daß es beim Doppelgänger am meisten Verwandtschaft eingeht mit dem Ausströmenden, also sich auch wieder der Erde mitteilt, das ist dasjenige Erdengebiet, wo die meisten Gebirge nicht von Westen nach Osten, in der Querrichtung hin, sondern wo die Gebirge hauptsächlich von Norden nach Süden gehen - denn das hängt auch mit diesen Kräften zusammen -, wo man den magnetischen Nordpol in der Nähe hat. Das ist das Gebiet, wo vor allen Dingen Verwandtschaft entwickelt wird mit der mephistophelisch-ahrimanischen Natur durch die äußeren Verhältnisse. Und durch diese Verwandtschaft wird vieles bewirkt in der fortschreitenden Entwickelung der Erde. Der Mensch darf heute nicht blind durch die Entwickelung der Erde gehen; er muß solche Verhältnisse durchschauen. Europa wird sich zu Amerika nur dann in ein richtiges Verhältnis setzen können, wenn solche Verhältnisse durchschaut werden können, wenn man weiß, welche geographischen Bedingtheiten von dorther kommen. Sonst aber, wenn Europa fortfahren wird, in diesen Dingen blind zu sein, dann wird es mit diesem armen Europa so gehen, wie es mit Griechenland gegenüber Rom gegangen ist. Das darf nicht sein; die Welt darf nicht geographisch amerikanisiert werden. Aber das muß erst verstanden werden. Die Dinge dürfen nicht so unernst genommen werden, wie sie heute vielfach genommen werden. Denn sehen Sie, die Dinge beruhen in tiefen Gründen, und Erkenntnisse sind heute notwendig, nicht bloß Sympathien und Antipathien, um eine Stellung zu gewinnen in dem Zusammenhange, in den die gegenwärtige Menschheit auf eine so tragische Weise hineingestellt ist. Das sind die Dinge, die wir hier noch genauer besprechen können; in öffentlichen Vorträgen können
sie nur angedeutet werden. Gestern habe ich aufmerksam gemacht, wie es notwendig ist, daß dasjenige, was Geisteswissenschaft genannt wird, wirklich auch in die sozialen und in die politischen Begriffe hineindringt. Denn Amerikas Bestreben geht darauf hinaus, alles zu mechanisieren, alles in das Gebiet des reinen Naturalismus hineinzutreiben, Europas Kultur nach und nach vom Erdboden auszulöschen. Es kann nicht anders.
Selbstverständlich sind das geographische Begriffe, nicht völkische Begriffe. Man braucht nur an Emerson zu denken, um zu wissen, daß hier nichts als Charakteristik eines Volkes gemeint ist. Aber Emerson war eben ein durch und durch europäisch gebildeter Mensch. Nicht wahr, das sind ja zwei entgegengesetzte Pole, die sich entwickeln. Gerade unter solchen Einflüssen, wie sie heute charakterisiert werden, entwickeln sich Menschen wie Emerson, die sich dadurch so entwickeln, daß sie die volle Menschlichkeit entgegenstellen dem Doppelgänger, oder es entwickeln sich Menschen wie Woodrow Wilson die nur eine Umhüllung des Doppelgängers sind, durch die der Doppelgänger selbst ganz besonders wirkt, die im wesentlichen eigentlich Verleiblichungen desjenigen sind, was amerikanische geographische Natur ist.
Diese Dinge hängen nicht mit irgendeiner Sympathie oder Antipathie, nicht mit irgendeiner Parteigängerei zusammen; diese Dinge hängen lediglich mit den Erkenntnissen über die tieferen Gründe dessen, was von den Menschen im Leben durchlebt wird, zusammen. Aber es wird sehr wenig der Menschheit zum Heile gereichen, wenn sie sich nicht Aufklärung verschaffen will über dasjenige, was eigentlich wirksam ist in den Dingen. Und heute ist es sehr notwendig, wiederum anzuknüpfen an manches, was eben gerade um die Wende auch abgerissen werden mußte, als man den Weg nach Amerika versperrt hat. Und wie ein Symbolum möchte ich es hinstellen, was Sie hier so vielfach erleben und empfinden können, wie ein Symbolum solche Menschen wie Gallus. Sie mußten sich einen Boden für ihr Wirken schaffen durch den Zaun, den sie aufgerichtet haben. Solche Dinge muß man verstehen.
Geisteswissenschaft wird erst wirkliches geschichtliches Verständnis
schaffen. Aber Sie sehen: Vorurteil über Vorurteil wird sich natürlich erheben. Denn wie könnte man anders denken, als daß Erkenntnisse auch anfangen würden, parteiisch zu werden! Aber das war mit einer der Gründe, die eigentlich zu den Feigheiten gehören, warum gewisse okkulte Brüderschaften mit diesen Dingen zurückgehalten haben. Aus dem einfachen Grunde haben sie zurückgehalten, weil die Erkenntnisse vielfach den Menschen unbequem sind, sie möchten nicht allgemein menschlich werden, und insbesondere diejenigen nicht, die Anlage haben, sich mit den geographischen Aus strömungen zu verbinden.
Die Fragen des öffentlichen Lebens werden schon allmählich Erkenntnisfragen werden, herausgehoben werden aus jener Atmosphäre, in die sie heute durch die überwiegende Majorität der Menschheit hineingedrängt worden sind: aus der bloßen Sphäre der Sympathien und Antipathien. In bezug auf das Wirksame werden ja allerdings nicht Majoritäten entscheiden. Aber dieses Wirksame wird nur wirksam werden können, wenn die Menschen nicht davor zurückschrecken werden, wichtige Dinge in ihr Bewußtsein aufzunehmen.
So wie ich heute hier gesprochen habe, weil, ich möchte sagen, der Genius loci dieses Ortes das von mir verlangt, hat sich Ihnen an einem besonderen Beispiel gezeigt, daß es für den Menschen der Gegenwart nicht mehr genügt, um Geschichte zu kennen, die gebräuchlichen Schulbücher in die Hand zu nehmen, denn da erfährt man jene Fable convenue, welche man heute Geschichte nennt. Was erfährt man denn da über die wichtigen, namentlich in den dunklen Ursprüngen der Medizin liegenden Verkehrswege, die noch in den ersten christlichen Jahrhunderten von Europa nach Amerika geführt haben? Aber was da ist, hört nicht auf, wirklich zu sein, dadurch daß die Menschen später ihr Bewußtsein davor blind machen wie der Vogel Strauß, der den Kopf in den Sand steckt, um nicht zu sehen, und dann glaubt, das, was er nicht sieht, ist auch nicht da. - Manches andere noch ist einfach durch die Fable convenue, die man Geschichte nennt, für die Menschen verhüllt, manches, was dem Menschen der Gegenwart in seiner Wirksamkeit recht nahesteht. Und manches andere noch wird durch die Geisteswissenschaft zutage treten über
den geschichtlichen Verlauf der Menschheit. Denn die Menschen wollen aufgeklärt sein über ihr eigenes Schicksal, über den Zusammen hang ihrer Seele mit ihrer geistigen Entwickelung.
Nun, vieles von dem, was geschichtlich verlorengegangen ist, wird erst die Geisteswissenschaft heben können. Sonst wird sich die Menschheit entschließen müssen, unwissend zu bleiben über sehr, sehr naheliegende Dinge. Und über die Gegenwart wird sie, trotzdem der Mensch der Gegenwart ja heute über alles unterrichtet wird - aber wie unterrichtet wird -, über die Gegenwart wird die Menschheit nur vom geisteswissenschaftlichen Standpunkte aus sich ein Urteil bilden können. Denn zwar wird die Menschheit heute durch - nun ja, mit Respekt zu vermelden, man sagt immer, wenn man Unanständiges ausspricht: mit Respekt zu vermelden, nicht wahr -, zwar wird die Menschheit heute von allen Angelegenheiten durch, mit Respekt zu vermelden, die Presse unterrichtet; aber sie wird durch die Presse so unterrichtet, daß ihr gerade das Wesentliche, das Wahre, das Reale, dasjenige, worauf es ankommt, verhüllt wird.
Und bis zu diesem Grade von Wirklichkeitserkenntnis muß der Mensch schon kommen. Auch das ist wiederum durchaus nicht etwas, was gegen die Presse persönlich oder unpersönlich gerichtet ist, sondern es ist durchaus etwas, was so gemeint ist, daß es zusammenhängt mit den wirksamen Kräften der Gegenwart und gar nicht anders sein kann. Die Dinge können nicht anders sein, aber ein Bewußtsein müssen die Menschen davon haben. Das ist ja gerade der große Irrtum, daß man glaubt, man müsse die Dinge kritisieren, während man sie charakterisieren muß. Das ist das, worauf es ankommt.
Nun, ich versuchte, Ihnen heute ein Bild zu geben von mancherlei wirksamen Impulsen, die im einzelnen Menschen und in der Gesamtmenschheit sind. Abgesehen von dem einzelnen, über das ich gesprochen habe, wollte ich durch die Art der Impulse, die ich berührt habe, vor allen Dingen ein Gefühi davon hervorrufen, wie der Mensch aufmerksam darauf sein soll, daß er mit seinem Gesamtwesen eingebettet ist in eine konkrete geistige Welt mit konkreten geistigen Wesenheiten und konkreten geistigen Kräften. Nicht nur, daß wir hinaufwachsen in die Welt, in die wir selbst nach dem Tode eintreten
und zwischen dem Tod und einer neuen Geburt darin leben, sondern auch, indem wir hier in der physischen Welt sind, können wir diese physische Welt nur verstehen, wenn wir die geistige Welt zu gleicher Zeit mitverstehen.
Die Medizin kann nur bestehen, wenn sie eine geistige Wissenschaft ist. Denn Krankheiten kommen von einem geistigen Wesen, welches nur den menschlichen Leib benutzt, um seine Rechnung zu finden, die es nicht findet an dem Orte, der ihm zugeteilt ist von der weisheitsvollen Weltenführung, gegen die es sich aufgelehnt hat, wie ich es Ihnen gezeigt habe; ein Wesen, das eigentlich ein ahrimanisch-mephistophelisches Wesen in der menschlichen Natur ist, das vor der Geburt in den menschlichen Leib als in seinen Wohnort einzieht, und das nur diesen menschlichen Leib verläßt, weil es den Tod nicht vertragen darf unter seinen gegenwärtigen Verhältnissen, welches den Tod auch nicht erobern kann. Krankheiten kommen davon, daß dieses Wesen in dem Menschen wirkt. Und wenn Heilmittel verwendet werden, so hat das den Sinn, daß aus der äußeren Welt diesem Wesen dasjenige gegeben wird, was es sonst durch den Menschen sucht. Füge ich dem menschlichen Leib ein Heilmittel zu, wenn dieses ahrimanisch-mephistophelische Wesen wirkt, so gebe ich ihm etwas anderes; ich streichie dieses Wesen gewissermaßen, ich söhne es aus, damit es abläßt vom Menschen und sich befriedigt an dem, was ich ihm in den Rachen werfe als Heilmittel.
Aber alle diese Dinge sind im Anfange. Medizin wird eine geistige Wissenschaft werden. Und wie man in alten Zeiten die Medizin als geistige Wissenschaft gekannt hat, wird man sie als geistige Wissenschaft wiedererkennen.
Nun, allerdings auch diese Gefühle werde ich in Ihnen hervorgerufen haben, daß es nötig ist, nicht nur ein paar Begriffe sich aus der Geisteswissenschaft anzueignen, sondern sich hineinzufühlen; denn man fühlt sich dadurch wirklich zugleich hinein in die menschliche Wesenheit. Und heute ist die Zeit gekommen, wo einem vieles wie Schuppen von den Augen fallen wird, auch zum Beispiel mit Bezug auf die äußere Geschichte, von der ich in Zürich vor ein paar Tagen bewiesen habe, oder gezeigt habe wenigstens, daß sie von den Menschen
nicht äußerlich angeschaut wird, sondern geträumt wird in Wirklichkeit, daß man sie nur versteht, wenn man sie aus dem Traum der Menschheit auffaßt, nicht als irgend etwas, was im Äußeren sich vollzieht.
Diese Dinge also, sie werden hoffentlich auch weitergetragen von jener Kraft, die die Menschheit noch in einem recht kleinen Teil, allzu kleinen Teil ergriffen hat in dem, was wir die anthroposophische Bewegung nennen. Aber diese anthroposophische Bewegung, sie wird doch mit dem zusammenhängen, was die Menschheit zu ihren wichtigsten Angelegenheiten in der Zukunft wird führen müssen. Und wir dürfen schon öfter erinnern an jenes Gleichnis, das ich oftmals schon gebraucht habe. Die ganz gescheiten Leute draußen, die denken: Na, diese Anthroposophen, Theosophen, das ist solch eine Sekte mit allerlei phantastischem Zeug, mit allerlei Narrheiten im Kopfe, mit dem sich der aufgeklärte Teil der Menschheit nur ja nicht gemein machen muß! - Oh, dieser «aufgeklärte Teil der Menschheit», er denkt heute, wenn auch durch die Zeit modifiziert, so ähnlich über diese unterirdischen sektiererischen Konventikel unter Anthroposophen und Theosophen, wie die Römer gedacht haben, die vornehmen Römer, als das Christentum sich ausgebreitet hat. Damals mußten nur die Christen wirklich physisch in den Katakomben unten sein, und oben spielten sich diejenigen Dinge ab, welche von den vornehmen Römern als das einzig Richtige angesehen wurden, während die phantastischen Christen unten waren. - Nach ein paar Jahrhunderten war das anders. Das Römertum war weggefegt und dasjenige, was unten in den Katakomben war, war hinaufgegangen. Das, was die Kultur beherrscht hatte, war ausgerissen worden.
Solche Vergleiche müssen unsere Kraft stärken; solche Vergleiche mussen sich in unsere Seele hineinleben, so daß wir aus ihnen Kraft finden, weil wir ja selbst noch in kleinen Kreisen wirken müssen.
Aber die Bewegung, die durch diese anthroposophische Strömung charakterisiert wird, sie muß jene Kraft entwickeln, die auch wirklich nach oben kommen kann. Oben findet sie allerdings für ihren geistigen Boden wenig Verständnis.
Aber trotzdem müssen wir immer wieder und wieder zurückdenken
an so etwas, wie dieses römische Katakombentum der ersten Christen war, das, trotzdem es in noch viel stärkerem Maße etwas Unterirdischeres war als dasjenige, was heute die anthroposophische Bewegung ist, doch den Weg an die Oberfläche gefunden hat. Und manche von denen, welche innerhalb dieser anthroposophischen Bewegung sich auseinanderzusetzen haben mit spirituellen Begriffen, sie haben ja schon die Möglichkeit gefunden, in der Sphäre, in der sich diese spirituellen Begriffe, die hier Weisheit sind, als Licht entfalten, mit diesem Lichte zu rechnen. Und wir dürfen es immer wiederum sagen, wie unter der Mitgliedschaft, die mitwirkt an der anthroposophischen Bewegung, uns immer gleichstehen diejenigen, die hier in der physischen Welt, und diejenigen, die schon drüben in der übersinnlichen Welt sind, die schon die Pforte des Todes durchschritten haben und heute schon Bewahrheiter sind dessen, was hier als spirituelle Weisheiten erworben wird. Wir haben in dieser Beziehung ja auch schon an mancherlei, ich möchte sagen, übersinnlich wohnende Mitgliederseelen zu denken. In diesem Augenblicke gedenke ich - weil sich wiederum in diesen Tagen jährt der physische Todestag, der übersinnliche Geburtstag für das geistige Leben - unserer treuen Mitarbeiterin am Dornacher Bau, Fräulein Sophie Stinde. Es handelt sich darum, meine lieben Freunde, wenn wir wirklich drinnenstehen wollen in der positiven anthroposophischen Bewegung, uns zu vertiefen für die Empfindung: durch dasjenige, was real mit uns verbunden ist, den konkreten Begriff über die geistige Welt aufzunehmen.
Nun, meine lieben Freunde, es sind jetzt schwere Zeiten. Man weiß, wie schwer es sein wird, über die nächsten Zeiten hinwegzukommen. Wie sich auch die Verhältnisse gestalten mögen für unser Zusammensein auf dem physischen Plane, wie lange oder wie kurz es auch dauern möge, bis wir uns wiederum hier finden auf diese Weise, lassen Sie mich Ihnen sagen, daß wir trotzdem - wie das ja zur Bewährung und Kräftigung unseres geisteswissenschaftlichen Strebens sein muß - zusammen fühlen, zusammen denken wollen, wenn wir auch räumlich auseinander sind. Wir wollen als geisteswissenschaftlich Strebende immer zusammen sein.
HINTER DEN KULISSEN DES ÄUSSEREN GESCHEHENS Zürich, 6. November 1917 Erster Vortrag
Vor Jahren war ich gerade in Berlin in beruflichen Angelegenheiten tätig, als während der Vorstellung in einem Theater die Nachricht eintraf und in das Theater, möchte man sagen, hineingeweht wurde, daß in Genf die Kaiserin von Österreich von einem Propagandisten der Tat, wie man sagte, ermordet worden sei. Ich stand damals, als diese Nachricht in einem Zwischenakt der Vorstellung so hereingeweht worden war, in der Nähe eines Mannes, der dazumal Berliner Kritiker war, der mittlerweile berühmt gewordene philosophische Bücher geschrieben hat, und der sein Erstaunen über diese Tatsache in einer Weise zum Ausdruck brachte, die einem schon in der Erinnerung bleiben kann. Er sagte: Man kann vieles in der Welt begreifen, wenn man es auch nicht rechtfertigt, wenn man auch nicht einverstanden damit ist, man kann vieles begreifen in der Welt, aber daß es einen Sinn haben soll, aus einer agitatorischen Bewegung heraus eine kranke Frau zu töten, durch deren Weiterleben nichts irgendwie Erhebliches verändert werden kann, deren Tod jedenfalls in keinem ersichtlichen Zusammenhange stehen kann mit irgendwelcher politischen Idee, das sei unbegreiflich - so sagte dazumal der Mann -, das könne man nicht verstehen, das mache jedenfalls einen sirinlosen Eindruck.
Ich glaube, daß dazumal dieser Mann ausgesprochen hat etwas, was allmeine Meinung vernünftiger Menschen sein muß, was gewissermaßen alle vernünftigen Menschen der heutigen gebildeten Welt denken müseen. Man könnte daran den Gedanken knüpfen: es geschehen also Dinge unter den Menschen, es geschehen überhaupt im Verlaufe dessen» was man geschichtliche Entwickelung nennt, Dinge, die, wenn man darauf anwenden will die Urteile, die man haben kann aus dem Leben heraus, sinnlos erscheinen; die, selbst wenn man sie erklären will aus irgendeiner Verirrung, sinnlos erscheinen.
Aber gerade an solchen Ereignissen - und man könnte ja zu diesem
einen Ereignis viele, viele andere hinzufügen - kann man sehen, daß dasjenige, was äußerlich unbegreiflich erscheint, eben äußerlich unbegreiflich erscheinen muß, weil, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, hinter den Kulissen der weltgeschichtlichen Angelegenheiten geistige Kräfte und geistige Taten hin und her spielen in gutem und in schlechtem Sinne; geistige Geschehnisse, geistige Taten, die nur zu begreifen sind, wenn man mit geistiger Wissenschaft hineinleuchten kann in diese Gebiete, die hinter den Kulissen des gewöhnlichen Lebens, des in der Sinneswelt verlaufenden Lebens liegen; weil solche Dinge geschehen, die nur durch Ideen aus der geistigen Welt heraus zu begreifen sind, und die notwendigerweise, wenn man sie nur in ihrem Zusammenhange innerhalb der Sinneswelt ins Auge faßt, einfach in gutem und in schlechtem Sinne sinnlos erscheinen. Und wenn man gerade durch das, was man Zufall nennen könnte, was aber vielleicht nur eine symbolische Auskleidung karmischer Angelegenheiten ist, eine solche Erfahrung in einem Theater macht, da denkt man eben daran, wie anders dasjenige aussieht, was hinter den Kulissen vorgeht, und dasjenige, was auf der Bühne vorgeht.
Ich habe diese Bemerkung vorausgesendet, weil ich heute über einiges sprechen will, das dann das nächste Mal, wenn wir wieder hier miteinander sprechen, ausgebaut werden soll; über einiges, was den heutigen Menschen wichtig ist zu wissen von allerlei Dingen, die hinter den Kulissen des Geschehens auf dem physischen Plane sich abspielen. Diese Dinge versteht man nur, wenn man nicht der Bequemlichkeit der heutigen Menschen verfällt, die Dinge, die in der geistigen Welt sind und aus der geistigen Welt heraus mit den Angelegenheiten der Menschen hier auf Erden zusammenhängen, möglichst nur allgemein zu charakterisieren, sondern wenn man möglichst ins Konkrete, in die wirklichen Tatsachen der geistigen Welt hineingeht.
Sie wissen - und wir haben es ja oftmals auseinandergesetzt, in den Zyklen ist darüber viel zu lesen -, daß wir die Entwickelung der Menschheit nach gewissen Perioden gliedern: großen Perioden, die wir als Saturn-, Sonnen-, Mondenzeit und so weiter bezeichnen; kleineren Perioden, wie solche sind, von denen wir sprechen als der
lemurischen, der atlantischen und unserer nachatlantischen Zeit. Und wiederum innerhalb dieser kleineren Perioden, die aber schon eine riesige zeitliche Ausdehnung haben, sprechen wir von gewissen Kulturperioden für unsere nachatlantische Zeit: von der altindischen, von der urpersischen, ägyptisch-chaldäischen, von der griechisch-lateinischen, und von unserer jetzigen fünften nachatlantischen Zeitperiode.
Wir sprechen von solchen Perioden aus dem Grunde, weil die Menschheit als Ganzes in ihrem Gang durch die Erdenentwickelung ihre - in diesem Fall namentlich seelischen - Eigenschaften von einer Periode zu der andern hin ganz wesentlich ändert, weil eben die Menschheit eine reale Entwickelung durchmacht in jeder solchen Periode. Wfr sprechen jetzt von den kleinsten der charakterisierten Perioden. In jeder solchen Periode obliegt gewissermaßen der Menschheit irgend etwas, was sie durchzumachen hat, woran sie sich zu freuen hat, woran sie zu leiden hat, was sie zu begreifen hat, woraus sie ihre Willensimpulse für ihre Taten zu holen hat und so weiter. Etwas anderes hat obgelegen als Aufgabe der ägyptischchaldäischen Kulturperiode, etwas anderes der griechisch-lateinischen, und auch unsere Zeit hat ganz bestimmte Aufgaben.
Diese Verschiedenheit der Aufgaben solcher aufeinanderfolgenden Zeitperioden mit Bezug auf gewisse Eigentümlichkeiten 'kann man erst richtig ins Auge fassen, namentlich diejenigen, auf die wir gerade heute hinweisen wollen, kann man erst richtig ins Auge fassen, wenn man den Versuch macht, jene Erfahrungen zu Rate zu ziehen, die von dem gesamten Menschenleben herkommen für das äußere geschichtliche Werden, von dem die äußere Menschheitsgeschichte spricht und auf die sich die materialistische Gesinnung unserer Zeit vorzugsweise beschränken will. Von diesen äußeren Erlebnissen der Menschen auf dem physischen Plane, die ja nur einen Teil des gesamten Menschenlebens umfassen, das zwischen Geburt und Tod und zwischen Tod und einer neuen Geburt abläuft, von diesem physischen Erdenleben kann man nicht eine volle Charakteristik der aufeinanderfolgenden Epochen gewinnen; denn in dem, was wirklich geschieht, spielen immer die Kräfte zusammen, welche von dem Reiche, in dem der
Mensch zwischen dem Tode und einer neuen Geburt lebt, heruntergehend sich in Wechselwirkung setzen mit den Kräften, die entfaltet werden durch die Menschen, welche hier auf dem physischen Plane sind. Es ist immer ein Zusammenspiel der Kräfte vorhanden, welche die Menschen post mortem, nach dem Tode entfalten, und denjenigen Kräften, die hier auf dem physiscben Plane entfaltet werden.
Noch in der vierten nachatlantischen Epoche, diese ganze Zeit hindurch, möchte ich sagen, war es so, daß es ging, daß die Menschen über gewisse Dinge in einer Art von Unbewußtheit gehalten worden sind. Gerade viele Dinge, über welche die Menschen der vierten nachatlantischen Zeit, der griechisch-lateinischen Zeit, noch in Unbewußtheit gehalten werden konnten, die müssen den Menschen der fünften nachatIantischen Periode immer mehr und mehr zum Bewußtsein kommen. Diese fünfte nachatlantische Zeit wird überhaupt eine solche sein, in der vieles in das Bewußtsein der Menschenseelen hereinkommen muß, was früher außerhalb dieses Bewußtseins liegen konnte.
Solche Dinge entwickeln sich mit einer gewissen geistigen Gesetz mäßigkeit, mit einer gewissen geistigen Notwendigkeit. Das Menschengeschlecht ist einfach daraufhin angelegt, daß gewisse Fassungskräfte, auch gewisse Willenskräfte, sich zu einer bestimmten Zeit entwickeln. Diese Menschheit wird für gewisse Dinge in der fünften nachatlantischen Zeit reif, wie sie für andere Dinge in den früheren Perioden reif geworden ist. Sie wird reif für sie. Eine Sache, für welche die Menschheit reif wird in dieser fünften nachatlantischen Zeit, sie erscheint dem heutigen Menschen ganz besonders paradox, weil ein großer Teil der heutigen öffentlichen Meinung geradezu nach dem Entgegengesetzten hinstrebt, sozusagen die Menschen nach dem Entgegengesetzten hinlenken möchte. Aber das wird nichts helfen. Die geistigen Kräfte, welche der Menschheit, wenn ich so sagen darf, im Laufe der fünften nachatlantischen Periode eingeimpft sind, werden stärker sein, als was gewisse Menschen wollen, oder was im Sinne der öffentlichen Meinung liegt.
Eine von diesen Sachen, die sich mit aller Gewalt geltend machen wird, wird die sein, daß möglich werden wird eine gewisse Lenkung
der Menschen nach mehr okkulten Grundsätzen, als jemals die Menschen gelenkt worden sind. Es liegt im allgemeinen Charakter der Entwickelung, daß in dieser fünften nachatlantischen Zeit gewisse Machtverhältnisse, gewisse starke Einflußverhältnisse, auf kleine Gruppen von Menschen übergehen müssen, die eine starke Macht haben werden über andere, große Massen.
Dem arbeitet ein gewisser Teil der öffentlichen Meinung heute lebhaft entgegen, aber das wird sich trotzdem entwickeln. Es wird sich aus dem Grunde entwickeln, weil ein großer Teil der Menschheit wahrend dieser fünften nachatlantischen Zeit einfach aus der inneren Seelenreife heraus, aus den Entwickelungsnotwendigkeiten der Menschheit heraus, gewisse spirituelle Anlagen entwickeln wird, ein gewisses naturgemäßes Hineinschauen in die geistige Welt entwickeln wird. Dieser Teil der Menschheit, der zwar die beste Grundlage abgeben wird für das, was im sechsten nachatlantischen Zeitraum, der auf den unseren folgt, kommen wird, dieser Teil der Menschheit wird sich aber in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum, in dem er sich vorbereitet, wenig geneigt zeigen, die Angelegenheiten des physischen Planes stark ins Auge zu fassen. Er wird gewissermaßen geringes Interesse für die Angelegenheiten des physischen Planes zeigen; er wird viel damit beschäftigt sein, das Gemütsleben auf eine höhere Stufe zu bringen, gewisse geistige Angelegenheiten zu ordnen. Dadurch werden andere, die gerade weniger für dieses spirituelle Leben geeignet sind, gewisse Machtverhältnisse an sich reißen können.
Das ist etwas, was sich mit einer gewissen Notwendigkeit ergibt. Das ist etwas, was in den Kreisen derjenigen, die von solchen Angelegenheiten wissen, im ganzen letzten Drittel des 19. Jahrhunderts viel besprochen worden ist, wovon immer so geredet worden ist, daß die dringendste Notwendigkeit vorläge, nur ja diese Möglichkeit nicht in schlimme, sondern in gute Bahnen zu leiten. Man hat im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, insbesondere als die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert herannahte, von Okkultisten jeder Seite immer hören können: Es muß Vorsorge getroffen werden, daß diejenigen, die auf diese Weise zu gewissen Machtimpulsen kommen, die Würdigen seien. - Selbstverständlich hat jeder, mit Ausnahme von
ganz wenigen Kreisen, solche als die Würdigen angesehen, die ihm durch diese oder jene Weltverhältnisse nahegestanden haben, ihm eben als die Würdigen erschienen sind. Aber dies war durchaus, ich möchte sagen, unter Okkultisten das Tagesgespräch und ist es in gewissem Sinne bis heute geblieben.
Nun, andere Dinge werden ebenso im Laufe der fünften nach-atlantischen Zeit - einfach weil die Menschen im Verlauf der Entwickelung die Reife dazu erlangen - herauskommen, werden den Menschen kund werden, auch in ihren Willen hineingehen. Das sind dann Dinge, die noch weitergehen, die so weit gehen, daß sie ernstliche Sorge all denen bereiten müssen, welche mit diesen Angelegenheiten vertraut sind.
So steht bevor für diesen fünften nachatlantischen Zeitraum, daß einfach der menschliche physische Denkapparat reif wird, gewisse Zusammenhänge über Krankheiten zu durchschauen, gewisse Heilungsprozesse, Zusammenhänge von Naturprozessen mit Krankheiten zu durchschauen. Derjenige, der vertraut ist mit diesen Dingen, dem macht das aus dem Grunde Sorge, weil es sich darum handelt, daß er nun auch als Ziel sich setzt, daß jene, welche dazu ausersehen sein werden, Lehren und Impulse über diese Dinge unter die Menschen zu bringen, dieses in der richtigen, würdigen Weise machen. Denn zwei Möglichkeiten wird es geben: man wird die Menschen über diese Dinge so unterrichten können, daß dies ausschlägt zum Unheil der Welt, und man wird sie unterrichten können so, daß es ausschlägt zum Heil der Welt. Denn diese Dinge, die mit dem innersten Wesen von gewissen Verhältnissen der menschlichen Fortpflanzung und von gewissen Verhältnissen der Krankheiten zusammenhängen, auch von gewissen Verhältnissen, die sich auf den Eintritt des Todes beziehen, diese Dinge sind, indem sie in der Menschheit sich ausbreiten, schwerwiegende Gedanken und Impulse, sind ganz bedeutsame Dinge. Und dieser fünfte nachatlantische Zeitraum ist dazu da, um die Menschen so weit freizumachen, daß sie über gewisse Dinge, die eben bisher mehr im Unterbewußten für die menschliche Seele gehalten worden sind, Aufklärung bekommen und auch Herr darüber werden.
Diejenigen Menschen, die von solchen Dingen wissen, bemühten
sich viel um das, was nach der einen oder nach der andern Richtung in Betracht kommt oder getan werden kann. Denn alles, was auf diese Weise getan werden kann, gibt ja eine gewisse Macht, gibt gewisser maßen die Möglichkeit, an der Gestaltung der menschlichen Angelegenheiten in weittragendem Maße mitzuarbeiten. Dies ist etwas, was, wie gesagt, innerhalb geisteswissenschaftlicher Strömungen im 19. Jahrhundert bis zu unserer Zeit mit Rücksicht auf die Entwickelung der fünften nachatlantischen Zeit eine große Rolle gespielt hat.
Dazu kommt etwas anderes, eine Tatsache, welche dem, der mit ihr bekannt wird, von einer großen Bedeutung erscheint, die er wegen dieser Bedeutung mit mancher andern in Verbindung bringen muß. Diese Tatsache gehört zu jenen, von welchen ich in Zyklen ab und zu gesprochen habe. Wenn der Mensch, der die Schwelle zur geistigen Welt überschritten hat, in der geistigen Welt Beobachtungen anstellt, dann treten vor seine Seele einzelne Tatsachen, immer individuelle Tatsachen. Es stellt sich heraus, daß Tatsachen, die, ich möchte sagen, auf den ersten Anblick für das geistige Auge nichts miteinander zu tun haben, doch, wenn man dahinterkommt, etwas miteinander zu tun haben, sich gewissermaßen gegenseitig beleuchten und aufklären und dann im eminentesten Sinne das Eindringen in das Wesen der geistigen Welt möglich machen.
Für die andere Tatsache, die, wenn ich sie jetzt vorbringe, Ihnen zunächst gar nicht den Eindruck machen wird, als ob sie mit dem eben Gesagten etwas zu tun hätte, für diese andere Tatsache stellt sich aber heraus, daß sie doch viel, sehr viel zu tun hat mit dem, was ich eben vorgebracht habe. Diese andere Tatsache ist diese: Wenn man sich an die Seelen verstorbener Menschen in der Gegenwart wendet, und - wenn ich so sagen darf - deren Lebensverhältnisse kennenlernt, sieht man, daß es darunter solche gibt, welche eine große Sorge davor zeigen, nach dem Tode mit jenen Menschenseelen bekanntzuwerden, welche hier auf Erden in ähnlicher Weise gefallen sind wie dazumal die Kaiserin von Österreich in Genf. Man macht also da die Erfahrung, daß solche, durch Propagandisten der Tat, sagen wir zunächst, durch die Pforte des Todes geleiteten Menschen eine schwere Sorge bilden für gewisse Menschen, die auf normale Weise durch die Pforte des
Todes gegangen sind und dann ihre Erlebnisse in der geistigen Welt haben. Man merkt gewissermaßen: die normal durch die Pforte des Todes gegangenen Menschen, die in die Gelegenheit kommen können, mit solchen Menschenseelen zu verkehren, fürchten sich als Seelen nach dem Tode vor diesem Verkehr; sie meiden den Verkehr.
Ich bitte Sie, in diesem Falle nicht das Paradoxe ins Auge zu fassen, das eine solche Angelegenheit für das Gefühl hat. Es gibt ja selbstverständlich so viele Anschluß- und Verkehrsmöglichkeiten für Seelen, daß es deplaciert wäre, wenn man da gleich aus diesem Grunde das Mitleid walten lassen wollte, das ja aus einer berechtigten und begreiflichen Regung der Menschenseele in einem solchen Falle hervorgeht. + Wir müssen die Tatsache in einem solchen Fall objektiv ins Auge fassen. Also es besteht diese Tatsache, daß solche Seelen, die normal durch die Pforte des Todes gegangen sind, eine gewisse Scheu vor denjenigen Seelen empfinden, die durch die Todespforte durch so etwas, wie eben die «Propaganda der Tat», geleitet worden sind.
Diese zwei Dinge, diese letztere Tatsache und das, was ich vorhin ausgeführt habe, die stehen nun in einem gewissen Zusammenhang miteinander. Der Zusammenhang ist ein sehr eigentümlicher. Diese Seelen nämlich - das stellt sich bei genauerem Zusehen heraus -, die auf so gewaltsame Weise durch des Todes Pforte gegangen sind, die wissen etwas in der geistigen Welt nach dem Tode, was die andern Seelen nicht zur Unzeit von ihnen erfahren möchten, von dem sie nicht möchten, daß sie es früher erfahren, als es heilsam ist. Diesen Seelen, die auf so gewaltsame Weise durch des Todes Pforte gegangen sind, denen bleibt nämlich dadurch, daß sie auf diese Weise ums Leben gekommen sind hier in der physischen Welt, eine gewisse Benützungsmöglichkeit der Kräfte, die sie hier gehabt haben, zum Beispiel der Verstandeskräfte. So daß solche Seelen die hier an den physischen Leib gebundene Kräfte von der andern Seite her, von der geistigen Seite her benützen können und mit ihnen ganz anderes machen können, als man hier im physischen Leibe mit solchen Kräften machen kann. Dadurch ist es ihnen möglich, gewisse Dinge früher zu wissen, als es eigentlich im Fortgange der Menschheitsentwickelung heilsam ist.
Es ist nun sehr merkwürdig, daß auf diese Weise dasjenige, was sinnlos erschienen ist - eine Anzahl von Taten der Propagandisten der Tat -, nun einen, wenn auch höchst zweifelhaften Sinn erhalten hat. Diese Taten erscheinen dem, der die Dinge durchschaut, in einem merkwürdigen Lichte. Man redet dann hier in der physischen Welt alles mögliche unsirinige Zeug, was einen Sinn haben soll, aber bei genauerem Anschauen eben keinen Sinn hat. Hier in der physischen Welt sagt man: Solche Leute, die als Propagandisten der Tat andere Leute ermorden, die wollen nur auf das Elend der Welt hindeuten; es sei ein Mittel, eben durch die Tat agitatorisch zu wirken und so weiter. Wer aber die Sache analysiert und mit den sozialen Gesetzen in Einklang zu bringen versucht, der wird sofort merken, daß das alles etwas ist - hölzernes Eisen nennt man es -, was keinen Sinn hat. Doch es bekommt plötzlich einen Sinn, wenn man weiß, daß Seelen, die auf eine solche Art in die geistige Welt hinaufgeschickt werden, droben Dinge wissen, die sie noch nicht wissen sollten, und vor denen die normal gestorbenen Seelen sogar eine Scheu haben.
Nun lag es natürlich nahe, dasjenige, was im Laufe der Zeit als Attentate aufgetreten ist, aus solchen Unterlagen heraus wie die eben angedeutete der Ermordung der Kaiserin Elisabeth von Österreich, okkultistisch zu untersuchen; zu sehen, wie es sich mit diesen Seelen verhält, die da gewissermaßen als Bewahrer gewisser Geheimnisse in der geistigen Welt ankommen, und die zu etwas führen, von dem wir gleich nachher sprechen werden. Derjenige, der nur so äußerlich die Reihe der auf diese Weise geschehenen Attentate ansieht, kann die Zusammenstellung gewissermaßen dem Zufall zuschreiben; aber analysiert man, sieht man sich die Menschen an, die auf diese Weise in den Tod hineinbefördert worden sind, dann zeigt es sich schon, daß die Menschen wie ausgesucht sind, allerdings nicht vom Gesichtspunkte dieser physischen Welt, sondern wie ausgesucht sind vom Gesichtspunkte der geistigen Welt. Und dennoch, untersucht man eine große Anzahl der bekanntgewordenen Attentate auf diese Sache hin, so zeigt sich etwas sehr Merkwürdiges. An Carnot, Kaiserin Elisabeth, an einigen andern zeigt sich etwas sehr Merkwürdiges: es zeigt sich, daß mit diesen Attentaten zwar die Möglichkeit verknüpft war, durch
sie so etwas zu erreichen, wie ich charakterisiert habe, daß es aber in der Tat nicht erreicht worden ist, gar nicht erreicht worden ist. Es wäre gegangen, wenn sich Seelen gefunden hätten, die sozusagen ihre Abnehmer geworden wären. Damit wären beide in eine transzendente, in eine übersinnliche Schuld gekommen: diejenigen, die auf normale Weise durch den Tod gegangen wären, hätten Dinge erfahren, durch die sie in schuldhafte Richtungen hineingetrieben worden wären, und diejenigen, die auf gewaltsame Weise, durch Attentate durch den Tod gegangen wären, die wären dadurch in Schuld gekommen, daß sie etwas verraten hätten, was noch nicht zu verraten möglich ist.
Höhere geistige Wesenheiten, höhere Hierarchien haben dies verhindert, weil aus gewissen Gesichtspunkten heraus die Sache von Folgen gewesen wäre, die hintangehalten werden mußten zum Heile eines gewissen Teiles der Menschheit. Es ist gewissermaßen das Schädliche dessen, was auf diese Weise zutage hätte treten können, durch das Eingreifen höherer geistiger Wesenheiten verhindert worden. So zeigte sich nun hier, ich möchte sagen, ein Versuch mit untauglichen Mitteln oder mit Mitteln, denen ihre Tauglichkeit genommen worden ist - ein Versuch in der geistigen Welt, hinter den Kulissen der gewöhnlichen physischen Welt.
Wenn man den weiteren Gründen solcher Dinge nachgeht, so sieht man, woraus so etwas entspringt, woraus die Impulse zu so etwas kommen. Und für einen großen Teil der Attentate, die Ihnen bekanntgeworden sind, die in Europa besprochen worden sind, waren die Impulse - wohlgemerkt jetzt die geistigen Impulse - keine ursprünglichen, sondern sie waren in gewissem Sinne abgeleitete; sie waren, wenn ich mich des trivialen Ausdrucks bedienen dari, Abwehrmaßregeln. Man wollte etwas anderes hintanhalten. Man wollte durch diese Taten andere Taten, die sich in derselben Linie bewegen, hintanhalten, verhindern, wenigstens ihre Wirkung verhindern, besser gesagt.
Das ist eine sehr geheimnisvolle Sache. Und verständlich wird die ganze Sache erst, wenn man auf dasjenige sieht, was verhindert hat werden sollen, wogegen gewissermaßen diese Abwehrmaßregeln getroffen
worden sind. Man blickt da geisteswissenschaftlich in Dinge hinein, die tief zusammenhängen mit den Impulsen des gegenwärtigen und zukünftigen Menschenlebens, über die es aber wirklich außerordentlich schwierig ist zu sprechen, weil sie an allen Orten und Enden gegen gewisse naive, auch berechtigte Interessen der Menschen gehen. Verständlich wird die ganze Sache, die ich angedeutet habe, erst dann, wenn man in Erwägung zieht, daß alles, was ich Ihnen bisher erzählt habe auf diesem Gebiete, alle diese Attentatunternehmungen, auf die ich bisher hingedeutet habe, eigentlich dilettantisch gelenkte, laienhaft gelenkte Versuche waren, daß sie nicht mit durchgreifender Erkenntnis der okkulten Zusammenhänge gemacht worden sind, weil sie aus einer Art von Angst herausgeboren waren, als Abwehrrnaßregeln, weil sie auch nicht einheitlich geleitet waren. Verständlich wird die Sache dann, wenn man eben auf das sieht, was abgelenkt hat werden sollen. Das wurde schon mit einsichtigeren Mitteln erstrebt und in Szene gesetzt.
Sehen Sie, es bestand im Oriente noch im 19. Jahrhundert ein merkwürdiger Orden: «Thugs.» Dieser Orden, der in einem Teil Asiens blühte, war nicht entstanden aus der bloßen Sehnsucht, seine Ziele zu verwirklichen, der Sehnsucht etwa aus dem Herzen jener Menschen heraus, die diesem Orden angehörten. Dieser Orden verpflichtete seine Mitglieder, gewisse Menschen, die bezeichnet wurden von sehr, sehr im Unbekannten sich haltenden Oberen, zu ermorden. Eine Art Mörderorden war es, ein Orden, der die Aufgabe hatte, gewisse Menschen zu ermorden. Seine Tätigkeit bestand darinnen, daß man von Zeit zu Zeit erfuhr: der oder jener ist ermordet worden. Die Ermordung geschah aber aus dem Grunde, weil einfach einem Mitgliede des Thugs-Ordens von unbekannten Obern diese oder jene Persönlichkeit bezeichnet worden ist, die es zu ermorden hatte.
An den betreffenden Stellen, wo man das einleitete, wußte man schon, was man damit für eine Absicht verfolgte. Die Absicht, die man verfolgte, indem man erst die Angelegenheiten des physischen Plan so ordnete, daß dieser Mörderorden entstehen konnte, dann wiederum die Angelegenheiten dieses Mörderordens in entsprechender Weise in Szene setzte, es war die folgende: Man beabsichtigte,
daß eben gerade solche Menschen gewaltsam durch des Todes Pforte gehen sollten, die dann mit der Eigenschaft ausgestattet waren, nach dem Tode gewisse Geheimnisse zu wissen. Diejenigen Menschen, die dieses arrangiert haben, sie haben nun andererseits wiederum die entsprechenden Spiegelereignisse, wie man das im okkulten Leben nennt, hier auf dem physischen Plane eingerichtet; sie haben namentlich dieses vor: entsprechende Spiegelereignisse hier auf dem physischen Plane einzurichten. Zum Teil, wenn auch wenige, aber zum Teil sind solche Ereignisse schon hier auf dem physischen Plane eingerichtet worden. Das macht man so: Man schult gewisse dazu geeignete Persönlichkeiten zu Medien, bringt sie dann in einen medialen Zustand und lenkt durch gewisse Verrichtungen die Strömungen von der geistigen Welt nach dem Medium hin; so daß das Medium gewisse Geheimnisse kundgibt, die auf keine andere Weise heraus kommen können als dadurch, daß eine gewaltsam getötete Person in der andern Welt diejenigen Kräfte hier auf der Erde benützt, die durch den gewaltsamen Tod noch benützbar geblieben sind, daß sie als Seele hinter gewisse Geheimnisse kommt und diese Geheimnisse dann dem Medium einträufelt. Dadurch kann wiederum hier auf der Erde von solchen, die an dem Erforschen dieser Dinge ein Interesse haben, dasjenige erforscht werden, was solche Seelen eben einträufeln.
Die Dinge nun, die auf diese Weise erforscht werden, sind in einem gewissen Sinne, wenn ich so sagen darf, geistige Frühgeburten. Die Seelen, die auf normale Weise durch des Todes Pforte gegangen sind und Gelegenheit dazu haben, mit solchen Dingen in Berührung zu kommen, wissen: sie haben sich gerade jetzt vorzubereiten, und zeigen, daß sie darinnenstehen in solcher Vorbereitung, um in einem späteren Zeitpunkt, wenn die Menschheit dazu reif geworden ist, durch geeignete Wege manches aus der geistigen Welt auf die Erde herunterzubringen, es der Erde hier unten einzuimpfen. Dies ist sogar eine wichtige Aufgabe einer Anzahl von Menschen, die jetzt durch des Todes Pforte gehen: wenn sie die genügende Reife erlangt haben werden für gewisse Geheimnisse, die sie nicht in verkürzter Erfahrung dadurch bekommen, daß benützt werden jene Kräfte, welche durch
gewaltsame Tode herbeigeführt werden, dann die normalen Kräfte zu benützen. Diese Menschen haben geradezu die Aufgabe, hinter diese Kräfte zu kommen und sie wiederum einzuinspirieren Menschen, die hier auf der Erde sind, die keine Medien sind, sondern die sie auf normale, ordentliche Weise, durch Inspiration erfahren sollen. Darauf müßte gewartet werden im normalen Leben. Dadurch daß diese Dinge, die eigentlich später kommen sollen, als geistige Frühgeburten auf dem Wege kommen, den ich Ihnen angedeutet habe - durch okkultes Verbrechertum -, dadurch können diejenigen, die nicht Gutes mit der Menschheit beabsichtigen, die also in diesem Sinne schwarze oder graue Magier sind, sich in den Besitz solcher Geheimnisse stellen.
Und solche Dinge gingen vor hinter den Kulissen des äußeren Geschehens gerade unserer Jahrzehnte. Beabsichtigt war: in die Hände einer gewissen Gruppe von Menschen erstens das Geheimnis zu legen, wie Massen beherrscht werden, was ich zuerst angedeutet habe. Es ist dies das Geheimnis, wie gerade diejenigen Massen, welche sich wenig kümmern um die äußeren Angelegenheiten, jedoch spirituelle Anlagen haben, die vorzugsweise geeignet sind, vorbereitend zu dienen für den sechsten nachatlantischen Zeitraum, wie diese Menschenmasse in ausgiebigem Maße zu beherrschen ist und wie die Gabe, sie zu beherrschen, in die Hände von einzelnen wenigen Menschen zu bringen ist.
Das war das eine. Das andere ist etwas, was in der Zukunft eine große Rolle spielen wird: die Geheimnisse, die Mittel in die Hand zu bekommen, um Verhältnisse, die mit Krankheitsprozessen, auch mit dem Fortpflanzungsprozeß zusammenhängen, in einer bestimmten Richtung zu dirigieren. Da handelt es sich namentlich um solche Dinge, wie ich sie schon angedeutet habe gegenüber einigen Freunden. Das materialistische Zeitalter strebt danach aus gewissen Kreisen heraus, alle spirituelle Entwickelung der Menschheit zu paralysieren, unmöglich zu machen; die Menschen dahin zu bringen, daß sie ablehnen, einfach durch ihre Temperamente, durch ihren Charakter ablehnen alles Spirituelle, es für Narretei ansehen.
Solch eine Strömung - bei einzelnen Menschen ist sie heute schon
bemerkbar - wird sich immer mehr und mehr vertiefen. Es wird die Sehnsucht entstehen, daß allgemeines Urteil wird: Das Spirituelle, das Geistige ist Narretei, ist Wahnsinn! - Das wird man dadurch zu erreichen versuchen, daß man dagegen Impfmittel herausbringt, daß man, so wie man auf Impfmittel gekommen ist zum Schutz gegen Krankheiten, nun auf gewisse Impfmittel kommt, die den menschlichen Leib so beeinflussen, daß er den spirituellen Neigungen der Seele keine Wohnung gewährt. Man wird die Menschen gegen die Anlage für geistige Ideen impfen. Das wird man wenigstens anstreben: man wird Impfmittel versuchen, so daß die Menschen schon in der Kindheit den Drang zum geistigen Leben verlieren. Das ist aber nur eines von den Dingen, die zusammenhängen mit einer intimeren Kenntnis, die auftreten muß in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum über den Zusammenhang dieser Naturvorgänge, Naturmittel, mit dem menschlichen Organismus. Sie werden in der entsprechenden Zeit in der Menschheit auftreten. Es wird sich nur darum handeln, ob vorher solch ein Streben Glück haben kann, wie das solcher geistiger Frühgeburten: in die Hände von einzelnen Menschen, die ihre Zwecke damit verfolgen, solche Bestrebungen gelangen zu lassen, oder ob die Erkenntnis von diesen Dingen in der richtigen Weise, wie es dem Heile der Menschheit dienen soll, herabkommt, wenn die Zeit dazu reif ist.
Diese Organisation, die für solche geistige Frühgeburten bestimmt war, welche mit Hilfe des Mörderordens der Thugs arbeitete, die war nicht dilettantisch; die arbeitete sehr systematisch, wenn auch in einer Weise, welche für jeden, der es mit der Menschheit gut meint, fürchterlich ist; die arbeitete sachgemäß, nicht dilettantisch, mit Kenntnis der entsprechenden Mittel.
Weil dieses Bestreben da war, durch verfrühtes Herabkommen bestimmter Mittel aus der geistigen Welt einen Teil der Menschheit in den Besitz, in den egoistischen Besitz desjenigen zu setzen, was ja doch im Laufe der Menschheitsreifung im fünften nachatlantischen Zeitraum kommen muß, so entstand, da dieses auftrat, jenes ängstliche Unbehagen bei andern, welche gewissermaßen - aber dilettantisch, weil es ein angstgeborenes Kind war - als Gegenbild die Propaganda
der Tat in Szene setzten, die ihnen nun helfen sollte, aber vorläufig ein Versuch mit untauglichen Mitteln war.
Es ist Bedeutungsvolles, was hinter den Kulissen des äußeren Geschehens vor sich geht. Und diese Dinge würden auch hier heute nicht besprochen werden, wenn es nicht die Aufgabe wäre, diejenigen, die solche Dinge dadurch hören können, daß sie eine gewisse Vorbereitung in geisteswissenschaftlichen Dingen haben, wenn es nicht eine verpflichtende Notwendigkeit wäre, diese Menschen auf solche Dinge aufmerksam zu machen. Es besteht eine Notwendigkeit, daß solche Dinge in das Bewußtsein der Menschheit der fünften nachatlantischen Zeit übergehen. Denn nur wenn sie in das Bewußtsein der Menschheit der fünften nachatlantischen Zeit übergehen, kann dasjenige erreicht werden, was Ziel werden muß der Erdenentwickelung.
Es muß das schon eintreten, daß sich Menschen die Unbequemlichkeit auferlegen, nicht bloßso zu denken, wie es den sogenannten heutigen Gebildeten die Hochschulen vermitteln; es muß eine Zeit eintreten, in der eine Anzahl von Menschen sich bereit erklärt, solch eine unbequeme Weltanschauung auf sich zu nehmen, die ihre Richtungen, ihre Begriffe, ihre Ideen aus der geistigen Welt herausholt. Denn die Menschheit darf nicht in jenem Schlafzustande bleiben, in welchem sie bleiben will mit den abstrakten, allgemeinen Begriffen, nach denen das materialistische Zeitalter strebt und sie dann edel nennt.
Es gibt also, wenn Sie bedenken, was ich Ihnen damit angedeutet habe, eine ganze Summe von Möglichkeiten, von der geistigen Welt herkommende Strömungen zu benützen, um hier auf der physischen Erde während der fünften nachatlantischen Zeit Unheil anzurichten; es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten dazu. Ich habe Sie auf eine solche Möglichkeit heute hingewiesen. Und daß man betonen muß, das Aufnehmen solcher Erkenntnis in das Bewußtsein einiger Seelen sei eine Notwendigkeit, das hängt zusammen mit dem ganzen Grundcharakter unseres Zeitalters. Gerade die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war eine sehr wichtige Zeit. Ich habe öfter in diesen und jenen Kreisen unserer Freunde hingewiesen, wie das Jahr 1841
eine Krisis, ein Entscheidungsjahr war. Natürlich kommt man nicht darauf, wenn man bloß die Ereignisse hier in der physischen Welt ansieht, sondern erst wenn man die Ereignisse ansieht im Zusammenhang mit dem, was sich in der geistigen Welt abspielt. Das Jahr 1841 war in der Tat das Krisenjahr für die Einleitung der materialistischen Zeit, denn dazumal hat in den geistigen Welten ein ganz bestimmter Kampf begonnen, ein Kampf von gewissen Geistern der Finsternis, können wir sagen, die der Hierarchie der Angeloi angehören. Sie kämpften diesen Kampf bis in den Herbst 1879 in der geistigen Welt. Sie strebten bestimmte Dinge an, eine ganze Reihe von Dingen, von denen wir heute nur eines erwähnen wollen. Dazumal, zwischen dem Jahre 1841 und 1879, sollte es sich entscheiden, ob eine gewisse Summe von spiritueller Weisheit in der geistigen Welt droben reifgemacht werden kann, so daß sie von dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts an allmählich auf die Erde herunterträufelt, das heißt, in die menschlichen Seelen hineinkommt und in den menschlichen Seelen spirituelles Wissen anregt, solches Wissen, das wir eben heute als Wissen der Geisteswissenschaft bezeichnen. Das ist ja erst seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts möglich geworden, solches Wissen.
Nicht reif werden zu lassen drüben in der geistigen Welt das, was da herunterträufeln sollte, das war die Absicht jener Angeloigeister zwischen dem Jahre 1841 und 1879. Aber diese Geister haben den Krieg, den sie durch diese Jahrzehnte geführt haben gegen die Geister des Lichtes, sie haben diesen Kampf verloren. Tatsächlich hat sich im Jahre 1879 etwas abgespielt in kleinerem Maßstabe, wie sich solche Ereignisse wiederholt im Laufe der Evolution abgespielt haben und wie sie immer durch ein bestimmtes Symbolum ausgedrückt werden: durch den Sieg des Michael oder heiligen Georg über den Drachen. Auch da, 1879, auf einem gewissen Gebiete ist der Drache überwunden worden. Dieser Drache sind die Angeloiwesen, die das anstrebten, aber eben nicht erreichen konnten, was ich angedeutet habe. Deshalb sind sie 1879 aus der geistigen Welt in den Bereich der Menschen herein gestürzt worden. Es war der Sturz der Angeloiwesen aus dem Bereich der geistigen Welt in den Bereich der Menschen,
und in dem Bereich der Menschen wandeln sie jetzt unter den Menschen. Da sind sie vorhanden, indem sie ihre Kräfte hineinsenden in die Gedanken, Gefühle, Willensimpulse der Menschen, indem sie das oder jenes anstiften. Sie haben nämlich nicht verhindern können - darinnen besteht ja das, daß sie den Kampf verloren haben -, sie haben nämlich nicht verhindern können, daß die Zeit gekommen ist, in der das spirituelle Wissen herabträufelt. Dieses spirituelle Wissen ist jetzt da und wird immer weiter und weiter sich entwickeln; die Menschen werden die Fähigkeit haben können, die geistige Welt zu durchschauen.
Aber nun sind diese Angeloiwesen auf die Erde herabgestürzt und wollen hier Unheil stiften mit dem Herabträufeln, wollen hier dieses Wissen in falsche Bahnen leiten, wollen diesem Wissen seine gute Macht rauben und es in schlechte Kanäle bringen. Kurz, sie wollen das, was sie mit Hilfe der Geister drüben nicht haben erreichen können, hier mit Hilfe der Menschen erreichen, weil sie herabgestürzt sind seit dem Jahre 1879. Zerstören den guten Weltenplan wollen sie, der darinnen besteht, in den richtigen Reifezeitaltern das Wissen von der Beherrschung der Menschenmassen, das Wissen von Geburt, Krankheit und Tod und andern Dingen unter den Menschen zu verbreiten. Sie wollen es frühzeitig verbreiten durch die geistigen Frühgeburten. Neben andern Dingen, die diese Geister anrichten wollen, wirken sie in dem, was ich eben angedeutet habe.
Helfen wird gegen den Einfluß dieser ahrimanischen Wesenheiten nur das Bewußtsein - ich habe das wiederholt angedeutet in den Mysteriendramen, erinnern Sie sich nur an den Schluß des letzten -, daß gegen gewisse Dinge, die Ahriman will, nur das hilft, daß man ihn durchschaut, daß man weiß, daß er da ist. Das fünfte nachatlantische Zeitalter muß sich dahin entwickeln, daß gewissermaßen viele Menschen darauf kommen, zu den ahrimanischen Mächten und Wesenheiten so zu sprechen, wie der Faust spricht: «In deinem Nichts hoff ich das All zu finden.» Das muß eine Gesinnung werden: da hineinzuschauen, wo die materialistische Anschauung das «Nichts» sieht, da die geistige Welt zu sehen. So daß Ahriman-Mephistopheles gezwungen wird, zu solchen Menschen so zu sprechen wie zu Faust,
als er ihn zu den Müttern schickt: «Ich rühme dich, eh du dich von mir trennst, und sehe wohl, daß du den Teufel kennst.» Neulich sagte ich spaßend in Dornach drüben, diese Bemerkung würde Mephistopheles zu Woodrow Wilson nicht gemacht haben! Ihm würde er gesagt haben: «Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie beim Kragen hätte.» Es handelt sich wirklich darum, daß es eine wichtige Tatsache ist, daß die Menschen lernen, hineinzuschauen in die konkreten Vorgänge der geistigen Welt. Und es ist nun schon einmal so, daß wenn auf der einen Seite so etwas von ganz besonderer Notwendigkeit ist, die Gegenkräfte besonders stark sind, so daß sich die Menschen heute sträuben gegen diese Dinge.
