GA 13: Unterschied zwischen den Versionen

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(Der Seiteninhalt wurde durch einen anderen Text ersetzt: „thumb|{{RSV|013}} __TOC__ = Literatur = * Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß'', GA 13 (1989), ISBN 3-7274-0130-3; '''Tb 601''', ISBN 978-3-7274-6011-1 {{Schriften|013}} == Originalausgaben == * ''Die Geheimwissenschaft im Umriss'', 3. Auflage, Verlag von Max Altmann, Leipzig 1910 [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/anthroposo…“)
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= VORBEMERKUNGEN ZUR ERSTEN AUFLAGE =
<nowiki>#</nowiki>G013-1962-SE007 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss
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VOR­BE­MER­KUN­GEN ZUR ERS­TEN AUFLA­GE
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Wer ein Buch wie das vor­lie­gen­de der Öf­f­ent­lich­keit über­gibt, der soll mit Ge­las­sen­heit je­de Art von Be­ur­tei­lung sei­ner Aus­füh­run­gen sich vor­s­tel­len kön­nen, wel­che in der Ge­gen­wart mög­lich ist. Da könn­te zum Bei­spiel je­mand die hier ge­ge­be­ne Dar­stel­lung die­ses oder je­nes Din­ges zu le­sen be­gin­nen, wel­cher sich Ge­dan­ken über die­se Din­ge ge­mäß den For­schung­s­er­geb­nis­sen der Wis­sen­schaft ge­macht hat. Und er könn­te zu dem fol­gen­den Ur­teil kom­men: «Man ist er­sta­unt, wie der­g­lei­chen Be­haup­tun­gen in un­se­rer Zeit nur über­haupt mög­lich sind. Mit den ein­fachs­ten na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Be­grif­fen wird in ei­ner Wei­se um­ge­sprun­­gen, die auf ei­ne ge­ra­de­zu un­be­g­reif­li­che Un­be­kannt­schaft mit selbst ele­men­ta­ren Er­kennt­nis­sen sch­lie­ßen läßt. Der Ver­fas­ser ge­braucht Be­grif­fe, wie zum Bei­spiel Wär­me, in ei­ner Art, wie es nur je­mand ver­mag, an dem die gan­ze mo­der­ne Denk­wei­se der Phy­sik spur­los vor­über­ge­gan­gen ist. Je­der, der auch nur die An­fangs­grün­de die­ser Wis­sen­­schaft kennt, könn­te ihm zei­gen, daß, was er da re­det, nicht ein­mal die Be­zeich­nung Di­let­tan­tis­mus ver­di­ent, son­dern nur mit dem Aus­druck: ab­so­lu­te Igno­ranz be­legt wer­den kann...» Es könn­ten nun noch vie­le sol­che Sät­ze ei­ner der­ar­ti­gen, durch­aus mög­li­chen Be­ur­tei­lung hin­ge­schrie­ben wer­­den. Man könn­te sich aber nach den obi­gen Aus­sprüchen auch et­wa fol­gen­den Schluß den­ken: «Wer ein paar Sei­ten die­ses Bu­ches ge­le­sen hat, wird es, je nach sei­nem Tem­pe­r­a­­ment, lächelnd oder en­trüs­tet we­g­le­gen und sich sa­gen: Es ist doch son­der­bar, was für Aus­wüch­se ei­ne ver­kehr­te Ge­­dan­ken­rich­tung in ge­gen­wär­ti­ger Zeit trei­ben kann. Man legt die­se Aus­füh­run­gen am bes­ten zu man­cher­lei an­de­rem
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Ku­rio­sen, was ei­nem jetzt be­geg­net.» Was sagt aber nun der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches, wenn er et­wa wir­k­lich ei­ne sol­che Be­ur­tei­lung er­fah­ren wür­de? Muß er nicht ein­fach, von sei­nem Stand­punk­te aus, den Be­ur­tei­ler für ei­nen ur­teils­un­fähi­gen Le­ser hal­ten oder für ei­nen sol­chen, der nicht den gu­ten Wil­len hat, um zu ei­nem ver­ständ­nis­vol­len Ur­tei­le zu kom­men? Dar­auf soll ge­ant­wor­tet wer­den: Nein, die­ser Ver­fas­ser tut das durch­aus nicht im­mer. Er ver­mag sich vor­­zu­s­tel­len, daß sein Be­ur­tei­ler ei­ne sehr klu­ge Per­sön­lich­keit, auch ein tüch­ti­ger Wis­sen­schaf­ter und je­mand sein kann, der sich ein Ur­teil auf ganz ge­wis­sen­haf­te Art bil­det. Denn die­­ser Ver­fas­ser ist in der La­ge, sich hin­ein­zu­den­ken in die See­le ei­ner sol­chen Per­sön­lich­keit und in die Grün­de, wel­che die­se zu ei­nem sol­chen Ur­teil füh­ren kön­nen. Um nun kenn­t­­lich zu ma­chen, was der Ver­fas­ser wir­k­lich sagt, ist et­was not­wen­dig, was ihm selbst im all­ge­mei­nen oft un­pas­send scheint, wo­zu aber ge­ra­de bei die­sem Bu­che ei­ne drin­gen­de Ver­an­las­sung ist: näm­lich über ei­ni­ges Per­sön­li­che zu re­den. Al­ler­dings soll in die­ser Rich­tung nichts vor­ge­bracht wer­­den, was nicht mit dem Ent­schlus­se zu­sam­men­hängt, die­ses Buch zu sch­rei­ben. Was in ei­nem sol­chen Bu­che ge­sagt wird, hät­te ge­wiß kein Da­s­eins­recht, wenn es nur ei­nen per­sön­­li­chen Cha­rak­ter trü­ge. Es muß Dar­stel­lun­gen ent­hal­ten, zu de­nen je­der Mensch kom­men kann, und es muß so ge­­sagt wer­den, daß kei­ner­lei per­sön­li­che Fär­bung zu be­mer­ken ist, so­weit dies über­haupt mög­lich ist. In die­ser Be­zie­hung soll al­so das Per­sön­li­che nicht ge­meint sein. Es soll sich nur dar­auf be­zie­hen, ver­ständ­lich zu ma­chen, wie der Ver­fas­ser die oben ge­kenn­zeich­ne­te Be­ur­tei­lung sei­ner Aus­­­füh­run­gen be­g­reif­lich fin­den kann und den­noch die­ses Buch sch­rei­ben konn­te. Es gä­be ja al­ler­dings et­was, was die Vor­brin­gung
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ei­nes sol­chen Per­sön­li­chen über­flüs­sig ma­chen könn­te: wenn man, in aus­führ­li­cher Art, al­le Ein­zel­hei­ten gel­tend mach­te, wel­che zei­gen, wie die Dar­stel­lung die­ses Bu­ches in Wir­k­lich­keit doch mit al­len Fort­schrit­ten ge­gen­wär­ti­ger Wis­sen­schaft übe­r­ein­stimmt. Da­zu wä­ren nun aber al­ler­dings vie­le Bän­de als Ein­lei­tung zu dem Bu­che no­t­wen­dig. Da die­se au­gen­blick­lich nicht ge­lie­fert wer­den kön­­nen, so scheint es dem Ver­fas­ser not­wen­dig, zu sa­gen, durch wel­che per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se er sich be­rech­tigt glaubt, ei­ne sol­che Übe­r­ein­stim­mung in be­frie­di­gen­der Art für mög­lich zu hal­ten. Er hät­te ganz ge­wiß al­les das­je­ni­ge nie­­mals zu ver­öf­f­ent­li­chen un­ter­nom­men, was in die­sem Bu­che zum Bei­spiel mit Be­zug auf Wär­me­vor­gän­ge ge­sagt wird, wenn er sich nicht das Fol­gen­de ge­ste­hen dürf­te: Er war vor nun­mehr drei­ßig Jah­ren in der La­ge, ein Stu­di­um der Phy­sik durch­zu­ma­chen, wel­ches sich in die ver­schie­de­nen Ge­bie­te die­ser Wis­sen­schaft ver­zweig­te. Auf dem Fel­de der Wär­meer­schei­nun­gen stan­den da­mals die Er­klär­un­gen im Mit­tel­punk­te des Stu­di­ums, wel­che der so­ge­nann­ten «me­cha­ni­schen Wär­me­the­o­rie» an­ge­hö­ren. Und die­se «me­cha­­ni­sche Wär­me­the­o­rie» in­ter­es­sier­te ihn so gar ganz be­son­­ders. Die ge­schicht­li­che Ent­wi­cke­lung der ent­sp­re­chen­den Er­klär­un­gen, die sich an Na­men wie Jul. Robert May­er, Helm­holtz, Jou­le, Clau­si­us und so wei­ter da­mals knüpf­te, ge­hör­te zu sei­nen fort­wäh­ren­den Stu­di­en. Da­durch hat er sich in der Zeit sein er Stu­di­en die hin­rei­chen­de Grund­la­ge und Mög­lich­keit ge­schaf­fen, bis heu­te al­le die tat­säch­li­chen Fort­schrit­te auf dem Ge­bie­te der phy­si­ka­li­schen Wär­m­e­leh­re ver­fol­gen zu kön­nen und kei­ne Hin­der­nis­se zu fin­den, wenn er ver­sucht, ein­zu­drin­gen in al­les das, was die Wis­sen­schaft auf die­sem Fel­de leis­tet. Müß­te sich der Ver­fas­ser sa­gen: er
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kann das nicht, so wä­re dies für ihn ein Grund, die in dem Bu­che vor­ge­brach­ten Din­ge un­ge­sagt und un­ge­schrie­ben zu las­sen. Er hat es sich wir­k­lich zum Grund­satz ge­macht, nur über sol­ches auf dem Ge­bie­te der Geis­tes­wis­sen­schaft zu re­den oder zu sch­rei­ben, bei dem er in ei­ner ihm ge­nü­gend er­schei­nen­den Art auch zu sa­gen wüß­te, was die ge­gen­wär­­ti­ge Wis­sen­schaft dar­über weiß. Da­mit will er durch­aus nicht et­was aus­sp­re­chen, was ei­ne all­ge­mei­ne An­for­de­rung an al­le Men­schen sein soll. Es kann je­der­mann sich mit Recht ge­drängt füh­len, das­je­ni­ge mit­zu­tei­len und zu ver­öf­f­ent­li­chen, wo­zu ihn sei­ne Ur­teils­kraft, sein ge­sun­der Wahr­heits­sinn und sein Ge­fühl trei­ben, auch wenn er nicht weiß, was über die be­tref­fen­den Din­ge vom Ge­sichts­punkt zeit­ge­nös­si­scher Wis­sen­schaft aus zu sa­gen ist. Nur der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches möch­te sich für sich an das oben Aus­ge­spro­che­ne hal­ten. Er möch­te zum Bei­spiel nicht die paar Sät­ze über das men­sch­­li­che Drü­sen­sys­tem oder das men­sch­li­che Ner­ven­sys­tem ma­chen, wel­che in die­sem Bu­che sich fin­den, wenn er nicht in der La­ge wä­re, über die­se Din­ge auch den Ver­such zu ma­chen, in den For­men zu sp­re­chen, in de­nen ein ge­gen­wär­­ti­ger Na­tur­ge­lehr­ter vom Stand­punk­te der Wis­sen­schaft aus über das Drü­sen- oder Ner­ven­sys­tem spricht. Trotz­dem al­so das Ur­teil mög­lich ist, der­je­ni­ge, wel­cher so, wie es hier ge­schieht, über «Wär­me» spricht, wis­se nichts von den An­­fangs­grün­den der ge­gen­wär­ti­gen Phy­sik, ist doch rich­tig, daß sich der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches voll­be­rech­tigt glaubt zu dem, was er ge­tan hat, weil er die ge­gen­wär­ti­ge For­­schung wir­k­lich zu ken­nen be­st­rebt ist, und daß er es un­ter­las­sen wür­de, so zu sp­re­chen, wenn sie ihm fremd wä­re. Er weiß, wie das Mo­tiv, aus dem her­aus ein sol­cher Grund­satz aus­ge­spro­chen wird, recht leicht mit Un­be­schei­den­heit ver­wech­selt
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wer­den kann. Es ist aber doch nö­t­ig, ge­gen­über die­­sem Bu­che sol­ches aus­zu­sp­re­chen, da­mit des Ver­fas­sers wah­re Mo­ti­ve nicht mit noch ganz an­de­ren ver­wech­selt wer­den. Und die­se Ver­wechs­lung könn­te eben noch weit sch­lim­mer sein als die­je­ni­ge mit der Un­be­schei­den­heit.
Nun wä­re aber auch ei­ne Be­ur­tei­lung von ei­nem phi­lo­so­­phi­schen Stand­punk­te aus mög­lich. Sie könn­te sich fol­gen­­der­ma­ßen ge­stal­ten. Wer als Phi­lo­soph die­ses Buch liest, der frägt sich: «Hat der Ver­fas­ser die gan­ze er­kennt­nis­theo­re­­ti­sche Ar­beit der Ge­gen­wart ver­schla­fen? Hat er nie et­was da­von er­fah­ren, daß ein Kant ge­lebt hat und daß, nach die­­sem, es ein­fach phi­lo­so­phisch un­statt­haft ist, der­lei Din­ge vor­zu­brin­gen?» Wie­der könn­te in die­ser Rich­tung for­t­­ge­schrit­ten wer­den. Aber auch so könn­te die Be­ur­tei­lung sch­lie­ßen: «Für den Phi­lo­so­phen ist der­lei un­kri­ti­sches, nai­ves, lai­en­haf­tes Zeug un­er­träg­lich, und ein wei­te­res Ein­­ge­hen dar­auf wä­re Zeit­ver­lust.» Aus dem­sel­ben Mo­tiv, das oben ge­kenn­zeich­net wor­den ist, möch­te trotz al­ler Mißv­er­ständ­nis­se, die sich da­ran sch­lie­ßen kön­nen, der Ver­­­fas­ser auch hier wie­der Per­sön­li­ches vor­brin­gen. Sein Kant­stu­di­um be­gann in sei­nem sech­zehn­ten Le­bens­jah­re; und heu­te glaubt er wahr­haf­tig, ganz ob­jek­tiv al­les das, was in dem vor­lie­gen­den Buch vor­ge­bracht wird, vom Kant­schen Stand­punk­te aus be­ur­tei­len zu dür­fen. Er wür­de auch von die­ser Sei­te her ei­nen Grund ge­habt ha­ben, das Buch un­ge­­schrie­ben zu las­sen, wüß­te er nicht, was ei­nen Phi­lo­so­phen da­zu be­we­gen kann, es naiv zu fin­den, wenn der kri­ti­sche Maß­stab der Ge­gen­wart an­ge­legt wird. Man kann aber wir­k­lich wis­sen, wie im Sin­ne Kants hier die Gren­zen ei­ner mög­li­chen Er­kennt­nis über­schrit­ten wer­den; man kann wis­­sen, wie Her­b­art «nai­ven Rea­lis­mus» fin­den wür­de, der es
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nicht zur «Be­ar­bei­tung der Be­grif­fe» ge­bracht hat usw. usw.; man kann so­gar wis­sen, wie der mo­der­ne Prag­ma­tis­mus Ja­mes, Schil­lers und so wei­ter das Maß des­sen über­schrit­ten fin­den wür­de, was «wah­re Vor­stel­lun­gen» sind, wel­che «wir uns an­eig­nen, die wir gel­tend ma­chen, in Kraft set­zen und ve­ri­fi­zie­ren kön­nen01». Man kann dies al­les wis­sen und trotz­dem, ja eben des­halb sich be­rech­tigt fin­den, die­se hier vor­lie­gen­den Aus­füh­run­gen zu sch­rei­ben. Der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches hat sich mit phi­lo­so­phi­schen Ge­dan­ken­rich­­tun­gen au­s­ein­an­der­ge­setzt in sei­nen Schrif­ten «Er­kennt­nis­­the­o­rie der Goe­the­schen Wel­t­an­schau­ung», «Wahr­heit und Wis­sen­schaft», «Phi­lo­so­phie der Frei­heit», «Goe­thes Wel­t­­­an­schau­ung», «Welt- und Le­bens­an­schau­un­gen im neun­zehn­ten Jahr­hun­dert», «Die Rät­sel der Phi­lo­so­phie02»