Das bitte ich Sie besonders zu berücksichtigen hier in Zürich, wenn Sie jetzt das sehr anerkennenswerte, sehr freudig zu begrüßende Bestreben haben, in gewisse Kreise, die heute noch sehr ablehnend gegen Geisteswissenschaft sind, diese Geisteswissenschaft zu tragen: sich keinen Illusionen hinzugeben! Man erlebt viele Enttäuschungen, und zunächst nur Enttäuschungen, wenn man versucht, die Dinge, die geschehen müssen und deshalb geschehen sollen, wirklich in der rechten Weise in die Wege zu leiten. Es darf uns niemals abhalten, diese Dinge in die Wege zu leiten. Man muß so erfaßt werden von dem Impuls, der der notwendige Impuls der Gegenwart ist, daß man dasjenige, was geschehen soll, tut, ohne Rücksicht, ob die Folgen - auch in diesem Falle - nach der einen oder nach der andern Seite eintreten.
Und nur wenn man diese Gesinnung hat, kann man etwas erreichen. Und man erreicht oftmals etwas nach einer Richtung hin, die scheinbar gar nicht die beabsichtigte war. Man muß - das bitte ich Sie zu berücksichtigen - viel mehr tun, als es den Erfolgen gegenüber manchmal erfreulich ist. Denn mit der Propaganda der Geisteswissenschaft steht man in etwas anderem drinnen, als in all den Propaganden, die heute sonst gemacht werden auf andern Gebieten. Auf andern Gebieten redet man zu den Leuten schließlich meistens von etwas, was sie so genau wissen, wie die Betschwestern, die in der Kirche sitzen, dasjenige wissen, was der Pfarrer von der Kanzel redet. Die meisten Vereine haben zu ihren Programmen dasjenige, was den Leuten recht
leicht trivial eingeht. Da bleibt man zumeist auf dem Gebiete der Abstraktionen. Schöne Programme macht man, die nicht wirklichkeitsverwandt sind, die auch nicht in die Wirklichkeit hineingehen können. Will man die Bestrebungen des spirituellen Lebens im fünften nachatlantischen Zeitraum pflegen, dann muß man sie als etwas Lebendiges betrachten. Aber sehen Sie sich das Lebendige an: das geistig Lebendige hat sein Abbild in dem natürlich Lebendigen. Ich frage Sie: Scheut der Fisch im Meere davor zurück, so und so viel Eier abzulegen, die zugrunde gehen? Fragen Sie sich, wie viele von den abgelegten Eiern Seefische werden? Wie viele gehen da zu grunde! So ist es im Leben, so ist es auch im geistigen Leben. Sie können durch lange Jahre hindurch immer wieder und wiederum zu großen Menschenmassen sprechen - Sie müssen zufrieden sein, wenn sich in diesen großen Menschenmassen immer einige wenige finden, die nur angeregt werden: denn das ist im Charakter des Lebendigen gelegen. Da erreicht man aber wirklich nur etwas, wenn man es wie die Natur, die das Abbild des Geistes ist, selber macht. Was würde es sein, wenn die Natur sich abhalten ließe, die von Lebewesen zugrunde gehenden Eier ablegen zu lassen, weil bemerkt wird in der Natur, daß in einem Jahre so und so viel Eier zugrunde gehen? Der Naturprozeß geht weiter, und der erreicht auch die Evolution. Nicht auf Erwägungen kommt es an, die wir anstellen, ob dies oder jenes erreicht werden kann, ob dies dem oder jenem zusagt, sondern darauf kommt es an, daß wir in der Sache selber den Impuls sehen und daß wir gar nicht anders können, als diesen Impuls in die Welt hineinzutragen.
Und wenn man die Gründe anblickt, einige davon haben wir heute wiederum vor unsere Seele geführt, aus denen heraus man diesen Impuls in die Welt des fünften nachatlantischen Zeitraums hineintragen soll: sie sind wahrhaftig ernst genug. Und der Widerstand wird dann am größten, wenn die Notwendigkeit am größten ist. Die Menschen werden sich bequemen müssen, diejenigen Dinge, die geschehen, und die ja in unserer Zeit, in unseren Jahren wahrhaftig ein grausames Gepräge haben, diejenigen Dinge, die hier auf dem physischen Plane geschehen, alle im Zusammenhang zu betrachten mit
Geschehnissen, die hinter den Kulissen sich abspielen. Da erst lassen sich die Dinge verstehen. Aber die Menschen, die heute als Geschichtsschreiber, als Soziologen, als Nationalökonomen oder als Politiker ihre Regeln und Gesetze hernehmen bloß vom physischen Plane - ja, die gleichen gegenüber den realen Notwendigkeiten heute solchen Menschen, welche, wenn sie zum Beispiel eine große Arbeit zu verrichten haben, damit beginnen, daß sie sich auf die Chaiselongue hinlegen und schlafen, weil sie denken, sie werden es im Traume schon verrichten. So wirken in der Tat heute zumeist diejenigen, die dem Leben der Bildung, dem Leben der einzelnen Wissenschaften angehören. Es sind Leute, welche die Wirklichkeit verträumen. Denn wie schreiben die Menschen Geschichte, wie schreiben die Menschen Soziologie? Wie jemand eben, der keine Ahnung hat von den wirklichen Kräften, die hinter dem stehen, wovon die Leute träumen. Es ist dasjenige, woraus namentlich so tiefe, so einschneidende Ereignisse entstehen wie die unserer Zeit, so um die Menschen, die sich heute um Wissenschaft bekümmern, wie ein Zimmer um einen Menschen ist, der nie dieses Zimmer gesehen hat, den Sie schlafend hineingetragen haben und der drinnen weiterschläft und nur schlafend dieses Zimmer kennenlernt. So lernt die rein materialistische Wissenschaft die Welt kennen.
Was in meinem Buche «Vom Menschenrätsel» als schauendes Bewußtsein bezeichnet ist, es muß sich bis zu einem gewissen Grade der Menschheit des fünften nachatlantischen Zeitalters geradezu ergeben; denn gewisse Geheimnisse müssen an den Tag treten, weil sie sonst in unrechtmäßiger Weise durch solche Mittel, wie ich sie Ihnen heute erzählt habe, unter den Menschen verbreitet werden. Wie gesagt, es ist nicht leicht, diese Dinge anzudeuten in der heutigen Zeit; aber es besteht eine Pflichtnotwendigkeit, von diesen Dingen zu sprechen. Für vieles muß man sich aneignen, ich möchte sagen, eine gewisse Beobachtungsgabe, die anders als die grobklotzige Beobachtungsgabe der gegenwärtigen Menschen ist.
Auf zwei Dinge möchte ich Sie hinweisen im Zusammenhange mit dem Gesagten. Erstens, die Menschen gewinnen heute schon etwas, wenn sie versuchen, Dinge, die man sonst als Zufall ansieht, so ernst
zu nehmen, daß sie in ihnen etwas sehen wie Hinweise, die Seele zu vertiefen. Nehmen wir an, Sie lesen, da oder dort ist in diesem oder jenem Zeitpunkt gerade jener Mensch gestorben. Man kommt auf manches, wenn man sich die Frage vorlegt: Wie wäre es, wenn derselbe Mensch drei Monate früher oder drei Monate später gestorben wäre? - eine Frage, die ja bloß mit Möglichem rechnet. Aber Sie können sicher sein, wenn Sie sich eine solche Frage vorlegen, so kann das in Ihnen Kräfte auslösen, durch die Sie anderes erkennen. - oder Sie fahren auf der Eisenbahn und haben vielleicht mit jemandem ein sehr wichtiges Gespräch, das für Sie eine große Bedeutung hat und dergleichen. Solche Dinge nimmt selbstverständlich der Materialist als einen gelungenen Zufall. Aber derjenige, der nach und nach sich einleben will in das Hinter-die-Kulissen-des-Daseins-Kommen, der lenkt den Blick auf so etwas; der beschäftigt sich - nicht indem er Begriffe zu sehr preßt, sondern indem er an solchen Dingen etwas fühlt -, er beschäftigt sich mit solchen Dingen, weil ihm gleichsam Fingerzeige gegeben werden, daß zwischen den Dingen, die sich zu- tragen, Kräfte spielen, die nicht bloß aus der Mechanik und aus der Mathematik zu entnehmen sind. Das ist das eine.
Das andere, was ich immer wieder und wiederum erwähnen will, ist, daß trotz des Materialismus unserer Zeit den Menschen sich vieles geistig offenbart. Die Leute genieren sich heute nur, wenn sie geistige Erfahrungen machen, davon viel zu reden. Sie können heute hören, wenn jemand etwas mitteilsam wird, weil er Vertrauen zu Ihnen hat: der hat das getan, der andere hat jenes getan. Wenn er Ihnen wirklich ehrlich und aufrichtig sagt, warum er diese Zeitung begründet hat, das oder jenes getan hat, so erzählt er Ihnen einen Traum, scheinbar einen Traum, er erzählt das oder jenes als eine Anregung aus der geistigen Welt heraus. Das geschieht heute auf Schritt und Tritt; das geschieht viel mehr, als man denkt. Unter geistigen, unter spirituellen Impulsen wird heute vieles in die Tat geführt, viel mehr als man denkt. Die Menschen genieren sich nur, diese Dinge zu gestehen, weil sie meistens nicht voll genommen werden, wenn sie diese Dinge erzählen.
Nach diesen beiden Seiten hin ist es gut, seine Seele zu vertiefen:
gerade in unserer Zeit wirklich darauf zu achten, daß irgendein Wink von irgendeiner Seite her kommen könnte, wenn man dies oder jenes erlebt, was einen aufmerksam sein läßt; und dann auch hinzuschauen - weil man doch Gelegenheit hat, da und dort etwas zu vernehmen -, wie den Leuten Dinge geoffenbart werden aus der geistigen Welt heraus, in gutem und in schlechtem Sinne, unter deren Antrieb, unter deren Impulse sie handeln. Das ist gerade heute mehr der Fall, als rnan glaubt.
Das sind Dinge, auf die ich Sie heute aufmerksam machen wollte. Wfr werden dann am nächsten Dienstag weiter reden über solche Dinge.
HINTER DEN KULISSEN DES ÄUSSEREN GESCHEHENS Zürich, 13. November 1917 Zweiter Vortrag
In dem Vortrage, den ich hier vor acht Tagen gehalten habe, wollte ich das Thema anschlagen, das ja jetzt so notwendig ist zu besprechen, das Thema, das geradezu energisch herausgefordert wird durch unsere so tragisch in das Menschheitsleben eingreifenden Ereignisse, das Thema, das man kurz bezeichnen könnte mit den Worten: Die Menschheit hat es dringend nötig, wiederum zu der Erkenntnis, zu dem Bewußtsein zu kommen, daß die Welt, die sich hier im Physischen abspielt, zusammenhängt mit einer konkreten geistigen Welt. Die Menschheit hat es dringend nötig, sich zum Bewußtsein zu bringen, daß eine geistige Welt bis in die Einzelheiten des Daseins in die physische Welt hereinwirkt.
Nun muß man sagen, daß ganz besonders unsere Zeit aufmerksam werden muß darauf, daß sich dieses Bewußtsein in der Menschheit verbreitet. Denn der Mensch der Gegenwart, äußerlich, physisch unterscheidet er sich nicht gerade sehr beträchtlich von den Menschen derjenigen Vergangenheiten, mit denen man gewöhnlich in der Geschichtsbetrachtung rechnet. Man kommt ja in der Geschichtsbetrachtung nicht weiter zurück als höchstens bis in den dritten nachatlantischen Zeitraum. Was vorher liegt, das ist eine ziemlich vage Geschichtsbetrachtung, und nur die will ja der Mensch der Gegenwart gelten lassen. Das seelische Leben der Menschheit hat sich in dieser Zeit sehr, sehr geändert. Aber daß sich das äußere physische Leben, die Umwandlung des Organismus gleich sehr geändert hätte, das kann man nicht sagen. Und daher bemerken die Menschen nicht, dringen nicht darauf, zu bemerken dasjenige, was eigentlich vorgeht, was sich abspielt und was seine Impulse in der geistigen Welt hat. Wir leben in der Tat in einer bedeutungsvollen Zeit. Das hat nichts zu tun mit der oftmals gemachten trivialen Bemerkung, die in die Worte gekleidet wird: Wir leben in einer Übergangszeit. - Selbstverständlich ist jede Zeit eine Übergangszeit, es handelt sich nur darum, daß man weiß, was in der betreffenden Zeit übergeht.
Dasjenige, was in unserer Zeit übergeht, das heißt, was andere Formen annimmt, was eine bedeutsame Wandlung durchmacht, das kommt einem ganz besonders dann zum Bewußtsein, wenn man in die Lage versetzt ist, seinen Blick nicht nur zu richten auf das Leben der Wesen, die hier auf der Erde in physischen Leibern herumlaufen, sondern wenn man den Blick wendet auf die Wesen, die nicht der physischen Welt angehören, zu denen ja auch die verstorbenen Menschen gehören. In der Welt, welche der Mensch durchmacht zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, da sind schon die Wandlungen, und insbesondere die Wandlung der gegenwärtigen Zeit bedeutsam, tief einschneidend zu bemerken. Der Mensch der Gegenwart will nur nicht gern ernst nehmen dasjenige, was sich auf die geistige Welt bezieht. Und daß er dies so wenig ernst nehmen will, das ist etwas, was einem ganz besondere Gefühle und Empfindungen nahelegt, wenn man heute an die Entstehung desjenigen denkt, was wir Anthroposophie nennen. Es ist wirklich so, daß man gar nicht irgendwie eine besondere Vorliebe zu haben braucht für die Ideen, die in der anthroposophischen Bewegung vertreten werden, um diese Ideen vertreten zu wollen. In einer andern Bewegung - was gibt es nicht heute alles für Bewegungen, was werden nicht alles für Vereinigungen gegründet, die alle die Überzeugung haben, daß sie das Allernotwendigste in der Welt vorstellen -, in allen solchen Vereinen, allen solchen Bewegungen haben die Leute, ich möchte sagen, den subjektiven Fanatismus ihrer Bewegung. Sie sind eingenommen für ihr Programm, und sie halten dieses Programm für etwas ungemein Seligmachendes, für eine absolute Notwendigkeit. Ein solches Eingenommensein braucht man gar nicht für die anthroposophische Bewegung, sondern der Impuls, sie zu vertreten, kann aus ganz anderem hervorgehen. Und wenn ich das kurz bezeichnen soll - manches muß ja unter uns kurz bezeichnet werden, weil wir immer nur so kurze Zeit zusammensein können -, so möchte ich sagen: Dasjenige, was einen zwingt, wenn man sich die Überzeugung von der Wahrheit der anthroposophischen Ideen erworben hat, für die Verbreitung dieser Ideen alles Mögliche zu tun, das ist das Mitgefühl mit denjenigen Menschen, welche in der Gegenwart diese Ideen brauchen - und das sind im
Grunde genommen fast alle Menschen, mit denen wir in Berührung kommen -, das Mitgefühl mit den Menschen, welche diese Ideen haben müssen und welche verurteilt sind, Schlimmes auf sich zu nehmen, wenn sie diese Ideen nicht haben.
Ich wollte das letzte Mal eine Vorstellung davon hervorrufen, daß äußerlich auf dem physischen Plane vieles unverständlich ist, das anfängt verständlich zu werden, wenn man es erklären kann aus dem Zusamenhang heraus mit der geistigen Welt. Ich möchte Ihnen heute noch einige andere wichtige Gesichtspunkte, die scheinbar von ganz anderer Seite zunächst hergeholt sind, vorbringen. Gehen wir von etwas aus, das uns ja auf Schritt und Tritt entgegentreten kann. Man kann heute sagen, es wird von vielen Seiten, die sich für berufen halten, gerade als ein Zeichen besonderer religiöser Aufklärung aufgefaßt, abzulehnen solche Ideen, wie wir sie wiederum haben müssen, daß man, sobald man die Schwelle zur geistigen Welt übertritt, es zu tun hat mit vielen geistigen Wesenheiten, mit ganzen Hierarchien von geistigen Wesenheiten, Angeloi, Archangeloi und so weiter hinauf. Es wird als ein Zeichen besonderer religiöser Aufklärung angesehen, wenn man bloß reflektiert auf das, was man den einzigen Gott nennt, diesen einzigen Gott, zu dem man eine möglichst intime, unmittelbare Beziehung suchen will. Das wird ja als der einzig mögliche Monotheismus angesehen, und manche Leute äußern schon einen Horror, wenn sie hören, nun kommt gar eine Lehre, welche von vielen geistigen Wesenheiten spricht.
Man muß sich nur klar sein, was das eigentlich bedeutet. Wenn der Mensch nur dasjenige Verhältnis zur geistigen Welt entwickelt, welches heute religiös gang und gäbe ist, welches die sich aufgeklärt dünkende Kirche besonders pflegt, dann kommt er nur in ein ganz bestimmtes, wenn es auch ein Gefühlsverhältnis ist, nur in ein ganz bestimmtes Verhältnis zur geistigen Welt, nämlich nur in das Verhältnis zu dem ihn beschützenden Angelos, zu dem Engelwesen, zu dem er eine reale Beziehung hat. Und dieses Engelwesen, zu dem er allein eine Beziehung finden kann, zu dem er ein gewisses Gefühl haben kann, dieses Engelwesen nennt er dann seinen Gott; wenn er ein Christ ist, nennt er auch dieses Engelwesen Christus. Er verwechselt
dieses Engelwesen mit dem Christus. Vielleicht kann man sich das schwer vorstellen, aber es ist so. Gerade die sich aufgeklärt dünkenden protestantischen Theologen, welche so sehr abmahnen davon, Vielgötterei zu treiben, um zu dem einen Wesen, zu dem Christus, einen unmittelbaren Bezug zu gewinnen, die können noch so viel reden zu den Menschen über den Christus, das, was sie über den Christus Sagen, bezieht sich nur auf das Verhältnis des Menschen zu seinem Engelwesen. So daß zumeist der Monotheismus in unserer Zeit der Gefahr ausgesetzt ist, eine Anbetung des einzelnen Engels eines jeden Menschen zu sein.
Nicht wahr, gestehen wollen sich ja heute die Menschen vieles noch nicht, was doch unter ihnen als Wirklichkeit lebt. Der objektive Betrachter sieht aber schon, ich möchte sagen, aus groben Verhältnissen heraus, wie sich die Menschen anschicken, aus solchen Illusionen heraus allerlei recht verhängnisvolle Vorstellungen und Empfindungen zu entwickeln. In diesem Anbeten des eigenen Engels liegt es ja, daß jeder seinen eigenen Gott hat und nur glaubt, er habe mit dem andern einen gemeinsamen. In Wahrheit beten die Monotheisten der heutigen Zeit jeder nur den eigenen Engel an, und weil so zusammenstimmen die Worte, die ertönen, wenn ein jeder sein Verhältnis zu seinem eigenen Engel, sein egoistisches Verhältnis zu seinem eigenen Engel bespricht, so glauben sie nur, sie reden von einem gemeinsamen Gotte. Würde diese Entwickelung so fortgehen, so würde sie die Menschen dazu bringen, auch als einzelne menschliche Individuen dasjenige immer mehr zu entwickeln, was wir ja schon heute in den Nationen auf eine recht entsetzliche Weise zutage treten sehen: die Nationen, wenn sie auch theoretisch noch von einheitlicher Göttlichkeit sprechen - im Ernste wollen sie diese Göttlichkeit besonders in dieser Zeit nicht anerkennen, sondern eine jegliche Nation möchte ihren eigenen Gott haben.
Das ist aber nur das äußerlich Hervortretende, ich möchte sagen, das grob Hervortretende. In Wirklichkeit will jeder Mensch heute seinen eigenen Gott haben und nennt dann dasjenige Verhältnis, das er bloß zu seinem Angeloswesen entwickelt, Monotheismus. Weil sich in einer Zeit, wo man bloße Anlagen entwickeln will für die Anschauung
des Sinnlichen, alle Verhältnisse trüben, deshalb bemerkt der Mensch nicht, daß das so ist, wie ich es eben charakterisiert habe.
Nun, man kann auf Schritt und Tritt heute sehen: Wenn man zu den Menschen, die noch nicht irgendwelche Begriffe von Anthroposophie aufgenommen haben, redet von konkreten Beziehungen des Menschen zur geistigen Welt, dann wollen sie auf solche Dinge nicht eingehen. Sie haben eine Scheu, darauf einzugehen. Sie wollen nicht den Mut fassen, ihre Gedanken zu verbinden mit irgendwelchen Impulsen, von denen als aus der geistigen Welt kommend, gesprochen wird. In Zeiten von Krisen war etwas Ähnliches immer vorhanden, und wir leben in einer Zeit der Krise. Mit außerordentlich schmerzlichen Empfindungen muß man sehen, wie unaufmerksam eigentlich die gegenwartige Menschheit gegenüber den so deutlich, so eindringlich sprechenden Ereignissen, tragischen Ereignissen der Gegenwart ist, wie wenig die Menschen darauf eingehen, anders als unter dem Zwange, der dann vom Materiellen kommt, auf diese Ereignisse der Gegenwart die nötige Aufmerksamkeit zu richten. Man möchte sagen, herangebändigt muß der einzelne Mensch erst werden, um aufmerksam darauf zu werden, daß dasjenige, was in unseren Jahren vorgeht, überall tief einschneidende Menschheitsimpulse vor die Menschenseele hinstellt.
Und daher kommt es ja, daß die Menschen gar nicht hinhorchten, wenn irgendwie sich geltend machte das Urteil: daß Wichtiges, Einschneidendes von Menschen der Gegenwart gedacht, vorgenommen werden muß, um gewissermaßen aus der Misere der Gegenwart herauszukommen, und daß dasjenige, was gedacht, was vorgenommen werden muß, herausgeboren sein muß aus geistigen Erkenntnissen, aus konkreten geistigen Erkenntnissen. Mit dem immerwährenden Betonen des Geistigen im allgemeinen, mit dem Herumreden davon, daß die Menschen sich geistig vertiefen sollen und so weiter, damit kommt man nicht aus. Um was es sich handelt, das ist, daß die Menschen in der Gegenwart konkrete Beziehungen zur geistigen Welt gewinnen müssen. Für uns könnte es ja verständlich sein, daß auch in früheren Zeiten, in denen die Menschen noch mehr Beziehung zur geistigen Welt gehabt haben, sie aufmerksam gemacht wurden auf
konkrete Beziehungen zur geistigen Welt, die nur heute nicht mehr verstanden werden. Man hat nicht in früheren Zeiten nur so allgemein herumgeredet: Da unten auf der Erde wimmeln die Menschen herum und da oben ist irgend etwas Göttliches, - sondern man hat in konkreten Beziehungen gesprochen.
Die schönsten und bedeutsamsten Ausflüsse solcher konkreter Beziehungen sind ja Prophetien wie die des Daniel, wie die der Apokalypse, wo auch nicht bloß gesprochen wird davon: Ihr Menschen, vertraut auf einen Gott, ihr Menschen, glaubt an einen Gott, - sondern wo den Menschen gesagt wird: Ein Reich, das zweite Reich, das dritte Reich - das eine muß das andere in irgendeiner Weise ablösen -, wo den Menschen erzählt wird konkret der Zusammenhang der geistigen Welt mit der physisch-sinnlichen hier. Diese Möglichkeit, so konkret zu sprechen über das Verhältnis des Geistigen zum Physischen, hat sich die Menschheit ganz abgewöhnt. Die Menschheit möchte heute alles - wenn ich den trivialen Ausdruck gebrauchen darf - über einen Kamm scheren. Die Menschheit möchte am liebsten Theorien erfinden, nach denen man die Menschen über die ganze Erde hin gleichmäßig irdisch selig machen kann. Der Sozialist von heute denkt, daß gewisse Ideen die richtigen sind für das Menschenleben, die richtigen sind für England, für Amerika, für Rußland, Asien; wenn alle ihre Staaten so einrichten, wie es der Sozialismus will, dann komme selbstverständlich das Glück, das sich der heutige Mensch für die Erde erträumt. So denkt der Mensch. Das sind alles Abstraktionen, das sind alles unwirkliche Begriffe und Ideen; nicht wissen, daß sich auf dem einen Fleck der Erde aus einem gewissen Volkstum heraus das eine vorbereitet, auf einem andern Fleck der Erde das andere vorbereitet, nicht die Möglichkeit haben, den großen Unterschied zwischen dem Westen und dem Osten zu verstehen: das ist dasjenige, was unendliche Verwirrung und unendliches Chaos stiften muß. Denn nur dann, wenn der Mensch die Möglichkeit hat, eine Brücke zu schlagen von seiner Seele zu den objektiven Tatsachen, dann kann er in gedeihlicher Weise mitwirken an der Gestaltung des Erdenseins.
Diese Brücke wollen die Menschen nicht schlagen. Ich muß in diesen
Zeiten aus inneren Notwendigkeiten heraus zu unseren Freunden immer wieder und wiederum an den verschiedensten Orten davon sprechen, wie ein Ereignis stattgefunden hat im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, welches bedeutsam, tief einschneidend in die menschliche Entwickelung ist, ein Ereignis, von dem alle okkulten Schulen wissen, nur wissen sie oftmals nicht das Richtige über den Verlauf dieses Ereignisses zu sagen. Ich will auch heute kurz andeuten, um was es sich handelt. Es handelt sich darum, daß vom Jahre 1841 an ein Geisterkampf in den geistigen Regionen stattgefundenhat zwischen gewissen Wesenheiten aus den höheren Hierarchien und übergeordneten Wesenheiten. Diese Wesenheiten, welche sich rebellisch aufgelehnt haben in der Zeit vom Jahre 1841 bis 1879, und die einen Rebellenkampf gekämpft haben in dieser Zeit, diese Wesen wurden früher verwendet im Sinne der weisen Weltenlenkung. Auch diejenigen Wesen, die in gewissen andern Zeiten sich auflehnen, böse Wesenheiten werden, Wesen der Finsternisse werden, sind in gewissen Zeiten gut brauchbare Wesenheiten. Also ich rede von solchen Wesenheiten, die bis zum Jahre 1841 von höheren Geistern in dem Dienst der weisheitsvollen Weltenienkung verwendet worden sind, aber von dieser Zeit an anders wollten als ihre übergesetzten Wesenheiten. Diese Wesenheiten haben in der geistigen Welt einen bedeutsamen Kampf gekämpft, einen von denjenigen Kämpfen, die öfter stattfinden, aber auf verschiedenen Höhen, möchte man sagen, einen Kampf, der in der Legende, in der Symbolik dargestellt wird als der Kampf des Michael mit dem Drachen. Geendet hat dieser Kampf damit, daß gewisse Geister der Finsternis im Herbst 1879 herabgestoßen worden sind aus den geistigen Regionen in die Erdenregionen und seit jener Zeit unter den Menschen wirken, eingehen in die menschlichen Willensimpulse, eingehen in die menschlichen Motive, eingehen in das, was die Menschen begreifen können, kurz, in allem Menschlichen wirken. So daß also gewisse Geister der Finsternisse seit dem Herbst 1879 unter den Menschen sind, auf welche die Menschen aufmerksam werden müssen, wenn sie die irdischen Ereignisse verstehen wollen. Man könnte sagen, man sagt damit das ganz Richtige, daß diese Wesenheiten 1879 herabgestoßen worden sind, das
machte den Himmel frei von diesen Wesenheiten, aber die Erde voll von ihnen. Ihr Ort ist von jener Zeit an nicht mehr im Himmel zu finden, sie sind auf der Erde.
Wenn ich charakterisieren soll, was diese Wesenheiten eigentlich wollten mit ihrem Rebellenkampf von 1841 bis 1879, so muß ich sagen, sie wollten verhindern können, sie wollten es dahin bringen, verhindern zu können, daß die notwendige spirituelle Weisheit, die sich dem Menschen offenbaren will vom 20. Jahrhundert ab, in die Menschenseelen hineinkommen kann; sie wollten diese oben behalten und nicht in die Menschenseelen hineinlassen. Nur dadurch konnte bewirkt werden, daß vom 20. Jahrhundert ab Menschen geöffnet bekommen können den Sinn für spirituelle Erkenntnisse, daß die hindernden Geister der Finsternisse aus dem geistigen Reiche entfernt worden sind, so daß herabkommen können die für die Menschen bestimmten spirituellen Erkenntnisse. Aber hier, wo diese Geister der Finsternisse jetzt unter den Menschen herumwandeln, machen es sich wiederum diese Geister der Finsternisse zur Aufgabe, die Menschen zu verwirren; von hier aus wollen sie nun verhindern, daß das richtige Verhältnis eintritt zu den spirituellen Wahrheiten, gewissermaßen den Heilzweck der spirituellen Wahrheiten von den Menschen abhalten.
Dem kann man nur entgegenwirken durch das genaue Erkennen, durch das genaue Durchschauen dieser Dinge. Gewisse okkulte Brüderschaften machen sich aber das Gegenteil zur Aufgabe; sie wollen die Weistümer nur in ihrem engsten Kreise behalten, um sie im Sinne ihrer Machtgelüste ausnützen zu können. Und in diesem Kampfe stehen wir drinnen. Auf der einen Seite besteht die Notwendigkeit, die Menschheit in der richtigen Weise dadurch zu geleiten, daß sie spirituelle Weistümer aufnimmt; auf der andern Seite stehen abgeschlossene okkulte Brüderschaften schlimmer Sorte, welche diese Weistümer gerade nicht unter die Menschen hereindringen lassen wollen, damit die Menschen dumm bleiben gegenüber der geistigen Welt, töricht bleiben, und die in enggeschlossenen Brüderschaften Befindlichen dann von dort aus ihre Machinationen treiben können.
In den Ereignissen der Gegenwart stecken ganze Bündel solcher
Machinationen, und es wird ganz besonders der Menschheit zum Unheil gereichen, wenn sie nicht durchschauen will, daß solche Machinationen herrschen. Sie werden gleich eine Art Licht aufgehen fühlen über das, was hinter dieser Sache eigentlich steckt, wenn ich aufmerksam mache auf gewisse Wahrheiten, die heute reife Wahrheiten sind, gewissermaßen Wahrheiten, die, wie die reifen Pflaumen vom Baume, aus der geistigen Welt in das Reich der Menschen herabfallen müssen, aber die verhindert werden an der allgemeinen Ausbreitung, gegen die auch die Menschen Vorempfindungen, Vorneigungen, Vorurteile haben, weil sie sich vor ihnen fürchten.
Ich möchte in dieser Beziehung möglichst konkret sprechen. Diese Tatsache, daß 1879 eine Anzahl von Geistern der Finsternis gestürzt worden sind und seither im Menschenreiche sind, hat wichtige, bedeutsame Konsequenzen. Vor allen Dingen hat diese Tatsache die Konsequenz, daß das Denken, das klare Denken seit jener Zeit für den Menschen eine ungeheuer viel größere Bedeutung gewonnen hat, als das früher der Fall war. Es gab eben keine Zeit der Menschheitsentwickelung, in der, wenn man auf innere Notwendigkeiten dieser Menschheitsentwickelung blickt, man sagen muß, klares Denken ist so notwendig, wie nur irgend notwendig sein kann Essen und Trinken zur Unterhaltung des physischen Lebens. Denn wenn der Mensch unklar denkt in dieser Zeit, in der wir leben und in die hinein die Menschheit weiter in der Zukunft lebt, so wird man solche reifen Wahrheiten, die aus der geistigen Welt herunterfallen sollen, nicht im gehörigen Lichte sehen können. Man wird vor allen Dingen nicht die große, tiefe Bedeutung einsehen können, die für die ganze menschliche Entwickelung das Mysterium von Golgatha, die Erscheinung des Christus innerhalb der Menschheitsentwickelung hat. Von diesem Christus Jesus sprechen viele. Von dem tiefen Sinn zu sprechen, den die ganze Menschheitsentwickelung der Erde durch das Mysterium von Golgatha hat, will einen die Theologie der heutigen Zeit sogar verhindern. Natürlich hat sich dasjenige, was durch das Mysterium von Golgatha geschehen soll, erst langsam und allmählich ausgelebt. Und so recht intensiv kommt das erst in diesem Jahrhundert zum Vorschein.
In den alten Zeiten waren immer noch alte Erbgüter vorhanden aus
den Zeiten, wo die Menschen atavistisches inneres Leben hatten, das von Spiritualität durchsetzt war. Daß der Mensch die Spiritualität sich erwerben muß, wenn er sie haben will, das tritt erst in unserer Zeit auf. Daher treten in unserer Zeit, und eigentlich erst vom Jahre 1879 ab, ganz bestimmte Erscheinungen auf. Heute sind sie, weil das äußere Anschauen so grob geworden ist, eigentlich nur klar ersichtlich, wenn man den Seelenblick wendet hinein in das Reich, das der Mensch betritt, wenn er durch die Pforte des Todes tritt. Denn in anderer Weise kommen die Seelen, die vor dem Jahre 1879 geboren sind, in der geistigen Welt an, wenn sie durch den Tod gehen, als alle die Seelen ankommen werden, die nach dem Jahre 1879 geboren sind. Es ist dieses ein tief einschneidendes Ereignis, um das es sich da handelt.
Dieses tief einschneidende Ereignis also, das bewirkt insbesondere, daß die Menschen in ihren Seelen immer ähnlicher werden dem Gedanken, dem, was sie als Erkenntnisse ansehen. Es ist das für den heutigen Menschen eine sonderbare Wahrheit, aber es ist eine Wahrheit. Gewisse Dinge im richtigen Lichte zu sehen, eben mit klaren Gedanken zu sehen, mit gültigen Gedanken zu sehen, mit wirklichkeitsgesättigten Gedanken zu sehen, das ist wichtig, das ist wesentlich. Darwinismus richtig zu sehen, so wie ich zum Beispiel versuchte ihn gestern darzustellen im öffentlichen Vortrage, das ist gut. Ihn zu sehen als Grundlage für eine allein gültige Weltanschauung, ihn also so zu sehen, daß man glaubt, nur das eine ist richtig, der Mensch stamme von den Tieren ab, und auch diesen Gedanken in sich lebendig zu machen: Ich stamme von den Tieren ab, ich stamme nur aus solchen Kräften, die auch die Tiere bilden -, dieser Gedanke führt die Seele in dieser Zeit dazu, der eigenen Vorstellung ähnlich zu werden. Das ist wichtig! Wenn dann diese Seele den Leib abgeworfen hat, dann verfällt sie dem Unglücke, dieser ihrer eigenen Vorstellung ähnlich sich schauen zu müssen! Wer hier im physischen Leib des Glaubens lebt, daß nur Tierisches bei seiner Entwickelung mit tätig war, der zimmert sich für die Zeit nach dem Tode ein solches Bewußtsein, daß er sich als Tier ansehen muß. - Denn nachdem durch das Ereignis von 1879 so recht der Charakter der fünften nachatlantischen Zeit erfüllt ist, sind
die Gedanken, die sich die Menschen machen, dazu da, daß sich die Menschenseelen in diese Gedanken verwandeln. Das ist es, warum ich sagte: Man braucht keine Vorliebe zu haben für die anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft, um sie vertreten zu wollen, sondern man braucht bloß Mitleid mit den Menschen zu haben, welche diese Gedanken brauchen, weil diese Gedanken schöpferische Gedanken sind für das Seelenleben, weil der Mensch dazu berufen ist in der Zukunft, das zu werden, als was er sich ansieht. - Dies mußte eintreten im Verlauf der weisheitsvollen WeltenIenkung, damit der Mensch wirklich zum vollen freien Selbstbewußtsein kommen kann. Auf der einen Seite mußten die Götter dem Menschen die Möglichkeit geben, sein eigenes Geschöpf zu werden. Damit er allerdings diesem eigenen Geschöpf einen übersinnlichen Sinn geben kann, finden kann in dem, was er aus sich selber macht, etwas, was ihm eine ewige Richtung geben kann, ist der Christus Jesus durch das Mysterium von Golgatha gegangen. Und wenn man ihn versteht, geisteswissenschaftlich versteht, gedankenmäßig versteht, dann findet man den Weg zu ihm; den Weg von dem Tierischen heraus ins Göttliche.
Diese Wahrheit stellt sich insbesondere heraus, wenn man eben den Seelenblick hineinzutun vermag in die Welt, die der Mensch nach dem Tode betritt. Diejenigen Menschen, die noch vor 1879 geboren sind, nehmen immer noch einen gewissen Rest mit, der sie behütet, rein das zu sein, als was sie sich hier vorzustellen vermochten. Und auch noch für längere Zeit hinaus werden die Menschen behütet werden können, bloß das zu sein - die Dinge nähern sich erst allmählich -, als was sie sich vorstellen: aber nur durch Leid, nur wenn sie leiden können, wenn sie, um das Paradoxon zu sagen, das Leid der Erkenntnis auf sich nehmen können, indem sie das Unbefriedigende ihrer Vorstellung über den Menschen selber empfinden. Harmonie mit sich selber, zu gleicher Zeit eine Erkenntnis, die den Menschen auch Mensch sein läßt nach dem Tode, das wird für die Zukunft nur hervorgehen, wenn die Menschen ihres wahren Zusammenhanges mit der geistigen Welt hier im physischen Leibe gewahr werden. Daß mit dem Jahre 1879 eine solche Verändernng vor sich gegangen ist, das werden natürlich diejenigen, die heute aus materialistischen Vorstellungen
heraus überhaupt Scheu haben vor konkreten geistigen Erkenntnissen, noch lange nicht annehmen wollen; dennoch ist es notwendig, daß solches angenommen werde. Sie sehen daraus aber, daß eines wichtig wird und immer wichtiger werden muß in die Zukunft hinein, daß dasjenige, was an spiritueller Erkenntnis da ist, sich hier auf der Erde ausbreite. Daher werden die Geister der Finsternisse, um ihre Angelegenheiten zu fördern, einen besonderen Wert darauf legen, Verwirrung anzustiften unter den Menschen, damit die Menschen nicht dahin gelangen, hier die richtigen Gedanken zu bilden, in die sie sich dann, diese Menschen, nach dem Tode verwandeln. Es muß der Mensch das werden, als was er sich denkt.
Dies ist eine Wahrheit, die bestimmt war, von den wichtigen Umwandlungen des 19. Jahrhunderts ab unter die Menschen zu kommen. Der Mensch muß das wollend sein, was er in Wirklichkeit sein kann, muß denken können über sein Wesen, wenn er es seelenhaft sein soll. Denn der Tote wird es heute schon verkündigen können als eine rechtmäßige reife Wahrheit: Die Seele ist das, was sie von sich zu denken vermag. - Es haben Geister der Finsternis in der Zeit, in der es notwendig war, von der Erde aus diese Wahrheit zu verbreiten: Die Seele ist das, als was sie sich zu denken vermag -, bewirkt, eininspiriert dem Menschen, als Wahrheit zu vertreten: Der Mensch ist, was er ißt. - Und wenn auch theoretisch nicht in breiteren Schichten anerkannt wird: Der Mensch ist, was er ißt - die Praxis des Lebens geht sehr darauf hinaus, dieses anzuerkennen, daß der Mensch eigentlich nichts anderes ist, als was er ißt. Ja diese Praxis des Lebens geht sogar darauf hinaus, immer mehr und mehr dieses herauszugestalten auch im äußeren Leben. Mehr als man glaubt, viel mehr als man glaubt, sind die traurigen, tragischen Ereignisse der Gegenwart bloß aus dem Prinzip herausgebildet: Der Mensch ist, was er ißt. In einem viel tieferen Sinne, als man in der heutigen Oberflächlichkeit denkt, handelt es sich um sehr wenig hochstehende Dinge, um die heute so furchtbar viel Blut fließt. Es ist schon die Menschheit inflziert von dem Satze: Der Mensch ist, was er ißt. - Vielfach wird gekämpft um Dinge, die mit solchem zusammenhängen.
Gerade deshalb ist es so notwendig, daß sich die der Zeit entsprechenden
Gedanken verbreiten. Der Gedanke wird nach und nach als eine reale Seelenkraft erkannt werden müssen, nicht bloß als dieses jämmerliche Abstraktum, als welches die neuere Zeit ihn herausgebildet hat und noch dazu so stolz darauf ist. Denn in älteren Zeiten waren die Menschen durch ein altes Erbgut mit der spirituellen Welt noch verbunden. Wenn auch das atavistische Hellsehen verhältnismäßig seit vielen Jahrhunderten schon ganz zurückgegangen ist, im Fühlen und Wollen lebte noch dieses Erbgut drin. Aber jetzt ist die Zeit, wo das Bewußte immer mehr und mehr als reale Macht auftreten muß, daher auch die Geister des Widerstandes, die Geister der Finsternis anstürmen in unseren Tagen, um den realen Gedanken die abstrakten Gedanken in Form von allen möglichen Weltprogrammen entgegenzusetzen. Diesen Zusammenhang muß man durchschauen. Der Gedanke muß immer wirklicher und wirklicher werden. Das muß von den Menschen verstanden werden.
Wie viele gibt es heute noch, die sagen: Nun, was nach dem Tode kommt, das werden wir ja sehen, darauf werden wir noch immer zur rechten Zeit aufmerksam; hier wollen wir absehen davon, wollen dem Leben dienen. Wenn wir eintreten in jene Welt drüben, so wird sich uns schon zeigen, wie sie ist. - Ja, wenn schon das eine richtig ist, daß man da drüben dasjenige ist, was man hier von sich vorgestellt hat, so ist noch etwas anderes richtig. Nehmen Sie den Gedanken, der heute ja keine Seltenheit ist. Jemand stirbt, er hinterläßt Angehörige. Wenn diese nicht gedankenlos sind und doch materialistisch gesinnt sind, so müssen sie den Gedanken haben: Dieser Angehörige, der gestorben ist, verwest im Grabe, oder es ist von ihm dasjenige vorhanden, was man in der Urne aufbewahrt hat und dergleichen. - Nur solange die Menschen gedankenlos sind, können sie Materialisten sein und nicht diesen Glauben haben. Würde der Materialismus siegen, so würden die Menschen immer mehr und mehr den Glauben haben: Alles, was vom Toten übrig ist, ist in der Urne oder im Grabe verwesend. - Dieser Gedanke ist aber eine reale Macht. Er ist eine Unwahrheit. Wenn der hier Zurückbleibende denkt: Der Tote ist nicht mehr lebend, der Tote ist nicht mehr da -, so ist es ein falscher Gedanke, aber dieser falsche Gedanke ist doch in den Seelen, die ihn
denken, real, ist doch wirklich. Diesen wirklichen Gedanken nimmt der Tote wahr; er nimmt ihn als sehr bedeutsam für sich wahr. Und das ist nicht einerlei, sondern im Gegenteil von grundwesentlicher Bedeutung, ob derjenige, der hier zurückbleibt, in lebendigem innerem Seelenleben pflegt den Gedanken an den fortlebenden Toten, an den in der geistigen Welt befindlichen Toten, oder ob er mehr oder weniger sich dem Jammergedanken hingibt: Der Tote ist eben tot, verwest. - Das ist nicht nur nicht gleichgültig, sondern es ist ein ganz wesentlicher Unterschied.
Man kann jetzt nach Zürich kaum herkommen, ohne überall geistig berührt zu werden von dem, was man hier - ja auch anderswo, aber hier wird es besonders stark betrieben - analytische Psychologie, Psychoanalyse nennt. Diese Psychoanalytiker, man muß von ihnen sagen, daß sie aufmerksam werden auf allerlei Geistig-Seelisches; sie fangen an nachzudenken über Geistig-Seelisches, weil ihnen das so stark entgegentritt. Ich will hier nur mit ein paar Worten einen Zug in dieser Psychoanalyse andeuten.
Irgendein Mensch leidet an irgendwelchen hysterischen Erscheinungen. In der Form, wie diese hysterischen Erscheinungen auftreten, treten sie besonders in der Gegenwart auf, daher werden die Menschen darauf aufmerksam. Man beschäftigt sich in irgendeinem Zeitalter ja besonders mit den Krankheiten, die in diesem Zeitalter besonders auftreten; dann sucht man, wo die Ursachen liegen können. Und soweit ist nun diese Psychoanalyse gekommen, daß sie sagt: Zu diesen hysterischen Erscheinungen, die vielfach auftreten, liegen die Ursachen im Seelischen. Sie kann nicht mehr im Materiellen, im bloßen Physiologischen oder Biologischen die Ursache suchen. Nun, sie sind im Seelischen. Nach der Vorliebe der Zeit sucht man im unterbewußten Seelischen nach allerlei Ursachen für das Auftreten von diesen oder jenen hysterischen Erscheinungen. Man sagt: Da ist ein Mensch, hysterische Erscheinungen treten bei ihm auf; das kommt daher, daß dasjenige, was in ihm wirkt, nicht in seinem Bewußtsein, sondern unter der Schwelle seines Bewußtseins spielt und immerfort heraufschlägt wie eine unterirdische Woge, unterseelische Woge, und man muß das suchen.
Und jetzt beginnt das gefährliche Spiel. Da suchen nun die Psychoanalytiker alles mögliche als isolierte, unterirdische, verborgene Seelenprovinz, wie sie sich ausdrücken; suchen nach bei jemand, der hysterisch in seinem dreißigsten Jahre ist, nach Verirrungen in seinem siebenten Jahre, die dazumal nicht ausgelebt worden sind, die man ihm wieder ins Bewußtsein bringen muß, weil dieses Ins-Bewußtsein-Bringen hellen soll und so weiter. Es ist ein Spiel mit außerordentlich gefährlichen Waffen! Man kann schon sagen: Draußen auf dem physischen Kriegsschauplatze wird heute mit sehr gefährlichen Waffen gekämpft -, hier wird auf vielen Feldern mit nicht minder gefährlichen Erkenntniswaffen ein Spiel getrieben, weil die Menschen nicht den Willen haben, sich geisteswissenschaftlich zu vertiefen, um zum wahren Verständnisse solcher Erscheinungen, wie sie einem da vor die Seele treten, zu kommen. Mit unzulänglichen Erkenntnismitteln gehen sie an die Sache heran. Das ist ein gefährliches Spiel. Es ist wahr, in vielen Menschen spielt heute Unterbewußtes, das nicht heraufkommt ins Bewußtsein. Aber das, was die Psychoanalytiker herauszufinden glauben, ist in der Regel das allerwenigst Bedeutsame; deshalb werden auch die Heilerfolge in der Regel recht fragliche sein. Wenn man irgendeine dreißigjährige Dame findet und eine sexuelle Verirrung in ihrem vierzehnten Jahre, die sich nicht ausgelebt hat, und die daher fortwuchert und die Hysterie bewirkt, so hat man noch das Allerunbeträchtlichste. Es kann in dem einen Fall oder in dem andern Fall sogar richtig sein, dann wird es um so mehr Täuschung hervorrufen, wenn man seine Tragweite nicht beurteilt. Aber vor allen Dingen ist eines wahr: in den Menschen der Gegenwart spukt unzähliges Unterbewußtes, und sie werden geplagt davon, und die Kulturkrankheiten unserer Zeit kommen davon. Was ist das?
Denken Sie an das, was ich schon angeführt habe. Der Gedanke an den nicht mehr vorhandenen Toten, der lebt in der Seele, lebt irgendwie, ohne daß die Seele eigentlich viel darüber nachdenkt, lebt bloß deshalb, weil die Seele heute noch gedankenlos ist, und diese Seele ist etwas empfindlich für solche gedankenlose Gedanken - dann ist der
Tote durch die ewigen Weltgesetze gezwungen, mit diesen Gedanken zu leben; der Tote spukt in der Seele des zurückgebliebenen Lebendigen.
Dem ist nur zu begegnen dadurch, daß man weiß, der Tote lebt. Und immer mehr und mehr werden durch den Unglauben an das Leben der Toten die Menschen auf dem physischen Plane in Seelenkrankheiten hineingetrieben werden. Es sind in der Regel nicht sexuelle Jugendverirrungen, es sind die Gedanken des Unglaubens, die diese Erscheinungen bewirken. Denn die Gedanken haben in unserer Zeit den Beruf, reale Mächte zu werden, nicht nur solche reale Mächte, die für sich wirken; für sich wirken sie, indem die Seele nach dem Tode immer ähnlicher wird dem, als was sie sich vorstellt in dem Leibe; in höherem Sinne noch werden diese Gedanken reale Mächte dadurch, daß sie sogar Wesen, in diesem Falle die Toten selber, in einer unrichtigen Weise verbinden mit den Lebenden. Nur dadurch, daß man, so gut man es kann, die Gedankenverbindung mit dem Verstorbenen aufrecht erhält als einem Fortlebenden, rettet man auch sich davor, daß das Verhältnis zum Toten verhängnisvoll wird für den zurückgebliebenen Lebenden, und in gewisser Beziehung auch für den Verstorbenen selbst, der fortwährend aus einem ewigen, weisheitsvollen Gesetze heraus in die Notwendigkeit versetzt ist, in dem Zurückgebliebenen so zu spuken, daß dem Zurückgebliebenen dies nicht einmal zum Bewußtsein kommt, sondern in krankhaften Erscheinungen sich auslebt.
Fragen Sie jetzt: Was wird das wirkliche Heilmittel für viele solche Erscheinungen sein, wie sie dem Psychoanalytiker heute entgegentreten? - Die Verbreitung der Kenntnis von der geistigen Welt. Die ist das allgemeine Heilmittel, die allgemeine Therapie, nicht diese individuelle Behandlung, die man einem einzelnen angedeihen läßt.
Sie sehen, das Leben fordert von uns, daß man von den Gedanken läßt: Hier haben wir uns dem physischen Leben allein zu widmen; es wird sich schon zeigen, wenn man durch die Todespforte gegangen ist, in welche Welt man dann hineinkommt. - Denn auch das gilt: geradeso wie unser Leben hier bedeutsam ist für das Leben, in das wir eintreten zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, so ist wiederum das Leben der Seelen zwischen dem Tod und einer neuen Geburt wichtig für die Seelen hier.
Was ich Ihnen gesagt habe, ist ein Gedanke, der Gedanke vom
Unglauben an das Dasein des Toten. Aber mit vielen Banden hängen die Toten an den Lebenden, sollen hängen. Das ist nur ein unrichtiges Band, von dem ich gesprochen habe; es gibt aber richtige Bande, viele, die da sein müssen, die den richtigen Zusammenhang mit der geistigen Welt herstellen. Geisteswissenschaft, anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft sucht diesen richtigen Zusammenhang. Denn das Leben der Menschen untereinander hier auf der Erde wird sich in der Zukunft nur richtig abspielen, wenn diese Menschen hier auf der Erde das richtige Verhältnis zur geistigen Welt herbeiführen; sonst wird immer mehr und mehr möglich sein, daß einzelne sich herausnehmen, solche Machinationen zu machen, wie die sind, von denen ich am letzten Dienstag gesprochen habe, um dadurch sich Macht zu verschaffen über andere Menschen.
Man muß sich nur ganz klarmachen: Wenn wir nach dem Osten blicken, wo jetzt so intensiv als Zeichen vor sich gehende Ereignisse geschehen, so können wir nur Verständnis gewinnen für die Dinge, wenn wir in innerlicher Auffassung uns des Wesens dieses Ostens klar sind. Nehmen Sie dasjenige, was wir durch viele Jahre hindurch immer wiederum über die Veranlagung der östlichen Völker zur sechsten nachatlantischen Kulturperiode gesagt haben, dann allein wird man klar über alles Verwirrende, das aus dem Osten kommen muß, weil sich aus dem, was da eben geschieht, etwas ganz anderes herausentwickeln muß, etwas, was es den Menschen nicht so bequem macht, daß sie nicht darüber erstaunt zu sein brauchten von Tag zu Tag. Aber dasjenige, um was es sich handelt, das ist, sich in diese ganzen Strömungen, wie sie in der jetzigen Zeit auftreten und wie sie gegen die Zukunft immer mehr auftreten werden, in der richtigen Weise hineinzufinden. Und man findet sich allmählich in der richtigen Weise hinein, wenn man geisteswissenschaftlich richtig zu den Erkenntnissen vordringt, die Aufschluß geben über die geistige Welt. Dadurch erlangt man auch das richtige Verhältnis zu dieser geistigen Welt.
Ich habe Sie das letzte Mal aber auf ein unrichtiges Verhältnis zur geistigen Welt aufmerksam gemacht, das von gewissen Seiten her gesucht wird. Durch ganz besondere Machinationen, sagte ich Ihnen,
werden Menschen vom Leben hier in die geistige Welt hinaufbefördert; so daß sie ihr Leben, hier nicht ganz ausgelebt haben und gewisse Kräfte noch benützen können, wenn sie eingetreten sind in die Welt, die man durchlebt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Und dann können wiederum gewisse unredlich wirkende Brüderschaften, die nur ihre eigenen Machtgelüste befriedigen wollen, Medien benützen, um das hereinzubekommen, was auf diesem Wege, durch Tote, denen man zuerst die Möglichkeit gegeben hat, sich in den Besitz solcher Erkenntnisse zu setzen, eben herkommen kann.
Solche okkulten Brüderschaften sind auch in der Regel diejenigen, welche die Menschen irreführen in bezug auf die wichtigsten Dinge in der geistigen Welt. Wenn ich Ihnen erzähle: 1879, im November, hat ein wichtiges Ereignis stattgefunden, ein Kampf der Mächte der Finsternis gegen die Mächte des Lichtes, der mit einer Entscheidung im Sinne des Bildes des Michael mit dem Drachen stattgefunden hat - so ist nicht das Bedeutsame, daß ich Ihnen sage, so etwas hat stattgefunden, denn daß dieses Ereignis eintreten muß, daß dieses Ereignis vorgeschrieben ist in der Weltenentwickelung, das können Sie in vielen Büchern lesen, das ist durchaus keine esoterische Wahrheit; sondern das, um was es sich handelt, ist, daß ich mich bestrebe, Ihnen die wahre Bedeutung klarzumachen dessen, was eigentlich geschehen ist und wie sich die Menschen in der richtigen Weise zu diesem Ereignis zu stellen haben. Das ist es, um was es sich handelt. Daß solch ein Ereignis kommt, das hat auch Eliphas Levi, das hat Baader, das hat Saint-Martin, sie alle haben es gewußt und haben es gesagt; das ist nichts irgendwie Esoterisches. Aber in unserer Zeit besteht das Bestreben, über solche Ereignisse Verwirrung in den Menschenköpfen anzurichten, womöglich solche Verwirrung, daß die Menschenköpfe solche Dinge überhaupt als Aberglaube nehmen, sie nicht als eine Realität nehmen, wenn sie auch von älteren Wissenden schon verbreitet worden sind. Deshalb ist es so wichtig, daß man auch richtige Begriffe über diese Dinge erhält.
Es gibt heute einen regulären Weg, sich den spirituellen Wahrheiten zu nähern, die seit 1879 heruntersickern in die physische Welt aus der geistigen. Dieser reguläre Weg ist eben der, den die Geisteswissenschaft
zeigt. Und wenn in der Strömung dieser Geisteswissenschaft nicht abgeirrt wird von reinem, echtem Wollen, so wird diese Geistes- wissenschaft dazu führen, das richtige Verhältnis zwischen der physischen Welt und der spirituellen Welt für den Menschen herzustellen. Aber das, was man dadurch erlangt und was unter die Menschen kommen muß, das führt Anstrengung mit sich, das erfordert Anstrengung. Und mancherlei Bequemlichkeiten müssen abgelegt werden, unter denen die Menschen heute sehr wohl stehen. Es erfordert Anstrengung. Denn wenn heute der Mensch redet von den Impulsen> die aus der geistigen Welt herunterwirken, die auch zukunftsgestaltend sind, ja, es kommen halt immer wiederum Menschen, die sagen: Ich möchte dieses und jenes Spezielle wissen. - Am liebsten möchten die Leute zum Beispiel heute, daß man ihnen ausmalt, in allen Details ausmalt, was 1920 nun aus dem gegenwärtigen Krieg geschehen sein wird. Und die Menschen verstehen nicht, daß mit einem solchen Detailausmalen das Wissen von der Zukunft nicht belastet werden darf, und daß trotzdem dieses Wissen von der Zukunft ein absolut sicheres sein kann, ein wirksames und sicheres sein kann, auf das zu hören ist. Das ist so ungeheuer schwer zu verstehen.
Ich möchte mich durch einen Vergleich klarmachen, denn Sie werden sagen: Das ist allerdings nicht zu verstehen. Auf der einen Seite behauptet er, Details schaden gerade dem Wissen von der Zukunft, und auf der andern Seite sagt er wiederum, man solle auf dieses Wissen von der Zukunft wohl hinhorchen, weil es Richtiges sagt von der Zukunft. - Ich möchte Ihnen dies klarmachen durch einen sehr einfachen, trivialen Vergleich: Es gibt schlechte Schachspieler und gute Schachspieler. Wenn einer vor dem Schachbrett sitzt und ein schlechter Schachspieler ist, so wird er eben schlechte Züge machen, es wird nicht gehen, und er wird das Spiel verlieren. Ist er ein guter Schachspieler, so wird er mehr Chancen haben, und er wird das Spiel gewinnen. Der schlechte Schachspieler macht einfach das Falsche, der gute Schachspieler macht schon im gegebenen Augenblick das Richtige. Aber verwendet denn der gute Schachspieler seine Gedanken darauf, im Detail auszumalen, was sein Partner später für Züge macht? Muß er jetzt wissen, was sein Partner in zwei Stunden
für Züge macht, wenn er ein guter Schachspieler ist? Nein, das muß er nicht wissen! Deshalb ist aber seine Kunst des richtigen, guten Schachspielens doch nicht wirkungslos: er wird für die Zukunft das Richtige machen dadurch, daß er Einsicht hat in dasjenige, was die richtigen Züge sind, und er wird falsche Züge machen, wenn er nicht Einsicht hat in das, was die richtigen Züge sind; aber er muß sich ja dem freien Willen des Partners aussetzen. Deshalb können Sie nicht sagen: Was hilft es einem denn, richtig Schach spielen zu können, wenn doch der Partner da ist? - Es hilft einem sehr viel, richtig Schach spielen zu können. Sie werden, wenn Sie den Vergleich vertiefen, schon das Richtige herausfinden, was ich meine.
Aber dieser Vergleich wird Sie zu gleicher Zeit darauf hinweisen, wie richtig das ist, was jeder, der in solchen okkulten Dingen bewandert ist, Ihnen sagen muß, daß in dem Augenblicke, wo man seine Impulse für das Handeln hier in der physischen Welt aus der geistigen Welt herausholt, man zu gleicher Zeit darauf gefaßt sein muß, daß einem andere geistige Mächte entgegentreten, daß man Partner hat, mit denen man rechnen muß, daß man nicht bloß ein freies Feld vor sich hat und nun alles ausführen kann. Das ist aber das Unbequeme. Machen Sie sich nur bekannt mit okkulten Impulsen, mit Impulsen, die aus der geistigen Welt herausgeholt worden sind, und versuchen Sie sie, ich will sagen, als Politiker zu realisieren: am liebsten möchten Sie dann haben, wenn Sie so recht ein Mensch der Gegenwart sind, daß dann alles wie von selbst geht, daß diese Dinge nur so einfließen, daß Sie alles kommandieren können. Aber wenn Sie wirksame geistige Impulse haben, gerade okkulte geistige Impulse haben, die Sie in der physischen Welt anwenden wollen, so müssen Sie überall mit dem freien Willen nicht nur von Menschen hier, sondern von höheren Wesen rechnen. Sie müssen also nicht unter den heutigen Verhältnissen darauf rechnen, ein freies Feld vor sich zu haben, sondern Sie müssen sich bekanntmachen damit, daß Sie in ein wohlbesetztes Feld hineinarbeiten.
So handelt es sich darum, durch eine wirkliche Geisteswissenschaft zum Beispiel über den Charakter der sich im Osten vorbereitenden sechsten nachatlantischen Kulturperiode das Richtige zu wissen und
im einzelnen Fall den richtigen okkulten Impuls auszuführen, wie der Schachspieler nach Maßgabe des Zuges seines Partners seinen Zug ausführt. Also es handelt sich wirklich darum, daß der Mensch sich einlebt in die geistige Welt und im individuellen einzelnen Fall das Richtige machen lernt. Nicht um einfach übergreifende abstrakte Programme handelt es sich, sondern um eine Erhöhung der geistigen, der spirituellen Vitalität handelt es sich, um ein fortwährendes Sich-Anstrengen handelt es sich. Die Menschheit will heute abstrakte Programme haben, möchte am liebsten in fünf Sätzen zusammenschmieden, was man über die ganze Welt hin tun soll, indem man Abgeordnete bestimmt von allen Staaten der Erde, die dann zu einem Weltschiedsgericht zusammenkommen, und die dann abstimmen über alles, was auf der Erde zu geschehen hat nach einmal angenommener Norm. Daß gerade die Erkenntnis der geistigen Welt gefordert wird von den Menschen, ein fortwährendes Sich-in-Verbindungsetzen mit den geistigen Mächten, das ist es, um was es sich handelt.
Dieses aber ist mit etwas anderem verbunden: es ist damit verbunden, daß man eben mit den Partnermächten rechnen muß, daß man sich nicht auf seine bloße eigene Macht verlassen kann, sondern daß man mit den Partnermächten rechnen muß. Von diesen Dingen ist der Machtgedanke als solcher ausgeschlossen. Daher werden aus der okkulten Welt herausgeholte Impulse richtig sein, das Richtige bewirken, aber niemals werden sie in den Dienst bloßer Machtfaktoren sich stellen können. Das geht nicht.
Was muß man tun, wenn man sich in den Dienst bloßer Machtfaktoren stellen will? Dann muß man anderes tun; man muß versuchen, auf unrechte Weise ein Wissen von der Zukunft zu erlangen, wie ich es das letzte Mal geschildert habe, wie es getan wurde dadurch, daß man auf mediale Weise sich offenbaren läßt, was geschehen wird, von solchen, die man erst durch den Tod befördert hat, damit sie irdische Kräfte noch benützen können. So haben denn gewisse okkulte Brüderschaften sich ein gewisses Stück von Wissen verschafft über den Zusammenhang des Westens mit dem Osten, und es sind in vieler Beziehung Machinationen eingerichtet worden, die sich heute ausleben im Sinne eines solchen Wissens. Ein solches Wissen nämlich,
das in den Dienst von Machtgelüsten gestellt wird, das will etwas ganz Besonderes. Das ehrliche, richtige Sich-in-den-Besitz-Stellen von okkulten Impulsen setzt in Wirklichkeit nur dasjenige um, was den lebenden Menschen gegenüber zu gleicher Zeit bei diesen Menschen mit jedem einzelnen Angeloswesen rechnet. Man weiß, die Menschen, denen gegenüber man die okkulten Impulse anwendet, ein jeder dieser Menschen, er steht als Seele mit der geistigen Welt in Beziehung, man betrachtet sie als lebendige Wesen. So hätte der Westen den Osten zu behandeln, daß er überall sich aussetzt der Möglichkeit, mit den lebendigen Partnern zu rechnen, mit den Engeln, welche die einzelnen Menschen beschützen. Das ist unbequem! Dieser Einfluß, der soll weggeschafft werden durch ahrimanische Mächte, damit bloß die Macht auf dieser Seite spielen kann. Das kann aber nur auf dem Wege bewirkt werden, daß man durch unrechtmäßige Mittel, wie ich es geschildert habe das letzte Mal, sich in den Besitz der Zukunftsimpulse setzt. Darum leidet unsere Zeit ungeheuer darunter, daß mitspielen in den Dingen, die geschehen, solche Impulse, die auf die angedeutete Weise gefunden worden sind. Alle Aufgabe des ehrlichen Wahrheitssuchers besteht heute darinnen, erstens sich zu überzeugen davon, daß solche Impulse da sind im schlechten Sinne, sich zu überzeugen davon, daß man zu einem richtigen Wirken in die Zukunft hinein nur kommt, indem man die richtigen Impulse findet, so wie man sie suchen kann auf ehrlich-geisteswissenschaftlichem Wege.
Sehen Sie, meine lieben Freunde, kein einseitiger Dienst ist es, um den es sich handelt in der Geisteswissenschaft; es ist ein Dienst, der von den Lebenden und den Toten verrichtet wird. Es ist eine ernste Sache. Und es war mir Bedürfnis, gerade in dieser Zeit - da sich unsere Zürcher Freunde angeschickt haben einiges zu tun, um in geeignete Kreise unsere Geisteswissenschaft hineinzubringen - Innerhalb unserer Gesellschaft hier von diesen ernsten Angelegenheiten geistiger Erkenntnis in der neueren Zeit zu sprechen. Dies ist ja, ich möchte sagen, auch schon innerhalb unserer Gesellschaft selbst zu bemerken, wie mancherlei widerstrebende Mächte am Werke sind. Denken Sie nur, was betrieben wird - ich möchte sagen, ungefähr so
lange auch als dieser Krieg dauert - an Verleumdungen, an Verdächtigungen des Wollens, das ich und einige andere entfalten. Auch in dieses spielen gegnerische Mächte selbstverständlich hinein.
Das wird Ihnen auch aus der Art, wie wir in diesen Betrachtungen gesprochen haben, klar sein, daß unsere Zeit Erneuerung ihres Geisteslebens braucht, daß unsere Zeit braucht ein Erwachen der Menschen aus gewissen Schlafzuständen. Immer wieder begegnen wir ja den Menschen, die da glauben: Nun ja, wir haben Krieg, dann kommt der Friede, und damit ist es abgetan. - So sind die Dinge nicht. Dasjenige, was heute geschieht, sind bedeutsame Zeichen. Niemand kann sie verstehen, diese Zeichen, der sich nicht geisteswissenschaftlich vertiefen will. Und da diese Zeiten so ernst sind, da es immer wieder und wieder härter werden wird, selbst solch ein Kampf, wie ihn unsere Freunde zu kämpfen haben, damit solche Veranstaltungen hier stattfinden können, möchte ich auch dieses Umstandes ganz besonders und in diesem Falle von mir aus sehr dankbar gedenken; dankbar gedenken auf der einen Seite aus der Gesinnung der Geisteswissenschaft heraus; dankbar, daß unsere Zürcher Freunde diesmal in einer so lieben und so eindringlichen Weise diesen Kampf gegen die ungünstigen Verhältnisse aufgenommen und keine Mühe gescheut haben, unter den ungünstigsten Verhältnissen Vortragsmöglichkeiten zu finden. So konnte die schöne Absicht, die sich diese Zürcher Freunde gesetzt haben, eben realisiert werden auch in dieser Zeit, wo man unter den immer mehr und mehr hereinbrechenden Widerständen der Zeit sehr schwer solche Veranstaltungsmöglichkeiten trifft. Insbesondere dies möchte ich erwähnen, daß sich ja diese Schwierigkeiten immer mehr und mehr häufen werden. Und da wir für die nächste Zukunft wohl daran zu denken haben, daß wir ausnützen müssen die Zeit, die wir uns für unsere Veranstaltungen noch erkämpfen können, möchte ich eben nicht unausgesprochen lassen diesen Dank an unsere lieben Zürcher Freunde, die sowohl für die öffentlichen wie für diese Zweigvorträge mit großer Mühe die Vortragsmöglichkeit geschaffen haben. Es wird ganz gewiß, wenn wir später die Dinge überblicken, uns als etwas Bedeutsames erscheinen, daß wir gerade in dieser Zeit, in dieser in so tragische Weltereignisse
hineinfallenden Zeit in der Art zusammensein konnten, in der Art miteinander sprechen konnten, wie wir es getan haben.
So wollen wir denn im Sinne der geisteswissenschaftlichen Impulse auch weiterarbeiten und versuchen, dasjenige zu tun, was sich den schweren Zeitverhältnissen abgewinnen läßt, in der Überzeugung, die uns aus dem wahren Verständnisse der Geisteswissenschaft werden kann, daß wir, so unbedeutend es auch ausschauen mag im großen Strome der heutigen tragischen und verheerenden Ereignisse, damit etwas für diese Zeit außerordentlich Bedeutsames und Einschneidendes tun. Die Dinge, die wir so tun können, die strömen hinein in den Strom des Geschehens. Daß sie hineinströmen, mag es auch heute noch nicht sehr sichtbar sein, das hat doch eine Bedeutung. Sind wir von diesem Gedanken durchdrungen, dann wird dieser Gedanke uns die Kraft geben, weiterzugehen, und er wird selbst in sich die Kraft haben, um in der richtigen Weise wiederum seine Strahlen auszusenden in die Zeit. Solche Gedanken muß die Zeit aufnehmen. Leben wir in dieser Überzeugung wie in einer geistigen Atmosphäre! Werden kann sie uns aus der Geisteswissenschaft, wenn wir diese Geisteswissenschaft richtig verstehen.
In diesem Sinne bleiben wir ferner zusammen, meine lieben Freunde.
ÜBER DIE PSYCHOANALYSE Dornach, 10. November 1917 Erster Vortrag
Gelegentlich der Vorträge, die ich jetzt in Zürich zu halten habe, trat mir erneut wiederum entgegen, daß man kaum mit dem geistigen Leben dieser Stadt in Berührung kommen kann in weiterem Umfange, ohne daß man den Blick hinlenkt auf dasjenige, was jetzt genannt wird die analytische Psychologie oder Psychoanalyse. Verschiedene Erwägungen, die sich an dieses Aperçu knüpfen, veranlassen mich heute, dasjenige, was ich vorzubringen habe, einzuleiten mit einem kurzen Hinweis auf mancherlei gerade aus der analytischen Psychologie, aus der Psychoanalyse. Wir werden daran dann andere Bemerkungen zu knüpfen haben. Aber wir haben es ja gesehen, wie bedeutungsvoll es doch gerade für den anthroposophisch orientierten Geisteswissenschafter ist, seine Betrachtungen an dasjenige anzuknüpfen, was die Zeit darbietet, was die Zeit bewegt. Man kann sagen, daß sich heute zur Psychoanalyse auch hingezogen fühlen allerlei Leute, welche ernsthaftig suchen nach den geistigen Untergründen des Daseins, nach den seelischen Innerlichkeiten des Menschen, und daß es schon in gewissem Sinne einer Charaktereigentümlichkeit unserer Zeitepoche entspricht, daß eine Reihe unserer Zeitgenossen aufmerksam wird gerade auf ganz bestimmte, eigentümlich geartete Kräfte in der menschlichen Seele. Und zu denjenigen, die einfach heute durch die Impulse der Zeit, ich möchte sagen, mit der Nase gestoßen werden auf gewisse Erscheinungen des Seelenlebens, zu denen gehören die Psychoanalytiker.
Es ist ganz besonders wichtig auch, nicht ganz unaufmerksam zu sein auf diese Bewegung aus dem Grunde, weil die Ereignisse, auf welche diese Bewegung losgeht, einmal da sind, und weil sie in unserer Zeit - aus verschiedenen Gründen, die wir ja auch noch besprechen können - den Menschen ganz besonders vor das Seelenauge treten. Der Mensch muß heute aufmerksam werden auf dergleichen Erscheinungen.
Auf der andern Seite liegt das vor, daß die Menschen, die sich mit diesen Dingen befassen, heute die Erkenntnismittel entbehren, diese Dinge zu besprechen, diese Dinge vor allen Dingen zu verstehen. So daß man sagen kann: Psychoanalyse ist in unserer Zeit eine Erscheinung, welche die Menschen nötigt, aufmerksam zu werden auf gewisse Seelenvorgänge; auf der andern Seite aber veranlaßt sie die Menschen, solche Seelenerscheinungen mit, ich möchte sagen, unzulänglichen Erkenntnismitteln zu betrachten. Und das ist ganz besonders bedeutsam, weil diese Betrachtung mit unzulänglichen Erkenntnismitteln einer Sache, die ganz augenscheinlich da ist und die menschliche Erkenntnis in der Gegenwart herausfordert, zu den mannigfaltigsten schweren Verirrungen führt und nicht ungefährlich ist für das soziale Leben, für die Fortentwickelung der Erkenntnis und den Einfluß dieser Fortentwickelung der Erkenntnis auf das soziale Leben.
Man kann schon sagen: Viertelswahrheiten können unter Umständen schädlicher sein als ganze Irrtümer. Und als eine Art von Viertelswahrheiten müssen schon die Dinge betrachtet werden, welche bei den psychoanalytischen Theoretikern heute zutage treten.
Wollen wir einmal einiges sozusagen aus dem Forschungsmagazin der Psychoanalytiker uns versuchen vor die Seele zu führen. Ausgegangen ist ja das, was man heute Psychoanalyse nennt, von einem Krankheitsfall, den ein Wiener Arzt, ein Wiener Internist, Dr. Breuer, beobachtet hatte schon in den achtziger Jahren. Dr. Breuer, den ich selbst kannte, war ein außerordentlich feingeistiger Mensch neben dem, daß er Arzt war. Er war interessiert für alle möglichen ästhetischen und allgemein menschlichen Fragen in wirklich hohem Maße. Nun, bei seiner intimen Art, mit der er einging auf Krankheitsfälle, war ihm begreiflicherweise ein Krankheitsfall, den er in den achtziger Jahren hatte, ganz besonders interessant. - Er hatte eine Dame zu behandeln, welche anscheinend unter schweren hysterischen Erscheinungen litt. Diese bestanden darin, daß die Dame eine einseitige Armlähmung hatte zuweilen, daß sie Dämmerzustände hatte, Herabdämmerung des Bewußtseins, Schlaftrunkenheit in sehr bedeutsamer, tiefer Form, und außerdem, daß sie ihre Sprache vergessen hatte, die sie
sonst als ihre Umgangssprache hatte. Sie hatte immer deutsch sprechen können, das war auch ihre Sprache; aber sie konnte unter dem Einfluß ihrer hysterischen Krankheit nicht mehr deutsch sprechen, sie konnte nur noch englisch sprechen, verstand nur noch englisch.
Nun bemerkte Breuer, wenn die Dame in ihrem Dämmerzustande war, dann konnte man sie durch eine intimere ärztliche Behandlung veranlassen, die Rede zu bringen auf eine bestimmte Szene, die sie erlebt hatte, ein sehr schweres Erlebnis. Nun will ich Ihnen aus der Darstellung dieses Falles, die von der Breuerschen Schule gegeben worden ist, anschaulich machen, wie die Dame aus ihrem Dämmerzustand heraus, teilweise auch unter künstlich herbeigeführten Dämmerzuständen - Breuer konnte gut den Menschen in Hypnose versetzen -, veranlaßt wurde, etwas von diesen Erlebnissen zu sagen. Und dadurch bekam man die Vorstellung, daß diese Hysterie, von der sie befallen war, zusammenhing mit einem ganz bestimmten Krankheitsfall, den sie mit ihrem Vater vor langer Zeit durchgemacht hatte. Der Vater war krank, und sie beteiligte sich in ganz wesentlicher Weise an der Krankenpflege und hatte einmal ein Erlebnis bei dieser Krankenpflege. Auf dieses Erlebnis kam sie immer wieder zu sprechen und eine Darstellung, die sie gab bei solcher Gelegenheit, wie ich sie eben charakterisiert habe, ist die folgende: «Einmal wachte sie nachts in großer Angst um den hochfiebernden Kranken und in Spannung, weil von Wien ein Chirurg zur Operation erwartet wurde. Die Mutter hatte sich für einige Zeit entfernt, und Anna (die Patientin) saß am Krankenbett, den rechten Arm über die Stuillehne gelegt. Sie geriet in einen Zustand von Wach-Träumen und sah, wie von der Wand her eine schwarze Schlange sich dem Kranken näherte, um ihn zu beißen. »
Dem Menschen der Gegenwart schlägt immer der Materialismus etwas ins Genick; und so finden wir in diesem Krankheitsbericht auch die folgende Bemerkung, auf die nicht weiter etwas zu geben ist: «(Es ist sehr wahrscheinlich, daß auf der Wiese hinter dem Hause wirklich einige Schlangen vorkamen, über die das Mädchen schon früher erschrocken war, und die nun das Material der Halluzination
abgaben.)» Also das ist nur eine Zwischenbemerkung, auf die Sie mehr oder weniger geben mögen oder nicht; das ist ja gleichgültig. Also die Schlange kam aus der Wand heraus und wollte den Vater beißen - so stellte sie sich vor. «Sie wollte das Tier abwehren, war aber wie gelähmt; der rechte Arm, über die Stuhllehne hängend, war ‹eingeschlafen›, anästhetisch und paretisch geworden, und als sie ihn betrachtete, verwandelten sich die Finger in kleine Schlangen mit Totenköpfen.» Das war also alles am Krankenbette des Vaters. «Wahrscheinlich machte sie Versuche, die Schlange mit der gelähmten rechten Hand zu verjagen, und dadurch trat die Anästhesie und Lähmung derselben in Assoziation mit der Schlangenhalluzination. Als diese verschwunden war, wollte sie in ihrer Angst beten, aber jede Sprache versagte, sie konnte in keiner sprechen, bis sie endlich einen englischen Kindervers fand und nun auch in dieser Sprache fortdenken und beten konnte.»
Von diesem Ereignis ist diese ganze Krankheit ausgegangen. Von diesem Ereignisse blieb also eine einseitige Handlähmung, Dämmerzustände und die Unfähigkeit, sich in einer andern als in der englischen Sprache auszudrücken.
Nun bemerkte Dr. Breuer, daß immer eine Erleichterung des Zustandes dann eintrat, wenn er sie erzählen ließ, und darauf gründete er seinen Heilplan. Er versuchte nach und nach den ganzen Tatbestand herauszubekommen, indem er die Kranke hypnotisierte, und es gelang ihm dadurch wirklich, eine wesentliche Besserung des Zustandes herbeizuführen, so daß die Kranke die Sache gewissermaßen los wurde, indem sie sie von sich gab und einem andern mitteilte. Breuer und sein Mitarbeiter, Freud in Wien, die dazumal begreiflicherweise aus der Zeitgeschichte heraus unter dem Einfluß der Charcotschen Schule in Paris standen, hatten es zunächst dem zugeschrieben, was man ein seelisches Trauma, eine seelische Verwundung nennen könnte, «nervous shock», wie es in England genannt wurde. Der seelische Schock sollte also in diesem Erlebnis am Krankenbett bestanden haben und so ähnlich gewirkt haben auf die Seele wie eine physische Verwundung auf den Leib.
Von vornherein - das muß bemerkt werden - hat Breuer die ganze
Sache als eine seelische Krankheit aufgefaßt, hat sie also als eine interne Angelegenheit betrachtet. Er war überzeugt, daß anatomische oder physiologische Veränderungen nicht nachweisbar gewesen waren, also zum Beispiel nicht irgendwie eine Veränderung zugrunde gelegen hätte in jenen Nerven, welche von der Hand nach dem Gehirn gehen oder dergleichen. Davon war er von vornherein überzeugt, daß er es mit einer innerlich psychischen Tatsache zu tun hatte. Man war in den ersten Zeiten geneigt, die Sache so zu betrachten, daß man sich sagte: Solche Dinge können eintreten durch seelische Verwundung, Traumata, Schocks und dergleichen. - Bald aber nahm die Sache dadurch, daß sich insbesondere Dr. Freud damit beschäftigte - mit dessen weiterem Verfolgen der Sache Dr. Breuer keineswegs etwa völlig einverstanden war -, einen etwas andern Charakter an, und zwar dadurch, daß sich Freud sagte: Mit dem seelischen Schock, mit der seelischen Verwundung die Sache zu erklären, geht doch nicht an; man kommt damit nicht aus. - Auch Breuer war davon überzeugt, daß man damit nicht auskomme, wenn man bloß von der seelischen Verwundung spricht. - Ich bemerke in Parenthese, daß Dr. Breuer ein vielbeschäftigter praktischer Arzt war, wissenschaftlich gründlich durchgebildet, ein ausgezeichneter Schüler von Nothnagel war, der nur durch äußere Umstände nicht Professor geworden ist. Man kann, wenn man solche Dinge überhaupt hypothetisch aussprechen will, des Glaubens sein, daß, wenn Breuer eine Professur bekommen hätte und die Sache hätte verfolgen können, während er einer der vielbeschäftigtsten Internisten von Wien war und also wissenschaftlich sich wenig damit befassen konnte, so würde sie vielleicht ganz andere Gestalten bekommen haben! - Nun beschäftigte sich vorzugsweise Dr. Freud mit der Sache. Er sagte sich, mit dem bloßen Trauma, mit der Seelenverwundung kommen wir nicht aus; es handelt sich darum, nachzuforschen, unter welchen Bedingungen eine solche - man kann sie ja so nennen - Seelenverwundung wirkt. Denn nicht wahr, mit Recht sagte man sich: Das Mädchen saß am Krankenbett des Vaters, aber viele Menschen sitzen am Krankenbett, die ganz gewiß ebenso tiefe Eindrücke haben, denen passiert solch eine Sache nicht. - Der unwissenschaftliche Laie ist ja in solch einem Fall sehr bald fertig mit
einer außerordentlich tiefsinnigen Erklärung; er sagt: Nun ja, der eine hat die Disposition, der andere hat die Disposition nicht. - Nun also, nicht wahr, sehr tiefsinnig zwar, aber das Albernste, was man aussprechen kann. Denn wenn man die Dinge, die da sind in der Welt, alle als Dispositionen erklärt, so kann man eben leicht Erklärungen für alles finden, denn man braucht dann nur zu sagen: Es ist eben die Disposition zu etwas da.
Also mit solchen Dingen wollten sich natürlich die Menschen, die immerhin ernsthaft dachten, nicht befassen, und so suchte man nach den Bedingungen der Sache. Auf solche Bedingungen glaubte nun Freud durch Fälle zu kommen, wie etwa der folgende ist. Sie finden unzahlige solche Fälle in der Literatur der Psychoanalytiker heute schon verzeichnet, und man kann sagen, daß wirklich ungeheuerstes Material zusammengetragen ist, um auf dies oder jenes auf diesem Gebiete zu kommen. Also ein Fall, den Psychoanalytiker verzeichnen, ist etwa der folgende. Ich will ihn so erzählen, wie er am verständlichsten sein kann. Es handelt sich ja dabei durchaus nicht um eine absolute historische Genauigkeit für uns.
Eine Dame war mit andern Gästen in einer Abendgesellschaft. In dieser Abendgesellschaft feierte man das Abschiedsfest für die Frau des Hauses, welche nervös geworden war und einen ausländischen Kurort aufsuchen mußte. Sie sollte an dem Abend abreisen. Man feierte das Abschiedsfest. Als man auseinandergegangen war, die Dame des Hauses abgereist war, da ging die Dame, um die es sich handelt, deren Fall eben gerade beschrieben werden soll, mit einigen andern Gästen, die aus dem Souper kamen - wie man sagt -, auf der Straße zusammen, da kam, von hinterrücks her um die Ecke gebogen, in die Straße einbiegend eine Pferdedroschke sehr rasch gefahren. Wie man das in Städten, wenn man nach Hause geht, öfter macht - ich weiß nicht, ob Sie diese Erfahrung gemacht haben -, man geht dann nicht auf dem Seitentrottoir, sondern häufig mitten auf der Straße. Als nun der Wagen hinten heransauste, da liefen die Leute, die von dem Souper kamen, nach rechts und links aufs Trottoir. Nur die Dame, um die es sich handelt, die lief nicht aufs Trottoir, sondern lief vor dem Wagen fort, vor den Pferden davon auf der Straße weiter,
und sie war trotz des Fluchens und Schimpfens des Kutschers - Kutscher tun dies in diesem Falle - nicht davon abzubringen, vor dem Wagen herzusausen. So lange rannte sie vor dem Wagen her, trotz des Knallens mit der Peitsche, bis sie an eine Brücke kam, und da wollte sie sich ins Wasser stürzen, aus Furcht, überfahren zu werden. Sie wurde von Passanten gerettet, zu ihrer Gesellschaft zurückgebracht und wurde anf diese Weise vor einem großen Unfall bewahrt.
Nun, diese Erscheinung hängt natürlich zusammen mit dem ganzen Befinden der betreffenden Dame. Es ist eine ausgesprochen hysterische Sache, wenn man vor den Pferden davonläuft, statt aufs Trottoir abzubiegen. Nun handelte es sich darum, nach den Ursachen einer solchen Angelegenheit zu forschen. Da kam Freud zunächst darauf, weil er in diesem Falle wie in andern Fällen bestrebt war, gewisse Teile der Ursachen im rückgelegenen Leben zu suchen, also in dem Leben, welches der Betreffende als Kind oder überhaupt früher durchgemacht hatte. Wenn da etwas aufgetreten ist, was gewissermaßen seelisch nicht ganz verarbeitet ist, so kann es eine Impulsaniage zurücklassen, und die kann dann später ausgelöst werden durch irgendwelche schockierenden Ereignisse.
In der Tat fand sich auch leicht ein solches Erlebnis in der Kindheit der betreffenden Dame. Sie war als Kind in einer Kutsche gefahren und da passierte es, daß die Pferde scheu wurden und durchgingen und gerade losstürmten auf das Ufer des Flusses. Der Kutscher sprang ab, forderte auch das Kind auf, abzuspringen; im letzten Augenblicke sprang es noch ab, der Wagen mit den Pferden sauste in den Fluß hinein, und die Pferde waren mit dem Wagen zugrunde gegangen.
Also das schockierende Ereignis war da. Eine gewisse Assoziation zwischen Pferd und Pferd war auch wiederum da. Im Augenblicke, wo die Dame ihre Gefahr den Pferden gegenüber sah, verlor sie den Halt, das Bewußtsein, und rannte vor dem Wagen her, statt auszuweichen, unter dem Einfluß, der Nachwirkung des infantilen Erlebnisses. Aber wiederum, Sie können daraus sehen, daß bei den Psychoanalytikern schon eine wissenschaftliche Methodik zu finden ist, so wie man heute Wissenschaft treibt, das haben die Psychoanalytiker schon - aber nicht wahr, es gibt natürlich sehr viele Menschen, denen
in der Jugend so etwas passiert und die dennoch nicht dasselbe machen werden, davonlaufen vor den Pferden, wenn auch Pferd mit Pferd sich assoziiert. Also es muß zu der einen Sache noch etwas hinzukommen, wenn eine solche Veraniagung eintreten soll, daß man vor Pferden davonläuft, statt auszuweichen.
Da forschte Freud weiter nach. Und in der Tat, es fand sich gerade in diesem Fall ein sehr interessanter Zusammenhang. Dieser Zusammenhang bestand in folgendem: die betreffende Dame, die also vor den Pferden davongerannt war, war in Verlobung stehend mit einem Herrn. Aber sie liebte zwei; den Herrn, mit dem sie in Verlobung stand - sie war vollkommen überzeugt, daß sie den mehr liebte als den andern -, aber sie liebte auch den andern. Darüber war sie sich nicht ganz klar, aber so halb und halb. Der andere aber, das war der Mann ihrer besten Freundin, und diese Freundin war die Hausfrau, deren Abschiedssouper gefeiert worden war an jenem Abend. Also die Hausfrau, die etwas nervös war, reiste ab; die Freundin war mit beim Abschiedssouper, war weggegangen mit den andern Gästen, rannte vor den Pferden davon, und als man nachforschte, erfuhr man, daß allerdings früher bedeutungsvolle Zusammenhänge zwischen dem andern Herrn, also dem Mann ihrer besten Freundin, und dieser Dame bestanden haben. Das Liebesverhältnis hatte immerhin einige, nun, sagen wir, einige Dimensionen angenommen. Und nun hingen diese Dimensionen auch sogar etwas zusammen mit der Nervosität der Freundin, wie Sie sich ja auch denken können. Kurz und gut, also nichts ahnend - nach ihrer eigenen Meinung - ging diese Dame mit den übrigen Gästen weg, rannte auf der Straße vor den Pferden davon, wurde gerettet, die Gäste brachten sie zurück, es war unter den gegebenen Verhältnissen das Selbstverständliche, in das Haus, woher sie eben gekommen waren, wo sie das Abschiedssouper gegessen hatten. Und nun forschte der Arzt dem ganzen Krankheitsfall nach. Er brachte es in der Tat dahin, daß ihm die Dame die Sache erzählte. Aber hier stockte sie, und nur mit Mühe konnte er sie veranlassen, den weiteren Fortgang zu erzählen. Da kam denn heraus, daß in der Tat - wir wissen ja, eben war die Frau abgefahren, der Mann war allein zu Hause - der Mann in
dieser Situation, nachdem sie wieder zu sich gekommen und normal war, ihr eine Liebeserklärung gemacht hat. Also sehen Sie, eine sehr merkwürdige Sache.
Andern Fällen ähnlicher Art ist nun Dr. Freud nachgegangen und nach seinen Forschungen hat sich ihm ergeben, daß solche Dinge immer nur dann eintreten, wenn irgendwie eine Liebe im Spiel ist, wenn irgend etwas von Liebe dabei im Spiel ist, wenn dabei irgend etwas unter der Decke des Bewußtseins schlummert von irgendwelchen Liebesdingen. Freud war zu der Überzeugung gekommen, wenn man bei solchen Hysterischen, welche, wie man früher geglaubt hat, durch seelische Verwundungen in ihre Lage gekommen sind, wenn man in ihrem Leben nachforscht, kann man finden, mögen was immer für Verhältnisse vorliegen, es können mancherlei Konstellationen da sein, aber von irgendeiner Seite her muß die Liebe ihr Spiel treiben. Wohlgemerkt, es braucht eben, und das sind die charakteristischsten Fälle, die hedeutungsvollsten, es braucht diese Liebesgeschichte dem betreffenden Patienten durchaus nicht zum Bewußtsein gekommen zu sein.
Nun, so war dasjenige fertig, was Freud seine Neurosetheorie, seine Sexualtheorie nannte. Er fand in allen solchen Fällen, daß das Sexuelle in die Sache hineinspielt. Sehen Sie, diese Dinge sind natürlich außerordentlich verführerisch. Erstens besteht in der Gegenwart überhaupt die Neigung, überall, wo man irgend etwas Menschliches erklären will, das Sexuelle zu Hilfe zu rufen. Daher braucht es uns nicht zu verwundern, daß ein Arzt, der in so und so vielen Fällen bei hysterischen Krankheitsformen die Liebe mit im Spiel findet, eine solche Theorie aufstellt.
Auf der andern Seite ist gerade dies der Punkt, wo, weil die analytische Psychologie ein Erkenntnisversuch ist mit unzulänglichen Mitteln, die denkbar größtmögliche Gefahr beginnt. Deshalb wird die Sache so gefährlich, weil, ich möchte sagen, diese Erkenntnissehnsucht so ungeheuer verführerisch ist; verführerisch durch die Zeitumstände, dann aber auch dadurch, daß wirklich immer nachweisbar das sexuelle Verhältnis irgendeine Rolle spielt. Nun, der Psychoanalytiker Jung, der das Buch geschrieben hat «Die Psychologie der
unbewußten Prozesse», Professor Jung in Zürich ist nun nicht der Meinung, daß man auskomme mit der Freudschen Sexualtheorie, Neurosetheorie, sondern er ist einer andern Meinung.
Jung hat bemerkt, daß Freud auch seine Gegner hat. Unter diesen Gegnern Freuds ist auch ein gewisser Adler. Dieser Adler steht auf einem ganz andern Standpunkte. Wie Freud eine große Anzahl von Fällen geprüft hat - Sie können das alles bei Jung in seinem Buche nachlesen - und überall das Sexuelle hlneinspielen gesehen hat und daher die Induktion, den Schluß gezogen hat: Also ist eigentlich das Sexuelle die auslösende Ursache -, so hat sich Adler eine andere Seite der Sache besonders angesehen und hat gefunden, daß diese andere Seite wesentlich wichtiger sei als diejenige, die Freud in den Vordergrund gestellt hat. Adler - ich will im allgemeinen nur charakterisieren - fand, daß, ebenso wie das Sexuelle im Menschen eine sehr dominierende Rolle spielt, noch ein anderer Trieb eine sehr dominierende Rolle spielt, das ist der Trieb: Macht zu bekommen über seine Umgebung, der Machttrieb. Wille zur Macht sollte ja bei Nietzsche sogar ein philosophisches Prinzip sein. Und man kann, geradeso wie Freud das Sexuelle zur Theorie gemacht hat, auch für den Machttrieb unzählige Fälle zusammenstellen. Man braucht nur Hysterische einmal zu analysieren, die Fälle sind gar nicht so selten. Nehmen Sie an, eine Dame sei hysterisch; sie bekommt Krämpfe - besonders Herzkrämpfe sind in einem solchen Falle sehr beliebt - und alle möglichen Zustände. Das Haus wird in Bewegung gesetzt, die ganze Umgebung, alles Mögliche; die Ärzte werden herbeigeschafft, die Kranke wird ungeheuer bedauert. Kurz, sie übt eine tyrannische Macht über die Umgebung aus. Ein vernünftiger Mensch weiß in einem solchen Fall, daß einem solchen Menschen meist gar nichts fehlt in Wirklichkeit, obwohl sie durchaus ihres krankhaften Zustandes sich bewußt sind und darunter leiden. Aber es fehlt ihnen in Wirklichkeit nichts, sie sind eigentlich gesund, und sind auch krank, wenn Sie wollen. Man kann sie für gesund und als krank auffassen. Sie fallen gewiß hin, indem sie ohnmächtig werden im Herzkrampf; aber sie fallen in der Regel auf den Teppich, und nicht daneben! Man kann diese Dinge sehr gut beobachten.
Dieses nun, was ins Unbewußte hinunterdrängt, was Machttrieb ist, das führt insbesondere leicht zu hysterischen Zuständen. Adler hat vorzugsweise versucht, die Fälle, die ihm zu Gebote standen, nun nach diesem Machttrieb zu untersuchen, hat wiederum gefunden, daß überall, wo hysterische Fälle auftreten, irgendwie etwas nachgewiesen werden kann, daß der Machttrieb in irgendeiner Weise aufgestachelt worden ist und ins Krankhafte verzerrt worden ist. Jung sagt sich: Nun ja, schließlich kann man dem Adler nicht Unrecht geben; das, was er beobachtet hat, ist da. Man kann dem Freud nicht Unrecht geben; das, was er beobachtet hat, ist da. Also wird es halt mal so, mal so sein.
Das ist auch ganz vernünftig, es wird schon bald so, bald so sein. Aber nun baut Jung eine besondere Theorie darauf auf. Diese Theorie ist nicht uninteressant, wenn man sie nicht bloß abstrakt als Theorie nimmt, sondern wenn man sie so betrachtet, daß man in ihr zugleich ein Wirken von Zeitimpulsen sieht, von dem, was in die Zeit hereinspielt, namentlich von dem Erkenntnisohnmächtigen, möchte ich sagen, unserer Zeit, von den Erkenntnisunzulänglichkeiten. Jung sagt: Es gibt überhaupt zwei Menschentypen, zweierlei Menschen. Bei dem einen Menschentypus ist mehr das Fühlen ausgebildet, bei dem andern mehr das Denken.
Nun, es hat also wiederum einmal ein großer Gelehrter eine epochemachende Entdeckung gemacht, die eigentlich jeder vernünftige Mensch in seiner nächsten Umgebung als auf der Straße liegend immer machen kann; denn daß man die Menschen in Gefühlsmenschen und in Gedankenmenschen einteilen kann, liegt ja so ziemlich auf der Hand. Aber Gelehrsamkeit hat noch eine andere Aufgabe; sie muß die Dinge nicht so laienhaft betrachten, dadurch, daß sie etwa sagt: Unter den Menschen unserer Umgebung sind zwei Typen, Gefühlsmenschen und Verstandesmenschen -, sondern Gelehrsamkeit muß etwas anderes noch machen. Gelehrsamkeit sagt in einem solchen Falle, der, der sich einfühlt, begibt sich gewissermaßen aus sich selbst heraus zur Objektivität; der andere zieht sich gewissermaßen vom Objekt zurück oder hält davor an und denkt darüber. Der erste heißt der extravertierte Typus, der andere heißt der introvertierte Typus.
Der erste wäre also der Gefühlsmensch, der zweite der Verstandesmensch. Also nicht wahr, es ist eine gelehrte Einteilung gemacht, scharfsinnig, geistreich, wirklich entsprechend bis zu einem gewissen Grade, das ist nicht abzuleugnen.
Nun sagt Jung weiter: Beim extravertierten Typus - also demjenigen, wo der Mensch vorzugsweise in Gefühlen lebt -, bei dem bleiben sehr häufig die Verstandesbegriffe im Unterbewußten stecken; er lebt in Gefühlen, aber im Unterbewußten bleiben die Verstandesbegriffe stecken. Und jetzt kommt er in Kollision mit dem, was er in seinem Bewußtsein hat, und dem, was da unten im Unterbewußten herumwimmelt als Verstandesbegriffe. Aus dieser Kollision können allerlei Zustände herkommen. Diese Zustände werden vorzugsweise bei solchen Menschen eintreten, welche gefühlsmäßige Anlagen haben.
Dagegen bei den andern, die mehr sich mit dem Geist beschäftigen, bei den Verstandesmenschen, bleiben die Gefühle im Untergrunde und drängen im Unterbewußten, wimmeln im Unterbewußten und kommen in Kollision mit dem bewußten Leben. Das bewußte Leben kann sich nicht erklären, was da eigentlich an es heranschlägt. Es sind die unterbewußten Gefühle. Und aus dem Umstande, daß der Mensch eigentlich nie vollständig ist, sondern einmal der Typus, einmal jener Typus ist, können solche Zustände entstehen, daß das Unterbewußte revoltiert gegen das Bewußte. Und das kann eben sehr häufig zu hysterischen Zuständen führen.
Nun, nicht wahr, man kann sagen, die Theorie Jungs ist ja eigentlich nichts als eine Umschreibung, wie gesagt des trivialen Urteils von dem Gefühlsmenschen und dem Verstandesmenschen, und es ist keine besondere Vertiefung des Tatbestandes. Aber aus alledem müssen Sie ersehen, daß immerhin die Menschen der Gegenwart aufmerksam werden auf allerlei seelische Eigentümlichkeiten, daß ihnen diese seelischen Eigentümlichkeiten vor das Geistesauge treten und sie sich damit befassen, daß sie fragen: Was geht vor in einem Menschen, in dem solche Dinge auftreten? - Immerhin, die Leute sind so weit, sich zu sagen: Physiologische, anatomische Veränderungen sind es nicht. - Über den bloßen Materialismus sind die Leute doch hinaus; den bloßen Materialismus geben sie nicht zu; sie reden vom Seelischen.
Also immerhin sicher ein Weg, auf dem die Leute suchen, aus dem bloßen Materialismus herauszukommen und das Seelische ins Auge zu fassen.
Nun ist es aber höchst eigentümlich, wie, wenn man näher zusieht, die Erkenntnisunzulänglichkeiten eigentümlich wirken, wie wirklich der Erkenntnisversuch mit unzulänglichen Mitteln die Leute in merkwürdige Bahnen hineinführt. Nur muß ich ausdrücklich bemerken, die Menschen sehen nicht, in was sie hineingetrieben werden, und ihre Anhänger und Leser und Zeitgenossen sehen es auch nicht. Die Sache wird, wenn man sie richtig betrachtet, wirklich eine sehr gefährliche Seite haben, weil so vieles nicht gesehen wird dabei, also selbst im Unterbewußten rumort bei den Leuten. Es ist ganz eigentümlich, die Theorien selbst rumoren im Unterbewußten. Die Leute stellen eine Theorie über das Unterbewußte auf, aber sie rumoren selber mit ihrer Theorie im Unterbewußten.
Jung betreibt die Sache als Arzt, und das ist ja im Grunde bedeutsam, daß man die Patienten seelisch-therapeutisch behandelt von diesem Gesichtspunkte aus. Zahlreiche Menschen arbeiten daran, die Sache überzuführen in die Pädagogik, sie pädagogisch anzuwenden. Also wir sehen schon, wir stehen hier nicht vor einer eingeschränkten Theorie, sondern vor dem Versuche, etwas zu einer Kulturerscheinung zu machen. Es ist sehr interessant, wie also jemand, der als Arzt die Sache behandelt wie Jung, wie der, indem er allerlei Fälle wiederum beobachtete, behandelte auch, sogar scheinbar auch wirklich kurierte, wie der immer weiter und weiter getrieben wird. Und so wird Jung zu folgendem getrieben. Er sagt sich: Man muß also, wenn man solche abnormen Erscheinungen im Seelenleben eines Menschen findet, in diesem Seelenieben des Menschen weitersuchen, vor allen Dingen suchen, inwiefern infantile> kindliche Ereignisse auf das Seelenleben des Menschen einen Eindruck gemacht haben und nachwirken. - Das ist ja etwas, was man insbesondere auf diesem Gebiete sucht: infantile Nachwirkungen, Nachwirkungen aus der Kindheitszeit. Ich habe Ihnen ja das Beispiel angeführt, das in der psychoanalytischen Literatur eine große Rolle spielt.
Nun kommt aber Jung darauf, daß bei den wirklichen Krankheits
fällen sehr zahlreich diejenigen sind, wo es sich nicht nachweisen läßt, daß der Mensch als Individuum irgend etwas hat, wenn man auch bis in die früheste Kindheit zurückgeht. Wenn man alles, mit dem der Mensch in Berührung gekommen ist, ins Auge faßt - man findet den Konflikt im Individuum Mensch, das man vor sich hat, nicht, woraus sich die Sache erklären ließe. Dadurch kommt Jung zu einer Unterscheidung von zwei Unbewußten: erstens das individuelle Unbewußte, das also im Menschen drinnensteckt, wenn auch nicht im Bewußtsein. Nicht wahr, wenn die junge Dame in der Kindheit aus dem Wagen gesprungen ist und einen Schock bekommen hat, so ist das längst entschwunden, ist nicht mehr im Bewußtsein, sondern es wirkt unterbewußt. Wenn man nun dieses Unbewußte nimmt - der Mensch hat unzähliges Unbewußte in sich -, so bekommt man das persönliche oder individuelle Unbewußte. Das ist das erste, was Jung unterscheidet.
Das zweite ist aber das überpersönliche Unbewußte. Er sagt: Es sind auch solche Dinge, die ins Seelenleben hereinspielen, die nicht in der Persönlichkeit sind, die aber auch nicht im Materiellen draußen in der Welt sind, die also angenommen werden müssen als in einer seelischen Welt vorhanden.
Nun geht doch die Psychoanalyse darauf hinaus, solche Seeleninhalte zum Bewußtsein zu bringen. Das soll ja gerade die Therapie, die Heilmethode sein: die Sache zum Bewußtsein zu bringen. Also muß der Arzt darauf ausgehen, nicht nur das aus dem Kranken herauszuforschen, was der Kranke individuell erlebt hat, sondern auch allerlei anderes, was er gar nicht individuell erlebt hat, was auch draußen in der Welt nicht war, sondern seelischer Inhalt ist. Dabei kommen ja die Psychoanalytiker darauf, daß sie sagen: Eigentlich hat der Mensch nicht nur das erlebt, was er selbst seit seiner physischen Geburt erlebte, sondern von seiner physischen Geburt an weiter zurück alles Mögliche. Und das rumort jetzt in ihm. Ein Mensch, der heute geboren wird, erlebt also auch unterbewußt zum Beispiel die Sage von Ödipus. Nicht bloß lernt er die Sage von Ödipus in der Schule, diese Sage erlebt er. Er erlebt die griechischen Götter; er erlebt die ganze Vergangenheit der Menschheit mit. Und das Schlimme
besteht gerade darinnen, daß der Mensch dieses alles nun erlebt, aber es will nicht herauf ins Bewußtsein. Der Psychoanalytiker muß sich also sagen - und bis zu diesem Grade geht er sogar: Das griechische Kind erlebte das auch; aber dem Griechen, dem erzählte man das; der erlebte es also auch im Bewußtsein. Der heutige Mensch, der erlebt es auch, aber es rumort in ihm - bei dem extravertierten Menschen in unterbewußten Gedanken, bei dem introvertierten als unterbewußte Gefühle. Das rumort in den Menschen drinnen; das rumort wie Dämonen.
Nun denken Sie sich, vor welcher Notwendigkeit eigentlich der Psychoanalytiker steht, wenn er seiner Theorie treu ist! Er stünde eigentlich vor der Notwendigkeit, diese Dinge ernst zu nehmen und einfach zu sagen: Nun ja, wenn heute ein Mensch aufwächst, und das ihn gerade zur Krankheit führen kann, daß er eine Beziehung hat zu dem, was in ihm rumort, und er doch nichts weiß von dieser Beziehung, so muß man ihm eben diese Beziehung bewußt machen, so muß man ihm gerade erklären, daß es eine geistige Welt gibt, daß es darin Götter gibt, daß es verschiedene Götter gibt. Denn so weit kommt sogar der Psychoanalytiker, daß er sagt: Die menschliche Seele hat ihre Beziehung zu den Göttern; aber es liegt eine Krankheitsursache darinnen, daß sie nichts weiß von diesen Beziehungen. - Alle möglichen Auskunftsmittel sucht der Psychoanalytiker. Aber diese Auskunftsmittel sind manchmal grotesk. - Nehmen wir an, ein hysterischer Kranker kommt und zeigt diese oder jene hysterische Erscheinung, weil er Furcht hat vor einem Dämon, sagen wir einem Feuerdämon. Frühere Menschen haben an Feuerdämonen geglaubt, haben von Feuerdämonen auch Anschauungen gehabt, haben gewußt davon. Die jetzigen haben auch Beziehungen zu Feuerdämonen - das gibt der Psychoanalytiker zu -, aber die Beziehungen sind nicht bewußt, und man erklärt es den Menschen auch nicht, daß es Feuerdämonen gibt. Also führt das zur Krankheitsursache. Jung versteigt sich sogar so weit, daß er sagt: Die Götter, zu denen man Beziehungen hat, aber von deren Beziehungen man nichts weiß, die rächen sich, die zürnen, die rächen sich; und es kommt die Rache als Hysterie zum Vorschein. - Schön. Er sagt also, solch ein heutiger Mensch, der nun malträtiert
wird in seinem Unterbewußten von einem Dämon, er weiß nicht, daß es im Feuer Dämonen gibt; ein Feuerdämon quält ihn, aber er kann keine Beziehung zu ihm kriegen, denn - das ist Aberglaube! Das geht nicht. Was tut denn solch ein armer moderner Mensch, der über der Sache krank wird? Er projiziert die Sache nach außen, das heißt, er sucht sich irgendeinen Freund auf, den er vorher ganz gern gehabt hat oder dergleichen, und sagt: Der ist es, der verfolgt mich, der schimpft über mich. - Er fühlt sich von ihm verfolgt und so weiter. Das heißt, der betreffende Kranke hat einen Dämon, der ihn quälte, in einen andern Menschen hineinprojiziert.
Oftmals besteht die Therapie, die die Psychoanalytiker anwenden, darinnen, daß sie die Sache ablenken auf sich. Da kommt es sehr häufig vor, daß - in gutem und in bösem Sinne - die Patienten den Arzt zum Gott oder zum Teufel machen.
Sie sehen die außerordentlich interessante Tatsache, daß der Arzt der Gegenwart gedrängt wird, sich zu sagen: Die Menschen sind von Geistern gequält, und weil man ihnen von Geistern keine Lehre gibt, weil sie keine Lehre aufnehmen, also in ihrem Bewußtsein nichts davon aufnehmen, so werden sie zu Quälgeistern untereinander, projizieren ihre Dämonen nach außen, reden einander allerlei dämonisches Zeug auf und so weiter. - Und wie radikal verhängnisvoll der Psychoanalytiker das ansieht, das mag Ihnen daraus hervorgehen, daß Jung folgenden interessanten Fall anführt. Er sagt, gewisse seiner Kollegen sagen, wenn nun einer solche Seelenenergien in sich hat, die von solchen Quälereien kommen, so müsse man sie ableiten auf etwas. Also nehmen wir an, gehen wir wieder zurück auf Elementarfälle der Psychoanalyse: Eine Patientin kommt; ihre Krankheit rührt davon her, wie man nach dem Abhören der psychoanalytischen Beichte findet, daß sie in früherer Zeit in jemand verliebt war, den sie nicht gekriegt hat, und das ist ihr geblieben. Es könnte auch ein Dämon sein, der sie quält; aber in den meisten Fällen, die die Ärzte beobachten, ist es so, daß irgend etwas sich ereignet hat in dem individuellen Unterbewußten, das sie unterscheiden von dem überindividuellen Unterbewußten. Und da versucht der Arzt abzuleiten, indem er das, was unausgegorene Phantasie ist, ableiten, überleiten will. Also er
sagt: Wenn eine liebebedürftige Seele da ist, die den «Ihren» nicht gekriegt hat, müsse sie diese Liebesmenge, die sie da nicht anwenden könne, in Samariterdienste wenden, sie müsse diesen oder jenen Wohltätigkeitsveranstaltungen vorstehen und so weiter. - Na, es kann das recht gut gemeint sein; aber Jung sagt selber, es läßt sich nicht immer diese Energie so ableiten. Selbstverständlich, der gelehrte Herr muß wiederum ein bißchen eine Auskunft haben; deshalb sagt er, die Energien, die auf solche Weise in der Seele sitzen, haben ein gewisses Gefälle; das kann man nicht immer dirigieren. Nun, ich habe gar nichts gegen diese Ausdrücke, ich möchte nur hervorheben, daß es nur, nicht wahr, durchaus nichts anderes ist als eine Umsetzung desjenigen, was der Laie sehr häufig bespricht, aber natürlich so, wie er sich ausdrückt. Aber Jung erzähit nun einen Fall, der sehr interessant ist, der gut ausdrückt, wie dieses Gefälle eben nicht dirigiert werden kann.
Ein Mann, Amerikaner, typischer Mensch der Gegenwart, Selfmademan, hat sich zum tüchtigen Führer und Leiter eines Geschäftes gemacht, hat mit Riesenkraft diesem Geschäft sich gewidmet, großen Erfolg gehabt, große Einkünfte auch und denkt nun: Deniinächst werde ich fünfundvierzig Jahre alt, nun habe ich mich geplagt genug in meinem Leben, jetzt werde ich mir auch einmal Ruhe gönnen. - Und er kauft sich einen Landsitz mit Autos und Tennisplätzen und allem, was dazu gehört. Er dachte also, mit fünfundvierzig Jahren sein Geschäft zu verlassen und da hinaus auf den Landsitz zu ziehen und da zu leben, bloß die Tantiemen zu beziehen von dem Geschäft. Aber siehe da, als er auf seinem Landsitz eine Zeitlang war, spielte er nicht Tennis, fuhr nicht Auto, ging nicht in die Theater, hatte keine Freude an den Blumen, die angelegt waren, sondern setzte sich einsam in sein Zimmer und brütete vor sich hin. Da tat es ihm weh, da tat es ihm weh, alles tat ihm weh, und tatsächlich schmerzte ihn bald der Kop?, bald die Brust, bald die Beine. Also er konnte sich selber nicht mehr ausstehen, hörte auf zu lachen, war müde, abgespannt, hatte immerfort Kopfschmerzen, es war schrecklich. Keine Krankheit; keine für den Arzt zu konstatierende Krankheit. So ist es ja bei sehr vielen Menschen in der Gegenwart, nicht wahr; sie sind eigentlich
ganz gesund und sind doch krank. Ja, also eine Krankheit war nicht da. Der Arzt wußte schon nichts anderes, als zu sagen: Sehen Sie, die Geschichte ist seelisch - das sagen ja heute schon die Ärzte -, Sie sind seelisch krank; Sie haben sich den Geschäftsverhältnissen angepaßt, da sind Sie drinnen, jetzt können Ihre Energien nicht gleich andere Gefälle annehmen, sie haben ihr eigenes Gefälle, sie können nicht dirigiert werden. Gehen Sie wiederum zurück in Ihr Geschäft, das ist das einzige Mittel, das ich weiß. - Nun, der betreffende Herr sieht das auch ein. Aber siehe da, jetzt kann er auch nicht mehr im Geschäft etwas leisten! Er ist untauglich, er ist jetzt drinnen ebenso krank wie er draußen war auf seinem Landsitz.
Daraus schließt Jung mit Recht: Man kann die Energien nicht so leicht von einem Gefälle auf ein anderes bringen. Selbst wenn man sie wieder zurückbringen will, geht es auch nicht. Der Betreffende kam sogar zu ihm in Behandlung, aber er konnte diesem Manne auch nicht helfen, weil es schon zu spät war; es hatte die Krankheit schon zu stark um sich gegriffen, man hätte früher eingreffen müssen. - Dies zeigt Ihnen, daß es mit der Therapie der Ableitung auch schon seine Schwierigkeiten hat. Jung führt das Beispiel selber an.
Überall begegnet man Tatsachen, die von Bedeutung, von Wichtigkeit sind, die, jetzt darf ich es wohl sagen, nur durch Geisteswissenschaft oder Anthroposophie zu bewältigen sein werden, erkenntnismäßig; aber sie sind da. Den Leuten fallen sie auf Also die Fragen sind da, Sie finden sie überall. Das wird man schon entdecken, daß der Mensch ein kompliziertes Wesen ist, daß er nicht jenes einfache Wesen ist, von dem man sich eine illusionäre Vorstellung gemacht hat durch die fortgeschrittene Wissenschaft des 19. Jahrhunderts. Vor dem Psychoanalytiker von heute steht eine merkwürdige Tatsache. Wenn Sie diese Tatsache nehmen, ja, für die heutige Wissenschaft ist sie geradezu unerklärlich. In der Anthroposophie werden Sie mit den Mitteln, die Sie schon haben in meinen Vorträgen, leicht eine Erklärung finden. Ich kann aber auf die Erscheinung noch einmal zurückkommen, wenn Sie die Erklärung nicht selber finden sollten. Es kann zum Beispiel vorkommen, daß jemand hysterisch blind wird, also nicht sieht. Es gibt hysterisch Blinde, die also durchaus sehen
könnten und doch nicht sehen, seelisch Blinde. Nun kann es sein, daß solche Menschen partiell geheilt werden, sie fangen wieder an zu sehen, aber sie sehen nicht alles. So zum Beispiel kann der eigentümliche Fall eintreten, daß ein solcher hysterisch Blinder wiederum sein Sehvermögen bekommt, alles am Menschen sieht, just nicht den Kopf! Solch ein partiell Geheilter geht also in den Straßen herum und sieht alle Menschen ohne Kopf. Das gibt es wirklich. Es gibt noch viel kuriosere Erscheinungen.
Nun, das alles ist, wie gesagt, mit anthroposophisch orientierter Geisteswissenschaft schon zu bewältigen, und aus einem Vortrage, den ich hier im Lauf des vorigen Jahres gehalten habe, können Sie die Erklärung zum Beispiel für diese Erscheinung leicht finden, daß man auch einmal die Köpfe der Menschen nicht sehen kann. Aber, wie gesagt, dem heutigen Psychoanalytiker liegen alle diese Erscheinungen vor. Und so viel liegt ihm schon vor, daß er sich sagt: Es kann für den Menschen außergewöhnlich verhängnisvoll werden, wenn er nun Beziehungen gar zu dem Überpersönlich-Unbewußten hat. Aber um Gottes willen, ja, um Gottes willen sagt der Psychoanalytiker nicht, aber um der Wissenschaft willen nur ja nicht etwa jetzt Ernst machen mit der geistigen Welt! Nur ja das nicht! Das geht den Leuten nicht ein, mit der geistigen Welt Ernst zu machen. Und da kommt denn etwas ganz Merkwürdiges zustande. Es wird von den wenigsten Menschen bemerkt, was für sonderbare Erscheinungen unter dem Einfluß dieser Dinge zustande kommen. Ich will sie aus dem Jungschen Buche «Die Psychologie der unbewußten Prozesse», das vor kurzem erst erschienen ist, aufmerksam machen auf eine außerordentlich interessante Sache, aus der Sie sehen werden, wozu der Psychoanalytiker heute schon kommt. Ich muß Ihnen allerdings ein Stückchen vorlesen: «Nach diesem Beispiel», es sind solche Beispiele, wo er zeigt, daß der Mensch nicht nur mit dem, was in seinem individuellen Leben oder in der Gegenwart ist, sondern weit zurück Beziehungen hat zu allem möglichen Dämonischen und Göttlichen und Geisterhaften und so weiter, «nach diesem Beispiel für die Entstehung neuer Ideen aus dem Schatze der urtümlichen Bilder», hier nennt er es nicht Götter, sondern urtümliche Bilder, «wollen wir die
weitere Darstellung des Übertragungsprozesses wieder aufnehmen. Wir sahen, daß die Libido eben in jenen anscheinend ungereimten und absonderlichen Phantasien ihr neues Objekt ergriffen hat, nämlich die Inhalte des absoluten Unbewußten.» Also das absolute Unbewußte ist das überpersönlich Unbewußte, nicht das persönliche. «Wie ich bereits sagte, ist die nicht eingesehene Projektion der urtümlichen Bilder auf den Arzt eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die weitere Behandlung.» Also der Patient setzt seine Dämonen heraus und setzt sie auf den Arzt. Das ist eine Gefahr. «Die Bilder enthalten nämlich nicht nur alles Schönste und Größte, das die Menschheit je dachte und fühlte, sondern auch jede schlimmste Schandtat und Teufelei, deren die Menschen je fähig waren. »
Denken Sie, so weit kommt Jung schon, daß er einsieht: Der Mensch hat in sich unbewußt alle Schandtaten und Teufeleien neben dem Schönsten, was die Menschheit je fähig war zu denken und zu fühlen. Also nicht wahr, irgendwie herbei lassen sich die Leute nicht, von Luzifer und Ahriman zu sprechen; aber zu einem solchen Satze versteht er sich: «Die Bilder enthalten nämlich nicht nur alles Schönste und Größte, das die Menschheit je dachte und fühlte, sondern auch jede schlimmste Schandtat und Teufelei, deren die Menschen je fähig waren. Wenn nun der Patient die Persönlichkeit des Arztes von diesen Projektionen nicht unterscheiden kann, dann geht jede Verständigungsmöglichkeit verloren, und die menschliche Beziehung wird unmöglich. Wenn aber der Patient diese Charybdis vermeidet, so fällt er in die Scylla der Introjektion dieser Bilder, d. h. er rechnet ihre Qualitäten nicht dem Arzte zu, sondern sich selber.» Also dann ist er selber der Teufel; er findet selber, daß er der Teufel ist. «Diese Gefahr ist ebenso schlimm. Bei der Projektion schwankt er zwischen einer überschwänglichen und krankhaften Verhimmelung und einer haßerfüllten Verachtung seines Arztes. Bei der Introjektion gerät er in eine lächerliche Selbstvergötterung oder moralische Selbstzerfleischung. Der Fehler, den er beide Male macht, besteht darin, daß er sich persönlich die Inhalte des absoluten Unbewußten zurechnet. So macht er sich selber zum Gott und zum Teufel. Hier liegt der psychologische Grund, warum die Menschen immer der Dämonen bedurften
und nie ohne Götter leben konnten, ausgenommen einige besondere kluge Specimina des homo occidentalis von gestern und vorgestern, Übermenschen, deren Gott tot ist, weshalb sie selber zu Göttern werden, und zwar zu rationalistischen Duodezgöttern mit dickwandigen Schädeln und kalten Herzen.»