Vie­le Ar­ten von mög­li­chen Be­ur­tei­lun­gen könn­ten noch an­ge­führt wer­den. Es könn­te auch je­man­den ge­ben, wel­cher ei­ne der frühe­ren Schrif­ten des Ver­fas­sers ge­le­sen hat, zum Bei­spiel «Welt- und Le­bens­an­schau­un­gen im neun­zehn­ten Jahr­hun­dert» oder et­wa des­sen klei­nes Schrift­chen: «Haec­kel und sei­ne Geg­ner». Ein sol­cher konn­te sa­gen: «Es ist ge­ra­de­zu un­er­find­lich, wie ein und der­sel­be Mensch die­se Schrif­ten und auch, ne­ben der be­reits von ihm er­schie­ne­nen Theo­so­phie, die­ses hier vor­lie­gen­de Buch sch­rei­ben kann. Wie kann man ein­mal so für Hae­ckel ein­t­re­ten und dann wie­der al­lem ins Ge­sicht schla­gen, was als ge­sun­der Mo­nis­­mus aus Hae­ckels For­schun­gen folgt? Man könn­te be­g­rei­­fen, daß der Ver­fas­ser die­ser Ge­heim­wis­sen­schaft mit
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<nowiki>#</nowiki>F­N013-012-01 Man kann so­gar die Phi­lo­so­phie des «Als ob», den Berg­so­nis­mus und die «Kri­tik der Spra­che» in erns­te Er­wä­gung ge­zo­gen und stu­diert ha­ben. (An­mer­kung bei der vier­ten Aufla­ge, 1913 hin­zu­ge­fügt.)
<nowiki>#</nowiki>F­N013-012-02 Die­ses Werk wird von der sie­ben­ten Aufla­ge, 1920, an er­wähnt.
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Feu­er und Schwert ge­gen Hae­ckel zu Fel­de zie­he; daß er ihn ver­tei­digt hat, ja daß er ihm so­gar Welt- und Le­bens­an­schau­un­gen im neun­zehn­ten Jahr­hun­dert ge­wid­met hat, das ist wohl das Un­ge­heu­er­lichs­te, was sich den­ken läßt. Hae­ckel hät­te sich für die­se Wid­mung wohl mit nicht mi­ß­zu­ver­ste­hen­der Ab­leh­nung be­dankt, wenn er ge­wußt hät­te, daß der Wid­mer ein­mal sol­ches Zeug sch­rei­ben wer­de, wie es die­se Ge­heim­wis­sen­schaft mit ih­rem mehr als plum­pen Dua­lis­mus ent­hält.» Der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches ist nun der An­sicht, daß man ganz gut Hae­ckel ver­ste­hen kann, und doch nicht zu glau­ben braucht, man ver­stün­de ihn nur dann, wenn man al­les für Un­sinn hält, was nicht aus Hae­ckel ei­ge­nen Vor­stel­lun­gen und Vor­aus­set­zun­gen fließt. Er ist aber fer­ner der An­sicht, daß man zum Ver­ständ­nis Hae­ckel nicht kommt, wenn man ihn mit «Feu­er und Schwert» be­kämpft, son­dern wenn man auf das­je­ni­ge ein­geht, was er der Wis­sen­schaft ge­leis­tet hat. Und am al­ler­we­nigs­ten glaubt der Ver­fas­ser, daß die Geg­ner Hae­ckels im Rech­te sind, ge­­gen wel­che er zum Bei­spiel in sei­ner Schrift «Hae­ckel und sei­ne Geg­ner» den gro­ßen Na­tur­den­ker ver­tei­digt hat. Wahr­haf­tig, wenn der Ver­fas­ser die­ser Schrift weit über Hae­ckels Vor­aus­set­zun­gen hin­aus­geht und die geis­ti­ge An­­sicht über die Welt ne­ben die bloß na­tür­li­che Hae­ckels setzt, so braucht er des­halb mit des letz­te­ren Geg­nern nicht ei­ner Mei­nung zu sein. Wer sich be­müht, die Sa­che rich­tig an­zu­­­se­hen, wird den Ein­klang von des Ver­fas­sers ge­gen­wär­ti­gen Schrif­ten mit sei­nen frühe­ren schon be­mer­ken kön­nen.
Auch ein sol­cher Be­ur­tei­ler ist dem Ver­fas­ser völ­lig ver­­­ständ­lich, der ganz im all­ge­mei­nen oh­ne wei­te­res die Aus­­­füh­run­gen die­ses Bu­ches als Er­güs­se ei­ner wild ge­wor­de­nen Phan­tas­tik oder ei­nes träu­me­ri­schen Ge­dan­ken­spiels an­sieht.
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Doch ist al­les, was in die­ser Be­zie­hung zu sa­gen ist, in dem Bu­che selbst ent­hal­ten. Es ist da ge­zeigt, wie in vol­lem Ma­ße das ver­nunft­ge­mä­ße Den­ken zum Pro­bier­stein des Dar­ge­­s­tell­ten wer­den kann und soll. Wer auf die­ses Dar­ge­s­tell­te die ver­nunft­ge­mä­ße Prü­fung eben­so an­wen­det, wie sie sach­­ge­mäß zum Bei­spiel auf die Tat­sa­chen der Na­tur­wis­sen­­schaft an­ge­wen­det wird, der erst wird ent­schei­den kön­nen, was die Ver­nunft bei sol­cher Prü­fung sagt.
Nach­dem so viel über sol­che Per­sön­lich­kei­ten ge­sagt ist, wel­che die­ses Buch zu­nächst ab­leh­nen kön­nen, darf auch ein Wort an die­je­ni­gen fal­len, wel­che sich zu dem­sel­ben zu­stim­mend zu ver­hal­ten An­laß ha­ben. Für sie ist je­doch das We­sent­lichs­te in dem ers­ten Ka­pi­tel «Cha­rak­ter der Ge­heim­wis­sen­schaft» ent­hal­ten. Ein we­ni­ges aber soll noch hier ge­sagt wer­den. Ob­wohl das Buch sich mit For­schun­gen be­faßt, wel­che dem an die Sin­nen­welt ge­bun­de­nen Ver­stand nicht er­forsch­bar sind, so ist doch nichts vor­ge­bracht, was nicht ver­ständ­lich sein kann un­be­fan­ge­ner Ver­nunft und ge­sun­dem Wahr­heits­sinn ei­ner je­den Per­sön­lich­keit, wel­che die­se Ga­ben des Men­schen an­wen­den will. Der Ver­fas­ser sagt es un­um­wun­den: er möch­te vor al­lem Le­ser, wel­che nicht ge­willt sind, auf blin­den Glau­ben hin die vor­ge­brach­­ten Din­ge an­zu­neh­men, son­dern wel­che sich be­mühen, das Mit­ge­teil­te an den Er­kennt­nis­sen der ei­ge­nen See­le und an den Er­fah­run­gen des ei­ge­nen Le­bens zu prü­fen01. Er möch­te vor al­lem vor­sich­ti­ge Le­ser, wel­che nur das lo­gisch zu Rech­t­­fer­ti­gen­de
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<nowiki>#</nowiki>F­N013-014-01 Ge­meint ist hier nicht et­wa nur die geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Prü­­fung durch die über­sinn­li­chen For­schungs­me­tho­den, son­dern vor al­lem die durch­aus mög­li­che vom ge­sun­den, vor­ur­teils­lo­sen Den­ken und Men­schen­ver­stand aus. (An­mer­kung bei der vier­ten Aufla­ge, 1913, hin­zu­­­ge­fügt.)
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gel­ten las­sen. Der Ver­fas­ser weiß, sein Buch wä­re nichts wert, wenn es nur auf blin­den Glau­ben an­ge­wie­sen wä­re; es ist nur in dem Ma­ße taug­lich, als es sich vor der un­be­fan­ge­nen Ver­nunft recht­fer­ti­gen kann. Der blin­de Glau­be kann so leicht das Törich­te und Aber­gläu­bi­sche mit dem Wah­ren ver­wech­seln. Man­cher, der sich mit dem blo­­ßen Glau­ben an «Über­sinn­li­ches» ger­ne begnügt, wird fin­­den, daß in die­sem Bu­che dem Den­ken zu viel zu­ge­mu­tet wird. Doch es han­delt sich wahr­lich bei den hier ge­ge­be­nen Mit­tei­lun­gen nicht bloß dar­um, daß et­was mit­ge­teilt wer­de, son­dern dar­um, daß die Dar­stel­lung so ist, wie es ei­ner ge­­wis­sen­haf­ten An­schau­ung auf dem ent­sp­re­chen­den Ge­bie­te des Le­bens an­ge­mes­sen ist. Es ist ja das Ge­biet, wo sich die höchs­ten Din­ge mit ge­wis­sen­lo­ser Char­la­ta­ne­rie, wo sich auch Er­kennt­nis und Aber­glau­be im wir­k­li­chen Le­ben so leicht be­rüh­ren und wo sie, vor al­lem, auch so leicht ver­­wech­selt wer­den kön­nen.
Wer mit über­sinn­li­cher For­schung be­kannt ist, wird beim Le­sen des Bu­ches wohl mer­ken, daß ver­sucht wor­den ist, die Gren­zen scharf ein­zu­hal­ten zwi­schen dem, was aus dem Ge­bie­te der über­sinn­li­chen Er­kennt­nis­se ge­gen­wär­tig mit­­­ge­teilt wer­den kann und soll, und dem, was zu ei­ner spä­­te­ren Zeit oder we­nigs­tens in an­de­rer Form dar­ge­s­tellt wer­den soll.
Ge­schrie­ben im De­zem­ber 1909 Ru­dolf Stei­ner
== VORBEMERKUNGEN ZUR VIERTEN AUFLAGE ==
<nowiki>#</nowiki>G013-1962-SE016 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss
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VOR­BE­MER­KUN­GEN ZUR VIER­TEN AUFLA­GE
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Wer es un­ter­nimmt, geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Er­geb­nis­se sol­cher Art dar­zu­s­tel­len, wie sie in die­sem Bu­che auf­ge­zeich­net sind, der muß vor al­len Din­gen da­mit rech­nen, daß die­se Art ge­gen­wär­tig in wei­tes­ten Krei­sen als ei­ne un­mög­li­che an­ge­se­hen wird. Wer­den doch in den fol­gen­den Aus­füh­run­gen Din­ge ge­sagt, von wel­chen ein in un­se­rer Zeit als st­reng gel­ten­des Den­ken be­haup­tet, daß sie «für men­sch­li­che In­tel­li­genz ver­mut­lich über­haupt un­ent­scheid­bar blei­ben». Wer die Grün­de kennt und zu wür­di­gen weiß, wel­che man­che erns­te Per­sön­lich­keit da­zu füh­ren, sol­che Un­mög­lich­keit zu be­haup­ten, der möch­te im­mer wie­der von neu­em den Ver­such ma­chen, zu zei­gen, auf wel­chen Mißv­er­ständ­nis­sen der Glau­be be­ruht, daß dem men­sch­li­chen Er­ken­nen ein Ein­drin­gen in die über­sinn­li­chen Wel­ten ver­sagt sei.
Denn zwei­er­lei liegt vor. Ers­tens wird sich auf die Dau­er kei­ne men­sch­li­che See­le bei tie­fe­rem Nach­den­ken vor der Tat­sa­che ver­sch­lie­ßen kön­nen, daß ih­re wich­tigs­ten Fra­gen nach Sinn und Be­deu­tung des Le­bens un­be­ant­wor­tet blei­ben müß­ten, wenn es ei­nen Zu­gang zu über­sinn­li­chen Wel­ten nicht gä­be. Man kann sich theo­re­tisch über die­se Tat­sa­che hin­weg­täu­schen; die Tie­fen des See­len­le­bens ge­hen aber mit die­ser Selbst­täu­schung nicht mit. Wer auf die­se See­l­en­tie­fen nicht hin­hö­ren will, der wird Aus­füh­run­gen über die über­sinn­li­chen Wel­ten na­tur­ge­mäß ab­leh­nen. Doch gibt es eben Men­schen, de­ren Zahl wahr­haft nicht ge­ring ist, wel­che un­mög­lich sich taub ge­gen die For­de­run­gen die­ser Tie­fen ver­hal­ten kön­nen. Sie müs­sen stets an die Pfor­ten klop­fen, wel­che nach der Mei­nung der an­de­ren das «Un­faß­ba­re» ver­sch­lie­ßen.
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Zwei­tens, es sind die Dar­le­gun­gen des «st­ren­gen Den­kens» kei­nes­wegs ge­ring zu ach­ten. Wer sich mit ih­nen be­schäf­tigt, der wird da, wo sie ernst zu neh­men sind, die­sen Ernst durch­aus mit­füh­len. Der Sch­rei­ber die­ses Bu­ches möch­te nicht als ein sol­cher an­ge­se­hen wer­den, der leich­ten Her­zens sich hin­weg­setzt über die ge­wal­ti­ge Ge­dan­ken­ar­beit, die auf­ge­wen­det wor­den ist, um die Gren­zen des men­sch­li­chen In­tel­lek­tes zu be­stim­men. Die­se Ge­dan­ken­ar­beit läßt sich nicht ab­tun mit ei­ni­gen Re­dens­ar­ten über «Schul­weis­heit» und der­g­lei­chen. So wie sie in vie­len Fäl­len auf­tritt, hat sie ih­ren Qu­ell in wah­rem Rin­gen der Er­kennt­nis und in ech­tem Scharf­sinn. Ja, es soll noch viel­mehr zu­ge­ge­ben wer­den: es sind Grün­de da­für vor­ge­bracht wor­den, daß die­je­ni­ge Er­kennt­nis, wel­che ge­gen­wär­tig als wis­sen­schaft­lich gilt, nicht in die über­sinn­li­chen Wel­ten vor­drin­gen kann, und die­se Grün­de sind in ge­wis­sem Sin­ne un­wi­der­le­g­lich.
Weil dies von dem Sch­rei­ber die­ses Bu­ches oh­ne wei­te­res selbst zu­ge­ge­ben wird, des­halb kann es man­chem ganz son­der­bar er­schei­nen, daß er es nun doch un­ter­nimmt, Aus­füh­run­gen zu ma­chen, die sich auf über­sinn­li­che Wel­ten be­zie­hen. Es scheint ja fast aus­ge­sch­los­sen zu sein, daß je­mand die Grün­de für die Un­er­kenn­bar­keit der über­sinn­li­chen Wel­ten in ge­wis­sem Sin­ne gel­ten läßt und den­noch von die­sen über­sinn­li­chen Wel­ten spricht.
Und doch kann man sich so ver­hal­ten. Und man kann zu­g­leich be­g­rei­fen, daß die­ses Ver­hal­ten als wi­der­spruchs­voll emp­fun­den wird. Es läßt sich eben nicht je­der­mann auf die Er­fah­run­gen ein, wel­che man macht, wenn man mit dem men­sch­li­chen Ver­stan­de an das über­sinn­li­che Ge­biet her­an­rückt. Da stellt sich her­aus, daß die Be­wei­se die­ses Ver­stan­des wohl un­wi­der­le­g­lich sein kön­nen; und daß sie trotz ih­rer
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Un­wi­der­le­g­lich­keit für die Wir­k­lich­keit nicht ent­schei­dend zu sein brau­chen. Statt al­ler theo­re­ti­schen Au­s­ein­an­der­set­zun­gen sei hier ver­sucht, durch ei­nen Ver­g­leich ei­ne Ver­stän­di­gung her­bei­zu­füh­ren. Daß Ver­g­lei­che selbst nicht be­wei­send sind, wird da­bei oh­ne wei­te­res zu­ge­ge­ben; doch hin­dert dies nicht, daß sie oft ver­ständ­lich ma­chen, was aus­ge­drückt wer­den soll.
Das men­sch­li­che Er­ken­nen, so wie es im all­täg­li­chen Le­ben und in der ge­wöhn­li­chen Wis­sen­schaft ar­bei­tet, ist wir­k­lich so be­schaf­fen, daß es in die über­sinn­li­chen Wel­ten nicht ein­drin­gen kann. Dies ist un­wi­der­le­g­lich zu be­wei­sen; al­lein die­ser Be­weis kann für ei­ne ge­wis­se Art des See­len­le­bens kei­nen an­de­ren Wert ha­ben als der­je­ni­ge, wel­chen je­mand un­ter­neh­men woll­te, um zu zei­gen, daß das na­tür­li­che Au­ge des Men­schen mit sei­nem Seh­ver­mö­gen nicht bis zu den klei­nen Zel­len ei­nes Le­be­we­sens oder bis zur Be­schaf­fen­heit fer­ner Him­mels­kör­per vor­drin­gen kann. So rich­tig und be­weis­bar die Be­haup­tung ist: das ge­wöhn­li­che Seh­ver­mö­gen dringt nicht bis zu den Zel­len, so rich­tig und be­weis­bar ist die an­de­re, daß das ge­wöhn­li­che Er­ken­nen nicht in die über­sinn­li­chen Wel­ten ein­drin­gen kön­ne. Und doch ent­schei­det der Be­weis, daß das ge­wöhn­li­che Seh­ver­mö­gen vor den Zel­len halt­ma­chen muß, nichts ge­gen die Er­for­schung der Zel­len. Warum soll­te der Be­weis, daß das ge­wöhn­li­che Er­kennt­nis­ver­mö­gen vor den über­sinn­li­chen Wel­ten halt­ma­chen muß, et­was ge­gen die Er­for­schung die­ser Wel­ten ent­schei­den?
Man kann die Emp­fin­dung füh­len, wel­che man­cher bei die­sem Ver­g­lei­che ha­ben muß. Man kann selbst mit­emp­fin­den, wenn ge­zwei­felt wird, daß je­mand den gan­zen Ernst der er­wähn­ten Ge­dan­ken­ar­beit auch nur ahnt, der die­ser
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Ar­beit mit ei­nem sol­chen Ver­g­leich ent­ge­gen­tritt. Und doch ist der­je­ni­ge, wel­cher die­ses sch­reibt, von die­sem Erns­te nicht nur durch­drun­gen, son­dern er ist der An­sicht, daß die­se Ge­dan­ken­ar­beit zu den edels­ten Leis­tun­gen der Mensch­heit zählt. Zu be­wei­sen, daß das men­sch­li­che Seh­ver­mö­gen nicht oh­ne Be­waff­nung zu den Zel­len ge­lan­gen kön­ne, wä­re al­ler­dings ein un­nö­t­i­ges Be­gin­nen; in st­ren­gem Den­ken sich der Na­tur die­ses Den­kens be­wußt wer­den, ist not­wen­di­ge Geis­tes­ar­beit. Daß der­je­ni­ge, wel­cher sich sol­cher Ar­beit hin­gibt, nicht be­merkt, daß die Wir­k­lich­keit ihn wi­der­le­gen kann, ist nur all­zu ver­ständ­lich. So we­nig in den Vor­be­mer­kun­gen zu die­sem Bu­che der Platz sein kann, auf man­che «Wi­der­le­gun­gen» der ers­ten Aufla­gen von sei­ten sol­cher Per­sön­lich­kei­ten ein­zu­ge­hen, de­nen al­les Ver­ständ­nis für das Er­st­reb­te ab­geht oder wel­che ih­re un­wah­ren An­grif­fe auf die Per­son des Ver­fas­sers rich­ten, so sehr muß be­tont wer­den, daß in dem Bu­che ei­ne Un­ter­schät­zung erns­ter wis­sen­schaft­li­cher Den­ker­ar­beit nur der ver­mu­ten kann, der sich vor der Ge­sin­nung der Aus­füh­run­gen ver­sch­lie­ßen will.
Das Er­ken­nen des Men­schen kann ver­stärkt, er­kraf­tet wer­den, wie das Seh­ver­mö­gen des Au­ges ver­stärkt wer­den kann. Nur sind die Mit­tel zur Er­kraf­tung des Er­ken­nens durch­aus von geis­ti­ger Art; sie sind in­ne­re, rein see­li­sche Ver­rich­tun­gen. Sie be­ste­hen in dem, was in die­sem Bu­che als Me­di­ta­ti­on, Kon­zen­t­ra­ti­on (Kon­tem­pla­ti­on) be­schrie­ben wird. Das ge­wöhn­li­che See­len­le­ben ist an die Werk­zeu­ge des Lei­bes ge­bun­den; das er­kraf­te­te See­len­le­ben macht sich da­von frei. Es gibt Ge­dan­ken­rich­tun­gen der Ge­gen­wart, für wel­che ei­ne sol­che Be­haup­tung ganz un­sin­nig er­schei­nen muß, für wel­che sie nur auf Selbst­täu­schung be­ru­hen muß. Sol­che Ge­dan­ken­rich­tun­gen wer­den es von ih­rem Ge­sichts­punk­te
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aus leicht fin­den, nach­zu­wei­sen, wie «al­les See­len­le­ben» an das Ner­ven­sys­tem ge­bun­den sei. Wer auf dem Stand­punk­te steht, von dem aus die­ses Buch ge­schrie­ben ist, der ver­steht durch­aus sol­che Be­wei­se. Er ver­steht die Men­schen, wel­che sa­gen, es kön­ne nur Ober­fläch­lich­keit be­haup­ten, daß man ir­gend­ein vom Lei­be un­ab­hän­gi­ges See­len­le­ben ha­ben kön­ne. Wel­che ganz da­von über­zeugt sind, daß für sol­che See­le­n­er­leb­nis­se ein Zu­sam­men­hang mit dem Ner­ven­le­ben vor­liegt, den «geis­tes­wis­sen­schaft­li­cher Di­let­tan­tis­mus» nur nicht durch­schaut.
Hier ste­hen dem­je­ni­gen, was in die­sem Bu­che ge­schil­dert wird, ge­wis­se durch­aus be­g­reif­li­che Denk­ge­wohn­hei­ten so schroff ge­gen­über, daß mit vie­len ei­ne Ver­stän­di­gung ge­gen­wär­tig noch ganz aus­sichts­los ist. Man steht hier eben vor dem Punk­te, an wel­chem sich der Wunsch gel­tend ma­chen muß, daß es in der Ge­gen­wart dem Geis­tes­le­ben nicht mehr ent­sp­re­chen soll­te, ei­ne For­schungs­rich­tung so­g­leich als Phan­tas­te­rei, Träu­me­rei usw. zu ver­ket­zern, die schroff von der ei­ge­nen ab­weicht. Auf der an­dern Sei­te steht aber doch schon ge­gen­wär­tig die Tat­sa­che, daß für die über­sinn­li­che For­schungs­art, wie sie auch in die­sem Bu­che dar­ge­s­tellt wird, ei­ne An­zahl von Men­schen Ver­ständ­nis ha­ben. Men­schen, wel­che ein­se­hen, daß der Sinn des Le­bens sich nicht in all­ge­mei­nen Re­dens­ar­ten über See­le, Selbst usw. ent­hüllt, son­dern nur durch das wir­k­li­che Ein­ge­hen auf die Er­geb­nis­se der über­sinn­li­chen For­schung sich er­ge­ben kann. Nicht aus Un­be­schei­den­heit, son­dern in freu­di­ger Be­frie­di­gung wird von dem Ver­fas­ser die­ses Bu­ches tief emp­fun­den die Not­wen­dig­keit die­ser vier­ten Aufla­ge nach ver­hält­nis­mä­ß­ig kur­zer Zeit.
Um in Un­be­schei­den­heit dies zu be­to­nen, da­zu fühlt der
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Ver­fas­ser nur all­zu­deut­lich, wie we­nig auch die neue Aufla­ge dem ent­spricht, was sie als «Um­riß ei­ner über­sinn­li­chen Wel­t­an­schau­ung» ei­gent­lich sein soll­te. Noch ein­mal wur­de zur Neu­aufla­ge das Gan­ze durch­ge­ar­bei­tet, vie­le Er­gän­zun­gen wur­den an wich­ti­gen Stel­len ein­ge­fügt, Ver­deut­li­chun­gen wur­den an­ge­st­rebt. Doch fühl­bar wur­de dem Ver­fas­ser an zahl­rei­chen Stel­len, wie sprö­de sich die Mit­tel der ihm zu­gäng­li­chen Dar­stel­lung er­wei­sen ge­gen­über dein, was die über­sinn­li­che For­schung zeigt. So konn­te kaum mehr als ein Weg ge­zeigt wer­den, um zu Vor­stel­lun­gen zu ge­lan­gen, wel­che in dem Bu­che für Sa­turn-, Son­nen-, Mon­den­ent­wi­cke­lung ge­ge­ben wer­den. Ein wich­ti­ger Ge­sichts­punkt ist in die­ser Aufla­ge auch auf die­sem Ge­bie­te in Kür­ze neu be­han­delt wor­den. Doch wei­chen die Er­leb­nis­se in be­zug auf sol­che Din­ge so sehr von al­len Er­leb­nis­sen auf dem Sin­nes­ge­bie­te ab, daß die Dar­stel­lung ein fort­wäh­ren­des Rin­gen nach ei­nem nur ei­ni­ger­ma­ßen ge­nü­gend schei­nen­den Aus­druck not­wen­dig macht. Wer auf den hier ge­mach­ten Ver­such der Dar­stel­lung ein­zu­ge­hen wil­lens ist, wird vi­el­leicht be­mer­ken, daß man­ches, was dem tro­cke­nen Wor­te zu sa­gen un­mög­lich ist, durch die Art der Schil­de­rung er­st­rebt wird. Die­se ist an­ders zum Bei­spiel bei der Sa­turn-, an­ders bei der Son­nen- usw. Ent­wi­cke­lung.
Vie­le dem Ver­fas­ser des Bu­ches wich­tig er­schei­nen­de Er­gän­zun­gen und Er­wei­te­run­gen er­fuhr in der neu­en Aufla­ge der zwei­te Teil des Bu­ches, wel­cher von der «Er­kennt­nis der höhe­ren Wel­ten» han­delt. Es lag das Be­st­re­ben vor, die Art der in­ne­ren See­len­vor­gän­ge an­schau­lich dar­zu­s­tel­len, durch wel­che die Er­kennt­nis von ih­ren in der Sin­nen­welt vor­han­de­nen Gren­zen sich be­f­reit und sich für das Er­le­ben der über­sinn­li­chen Welt ge­eig­net macht. Ver­sucht wur­de zu zei­gen
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daß die­ses Er­le­ben, ob­wohl es durch ganz in­ner­li­che Mit­tel und We­ge er­wor­ben wird, doch nicht ei­ne bloß sub­jek­ti­ve Be­deu­tung für den ein­zel­nen Men­schen hat, der es er­wirbt. Es soll­te aus der Dar­stel­lung her­vor­ge­hen, daß inn­er­halb der See­le de­ren Ein­zel­heit und per­sön­li­che Be­son­der­heit ab­ge­st­reift und ein Er­le­ben er­reicht wird, das je­der Mensch in der glei­chen Art hat, der eben in rech­ter Art die Ent­wi­cke­lung aus sei­nen sub­jek­ti­ven Er­leb­nis­sen her­aus be­wirkt. Erst wenn die «Er­kennt­nis der über­sinn­li­chen Wel­ten» mit die­sem Cha­rak­ter ge­dacht wird, ver­mag man sie zu un­ter­schei­den von al­len Er­leb­nis­sen bloß sub­jek­ti­ver Mys­tik usw. Von sol­cher Mys­tik kann man wohl sa­gen, daß sie mehr oder we­ni­ger doch ei­ne sub­jek­ti­ve An­ge­le­gen­heit des Mys­ti­kers ist. Die geis­tes­wis­sen­schaft­li­che See­len­schu­lung, wie sie hier ge­meint ist, st­rebt aber nach sol­chen ob­jek­ti­ven Er­leb­nis­sen, de­ren Wahr­heit zwar ganz in­ner­lich er­kannt wird, die aber doch ge­ra­de des­halb in ih­rer All­ge­mein­gül­tig­keit durch­schaut wer­den. Auch hier ist ja wie­der ein Punkt, an dem ei­ne Ver­stän­di­gung mit man­chen Denk­ge­wohn­hei­ten un­se­rer Zeit recht schwie­rig ist.
Zum Schlus­se möch­te der Ver­fas­ser des Bu­ches die Be­mer­kung ma­chen, daß auch von Wohl­mei­nen­den die­se Aus­füh­run­gen als das hin­ge­nom­men wer­den mö­gen, als was sie sich durch ih­ren ei­ge­nen In­halt ge­ben. Es herrscht heu­te viel­fach das Be­st­re­ben, die­ser oder je­ner Geis­tes­rich­tung die­sen oder je­nen al­ten Na­men zu ge­ben. Da­durch scheint sie man­chem erst wert­voll. Es darf aber ge­fragt wer­den: was sol­len die Aus­füh­run­gen die­ses Bu­ches da­durch ge­win­nen, daß man sie als «ro­sen­k­reu­ze­risch» oder der­g­lei­chen be­zeich­net? Wor­auf es an­kommt, ist, daß hier mit den Mit­teln, wel­che in der ge­gen­wär­ti­gen Ent­wi­cke­lungs­pe­rio­de der See­le mög­lich
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und die­ser an­ge­mes­sen sind, ein Ein­blick in die über­sinn­li­chen Wel­ten ver­sucht wird, und daß von die­sem Ge­sichts­punk­te aus die Rät­sel des men­sch­li­chen Schick­sals und des men­sch­li­chen Da­seins über die Gren­zen von Ge­burt und Tod hin­aus be­trach­tet wer­den. Es soll sich nicht han­deln um ein St­re­ben, wel­ches die­sen oder je­nen al­ten Na­men trägt, son­dern um ein St­re­ben nach Wahr­heit.
Auf der an­dern Sei­te sind auch in geg­ne­ri­scher Ab­sicht Be­zeich­nun­gen für die in dem Bu­che dar­ge­s­tell­te Wel­t­an­schau­ung ge­braucht wor­den. Ab­ge­se­hen da­von, daß die­je­ni­gen, mit wel­chen man den Ver­fas­ser hat am schwers­ten tref­fen und dis­k­re­di­tie­ren wol­len, ab­surd und ob­jek­tiv un­wahr sind, cha­rak­te­ri­sie­ren sich sol­che Be­zeich­nun­gen in ih­rer Un­wür­dig­keit da­durch, daß sie ein völ­lig un­ab­hän­gi­ges Wahr­heits­st­re­ben her­ab­set­zen, in­dem sie es nicht aus sich selbst be­ur­tei­len, son­dern die von ih­nen er­fun­de­ne oder grund­los über­nom­me­ne und wei­ter ge­tra­ge­ne Ab­hän­gig­keit von die­ser oder je­ner Rich­tung an­dern als Ur­teil bei­brin­gen wol­len. So not­wen­dig die­se Wor­te an­ge­sichts man­cher An­grif­fe ge­gen den Ver­fas­ser sind, so wi­der­st­rebt es die­sem doch, an die­sem Or­te auf die Sa­che wei­ter ein­zu­ge­hen.
Ge­schrie­ben im Ju­ni 1913 Ru­dolf Stei­ner
== VORREDE ZUR SIEBENTEN BIS FÜNFZEHNTEN AUFLAGE ==
<nowiki>#</nowiki>G013-1962-SE024 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss
Für die­se Neu­aufla­ge mei­ner «Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riß» ha­be ich den ers­ten Ab­schnitt «Cha­rak­ter der Ge­heim­wis­sen­schaft» fast ganz neu ge­stal­tet. Ich glau­be, daß da­durch nun we­ni­ger zu den Mißv­er­ständ­nis­sen An­laß sein wird, die ich aus der frühe­ren Fas­sung die­ses Ab­schnit­tes her­aus ha­be ent­ste­hen se­hen. Von vie­len Sei­ten konn­te ich hö­ren: An­de­re Wis­sen­schaf­ten be­wei­sen; was hier als Wis­sen­schaft sich gibt, sagt ein­fach: die Ge­heim­wis­sen­schaft stellt dies oder je­nes fest. Ein sol­ches Vor­ur­teil stellt sich na­tur­ge­mäß ein, da ja das Be­wei­sen­de der über­sinn­li­chen Er­kennt­nis sich durch die Dar­stel­lung nicht so auf­drän­gen kann wie bei der Dar­le­gung von Zu­sam­men­hän­gen der sin­nen­fäl­li­gen Wir­k­lich­keit. Daß man es aber nur mit ei­nem Vor­ur­teil zu tun hat, woll­te ich durch die Um­ar­bei­tung des ers­ten Ab­schnit­tes die­ses Bu­ches deut­li­cher ma­chen, als es mir in frühe­ren Aufla­gen ge­lun­gen zu sein scheint. In den an­dern Tei­len des Bu­ches ha­be ich durch Er­gän­zun­gen des In­hal­tes man­ches Dar­ge­s­tell­te schär­fer her­aus­zu­ar­bei­ten ge­sucht. Durch das Gan­ze hin­durch ha­be ich mich be­müht, an zahl­rei­chen Stel­len Än­de­run­gen in der Ein­k­lei­dung des In­halts vor­zu­neh­men, die mir das wie­der­hol­te Durch­le­ben des Dar­ge­s­tell­ten not­wen­dig er­schei­nen ließ.
Ber­lin, Mai 1920
Ru­dolf Stei­ner
== VORREDE ZUR SECHZEHNTEN BIS ZWANZIGSTEN AUFLAGE ==
<nowiki>#</nowiki>G013-1962-SE025 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss
Jetzt, nach­dem fünf­zehn Jah­re seit dem ers­ten Er­schei­nen die­ses Bu­ches ver­f­los­sen sind, darf ich wohl vor der Öf­f­ent­lich­keit ei­ni­ges sa­gen über die See­len­ver­fas­sung, aus der her­aus es ent­stan­den ist.
Ur­sprüng­lich war mein Plan, sei­nen we­sent­li­chen In­halt als letz­te Ka­pi­tel mei­nem lan­ge vor­her er­schie­ne­nen Bu­che «Theo­so­phie» an­zu­fü­gen. Das ging nicht. Die­ser In­halt run­de­te sich da­mals, als die «Theo­so­phie» aus­ge­führt wur­de, nicht in der Art in mir ab wie der­je­ni­ge der «Theo­so­phie». Ich hat­te in mei­nen Ima­gi­na­tio­nen das geis­ti­ge We­sen des Ein­zel­men­schen vor mei­ner See­le ste­hen und konn­te es dar­s­tel­len, nicht aber stan­den da­mals schon die kos­mi­schen Zu­sam­men­hän­ge, die in der «Ge­heim­wis­sen­schaft» dar­zu­le­gen wa­ren, eben­so vor mir. Sie wa­ren im ein­zel­nen da; nicht aber im Ge­samt­bild.