Also Sie sehen, der Psychoanalytiker kommt dazu, zu sagen: Die Menschenseele ist so geartet, daß sie die Götter braucht, daß sie die Götter notwendig hat, daß sie krank werden muß, wenn sie die Götter nicht hat. Daher hat sie immer die Götter gehabt; die Menschen brauchen die Götter. Er spottet sogar, der Psychoanalytiker, daß wenn sie die Götter nicht haben, so müssen sie selber zu Göttern werden, aber nur zu «rationalistischen Duodezgöttern mit dickwandigen Schädeln und kalten Herzen». «Der Gottesbegriff», sagt der Psychoanalytiker weiter, «ist nämlich eine schlechthin notwendige psychologische Funktion irrationaler Natur...»
Nun, nicht wahr, Sie sehen, weiter kann ja nicht gegangen werden, als auf naturwissenschaftliche Weise die Notwendigkeit des Gottesbegriffes in dieser Art darzustellen. Der Mensch muß den Gott haben, das weiß der Psychoanalytiker heute, er braucht ihn. Aber, ich habe den Satz nicht zu Ende gelesen, lesen wir ihn zu Ende: «Der Gottesbegriff ist nämlich eine schlechthin notwendige psychologische Funktion irrationaler Natur, die mit der Frage nach der Existenz Gottes überhaupt nichts zu tun hat.»
Also hier stoßen Sie, indem Sie Vorder- und Nachsatz zusammenlesen, auf das große Dilemma der Gegenwart. Der Psychoanalytiker beweist einem, daß der Mensch krank wird, wenn er seinen Gott nicht hat; aber diese Notwendigkeit hat mit einer Existenz Gottes nichts zu tun. Und er fährt fort: «Denn diese letztere Frage», nämlich die nach der Existenz Gottes, «gehört zu den dümmsten Fragen, die man stellen kann. Man weiß doch hinlänglich, daß man sich einen Gott nicht einmal denken kann, geschweige denn sich vorstellen, daß er wirklich existiere, so wenig wie man sich einen Vorgang denken kann, der nicht notwendig kausal bedingt wäre.»
Nun bitte ich Sie, hier stehen Sie vor dem Punkt, wo Sie die Dinge abfangen können. Die Dinge sind da, pochen an der Türe der Erkenntnis.
Die Leute, die suchen, sind auch da; sie erkennen die absolute Notwendigkeit, aber - sie betrachten dasjenige> was sie als absolute Notwendigkeit halten, wenn es als ernste Frage aufgeworfen wird, als eine der dümmsten Fragen, die überhaupt aufgeworfen werden.
Da haben Sie einen der Punkte, wo Sie aus dem heutigen Geistesleben heraus unmittelbar sehen können, woran man eigentlich immer vorbeigeht. Ich kann Ihnen die Versicherung geben, diese Psychoanalytiker als Seelenkenner oder als Seelenforscher sind noch immer weit, weit über das hinaus, was die landläufige Universitätspsychiatrie bietet - sie sind weit, weit, weit über das hinaus, was die Universitätspsychiatrie, die Universitätspsychologie zumeist bietet, und sie haben Recht in einer gewissen Weise, auf diese schreckliche sogenannte Wissenschaft herabzusehen. Aber man kann sie abfangen an solch einer Stelle, wo man so recht sieht, welchen Dingen die gegenwärtige Menschheit gegenübersteht, indem sie der zeitgenössischen Wissenschaft gegenübersteht.
Das bemerken ja zahlreiche Menschen nicht. Die Menschen wissen heute gar nicht, wie heutiger Autoritätsglaube ist. Es war ja niemals solcher Autoritätsglaube, wie er in der Gegenwart herrscht; niemals ist er mehr in dem Unterbewußten drunten gewesen als heute. Man muß immer wieder und wiederum sagen: Ja, um Gottes willen, was tut ihr denn eigentlich, wenn ihr als Therapeuten hysterische Menschen behandelt? - Ihr sucht einen unterbewußten Inhalt, der nicht gelöst ist vom Bewußtsein. Ja, aber man findet solche unterbewußte Inhalte bei den Theoretikern in Hülle und Fülle. Wenn man den heraufhebt aus dem Unterbewußten, dann kommt eben so etwas zum Bewußtsein, wie das, was Ihnen jetzt zum Bewußtsein kommen muß was in dem Unterbewußten der modernen Ärzte und modernen Patienten rumort. Die ganze Literatur ist davon durchsetzt; es ist ja das überall drinnen, und Sie sind täglich und stündlich dem ausgesetzt, das aufzunehmen. Und weil man nur mit der Geisteswissenschaft auf solche Dinge aufmerksam werden kann, deshalb nehmen so viele Menschen diese Dinge unbewußt auf, saugen sie ein in ihr Unterbewußtsein, und sie sind dann im Unterbewußtsein darinnen.
Diese Psychoanalyse hat wenigstens die Menschen aufmerksam gemacht
darauf, daß Seelisches als Seelisches zu nehmen ist. Das tun sie. Aber überall sitzt ihnen der Teufel im Nacken. Ich möchte sagen, sie können nicht heran an die geistige Wirklichkeit und wollen vor allen Dingen nicht heran an die geistige Wirklichkeit. Daher findet man überall in der Gegenwart Vorder- und Nachsätze, die das Unglaublichste darstellen. Aber die Menschen in der Gegenwart haben nicht den Aufmerksamkeitsgrad, diese Dinge anzuschauen. Natürlich, wer das Buch von Jung liest «Die Psychologie der unbewußten Prozesse», der müßte ja eigentlich unter den Tisch fallen, wenn er auf seinem Stuhle sitzt, wenn er solch einen Satz liest. Das tut aber der heutige Mensch nicht. Also denken Sie, wieviel wirklich in diesem Unbewußten darinnen liegt bei dieser modernen Menschheit. Und deshalb auch, weil diese Psychoanalytiker sehen, wieviel im Unterbewußten liegt - denn das sehen sie ja -, sehen sie manche Dinge anders als andere Leute. Gleich in der Vorrede sagt zum Beispiel Jung etwas, was in dem einen Teil des Satzes nicht schlecht ist: «Die psychologischen Vorgänge, welche den gegenwärtigen Krieg begleiten, vor allem die unglaubliche Verwilderung des allgemeinen Urteils, die gegenseitigen Verleumdungen, die ungeahnte Zerstörungswut, die unerhörteLügenflut und die Unfähigkeit der Menschen, dem blutigen Dämon Einhalt zu tun, sind wie nichts geeignet, das Problem des unter der geordneten Bewußtseinswelt unruhig schlummernden chaotischen Unbewußten dem denkenden Menschen aufdringlich vor die Augen zu rücken. Dieser Krieg hat es dem Kulturmenschen unerbittlich gezeigt, daß er noch ein Barbar ist, und zugleich, was für eine eiserne Zuchtrute für ihn bereit liegt, wenn es ihm etwa noch einmal einfallen sollte, seinen Nachbarn für seine eigenen schlechten Eigenschaften verantwortlich zu machen. Die Psychologie des Einzelnen aber entspricht der Psychologie der Nationen.» Und nun kommt ein Nachsatz, mit dem man wiederum nicht weiß, was man mit ihm anfangen soll. «Was die Nationen tun, tut auch jeder Einzelne, und so lang es der Einzelne tut, tut es auch die Nation. Nur die Veränderung der Einstellung des Einzelnen ist der Beginn zur Veränderung der Psychologie der Nation.»
Also diese Sätze nebeneinander sind wiederum so, daß sie zeigen,
wie destruktiv es auf das Denken wirkt. Denn ich möchte Sie einmal fragen, ob es einen Sinn hat zu sagen: «Was die Nationen tun, tut auch jeder Einzelne.» Dann müßte es ja einen Sinn haben, zu fragen: Könnte es auch der Einzelne tun, ohne daß es die Nationen tun? - Nicht wahr, es ist ein absoluter Unsinn, solches zu sagen. Und der Unsinn ist es, der heute selbst bei hervorragenden, großen Geistern überwältigend wirkt; er wirkt überwältigend. Nun soll gar diese Sache, in der solch destruktives Denken wirkt, Therapie nicht nur sein, soll auch pädagogisch leiten. Wiederum liegt die berechtigte Sehnsucht zugrunde, in die Pädagogik ein neues seelisches, spirituelles Element hineinzutragen. Soll dasjenige hineingetragen werden, was mit ganz unzulänglichen Erkenntnismitteln gefunden wird? Das sind die wichtigen Fragen heutzutage!
Wir werden nun auch vom Standpunkte anthroposophischer Orientierung auf die Sache zurückkommen, die Sache beleuchten von einem größeren Horizonte aus, werden dann sehen, wie man die Sache viel, viel größer anfangen muß, wenn man überhaupt mit diesen Dingen zurechtkommen will. Aber man muß sie auch konkret anfangen. Man muß vor allen Dingen solche Probleme, die gewöhnlich nur noch mit den alten unzulänglichen Erkenntnismitteln gesucht werden, in das Licht anthroposophischer Erkenntnis rücken.
Nehmen Sie zum Beispiel das Problem Nietzsche. Ich will heute das Problem nur andeuten; wir wollen solchen Problemen morgen näher- treten. Wir wissen nun schon aus den verfiossenen Vorträgen: Von 1841 bis 1879 Geisterkampf oben; von 1879 an die gestürzten Geister im Reiche der Menschen. Solche Dinge und ähnliche werden in künftigen Zeiten eine Rolle spielen müssen, wenn man das Leben der Menschen betrachtet. Denn Nietzsche ist 1844 geboren; drei Jahre gerade ist seine Seele, bevor sie auf die Erde herunterstieg, oben im Reich der Geister im Geisteskampf darinnen. Er ist ein Knabe, als Schopenhauer noch lebt. Schopenhauer stirbt 1860. Erst nachdem Schopenhauer gestorben ist, widmet Nietzsche sich der Lektüre der Schopenhauerschen Schriften. Da wirkt die Seele Schopenhauers mit, die oben in den geistigen Reichen ist. Das ist das reale Verhältnis. Nietzsche liest Schopenhauer; aber Schopenhauer wirkt in den Gedanken
Nietzsches, die die Schopenhauerschen Schriften aufnehmen, weiter.
Aber in welcher Lage ist denn Schopenhauer da oben? Schopenhauer ist da oben von 1860 bis in die ganzen Jahre hinein, wo Nietzsche Schopenhauer liest, drinnen im Kampf der Geister, während dieser noch oben ausgefochten wird. Was also Schopenhauer Nietzsche inspiriert, das nimmt er selber auf im Zusammenhange mit dem Kampf der Geister, in den er hineinversetzt wird. 1879 werden diese Geister vom Himmel auf die Erde heruntergestürzt. Bis 1879 sehen wir Nietzsches Geistesgang sehr merkwürdige Bahnen gehen. Man wird sie künftig erklären aus dem Einflusse Schopenhauers und Wagners. Sie finden in meiner Schrift «Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit» manche Anhaltspunkte dafür. Wagners Einfluß war bis dahin nicht anders, als daß er auf der Erde wirkte. Denn Wagner ist 1813 geboren; 1841 hat erst der Geisterkampf begonnen. Aber Wagner stirbt 1883. Nietzsches Geistesgang beginnt dann seine merkwürdige Richtung in einer gewissen Weise, als der Einfluß Wagners beginnt. Aber Wagner kommt 1883 in die geistige Welt, als der Geisterkampf oben schon vorbei ist, als die Geister schon vom Himmel auf die Erde gestürzt waren. Nietzsche steht drinnen, als die Geister hier auf der Erde herumgehen, Wagner lebt oben, als sie schon heruntergestürzt waren. Der Einfluß Wagners auf Nietzsche Post mortem zeigt eine ganz andere Aufgabe, nicht so wie der Einfluß Schopenhauers auf Nietzsche. Hier beginnen die überpersönlichen konkreten Einflüsse; nicht jene abstrakten dämonischen, von denen die Psychoanalyse spricht. Die Menschheit wird sich entschließen müssen, in diese konkrete geistige Welt einzutreten, die Dinge, die auf der Hand liegen, wenn man nur die Tatsachen prüft, wirklich auch aufzufassen. Man wird künftig eine Biographie Nietzsches darnach schreiben, daß er angeregt war von jenem Richard Wagner, der 1813 geboren ist, alles das mitgemacht hat, was führte zu dem glänzenden Wesen, was ich ja charakterisiert habe in meinem Buch, bis 1879; daß er den Einfluß Schopenhauers hatte von seinem sechzehnten Jahre ab, aber Schopenhauer den Geisterkampf mitgemacht hat in der geistigen Welt oben vor dem Jahre 1879, daß er dem
Einflusse Wagners ausgesetzt war, nachdem Wagner Post mortem in die geistige Welt hineingeführt war, und er herunten war, wo die Geister der Finsternis walteten.
Jung findet, daß es Tatsache ist: Nietzsche findet einen Dämon, er projiziert ihn nach außen, auf Wagner. Nun ja, Projektionen - Gefälle, introvertierte, extravertierte Menschentypen -, alles Worte für Abstraktionen, aber nichts von Wirklichkeiten! Sehen Sie, meine lieben Freunde, die Dinge sind bedeutungsvoll. Und es ist nicht so, daß man bloß agitieren will für eine Weltanschauung, für die man eingenommen ist, sondern gerade das, was da ist außer dieser Weltanschauung, das zeigt, wie notwendig diese Weltanschauung der gegenwärtigen Menschheit ist.
Davon dann morgen weiter.
ÜBER DIE PSYCHOANALYSE Dornach, 11. November 1917 Zweiter Vortrag
Einen Versuch, Erkenntnisse zu gewinnen auf seellschem Gebiete mit unzulänglichen Erkenntnismitteln - so habe ich gestern dasjenige bezeichnet, was auftritt als analytische Psychologie oder Psychoanalyse. Es ist vielleicht nichts so sehr als diese Psychoanalyse geeignet, darauf hinzuweisen, wie in unserer Gegenwart alles dazu drängt, die anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft zu bekommen, und wie auf der andern Seite aus unterbewußten Vorurteilen heraus die Menschen sich sträuben, in eine geisteswissenschaftliche Betrachtung der Sachlage einzutreten. Ich habe Ihnen ja gestern wiederum eine solche Sache vorgeführt, aus der Sie sehen können, wie man die grotesken Sprünge, in welche das Denken der modernen Gelehrsamkeit hineinkommt, wenn es sich an seelische Probleme wagt, aufzeigen und wie man solche Sprünge in den Gedankengängen der modernen Gelehrten, ich möchte sagen, abfangen kann. Wir haben darauf hingewiesen, daß einer der besseren Psychoanalytiker, Jung, zu der Einteilung gekommen ist des mehr denkenden und des mehr fühlenden Menschen, daß er von da ausgehend dann beim denkenden Menschen im Unterbewußtsein Gefühlsimpulse vermutet, welche heraufstürmen gegen das im Bewußtsein anwesende Denken und dadurch seelische Konflikte herbeiführen, oder umgekehrt, daß Gedanken, die im Unterbewußten sind, gegen das Gefühlsleben stürmen und seelische Konffikte hervorrufen.
Nun könnte man sagen: Ja, diese Dinge werden ausgefochten innerhalb der wissenschaftlichen Diskussionen, und man könne abwarten, bis sich die Leute bequemen, die unterbewußten Vorurteile gegen anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft zu überwinden. Allein, so ganz passiv abzuwarten geht dann schwer, wenn sich solche Dinge nicht bloß auf das theoretische Gebiet begeben, sondern wenn solche Dinge in das Praktische des Lebens, in die Kulturentwickelung eingreifen wollen. Und es will sich ja die Psychoanalyse betätigen
auf dem Gebiete der Therapie nicht nur, was vielleicht weniger noch bedenklich wäre, weil sie ja da wohl sich kaum allzuviel zunächst zu unterscheiden scheint - aber ich sage scheint - von manchen andern therapeutischen Methoden; aber sie will sich auch betätigen auf dem Gebiete des pädagogischen Wirkens; sie will gewissermaßen die Grundlage werden eines pädagogischen Wirkens. Und da kommt man denn schon in die Notwendigkeit, auf die Gefahren, die in Viertelswahrheiten liegen, stärker hinzuweisen, als das der Fall ist innerhalb einer bloßen theoretischen Diskussion.
Nun werden wir aber heute unser Betrachtungstableau weiter ausdehnen müssen, wenn wir wenigstens zunächst - alles mögliche, was auf die Sache bezüglich ist, kann ja nur im Laufe der Zeit besprochen werden -, wenn wir wenigstens zunächst einiges Licht auf den einen oder andern Gesichtspunkt werfen wollen. Zunächst möchte ich darauf aufmerksam machen, daß die Tatsachen, welche der Psychoanalyse vorliegen, in der Tat geeignet wären, auf ein wichtiges spirituelles Gebiet hinzuweisen, das der gegenwärtige Mensch, wenigstens nicht genau, nicht exakt betreten möchte, das er sehr gern in allerlei unterbewußten, nebulosen Regionen lassen will; denn nichts liebt die noch immer selbst auf solchem Gebiete vom Materialismus angekränkelte Betrachtungsweise der Gegenwart mehr, als - gestatten Sie das Paradoxon - ein unklares, mystisches Herumschwimmen in allerlei nicht ausgeführten Begriffen. Man findet ja die groteskeste Mystik, die abstoßendste Mystik gerade innerhalb des Materialismus, wenn Mystik in dem Sinne gebraucht wird, daß man gern in allerlei nebulosen Begriffen herumschwimmt und seine Weltanschauung nicht ausarbeiten will bis zu klaren, scharf konturierten Begriffen. Dasjenige Gebiet, auf welches die Seelentatsachen die Psychoanalytiker drängen, das ist das Gebiet des außerbewußten Verstandeswirkens, Vernunftwirkens. Wie oft habe ich, ich möchte sagen, nur die Dinge heranziehend, nicht ausführlich behandelt - weil das eigentlich für den Geisteswissenschafter selbstverständlich ist, was dabei zu sagen ist -, wie oft habe ich aber dabei darauf aufmerksam gemacht, daß vernünftige Wirkung, Verstandeswirkung, Klugheit, nicht bloß im menschlichen Bewußtsein vorhanden ist, sondern
überall; daß wir umgeben sind von wirksamer Verstandestätigkeit, wie wir umgeben sind von der Luft; also ganz eingesponnen ist der Mensch in wirksame Verstandestätigkeit, und die andern Wesen auch.
Nun könnten die Tatsachen, die vorliegen, den Psychoanalytiker sehr leicht auf diese Sache verweisen. Ich habe Ihnen gestern den Fall angeführt, den Jung erzählt in seinem Buche «Die Psychologie der unbewußten Prozesse», der sich auf die Dame bezieht, welche aus einer Abendgesellschaft mit andern Genossen weggeht, vor den Pferden auf der Straße herläuft bis zu einer Brücke, dann von Passanten gerettet wird und wiederum zurückgebracht wird in das Haus, von dem sie gekommen ist, wo ihr dann der Hausherr eine Liebeserklärung macht. - Wenn man sich auf den Standpunkt von Freud oder Adler stellt, braucht man, um solch eine Sache zu erklären, nur zu Hilfe zu nehmen entweder den Liebestrieb oder den Machttrieb. Aber man trifft damit nicht das eigentlich Durchgreifende, das Fundamentale der Sache. Das Fundamentale der Sache trifft man nur, wenn man sich zu der Einsicht entschließt, daß das Bewußtsein nicht die Klugheit, die Gescheitheit, aber auch das Raffinement desjenigen erschöpft, was im Menschen als Verstand wirkt, wenn man die Lebensgesetze nicht beengt durch die Bewußtseinsgrenze. Denken Sie einmal, es kann ja die Frage aufgeworfen werden: Was wollte denn die Dame eigentlich, nachdem sie die Abendgesellschaft mitgemacht hatte, die Freundin glücklicherweise ins Bad abgeschickt worden ist? - Die Dame wollte eine Gelegenheit herbeiführen zu dem, was dann ja auch gekommen ist, mit dem Hausherrn allein zu sein. Ja, nicht wahr, mit alledem> was iIn Bewußtsein lebt, was man sich gesteht, was man zugibt, ging das ja doch wohi an jenem Abend nicht recht. Es ging nicht. ES wäre nicht anständig gewesen, wie man sagt, nicht wahr. Es handelt sich darum, irgend etwas zustande zu bringen, was man nicht einzugestehen braucht. Und auf die richtige Erklärung gerade dieser Tatsache wird man daher viel mehr kommen, wenn man den in diesem Falle unterbewußt bleibenden raffinierten Verstand der Dame, dessen sie sich nicht bewußt ist, zu Hilfe nimmt. Sie wollte - durch die ganze Abendgesellschaft hindurch - mit dem Hausherrn zusammenkommen;
sie wollte das herbeiführen. Wie man, wenn man etwas weniger gescheit ist, in den Mitteln sich vergreift, um es herbeizuführen, wenn man gescheiter ist, es gescheiter einrichtet, um es herbeizuführen, so kann in diesem Falle gesagt werden, in dem gewöhnlichen Bewußtsein der Dame, wo Begriffe von dem, was anständig oder nicht anständig, erlaubt oder nicht erlaubt ist, zum Geständnisse kommen, da ging es nicht, die gehörigen Mittel zu wählen, welche das Zusammensein herbeiführen konnten. Aber in dem, was unter der gewöhnlichen Bewußtseinsschicht lagert, da wirkt der Gedanke: Ich muß mit dem Mann zusammenkommen; die nächste Gelegenheit, die sich mir bietet auf der Straße, muß ich verwenden dazu, um in das Haus zurückzukommen.
Man kann sagen: Hätte sich nicht die Gelegenheit mit den Pferden geboten, die außerdem noch unterstützt war durch die frühere Assoziation mit dem Pferdeunglück, so hätte sich halt eine andere Gelegenheit gefunden; die Dame hätte nur ohnmächtig zu werden gebraucht. Und man kann mit einer gewissen hypothetischen Sicherheit sagen: sie wäre ganz gewiß ohnmächtig geworden, wenn sich nicht die Gelegenheit mit der heranrückenden Droschke gefunden hätte. Sie wäre auf der Straße ohnmächtig hingefallen, und man hätte sie dann auch in das Haus zurückgebracht. Oder wenn sie nicht ohnmächtig geworden wäre, so hätte sich ein anderes Mittel gefunden. Man kann sagen: Das Unterbewußtsein, das sah hinweg über alle Bedenken, über welche das Oberbewußtsein nicht hinwegsieht. Das Unterbewußtsein stellte sich auf den Standpunkt: Wer den Zweck haben will, muß auch die Mittel wählen, ganz gleichgültig, wie es sich nun gerade mit den Begriffen vom Anstand oder Nichtanstand verhält. - Also man wfrd in einem solchen Falle verwiesen auf das, was Nietzche der von solchen Dingen manches geahnt hat, die große Vernunft gegenüber der kleinen Vernunft nennt, die umfassende, die nicht zum Bewußtsein kommt, die unter der Schwelle des Bewußtseins wirkt und durch die die Menschen das Mannigfaltigste tun, das sie sich nicht gestehen in ihrem Bewußtsein. Durch das gewöhnliche Bewußtsein, das äußere Bewußtsein, ist der Mensch im Zusammenhange mit der sinnlichen Welt, aber überhaupt mit der ganzen physischen Welt,
also auch mit dem, was in der ganzen physischen Welt lebt. Das sind vor allen Dingen die Begriffe von Anstand, von bürgerlicher Moral und so weiter. Das gehört ja alles zum physischen Plane, mit diesem Bewußtsein ist der Mensch da.
Im Unterbewußtsein aber hängt der Mensch mit einer ganz andern Welt zusammen, mit derjenigen, von der Jung sagt, die Seele bedürfe ihrer, weil sie einfach im Zusammenhang mit dieser Welt stehe, aber wovon er auch sagt, es sei töricht, nach der Existenz zu fragen. Ja, so ist es eben; sobald die Schwelle des Bewußtseins überschritten wird, ist der Mensch mit seiner Seele nicht in einem bloßen materiellen Zusammenhange drinnen, sondern in einem Zusammenhange, wo Gednriken walten, Gedanken, die sehr raffiniert sein können.
Nun, Jung sieht ganz recht, wenn er sagt, daß der Mensch der Gegenwart, der sogenannte Kulturmensch der Gegenwart ganz besonders nötig hat, auf solche Dinge aufmerksam zu sein. Denn diese sogenannte Gegenwartskultur hat die Eigentümlichkeit, daß sie zahlreiche Impulse ins Unterbewußtsein hinunterdrängt, die dann aber sich geltend machen in einer solchen Art, daß irrationale Handlungen, wie man sie nennt, daß ein ganz irrationales Verhalten des Menschen zustande kommt. Wenn vom Machttrieb und vom Liebestrieb gesprochen wird, so rührt das nur davon her, weil in dem Augenblick, wo der Mensch mit seiner Seele eintritt in die unterbewußten Regionen, er den Regionen näher kommt, in denen diese Triebe walten. Nicht diese Triebe sind die Ursachen, sondern daß der Mensch mit seiner unterbewußten Vernunft untertaucht in die Regionen, in denen diese Triebe wirksam sind.
Für irgendeine Angelegenheit, welche sie weniger interessierte als ihr Liebesverhältnis zu dem Marine, würde die Dame sich nicht der Strapaze unterzogen haben, erst ihre unterbewußte Schlauheit walten zu lassen; es bedurfte dazu eben dieses besonderen Interesses. Und daß oftmals das Liebesinteresse da eine Rolle spielt, rührt eben nur davon her, weil das Liebesinteresse ein sehr verbreitetes ist. Aber wenn die Psychoanalytiker mehr ihr Augenmerk verwenden würden auf andere Gebiete, wenn, ich möchte sagen, nicht die psychoanalytischen Sanatorien ins Auge gefaßt würden, wo, wie mir scheint, die
Mehrzahl doch noch weibliche Insassen sind - man wirft das ja auch den anthroposophischen Veranstaltungen vor, aber ich glaube, mit mehr Recht könnte man das solchen Anstalten vorwerfen -, wenn man mehr bewandert wäre auf seiten der psychoanalytischen Forscher, mit einem andern Gebiete, was ja auch zum Teil der Fall ist, und es würden mehr Insassen in den Sanatorien sein aus einem andern Gebiete her, so würde man auch vielleicht ein weitergehendes Erkennen erzielen können. Nehmen wir zum Beispiel an, es würde ein Sanatorium eingerichtet werden, in dem man speziell unterbringen würde zur psychiatrischen Behandlung Leute, die nervös oder hysterisch geworden sind beim Börsenspiel. Da würde man mit demselben Rechte, wie von Freud die Liebe eingeführt worden ist in die unterbewußten Regionen, ganz andere Dinge einführen können. Da würde man sehen, mit welcher ausgebreiteten, unterbewußten, raffinierten Vorstellung derjenige arbeitet, der also zum Beispiel Börsenspieler ist. Da würde dann, ich möchte sagen, durch die Ausschließungsmethode die geschlechtliche Liebe keine besondere Rolle spielen können, und man würde doch das Walten des unterbewußten Raffinements, der unterbewußten Schlauheit und so weiter in höchstem Maße studieren können. Auch der Machttrieb würde dann nicht immer dasjenige sein, was man würde aussprechen können, sondern da würden ganz andere Triebe noch, die in den unterbewußten Regionen walten, in die man sich einsenkt mit der Seele, wenn man überhaupt in das Unterbewußte kommt, in Frage kommen. Und wenn man ein Sanatorium einrichten würde für hysterisch gewordene Gelehrte, dann würde auch unter dem, was unterbewußt wirkt, wenig gerade auf den Liebestrieb zurückfähren können; denn für denjenigen, dem die Tatsachen auf diesem Gebiete hinlänglich bekannt sind, steht fest, daß unter den heutigen Verhältnissen Gelehrte sehr wenig durch die Liebe zu ihrer Wissenschaft getrieben werden, sondern durch ganz andere Triebe, die dann sich zeigen würden, wenn sie psychoanalytisch an die Oberfläche geführt würden. Dasjenige aber, was das Umfassende ist, das ist eben, daß die Seele aus den bewußten Regionen heruntergeführt wird in die unterbewußten Regionen - die nur durch Geistesforschung bewußt werden können - und in denen waltet, was an Trieben im
Menschen lebt, ohne daß der Mensch sie dann meistern kann, weil er nur dasjenige meistern kann, was in seinem Bewußtsein ist.
Wiederum eine recht unbequeme Wahrheit. Denn selbstverständlich muß man ja dann zugeben in noch weit größerem Maße, als das von den Psychoanalytikern zugegeben wird, daß der Mensch in seinen unterbewußten Regionen ein recht schlaues Wesen sein kann, viel schlauer als er in seinem gewöhnlichen Bewußtsein ist. Nun, auch auf diesem Gebiete kann man ja gerade mit der gewöhnlichen Wissenschaft sonderbare Erfahrungen machen. Und ein Kapitel über diese Erfahrungen können Sie lesen in dem zweiten Kapitel, das in meinem neuen Buche «Von Seelenrätseln», das demnächst erscheint, verzeichnet ist, wo ich mich mit dem Kapitel beschäftige, das das akademische Individuum Dessoir in seinem Buche «Vom Jenseits der Seele» über Anthroposophie sich geleistet hat. Dieses zweite Kapitel meines Buches «Von Seelenrätseln» wird auch ein hübscher Beitrag sein können, wenn sich heute denkende Menschen ein Urteil bilden wollen über die Gelehrtenmoral der Gegenwart. Sie werden sehen, wenn Sie dieses Kapitel lesen werden, mit was für Gegnerschaften man es eigentlich zu tun hat. Ich will von den Gesichtspunkten, die dort angegeben sind, nur ein paar erwähnen, die nicht ganz unzusammenhängend mit dem Thema des heutigen Tages sind.
Dieser Mann findet zum Beispiel allerlei einzuwenden gegen das und jenes und beruft sich immer auf Stellen, die er aus meinen Büchern vorbringt. In einem netten Zusammenhange erzählt er auch, wie ich aufeinanderfolgende Kulturperioden unterscheide: die indische, die urpersische, die chaldäisch-ägyptische, die griechisch-lateinische, und wir leben jetzt in der sechsten, sagt er, nach Steiner.
Nun, diese Sache weist einen in die Notwendigkeit, schulmeisterlich widerlegen zu müssen; denn es zeigt einem den Weg, auf den man zunächst solch einem Individuum zu Leibe rücken muß. Wie kommt in all seinem sonstigen Unsinnsgestrüppe dieser Max Dessoir dazu, zu sagen, ich hätte behauptet, wir leben jetzt in der sechsten nachatlantischen Kulturperiode? Man kann es leicht nachweisen, wenn man einige Übung in der Handhabung der philologischen Methoden hat. Ich war sechseinhalb Jahre am Weimarischen Goethe-Archiv
und kenne ein wenig die Handhabung der philologischen Methoden und könnte leicht nachweisen, nach philologischen Methoden, wie Dessoir darauf kommt, diese sechste Kulturperiode jetzt mir zu unterschieben. Nämlich, er hat mein Buch gelesen «Die Geheim- wissenschaft im Umriß». In diesem Buche «Die Geheimwissenschaft» steht ein Satz, der bereitet vor die Besprechung der fünften nach- atlantischen Kulturperiode, der Gegenwart. Da sage ich, daß sich die Dinge langsam vorbereiten, und in einem Abschnitt sage ich, es haben sich vorbereitet die Dinge, die dann im 14. Jahrhundert, 15. Jahrhundert herausgekommen sind, im 4., 5. und 6. Jahrhundert. Also ich sage: «. . .im 4., 5. und 6. Jahrhundert...» in einer Zeile, und nach vier oder fünf Zeilen steht, daß dann dieses 6. Jahrhundert die Vorbereitung war für die fünfte nachatlantische Zeit. Dessoir liest so, wie das ihm eigen ist, oberflächlich; er sieht dann, wie das bei manchen Gelehrten üblich ist, rasch die Stelle nach, die er sich mit rotem oder auch anderem Bleistift an den Rand notiert hat, und verwechselt, als er mein Buch «Die Geheimwissenschaft» besprach, dasjenige, was fünf Zeilen später steht, die nachatlantische Kulturperiode mit dem, was über das 4., 5. und 6. Jahrhundert steht, und da sagt er: «sechste Kulturperiode», statt fünfte, weil er den Blick vier Zeilen weiter heraufrückte!
Also Sie sehen, mit welch grandioser Oberflächlichkeit solch ein Individuum eigentlich arbeitet. Hier haben wir ein Beispiel, wo man direkt philologisch solche Gelehrsamkeit abfangen kann. Solcherlei Fehler durchziehen das ganze Kapitel dieses Machwerkes. Und während Dessoir behauptet, daß er eine ganze Reihe von Schriften von mir studiert hat, könnte ich wiederum philologisch nachweisen, worinnen diese ganze Reihe von Schriften besteht. Er hat nämlich gelesen - und ganz wenig verstanden - «Die Philosophie der Freiheit»; darüber formuliert er einen Sau, der einfacher Unsinn ist. Dann aber hat er gelesen «Die Geheimwissenschaft», so aber gelesen, daß solcherlei Zeug herauskommt, wie ich Ihnen eben charakterisiert habe. Dann hat er noch gelesen die Schrift von der «Geistigen Führung des Menschen und der Menschheit», die kleine Schrift über «Reinkarnation und Karma» und «Blut ist ein ganz besonderer Saft». Das ist
alles, was er von mir gelesen hat; das kann man nachweisen aus seinem Aufsatze, den er geschrieben hat. Sonst hat er nichts gelesen. Das ist Gelehrtenmoral der Gegenwart! Wichtig ist es, einmal bei einer solchen Sache die Gelehrsamkeit der Gegenwart abzufangen. In diesem Falle liegt diesem Gelehrten aus der Zahl meiner Bücher diese kleine Zahi vor, die ich eben genannt habe, und darauf gründet er nun, außerdem mit einem ganz korrupten Denken, seine ganzen Darstellungen. So aber machen es zahlreiche Gelehrte der Gegenwart überhaupt. Es liegen ihnen, wenn sie zum Beispiel über Tiere sprechen, nicht genügende Unterlagen vor, sondern ungefähr so viel aus dem Leben der Tiere, wie dem Dessoir aus meinen Schriften vorliegt.
Man könnte ein hübsches Kapitel formen, wenn man das Unterbewußte bei Max Dessoir ins Auge fassen würde. Allein Dessoir gibt einem selbst Gelegenheit, an einer besonderen Stelle seines Buches auf sein Unterbewußtsein ein wenig Rücksicht zu nehmen. Er erzählt nämlich grosteskerweise, daß es ihm manchmal passiere, wenn er zu einer Versammlung spricht, daß er plötzlich merkt ohne daß seine Seele dabei ist, wirken die Gedanken fort, dann spricht er noch eine Zeitlang fort, und erst an der Art und Weise, wie sich das Publikum dazu verhält, merkt er, daß seine Gedanken eine andere Richtung genommen haben als seine Aufmerksamkeit. Das erzählt er ganz naiv. Nun denken Sie sich einmal, aus dieser Tatsache redet er dann von allerlei Eigentümlichkeiten des menschlichen Bewußtseins. Ich habe zart darauf hingewiesen, daß Dessoir sich da in einer merkwürdigen Weise enthüllt. Ich habe gesagt, es sei ganz unmöglich, daß er sich selbst meine; es könne nur so sein, daß er in diesem Falle so spricht, wie wenn man sich mit andern ungeschickten Rednern identifiziert und per ich spricht, indem man sich in den andern versetzt; denn es würde eine zu starke Zumutung sein, wenn man ihm selber zumuten wollte, daß er sich da selber charakterisiere. Aber - er charakterisiert sich nämlich selber! Es ist schon so. Nun, wenn man solche Sachen bespricht, muß man manchmal auf sehr merkwürdige Dinge hinweisen. «Die Philosophie der Freiheit» behandelt er nur in einer Anmerkung, indem er einen trivialen Satz daraus formuliert, der zwar Dessoirisch ist, aber nicht von mir stammt. Diese ganze Sache ist toll.
Aber er sagt dabei: In Steiners Erstling, «Die Philosophie der Freiheit». Also da ist man wirklich dann genötigt, da «Die Philosophie der Freiheit» nicht mein erstes Buch ist, sondern der Abschluß einer zehnjährigen Schriftstellerarbeit, auf solche Ausgüsse einer akademischen Paranoia, eines akademischen Wahnsinns hinzuweisen bei einer solchen Handhabung der Gelehrtenmoral. Ich weiß selbstverständlich, trotzdem ich in diesem Kapitel gezeigt habe, wie korrupt diese ganze Darstellung ist, daß immer wiederum die Leute kommen werden und sagen werden: Na, der Dessoir hat ja den Steiner widerlegt, und so weiter. Selbstverständlich weiß ich das ganz gut. Ich weiß, daß man heute wie gegen Wände redet, wenn man zu durchbrechen hat dasjenige, was die Menschen ja heute ganz und gar nicht haben, den Autoritätsglauben, denn den haben sie ja abgeschafft!
Allein gerade dieses Kapitel wird einen Beweis liefern, gegen welche Schwierigkeiten in der gegenwärtigen Kulturströmung Geisteswissenschaft einfach aus dem Grunde anzukämpfen hat, weil sie genötigt ist, auf klare, scharfe Begriffskonturen und konkrete geistige Erlebnisse hinzuweisen. Von Logik zum Beispiel ist bei einem solchen Individuum wie bei Dessoir überhaupt nicht im allerentferntesten die Rede, nicht im allerentferntesten. Und Logik fehlt überhaupt in dem weitesten Umfange in der gegenwärtigen sogenannten wissenschaftlichen Literatur.
Das sind die Gründe, warum die offizielle Gelehrsamkeit und die offiziellen Geistesrichtungen, selbst wenn sie sich herausarbeiten aus dem Allerinferiorsten, wie es zum Beispiel die Universitätspsychiatrie oder -psychologie ist, nicht in der Lage sind, auf einen grünen Zweig zu kommen, weil sie ermangeln der allerersten Anforderungen: einer wirklichen Betrachtung des Lebens. Solange nicht in weitesten Kreisen eine Überzeugung davon Platz greift, wie weit entfernt von echter Forschung und echtem Wirklichkeitssinn dasjenige ist, was heute als wissenschaftliche Literatur - ich sage nicht als Wissenschaft, sondern als wissenschaftliche Literatur - figuriert und oftmals den Inhalt auch von Universitäts- und namentlich populären Vorträgen bildet, solange nicht in weitesten Kreisen dieser Autoritätsglaube durchbrochen wird, so lange kann auch nicht Heil kommen. Diese Dinge muß
man sagen, auch wenn man den größten Respekt hat vor naturwissenschaftlicher Denkweise, wenn man gerade die großen Errungenschaften der naturwissenschaftlichen Denkweise immer wieder und wiederum betont. Daß solche Dinge widerspruchsvoll ins Leben eingreifen, damit muß man sich schon bekanntmachen.
Nun nach dieser Abschweifung möchte ich zum Thema zurückkehren. Besonders gravierend findet nämlich Dessoir bei einer Gelegenheit, bei der er sich noch eine Kombination von objektiver Unwahrheit und Verleumdung gestattet, daß ich in dem Büchelchen «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit» auf ein wichtiges, unterbewußtes Wirken geistiger Impulse hingewiesen habe, indem ich gezeigt habe, daß in dem Kinde, das sich sein Gehirn aufbaut, eine gescheitere Weisheit wirkt als diejenige, die später bewußt wird, wenn das Gehirn aufgebaut ist. Sie kennen dieses Kapitel aus der «Geistigen Führung des Menschen und der Menschheit». Bei solchen normalen Wirkungen des Unterbewußten mußte eine gesunde Wissenschaft eigentlich einsetzen. Aber es braucht diese Wissenschaft auch noch etwas anderes. Wenn Sie sich die Schrift vornehmen «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», dann finden Sie dort das Gehemnnis der Schwelle besprochen. Sie finden dieses Geheimnis der Schwelle so besprochen, daß gezeigt wird, daß nach dem Überschreiten der Schwelle in die geistigen Welten hinein in gewissem Sinne eine Trennung, eine Differenzierung der drei Grundkräfte des Seelenlebens stattfindet: Denken, Fühlen, Wollen. Erinnern Sie sich nur, wie bei der Besprechung des Hüters der Schwelle in der Schrift «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» gezeigt ist, wie dasjenige, was im gewöhnlichen Bewußtsein gewissermaßen zusammenwirkt, so daß man es nicht recht trennen kann - Denken, Fühlen, Wollen -, wie das auseinandertritt, jedes selbständig wird, so daß ich sagen kann, wenn ich diese Sache aufzeichnen würde: Wenn hier (Zeichnung S. 160) die Grenze ist zwischen dem gewöhnlichen Bewußtsein und jener Region, in der die Seele lebt als in der geistigen Welt drinnen, so mußte ich Denken, Fühlen und Wollen schematisch so aufzeichnen, daß dies das Gebiet des Wollens wäre (rot), das aber unmittelbar angrenzt an das Gebiet des Fühlens (grün), und wiederum
#Bild S. 160
dieses angrenzt an das Gebiet des Denkens unmittelbar (gelb). Hätte ich den Weg zu skizzieren in die geistige Welt hinein näch dem Überschreiten der Schwelle, so müßte ich folgendes schematisieren, folgende schematische Zeichnung anführen: ich müßte zeigen, wie das Denken auf der einen Seite selbständig wird (gelb, rechts); das Fühlen selbständig wird (grün, rechts) und sich trennt von dem Denken; das Wollen selbständig wird (rot, rechts), was ich hier schematisch zeichne. So daß sich Denken, Fühlen und Wollen fächerartig auseinandertrennen.
Das finden Sie mit Worten dargestellt in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?». Daß nun vor der Schwelle diese drei Tätigkeiten, die da getrennt wirkend aneinander- grenzen, in der richtigen Weise zusammenwirken, nicht in Verwirrung kommen, das ist bewirkt dadurch, daß gewissermaßen die Schwelle eine gewisse Breite hat, in der unser Ich selber lebt. Und wenn das Ich gesund wirkt, wenn das Ich seine volle seelische Gesundheit hat, dann wird durcheinanderwirkend Denken, Fühlen und Wollen so gehalten, daß sie nicht ineinanderpurzeln, aber sich doch gegenseitig so beeinflussen, indem sie aneinandergrenzen - das ist das wesentliche Geheimnis unseres Ich -, daß Denken, Fühlen, Wollen nebeneinandergehalten werden; so daß sie sich gegenseitig beeinflussen in der richtigen Weise, aber nicht das eine in das andere hineinpurzeln
kann. Kommen wir über die Schwelle in die geistige Welt, so können sie nicht ineinander hineinpurzeln, weil sie sich sogar trennen.
Solch ein Philosoph, wie zum Beispiel Wundt ist, solche Philosophen reden davon, daß man die Seele nicht dreigliedern soll, weil die Seele eine Einheit ist. Da macht Wundt auch alles konfus durcheinander. Aber die Sache ist doch diese, daß in der geistigen Welt Denken, Fühlen und Wollen in dreifacher Weise urständen; in der Seele wirken sie allerdings zu einer Einheit zusammen. Das ist das, worauf man Rücksicht nehmen muß. Und wenn gesagt wird, was vor kürzerer oder längerer Zeit auch einmal gesagt worden sein soll, die Anthroposophie unterscheide eigentlich drei Seelen und es gäbe doch nur eine Seele, daran sehe man schon, daß Anthroposophie keine Begründung habe - so muß man dagegen einwenden: es stört auch nicht die Einheit des Menschen, daß er zwei Hände hat, selbstverständlich.
Nun aber haben wir hier (siehe Zeichnung Mitte und rechte Seite) das Verhältnis der Seelenkräfte, die im Ich wirken, mit dem Ich zusammen und ihre Wirkungsweise jenseits der Schwelle des Bewußtseins hinein in die geistige Welt. Aber es kann der andere Fall eintreten. Der kann dadurch eintreten, daß das Ich durch irgend etwas geschwächt wird. Dann wird gewissermaßen die Schwelle nach der umgekehrten Seite überschritten, dann schwenkt das Denken ab (siehe Zeichnung, gelb, links) und vermischt sich mit dem Fühlen (grün, links) und vermischt sich mit dem Wollen (rot, links) und Sie haben im Seelischen durcheinander Denken, Fühlen und Wollen; die purzeln ineinander. Das aber tritt dann ein, wenn, sagen wir, das Denken irgendwie der Gefahr ausgesetzt wird, nicht vollständig umfaßt zu werden, sondern sich selbständig geltend macht im Bewußtsein. Und weil das Ich nicht ordentlich wirkt, rutscht das Denken in die Gefühls- oder gar in die Willenssphäre hinein. Statt daß die Dinge nun nebeneinandergehen, Denken, Fühlen und Wollen, ergreift das Denken, ohne daß das Ich seine Tätigkeit entfalten kann, das Fühlen oder gar das Wollen.
Das geschieht in den Fällen, die geschildert werden von den Psychoanalytikern als hysterische oder nervöse Fälle. Da schwenkt gewissermaßen Denken, Fühlen und Wollen nach der entgegengesetzten Seite
ab von jener gesunden Richtung, die in das geistige Gebiet hineinführen würde.
Wenn man wirkliche Anlage, Begabung zur Prüfung hat, kann man dann die Dinge, ich möchte sagen, handgreiflich sehen, wie sie geschehen. Nehmen Sie die Dame, die am Krankenbett ihres Vaters sitzt, in ihrem starken Ich-Bewußtsein durch viele Nachtwachen herabgedämpft ist - das geringste kann geschehen, so wird ein Gedanke nicht ordentlich neben dem Gefühl einherlaufen, sondern hinunterpurzeln in die Region der Gefühle. Dann aber ist der Gedanke sogleich von den Gefühlswogen ergriffen, die stärker sind als die Wogen des Gedankens; und die Folge davon ist, daß dann in einem solchen Falle der Organismus ergriffen wird von den Gefühlswogen. Von den Gefühlswogen wird nämlich der Organismus in dem Augenblicke ergriffen, in dem das Denken nicht stark genug ist, sich außer den Gefühlen zu halten.
Das ist eine wichtige Anforderung, daß das Denken des modernen Menschen immer mehr in die Lage kommt, sich außer den Gefühlswogen und den Willenswogen zu halten. Ergreift das Denken im Unterbewußten - hier ist das Überbewußte (siehe Zeichnung, rechts), hier ist das Bewußte (Mitte), hier ist das Unterbewußte (links) -, ergreift das Denken die Gefühlswogen im Unterbewußten, so geschieht etwas Unordentliches im Organismus. Das ist außerordentlich wichtig.
Nun können Sie sich denken, wie in diesem modernen Leben, wo so vieles an die Menschen herangebracht wird, was sie nicht ordentlich verstehen, was sie nicht weiter durchdringen, wie da die Gedanken fortwährend in die Gefühle hinunterströmen. Aber: nur das Denken ist orientiert auf den physischen Plan; das Fühlen ist nicht mehr bloß auf dem physischen Plane, sondern das Fühlen steht eo ipso im Zusammenhang mit der geistigen Welt. Das Fühlen steht wirklich im Zusammenhang mit all den geistigen Wesen, von denen man als real sprechen muß. So daß der Mensch, wenn er mit unzulänglichen Begriffen untertaucht in sein Gefühlsleben, in Kollisionen kommt mit den Göttern - wenn man so sagen will -, aber auch mit den bösen Göttern. Da kommt er in Kollisionen. Und da treten alle diese Kollisionen
auf, die davon herkommen, daß der Mensch mit unzulänglichen Erkenntnismitteln untertaucht. Er muß mit unzulänglichen Begriffen untertauchen, wenn in der Gefühlssphäre viel mehr ist, als in der gewöhnlichen Verstandessphäre. In der Gefühlssphäre kann sich der Mensch nicht emanzipieren von seinem Zusammenhang mit der geistigen Welt. Wenn er nun in der materialistischen Zeit sich in der Verstandessphäre emanzipiert, so kommt er mit unzulänglichen Begriffen immer in seine Gefühlswelt hinein, und er muß krank werden.
Was würde daher die einzige Hilfe sein, den Menschen umfänglich gesund zu machen? Ihn wiederum hinzuführen zu solchen Begriffen, die auch die Gefühlssphäre umfassen; das heißt, den modernen Menschen wiederum zu reden von der geistigen Welt, im umfänglichsten Sinne zu reden von der geistigen Welt. Nicht die dem Individuum angepaßten therapeutischen Methoden des Psychoanalytikers kommen dabei in Betracht, sondern die für die Allgemeinheit geltende Geisteswissenschaft. Nimmt man die Begriffe der Geisteswissenschaft wirklich auf - nicht alle nehmen sie ja auf, die sie sich anhören, oder die darüber lesen -, nimmt man sie wirklich auf, dann kommt man nicht in die Möglichkeit, daß sich im Unterbewußten die drei Sphären der Seele - Denken, Fühlen und Wollen - chaotisch durcheinanderwirren, worauf alle Hysterie und alle Nervosität in Wirklichkeit beruht, die innerseelisch ist - und von solchem spricht ja die Psychoanalyse.
Dazu ist aber allerdings notwendig, daß man den Mut hat, heranzukommen an das konkrete Wirken der geistigen Welten, daß man den Mut hat, anzuerkennen, daß wir in unserer Zeit in einer Krise leben, die wesentlich zusammenhängt mit einer Krise, die wir ja konstatiert haben für das Jahr 1879 und unter deren Nachwehen wir stehen. Ich sagte schon gestern, gewisse Dinge müssen ganz anders betrachtet werden, als sie von der materialistischen Gesinnung unserer Zeit betrachtet werden; und ich wies auf das Beispiel Nietzsche hin: Nietzsche ist 1844 geboren; 1841 begann der Kampf in der geistigen Welt, von dem ich gesprochen habe; drei Jahre lang war Nietzsche darinnen in diesem Kampfe. Richard Wagner hat ihn zunächst nicht mitgemacht; er ist 1813 geboren. Also drei Jahre lebt Nietzsche in der geistigen Welt, nachdem dieser Kampf stattfindet.
Da nimmt er all die Impulse auf, die er unter dem Einfluß dieses Kampfes aufnehmen kann in der geistigen Welt; er kommt damit herunter. Nun lese man Nietzsches erste Schriften, wie die Kampfesstimmung sich hineinmischt in seine Schriftstellerei, wie in jedem Satze, ich möchte sagen, eine Nachwirkung desjenigen vorhanden ist, was er in den drei Jahren seines geistigen Aufenthalts, von 1841 bis 1844, erlebt hat. Dadurch bekommen die Nietzscheschen Schriften der ersten Zeit ihre ganz besondere Färbung. Dann aber ist weiter wichtig, ich habe Ihnen ausgeführt: ein sechzehnjähriger Bub war er, als Schopenhauer stirbt; er liest dann Schopenhauers Schriften. Eine reale Beziehung findet statt von Schopenhauers Seele ausgehend in der geistigen Welt in die Seele Nietzsches hinein. Jeden Satz bei Schopenhauer liest Nietzsche so, daß dieser Impuls aus der geistigen Welt in ihn eindringt. Denn Schopenhauer kommt 1860 hinauf in die geistige Welt, als der Kampf oben noch wütet. Was will Schopenhauer? Schopenhauer will unter dem Einfluß dieses Kampfes nicht so sehr seine Schriften als seine Gedanken fortwirkend machen. Nietzsche setzt wirklich die Gedanken Schopenhauers fort, aber er setzt sie auf eine eigentümliche Weise fort. Schopenhauer sieht, als er durch die Pforte des Todes gegangen ist: er hat hier herunten seine Schriften verfaßt in einer Epoche, in der heranrückten die Geister der Finsternis; noch nicht waren sie da; seine Gedanken will er fortgesetzt haben, die Impulse, die daraus entstehen. Also noch, indem er den Kampf der Geister der Finsternis oben in der geistigen Welt gegen die Geister des Lichtes vor sich hat, will erseine Schriften fortgesetzt haben; die Impulse bildet er in Nietzsches Seele hinein, seine Gedanken fortzusetzen. Das, was da aus der geistigen Welt in Nietzsches Seele hineingeht, kontrastiert mit dem, was auf dem physischen Plane im persörtlichen Umgange mit Wagner geschieht. So setzt sich Nietzsches Seelenleben zusammen, so setzt sich Nietzsches Schriftstellerlaufbahn zusammen.
Jetzt rückt das Jahr 1879 heran. Der Kampf, der sich in den geistigen Reichen abgespielt hat, beginnt unten sich abzuspielen, nachdem die Geister der Finsternis gestürzt sind. 1883 geht Wagner hinauf in die geistige Welt. Nietzsche ist durch dieses sein ganzes Karma, in
das ich jetzt einbezogen habe sein konkretes Verhältnis zur geistigen Welt, einer gewissen Gefahr ausgesetzt. Er ist der Gefahr ausgesetzt, daß die Geister der Finsternis ihn in ganz besonders schlimme Pfade hineinbringen. Schopenhauer hatte, ich möchte sagen, einen transzendent-egoistischen Grund. Als Seele steht er in der geistigen Welt drinnen, inspiriert Nietzsche, so daß der seine Gedanken fortsetzt. Das ist ein Post mortem dauernder transzendent-egoistischer Grund. Das Egoistische muß ja nicht immer böse sein. Aber als Wagner hinaufkommt in die geistige Welt, da sind die Geister der Finsternis schon herunten. Er kommt gewissermaßen in eine ganz andere Atmosphäre hinauf. Er wird - da muß man Dinge aussprechen, die ja paradox sind, aber die doch eben wahr sind -, er wird in einer unegoistischen Weise der Lenker Nietzsches von der geistigen Welt aus. Er läßt nicht seine Gedanken fortsetzen, sondern er läßt Nietzsche in dem Fahrwasser spielen, das für Nietzsche gerade angemessen ist, indem er Nietzsche die Wohltat zukommen läßt, im richtigen Momente geistig umnachtet zu werden; er läßt ihn davor bewahrt sein, in seinem Bewußtsein in gefahrvolle Regionen hineinzukommen. Das schaut natürlich sehr paradox aus, aber das ist zugrunde liegend der unegoistischen Art, wie Richard Wagners Seele auf Nietzsche wirkt aus den reineren Regionen heraus, als zunächst Schopenhauers Seele gewirkt hat, der noch mitten drinnen war in dem Kampf der Geister der Finsternis gegen die Geister des Lichtes drüben in der geistigen Welt. Was Wagner wirklich will für Nietzsche, das ist, so gut es geht, ihn zu bewahren in seinem Karma vor den nun schon auf die Erde herabgekommenen Geistern der Finsternis.
Und Nietzsche ist bewahrt worden bis zu einem hohen Grade vor diesen Geistern der Finsternis. Denn wer die letzten Schriften Nietzsches in entsprechender Weise auf sich wirken läßt, der wird finden, daß man große Gedanken daraus finden kann, gerade wenn man loslöst die starken Widerstände oder die Dinge, die von den starken Widerstanden hergekommen sind. Ich habe mich ja bemüht, in meinem Buche «Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit», die großen Gedankenimpulse hinzustellen, abgesondert von alledem, was aus widerstrebenden Impulsen bei Nietzsche gekommen ist.
Ja, die Welt ist tief, und es ist wirklich etwas Wahres an dem, was Nietzsche selbst gesagt hat: «Die Welt ist tief, und tiefer als der Tag gedacht.» Und man muß nicht mit dem gewöhnlichen Bewußtsein die weiten Regionen des geistigen Lebens kritisieren wollen. Die weisheitsvolle Weltenlenkung versteht man nur, wenn man beim Eingehen in das Konkrete der Weltenführung egoistische Gedanken fernzuhalten versteht, wenn man auch tragische Erscheinungen der Weltenentwickelung einzureihen vermag in den weisheitsvollen Gang. Und man kommt auf viele, viele unbequeme Stellen, wenn man die Dinge wirklich durchschauen will.
Wer solch ein Leben für die Zukunft durchschauen will, wie es das Nietzsches war, der wird gar nicht mehr auskommen können, wenn er nur die Dinge beschreibt, die hier auf der Erde in Nietzsches Umgebung sich zugetragen haben. Die Betrachtung des Lebens wird sich ausdehnen müssen auf die geistige Welt. Und wie mit der Nase wird der Mensch hingewiesen auf die Notwendigkeit der Ausdehnung durch diejenigen Ereignisse, die heute dem Psychoanalytiker vorliegen, und die er nur mit unzulänglichen Erkenntnismitteln meistern will, aber nicht meistern wird. Daher würde die menschliche Gesellschaft in schwierige Situationen hineintreiben, wenn der Psychoanalyse Folge geleistet würde, insbesondere auf pädagogischem Gebiete. Warum?
Bedenken Sie die Tatsache, daß das Denken herunterrutscht in die Gefühlssphäre. Ja, sobald man mit der Seele in der Gefühlssphäre lebt, lebt man nicht mehr in dem Leben, das durch Geburt und Tod begrenzt ist (a) oder durch Empfängnis und Tod begrenzt ist, sondern da lebt man schon in der ganzen Welt drinnen, welche sich ausdehnt - wenn das der gewöhnliche Lebenslauf ist (siehe Zeichnung), lebt man mit der Gefühlssphäre auch in der Zeit vom letzten Tode bis zu dieser Geburt (b) und mit dem Willen gar in der vorhergehenden Inkarnation (c).