Des­halb ent­sch­loß ich mich, die «Theo­so­phie» mit dem In­hal­te er­schei­nen zu las­sen, den ich als das We­sen des Le­bens ei­nes ein­zel­nen Men­schen er­schaut hat­te, und die «Ge­heim­wis­sen­schaft» in der nächs­ten Zeit in al­ler Ru­he durch­zu­füh­ren.
Der In­halt die­ses Bu­ches muß­te nach mei­ner da­ma­li­gen See­len­stim­mung in Ge­dan­ken ge­ge­ben wer­den, die für die Dar­stel­lung des Geis­ti­gen ge­eig­ne­te wei­te­re Fort­bil­dun­gen der in der Na­tur­wis­sen­schaft an­ge­wen­de­ten Ge­dan­ken sind. Man wird es den hier wie­der ab­ge­druck­ten «Vor­be­mer­kun­gen zur ers­ten Aufla­ge» an­mer­ken, wie stark ich mich mit al­lem, was ich da­mals über Geis­te­ser­kennt­nis schrieb, vor der Na­tur­wis­sen­schaft ver­ant­wort­lich fühl­te.
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Aber man kann nicht in sol­chen Ge­dan­ken al­lein das zur Dar­stel­lung brin­gen, was sich dem geis­ti­gen Schau­en als Geist-Welt of­fen­bart. Denn die­se Of­fen­ba­rung geht in ei­nen blo­ßen Ge­dan­ken­in­halt nicht ein. Wer das We­sen sol­cher Of­fen­ba­rung er­le­bend ken­nen­ge­lernt hat, der weiß, daß die Ge­dan­ken des ge­wöhn­li­chen Be­wußt­seins nur ge­eig­net sind, das sinn­lich Wahr­ge­nom­me­ne, nicht aber das geis­tig Ge­schau­te, aus­zu­drü­cken.
Der In­halt des geis­tig Ge­schau­ten läßt sich nur in Bil­dern (Ima­gi­na­tio­nen) wie­der­ge­ben, durch die In­spi­ra­tio­nen sp­re­chen, die von in­tui­tiv er­leb­ter geis­ti­ger We­sen­heit her­rüh­ren. (Über das We­sen von Ima­gi­na­ti­on, In­spi­ra­ti­on und In­tui­ti­on fin­det man das Not­wen­di­ge in die­ser «Ge­heim­wis­sen­schaft» selbst und in mei­nem Bu­che «Wie er­langt man Er­kennt­nis­se der höhe­ren Wel­ten?».)
Aber der Dar­s­tel­ler der Ima­gi­na­tio­nen aus der Geist-Welt kann ge­gen­wär­tig nicht bloß die­se Ima­gi­na­tio­nen hin­s­tel­len. Er stell­te da­mit et­was dar, das als ein ganz an­de­rer Be­wußt­s­eins­in­halt ne­ben dem Er­kennt­nis­in­halt un­se­res Zei­tal­ters, oh­ne al­len Zu­sam­men­hang mit die­sem, stün­de. Er muß das ge­gen­wär­ti­ge Be­wußt­sein mit dem er­fül­len, was ein an­de­res Be­wußt­sein, das in die Geist-Welt schaut, er­ken­nen kann. Dann wird sei­ne Dar­stel­lung die­se Geist-Welt zum In­hal­te ha­ben; aber die­ser In­halt tritt in der Form von Ge­dan­ken auf, in die er hin­ein­f­ließt. Da­durch wird er dem ge­wöhn­li­chen Be­wußt­sein, das im Sin­ne der Ge­gen­wart denkt, aber noch nicht in die Geist-Welt hin­ein­schaut, voll ver­ständ­lich.
Die­se Ver­ständ­lich­keit bleibt nur dann aus, wenn man sich selbst Hin­der­nis­se vor sie legt. Wenn man die Vor­ur­tei­le, die die Zeit aus ei­ner falsch auf­ge­faß­ten Na­tur-
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An­schau­ung von «Gren­zen des Er­ken­nens» sich ge­bil­det hat, zu den ei­ge­nen macht.
Im Geist-Er­ken­nen ist al­les in inti­mes See­len-Er­le­ben ge­taucht. Nicht nur das geis­ti­ge An­schau­en selbst, son­dern auch das Ver­ste­hen, das das nicht schau­en­de ge­wöhn­li­che Be­wußt­sein den Er­geb­nis­sen des Schau­en­den ent­ge­gen­bringt.
Von die­ser Inti­mi­tät hat kei­ne Ah­nung, wer in di­let­tan­ti­scher Art da­von spricht, daß der, der zu ver­ste­hen glaubt, sich das Ver­ständ­nis selbst sug­ge­riert.
Aber es ist so, daß, was inn­er­halb des Be­g­rei­fens der phy­si­schen Welt bloß in Be­grif­fen als Wahr­heit oder Irr­tum sich aus­lebt, der geis­ti­gen Welt ge­gen­über Er­leb­nis wird.
Wer in sein Ur­teil nur lei­se emp­fin­dend die Be­haup­tung ein­f­lie­ßen läßt, das geis­tig Ge­schau­te ist von dem ge­wöhn­li­chen, noch nicht schau­en­den Be­wußt­sein we­gen des­sen Gren­zen nicht er­faß­bar, dem legt sich die­ses emp­fin­den­de Ur­teil wie ei­ne ver­fins­tern­de Wol­ke vor das Er­fas­sen; und er kann wir­k­lich nicht ver­ste­hen.
Aber dem un­be­fan­ge­nen nicht schau­en­den Be­wußt­sein ist das Ge­schau­te voll ver­ständ­lich, wenn es der Schau­en­de bis in die Ge­dan­ken­form hin­ein­bringt. Es ist ver­ständ­lich, wie dem Nicht-Ma­ler das fer­ti­ge Bild des Ma­lers ver­ständ­lich ist. Und zwar ist das Ver­ständ­nis der Geist-Welt nicht das künst­le­risch-ge­fühls­mä­ß­i­ge wie bei ei­nem Kunst­werk, son­dern ein durch­aus ge­dan­ken­mä­ß­i­ges wie der Na­tur­er­kennt­nis ge­gen­über.
Um aber ein sol­ches Ver­ständ­nis wir­k­lich mög­lich zu ma­chen, muß der Dar­s­tel­ler des geis­tig Ge­schau­ten sei­ne Schau­un­gen bis zu ei­nem rich­ti­gen Hin­ein­gie­ßen in Ge­dan­ken­form brin­gen, oh­ne daß sie inn­er­halb die­ser Form ih­ren ima­gi­na­ti­ven Cha­rak­ter ver­lie­ren.
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Das stand al­les vor mei­ner See­le, als ich mei­ne «Ge­heim­wis­sen­schaft» aus­ar­bei­te­te.
1909 fühl­te ich dann, daß ich mit die­sen Vor­aus­set­zun­gen ein Buch zu­stan­de­brin­gen kön­ne, das: ers­tens den In­halt mei­ner Geis­tes­schau bis zu ei­nem ge­wis­sen, aber zu­nächst ge­nü­gen­den Gra­de, in die Ge­dan­ken­form ge­gos­sen, brach­te; und das zwei­tens von je­dem den­ken­den Men­schen, der sich kei­ne Hin­der­nis­se vor das Ver­ständ­nis legt, ver­stan­den wer­den kann.
Ich sa­ge das heu­te, in­dem ich zu­g­leich aus­sp­re­che, daß da­mals 1909 mir die Ver­öf­f­ent­li­chung des Bu­ches als ein Wag­nis er­schi­en. Denn ich wuß­te ja, daß die ge­for­der­te Un­be­fan­gen­heit ge­ra­de die­je­ni­gen nicht auf­brin­gen kön­nen, die Na­tur­wis­sen­schaft be­ruf­lich trei­ben, und eben­so­we­nig al­le die zahl­rei­chen Per­sön­lich­kei­ten, die in ih­rem Ur­tei­le von die­sen ab­hän­gig sind.
Aber es stand ge­ra­de die Tat­sa­che vor mei­ner See­le, daß in der Zeit, in der sich das Be­wußt­sein der Mensch­heit von der Geist-Welt am wei­tes­ten ent­fernt hat­te, die Mit­tei­lun­gen aus die­ser Geist-Welt ei­ner al­ler­drin­gends­ten Not­wen­dig­keit ent­sp­re­chen.
Ich zähl­te dar­auf, daß es auch Men­schen gibt, die mehr oder we­ni­ger die Ent­fer­nung von al­ler Geis­tig­keit so schwer als Le­bens­hin­der­nis emp­fin­den, daß sie zu Mit­tei­lun­gen aus der Geist-Welt mit in­ne­rer Sehn­sucht grei­fen.
Und die fol­gen­den Jah­re ha­ben das ja voll be­stä­tigt. Die «Theo­so­phie» und «Ge­heim­wis­sen­schaft» ha­ben als Bücher, die im Le­ser gu­ten Wil­len vor­aus­set­zen, auf ei­ne schwie­ri­ge Sti­li­sie­rung ein­zu­ge­hen, wei­te Ver­b­rei­tung ge­fun­den.
Ich ha­be ganz be­wußt an­ge­st­rebt, nicht ei­ne «po­pu­lä­re» Dar­stel­lung zu ge­ben, son­dern ei­ne sol­che, die not­wen­dig
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macht, mit rech­ter Ge­dan­ken­an­st­ren­gung in den In­halt hin­ein­zu­kom­men. Ich ha­be da­mit mei­nen Büchern ei­nen sol­chen Cha­rak­ter auf­ge­prägt, daß de­ren Le­sen selbst schon der An­fang der Geis­tes­schu­lung ist. Denn die ru­hi­ge, be­son­ne­ne Ge­dan­ken­an­st­ren­gung, die die­ses Le­sen not­wen­dig macht, ver­stärkt die See­len­kräf­te und macht sie da­durch fähig, der geis­ti­gen Welt na­he zu kom­men.
Daß ich dem Bu­che den Ti­tel «Ge­heim­wis­sen­schaft» ge­ge­ben ha­be, hat so­g­leich Mißv­er­ständ­nis­se her­vor­ge­ru­fen. Von man­cher Sei­te wur­de ge­sagt, was «Wis­sen­schaft» sein will, darf nicht «ge­heim» sein. Wie we­nig be­dacht war ein sol­cher Ein­wand. Als ob je­mand, der ei­nen In­halt ver­öf­f­ent­licht, mit die­sem «ge­heim» tun wol­le. Das gan­ze Buch zeigt, daß nichts als «ge­heim» be­zeich­net, son­dern eben in ei­ne sol­che Form ge­bracht wer­den soll­te, daß es ver­ständ­lich sei wie nur ir­gend­ei­ne «Wis­sen­schaft». Oder will man, wenn man das Wort «Na­tur­wis­sen­schaft» ge­braucht, nicht an­deu­ten, daß es sich um Wis­sen von der «Na­tur» han­delt? Ge­heim­wis­sen­schaft ist Wis­sen­schaft von dem, was sich in­so­fer­ne im «Ge­hei­men» ab­spielt, als es nicht drau­ßen in der Na­tur wahr­ge­nom­men wird, son­dern da, wo­hin die See­le sich ori­en­tiert, wenn sie ihr In­ne­res nach dem Geis­te rich­tet.
«Ge­heim­wis­sen­schaft» ist Ge­gen­satz von «Na­tur­wis­sen­schaft».
Mei­nen Schau­un­gen in der geis­ti­gen Welt hat man im­mer wie­der ent­ge­gen­ge­hal­ten, sie sei­en ve­r­än­der­te Wie­der­ga­ben des­sen, was im Lau­fe äl­te­rer Zeit an Vor­stel­lun­gen der Men­schen über die Geist-Welt her­vor­ge­t­re­ten ist. Man sag­te, ich hät­te man­cher­lei ge­le­sen, es ins Un­ter­be­wuß­te auf­ge­nom­men und dann in dem Glau­ben, es ent­sprin­ge aus dem ei­ge­nen Schau­en, zur Dar­stel­lung ge­bracht. Aus gnos­ti­schen
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Leh­ren, aus ori­en­ta­li­schen Weis­heits­dich­tun­gen und so wei­ter soll ich mei­ne Dar­stel­lun­gen ge­won­nen ha­ben.
Man ist, in­dem man die­ses be­haup­tet hat, mit den Ge­dan­ken ganz an der Ober­fläche ge­b­lie­ben.
Mei­ne Er­kennt­nis­se des Geis­ti­gen, des­sen bin ich mir voll be­wußt, sind Er­geb­nis­se ei­ge­nen Schau­ens. Ich hat­te je­der­zeit bei al­len Ein­zel­hei­ten und bei den gro­ßen Über­sich­ten mich st­reng ge­prüft, ob ich je­den Schritt im schau­en­den Wei­ter­sch­rei­ten so ma­che, daß voll be­son­ne­nes Be­wußt­sein die­se Schrit­te be­g­lei­te. Wie der Ma­the­ma­ti­ker von Ge­dan­ke zu Ge­dan­ke sch­rei­tet, oh­ne daß Un­be­wuß­tes, Au­to­sug­ges­ti­on und so wei­ter ei­ne Rol­le spie­len, so sag­te ich mir muß geis­ti­ges Schau­en von ob­jek­ti­ver Ima­gi­na­ti­on zu ob­jek­ti­ver Ima­gi­na­ti­on sch­rei­ten, oh­ne daß et­was an­de­res in der See­le lebt als der geis­ti­ge In­halt klar be­son­ne­nen Be­wußt­seins.
Daß man von ei­ner Ima­gi­na­ti­on weiß, sie ist nicht bloß sub­jek­ti­ves Bild, son­dern Bild-Wie­der­ga­be ob­jek­ti­ven Geist-In­hal­tes, da­zu bringt man es durch ge­sun­des in­ne­res Er­le­ben. Man ge­langt da­zu auf geis­tig-see­li­sche Art, wie man im Be­reich der Sin­nes­an­schau­ung bei ge­sun­der Or­ga­ni­sa­ti­on Ein­bil­dun­gen von ob­jek­ti­ven Wahr­neh­mun­gen rich­tig un­ter­schei­det.
So hat­te ich die Er­geb­nis­se mei­nes Schau­ens vor mir. Sie wa­ren zu­nächst «An­schau­un­gen», die oh­ne Na­men leb­ten.
Soll­te ich sie mit­tei­len, so be­durf­te es der Wort­be­zeich­nun­gen. Ich such­te dann spä­ter nach sol­chen in äl­te­ren Dar­stel­lun­gen des Geis­ti­gen, um das noch Wort­lo­se in Wor­ten aus­dru­cken zu kön­nen. Ich ge­brauch­te die­se Wort­be­zeich­nun­gen frei, so daß wohl kaum ei­ne der­sel­ben in mei­nem Ge­brau­che zu­sam­men­fällt mit dem, was sie dort war, wo ich sie fand.
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Ich such­te aber nach sol­cher Mög­lich­keit, mich aus­zu­drü­cken, stets erst, nach­dem mir der In­halt im ei­ge­nen Schau­en auf­ge­gan­gen war.
Vor­her Ge­le­se­nes wuß­te ich beim ei­ge­nen for­schen­den Schau­en durch die Be­wußt­s­eins­ver­fas­sung, die ich eben ge­schil­dert ha­be, aus­zu­schal­ten.
Nun fand man in mei­nen Aus­drü­cken An­klän­ge an äl­te­re Vor­stel­lun­gen. Oh­ne auf den In­halt ein­zu­ge­hen, hielt man sich an sol­che Aus­drü­cke. Sprach ich von «Lo­tos­blu­men» in dem As­tral­leib des Men­schen, so war das ein Be­weis, daß ich in­di­sche Leh­ren, in de­nen man den Aus­druck fin­det, wie­der­gä­be. ja, sprach ich von «As­tral­leib» selbst, so war dies das Er­geb­nis des Le­sens mit­telal­ter­li­cher Schrif­ten. Ge­brauch­te ich die Aus­drü­cke: An­ge­loi, Ar­chan­ge­loi und so wei­ter, so er­neu­er­te ich ein­fach die Vor­stel­lun­gen christ­li­cher Gno­sis.
Sol­ches ganz an der Ober­fläche sich be­we­gen­de Den­ken fand ich im­mer wie­der mir ent­ge­gen­ge­hal­ten.
Auch auf die­se Tat­sa­che woll­te ich ge­gen­wär­tig beim Wie­de­r­er­schei­nen der «Ge­heim­wis­sen­schaft» in neu­er Aufla­ge hin­wei­sen. Das Buch ent­hält ja die Um­ris­se der An­thro­po­so­phie als ei­nes Gan­zen. Es wird da­her vor­züg­lich be­trof­fen von den Mißv­er­ständ­nis­sen, de­nen die­se aus­ge­setzt ist.
Ich ha­be seit der Zeit, in der in mei­ner See­le die Ima­gi­na­tio­nen, die das Buch wie­der­gibt, in ein Ge­samt­bild zu­sam­men­ge­f­los­sen sind, un­aus­ge­setzt das for­schen­de Schau­en in den Men­schen, in das ge­schicht­li­che Wer­den der Mensch­heit, in den Kos­mos und so wei­ter fort­ge­bil­det; ich bin im ein­zel­nen zu im­mer neu­en Er­geb­nis­sen ge­kom­men. Aber, was ich in der «Ge­heim­wis­sen­schaft» vor fünf­zehn Jah­ren als Um­riß ge­ge­ben ha­be, ist für mich in nichts er­schüt­tert
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wor­den. Al­les, was ich seit­her sa­gen konn­te, er­scheint, wenn es an der rech­ten Stel­le die­sem Bu­che ein­ge­fügt wird, als ei­ne wei­te­re Aus­füh­rung der da­ma­li­gen Skiz­ze.
Goe­thea­num, 10. Ja­nuar 1925
Ru­dolf Stei­ner


= Literatur =
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Version vom 18. August 2023, 18:52 Uhr

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VORBEMERKUNGEN ZUR ERSTEN AUFLAGE

#G013-1962-SE007 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss

#TI

VOR­BE­MER­KUN­GEN ZUR ERS­TEN AUFLA­GE

#TX

Wer ein Buch wie das vor­lie­gen­de der Öf­f­ent­lich­keit über­gibt, der soll mit Ge­las­sen­heit je­de Art von Be­ur­tei­lung sei­ner Aus­füh­run­gen sich vor­s­tel­len kön­nen, wel­che in der Ge­gen­wart mög­lich ist. Da könn­te zum Bei­spiel je­mand die hier ge­ge­be­ne Dar­stel­lung die­ses oder je­nes Din­ges zu le­sen be­gin­nen, wel­cher sich Ge­dan­ken über die­se Din­ge ge­mäß den For­schung­s­er­geb­nis­sen der Wis­sen­schaft ge­macht hat. Und er könn­te zu dem fol­gen­den Ur­teil kom­men: «Man ist er­sta­unt, wie der­g­lei­chen Be­haup­tun­gen in un­se­rer Zeit nur über­haupt mög­lich sind. Mit den ein­fachs­ten na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Be­grif­fen wird in ei­ner Wei­se um­ge­sprun­­gen, die auf ei­ne ge­ra­de­zu un­be­g­reif­li­che Un­be­kannt­schaft mit selbst ele­men­ta­ren Er­kennt­nis­sen sch­lie­ßen läßt. Der Ver­fas­ser ge­braucht Be­grif­fe, wie zum Bei­spiel Wär­me, in ei­ner Art, wie es nur je­mand ver­mag, an dem die gan­ze mo­der­ne Denk­wei­se der Phy­sik spur­los vor­über­ge­gan­gen ist. Je­der, der auch nur die An­fangs­grün­de die­ser Wis­sen­­schaft kennt, könn­te ihm zei­gen, daß, was er da re­det, nicht ein­mal die Be­zeich­nung Di­let­tan­tis­mus ver­di­ent, son­dern nur mit dem Aus­druck: ab­so­lu­te Igno­ranz be­legt wer­den kann...» Es könn­ten nun noch vie­le sol­che Sät­ze ei­ner der­ar­ti­gen, durch­aus mög­li­chen Be­ur­tei­lung hin­ge­schrie­ben wer­­den. Man könn­te sich aber nach den obi­gen Aus­sprüchen auch et­wa fol­gen­den Schluß den­ken: «Wer ein paar Sei­ten die­ses Bu­ches ge­le­sen hat, wird es, je nach sei­nem Tem­pe­r­a­­ment, lächelnd oder en­trüs­tet we­g­le­gen und sich sa­gen: Es ist doch son­der­bar, was für Aus­wüch­se ei­ne ver­kehr­te Ge­­dan­ken­rich­tung in ge­gen­wär­ti­ger Zeit trei­ben kann. Man legt die­se Aus­füh­run­gen am bes­ten zu man­cher­lei an­de­rem

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Ku­rio­sen, was ei­nem jetzt be­geg­net.» Was sagt aber nun der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches, wenn er et­wa wir­k­lich ei­ne sol­che Be­ur­tei­lung er­fah­ren wür­de? Muß er nicht ein­fach, von sei­nem Stand­punk­te aus, den Be­ur­tei­ler für ei­nen ur­teils­un­fähi­gen Le­ser hal­ten oder für ei­nen sol­chen, der nicht den gu­ten Wil­len hat, um zu ei­nem ver­ständ­nis­vol­len Ur­tei­le zu kom­men? Dar­auf soll ge­ant­wor­tet wer­den: Nein, die­ser Ver­fas­ser tut das durch­aus nicht im­mer. Er ver­mag sich vor­­zu­s­tel­len, daß sein Be­ur­tei­ler ei­ne sehr klu­ge Per­sön­lich­keit, auch ein tüch­ti­ger Wis­sen­schaf­ter und je­mand sein kann, der sich ein Ur­teil auf ganz ge­wis­sen­haf­te Art bil­det. Denn die­­ser Ver­fas­ser ist in der La­ge, sich hin­ein­zu­den­ken in die See­le ei­ner sol­chen Per­sön­lich­keit und in die Grün­de, wel­che die­se zu ei­nem sol­chen Ur­teil füh­ren kön­nen. Um nun kenn­t­­lich zu ma­chen, was der Ver­fas­ser wir­k­lich sagt, ist et­was not­wen­dig, was ihm selbst im all­ge­mei­nen oft un­pas­send scheint, wo­zu aber ge­ra­de bei die­sem Bu­che ei­ne drin­gen­de Ver­an­las­sung ist: näm­lich über ei­ni­ges Per­sön­li­che zu re­den. Al­ler­dings soll in die­ser Rich­tung nichts vor­ge­bracht wer­­den, was nicht mit dem Ent­schlus­se zu­sam­men­hängt, die­ses Buch zu sch­rei­ben. Was in ei­nem sol­chen Bu­che ge­sagt wird, hät­te ge­wiß kein Da­s­eins­recht, wenn es nur ei­nen per­sön­­li­chen Cha­rak­ter trü­ge. Es muß Dar­stel­lun­gen ent­hal­ten, zu de­nen je­der Mensch kom­men kann, und es muß so ge­­sagt wer­den, daß kei­ner­lei per­sön­li­che Fär­bung zu be­mer­ken ist, so­weit dies über­haupt mög­lich ist. In die­ser Be­zie­hung soll al­so das Per­sön­li­che nicht ge­meint sein. Es soll sich nur dar­auf be­zie­hen, ver­ständ­lich zu ma­chen, wie der Ver­fas­ser die oben ge­kenn­zeich­ne­te Be­ur­tei­lung sei­ner Aus­­­füh­run­gen be­g­reif­lich fin­den kann und den­noch die­ses Buch sch­rei­ben konn­te. Es gä­be ja al­ler­dings et­was, was die Vor­brin­gung

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ei­nes sol­chen Per­sön­li­chen über­flüs­sig ma­chen könn­te: wenn man, in aus­führ­li­cher Art, al­le Ein­zel­hei­ten gel­tend mach­te, wel­che zei­gen, wie die Dar­stel­lung die­ses Bu­ches in Wir­k­lich­keit doch mit al­len Fort­schrit­ten ge­gen­wär­ti­ger Wis­sen­schaft übe­r­ein­stimmt. Da­zu wä­ren nun aber al­ler­dings vie­le Bän­de als Ein­lei­tung zu dem Bu­che no­t­wen­dig. Da die­se au­gen­blick­lich nicht ge­lie­fert wer­den kön­­nen, so scheint es dem Ver­fas­ser not­wen­dig, zu sa­gen, durch wel­che per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se er sich be­rech­tigt glaubt, ei­ne sol­che Übe­r­ein­stim­mung in be­frie­di­gen­der Art für mög­lich zu hal­ten. Er hät­te ganz ge­wiß al­les das­je­ni­ge nie­­mals zu ver­öf­f­ent­li­chen un­ter­nom­men, was in die­sem Bu­che zum Bei­spiel mit Be­zug auf Wär­me­vor­gän­ge ge­sagt wird, wenn er sich nicht das Fol­gen­de ge­ste­hen dürf­te: Er war vor nun­mehr drei­ßig Jah­ren in der La­ge, ein Stu­di­um der Phy­sik durch­zu­ma­chen, wel­ches sich in die ver­schie­de­nen Ge­bie­te die­ser Wis­sen­schaft ver­zweig­te. Auf dem Fel­de der Wär­meer­schei­nun­gen stan­den da­mals die Er­klär­un­gen im Mit­tel­punk­te des Stu­di­ums, wel­che der so­ge­nann­ten «me­cha­ni­schen Wär­me­the­o­rie» an­ge­hö­ren. Und die­se «me­cha­­ni­sche Wär­me­the­o­rie» in­ter­es­sier­te ihn so gar ganz be­son­­ders. Die ge­schicht­li­che Ent­wi­cke­lung der ent­sp­re­chen­den Er­klär­un­gen, die sich an Na­men wie Jul. Robert May­er, Helm­holtz, Jou­le, Clau­si­us und so wei­ter da­mals knüpf­te, ge­hör­te zu sei­nen fort­wäh­ren­den Stu­di­en. Da­durch hat er sich in der Zeit sein er Stu­di­en die hin­rei­chen­de Grund­la­ge und Mög­lich­keit ge­schaf­fen, bis heu­te al­le die tat­säch­li­chen Fort­schrit­te auf dem Ge­bie­te der phy­si­ka­li­schen Wär­m­e­leh­re ver­fol­gen zu kön­nen und kei­ne Hin­der­nis­se zu fin­den, wenn er ver­sucht, ein­zu­drin­gen in al­les das, was die Wis­sen­schaft auf die­sem Fel­de leis­tet. Müß­te sich der Ver­fas­ser sa­gen: er

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kann das nicht, so wä­re dies für ihn ein Grund, die in dem Bu­che vor­ge­brach­ten Din­ge un­ge­sagt und un­ge­schrie­ben zu las­sen. Er hat es sich wir­k­lich zum Grund­satz ge­macht, nur über sol­ches auf dem Ge­bie­te der Geis­tes­wis­sen­schaft zu re­den oder zu sch­rei­ben, bei dem er in ei­ner ihm ge­nü­gend er­schei­nen­den Art auch zu sa­gen wüß­te, was die ge­gen­wär­­ti­ge Wis­sen­schaft dar­über weiß. Da­mit will er durch­aus nicht et­was aus­sp­re­chen, was ei­ne all­ge­mei­ne An­for­de­rung an al­le Men­schen sein soll. Es kann je­der­mann sich mit Recht ge­drängt füh­len, das­je­ni­ge mit­zu­tei­len und zu ver­öf­f­ent­li­chen, wo­zu ihn sei­ne Ur­teils­kraft, sein ge­sun­der Wahr­heits­sinn und sein Ge­fühl trei­ben, auch wenn er nicht weiß, was über die be­tref­fen­den Din­ge vom Ge­sichts­punkt zeit­ge­nös­si­scher Wis­sen­schaft aus zu sa­gen ist. Nur der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches möch­te sich für sich an das oben Aus­ge­spro­che­ne hal­ten. Er möch­te zum Bei­spiel nicht die paar Sät­ze über das men­sch­­li­che Drü­sen­sys­tem oder das men­sch­li­che Ner­ven­sys­tem ma­chen, wel­che in die­sem Bu­che sich fin­den, wenn er nicht in der La­ge wä­re, über die­se Din­ge auch den Ver­such zu ma­chen, in den For­men zu sp­re­chen, in de­nen ein ge­gen­wär­­ti­ger Na­tur­ge­lehr­ter vom Stand­punk­te der Wis­sen­schaft aus über das Drü­sen- oder Ner­ven­sys­tem spricht. Trotz­dem al­so das Ur­teil mög­lich ist, der­je­ni­ge, wel­cher so, wie es hier ge­schieht, über «Wär­me» spricht, wis­se nichts von den An­­fangs­grün­den der ge­gen­wär­ti­gen Phy­sik, ist doch rich­tig, daß sich der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches voll­be­rech­tigt glaubt zu dem, was er ge­tan hat, weil er die ge­gen­wär­ti­ge For­­schung wir­k­lich zu ken­nen be­st­rebt ist, und daß er es un­ter­las­sen wür­de, so zu sp­re­chen, wenn sie ihm fremd wä­re. Er weiß, wie das Mo­tiv, aus dem her­aus ein sol­cher Grund­satz aus­ge­spro­chen wird, recht leicht mit Un­be­schei­den­heit ver­wech­selt

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wer­den kann. Es ist aber doch nö­t­ig, ge­gen­über die­­sem Bu­che sol­ches aus­zu­sp­re­chen, da­mit des Ver­fas­sers wah­re Mo­ti­ve nicht mit noch ganz an­de­ren ver­wech­selt wer­den. Und die­se Ver­wechs­lung könn­te eben noch weit sch­lim­mer sein als die­je­ni­ge mit der Un­be­schei­den­heit.

Nun wä­re aber auch ei­ne Be­ur­tei­lung von ei­nem phi­lo­so­­phi­schen Stand­punk­te aus mög­lich. Sie könn­te sich fol­gen­­der­ma­ßen ge­stal­ten. Wer als Phi­lo­soph die­ses Buch liest, der frägt sich: «Hat der Ver­fas­ser die gan­ze er­kennt­nis­theo­re­­ti­sche Ar­beit der Ge­gen­wart ver­schla­fen? Hat er nie et­was da­von er­fah­ren, daß ein Kant ge­lebt hat und daß, nach die­­sem, es ein­fach phi­lo­so­phisch un­statt­haft ist, der­lei Din­ge vor­zu­brin­gen?» Wie­der könn­te in die­ser Rich­tung for­t­­ge­schrit­ten wer­den. Aber auch so könn­te die Be­ur­tei­lung sch­lie­ßen: «Für den Phi­lo­so­phen ist der­lei un­kri­ti­sches, nai­ves, lai­en­haf­tes Zeug un­er­träg­lich, und ein wei­te­res Ein­­ge­hen dar­auf wä­re Zeit­ver­lust.» Aus dem­sel­ben Mo­tiv, das oben ge­kenn­zeich­net wor­den ist, möch­te trotz al­ler Mißv­er­ständ­nis­se, die sich da­ran sch­lie­ßen kön­nen, der Ver­­­fas­ser auch hier wie­der Per­sön­li­ches vor­brin­gen. Sein Kant­stu­di­um be­gann in sei­nem sech­zehn­ten Le­bens­jah­re; und heu­te glaubt er wahr­haf­tig, ganz ob­jek­tiv al­les das, was in dem vor­lie­gen­den Buch vor­ge­bracht wird, vom Kant­schen Stand­punk­te aus be­ur­tei­len zu dür­fen. Er wür­de auch von die­ser Sei­te her ei­nen Grund ge­habt ha­ben, das Buch un­ge­­schrie­ben zu las­sen, wüß­te er nicht, was ei­nen Phi­lo­so­phen da­zu be­we­gen kann, es naiv zu fin­den, wenn der kri­ti­sche Maß­stab der Ge­gen­wart an­ge­legt wird. Man kann aber wir­k­lich wis­sen, wie im Sin­ne Kants hier die Gren­zen ei­ner mög­li­chen Er­kennt­nis über­schrit­ten wer­den; man kann wis­­sen, wie Her­b­art «nai­ven Rea­lis­mus» fin­den wür­de, der es

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nicht zur «Be­ar­bei­tung der Be­grif­fe» ge­bracht hat usw. usw.; man kann so­gar wis­sen, wie der mo­der­ne Prag­ma­tis­mus Ja­mes, Schil­lers und so wei­ter das Maß des­sen über­schrit­ten fin­den wür­de, was «wah­re Vor­stel­lun­gen» sind, wel­che «wir uns an­eig­nen, die wir gel­tend ma­chen, in Kraft set­zen und ve­ri­fi­zie­ren kön­nen01». Man kann dies al­les wis­sen und trotz­dem, ja eben des­halb sich be­rech­tigt fin­den, die­se hier vor­lie­gen­den Aus­füh­run­gen zu sch­rei­ben. Der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches hat sich mit phi­lo­so­phi­schen Ge­dan­ken­rich­­tun­gen au­s­ein­an­der­ge­setzt in sei­nen Schrif­ten «Er­kennt­nis­­the­o­rie der Goe­the­schen Wel­t­an­schau­ung», «Wahr­heit und Wis­sen­schaft», «Phi­lo­so­phie der Frei­heit», «Goe­thes Wel­t­­­an­schau­ung», «Welt- und Le­bens­an­schau­un­gen im neun­zehn­ten Jahr­hun­dert», «Die Rät­sel der Phi­lo­so­phie02»

Vie­le Ar­ten von mög­li­chen Be­ur­tei­lun­gen könn­ten noch an­ge­führt wer­den. Es könn­te auch je­man­den ge­ben, wel­cher ei­ne der frühe­ren Schrif­ten des Ver­fas­sers ge­le­sen hat, zum Bei­spiel «Welt- und Le­bens­an­schau­un­gen im neun­zehn­ten Jahr­hun­dert» oder et­wa des­sen klei­nes Schrift­chen: «Haec­kel und sei­ne Geg­ner». Ein sol­cher konn­te sa­gen: «Es ist ge­ra­de­zu un­er­find­lich, wie ein und der­sel­be Mensch die­se Schrif­ten und auch, ne­ben der be­reits von ihm er­schie­ne­nen Theo­so­phie, die­ses hier vor­lie­gen­de Buch sch­rei­ben kann. Wie kann man ein­mal so für Hae­ckel ein­t­re­ten und dann wie­der al­lem ins Ge­sicht schla­gen, was als ge­sun­der Mo­nis­­mus aus Hae­ckels For­schun­gen folgt? Man könn­te be­g­rei­­fen, daß der Ver­fas­ser die­ser Ge­heim­wis­sen­schaft mit

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#F­N013-012-01 Man kann so­gar die Phi­lo­so­phie des «Als ob», den Berg­so­nis­mus und die «Kri­tik der Spra­che» in erns­te Er­wä­gung ge­zo­gen und stu­diert ha­ben. (An­mer­kung bei der vier­ten Aufla­ge, 1913 hin­zu­ge­fügt.)