#Bild S. 166
Denken Sie sich das Verhältnis des Pädagogen, der psychoanalytisch vorgehen will, zu einem Zögling oder zu einem Patienten. Indem er sich heranmacht an seinen Seeleninhalt, der in die Gefühlssphäre hineinrutscht, macht er sich nicht nur an das individuelle Leben des Menschen heran, sondern er macht sich heran an das umfassende Leben, das über das Individuelle weit hinausgeht. Für dieses umfassende Leben liegen aber zwischen den Menschen nicht Zusammenhänge vor, die sich durch bloße Vorstellungen erschöpfen lassen, sondern die führen hinein in reale Lebenszusammenhänge - das ist sehr wichtig! Denken Sie also, es würde ein solches Verhältnis des psychoanalytischen Erziehers zu dem Zögling stattfinden, so würde das, was sich da abspieit, sich nicht abspielen können bloß auf dem Vorstellungsgebiete, indem man dem Betreffenden etwas beibringt, sondern es würden sich reale karmische Beziehungen anknüpfen müssen, weil man viel mehr in das Leben hineingreift. Man würde gewissermaßen das betreffende Individuum herausreißen aus seinem Karma, würde es in seinem karmischen Verlauf ändern. Das kann nicht gehen, daß man dasjenige, was über das Individuum hinausführt, individuell behandelt, sondern das muß generell, allgemein-menschlich behandelt werden. Wir sind in einer gewissen Zeitepoche zusammengeführt, also muß wirken ein Gemeinsames, sobald man über das Individuelle hinausgeht. Das heißt, es darf nicht gegenübertreten Individuum dem Individuum und das Individuum therapeutisch oder pädagogisch so behandeln, wie es der Psychoanalytiker macht, sondern es muß etwas Allgemeines eintreten. In die Zeitkultur muß etwas hereintreten, was die Seele hinweist auf dasjenige, was sonst unterbewußt bleibt; und das, was heraufzieht, das muß nur Milieu werden, nicht eine Angelegenheit, die sich von Individuum zu Individuum abspielt.
Hier liegt der große Fehler, der gemacht wird, der von einer ungeheuern Tragweite, von einer riesigen Bedeutung ist. Statt die Bestrebung dahinzuführen, das Geistesleben zu durchdringen mit dem, was Wissen von der geistigen Welt werden kann, wie es in der Gegenwart sein muß, sperrt man diejenigen Seelen, an denen sich zeigt, wie das zurückgestaute Geistesleben krankhaft wirkt, in Sanatorien ein und behandelt einen einzelnen. Das kann niemals zu etwas anderem
führen, als daß karmisch verworrene Verhältnisse sich anknüpfen, daß aus dem, was sich vollzieht zwischen den Individuen, nicht herauskommt ein wirkliches Heben des unterbewußten Seeleninhaltes, sondern daß sich karmische Beziehungen zwischen den Behandelnden und dem Behandelten anknüpfen, weil es übergreift in das Individuelle.
Sie sehen, man kommt in das reale, in das konkrete Leben hinein, mit dem man nicht spielen darf, das man dann erst meistern kann, wenn nichts anderes angestrebt wird als dasjenige, was allgemein- menschlich ist auf diesem Gebiete. Man muß an den konkreten Beziehungen von Menschen zur geistigen Welt diese Dinge eben lernen. Daher würde es nützlich sein, wenn sich die Menschen darauf einließen, nicht wiederum abstrakt herumzureden, wie es Jung tut, davon, daß der Mensch alles erlebt, was die Menschheit durchgemacht hat, alle möglichen Dämonen; aber er macht sie zu abstrakten Dämonen, nicht zu Wirklichkeiten, indem er gerade sagt, über ihre Existenz zu diskutieren ist eine Dummheit. Er macht sie zu abstrakten Dämonen, zu bloßen Gedankendämonen. Ja, bloße Gedankendämonen könnten niemals einen Menschen krank machen, die können niemals im Unterbewußten sein, sondern die können nur im Bewußtsein sein. Das ist das Wesentliche, daß die Menschen, die sich solchen Theorien hingeben, selber mit so viel unbewußten Vorstellungen arbeiten, daß sie auf das Richtige nicht kommen können. Die Menschen kommen zu Absolutierungen von gewissen Begriffen. Und ich muß immer wieder sagen, da wo die Begriffe anfangen verabsolutiert zu werden, kommt man immer in eine Sackgasse hinein, oder man kommt vor eine Grube, in die man hineinfällt mit seinem Denken.
Ein Mensch wie Dr. Freud ist genötigt, das Sexualgebiet auszudehnen über das gesamte menschliche Wesen, damit er aus dem Sexualgebiet heraus alles erklären kann, was an solchen Seelenerscheinungen auftritt. Ich sagte zu verschiedenen Menschen, die mit psychoanalytischen Tendenzen an mich herankommen, eine Theorie, eine Weltanschauung muß standhalten können, wenn man sie auf sie selbst anwendet, sonst zerbröckelt sie in nichts. Ich sagte, der einfache logische Trugschluß ist das Muster, wenn man ihn nur konkret genug ausdehnt.
Alle Kretenser sind Lügner -, sagt ein Kretenser. Wenn es ein Kretenser sagt und wenn es wahr wäre, müßte es erlogen sein, und dann hebt sich diese Behauptung von selber auf, sie vernichtet sich. Also das geht nicht, daß ein Kretenser sagt: Alle Kretenser sind Lügner - mit der Prätention: der Satz gelte unbedingt. Das ist nur das Muster, das logische Muster für die Verabsolutierung. Aber so muß jede Theorie mit sich selbst behandelt werden können, ohne daß sie zerbröckelt. Behandeln Sie Freud mit Freud, wie er seine unterbewuß ten Dinge heraufbringt, dann müssen Sie sagen: Die Freudsche Theorie kommt aus dem Sexualleben; sie ist nur ein Ergebnis des Sexuallebens. - Geradeso wie die Behauptung: Alle Kretenser sind Lügner - aus einer Lüge stammen müßte beim Kretenser und zerbröckelt, so zerbröckelt die Behauptung von der Universalität des Sexualismus, wenn man sie selbst an der Sache prüft. Und so ist es mit andern Dingen. Allerdings, solch ein Prinzip kann man lange einsehen, ohne es durchgreifend lebensvoll, wirklichkeitssinnig anzuwenden. Aber das gerade wird eine besondere Errungenschaft sein der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft, daß sie auch auf sich selbst in dieser Weise angewendet werden kann.
INDIVIDUELLE GEISTWESEN UND EINHEITLICHER WELTENGRUND Dornach, 18. November 1917 Erster Vortrag
Sie erinnern sich an die Betrachtungen, die wir anzuknüpfen versuchten an verschiedene Behauptungen und Aufstellungen der gegenwärtigen Psychoanalytiker. Es kam mir bei jenen Betrachtungen darauf an, Klarheit anzuregen darüber, daß der Begriff des Unbewußten eigentlich so, wie er in der Psychoanalyse herrscht, ein unbegründeter ist. Und solange man nicht über diesen Begriff des Unbewußten - einen rein negativen Begriff - hinauskommen wird, wird man nicht anders sagen können, als daß diese Psychoanalyse mit unzulänglichen Erkenntnismitteln an einem von der Gegenwart ganz besonders geforderten Phänomen arbeitet. Und weil die Psychoanalytiker auf der einen Seite sich bestreben, das Geistig-Seelische zu erforschen und, wie wir gesehen haben, dieses Geistig-Seelische auch im sozialen Leben verfolgen, so muß man sagen, daß hier ein Ansatz ist, der immerhin mehr bedeutet als dasjenige, was die offizielle Universitätswissenschaft gerade auf diesem Gebiete liefern kann. Aber auf der andern Seite, weil die analytische Psychologie versucht, durch das Pädagogische, durch das Therapeutische und wahrscheinlich demnächst auch durch das Sozialpolitische in das Leben einzugreifen, sind die Gefahren, die mit einer solchen Sache doch verbunden sind, immerhin als sehr ernstliche anzusehen.
Nun entsteht die Frage: Was ist es denn eigentlich, woran die Forscher der Gegenwart so ganz und gar nicht herankommen können und nicht kommen wollen? Sie erkennen an, daß ein Seelisches außerhalb des Bewußtseins vorhanden ist; sie suchen ein Seelisches außerhalb des Bewußtseins; aber sie können sich nicht aufschwingen zu der Erkenntnis des Geistes selbst. Geist kann niemals durch den Begriff des Unbewußten irgendwie erfaßt werden; denn ein unbewußter Geist ist wie ein Mensch ohne Kopf. Nun habe ich Sie ja darauf aufmerksam gemacht, daß aus gewissen hysterischen Zuständen heraus
es sogar Menschen gibt, die auf der Straße herumgehen und bei andern Menschen nur die Körper, nicht die Köpfe sehen. Das ist eine bestimmte Krankheitsform, wenn man von niemandem den Kopf sieht. So gibt es unter den heutigen Forschern auch Menschen, welche glauben, den ganzen Geist zu sehen; aber indem sie ihn als unbewußt hinstellen, zeigen sie zugleich, daß sie selbst von der Wahnvorstellung befallen sind, als ob es einen unbewußten Geist, einen Geist ohne Bewußtsein geben würde, wenn wir die Schwelle des Bewußtseins überschreiten, sei es in richtigem Sinne, wie wir das immer auf Grund geisteswissenschaftlicher Forschung beschrieben haben, sei es in krankhaft abnormer Weise, wie ja in den Fällen immer, die den Psychoanalytikern vorliegen.
Wenn man die Schwelle des Bewußtseins überschreitet, so kommt man immer in geistiges Gebiet hinein; ganz gleichgültig, ob man ins Unterbewußte oder ins Überbewußte kommt, man kommt immer in geistiges Gebiet hinein, aber in ein Gebiet, in dem der Geist in einer gewissen Weise bewußt ist, irgendeine Form des Bewußtseins entwickelt. Wo Geist ist, ist auch Bewußtsein. Man muß nur aufsuchen die Bedingungen, unter denen das betreffende Bewußtsein steht; man muß eben gerade durch Geisteswissenschaft die Möglichkeit haben, zu erkennen, welche Art von Bewußtsein eine bestimmte Geistigkeit hat. Wenn wir also hier vor acht Tagen den Fall jener Dame angeführt haben, welche aus einer Gesellschaft herausgeht, dann vor den Pferden einherläuft, abgehalten wird in einen Fluß zu springen, dann zurückgetragen wird in das Haus, von dem sie gekommen ist, um dort mit dem Hausherrn zusammengebracht zu werden, weil sie den Hausherrn in irgendeiner ihr unklaren, unterbewußten Weise liebt, dann darf nicht gesagt werden, daß der Geist, der nicht dem Bewußtsein dieser Dame angehört, der sie drängt und führt, ein unbewußter Geist sei, oder daß er ein unbewußtes Seelisches sei: der ist etwas sehr Bewußtes. Die Bewußtheit dieses dämonischen Geistes, der diese Dame wiederum zurückführt zu dem unrechtmäßig Geliebten, dieser Dämon ist sogar viel gescheiter in seinem Bewußtsein als die Dame in ihrem Oberstübchen - wollte sagen: Bewußtsein - eigentlich ist. Und diese Geister, wenn der Mensch in irgendeiner Weise die Schwelle
seines Bewußtseins überschreitet, diese Geister, die da regsam, wirksam werden, das sind nicht unbewußte Geister, das sind solche Geister, die sehr gut für sich bewußt regsam, wirksam werden. Das Wort unbewußter Geist, wie es die Psychoanalytiker brauchen, hat gar keinen Sinn; denn ebensogut könnte ich, wenn ich bloß von mir aus sprechen würde, von der ganzen erlauchten Versammlung, die hier sitzt, sagen, sie ist mein Unbewußtes, wenn ich nichts davon weiß. Ebensowenig darf man die geistigen Wesenheiten, die um uns sind und die in einem solchen Falle erfassen die Persönlichkeit, wie in dem Fall, den ich Ihnen vor acht Tagen erzählte, ebensowenig dürfen wir diese unbewußte Geister nennen. Sie sind unterbewußt; sie sind nicht erfaßt von dem Bewußtsein, das in uns gerade lebt; aber für sich sind sie vollständig bewußt.
Dies ist - gerade für die Aufgabe der Geisteswissenschaft in unserer Zeit - außerordentlich wichtig zu wissen, aus dem Grunde, weil das Wissen von dem jenseits der Schwelle gelegenen Geistgebiet, das Wissen von wirklichen, ihrer selbst bewußten Individualitäten nicht bloß eine Errungenschaft etwa der heutigen Geisteswissenschaft ist, sondern weil dies tatsächlich ein uraltes Wissen ist. Früher hat man es eben gewußt im Sinne der alten atavistischen Hellseherkunst. Heute weiß man es mit andern Mitteln, lernt es allmählich wissen. Aber das Wissen von wirklichen, außerhalb des menschlichen Bewußtseins befindlichen Geistern, die unter andern Bedingungen leben als die Menschen, die aber in fortwährendem Verhältnisse stehen zu den Menschen, von denen auch der Mensch ergriffen werden kann in seinem Denken, Fühlen und Wollen, dieses Wissen war immer da. Und dieses Wissen, das wurde immer betrachtet als ein Geheimgut bestimmter Brüderschaften, die dieses Wissen in ihrem Kreise als ein streng Esoterisches behandelten. Warum behandelten sie es als streng esoterisch? Diese Frage zu erörtern, das würde in diesem Augenblick etwas zu weit führen; aber das soll gesagt werden, daß einzelne Brüderschaften von der ehrlichen Überzeugung immer durchdrungen waren, daß eben die Mehrzahl der Menschen nicht reif sei für dieses Wissen. Nun, das war ja auch bis zu einem hohen Grade der Fall. Aber viele andere Brüderschaften, die man Brüderschaften der Linken nennt, waren
bestrebt, dieses Wissen für sich auch aus dem Grunde zu behalten, weil solches Wissen, von einer kleinen Gruppe in Besitz genommen, eine Macht gibt über die andern, die dieses Wissen nicht haben. Und immer hat es Bestrebungen gegeben, die darauf ausgingen, gewissen Gruppen Macht zu sichern über andere. Das konnte man dadurch herbeiführen, daß man ein gewisses Wissen betrachtete als ein esoterisches Gut, aber es ausnutzte, um die Macht über irgend etwas anderes auszudehnen.
In der heutigen Zeit ist es ganz besonders notwendig, über diese Dinge sich wirklich aufzuklären. Denn Sie wissen, seit 1879 - ich habe das gerade in den letzten Vorträgen ausgeführt - lebt die Menschheit in einer ganz besonderen spirituellen Situation. Ganz besonders wirksame Geister der Finsternis sind seit 1879 aus der geistigen Welt in das Reich der Menschen versetzt, und diejenigen, welche die Geheimnisse, die zusammenhängen mit dieser Tatsache, in unberechtigter Weise innerhalb von kleinen Gruppen halten, die können alles mögliche anrichten mit diesen Dingen. Nun werde ich Ihnen zunächst heute zeigen, wie gerade gewisse Geheimnisse, welche die Entwickelung der Gegenwart betreffen, in unrichtiger Weise ausgenutzt werden können. Sie müssen nur dann gut zusammenhalten dasjenige, was ich heute sagen werde, was mehr historischer Art sein wird, und dasjenige, was ich morgen dazu sagen werde.
Sie wissen alle: seit längerer Zeit wird innerhalb unserer anthroposophischen geisteswissenschaftlichen Strömung aufmerksam darauf gemacht, wie dieses 20. Jahrhundert dasjenige ist, welches ein besonderes Verhältnis der Menschheitsentwickelung zu dem Christus bringen soll, zu dem Christus insofern, als im Laufe des 20. Jahrhunderts - schon in der ersten Hälfte, wie Sie wissen - dieses Ereignis eintreten soll, das ja auch in dem ersten meiner Mysteriendramen angedeutet ist, daß für eine genügend große Anzahl von Menschen im Ätherischen der Christus eine wirklich daseiende Wesenheit sein soll.
Nun wissen wir, wir leben eigentlich in der Zeit des Materialismus. Wir wissen, daß seit der Mitte des 19. Jahrhunderts dieser Materialismus auf seinen Höhepunkt gelangt ist. Aber in der Wirklichkeit müssen Gegensätze zusammenfallen. Gerade der Höhepunkt des
Materialismus in der Menschheitsentwickelung muß auf der andern Seite zusammenfallen mit jener Verinnerlichung der Menschheitsentwickelung, die dazu führt, daß der Christus wirklich ätherisch geschaut wird. Man kann begreifen, daß gerade die Bekanntmachung dieses Geheimnisses von dem Schauen des Christus, von diesem neuen Verhältnis, das der Christus mit der Menschheit eingehen soll, Mißstimmung und Widerwillen hervorruft bei jenen Menschen, welche als Angehörige gewisser Brüderschaften dieses Ereignis vom 20. Jahrhundert, dieses Ereignis der Erscheinung des ätherischen Christus ausnutzen wollen in ihrem Sinne und es nicht zu einem Gemeingut der allgemeinen menschlichen Erkenntnis machen wollen. Es gibt Brüderschaften - und Brüderschaften beeinflussen immer die öffentlichen Meinungen, indem sie dies oder jenes zum Beispiel gerade durch solche Mittel verbreiten lassen, durch die es am wenigsten den Menschen auffällt -, es gibt gewisse okkulte Brüderschaften, die lassen verbreiten, daß die Zeit des Materialismus bald abgelaufen sein werde, ja, daß sie in einer gewissen Weise schon abgelaufen sei. Die armen, bemitleidenswerten «gescheiten Leute» - das «gescheite Leute» ist jetzt selbstverständlich in Gänsefüßchen gestellt -, die heute in so zahlreichen Versammlungen und Büchern und Vereinen die Lehre verbreiten, daß der Materialismus abgewirtschaftet habe, daß man schon wiederum etwas vom Geiste begreffe, aber die den Leuten nicht mehr geben können als das Wort Geist und einzelne Phrasen, diese Leute stehen mehr oder weniger im Dienste derjenigen, die ein Interesse daran haben, zu sagen, was nicht wahr ist, zu sagen, der Materialismus habe abgewirtschaftet; denn wahr ist dieses nicht, sondern im Gegenteil, die materialistische Gesinnung ist in Zunahme begriffen, und sie wird am besten gedeihen, wenn sich die Leute einbilden werden, daß sie nicht mehr Materialisten seien. Die materialistische Gesinnung ist im Zunehmen begriffen und wird noch im Zunehmen sein durch etwa vier bis fünf Jahrhunderte.
Was notwendig ist, das ist das hier oftmals Betonte: in klarem Bewußtsein zu erfassen diese Tatsache, zu wissen, daß das so ist. Dann wird die Menschheit schon zum Heile kommen, wenn man das ordentlich weiß, wenn man so arbeitet im Geistesleben, daß man weiß:
die fünfte nachatlantische Epoche ist dazu da, materialistisches Wesen herauszugestalten aus der allgemeinen Menschheitsentwickelung. Aber es muß um so mehr spirituelles Wesen dem entgegengestellt werden. Ich habe in den vorangehenden Vorträgen gesagt, was die Menschen des fünften nachatlantischen Zeitraums kennenlernen müssen, das ist: den vollbewußten Kampf gegen das in der Menschheitsentwickelung auftretende Böse. So wie in der vierten nachatlantischen Kulturperiode der Kampf stattfand um die Auseinandersetzung mit Geburt und Tod, so findet jetzt statt die Auseinandersetzung mit dem Bösen. Also auf das vollbewußte Erfassen der geistigen Lehre, darauf kommt es jetzt an, nicht darauf, Sand in die Augen zu streuen den Zeitgenossen, als ob der Teufel des Materialismus nicht da sei. Er wird noch immer mehr und mehr zunehmen. Diejenigen, die in einer nicht richtigen Weise diese Dinge behandeln, die wissen von dem Ereignis der Christus-Erscheinung gerade so gut wie ich; aber sie behandeln dieses Ereignis der Christus-Erscheinung in einer andern Weise. Und um das zu verstehen, muß man folgendes ins Auge fassen.
Wie jetzt die Menschheit geworden ist in dieser fünften nachatlantischen Zeit, da ist ganz unberechtigt der Satz, den viele in ihrer Bequemlichkeit sprechen: Nun ja, während wir hier zwischen Geburt und Tod leben, da kommt es darauf an, sich dem Leben zu übergeben; ob dann, wenn wir durch den Tod gegangen sind, wir in eine geistige Welt eintreten, das wird sich schon zeigen, das können wir ja abwarten. Hier genießen wir unser Leben, wie wenn es nur eine materielle Welt gäbe; wenn man durch den Tod in die geistige Welt eintritt, nun ja, dann wird sich schon zeigen, ob eine geistige Welt da ist! - Es ist das ungefähr ebenso gescheit wie der Schwur, den einer ablegt, der da sagt: So wahr ein Gott im Himmel ist, bin ich ein Atheist! - Es ist ungefähr ebenso gescheit wie dieses; aber es ist die Gesinnung sehr vieler, die da sagen: Es wird sich zeigen nach dem Tode, wie es da ist, bis dahin braucht man sich gar nicht mit irgendwelcher spirituellen Wissenschaft zu befassen.
Es war zu allen Zeiten eine solche Gesinnung höchst anfechtbar, aber verhängnisvoll wird sie insbesondere in dieser fünften nachatlantischen Zeit, in der wir leben, weil sie durch die Herrschaft des
Bösen gerade besonders nahegelegt wird dem Menschen. Indem der Mensch unter den gegenwärtigen Entwickelungsbedingungen durch die Pforte des Todes tritt, nimmt er die Bewußtseinsbedingungen mit, welche er sich selbst hergestellt hat zwischen der Geburt und dem Tode. Derjenige Mensch, welcher unter den gegenwärtigen Verhältnissen ganz und gar sich nur beschäftigt hat mit Vorstellungen und Begriffen und Empfindungen über die materielle, über die Sinneswelt, der verurteilt sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen dazu, daß er nach dem Tode nur in einer Umgebung lebt, auf welche die während des leiblichen Lebens ausgeprägten Begriffe Bezug haben. Während der, welcher spirituelle Vorstellungen aufnimmt, rechtmäßig in die geistige Welt einzieht, muß derjenige, der es ablehnt, geistige Vorstellungen aufzunehmen, in gewissem Sinne in irdischen Verhältnissen verbleiben, bis er - und das dauert eine lange Zeit - gelernt hat, drüben so viel geistige Begriffe aufzunehmen, daß er durch sie in die geistige Welt getragen werden kann. Also, ob wir hier geistige Begriffe aufnehmen oder nicht, das bestimmt unsere Umgebung drüben. Viele von denen, die - man kann es nur mit Mitleid sagen - sich gesträubt haben oder verhindert waren, geistige Begriffe hier im Leben aufzunehmen, die wandeln auch noch als Tote auf Erden umher, bleiben mit der Erdensphäre in Verbindung. Und da wird dann die Seele des Menschen, wenn sie nicht mehr abgeschlossen ist von der Umgebung durch den Leib, der nun nicht mehr verhindert, daß sie zerstörerisch wirkt, da wird die Seele des Menschen, wenn sie in der Erdensphäre lebt, zum zerstörenden Zentrum.
Also betrachten wir diesen, ich möchte sagen, mehr normalen Fall, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen Seelen nach dem Tode in die geistige Welt hinüberkommen, die ganz und gar nichts wissen wollten von spirituellen Begriffen und Empfindungen: sie werden zu zerstörerischen Zentren, weil sie in der Erdensphäre aufgehalten werden. Nur Seelen, welche schon hier durchdrungen sind von einem gewissen Zusammenhang mit der geistigen Welt, gehen durch die Pforte des Todes so, daß sie in der richtigen Weise in die geistige Welt aufgenommen, der Erdensphäre entrückt werden und jene Fäden spinnen können auch zu den hier Zurückgebliebenen, welche fortwährend
gesponnen werden. Denn darüber müssen wir uns nur klar sein: die geistigen Fäden zwischen den toten Seelen und uns selber, die mit ihnen verbunden waren, die werden durch den Tod nicht abgerissen, die bleiben, sind sogar viel inniger nach dem Tode, als sie hier gewesen sind. Aber das, was ich gesagt habe, das muß man als eine ernste, bedeutungsvolle Wahrheit aufnehmen.
Wiederum ist das etwas, was ich nicht etwa allein weiß, was andere auch wissen, daß dies in der Gegenwart so ist. Aber es gibt viele, welche gerade in recht schlimmem Sinne diese Wahrheit ausnutzen. Es gibt heute verführte Materialisten, die glauben, daß das materielle Leben das einzige sei; aber es gibt auch Eingeweihte, die Materialisten sind und die durch Brüderschaften materialistische Lehren verbreiten lassen. Von diesen Eingeweihten dürfen Sie nicht glauben, daß sie etwa auf dem albernen Standpunkte stehen, daß es keinen Geist gibt, oder daß der Mensch nicht eine Seele hat, die von dem Leibe unabhängig sein kann und ohne ihn leben kann. Sie können getrost annehmen, daß derjenige, der in die geistige Welt wirklich eingeweiht ist, sich nie der Albernheit hingibt, an die bloße Materie zu glauben. Aber es gibt viele, welche in einer gewissen Weise ein Interesse daran haben, den Materialismus verbreiten zu lassen, und die allerlei Veranstaltungen treffen, damit ein großer Teil der Menschen an den Materialismus allein glaubt und ganz und gar unter dem Einfluß des Materialismus steht. Nun gibt es Brüderschaften, welche an ihrer Spitze Eingeweihte haben, die eben ein solches Interesse haben, den Materialismus zu pflegen, zu verbreiten. Diesen Materialisten dient es sehr gut, wenn immerfort davon geredet wird, daß der Materialismus eigentlich schon überwunden sei. Denn man kann auch irgendeine Sache mit den entgegengesetzten Worten anstreben; die Verfahrungsweisen sind oftmals recht komplizierte.
Was wollen nun solche Eingeweihte, welche eigentlich ganz gut wissen, daß die Menschenseele ein rein spirituelles Wesen ist, ein spirituelles Wesen, ganz selbständig gegenüber der Leiblichkeit, und die dennoch die materialistische Gesinnung der Menschen hegen und pflegen? Diese Eingeweihten wollen, daß möglichst viele Seelen da seien, welche hier zwischen Geburt und Tod nur materialistische
Begriffe aufnehmen. Dadurch werden diese Seelen präpariert, in der Erdensphäre zu bleiben. Sie werden gewissermaßen in der Erdensphäre gehalten. Und nun denken Sie sich, daß Brüderschaften eingerichtet werden, die das genau wissen, die jene Verhältnisse gut kennen. Diese Brüderschaften präparieren dadurch gewisse Menschenseelen so, daß diese Menschenseelen nach dem Tode im Reiche des Materiellen verbleiben. Wenn diese Brüderschaften dann - was möglicherweise in ihrer verruchten Macht liegt - die Veranstaltung treffen, daß diese Seelen nach dem Tode in den Bereich der Machtsphäre ihrer Brüderschaft kommen, dann wächst dieser Brüderschaft dadurch eine ungeheure Macht zu. Also diese Materialisten sind nicht Materialisten, weil sie nicht an den Geist glauben, so töricht sind diese Eingeweihten-Materialisten nicht, die wissen ganz gut, wie es um den Geist steht; aber sie veranlassen die Seelen, bei der Materie auch nach dem Tode zu bleiben, um sich solcher Seelen zu ihrem Zwecke bedienen zu können. Also wird von solchen Brüderschaften eine Klientel geschaffen von Totenseelen, die im Bereiche der Erde verbleiben. Diese Totenseelen, die haben in sich Kräfte, die in der verschiedensten Weise gelenkt werden können, mit denen man Verschiedenes bewirken kann, wodurch man gegenüber denen, die in diese Dinge nicht eingeweiht sind, zu ganz besonderen Machtentfaltungen kommen kann.
Das ist einfach eine Veranstaltung gewisser Brüderschaften. Und in dieser Sache sieht nur derjenige klar, der sich keine Finsternis und nichts Nebuloses vormachen läßt; der sich nicht vormachen läßt, daß es solche Brüderschaften entweder gar nicht gibt, oder daß ihre Dinge harmlos sind. Sie sind ganz und gar nicht harmlos, sie sind sehr harmvoll; die Menschen sollen im Materialismus noch immer weiter und weiter schreiten. Sie sollen nach dem Sinne solcher Eingeweihter glauben, daß es zwar geistige Kräfte gibt, aber daß diese geistigen Kräfte nichts anderes sind als auch gewisse Naturkräfte.
Nun möchte ich Ihnen doch das Ideal charakterisieren, das solche Brüderschaften haben. Man muß sich ein bißchen anstrengen, um die Sache zu verstehen. Denken Sie sich also eine harmlose Welt von Menschen, die ein wenig beirrt ist durch die heute herrschenden materialistischen Begriffe, die ein wenig abgeirrt ist von den alten, erprobten
Religionsvorstellungen. Denken Sie sich solch eine harmlose Menschheit. Vielleicht können wir es uns gut graphisch vorstellen (es wird gezeichnet): Wir denken uns hier das Gebiet einer solchen harmlosen Menschheit (größerer Kreis, hell). Wie gesagt, diese Menschheit ist sich nur nicht recht klar über die geistige Welt; beirrt durch den Materialismus, weiß sie nicht recht, wie sie sich verhalten soll gegenüber der geistigen Welt. Namentlich weiß sie nicht recht, wie sie sich verhalten soll gegenüber denjenigen, die durch die Pforte des Todes gegangen sind.
#Bild S. 179
Nun nehmen wir an, hier sei das Gebiet solch einer Brüderschaft (kleiner Kreis, grün): diese Brüderschaft verbreite die Lehre des Materialismus, sie sorge, daß diese Menschen jedenfalls rein materialistisch denken. Dadurch bringt es diese Brüderschaft dahin, sich Seelen zu erzeugen, die nach dem Tode in der Erdensphäre bleiben. Diese werden eine spirituelle Klientel für diese Loge (siehe Zeichnung, orange); das heißt, man hat sich dadurch Tote geschaffen, die nicht aus der Erdensphäre hinausgehen, sondern bei der Erde bleiben. Macht man nun die richtigen Veranstaltungen, so behält man sie in den Logen darinnen. Also man hat auf diese Weise Logen geschaffen, welche Lebende enthalten und auch Tote, aber Tote, welche verwandt worden sind den Erdenkräften.
Nun dirigiert man die Sache so, daß diese Menschen hier Sitzungen abhalten, oder auf solch einem Wege, wie es bei Veranstaltungen der spiritistischen Sitzungen im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war, von denen ich öfter gesprochen habe. Dann kann es vorkommen - ich bitte Sie, das zu berücksichtigen -, daß dasjenige, was hier in diesen Sitzungen geschieht, dirigiert wird von der Loge aus mit Hilfe der Toten. Aber nach den eigentlichen Intentionen der Meister, die in jenen Logen sind, sollen die Menschen nicht wissen, daß sie es mit Toten zu tun haben, sondern glauben, daß sie es einfach mit höheren Naturkräften zu tun haben. Man will den Leuten beibringen, das seien höhere Naturkräfte: Psychismus und dergleichen, bloß höhere Naturkräfte. Man will ihnen den eigentlichen Seelenbegriff nehmen und sagen: Wie es Elektrizität, wie es Magnetismus gibt, so gibt es auch solche höhere Kräfte. Daß das von Seelen kommt, das kaschieren gerade diejenigen, die in der Loge führend sind. Dadurch aber werden die andern, die harmlosen Seelen, ganz abhängig nach und nach, seelisch abhängig von der Loge, ohne daß sie wissen, wovon sie abhängig sind, woher sie eigentlich dirigiert werden.
Es gibt kein anderes Mittel gegen diese Dinge als das Wissen davon. Weiß man davon, so ist man schon geschützt. Weiß man es so, daß dieses Wissen ein richtiges Fürwahrhalten, ein wirkliches Glauben ist, so ist man schon geschützt. Aber man muß nicht zu bequem sein, sich das Wissen von diesen Dingen wirklich zu erwerben. Nun, zunächst muß gesagt werden, daß es in diesen Dingen noch immer nicht eigentlich ganz zu spät ist. Denn ich habe Sie öfter darauf aufmerksam gemacht - diese Dinge können ja erst allmählich klarwerden, und ich kann nur allmählich die Elemente zusammentragen, um Ihnen die völlige Klarheit zu bringen -, ich habe Sie öfter darauf aufmerksam gemacht, daß im Verlaufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Brüderschaften des Westens probeweise den Spiritismus eingeführt haben, um durch diese Probe sich zu überzeugen, ob sie nun schon so weit waren mit der Menschheit, wie sie wollten. Es war ein Probieren, wie weit sie waren mit der Menschheit. In den spiritistischen Sitzungen - das haben sie erwartet - sollten eigentlich die Leute sagen: Es gibt höhere Naturkräfte. - Und sie waren dann enttäuscht,
die Brüder der Linken, daß die Menschen zumeist nicht gesagt haben: Es gibt höhere Naturkräfte -, sondern gesagt haben: In den Sitzungen erscheinen Geister der Toten. - Das war die herbe Enttäuschung der Eingeweihten, das war gerade das, was sie nicht wollten; denn den Glauben an die Toten, den wollten diese Eingeweihten gerade den Menschen nehmen. Nicht die Wirksamkeit der Toten, nicht die Wirksamkeit der Kräfte der Toten, aber dieser Gedanke, daß das von den Toten kommt, dieser richtige, dieser bedeutsame Gedanke, der sollte den Menschen genommen werden. Sie sehen, es ist ein höherer Materialismus; es ist ein Materialismus, der den Geist nicht nur leugnet, sondern der den Geist hereinzwingen will in die Materie. Sie sehen, der Materialismus hat noch Formen, unter denen man ihn schon leugnen kann. Man kann sagen, der Materialismus ist verschwunden, wir reden schon vom Geist. Aber alle reden sie vom Geiste in verschwommener Weise. Da kann man ganz gut Materialist sein, wenn man alle Natur so zum Geiste macht, daß dann der Psychismus herauskommt. Worauf es ankommt, das ist, daß man in die konkrete geistige Welt, in die konkrete Geistigkeit den Blick hineinwerfen kann.
Hier haben Sie den Anfang von dem, wie es in den nächsten fünf Jahrhunderten immer intensiver und intensiver werden wird. Nun haben sich die bösen Brüderschaften darauf beschränkt; aber sie werden die Dinge schon fortsetzen, wenn ihnen nicht das Handwerk gelegt wird, das ihnen nur gelegt werden kann, wenn man die Bequemlichkeit gegenüber der geisteswissenschaftlichen Weltanschauung überwindet.
Also verraten haben sie sich gewissermaßen in den spiritistischen Sitzungen. Statt sich zu couvrieren, haben sie sich decouvriert durch die spiritistischen Sitzungen. Das war also eher etwas, wodurch sich gezeigt hat, daß ihnen ihre Wirtschaft noch nicht ganz gut gelungen war. Daher auch ging gerade von diesen Brüderschaften selber schon von den neunziger Jahren an das Bestreben aus, auch den Spiritismus als solchen wiederum für eine Zeitlang zu diskreditieren. Kurz, Sie sehen, es wird auf diesem Wege mit den Mitteln der geistigen Welt sehr, sehr Einschneidendes gemacht. Dasjenige, um was es sich dabei
handelt, das ist also: Erhöhung der Macht, Ausnutzung gewisser Entwickelungsbedingungen, die im Laufe der Menschheit herauskommen müssen.
Gegen die Vermaterialisierung der Menschenseelen, gegen dieses Gebanntsein der Menschenseelen in die Sphäre der Irdischheit - und Logen sind ja auch im Irdischen - wird entgegengearbeitet. Wenn also die Seelen mit in den Logen spuken und dort wirken sollen, dann müssen sie ins Irdische gebannt sein. Gegen dieses Bestreben, diesen Impuls, im Irdischen zu wirken durch die Seelen, dem wird entgegengearbeitet durch den bedeutsamen Impuls des Mysteriums von Golgatha. Und dieser Impuls des Mysteriums von Golgatha ist auch die Welthellung gegen die Vermaterialisierung der Seele. Es liegt vollständig außer dem Willen und außer den Intentionen der Menschen selbst, wie der Weg des Christus selber ist. Also kein Mensch irgendwelchen Wissens, auch kein Eingeweihter hat Einfluß darauf, daß der Christus dasjenige tut, was im Laufe des 20. Jahrhunderts zu der Erscheinung führt, von der ich Ihnen oft gesprochen habe, die Sie in den Mysteriendramen auch angedeutet finden. Das hängt bloß von dem Christus selbst ab. Der Christus wird als ätherische Wesenheit in der Erdensphäre vorhanden sein. Für die Menschen handelt es sich darum, wie sie sich zu ihm verhalten. Also auf die Erscheinung des Christus selbst hat niemand, kein noch so mächtiger Eingeweihter irgendeinen Einfluß. Das kommt. Das bitte ich Sie festzuhalten. Aber man kann Veranstaltungen treffen, daß dieses Christus-Ereignis so oder so aufgenommen werde, daß dieses Christus-Ereignis so oder so wirke.
Ja, diejenigen Brüderschaften, von denen ich Ihnen eben gesprochen habe, welche die Seelen der Menschen in die materialistische Sphäre bannen wollen, diese Brüderschaften haben das Bestreben, den Christus unvermerkt vorübergehen zu lassen im 20. Jahrhundert, sein Kommen als ätherische Individualität nicht bemerkbar werden zu lassen für die Menschen. Und diese Bestrebung entwickelt sich unter dem Einfluß einer ganz bestimmten Idee, eigentlich eines ganz bestimmten Willensimpulses; sie haben nämlich das Bestreben, die Einflußsphäre, die durch den Christus im 20. Jahrhundert und weiter
kommen soll, für eine andere Wesenheit - wir werden darüber noch genauer sprechen -, für eine andere Wesenheit zu erobern. Es gibt westliche Brüderschaften, welche das Bestreben haben, dem Christus seinen Impuls streitig zu machen und eine andere Individualität, die nicht einmal irgendwann im Fleische erschienen ist, sondern nur eine ätherische Individualität, aber streng ahrimanischer Natur ist, an die Stelle zu setzen.
Alle jene Maßnahmen, von denen ich Ihnen jetzt eben gesprochen habe, mit den Toten und so weiter, die dienen letzten Endes solchen Zielen, die Menschen abzulenken von dem Christus, der durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist, und einer andern Individualität die Herrschaft über die Erde zuzuschanzen. Das ist ein ganz realer Kampf und nicht irgend etwas, was etwa nur abstrakte Begriffe oder was weiß ich sein soll, sondern das ist ein ganz realer Kampf; ein Kampf, der sich eigentlich darauf bezieht, eine andere Wesenheit an die Stelle der Christus-Wesenheit im Verlaufe der Menschheitsentwickelung für den Rest der fünften nachatlantischen Zeit, für die sechste und für die siebente zu setzen. Es wird zu den Aufgaben einer gesunden, einer ehrlichen spirituellen Entwickelung gehören, solche Bestrebungen, die im eminentesten Sinne antichristlich sind, solche Bestrebungen zu vertilgen, wegzuschaffen. Aber nur klare Einsicht kann da etwas erreichen. Denn das andere Wesen, das diese Brüderschaften zum Herrscher machen wollen, dieses andere Wesen, das werden die ja als den «Christus» benennen, richtig als den «Christus» benennen! Und worauf es ankommen wird, das wird sein, daß man wirklich unterscheiden lernt zwischen dem wahren Christus, der ja auch jetzt, wie er erscheinen wird, nicht eine im Fleische verkörperte Individualität ist, und zwischen diesem Wesen, das sich von dem wahren Christus dadurch unterscheidet, daß es eben nie während der Erdenentwickelung verkörpert war, das ein Wesen ist, welches nur bis zu der ätherischen Verkörperung geht, und das von diesen Brüderschaften eingesetzt werden soll anstelle des Christus, der unvermerkt vorübergehen soll.
Da haben wir also auf der einen Seite den Teil des Kampfes, der sich darauf bezieht, gewissermaßen die Christus-Erscheinung des
20. Jahrhunderts zu fälschen. Ja, wer das Leben nur an seiner Oberfläche so beobachtet, vor allen Dingen die äußerlichen Diskussionen über den Christus und die Jesus-Frage und so weiter, der sieht eben nicht in die Tiefe. Das ist Nebel, das ist Dunst, was den Leuten vorgemacht wird, um sie gerade abzulenken von den tieferen Dingen, von demjenigen, um was es sich eigentlich handelt. Wenn die Theologen über den Christus diskutieren, so ist in allen solchen Diskussionen immer von irgendwoher ein spiritueller Einfluß, und diese Leute fördern da ganz andere Ziele und Zwecke, als sie selbst mit ihrem Bewußtsein glauben.
Das ist nun das Gefährliche des Begriffes des Unbewußten, daß man selbst über solche Verhältnisse heute die Leute ins Unklare hineinreitet. Während solche bösen Brüderschaften sehr bewußt ihre Zwecke verfolgen, wird natürlich das, was diese Brüderschaften bewußt verfolgen, zum Unbewußten für diejenigen, die auf der Oberfläche eben allerlei Diskussionen und dergleichen anstellen. Aber man trifft das Wesen der Sache nicht, wenn man vom Unbewußten redet; denn dieses sogenannte Unbewußte ist einfach jenseits der Schwelle des gewöhnlichen Bewußtseins, und es ist diejenige Sphäre, in welcher der Wissende solche Dinge entfalten kann. Sehen Sie, das ist eigentlich eine Seite der Sache, daß es wirklich so ist, daß sich gegenüberstellt eine Summe von Brüderschaften, welche die Wirksamkeit des Christus durch die Wirksamkeit einer andern Individualität ersetzen wollen und alle Dinge so einrichten, daß sie dieses erreichen.
Dem gegenüber stehen östliche Brüderschaften, namentlich in-dische, die nicht minder bedeutungsvoll eingreffen wollen in die Entwickelung der Menschheit. Diese indischen Brüderschaften wiederum, die verfolgen ein anderes Ziel; sie haben niemals eine Esotetik entwickelt, diese indischen Brüderschaften, durch die sie Tote in ihren Bereich, in den Bereich ihrer Logen etwa hereinbringen würden; das liegt ihnen fern, solche Dinge wollen sie nicht. Aber sie wollen auf der andern Seite auch nicht, daß das Mysterium von Golgatha mit seinem Impuls die Entwickelung der Menschheit ergreife. Das wollen sie auch nicht. Sie wollen aber nicht, weil ihnen die Toten nicht in der Weise zur Verfügung stehen, wie ich das bei den westlichen Brüderschaften
angedeutet habe, sie wollen den Christus - der ja als ätherische Individualität im Laufe des 20. Jahrhunderts in die Menschheitsentwickelung eintreten wird - nicht bekämpfen durch Aufstellen einer andern Individualität; dazu brauchten sie die Toten, und die haben sie nicht, dagegen wollen sie das Interesse ablenken von diesem Christus; sie wollen nicht hochkommen lassen das Christentum, diese östlichen Brüderschaften, namentlich die indischen. Sie wollen nicht das Interesse für den wirklichen, durch das Mysterium von Golgatha gegangenen Christus hochkommen lassen, der in einer einmaligen Inkarnation hier auf der Erde war drei Jahre lang und der dann nicht mehr in einer Inkarnation auf die Erde kommen kann. Tote wollen diese in ihren Logen nicht benutzen, aber doch auch etwas anderes als bloß das, was sie selber sind als lebende Menschen. In diesen indischen, östlichen Logen, da wird nämlich statt der Toten der westlichen Logen eine andere Art von Wesenheiten benutzt.
Wenn der Mensch stirbt, so hinterläßt er ja seinen ätherischen Leib; der trennt sich sehr bald nach dem Tode, wie Sie wissen. Dieser ätherische Leib wird unter normalen Verhältnissen von dem Kosmos aufgenommen. Daß diese Aufnahme auch etwas Kompliziertes ist, habe ich Ihnen ja in der verschiedensten Weise dargestellt. Aber vor dem Mysterium von Golgatha, und auch noch nach dem Mysterium von Golgatha, namentlich in östlichen Gegenden, war etwas ganz Bestimmtes möglich. Wenn der Mensch einen solchen Ätherleib abgibt nach dem Tode, so können gewisse Wesenheiten diesen Ätherleib beziehen; sie werden dann ätherische Wesenheiten mit solchen von den Menschen abgelegten Ätherleibern. So daß es vorkommt in östlichen Gegenden, daß, jetzt nicht tote Menschen, aber allerlei dämonische Geister veranlaßt werden, abgelegte Ätherleiber von Menschen anzuziehen. Und solche mit Ätherleibern von Menschen angetanen dämonischen Geister, die werden in die östlichen Logen aufgenommen. Die westlichen Logen also, die haben direkt in die Materie gebannte Tote; die östlichen Logen der linken Hand haben dämonische Geister; also Geister, die nicht der Erdenentwickelung angehören, die aber dadurch sich in die Erdenentwickelung hineinschleichen, daß sie anziehen von Menschen abgelegte Ätherleiber.
Exoterisch macht man das so, daß man diese Tatsache in Verehrung umwandelt. Sie wissen, daß zu den Künsten gewisser Brüderschaften die Hervorrufung der Illusionen gehört, weil, wenn die Menschen nicht wissen, wie weit Illusion überhaupt in der Wirklichkeit vorhanden ist, sie sehr leicht durch künstlich hervorgerufene Illusionen getäuscht werden können. Man macht also das, was man da erreichen will, indem man dies in die Form von Verehrung kleidet. Also denken Sie sich, ich habe einen Stamm von Menschen, einen zusammengehörigen Stamm; dem sage ich - nachdem ich vorher als ein «böser» Bruder bei einem Vorfahr die Möglichkeit herbeigeführt habe, daß der Ätherleib bezogen wird von einem dämonischen Wesen -, dem sage ich, er müsse diesen Ahnen verehren. Der Ahne ist einfach derjenige, der abgelegt hat seinen Ätherleib, welcher von Dämonen bezogen ist durch die Machinationen der Loge. Man führt also die Ahnenverehrung ein. Aber diese Ahnen, die verehrt werden, die sind einfach irgendwelche dämonischen Wesenheiten in dem Ätherleib des betreffenden Ahnen.
Man kann nun die Weltanschauung der östlichen Menschen dadurch abbringen von dem Mysterium von Golgatha, daß man in dieser Weise arbeitet wie in den östlichen Logen. Dann wird auch dadurch für die östlichen Menschen, für die Menschen vielleicht überhaupt - das will man ja erreichen - das erreicht, daß der Christus als Individualität, wie er über die Erde gehen soll, unbemerkt bleibt. Also die wollen nicht einen andern Christus substituieren, sondern sie wollen nur, daß die Erscheinung des Christus Jesus unbemerkt bleibe.
So wird gewissermaßen von zwei Seiten ein Kampf geführt gegen den ätherisch zutage tretenden Christus-Impuls im Laufe des 20. Jahrhunderts. In diese Entwickelung ist die Menschheit wirklich hineingestellt. Und was so im einzelnen geschieht, das ist eigentlich nur immer eine Konsequenz desjenigen, was sich als die großen Impulse in der Menschheitsentwickelung vollzieht. Deshalb ist es ja so traurig, daß man den Menschen immer wieder vormachen will, wenn Unbewußtes, sogenanntes Unbewußtes in ihnen wirkt, so seien dies irgendwelche zurückgetretenen, was weiß ich, Liebesaffekte oder dergleichen, während in der Tat der Impuls sehr bewußter Geistigkeit
von allen Seiten her durch die Menschheit geht, aber relativ unbewußt bleibt, wenn man sich nicht in seinem Bewußtsein um ihn bekümmert.
Zu diesen Dingen müssen Sie verschiedenes andere hinzunehmen. Die Menschen, welche es mit der Menschheitsentwickelung ehrlich gemeint haben von jeher, die haben mit solchen Dingen, wie wir sie jetzt charakterisiert haben, immer gerechnet und - viel mehr kann und darf auch der Mensch nicht tun - von ihrer Seite das Richtige unternommen.
Eine gute Pflegestätte für spirituelles Leben, eine ganz außerordentlich gute Pflegestätte, geschützt vor allen möglichen Illusionen, war in den ersten christlichen Jahrhunderten Irland, die irische Insel. Sie war richtig geschützt vor allen möglichen Illusionen, mehr als irgendein anderes Gebiet der Erde. Das ist auch der Grund, warum so viele Verbreiter des Christentums in den ersten christlichen Jahrhunderten von Irland ausgegangen sind. Aber diese Verbreiter des Christentums mußten alle eine naive Menschheit berücksichtigen, unter der sie wirkten; denn die europäische Menschheit, unter der sie wirkten, war dazumal naiv, sie mußten diese naive Menschheit in ihrer Naivität berücksichtigen; aber sie mußten für sich die großen Impulse der Menschheit wissen und verstehen. Im 4. und 5. Jahrhundert wirkten namentlich irische Eingeweihte in Mitteleuropa; da fingen sie an und sie wirkten so, daß sie das vorbereiteten, was in der Zukunft geschehen mußte. Sie standen in einer gewissen Weise unter dem Einfluß jenes Einweihungswissens, daß im 15. Jahrhundert - Sie wissen: 1413 - die fünfte nachatlantische Zeit kommen werde. Unter diesem Einfluß standen sie. Sie wußten also, vorzubereiten haben sie eine ganz neue Zeit, eine naive Menschheit muß für diese neue Zeit behütet werden. Was tat man dazumal, um diese naive Menschheit Europas so zu behüten, daß sie gewissermaßen umzäunt war und gewisse schädliche Einflüsse nicht hereinkommen konnten, was tat man?
Man lenkte, von jetzt gut unterrichteter und dazumal ehrlicher Seite die Evolution so, daß allmählich jene Schiffahrt unterdrückt wurde, welche von nördlichen Ländern nach Amerika hinüber gemacht worden ist in den älteren Zeiten. So daß, während in älteren
Zeiten die Schiffe namentlich von Norwegen aus nach Amerika hinübergingen zu gewissen Zwecken - ich werde morgen noch über diese Dinge sprechen -, man die Sache allmählich so einrichtete, daß Amerika von der europäischen Bevölkerung völlig vergessen wurde, daß der Zusammenhang mit Amerika allmählich dahinschwand. Und im 15. Jahrhundert wußte ja die europäische Menschheit von Amerika nichts. Namentlich von Rom aus wurde die Entwickelung so dirigiert, daß man aus bestimmten Gründen den Zusammenhang mit Amerika allmählich verlor, weil die europäische Menschheit geschützt werden mußte vor den amerikanischen Einflüssen. Wesentlich beteiligt an diesem, daß vor dem amerikanischen Einflusse die europäische Menschheit geschützt werden mußte, waren gerade von Irland aus die Mönche, welche als irische Eingeweihte auf dem europäischen Kontinente christianisierten.
In den älteren Zeiten brachte man von Amerika ganz bestimmte Einflüsse herüber; aber in dem Zeitalter gerade, wo die fünfte nachatlantische Epoche anfing, da sollte die Sache so sein, daß die europäische Menschheit von Amerika unbeeinflußt war, überhaupt nichts davon wußte, in dem Glauben lebte, es gibt gar kein Amerika. Erst als dann die fünfte nachatlantische Zeit hereingebrochen war, da wurde Amerika wieder entdeckt, wie das in der Geschichte bekannt ist. Es gehört zu den Wahrheiten, die Ihnen ja schon geläufig sein können, daß das, was man in der Schule als Geschichte lernt, vielfach eine Fable convenue ist. Auch das ist eine Fable convenue, daß Amerika 1492 zum erstenmal entdeckt worden sei. Es ist nur wieder entdeckt worden. Es war nur eine Zeitlang der Zusammenhang so geschickt kaschiert, wie es geschehen mußte. Aber wissen muß man wiederum, wie die Dinge lagen und was wirkliche Geschichte ist. So daß also eine Zeitlang Europa sehr umzäunt worden ist und man Europa sorgfältig gehütet hat vor gewissen Einflüssen, die nicht nach Europa kommen sollten.
Solche Dinge zeigen Ihnen, wie bedeutungsvoll es ist, dieses sogenannte Unbewußte nicht als ein Unbewußtes aufzufassen, sondern als etwas, was sich sehr bewußt vollzieht hinter der Schwelle des menschlichen Bewußtseins, wie dieses als Alltagsbewußtsein ist. Es
ist schon wichtig, daß heute ein größerer Teil der Menschheit erfährt von gewissen Geheimnissen. Daher habe ich so viel getan, als jetzt nur irgend möglich ist ganz öffentlich zu tun, in den Zürcher Vorträgen, wo ich, wie Sie wissen, sogar so weit gegangen bin, den Leuten zu erklären, inwiefern das geschichtliche Leben von den Menschen nicht mit dem gewöhnlichen Bewußtsein gewußt wird, sondern in Wirklichkeit geträumt wird; wie der Inhalt der Geschichte in Wirklichkeit von den Menschen geträumt wird, und daß erst dann, wenn die Menschen sich bewußt werden, daß der Inhalt der Geschichte geträumt wird, Gesundheit in diese Vorstellungen kommen wird.
Das sind Dinge, durch die man allmählich das Bewußtsein aufweckt. Die Erscheinungen, die Tatsachen, die sich vollziehen, die bewahrheiten schon diese Dinge. Man muß sie nur nicht übersehen. Nur gehen die Menschen blind und schlafend durch die Tatsachen, sie gehen auch blind und schlafend durch solche tragischen Katastrophen wie die jetzige. Das sind Dinge, die ich zunächst mehr historisch in Ihr Herz legen möchte. Ich werde morgen genauer über diese Dinge sprechen.
Ich möchte nur noch eine Vorstellung zu den Dingen hinzufügen. Erstens haben Sie aus der Auseinandersetzung gesehen, welch gewaltiger Unterschied zwischen Westen und Osten in der Menschheitsentwickelung ist. Zweitens bitte ich Sie, noch das Folgende zu berücksichtigen. Sehen Sie, der Psychoanalytiker redet vom Unterbewußten, vom unterbewußten Seelenleben und so weiter. Ja, darauf kommt es nicht an, mit einem solchen unbestimmten Begriff von den Dingen zu reden, sondern darauf kommt es an, zu erfassen: Was ist denn da nun eigentlich jenseits der Schwelle des Bewußtseins? Was gibt es denn da? Es ist gewiß sehr vieles da unten unter der Schwelle des Bewußtseins. Für sich ist es aber sehr bewußt, was da drunten ist. Aber man muß darauf kommen, was da für bewußte Geistigkeit jenseits der Schwelle des Bewußtseins ist. Man muß von bewußter Geistigkeit jenseits der Schwelle des Bewußtseins reden, nicht von unbewußtem Geistigen. Ja, da muß man sich klar sein darüber, daß der Mensch vieles hat, wovon er nichts weiß im gewöhnlichen Bewußtsein. Es wäre auch schlimm um den Menschen bestellt, wenn er
im gewöhnlichen Bewußtsein von allem wissen müßte, was in ihm vorgeht. Denken Sie sich, wie er sich eigentlich sein Essen und Trinken einrichten müßte, wenn er genau die Vorgänge kennenzulernen hätte, physiologisch und biologisch, die sich abspielen vom Aufnehmen einer Speise an und so weiter! Das vollzieht sich alles im Unbewußten; dabei sind überall geistige Kräfte wirksam, auch bei diesem nur rein Physiologischen. Aber der Mensch kann nicht warten mit dem Essen und Trinken, nicht wahr, bis er gelernt hat, was da in ihm eigentlich vorgeht. So geht vieles in dem Menschen vor. Es ist für den Menschen schon ein großer Teil, ja der weitaus größte Teil seines Wesens unbewußt, besser gesagt, unterbewußt.
Nun ist das Eigentümliche, daß von diesem Unterbewußten, das wir mit uns tragen, unter allen Umständen Besitz ergreift eine andere Wesenheit. So daß wir nicht nur diese Zusammenfügung sind von Leib, Seele und Geist, und unsere von uns unabhängige Seele in unserem Leib durch die Welt tragen, sondern kurz vor der Geburt ergreift Besitz von den unterbewußten Teilen des Menschen eine andere Wesenheit. Diese ist da, diese unterbewußte Wesenheit, die geht mit dem Menschen den ganzen Weg zwischen Geburt und Tod. Etwas vor der Geburt kommt sie in den Menschen hinein und geht mit dem Menschen. Man kann sie auch etwa so charakterisieren, diese Wesenheit, die den Menschen ausfüllt in denjenigen Partien, die ihm nicht ins gewöhnliche Bewußtsein kommen: Sie ist eine sehr intelligente und eine solche, welche in ihrem Willen den Naturkräften ähnlich ist, eine Wesenheit also, die sehr intelligent ist, und mit einem Willen begabt, der den Naturkräften sehr verwandt ist, viel verwandter, als der Mensch mit seinem Willen den Naturkräften verwandt ist. Die Eigentümlichkeit muß ich aber doch hervorheben, daß sie außerordentlich große Gefahr leiden würde, wenn sie unter den jetzigen Verhältnissen mit dem Menschen den Tod mitmachen würde. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen kann die Wesenheit nicht den Tod mitmachen; sie verschwindet also auch kurz vor dem Tode, muß sich dann immer retten, doch sie hat allerdings das Bestreben, das Menschenleben so einzurichten, daß sie sich den Tod erobern kann. Aber das wäre etwas Furchtbares für die menschliche
Entwickelung, wenn diese Wesenheit, die so von dem Menschen Besitz ergreift, auch noch den Tod sich erobern könnte, wenn sie mit dem Menschen sterben könnte und auf diese Weise in die Welten hineinkommen könnte mit dem Menschen, die der Mensch nach dem Tode betritt. Sie muß immer vorher von dem Menschen Abschied nehmen, bevor der Mensch nach dem Tode die geistige Welt betritt. Das wird ihr in manchen Fällen recht schwierig, und da kommen allerlei Komplikationen vor. Aber die Sache ist so: diese Wesenheit, die völlig im Unterbewußten waltet, ist sehr, sehr abhängig von der Erde als ganzem Organismus.