#F­N013-012-02 Die­ses Werk wird von der sie­ben­ten Aufla­ge, 1920, an er­wähnt.

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Feu­er und Schwert ge­gen Hae­ckel zu Fel­de zie­he; daß er ihn ver­tei­digt hat, ja daß er ihm so­gar Welt- und Le­bens­an­schau­un­gen im neun­zehn­ten Jahr­hun­dert ge­wid­met hat, das ist wohl das Un­ge­heu­er­lichs­te, was sich den­ken läßt. Hae­ckel hät­te sich für die­se Wid­mung wohl mit nicht mi­ß­zu­ver­ste­hen­der Ab­leh­nung be­dankt, wenn er ge­wußt hät­te, daß der Wid­mer ein­mal sol­ches Zeug sch­rei­ben wer­de, wie es die­se Ge­heim­wis­sen­schaft mit ih­rem mehr als plum­pen Dua­lis­mus ent­hält.» Der Ver­fas­ser die­ses Bu­ches ist nun der An­sicht, daß man ganz gut Hae­ckel ver­ste­hen kann, und doch nicht zu glau­ben braucht, man ver­stün­de ihn nur dann, wenn man al­les für Un­sinn hält, was nicht aus Hae­ckel ei­ge­nen Vor­stel­lun­gen und Vor­aus­set­zun­gen fließt. Er ist aber fer­ner der An­sicht, daß man zum Ver­ständ­nis Hae­ckel nicht kommt, wenn man ihn mit «Feu­er und Schwert» be­kämpft, son­dern wenn man auf das­je­ni­ge ein­geht, was er der Wis­sen­schaft ge­leis­tet hat. Und am al­ler­we­nigs­ten glaubt der Ver­fas­ser, daß die Geg­ner Hae­ckels im Rech­te sind, ge­­gen wel­che er zum Bei­spiel in sei­ner Schrift «Hae­ckel und sei­ne Geg­ner» den gro­ßen Na­tur­den­ker ver­tei­digt hat. Wahr­haf­tig, wenn der Ver­fas­ser die­ser Schrift weit über Hae­ckels Vor­aus­set­zun­gen hin­aus­geht und die geis­ti­ge An­­sicht über die Welt ne­ben die bloß na­tür­li­che Hae­ckels setzt, so braucht er des­halb mit des letz­te­ren Geg­nern nicht ei­ner Mei­nung zu sein. Wer sich be­müht, die Sa­che rich­tig an­zu­­­se­hen, wird den Ein­klang von des Ver­fas­sers ge­gen­wär­ti­gen Schrif­ten mit sei­nen frühe­ren schon be­mer­ken kön­nen.

Auch ein sol­cher Be­ur­tei­ler ist dem Ver­fas­ser völ­lig ver­­­ständ­lich, der ganz im all­ge­mei­nen oh­ne wei­te­res die Aus­­­füh­run­gen die­ses Bu­ches als Er­güs­se ei­ner wild ge­wor­de­nen Phan­tas­tik oder ei­nes träu­me­ri­schen Ge­dan­ken­spiels an­sieht.

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Doch ist al­les, was in die­ser Be­zie­hung zu sa­gen ist, in dem Bu­che selbst ent­hal­ten. Es ist da ge­zeigt, wie in vol­lem Ma­ße das ver­nunft­ge­mä­ße Den­ken zum Pro­bier­stein des Dar­ge­­s­tell­ten wer­den kann und soll. Wer auf die­ses Dar­ge­s­tell­te die ver­nunft­ge­mä­ße Prü­fung eben­so an­wen­det, wie sie sach­­ge­mäß zum Bei­spiel auf die Tat­sa­chen der Na­tur­wis­sen­­schaft an­ge­wen­det wird, der erst wird ent­schei­den kön­nen, was die Ver­nunft bei sol­cher Prü­fung sagt.

Nach­dem so viel über sol­che Per­sön­lich­kei­ten ge­sagt ist, wel­che die­ses Buch zu­nächst ab­leh­nen kön­nen, darf auch ein Wort an die­je­ni­gen fal­len, wel­che sich zu dem­sel­ben zu­stim­mend zu ver­hal­ten An­laß ha­ben. Für sie ist je­doch das We­sent­lichs­te in dem ers­ten Ka­pi­tel «Cha­rak­ter der Ge­heim­wis­sen­schaft» ent­hal­ten. Ein we­ni­ges aber soll noch hier ge­sagt wer­den. Ob­wohl das Buch sich mit For­schun­gen be­faßt, wel­che dem an die Sin­nen­welt ge­bun­de­nen Ver­stand nicht er­forsch­bar sind, so ist doch nichts vor­ge­bracht, was nicht ver­ständ­lich sein kann un­be­fan­ge­ner Ver­nunft und ge­sun­dem Wahr­heits­sinn ei­ner je­den Per­sön­lich­keit, wel­che die­se Ga­ben des Men­schen an­wen­den will. Der Ver­fas­ser sagt es un­um­wun­den: er möch­te vor al­lem Le­ser, wel­che nicht ge­willt sind, auf blin­den Glau­ben hin die vor­ge­brach­­ten Din­ge an­zu­neh­men, son­dern wel­che sich be­mühen, das Mit­ge­teil­te an den Er­kennt­nis­sen der ei­ge­nen See­le und an den Er­fah­run­gen des ei­ge­nen Le­bens zu prü­fen01. Er möch­te vor al­lem vor­sich­ti­ge Le­ser, wel­che nur das lo­gisch zu Rech­t­­fer­ti­gen­de

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#F­N013-014-01 Ge­meint ist hier nicht et­wa nur die geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Prü­­fung durch die über­sinn­li­chen For­schungs­me­tho­den, son­dern vor al­lem die durch­aus mög­li­che vom ge­sun­den, vor­ur­teils­lo­sen Den­ken und Men­schen­ver­stand aus. (An­mer­kung bei der vier­ten Aufla­ge, 1913, hin­zu­­­ge­fügt.)

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gel­ten las­sen. Der Ver­fas­ser weiß, sein Buch wä­re nichts wert, wenn es nur auf blin­den Glau­ben an­ge­wie­sen wä­re; es ist nur in dem Ma­ße taug­lich, als es sich vor der un­be­fan­ge­nen Ver­nunft recht­fer­ti­gen kann. Der blin­de Glau­be kann so leicht das Törich­te und Aber­gläu­bi­sche mit dem Wah­ren ver­wech­seln. Man­cher, der sich mit dem blo­­ßen Glau­ben an «Über­sinn­li­ches» ger­ne begnügt, wird fin­­den, daß in die­sem Bu­che dem Den­ken zu viel zu­ge­mu­tet wird. Doch es han­delt sich wahr­lich bei den hier ge­ge­be­nen Mit­tei­lun­gen nicht bloß dar­um, daß et­was mit­ge­teilt wer­de, son­dern dar­um, daß die Dar­stel­lung so ist, wie es ei­ner ge­­wis­sen­haf­ten An­schau­ung auf dem ent­sp­re­chen­den Ge­bie­te des Le­bens an­ge­mes­sen ist. Es ist ja das Ge­biet, wo sich die höchs­ten Din­ge mit ge­wis­sen­lo­ser Char­la­ta­ne­rie, wo sich auch Er­kennt­nis und Aber­glau­be im wir­k­li­chen Le­ben so leicht be­rüh­ren und wo sie, vor al­lem, auch so leicht ver­­wech­selt wer­den kön­nen.

Wer mit über­sinn­li­cher For­schung be­kannt ist, wird beim Le­sen des Bu­ches wohl mer­ken, daß ver­sucht wor­den ist, die Gren­zen scharf ein­zu­hal­ten zwi­schen dem, was aus dem Ge­bie­te der über­sinn­li­chen Er­kennt­nis­se ge­gen­wär­tig mit­­­ge­teilt wer­den kann und soll, und dem, was zu ei­ner spä­­te­ren Zeit oder we­nigs­tens in an­de­rer Form dar­ge­s­tellt wer­den soll.

Ge­schrie­ben im De­zem­ber 1909 Ru­dolf Stei­ner

VORBEMERKUNGEN ZUR VIERTEN AUFLAGE

#G013-1962-SE016 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss

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VOR­BE­MER­KUN­GEN ZUR VIER­TEN AUFLA­GE

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Wer es un­ter­nimmt, geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Er­geb­nis­se sol­cher Art dar­zu­s­tel­len, wie sie in die­sem Bu­che auf­ge­zeich­net sind, der muß vor al­len Din­gen da­mit rech­nen, daß die­se Art ge­gen­wär­tig in wei­tes­ten Krei­sen als ei­ne un­mög­li­che an­ge­se­hen wird. Wer­den doch in den fol­gen­den Aus­füh­run­gen Din­ge ge­sagt, von wel­chen ein in un­se­rer Zeit als st­reng gel­ten­des Den­ken be­haup­tet, daß sie «für men­sch­li­che In­tel­li­genz ver­mut­lich über­haupt un­ent­scheid­bar blei­ben». Wer die Grün­de kennt und zu wür­di­gen weiß, wel­che man­che erns­te Per­sön­lich­keit da­zu füh­ren, sol­che Un­mög­lich­keit zu be­haup­ten, der möch­te im­mer wie­der von neu­em den Ver­such ma­chen, zu zei­gen, auf wel­chen Mißv­er­ständ­nis­sen der Glau­be be­ruht, daß dem men­sch­li­chen Er­ken­nen ein Ein­drin­gen in die über­sinn­li­chen Wel­ten ver­sagt sei.

Denn zwei­er­lei liegt vor. Ers­tens wird sich auf die Dau­er kei­ne men­sch­li­che See­le bei tie­fe­rem Nach­den­ken vor der Tat­sa­che ver­sch­lie­ßen kön­nen, daß ih­re wich­tigs­ten Fra­gen nach Sinn und Be­deu­tung des Le­bens un­be­ant­wor­tet blei­ben müß­ten, wenn es ei­nen Zu­gang zu über­sinn­li­chen Wel­ten nicht gä­be. Man kann sich theo­re­tisch über die­se Tat­sa­che hin­weg­täu­schen; die Tie­fen des See­len­le­bens ge­hen aber mit die­ser Selbst­täu­schung nicht mit. Wer auf die­se See­l­en­tie­fen nicht hin­hö­ren will, der wird Aus­füh­run­gen über die über­sinn­li­chen Wel­ten na­tur­ge­mäß ab­leh­nen. Doch gibt es eben Men­schen, de­ren Zahl wahr­haft nicht ge­ring ist, wel­che un­mög­lich sich taub ge­gen die For­de­run­gen die­ser Tie­fen ver­hal­ten kön­nen. Sie müs­sen stets an die Pfor­ten klop­fen, wel­che nach der Mei­nung der an­de­ren das «Un­faß­ba­re» ver­sch­lie­ßen.

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Zwei­tens, es sind die Dar­le­gun­gen des «st­ren­gen Den­kens» kei­nes­wegs ge­ring zu ach­ten. Wer sich mit ih­nen be­schäf­tigt, der wird da, wo sie ernst zu neh­men sind, die­sen Ernst durch­aus mit­füh­len. Der Sch­rei­ber die­ses Bu­ches möch­te nicht als ein sol­cher an­ge­se­hen wer­den, der leich­ten Her­zens sich hin­weg­setzt über die ge­wal­ti­ge Ge­dan­ken­ar­beit, die auf­ge­wen­det wor­den ist, um die Gren­zen des men­sch­li­chen In­tel­lek­tes zu be­stim­men. Die­se Ge­dan­ken­ar­beit läßt sich nicht ab­tun mit ei­ni­gen Re­dens­ar­ten über «Schul­weis­heit» und der­g­lei­chen. So wie sie in vie­len Fäl­len auf­tritt, hat sie ih­ren Qu­ell in wah­rem Rin­gen der Er­kennt­nis und in ech­tem Scharf­sinn. Ja, es soll noch viel­mehr zu­ge­ge­ben wer­den: es sind Grün­de da­für vor­ge­bracht wor­den, daß die­je­ni­ge Er­kennt­nis, wel­che ge­gen­wär­tig als wis­sen­schaft­lich gilt, nicht in die über­sinn­li­chen Wel­ten vor­drin­gen kann, und die­se Grün­de sind in ge­wis­sem Sin­ne un­wi­der­le­g­lich.

Weil dies von dem Sch­rei­ber die­ses Bu­ches oh­ne wei­te­res selbst zu­ge­ge­ben wird, des­halb kann es man­chem ganz son­der­bar er­schei­nen, daß er es nun doch un­ter­nimmt, Aus­füh­run­gen zu ma­chen, die sich auf über­sinn­li­che Wel­ten be­zie­hen. Es scheint ja fast aus­ge­sch­los­sen zu sein, daß je­mand die Grün­de für die Un­er­kenn­bar­keit der über­sinn­li­chen Wel­ten in ge­wis­sem Sin­ne gel­ten läßt und den­noch von die­sen über­sinn­li­chen Wel­ten spricht.

Und doch kann man sich so ver­hal­ten. Und man kann zu­g­leich be­g­rei­fen, daß die­ses Ver­hal­ten als wi­der­spruchs­voll emp­fun­den wird. Es läßt sich eben nicht je­der­mann auf die Er­fah­run­gen ein, wel­che man macht, wenn man mit dem men­sch­li­chen Ver­stan­de an das über­sinn­li­che Ge­biet her­an­rückt. Da stellt sich her­aus, daß die Be­wei­se die­ses Ver­stan­des wohl un­wi­der­le­g­lich sein kön­nen; und daß sie trotz ih­rer

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Un­wi­der­le­g­lich­keit für die Wir­k­lich­keit nicht ent­schei­dend zu sein brau­chen. Statt al­ler theo­re­ti­schen Au­s­ein­an­der­set­zun­gen sei hier ver­sucht, durch ei­nen Ver­g­leich ei­ne Ver­stän­di­gung her­bei­zu­füh­ren. Daß Ver­g­lei­che selbst nicht be­wei­send sind, wird da­bei oh­ne wei­te­res zu­ge­ge­ben; doch hin­dert dies nicht, daß sie oft ver­ständ­lich ma­chen, was aus­ge­drückt wer­den soll.

Das men­sch­li­che Er­ken­nen, so wie es im all­täg­li­chen Le­ben und in der ge­wöhn­li­chen Wis­sen­schaft ar­bei­tet, ist wir­k­lich so be­schaf­fen, daß es in die über­sinn­li­chen Wel­ten nicht ein­drin­gen kann. Dies ist un­wi­der­le­g­lich zu be­wei­sen; al­lein die­ser Be­weis kann für ei­ne ge­wis­se Art des See­len­le­bens kei­nen an­de­ren Wert ha­ben als der­je­ni­ge, wel­chen je­mand un­ter­neh­men woll­te, um zu zei­gen, daß das na­tür­li­che Au­ge des Men­schen mit sei­nem Seh­ver­mö­gen nicht bis zu den klei­nen Zel­len ei­nes Le­be­we­sens oder bis zur Be­schaf­fen­heit fer­ner Him­mels­kör­per vor­drin­gen kann. So rich­tig und be­weis­bar die Be­haup­tung ist: das ge­wöhn­li­che Seh­ver­mö­gen dringt nicht bis zu den Zel­len, so rich­tig und be­weis­bar ist die an­de­re, daß das ge­wöhn­li­che Er­ken­nen nicht in die über­sinn­li­chen Wel­ten ein­drin­gen kön­ne. Und doch ent­schei­det der Be­weis, daß das ge­wöhn­li­che Seh­ver­mö­gen vor den Zel­len halt­ma­chen muß, nichts ge­gen die Er­for­schung der Zel­len. Warum soll­te der Be­weis, daß das ge­wöhn­li­che Er­kennt­nis­ver­mö­gen vor den über­sinn­li­chen Wel­ten halt­ma­chen muß, et­was ge­gen die Er­for­schung die­ser Wel­ten ent­schei­den?

Man kann die Emp­fin­dung füh­len, wel­che man­cher bei die­sem Ver­g­lei­che ha­ben muß. Man kann selbst mit­emp­fin­den, wenn ge­zwei­felt wird, daß je­mand den gan­zen Ernst der er­wähn­ten Ge­dan­ken­ar­beit auch nur ahnt, der die­ser

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Ar­beit mit ei­nem sol­chen Ver­g­leich ent­ge­gen­tritt. Und doch ist der­je­ni­ge, wel­cher die­ses sch­reibt, von die­sem Erns­te nicht nur durch­drun­gen, son­dern er ist der An­sicht, daß die­se Ge­dan­ken­ar­beit zu den edels­ten Leis­tun­gen der Mensch­heit zählt. Zu be­wei­sen, daß das men­sch­li­che Seh­ver­mö­gen nicht oh­ne Be­waff­nung zu den Zel­len ge­lan­gen kön­ne, wä­re al­ler­dings ein un­nö­t­i­ges Be­gin­nen; in st­ren­gem Den­ken sich der Na­tur die­ses Den­kens be­wußt wer­den, ist not­wen­di­ge Geis­tes­ar­beit. Daß der­je­ni­ge, wel­cher sich sol­cher Ar­beit hin­gibt, nicht be­merkt, daß die Wir­k­lich­keit ihn wi­der­le­gen kann, ist nur all­zu ver­ständ­lich. So we­nig in den Vor­be­mer­kun­gen zu die­sem Bu­che der Platz sein kann, auf man­che «Wi­der­le­gun­gen» der ers­ten Aufla­gen von sei­ten sol­cher Per­sön­lich­kei­ten ein­zu­ge­hen, de­nen al­les Ver­ständ­nis für das Er­st­reb­te ab­geht oder wel­che ih­re un­wah­ren An­grif­fe auf die Per­son des Ver­fas­sers rich­ten, so sehr muß be­tont wer­den, daß in dem Bu­che ei­ne Un­ter­schät­zung erns­ter wis­sen­schaft­li­cher Den­ker­ar­beit nur der ver­mu­ten kann, der sich vor der Ge­sin­nung der Aus­füh­run­gen ver­sch­lie­ßen will.