Die Erde ist keineswegs ein solches Wesen, wie es Geologen oder Mineralogen oder Paläontologen hinstellen; diese Erde ist ein vollbelebtes Wesen. Der Mensch sieht davon eben nur das Knochengerüste, denn der Geologe und Mineraloge und Paläontologe stellt nur das Mineralische hin, das ist das Knochengerüst. Wenn Sie nur das wissen, so wissen Sie ungefähr nur so viel, wie wenn Sie hier hereinkommen würden und von der gesamten erlauchten Gesellschaft durch eine besondere Einrichtung Ihres Sehvermögens nichts anderes als die Knochen sehen würden, das Knochensystem. Nun stellen Sie sich einmal vor, wenn Sie hier hereinkämen zu der Türe und auf diesen Stühlen säßen lauter Knochengerippe, nicht daß Sie etwa nichts als Knochen hätten, das mute ich Ihnen nicht zu, aber wir nehmen an, der Mensch hätte nur die Fähigkeit, die Knochen zu sehen, er wäre wie mit irgendeinem Röntgenapparat ausgebildet. So viel nur sieht die Geologie von der Erde, die sieht nur das Knochengerüst. Diese Erde hat aber nicht nur das Knochengerüst, sondern sie ist ein lebendiger Organismus, und diese Erde sendet an jedem Punkte, auf jedem Territorium aus ihrem Mittelpunkt besondere Kräfte an die Oberfläche. Stellen Sie sich also so die Oberfläche der Erde vor (siehe Zeichnung S. 192), hier östliches Gebiet, hier westliches Gebiet - nur um das Große ins Auge zu fassen. Die Kräfte nun, welche heraufgesendet werden von der Erde, sind etwas, was zum Lebensorganismus der Erde gehört. Und je nachdem der Mensch an diesem oder jenem Orte der Erde lebt, kommt nicht seine Seele, nicht diese unsterbliche Seele mit diesen Erdenkräften in Verbindung - die nur indirekt; die
#Bild S. 192
unsterbliche Seele des Menschen ist verhältnismäßig sehr unabhängig von Erdenverhältnissen, sie wird nur künstlich auf solche Weise, wie es heute gezeigt wurde, von den Erdenverhältnissen abhängig gemacht. Aber auf dem Umwege durch diesen andern, der vor der Geburt vom Menschen Besitz ergreift und vor dem Tode ihn wieder verlassen muß, durch diesen andern wirken besonders stark diese verschiedenen Kräfte, welche durch Rassentypen und geographische Verschiedenheiten in den Menschen hereinwirken. Also es ist dieser Doppelgänger, den der Mensch in sich trägt, auf den insbesondere die geographischen und sonstigen Differenzierungen wirken.
Das ist außerordentlich bedeutsam. Denn wir werden morgen sehen, wie auf diesen Doppelgänger von verschiedenen Punkten der Erde aus gewirkt wird, und was das für Konsequenzen hat. Ich habe eben hingewiesen: es ist notwendig, daß Sie das, was ich heute sage, mit dem morgigen recht direkt zusammenhalten, weil das eine ohne das andere kaum verstanden werden kann. Und wir müssen jetzt versuchen, solche Begriffe in uns aufzunehmen, welche noch mehr ernst
machen mit dem, was sich bezieht auf die gesamte Wirklichkeit, auf jene Wirklichkeit, in welcher die menschliche Seele ihrem ganzen Wesen nach lebt. Und diese Wirklichkeit, sie metamorphosiert sich ja in verschiedener Weise; aber es hängt viel von dem Menschen ab, wie sie sich metamorphosiert. Und eine bedeutungsvolle Metamorphose ist schon diese: wenn man gewahr wird, wie Menschenseelen, je nachdem, ob sie materialistische oder spirituelle Begriffe zwischen Geburt und Tod aufnehmen, dementsprechend sich an die Erde bannen oder in richtige Sphären kommen. Für diese Dinge müssen immer mehr klare Begriffe unter uns herrschen. Dann werden wir auch das richtige Verhältnis zur Gesamtwelt finden, müssen es immer mehr und mehr finden. Liegt das doch nicht nur im Sinne einer abstrakten Geistesbewegung, sondern muß bei uns liegen im Sinne einer ganz konkret aufgefaßten spirituellen Bewegung, die mit dem geistigen Leben einer Summe von Individualitäten rechnet.
Mir selbst ist es recht befriedigend, daß solche Besprechungen, die ganz besonders auch bedeutsam sind für diejenigen unter uns, die nicht mehr zum physischen Plane gehören, sondern durch die Pforte des Todes gegangen, aber unsere treuen Mitglieder sind, daß solche Besprechungen wie die jetzigen, gepflegt werden als eine Wirklichkeit, die uns auch mit unseren hinweggegangenen Freunden immer tiefer und tiefer zusammenbringt. Ich mache diese Bemerkungen heute aus dem Grunde, weil es ja an uns ist, heute uns besonders liebevoll zu erinnern an den Hingang von Fräulein Stinde, die so innig mit dem Bau verknüpft ist, deren Impulse mit den Impulsen unseres Baues so innig zusammenhängen, und deren Todestag sich gestern jährte.
INDIVIDUELLE GEISTWESEN UND EINHEITLICHER WELTENGRUND Dornach, 19. November 1917 Zweiter Vortrag
Zunächst bitte ich Sie, mit Bezug auf die Betrachtungen, die wir jetzt pflegen, und die ich angeknüpft habe an das Hereinleuchten einer Erkenntnisbestrebung mit unzulänglichen Erkenntnismitteln, die uns aber zu weiten historischen Perspektiven geführt haben, dabei zunächst zu beachten, daß sowohl bei diesen Dingen wie auch bei dem, was ich aus der gleichen Absicht, dem gleichen Impuls heraus bei meinem vorigen Hiersein gesagt habe: es handelt sich um Mitteilungen tatsächlicher Vorgänge, nicht um irgendeine Theorie, nicht um irgendeine Vorstellungssystematik, sondern um Mitteilungen von Tatsachen. Also gerade das ist der Punkt, den wir berücksichtigen müssen aus dem Grunde, weil uns sonst das Verständnis dieser Dinge Schwierigkeiten bereiten kann. Es handelt sich nicht darum, daß ich Ihnen geschichtliche Gesetze oder historische Ideen entwickle, sondern Tatsächlichkeiten, die zusammenhängen mit den Intentionen, mit den Absichten sowohl gewisser Persönlichkeiten, die in Brüderschaften zusammengeschlossen sind, als auch anderer Wesenheiten, welche auf solche Brüderschaften einwirken, deren Einfluß von diesen Brüderschaften auch gesucht wird, die aber, so wie sie sind, nicht zu den im Fleische verkörperten Menschen gehören, sondern solche Wesen sind, die sich in der geistigen Welt verkörpern. Insbesondere bei einer Mitteilung wie diejenige ist, die ich gestern gemacht habe, ist dies sehr notwendig zu berücksichtigen. Denn bei diesen Brüderschaften haben wir es ja - das haben Sie schon aus den Auseinandersetzungen des vorigen Jahres erkennen können - gewissermaßen mit verschiedenen Parteien zu tun. Ich habe Sie dazumal darauf aufmerksam gemacht, daß wir es innerhalb solcher Brüderschaften mit einer solchen Partei zu tun haben, welche von sich aus für die absolute Geheimhaltung gewisser höherer Wahrheiten ist; daneben, neben andern Schattierungen, hat man es zu tun mit Mitgliedern solcher Brüderschaften,
welche namentlich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts dafür sind, daß gewisse Wahrheiten - wenn auch zunächst noch jene Wahrheiten, für deren Bekanntmachung nur die nächste Notwendigkeit besteht - vorsichtig und entsprechend sachgemäß der Menschheit enthüllt werden. Neben diesen Hauptparteien gibt es andere Parteinuancen. Daraus aber ersehen Sie, daß dasjenige, was beabsichtigt wird, was gerade ausgehend von solchen Brüderschaften in die Menschheitsentwickelung als Impuls hineinverlegt wird, sehr häufig die Sache eines Kompromisses sein wird.
Nun, gerade als die Brüderschaften, die bekannt sind mit den geistigefl Wirkensimpulsen der Menschheitsentwickelung, herankommen sahen das bedeutsame Ereignis vom Anfang der vierziger Jahre: den Kampf gewisser Geister mit höheren Geistern, der dann 1879 damit beschlossen worden ist, daß gewisse Geister mit Engelnatur, Geister der Finsternis, verfallen sind dem Ereignisse, das als die Überwindung des Drachens durch Michael symbolisiert wird, als also in der Mitte des 19. Jahrhunderts, am Anfang der vierziger Jahre, diese Brüderschaften jenes Ereignis herankommen fühlten, da mußten sie dazu Stellung nehmen, mußten sich fragen: Was ist zu tun?
Diejenigen Mitglieder dieser Brüderschaften, welche vor allen Dingen Rechnung tragen wollten den Forderungen der Zeit, sie waren bis zu einem gewissen Grade von den besten Absichten beseelt, und sie waren es, welche unter dem irrtümlichen Impulse standen, mit dem Materialismus der Zeit rechnen zu wollen; sie waren es, welche vorzugsweise darauf bedacht waren, den Menschen, die eigentlich nur auf physischem Wege etwas wissen wollten, gerade auf materialistische Weise auf diesem physischen Wege, ich möchte sagen, etwas beizubringen von der geistigen Welt. Es war also gut gemeint, als in den vierziger Jahren von dieser Seite der Spiritismus in die Welt hineinlanciert worden ist.
Notwendig war es in der Zeit dieses Kampfes, in der, wie ich angedeutet habe, auf Erden vorzugsweise herrschen sollte der kritische Geist, der bloß auf die Außenwelt gerichtete Verstand, notwendig war es, den Menschen wenigstens eine Empfindung, ein Gefühl dafür beizubringen, daß es eine geistige Welt um die Menschen herum gibt.
Und nun, wie eben Kompromisse zustande kommen, so kam auch dieser Kompromiß zustande. Diejenigen Mitglieder solcher Brüderschaften, die sich durchaus ablehnend verhielten gegen die Bekanntgabe gewisser spiritueller Wahrheiten an die Menschheit, die sahen sich, ich möchte sagen, majorisiert, mußten sich herbeilassen, der Sache zuzustimmen. Es war nicht ihre ureigene Absicht, diese Dinge in die Welt zu setzen, die mit dem Spiritismus zusammerhingen. Wo es sich um Körperschaften handelt und der Wille der Körperschaften vorliegt, da hat man es mit Kompromissen zu tun. Aber natürlich, wie es äußerlich im Leben ist: wenn in irgendeiner Körperschaft etwas beschlossen wird, so erwarten da nicht nur diejenigen etwas von dem Beschlossenen, welche aus ihren eigenen Absichten heraus die Sache in Szene gesetzt haben, sondern auch jene, die ursprünglich dagegen waren, erwarten das eine oder das andere davon, wenn es einmal beschlossen ist.
So waren denn gutmeinende spirituelle Mitglieder der Brüderschaften der irrtümlichen Ansicht, daß durch die Benützung der Medien die Menschen von dem Vorhandensein einer geistigen Welt um sie herum überzeugt werden würden; dann würde man ihnen auf Grundlage dieser Überzeugung weiter höhere Wahrheiten beibringen können. Das wäre dann gegangen, wenn das eingetroffen wäre, was diese gutmeinenden Mitglieder von Brüderschaften vorausgesetzt hatten: wenn es eingetroffen wäre, daß dasjenige, was durch solche Medien zutage tritt, in dem Sinne ausgelegt worden wäre, daß man es mit einer geistigen Welt ringsherum zu tun hat. Es ist etwas ganz anderes eingetreten - wie ich auch gestern angedeutet habe. Was durch die Medien zutage trat, das wurde interpretiert von den Menschen, die daran teilnahmen, als herkommend von den Toten. Dadurch war das, was durch den Spiritismus zutage trat, eigentlich eine Enttäuschung für alle. Denn diejenigen, welche sich haben überstimmen lassen, waren natürlich aufs äußerste betrübt darüber, daß in den spiritistischen Sitzungen - zuweilen mit Recht - von Manifestationen der Geister Verstorbener geredet werden konnte. Die gutmeinenden fortschrittlichen Eingeweihten, die erwarteten überhaupt nicht, daß von Toten gesprochen würde, sondern sie erwarteten, daß von einer allgemeinen
elementaren Welt gesprochen würde; auch sie waren also enttäuscht. Vor allem aber verfolgen solche Dinge jene, die in einer gewissen Weise eingeweiht sind. Und nun haben wir - außer den bereits angeführten Mitgliedern von Brüderschaften - solche Mitglieder anderer Brüderschaften oder zum Teil auch derselben, worinnen sich Minoritäten, manchmal auch Majoritäten bilden können; wir haben andere Eingeweihte zu beachten: jene, welche genannt werden innerhalb der Brüderschaften «die Brüder der Linken», also jene, welche vor allen Dingen ausnutzen ein jegliches, was als Impuls der Menschheitsentwickelung einverleibt wird, im Sinne einer Machtfrage. Und selbstverständlich, diese Brüder der Linken erwarteten nun auch ihrerseits allerlei von dem, was durch den Spiritismus zutage trat. Ich habe gestern bemerklich gemacht, daß es solche Brüder der Linken vor allen Dingen waren, welche die Veranstaltungen mit den Seelen der toten Menschen gemacht haben. Für sie war vor allen Dingen das interessant, was durch die spiritistischen Sitzungen herauskommen werde. Sie bemächtigten sich nach und nach des ganzen Feldes. Die gutmeinenden Eingeweihten verloren nach und nach alles Interesse an dem Spiritismus, fühlten sich in einer gewissen Weise sogar beschämt, weil diejenigen, die den Spiritismus von Anfang an nicht wollten, ihnen sagten, das hätte man von Anfang an wissen können, daß mit dem Spiritismus jetzt nichts herauskommen kann. Dadurch kam aber gerade der Spiritismus in die Machtzone, ich möchte sagen, der Brüder der Linken. Nun, von solchen Brüdern der linken habe ich gestern gesprochen, die vor allen Dingen sich dadurch enttäuscht fühlten, da sie sahen, es könne durch diesen nun einmal in Szene gesetzten Spiritismus sich das enthüllen, was sie eigentlich angeregt hatten, wovon sie aber vor allen Dingen wollten, daß es nicht herauskäme: es könne ja gerade in spiritistischen Sitzungen, weil sich die Teilnehmer von den Toten beeinflußt glaubten, durch Mitteilung der Toten sich offenbaren, was gewisse Brüder der Linken mit den Seelen Verstorbener machen. Gerade solche Seelen konnten sich in den spiritistischen Sitzungen manifestieren, die mißbraucht wurden gewissermaßen von den Brüdern der Linken.
Das müssen Sie eben durchaus in Betracht ziehen, daß es sich bei
diesen Mitteilungen nicht um Theorien handelt, sondern daß es sich darum handelt, Tatsachen zu erzählen, die auf Individualitäten zurückgehen. Und wenn nun diese Individualitäten wiederum vereinigt sind in Brüderschaften, so kann von ein und derselben Sache die eine Individualität dies, die andere jenes erwarten. Es geht schon einmal nicht, wenn man von dem Tatsächlichen der geistigen Welt redet, es geht schon einmal nicht, da etwas anderes zu suchen als ein Wirken aus den Impulsen der Individualitäten heraus. Was der eine macht und was der andere macht, widerspricht sich ja auch im Leben. Redet man von Theorien, dann darf der Satz des Widerspruchs nicht verletzt werden. Redet man aber von Tatsachen, dann wird sich - gerade weil man von Tatsachen redet - sehr häufig zeigen, daß diese Tatsachen in der geistigen Welt ebensowenig zusammenstimmen wie die Handlungen der Menschen hier auf dem physischen Plane. Also ich bitte Sie, das immer zu berücksichtigen. Man kann ja, wenn man von diesen Dingen spricht, nicht über Wirklichkeiten reden, wenn man nicht von individuellen Tatsachen redet. Das ist es, um was es sich handelt. Also es müssen die einzelnen Strömungen auseinandergehalten, auseinandergeschält werden.
Dies hängt aber zusammen mit einer sehr bedeutsamen Sache, die man, will man in der Gegenwart zu einer einigermaßen befriedigenden Weltanschauung kommen, sich vor allen Dingen zum Bewußtsein bringen muß. Es ist das, was ich nun sage, eine ganz prinzipielle und bedeutungsvolle Sache, trotzdem sie etwas abstrakter ist; aber wir müssen uns einmal diese Tatsache vor die Seele führen.
Der Mensch strebt nämlich, wenn er sich eine Weltanschauung bilden will, mit Recht danach, daß die einzelnen Teile dieser Weltanschauung zusammenstimmen. Dies tut er aus einer gewissen Gewohnheit heraus, aus einer Gewohnheit heraus, die so berechtigt ist wie nur möglich; denn sie hängt zusammen mit alledem, was durch viele Jahrhunderte hindurch der Menschheit teuerstes Seelen- und Geistesgut war: mit dem Monotheismus. Man will dasjenige, was einem in der Welt als Erlebnis begegnet, auf einen einheitlichen Weltengrund zurückführen. Dies hat seine gute Berechtigung, aber nicht nach derjenigen Seite hin, nach welcher es die Menschen gewöhnlich
berechtigt glauben, sondern nach einer ganz andern Seite hin, von der wir das nächste Mal sprechen werden. Heute möchte ich Ihnen nur das prinzipiell Wichtige vor die Seele führen.
Wer mit der Voraussetzung an die Welt herantritt: alles muß sich widersprnchslos so erklären lassen, als ob es aus einem einheitlichen Weltengrunde hervorgehe, der wird viele Enttäuschungen erleben gerade dann, wenn er in unbefangener Art der Welt und ihren Erlebnissen gegenübertritt. Es ist einmal so hergebracht, daß der Mensch alles das, was er in der Welt wahrnimmt, behandelt nach der pastoralen Weltanschauung: alles führt zurück zu dem einheitlichen göttlichen Urgrund; aus Gott stammt alles, also muß es in einheitlicher Weise sich erklären lassen.
Nun ist das aber nicht so. Es ist nicht so, es stammt nicht dasjenige, was uns in der Welt an Erlebnissen umgibt, aus einem einheitlichen Urgrund, sondern es stammt aus voneinander verschiedenen spirituellen Individualitäten. Es wirken verschiedene Individualitäten zu dem zusammen, was uns in der Welt als Erlebnisse umgibt. So ist es zunächst. Über anderes, was den Monotheismus berechtigt macht, werden wir das nächste Mal noch sprechen. Aber so ist es zunächst. Wir müssen uns bis zu einem gewissen Grade, ja bis zu einem hohen Grade voneinander unabhängige Individualitäten denken, sobald wir nur die Schwelle der geistigen Welt übertreten. Aber dann kann man nicht verlangen, daß dasjenige, was auftritt, aus einem einheitlichen Prinzip heraus zu erklären ist. Denn denken Sie, schematisch dargestellt (siehe Zeichnung S. 200), dies wäre irgendein Erlebnis, meinetwillen wären das die Erlebnisse, sagen wir vom Jahre 1913 bis zum Jahre 1918. Die Erlebnisse der Menschen gehen natürlich nach beiden Richtungen fort. Ja, der Historiker wird immer versucht sein, nun ein einheitliches Prinzip in diesem ganzen Werdegang vorauszusetzen. So ist es aber nicht; sondern sobald man die Schwelle zur geistigen Welt überschreitet, die man nach unten und nach oben überschreiten kann (siehe Zeichnung, rot), es ist ein und dieselbe, so wirken in diese Ereignisse herein verschiedene Individualitäten zusammen, die voneinander verhältnismäßig unabhängig sind (siehe Zeichnung, Pfeile). Und wenn Sie das nicht berücksichtigen, wenn Sie einen einheitlichen
Weltengrund überall voraussetzen, so werden Sie die Ereignisse niemals verstehen. Nur dann, wenn Sie in dem, was gewissermaßen der Wellenschlag der Ereignisse ist, die verschiedensten Individualitäten, die gegeneinander oder miteinander arbeiten, in Betracht ziehen, dann werden Sie die Dinge in der richtigen Weise verstehen.
#Bild S. 200
Diese Sache hängt ja zusammen mit den tiefsten Geheimnissen des Menschenwerdens überhaupt. Und nur das monotheistische Gefühl hat diese Tatsache für Jahrhunderte oder Jahrtausende verschleiert; aber in Betracht ziehen muß man sie. Man muß daher, wenn man heute in Weltanschauungsfragen weiterkommen will, vor allen Dingen Logik nicht verwechseln mit abstrakter Widerspruchslosigkeit. Abstrakte Widerspruchslosigkeit kann in einer Welt, in der voneinander unabhängige Individualitäten zusammenwirken, nicht da sein; daher wird es immer, wenn abstrakte Widerspruchslosigkeit angestrebt wird, zur Verarmung der Begriffe führen; die Begriffe werden nicht mehr die volle Wirklichkeit umspannen können. Nur dann können die Begriffe die volle Wirklichkeit umspannen, wenn diese Begriffe jene widerspruchsvolle Welt in sich zu fassen vermögen, welche eben die Wirklichkeit ist.
Dasjenige, was der Mensch als Naturgebiet vorliegend hat, das kommt auf eine sehr merkwürdige Weise zustande. Auch an der Natur, an allem, was der Mensch Natur nennt und mit Naturwissenschaft auf der einen Seite, mit Naturdienst, Naturästhetik und so weiter auf der andern Seite zusammenfaßt, wirken verschiedene Individualitäten mit. Aber in dem gegenwärtigen Entwickelungszyklus der Menschheit ist durch die weisheitsvolle Weltenlenkung eine für den Menschen sehr segensvolle Einrichtung getroffen worden. Nämlich, der Mensch kann die Natur begreffen mit den Begriffen, die sich auf eine einheitliche Lenkung beziehen, weil von der Natur durch die Sinneswahrnehmung nur dasjenige an den Menschen als Erlebnis herankommt, was von der einheitlichen Lenkung abhängt. Hinter dem Teppich der Natur liegt etwas anderes, was von ganz anderer Seite beeinflußt wird. Aber das wird ausgeschaltet, wenn der Mensch die Natur wahrnimmt. So kommt es, daß dasjenige, was der Mensch Natur nennt, ein einheitliches System ist, aber nur deshalb, weil es durchgesiebt ist. Indem wir wahrnehmen durch unsere Sinne, wird uns die Natur gleichsam durchgesiebt. Alles das, was widerspruchsvoll in ihr ist, das wird herausgesiebt, und es wird die Natur uns so überliefert, daß sie ein einheitliches System ist. In dem Augenblick aber, wo man die Schwelle überschreitet und dasjenige, was zur Wirklichkeit gehört, auch zur Naturerklärung heranzieht - die elementaren Geister oder die Beeinflussungen der Menschenseelen, die sich auf die Natur auch richten können -, in dem Augenblick ist man nicht mehr in der Lage, auch bei der Natur von einem einheitlichen System zu reden, sondern da muß man sich dann auch schon wiederum klarwerden, daß man es mit dem Hereinwirken einander bekämpfender oder einander tragender, einander verstärkender Individualitäten zu tun hat.
In der elementaren Welt finden wir Geister der Erde, gnomeniiafte Wesen; Geister des Wassers, undinenhafte Wesen; Geister der Luft, sylphenhafte Wesen; Geister des Feuers, salamanderartige Wesen. Die sind alle da. Ja, die sind nicht so, daß sie nun alle ein einheitliches Regiment bilden würden. So ist das nicht. Sondern diese verschiedenen Reiche: Gnomen, Undinen, Sylphen, Salamander, sie sind in einer
gewissen Weise selbständig; sie arbeiten nicht nur in Reih und Glied alle aus einem System heraus, sondern sie bekämpfen auch einander. Ihre Intentionen haben nichts miteinander zu tun von vornherein, sondern das, was entsteht, entsteht durch das verschiedenartigste Zusammenwirken der Intentionen. Kennt man die Intentionen, dann sieht man in dem, was vor einem auftritt, daß da hereinwirken meinetwillen Feuergeister und Undinen zusammen. Aber man darf niemals glauben, daß hinter diesen nun wiederum einer steht, der ihnen ein gewisses Kommando gibt. Das ist nicht so. Es ist dieser Geist sehr verbreitet in der Gegenwart, und solche Philosophen, wie zum Beispiel der Philosoph Wundt - von dem Fritz Mauthner nicht mit Unrecht gesagt hat: «Autorität von seines Verlegers Gnaden», aber Autorität ist er fast für die ganze Welt vor dem Kriege gewesen -, die gehen darauf aus, alles dasjenige, was in der menschlichen Seele lebt, Vorstellungsleben, Gefühlsleben, Willensleben in eine Einheit zu fassen, weil sie sagen: Die Seele ist eine Einheit, also muß alles das zu einer Einheit, zu einem gemeinsamen System gehören. - Das ist aber eben nicht so, und es würden jene starken, bedeutungsvollen Diskrepanzen des menschlichen Lebens, auf die gerade die analytische Psychologie kommt, nicht herauskommen, wenn nicht unser Vorstellungsleben hinter der Schwelle zurückführte in ganz andere Regionen, wo andere Individualitäten unser Vorstellungsleben beeinflussen als unser Gefühlsleben und dann wiederum unser Willensleben.
Es ist so sonderbar! Sehen Sie, wenn das die menschliche Wesenheit ist (siehe Zeichnung, Oval) und wir haben in der menschlichen Wesenheit Vorstellungsleben, Gefühlsleben, Willensleben (drei Kreise), dann kann sich so ein Systematiker wie Wundt nichts anderes vorstellen, als daß das alles ein System ist.
Indessen, es führt das Vorstellungsleben in eine andere Welt (W 1), es führt das Gefühlsleben in eine andere Welt (W2), und wiederum das Willensleben in eine andere Welt (W 3). Dazu ist gerade die Menschenseele da, um eine Einheit zu bilden aus demjenigen, was in der vormenschlichen, also augenblicklich vormenschlichen Welt eine Dreiheit ist.
#Bild S. 203
Nun, mit allen diesen Dingen muß gerechnet werden, sobald für die geschichtliche Entwickelung der Menschheit in Betracht kommen die Impulse, die dieser geschichtlichen Entwickelung einmal einverleibt werden.
Ich habe im Verlaufe dieser Betrachtungen gesagt, daß ein jeder Zeitraum der nachatlantischen Zeit seine besondere Aufgabe hat. Ich habe im allgemeinen die Aufgabe des fünften nachatlantischen Zeitraumes charakterisiert, indem ich angedeutet habe, daß es einmal schon für die Menschheit die Aufgabe dieses Zeitraumes ist, sich mit dem Bösen als Impuls in der Weltenentwickelung auseinanderzusetzen. Was das heißt, das haben wir ja verschiedentlich besprochen. Es ist nicht anders möglich, als daß die Kräfte, welche, wenn sie am schiechten Orte auftreten, als das Böse auftreten, durch die Anstrengungen der Menschen im fünften nachatlantischen Zeitraum für die Menschheit erobert werden, so daß sie mit diesen Kräften des Bösen etwas Günstiges für die Zukunft der ganzen Weltenentwickelung anzufangen in der Lage ist. Dadurch wird die Aufgabe dieses fünften nachatlantischen Zeitraums eine ganz besonders schwierige. Denn sehen Sie, eine große Anzahl von Versuchungen steht der Menschheit bevor. Und wenn so nach und nach die Gewalten des Bösen erscheinen, dann ist naturlich der Mensch unter Umständen viel mehr geneigt, sich diesem Bösen auf allen Gebieten zu überlassen, als daß er den Kampf aufnimmt, um dasjenige, was ihm als Böses erscheint, in den Dienst der guten Weltenentwickelung zu
stellen. Und dennoch, dieses muß geschehen; es muß das Böse bis zu einem gewissen Grade in den Dienst der guten Weltenentwickelung gestellt werden. Ohne dieses könnte nicht eingetreten werden in den sechsten nachatlantischen Zeitraum, der dann eine ganz andere Aufgabe haben wird, der die Aufgabe haben wird, die Menschheit leben zu lassen, trotzdem sie mit der Erde noch zusammenhängt, vor allen Dingen in einer fortdauernden Anschauung der geistigen Welt, in geistigen Impulsen. Gerade mit dieser Aufgabe gegenüber dem Bösen im fünften nachatlantischen Zeitraum hängt es zusammen, daß eine gewisse Art von persönlicher Verfinsterung für die Menschen eintreten kann.
Nun wissen wir, daß seit dem Jahre 1879 die dem Menschen nächststehenden Geister der Finsternis, die dem Reiche der Angeloi angehören, im Menschenreiche selber wandeln, weil sie aus der geistigen Welt in das Menschenreich herabgestoßen worden sind und nun in den menschlichen Impulsen drinnen vorhanden sind, durch die menschlichen Impulse wirken. Ich sagte, gerade durch dieses, daß dem Menschen so nahestehende Wesen auf unsichtbare Art unter den Menschen wirken und der Mensch durch die hereinspielenden Kräfte des Bösen abgehalten ist davon, das Spirituelle mit der Vernunft anzuerkennen - denn das ist wiederum die damit zusammenhängende Aufgabe des fünften nachatlantischen Zeitraums -, gerade dadurch werden diesem fünften nachatlantischen Zeitraum viele Gelegenheiten gegeben, sich finsteren Irrtümern und dergleichen hinzugeben. Es muß gewissermaßen der Mensch sich dazu bequemen, in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum das Spirituelle durch seine Vernunft zu erfassen. Geoffenbart wird es schon; dadurch, daß die Geister der Finsternis 1879 besiegt worden sind, dadurch wird immer mehr und mehr spirituelle Weisheit aus den geistigen Welten herunterfließen können. Nur wenn die Geister der Finsternis oben geblieben wären in den geistigen Reichen, würden sie ein Hemmnis sein können für dieses Herunterffießen. Das HerunterfUeßen von spiritueller Weisheit können sie fortan nicht verhindern; aber Verwirrung können sie fortan stiften, die Seelen können sie verfinstern. Und welche Gelegenheiten zur Verfinsterung ergriffen werden, haben wir ja zum Teil
schon geschildert. Was für Vorkehrungen getroffen werden, haben wir angeführt, um die Menschen abzuhalten davon, das spirituelle Leben zu empfangen.
Das alles kann natürlich nicht zum Jammern oder irgend so etwas Anlaß geben, sondern zu einer Stärkung der Kraft und Energie der Menschenseele nach dem Spirituellen hin. Denn wird in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum von den Menschen dasjenige erreicht, was erreicht werden kann durch die Einverleibung der Kräfte des Bösen im guten Sinne, dann wird zu gleicher Zeit etwas Ungeheures erreicht: dann wird dieser fünfte nachatlantische Zeitraum für dieö Entwickelung der Menschheit etwas wissen aus größeren Vorstellungen als irgendein nachatlantischer Zeitraum, ja als irgendein früherer Zeitraum der Erdenentwickelung. Erschienen ist zum Beispiel der Christus durch das Mysterium von Golgatha dem vierten nachatlantischen Zeitraum; aneignen für die menschliche Vernunft kann ihn sich der fünfte nachatlantische Zeitraum erst. Im vierten nachatlantischen Zeitraum haben die Menschen begreifen können, daß sie in dem Christus-Impuls etwas haben, was sie über den Tod hinausführt als Seelen; das ist ja durch das Paulinische Christentum hinlänglich klargeworden. Aber ein noch Bedeutsameres wird eintreten für die Entwickelung des fünften nachatlantischen Zeitraums, in dem die Menschenseelen erkennen werden, daß sie in dem Christus den Helfer haben, um die Kräfte des Bösen in Gutes umzuwandeln. Aber eines ist mit dieser Eigentümlichkeit des fünften nachatlantischen Zeitraums verbunden, eines, das man sich jeden Tag aufs neue in die Seele schreiben soll, das man ja nicht vergessen soll, obwohl der Mensch besonders für das Vergessen dieser Sache angelegt ist: ein Kämpfer um das Spirituelle muß der Mensch sein in dieser fünften nachatlantischen Zeit; erleben muß er, daß seine Kräfte erschaffen, wenn er sie nicht fortwährend im Zaume hält für die Eroberung der spirituellen Welt. Im höchsten Maße ist der Mensch auf seine Freiheit gestellt in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum! Das muß er durchmachen. Und gewissermaßen an der Idee der menschlichen Freiheit muß geprüft werden alles dasjenige, was die Menschen trifft in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum. Denn würden die Kräfte
der Menschen erschlaffen, so könnte gewissermaßen alles zum Schlimmen ausfallen. Der Mensch ist nicht in der Lage, in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum wie ein Kind geführt zu werden. Sind gewisse Brüderschaften da, welche sich gewissermaßen das Ideal vorhalten, die Menschen wie Kinder zu führen, wie sie noch geführt wurden im dritten nachatlantischen Zeitraum und im vierten, so tun diese Brüderschaften gar nicht das rechte; sie tun gar nicht dasjenige, was für die Entwickelung der Menschheit eigentlich geschehen soll. Die Menschen so auf die spirituelle Welt hinzuweisen, daß Annahme oder Ablehnung der spirituellen Welt in die Freiheit der Menschen gestellt ist, das muß sich derjenige, der in dieser fünften nachatlantischen Zeit von dieser spirituellen Welt spricht, immer wieder und wiederum vorhalten. Daher können gewisse Dinge in dieser fünften nachatlantischen Zeit nur gesagt werden; aber das Sagen ist jetzt ebenso wichtig, wie irgend etwas anderes wichtig war in andern Zeiträumen. Dafür will ich Ihnen ein Beispiel geben.
In unserer Zeit ist das Mitteilen von Wahrheiten, wenn ich trivial sprechen darf, das Vortragen von Wahrheiten das Allerwichtigste. Danach richten sollen sich die Menschen aus ihrer Freiheit heraus. Weiter sollte eigentlich nicht gegangen werden als bis zum Vortrag, bis zur Mitteilung der Wahrheiten; das andere sollte in freiem Entschlusse daraus folgen; so daraus folgen, wie die Dinge folgen, die man als Entschlüsse faßt aus dem Impulse des physischen Planes heraus. Das bezieht sich auch auf die Dinge, die gewissermaßen nur von der geistigen Welt aus selbst gelenkt und geleitet werden können.
Wir werden uns gleich besser verstehen, wenn wir auf Einzelheiten eingehen. Noch im vierten nachatlantischen Zeitraum war es so, daß andere Dinge in Betracht kamen als das bloße Wort, die bloße Mitteilung. Was kam da in Betracht? Nun, nehmen wir einen bestimmten Fall an: die Insel Irland, wie wir sie heute nennen, hat ganz besondere Eigentümlichkeiten. Diese Insel Irland unterscheidet sich durch gewisse Dinge von der ganzen übrigen Erde. Jedes Gebiet der Erde unterscheidet sich von den andern durch gewisse Dinge; das ist also nichts Besonderes; nur will ich den verhältnismäßig starken Unterschied heute hervorheben, der im Vergleich von Irland mit andern
Gegenden der Erde besteht. In der Entwickelung der Erde kann man ja - wie Sie schon aus meiner «Geheimwissenschaft im Umriß» sehen - zurückgehen und verschiedene Einflüsse, verschiedene Geschehnisse konstatieren in demjenigen, was als Tatsachen aus der geistigen Welt herausgeholt werden kann. Sie wissen aus der «Geheimwissenschaft», wie sich die Dinge verhalten, wenn man zurückgeht bis zu dem, was die lemurische Zeit genannt wird, was da alles geschehen ist seit der lemurischen Zeit, wie sich die verschiedenen Dinge entwickelt haben. Ich habe Sie nun gestern darauf aufmerksam gemacht, daß die ganze Erde eigentlich als ein Organismus zu betrachten ist, daß sie für verschiedene Territorien Verschiedenes aus sich herausstrahlt auf die Bewohner. Dieses Ausgestrahlte hat auf den Doppelgänger, auf den ich gestern zum Schluß aufmerksam gemacht habe, einen ganz besonderen Einfluß. Bei Irland ist es so, daß in älteren Zeiten die Menschheit, die Irland gekannt hat, die ganz besondere Eigentümlichkeit von Irland märchenhaft, legendenhaft zum Ausdruck gebracht hat. Ich möchte sagen, eine esoterische Legende hat man gekannt als aussprechend das Wesen von Irland im Erdenorganismus. Man hat gesagt: Die Menschheit ist einstmals aus dem Paradiese vertrieben worden, weil im Paradiese Luzifer die Menschheit verführt hat; und sie ist dann in die übrige Welt zerstreut worden. Aber diese übrige Welt war schon da zur Zeit, als die Menschheit aus dem Paradiese vertrieben worden ist. Man unterscheidet also - so sagte man in dieser märchenhaften, in dieser legendenhaften Darstellung -, man unterscheidet also das Paradies mit dem Luzifer darinnen von der übrigen Erde, in welche die Menschheit verstoßen worden ist. Aber mit Irland ist es nicht so, das gehört nicht in demselben Sinne zu der übrigen Erde, weil, bevor Luzifer das Paradies betreten hat, sich ein Abbild des Paradieses auf der Erde gebildet hat, und dieses Abbild ist Irland geworden.
Verstehen Sie wohl: Irland ist also dasjenige Stück Erde, welches keinen Teil hat an Luzifer, zu dem Luzifer keine Beziehung hat. Dasjenige, was abgesondert hat werden müssen vom Paradiese, damit sein irdischer Abglanz entstehe, das hätte verhindert, daß Luzifer ins Paradies hineingekonnt hätte. Also Irland wurde so aufgefaßt nach dieser
Legende, daß es erst eine Absonderung war desjenigen Teiles des Paradieses, der Luzffer verhindert hätte, in das Paradies hineinzukommen. Erst als Irland aus dem Paradiese heraus abgesondert war, konnte Luzffer in das Paradies hinein.
Diese esoterische Legende, die ich Ihnen sehr unvollkommen dar- gestellt habe, ist etwas sehr Schönes. Sie war vielen Menschen die Erklärung für die ganz eigentümliche Aufgabe von Irland durch Jahrhunderte hindurch. Im ersten Mysteriendrama, das ich geschrieben habe, finden Sie schon dasjenige, was ja so viel erzählt wird: wie die Christianisierung Europas von irischen Mönchen ausgegangen ist. Als Patrick das Christentum eingeführt hatte in Irland, da verhielt sich die Sache ja so, daß dort das Christentum zur höchsten Frömmigkeit führte. Umdeutend die eben besprochene Legende, nannte man sogar Irland, das die Griechen «lerne», die Römer «Ivernia» genannt hatten - in diesen Zeiten, in denen die Kräfte des europäischen Christentums gerade in seinen besten Impulsen von Irland ausgingen, von irischen, ins Christentum liebevoll Eingeweihten -, wegen der Frömmigkeit, die dort in den christlichen Klöstern herrschte: die Insel der Heiligen. Das hängt damit zusammen, daß allerdings die Kräfte, von denen ich gesprochen habe, diese territorialen Kräfte, die aus der Erde aufsteigend den menschlichen Doppelgänger erfassen, für die Insel Irland die allerbesten sind.
Sie werden sagen: dann müßten ja in Irland die allerbesten Menschen sein. Ja, so ist es aber doch nicht auf der Welt. In jedes Gebiet wandern andere ein und haben Nachkommen und so weiter. Also, so ist es eben nicht, daß der Mensch bloß das Ergebnis des Stückes Erde ist, auf dem er steht. Es kann sehr wohl der Charakter der Menschen widersprechen dem, was aus der Erde aufsteigt. Man darf nicht dasjenige, was sich in den Menschen wirklich entwickelt, zur Charakteristik des Erdenorganismus mit Bezug auf ein bestimmtes Territorium anführen. Da würde man sich eben wiederum nur der Welt der Illusionen überlassen.
Aber so etwas wie das, was ich Ihnen jetzt angedeutet habe, daß Irland ein ganz besonderer Boden ist, das können wir heute sagen. Und aus solchem Sagen müßte erfließen ein Faktor unter den vielen
Faktoren, welche heute in fruchtbarer Weise zu sozialpolitischen Ideen führen können. Man müßte mit solchen Faktoren rechnen. Das, was ich eben von Irland gesagt habe, ist ein Faktor, man müßte mit solchen Faktoren rechnen. Man müßte das alles zusammensetzen. Das müßte Wissenschaft sein von der Gestaltung der menschlichen Verhältnisse auf der Erde. Bevor das sein wird, wird mit Bezug auf die Einrichtung der öffentlichen Angelegenheiten kein rechtes Heil sein. Das, was aus der geistigen Welt heraus gesagt werden kann, müßte einfließen in die Maßnahmen, die man trifft. Deshalb habe ich in öffentlichen Vorträgen jetzt gesagt, es sei wichtig, daß alle, die mit Öffentlichen Angelegenheiten zu tun haben, Staatsmänner und so weiter, sich mit diesem bekanntmachen; denn dadurch allein würden sie die Wirklichkeit beherrschen. Sie tun es nur nicht, haben es vor allen Dingen nicht getan bis jetzt. Aber eine Notwendigkeit ist es deshalb doch.
Heute liegt das vor, daß in Gemäßheit der Aufgaben der fünften nachatlantischen Zeit es auf das Sagen ankommt, auf das Mitteilen; denn ehe das Gesagte zur Tat werden soll, müssen die Entschlüsse so gefaßt werden, wie man sie aus dem Impulse des physischen Planes heraus faßt. Das war in früheren Zeiten eben anders; da hat man noch anderes tun können.
In einem bestimmten Zeitpunkte des dritten nachatlantischen Zeitraumes hat eine gewisse Brüderschaft Veranlassung genommen, eine größere Anzahl von Kolonisten aus Kleinasien nach der Insel Irland zu schicken. Dazumal wurden dort angesiedelt Kolonisten aus demselben Gebiete von Asien, aus dem später der Philosoph Thales stammte. Lesen Sie nach in meinen «Rätsein der Philosophie» über die Philosophie des Thales. Thales stammte aus derselben Gegend, wenn auch später; er ist ja erst in der vierten nachatlantischen Zeit geboren. Aber schon früher, aus dem Milieu heraus, aus der ganzen geistigen Substanz heraus, aus welcher später der Philosoph Thales stammte, haben die Eingeweihten nach Irland Kolonisten geschickt. Warum? Weil sie die Eigentümlichkeit eines solchen Gebietes der Erde, wie es Irland ist, gekannt haben. Sie haben dasjenige gewußt, was angedeutet wurde durch die esoterische Legende, von der ich
Ihnen gesprochen habe. Sie haben gewußt: die Kräfte, die aufsteigen aus der Erde durch den Boden der irischen Insel, diese Kräfte wirken so auf die Menschen, daß der Mensch dadurch wenig beeinflußt wird nach der Richtung der Intellektualität hin, wenig nach der Richtung des Egoismus, wenig nach der Richtung der Entschlußfähigkeit. Das haben diese Eingeweihten, die jene Kolonisten dahin geschickt haben, sehr gut gewußt, und sie haben Leute ausgewählt, welche durch ihre besonderen karmischen Anlagen geeignet erschienen, gerade den Einflüssen der Insel Irland ausgesetzt zu werden. Heute gibt es noch immer in Irland Nachkommen jener alten Bevölkerung, die dazumal von Kleinasien hinüber verpflanzt worden ist, und die sich entwickeln sollte so, daß nicht die kleinste Intellektualität, nicht der kleinste Verstand, nicht die Entschlußfählgkeit, dagegen gewisse besondere Eigenschaften des Gemütes hervorragend sich entwickeln sollten.
Dadurch ist von langer Hand her vorbereitet gewesen das, was dann als die friedliche Ausbreitung des Christentums in Irland Platz gegriffen hat und jene gloriose Entwickelung des Christentums in Irland, von der dann ausgestrahlt ist die Christianisierung Europas. Von langer Hand her ist das vorbereitet gewesen. Die Landsleute des späteren Thales haben Leute dorthin geschickt, welche sich dann geeignet erwiesen, solche Mönche zu werden, die in der Weise, wie ich es angedeutet habe, wirken konnten. Solche Dinge hat man überhaupt viele gemacht in älteren Zeiten, und wenn Sie in der äußeren exoterischen Geschichte heute von unverständigen Historikern - die aber viel Verstand haben können selbstverständlich, denn der Verstand ist ja heute auf der Straße zu finden -, wenn Sie heute von solchen Historikern Kolonisationen der Alten dargestellt finden, so müssen Sie immer sich klar sein: in solchen Kolonisationen lag eine tiefgehende Weisheit; die wurden gelenkt und geleitet, indem man überall Rücksicht nahm auf dasjenige, was in der Zukunft stattfinden sollte, indem man in jener Zeit rechnete mit den Eigentümlichkeiten der Erdenentwickelung.
Das war eine andere Art, spirituelle Weisheit in die Welt zu setzen. Das dürfte heute derjenige, der den rechten Pfad geht, so nicht machen; er dürfte nicht einfach den Leuten gegen ihren Willen, um
die Erde einzuteilen, etwas vorschreiben, sondern er hat so zu wirken, daß er den Leuten die Wahrheiten sagt, und sie sollen sich selber darnach richten.
Sie sehen also damit angedeutet einen wesentlichen Fortschritt vom dritten, vierten zum fünften nachatlantischen Zeitraum. Solch eine Sache muß man sehr gut ins Auge fassen. Und erkennen muß man, wie dieser Impuls der Freiheit sich hindurchziehen muß durch all dasjenige, was den fünften nachatlantischen Zeitraum beherrscht. Denn gerade gegen diese Freiheit des menschlichen Gemütes lehnt sich auf jener Widersacher, von dem ich Ihnen gesagt habe, daß er wie ein Doppelgänger den Menschen von einiger Zeit vor der Geburt bis zum Tode hin begleitet, aber bei dem Tode, vor dem Tode den Menschen verlassen muß. Wenn man unter diesem Einflusse steht, der unmittelbar mit dem Doppelgänger wirkt, dann kommt allerlei heraus, das schon in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum herauskommen kann, aber nicht für diesen fünften nachatlantischen Zeitraum so geeignet ist, daß es ihrn die Möglichkeit gibt, seine Aufgabe so zu erreichen, daß im Kampf mit dem Bösen die Umwandlung des Bösen in das Gute bis zu einem gewissen Grade sich vollzieht.
Denken Sie, was also eigentlich hinter all den Dingen steht, in welche der Mensch des fünften nachatlantischen Zeitraums hineingestellt ist. Die einzelnen Tatsachen müssen in der richtigen Weise beleuchtet werden; sie müssen verstanden werden. Denn da, wo stark der Doppelgänger wirkt, von dem ich gestern gesprochen habe, da wirkt man auch der eigentlichen Tendenz des fünften nachatlantischen Zeitraums entgegen. Es ist nur in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum die Menschheit noch nicht so weit, die Tatsachen richtig zu taxieren; insbesondere seit diesen letzten drei traurigen Jahren ist die Menschheit gar nicht geeignet, die Tatsachen irgendwie in der richtigen Weise zu taxieren.
Aber nehmen Sie eine scheinbar von dem, was ich heute auseinandergesetzt habe, sehr weit abliegende Tatsache. Die Tatsache, die ich Ihnen vorführen will, ist diese: In einem großen Eisenwerke sollten Zehntausende von Tonnen Gußeisen verladen werden in Eisenbahnzüge. Dazu wurde selbstverständlich eine bestimmte An-
zahl von Arbeitern angestellt. Fünfundsiebzig Mann sollten an die Arbeit gehen, und es stellte sich heraus, daß jeder zwölfeinhalb Tonnen am Tage verladen konnte; also von fünfundsiebzig Mann je zwölfeinhalb Tonnen am Tage.
Ein Mann, der mehr auf den Doppelgänger gab als auf dasjenige, was im Sinne des Fortschrittes der Menschheit für das menschliche Gemüt im fünften nachatlantischen Zeitraum erobert werden muß, ein solcher Mann ist Taylor. Dieser Mann fragte zunächst die Fabrikanten, ob sie nicht glaubten, daß ein einzelner Mann viel mehr verladen könne als zwölfeinhalb Tonnen am Tag? Die Fabrikanten meinten, daß ein Arbeiter höchstens achtzehn Tonnen verladen könnte. Da sagte Taylor: Dann machen wir Experimente; wir wollen einmal experimentieren.
Taylor ging daran, mit den Menschen zu experimentieren. Das Maschinenmäßige wird dadurch in das menschliche soziale Leben übertragen. Es sollte mit den Menschen experimentiert werden! Er probierte, ob das wirklich so wäre, wie die praktischsten Fabrikanten sagten, daß ein Mann nur höchstens achtzehn Tonnen am Tag verladen kann. Er richtete Pausen ein, die er nach der Physiologie so berechnete, daß die Menschen in diesen Pausen gerade so viel Kräfte wiederum sammelten, als sie vorher ausgegeben hatten. Es stellte sich natürlich heraus, daß es unter Umständen beim einen so, beim andern so war. Da nahm er - Sie wissen, im Mechanismus kommt dabei nichts darauf an, da nimmt man das arithmetische Mittel, beim Menschen kann man nicht das arithmetische Mittel nehmen, weil jeder Mensch seine Berechtigung zum Dasein hat -, aber Taylor nahm arithmetische Mittel, das heißt, er wählte diejenigen Arbeiter heraus, welche in ihrer Gesamtheit rationelle Pausen abwarfen, und diese rationellen Pausen gestattete er ihnen. Die andern, die nicht in diesen Pausen ihre Kräfte wiederherstellen konnten, wurden einfach herausgeworfen. Da stellte sich denn heraus, wenn man in dieser Weise experimentierte mit den Menschen, daß die Ausgewählten, die durch Selektion Ausgewählten, wenn sie in den Pausen sich wieder vollständig erholten, jeder siebenundvierzigeinhalb Tonnen verladen könne.
Sie haben den Mechanismus der Darwinschen Theorie auf das Arbeiterleben angewendet: die Unpassenden weg, die Passenden durch Selektion ausgewählt. Die Passenden sind diejenigen, die mit entsprechender Ausnützung der Pausen, nicht, wie man früher angenommen hat, als Maximum achtzehn Tonnen, sondern siebenundvierzigeinhalb Tonnen verladen können. Dadurch können aber auch die Arbeiter zufriedengestellt werden; denn man erspart ungeheuer viel dabei, und man konnte dadurch den Lohn jener Arbeiter um sechzig Prozent erhöhen. Also man macht die Ausgewählten, die im Kampfe ums Dasein Passendsten, die man auf diese Weise heraus- gewählt hat durch Selektion, außerdem zu sehr zufriedenen Leuten. Aber - die Unpassenden mögen verhungern!
Das ist der Anfang eines Prinzips! Solche Sachen beachtet man wenig, weil man sie nicht von großen Gesichtspunkten aus beleuchtet. Man muß sie aber von großen Gesichtspunkten aus beleuchten. Heute ist es noch ein bloßes Anwenden irrtümlicher naturwissenschaftlicher Vorstellungen auf das Menschenleben. Der Impuls bleibt. Und dann wird der Impuls angewendet auf diejenigen Dinge, die im Verlauf des fünften nachatlantischen Zeitraums als okkulte Wahrheiten kommen. Der Darwinismus enthält keine okkulten Wahrheiten; seine Anwendung würde aber schon zu großen Scheußlichkeiten führen: die Anwendung der darwinistischen Anschauung in bezug auf das unmittelbare Experimentieren mit Menschen. Wenn aber dazu okkulte Wahrheiten wirklich kommen, wie sie enthüllt werden müssen im Verlauf des fünften nachatlantischen Zeitraums, dann würde man eine ungeheure Macht über Menschen auf diese Weise gewinnen, allerdings nur dadurch, daß man die Passendsten immer auswählt. Aber man würde nicht nur die Passendsten auswählen, sondern man würde dadurch, daß man anstrebt eine gewisse okkulte Erfindung, um die Passenden immer passender und passender zu machen - dadurch würde man zu einer ungeheuren Machtausnützung kommen, die gerade entgegengesetzt wirken würde der guten Tendenz des fünften nachatlantischen Zeitraums.
Solche Zusammenhänge, wie ich sie Ihnen jetzt dargestellt habe, wollte ich nur anführen, um Ihnen zu zeigen, wie sich die Anfänge
zukunftsumspannender Intentionen ausnehmen und wie man diese Dinge beleuchten muß von gewissen höheren Gesichtspunkten aus. Es wird nun unsere weitere Aufgabe sein, das nächste Mal hinzuweisen auf die drei bis vier großen Wahrheiten, zu denen der fünfte nachatlantische Zeitraum kommen muß. Es wird daran gezeigt werden, wie diese Wahrheiten mißbraucht werden können, wenn sie nicht im Sinne der richtigen guten Tendenz des fünften nachatlantischen Zeitraums angewendet werden, sondern wenn vorzugsweise die Bedingungen des Doppelgängers erfüllt würden, die vertreten werden durch diejenigen Brüderschaften, die an die Stelle des Christus ein anderes Wesen setzen wollen.
INDIVIDUELLE GEISTWESEN UND EINHEITLICHER WELTENGRUND Dornach 25. November 1917 Dritter Vortrag
Ich möchte heute an einzelne Betrachtungen, die wir angestellt haben im Laufe der Zeit, das eine und das andere anknüpfen, um dieses oder jenes zu ergänzen. Wenn Sie aufmerksam die Zeit verfolgen, werden Sie schon ab und zu bemerken können, daß man fühlt, wie in den Gedanken, Empfindungen und Impulsen, in denen die Menschen durch lange Zeiten dasjenige gefunden haben, wodurch man es «sohwlich weit gebracht» hat, man jetzt nicht mehr das finden kann, wasis in die nächste Zukunft hinüberhelfen kann. Gestern ist mir von einem unserer Mitglieder eine Nummer der «Frankfurter Zeitung» vom letzten Mittwoch, 21.November 1917, in die Hand gedrückt worden. Da spricht sich ein sehr gelehrter Herr aus - es muß ein sehr gelehrter Herr sein, denn er hat vor seinem Namen nicht nur das Doktorzeichen der Philosophie, sondern auch das Doktorzeichen der Theologie, und außerdem steht noch Professor davor: also er ist Professor, Doktor der Theologie und Doktor der Philosophie, also ein sehr gescheiter Mann selbstverständlich. Er hat einen Aufsatz geschrieben, der über allerlei gegenwärtige geistige Bedürfnisse handelt. Im Verlaufe dieses Aufsatzes ist eine Stelle enthalten, die in der folgenden Weise sich ausspricht: «Das Erleben des Seins, das hinter den Dingen liegt, bedarf nicht der frommen Weihe oder der religiösen Wertung, denn es ist selbst Religion. Es handelt sich ja nicht um das Erfühlen und Erfassen eigenen individuellen Gehalts, sondern des großen Irrationalen, das hinter allem Dasein verborgen ist. Wer daran rührt, sodaß der göttliche Funke überspringt, der macht ein Erlebnis, das primären Charakter beansprucht, ‹Urerlebnis› heißen will. Dieses eint den Erlebenden mit allem, was vom gleichen Lebensstrome bewegt wird, verleiht ihm, um das Lieblingswort der neuen Zeit zu brauchen, ein kosmisches Lebensgefühl.» Verzeihen Sie, liebe Freunde, ich lese das nicht vor, um in Ihnen
irgendwie besonders hervorragende Vorstellungen zu erwecken für diese verwaschenen Sätze, sondern um Ihnen ein Zeitsymbolum vorzuführen: «Eine kosmische Religiosität ist unter uns im Werden, und wie stark das Verlangen nach ihr ist, zeigt das wahrnehmbare Wachstum der theosophischen Bewegung, die jenes hintersinnlichen Lebens Kreisläufe zu entdecken und zu entschleiern unternimmt.» - Es ist ja schwierig, über all diese verwaschenen Begriffe hinwegzuhumpeln, aber nicht wahr, als Zeitsymbolum ist das doch eine Merkwürdigkeit. Weiter sagt er: «Es handelt sich bei dieser kosmischen Frömmigkeit nicht um eine quietistische Mystik, die mit Weltabwendung beginnt und in Kontemplation endigt, sondern um etwas, das gerade in der Brandung des Geschehens empfangen wird und immer neue Bewegtheit hervorbringt» - und so weiter.
Etwas Gescheites kann man sich bei diesen Sätzen ja nicht denken! Da aber «Professor, Dr. theol. und Dr. phil.» davorsteht, muß man es natürlich für etwas Gescheites halten, sonst würde man es für etwas halten, was stammelnd in einigen unklaren Tiraden zum Ausdruck bringt, wie der gelehrte Herr eben auf dem Pfade, den er gewandelt ist, nicht mehr weiterkommt und nun doch sich genötigt fühlt, auf etwas hinzuweisen, was auch da ist und ihm offenbar nicht ganz aussichtslos erscheint.
Man sollte gar nicht entzückt sein über solche Auslassungen, denn solche Auslassungen dürfen uns vor allen Dingen nicht in irgendeinen Schlaf einlullen darüber, daß nun wiederum von irgendeiner Seite jemand gemerkt hat, daß doch hinter der geisteswissenschaftlichen Bewegung etwas steckt. Das würde sogar sehr schädlich sein. Denn jene, welche solche Auslassungen machen, sind zuweilen auch dieselben, die sich bei solchen Auslassungen befriedigt fühlen, die nicht weitergehen, die eben mit solchen verwaschenen Dingen hinweisen auf etwas, was in die Welt hereintreten will und dabei gerade zu denen gehören, welche durchaus viel, viel zu bequem sind, um sich einzulassen auf das, was als ernstes Studium der Geisteswissenschaft notwendig ist und was wirklich hereinbrechen und die Menschengemüter ergreffen muß, wenn das, was mit der Wirklichkeit verbunden ist, mit dem Zeitenstrom des Werdens so verwachsen soll, daß Heilsames
daraus entstehen kann. Es ist natürlich leichter, von «Brandung» und von «kosmischen Gefühlen» zu sprechen, als sich ernsthaft einzulassen auf jene Dinge, die - von den Zeichen der Zeit gefordert - gegenwärtig der Menschheit verkündet werden müssen. Deshalb erscheint es mir notwendig> gerade jetzt hier die Dinge zu sagen, welche in den öffentlichen Vorträgen vorgebracht worden sind und weiter vorgebracht werden, gerade mit scharfer Betonung des Unterschiedes, der besteht zwischen dem Abgelebten, nicht mehr Lebensfihigen, das in die katastrophalen Zeiten hineingeführt hat, und dem, was die Menschenseele wirklich ergreffen muß, wenn irgendein Scixritt nach vorwärts gemacht werden soll.
Mit der alten Weisheit, durch welche die Menschen eingelaufen sind in unsere Zeit, können Tausende von Kongressen abgehalten werden> Weltkongresse und Volkskongresse und was immer, es können Tausende und Tausende von Vereinen begründet werden: klar muß man sich drrüher sein, daß diese Tausende von Kongressen, Tausende von Vereinen nichts bewirken werden, wenn nicht das geistige Lebensblut der Wissenschaft vom Geiste durch sie ffießen wird. Dasjenige, was den Menschen heute fehlt, das ist der Mut, einzutreten in die wfrkliche Erforschung der geistigen Welt. So sonderbar es klingt, es muß einmal gesagt werden, es brauchte nichts anderes zum Beispiel zunächst als einen nächsten Schritt: die kleine Broschüre «Das menschliche Leben vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft» in weitesten Kreisen zu verbreiten, und es würde etwas anderes damit getan sein im Hervorrufen des Wissens eines Zusammenhanges des Menschen mit der kosmischen Ordnung. Auf dieses Wissen ist gerade in dieser kleinen Broschüre «Das menschliche Leben vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft» aufmerksam gemacht; im Konkreten ist darauf aufmerksam gemacht, wie die Erde alljährlich ihre Bewußtsemszustände ändert und dergleichen. Gerade das, was in diesem Vortrage und in dieser Broschüre gesagt wird, ist mit vollem Bedacht gesagt mit Bezug auf die Bedürfnisse unserer Zeit. Das aufzunehmen, würde mehr bedeuten, als alles Wischiwaschl reden von kosmischem Gefühl und vom Inlaufen in irgendeine «Brandung», oder was weiß ich, ich habe Ihnen ja gerade diese Dinge vorgelesen; zu wiederholen
sind sie mir nicht möglich, weil sie zu sinnlos sind in ihrer Formulierung.