Das Er­ken­nen des Men­schen kann ver­stärkt, er­kraf­tet wer­den, wie das Seh­ver­mö­gen des Au­ges ver­stärkt wer­den kann. Nur sind die Mit­tel zur Er­kraf­tung des Er­ken­nens durch­aus von geis­ti­ger Art; sie sind in­ne­re, rein see­li­sche Ver­rich­tun­gen. Sie be­ste­hen in dem, was in die­sem Bu­che als Me­di­ta­ti­on, Kon­zen­t­ra­ti­on (Kon­tem­pla­ti­on) be­schrie­ben wird. Das ge­wöhn­li­che See­len­le­ben ist an die Werk­zeu­ge des Lei­bes ge­bun­den; das er­kraf­te­te See­len­le­ben macht sich da­von frei. Es gibt Ge­dan­ken­rich­tun­gen der Ge­gen­wart, für wel­che ei­ne sol­che Be­haup­tung ganz un­sin­nig er­schei­nen muß, für wel­che sie nur auf Selbst­täu­schung be­ru­hen muß. Sol­che Ge­dan­ken­rich­tun­gen wer­den es von ih­rem Ge­sichts­punk­te

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aus leicht fin­den, nach­zu­wei­sen, wie «al­les See­len­le­ben» an das Ner­ven­sys­tem ge­bun­den sei. Wer auf dem Stand­punk­te steht, von dem aus die­ses Buch ge­schrie­ben ist, der ver­steht durch­aus sol­che Be­wei­se. Er ver­steht die Men­schen, wel­che sa­gen, es kön­ne nur Ober­fläch­lich­keit be­haup­ten, daß man ir­gend­ein vom Lei­be un­ab­hän­gi­ges See­len­le­ben ha­ben kön­ne. Wel­che ganz da­von über­zeugt sind, daß für sol­che See­le­n­er­leb­nis­se ein Zu­sam­men­hang mit dem Ner­ven­le­ben vor­liegt, den «geis­tes­wis­sen­schaft­li­cher Di­let­tan­tis­mus» nur nicht durch­schaut.

Hier ste­hen dem­je­ni­gen, was in die­sem Bu­che ge­schil­dert wird, ge­wis­se durch­aus be­g­reif­li­che Denk­ge­wohn­hei­ten so schroff ge­gen­über, daß mit vie­len ei­ne Ver­stän­di­gung ge­gen­wär­tig noch ganz aus­sichts­los ist. Man steht hier eben vor dem Punk­te, an wel­chem sich der Wunsch gel­tend ma­chen muß, daß es in der Ge­gen­wart dem Geis­tes­le­ben nicht mehr ent­sp­re­chen soll­te, ei­ne For­schungs­rich­tung so­g­leich als Phan­tas­te­rei, Träu­me­rei usw. zu ver­ket­zern, die schroff von der ei­ge­nen ab­weicht. Auf der an­dern Sei­te steht aber doch schon ge­gen­wär­tig die Tat­sa­che, daß für die über­sinn­li­che For­schungs­art, wie sie auch in die­sem Bu­che dar­ge­s­tellt wird, ei­ne An­zahl von Men­schen Ver­ständ­nis ha­ben. Men­schen, wel­che ein­se­hen, daß der Sinn des Le­bens sich nicht in all­ge­mei­nen Re­dens­ar­ten über See­le, Selbst usw. ent­hüllt, son­dern nur durch das wir­k­li­che Ein­ge­hen auf die Er­geb­nis­se der über­sinn­li­chen For­schung sich er­ge­ben kann. Nicht aus Un­be­schei­den­heit, son­dern in freu­di­ger Be­frie­di­gung wird von dem Ver­fas­ser die­ses Bu­ches tief emp­fun­den die Not­wen­dig­keit die­ser vier­ten Aufla­ge nach ver­hält­nis­mä­ß­ig kur­zer Zeit.

Um in Un­be­schei­den­heit dies zu be­to­nen, da­zu fühlt der

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Ver­fas­ser nur all­zu­deut­lich, wie we­nig auch die neue Aufla­ge dem ent­spricht, was sie als «Um­riß ei­ner über­sinn­li­chen Wel­t­an­schau­ung» ei­gent­lich sein soll­te. Noch ein­mal wur­de zur Neu­aufla­ge das Gan­ze durch­ge­ar­bei­tet, vie­le Er­gän­zun­gen wur­den an wich­ti­gen Stel­len ein­ge­fügt, Ver­deut­li­chun­gen wur­den an­ge­st­rebt. Doch fühl­bar wur­de dem Ver­fas­ser an zahl­rei­chen Stel­len, wie sprö­de sich die Mit­tel der ihm zu­gäng­li­chen Dar­stel­lung er­wei­sen ge­gen­über dein, was die über­sinn­li­che For­schung zeigt. So konn­te kaum mehr als ein Weg ge­zeigt wer­den, um zu Vor­stel­lun­gen zu ge­lan­gen, wel­che in dem Bu­che für Sa­turn-, Son­nen-, Mon­den­ent­wi­cke­lung ge­ge­ben wer­den. Ein wich­ti­ger Ge­sichts­punkt ist in die­ser Aufla­ge auch auf die­sem Ge­bie­te in Kür­ze neu be­han­delt wor­den. Doch wei­chen die Er­leb­nis­se in be­zug auf sol­che Din­ge so sehr von al­len Er­leb­nis­sen auf dem Sin­nes­ge­bie­te ab, daß die Dar­stel­lung ein fort­wäh­ren­des Rin­gen nach ei­nem nur ei­ni­ger­ma­ßen ge­nü­gend schei­nen­den Aus­druck not­wen­dig macht. Wer auf den hier ge­mach­ten Ver­such der Dar­stel­lung ein­zu­ge­hen wil­lens ist, wird vi­el­leicht be­mer­ken, daß man­ches, was dem tro­cke­nen Wor­te zu sa­gen un­mög­lich ist, durch die Art der Schil­de­rung er­st­rebt wird. Die­se ist an­ders zum Bei­spiel bei der Sa­turn-, an­ders bei der Son­nen- usw. Ent­wi­cke­lung.

Vie­le dem Ver­fas­ser des Bu­ches wich­tig er­schei­nen­de Er­gän­zun­gen und Er­wei­te­run­gen er­fuhr in der neu­en Aufla­ge der zwei­te Teil des Bu­ches, wel­cher von der «Er­kennt­nis der höhe­ren Wel­ten» han­delt. Es lag das Be­st­re­ben vor, die Art der in­ne­ren See­len­vor­gän­ge an­schau­lich dar­zu­s­tel­len, durch wel­che die Er­kennt­nis von ih­ren in der Sin­nen­welt vor­han­de­nen Gren­zen sich be­f­reit und sich für das Er­le­ben der über­sinn­li­chen Welt ge­eig­net macht. Ver­sucht wur­de zu zei­gen

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daß die­ses Er­le­ben, ob­wohl es durch ganz in­ner­li­che Mit­tel und We­ge er­wor­ben wird, doch nicht ei­ne bloß sub­jek­ti­ve Be­deu­tung für den ein­zel­nen Men­schen hat, der es er­wirbt. Es soll­te aus der Dar­stel­lung her­vor­ge­hen, daß inn­er­halb der See­le de­ren Ein­zel­heit und per­sön­li­che Be­son­der­heit ab­ge­st­reift und ein Er­le­ben er­reicht wird, das je­der Mensch in der glei­chen Art hat, der eben in rech­ter Art die Ent­wi­cke­lung aus sei­nen sub­jek­ti­ven Er­leb­nis­sen her­aus be­wirkt. Erst wenn die «Er­kennt­nis der über­sinn­li­chen Wel­ten» mit die­sem Cha­rak­ter ge­dacht wird, ver­mag man sie zu un­ter­schei­den von al­len Er­leb­nis­sen bloß sub­jek­ti­ver Mys­tik usw. Von sol­cher Mys­tik kann man wohl sa­gen, daß sie mehr oder we­ni­ger doch ei­ne sub­jek­ti­ve An­ge­le­gen­heit des Mys­ti­kers ist. Die geis­tes­wis­sen­schaft­li­che See­len­schu­lung, wie sie hier ge­meint ist, st­rebt aber nach sol­chen ob­jek­ti­ven Er­leb­nis­sen, de­ren Wahr­heit zwar ganz in­ner­lich er­kannt wird, die aber doch ge­ra­de des­halb in ih­rer All­ge­mein­gül­tig­keit durch­schaut wer­den. Auch hier ist ja wie­der ein Punkt, an dem ei­ne Ver­stän­di­gung mit man­chen Denk­ge­wohn­hei­ten un­se­rer Zeit recht schwie­rig ist.

Zum Schlus­se möch­te der Ver­fas­ser des Bu­ches die Be­mer­kung ma­chen, daß auch von Wohl­mei­nen­den die­se Aus­füh­run­gen als das hin­ge­nom­men wer­den mö­gen, als was sie sich durch ih­ren ei­ge­nen In­halt ge­ben. Es herrscht heu­te viel­fach das Be­st­re­ben, die­ser oder je­ner Geis­tes­rich­tung die­sen oder je­nen al­ten Na­men zu ge­ben. Da­durch scheint sie man­chem erst wert­voll. Es darf aber ge­fragt wer­den: was sol­len die Aus­füh­run­gen die­ses Bu­ches da­durch ge­win­nen, daß man sie als «ro­sen­k­reu­ze­risch» oder der­g­lei­chen be­zeich­net? Wor­auf es an­kommt, ist, daß hier mit den Mit­teln, wel­che in der ge­gen­wär­ti­gen Ent­wi­cke­lungs­pe­rio­de der See­le mög­lich

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und die­ser an­ge­mes­sen sind, ein Ein­blick in die über­sinn­li­chen Wel­ten ver­sucht wird, und daß von die­sem Ge­sichts­punk­te aus die Rät­sel des men­sch­li­chen Schick­sals und des men­sch­li­chen Da­seins über die Gren­zen von Ge­burt und Tod hin­aus be­trach­tet wer­den. Es soll sich nicht han­deln um ein St­re­ben, wel­ches die­sen oder je­nen al­ten Na­men trägt, son­dern um ein St­re­ben nach Wahr­heit.

Auf der an­dern Sei­te sind auch in geg­ne­ri­scher Ab­sicht Be­zeich­nun­gen für die in dem Bu­che dar­ge­s­tell­te Wel­t­an­schau­ung ge­braucht wor­den. Ab­ge­se­hen da­von, daß die­je­ni­gen, mit wel­chen man den Ver­fas­ser hat am schwers­ten tref­fen und dis­k­re­di­tie­ren wol­len, ab­surd und ob­jek­tiv un­wahr sind, cha­rak­te­ri­sie­ren sich sol­che Be­zeich­nun­gen in ih­rer Un­wür­dig­keit da­durch, daß sie ein völ­lig un­ab­hän­gi­ges Wahr­heits­st­re­ben her­ab­set­zen, in­dem sie es nicht aus sich selbst be­ur­tei­len, son­dern die von ih­nen er­fun­de­ne oder grund­los über­nom­me­ne und wei­ter ge­tra­ge­ne Ab­hän­gig­keit von die­ser oder je­ner Rich­tung an­dern als Ur­teil bei­brin­gen wol­len. So not­wen­dig die­se Wor­te an­ge­sichts man­cher An­grif­fe ge­gen den Ver­fas­ser sind, so wi­der­st­rebt es die­sem doch, an die­sem Or­te auf die Sa­che wei­ter ein­zu­ge­hen.

Ge­schrie­ben im Ju­ni 1913 Ru­dolf Stei­ner

VORREDE ZUR SIEBENTEN BIS FÜNFZEHNTEN AUFLAGE

#G013-1962-SE024 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss

Für die­se Neu­aufla­ge mei­ner «Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riß» ha­be ich den ers­ten Ab­schnitt «Cha­rak­ter der Ge­heim­wis­sen­schaft» fast ganz neu ge­stal­tet. Ich glau­be, daß da­durch nun we­ni­ger zu den Mißv­er­ständ­nis­sen An­laß sein wird, die ich aus der frühe­ren Fas­sung die­ses Ab­schnit­tes her­aus ha­be ent­ste­hen se­hen. Von vie­len Sei­ten konn­te ich hö­ren: An­de­re Wis­sen­schaf­ten be­wei­sen; was hier als Wis­sen­schaft sich gibt, sagt ein­fach: die Ge­heim­wis­sen­schaft stellt dies oder je­nes fest. Ein sol­ches Vor­ur­teil stellt sich na­tur­ge­mäß ein, da ja das Be­wei­sen­de der über­sinn­li­chen Er­kennt­nis sich durch die Dar­stel­lung nicht so auf­drän­gen kann wie bei der Dar­le­gung von Zu­sam­men­hän­gen der sin­nen­fäl­li­gen Wir­k­lich­keit. Daß man es aber nur mit ei­nem Vor­ur­teil zu tun hat, woll­te ich durch die Um­ar­bei­tung des ers­ten Ab­schnit­tes die­ses Bu­ches deut­li­cher ma­chen, als es mir in frühe­ren Aufla­gen ge­lun­gen zu sein scheint. In den an­dern Tei­len des Bu­ches ha­be ich durch Er­gän­zun­gen des In­hal­tes man­ches Dar­ge­s­tell­te schär­fer her­aus­zu­ar­bei­ten ge­sucht. Durch das Gan­ze hin­durch ha­be ich mich be­müht, an zahl­rei­chen Stel­len Än­de­run­gen in der Ein­k­lei­dung des In­halts vor­zu­neh­men, die mir das wie­der­hol­te Durch­le­ben des Dar­ge­s­tell­ten not­wen­dig er­schei­nen ließ.

Ber­lin, Mai 1920

Ru­dolf Stei­ner

VORREDE ZUR SECHZEHNTEN BIS ZWANZIGSTEN AUFLAGE

#G013-1962-SE025 Die Ge­heim­wis­sen­schaft im Um­riss

Jetzt, nach­dem fünf­zehn Jah­re seit dem ers­ten Er­schei­nen die­ses Bu­ches ver­f­los­sen sind, darf ich wohl vor der Öf­f­ent­lich­keit ei­ni­ges sa­gen über die See­len­ver­fas­sung, aus der her­aus es ent­stan­den ist.

Ur­sprüng­lich war mein Plan, sei­nen we­sent­li­chen In­halt als letz­te Ka­pi­tel mei­nem lan­ge vor­her er­schie­ne­nen Bu­che «Theo­so­phie» an­zu­fü­gen. Das ging nicht. Die­ser In­halt run­de­te sich da­mals, als die «Theo­so­phie» aus­ge­führt wur­de, nicht in der Art in mir ab wie der­je­ni­ge der «Theo­so­phie». Ich hat­te in mei­nen Ima­gi­na­tio­nen das geis­ti­ge We­sen des Ein­zel­men­schen vor mei­ner See­le ste­hen und konn­te es dar­s­tel­len, nicht aber stan­den da­mals schon die kos­mi­schen Zu­sam­men­hän­ge, die in der «Ge­heim­wis­sen­schaft» dar­zu­le­gen wa­ren, eben­so vor mir. Sie wa­ren im ein­zel­nen da; nicht aber im Ge­samt­bild.

Des­halb ent­sch­loß ich mich, die «Theo­so­phie» mit dem In­hal­te er­schei­nen zu las­sen, den ich als das We­sen des Le­bens ei­nes ein­zel­nen Men­schen er­schaut hat­te, und die «Ge­heim­wis­sen­schaft» in der nächs­ten Zeit in al­ler Ru­he durch­zu­füh­ren.

Der In­halt die­ses Bu­ches muß­te nach mei­ner da­ma­li­gen See­len­stim­mung in Ge­dan­ken ge­ge­ben wer­den, die für die Dar­stel­lung des Geis­ti­gen ge­eig­ne­te wei­te­re Fort­bil­dun­gen der in der Na­tur­wis­sen­schaft an­ge­wen­de­ten Ge­dan­ken sind. Man wird es den hier wie­der ab­ge­druck­ten «Vor­be­mer­kun­gen zur ers­ten Aufla­ge» an­mer­ken, wie stark ich mich mit al­lem, was ich da­mals über Geis­te­ser­kennt­nis schrieb, vor der Na­tur­wis­sen­schaft ver­ant­wort­lich fühl­te.