Das hindert selbstverständiich nicht, aufmerksam zu sein auf diese Dinge, denn sie sind wichtig und wesentlich. Worauf ich aufmerksam machen will, ist, daß wir uns nicht selber benebeln sollen, daß wir klar sein müssen, daß äußerste Klarheit notwendig ist, wenn wir wirken wollen für die anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft.
Noch einmal will ich darauf hinweisen, daß der Menschheit bevor- steht in diesem fünften nachatlantischen Zeitraum, hineinzukommen in eine besondere Behandiung großer Lebensfragen, die in einer gewissen Weise verdunkelt gewesen sind durch die Weisheit der bisherigen Zeit. Ich habe schon auf sie hingewiesen. Die eine große Lebensfrage kann damit bezeichnet werden, daß man sagt: Es soll versucht werden, das Geistig-Ätherische in den Dienst des äußeren praktischen Lebens zu stellen. - Ich habe Sie aufmerksam darauf gemacht, daß der fünfte nachatlantische Zeitraum das Problem wird lösen müssen, wie menschliche Stimmungen, die Bewegung menschlicher Stimmungen sich in Wellenbewegung auf Maschinen übertragen lassen, wie der Mensch in Zusammenhang gebracht werden muß mit dem, was immer mechanischer und mechanischer werden muß. Ich habe deshalb heute vor acht Tagen hier darauf aufmerksam gemacht, in welcher äußerlichen Weise von einem gewissen Teil unserer Erdoberfläche diese Mechanisierung genommen wird. Ich habe Ihnen ein Beispiel vorgeführt, wie aus amerikanischer Denkweise heraus versucht wird, das Maschinelle über das Menschenleben selber auszudehnen. Ich habe dieses Beispiel angeführt von den Pausen, die naan ausnützen will, so daß, statt viel weniger Tonnen, bis gegen fünfzig Tonnen verladen werden können von einer Anzahl Arbeitern: man braucht nur das Darwinsche Selektionsprinzip wirklich ins Leben einzuführen.
An solchen Stellen ist der Wille dazu vorhanden, die Menschenkraft zusammenzuspannen mit Maschinenkraft. Diese Dinge dürfen nicht so behandelt werden, als ob man sie bekämpfen müßte. Das ist eine ganz falsche Anschauung. Diese Dinge werden nicht ausbleiben, sie werden kommen. Es handelt sich nur darum, ob sie im weltgeschichtlichen
Verlaufe von solchen Menschen in Szene gesetzt werden, die mit den großen Zielen des Erdenwerdens in selbstloser Weise vertraut sind und zum Heil der Menschen diese Dinge formen, oder ob sie in Szene gesetzt werden von jenen Menschengruppen, die nur im egoistischen oder im gruppenegoistischen Sinne diese Dinge aus- nützen. Darum handelt es sich. Nicht auf das Was kommt es in diesem Falle an, das Was kommt sicher; auf das Wie kommt es an, wie man die Dinge in Angriff nimmt. Denn das Was llegt einfach im Sinne der Erdenentwickelung. Die Zusammenschmiedung des Menschenwesens mit dem maschinellen Wesen, das wird für den Rest der Erdenentwickelung ein großes, bedeutsames Problem sein.
Ich habe vollbedacht öfter jetzt darauf aufmerksam gemacht, auch in öffentlichen Vorträgen, daß das Bewußtsein des Menschen zusammenhängt mit abbauenden Kräften. Zweimal habe ich es in öffentlichen Vorträgen in Basel gesagt In unser Nervensystem hinein er- sterben wir. - Diese Kräfte, diese ersterbenden Kräfte, sie werden immer mächtiger und mächtiger werden. Und es wird die Verbindung hergestellt werden zwischen den im Menschen ersterbenden Kräften, die verwandt sind mit elektrischen, magnetischen Kräften und den äußeren Mascbinenkräften. Der Mensch wird gewissermaßen seine Intentionen, seine Gedanken hineinieiten können in die Maschinenkräfte. Noch unentdeckte Kräfte in der Menschennatur werden entdeckt werden, solche Kräfte, welche auf die äußeren elektrischen und magnetischen Kräfte wirken.
Das ist das eine Problem: das Zusammenfiihren des Menschen mit dem Mechanismus, das immer mehr und mehr um sich greifen muß in der Zukunft. Das andere Problem liegt in demjenigen, was die geistigen Verhältnisse zu Hilfe rufen wird. Das kann aber nur gemacht werden, wenn die Zeit reif ist, und wenn eine genügende Anzahl Menschen dazu in der richtigen Weise vorbereitet ist. Aber kommen muß es, daß die geistigen Kräfte mobll gemacht werden für die Beherrschung des Lebens in bezug auf Krankheit und Tod.
Die Medizin wird vergeistigt werden, sehr, sehr vergeistigt werden. Von allen solchen Dingen werden von gewissen Seiten her Karikaturen geschaffen; aber die Karikaturen zeigen nur, was da wirklich
kommen muß. Wieder handelt es sich darum, daß dieses Problem von jener Seite her, auf die ich bei dem andern Problem hingewiesen habe, in Angriff genommen werden soll in einer äußeren egoistischen oder gruppenegoistischen Weise.
Das dritte ist: die Menschengedanken einzuführen in das Werden des Menschengeschlechtes selber in Geburt und Erzeugung. Ich habe darauf hingewiesen, wie ja auch schon darüber Kongresse gehalten worden sind, wie man sogar eine matetiallstische Ausgestaltung der Wissenschaft von der Zeugung und von der Zusammenspannung von Mann und Weib in der Zukunft begründen will. Diese Dinge alle weisen uns hin auf Bedeutsamstes, das im Werden begriffen ist. Billig ist es heute noch, zu sagen: Wie kommt es, daß diejenigen, die im richtigen Sinne von diesen Dingen wissen, sie nicht anwenden? Man wird sich zukünftig schon überzeugen, was es mit dieser Anwendung für eine Bewandtnis hat, und welche hindernden Kräfte gegenwärtig noch am Werke sind, um zum Beispiel in ausgiebigerem Maße eine spiritualisierte Medizin zu begründen oder eine spi`ritualisierte Volkswirtschaft. Heute kann nicht mehr geleistet werden, als daß von diesen Dingen geredet wird, bis die Menschen sie genügend verstanden haben werden, jene Menschen, die geneigt sind, sie in selbstlosem Sinne aufzunehmen. Das glauben heute viele schon, daß sie das können; allein das zu können, verhindern eben heute noch viele Lebensfaktoren, die nur in der richtigen Weise überwunden werden können, wenn zunächst ein immer tieferes und tieferes Verständnis Platz greift,
und wenn gerade verzichtet wird, eine Zeitlang wenigstens, auf die unmittelbar praktische Anwendung in größerem Maße.
Diese Dinge haben sich alle so entwickelt, daß man sagen kann: Von dem, was eigentlich bis in das 14., 15. Jahrhundert herein gesteckt hat hinter der alten atavistischen Bestrebung, hat sich wenig erhalten. Man spricht heute viel von alter Alchimie; man erinnert sich auch zuweilen an den Vorgang der Homunkulus-Erzeugung und so weiter. Was darüber gesprochen wird, ist zumeist unzutreffend. Wird man einmal dasjenige verstehen, was in Anlehnung an die HomunkulusSzene bei Goethe gesagt werden kann, so wird man über diese Dinge besser belehrt sein; denn das Wesentliche ist, daß vom 16. Jahrhundert
an über diese Dinge Nebel verbreitet worden sind; sie sind im Menschheitsbewußtsein zurückgetreten.
Das Gesetz, das in diesen Dingen waltet, ist durchaus dasselbe Gesetz, welches beim Menschen auch bestimmt den rhythmischen Wechsel von Wachen und Schlafen. Sowenig sich der Mensch über den Schlaf hinwegsetzen kann, so wenig konnte sich die Menschheit in bezug auf das spirituelle Werden jenem Verschlafen der spirituellen Wissenschaft verschließen, welches die Jahrhunderte seit dem 16. Jahr- hundert auszeichnet. Es mußte einmal die Menschheit verschlafen das Spirituelle, damit es wieder auftreten kann in anderer Form. Solche Notwendigkeiten muß man eben einsehen. Aber man muß sich von ihnen auch nicht niederdrücken lassen. Man muß deshalb doch sich klar sein darüber, daß nun die Zeit des Erwachens gekommen ist, und daB man an dem Erwachen mitzutun hat, daß die Ereignisse dem Wissen vieif~ch voraneilen und daß man die Ereignisse, die um uns herum geschehen, nicht verstehen wird, wenn man nicht zum Wissen sich bequemen will.
Ich habe Sie nun wiederholt darauf hingewiesen, daß gewisse Gruppen von egoistisch okkult Strebenden am Werke sind, welche eben in der Richtung wirken, die ich ja in diesen Betrachtungen wiederholt angedeutet habe. Zunächst war notwendig, daß ein gewisses Wissen innerhalb der Menschheit zurücktrat - ein Wissen, das heute bezeichnet wird mit den unverstandenen Worten, wie Alchimie, Astrologie und so weiter -, daß ein gewisses Wissen zurücktrat, verschlafen wurde, damit der Mensch nicht mehr die MÖglichkeit habe, Seelisches herauszuziehen aus der Naturbetracht`ung, damit er mehr auf sich selber hingewiesen werde. Und damit er die Kräfte in seinem Innern erweckte, dazu war notwendig, daß zunächst gewisse Dinge in abstrakter Form zutage traten, die wieder konkrete geistige Gestalt annehmen müssen.
Drei Ideen haben sich alimählich herausgebildet im Laufe des Werdens der letzten Jahrhunderte, die eigentlich so, wie sie unter die Menschen getreten sind, abstrakte Ideen sind. Kant hat sie falsch benannt, Goethe hat sie richtig benannt. Diese drei Ideen, Kant hat sie genannt: Gott, Freiheit und Unsterblichkeit; Goethe hat sie richtig genannt: Gott, Tugend und Unsterblichkeit.
Wenn man auf die Dinge sieht, welche hinter diesen drei Worten stecken, so sind es durchaus dieselben, die der heutige Mensch mehr abstrakt ins Auge faßt und die bis ins 14., 15. Jahrhundert mehr konkret, aber im alten atavistischen Sinne auch mehr materiell gemeint waren. Man experimentierte in der alten Art; man versuchte ja dazumal im alchimistischen Experiment solche Vorgänge zu beobachten, welche das Wirken Gottes im Vorgang zeigten. Man versuchte, den Stein der Weisen zu erzeugen.
Hinter all diesen Dingen steckt etwas Konkretes. Dieser Stein der Weisen sollte den Menschen in die Möglichkeit versetzen, tugendhaft zu werden, aber es war mehr materiell gedacht. Er sollte den Menschen auch dazu führen, Unsterblichkeit zu erleben, sich in eine gewisse Beziehung zu setzen zum Weltenall, auf daß er in sich erlebe, was über Geburt und Tod hinausgeht. All die verwaschenen Ideen, mit denen man heute diese alten Dinge zu begreifen sucht, decken sich nicht mehr mit dem, was damals gewollt war. Die Dinge sind eben abstrakt geworden, und die moderne Menschheit hat von abstrakten Ideen gesprochen. Gott hat sie verstehen wollen durch die abstrakte Theologie; Tugend auch als etwas nur Abstraktes. Je abstrakter, desto lieber ist es der modernen Menschheit, von diesen Dingen zu sprechen; ebenso Unsterblichkeit. Man spekullerte über das, was im Menschen unsterblich sein könne. Ich habe im ersten Basler Vortrag davon gesprochen, daß diejenige Wissenschaft, die sich als philosophische heute mit solchen Fragen wie die der Unsterblichkeit befaßt, eine verhungerte Wissenschaft ist, eine unterernährte Wissenschaft. Das ist nur eine andere Form des Ausdrucks für die Abstraktheit, in der solche Sachen angestrebt werden.
Aber in gewissen Brüderschaften des Westens hat man sich noch den ZusammeIihang gewahrt mit den alten Überlieferungen und versucht, ihn in der entsprechenden Weise anzuwenden, ihn in den Dienst eines gewissen Gruppenegoismus zu stellen. Es ist schon notwendig, einmal auf diese Dinge hinzuweisen. Natürlich, wenn von dieser Ecke des Westens her in der öffentlichen exoterischen Literatur davon gesprochen wird, dann wird auch von Gott, Tugend oder Freiheit und Unsterblichkeit im abstrakten Sinne geredet. Allein in
den Eingeweihtenkreisen weiß man, daß das alles nur Spekulation ist, daß dies alles Abstraktionen sind. Für sich selber sucht man dasjenige, was mit den abstrakten Formeln Gott, Tugend und Unsterblichkeit angestrebt wird, in etwas viel Konkreterem. Und daher übersetzt man in den entsprechenden Schulen diese Worte für die Eingeweihten. Gott übersetzt man mit Gold und sucht hinter das Geheimnis zu kommen, welches man bezeichnen kann als das Geheimnis des Goldes. Denn Gold, der Repräsentant des Sonnerihaften innerhalb der Erdenkruste selber, Gold ist in der Tat etwas, was ein bedeutsames Geheimnis in sich einschließt. Gold steht materiell in der Tat in einem solchen Verhältnis zu den andern Stoffen, wie in den Gedanken der Gedanke von Gott zu den andern Gedanken steht. Es handelt sich nur darum, wie dieses Geheimnis aufgefaßt wird.
Und zusammen hängt das mit der gruppenegoistischen Ausnützung des Mysteriums der Geburt. Man strebt darnach, hier wirkliches kosmisches Verständnis zu erringen. Dieses kosmische Verständnis hat ja der Mensch der neueren Zeit ganz und gar durch ein tellurisches Verständnis ersetzt. Wenn der Mensch heute untersuchen will, wie sich zum Beispiel der Lebenskeim der Tiere oder Menschen entwickelt, dann untersucht er mit dem Mikroskop dasjenige, was gerade an dem Orte der Erde vorhanden ist, auf den er seinen mikroskopierenden Blick richtet; das betrachtet er als das, was man untersuchen soll. Aber es kann sich nicht darum handeln. Man wird dahinter- kommen - und gewisse Kreise sind nahe dai,an, dahinterzukommen -, daß was als Kräfte wirkt, nicht in dem darinnen steckt, worauf man den mikroskopierenden Blick richtet, sondern daß dies vom Kosmos hereinkommt, von der Konstellation im Kosmos. Wenn ein Lebenskeim entstebt, so entsteht er dadurch, daß in das Lebewesen, in welchem der Lebenskeim sich ausbildet, Kräfte von allen Seiten des Kosmos her wirken, kosmische Kräfte. Und wenn eine Befruchtung geschieht, handelt es sich bei dem, was aus der Befruchtung wird, darum, weIche kosmischen Kräfte bei der Befruchtung tätig sind.
Eines wird iai2fl einsehen, was man heute noch nicht einsieht. Heute denkt man, da ist irgendein Lebewesen, sagen wir ein Huhn. Wenn in diesem Lebewesen ein neuer Lebenskeim entsteht, so untersucht
gewissermaßen der Biologe, wie gleichsam aus diesem Huhn das Ei herauswächst. Die Kräfte untersucht er, die aus dem Huhn selber das Ei wachsen lassen sollen. Ein Unsinn ist dieses. Aus dem Huhn wächst gar nicht das Ei heraus, das Huhn ist nur die Unterlage; aus dem Kosmos herein wirken die Kräfte, die auf dem Boden, der im Huhn bereitet ist, das Ei erzeugen. Was der mikroskopierende Biologe heute unter seinem Mikroskop sieht, davon glaubt er, daß da, wo sein mikroskopisches Feld ist, auch die Kräfte sind, auf die es ankommt. Was er da sieht, hängt aber von den Sternenkräften ab, die in einem Punkte in einer gewissen Konstellation zusammenwirken. Und wenn man hier das Kosmische entdeckt, wird man erst die Wahrheit, die Wirklichkeit entdecken: das Weltenall ist es, das in das Huhn hinein das Ei zaubert.
#Bild S. 224
All dieses hängt aber vor allen Dingen zusammen mit dem Geheimnis der Sonne, und irdisch betrachtet mit dem Geheimnis des Goldes. Ich mache heute, ich möchte sagen, eine Art programmatischer Andeutung; im Laufe der Zeit werden uns diese Dinge schon viel klarer werden.
Tugend nennt man in denselben Schulen, von denen da die Rede ist, nicht Tugend, sondern man nennt sie einfach Gesundheit und strebt danach, diejenigen kosmischen Konstellationen kennenzulernen,
welche mit der Gesundung und Erkrankung des Menschen in einem Zusammenhang stehen. Dadurch, daß man die kosmischen Konstellationen kenneniernt, lernt man aber die einzelnen Stoffe, die in der Erdoberfläche sind, die Säfte und so weiter kennen, die wiederum mit dem Gesund- und Kranksein zusammenhängen. Immer mehr wird von einer gewissen Seite her eine mehr materielle Form der Gesundheitswissenschaft ausgebildet werden, die aber auf spiritualistischer Grundlage ruhen wird.
Und verbreitet soll werden von dieser Seite her die Auffassung, daß nicht in dem abstrakten Lernen von allerlei ethischen Prinzipien das liegt, wodurch der Mensch gut werden kann, sondern daß der Mensch gut werden kann dadurch, daß er, sagen wir, unter einer gewissen Sternkonstellation Kupfer oder unter einer andern Sternkonstellation Arsenik einnimmt. Sie können sich denken, wie von gruppenegoistisch gesinnten Menschen diese Dinge im Sinne des Machtpririzipes ausgenützt werden können! Man braucht nur dieses Wissen vorzuenthalten den andern, die dann nicht daran teilnehmen können, und man hat das beste Mittel, große Massen von Menschen zu beherrschen. Man braucht ja über diese Dinge gar nicht zu reden, sondern man braucht nur zum Beispiel irgendeine neue Leckerei auf- zubringen. Dann kann man für diese neue Leckerei, die aber in entsprechender Weise tingiert ist, die Absatzströmungen suchen, und man kann das Nötige veraniassen, wenn man di,öese Dinge materialistisch auffaßt. Man muß sich 'nur klar sein darüber, daß in allem Materiellen geistige Wirksanikeiten stecken. Nur derjenige, der da weiß, daß es eigentlich im wahren Sinn gar nichts Materielles gibt, sondern nur Geistiges, der kommt hinter die Geheimnisse des Lebens.
Ebenso handelt es sich darnm, von dieser Seite das Problem der Unsterblichkeit in rnaterialistisches Fahrwasser zu bringen. Dieses Problem der Unsterblichkeit kann auf ebensolche Weise, durch Ausnützung der kosmischen Konstellation, in materialistisches Fahrwasser gebracht werden. Dann erreicht man zwar nicht das, was vielfach unter Unsterblichkeit erspekuliert wird, aber man erreicht eine andere Unsterblichkeit: Man hat irgendeine Bruderioge - man bereitet sich vor, solange es noch nicht geht, auf den physischen Leib
einzuwirken, um dadurch das Leben künstlich zu verlängern -, man bereitet sich vor, mit seiner Seele solche Dinge durchzumachen, die einen befähigen, auch nach dem Tode in der Bruderloge drinnen zu sein, dort mitzuhelfen mit den Kräften, die einem dann zur Verfügung stehen. Unsterblichkeit wird in diesen Kreisen daher einfach Lebensverlängerung genannt.
Von all diesen Dingen sehen Sie ja äußere Zeichen. Ich weiß nicht, ob einige unter Ihnen das Buch bemerkt haben, das eine Zeitlang etwas Aufsehen erregt hat, das auch vom Westen herübergekommen ist und den Titel führt «Der Unfug des Sterbens». Diese Dinge laufen alle in jener Richtung. Sie sind erst am Anfange, denn d,asjenige, was weiter ist als der Anfang, das wird heute nocb sehr für den Gruppenegoismus bewahrt, sehr esoterisch gehalten. Aber diese Dinge sind tatsächlich möglich, wenn man sie ins materialistische Fahrwasser btingt, wenn man die abstrakten Ideen von Gott, Tugend und Unsterblichkeit zu den konkreten Ideen macht von Gold, Gesundheit und Lebensverlängerung, wenn man im grnppenegoistischen Sintie das ausnützt, was ich als die großen Probleme der fünften nachatlantischen Zeit Ihnen vorgeführt habe. Dasjenige, was verwaschen der Professor Dr. theol., Dr. phil. «kosmisches Gefühl» nennt, das wird von vielen schon - und leider auch von vielen im egoistischen Sinne - als kosmische Erkenntnis an den Menschen herangebracht. Während die Wissenschaft durch Jahrhunderte hin- durch nur auf das, was auf der Erde nebeneinander wirkt, geschaut hat, sich entäußert hat alles Aufblickens zu dem, was als das Wichtigste im Geschehen von Außetirdischem, Außertellutischem heran- kommt, wird gerade in der füriften nachatlantischen Zeit das Aus- nützen der Kräfte in Betracht kommen, die aus dem Kosmos herein- dringen. Und ebenso wie es jetzt für den regulären Professor der Bio- logie von besonderer Wichtigkeit ist, ein möglichst gut vergrößerndes Mikroskop zu haben, möglichst treffende Laboratoriumsmethoden und so weiter, so wird es in der Zukunft, weru~ die Wissenschaft sich spititualisiert haben wird, sich darum handeln, ob man gewisse Prozesse am Morgen oder am Abend vollführt oder am Mittag; ob man das, was man am Morgen gemacht hat, von dem Einwirken des
Abends irgendwie weiter beeinflussen Iäßt, oder den kosmischen Einfluß vom Morgen bis zum Abend ausschließt, paralysiert. Solche Prozesse werden sich in der Zukunft notwendig erweisen, werden sich auch abspielen. Natürlich wird noch manches Wasser den Rhein hinabtinnen, bis ausgeliefert werden an Geisteswissenschafter die rein materialistisch gearteten Katheder und Laboratotien und so weiter; aber ersetzt müssen sie werden, wenn die Menschneit nicht ganz in die Dekadenz kommen will, ersetzt müssen sie werden, diese Laboratorienarbeiten, durch solche Arbeiten, welche zum Beispiel, wenn es sich handelt um das Gute, das erreicht werden soll in der nächsten Zeit, so vollzogen werden, daß gewisse Prozesse am Morgen statt- finden, unterbrochen werden den Tag über, und daß dann der kosmische Strom durch sie wiederum durchgeht am Abend, und rhythmisch das aufbewahrt wird wiederum bis zum Morgen. So daß die Prozesse in der Art verlaufen, daß immer unterbrochen werden gewisse kosmische Wfrkungen während des Tages und der kosmische Morgen- und Abendprozeß hereingeleitet wird. Dazu werden mannigfaltige Veranstaltungen nötig sein.
Sie können daraus schon entnehmen, daß, wenn man nicbt in der Lage ist, öffentlich mitzuwirken an dem, was geschieht, man über diese Dinge nur sprechen kann. Aber von derselben Seite her, die Gold, Gesundheit und Lebensverlängerung an die Stelle von Gott, Tugend und Unsterblichkeit setzen will, von derselben Seite her wird angestrebt, nicht mit den Morgen- und Abendprozessen zu wirken, sondern mit ganz andern. Und ich habe Sie das letzte Mal darauf aufmerksam gemacht, daß auf der einen Seite der Impuls des Mysteriums von Golgatha aus der Welt entfernt werden soll, indem riian vom Westen her den andern Impuls, eine Art Antichrist, einführt; daß von Osten her der Christus-Impuls so, wie er im 20. Jahrhundert hervortritt, dadurch paralysiert werden soll, daß man die Aufmerksamkeit, das Interesse gerade ablenkt von dem ätherisch kommenden Christus.
Von der Seite, wo man gewissermaßen den Antichrist wird als den Chtistus einflihren wollen, wird angestrebt, auszunützen dasjenige, was insbesondere durch die matetiellsten Kräfte wirken kann, aber
durch die matetielIsten Kräfte eben geistig wirkt. Vor allen Dingen wird von dieser Seite angestrebt, Elektrizität, und namentlich Erdmagnetismus auszunützen, um Wirkungen herv~orzubtingen über die ganze Erde hin. Ich habe Ihnen ja gezeigt, wie in dem, was ich den menschlichen Doppelgänger genannt habe, aufsteigen die Erdenkräfte. Hinter dieses Geheimnis wird man kommen. Es wird ein amerikanisches Geheimnis sein, den Erdmagnetismus in seiner Doppelheit, im Nord- und Südmagnetismus zu verwenden, um dirigierende Kräfte über die Erde hinzusenden, die geistig wirken. Sehen Sie sich die magnetische Karte der Erde an, und vergleichen Sie einmal die magnetische Karte mit dem, was ich jetzt sage: den Verlauf der magnetischen Iinnie, wo die Magnetnadel nach Osten und Westen ausschlägt und wo sie gar nicht ausschlägt. Ich kann über diese Dinge nicht mehr als Andeutungen zunächst geben: Von einer gewissen Himmelstichtung her wirken fortwährend geistige Wesenheiten; man braucht nur diese geistigen Wesenheiten in den Dienst des Erdendaseins zu stellen, so wird man - weil diese geistigen, vom Kosmos hereinwirkenden Wesenheiten das Geheimnis des Erdmagnetismus vermitteln können - hinter dieses Geheimnis des Erdmagnetismus kommen und mit Bezug auf die drei Dinge Gold, Gesundheit, Lebensverlängerung sehr bedeutsames Gruppenegoistisches wirken können. Es wird sich eben darum handeln, den zweifelhaften Mut zu diesen Dingen aufzubringen. Den wird man innerhalb gewisser Kreise schon aufbringen!
Von östlicher Seite her wird es sich darum handeln, das zu verstärken, was ich schon auseinandergesetzt habe, indem man wiederum von der entgegengesetzten Seite des Kosmos die einströmenden, die einwirkenden Wesenheiten in den Dienst des Erdendaseins stellt. Ein großer Kampf wird entstehen in der Zukunft. Auf das Kosmische wird die menschliche Wissenschaft gehen; aber in verschiedener Weise wird die menschliche Wissenschaft aufs Kosmische zu gehen versuchen. Es wird die Aufgabe der guten, der heilsamen Wissenschaft sein, gewisse kosmische Kräfte zu finden, welche durch das Zusammenwirken zweier kosmischer Richtungsströmungen auf der Erde entstehen können. Diese zwei kosmischen Richtungsströmungen
werden sein: Fische-Jungfrau. Vor allen Dingen wird das Geheimnis zu entdecken sein, wie dasjenige, was aus dem Kosmos in der Richtung von den Fischen her als Sonnenkraft wirkt, sich verbindet mit dem, was in der Richtung von der Jungfrau her wirkt. Das wird das Gute sein, daß man entdecken wird, wie von zwei Seiten des Kosmos her, Morgen- und Abendkräfte, in den Dienst der Menschneit gestellt werden können; auf der einen Seite von seitens der Fische, auf der andern Seite von seiten der Jungfrau her.
#Bild S. 229
Um diese Kräfte wird man sich nicht kümmern da, wo man versuchen wird, alles zu erreichen durch den Dualismus der Polatität, durch positive und negative Kräfte. Die spitituellen Geheimnisse, welche auf der Erde - mit Hilfe der zwiefachen Kräfte des Magnetismus, dem positiven und negativen - Geistiges durchströmen lassen können von Kosrnischem, die kommen im Weltenall aus den Zwillingen her; das sind Mittagskräfte. Schon im Altertum hat man gewußt, daß es sich da um Kosmisches handelt, und es ist ja auch heute exoterisch den Wissenschaftern bekannt, daß hinter den Zwillingen im Tierkreise in irgendeiner Weise positiver und negativer Magnetismus steckt. Da wird es sich dann darum handeln, dasjenige zu paralysieren,
was durch die Offenbarung der Zweiheit aus dem Kosmos gewonnen werden soll, das zu paralysieren auf materialistischegoistische Weise durch die Kräfte, die insbesondere von den Zwillingen her der Menschheit zuströmen und ganz und gar in den Dienst des Doppelgängers gestellt werden können.
Bei andern Brüderschaften wiederum, die vor allen Dingen an dem Mysterium von Golgatha vorbeigehen wollen, wird es sich darum handeln, die zwiefache Menschennatur auszunutzen; diese zwiefache Menschennatur, die, so wie der Mensch in die fünfte nachatlantische Zeit hereingezogen ist, enthält auf der einen Seite den Menschen, aber in dem Menschen die niedere Tiernatur. Der Mensch ist ja gewissermaßen wirklich ein Kentaur: er enthält die niedere Tiernatur astraliter, er enthält die Menschheit gewissermaßen nur auf diese Tiernatur aufgesetzt. Durch dieses Zusammenwirken der Zwienatur im Menschen gibt es auch einen Dualismus von Kräften. Das ist jener Dualismus von Kräften, der mehr nach der östlichen, indischen Seite hin von gewissen egoistischen Brüderschaften benutzt werden wird, um auch den europäischen Osten zu verführen, welcher die Aufgabe hat, den sechsten nachatlantischen Zeitraum vorzubereiten. Und der verwendet die Kräfte, welche vom Schützen her wirken.
Das Kosmische für die Menschheit zu erobern in zwiefach unrechter Weise oder in einfach richtiger Weise, das ist dasjenige, was der Menschheit bevorsteht. Das wird eine wirkliche Erneuerung für das Astrologische geben, das in der alten Form ein Atavistisches war und in dieser alten Form nicht fortbestehen kann. Bekämpfen werden sich die Wissenden des Kosmos, indem die einen die Morgen- und Abendprozesse in Anwendung bringen in der Weise, wie ich es schon angedeutet habe; im Westen vorzugsweise die Mittagsprozesse mit Ausschaltung der Morgen- und Abendprozesse, und im Osten die Mittei`nachtsprozesse. Man wird nicht mehr bloß nach den chemischen Anziehungs- und Abstoßungskräften Substanzen herstellen, sondern man wird wissen, daß eine andere Substanz entsteht, je nachdem ob man sie mit Morgen- und Abendprozessen oder mit Mittags- oder Mitternachtsprozessen herstellt. Man wird wissen, daß solche Stoffe in einer ganz andern Weise auf die Dreigliedrigkeit: Gott, Tugend
und Unsterblichkeit - Gold, Gesundheit und Lebensverlängerung wirken. Aus dem Zusammenwirken dessen, was von den Fischen und von der Jungf`rau kommt, wird man nichts Unrechtes zuwege bringen können; da wird man dasjenige erreichen, was zwar den Mechanismus des Lebens in einem gewissen Sinne von den Menschen loslösen w`ird, aber keinerlei Herrschaft und Macht einer Gruppe über die andere begründen kann. Die kosmischen Kräfte, die von dieser Seite geholt werden, die werden merkwürdige Maschinen erzeugen, aber nur solche, die dem Menschen die Arbeit abnehmen werden, weil sie selber in sich eine gewisse Intelligenzkraft tragen werden. Und eine selber auf das Kosmische gehende spitituelle Wissenschaft wird dafür zu sorgen haben, daß alle die großen Versuchungen, die von diesen Masch~entieren, die der Mensch selber hervorbtingt, ausgehen werden, auf den Menschen keinen schädlichen Einfluß ausüben.
Zu alledem muß aber gesagt werden: Notwendig ist, daß die Menschen sich vorbereiten dadurch, daß sie Wirklichkeiten nicht mehr für Illusionen nehmen, daß sie wirklich eintreten in eine spirituelle Auf- fassung der Welt, in ein spirituelles Begreifen der Welt. Die Dinge sehen, wie sie sind, darauf kommt vieles an! Man kann sie aber nur sehen, wie sie sind, wenn man in der Lage ist, die Begriffe, die Ideen, die aus der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft kommen, auf die Wirklichkeit anzuwenden. In hohem Maße werden für den Rest des Erdendaseins gerade die Toten mitwirken. Wie sie mit- wirken, darnm wird es sich handeln. Vor allen Dingen wird der große Unterschied hervortreten, daß durch das Verhalten der Menschen auf Erden die Mitwirkung der Toten auf der einen, der guten Seite, in eine solche Richtung gelenkt wird, daß diese Toten dann wirken können da, wo der Impuls zum Wirken von ihnen selber ausgeht, wo er aus der spirituellen Welt genommen wird, die der Tote Post mortem erlebt.
Dagegen werden viele Bestrebungen auftreten, welche die Toten in künstlicher Weise in das menschliche Dasein hereiuführen. Und auf dem Umweg durch die Zwillinge werden in das Menschenleben Tote hereingeführt werden, wodurch in einer ganz bestimmten Weise die menschlichen Vibrationen fortklingen, fortvibtieren werden in den
mechanischen Verrichtungen -der Maschine. Der Kosmos wird die Maschinen bewegen auf jenem Umwege, den ich eben angedeutet habe.
Dabei kommt es eben darauf an, daß man nicht Ungehötiges verwendet, wenn diese Problemen eintreten, sondern nur dasjenige verwendet, was elementare Kräfte sind, die ohnedies zur Natur gehören; daß man darauf verzichtet, ungehörige Kräfte in das maschinelle Leben einzuführen. Man wird auf okkultem Gebiete darauf verzichten müssen, den Menschen selbst in das mechanische Triebwerk auf eine solche Weise einzuspannen, daß die darwinistische Selektionstheorie für die Bestimmung der Arbeitskraft des Menschen so ausgenutzt wird, wie ich es Ihnen das letzte Mal in einem Beispiel angeführt habe.
Ich mache alle diese Andeutungen, die ja natürlich in so kurzer Zeit die Sache nicht erschöpfen können, aus dem Grunde, weil ich mir denke, daß Sie über diese Dinge weiter noch meditieren werden, daß Sie versuchen, eine Brücke zu schlagen zwischen Ihren eigenen Lebenserfahrungen und diesen Dingen, vor allem denjenigen Lebenserfahrungen, die gerade heute in dieser schweren Zeit gewonnen werden können. Sie werden sehen, wie viele Dinge sich Ihnen auf- klären, wenn Sie sie niit dem Lichte betrachten, das Ihnen von solchen Ideen kommen kann. Denn wirklich, in unserer Zeit handelt es sich nicht darum, daß die Kräfte und die Kräftekonstellationen einander gegenüberstehen, von denen man im äußeren exoterischen Leben immer wieder spricht, sondern es handelt sich um ganz andere Dinge. Es handelt sich darum, daß in der Tat gegenwärtig eine Art Schleier gebreitet werden soll über die wahren Impulse, um die es sich handelt. Es sind ja durchaus gewisse Menschenkräfte daran, für sich etwas zu retten. Was denn zu retten? Gewisse Menschenkräfte sind daran, die Impulse, die bis zur Französischen Revolution berechtigte Impulse waren und von gewissen okkulten Schulen auch vertreten worden sind, jetzt in ahrimanisch4uzifetischer Zurückhaltung zu vertreten; sie so zu vertreten, um eine solche gesellschaftliche Ordnung aufrechtzuerhalten, wie die Menschheit glaubt, sie überwunden zu haben seit dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Hauptsächlich stehen die zwei Mächte einander gegenüber: die Vertreter
des Prinzips, das mit dem Ende des 18. Jahrhunderts überwunden war, und die Vertreter der neuen Zeit. Instinktiv sind selbst- verständlich eine große Anzahl von Menschen Vertreter der Impulse der neuen Zeit. Daher müssen diejenigen, die Vertreter der alten Impulse, noch des 18., 17., 16. Jahrhunderts sein sollen, durch künstliche Mittel eingespannt werde,n in die Kräfte, die v`on gewissen gruppenegoistisch wirkenden Brüderschaften ausgehen. Das wirksamste Prznzip in der neueren Zeit, um die Macht auszudehnen über so viel Menschen als man braucht, ist das wirtschaftliche Prinzip, das Prinzip der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Aber diese ist nur das Werkzeug. Um was es sich handelt, das ist etwas ganz anderes. Um was es sich handelt, das ist eben, was Sie entnehmen können aus all den Andeutungen, die ich gemacht habe. Das wirtschaftliche Prinzip ist mit alldem verbunden, um eine große Anzahl von Menschen über die Erde hin gewissermaßen zurn Heer für diese Prinzipien zu machen.
Das sind die Dinge, die einander gegenüberstehen. Da wird hingewiesen auf das, was eigentlich gegenwärtig in der Welt kämpft: im Westen verankertes Prinzip des 18., 17., 16. Jahrhunderts, welches sich dadurch unbemerkbar macht, daß es sich gerade umkleidet mit den Phrasen der Revolution, mit den Phrasen der Demokratie, das diese Maske annimmt und die Bestrebung hat, auf diesem Wege möglichst, viel Macht zu erlangen. Günstig ist für diese Bestrebungen, wenn möglichst viele Menschen nicht darnach trachten, die Dinge anzusehen, wie sie sind, und sich auf diesem Gebiete immer wieder und wieder von der Maja einlullen zu lassen, von jener Maja, welche man etwa mit den Worten aussprechen kann, es gäbe heute einen Krieg zwischen der Entente und den Mitte1mächten.
Den gibt es ja gar nicht in Wirklichkeit, sondern um ganz andere Dinge handelt es sich, die hinter dieser Maja stehen als die wahren Wirklichkeiten. Das letztere, Kampf der Entente mit den Mittelmächten, ist ja nur die Maja, ist ja nur die Illusion. Dasjenige, was im Kampfe miteinander steht, darauf kommt man, wenn man hinter die Dinge blickt, aber sie sich in einer solchen Weise beleuchtet, wie ich es eben aus gewissen Gründen nur andeute. Man muß wenigstens für sich darnach trachten, nicht Illusionen für Wirklichkeiten zu nehmen:
dann wird schon nach und nach die Illusion, sofern sie aufgelöst werden muß, aufgelöst werden. Man muß vor allen Dingen heute sich bestreben, die Dinge so anzusehen, wie sie dem unbefangenen wirklichen Sinn sich darstellen.
Nehmen Sie all das zusammen, was ich so entwickelt habe, dann wird Ihnen selbst eine nebensächliche Bemerkung, die ich im Verlauf dieser Vorträge gemacht habe, nicht als nebensächlich erscheinen. Wenn ich eiI~mal gesagt habe, eine gewisse Bemerkung, die der Mephistopheles dem Faust gegenüber macht: «Ich sehe, daß du den Teufel kennst», die wurde er dem Woodrow wilson gegenüber sicher nicht machen -,so ist das keine nebensächliche Bemerkung; das ist etwas, was schon die Situation erhellen soll! Diese Dinge muß man wirklich ohne Sympathie und Antipathie betrachten, muß sie objektiv betrachten können. Man muß vor allen Dingen heute nachdenken können, was Konstellationen bedeuten bei irgend etwas, das wirkt, und was Eigenkraft bedeutet; denn hinter dieser Eigenkraft liegt oftmals etwas ganz anderes, als was hinter der bloßen Konstellation liegt. Nehmen Sie einmal ganz unbefangen das Problem auf, wieviel das Geliirn Woodrow Wilsons wert wäre, wenn dieses Gehirn nicht auf dem Präsidentenstuhl der nordametikanischen Union säße? Nehmen Sie einmal an, dieses Gehirn wäre in einer andern Konstellation drinnen: da wurde es seine Eigenkraft zeigen! Auf die Konstellation kommt es an.
Es gibt durchaus, wenn ich es jetzt abstrakt und radikal sagen soll, selbstverständlich nicht etwa, um den eben angeführten Fall zu charakterisieren - das wurde mir in einem so neutralen Lande nicht ein- fallen, aber unabhängig davon gibt es durchaus eine sehr wichtige Einsicht -, wenn man sich bei einem Gehirn zum Beispiel die Frage vorlegt, ob es dadurch etwas wert wird, weil es wirklich von einer besonderen spirituellen Seelenkraft erleuchtet und zu wirken veranIaßt wird, ob es dadurch ein spirituelles Gewicht hat in dem Sinne, wie ich von spitituellem Gewicht in diesen Betrachtungen gesprochen habe, oder ob dieses Gehirn eigentlich nicht viel mehr wert ist, als was herauskommen wurde, wenn man es auf die eine Waagschale legte und auf die andere Seite Gewichte.
Denn in dem Augenblick, wo man hinter alle Geheimnisse des Ihnen das letzte Mal angeführten Doppelgängers dringt, kommt man eben gerade in die Lage - ich rede nichts Unreales -, Gehirne zu dem Wert zu bringen, den sie nur haben als Masse auf die Waage gelegt` weil man imstande ist, wenn sie belebt werden sollen, sie bloß durch den Doppelgänger beleben zu lassen.
Alle diese Dinge sind für den heutigen Menschen grotesk. Aber dasjenige, was an ihnen grotesk ist, muß als etwas Selbstverständliches unter die Menschen kommen, wenn gewisse Dinge aus einem uriheilsamen in einen heilsamen Strom einmünden sollen. Und was nützt es, wenn man darüber immer nur herumredet! Sie müssen schon eine Vorstellung davon bekommen, daß es mit dem Wischiwaschi reden über «kosmische Religiosität», oder davon «wie stark das Verlangen nach ihr ist», oder «von der Bewegung, die jenes hintersinnlichen I`,ebens Kreisläufe zu entdecken und zu entschleiern unternimmt» und so weiter, daß bei diesem Herurnreden es sich auch nur darum handelt, Nebel zu verbreiten über Dinge, die nur in Klarheit in die Welt hereinkommen müßten, die nur in Klarheit wirken können, und vor allem nur in Klarheit als praktische, sittlich-ethische Impulse in die Menschheit hineingetragen werden dürften.
Ich kann nur einzelne Andeutungen machen. Ich überlasse es Ihrer eigenen Meditation, weiterzubauen auf diesem Gebiete. Die Dinge sind in vieler Beziehung aphoristisch. Aber aus einer solchen Zusammenstellung wie dieser hier angefiihrte Tierkreis (siehe Zeichnung Seite 229), wenn Sie sie wirklich als Meditationsstoff benutzen, werden Sie die Möglichkeit haben, sehr viel herauszuentnehmen.
#Bild S. 236
für 6.11. Zweig Zürich In der Zeit 1841-1879 geschieht viel I durch Menschen, was diese Menschen I gegen die Stimme des «Ich» machen -/ Wiederholung des Orakelwesens = es / mischt sich in das, was die Menschen / wollen hinein, was aber Mächte / wollen. - Es soll in dieser Zeit / das spir. Leben so vorbereitet / werden, daß es «reif für die / Erde» wird. - Es muß «begreifliche / Form» annehmen - der Fall der / Medien widerstrebt dem.
→ Die Menschen, die damals an/kamen, hatten «vergeistigte Begriffe» / von 1879 an, und besonders von/ 1879 1879 1917 an 1841 38 38 1917 werden im Geist-Rch. die p.m. [= post mortem]-/Menschen mit «vergeistigten Begriffen» ! selten - daher suchen sie die / Spiegelung in den Erdenmenschen auf.
#Bild S. 237
Thugs haben gedungen von I falschen Eingeweihten, Menschen ! p. m. gemacht, welche die ! unverbrauchten Kräfte im / Geistreich dazu verwenden konnten, / die Geheimnisse der 5. nachatlantischen / Zeit frühzeitig zu erhalten und so / Medien mitzuteilen = Behandlung ! der noch unreifen Völker des Ostens. / Es soll noch kommen = gewisse / Geheimnisse der Geburt und Zeugung / und der Heilung von Krankheiten -
Geschichte wird, wenn ein gewisses ! dumpfes Leben aufhört - in dem / der Mensch nur dem Ganzen sich einfügt; / dies ist das Schlafbewußtsein - / dann der Traumzustand = der Einzelne ! löst sein Geschick heraus - oder auch / eine Gruppe.
Der völlige Wachzustand wäre das / sich bewußt mit den Geistern I der Geschichte zu schaffen machen, / doch ist damit die Auflösung gegeben; / wenn z. B. die Sozialdemokratie / den Traum in Wirklichkeit verwandelte, / so wäre dies der Tod ihres Traumes, / und sie würde ergriffen von / der Notwendigkeit = Zerstörungs/keime in ihr Schaffen aufzunehmen.
#Bild S. 238
Domach = 10.11.1917
Anknüpfend an die analytische Psychologie Jung’s etc. / Damit ein innerseelisches Gebiet / den Zeitgenossen eröffnet, für das / sie keine Vorstellungen haben. Besonders grotesk, wo die / Notwendigkeit der Götter/vorstellungen - besprochen wird, / die mit der Existenz Gottes / nichts zu thun haben soll. Die Beziehungen der Menschen / zur geistigen Welt bleiben, /
auch wenn sie der Mensch ! bewußt nicht zugiebt. Die pädagogische und therapeutische / Seite wird gefährlich, weil sie / in Verhältnisse eingreift, welche / nur zu meistern sind auf ! allgemeine Art = nicht indi/viduell -
HINWEISE
Rudolf Steiner hat, wenn er in Dornach war, für die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft und die Mitarbeiter am Goetheanum-Bau zumeist an den Wochenenden - Freitag-, Samstag-, Sonntagabend - vorgetragen. Die meisten solcher Vorträge aus dem Jahre 1917 wurden schon von Marie Steiner in Reihen zusammengefaßt herausgegeben und sind so in die Gesamtausgabe eingegliedert worden. Die übrigen Dornacher Vorträge aus dem Monat November sind mit einigen Einzelvorträgen, die an anderen Orten gehalten worden sind, aber thematisch mit den Dornacher Vorträgen zusammenklingen, in vorliegendem Band zusammengefaßt. Da dem in St. Gaflen gehaltenen Mitgliedervortrag ein öffentlicher Vortrag voranging, wurde dieser Vortrag dem Band vorangestellt.
Textunterlagen: Alle Vorträge dieses Bandes wurden offiziell mitstenographiert von der Berufsstenographin Helene Finckh. Dem Druck liegen ihre Klartextübertragungen zugrunde.
Für die 4. Auflage (1992) wurde von Susi Lötscher der Text neu durchgesehen und ein Namenregister erstellt. Drei Doppelseiten aus Notizbüchern Rudolf Steiners mit Notizen für die Vorträge vom 6. und 10. November sind als Faksimiledruck (mit Transkription) neu hinzugekommen.
Zu den Titeln der vorrrage: Der Titel des öffentlichen Vortrages in St. Gallen am 15. November 1917 geht auf Rudolf Steiner zurück; die Titel der Vorträge vom 6., 13., 16., 18., 19. und 25. November 1917 auf die früheren von Marie Steiner herausgegebenen Einzelausgaben.
Der Titel des Bandes und die Inhaltsangaben gehen auf den Herausgeber der 1. Auflage in der Gesamtausgabe zurück.
Frühere Veröffentlichungen:
Zürich, 6. und 13. November 1917: «Hinter den Kulissen des äußeren Geschehens», Dornach 1943.
Dornach, 10. November 1917: «Anthroposophie» 1934/35, 17.Jg., Buch 3 und 4: «Anthroposophie und Psychoanalyse> I. - «Die Menschenschule» 1937, 11.Jg., Heft 10/11 (ohne Schluß).
Dornach, 11. November 1917: «Anthroposophie» 1934/35, 17.Jg., Buch 3 und 4: «Anthroposophie und Psychoanalyse» II.
St. Gallen, 15. und 16. November 1917: «Die Erkenntnis des Übersinnlichen und die menschlichen Seelenrätsel. Das Geheimnis des Doppelgängers. Geographische Medizin», Dornach 1937 (Vortrag vom 15. Nov. ohne Schluß).
Dornach, 18., 19. und 25. November 1917: «Drei Vorträge», Dornach 1930. - «Individuelle Geistwesen und einheitlicher Weltengrund», Dornach 1946.
Zu den Zeichnungen im Text: Die Original-Wandtafelzeichnungen und -anschriften Rudolf Steiners sind nicht erhalten geblieben. Die Zeichnungen im Text wurden von Ass ja Turgenieff gestaltet nach den Zeichnungen, wie sie von der Stenographin festgehalten worden sind. Die Zeichnungen auf S. 179 und 203 wurden für die 4. Auflage 1992 von Leonore Uhlig ergänzt.
Hinweise zum Text
Werke RudolfSteiners innerhalb der Gesamtausgabe (GA) werden in den Hinweisen mit der Bibliographie-Nummer angegeben.
zu Seite
9 Nikolaus Kopernikus, 1473-1543, poinischer Astronom, Mathematiker, Arzt, Jurist, Humanist und Domherr. Begründete das heliozentrische Weltbild. - Keine Veröffentlichungen zu Lebzeiten, mit Ausnahme einer Übersetzung. Sein Werk über das heliozentrische Planetensystem vollendete er im wesentlichen 1507. Kopernikus lag bereits im Sterben, als «De revolutionibus orbium coelestium libri VI» veröffentlicht wurde. Er hatte es Papst Paul 111. gewidmet. Sein Freund und Überwacher der Drucklegung hat es in einem Vorwort als rein hypothetisch-fachwissenschaftliche Berechnungsmethode dargestellt. So scMüpfte es durch die Zensur, bis es zugleich mit seiner dritten Auflage 1616/17 verboten wurde. Erst 1822 akzeptierte die katholische Kirche seinen Inhalt. - Vgl. u. a. «Die geistige Fübeung des Menschen und der Menschheit. Getsteswissenschaftliche Ergebnisse über die Menschheits-Entwickelung» (1911), GA I5, S. 81-88.
12 Dart`inische Theorie: Siehe Hinweis zu S.40.
14 «Von Seelenrätseln. Anthropologie und Anthroposophie, Max Dessoir über Anthroposophie, Franz Brentano (Ein Nachruf). Sltizzenhafte Erweiterungen» (1917), GA2I.
15 Friedrich Theodor Vischer, 1807-1887, Ästhetiker und Dichter. «Der Traum. Eine Studie zu der Schrift Die Traumphantasie von Dr. Joh. Volkelt», abgedruckt in «Altes und Neues», 3 Hefte in einem Band, Stuttgart 1881-82; l. Heft, Stuttgart 1881.
Johannes Volke/t, 1848-1930, Professor der Philosophie in Leipzig. «Traumphantasie», Stuttgart 1875.
einen Satz m,öchte ich herausheben: E l Vischer (siehe Hinweis oben), S. 194, wörtlich: ... . die Seele, als oberste Einheit aller Vorgänge, kann allerdings nicht im Leibe lokalisiert sein, obwohl sie anderswo als im Leibe nicht ist».
16 EmilD~ Bois-Reymond, 1818-1896. «Die sieben Welträtsel», Vortrag, gehalten am 8. Juni 1880, Leipzig 1882. - Siehe auch «Über die Grenzen des Naturerkennens», Vortrag, gehalten am 14. August 1872, Leipzig l872. (Später in einem Band zusammengefaßt unter dem Titel «Über die Grenzen des Naturerkennens. Die sieben Welträtsel».)
18 Hier seine Worte: F. Th. Fischer: «Der Traum» (siehe Hinweise zu S. 15) S. 229 f.
19 #SE178-241
19 «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» (1904/05), GA 10.
im zweiten Teil meiner « Geh eimwissenschaft im Umr`ß»: «Die Geheimwissenschaft im Umriß» (1910), GA 13. Mit dem zweiten Teil ist das Kapitel «Die Erkenntnis der höheren Welten (Von der Einweihung oder Initiation)», S. 299 ff. gemeint. (Vgl. dort in der «Vorbemerkung zur vierten Auflage» die S. 21 f.).
20 Materia~~t`sche, spiritualistische, pantheistische, individualistische, monadistische und so weiter: Vgl. Rudoll Steiners Beschreibungen der verschiedenen Weltanschauungen in «Der menschliche und der kosmische Gedanke» (4 Vorträge, Berlin 1914), GA 151.
22 Sirjames Dewar, 1842-1923, englischer Physiker und Chemiker, Prof. in Cambridge und London. Erfinder der Thermosflasche. - Der Vortrag, den Dewar vor der Royal Instir,ition in London gehalten hat, konnte nicht ausfindig gemacht werden. Siehe die kurze Wiedergabe des Vortrags bei Carl Snyder: «Das Weltbild der modernen Natur- wissenschaft nach den Ergebnissen der heutigen Forschung», dt. Ausgabe Leipzig 1905, 1. Kap., S. 20ff. - Vgl. auch Rudolf Steiners Vorträge vom 22. März 1917 in «Geist und Stoff, Leben und Tod» (7 Vorträge, Berlin 1917), GA 66, und vom 19. Oktober 1917 (Basel) in «Freiheit - Unsterblichkeit - Soziales Leben. Vom Zusammenhang des Seelisch-Geistigen mit dem Leiblichen des Menschen» (10 Vorträge, Bern u. Basel 1917/18) GA 72.
23 Röntgenwesen: WiIhelin Conrad Röntgen, 1845-1923, entdeckte 1895 die X-Strahlen, nach ihm Röntgenstrahlen benannt, die in der Diagnostik und Therapie verwendet werden. 1901 erhielt Röntgen den ersten Nobelpreis für Physik.
24 Kant-Laplacesche Theorie: Sie ist hervorgegangen aus der «Nebularhypothese» des Philosophen und Mathematikers 1mmanuel Kant (1724-1804), nach der sich die Erde aus einem Urnebel heraus gebildet hat, und - unabhängig von Kant (und in vielem abweichend) - aus Theorien des frz. Mathematikers und Astronomen Pierre Simon Laplace (1749-1827). - Siehe Kants «Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels oder Versuch von der Verfassung und dem menschlichen Ursprunge des ganzen Weltgebäudes nach Newtonschen Grundsätzen abgehandelt», nebst zwei Supplementen, Leipzig o.J. (1755), und von Laplace die Werke «Exposition du systeme du monde», 1796, und «Tralte de Me`canique celeste», 5 Bde., Paris 1799-1825 (dt.: «Mechanik des Himmels», Berlin).
Ich habe in meinem Buch « Vom Menschenrätsel»... unterschieden: «Vom Menschenrätsel. Ausgesprochenes und Unausgesprochenes im Denken, Schauen, Sinnen einer Reihe deutscher und österreichischer Persörllichkeiten» (1916), GA 20, speziell die Ausführringen über Karl Christian Planck, S. 70 ff., über Robert Hamerling, S. 131 ff., und über die beiden genannten im Kapitel «Ausblicke», S. 146 ff.
25 Geistaugen` Geistohren, wie ich sie wenigstens prinzipiell beschrieben habe: Siehe S. 19 und Hinweis dort.
28 Ich habe davon gesprochen in meinem Buche «Vom Menschenrätsel»: Siehe Hinweis zu S.24, im Kapitel «Ausblicke», spez. ab S. 160.
Ich habe in der letzten Zeit... Bddekrafleleib genannt: Diese Bezeichnung für den Ätherleib verwendet Rudolf Steiner erstmals im Januar 1917 im 2. Teil seines Aufsatzes «Die Erkenntnis vom Zustand zwischen dem Tod und einer neuen Geburt», erschienen in der Zeitschrift «Das Reich» (München), 1. Jahr, Buch 1 und 4 (April 1916 und Jan. 1917), abgedruckt in «Philosophie und Anthroposophie. Gesammelte Auf-
sätze 1904-1923», GA 35. - Siehe hierzu auch Rudolf Steiners Fußnote zu «Ätherleih oder Lebensleib» in seiner Schrift «Theosophie. Einführung in übersinnliche WeIter
kenntnis und Menschenbestimmung» (1904), GA 9, Kap. «Das Wesen des Menschen, IV Leib, Seele und Geist» (ab der 9. Aufl. 1918; Ausgabe 1967: S. 37.)
40 Charles Da rw in, 1809-1882, englischer Naturforscher, Mediziner, Geologe und Botaniker. «On the Origin of Species by means of natural Selection», 1859; dt.: «Uber die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um`s Dasein», Stuttgart 1875-1878.
ErnstHaeckel, 1834-1919, Zoologe und Naturforscher. Siehe u. a. «Natürliche Schöpfungsgeschicbte», 2 Teile, 1868; «Anthropogenie oder Entwickelungsgeschichte des Menschen», 2 Teile, Leipzig 1874; «Die Welträtsel. Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie», Bonn 1899.
Eduard von Hartmann, 1842-1906, Philosoph. «Philosophie des Unbewußten. Versuch einer Weltanschauung», Berlin 1869.
Zeile 9 v. u.: In früheren Auflagen stand 1867 anstatt I 869.
41 eine Schrift von einem Anonymus: (Eduard von Hartmann:) «Das Unbewußte vom Standpunkt der Physiologie und Descendenztlieorie. Eine kritische Beleuchtung des naturphilosophischen Teils der Philosophie des Unbewußten», Berlin 1872, 2. Auflage mit Namen 1877.
Haeckel sagte: In: «Natürliche Schöpfüngsgeschichte», Vorwort zur 4. Auflage, Jena 1873, S. XXXVIII, wörtlich: «Diese ausgezeichnete Schrift sagt im Wesentlichen Alles, was ich selbst über die Philosophie des Unbewußten der Schüpfungsgeschichte hätte sagen können ...
eine zweite Auftage: Diese erschien 1877 mit «Allgemeinen Vorbemerkungen» und «Zusätzen». Hartmann schreibt im Vorwort der 8. Auflage seiner «Philosophie des Unbewußten» von 1878 über besagte Schrift: ... . erschien die erweiterte zweite Auflage der Schrift mit meinem Namen. Die erste, anonyme Auflage war als die beste von allen Kritiken der Philosophie des Unbewußten und zugleich als die glänzendste Rechtfertigung der naturwissenschaftlichen mechanistischen Weltanschauung gegenüber dem philosophischen Idealismus allgemein anerkannt worden; die Enthüllung, daß diese Schrift von mir verfaßt sei, und die in der zweiten Auflage hinzugefügte detaillierte Widerlegung der Kritik durfte al5 genügender Erweis meiner Beherrschung des modernen naturwissenschaftlichen Standpunkts gelten, um mich fortan vor jedem Vorwurf der Unzulänglichkeit auf diesem Gebiete sicher zu stellen. Es war wesentlich nur, um an der amtlich bestallten und berufsmäßig sich spreizenden Unfähigkeit ein Exempel zu statuieren, wenn ich mich herbeiließ, in einem Anhang eine detaillierte Widerlegung der Kritik der Naturwissenschaftlichen Grundlagen der von Prof. Oscar Schmidt (Leipzig 1877) beizufügen.».
Oscar Hertwig, l 849-1 922, Anatom, Schüler von Ernst Haeckel. «Das Werden der Organismen. Eine Widerlegung von Darwin`s Zufallstheorie», Jena 1916.