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Aber man kann nicht in sol­chen Ge­dan­ken al­lein das zur Dar­stel­lung brin­gen, was sich dem geis­ti­gen Schau­en als Geist-Welt of­fen­bart. Denn die­se Of­fen­ba­rung geht in ei­nen blo­ßen Ge­dan­ken­in­halt nicht ein. Wer das We­sen sol­cher Of­fen­ba­rung er­le­bend ken­nen­ge­lernt hat, der weiß, daß die Ge­dan­ken des ge­wöhn­li­chen Be­wußt­seins nur ge­eig­net sind, das sinn­lich Wahr­ge­nom­me­ne, nicht aber das geis­tig Ge­schau­te, aus­zu­drü­cken.

Der In­halt des geis­tig Ge­schau­ten läßt sich nur in Bil­dern (Ima­gi­na­tio­nen) wie­der­ge­ben, durch die In­spi­ra­tio­nen sp­re­chen, die von in­tui­tiv er­leb­ter geis­ti­ger We­sen­heit her­rüh­ren. (Über das We­sen von Ima­gi­na­ti­on, In­spi­ra­ti­on und In­tui­ti­on fin­det man das Not­wen­di­ge in die­ser «Ge­heim­wis­sen­schaft» selbst und in mei­nem Bu­che «Wie er­langt man Er­kennt­nis­se der höhe­ren Wel­ten?».)

Aber der Dar­s­tel­ler der Ima­gi­na­tio­nen aus der Geist-Welt kann ge­gen­wär­tig nicht bloß die­se Ima­gi­na­tio­nen hin­s­tel­len. Er stell­te da­mit et­was dar, das als ein ganz an­de­rer Be­wußt­s­eins­in­halt ne­ben dem Er­kennt­nis­in­halt un­se­res Zei­tal­ters, oh­ne al­len Zu­sam­men­hang mit die­sem, stün­de. Er muß das ge­gen­wär­ti­ge Be­wußt­sein mit dem er­fül­len, was ein an­de­res Be­wußt­sein, das in die Geist-Welt schaut, er­ken­nen kann. Dann wird sei­ne Dar­stel­lung die­se Geist-Welt zum In­hal­te ha­ben; aber die­ser In­halt tritt in der Form von Ge­dan­ken auf, in die er hin­ein­f­ließt. Da­durch wird er dem ge­wöhn­li­chen Be­wußt­sein, das im Sin­ne der Ge­gen­wart denkt, aber noch nicht in die Geist-Welt hin­ein­schaut, voll ver­ständ­lich.

Die­se Ver­ständ­lich­keit bleibt nur dann aus, wenn man sich selbst Hin­der­nis­se vor sie legt. Wenn man die Vor­ur­tei­le, die die Zeit aus ei­ner falsch auf­ge­faß­ten Na­tur-

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An­schau­ung von «Gren­zen des Er­ken­nens» sich ge­bil­det hat, zu den ei­ge­nen macht.

Im Geist-Er­ken­nen ist al­les in inti­mes See­len-Er­le­ben ge­taucht. Nicht nur das geis­ti­ge An­schau­en selbst, son­dern auch das Ver­ste­hen, das das nicht schau­en­de ge­wöhn­li­che Be­wußt­sein den Er­geb­nis­sen des Schau­en­den ent­ge­gen­bringt.

Von die­ser Inti­mi­tät hat kei­ne Ah­nung, wer in di­let­tan­ti­scher Art da­von spricht, daß der, der zu ver­ste­hen glaubt, sich das Ver­ständ­nis selbst sug­ge­riert.

Aber es ist so, daß, was inn­er­halb des Be­g­rei­fens der phy­si­schen Welt bloß in Be­grif­fen als Wahr­heit oder Irr­tum sich aus­lebt, der geis­ti­gen Welt ge­gen­über Er­leb­nis wird.

Wer in sein Ur­teil nur lei­se emp­fin­dend die Be­haup­tung ein­f­lie­ßen läßt, das geis­tig Ge­schau­te ist von dem ge­wöhn­li­chen, noch nicht schau­en­den Be­wußt­sein we­gen des­sen Gren­zen nicht er­faß­bar, dem legt sich die­ses emp­fin­den­de Ur­teil wie ei­ne ver­fins­tern­de Wol­ke vor das Er­fas­sen; und er kann wir­k­lich nicht ver­ste­hen.

Aber dem un­be­fan­ge­nen nicht schau­en­den Be­wußt­sein ist das Ge­schau­te voll ver­ständ­lich, wenn es der Schau­en­de bis in die Ge­dan­ken­form hin­ein­bringt. Es ist ver­ständ­lich, wie dem Nicht-Ma­ler das fer­ti­ge Bild des Ma­lers ver­ständ­lich ist. Und zwar ist das Ver­ständ­nis der Geist-Welt nicht das künst­le­risch-ge­fühls­mä­ß­i­ge wie bei ei­nem Kunst­werk, son­dern ein durch­aus ge­dan­ken­mä­ß­i­ges wie der Na­tur­er­kennt­nis ge­gen­über.

Um aber ein sol­ches Ver­ständ­nis wir­k­lich mög­lich zu ma­chen, muß der Dar­s­tel­ler des geis­tig Ge­schau­ten sei­ne Schau­un­gen bis zu ei­nem rich­ti­gen Hin­ein­gie­ßen in Ge­dan­ken­form brin­gen, oh­ne daß sie inn­er­halb die­ser Form ih­ren ima­gi­na­ti­ven Cha­rak­ter ver­lie­ren.

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Das stand al­les vor mei­ner See­le, als ich mei­ne «Ge­heim­wis­sen­schaft» aus­ar­bei­te­te.

1909 fühl­te ich dann, daß ich mit die­sen Vor­aus­set­zun­gen ein Buch zu­stan­de­brin­gen kön­ne, das: ers­tens den In­halt mei­ner Geis­tes­schau bis zu ei­nem ge­wis­sen, aber zu­nächst ge­nü­gen­den Gra­de, in die Ge­dan­ken­form ge­gos­sen, brach­te; und das zwei­tens von je­dem den­ken­den Men­schen, der sich kei­ne Hin­der­nis­se vor das Ver­ständ­nis legt, ver­stan­den wer­den kann.

Ich sa­ge das heu­te, in­dem ich zu­g­leich aus­sp­re­che, daß da­mals 1909 mir die Ver­öf­f­ent­li­chung des Bu­ches als ein Wag­nis er­schi­en. Denn ich wuß­te ja, daß die ge­for­der­te Un­be­fan­gen­heit ge­ra­de die­je­ni­gen nicht auf­brin­gen kön­nen, die Na­tur­wis­sen­schaft be­ruf­lich trei­ben, und eben­so­we­nig al­le die zahl­rei­chen Per­sön­lich­kei­ten, die in ih­rem Ur­tei­le von die­sen ab­hän­gig sind.

Aber es stand ge­ra­de die Tat­sa­che vor mei­ner See­le, daß in der Zeit, in der sich das Be­wußt­sein der Mensch­heit von der Geist-Welt am wei­tes­ten ent­fernt hat­te, die Mit­tei­lun­gen aus die­ser Geist-Welt ei­ner al­ler­drin­gends­ten Not­wen­dig­keit ent­sp­re­chen.

Ich zähl­te dar­auf, daß es auch Men­schen gibt, die mehr oder we­ni­ger die Ent­fer­nung von al­ler Geis­tig­keit so schwer als Le­bens­hin­der­nis emp­fin­den, daß sie zu Mit­tei­lun­gen aus der Geist-Welt mit in­ne­rer Sehn­sucht grei­fen.

Und die fol­gen­den Jah­re ha­ben das ja voll be­stä­tigt. Die «Theo­so­phie» und «Ge­heim­wis­sen­schaft» ha­ben als Bücher, die im Le­ser gu­ten Wil­len vor­aus­set­zen, auf ei­ne schwie­ri­ge Sti­li­sie­rung ein­zu­ge­hen, wei­te Ver­b­rei­tung ge­fun­den.

Ich ha­be ganz be­wußt an­ge­st­rebt, nicht ei­ne «po­pu­lä­re» Dar­stel­lung zu ge­ben, son­dern ei­ne sol­che, die not­wen­dig

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macht, mit rech­ter Ge­dan­ken­an­st­ren­gung in den In­halt hin­ein­zu­kom­men. Ich ha­be da­mit mei­nen Büchern ei­nen sol­chen Cha­rak­ter auf­ge­prägt, daß de­ren Le­sen selbst schon der An­fang der Geis­tes­schu­lung ist. Denn die ru­hi­ge, be­son­ne­ne Ge­dan­ken­an­st­ren­gung, die die­ses Le­sen not­wen­dig macht, ver­stärkt die See­len­kräf­te und macht sie da­durch fähig, der geis­ti­gen Welt na­he zu kom­men.

Daß ich dem Bu­che den Ti­tel «Ge­heim­wis­sen­schaft» ge­ge­ben ha­be, hat so­g­leich Mißv­er­ständ­nis­se her­vor­ge­ru­fen. Von man­cher Sei­te wur­de ge­sagt, was «Wis­sen­schaft» sein will, darf nicht «ge­heim» sein. Wie we­nig be­dacht war ein sol­cher Ein­wand. Als ob je­mand, der ei­nen In­halt ver­öf­f­ent­licht, mit die­sem «ge­heim» tun wol­le. Das gan­ze Buch zeigt, daß nichts als «ge­heim» be­zeich­net, son­dern eben in ei­ne sol­che Form ge­bracht wer­den soll­te, daß es ver­ständ­lich sei wie nur ir­gend­ei­ne «Wis­sen­schaft». Oder will man, wenn man das Wort «Na­tur­wis­sen­schaft» ge­braucht, nicht an­deu­ten, daß es sich um Wis­sen von der «Na­tur» han­delt? Ge­heim­wis­sen­schaft ist Wis­sen­schaft von dem, was sich in­so­fer­ne im «Ge­hei­men» ab­spielt, als es nicht drau­ßen in der Na­tur wahr­ge­nom­men wird, son­dern da, wo­hin die See­le sich ori­en­tiert, wenn sie ihr In­ne­res nach dem Geis­te rich­tet.

«Ge­heim­wis­sen­schaft» ist Ge­gen­satz von «Na­tur­wis­sen­schaft».

Mei­nen Schau­un­gen in der geis­ti­gen Welt hat man im­mer wie­der ent­ge­gen­ge­hal­ten, sie sei­en ve­r­än­der­te Wie­der­ga­ben des­sen, was im Lau­fe äl­te­rer Zeit an Vor­stel­lun­gen der Men­schen über die Geist-Welt her­vor­ge­t­re­ten ist. Man sag­te, ich hät­te man­cher­lei ge­le­sen, es ins Un­ter­be­wuß­te auf­ge­nom­men und dann in dem Glau­ben, es ent­sprin­ge aus dem ei­ge­nen Schau­en, zur Dar­stel­lung ge­bracht. Aus gnos­ti­schen

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Leh­ren, aus ori­en­ta­li­schen Weis­heits­dich­tun­gen und so wei­ter soll ich mei­ne Dar­stel­lun­gen ge­won­nen ha­ben.

Man ist, in­dem man die­ses be­haup­tet hat, mit den Ge­dan­ken ganz an der Ober­fläche ge­b­lie­ben.

Mei­ne Er­kennt­nis­se des Geis­ti­gen, des­sen bin ich mir voll be­wußt, sind Er­geb­nis­se ei­ge­nen Schau­ens. Ich hat­te je­der­zeit bei al­len Ein­zel­hei­ten und bei den gro­ßen Über­sich­ten mich st­reng ge­prüft, ob ich je­den Schritt im schau­en­den Wei­ter­sch­rei­ten so ma­che, daß voll be­son­ne­nes Be­wußt­sein die­se Schrit­te be­g­lei­te. Wie der Ma­the­ma­ti­ker von Ge­dan­ke zu Ge­dan­ke sch­rei­tet, oh­ne daß Un­be­wuß­tes, Au­to­sug­ges­ti­on und so wei­ter ei­ne Rol­le spie­len, so sag­te ich mir muß geis­ti­ges Schau­en von ob­jek­ti­ver Ima­gi­na­ti­on zu ob­jek­ti­ver Ima­gi­na­ti­on sch­rei­ten, oh­ne daß et­was an­de­res in der See­le lebt als der geis­ti­ge In­halt klar be­son­ne­nen Be­wußt­seins.

Daß man von ei­ner Ima­gi­na­ti­on weiß, sie ist nicht bloß sub­jek­ti­ves Bild, son­dern Bild-Wie­der­ga­be ob­jek­ti­ven Geist-In­hal­tes, da­zu bringt man es durch ge­sun­des in­ne­res Er­le­ben. Man ge­langt da­zu auf geis­tig-see­li­sche Art, wie man im Be­reich der Sin­nes­an­schau­ung bei ge­sun­der Or­ga­ni­sa­ti­on Ein­bil­dun­gen von ob­jek­ti­ven Wahr­neh­mun­gen rich­tig un­ter­schei­det.

So hat­te ich die Er­geb­nis­se mei­nes Schau­ens vor mir. Sie wa­ren zu­nächst «An­schau­un­gen», die oh­ne Na­men leb­ten.

Soll­te ich sie mit­tei­len, so be­durf­te es der Wort­be­zeich­nun­gen. Ich such­te dann spä­ter nach sol­chen in äl­te­ren Dar­stel­lun­gen des Geis­ti­gen, um das noch Wort­lo­se in Wor­ten aus­dru­cken zu kön­nen. Ich ge­brauch­te die­se Wort­be­zeich­nun­gen frei, so daß wohl kaum ei­ne der­sel­ben in mei­nem Ge­brau­che zu­sam­men­fällt mit dem, was sie dort war, wo ich sie fand.

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Ich such­te aber nach sol­cher Mög­lich­keit, mich aus­zu­drü­cken, stets erst, nach­dem mir der In­halt im ei­ge­nen Schau­en auf­ge­gan­gen war.

Vor­her Ge­le­se­nes wuß­te ich beim ei­ge­nen for­schen­den Schau­en durch die Be­wußt­s­eins­ver­fas­sung, die ich eben ge­schil­dert ha­be, aus­zu­schal­ten.

Nun fand man in mei­nen Aus­drü­cken An­klän­ge an äl­te­re Vor­stel­lun­gen. Oh­ne auf den In­halt ein­zu­ge­hen, hielt man sich an sol­che Aus­drü­cke. Sprach ich von «Lo­tos­blu­men» in dem As­tral­leib des Men­schen, so war das ein Be­weis, daß ich in­di­sche Leh­ren, in de­nen man den Aus­druck fin­det, wie­der­gä­be. ja, sprach ich von «As­tral­leib» selbst, so war dies das Er­geb­nis des Le­sens mit­telal­ter­li­cher Schrif­ten. Ge­brauch­te ich die Aus­drü­cke: An­ge­loi, Ar­chan­ge­loi und so wei­ter, so er­neu­er­te ich ein­fach die Vor­stel­lun­gen christ­li­cher Gno­sis.

Sol­ches ganz an der Ober­fläche sich be­we­gen­de Den­ken fand ich im­mer wie­der mir ent­ge­gen­ge­hal­ten.

Auch auf die­se Tat­sa­che woll­te ich ge­gen­wär­tig beim Wie­de­r­er­schei­nen der «Ge­heim­wis­sen­schaft» in neu­er Aufla­ge hin­wei­sen. Das Buch ent­hält ja die Um­ris­se der An­thro­po­so­phie als ei­nes Gan­zen. Es wird da­her vor­züg­lich be­trof­fen von den Mißv­er­ständ­nis­sen, de­nen die­se aus­ge­setzt ist.

Ich ha­be seit der Zeit, in der in mei­ner See­le die Ima­gi­na­tio­nen, die das Buch wie­der­gibt, in ein Ge­samt­bild zu­sam­men­ge­f­los­sen sind, un­aus­ge­setzt das for­schen­de Schau­en in den Men­schen, in das ge­schicht­li­che Wer­den der Mensch­heit, in den Kos­mos und so wei­ter fort­ge­bil­det; ich bin im ein­zel­nen zu im­mer neu­en Er­geb­nis­sen ge­kom­men. Aber, was ich in der «Ge­heim­wis­sen­schaft» vor fünf­zehn Jah­ren als Um­riß ge­ge­ben ha­be, ist für mich in nichts er­schüt­tert

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wor­den. Al­les, was ich seit­her sa­gen konn­te, er­scheint, wenn es an der rech­ten Stel­le die­sem Bu­che ein­ge­fügt wird, als ei­ne wei­te­re Aus­füh­rung der da­ma­li­gen Skiz­ze.

Goe­thea­num, 10. Ja­nuar 1925

Ru­dolf Stei­ner

Literatur

Originalausgaben

  • Die Geheimwissenschaft im Umriss, 3. Auflage, Verlag von Max Altmann, Leipzig 1910 pdf (1910)
  • Die Geheimwissenschaft im Umriss, Sechte, vielfach ergänzte und erweiterte Auflage, Verlag von Max Altmann, Leipzig 1913 pdf (1913)
  • Die Geheimwissenschaft im Umriss, Siebente bis fünfzehnte, vielfach umgearbeitete, ergänzte und erweiterte Auflage, Verlag von Max Altmann, Leipzig 1920 pdf (1920)
  • Die Geheimwissenschaft im Umriss, Philosophisch-Anthroposophischer Verlag am Goetheanum, Dornach 1925 pdf (1925)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.