42 er sagt: Ebenda, Nachwort, S. 710.
44 arbeite ich... die Vorstellungen aus> die Goethe an der Wirklichkeit gewonnen hat: Siehe Rudolf Steiners Einleitungen zu Goethes naturwissenschaftlichen Schriften in Kürschners «Deutsche National-Litteratur», hg. und komm. von Rudolf Steiner, 5 Bde. (1884-97), NachdruckDornach 1975, GA la-e; Bd. I, GA la, S. i7ff.-Sonder- ausgabe der Einleitungen unter dem Titel «Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften. Zugleich eine Grundlage der Geisteswissenschaft (Anthroposophie)> (1884-97), GA l. - Siehe ferner «Goethes Weltanschauung» (1897), GA 6.
den Bau in Dornach: Der in Holz errichtete Doppelkuppelbau des ersten Goetheanum. - Siehe den Bildband «Das Goetheanum als Gesamtkunstwerk», mit einem Lichtbildervortrag Rudolf Steiners vom 29. Juni 1921 in Bern: «Der Baugedanke des Goetheanum», hg. v. Walter Roggenkarnp, Dornach 1986.
«Gedacht hat sie und sinnt hestindig>: Goethe: «Die Natur. Aphoristisch» (um das Jahr 1780), in: «Naturwissenschaftliche Schriften» (siehe oben), Bd. 2, GA lb, S. 7.
45 gegenüber einem verdienten Forscher: Mbrecht von Haller, (l 708-1777), schweizer Mediziner, Botaniker und Dichter. In dem Gedicht «Die Falschheiten der menschlichen Tugenden», an Herrn Professor Stähelin, April 1730, in «Versuch Schweizerischer Gedichte» (1732), Zürich 1768, S. 53:
«Ins Innre der Natur dringt kein erschaffener Geist; Zu glücklich, wenn sie noch die a~~ußere Schale weis`t.
«Ins Innere der Natur. .. »: Goethe: Gedichte, 3. Teil, «Gott und Welt. Allerdings. Dem Physiker». (Auch in «Naturwissenschaftliche Schriften», siehe oben, Bd. 1, GA 1 a, S. 170 f., «Verfolg. Freundlicher Zuruf».)
Kopernikus: Siehe Hinweis zu S. 9.
46 «Wer Wissenschaft und Kunst besitzt»: Goethe: Gedichte, 3. Teil, Zahme Xenien IX, in «Deutsche National-Litteratur», Bd. 84, S. 297, bzw. in der Sophien-Ausgabe, 5.Bd.,I,S.134.
47 in dem gestrigen öffentlichen Vortrage: Es handelt sich um den vorangegangenen Vortrag vom 15. November in diesem Band.
Über das Recht> ... Wahrheiten zurückzuhalten, -.. wollen wir uns heute weniger aussprechen: Eine Zusammenstellung von Äußerungen Rudolf Steiners über das Problem der Veröffentlichung esoterischer Inhalte findet sich, zusammengetragen und eingeleitet von Walter Kugler, in
48 die fünfte Epoche der nachatlantischen Zeit: Siehe Hinweis zu S. 78.
49 Sie wissen ja schon a~ der Bibel: Paulus, 1. Korinther, 1, 20: «Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?» und 3, 19: «Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gort».
52 die Welt der höheren Hierarchien: Nebst unzähligen anderen Schilderungen der höheren Hierarchien im Werke Rudolf Steiners siehe z. B. die Schriften «Aus der Akasha-Chronik» (1904-1908), GA il, und «Die Geheimwissenschaft im Umriß» (1910), GA 13, Kap. «Die Weltentwickelung und der Mensch», sowie den Vortragszyklus «Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt. Tierltreis, Planeten, Kosmos» (10 Vorträge, Düsseldorf 1909), GA 110.
62 ich habe darüber in Zürich gesprochen: Siehe den Vortrag vom 13. November 1917 in diesem Band und den vom 14. November 1917 in «Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie» (8 Vorträge, Zürich 1917/18), GA 73.
64 Paracelsus, Theophrastus von Hohenheim, 1493-1541 - Arzt, Naturforscher und Philosoph. Stadtarzt und Ordinarius an der Universität in Basel.
67 Columban, um 550-615, irischer Mönch, der mit zwölf Schülern, darunter Gallus, ab 595 missionierend durch Franken, Burgund, Alemannien und die Lombardei zog.
(St.) Gallus (eig. Gallo, auch Gall von Hibernien genannt), um 550/555-641 od. 645. Schüler von Columban und ein Begleiter auf dessen Missionszug, jedoch blieb er um 612 im Gebirge am Bodensee als Einsiedler zurück.
71 Gestern habe ich aufmerksam gemacht: Im Vortrag vom 15. November in diesem Band.
Ralph Wa/`o Emerson, 1803-1882, amerikanischer Philosoph und Essayist.
Woodrow Wilson, 1856-1924, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika von 1912 bis 1920.
74 von der ich in Zürich vor ein paar Tagen bewiesen habe: Siehe den öffentlichen Vortrag
«Anthroposophie und Geschichtswissenschaft. Geisteswissenschaftliche Ergebnisse über die Entwickelung der Menschheit und ihrer Kulturformen» vom 7. November 1917 in «Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie» (8 Vor- trage, Zürich 1917/18), GA 73.
75 Gleichnis, das ich oftmals schon gebraucht habe: Siehe z. B. im Vortrag vom 11. Juni 1908 in «Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen» (13 Vorträge, Berlin 1908), GA 102.
76 Fräulein Sophie Stinde, 1853-1915. Siehe die Ansprachen Rudolf Steiners über Sophie
Stinde im Band «Unsere Toten. Ansprachen, Gedenkworte und MeditationssPrüche 1906-1924», GA261.
Am Schluß des Vortrages (vor dem letzten gedruckten Abschnitt auf S. 76) sprach Rudolf Steiner noch einige Worte, die wir hier wiedergeben (vgl. auch Hinweis zu S. 121):
«Leider muß ich auch hier ganz kurz anfügen an diese Betrachtungen, daß anthroposophische Bewegung heute nicht nur Widerstand findet, Vorurteile, sondern daß sich in der letzten Zeit ganz besonders die Verleumdung, die Vertinglimpfung geltend gemacht hat, und daß das nun leider dazu führen muß, daß, weil diese Verleumdung sich besonders anknüpft an die persönlichen Besprechungen mit den einzelnen lieben Freunden der Gesellschaft, mit schwerem Herzen ich mich dazu entschließen muß, diese persönlichen Besprechungen über das esoterische Leben zunächst zurücktreten zu lassen. Die Verleumdungen, die in der letzten Zeit durch unberufene Mitglieder aufgetreten sind, sind solcher Art - ich will hier nicht im einzelnen darüber sprechen -, däß es schon notwendig ist, daß gerade diejenigen Dinge, die ja aus wirklichem Herzensbedürfnis heraus gemacht worden sind, die persönlichen Besprechungen, für eine kürzere oder längere Zeit völlig unterbrochen
werden. Und als zweites - wenn nur das erste gesagt wird, so wird es nicht der Wirklichkeit voll entsprechen -, daß ich meinerseits diejenigen verehrten lieben Freunde, die mit mir solche Besprechungen persönlichst gehabt haben, in der Zukunft entbinde davon, irgendwelches Schweigen über dasjenige, was persönlich mit mir besprochen worden ist, zu bewahren. Das, was persönlich zwischen mir und irgendeinem Mitgliede verhandelt worden ist, kann, sofern es das Mitglied selber will - es muß es natürlich nicht -, jedem erzählt werden. Die ganze Welt kann alles dasjenige wissen, was sich jemals auf anthroposophischem Boden abgespielt hat, wenn die Mitglieder es selber wollen.
Diese Dinge sind schon einmal notwendig geworden, weil solch wirklich Abscheuliches auf dem Boden der anthroposophischen Bewegung auch auftreten konnte in der letzten Zeit. Derjenige, welcher esoterisch vorwärts- kommen will, wird auch so die Gelegenheit finden; ich werde Ersatz schaffen für dasjenige, was nun wegfallen muß. Lassen Sie mir nur ein wenig Zeit. Es werden Mittel und Wege gefunden werden, daß jeder dasjenige, was er auf seinem esoterischen Wege braucht, den er nur mit aller Ruhe und Energie fortsetzen soll, auch fortsetzen kann, wenn auch eine längere Zeit von persönlichen Besprechungen deshalb abgesehen werden muß, weil sich nun eben leider nur dadurch die Tragltraft der anthroposophischen Bewegung vorwärtsbringen läßt, daß man auf diese Weise, wenn auch schweren Herzens, den Verleumdungen begegnet, die, wie so vieles in dieser Zeit, absolut aus den Fingern gesogen sind. Aber es gibt viele Menschen, die heute nicht nur entstellen, sondern die erfinden, um zu verleumden. Dann muß man auch ganz besondere Maßregeln treffen.»
Anschließend an den letzten gedruckten Abschnitt folgten noch die Worte:
«Andererseits darf ich insbesondere diesmal angesichts der schwierigen Zeitverhälmisse auch unsern St. Galler Freunden im Namen derjenigen, die die anthroposophische Bewegung leiten, den ganz besonderen Dank aussprechen, daß sie unter diesen schwierigen Saal- und anderen Verhältnissen es auch gegenwärtig möglich gemacht haben, uns öffentlich und im Zweige auch hier in dieser Stadt in dieser tragischen Zeit, trotz der Hindernisse, unser Zusarnrnensein zu ermöglichen. Dafür besonderen Dank an unsere daran beteiligten lieben St. Galler Freunde.»
77 Vorjahren war ich gerade in Berlin in beruflichen Angelegenheiten taÜg: Zu jener Zeit (September l898) war Rudolf Steiner Mitherausgeber der Zeitschrift «Magazin für Litteratur» und der daran angeschlossenen «Dramaturgischen Blätter» - Für diese Zeitschrift schrieb Rudolf Steiner eine Fülle von Artikeln, die in den fünf Aufsatzbänden GA 29-33 veröffentlich sind. - Siehe Rudolf Steiners Darstellung dieser Berliner Zeit in «Mein Lebensgang» (1923-1925), GA 27, Kap. XXIV ff.
Elisabeth> 1837-l898, Kalserin v`on Österreich, vermählt mit Kaiser Franz Joseph I. Sie wurde am 10. September 1898 vom italienischen Anarchisten Luccheni in Genf erdolcht.
77 eines Mannes, der dazumal Berliner Kritiker war: Es ist nicht bekannt, um wen es sich hier handelt.
78 wir haben es ja oftmals auseinandergesetzt. in den Zyklen ist darüber viel zu lesen: Zu
den verschiedenen Perioden siehe u. v. a. im Werk Rudolf Steiners zwei grundlegende Darstellungen in den Schriften «Aus der Akasha-Chronik» (1904-1908), GA 11, und «Die Geheimwissenschaft im Umriß» (1910), GA 13, Kap. «Die Weltentwickelung und der Mensch».
83 von welchen ich in Zyklen ab und zu gesprochen habe: Vgl. z. B. den Vortrag vom 29. November 1915 in «Mitteleuropa zwischen Ost und West» (12 Vorträge, München 1914-18), GA 174a.
Kaiserin von Österreich: Siehe Hinweis zu 5.77.
85 Marie-Fran~is-Sadi Carnot, 1837-1894, Physiker, 4. Präsident der Französischen Republik, vom italienischen Anarchisten Caserio 1894 in Lyon erdolcht.
89 Da handelt es sich namentlich um sokhe Dinge, wie ich sie schon angedeutet habe gegenüber einigen Freunden: Siehe den Vortrag vom 7. Oktober 1917 in «Die spirituellen Hintergründe der äüßeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis» (14 Vorträge, Dornach 1917), GA 177.
91 Ich habe öfter in diesen und jenen Kreisen unserer Freunde hingewiesen: Siehe u. a. den Vortragszyklus GA 177, siehe oben.
93 ich habe das wiederholt angedeutet in den Mysteriendramen: Siehe RudoIf Steiner: «Vier Mysteriendramen» (1910-1913), GA 14:1. «Die Pforte der Einweihung (Initiation)». Ein Rosenkreuzermysterium (1910). 11. «Die Prüfung der Seele». Szenisches
Lebensbild als Nachspiel zur «Pforte der Einweihung» (1911). 111. «Der Hüter der Schwelle». Seelenvorgänge in szenischen Bildern (1912). IV «Der Seelen Erwachen». Seelische und geistige Vorgänge in szenischen Bildern (1913). - Siehe hier insbesondere das letzte Bild von «Der Seelen Erwachen».
«In deinem Nichts hoff ich das All zu fin den»: Goethe: «Faust» II, Finstere Galerie, Vers 6256.
94 «Ich rübme dich»: Goethe: «Faust» 11, 1. Akt, Finstere Galerie, Verse 6257 f.
Neulicb sagte ich spaßendin Dornach drüben: Im Vortrag «Faust und das Problem des Bösen» vom 3. November 1917, siehe in «Geisteswissenschaftliche Erläuterungen zu Goethes . Band 11: Das Faust-Problem. Die romantische und die klassische Walpurgisnacht» (13 Vorträge, Dornach und Prag 1916-19), GA 273.
Woodrow Wilson: Siehe Hinweis zu S. 71.
«den Teufel spürt das Völkchen nie»: Goethe: «Faust» I, Auerbachs Keller, Verse 2181f.
96 Was ich in meinem Buche « Vom Mensohenrätsel» als schauen des Bewußtsein bezeichnet habe: Siehe Hinweis zu 5.28.
99 Vortrage, den ich hier vor acht Tagen gehalten habe: Gemeint ist der vorangegangene Vortrag vom 6. November in diesem Band.
106 über den Rebellenkampf von 1841-1879: Siehe Hinweis zu Seite 91.
108 gestern... im öffentlichen Vortrage: Gemeint ist der Vortrag «Anthroposophie und Naturwissenschaft. Geisteswissenschaftliche Ergebnisse über die Natur und den Menschen als Naturwesen» vom 12. November 1917 in Zürich, abgedruckt in «Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie (8 Vorträge, Zürich 191 7/ 18), GA 73.
110 Der Mensch ist, was er ?ßt: Siehe Ludwig Feuerbach, 1804-1872, deutscher Philosoph. «In Gedanken über Tod und Unsterblichkeit», Stuttgart 1903, Kap. «Der kritische Unsterblichkeitsgedanke», S. 134, wörtlich: «Ist das, was der Mensch ist, unabhängig von dem, was er ißt?»
112 Man kann jetzt nach Zürich kaum herkommen: Siehe den 2. Hinweis zu S. 123. - Zur Psychoanalyse siehe auch die zeitlich vorangegangenen Vorträge vom 10. und 11. November 1917, in diesem Band anschließend an diesen Vortrag abgedruckt. - Vgl. ferner u. a. den Vortrag «Anthroposophie und Sozialwissenschaft. Geisteswissenschaftliche Ergebnisse über Recht, Moral und soziale Lebensformen» vom 14. November 1917 in «Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie» (8 Vorträge, Zürich 1917/18), GA 73; denVortragvom 22. Januar 1918 in «Erdensterben und Weltenleben. AnthroPosophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft» (21 Vorträge, Berlin 1918), GA 181; oder die Fragenbeantwortung anschließend an den Vortrag vom 28. APril 1920 in «Die Erneuerung der Pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft» (14 Vorträge, Basel 1920), GA 301, S.238ff.
115 von denen ich am letzten Dienstag ge~ochen habe: Im Vortrag vom 6. November in diesem Band.
was wir durch vielejahre hindurch immerwiederum... gesagt haben: Siehe z. B. die Vorträge vom 16. Juni 1910 in «Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhange mit der germanisch-nordischen Mythologie» (11 Vorträge, Kristiania 1910), GA 121; vom 13. Februar 1915 in «Die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkrieges» (16 Vorträge, Stuttgart 1914-21), GA 1 74b; und vom 9. und 17. Dezember 1916 in «zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit - Erster Teil» (13 Vorträge, Dornach u. Basel 1916), GA 173.
Ich habe Sie das letzte Mal. - - aufmerksam gemacht: Siehe den Vortrag vom 6. November in diesem Band.
116 Eli~has Levi, 1810-1875. Pseudonym für den Abbk Alphonse Louis Constant. Französischer okkulter Schriftsteller.
Franz Xaver Benedikt von Baader, 1765-1841, Arzt, Philosoph und Theologe.
Louis Claude Marquis de Saint-Martin, 1743-1803, französischer Philosoph, Theosoph und Okku1tist.
121 Nach Zeile 3 v. o.: An dieser Stelle fügte Rudolf Steiner noch Bemerkungen gleichen Inhalts wie die am Schluß des Vortrages vom 16. November (siehe Hinweis zu S. 76) hinzu, und schloß sie mit folgenden Worten:
«Wenn jemand das als ungerecht empfinden und sagen möchte: da müssen Unschuldige für die Schuldigen leiden, dann kann ich nur sagen, meine lieben Freunde, man wende sich an diejenigen Orte, von denen die Verleumdungen ausgehen.
Es muß einmal auf solchem Gebiete Ernst gemacht werden, sonst wird es innerhalb der Gesellschaft nicht besser. Und es muß besser werden. Es muß der volle Ernst diese Gesellschaft durchdringen. Denn die Gesellschaft ist ein Träger für die wichtigsten Wahrheiten für die Gegenwart und kann nicht dadurch vor der Mitwelt - ich habe heute gesagt, welche Empfindungen man für die Verbreitung der anthroposophischen Wahrheiten haben muß - verdächtigt werden, daß sich gewisse Leute finden, die immer alles in der ruchlosesten Weise entstellen. Ich glaube, daß gerade diejenigen unserer lieben Freunde, die es ganz ernst meinen mit unserer Sache, diese Maßregel am allerbesten einsehen werden. Ich muß sie hier auch erwähnen, da ich sie in anderen Zweigen erwähnte, und weil ich Sie bitte, sie in der entsprechenden Weise zu würdigen. Ich habe bisher eben nicht finden können, daß man in den zahlreichen Dingen, die ich auf diesem Felde gesagt habe, soweit ernst gemacht hat, und daß man immer wieder gefunden hat, die Maßregeln werden durchbrochen. Es muß einmal etwas ernst unternommen werden,
sonst wird man nicht genügend aufmerksam auf dasjenige, um was es sich aIlihählich handelt.»
121 für die öffentlichen wie für diese Zweigvorträge: Mit den öffentlichen Vorträgen sind gemeint: «Anthroposophie und Seelenwissenschaft» (5. Nov.), «Anthroposophie und Geschichtswissenschaft» (7. Nov.), «Anthroposophie und Naturwissenschaft» (12.
Nov.) und «Anthroposophie und Sozialwissenschaft» (14. Nov.), enthalten im Band «Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch AnthroposoPhie» (8 Vorträge, Zürich 1917/18), GA 73.
123 Gelegentlich der Vorträge, die ich in Zürich zu halten habe: Siehe Hinweis oben.
daß man kaum mit dem geistigen Leben dieser Stadt in Berührung kommen kann, ohne daß man den Blick hin lenkt auf... die Psychoanalyse: Der Schweizer Psychologe und Philosoph Carl Gustav Jung, (1875-1961), ein ehemaliger Schüler Freuds, lebte seit 1909 in Küsnacht bei Zürich, hatte dort seine Privatprakis als Psychoanalytiker und lehrte seit 1910 an der Universität Zürich. - Zur Psychoanalyse siehe auch den Vortrag vom 13. November 1917 in diesem Band und den Hinweis zu S. 112.
124 Krankheitsfall, u..beobachtet... schon in den achtziger Jahren: Entnommen dem Buch von C. G. Jung: «Die Psychologie der unbewußten Prozesse. Ein Überblick über die moderne Theorie und Methode der analytischen Psychologie», Zürich 1917, S. 13 ff. (Ab 1925 unter dem Titel: «Das Unbewußte im normalen und kranken Seelenleben», ab 1942: «Über die Psychologie des Unbewußten». Es muß darauf hingewiesen werden, dali gegenüber der von Rudolf Steiner zitierten 1 - Auflage die späteren Auflagen von C. G. Jung erheblich umgearbeitet worden sind.)
joseoh Breuer, 1842-1925, Wiener Internist. Begründete mit Freud zusammen die Psychoanalyse. Siehe Breuer und Freud: «Studien über Hysterie», Leipzig und Wien 1895.
den ich selbst kannte: Siehe Rudolf Steiner: «Mein Lebensgang» (1923-25), GA 28, S.195f.
125 eine Darstellung, die sie gab, ... ist die folgende: In C. G. Jung (siehe Hinweis zu S. 124), S. 16.
126 Sigmund Freud, 1856-1939, Wiener Arzt und Psychologe. Mit Breuer zusammen Begründer der Psychoanalyse. - «Abhandlungen zur Sexualtheorie», 1905 (2. Aufl.: «Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie», Leipzig und Wien 1910), «Die Traumdeurang», 1900. Siehe auch Hinweis zu S. 124: Breuer.
Cbarcotsche Schule: Jean-Martin Charcot, 1825-1893. Französischer Mediziner, der hesonders durch seine Arbeiten über die Hysterie und die Hypnose bekannt wurde.
127 daß sich Freud sagte: Siehe Hinweis zu S. 124 (C. G. Jung), S. 17f.
Hermann Nothnagel, 1841-1905, Mediziner.
127l128 Der unwissenschaftliche Laie...; er sagt: C. G. Jung (siehe Hinweis zu S. 124),
S. 17: «Auf dieses Problem gibt es in der Medizin eine ausgezeichnete Antwort: man sagt: Man ist eben zu diesen Dingen . »
128 ein Fall, den Psychoanalytiker verzeichnen, ist etwa der folgende: Entnommen C. G. Jung (siehe Hinweis zu 5. 124), 5. 18 ff.
131 nach seinen Forschungen hat sich ihm ergeben: Siehe Ebenda, S. 20 ff.
was Freud seine Neurosetheorie, seine Secuöö"ltheoric nannte: Siehe Ebenda, Kap. 2: Die Sexualtheorie, bes. S. 38 ff.
131 f. junge.. «Die Psychologie der unbewußten Prozesse»: Siehe Hinweis zu S. 123 und 124.
132 AlfredAdler, 1870-1937, Mediziner. Begründer der Individualpsychologie, durch die er sich von Freud trennte. - «Pra,::is und Theorie der Individualpsychologie», 1919.
Friedrich Nietzsche, 1844-1900, Philosoph.
Wille zur Macht sollte ja bei Nietzsche sogar ein philosophisches Prinzip sein: Seit dem ersten Teil von «Also sprach Zarathustra» (1883) vertrat Nietzsche in seinen Werken in zunehmendem Maße die Auffassung, das Prinzip des Lebens und der Welt sei «Wille zur Macht - und nichts außerdem». Nietzsche hat auch in den achtziger Jahren ein umfangreiches Werk mit dem Titel «Der Wille zur Macht» geplant, diesen Plan aber wieder aufgegeben. Nach seinem Tod haben seine Schwester und Mitarbeiter des Nietzsche-Archivs aw unzusammenhängenden Nachlaßfragmenten das angeblich systematisch-philosophische HauPtwerk «Der Wille zur Macht» (1901/1906) willkürlich zusammengestellt.
133 jung sagt sich: Siehe Hinweis zu S. 124, S. 57.
Aber nun baut jung eine besondere Theorie darauf auf- Ebenda, Kap. 4: Die zwei psychologischen Typen.
133 u. a. der extravertierte Typ: Die früher uneinheitliche Schreibweise extro- bzw. extravertiert konnte jetzt auf Grund eines Stenogrammvergleichs und der Tatsache, daß Jung im betr. Buch immer extravertiert schreibt, festgesetzt werden.
135 Ich habe Ihnen ja das Beispiel angeführt: Siehe die Fallschilderung auf S. 128 ff. in diesem Band.
136 Dadurch kommt Jun g zu einer Unterscheidung von zwei Unbewußten: Siehe Hinweis zu S. 124, Kap. 5: Das persönliche und das überpersönliche Unbewußte.
Dabei kommen ja die Psychoanalytiker darauf daß sie sagen: Ebenda.
137 Denn so weit kommt sogar der Psychoanalytiker, daß er sagt: Ebenda, Kap. 7: Die
Dominanten des überpersönlichen Unbewußten. Jung versteigt sich sogar so weit, daß er sagt: Ebenda.
138 Jung folgenden interessanten Fallanführt: Ebenda, S.49ff. und 79ff.
139 Jung erzählt nun einen Fall: Ebenda, S. 7off.
140 Es kann zum Beispiel vorkommen: Ebenda, S. 14.
141 aus einem Vortrage, den ich hier im Lauf des vorigen Jahres gehalten habe, können Sie die Erklärung... leicht finden: Über die Hysterie hat Rudolf Steiner im Jahre 1916 gesprochen in den beiden Vorträgen vom 11. April 1916 in «Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeis»e» (12 Vorträge, Berlin 1916), GA 167, und vom 13. August 1916 in «Das Rätsel des Menschen. Die geistigen Hintergründe der menschlichen Geschichte» (15 Vorträge, Dornach 1916), GA 170. - Zwei Tage nach dem vorliegenden Vortrag, am 12. November 1917, beschreibt Rudolf Steiner das gleiche Phänomen in einer Fragenbeantwortung, siehe «Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie» (8 Vorträge, Zürich 1917/18), GA 73.
daß er sich sagt: Siehe Hinweis zu S. 124, Kap. 7.
Ich muß Ihnen ... ein Stückchen vorlesen: Ebenda, S. 90 f.
143 «Denn diese letztere Frage gehört zu den dümmsten Fragen, die man stellen kann»: Ebenda, S. 91. Die späteren Auflagen haben diesen Satz nicht mehr, sondern: ... - denn diese Frage kann der menschliche Intellekt niemals beantworten. »
145 Gleich in der Vorrede sagt zum BeispielJung etwas: Siehe Hinweis zu S. 124, S. 6 f.
146 Wir wissen nun schon aus den ve,`lhssenen Vorträgen: Siehe den Vortragszykius «Die
spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis» (14 Vorrräge, Dornach 1917), GA 177.
ArthurSchopenhauer, 1788-1860, Philosoph. Er schrieb u. a. «Die Welt als Wille und
Vorstellung», 2 Bde, Leipzig 1819/1844. - Siehe auch Rudolf Steiners Biographie «Arthur Schopenhauer» in «Biographien und biographische Skizzen 1894-1905. Schopenhauer - Jean Paul - Uhland - Wieland. Literatur und geistiges Leben im neunzehnten Jahrhundert», GA 33.
147 Richard Wagner, 1813-1883, deutscher Opernkomponist. Nietzsches Bruch mitWagner 1878.
«Friedrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit» (1895), GA 5.
148 Jung findet, daß es Tatsache ist: Siehe Hinweis zu S. 124, Kap. 3, bes. S. 48.
151 Ich habe Ihnen gestern den Fall an geführt: Siehe den Vortrag vom 10. November in diesem Band, S. 128 ff. und Hinweis dort.
152 was Nietzsche... die große Vernunft gegenüber der kleinen Vernunft nennt: In «Also sprach Zarathustra», 1. Teil (1883), «Von den Verächtern des Leibes», wörtlich: «Der Leib ist eine große Vernunft, eine Vie1heit mit Einem Sinne, ein Krieg und ein Frieden, eine Heerde und ein Hirt. / Werkzeug deines Leibes ist auch deine kleine Vernunft, mein Bruder, die du nennst, ein kleines Werk- und Spielzeug deiner großen Vernuhft.»
153 von der Jung sagt,... aber wovon er auch sagt: Siehe Hinweis zu S. 124, S. 91 ff. Vgl. auch den Vortrag vom 10. November in diesem Band, bes. S. 141 ff.
l55 «Von Seelenrätseln. Anthropologie und Anthroposophie, Max Dessoir über Anthroposophie, Franz Brentano (Ein Nachruf). Skizzenhafte Erweiterungen» (1917), GA21, 2. Kap. «Max Dessoir über Anthroposophie».
Maz Dessoir, 1867-1947, Philosoph; Professor für Philosophie in Berlin. «Vom Jenseits der Seele. Die Geheimwissenschaften in kritischer Beleuchtung», Stuttgart 1917, Kap. «Geheimwissenschaft, 11. Theosophisches: Anthroposophie», 5.254-263.
In einem netten Zusammenhange rna~hlt er auch: Ebenda, S. 259.
156 «Die &beimwu.~enschaft im Umrtß» (1910), GA 13.
und in einem Abschnitt sage ich: Ebenda, s.294f., gemeint ist die Stelle «Im vierten, fünften und sechsten Jahrhundert n. Chr. bereitete sich in Europa ein Kulturzeitalter vor, das mit dem fünfzehnten Jahrhundert begann und in welchem die Gegenwart noch lebt. Es sollte das vierte, das griechisch-lateinische allmählich ablösen. Es ist das fünfte nachatlantische Kulturzeitalter. » - In der kurz darauf erschienenen Schrift «Von Seelenrätseln» (siehe oben) kommt Rudolf Steiner im Kapitel über Max Dessoir auch auf diese falsche Darstellung seitens Dessoir zu sprechen (S. 40, 44 ff.). Dessoir versucht sich darauf im Vorwort der 2. Auflage seines Buches «Vom Jenseits der Seele», Stuttgart 1918, gegenüber Rudolf Steiner zu rechtfertigen. Wie er aber mit den Aussagen Rudolf Steiners umgeht, zeigt gerade seine Antwort auf diese von Rudolf Steiner richtiggestellte Stelle betr. 5. und 6. Kulturperiode deutlich «... ich bitte ihn (den Leser) ferner auf das dringendste, davon Kenntnis zu nehmen, daß er nicht etwa im sechsten, sondern im fünften «Die Philosophie der Freiheit. Grundzüge einer modernen Weltanschauung - seelische Beobachtungsresu1tate nach naturwissenschaftlicher Methode» (1894), GA4.
die Schrift von dar «Geistigen Führung-. . »: «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit. Geisteswissenschaftliche Ergebnisse über die Menschheits-Entwikkelung» (1911), GAIS.
die kleine Schrift über «Reinkarnation undKarma»: «Reinkarnation und Kartna, vom Standpunkte der modernen Naturwissenschaft notwendige Vorstellungen» (1903), abgedruckt in «Lucifer-Gnosis. Grundlegende Aufsätze zur Anthroposophie und Berichte aus den Zeitschriften und 1903-1908», GA 34,
5.67-91.
156 Blut ist ein ganz besonderer Saft»: Öffentlicher Vortrag, gehalten am 25. Oktober 1906 un Architekterihaus in Berlin, abgedruckt in «Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit und deren Bedeutung für das heutige Leben» (13 Vorträge, Berlin 1906/07), GASS.
157 Er erzählt nämlich groteskerweise: «Vom Jenseits der Seele» (siehe oben), S. 34.
Ich habe zart darauf hingewiesen: In «Von Seelenrätseln» (siehe oben), S. 65 ff.
indem er einen trivialen Satz darauf formuliert, der. -. nicht von mir stammt: «Vom Jenseits der Seele» (siehe oben), S. 254, Aninerkung: «In Steiners Erstling, der (Berlin 1894), finden sich nur Ansätze zur eigentlichen Lehre: es wird dort gesagt, daß der Mensch etwas aus der Natur in sich herübergenommen hat und daher durch die Erkenntnis des eigenen Wesens das Rätsel der Natur lösen kann; daß im Denken eine Schaffenstätigkeit dem Erkennen vorausgeht, während wir am Zustandekommen der Natur unbeteiligt und auf nachträgliches Erkennen angewiesen sind. Intuition gilt hier bloß als die Form, in der ein Gedankeninhalt zunächst hervortntt. »
158 in diesem Kapitel: Kapitel über Max Dessoir in «Von Seelenrätsein» (siehe oben).
159 Besonders gravierend findet naöömllch Dessoir: Siehe in «Vom Jenseits der Seele» (siehe oben), S. 260.
Sie kennen dieses Kapitel aus der dann finden Sie dort das Geheimnis der Schwelle besprochen: Siehe «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» (1904/05), GA 10, Kap. «Der Hüter der Schwelle» und «Leben und Tod. Der große Hüter der Schwelle»; siehe (zur Trennung von Denken, Fühien und Wollen) aber auch das Kap. «Die Spaltung der Persönlichkeit während der Geistesschulung».
159f. Zeichnung: Siehe den die Zeichnungen betreffenden Hinweis unter «Zu dieser Ausgabe», 5.240.
161 Witbelm Wundt, 1832-1920, Arzt, Philosoph und Psychologe, gründete das erste Institut für experimentelle Psychologie in Leipzig.
wenn gesagt wird, was vor kürzerer oder längerer Zeit auch einmal gesagt worden sein soll: Diese Aussage konnte nicht nachgewiesen werden.
162 Nehmen Sie die Dame, die am Krankenbett ihres Vater sitzt: Siehe die Beschreibung dieses Falles im Vortaag vom 10. November in diesem Band, S. 124 ff.
163ff. Nietzsche, Wagner, Schopenhauer: Siehe auch den Schluß des vorangegangenen Vortrag- vom 10. November 1917 und die Hinweise dort. - Vgl. auch den Vortrag vom 31. August 1921 in «Anthroposophie, ihre Erkenntniswurzelii und Lebensfrüchte» (8 Vorträge, Stuttgart 1921), GA78.
164 Nie tzsch es erste Schriften: «Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik» (1872) - «Unzeitgemäße Betrachtungen»: «David Strauß, der Bekenner und Schriftsteller» (1873) - «Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben» (1874) - «Schopenhauer als Erzieher» (1874) - «Richard Wagner in Bayreuth» (1876).
165 die letzten Schriften Nietzsches: Vor allem: «Der Fall Wagner» (1888) - «GötzenDämmertmg» (1889) - «Der Antichrist» (1888, ersch. 1894) - «Ecce homo» (1888, ersch. 1908).
«Fö`edrich Nietzsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit» (1895), GA 5.
166 was Nietzsche selbst gesagt hat: In «Also sprach Zarathustra», 4. Teil (1891), «Das
Nachtwandler-Lied» (auch publ. als «Das trunkene Lied»), S. 6 und 12.
169 Alle Kretenser sind Lügner: Bekanntes Beispiel aus der altgriechischen Lehre der formalen Logik (Sophisten).
170 Betrachtungen, die wir anzuknüpfen versuchten: Siehe die Dornacher Vorträge vom 10. und 11. November und den Zürcher Vortrag vom 13. November in diesem Band. Nun habe ich Sieja darauf aufmerksam gemacht: 1m Vortrag vom 10. November in
diesem Band.
171 hier vor acht Tagen: Siehe die Vorträge vom 10. und 11. November in diesem Band.
172 Brüderschaften, die man Brüders<:haften ,»cer Linken nennt: 1m Vortrag vom 11. Oktober 1915 in «Die okkulte Bewegung im neunzehnten Jahrhundert und ihre Beziehung zur Weltku1tur» (13 Vorträge, Dornach 1915), GA254, erklärt Rudolf Steiner die Bezeichnung «links» genauer: ö ist man im Okkultismus, wenn man etwas als Endzweck erreichen will mit Hilfe dessen, was man al5 okkulte Lehre vertritt. ist min im Okkultismus, wenn man ihn nur um seiner selbst willen verbreitet. Die Mi»telpartei kommt eben darauf hinaus, das Esoterische, das in unserer Zeit notwendig ist für das allgemeine Menschliche, exoterisch zu machen. Diejenigen aber, die ganz nach links stehen, sind solche, die Sonderzwecke verbinden mit dem, was sie als okkulte Lehre verbreiten. Man steht links in dem Maße, als man Sonderzwecke verfolgt, die Menschen in die geistige Welt führt, ihnen allerlei Kundgebungen aus der geistigen Welt gibt und in einer unrichtigen Weise in sie hineinpflanzt, was nur zur Reallsierung von solchen Sonderzwecken dienen soll.»
173 gerade in den letzten Vortra~gen: Siehe Hinweise zu 5.91. - Vgl. ferner die Zürcher Vorträge vom 6. und 13. November 1917 in diesem Band.
Über das Erscheinen des Christus im Ätherischen siehe u. a. die Bände «Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt» (16 Vorträge, div. Orte
1910), GA 118, und «Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit» (23 Vortääge, div. Orte 1910/11), GA 130.
in dem ersten meer Mystei;endramen: «Die Pforte der Einweihung», siehe Hinweis zu 5.93.
175 Ich habe in den vorangehenden ~orträg~ gesagt: Siehe den Vortragszyklus «Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis» (14 Vorträge, Dornach 1917), GA 177. - Vgl. ferner z. B. die Vorträge vom 24. September
1916 in «Innere Entwicklungsimpulse der Menschheit. Goethe und die Krisis des neunzehnten Jahrhunderts» (16 Vorträge, Dornach 1916), GA 171, und vom 3. und 4. November 1917 in «Geisteswissenschafthche Erläuterungen zu Goethes . Band 11: Das Faust-Problem. Die romantische und die klassische Walpurgisnacht» (13 Vorträge, Dornach u. Prag 1916-19), GA273.
175 der Schwur, den einer ablegt: Ludwig Anzengruber, 1839-1889, Wiener Schriftsteller. «Ein Faustschlag», Schauspiel in drei Akten, 3. Akt, 6. Szene, wörtlich: «so wahr ein Gott lebt! - ich bin Atheist!»
180 Veranstaltungen der spiritistischen Sitzungen.. ., von denen ich öfter gesprochen habe: So z. B. in folgenden Vorträgen: 23. September 1916 in «Innere Enrwicklungsimpulse der Menschheit. Goethe und die Krisis des neunzehnten Jahrhunderts» (16 Vorträge, Dornach 1916), GA 171; 27. November 1916 in «Das Kartna des Berufes des Menschen in Anknüpfung an Goethes Leben» (10 Vorträge, Dornach 1916), GA 172; 26. Dezember 1916 in «Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Kartna der Unwahrhaftigkeit - Erster Teil» (13 Vorträge, Dornach u. Basel 1916), GA 173; sowie im Zyklus «Die okkulte Bewegung im neunzehnten Jahrhundert und ihre Beziehung zur Welt-
kultur. Bedeutsames aus dem äußeren Geistesleben um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts» (13 Vorträge, Dornach 1915), GA254.
Ich habe Sie öfter darauf aufmerksam gemacht, daß... viele Brüderschaften des Westens: Siehe u. a. die oben genannten Vorträge.
183 vertilgen: Das Stenogramrn ist an dieser Stelle undeutlich zu lesen, es könnte auch heißen: ehminieren. In der Nachschrift steht «verligieren».
185 Daß diese Aufnahme auch etwas Kompliziertes ist, habe ich Ihnen ja in der verschiedensten Weise dargestellt: Siehe u. a. den Band «Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusarnmehhang mit Wiederverkörperungsfragen. Ein Aspekt der geistigen Führung der Menschheit» (23 Vorträge, div. Orte 1909), GA 109.
,188 ich werde morgen noch über diese Dinge sprechen: Siehe außer dem hier gemeinten Vortrag vom 19. November auch den vom 16. November in diesem Band.
189 in den Zürcher Vorträgen, wo ich ... sogar 50 weit gegangen bin: Siehe Hinweis zu S. 123, dort speziell den Vortrag vom 7. November.
193 Fräulein Stinde: Siehe Hinweis zu S. 76.
194 das haben Sie schon aus den Auseinandersetzungen des vorigen jahres erkennen können: Siehe die Vortragszyklen «Innere Entwicklungsimpulse der Menschheit. Goethe und die Krisis des neunzehnten Jahrhunderts» (16 Vorträge, Dornach 1916), GA 171, «Das Karma des Berufes des Menschen in Anknüpfung an Goethes Leben»
(10 Vorträge, Dornach 1916), GA 172, und «Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit - Erster Teil» (13 Vorträge, Dornach u. Basel 1916), GA173.
197 «die Brüder der Linken»: Siehe Hinweis zu S. 172.
202 Wilhelm Wundt: Siehe Hinweis zu S. 161.
Fritz Mauthner, 1849-1923, Schriftsteller und Philosoph. «Wörterbuch der Philosophie. Neue Beiträge zu einer Kritik der Sprache», 2 Bände, München u. Leipzig 1910, 1. Bd., Artikel «Geschichte», S. 411, wörtlich: «So Wundt, von eines Verlegers Gnaden ein Klassiker der Philosophie. »
Ich habe im Laufe dieser Betrachtungen gesagt: So z. B. in den Vorträgen vom 6. und 18. November in diesem Band. Siehe ferner den 1. Hinweis zu S. 175.
204/205 haben wir zum Teil ja schon geschildert... haben wir angeführt: Siehe die Vorträge vom 6. und 13. November in diesem Band.
207 «Geheimwissenschaft im Umrtfl» (1910), GA 13.
208 im ersten Mysteriendrama: «Die Pforte der Einweihung», siehe Hinweis zu S. 93. Patr»cius Patrick, 389-460, Apostel und Schutzheiliger Irlands.
209 in öffentlichen Vorträgen: Siehe 2. Hinweis zu S. 121, dort speziell den Vortrag vom 14. November.
Thales von Milet, um 624/640 - um 545 v. Chr., griechischer Philosoph.
Lesen Sie nach in meinen «Rätseln der Philosophie»: «Die RätseI der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt» (1914), GA 18, Kap. «Die Weltanschauung der griechischen Denker».
212 Frederick Winslot" Taylor, 1856-1915, amerikanischer Ingenieur. Urheber der Zeit- studien in Industriebetrieben, Begrtinder der wissenschaftlichen Betriebsführung (Taylor-System). «The Principles of Scientific Management», 1912; deutsch: München und Berlin 1913.
213 Darwinistu~,:he Theorie: Siehe Hinweis zu S. 40.
215 ein sehr ge!ehrter Herr: Prof. Dr. Martin Dibelius, in dem Aufsatz: «Im vierten Kriegsjahr»; in: «Frankfürter Zeitung» Nr.322 vom 21. 11. 1917, 1. Morgenblatt, S.l-2.
217 in den öffentlichen Vortr~gen: Siehe 2. Hinweis zu 5. 121. Vgl. auch den Vortrag vom 15. November in diesem Band.
die kleine Broschüre: «Das menschliche Leben vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft (Anthroposophie)», Autoreferat eines öff. Vortrages vom 16. Okt. 1916 in Liestal. Enthalten in «Philosophie und Anthroposophie. Gesammelte Aufsätze 1904-1923», GA 35; Sonderausgabe Dornach 1982 und gleichnamiges Taschenbuch Th612.
218 Ich habe schon auf sie hingewiesen: Siehe den Vortrag vom 6. November in diesem Band (spez. S. 82). Siehe ferner z. B. die Vorträge vom 24. September und 7. und 14. Oktober 1916 in «Innere Entwicklungsimpulse der Menschheit. Goethe und die Krisis des neunzehnten Jahrhunderts» (16 Vorträge, Dornach 1916), GA 171.
Ich habe Sie aufmerksam darauf gemacht: Siehe die Vorträge vom 12. November 1916 in «Das Karma des Berufes des Menschen in Anknüpfung an Goethes Leben» (10 Vorträge, Dornach 1916), GA 172, und vom 18. Dezember 1916 in «Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit - Erster Teil» (13 Vorträge, Dornach u. Basel 1916), GA 173. Vgl. ferner den Vortrag vom 1. Dezember 1918 in «Die soziale Grundforderung unserer Zeit- In geänderter Zeitlage» (12 Vorträge, Dornach u. Bern 1918), GA l86. - Vgl. auch Rudolf Steiners Ausführungen über John Worrell Keely und den von ihm erfundenen Motor, z. B. im Vortrag vom 20. Juni 1916 in «Weltwesen und Ichheit» (7 Vorträge, Berlin 1916), GA 169. (Diesem sog. Keely-Motor hat auch H. P. Blavatsky ein Kapitel in ihrer «Geheimlehre» gewidmet, siehe «Die Geheimlehre. Die Vereinigung von Wissenschaft, Religion und Philosophie» (Orig.: «Secret Doctrine. The Synthesis of science, religion and philosophy»), 3 Bände, 1887-1897, Bd. 1, 3. Teil, Abt. IX «Die kommende Kraft«.) - Siehe auch Nr.
107 der «Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe», Dornach, Michaeli 1991: «Der Strader-Apparat. Modell - Skizzen - Berichte«.
heute vor acht Tagen: Siehe den Vortrag vom 19. November in diesem Band.
219 Zweimal habe ich es in öffentlichen Vorträgen in Baselgesagt: Siehe die Vorträge «Die
Menschenseele im Reich des Übersinnlichen und ihr Verhältnis zum Leib» (vom 18.
Oktober 1917) und «Geisteswissenschaftliche (anthroposophische) Forschungsergebnisse über das Ewige in der Menschenseele und über das Wesen der Freiheit» (vom 23. November 1917) in «Freiheit - Unsterblichkeit - Soziales Leben. Vom Zusammenhang des Seelisch-Geistigen mit dem Leiblichen des Menschen» (10 Vorträge, Basel u.
Bern 1917/18), GA 72. - Vgl. auch den Vortrag vom 15. November (St. Gallen) in diesem Band.
220 Zeile 6 v. o.: In den früheren Auflagen stand Erziehung anstatt Erzeugung. Das
Stenograrnm ist an dieser Stelle nicht eindeutig lesbar; es handelt sich um eine sinngemäße Korrektur.
Ich habe darauf hin gewiesen: Siehe hierzu den Vortrag vom 7. Oktober 1917 in «Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis» (14 Vorträge, Dornach 1917), GA 177, und dort auch die Hinweise zu S. 84 und 85.
Homunkulus-Szene bei Goethe: Goethe, «Faust» 11, 2. Akt, Laboratorium.
221 Kant hat sie falsch benannt: In «Kritik der praktischen Vernunft», 1788, 1. Teil, 2. Buch, 2. Hauptstück, Kap. VIII: Vom Fürwahrhalten aus einem Bedürfnisse der reinen Vernunft, 5.256 f.; Reclam 1945, S. 196, wörtlich: «Dagegen ist ein Bedürfnis der reinen praktischen Vernunft, auf einer Pflicht gegründet, etwas (das höchste Gut) zum Gegenstande meines Willens zu machen, um es nach allen meinen Kräften zu befördern; wobei ich aber die Möglichkeit desselben, mithin auch die Bedingungen dazu, nämlich Gott, Freiheit und Unsterblichkeit, voraussetzen muß, weil ich diese durch meine spekulative Vernunft nicht beweisen, obgleich auch nicht widerlegen kann. »
Goethe hat sie richtig genannt: In seinen «Tagebüchern», Sept. 1807, 7. Abschn., wörtlich: «Es kommt darauf an, däß der Mensch immerfort an seine drey idealen Forderungen: Gott, Unsterblichkeit, Tugend erinnert und sie ihm möglichst garantirt werden.»
222 im ersten Basler Vonrag: Getneint ist der Vortrag vom 18. November 1917, siehe Hinweis zu 5.219.
226 «Der Unfug des Sterbens»: Ausgewählte Essays von Prentice Mulford, aus dem Englischen übersetzt und bearbeitet von Sir Galahad (Pseud. für Bertha EcksteinDiener), München o.J. (1909).
228 Ich habe Ihnen ja gezeigt: Im Vortrag vom 19. November in diesem Band. Vgl. auch den Vortrag vom 16. November in St. Gallen.
230 Zeilen 12ff v. o.: Hier erfolgte eine sinngemäße Korrektur gegenüber den früheren Auflagen. Früher stand: ... . er enthält die niedere Tiernatur astrallter, er enthält gewissermaßen die Menschheit nur auf diesem astraliter aufgesetzten Tier. »
234 Bemerkung, die ich im Verlauf dieser Vorträge gemacht habe: Im Vortrag vom 6. November in diesem Band. Siehe S. 94 und 2. Hinweis dort.
«Ich sehe, daß du den Teufel kennst»: Goethe, «Faust» 11, 1. Akt, Finstere Galerie,
Vers 6258.
Woodrow Wilson: Siehe Hinweis zu S. 71.
NAMENREGISTER
* = ohne Namensnennung
Adler, Alfred 132 f., 151
Anzengruber, Ludwig 175*
Baader, Franz Xaver Benedikt von 116 Breuer, Josef 124127
Garnot, Marie-Fran~ois-Sadi 85
Charcot, Jean-Martin 126
Columban 67, 68*
Darwin, Charles 12,4042,213,218, 232
Dessoir, Max 155159
Dewar, SirJames 22 f.
Dibeijus, Martin 215 f·*, 226*
Du Bois-Reymond, Emil 16
Elisabeth (Kaiserin v. Österreich) 77*, 83*, 85
Emerson, Ralph Waldo 71
Fichte, Johann Gottlieb 19
Freud, Sigmund 126133, 151, 154, 168f.
Gallus 67f., 71
Goethe, Johann Wolfgang von 4446, 93 f*, 220f.
Haeckel, Ernst 40 f.
Haller, Albrecht von 45*
Hartmann, Eduard von 40 f.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 19
Hertwig, Oscar 41 f.
Jung, Carl Gustav 131142, 143*, 145, 148f. 151,153,168
Kant, Immanuel 24,45,221
Kopernikus, Nikolas 9 f., 26,45, 4Sf.
Laplace, Pierre Simon 24
Levi, Eliphas 116
Luccheni 77*
Mauthner, Fritz 202
Mulford, Prentice 226
Nietzsche, Friedrich Wilhelm 132, 146148, 152, 163166
Nothnagel, Hermann 127
Paracelsus, Theophrastus von Hohenheim 64
Patrick, Patricius 208
Samt-Martin, Louis Claude 116
Schopenhauer, Arthur 146 f., 164 f.
Stinde, Sophie 76, 193
Taylor, Fredenck Winslow 212 Thales von Milet 209 f.
Vischer, FriedrichTheodor 1sf., 18,19* Volkelt, Johannes 15
Wagner, Richard 147 f., 163165
Wilson, Thomas Woodrow 71,94,234
Wundt, Wilhelm 161,202
Steiner, Rudolf 155, 158
Schriften:
Die Philosophie der Freiheit (GA 4)
156158
Friedrich Nietzscbe, ein Kämpfer gegen seine Zeit (GAS) 147,165
Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10) 19,20*,38,
159ff.
Die Geheimwissenschaft im Umriß (GA 13) 19,20*,156,207
Vier Mysteriendramen (GA 14) 93,173, 182,208
1. Die Pforte der Einweihung 173,
208
IV. Der Seelen Erwachen 93
Die geistige Führung des Menschen
(GA 15) 156,159
Die Rätsel der Philosophie (GA 18) 209
Vom Menschenratsel (GA 20) 24,28,96 Von Seelenratseln (GA 21) 14, 16, 155,
158*
Reinkarnation und Karma (in GA 34) 156
Das menschliche Leben (in GA 35) 217
Vorträge:
Blut ist ein ganz besonderer Saft (in
GASS) 156
Freiheit Unsterblichkeit Soziales Leben (GA 72) 2 19*, 222*
Die Ergänzung heutiger Wissenschaften
(GA 73) 62*, 74*, 108*, 121*, 123*, 189*, 209*, 217*
Innere Entwicldungsimpulse (GA 171) 194*
Das Karma des Berufes (GA 172) 194* Zeitgeschichtliche Betrachtungen
(GA 173) 194*
Die spirituellen Hintergründe (GA 177) 146*, 173*
AUSFÜHRLICHE INHALTSANGABEN
Die Erkenntnis des Übersinnlichen und die menschlichen Seelenrätsel
Öffentlicher Vortrag, St. Gallen, 15. November 1917 9
Charakter der Naturwissenschaft und der Geisteswissenschaft. Natur- wissenschaft geht von der Geburt aus, verfolgt das Sichtbare; Geistes- wissenschaft geht von der Betrachtung des Todes aus und erforscht das Übersinnliche. Resignation oder Erkenntnismut an den Grenzorten der Erkenntnis. Du Bois-Reymond - E Th. Vischer. Vorstellen - Bild. Imagination, Inspiration, Intuition. Reales Erfassen des Seelischen und Geistigen von Mensch und Welt. Materialistische und geisteswissenschaftliche Weltanschauung, ihre Konsequenzen für das Leben nach dem Tod und für die Lebenspraxis. Hinweis auf den Goetheanismus.
Das Geheimriis des Doppelgängers. Geographische Medizin
St. Gallen, 16. November 1917 47
Der Umschwung seit dem 16. Jahrhundert zum Materialismus erfordert heute die spirituelle Erkenntnis. Die Bedeutung gemeinsamer Pflege der Geisteswissenschaft für das Leben der Seele nach dem Tode. Spirituelle Begriffe als Erkenntnislicht. Das Hereinragen der geistigen Welt in die physische. Der Doppelgänger. B,eziehungen des Doppelgängers zu den differenzierten Ausstrahlungen der Erde. Geographische Medizin. Beziehungen zu Amerika vor und seit dem Zeitalter der Bewußtseinsseele. Die iro-schottische Christianisierung. Die Erde als lebendiger Organismus. Nationalismus und Weltkultur. Rußland - Amerika. Geisteswissenschaft als Lebenskraft.
Hinter den Kulissen des äußeren Geschehens
Erster Vortrag, Zürich, 6. November 1917 77
Das Wirken guter und böser Kräfte im geschichtlichen Geschehen. Wechselwirkung zwischen Lebenden und Toten. Das Besondere der heutigen Kulturepoche. Lenkung der Menschen nach okkulten Grundsätzen. Das Bewußrwerden von Geheimnissen in Krankheit, Fortpflanzung und Tod. Das Wissen, das Seelen erfahren, die durch Attentate sterben. Machtimpulse durch okkulte Brüderschaften. Tendenzen, die spirituelle Entwicklung zu paralysieren. Das Entscheidungsjahr 1841. Seit 1879 wirken die Geister der Finsternis in den Seelen der Menschen. Das Durchschauen entkräftet ihre Wirkung. Über das Wirken für Geisteswissenschaft.
Zweiter Vortrag, Zürich, 13. November 1917 99
Die Umwandlung der neueren Zeit. Durch den Monotheismus findet der Mensch nur Beziehungen zum Engelwesen. Der Mensch muß konkrete Beziehungen zur geistigen Welt finden. Der K`ampf in der geistigen Welt zwischen 1841 und 1879. Das Wirken der Geister der Finsternis. Okkulte Brüderschaften und ihr verschiedenes Streben. Die Aufgabe der Geisteswissenschaft. Wirkung materialistischer Anschauungen in der gei`stigen Welt. Das Wesen der Freiheit. Das Verhältnis zu den Toten. Über Psychoanalyse. Seelenkrankheiten als Folgen unrichtiger Verhäimisse zu den Toten. Geisterkenntnis als Heilmittel. Das Wirken aus geistigen Impulsen und die Widerstände.
Zwei Vorträge über Psychoanalyse
Erster Vortrag, Domach, 10. November 1917 123
Die Anfänge der Psychoanalyse. Breuer. Freud. Ihre Forschungsart erläutert an Krankengeschichten. Adler. Die Anschauung Jungs. Die Typen. Das individuelle und kollektive Unbewußte. Projektion und Introjektion. Der Gottesbegriff als notwendige psychische Funktion. Die Anschauung Jungs als symptomatisches Beispiel für das Nichtherankommen an die geistige Welt. Nietzsche, Schopenhauer, Wagner als Realbeispiel geistiger Wirksamkeit.
Zweiter Vortrag, Domach, 11. November 1917 149
Die Seelentatsachen, die der Psychoanalyse vorliegen, weisen auf das Spirituelle. Der Zusammenhang des Menschen mit der geistigen Welt. Dessoir und die Anthroposophie, als Beispiel der Gelehrtenmoral. Deiiken, Fühlen und Wollen als Einheit in der Seele; sich trennend jenseits der Schwelle; sich vermischend im Unterbewußten bei Ich- Schwäche. Hysterie und Nervosität. Das Unzulängliche der Verstandesbegriffe. Charakter der geisteswissenschaftlichen Begriffe. Nietzsches Leben als Beispiel des Wirkens geistiger Impulse. Psychoanalyse und Pädagogik. Individuelle Therapie der Psychoanalyse und allgemeine Kulturiherapie durch Geisteswissenschaft. Kriterium: eine Theorie muß standhalten können, wenn man sie auf sie selbst anwendet.
Individuelle Geistwesen und einheitlicher Weltengrund
Erster Vortrag, Domach, 18. November 1917 170
Das Geistige kann nicht durch den Begriff des Unbewußten gefaßt werden. Wo Geist ist, ist auch Bewußtsein. Der Höhepunkt des Materialismus
und die Erfahrung der Christuserscheinung im Ätherischen. Die Auseinandersetzung mit dem Bösen als Zeitaufgabe. Wirkung spiritueller oder materialistischer Begriffe im nachtodlichen Leben. Spiritismus. Das Durchschauen schützt vor okkulten Machenschaften. Der Christusimpuls. Tendenzen okkulter westlicher und östlicher Brüderschaften, die Menschenseelen abzulenken von der Christuserscheinung. Der Impuls von Irland. Ausschaltung des «amerikanischen» Einflusses. Das Unterbewußte und der Doppelgänger. Seine Abhängigkeit von den Erdtertitorien.
Zweiter Vortrag, Domach, 19. November 1917 194
Die okkulten Brüderschaften und der Spiritismus. Lebenswidersprüche. Einheitlicher Weltengrund und das Wirken verschiedener spiritueller Individua1itäten. Lebenswirklichkeit und abstrakte Widerspruchs- losigkeit. Die Natur weist auf einheitlichen Weltengrund. Das Wirken einander widersprechender Geister hinter dem Sinnesteppich. Die Elementarwesen. Denken, Fühlen und Wollen und das Hereinwirken differenzierter Wesenheiten. Das Böse. Seine Überwindung mit Hilfe des Christusimpulses. Die Freiheit des Menschen gegenüber dem Spirituellen. Irland und die Christianisierung Europas. Der Doppelgänger und die Freiheit. Arbeitsteilung Taylors als Beispiel.
Dritter Vortrag, Domach, 25. November 1917 215
Das Abgelebte des alten Geisteslebens und die neuen Zukunftsimpulse der Geisteswissenschaft. Die großen Lebensfragen: Verwendungen der Ätherkräfte in Maschinen. Beherrschung des Lebens, Krankheit und Tod. Beherrschung von Zeugung und Geburt. Das Verschlafen der spirituellen Impulse, ihr Ergreifen aus Freiheit. Der Stein der Weisen. Gott, Tugend, Unsterblichkeit. Ihre Umdeutung durch die okkulten Brüderschaften. Berücksichtigung des Kosmischen in selbstloser Weise eine Zeitnotwendigkeit. Seine Benutzung durch westliche und östliche Brüderschaften. Das Hereinwirken der Toten aus der spirituellen Welt in Freiheit sowie ihr Hereingeführtwerden ins menschliche Dasein in künstlicher Weise, je nach dem Verhalten der Menschen der Erde.
Literatur
- Rudolf Steiner: Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen, GA 178 (1992), ISBN 3-7274-1780-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv. Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen. Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners. |